Protokoll:
6127

insert_drive_file

Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 6

  • date_rangeSitzungsnummer: 127

  • date_rangeDatum: 16. Juni 1971

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 21:16 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 127. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 16. Juni 1971 Inhalt: Verzicht des Abg. Dr. Stoltenberg auf die Mitgliedschaft im Bundestag und Eintritt des Abg. Wendelborn in den Bundestag 7317 A Überweisung einer Vorlage an den Haushaltsausschuß . . . . . . . . . . 7317 B Erweiterung der Tagesordnung . . . . . 7317 B Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . 7317 B Begrüßung einer Delegation der Großen Nationalversammlung der Sozialistischen Republik Rumänien unter Führung des Präsidenten Stefan Voitec . . . . . . 7325 D Entwurf eines Gesetzes über städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen in den Gemeinden (Städtebauförderungsgesetz) (Drucksachen VI/ 434, W510); Bericht des Haushaltsausschusses gem. § 96 GO (Drucksache VI/2233), Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Städtebau und Wohnungswesen (Drucksachen M/2204, zu M/2204) — Zweite und dritte Beratung — in Verbindung mit Beratung des Städtebauberichts 1970 der Bundesregierung (Drucksache M/ 1493) Dr. Lauritzen, Bundesminister . . . 7317 D Erpenbeck (CDU/CSU) . 7324 D, 7395 C, 7401 A, 7406 C Dr. Ahrens (SPD) 7329 D, 7376 D, 7378 C, 7393 D, 7395 B, 7400 A, 7407 A Wurbs (FDP) . . 7335 D, 7346 D, 7381 A, 7386 C, 7401 D Dr. Schneider (Nürnberg) (CDU/CSU) 7339 C, 7378 D, 7379 D, 7388 B, 7399 C Staak (Hamburg) (SPD) 7344 C Dr. Prassler (CDU/CSU) . 7348 A, 7386 A, 7400 C Schmidt (München) (SPD) 7364 D, 7379 B, 7385 B, 7398 D Orgaß (CDU/CSU) . . . . . . 7366 C Niegel (CDU/CSU) 7367 D, 7384 A, 7393 A Gallus (FDP) 7370 C Henke (SPD) 3772 C Balkenhol (CDU/CSU) 7374 C Dr. Gatzen (CDU/CSU) . . . 7376 A Dr. Lenz (Bergstraße) (CDU/CSU) 7377 D Geisenhofer (CDU/CSU) . . . . 7380 B Dr. Böhme (CDU/CSU) 7381 B, 7382 C, 7395 A Gnädinger (SPD) . 7381 D, 7383 B Krockert (SPD) . . 7387 A, 7400 D Dr. Barzel (CDU/CSU) 7389 A, 7390 D Wehner (SPD) . . . . . . . . 7389 D Mischnick (FDP) . . . . 7390 B, 7410 C Schedl (CDU/ CSU) 7394 B Batz (SPD) 7396 A Erhard (Bad Schwalbach) (CDU/CSU) 7396 D Dr. Mikat (CDU/CSU) 7402 A II Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. Juni 1971 Dr. Evers (CDU/CSU) 7405 A Offergeld (SPD) 7406 A Stücklen (CDU/CSU) 7409 C Mick (CDU/CSU) . . . . 7411 D Entwurf eines Gesetzes über die Verlängerung der Amtszeit der Personalräte (CDU/CSU, SPD, FDP), (Drucksache VI /2319) — Erste Beratung — . . . . 7350 C Fragestunde (Drucksache VI/ 2286) Fragen des Abg. Ott (CDU/CSU) : Pressemeldungen betr. Anforderung von Personalakten über Herrn Leo Bauer Ehmke, Bundesminister 7350 D, 7351 A, B, C Ott (CDU/CSU) . . . . . . . 7351 A, B Frage des Abg. Dr. Ritz (CDU/CSU) : Übernahme der Kosten der Feuerversicherung für private Waldbesitzer durch die Bundesländer Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 7351 C, D, 7352 A Dr. Ritz (CDU/CSU) . . 7351 D, 7352 A Fragen der Abg. Solke (CDU/CSU) und Rainer (CDU/CSU) : Hilfsmaßnahmen für die Landwirtschaft Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär 7352 B, C Solke (CDU/CSU) 7352 C Frage des Abg. Bittelmann (CDU/CSU) : Kosten einer Anzeigenaktion der Bundesregierung in den landwirtschaftlichen Wochenblättern Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär 7352 D Frage des Abg. Bittelmann (CDU/CSU) : Anzeige der Bundesregierung über die Auswirkungen der stabilitätspolitischen Bemühungen auf die Landwirtschaft Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . 7353 A, B, C, D Bittelmann (CDU/CSU) . . . 7353 A, B Peters (Poppenbüll) (FDP) . . . . 7353 C Dr. Ritz (CDU/CSU) 7353 C Frage des Abg. Lensing (CDU/CSU) : Aufwertungsausgleich für die deutsche Landwirtschaft über die Mehrwertsteuer Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . 7353 D, 7354 A Dr. Ritz (CDU/CSU) . . . . . . . 7354 A Frage des Abg. Lensing (CDU/CSU) : Frage der Weitergewährung des Aufwertungsausgleichs an die Landwirtschaft nach 1973 Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . 7354 B, C, D Lensing (CDU/CSU) 7354 C Dr. Früh (CDU/CSU) 7354 C Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 7354 D Fragen des Abg. Kiechle (CDU/CSU) : Entwicklung des Einkommens der Landwirtschaft Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . 7355 A, C, D, 7356 A, B, C, D, 7357 A, B, C, D Kiechle (CDU/CSU) . . 7355 C, D, 7356 A, 7357 D Dr. Früh (CDU/CSU) 7356 B Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 7356 B Dr. Ritz (CDU/CSU) 7356 D Niegel (CDU/CSU) 7357 A Löffler (SPD) 7357 A Struve (CDU/CSU) 7357 B Dr. Reinhard (CDU/CSU) . . . . 7357 C Frage des Abg. Dr. von Nordenskjöld (CDU/CSU) : Durchführung des einzelbetrieblichen Förderungsprogramms für landwirtschaftliche Betriebe Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär 7358 A, B Dr. von Nordenskjöld (CDU/CSU) 7358 A, B Frage des Abg. Dr. von Nordenskjöld (CDU/CSU) : Höhe des Zins- und Tilgungssatzes bei einzelbetrieblichen Investitionen in der Landwirtschaft Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär . 7358 C, D, 7359 A, B, C Dr. von Nordenskjöld (CDU/CSU) 7358 C, D Dr. Früh (CDU/CSU) . . . . . . 7358 D Dr. Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . 7359 A Struve (CDU/CSU) . . . . . . . 7359 B Niegel (CDU/CSU) . . . . . . . 7359 B Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. Juni 1971 III Frage des Abg. Dr. Ritgen (CDU/CSU) : Höhe der Kosten- und Lohnsteigerungen in der Landwirtschaft im Jahre 1971 Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 7359 C, D, 7360 A Dr. Ritgen (CDU/CSU) 7359 D Bittelmann (CDU/CSU) 7360 A Frage des Abg. Dr. Ritgen (CDU/CSU) : Höhe der Zuschüsse zu Investitionen in landwirtschaftlichen Betrieben Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär 7360 B, C Dr. Ritgen (CDU/CSU) 7360 B, C Frage des Abg. Dr. Prassler (CDU/CSU) : Ausgleich der im Jahre 1970 eingetretenen Einkommensminderung der Landwirtschaft Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 7360 D, 7361 A, B Dr. Prassler (CDU/CSU) . . . 7361 A, B Frage des Abg. Dr. Prassler (CDU/CSU) : Einkommen der Landwirtschaft im Jahre 1971 Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär 7361 C, D Dr. Prassler (CDU/CSU) 7361 C Frage des Abg. Dr. Reinhard (CDU/CSU) : Auswirkungen der Aufwertung der D-Mark auf die Einkommen der Landwirtschaft Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär . . 7361 D, 7362 B, C, D, 3363 A, B Dr. Reinhard (CDU/CSU) . . 7362 B, C Dr. Früh (CDU/CSU) 7362 D Löffler (SPD) . . . . . . . . 7363 A Frage des Abg. Dr. Reinhard (CDU/CSU) : Ausgleich der der deutschen Landwirtschaft aus der Freigabe der Wechselkurse entstandenen Verluste Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär 7362 B, C Dr. Reinhard (CDU/CSU) . . . . 7362 C Fragen des Abg. Dr. Evers (CDU/CSU) : Verwendung von Rüböl aus inländischem Raps und Rübsen zur Margarine-herstellung Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . 7363 D, 7364 A Dr. Evers (CDU/CSU) . . . . . . 7364 A Frage des Abg. Brück (Holz) (SPD) : Haftung für Schäden bei durch Wild verursachten Unfällen Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . 7364 A, B, C Brück (Holz) (SPD) 7364 B, C Hansen (SPD) . . . . . . . . 7364 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Textilkennzeichnungsgesetzes (CDU/CSU, SPD, FDP) (Drucksache VI/ 2293) — Erste Beratung — 7412 D Nächste Sitzung 7412 D Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 7413 A Anlagen 2 bis 17 Änderungsanträge Umdrucke 189, 192, 178 bis 183 (neu), 177, 190, 184 bis 187 (neu), 176 und 188 zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Städtebauförderungsgesetzes (Drucksachen VI/ 434, VI/ 510, VI/ 2204) 7413 C Anlagen 18 und 19 Änderungsanträge Umdrucke 195 und 196 zur dritten Beratung des Entwurfs eines Städtebauförderungsgesetzes (Drucksachen VI/ 434, VI/ 510, VI/ 2204) . . 7418 B Anlage 20 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen ,des Abg. Orgaß (CDU/CSU) betr. Klauseln über einen gleitenden Erbbaulins und Entwurf zur Änderung der Erbbaurechtsverordnung 7418 C Anlage 21 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Wolfram (SPD) betr. Rechtsvorschriften über Entschädigung bei Geländeinanspruchnahme für militärische Zwecke 7419 A Anlage 22 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen ,des Abg. Abelein (CDU/CSU) betr. Verwirklichung der von der Bundesregierung angekündigten Reformmaßnahmen 7419 C Anlage 23 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Susset (CDU/CSU) betr. Verwendung der im Kap. 10 03 eingesparten und gemäß § 5 Abs. 4 des Haushaltsgesetzes 1971 nach Kap. 10 02 verlagerten Mittel 7419 C Anlage 24 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Susset (CDU/CSU) betr. die auf Grund der EWG-Preisbeschlüsse vom 25. März 1971 zu erwartenden Mehreinnahmen der deutschen Landwirtschaft 7419 D Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. Juni 1971 7317 127. Sitzung Bonn, den 16. Juni 1971 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Adams ** 16. 6. Alber 19. 6. Amrehn * 18. 6. Bals * 18. 6. Bauer (Würzburg) * 18. 6. Behrendt ** 18. 6. Blumenfeld * 18. 6. Frau von Bothmer 18. 6. Dasch 30. 6. Frau Dr. Diemer-Nicolaus * 18. 6. Draeger * 18. 6. Dröscher *' 18. 6. Dr. Enders * 18. 6. Engelsberger 30. 6. Fellermaier ** 16. 6. Flämig ** 16. 6. Fritsch * 18. 6. Dr. Furler * 18. 6. Freiherr von und zu Guttenberg 30. 6. Frau Herklotz * 18. 6. Dr. Hermesdorf (Schleiden) * 18. 6. Höhmann (Hessisch Lichtenau) 18. 6. Jung * 18. 6. Kahn-Ackermann * 18. 6. Dr. Kempfler * 18. 6. Frau Klee * 18. 6. Dr. Klepsch * 18. 6. Kriedemann *" 18. 6. Lemmrich * 18. 6. Lenze (Attendorn) * 18. 6. Dr. Löhr ** 25. 6. Lücker (München) ** 17. 6. Maucher 26. 6. Frau Meermann 30. 6. Memmel ** 18. 6. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 17. 6. Müller (Aachen-Land) ** 18. 6. Dr. Müller (München) * 18. 6. Frau Dr. Orth ** 18. 6. Pöhler * 18. 6. Richarts ** 18. 6. Richter * 18. 6. Riedel (Frankfurt) ** 18. 6. Dr. Rinderspacher * 18. 6. Dr. Schmid (Frankfurt) * 18. 6. Schmidt (Würgendorf) * 18. 6. Dr. Schmücker * 18. 6. Dr. Schulz (Berlin) * 18. 6. Schwabe '* 16. 6. Dr. Schwörer 16. 6. Sieglerschmidt * 18. 6. Simon 30. 6. Springorum ** 16. 6. Stein (Honrath) 25. 6. * Für die Teilnahme an Sitzungen der Versammlung der Westeuropäischen Union ** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Varelmann 21. 6. Frau Dr. Walz * 18. 6. Anlage 2 Umdruck 189 Änderungsantrag der Abgeordneten Balkenhol, Niegel und Genossen zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Städtebauförderungsgesetzes - Drucksache VI/435, VI/510, VI/2204 -. Der Bundestag wolle beschließen: § 1 wird wie folgt geändert: In Absatz 3 wird der zweite Satz durch den folgenden Satz ersetzt: „Die Maßnahmen müssen die Strukturverbesserung in den Verdichtungsräumen, die Verdichtung von Wohn- und Arbeitsstätten im Zuge von Entwicklungsachen oder den Ausbau von Siedlungsschwerpunkten außerhalb der Verdichtungsräume, insbesondere in den hinter der allgemeinen Entwicklung zurückbleibenden Gebieten, zum Gegenstand haben." Bonn, den 15. Juni 1971 Balkenhol Niegel Becker (Pirmasens) Biechele von Bockelberg Dr. Dittrich Ernesti Dr. Früh Dr. Fuchs Dr. Gatzen Geisenhofer Gierenstein Dr. Gleissner Haase (Kassel) Dr. Hauser (Sasbach) Klinker Ott Dr. Ritgen Dr. Ritz Dr. Siemer Solke Storm Frau Tübler Anlage 3 Umdruck 192 Änderungsantrag des Abgeordneten Dr. Lenz (Bergstraße) zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Städtebauförderungsgesetzes - Drucksachen VI/434, VI/510, VI/2204 -. Der Bundestag wolle beschließen: In § 1 Abs. 4 sollen Satz 1 und der Hauptsatz von Satz 2 durch folgende Neufassung ersetzt werden: „ (4) Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen sollen dazu beitragen, daß 1. ..." Bonn, den 16. Juni 1971 Dr. Lenz (Bergstraße) 7414 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — .127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. Juni 1971 Anlage 4 Umdruck 178 Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Städtebauförderungsgesetzes — Drucksachen VI/434, VI/510, VI/2204 —. Der Bundestag wolle beschließen: In § 5 wird folgender Absatz 1 a eingefügt: „ (1 a) Die Gemeinde hat den Entwurf der Satzung mit einer Begründung auf die Dauer eines Monats öffentlich auszulegen. Ort und Dauer der Auslegung sind mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekanntzumachen mit dem Hinweis darauf, daß Bedenken und Anregungen während der Auslegungsfrist vorgebracht werden können. Die Gemeinde prüft die fristgemäß vorgebrachten Bedenken und Anregungen und teilt das Ergebnis mit." Bonn, den 15. 6. 1971 Dr. Barzel, Stücklen und Fraktion Anlage 5 Umdruck 179 Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Städtebauförderungsgesetzes — Drucksachen VI/434, VI/5.10, VI/2204 —. Der Bundestag wolle beschließen: In § 10 wird folgender Absatz 1 a eingefügt: „(1 a) Bei ,der Aufstellung des Bebauungsplans sind die Wünsche der Eigentümer, Mieter, Pächter und anderen Nutzungsberechtigten, mit denen die Neugestaltung des Sanierungsgebiets nach § 9 erörtert worden ist, zu berücksichtigen, soweit öffentliche Belange dem nicht entgegenstehen." Bonn, den 15. Juni 1971 Dr. Barzel, Stücklen und Fraktion Anlage 6 Umdruck 180 Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Städtebauförderungsgesetzes — Drucksachen VI/434, VI/510, VI/2204 —. Der Bundestag wolle' beschließen: In § 15 wird folgender Absatz 7 a eingefügt: „(3 a) Sind fünf Jahre seit der förmlichen Festlegung des Sanierungsgebiets verstrichen, ohne daß ein Bebauungsplan im Sinne des § 30 des Bundesbaugesetzes aufgestellt ist, und ist aufgrund des Absatzes 3 Satz 1 die Genehmigung während dieser Frist versagt worden oder wird sie nach Ablauf dieser Frist versagt, so hat die Gemeinde dem Betroffenen für die dadurch entstandenen Vermögensnachteile eine angemessene Entschädigung zu leisten. Die Vorschriften des Zweiten Abschnitts des Fünften Teils des Bundesbaugesetzes gelten entsprechend. Kommt über die Höhe der Entschädigung eine Einigung nicht zustande, so entscheidet 'darüber die höhere Verwaltungsbehörde. Vor der Entscheidung sind die Beteiligten zu hören. Ist vor der förmlichen Festlegung des Sanierungsgebiets eine Veränderungssperre nach den §§ 14 ff. des Bundesbaugesetzes beschlossen, so beginnt die in Satz 1 genannte Frist mit der ortsüblichen Bekanntmachung der Veränderungssperre; ist vor der förmlichen Festlegung des Sanierungsgebiets die Entscheidung über den Bauantrag nach § 15 des Bundesbaugesetzes zurückgestellt worden, so beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt der Zurückstellung." Bonn, den 15. Juni 1971 Dr. Barzel, Stücklen und Fraktion Anlage 7 Umdruck 181 Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Städtebauförderungsgesetzes — Drucksachen VI/434, VI/510, VI/2204 —. Der Bundestag wolle beschließen: § 18 wird wie folgt geändert: 1. In Absatz 1 wird Satz 2 gestrichen. 2. In Absatz 2 werden die Sätze 5 und 6 durch folgende Sätze ersetzt: „Ist in dem Erörterungstermin eine Einigung nicht zustande gekommen und hat sich der Eigentümer nicht bereit erklärt, die sein Grundstück betreffenden Sanierungsmaßnahmen entsprechend den Festsetzungen oder den zu erwartenden künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans durchzuführen, so kann die Gemeinde innerhalb von sechs Monaten nach der Mitteilung gemäß Satz 1 dem Eigentümer schriftlich erklären, daß sie das Grundstück zu dem nach § 23 maßgebenden Wert erwirbt. In dem Bescheid ist als Entgelt der vom Gutachterausschuß ermittelte Wert des Grundstücks festzusetzen, abzüglich der nach Absatz 9 bestehen bleibenden Belastungen." 3. Nach Absatz 2 wird folgender Absatz 2 a eingefügt: „ (2 a) Ist in dem Erörterungstermin nach Absatz 2 eine Einigung nicht zustande gekommen, so darf das Grunderwerbsrecht nur mit Zustimmung der nach Landesrecht zuständigen Stelle ausgeübt werden, wenn der Erwerb des Grund- Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. Juni 1971 7415 stücks zur Durchführung der Sanierung erforderlich ist, um die Festsetzungen eines Bebauungsplans im Sinne des § 30 des Bundesbaugesetzes oder die zu erwartenden künftigen Festsetzungen verwirklichen zu können. Auf die Zustimmung der nach Landesrecht zuständigen Stelle ist 4 6 Abs. 4 des Bundesbaugesetzes entsprechend anzuwenden. Nach Erteilung der Zustimmung kann die Gemeinde innerhalb eines Monats dem Eigentümer schriftlich erklären, daß sie das Grundstück zu dem nach § 23 maßgebenden Wert erwirbt. Absatz 2 Satz 7 ist anzuwenden." 4. In Absatz 5 werden nach den Worten „nach Absatz 2 Satz 5" die Worte „oder nach Absatz 2 a Satz 3" eingefügt. 5. In Absatz 6 werden nach den Worten „nach Absatz 2" die Worte „oder nach Absatz 2 a" eingefügt. 6. In Absatz 8 werden nach den Worten „in Absatz 2" die Worte „oder Absatz 2 a" eingefügt. Bonn, den 15. 6. 1971 Dr. Barzel; Stücklen und Fraktion Anlage 8 Umdruck 182 Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Städtebauförderungsgesetzes — Drucksachen VI/434, VI/510, VI/2204 —. Der Bundestag wolle beschließen: 1. § 23 wird wie folgt geändert: In Absatz 2 Satz 1 werden nach den Worten „jedoch Werterhöhungen, die" die Worte eingefügt „seit einem Jahr vor der Bekanntmachung des Beschlusses über den Beginn der vorbereitenden Untersuchungen (§ 4), jedoch nicht früher als fünf Jahre vor dem Beschluß über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebiets". 2. In § 41 Abs. 5 sind nach den Worten „Unterschied zwischen dem Wert, der sich für das Grundstück" die Worte „zu dem in § 23 Abs. 2 Satz 1 genannten Zeitpunkt" einzufügen. Bonn, den 15. Juni 1971 Dr. Barzel, Stücklen und Fraktion Anlage 9 Umdruck 183 (neu) Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Städtebauförderungsgesetzes — Drucksachen VI/434, VI/510, VI/2204 —. Der Bundestag wolle beschließen: § 25 wird wie folgt geändert: 1. Absatz 1 Satz 1 wird wie folgt gefaßt: „(1) Die Gemeinde ist verpflichtet, Grundstücke, die sie nach der förmlichen Festlegung des Sanierungsgebiets zur Durchführung der Sanierung freihändig oder nach den Vorschriften dieses Gesetzes oder nach dem Bundesbaugesetz ohne Hergabe von entsprechendem Austauschland oder Ersatzland oder Begründung von Rechten der in § 22 Abs. 3 Nummer 1 bezeichneten Art erworben hat, unter Berücksichtigung weiter Kreise der Bevölkerung an Bauwillige zu veräußern, die glaubhaft machen, daß sie die Grundstücke innerhalb angemessener Frist entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans bebauen werden." 2. In Abs. 2 wird das Wort „nur" durch das Wort „zunächst" ersetzt; Satz 2 wird gestrichen. Bonn, den 16. Juni 1971 Dr. Barzel, Stücklen und Fraktion Anlage 10 Umdruck 177 Änderungsantrag der Abgeordneten Niegel, Schedl, Dr. Schneider (Nürnberg), Kiechle, Balkenhol, Dr. Jenninger, Dr. Hauser (Sasbach), Dr. Miltner, Susset und Genossen zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Städtebauförderungsgesetzes — Drucksachen VI/434, VI/510, VI/2204 —. Der Bundestag wolle beschließen: § 25 Abs. 6 werden folgende Sätze angefügt: „Die Gemeinde darf jedoch kein höheres Entgelt verlangen, als sich unter Berücksichtigung ihrer Aufwendungen, aber ohne Gewinn ergibt. Bestehende Darlehen oder Zinsvergünstigungen aus Förderungsmitteln müssen an die Erwerber weitergegeben werden." Bonn, den 15. Juni 1971 Niegel Schedl Dr. Schneider (Nürnberg) Kiechle Balkenhol Dr. Jenninger Dr. Hauser (Sasbach) Dr. Miltner Susset Dr. Früh Dr. Fuchs Gewandt Dr. Gleissner Haase (Kassel) Dr. Jobst Frau Dr. Kuchtner Dr. Ritz Röhner Solke Dr. Zimmermann 7416 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. Juni 1971 Anlage 11 Umdruck 190 Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Böhme, Erpenbeck, Dr. Frerichs und Genossen zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Städtebauförderungsgesetzes — Drucksachen VI/434, VI/510, VI/2204 —. Der Bundestag wolle beschließen: In § 34 Abs. i sind die Nummern 4 und 5 wie folgt zu fassen: „4. ein anderes Wohnungsunternehmen, sofern es nicht selbst als Bauunternehmen tätig oder von einem Bauunternehmen abhängig ist, 5. ein sonstiges Unternehmen, sofern es nicht als Bauunternehmen tätig oder von' einem Bauunternehmen abhängig ist." Bonn, den 15. Juni 1971 Dr. Böhme Erpenbeck Dr. Frerichs Becker (Pirmasens) von Bockelberg Geisenhofer Dr. Hammans Horten Dr. Jungmann Dr. Kley Dr. Kreile Dr. Luda Pieroth Dr. Pinger Reddemann Dr. Ritgen Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein Dr. Schneider (Nürnberg) Vogt Ziegler Anlage 12 Umdruck 184 Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Städtebauförderungsgesetzes — Drucksachen VI/434, VI/510, VI/2204 —. Der Bundestag wolle beschließen: 1. § 35 Abs. 1 wird wie folgt gefaßt: „ (1) Der Sanierungsträger erfüllt die ihm von der Gemeinde nach § 33 Abs. 1 übertragenen Aufgaben für Rechnung der Gemeinde als deren Treuhänder. Bei der Erfüllung der Aufgaben sind die Vorschriften der Absätze 3 bis 7 und der §§ 36 und 37 anzuwenden." 2. Absatz 5 Satz 2 wird wie folgt gefaßt: „Er hat die Grundstücke, die er nicht an die nach § 25 Abs. 2 zu berücksichtigenden Personen übertragen hat, auf Verlangen der Gemeinde an Dritte zu veräußern. Auf die Veräußerung an Dritte ist § 25 Abs. 6 und 9 anzuwenden." 3. Die Absätze 8 und 9 werden gestrichen. Bonn, den 15. Juni 1971 Dr. Barzel, Stücklen und Fraktion Anlage 13 Umdruck 185 Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur zweiten Beratung 'des Entwurfs eines Städtebauförderungsgesetzes — Drucksachen VI/434, VI/510, VI/2204 —. Der Bundestag wolle beschließen: 1. § 53 wird wie folgt geändert: a) In Absatz 1 wird der erste Halbsatz wie folgt gefaßt: „ (1) Die nach Landesrecht zuständige oberste Behörde kann den für eine Entwicklungsmaßnahme im Sinne des § 1 Abs. 3 in Betracht kommenden Bereich durch Festlegungsbeschluß städtebaulichen Entwicklungsbereich ausweisen, wenn ... ". b) An Absatz 1 Satz 1 werden folgende Sätze angefügt: „Der Festlegungsbeschluß ist mit einer Rechtsmittelbelehrung in 'den Gemeinden, die in 'dem Entwicklungsbereich liegen, ortsüblich bekanntzumachen. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Festlegungsbeschluß eingesehen werden kann; er gilt zwei Wochen nach dem Tage der ortsüblichen Bekanntmachung als bekanntgegeben." c) Absatz 3 wird wie folgt gefaßt: „(3) Der Entwicklungsbereich ist in dem Festlegungsbeschluß genau zu bezeichnen." d) Absatz 4 wird wie folgt gefaßt: „ (4) In der ortsüblichen Bekanntmachung ist auf die Genehmigungspflicht nach § 57 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 15 hinzuweisen." 2. § 54 Abs. 4 wird wie folgt gefaßt: „ (4) Wenn es zur Vorbereitung und Durchführung der Entwicklungsmaßnahme geboten ist, kann die nach Landesrecht zuständige oberste Behörde durch 'den Festlegungsbeschluß gemäß § 53 bestimmen, daß ein Gemeindeverband oder ein Verband, an dessen Willensbildung die Gemeinde oder der zuständige Gemeindeverband beteiligt ist, an die Stelle der Gemeinde tritt. In dem Festlegungsbeschluß kann auch eine andere Gemeinde oder ein Landkreis mit der Wahrnehmung der Aufgabe beauftragt werden, wenn die betroffene Gemeinde zustimmt oder wenn ihr Gemeindegebiet nur in geringem Umfang berührt wird. In diesem Fall tritt für den städtebaulichen Entwicklungsbereich der in dem Festlegungsbeschluß bestimmte Rechtsträger bei Anwendung des Bundesbaugesetzes oder dieses Gesetzes an die Stelle der Gemeinde. Nach Aufhebung der Erklärung zum städtebaulichen Entwicklungsbereich gelten die von dem Rechtsträger aufgestellten Pläne als Bauleitpläne der Gemeinde." Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. Juni 1971 7417 3. § 63 wird wie folgt geändert: a) Absatz i wird wie folgt gefaßt: „ (1) Der Festlegungsbeschluß gemäß § 53 ist von der nach Landesrecht zuständigen obersten Behörde durch Beschluß aufzuheben, wenn die Entwicklungsmaßnahme durchgeführt ist. Ist ,die Entwicklungsmaßnahme nur in einem Teil des städtebaulichen Entwicklungsbereichs durchgeführt, so kann der Festlegungsbeschluß für ,diesen Teil aufgehoben werden. § 53 Abs. 1 Sätze 2 und 3 gilt entsprechend." b) Absatz 2 wird wie folgt gefaßt: „(2) Mit der Aufhebung des Festlegungsbeschlusses ist für dessen Geltungsbereich auch die Satzung nach § 62 aufgehoben." Bonn, den 15. Juni 1971 Dr. Barzel, Stücklen und Fraktion Anlage 14 Umdruck 186 Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Städtebauförderungsgesetzes — Drucksachen VI/434, VI/510, VI/2204 —. Der Bundestag wolle beschließen: 1. Nach § 53 ist folgender § 53 a einzufügen: „§ 53 a Vorbereitende Untersuchungen für Entwicklungsbereiche (1) Vor der Festlegung des Entwicklungsbereichs hat die nach Landesrecht zuständige oberste Behörde die Gemeinde mit der Durchführung der erforderlichen vorbereitenden Untersuchungen zu beauftragen; § 54 Abs. 4 und 5 gelten sinngemäß. (2) Auf die vorbereitenden Untersuchungen ist § 4 entsprechend anzuwenden. Das Ergebnis der vorbereitenden Untersuchungen und der Sozialplan sind der nach Landesrecht zuständigen obersten Behörde vorzulegen." 2. In § 57 Abs. 1 ist Nummer 1 wie folgt zu fassen: „1. § 8 Abs. 2 (Sozialplan) ",. Bonn, den 15. Juni 1971 Dr. Barzel, Stücklen und Fraktion Anlage 15 Umdruck 187 (neu) Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Städtebauförderungsgesetzes Drucksachen VI/434, VI/510, VI/2204 —. Der Bundestag wolle beschließen: In § 54 Abs. 3 wird der erste Halbsatz des Satzes 1 wie folgt gefaßt: „(3) Die Gemeinde kann die Grundstücke im städtebaulichen Entwicklungsbereich erwerben; ..." Bonn, den 16. Juni 1971 Dr. Barzel, Stücklen und Fraktion Anlage 16 Umdruck 176 Änderungsantrag der Abgeordneten Niegel, Schedl, Dr. Schneider (Nürnberg), Kiechle, Balkenhol, Dr. Jenninger, Dr. Hauser (Sasbach), Dr. Miltner, Susset und Genossen zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Städtebauförderungsgesetzes — Drucksachen VI/434, VI/510, VI/2204 —. Der Bundestag wolle beschließen: § 59 Abs. 5 werden folgende Sätze angefügt: „Die Gemeinde darf jedoch kein höheres Entgelt verlangen, als sich unter Berücksichtigung ihrer Aufwendungen, aber ohne Gewinn ergibt. Bestehende Darlehen oder Zinsvergünstigungen aus Förderungsmitteln müssen an die Erwerber weitergegeben werden." Bonn, den 15. Juni 1971 Niegel Schedl Dr. Schneider (Nürnberg) Kiechle Balkenhol Dr. Jenninger Dr. Hauser (Sasbach) Dr. Miltner Susset Dr. Früh Anlage 17 Umdruck 188 Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Städtebauförderungsgesetzes — Drucksachen VI/434, VI/510, VI/2204 —. Der Bundestag wolle beschließen: In § 84 wird nach der Nummer 2 folgende Nummer 3 eingefügt: 3. Hinter § 7 e des Einkommensteuergesetzes wird der folgende § 7 f eingefügt: Dr. Fuchs Gewandt Dr. Gleissner Haase (Kassel) Dr. Jobst Frau Dr. Kuchtner Dr. Ritz Röhner Solke Dr. Zimmermann 7418* Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. Juni 1971 „§ 7 f Erhöhte Absetzung für im Zusammenhang mit städtebaulichen Sanierungs- oder Entwicklungsmaßnahmen hergestellte bauliche Anlagen (1) Bei Gebäuden und Eigentumswohnungen, die nachweislich einer Bescheinigung der nach Landesrecht zuständigen Stelle im Zusammenhang mit städtebaulichen Sanierungs- oder Entwicklungsmaßnahmen im Sinne des Städtebauförderungsgesetzes hergestellt worden sind, können abweichend von § 7 Abs. 4 und 5 im Jahre der Herstellung und in den fünf folgenden Jahren jährlich bis zu 7 vom Hundert der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abgesetzt werden. Der Bauherr kann die erhöhten Absetzungen, die er im Jahre der Fertigstellung und den vier folgenden Jahren nicht ausgenutzt hat, bis zum Ende des fünften auf das Jahr der Fertigstellung folgenden Jahres nachholen. Dabei können nachträgliche Herstellungskosten vom Jahre ihrer Entstehung an bei der Bemessung der erhöhten Absetzungen so berücksichtigt werden, als wären sie bereits im Jahr der Fertigstellung entstanden. Im Jahre der Fertigstellung und in den vier folgenden Jahren sind jedoch mindestens die Absetzungen für Abnutzungen nach § 7 Abs. 4 vorzunehmen. (2) Von dem Jahr an, in dem erhöhte Absetzungen nach Absatz 1 nicht mehr vorgenommen werden können, spätestens vom sechsten auf das Jahr der Herstellung folgenden Jahr an, sind die Absetzungen für Abnutzung nach dem Restwert und dem nach § 7 Abs. 4 unter Berücksichtigung der Restnutzungsdauer maßgebenden Vomhundertsatz zu bemessen. (3) Bei Gebäuden und Eigentumswohnungen, für die erhöhte Absetzungen nach Absatz 1 in Anspruch genommen werden, sind erhöhte Absetzungen nach § 7 b nicht zulässig." Bonn, den 15. Juni 1971 Dr. Barzel, Stücklen und Fraktion Anlage 18 Umdruck 195 Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur dritten Beratung des Entwurfs eines Städtebauförderungsgesetzes — Drucksachen VI/434, VI/510, VI/2204 —. Der Bundestag wolle beschließen: 25 wird wie folgt geändert: [n Absatz 2 wird das Wort „nur" durch das Wort ,,zunächst" ersetzt. Bonn, den 16. Juni 1971 Dr. Barzel, Stücklen und Fraktion Anlage 19 Umdruck 196 Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur dritten Beratung des Entwurfs eines Städtebauförderungsgesetzes — Drucksachen VI/434, VI/510, VI/2204 —. Der Bundestag wolle beschließen: In § 54 Abs. 3 wird der erste Halbsatz des Satzes 1 wie folgt gefaßt: „(3) Die Gemeinde k a n n die Grundstücke im städtebaulichen Entwicklungsbereich erwerben; ..." Bonn, den 16. Juni 1971 Dr. Barzel, Stücklen und Fraktion Anlage 20 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Bayerl vom 9. Juni 1971 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Orgaß (CDU/CSU) (Drucksache VI/2244 Fragen A 1 und 2) : Hält die Bundesregierung es für vertretbar, daß in Erbbauverträgen ein Erbbauzins festgelegt wird, der sich automatisch oder in bestimmten zeitlichen Abständen der Steigerung der Grundstückspreise anpaßt? Aus welchem Grunde hat die Bundesregierung bisher den Entwurf zur Änderung der Erbbaurechtsverordnung, der bereits dem vorigen Bundestag vorlag und kurz vor dem Abschluß der Beratungen stand, nicht wieder eingebracht, und bis wann gedenkt die Bundesregierung, einen neuen Gesetzentwurf zur Reform der veralteten Erbbaurechtsverordnung vorzulegen, durch den insbesondere die Klauseln über einen gleitenden Erbbauzins auf ein erträgliches Maß beschränkt werden? Klauseln in Erbbaurechtsverträgen, nach denen der Erbbauzins an Änderungen des Grundstückswerts angepaßt werden soll, können wegen des starken Ansteigens der Grundstückspreise dazu führen, daß die Erhöhung ein bei Abschluß des Erbbaurechtsvertrags nicht vorhersehbares Ausmaß erreicht und den Erbbauberechtigten in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringt. Die Bundesregierung ist daher der Auffassung, daß solchen Folgen durch gesetzgeberische Maßnahmen entgegengewirkt werden sollte. Der in der 5. Legislaturperiode aus der Mitte des Bundestags eingebrachte Gesetzentwurf (Drucksache V/1337) ist vom Bundestag vor allem deshalb nicht mehr verabschiedet worden, weil dazu noch erhebliche Meinungsverschiedenheiten bestanden. Die Bundesregierung hat es daher für notwendig gehalten, erneut eingehend zu prüfen, welche Lösungsmöglichkeiten in Betracht kommen und geeignet sind, den berechtigten Interessen aller Beteiligten möglichst weitgehend Rechnung zu tragen. Ein Referentenentwurf ist fertiggestellt; die Erörterung dieses Entwurfs zwischen den Bundesressorts ist jedoch noch nicht abgeschlossen. Weiter muß den beteiligten Verbänden noch Gelegenheit Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. Juni 1971 7419 zur Stellungnahme geboten werden. Das Bundesjustizministerium wird diese Arbeiten weiterhin beschleunigt durchführen; der Entwurf wird von der Bundesregierung dann umgehend eingebracht werden. Anlage 21 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 9. Juni 1971 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Wolfram (SPD) (Drucksache VI/2244 Fragen A 46 und 47): Ist der Bundesregierung bekannt, daß Bürger bei Landkäufen des Bundes zu Verteidigungszwecken nicht nach dem dafür anzuwendenden Landbeschaffungsgesetz von 1957, sondern nach dem ungünstigen Allgemeinen Kriegsfolgenschadengesetz von 1957 entschädigt worden sind? Welche Rechtsvorschriften und Verwaltungsanweisungen hat die Bundesregierung erlassen, um eine einheitliche Rechtsanwendung der nachgeordneten Behörden sicherzustellen? Das Bundesministerium der Finanzen hat die für den Landerwerb für Verteidigungszwecke zuständigen Oberfinanzdirektionen mit Runderlaß vom 27. Mai 1969 ausdrücklich angewiesen, in welchen Fällen nicht nach dem Landbeschaffungsgesetz vom 23. Februar 1957, sondern nach dem Allgemeinen Kriegsfolgengesetz vom 5. November 1957 zu verfahren ist. Ein einheitliches Verfahren ist damit sichergestellt. Nach dem Allgemeinen Kriegsfolgengesetz sind solche Einzelfälle abzuwickeln, in denen bereits das Deutsche Reich eine Geländeinanspruchnahme für militärische Zwecke in die Wege geleitet hatte und Besitzer des Grundstücks geworden war. Unter der Voraussetzung, daß dieser Besitz seitdem ununterbrochen in der Hand des Deutschen Reiches bzw. seiner jeweiligen Rechtsnachfolger — Besatzungsmächte und Bund — geblieben war und daß auch heute noch ein Bedarf an dem Grundstück für das öffentliche Wohl — also auch für Zwecke der Verteidigung — fortbesteht, gilt die Regel des § 22 Allgemeines Kriegsfolgengesetz. Was hierbei die Höhe des angemessenen Kaufpreises oder der Entschädigung betrifft, so verweist das Allgemeine Kriegsfolgengesetz hierfür weitgehend auf die Bestimmungen des Landbeschaffungsgesetzes; der Betroffene erhält auch nach dem Allgemeinen Kriegsfolgengesetz daher den Verkehrswert des in Anspruch genommenen Grundstücks. Auf der verschiedenartigen gesetzlichen Regelung beruhende, im Allgemeinen Kriegsfolgengesetz festgelegte Unterschiede bestehen darin, daß vom Deutschen Reich ggfs. bereits gezahlte Abschläge oder Vorschüsse bei der heutigen endgültigen Sicherstellung im Verhältnis 1 : 1 anzurechnen sind und ferner an die Stelle der im Landbeschaffungsgesetz vom Zeitpunkt der Inanspruchnahme laufender Verzinsung des Kaufpreises eine rückwirkend vom 1. August 1945 an laufende Nutzungsentschädigung tritt. Anlage 22 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 9. Juni 1971 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Abelein (CDU/CSU) (Drucksache VI/2244 Frage A 48) : In welcher Reihenfolge, zu welchem Zeitpunkt und mit welchen finanziellen Mitteln gedenkt die Regierung die von ihr angekündigten Reformmaßnahmen zu verwirklichen? Ihre Frage stellt, wenn ich es recht sehe, eine Kurzfassung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betreffend das Arbeitsprogramm der Bundesregierung zu innenpolitischen Vorhaben (Drucksache VI/ 1620) dar. Auf die darin gestellten Fragen, die auch Ihre Fragen sind, hat die Bundesregierung am 12. März 1971 (Drucksache VI/1953) ausführlich schriftlich geantwortet. Es hat ferner am 24. Mai 1971 eine Debatte in diesem Hohen Hause gegeben. Ich darf auf die Antworten der Bundesregierung in der schriftlichen Antwort auf die Große Anfrage und auf die Diskussionen in diesem Hohen Hause verweisen. Anlage 23 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Logemann vom 16. Juni 1971 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Susset (CDU/CSU) (Drucksache VI/ 2286 Frage A 22) : Ist die Bundesregierung mit mir der Ansicht, daß die von ihr durch Umbuchungen im Haushalt bereitgestellten 480 Millionen DM, die überwiegend als Flächenausgleich bereitgestellt werden, nicht sinnvoller für die Erhöhung der Altershilfe und eine Krankenversicherungsregelung der Altenteiler hätten zur Verfügung gestellt werden können? Die Bundesregierung hat es im Falle der im Kap. 10 03 eingesparten und gemäß § 5 Abs. 4 des Haushaltsgesetzes 1971 nach Kap. 10 02 verlagerten Mittel haushaltsrechtlich und finanzpolitisch für unumgänglich gehalten, die 480 Millionen DM für einmalige kostenentlastende Maßnahmen zugunsten der deutschen Landwirtschaft in Ansatz zu bringen. Die in ,der Frage genannten Maßnahmen hätten hingegen zwangsläufig Auswirkungen auf den Bundeshaushalt der folgenden Jahre gehabt, die im geltenden Finanzplan nicht berücksichtigt sind. Anlage 24 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Logemann vom 16. Juni 1971 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Susset (CDU/CSU) (Drucksache VI/2286 Frage A 23) : Kann die Bundesregierung Gründe nennen, die sie veranlaßt hat, in einer Anzeige zu behaupten, daß die deutschen Bauern 7420 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. Juni 1971 1971'72 aus den in Brüssel beschlossenen Agrarpreisanhebungen Mehreinnahmen von 800 bis 900 Millionen DM erhalten? Die Bundesregierung hat überschlägige Berechnungen durchgeführt, um die Mehreinnahmen, die auf Grund der EWG-Preisbeschlüsse vom 25. März 1971 zu erwarten sind, zu ermitteln. An Hand der Verkaufserlöse für den Durchschnitt mehrerer Wirtschaftsjahre wurde ein Betrag von 800 bis 900 Millionen DM errechnet. Dabei ist berücksichtigt worden, daß die in Brüssel beschlossenen Preisanhebungen nicht bei allen Produkten voll bis zum Erzeugerpreis durchschlagen. Es wurde nicht berücksichtigt, daß die für einige Produkte beschlossenen Preiserhöhungen auch das Preisniveau anderer Erzeugnisse positiv beeinflussen können: Eine exakte Berechnung der Mehrerlöse ist nicht möglich, weil die tatsächliche Preisentwicklung stark vom Marktverlauf abhängig ist.
Gesamtes Protokol
Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0612700000
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren, vor Eintritt in die Tagesordnung darf ich einige Bekanntmachungen vortragen.
Der Abgeordnete Dr. Stoltenberg hat am 3. Juni 1971 sein Mandat niedergelegt. Als sein Nachfolger ist mit Wirkung vom 11. Juni der Abgeordnete Wendelborn in den Bundestag eingetreten. Ich begrüße den uns bereits bekannten Kollegen sehr herzlich und wünsche ihm eine erfolgreiche Mitarbeit im Deutschen Bundestag.

(Beifall.)

Der Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen hat am 1. Juni 1971 gemäß § 37 Abs. 4 der Bundeshaushaltsordung eine Vorlage betreffend Zustimmung zur Leistung einer überplanmäßigen Haushaltsausgabe bei Kap. 12 03 Tit. 745 04 (Sicherung der Fahrwasser von Ems und Jade durch Instandsetzung der Inselschutzwerke auf Wangerooge, Minsener Oog und Borkum) übersandt, die als Drucksache VI/ 2264 verteilt worden ist. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung werden derartige Vorlagen dem Haushaltsausschuß überwiesen. Ist das Haus damit einverstanden? Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind die beiden Fragestunden dieser Woche für heute um 14 Uhr — das heißt, es wird ohne Mittagspause durchgetagt — und für Freitag nach Erledigung des letzten Tagesordnungspunkts vorgesehen.
Nach einer weiteren interfraktionellen Vereinbarung soll die Tagesordnung um die in der folgenden Ihnen vorliegenden Liste bezeichneten Vorlagen ergänzt werden. Das Haus ist damit einverstanden. Die Erweiterung der Tagesordnung ist beschlossen.
Es ist vereinbart worden, daß diese Tagesordnungspunkte, nämlich die Verkehrsdebatte, am Freitag aufgerufen werden.
Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat am 9. Juni 1971 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Gerlach (Obernau), Ziegler, Biehle, Niegel, Varelmann, Müller (Remscheid), Geisenhofer, Müller (Berlin) und Genossen betr. Heimarbeitsgesetz — Drucksache VI/ 1838 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache VI/ 2278 verteilt.
Der Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen hat am 12. Juni 1971 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Breidbach, Dr. Wagner (Trier), von Bockelberg, Köster, Dr. Dollinger, Wawrzik, Dr. Burgbacher und Genossen betr. Auswirkungen der derzeitigen Inflationsrate — Drucksache VI/ 2216 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache VI /2299 verteilt.
Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses hat am 9. Juni 1971 mitgeteilt, daß der Schriftliche Bericht des Verteidigungsausschusses zu dem von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Soldatenversorgungsgesetzes — Drucksachen VI/ 10, VI/ 745 — zurückgezogen werde, nachdem er mit der Beschlußfassung zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Soldatenversorgungsgesetzes —Drucksache VI/ 1681 -- gegenstandslos werde.
Wir kommen zur Tagesordnung. Ich rufe den Punkt 2 der Tagesordnung auf:
a) Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen in den Gemeinden (Städtebauförderungsgesetz)

— Drucksachen VI/ 434, VI/ 510 —
aa) Bericht des Haushaltsausschusses (7. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache VI/ 2273 —Berichterstatter: Abgeordneter Müller (Nordenham)

bb) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Städtebau und Wohnungswesen (14. Ausschuß)

— Drucksachen VI/ 2204, zu VI/ 2204 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Ahrens Abgeordneter Erpenbeck

(Erste Beratung 39. Sitzung)

b) Beratung des Städtebauberichts 1970 der Bundesregierung
— Drucksache VI/ 1497 —Zunächst danke ich den Berichterstattern für ihre Berichte und frage, ob sie sie mündlich ergänzen wollen. — Das ist nicht der Fall.
Dann treten wir in die zweite Beratung ein. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Bundesminister Lauritzen.

Dr. Lauritz Lauritzen (SPD):
Rede ID: ID0612700100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Rettet unsere Städte jetzt! Unter die-



Bundesminister Dr. Lauritzen
sem Motto hat der Deutsche Städtetag am 26. und 27. Mai seine diesjährige Hauptversammlung in München abgehalten. Auf dem Hintergrund dieser sehr lebendigen und eindrucksvollen Tagung unserer Städte in München — —

Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0612700200
Einen Augenblick, Herr Bundesminister.
Darf ich Sie bitten, Platz zu nehmen. Es ist dem Redner nicht zuzumuten, bei dieser Unruhe seine Ausführungen zu machen.
Bitte schön.

Dr. Lauritz Lauritzen (SPD):
Rede ID: ID0612700300
Auf dem Hintergrund dieser sehr lebendigen und eindrucksvollen Tagung des Deutschen Städtetages in München gewinnen, so scheint mir, die heutigen Beratungen des Deutschen Bundestages eine ganz besondere Aktualität. Die Notwendigkeit einer baldigen Verabschiedung des Städtebauförderungsgesetzes ist wohl noch nie so eindeutig demonstriert worden wie in dieser Zeit. Wie es in unseren Städten und Gemeinden tatsächlich aussieht, ist nicht nur in München, sondern schon so oft in Wort und Bild dargestellt worden, daß jeder Versuch auch einer nur kurzen Skizzierung nur Wiederholung bedeuten würde. Aber, meine Damen und Herren, jeder von uns sollte sich dessen bewußt sein, wieweit es in unseren Städten, den Mittelpunkten des kulturellen, geistigen, politischen und wirtschaftlichen Lebens, schon gekommen ist. Im Grunde genommen ergeben sich für unsere ländlichen Gemeinden ebenfalls eine Fülle von Problemen. Ich darf Sie daher sehr eindringlich bitten, die Beschlüsse zu fassen, die notwendig sind, damit Städte und Gemeinden handeln können, um die heutigen Verhältnisse zu verbessern und die Zukunft zu sichern.
Von Ihren Beschlüssen heute wird es maßgeblich abhängen, ob wir in einer sich täglich verschlechternden, ungesunder und immer feindlicher werdenden Umwelt leben müssen oder ob wir tatkräftig und im vollen Bewußtsein unserer Verantwortung der heute lebenden und der kommenden Generation gegenüber dafür sorgen, daß unsere Städte und Gemeinden wieder lebenswert und der Rahmen für eine freundliche und gesicherte Zukunft werden.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich begrüße es sehr, daß der Städtebaubericht 1970 und die zweite und dritte Lesung des Städtebauförderungsgesetzes heute auf der Tagesordnung gemeinsam zur Beratung anstehen. Ich begrüße es einmal, weil der Städtebaubericht 1970 die umfassendste und eindringlichste Analyse der gemeindlichen Situation auf städtebaulichem und, damit verbunden, gesellschaftspolitischem Gebiet ist, über die wir zur Zeit verfügen. Dabei geht der Bericht auf die soeben von mir genannten Probleme ein, für die das Städtebauförderungsgesetz zukunftweisende Regelungen treffen soll. Wenn wir heute über den Bericht debattieren, behandeln wir damit gleichzeitig die materiellen Sachverhalte des Gesetzes. Ich begrüße die gemeinsame Debatte zum anderen, weil das Städtebauförderungsgesetz eine der Maßnahmen ist, die der Bericht als besonders vordringlich zur Lösung der drängenden gemeindlichen Probleme herausstellt.
Der Städtebaubericht, der diese Probleme untersucht, sowie das Städtebauförderungsgesetz, das ein Instrument in der Hand der Gemeinden zur Lösung der Aufgaben ist, haben die Verbesserung der baulichen Umwelt zum Ziel. Dies ist eine Aufgabe, die in ihrer Dringlichkeit und Bedeutung auch von der Opposition in diesem Hohen Haus anerkannt wird. Diese Einmütigkeit ist zu begrüßen, und ich freue mich darüber, selbst wenn über Wege und Möglichkeiten der Lösung dieser Aufgaben teilweise unterschiedliche Auffassungen bestanden und auch heute noch bestehen.
Zu diesen Aufgaben, die im Rahmen und mit Mitteln des Städtebaus erfüllt werden müssen, um dem Bürger die bestmöglichen Lebens- und Umweltverhältnisse in den Gemeinden bieten zu können, gehört es insbesondere, ein vielfältiges Angebot an Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten zu schaffen, das Möglichkeiten auch des beruflichen Wechsels, Aufstiegs und Fortkommens garantiert; Güter und Dienstleistungen reichhaltig und hochwertig in zumutbarer zeitlicher und räumlicher Nähe der Wohnungen anzubieten; die Versorgung mit Strom, Gas usw. und die Beseitigung von Abwasser und Müll sicherzustellen; leistungsfähige Bildungs-, Ausbildungs- und Fortbildungseinrichtungen sowie Einrichtungen zur Gesundheitspflege, Vorsorgebetreuung und Heilung von körperlichen und psychischen Leiden zu schaffen; für die ständig zunehmende Freizeit vielfältige Möglichkeiten der kulturellen Betätigung, für Spiel und Sport sowie für Unterhaltung zu bieten; dafür zu sorgen, daß sich Menschen verschiedener Interessen und Anschauungen begegnen und zusammenfinden können — dazu werden Begegnungsstätten der verschiedensten Art auszubauen sein —; die bauliche Gestaltung der Umwelt so zu verbessern, daß sich jeder mit ihr vertraut machen kann; und schließlich innerhalb der Gemeinden das Straßennetz und die öffentlichen Verkehrsmittel so auszubauen, daß sie den bestehenden, aber auch den wachsenden Verkehrsbedürfnissen gerecht werden.
Meine Damen und Herren, diese Aufgaben der Entwicklung unserer Städte und Gemeinden, die zwar auch früher schon bestanden haben, die aber erst jetzt mehr und mehr in das Bewußtsein unserer Bevölkerung eindringen und die heute und morgen auf Grund des steigenden Wohlstandes und der immer größer werdenden Freizeit noch wichtiger werden, sind nur durch umfangreiche und tiefgreifende städtebauliche Maßnahmen zu erfüllen. Und der Umfang dieser Maßnahmen ist gewaltig! Er läßt sich vielleicht am ehesten mit der Aufgabe des Wiederaufbaus nach 1945 vergleichen, wenn sich auch der Charakter der notwendigen städtebaulichen Aufgaben grundlegend geändert hat.
Heute handelt es sich in erster Linie darum, Gemeinden, die zentralörtliche Aufgaben für einen größeren Einzugsbereich erfüllen müssen, schwer-

Bundesminister Dr. Lauritzen
punktmäßig auszubauen und weiterzuentwickeln. In den großflächigen Verdichtungsräumen müssen die städtebaulichen Hauptzentren ausgebaut und verdichtet sowie ein leistungsfähiges Netz von Stadt- und Stadtteilzentren angelegt werden. In den Kernen der Verdichtungsgebiete stehen die Erneuerung und der Umbau der vorhandenen Bausubstanzen im Vordergrund.
Dies sind die Aufgaben der Stadterneuerung, und dies ist gemeint, wenn wir von „Chancengleichheit" und „Gleichartigkeit der Lebensverhältnisse" sprechen. Und das ist, so meine ich, eine der Hauptaufgaben unserer Zeit.
Neben den Aufgaben der Erneuerung steht aber auch die Notwendigkeit, größere Siedlungsflächen mit den erforderlichen kommunalen Einrichtungen neu zu errichten. Diese städtebaulichen Entwicklungsaufgaben sind der zweite große städtebauliche Aufgabenbereich, den es in der Zukunft zu bewältigen gilt.
Alle diese genannten Aufgaben, die ich bereits am 4. Dezember 1968 und am 18. März 1970 vor diesem Hohen Hause eingehend dargestellt habe und die auch im Städtebaubericht '69 erstmals geschlossen genannt worden sind, sind mit den herkömmlichen Planungsvorstellungen und -zielen und dem uns heute zur Verfügung stehenden gesetzlichen Instrumentarium nicht oder nur unvollkommen zu bewältigen. Hierüber besteht doch auch seit langem völlige Übereinstimmung, und ich bin für dieses ausgeprägte Problembewußtsein durchaus dankbar. Das war nicht immer so, und nicht zuletzt haben die immer wiederholten Hinweise von uns allen und mein ständiges Trommeln sicherlich bewirkt, daß hier auch die letzten Zweifler wachgerüttelt worden sind.
Es handelt sich in diesem Zusammenhang aber nicht nur darum, das bestehende städtebaurechtliche Instrumentarium weiterzuentwickeln. Es muß vielmehr auch darum gehen, die gesetzlichen Regelungen stärker als bisher in gesellschaftspolitische Zielvorstellungen einzuordnen und sie auf diese auszurichten. Das ist aber nur möglich, wenn die gesellschaftspolitische Bedeutung des Städtebaus klar herausgestellt wird, wenn der gesellschaftspolitische Stellenwert des Städtebaus gegenüber anderen Bereichen bestimmt wird und wenn auf dieser Grundlage die gesellschaftspolitischen Entscheidungen getroffen werden. Nur an diesen Entscheidungen kann der Wert eines bestehenden rechtlichen Instrumentariums gemessen und können Wege zu seiner Weiterentwicklung aufgezeigt werden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unsere Gesellschaftspolitik muß sich an Zielen orientieren, die sich aus den Grundwerten unserer Verfassung und aus den Grundsätzen eines sozialen und demokratischen Rechtsstaats ableiten. Die Grundwerte unserer Verfassung verlangen, daß die Bürger in der freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit in den zahlreichen hiervon berührten Lebensbereichen nicht durch unzulängliche bauliche und räumliche Verhältnisse eingeschränkt werden. Und sie verlangen ferner die Chancengleichheit aller und die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet.
Die Bundesregierung betrachtet daher Städtebaupolitik als wesentlichen Teil der Politik der inneren Reformen, da die gebaute Umwelt den Lebensbereich jedes einzelnen beeinflußt und die Ziele in vielen Bereichen der Gesellschaftspolitik nur durch städtebauliche Maßnahmen verwirklicht werden können.
Es geht einmal darum, Fehlentwicklungen in der baulichen Vergangenheit unserer Gemeinden zu begegnen und vorhandene städtebauliche Mißstände zu beseitigen. Zum anderen aber müssen viel stärker als bisher — ich verweise auch hier auf die dringenden Appelle des Deutschen Städtetages der letzten Zeit — die künftigen Entwicklungen und die Anforderungen der Bevölkerung und der Wirtschaft rechtzeitig berücksichtigt werden.
Um den sich nun daraus ergebenden Aufgaben gerecht werden zu können, müssen nach Auffassung der Bundesregierung die folgenden Voraussetzungen geschaffen werden. Wir brauchen aus der großräumigen Sicht der Entwicklung des Bundesgebietes übergeordnete Ziele und Grundsätze für die Entwicklung der Siedlungsstruktur im ganzen Bundesgebiet. Wir benötigen finanziell leistungsfähige Gemeinden, denn die bauliche Entwicklung unserer Städte und Dörfer hat einen großen Nachholbedarf zu bewältigen. Dazu kommt, daß die Anforderungen von Bevölkerung, Wirtschaft und Verkehr künftig noch wesentlich steigen werden. Der Wachstumsprozeß unserer Wirtschaft hat zwar viele Gemeinden gleichfalls wachsen lassen. Aber dahinter ist vielfach ihre finanzielle Leistungskraft zurückgeblieben. Die Wünsche, die unsere Bürger — weitgehend berechtigt — an ihre Gemeinden stellen, steigen schneller als die Möglichkeiten, diese Ansprüche zu finanzieren. Diesen finanziellen Gestaltungsraum muß eine Städtebaupolitik, wenn sie real bleiben soll, berücksichtigen.
Wir brauchen vor allen Dingen eine verstärkte Mitwirkung der Bürger; denn nach Auffassung der Bundesregierung kann die Spanne, die sich auftut zwischen Wünschen und Möglichkeiten, um so schneller und nachhaltiger abgebaut werden, je stärker der Bürger an der Lösung städtebaulicher Aufgaben beteiligt wird. Je besser es die Städtebaupolitik versteht, die Bereitschaft der Bürger zu wecken, desto stärker werden diese bereit sein, sich an der Lösung der Aufgaben bis hin zur Finanzierung aktiv zu beteiligen. Darum müssen wir uns immer wieder überlegen, wie das Interesse der Bürger geweckt werden kann und wie ihre Initiative nicht nur zu erhalten, sondern auch zu fördern ist.
Meine Damen und Herren! Die Fachwelt und die Politik sind sich heute weitgehend darin einig, daß die Verwirklichung aller dieser Ziele Schwerpunktbildungen erforderlich macht. Die Gründe für die Notwendigkeit von Schwerpunktbildungen im Städtebau sowie die hierbei zu beachtenden Kriterien legt der Städtebaubericht 1970 der Bundesregierung im einzelnen dar.
Eine soziale Städtebaupolitik kann sich aber nicht allein auf die Entwicklung von Schwerpunktorten



Bundesminister Dr. Lauritzen
beschränken. Der Ihnen vorliegende Bericht geht für den ländlichen Bereich im wesentlichen auf die städtebaulichen Aufgaben der Siedlungsschwerpunkte ein. Die städtebaulichen Probleme der übrigen Gemeinden des ländlichen Raumes werden zwar angesprochen, sollen aber in ihrer ausführlichen Behandlung dem nächsten Städtebaubericht vorbehalten bleiben. Denn die Diskussion gerade über die Weiterentwicklung dieser Gemeinden ist noch in vollem Gange.
Die Verwirklichung von raumordnungspolitischen und städtebaupolitischen Zielen, wie sie in den Bereichen der zentralen Orte und der Entwicklungsachsen bestehen, erfordert, die hierzu notwendige städtebauliche Verdichtung durch eine entsprechende Sicherung und Verbesserung auch der Umweltverhältnisse zu begleiten. Hohe städtebauliche Qualitäten bei großen Verdichtungen machen den Schutz vor Lärmbelästigungen, Luft- und Wasserverschmutzungen immer dringender. Daher sind entsprechende Maßnahmen notwendig, wenn eine engere Zuordnung oder sogar Mischung unterschiedlicher Nutzungsarten, wie z. B. Wohnen, Versorgen und Arbeiten, aus 'städtebaulichen oder soziologischen Gründen vorgenommen werden müssen.
Die sich ständig verschärfenden Umweltbelastungen in unseren Gemeinden erfordern neue Planungsmethoden und neue umweltschützende städtebauliche Maßnahmen, zu denen nicht zuletzt auch neue Bauformen gehören. Um die städtebauliche Entwicklung — gerade im Hinblick auf die wachsenden Umweltbelastungen — zukunftsgerecht zu steuern, reicht aber das bisherige Bau- und Planungsrecht allein nicht aus. Es genügt eben vielfach nicht mehr, durch Bauleitpläne einen Rahmen für die städtebauliche Entwicklung zu setzen, der keinerlei Aussagen über die zeitliche Verwirklichung der Planung macht, es genügt nicht mehr, nur Bodenordnungsmaßnahmen durchzuführen und im übrigen die Verwirklichung der Planung in Form von Häusern, Straßen und Anlagen dann nur noch der Initiative der Grundstückseigentümer zu überlassen.
Es kommt vielmehr — das scheint mir besonders wichtig zu sein — sehr wesentlich darauf an, daß die für erforderlich gehaltenen Maßnahmen in möglichst kurzer Frist auch realisiert werden. Da wir zur Zeitaber noch nicht über Regelungen verfügen, die Verwirklichung städtebaulicher Maßnahmen auch zeitlich vorzuschreiben, müssen wir es hinnehmen, daß Hunderttausende von Menschen jahrelang auf Baustellen leben müssen, daß Infrastruktureinrichtungen wie Straßen und Versorgungsleitungen jahrelang nicht wirtschaftlich ausgelastet werden können und daß im Weichbild der Städte vielfach Baulücken klaffen, die eine geordnete städtebauliche Entwicklung der Nachbarschaft verhindern oder verzögern.
Meine Damen und Herren, der Städtebaubericht 1970 der Bundesregierung — und darin sehe ich seine besondere Bedeutung nicht nur für die Politik meines Hauses, sondern auch für die städtebaubezogenen Bereiche anderer Ressorts — hat zu den gesellschaftspolitischen Zielen des Städtebaus und zu den Wegen, sie zu verwirklichen, zukunftsweisende Aussagen getroffen. Ich darf hier nur auf die Kapitel „Stärkere Mitwirkung der Bürger und der Öffentlichkeit am Planungsprozeß", „Organisatorische und finanzwirtschaftliche Maßnahmen zur Umsetzung von Städtebaupolitik im Städtebau", „Maßnahmen zur Integration des Wohnungswesens in den Städtebau" und „Rahmenbedingungen und Voraussetzungen für den zukünftigen Städtebau" hinweisen.
Die in diesen Kapiteln vorgeschlagenen Maßnahmen und Regelungen erheben nun nicht den Anspruch, endgültig geklärt und für alle Zeiten festgelegt zu sein. Sie sind vielmehr nach dem augenblicklichen Stand der politischen und wissenschaftlichen Erkenntnisse formuliert mit dem Ziel, den sich ständig ändernden Verhältnissen angeglichen und fortgeschrieben zu werden. Insofern werden auch spätere Städtebauberichte der Tatsache Rechnung tragen, daß Städtebau eben kein einmaliger Vorgang und anschließend statischer Zustand ist, sondern daß sich Städtebau fortlaufend in dynamischer Entwicklung vollzieht.
Auch in bezug auf die Zielvorstellungen, die der Bericht entwickelt, wird keine für jede Gemeinde gleichförmige Entwicklung ohne historisch oder topographisch begründete Differenzierung angestrebt. Ein derartiges Über-den-gleichen-Kamm-scherenWollen kann nicht Sinn und Zweck einer zielvollen Städtebaupolitik sein. Gerade die städtebauliche und architektonische Individualität z. B. einer norddeutschen Hafenstadt, einer am Rhein gelegenen Winzergemeinde oder einer süddeutschen Handelsstadt machen doch gerade ihren besonderen Reiz aus, auch wenn — und das hat der Städtebaubericht 1970 ganz klar herausgestellt — ihre Probleme gleiche Ursachen haben und gleichartige Instrumentarien zu ihrer Behebung verlangen. Insofern ist der Städtebaubericht 1970 ein auf Fortschreibung und Vervollständigung angelegter Ziel- und Handlungskatalog. Der Städtebau kann seine Aufgaben am Ende des 20. Jahrhunderts nur dann wirksam erfüllen, wenn die Ausgangslage bekannt und analysiert ist, wenn über die Ziele Einvernehmen besteht, wenn daraus resultierende Maßnahmen formuliert und Prioritäten Besetz sind. Diesem Ziel soll der Städtebaubericht 1970 dienen. Die Bundesregierung beabsichtigt darüber hinaus, mit dem Städtebaubericht die von ihr für notwendig gehaltenen Maßnahmen aus der umfassenden Bedeutung des Städtebaus heraus zu begründen.
Sie ist sich darüber im klaren, daß sie solche langfristigen Zielvorstellungen und Maßnahmen nicht allein, sondern nur in umfassender Zusammenarbeit mit Ländern und Gemeinden und allen anderen an der baulichen Gemeindeentwicklung beteiligten Gruppen aufstellen kann. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, nicht nur auf die Demokratisierung im Bereich der Planung im kommunalen Raum hinzuwirken, sondern sie beabsichtigt vielmehr, dem Grundsatz der Demokratisierung auch im Bereich der Städtebaupolitik auf Bundesebene größeren Raum zu geben.
In seiner Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969 hat der Herr Bundeskanzler zum Ausdruck gebracht, daß „mehr Demokratie gewagt", „dem kriti-



Bundesminister Dr. Lauritzen
schen Bedürfnis nach Information Genüge getan" und vor allem darauf hingewirkt werden soll, daß jeder Bürger die Möglichkeit erhalte, an der Reform von Staat und Gesellschaft mitzuwirken. Diese Forderungen der Regierung gilt es insbesondere im Bereich des Städtebaues zu verwirklichen. Denn hier steht der Bürger einem für ihn noch überschaubaren Bereich öffentlichen Lebens gegenüber. Hier hat er seine engsten Beziehungen zum Staat und die direktesten Möglichkeiten, sich am politischen Geschehen zu beteiligten und aktiv mitzuwirken. Den Abschnitt des Städtebauberichts, der sich mit der stärkeren Mitwirkung der Bürger und der Öffentlichkeit am Planungsprozeß befaßt, möchte ich als einen der wesentlichsten und gesellschaftspolitisch wichtigsten Schwerpunkte dieses Berichtes ansehen. Er hat bereits ein erfreulich positives Echo ausgelöst. In den kommunalen Spitzenverbänden sowie in den einzelnen Gemeinden ist man inzwischen bereits eifrig bemüht, geeignete Lösungsvorstellungen zu erarbeiten und schon zu praktizieren.
Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund des ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Städtebau und der Entwicklung unserer Gesellschaft sowie ihrer wechselseitigen Beeinflussung ist die Bedeutung des Städtebauförderungsgesetzes zu sehen. Es wird das erste große Gesetzesvorhaben aus dem Bereich der inneren Reformen dieser Bundesregierung sein. Auch Sie, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, werden diesem Gesetz doch nicht absprechen können, daß seine Verabschiedung von erheblicher gesellschaftspolitischer Bedeutung ist, daß dieses Gesetz notwendigerweise die politische Landschaft in einem bedeutsamen Rechtsbereich verändern muß und daß ein Schritt vorwärts in die Zukunft auf dem Gebiet des Städtebaus und des Bodenrechts getan wird. Hier ist begonnen worden, die Vorrechte einzelner und die Rechte der Allgemeinheit in ein besseres Verhältnis zu bringen, als das bisher der Fall war. Damit erfüllt der Gesetzgeber zugleich den Auftrag aus Artikel 14 unseres Grundgesetzes, eine gerechte Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und des einzelnen zu finden.
Um das Städtebauförderungsgesetz hat es draußen im Lande und auch in diesem Hohen Hause in den letzten Jahren viele Diskussionen gegeben. Über eines aber, glaube ich, sind wir uns alle im klaren: dieses Gesetzesvorhaben ist ein erster Schritt, die Mängel des geltenden Rechts im Bereich der Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen zu beseitigen.
Es war ein langer Weg his zum heutigen Tag, und ich darf hinzufügen: ein dornenreicher Weg dazu, bis mir die Genugtuung zuteil wurde, nunmehr durch das Plenum des Deutschen Bundestages doch auch den Optimismus bestätigt zu sehen, daß dieses Gesetzesvorhaben ungeachtet des Wiederstandes aus derjenigen Minderheit der Bevölkerung, in deren Vorrechte zugunsten der Mehrheit der Bevölkerung eingegriffen wird, von einer hoffentlich breiten Mehrheit der Mitglieder dieses Hauses und vom Bundesrat so rechtzeitig verabschiedet wird, daß seine Vorschriften noch in diesem Jahr in Kraft treten können.
Die Ihnen vorliegende — gegenüber der ersten Lesung geänderte bzw. ergänzte — Vorlage ist das Ergebnis eingehender Beratungen in den Ausschüssen des Hohen Hauses. Ich weiß sehr genau aus meiner eigenen Mitwirkung, wie eingehend und gründlich dort Paragraph für Paragraph auf die von allen Seiten gemachten Vorschläge überprüft und überarbeitet worden ist, und ich möchte daher heute an dieser Stelle allen Beteiligten meinen ganz besonderen Dank aussprechen.
Nicht jeder wird mit dem jetzt vorliegenden Ergebnis zufrieden sein. Dem einen geht diese Fassung zu weit, dem anderen ist sie zu eng. Wenn ich Sie trotzdem auffordere, eventuelle Bedenken zurückzustellen und der Vorlage zuzustimmen, so deshalb, weil die Gemeinden dieses Gesetz jetzt dringend brauchen, weil eine für alle akzeptable Regelung der schwierigen Materie auch bei noch so langer Beratung sicherlich nicht zu erzielen wäre, weil die vorliegende Fassung als Kompromiß an der Obergrenze des Erreichbaren anzusehen ist, nicht zuletzt aber auch deshalb, weil die Notwendigkeit sowohl einer Reform des Bodenrechts als auch einer Förderung städtebaulicher Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen von allen Parteien, einschließlich der Opposition in diesem Hohen Hause, bejaht wird und deshalb eine Ablehnung dieses ersten Fortschrittes zu einer umfassenden Reform des Bodenrechts in der Öffentlichkeit nur sehr schwer verstanden werden könnte.
Reform bedeutet Veränderung. Wer sich zu der Notwendigkeit von Reformen bekennt, kann doch seine Zustimmung schlecht verweigern, wenn jetzt zur Tat geschritten werden soll. Die Regierungsparteien, Sozialdemokraten und Freie Demokraten, sind bereit, mit ihren Stimmen dazu beizutragen, daß die städtebauliche Sanierung und Entwicklung unserer Gemeinden nunmehr zügig in Angriff genommen werden kann.
Ich hatte bereits zweimal die Ehre, in diesem Hohen Hause über das generelle und spezielle Anliegen des Städtebauförderungsgesetzes zu sprechen. Daher möchte ich heute Wiederholungen vermeiden und zusammenfassend nur einmal verdeutlichen, was es zu ändern gilt. Die Vorschriften des Bundesbaugesetzes reichen für die Bewältigung der unseren Gemeinden gestellten Aufgaben auf dem Gebiet des Städtebaues nicht aus. Es geht nicht an, privaten Reichtum zu Lasten wachsender Armut der Gemeinden anzuhäufen. Es geht nicht an, daß die Gemeinden und damit die Gesamtheit der Steuerzahler investieren und nur die Bodeneigentümer kassieren. Die Gemeinden sind heute zu langfristiger städtebaulicher Planung praktisch nicht mehr in der Lage, weil sie bei der Verwirklichung ihrer Pläne nur zu oft dem „guten Willen" der Grundstückseigentümer ausgeliefert sind und dieser gute Wille ja leider nicht überall zu finden ist.
Das Städtebauförderungsgesetz konkretisiert
diese Veränderungsüberlegungen. Ich möchte die Fortschritte, die das Gesetz bringt, wie folgt kurz zusammenfassen:
Das Planungsrecht wird entscheidend verbessert. In Sanierungs- und Entwicklungsgebieten erhält



Bundesminister Dr. Lauritzen
die Stadtplanung das Recht, ein Abbruchgebot, Baugebot und Modernisierungsgebot zu erlassen. Damit sind öffentliche Planungen nicht mehr nur Möglichkeitsplanungen, die so lange auf dem Papier stehen, bis ein privater Investor bereit ist, diese Möglichkeiten auszuschöpfen, oder bis ein Eigentümer bereit ist, sein Grundstück für die Zwecke der neuen Nutzung zu verkaufen. Mit diesen neuen Instrumenten ist die Voraussetzung geschaffen, die Planungen zügig durchzuführen und damit unzumutbare und die Allgemeinheit belastende Verzögerungen zu vermeiden.
Das Städtebauförderungsgesetz gibt den Planern aber nicht nur neue Rechte, es formuliert auch neue Pflichten und erweitert damit die Planung um neue Dimensionen. Planung kann heute, gerade im Fall einer Sanierung, unmöglich nur noch als Gestaltungsproblem aufgefaßt werden. Deshalb schreibt das Städtebauförderungsgesetz umfassende vorbereitende Untersuchungen, die Aufstellung eines Finanzierungsplanes und vor allem eines Sozialplanes vor. Mit dem Städtebauförderungsgesetz ist das Bild eines Planers, der in der Abgeschiedenheit seines Konstruktionsbüros Entwürfe schafft, die dann einer staunenden Öffentlichkeit übergeben werden, ein für allemal tot. Stadtplanung ist gleichzeitig Sozialplanung, Finanzplanung und Invesitionsplanung. Sie ist Teil einer umfassenden Entwicklungspolitik der Gemeinde.
Trotz dieser weitgehenden sozialen Sicherungen scheinen viele Kritiker von einer Art Sanierungstrauma nicht abkommen zu können, nachdem sämtliche Sanierungsmaßnahmen als herzlose und rücksichtslose Vertreibungsaktionen phantasieloser Bürokraten dargestellt werden, die aus einem völlig abstrakten Planungsverständnis entspringen. Aus einer radikalen Gegenposition heraus wird dann jede Sanierung verketzert oder verteufelt. Es wird gefordert, bei jeder Sanierung die ursprüngliche Wohnbevölkerung völlig zu erhalten und keine Nutzungsänderungen zuzulassen. Ich meine, wenn wir diese Haltung übernehmen, entziehen wir uns selbst die Basis eines wesentlichen Teils der Stadtentwicklungspolitik. Es kommt vielmehr darauf an, zwischen den Interessen der alten Bewohner und den Zielen der Stadtentwicklungspolitik den Ausgleich zu finden. Deshalb schreibt das Städtebauförderungsgesetz Verfahren vor, nach denen die Interessen aller Beteiligten angemessen zu berücksichtigen sind. Mehr kann allerdings auf der Ebene eines Gesetzes auch nicht geregelt werden.
Das Städtebauförderungsgesetz bringt schließlich einen ersten grundsätzlichen Fortschritt in der Reform des Bodenrechts; es soll hier eine Bresche schlagen. Erstmals wird in einem Gesetz eindeutig festgestellt, daß Wertsteigerungen, die durch öffentliche Leistungen entstehen, nicht automatisch und allein den Eigentümern in den Schoß fallen. Wertsteigerungen, die auf öffentliche Leistungen zurückgehen, werden zur Finanzierung dieser Leistungen herangezogen. Unabhängig von den quantitativen Folgen dieser Regelung im Städtebauförderungsgesetz ist hier ein entscheidender politischer Fortschritt erzielt worden. Wir sind in der Auseinandersetzung um die Sozialbindung des Eigentums damit einen großen Schritt weitergekommen, und ich hoffe, daß dieser Fortschritt auch noch weiter wirkt.
Ich darf betonen, daß das Gesetz aber nicht nur rechtliche Instrumentarien enthält, sondern auch zugleich den Beginn der Finanzierung gesetzlich absichert und darüber hinaus auch weitgehende Steuererleichterungen für die Eigentümer Anreize bieten sollen, Stadtsanierungsmaßnahmen selbst durchzuführen.
Weiter scheint mir wichtig zu sein, daß das Gesetz dabei ,die Sanierung von Dörfern und die Durchführung von Maßnahmen z. B. in den Ballungsgebieten als gleichwertig und damit gleichberechtigt nebeneinander sieht. Das Städtebauförderungsgesetz gibt den ländlichen Gemeinden eine echte Chance, die heute vielfach überholten baulichen Strukturen in den Dörfern zu erneuern und damit auch der Landbevölkerung ein zeitgemäßes Dasein zu schaffen und geeignete Arbeitsmöglichkeiten zu geben.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! An dieses Städtebauförderungsgesetz als ersten Schritt auf dem Weg zu einer notwendigen und von dem Herrn Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung angekündigten umfassenden Reform des derzeit gültigen Bodenrechts werden draußen im Lande teilweise große Erwartungen geknüpft; es gibt aber auch erhebliche Bedenken. Ich glaube hier sagen zu sollen, daß die Erwartungen nicht zu hoch geschraubt, die Bedenken allerdings auch nicht aus falscher Perspektive gesehen werden sollten.
Lassen Sie mich einige Worte zu den Bedenken sagen. Da wird einmal der Vorwurf erhoben, das Gesetz verstoße in einzelnen Vorschriften — das kann man auch aus der Begründung der Abänderungsanträge der Opposition hören — gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG und verlasse damit die Grenzen einer zumutbaren Beschränkung des Eigentums.
Meine Damen und Herren, seien Sie versichert, daß die Bundesregierung gerade diese Fragen eingehend geprüft hat. Wir sind dabei zu dem Ergebnis gekommen, daß mit dem Entwurf der Gedanke der Sozialgebundenheit des Eigentums im Sinne auch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lediglich konkretisiert worden ist. Die Sozialpflichtigkeit des Grundeigentums wird mit dem Entwurf dieses Gesetzes erstmals verfassungsrechtlich in zulässiger Weise ausgestaltet, und ich glaube, daß ein wohlabgewogener Kompromiß zwischen den Interessen und Belangen der Allgemeinheit und denen der Eigentümer gefunden worden ist. Dies gilt insbesondere für die Bewertung des Grund und Bodens in den Sanierungs- und Entwicklungsgebieten.
Ich bin insoweit sehr froh, daß es uns gelungen ist, durch ein ganzes Bündel von Vorschriften sicherzustellen, daß insbesondere kein Landwirt infolge der Durchführung von Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen um seine wirtschaftliche und soziale Zukunft zu bangen braucht und daß für die Ermächtigung zum Erlaß einer Rechtsverordnung über die zu zahlenden Ausgleichs- und Entschädigungslei-



Bundesminister Dr. Lauritzen
stungen eine Formulierung gefunden worden ist, die sowohl die vom Bundesrat im ersten Durchgang gegen § 48 Abs. 5 der Regierungsvorlage erhobenen Bedenken ausräumt als aber auch der Sorge der Landwirte wie dem Zweck dieses Gesetzes voll Rechnung trägt.
Die Diskussionen um den Entwurf des Städtebauförderungsgesetzes haben immer wieder gezeigt, in welch großem Maße, insbesondere durch Sanierungsmaßnahmen, soziale Probleme berührt werden. Einerseits sind häufig gerade die über Jahrzehnte gewachsenen Nachbarschaften in den Altbaugebieten von notwendigen Ordnungs- und Baumaßnahmen betroffen, andererseits werden durch Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen für ganze Gemeinden neue Gefüge geschaffen und Altgewohntes entscheidend verändert. Hier wird besonders deutlich, wie wichtig das Ziel der Bundesregierung genommen werden muß, daß jeder Bürger die Möglichkeit erhält, an der Reform von Staat und Gesellschaft mitzuwirken. Für den gesamten Bereich der baulichen Entwicklung unserer Gemeinden ist es von ausschlaggebender Bedeutung, daß die städtebaulichen Maßnahmen von den Bürgern verstanden, mitgestaltet und vor allen Dingen mitgetragen werden. Daher mißt die Bundesregierung der Mitwirkung der Bürger bei der baulichen Entwicklung der Gemeinden ein ganz besonderes Gewicht bei. Sie hat in ihrem Städtebaubericht 1970, wie ich bereits ausgeführt habe, die hiermit verbundenen Probleme umfassend dargestellt und praktische Maßnahmen zur Reform des Planungsprozesses gezeigt.
Hierbei geht es doch vor allem um die Rücksichtnahme auf die von den Sanierungsmaßnahmen betroffenen Bürger in unseren Gemeinden. Diese haben dort ihre Wohnung oder ihr Geschäft — oft zu einem unverhältnismäßig niedrigen Mietzinssatz. Sie nehmen — oft nicht zuletzt wegen des Mietpreises — auch mangelhaften Komfort und städtebauliche Mißstände in Kauf. Sie sind im Laufe der Jahrzehnte in dieser Gegend verwurzelt und schätzen den vertrauten Umgang mit den Nachbarn. Das alles sind gewachsene Strukturen, die man nicht einfach zerschlagen darf, wenn es um die Sanierung unserer Städte geht.
Hier liegen die größten menschlichen Schwierigkeiten in unserer Arbeit. Selbst bei aller gebotenen Rücksichtnahme werden sich persönliche Härten nicht immer vermeiden lassen. Dafür war im Gesetz Vorsorge zu treffen, und ich glaube, daß es uns in gemeinsamer Anstrengung und Überlegung gelungen ist, hier eine maßvolle Regelung zu treffen.
Deswegen begrüßt die Bundesregierung die Bemühungen des Deutschen Bundestages und seiner Ausschüsse, bei der Beratung des Entwurfs dieses Gesetzes dem Gedanken der Demokratisierung der Planung verstärkt Rechnung zu tragen. Sie begrüßt die Tatsache, daß durch einen dynamischen Sozialplan die Betroffenen, nämlich die Bürger in unseren Gemeinden, ständig in den Entwicklungsprozeß ihrer Gemeinde eingebunden bleiben und ihn dadurch auch mitgestalten können.
Bei alledem soll nicht verkannt werden, daß mehr Offentlichkeit bei der Planung der baulichen Umwelt heute noch durch die am Bodenmarkt möglichen
Spekulationen behindert wird. Die nicht gelöste Bodenfrage ist insofern ein nicht zu unterschätzender Hemmschuh auch für eine weitere Demokratisierung unserer Gesellschaft. Deshalb müssen wir alle gemeinsam darüber nachdenken, wie wir diesem Ärgernis auch in den Bereichen bald und nachhaltig entgegentreten können,. für die die Wohltaten des Städtebauförderungsgesetzes noch nicht Geltung haben können.
Meine Damen und Herren! Das Städtebauförderungsgesetz soll und wird es den Gemeinden ermöglichen, ihre anstehenden drängendsten Probleme einfacher, preiswerter und zügiger zu lösen als bisher. Das Städtebauförderungsgesetz wird es dabei den Gemeinden jedoch nicht allzu leicht machen, Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen in Angriff zu nehmen und zu einem erfolgreichen Abschluß zu bringen. Das ist kein Widerspruch in sich, wie es vielleicht scheinen könnte; das ist eine gewollte Abwägung der Interessen: Rücksichtnahme auf die Bürger in unseren Gemeinden bei Berücksichtigung aller sachlichen Erfordernisse der öffentlichen Hand. Denn so wichtig und notwendig das im Städtebaubericht geforderte und im Gesetz verankerte Prinzip einer Demokratisierung der Planung sowie die ständige Rücksichtnahme auf die wirtschaftlichen und sozialen Interessen aller Betroffenen auch sind, die Gemeinden werden hierdurch vor erhebliche Probleme gestellt. Das muß man ganz klar sehen. Deshalb wird es nicht zuletzt von der Qualität der einzelnen Gemeindeverwaltung und von dem Durchsetzungsvermögen des sie kontrollierenden Gemeinderates abhängen, ob die Maßnahmen richtig begonnen und zu einem guten Ende geführt werden können.
Viel wird aber auch von der Qualität der mit der Vorbereitung und Durchführung beauftragten Sanierungs- und Entwicklungsträger abhängen. Hier werden die Gemeinden besonders sorgfältig abzuwägen haben, bevor "sie einen entsprechenden Auftrag erteilen.
Der Bund hat jedenfalls mit diesem Gesetzentwurf das Seine getan und die Gemeinden nun — auch im Zusammenhang mit den von Bund und Ländern bereitgestellten Finanzhilfen — in die Lage versetzt, städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen in verstärktem Umfang in Angriff zu nehmen und mit dem zur Verfügung gestellten gesetzlichen Instrumentarium zügig abzuwickeln. Die Regierung hofft, daß von dieser Möglichkeit überall da in unserem Lande Gebrauch gemacht wird, wo es erforderlich ist, und daß der Städtebau in Zukunft immer mehr als gemeinsame Aufgabe aller interessierten Bürger erkannt und betrieben wird, als Aufgabe, bei der es gilt, private Interessen mit den Interessen der Allgemeinheit gerecht abzuwägen.
Wenn wir daher alle versuchen, künftig nicht mehr allein die Rechte zu sehen, die aus dem Eigentum erwachsen, sondern auch seine sozialgebundenen Pflichten, dann ändern wir damit nichts an unserer Verfassung, sondern befolgen lediglich ihren Auftrag. Gerade ein weit verbreitetes Bewußtsein der verfassungsrechtlichen Dienstfunktion des Grundeigentums gegenüber der Allgemeinheit



Bundesminister Dr. Lauritzen
wird ganz wesentlich dazu beitragen, daß das Eigentum an Grund und Boden insgesamt eine tragende Säule unserer freiheitlichen Gesellschaft bleibt.
In diesem Rahmen kann das Eigentum an Grund und Boden sogar eine besondere Zukunft haben, durch breite Streuung in viele Hände zu gelangen. Dazu muß es aber gelingen, die Bodenpreisentwicklung vor allem in den Ballungsräumen in den Griff zu bekommen; denn nur wenn es gelingt, den Handel mit der Ware Boden zu Preisen und vor allem zu Gewinnspannen, von denen Händler mit gewöhnlicher Ware nur zu träumen pflegen, in den Griff zu bekommen, nur dann, wenn verhindert werden kann, daß die städtebauliche Planung der Gemeinden von vornherein durch die Bodenpreisentwicklung in bestimmten städtischen Bereichen — und dabei nicht so sehr von den Eigentümern als vielmehr von den Spekulanten — präjudiziert und ad absurdum geführt wird, können die uns gestellten gesellschaftspolitischen Aufgaben im Rahmen des Städtebaues bewältigt werden.
Mit dem Städtebauförderungsgestz wird ein neuer Anfang gemacht auf dem Wege zu einer humanen und sozialen städtebaulichen Ordnung in unseren Gemeinden. Ich möchte damit die Hoffnung verbinden, daß in nicht allzu ferner Zeit durch eine umfassende Reform des Bodenrechts auch im Wege einer Novellierung des Bundesbaugesetzes für den gesamten Bereich des Städtebaues Möglichkeiten eröffnet werden, damit die gebaute Umwelt allen modernen technischen wie menschlichen —Anforderungen der Gesellschaft von heute und von morgen gerecht werden kann.
Bevor wir anschließend in die Debatte über den Städtebaubericht und das Städtebauförderungsgesetz eintreten, lassen Sie mich noch eine kurze, aber wichtige Bitte aussprechen. Wir sollten uns, so scheint mir, lösen von dem begrenzten Rahmen der bisherigen Diskussion, die sich mehr oder weniger isoliert nur mit dem Städtebauförderungsgesetz als einem Instrument des Städtebaues befaßt. Wenn wir heute zu wirklich objektiven Ergebnissen kommen wollen, müssen wir die Notwendigkeit und die Intensität der gesetzlichen Regelungen in ihren gesellschaftspolitischen Gesamtzusammenhängen und ihren Auswirkungen sehen und auch von dorther begründen. Insofern begrüße ich, daß die Debatte über das Gesetz mit der über den Städtebaubericht verbunden ist. Meine Damen und Herren, ich darf meiner Hoffnung Ausdruck geben, daß die Debatte über das Gesetz zu einer Debatte über den Städtebau insgesamt und über seinen Stellenwert im Verhältnis zu den anderen Bereichen unserer Gesellschaftspolitik hinführt.
Meine Damen und Herren, ich möchte zum Schluß kommen. Ich habe am 4. Dezember 1968 hier ausgeführt:
Von dem britischen Geschichtsphilosophen Toynbee stammt das Wort, daß Kultur entsteht, wenn der Mensch herausgefordert wird und er dann auf die Fragen der Zeit eine Antwort findet. Die Zukunft unserer Städte und Gemeinden, der Wohnstätten und der Umwelt unserer Menschen ist für uns eine solche Herausforderung. Sie stellt uns Fragen, ... sehr schwerwiegende Fragen.
Seinerzeit haben wir doch alle bestätigt, wir seien dazu bereit. Heute darf ich Sie daher im Namen der Bundesregierung, in Wiederholung des Appells des Deutschen Städtetags „Rettet unsere Städte jetzt!", auffordern, dieser Bekundung Ihrer Bereitschaft durch die Verabschiedung des Städtebauförderungsgesetzes jetzt auch die Tat folgen zu lassen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0612700400
Meine Damen und Herren! Wir haben die Aussprache zu den Punkten 2 a und 2 b miteinander verbunden. Sie haben die Einbringung des Städtebauberichts 1970 der Bundesregierung gehört. Ich danke dem Herrn Bundesminister.
Wir fahren in der allgemeinen Aussprache fort.
Bevor ich das Wort erteile, möchte ich auf zweierlei hinweisen. Erstens. Die etwa 16 jetzt schon vorliegenden Änderungsanträge werden bei der Beratung der Einzelbestimmungen aufgerufen. Zunächst erfolgt die allgemeine Aussprache, dann der Aufruf der Einzelbestimmungen. Zweitens. Entgegen dem mir gestern abend mitgeteilten Einvernehmen, daß wir mittags durchtagen, ist mir gesagt worden, daß wir von 13 bis 14 Uhr unterbrechen. Ich korrigiere mich insoweit.
Das Wort hat nunmehr der Herr Abgeordnete Erpenbeck. Für ihn hat seine Fraktion 45 Minuten 'Redezeit beantragt.

Ferdinand Erpenbeck (CDU):
Rede ID: ID0612700500
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Neben dem zur Beratung und Verabschiedung anstehenden Städtebauförderungsgesetz hat der Herr Bundesminister den Städtebaubericht 1970 eingebracht. Zum letzteren möchte ich nicht speziell Stellung nehmen; das wird mein Kollege Schneider im Verlauf der Debatte tun.
Obwohl vieles im Städtebaubericht Deklamation bleibt, wenn es nicht durch konkrete gesetzliche Festlegung geltendes Recht wird, möchte ich ausdrücklich der Feststellung zustimmen, daß sich innere Reformen an gesellschaftspolitischen Zielen zu orientieren haben, die sich aus den Grundwerten der Verfassung sowie aus den Grundsätzen eines sozialen und demokratischen Rechtsstaates ableiten. Der positive Sinngehalt der Grundwerte der Verfassung verlangt, daß die Bürger in der freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit in den zahlreichen hiervon berührten Lebensbereichen nicht durch unzulängliche bauliche und räumliche Verhältnisse eingeschränkt werden. Ihr Sinngehalt verlangt ferner die Chancengleichheit aller und die Gleichwertigkeit ,der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet. An 'diesen Forderungen gemessen bleiben die Verhältnisse in vielen Gemeinden und Gebieten der Bundesrepublik, soweit sie durch den Städtebau bestimmt oder beeinflußt werden, hinter den heute und künftig zu stellenden Anforderungen zurück.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)




Erpenbeck
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir stehen unzweifelhaft an einem Wendepunkt der Städtebau- und Wohnungspolitik, ähnlich wie 1945. Damals galt es, den Wiederaufbau der zerstörten Städte einzuleiten und jedem Bürger so schnell wie möglich ein Dach über dem Kopf zu schaffen. Es ging um die Bewältigung von Existenzproblemen. Heute, meine Damen und Herren, geht es um die Verbesserung unserer Siedlungsstrukturen im ganzen, um die Einbeziehung der Umwelt in den Wohn- und Lebensbereich und um ,die Integration der Wohnung in die Stadt und das Dorf. Man kann vielleicht so formulieren: Bislang war Wohnungsbau Städtebau; heute ist weithin Städtebau Wohnungsbau in besonderer Art geworden.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Heute geht es um die Gestaltung des Lebensraumes, um die Gestaltung unserer Städte und Dörfer. Wie sollen sie aussehen? Wie sollen die Menschen darin leben, arbeiten, sich vergnügen, sich erholen, vor allem aber auch: Wem sollen die Städte gehören?
Mit dem heute hier zu beratenden und zu beschließenden Gesetz werden die Fragen zum Teil beantwortet. Die CDU/CSU meint allerdings, daß die vorliegende Fassung diese Fragen nicht umfassend genug beantwortet, daß zwar ein umfangreiches Instrumentarium geboten wird, dagegen die Gestaltungsaufgabe vernachlässigt bleibt.
Die CDU/CSU-Fraktion des Deutschen Bundestages hat nie einen Zweifel darüber gelassen, daß sie die Verabschiedung eines zukunftsweisenden Städtebauförderungsgesetzes für dringend erforderlich hält. Auch wenn der uns heute zur Entscheidung vorliegende Entwurf nicht das Jahrhundertgesetz ist, als das er etwas voreilig angekündigt wurde,

(Zuruf von der SPD: Von wem denn?)

so kann er doch ein wirksames Instrument zur Erneuerung unserer Städte und Dörfer sein, einer Erneuerung und Entwicklung im Interesse unserer Bürger. Ich möchte wünschen, daß der Entwurf eine breite parlamentarische Mehrheit findet. Meine Damen und Herren, die Bereitschaft der größten Bundestagsfraktion, dazu ihren Teil beizutragen, hat immer bestanden, und ich stelle sie heute noch einmal ausdrücklich fest. Wir suchen eine Lösung, der zum Schluß nicht nur dieses Hohe Haus, sondern auch der Bundesrat, der also beide Häuser zustimmen können.
Gestatten Sie, meine Damen und Herren, einen ganz kurzen Rückblick. An einem Städtebauförderungsgesetz wird seit nunmehr 10 Jahren gearbeitet. Es war der Wohnungsbauminister Paul Lücke, der bereits 1965 den Entwurf eines Städtebauförderungsgesetzes vorlegte. Daß dieser Entwurf nicht verabschiedet werden konnte, lag nicht, wie die Fama uns weismachen möchte, an den unterschiedlichen Auffassungen seiner Parteifreunde dazu. Es lag daran, daß die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für ein solches Gesetz damals noch nicht geschaffen waren.

(Widerspruch bei der SPD.)

— Ja, meine Damen und Herren, Sie müssen sich das schon sagen lassen; denn das ist so. Die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen wurden unter der Kanzlerschaft Kurt Georg Kiesingers in der Zeit der Großen Koalition durch ,die Einfügung eines Art. 104 a in das Grundgesetz geschaffen.
Daß der von dem damaligen und heutigen Bundesstädtebauminister Dr. Lauritzen leider erst Ende 1968 vorgelegte Gesetzentwurf nicht verabschiedet werden konnte, lag ebenfalls nicht an dem bösen Willen der CDU/CSU, sondern daran, daß dieser Entwurf zu spät eingebracht wurde, um in den wenigen Sitzungswochen bis zu dem Ende der 5. Legislaturperiode noch verabschiedet werden zu können.

(Abg. Schmidt [München]: Eine Mohrenwäsche ist das!)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0612700600
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgoerdneten Dorn?

Ferdinand Erpenbeck (CDU):
Rede ID: ID0612700700
Bitte sehr.

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0612700800
Herr Kollege Erpenbeck, wollen Sie mit dieser Erklärung, die den historischen Hintergrund allerdings nicht so wiedergibt, wie es sich damals abgespielt hat, dennoch zum Ausdruck bringen, daß Herr Minister Lücke einen Gesetzentwurf vorgelegt hat, der gegen die verfassungsrechtlichen Bestimmungen verstoßen hätte?

Ferdinand Erpenbeck (CDU):
Rede ID: ID0612700900
Herr Kollege Dorn, ich habe deutlich gesagt, daß ein Gesetzentwurf vorgelegt worden ist, für den die verfassungsrechtlichen Grundlagen hinsichtlich der Finanzierung zu dem Zeitpunkt noch nicht gegeben waren. Aber sie hätten durchaus geschaffen werden können, wenn sich beide Häuser, die diese Voraussetzungen hätten schaffen müssen, darüber einig gewesen wären.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0612701000
Einen Augenblick, Herr Kollege! Bevor Sie fortfahren, habe ich die Ehre, den Präsidenten der Großen Nationalversammlung der Sozialistischen Republik Rumänien, Herrn Stefan Voitec, mit seiner Delegation auf der Diplomatentribüne des Deutschen Bundestages herzlich zu begrüßen.

(Beifall.)

Wir freuen uns, die rumänischen Gäste, die zum erstenmal der Bundesrepublik Deutschland einen offiziellen Besuch abstatten, in diesem Hause und in unserem Lande willkommen heißen zu können.
Darf ich Sie bitten fortzufahren.

Ferdinand Erpenbeck (CDU):
Rede ID: ID0612701100
Meine sehr verehrten Damen und Herren, daß der uns heute vorliegende Entwurf über ein Jahr lang intensiver Beratungen in den Ausschüssen bedurfte, um hier und heute in zweiter und dritter Lesung behandelt werden zu können, bestätigt nur meine vorherigen Feststellungen.



Erpenbeck
Welch große Bedeutung die CDU/CSU-Fraktion einem der Notwendigkeit von Gegenwart und Zukunft gerecht werdenden Städtebau- und Bodenrecht beimißt, zeigt sich nicht nur an der Initiative Paul Lückes, sondern auch darin, daß die CDU/CSU im Februar 1970 einen eigenen Entwurf im Bundestag einbrachte. Ihm folgte im März 1970 die Regierungsvorlage. Beide Entwürfe — die Drucksachen VI/434 und VI/ 510 — wurden gemeinsam in den Ausschüssen behandelt. Der uns heute vorliegende Entwurf ist also nicht die Regierungsvorlage, . sondern der Entwurf der beteiligten Ausschüsse. Auch wenn wir ihn in dieser Form nicht für voll ausreichend halten, ist doch festzustellen, daß er eine erhebliche Verbesserung gegenüber dem Regierungsentwurf darstellt.
Meine Damen und Herren, bevor ich darauf eingehe, welche Verbesserungen die Fraktion der CDU/ CSU in den Ausschußberatungen durchsetzen konnte und welche sie noch für notwendig hält, darf ich die wichtigsten Grundsätze der CDU/CSU für ein modernes Städtebau- und Bodenrecht dem Hohen Hause darlegen.
Erstens. Bei der Vorbereitung und Planung städtebaulicher Maßnahmen muß der Bürger frühestmöglich mitwirken können. Städtebau und Dorferneuerung sind zuallererst Sache der beteiligten und betroffenen Bürger. Für sie müssen unsere Städte und Dörfer gebaut und neugestaltet werden.
Zweitens. Voraussetzung für eine weitschauende Städtebaupolitik ist eine Fortentwicklung des Bodenrechts, die die besondere Sozialbindung des Eigentums am Boden berücksichtigt. So fordert es ja auch Art. 14 GG. Die CDU/CSU-Fraktion des Deutschen Bundestages — ich habe das von dieser Stelle schon bei der Einbringung des Gesetzentwurfs deutlich zum Ausdruck gebracht — lehnt Spekulationsgewinne jeglicher Art aus Bodengeschäften eindeutig ab.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Die Sozialbindung des Bodeneigentums sehen wir vor allem darin, daß der bebaute und noch zu bebauende Boden nach demokratisch entwickelten und demokratisch beschlossenen Planungsabsichten benutzt und verfügbar gehalten wird. Der Bürger wird aber die Sozialbindung, meine Damen und Herren, nur anerkennen wollen und auch nur anerkennen können, und man kann sie ihm auch nur abverlangen, wenn ihm eine aktive Mitwirkung an der Gestaltung seiner Stadt oder Gemeinde eingeräumt wird.
Drittens. Im Zuge städtebaulicher Maßnahmen müssen Wohnung, Haus und Boden in verstärktem Umfang zur Bildung von Eigentum für breite Schichten der Bevölkerung verwendet werden. Privates Eigentum ist und bleibt unverzichtbare Grundlage auch bei der Städtebau- und Bodenpolitik, wie sie die CDU/CSU versteht.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Viertens. Das Gesetz muß ein echtes Förderungsgesetz sein. Das heißt: die Förderung städtebaulicher Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen muß den Vorrang vor Zwangsmitteln haben; es müssen Anreize zu einer größtmöglichen Aktivierung bürgerschaftlicher Initiativen durch das Gesetz geschaffen werden.
Ich fasse zusammen: Die CDU/CSU sagt ja zur Sozialpflichtigkeit des Eigentums an Boden, sie sagt jedoch nein zu jeglicher offenen oder getarnten Kommunalisierung und Sozialisierung des Grundeigentums.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)

Sie will auch beim Städtebau von morgen nicht nur bestehendes Eigentum erhalten, sondern auch, wo immer möglich, neues Eigentum schaffen, Eigentum in der Hand des Bürgers, Eigentum für den Menschen und seine Familie.
Ich freue mich, daß die Fraktion der CDU/CSU zahlreiche Verbesserungen in dem Entwurf durchsetzen konnte, die diesen Grundsätzen entsprechen. Ich bedauere jedoch ebenso, daß die Koalition un-verständlicherweise auch in für uns besonders wesentlichen Punkten im Ausschuß nicht zu einem Entgegenkommen bereit war, daß wichtige Verbesserungsvorschläge, die wir in den Ausschüssen gemacht hatten, mit der denkbar knappsten Mehrheit von 13 gegen 12 Stimmen abgelehnt worden sind.
Wir werden, meine Damen und Herren, unsere wichtigsten Verbesserungsvorschläge heute in diesem Hohen Hause erneut zur Abstimmung stellen. Trotz gegenteiliger Ankündigungen oder zumindest Andeutungen hoffe ich im Interesse einer baldigen Verabschiedung des Städtebauförderungsgesetzes, im Interesse unserer Bürger in Stadt und Land, daß die Koalition bereit ist, mit uns gemeinsam darauf hinzuwirken, daß es — wie etwa beim Ersten und beim Zweiten Wohnungsbaugesetz — zu einer breiten parlamentarischen Mehrheit kommt.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Ich sagte bereits, das Städtebaugesetz müsse ein echtes Förderungsgesetz sein. Das heißt, es muß ein Gesetz sein, das der Förderung städtebaulicher Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen den Vorrang vor Zwangsmitteln gibt. Das ist um so notwendiger, als das Finanzierungskleid, das die Bundesregierung ihrem Entwurf geschneidert hat, bei weitem zu knapp ist. Bekanntlich wird der Bund in den ersten drei Jahren 150 Millionen DM jährlich bereitstellen. Das ist, auf die Aufgabe bezogen, weniger — oder ich sage: nicht mehr — als der berüchtigte Tropfen auf dem heißen Stein. Von 1974 an soll sich der Bundesbeitrag nach der jeweiligen Haushaltslage bestimmen. — Um so notwendiger ist es, steuerliche Anreize für die Mobilisierung privaten Kapitals in den Sanierungs- und Entwicklungsgebieten zu schaffen. Die CDU/CSU hat deshalb flankierende Maßnahmen steuerlicher Art zu der direkten Förderung aus Bundesmitteln verlangt.
Wir wiederholen heute unsere Forderung: Einführung erhöhter Abschreibungsmöglichkeiten für die Errichtung von Gebäuden in Sanierungs- und Entwicklungsgebieten durch private Eigentümer, die dem früheren § 7 b des Einkommensteuergesetzes



Erpenbeck
entsprechen. Daß dieser Antrag gemeinsam von SPD und FDP abgelehnt worden ist, ist mir deswegen nicht verständlich, weil doch die Lücke, die durch nicht mobilisiertes und aktiviertes privates Kapital entsteht, letztlich durch die öffentliche Hand gefüllt werden muß. Wie sie sie bei der Haushaltslage heute und auch in absehbarer Zukunft feilen will, bleibt mir zunächst jedenfalls unverständlich.
Meine Damen und Herren, nach unserer Auffassung ist die Öffentlichkeit unter besonderer Berücksichtigung der Belange der betroffenen Eigentümer, Mieter und Pächter frühzeitig bei allen Planungen für Entwicklungs- und Sanierungsmaßnahmen zu beteiligen. Eine mündige Gesellschaft hat ein Recht darauf, an der Gestaltung ihrer Umwelt, insbesondere ihrer Städte und Dörfer, beteiligt zu werden. Vor der förmlichen Festlegung von Sanierungsgebieten müssen vorbereitende Untersuchungen durch die Gemeinde durchgeführt werden, bei denen sie die Einstellung und Mitwirkungsbereitschaft der Eigentümer, Mieter und Pächter zu ermitteln und Vorschläge von ihnen entgegenzunehmen hat. Das konnte erreicht werden. Dazu gehört auch die Verpflichtung, in diesem Zusammenhang einen Sozialplan aufzustellen. Leider ist aber bisher nicht gewährleistet, daß auch der Bebauungsplan so ausgerichtet werden muß, daß die Beteiligten an der Sanierung mitwirken oder gegebenenfalls auf Grund der Festsetzungen des Bebauungsplans ein Grundstück zurückerwerhen können. Nach dem Entwurf in seiner derzeitigen Fassung wird den Gemeinden, das heißt in vielen Fällen — lassen Sie mich das ruhig als noch aktiver Kommunalpolitiker sagen — der Gemeindebürokratie. eine allzu mächtige Position eingeräumt. Unser Bemühen dagegen ist die Verwirklichung von mehr Demokratie für die Bürger auch bei den städtebaulichen Maßnahmen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Als einen besonders schwerwiegenden Verstoß gegen demokratische Grundsätze muß man es bezeichnen, daß Entwicklungsgebiete autoritär durch Rechtsverordnung der Landesregierung festgelegt werden und dabei jegliche Mitwirkung der Betroffenen ausgeschlossen werden soll. Ich bedaure nachdrücklich, daß in diesem Punkt nicht einmal der Forderung des Rechtsausschusses, die die Mehrheit der in ihm vertretenen Fraktionen, d. h. die Mehrheit der Ausschußmitglieder aller Fraktionen des Hauses, erhoben hat, entsprochen wurde, die eine gerichtliche Nachprüfbarkeit dieser Verordnung verlangt.
Meine Damen und Herren, die Durchführung von Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen soll nach Auffassung der CDU/CSU in erster Linie Sache der betroffenen Eigentümer und der zur Mitwirkung bereiten Bürger sein. Das heißt, man muß ihre Initiative durch die besondere Ausgestaltung der Förderungsbestimmungen wecken. Das meinen wir, wenn wir die Beachtung des Grundsatzes der Subsidiarität, eines gleichermaßen freiheitlichen wie rechtsstaatlichen Ordnungselements, verlangen. Deshalb sollen nach unseren Vorschlägen Sanierungs- und Entwicklungsgemeinschaften im Gesetz vorgesehen werden. Sie sollen den früheren Eigentümern die Möglichkeit geben, an den wirtschaftlichen Erträgen sanierter oder neu entwickelter Städte und Gemeinden teilzunehmen. Darüber hinaus soll aber auch eine Vielzahl dazu bereiter Bürger die Möglichkeit erhalten, durch Teilnahme an den Sanierungs- und Entwicklungsgemeinschaften zu wertbeständigem Eigentum zu kommen. Zwar konnten wir einen Grundsatzparagraphen für die Einführung von Sanierungs- und Entwicklungsgemeinschaften in den Entwurf einbringen. Zu bedauern bleibt jedoch, daß unter dem gegebenen Zeitdruck der nicht sehr glückliche Ausweg gesucht werden mußte, die Bundesregierung aufzufordern, bis zum 1. April 1972 einen zweiten Gesetzentwurf vorzulegen, der diesem Grundsatzparagraphen entspricht.
Meine Damen und Herren, entschieden müssen wir uns gegen die Absicht der Koalition wenden, den Gemeinden in Sanierungsgebieten ein Grunderwerbsrecht einzuräumen, das in Wirklichkeit eine vereinfachte Enteignung ohne die sonst üblichen Garantien darstellt. Nach den von der knappen Mehrheit gefaßten Beschlüssen wird die Gemeindeverwaltung die Möglichkeit haben, die Genehmigung für einen Grundstücksverkauf zu versagen, wenn der vereinbarte Kaufpreis über der gesetzlichen Entschädigung liegt. Sie wird verlangen können, daß das Grundstück zum gesetzlichen Kaufpreis an sie übertragen wird. Dadurch wird die Verwaltung zum Enteignungsberechtigten in eigenen Angelegenheiten.
Um diese rechtsstaatlich außerordentlich bedenkliche Interessenvermengung zu vermeiden, schlug und schlägt die CDU/CSU vor, die Ausübung des Grunderwerbsrechts zumindest an die Zustimmung durch die höhere Verwaltungsbehörde zu binden. Leider wurde auch dieser Vorschlag von der Koalition im Ausschuß abgelehnt.
Gefahren für das private Eigentum drohen auch dadurch, daß nach dem Regierungsentwurf die Gemeinde in Entwicklungsgebieten nicht nur berechtigt sein — dem würden wir vorbehaltlos zustimmen —, sondern verpflichtet werden soll, den gesamten Grund und Boden anzukaufen, wobei lediglich bebaute Grundstücke ausgeschlossen sein sollen. Die dadurch in die Wege geleitete Kommunalisierung und Vergesellschaftung des Grund und Bodens würde nach allen Erfahrungen, wie sie auch in anderen Staaten gemacht worden sind, die Probleme unserer Gemeinden nicht lösen, sondern sie im Gegenteil verschärfen. Sie würde zudem in außerordentlich bedenklicher Weise im Zuge einer nachfolgenden Umgestaltung des Bundesbaugesetzes ein neues Bodenrecht präjudizieren. Das dürfen wir nicht übersehen.
Die Forderung der CDU/CSU, daß auch in Entwicklungsgebieten die Grundeigentümer generell als Beteiligte zuzulassen sind und auch den Entwicklungsgemeinschaften hier echte Chancen eröffnet werden sollten, ist von der Koalition ebenfalls abgelehnt worden.
Meine Damen und Herren, ich warne in diesem Zusammenhang mit allem Ernst davor, hier eine Art von Ermächtigungsgesetz für die Gemeindebürokratie zu schaffen,

(Beifall bei der CDU/CSU)




Erpenbeck
dem der einzelne mehr oder weniger hilflos ausgeliefert wäre.
Meine Damen und Herren, von der Bemessung der Entschädigung hängt es, wie ja auch durch den Bundesminister eben hier ausgeführt wurde, in hohem Maße ab, ob die Grundeigentümer in Entwicklungsgebieten wirtschaftlich überhaupt in der Lage sein werden, sich an der Entwicklung zu beteiligen. Zwischen der CDU/CSU und der Koalition besteht erfreulicherweise darin Übereinstimmung, daß bei der Bemessung der Entschädigung solche Wertsteigerungen der Grundstücke ausgeschlossen werden, die nur durch die Aussicht auf die Sanierung und Entwicklung eintreten. Damit beweist die CDU/CSU, daß auch sie jeder Bodenspekulation und jedem Bodenwucher klar und entschieden entgegentritt.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Leider aber besteht die Koalition über diese Maßnahme gegen Spekulation und Wucher hinaus auf einer Regelung, die es gestattet, bei der Wertfestsetzung auf einen sehr langen Zeitraum zurückzugreifen. Die CDU/CSU wünscht daher, daß für die Wertfestsetzung ein Stichtag festgelegt wird, der sicherstellen soll, daß die allgemeinen Wertveränderungen von den speziellen Wertsteigerungen in Aussicht auf die Sanierung und Entwicklung klar getrennt werden können. Wenn es bei der Ablehnung dieser Vorschläge bleiben sollte, wird damit auch insofern der Masse der Betroffenen die Chance genommen, an den Entwicklungsmaßnahmen teilzunehmen.
Lassen Sie mich noch einmal deutlich sagen — man kann es ja hier anscheinend gar nicht oft genug wiederholen —: Wir verurteilen jede Form von Preiswucher, aber, meine Damen und Herren, nicht nur bei Grund und Boden. Wir fordern aber auch für den, der seine Grundstücke wegen städtebaulicher Notwendigkeiten verliert, einen gerechten Ausgleichsbetrag.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Wir glauben, mit ,den Bestimmungen in den §§ 23 und 57 Abs. 4 einen gangbaren Weg gefunden zu haben, der seine Bewährung allerdings entschieden leichter finden würde, wenn der Stichtag für die Bewertung eingeführt würde. Im Gesetz ist geregelt, daß bisher land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke nicht nach .dem landwirtschaftlichen Ertragswert oder innerlandwirtschaftlichen Verkehrswert, sondern zu dem Wert, der sich für vergleichbare Grundstücke auf dem allgemeinen Grundstücksmarkt gebildet hat, bewertet werden. Damit dürfte einer entscheidenden Sorge der Landwirtschaft Rechnung getragen sein. Ebenso ist sichergestellt, daß der von städtebaulichen Maßnahmen betroffene Landwirt eine Entschädigung durch Ersatzland oder Umsiedlung auf einen geeigneten Ersatzbetrieb verlangen kann. Wir sind uns bewußt, daß wir auch bei der Anwendung des Städtebauförderungsgesetzes die Belange der Landwirtschaft gebührend berücksichtigen müssen.
Zu diesem Problemkreis, meine sehr verehrten Damen und Herren, wird unser Kollege Dr. Prassler noch näher Stellung nehmen. Als Fachmann hat er uns ja gerade die entscheidenden Anregungen in diesem Teil der Ausschußberatungen gegeben.
Mit diesem Gesetz soll nach unserer Auffassung neben der Verbesserung unserer Siedlungsstrukturen die Erhaltung bestehenden und die Schaffung neuen Eigentums gesichert und ermöglicht werden. So kommt den Reprivatisierungs- und Privatisierungsbestimmungen größte Bedeutung zu. Wenn wir erstmals in einem Bundesgesetz die Frage der Abschöpfung von reinen Planungsgewinnen im Bereich städtebaulicher Maßnahmen nach diesem Gesetz regeln und damit eine wesentliche Fortentwicklung des Bodenrechts eingeleitet wird, dann muß auch die Frage beantwortet werden, wem die Städte in Zukunft gehören sollen. Meine Damen und Herren, die Frage, wem die riesigen, neu zu schaffenden Vermögenswerte zufließen werden, ob den Kommunen selbst, den Wohnungsbaugesellschaften, einigen Großbauherren, oder ob sie auf breite Schichten der Bevölkerung und unserer Bürger verteilt werden können, ist die Kernfrage, die bei der Fortentwicklung des Bodenrechts zu stellen ist.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Darüber, meine Damen und Herren, wird ja auch in diesem Gesetz entschieden. Für die nächsten Jahrzehnte wäre die Chance vertan, im Grund- und Wohneigentum eine breite Streuung zu erreichen, wenn hier im Gesetz nicht die Voraussetzungen dafür zwingend und praktikabel gestaltet werden.
Deshalb standen unsere Anträge zu diesem Komplex im Mittelpunkt der politischen Auseinandersetzungen in den Ausschüssen, und sie sind auch heute Kernanliegen unserer Abänderungsanträge. Dieses Gesetz darf auf keinen Fall zu einer Monopolisierung des Grund- und Wohneigentums führen. Wir sprechen immer von Monopolen, die bei den Grundbesitzern vorhanden seien, und hier wird mit diesem Gesetz die Möglichkeit gegeben, neue Monopole zu schaffen. Meine Damen und Herren, das muß verhindert werden!

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Die Bestimmungen der Reprivatisierung und der Privatisierung müssen so gestaltet werden, daß neben der breiten Streuung von Eigentum die Schaffung neuer Eigentumsformen möglich wird. Die Gefahr der Monopolisierung von Grund und Boden in wenigen Händen, ob es nun die Gemeinden, die Gesellschaften, Konsortien oder einzelne Großbauherren sind, kann nicht durch die Verpflichtung der Gemeinde nur zur Reprivatisierung in Sanierungsgebieten behoben werden. Man kann doch nicht einerseits an den bestehenden Strukturen Kritik üben und andererseits jetzt ein Gesetz schaffen, das die bestehenden Strukturen einfach zementiert, so daß die Möglichkeit ungenutzt bleibt, die Basis der Eigentumsbildung zu verbreitern.
Daß selbstverständlich den Gemeinden und auch den mit der Sanierung beauftragten Trägern die Möglichkeit verbleiben muß, die für den Allgemeinbedarf benötigten Flächen aus den Reprivatisierungs-
und Privatisierungsverpflichtungen auszunehmen, ist eine pure Selbstverständlichkeit.



Erpenbeck
Das Problem der Vermögensverteilung hat gerade in der letzten Zeit in der politischen Auseinandersetzung an Schärfe zugenommen. Das Bemühen der politisch Verantwortlichen, dieses Problem anzugehen, ist nicht zu übersehen. Bei unserer Bevölkefung ist der Wunsch, Eigentum zu erwerben und Vermögen zu bilden, außerordentlich stark vertreten, wobei das Interesse am Erwerb von Wohneigentum an erster Stelle steht.
Meine Damen und Herren von der Koalition, handeln wir doch gemeinsam! Nutzen wir doch die große Chance, die in diesem Gesetz liegt: breite Streuung des Besitzes an Grund- und Wohneigentum! Die vorliegende Gesetzesfassung wird aber das muß ich zu meinem Bedauern sagen — in den §§ 25 und 54 und auch im Grundsatzparagraphen 1 dieser Forderung nicht voll gerecht. Neben der Reprivatisierung muß auch die Privatisierung stehen, und in Entwicklungsgebieten muß das private Engagement möglich bleiben.
In diesem Zusammenhang lassen Sie mich auch deutlich machen, daß wir es für bedauerlich halten, daß die Koalition einen Sanierungsträger zulassen will, der für eigene Rechnung handelt und — das ist nicht auszuschließen — untere Umständen in die eigene Tasche wirtschaftet.
Das hört sich sehr hart an, wer aber das Metier kennt, der weiß, wie die Dinge liegen. Bei Ablehnung klarer Reprivatisierungs- und Privatisierungsvorschriften würde das bedeuten, daß die früheren Eigentümer zum größten Teil aus dem Sanierungsgebiet verdrängt werden, während erhebliche Teile der Sanierungsflächen im Eigentum der Sanierungsträger verbleiben und damit wiederum die Vergesellschaftung des Grund und Bodens in einer dem Gemeinwohl abträglichen Form ermöglicht wird.

(Abg. Balkenhol: Neue Städte verkaufen!)

Ich sagte eingangs, daß wir für dieses Gesetz eine breite parlamentarische Mehrheit wünschen. Ich sagte auch, daß wir bereit waren und bereit sind, dazu unseren Beitrag zu leisten. Das geht nur, wie wir alle wissen, auf dem Wege von Kompromissen. Kompromisse sind aber nur zu erzielen, wenn alle Beteiligten, Koalition und Opposition, ihre Bereitschaft zur Verständigung und zum Entgegenkommen nicht nur verbal erklären, sondern dem auch beim praktischen Handeln entsprechen. Wir sind zu solchen Kompromissen bereit. Jetzt liegt die Entscheidung bei Ihnen. Ein solches Gesetz, das die Zukunft unserer Bürger in Stadt und Land entscheidend bestimmen kann — im Guten wie im Schlechten —, sollte von allen Kräften in diesem Hause getragen werden. Ein solches Gesetz ist für die Konfrontation und die Polarisierung absolut ungeeignet.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Der Minister hat vorhin gesagt, daß große Erwartungen an dieses Gesetz geknüpft werden. Diese großen Erwartungen sind sicher durch manche Äußerung prominenter Redner aus Parteien und Organisationen genährt worden. Es wäre unredlich, nicht nüchtern zu sagen, daß viele dieser Erwartungen enttäuscht werden müssen. Mit diesem Gesetz wird nicht der große warme Geldregen für die vielen Gemeinden einsetzen, auf den sie so sehnlich warten und auf den sie ihre ganze Hoffnung setzen. Mit diesem Gesetz wird auch nicht der absolute Stopp in der Bodenpreisentwicklung eingeläutet und nunmehr zu niedrigsten Preisen und überall in gewünschten Mengen der Bauboden zur Verfügung stehen. Vielmehr wird dieses Gesetz uns allen zusätzliche Kosten und Belastungen abverlangen. Die Verbesserung unserer Wohnstrukturen und Lebensverhältnisse hat ihren Preis. Hier darf ich auch fragen, ob es nicht bei den Beratungen zur Steuerreform durchaus vertretbar gewesen wäre, neben der Finanzierungsfrage für den Umweltschutz, der städtebaulichen Erneuerung und Entwicklung den gleichen Rang zuzumessen.

(Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

Mit diesem Gesetz wird aber den Gemeinden für ihre Bürger das Instrument gegeben, mit dem sie in die Lage versetzt sind, die unabdingbaren Voraussetzungen für die Erneuerung der gebauten Umwelt zu schaffen und eine sinnvolle Entwicklung zu gewährleisten. Dabei sind höchste Anforderungen an die Gemeinde gestellt. Hier wird sich bürgerschaftliche Selbstverwaltung zu bewähren haben; hier kann sie allerdings auch scheitern.
Bei gemeinsamem guten Willen hier im Hause, in den Gemeinden draußen, vor allem bei ihren Bürgern, kann wirklich eine neue Epoche im Städtebau eingeleitet werden. Gut und erfolgreich wird sie nur sein, wenn Demokratie, Verantwortung und Freiheit ihre Grundlage sind. Dafür wird sich die CDU/CSU mit aller Kraft einsetzen. Davon wird sie sich auch bei der Einzelberatung der Bestimmungen in ihrer Entscheidung leiten lassen.
Ich sage noch einmal zum Abschluß: Wir suchen eine Lösung, der zum Schluß beide Häuser, Bundestag und Bundesrat, zustimmen können. Ich fordere Sie auf, meine Damen und Herren der Koalition, dazu auch Ihren Beitrag zu leisten.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0612701200
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Ahrens. Für ihn hat seine Fraktion, die Fraktion der SPD, eine Redezeit von 45 Minuten beantragt.

Dr. Karl Ahrens (SPD):
Rede ID: ID0612701300
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Mit besonderer Genugtuung begrüßt die sozialdemokratische Bundestagsfraktion die heute stattfindende zweite und dritte Lesung des Städtebauförderungsgesetzes,

(Abg. Kiep: Warum sind dann nicht ein paar mehr gekommen?)

einmal deshalb, weil damit die Zusage der Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969 erfüllt wird, mit einem Städtebauförderungsgesetz die Reform des Bodenrechts einzuleiten, eine Reform, die den Gemeinden eine sachgerechte Durchführung ihrer Planungen ermöglicht und die Bodenspekulation verhindert.
Im Rahmen der Fortentwicklung unseres gesellschaftlichen Lebens kommt dem Bodenrecht und da-



Dr. Ahrens
mit auch dem Städtebauförderungsgesetz eine besondere Bedeutung zu. Das Gesetz ist ein wichtiger Teil der von dieser Bundesregierung und dieser Koalition angekündigten inneren Reformen.
Wir sind auch noch aus einem anderen Grunde heute besonders zufrieden, nämlich deshalb, weil es kaum ein Gesetzgebungsvorhaben gibt, das einen ähnlich dornenvollen Weg zurücklegen mußte wie das Städtebauförderungsgesetz. Herr Kollege Erpenbeck, Sie sind in Ihrer Darlegung des geschichtlichen Ablaufs dieses Gesetzgebungswerks nicht weit genug zurückgegangen; ich möchte bis ins Jahr 1960, bis zur Verabschiedung des Bundesbaugesetzes zurückgehen. Damals erklärte Herr Minister Lücke, daß dieses Gesetz auch die Grundlage für die notwendige Sanierung der Gemeinden und Städte sei. Er versprach damals in derselben Erklärung, daß dem Bodenwucher mit dem Bundesbaugesetz wirksam entgegengetreten werde und ein Baulandmarkt entstehe, der Bauland zu gerechten Preisen anbiete.
Nun, meine Damen und Herren ich glaube, daß diese Fehleinschätzung nur von wenigen Optimisten geteilt werden konnte. Schon die Regierungserklärung von 1961 sagt dann aus, daß man ein besonderes Gesetz für die Zwecke der Stadtsanierung brauche. Eine umfassende Städtebaupolitik solle in Angriff genommen werden, die zunächst die überalterten und ungesunden Wohn- und Arbeitsgebiete erneuern solle. Das wurde in der Regierungserklärung von 1965 wiederholt, und Sie alle wissen, daß drei Anläufe in diesem Hohen Hause gescheitert sind — nicht gescheitert sind, Herr Erpenbeck, an der Verfassungslage, sondern gescheitert sind daran, daß sich hier in diesem Hause keine Mehrheit gefunden hat; und ,die Mehrheit in diesem Hause stellten Sie damals.

(Abg. Erpenbeck: Die Zweidrittelmehrheit haben wir nie gehabt!)

Sicherlich wird sich die Öffentlichkeit in diesem Zusammenhang auch die Frage vorlegen, warum in weniger als zwei Jahren das möglich war, was unter einem CDU-Kanzler in neun Jahren nicht gelungen ist, und das von einer Koalition, der Sie idoch monatelang allenfalls die Nottaufe reichen wollten.
Gewiß ist es auf diesen langen Gesetzgebungsgang und auf dieses Versagen der früheren Regierung zurückzuführen, daß dieses Gesetz von unseren Städten und Gemeinden und auch von unseren Bürgern mit Ungeduld erwartet wird. Wir wissen das und teilen diese Ungeduld, wenn wir an die Schäden denken, die auch durch diese Verzögerung in unseren Städten entstanden sind. Herr Bundesminister Lauritzen hat das eben in sehr zurückhaltender Weise angesprochen, und der Städtebaubericht gibt uns sachlich fundierte Unterlagen darüber, wie es in unseren Städten wirklich aussieht.
Präsident Nixon hat die Sorge in dieser Sache in seiner diesjährigen Botschaft über die Lage der Nation sehr viel dramatischer ausgedrückt. Er hat ausgeführt, es bedürfe einer neuen amerikanischen Revolution, um die Städte vor dem Abgrund zu bewahren. Nun, dies ist eine Aussage für die Vereinigten Staaten und sicherlich nicht für uns. Aber wir sind, glaube ich, alle davon überzeugt, daß die sicherlich noch schwierigeren und noch verheerenderen Zustände, die heute in den Städten der USA herrschen, in 10, 15 oder 20 Jahren auch auf uns zukommen werden, wenn wir nichts tun. Ich glaube, daß es das Schicksal aller Industriestaaten ist, sich mit diesem Problem auseinandersetzen zu müssen und Mittel zu einer Lösung zu suchen.
Der Ausschuß hat sich bemüht, die Vorlage zügig und gründlich zu beraten. Während dieser Beratungen sind — und das ist bei einem Gesetz, das Neuland betritt, 'sicherlich kein Wunder — immer wieder neue Gesichtspunkte aufgetaucht, die zu einem großen Teil auch im Beratungsergebnis ihren Niederschlag gefunden haben. Das hat seine Zeit gedauert. Aber wenn man eine Kritik an der Dauer unserer Beratungen übt, so sollte man sich doch daran erinnern, daß die Beratungen des Bundesbaugesetzes
— auch mit jenem Gesetz wurde Neuland betreten — sich über drei Legislaturperioden hingezogen haben. Die erste Lesung dieses Gesetzes war vor 15 Monaten. Im übrigen hatte diese Beratungsdauer auch ihr Gutes.

(Abg. Balkenhol: Sie wollten es doch in der vorigen Legislaturperiode schon in sechs Monaten verabschieden!)

— Das wäre in der vorigen Legislaturperiode vielleicht auch möglich gewesen; Sie wissen, woran es gescheitert ist, Herr Kollege Balkenhol. Im übrigen hat diese Beratungsdauer auch ihr Gutes gehabt. Sie hat nämlich sicherlich auch beigetragen zur Bewußtseinsbildung in der öffentlichen Meinung, und sie hat sicherlich auch dazu beigetragen, die herrschenden Zustände im Bereich von Städtebau und Stadtsanierung als das zu kennzeichnen, was sie sind: als öffentliches Ärgernis.
Wesentlich gefördert wurden unsere Beratungen durch die Anhörung von Sachverständigen, durch die Besichtigung einiger Sanierungsobjekte und durch ein Planspiel, das die Praktikabilität der gefundenen Lösungen erweisen sollte. Allen, die auf diese Weise unsere Beratungen bereichert haben, möchte ich auch von dieser Stelle aus nochmals danken. Mein Dank gilt auch dem Herrn Bundesminister Dr. Lauritzen und seinen Mitarbeitern, den Damen und Herren der übrigen Bundesressorts, den Vertretern der Landesregierungen und auch der kommunalen Spitzenverbände, die uns mit ihrer Sachkunde geholfen haben.
Betonen möchte ich, daß die Beratungen im Ausschuß für Städtebau und Wohnungswesen durchweg sachlich verliefen. In einem frappierenden Kontrast dazu stehen nun allerdings die offiziellen Verlautbarungen der Opposition. Ich erinnere etwa an eine Pressemitteilung der CDU/CSU-Fraktion vom 25. Mai, daß einige Formulierungen des Entwurfs als „erster, vorsichtig getarnter Schritt zur Aufhebung des Privateigentums und zur Vergesellschaftung und Kommunalisierung des Grund und Boden" bezeichnet werden müßten. Wenigstens die Fachleute der Koalitionsfraktionen wissen, daß das falsch ist, daß es hier allein darum geht, politisch Stimmung zu machen.

(Zuruf von der SPD: Verleumderisch!)





Dr. Ahrens
Und wenn etwa Herr Heck in der gestrigen Nummer des „Deutschland-Union-Dienstes" unter der Überschrift „Keine Sozialisierung durch die Hintertür" die Allmacht der Wohnungsämter beschwört, dann ist das genauso falsch. Aber wir wissen jetzt wenigstens, daß Herr Heck die Hintertür im Auge behält, weil von dort die Sozialisierung kommt!
Bereits in der ersten Lesung habe ich von dieser Stelle aus darauf hingewiesen, daß in Fachkreisen durchaus bezweifelt wird, ob man Stadtsanierungen auf der Grundlage des Privateigentums an Grund und Boden wirklich durchführen kann. Ich habe ausdrücklich das Beispiel der City of London erwähnt, in der der Grundbesitz im Eigentum der Stadt ist, die daran befristete Nutzungsrechte verteilt. Hoffentlich waren nun hier nicht auch Frühideologen oder Frühsozialisten am Werk!
Ich habe aber in der gleichen Sitzung ebenso deutlich gemacht, daß sich für das Städtebauförderungsgesetz diese Frage überhaupt nicht stellt. Dieses Gesetz beruht — wenigstens das sollte doch in der Beratung deutlich geworden sein — auf der Regelung, daß sich die Gemeinden zur rechten Zeit und zu einem angemessenen und von Spekulationserwartungen freien Preis das Eigentum an dem benötigten Grund und Boden verschaffen können, um es dann wieder, soweit sie es nicht für ihre eigenen Zwecke benötigen, zu reprivatisieren oder — in den Entwicklungsbereichen — gar zu privatisieren. Wer hier von Vergesellschaftung oder Kommunalisierung des Grund und Bodens spricht, hat das entweder nicht erfaßt, oder er will die Öffentlichkeit bewußt falsch unterrichten.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Es ist nicht erstaunlich, daß diese falschen und — so möchte ich sagen — irrsinnigen Behauptungen von einigen Verbandszeitungen nachgedruckt und auch von einigen Verbandsfunktionären kritiklos nachgeplappert werden. Es sind wahrscheinlich dieselben, die sich jahrelang gegen den Erlaß dieses Gesetzes gewandt haben. Daß in diesen Kreisen nun Enttäuschung herrscht, kann man ja noch verstehen. Aber im übrigen habe ich das Gefühl, daß auch hier entweder Unkenntnis oder Böswilligkeit herrscht.
Wie sieht es denn heute in den Sanierungsgebieten eigentlich aus? Der einzelne Eigentümer kann die Sanierung seines Grundstücks regelmäßig allein nicht durchführen. Der enge Zuschnitt der Parzellen oder auch unzureichende Ausstattung mit Infrastruktureinrichtungen oder Erschließungsanlagen verhindern das. Der Eigentümer ist also auf ein Zusammengehen mit der Gemeinde oder mit seinen Nachbarn angewiesen. Können oder wollen diese nicht mitmachen, so muß der Eigentümer sein Gebäude zwangsläufig verfallen lassen. Es wird zunehmend entwertet, und es wird nur so lange zu nutzen sein, wie wir einen Mangel an Wohnungen zu beklagen haben. Der gegenwärtige Zustand, für dessen Fortbestand sich einige Verbandsfunktionäre mit so viel Schwung und so viel Vehemenz einsetzen, führt also zwangsläufig zu einer Entwertung vieler Grundstücke. Ich verstehe einfach nicht, daß man sich in diesen Kreisen gegen eine Regelung wendet, die die Voraussetzungen für eine wertsteigernde Nutzung dieser
Grundstücke in den Sanierungsgebieten schafft — und das alles unter Einsatz erheblicher öffentlicher Mittel.
Die Öffentlichkeit ist sicherlich auch nicht ganz uninteressiert daran zu erfahren, wie es nun die CDU/CSU mit dem Eigentum an Grund und Boden hält, welche Lösung die Opposition denn nun anzubieten hat. Es ist sicherlich kein großes Kunststück, in einer Presseverlautbarung „Eigentum in der Hand des Bürgers, Eigentum für den Menschen und seine Familie" zu versprechen. Meine Damen und Herren, wer wollte das eigentlich nicht! Nur, jenseits dieser Versprechungen tut sich dann auch die Opposition um einiges schwerer, und Sie werden es sich gefallen lassen müssen, meine Damen und Herren, daß wir Ihnen heute einige Male den Spiegel vorhalten.
Ich möchte mich hier auf auf einen eigenen Beitrag der CDU/CSU beschränken, den sie vor kurzem zur Sozialpflichtigkeit des Eigentums in Sanierungsgebieten geleistet hat. Sie legte vor einigen Wochen Vorschläge für einen Sanierungsverband vor. Nun, wir haben gegen einen Sanierungsverband nicht grundsätzlich etwas einzuwenden. Eine Schwierigkeit dieses Verbandes besteht aber sicherlich darin, denjenigen Bürgern gerecht zu werden, die sich in einen solchen Verband nicht einordnen wollen, weil sie ihre Interessen besser bei der Gemeinde gewahrt sehen als in der Gemeinschaft von Nachbarn und möglicherweise Konkurrenten.
Diesen Interessenkonflikt will die Oposition nun in einer recht interessanten Weise lösen. Alle Eigentümer von Grundstücken innerhalb des Sanierungsgebiets werden aufgefordert, dem Sanierungsverband beizutreten. Wer das nicht tut oder sich nicht äußert, dem kann die Gemeinde mitteilen, daß der Sanierungsverband das Grundeigentum erwirbt, und zwar zu dem nach § 23 zulässigen Entgelt. — So weit Ihr Vorschlag!
Man muß sich das einmal vorstellen. Da hat ein Eigentümer Bedenken, in einen solchen Sanierungsverband einzutreten, etwa weil er fürchtet, daß dort sein geschäftlicher Konkurrent den Ton angibt. Er möchte daher die Sanierung lieber durch die Gemeinde durchgeführt sehen, teilt das der Gemeinde mit, und schon ist er sein Grundstück los. Das ist Ihre Regelung. Das ist jedenfalls für mein Empfinden eine etwas überraschende Konsequenz, Aber, meine Damen und Herren, das würden wir hier heute beschließen, wenn nicht die nach Ihrer Auffassung so „eigentumsfeindliche" SPD und die nach Ihrer Auffassung nur „heuchlerisch eigentümerfreundliche" FDP diesem Vorschlag der ach so „eigentumsfreundlichen" CDU widersprochen hätten.
Ich verstehe eigentlich gar nicht, meine Damen und Herren von der Opposition, wie Sie diesen Vorschlag mit Ihrer Auffassung zum gemeindlichen Grunderwerbsrecht, das Sie ja auch nach Ihren neuesten Anträgen noch nicht billigen, in Übereinstimmung bringen können. Nach Ihrem Vorschlag verliert ein Eigentümer sein Grundstück vielleicht nur deshalb, weil er den Verband nicht als das geeignete Instrument der Sanierung ansieht und diese mit der Gemeinde durchführen möchte. Beim Grunderwerbsrecht will sich ein Eigentümer von seinem Grund-



Dr. Ahrens
) stuck trennen. Er schließt also einen Kaufvertrag, der nicht genehmigt wird, und erst dann kann die Gemeinde das Grundstück erwerben. Sie aber wollen einem Eigentümer sein Grundsück nehmen, der gar nicht daran gedacht hat, sich von diesem zu trennen, der möglicherweise auch gegen die Sanierung überhaupt nichts einzuwenden hat, sondern lediglich ihre Durchführung durch die Gemeinde vorzieht. — Herr Erpenbeck, wenn Sie fragen, gegen wen ich kämpfe: ich zitiere Ihren Entwurf zum Sanierungsverband, den Sie uns vorgelegt haben. Ganz schön fortschrittlich, das muß ich ehrlich sagen!

Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0612701400
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Erpenbeck?

Ferdinand Erpenbeck (CDU):
Rede ID: ID0612701500
Herr Kollege Dr. Ahrens, welcher prinzipielle Unterschied besteht denn. nach Ihrer Meinung zwischen dem Vorschlag der CDU/ CSU —der im Initiativentwurf enthalten ist, aber ja heute nicht mehr zur Debatte steht —, nach dem die Gemeinde für den Sanierungsverband Grundstücke von den nicht mitwirkungswilligen Eigentümern erwerben kann, und der heutigen Vorlage, nach der die Gemeinde von 100 % der Eigentümer den Grund und Boden erwerben kann?

Dr. Karl Ahrens (SPD):
Rede ID: ID0612701600
Herr Erpenbeck, zunächst einmal folgendes. Um den Erwerb von 100 % des Grund und Bodens geht es lediglich bei ,den Entwicklungsgebieten. Ich sprach hier von dem Sanierungsverband. Es ist nicht vorgesehen, daß die Gemeinde sämtliche Grundstücke im Sanierungsgebiet erwirbt; das hat nie jemand behauptet.

Ferdinand Erpenbeck (CDU):
Rede ID: ID0612701700
Darf ich noch eine zusätzliche Frage zum Sanierungsgebiet stellen, Herr Kollege Dr. Ahrens. — Welcher prinzipielle Unterschied besteht denn zwischen dem Erwerb von Grund und Boden von nicht mitwirkungswilligen Bürgern für einen Sanierungsverband und dem Erwerb von nicht mitwirkungswilligen Bürgern für die Durchführung durch die Gemeinde?

Dr. Karl Ahrens (SPD):
Rede ID: ID0612701800
Herr Erpenbeck, das versuchte ich soeben klarzumachen. Beim Grunderwerbsrecht, das Sie ja ablehnen, geht es doch darum, daß die Gemeinde in einen nicht genehmigten Kaufvertrag eintritt oder ein Grundstück erwirbt, das der Eigentümer verkaufen wollte, von dem er sich bereits getrennt hat und wo der Eigentümer zu erkennen gegeben hat, 'daß er an der Sanierung selber gar nicht teilnehmen will. Ihr Vorschlag aber geht in eine ganz andere Richtung. Sie wollen das Eigentum dem Eigentümer schon dann abnehmen, wenn er an der Sanierung teilnehmen wollte, aber vielleicht nur deshalb dem Sanierungsverband nicht beigetreten ist, weil er ihn nicht für 'das geeignete Instrument hält, weil etwa ein übermäßiger geschäftlicher Konkurrent oder ein Nachbar tonangebend ist. Schon dann wird er nach Ihrem Vorschlag sein Grundstück los.
Meine Damen und Herren, die Regierungsvorlage hat im Laufe der Ausschußberatungen etliche Änderungen erfahren. In ihrer Substanz ist sie aber unverändert geblieben. Wir Sozialdemokraten haben Wert darauf gelegt, daß die Vorlage in den von uns bereits in der ersten Lesung dargelegten Richtungen fortentwickelt wurde. In diesem Zusammenhang erscheint mir einmal wesentlich, daß es gelungen ist, den Anwendungsbereich des Gesetzes neu zu bestimmen. Es ist auch anzuwenden auf Ersatz-und Ergänzungsgebiete, die in Anspruch genommen werden müssen, um Bewohner, Betriebe, Folgeeinrichtungen aus dem Sanierungsgebiet zusammenhängend unterzubringen. Diese Ausweitung erschien geboten, weil manche Sanierung scheitern würde, wenn nicht für die weichende Bevölkerung oder für weichende Betriebe Grund und Boden zu gleichen Bedingungen wie im Sanierungsgebiet zur Verfügung gestellt werden könnten.
Auch ist diese Vorschrift in einem engen Zusammenhang mit dem Sozialplan zu sehen. Durch die Einbeziehung der Ersatz- und Ergänzungsgebiete schaffen wir die Voraussetzung dafür, daß wir eine Gruppe von Mietern, die etwa seit langem zusammen gewohnt hat, daß wir die Eigentümer einer Gruppensiedlung, die sich aneinander gewöhnt haben, geschlossen umsiedeln können. Damit ermöglichen wir, daß gewachsene nachbarliche und menschliche Beziehungen über die Sanierung hinaus erhalten bleiben.
Auch der Kreis der Entwicklungsmaßnahmen wurde neu bestimmt, indem darauf verzichtet wurde, das Gesetz nur auf künftige selbständige Orte zu erstrecken. Hier hat sich im Verlauf der Beratungen überhaupt die Erkenntnis durchgesetzt, daß es sich bei den Entwicklungsmaßnahmen wahrscheinlich sehr selten um Fälle auf der grünen Wiese handelt, sondern daß es in der Regel um erhebliche Erweiterungen bestehender Siedlungen gehen wird. Auch dem trägt das Gesetz Rechnung.
Größten Wert haben wir darauf gelegt, die Mitsprache aller von einer Sanierung Betroffenen gesetzlich zu verankern. Zwei Gründe waren es vor allem, die uns in dieser Auffassung bestärkt haben. Einmal greift jede Sanierung tief in die Lebensumstände der in einem Sanierungsgebiet wohnenden und arbeitenden Bevölkerung ein. Die Gemeinde soll sich über das Ausmaß dieser Eingriffe und Beeinträchtigungen unterrichten. Sie soll mit den Betroffenen nachteilige Auswirkungen erörtern und darüber nachdenken, wie diese Auswirkungen möglichst vermieden oder doch gemildert werden können. Dieser enge Kontakt mit allen Betroffenen ist während der Dauer der Sanierung fortzusetzen; die Ergebnisse der Erörterungen sind im Sozialplan festzuhalten, der laufend fortgeschrieben wird.
Diese sehr detaillierte Regelung erschien uns um so notwendiger, als in den meisten Sanierungsgebieten ein besonders hoher Prozentsatz sozial schwacher, alter und im Umgang mit Behörden ungewohnter Menschen wohnt. Wir wollen nicht, daß, wie man es einmal formuliert hat, bauliches Glück durch soziales Unglück erkauft wird. Daher muß sich die Gemeinde um diese Menschen kümmern und ihnen geeignete Wege weisen. Das kann etwa dazu führen, daß die Gemeinde Ersatz- und Ergänzungsgebiete in



Dr. Ahrens
Anspruch nimmt, in denen Vorsorge getroffen werden kann, daß alte und sozial schwache Bevölkerungsgruppen bevorzugt eine neue Heimstatt finden.
Die Ergebnisse dieser Sozialplanung können aber auch auf die künftige Gestaltung des Sanierungsgebietes selbst einwirken. Das Ausmaß der erforderlichen Eingriffe kann, falls dies aus sonstigen planerischen Gründen vertretbar erscheint, etwa dazu führen, daß man von einer die Gesamtbevölkerung verdrängenden Flächensanierung absieht zugunsten einer Entkernung und Modernisierung eines Gebietes, bei dem die Bevölkerung weitgehend in ihrer gewohnten Umgebung verbleiben kann.
Die von uns durchgesetzte umfassende Beteiligung aller von einer Sanierung Betroffenen hat noch einen weiteren Grund. Städtebau und Stadtplanung haben in der Vergangenheit oft darunter gelitten, daß sie als eine ausschließliche Aufgabe und Angelegenheit von Fachleuten galten.

Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0612701900
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Mick?

Josef Mick (CDU):
Rede ID: ID0612702000
,Herr Kollege Dr. Ahrens, waren die Maßnahmen, die Sie jetzt erwähnen — wir brauchen uns darüber nicht zu streiten —, bereits im Regierungsentwurf oder haben wir sie im Ausschuß erarbeitet? Waren wir hier also besserer Gedanken fähig? Warum halten Sie die CDU/CSU nicht auch besserer Gedanken für fähig, wenn es sich um einen Sanierungsverband handelt?

Dr. Karl Ahrens (SPD):
Rede ID: ID0612702100
Herr Kollege Mick, ich habe vorhin ausgeführt, daß das, was ich im Augenblick darlege, Ergebnisse der Ausschußberatungen sind, in denen wir, so wie wir es in der ersten Lesung hier angekündigt haben, den Gesetzentwurf der Bundesregierung fortentwickelt haben, beispielsweise in der Verbesserung des Verfahrens zur Beteiligung aller Betroffenen. Die ersten Anträge dazu — ich habe sie da, meine Herren — haben wir in Kassel gestellt, wobei wir lediglich die Bezeichnung „Sozialplan" noch offengelassen hatten.

Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0612702200
Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Mick?

Josef Mick (CDU):
Rede ID: ID0612702300
Herr Kollege Ahrens, damit keine historischen Irrtümer entstehen: Haben Sie die Anträge in Kassel deshalb gestellt, weil Sie das Bundesministerium in der Hinterhand hatten, welches Ihnen die Formulierungen, die in der Aussprache des Ausschusses erzielt worden sind, bereits in Kassel liefern konnten?

Dr. Karl Ahrens (SPD):
Rede ID: ID0612702400
Herr Kollege Mick, wir haben die Anträge in Kassel deshalb gestellt, weil die zuständige Arbeitsgruppe unserer Fraktion die Sommerpause dazu benutzt hatte, sich mit diesen Regelungen des Gesetzes eingehend auseinanderzusetzen.
Ich sagte, daß es uns bei dieser stärkeren Beteiligung aller Betroffenen vor allem darum geht, von der reinen Fachdiskussion der Planung wegzukommen. Sicherlich haben die Bauausschüsse und die Deputationen mitgesprochen und kontrolliert. Aber die breite Diskussion, insbesondere die Diskussion mit den Menschen, die in diesen künftigen Stadtteilen wohnen und arbeiten sollen, hat gefehlt.
Diese notwendige Demokratisierung der Planung wird durch das Gesetz bei Sanierungsmaßnahmen verwirklicht. Die Gemeinden sind gehalten, möglichst frühzeitig mit allen Betroffenen zu sprechen und mit ihnen auch zu erörtern, inwieweit sie sich an der Durchführung der Sanierung beteiligen können und wollen. Das gilt auch für die Arbeitnehmer der Betriebe im Sanierungsgebiet. Diese umfassende Beteiligung aller Betroffenen und Interessierten ist für uns die beste Gewähr dafür, daß alle Planungsgesichtspunkte erörtert und erwogen werden. Die Verantwortung für die planerische Entscheidung und für die Durchführung der Maßnahmen bleibt selbstverständlich bei der Gemeinde und ihren Organen.

(V o r sitz : Vizepräsident Dr. Jaeger.)

Es ist nicht zu bestreiten, daß diese Ausweitung des Beteiligungsverfahrens in einem gewissen Gegensatz zur Zügigkeit des Verfahrens steht. Gerade hier werden in der Praxis bereits Bedenken laut. Eines ist klar — das möchte ich in aller Deutlichkeit sagen —: Wir wollen nicht das Enteignungsverfahren beschleunigen und damit die Gefahr einer Verzögerung durch den Widerstand eines einzelnen Eigentümers bannen, um hier etwa einem querulatorischen Betroffenen anderer Art die Möglichkeit zu geben, das Verfahren lahmzulegen. Wir werden daher auch die Praktikabilität dieser Regelungen besonders im Auge behalten. Aber es gibt aus rechtsstaatlichen Gründen eine Fülle von Rechtsbehelfen und Rechtsmitteln, die wir nicht einschränken können und auch nicht wollen. Nicht zuletzt deshalb haben wir Wert darauf gelegt, unnötige Benachrichtigungs- und Informationspflichten zu vermeiden.
Eine der wichtigsten Vorschriften des Gesetzes ist für uns die Entschädigungsregelung in § 23. Abweichend von der Praxis und von den Möglichkeiten des Bundesbaugesetzes werden Werterhöhungen, die lediglich durch die Aussicht auf Sanierung oder Entwicklung eingetreten sind, bei der Berechnung von Entschädigungen grundsätzlich nicht berücksichtigt. Es wird also der reine Verkehrswert ohne spekulative Zuwächse zugrunde gelegt. Die Wertsteigerungen, die die Grundstücke durch Sanierung oder Entwicklung erfahren, werden zur Deckung der unrentierlichen Kosten verwandt und kommen damit der Gesamtheit der Beteiligten zugute. Das Gesetz unternimmt mit dieser Regelung erstmals den Versuch, für seinen Geltungsbereich das Eigentum an Grund und Boden aus der Strategie des maximalen Profits herauszuführen. Erstmals wird damit auch der Versuch unternommen, die Grenze zwischen privater Nutzung und öffentlicher Bindung des Eigentums, die in Art. 14 des Grundgesetzes angesprochen ist, zu ziehen; eine Aufgabe, die das Grundgesetz dem Gesetzgeber zugewiesen hat.
Auch an dieser Regelung wird selbstverständlich Kritik geübt. Aber ich darf daran erinnern, daß



Dr. Ahrens
Art. 14 des Grundgesetzes nach der Auslegung durch das Bundesverfassungsgericht keineswegs dazu zwingt, als Entschädigung stets das volle Äquivalent für das Genommene zu geben. Der Gesetzgeber — so das Bundesverfassungsgericht — „kann je nach 'den Umständen vollen Ersatz, aber auch eine darunter liegende Entschädigung bestimmen". Diese Entscheidung ist heute immerhin auch schon über drei Jahre alt. Auf gut deutsch heißt das: Art. 14 garantiert das Eigentum, nicht aber jeden Profit.

(Beifall bei der SPD.)

Wir haben besonderen Wert darauf gelegt, im Gesetz die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß--

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612702500
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Ott?

Dr. Karl Ahrens (SPD):
Rede ID: ID0612702600
Ja, bitte schön!

Anton Ott (CSU):
Rede ID: ID0612702700
Herr Kollege, ist Ihnen bekannt, daß bereits bisher in allen Fällen, wo Grund und Boden mit Gewinn verkauft worden ist, die Besteuerung durchgeführt ist, wenn es sich um Betriebsgrundstücke oder um Grundstücke handelt, die innerhalb von zwei Jahren gekauft und verkauft worden sind?

Dr. Karl Ahrens (SPD):
Rede ID: ID0612702800
Selbstverständlich ist mir das bekannt. Nur, Herr Kollege, ich rede nicht von der Besteuerung, sondern ich rede von der Höhe der Entschädigung, die für in Anspruch genommene Grundstücke zu gewähren ist. Da habe ich das Bundesverfassungsgericht zitiert, das eine Auslegung des Art. 14 vorgenommen hat, )die so weit geht, daß wir sie mit diesem Gesetz noch keineswegs ausschöpfen.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612702900
Noch eine Zusatzfrage? — Bitte sehr!

Anton Ott (CSU):
Rede ID: ID0612703000
Herr Kollege, ist Ihnen unbekannt, daß Gewinne 'dieser Art über die Steuer aufgesaugt werden?

(Lachen bei der SPD.)


Dr. Karl Ahrens (SPD):
Rede ID: ID0612703100
Auch das hat mit dieser Frage nichts zu tun, Herr Kollege. Wenn Gewinne gemacht werden, so werden sie versteuert. Ich glaube, das ist ein allgemein gültiger Grundsatz.
Meine Damen und Herren, wir haben besonderen Wert darauf gelegt, daß 'dieser Verkehrswert, der als Entschädigung zu zahlen ist, möglichst korrekt und unverfälscht ermittelt wird. Daher haben wir jede Vermischung der Entschädigungsleistungen etwa mit Leistungen aus dem Härteausgleich abgelehnt. Aus demselben Grunde wenden wir uns gegen die Festsetzung eines Stichtages im Gesetz, weil sich nicht ausschließen läßt, daß dieser Stichtag bei längerer Verfahrensdauer in die bereits im Gang befindliche Eskalation der Preise mitten hineintrifft.
Neben der Entschädigungsregelung ist für uns von größter Bedeutung das gegenüber dem Bundesbaugesetz erheblich verbesserte bodenrechtliche Instrumentarium. Auch hier haben wir uns gegen Versuche der Opposition, dieses Instrumentarium abzuschwächen oder zu verwässern, durchsetzen müssen. Ein umfassender Genehmigungsvorbehalt soll sicherstellen, daß die Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahme nicht durch Handlungen einzelner erschwert, verteuert oder gar durchkreuzt wird. Gleichzeitig sichert dieser Genehmigungsvorbehalt, daß auch im privaten Rechtsverkehr lediglich Preise gezahlt werden, die die Höhe der öffentlich-rechtlichen Entschädigung nach § 23 nicht übersteigen. Ein umfassendes Vorkaufsrecht der Gemeinde an allen Grundstücken im Sanierungs- und Entwicklungsbereich führt im Geltungsbereich dieses Gesetzes einen Rechtszustand wieder ein, der in einigen Bundesländern bis zum Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes geltendes Recht war und der den Wiederaufbau wesentlich gefördert hat. Das Vorkaufsrecht wird durch das von der Opposition offenbar immer noch in Zweifel gezogene Grunderwerbsrecht ergänzt. Abbruch-, Bau- und Modernisierungsgebot stellen 'sicher, daß die Maßnahmen der Sanierung und Entwicklung in einem organischen und zeitlichen Gleichklang erfolgen. Das Enteignungsverfahren wird, ohne die rechtsstaatlichen Garantien für den Eigentümer im geringsten zu beeinträchtigen, beschleunigt. Es wird damit hoffentlich zum erstenmal zu einem brauchbaren Instrument für solche Fälle, in denen andere Erwerbsmöglichkeiten nicht mehr verfangen.
Ein Großteil der Ausschußberatungen und auch der Diskussion in der Öffentlichkeit hat sich mit der Reprivatisierung oder auch der Privatisierung derjenigen Grundstücke beschäftigt, die die Gemeinde in Erfüllung ihrer Aufgaben im Sanierungs- oder Entwicklungsbereich erwirbt. In diesem Zusammenhang wird mit einem Höchstmaß an Ideologie und Emotionen und mit einem denkbaren Minimum an Sachkenntnis operiert. Wer den Vorwurf der Kommunalisierung oder Vergesellschaftung erhebt, kann dies für die Entwicklungsmaßnahmen nur wider besseres Wissen tun; denn in § 59 steht, daß die Gemeinde zur umfassenden Privatisierung verpflichtet ist. Meine Damen und Herren, wenn ich Kommunalisierung und Vergesellschaftung richtig verstehe, ist das der genaue Gegensatz zur Kommunalisierung. Aber auch in den Sanierungsgebieten ist es abwegig, von einer Kommunalisierung zu sprechen. Allerdings beschränkt sich hier die Verpflichtung der Gemeinde auf die Reprivatisierung, d. h. darauf, den früheren Eigentümern wieder Eigentum oder eigentumsgleiche Rechte zu verschaffen.
Es dürfte ja auch wohl kaum etwas dagegen einzuwenden sein — ich glaube, in dem Punkte sind wir uns einig —, daß die Gemeinde das Eigentum an solchen Flächen behält, die sie für eigene Zwecke benötigt und die sie sich anderenfalls im Zuge einer erneuten Enteignung beschaffen müßte. Im übrigen aber ist hier zu bedenken — das ist eben der Unterschied zu den Entwicklungsmaßnahmen —, daß mit der Sanierung nur eines Stadtteils die Sanierung einer Stadt oder einer Gemeinde wahrscheinlich nur in den seltensten Fällen abgeschlossen ist. Es han-



Dr. Ahrens
delt sich um einen langwierigen Prozeß. Ist dann wirklich etwas dagegen einzuwenden, daß eine Gemeinde in einem Sanierungsgebiet eine gewisse Bodenreserve behält, und sei es, um sie bei späteren Sanierungsmaßnahmen mit einzubringen und die Umsetzung der Betroffenen zu erleichtern?
Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß diese Entscheidung ja von einem gewählten Rat in eigener und der jeweiligen Maßnahme angemessener Verantwortung getragen wird.
Mit großer Sorgfalt haben wir uns schließlich der Regelungen über den Einsatz der Finanzmittel des Bundes angenommen, und das vor allem deshalb, weil bei diesen Vorschriften ein besonderes Interesse der Länder sichtbar wird. Wir haben uns bemüht, dieses Länderinteresse mit der Verpflichtung des Bundes aus Art. 104 a des Grundgesetzes zu verknüpfen, wonach der Bund diese Mittel zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft im Bundesgebiet gewährt. Wir glauben, eine Lösung darin zu sehen, daß die Initiative für die Förderung jeder Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahme bei den Ländern liegt. Die Länder stellen für ihr Gebiet Programme auf, die dem Bundesminister für Städtebau und Wohnungswesen vorgelegt werden. Über diese Programme berät der Minister mit den zuständigen" Ministern und Senatoren der Länder und stellt dann unter Abstimmung mit anderen Bundesmaßnahmen das Bundesprogramm auf.
Dieses Verfahren stellt sicher, daß der Bund in keinem einzelnen Falle in die Länder hineinregiert, und wir sind der Überzeugung, daß diese Regelung den Länderinteressen angemessen Rechnung trägt und ais Ausdruck eines kooperativen Föderalismus auch von den Ländern gebilligt werden kann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ihnen vorliegende Entwurf ist ein erster Schritt zur Bewältigung einer drängenden Aufgabe, ein erster Schritt auch in eine neue Richtung. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hält die gefundenen Lösungen für brauchbar.
Trotzdem ist natürlich das Gesetz, für sich genommen, noch keine Garantie für einen zukunftsweisenden, modernen und humanen Städtebau. Wegen der engen räumlichen Begrenzung seines Anwendungsbereichs und auch wegen der Beschränkung seiner Anwendbarkeit auf die Dauer der Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen wirft gerade dieses Gesetz manche Frage überhaupt erst auf und zerrt manches Problem überhaupt erst ans Licht. Ich glaube, das ist gut so und mindert nicht den Wert dieses Gesetzes.
Das heute zu beschließende Gesetz gibt unseren Städten und Gemeinden brauchbare Instrumente, um mit der großen Aufgabe ,der Sanierung und Entwicklung beginnen zu können. Es soll daneben die Städte und Gemeinden aber auch herausfordern, sich dieser großen neuen Aufgabe, die wir ihnen heute übertragen, mit aller Tatkraft und aller Energie zu widmen. Dies wird eine der Aufgaben sein, an denen die kommunale Selbstverwaltung erneut ihre Gestaltungskraft beweisen kann. Denn eine Frage beantwortet das Gesetz mit aller Absicht nicht: w i e nämlich unserer Städte saniert und unsere Gemeinden wieder menschenwürdig gestaltet werden sollen. Auf diese Frage, wie eine sanierte Stadt oder eine sanierte Gemeinde aussehen soll, kann nur im Einzelfall eine Antwort gegeben werden. Und ich glaube, das ist gut so, denn wir wollen keine uniformen Städte, keine eintönig-langweiligen Gemeinden, sondern wir wollen Städte und Gemeinden, die auch in der Zukunft jeweils ihren eigenen Charakter haben.

(Zustimmung bei Abgeordneten der SPD.)

Der Staat wird seinen Gemeinden bei der Lösung dieser Aufgabe an die Hand gehen müssen, und dabei wird es um mehr gehen als um die Auswertung einzelner Beispiel- oder Demonstrativvorhaben. Es wird nach meiner Auffassung darauf ankommen, die zahlreichen bestehenden Institute und Einrichtungen, ,die sich mit diesen Problemen beschäftigen, zu koordinieren und ihre Ergebnisse zentral auszuwerten. Und wir werden uns auch mit der Frage auseinandersetzen müssen, warum es für die Probleme des künftigen Städtebaus, des Zusammenlebens der Menschen bislang kein Großforschungsvorhaben gibt, wie es in vielen anderen Bereichen der Fall ist.
Meine Damen und Herren, die Lösung dieser großen und schwierigen Aufgabe wird sicherlich erleichtert werden, wenn es 'gelingt, das Bewußtsein der Öffentlichkeit zu schärfen und ihr den Blick für die Fragen des Städtebaus und für die Fragen der Gemeindepolitik schlechthin zu öffnen. Wenn heute Millionen unserer Bürger in ungesunden Wohnverhältnissen leben müssen, wenn weitere Millionen Tag für Tag auf gefahrvollen und zeitraubenden Wegen ihre Arbeitsstätten aufsuchen müssen, dann ist das kein unabwendbares Schicksal. Auch diese Schwierigkeiten und Probleme lassen sich lösen, und wir tragen heute durch die Verabschiedung des Städtebauförderungsgesetzes dazu bei.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612703200
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wurbs.

Richard Wurbs (FDP):
Rede ID: ID0612703300
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Dem Hohen Hause liegt heute der Gesetzentwurf über stätdtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen in den Gemeinden zur Verabschiedung vor, kurz Städtebauförderungsgesetz genannt. Nach mehreren vergeblichen Anläufen ist es nunmehr soweit, den Entwurf zur Abstimmung zu stellen.
Der Entwurf ist in der Öffentlichkeit lebhaft diskutiert worden. Es konnte nicht ausbleiben, daß neben zustimmenden Äußerungen auch Kritik geübt wurde. Dies ist wohl bei jedem Gesetz der Fall. Es soll auch nicht bestritten werden, daß nicht alle Wünsche und Forderungen erfüllt werden konnten; dazu sind die Interessengegensätze, die diese Materie beinhaltet, zu unterschiedlich. Trotzdem sind wir Freien Demokraten der Auffassung, mit diesem Gesetz einen ersten Schritt in die Zukunft getan zu haben. Wir alle betreten mit 'diesem Gesetz Neuland und werden 'entsprechende Erfahrungen sammeln müssen.



Wurbs
Die Ziele dieses Gesetzes sind: erstens, künftige Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen nach den neuesten Erkenntnissen des Städtebaues und Wohnungsbaues zu 'gestalten; zweitens, Werterhöhungen, die lediglich in Aussicht auf eine Sanierungsoder Entwicklungsmaßnahme entstehen, nicht mehr den Eigentümern zufließen zu lassen; drittens, die Gemeinden in die Lage zu versetzen, ihre städtebaulichen und wohnungspolitischen Aufgaben zu erfüllen; und viertens, einen festen Finanzrahmen für die geplanten Maßnahmen zu geben.
Meine Damen und Herren, nach dem Kriege galt es zunächst, die Bevölkerung schnell und in ausreichendem Maße mit Wohnungen zu versorgen. Man hat dabei zwangsläufig mehr Wert auf die Quantität als auf die Qualität gelegt. Heute stellt sich jedoch ,die Aufgabe, die Probleme der Zukunft zu lösen. Auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik leben etwa 25 Millionen Menschen mehr als vor 50 Jahren. Mehr als die Hälfte des derzeitigen Wohnungsbestands ist nach dem zweiten Weltkrieg entstanden, mehr als ein Fünftel des Gesamtbestands ist älter als 70 Jahre. Eine auf die Zukunft gerichtete Wohnungspolitik muß den ,sich in allen Bereichen abzeichnenden sektoralen und regionalen Strukturwandel berücksichtigen. Nach den Jahren des Wiederaufbaus kommen heute und künftig der Modernisierung sowie der Stadtsanierung und Dorferneuerung eine ganz besondere Bedeutung zu. Dieser Einsicht ist die Bundesregierung gefolgt. Sie hat im Zuge der vorgesehenen Reformen auch im gesellschaftspolitischen Bereich bald nach der Regierungsbildung erneut den Entwurf eines Städtebauförderungsgesetzes vorgelegt. Dabei haben Maßnahmen der städtebaulichen Sanierung und Entwicklung einen starken Bezug zu den Problemen der Raumordnung selbst.
Die Bundesregierung hat in ihrer Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969 der Raumordnung und dem Städtebau besondere Bedeutung beigemessen, und dies ausdrücklich mit dem besonderen Akzent der Erhaltung und Bildung von Eigentum. Der Herr Bundeskanzler führte in der Regierungserklärung u. a. folgendes aus:
Umwelt und Lebensverhältnisse werden sich in den 70er Jahren immer rascher verändern. Besonders auf den Gebieten der Raumordnung, des Städtebaus und des Wohnungsbaus werden daher systematische Vorausschau und Planung immer wichtiger. Als erster Schritt muß ein Städtebauförderungsgesetz zügig verabschiedet werden.
Meine Damen und Herren, die inneren Reformen unserer Gesellschaft erfordern eine Verbesserung der Umweltbedingungen. Die Umwelt wirkt in den Lebensbereich eines jeden einzelnen ein und beeinflußt ihn ständig. Dies trifft in besonderem Maße auf die Wohnung und damit generell auf die bebaute Umwelt zu.
Es darf keinesfalls verkannt werden, daß in den vergangenen Jahren in dieser Hinsicht Fehler gemacht wurden. Das bisher bestehende Instrumentarium — das Bundesbaugesetz — reicht zur Bewältigung dieser Zukunftsaufgaben nicht aus. Das haben auch die wenigen gemachten praktischen Erfahrungen ergeben. Kritiker werden zwar einwenden, daß es Einzelfälle erfolgreicher Stadtsanierung gebe, die mit dem Instrument des Bundesbaugesetzes durchgeführt worden sind, aber dies sind glückliche Einzelfälle.
Dar fortschreitende technische Entwicklung, die Mechanisierung, die Rationalisierung, die Automatisierung, der sich laufend verstärkende Verkehr, um nur einige Bereiche zu nennen, erfordern andere Maßstäbe und andere Überlegungen als die für die Wiederaufbaujahre gültigen. Die Aufgaben der Zukunft erfordern langfristige Planungen und Finanzierungen, damit die Fehler der Vergangenheit vermieden werden.
Es ist eine Tatsache, daß sich in den nächsten Jahren der Dienstleistungsbereich erheblich ausdehnen wird. Es ist die Prognose gestellt worden, daß bis zum Jahre 2000 etwa 80% aller tätigen Menschen ihre Beschäftigung im Bereiche der Dienstleistung finden werden. Diese Entwicklung erfordert größere Flächen und deren bessere Ausnutzung, als das heute der Fall ist. Dies bedingt, daß z. B. zusätzliche Einrichtungen wie Wasserversorgungsanlagen, zentrale Anlagen für die Beseitigung von Schmutzwässern, Müllverbrennungsanlagen, Betriebe der Energieversorgung usw. geschaffen werden müssen. Die für den Umweltschutz notwendigen Maßnahmen seien hier nur kurz erwähnt. Eine weitere Zersiedlung unserer Landschaft ist nicht mehr zu vertreten, ihr muß Einhalt geboten werden.
Der sich laufend vollziehende Strukturwandel stellt den künftigen Städtebau vor Probleme, die vor Jahren noch nicht voll zu erkennen waren und die in ihrer Tragweite erst mit Abschluß der Wiederaufbauphase sichtbar wurden. Die Bewältigung dieser Probleme stellt eine wichtige gesellschafts-, sozial- und wirtschaftspolitische Aufgabe ersten Ranges dar.
Von verschiedenen Seiten wird fälschlicherweise, um nicht sagen böswilligerweise, der vorgelegte Regierungsentwurf als eigentumsfeindlich bezeichnet; er begünstige die Gemeinden in besonderem Maße. Diesem Vorwurf muß ich entschieden widersprechen. Der Gesetzentwurf umreißt klar die gemeindlichen Befugnisse und sieht genügend Kontrollmöglichkeiten vor, sowohl durch übergeordnete staatliche Behörden wie auch durch die kommunale Öffentlichkeit; d. h. die öffentliche Hand kann Sanierungsmaßnahmen nur unter strenger Beachtung rechtsstaatlicher Grundsätze planen und durchführen.
Der vorliegende Regierungsentwurf bringt gegenüber dem Entwurf der Großen Koalition entscheidende Verbesserungen zugunsten der Eigentümer. Gegner des Gesetzentwurfs machen der Regierung den Vorwurf, daß sie eine Kommunalisierung bzw. Sozialisierung von Grund und Boden betreibe. Ich glaube, es dient nicht der Sache, wenn man mit polemischen Argumenten versucht, das Gesetz von Anfang an in Mißkredit zu bringen.



Wurbs
Uns Freien Demrokraten wird auch der Vorwurf gemacht, wir hätten uns nicht stark genug für die Interessen der Eigentümer eingesetzt. Lassen Sie mich hier ganz eindeutig erklären, daß mit durch unsere Initiative wesentliche Veränderungen zugunsten der Eigentümer erfolgt sind. Unsere Bemühungen wurden ja auch in Einzelgesprächen mit Angehörigen der Opposition ausdrücklich bestätigt. Es geht bei diesem Gesetzentwurf nicht darum, ein neues Eigentümergesetz zu schaffen; denn dann hätte man es bei der bisherigen Regelung belassen können. Es gilt vielmehr, ein Gesetz zu schaffen, mit dem sowohl die Interessen der Gemeinden wie auch die der Eigentümer gleichermaßen gewahrt werden. Dies ist hier der Fall.
Ich muß hier noch einmal klar feststellen, daß dieser Entwurf die eigentumsfreundlichste Vorlage aller bisher vorgelegten Gesetzentwürfe darstellt. Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, wissen genau wie ich, daß keine Fraktion ihre Vorstellungen lupenrein durchsetzen kann. Es ist geradezu vermessen, wenn Herr Kollege Erpenbeck im Pressedienst der CDU/CSU vom 25. Mai 1971 behauptet, daß mit diesem Gesetz ein erster, vorsichtig getarnter Schritt zur Aufhebung des Privateigentums und zur Vergesellschaftung und Kommunalisierung des Grund und Bodens unternommen werde.

(Abg. Wehner: Hört! Hört!)

Ich verstehe den Herrn Mitberichterstatter der CDU auch nicht, der im Schriftlichen Bericht ausdrücklich bescheinigt, daß Verbesserungen sowohl für die Eigentümer, Mieter, Pächter und sonstige
) Nutzungsberechtigte erfolgt sind. Auf Seite 2 des Schriftlichen Berichts heißt es wörtlich u. a. — ich darf zitieren :
Insgesamt haben die Beratungsergebnisse des 14. Ausschusses zu einer nicht unwesentlichen Umgestaltung und zu bedeutsamen Ergänzungen der beiden Vorlagen geführt. Dies gilt insbesondere für die begriffliche Abgrenzung von Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen, die Wahrung der Belange der unmittelbar Betroffenen, ihre Beteiligung an der Programmierung der Sanierung, am Planungsprozeß selbst, die Aufgaben der Sanierungsträger und die Vorschriften über die Finanzierung.
Sich hier als alleiniger Hüter des Eigentums aufzuspielen und uns Freien Demokraten eine negative Haltung zum Eigentum zu unterstellen, kann doch nicht ernst genommen werden. Der Herr Bundeskanzler hat wiederholt und zuletzt in einem Spiegel-Interview erneut ein klares Bekenntnis zum Eigentum abgegeben. Wir Freien Demokraten haben keinen Grund, am Worte dieses Bundeskanzlers zu zweifeln.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Die Haltung der CDU scheint ja auch nicht ganz einheitlich zu sein. Ich darf nur an eine Verlautbarung in der „Welt" erinnern, die eine Entschließung des Hamburger Landesausschusses wiedergibt, die besagt, daß sich der Hamburger Landesausschuß klar für die Regierungsvorlage des Städtebauförderungsgesetzes einsetzt. Noch eine Bemerkung zum Verhalten der CDU: Ihr Sprecher hat bei seinen einleitenden Bemerkungen ausdrücklich den § 54 als einen gravierenden Grund für die ablehnende Haltung der CDU angeführt. Hier kann ich nun wirklich der Argumentation nicht mehr folgen. Denn sowohl im sogenannten Lücke-Entwurf vom 28. Mai 1965 (§ 50) wie auch im Koalitions-Entwurf vom 15. November 1968 (§ 58) werden die gleichen Formulierungen verwendet, wie sie in den §§ 54 und 59 des Regierungsentwurfs ihren Niederschlag gefunden haben. Zur Verdeutlichung möchte ich mit Genehmigung des Herrn Präsidenten beide Passagen zitieren. In § 50 des Lücke-Entwurfs vom Jahre 1965 heißt es u. a.:
Er
— der Träger —
hat insbesondere die Grundstücke im städtebaulichen Entwicklungsbereich zu erwerben, sie nach ihrer Neuordnung und Erschließung zu veräußern und dafür zu sorgen; daß sie in wirtschaftlich sinnvoller Aufeinanderfolge baulich oder in sonstiger Weise genutzt werden.

(Abg. Lücke [Bensberg] : Hat zu veräußern!)

— Hat zu erwerben!

(Abg. Lücke [Bensberg] : Und hat zu veräußern! Das ist der entscheidende Punkt!)

— Hat aber zu erwerben!

(Zurufe von der CDU/CSU: Und hat zu veräußern!)

— Das haben wir auch drin! Es geht ja hier nur um „hat zu erwerben".
Der § 58 des Koalitions-Entwurfs des Jahres 1968 verwendet die gleiche Formulierung mit dem einzigen Unterschied, daß an Stelle des Begriffs „Träger" der Begriff „Gemeinde" verwendet wird.
Der § 59 der jetzigen Regierungsvorlage geht noch über das gewollte Anliegen früherer Entwürfe hinaus und schreibt eine zwingende Reprivatisierungspflicht vor. Dabei sind weite Kreise der Bevölkerung zu berücksichtigen.
Ich erwähnte bereits, daß durch unsere Beteiligung bei der Ausschußarbeit, vor allem auch in der Kleinen Kommission, Änderungen zugunsten der Eigentümer erfolgt sind. Ich weise nur auf die §§ 13, 25 und 57 hin. Wir sind dabei nicht mit spektakulären Anträgen vor die Öffentlichkeit getreten, sondern haben uns jeweils koalitionsintern abgestimmt. Es liegt in der Natur der Sache, daß unterschiedliche Auffassungen politisch entschieden werden müssen, und dies soll heute hier geschehen.
Nun zu einigen Punkten des Gesetzes selbst. Der Regierungsentwurf weist erstmalig echte Finanzansätze aus, die mit der mittelfristigen Finanzplanung im Einklang stehen. Wir Freien Demokraten haben bisher konsequent die Auffassung vertreten, daß ein Städtebauförderungsgesetz ohne konkrete Finanzansätze Stückwerk sei. Wir sind daher sehr dankbar, daß die Bundesregierung auch in diesem Punkt konkret wurde. Ich bin der Meinung, daß seitens der Bundesregierung in Abstimmung mit den Ländern und den Betroffenen Prioritäten für geplante Vorhaben gesetzt werden müssen, damit



Wurbs
die Gemeinden nicht unnütz angeregt werden, Sanierungsvorhaben zu projektieren und gegebenenfalls erhebliche Kosten aufzuwenden, um dann feststellen zu müssen, daß keine ausreichenden Finanzierungsmöglichkeiten bestehen.
Wie bereits ausgeführt, soll das Städtebauförderungsgesetz dem Zweck dienen, städtebauliche Mißstände zu beseitigen und Entwicklungsmaßnahmen entsprechend den Zielen der Raumordnung und der Landesplanung zu treffen. Wir alle sind uns über den Umfang und das Ausmaß dieser Aufgabe im klaren und wissen, daß es sich hierbei um einen langfristigen Prozeß handelt.
Die gestellten Aufgaben werden wir aber nur lösen können, wenn der Sozialpflichtigkeit des Art. 14 des Grundgesetzes künftig mehr Bedeutung beigemessen wird, als das bisher der Fall war. „Um das Mißverhältnis zwischen der gesellschaftspolitischen und der wirtschaftlichen Bedeutung des Gutes Boden auszugleichen, bedarf es keineswegs einer Änderung der gegenwärtigen Eigentumsordnung. Dem Gesetzgeber ist vielmehr aufgegeben, den verfassungsrechtlichen Gestaltungsrahmen des Artikels 14 des Grundgesetzes voll auszuschöpfen." Dieses Zitat habe ich dem Städtebaubericht 1970 der Bundesregierung entnommen. Wir Freien Demokraten haben dieser Feststellung nichts hinzuzufügen und stimmen ihr in vollem Umfang zu.
Das Gesetz wird auch den Belangen der Eigentümer weitgehend gerecht, soweit dies mit den Zielen der Sanierung und Entwicklung zu vereinbaren ist. In § 13 des Gesetzes ist ausdrücklich festgelegt, daß die Durchführung der Baumaßnahme dem Eigentümer überlassen bleibt, sofern ihre zügige und zweckmäßige Durchführung gewährleistet ist. Erst wenn diese zügige und zweckmäßige Durchführung nicht gewährleistet ist, kann die Gemeinde von sich aus tätig werden. Lassen Sie mich das an einem Beispiel verdeutlichen: wenn von zehn Grundeigentümern neun bereit sind, die Sanierungsmaßnahme in eigener Verantwortung durchzuführen, und sich einer von diesen zehn nicht sanierungsbereit zeigt, kann die Gemeinde für diesen einzelnen tätig werden. Es dürfte klar sein, daß Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen ohne Eigentümerinitiative und ohne finanzielle Beteiligung der Eigentümer nicht möglich sind.
Dem § 13, den ich soeben angeschnitten habe, kommt insoweit eine besondere Bedeutung zu, als er im Zusammenhang mit § 14 — der Sanierungsgemeinschaft — zu sehen ist. Analog der Sanierungsgemeinschaft ist im Entwicklungsbereich die Entwicklungsgemeinschaft nach § 60 verankert.
Eine neu in ,das Gesetz aufgenommene wesentliche Bestimmung ist die zwingende Verpflichtung, vor der förmlichen Festlegung des Sanierungsgebiets durch die Gemeinde vorbereitende Untersuchungen durchzuführen. Die von der Sanierung unmittelbar Betroffenen, nämlich die Eigentümer, Mieter, Pächter und andere Nutzungsberechtigte, sind anzuhören. Darüber hinaus hat die Gemeinde einen Sozialplan zu erarbeiten, der während der Dauer der Durchführung der Sanierung zu ergänzen ist. Das Ergebnis ist in einem Bericht festzustellen.
Mit dieser Bestimmung will der Gesetzgeber das gesamte Verfahren durchsichtiger machen und Mißtrauen, das zum Teil gegen die Gemeinden besteht, abbauen. Hier stellt sich für uns alle, die wir im politischen Bereich tätig sind, die Aufgabe, die Bevölkerung über die Mitwirkungsmöglichkeiten des einzelnen zu unterrichten und immer wieder darauf hinzuwirken, daß sie von diesem Recht auch Gebrauch macht. Die gleichen Vorschriften gelten auch für den städtebaulichen Entwicklungsbereich nach § 57.
Bei der Durchführung einer sinnvollen Sanierung wird es nicht in jedem Fall möglich sein, alle beteiligten Eigentümer wieder real mit Grund und Boden zu entschädigen. Ich darf nur an die Kleinstparzellen in den Altstädten erinnern, die vor einer Neubebauung entsprechend geordnet werden müssen. Es ist daher notwendig, weitere Eigentumsformen anzuwenden, damit die Gemeinde ihre Verpflichtungen erfüllen kann. Als praktikable Eigentumsformen sind in den §§ 22 und 25 des Gesetzes folgende Möglichkeiten aufgeführt:
1. das Eigentum an Grund und Boden selbst oder
2. Miteigentum an einem Grundstück, grundstücksgleiche Rechte oder Rechte nach dem Wohnungseigentumsgesetz oder
3. dingliche Rechte oder
4. Immobilienanteilscheine.
Soweit es im Rahmen der Festsetzung des Bebauungsplanes und des Sanierungszweckes möglich ist und die zu berücksichtigenden Personen es wollen, soll den Rechten nach den Nrn. 1 und 2 Vorzug vor den Rechten nach den Nrn. 3 und 4 gegeben werden. Eine Privatisierungsverpflichtung über die vorgeschriebene Reprivatisierungspflicht hinaus wird kaum zu realisieren sein, da es meist nicht möglich sein wird, vorab alle ehemaligen Eigentümer real zu entschädigen.
Alle Fraktionen dieses Hohen Hauses sind sich hinsichtlich der Ausgleichs- und Entschädigungsleistungen gemäß § 23 darin einig, daß Wertsteigerungen, die ausschließlich durch die Aussicht auf eine Sanierungsmaßnahme entstehen oder entstanden sind, nicht dem Eigentümer zufließen sollen, sondern daß der Mehrwert der Allgemeinheit zugute kommen soll. Allgemeine Werterhöhungen sind jedoch zu berücksichtigen. Differenzen bestehen aber über den Zeitpunkt, von dem ab diese Regelung greifen soll. Die Koalitionsfraktionen sind der Meinung — vor allem nach der Anhörung der Sachverständigen —, daß eine Fristsetzung, so wie sie die Opposition vorsieht, nicht praktikabel ist. Die Entschädigungsleistung richtet sich grundsätzlich nach den §§ 95 und 96 des Bundesbaugesetzes, das heißt, daß die Entschädigung nach dem Verkehrswert gemäß § 141 des Bundesbaugesetzes zu bemessen ist. Ich darf in diesem Zusammenhang noch auf den Härteausgleichsparagraphen hinweisen



Wurbs
In § 33 wird die Trennung von Planung und Ausführung vorgeschrieben — eine wichtige Bestimmung, wie ich meine, die verhindern soll, daß ausschließlich große Wohnungsbaugesellschaften zum Zuge kommen und die Privatinitiative eingeschränkt wird.
Meine Damen und Herren! Kritiker dieses Gesetzes wenden immer wieder ein, daß es bei den Entwicklungsmaßnahmen nach § 54 nicht erforderlich sei, daß die Gemeinde sämtliche Grundstücke erwerbe. Auch wir hatten zunächst Bedenken gegen dieses Verfahren, die wir aber während der Ausschußberatungen zurückgestellt haben, nachdem der § 59 das Recht der Gemeinden erheblich einschränkt und ihr entsprechende Auflagen gemacht werden. So hat die Gemeinde die Grundstücke nach ihrer Neuordnung und Erschließung unter Berücksichtigung weiter Kreise der Bevölkerung wieder an Bauwillige zu veräußern, die glaubhaft machen, daß sie das Grundstück in angemessener Frist entsprechend den Zielen des Bebauungsplanes bebauen werden. Dabei sind vorrangig die früheren Eigentümer zu berücksichtigen und wiederum diejenigen, die kein sonstiges Grundeigentum oder solches nur in geringem Umfang besitzen. Ich bin der Auffassung, daß mit dieser Formulierung den Interessen aller Beteiligten, sowohl der Eigentümer als auch der Gemeinden, Rechnung getragen wird.
Einen breiten Raum der Diskussion nahm die Frage ein, wie man den landwirtschaftlichen Grundbesitz bewerten solle, nachdem sich herausgestellt hat, daß § 48 Abs. 5 alter Fassung verfassungsrechtlich nicht haltbar war. Wir Freien Demokraten sind der Auffassung, daß die jetzt gefundene Formulierung des § 57 Abs. 4 den berechtigten Belangen der Landwirtschaft gerecht wird. Der Paragraph lautet heute:
Auf land- oder forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke ist § 23 mit der Maßgabe anzuwenden, daß in den Gebieten, in denen sich kein von dem innerlandwirtschaftlichen Verkehrswert abweichender Verkehrswert gebildet hat, der Wert maßgebend ist, der in vergleichbaren Fällen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr auf dem allgemeinen Grundstücksmarkt dort zu erzielen wäre, wo keine Entwicklungsmaßnahmen vorgesehen sind.
Ich komme zum Schluß. Wir Freien Demokraten sind der Auffassung, daß über den bis zum 31. Dezember 1973 gesetzten Finanzrahmen in Höhe von 450 Millionen DM hinaus für die kommenden Jahre weiter progressiv steigende Mittel für die von mir soeben skizzierten Aufgaben bereitgestellt werden müssen. Die 150 Millionen DM pro Jahr können nur einen ersten Anfang darstellen. Wir Freien Demokraten begrüßen es, daß nach langwierigen Beratungen, die sich aber als notwendig erwiesen haben, das Städtebauförderungsgesetz heute zur Verabschiedung ansteht. Ich möchte nicht versäumen, an dieser Stelle allen Bediensteten des Städtebauministeriums für ihren Einsatz zu danken.
Und noch eine letzte Bemerkung: Herr Erpenbeck, Sie stellten zum Schluß Ihrer Ausführungen noch
einmal ausdrücklich heraus, daß Ihnen daran gelegen sei, das Gesetz mit einer breiten Mehrheit zu verabschieden, und daß Sie kompromißgeneigt seien. Ich glaube aber, Kompromißbereitschaft bedeutet doch, daß beide Partner auch zu Konzessionen bereit sein müssen. Sie wissen, daß wir gestern ein Gespräch geführt haben, und ich verrate kein Geheimnis, daß auch bei den Koalitionsfraktionen die Bereitschaft bestanden hat, hier zu einer einvernehmlichen Regelung zu kommen. Aber Sie haben nun auf einer Ihrer Forderungen bestanden. Vielleicht läßt sich hier doch — —(Zuruf von der CDU/CSU.)

— Ja, ich meine, Kompromiß bedeutet, daß man ab- und zutun muß. Wir werden vielleicht versuchen, noch eine Lösung zu finden.
Wir Freien Demokraten werden dem Gesetz unsere Zustimmung geben, weil wir der Auffassung sind, daß mit dieser Fassung eine optimale Lösung gefunden wurde.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

' Vizepräsident Dr. Jaeger: Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Schneider (Nürnberg).

Dr. Oscar Schneider (CSU):
Rede ID: ID0612703400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Städtebauminister hat ,den Deutschen Bundestag aufgefordert, die Debatte über das Städtebauförderungsgesetz, insbesondere aber über den Städtebaubericht 1970 der Bundesregierung, aus dem begrenzten Rahmen herauszulösen. Er hat uns aufgefordert, eine Städtebaudebatte zu führen. Dabei habe ich ihn so verstanden, daß er den materiellen Teil dessen, was das Gesetz zu regeln hat, einbezieht. In der Tat, der bekannte Architekt Fritz Jaspert hat gesagt: „Die Stadt ist das umfassendste, vielgestaltigste und größte Gebilde von Menschenhand."
Der Herr Wohnungsbauminister hat gesagt, es handle isich bei dem Städtebaubericht um einen Ziel- und Handlungskatalog. In der Tat, ein Katalog ist dieser Bericht. Ihm ist etwas eigen von dem Grundsatz aus „Faust" : „Wer Vieles bringt, wird jedem etwas bringen." Der Herr Städtebauminister hat seine Ausführungen zum Städtebaubericht relativ kurz gefaßt. Er hat darüber ja bereits in der Öffentlichkeit mehrfach gesprochen, zuletzt vor der 16. Hauptversammlung des Deutschen Städtetages in München. Neues habe ich seinen Ausführungen nicht entnehmen können.
Der Städtebaubericht ist keine erregende, wohl aber eine anregende Lektüre. Er ist eine Fundgrube für ideologische Schwärmer, für Freunde ausgefallener Gedanken und merkwürdiger Ideen.

(Zustimmung hei der CDU/CSU.)

An manchen Stellen liest er sich wie ein in die Brüche gegangenes Lehrbuch für Städtebau, während er auf einigen Seiten futurologische Züge annimmt.

(Abg. Stücklen: Ist ja modern!)




Dr. Schneider (Nürnberg)

Der Städtebaubericht ist insgesamt nicht vollständig. Er geht nicht ein auf die kleine Gemeinde. Das wird ,dort auch herausgestellt; dazu soll der nächste Städtebaubericht etwas sagen. Erforderlich wäre das Eingehen auf die kleine Gemeinde um so mehr gewesen, als der Herr Minister heute betont hat, daß das Städtebauförderungsgesetz die Großstädte, die großen Städte und die Gemeinden gleichrangig behandeln will. Der Städtebaubericht ist also vielfach unvollständig, er ist gestückelt, geflickt, ihm fehlt der einheitliche Wurf und die überzeugende politische Logik.
Der Städtebaubericht begründet natürlich — das ist sein Thema — auf weiten Strecken das Städtebauförderungsgesetz. Ich habe daher zu fragen, ob dieser Regierungsentwurf eine stärkere Mitwirkung der Bürger und der Öffentlichkeit am Planungsprozeß 'sichert. Der Herr Minister hat dieses Petitum als ein Wesenskriterium dieses Gesetzes bezeichnet.
Wir haben zu fragen: Gewährleistet das neue Recht die organisatorische Zusammenfassung der städtebaulichen Entwicklungsplanung, also der Flächennutzungsplanung, der Siedlungsplanung, der Wirtschaftsplanung, ,der Infrastrukturplanung, der Agrarstrukturplanung, der Organisations- und Finanzplanung? Sichert das Städtebauförderungsgesetz in ,der Tat Maßnahmen zur Integration des Wohnungswesens in den Städtebau? Führt dieses Gesetz wirklich vom wohnungsorientierten Städtebau zum städtebauorientierten Wohnungsbau? Können mit dem Städtebauförderungsgesetz die Rahmenbedingungen für einen wirkungsvollen Umweltschutz und eine durchgreifende Verkehrsplanung und Stadtforschung so verbessert werden, wie es die kommunalpolitischen Praktiker — und auf deren Wort, auf deren Urteil muß es uns zunächst und vor allem ankommen — erst vor wenigen Tagen in München so beredt und so sachkundig gefordert haben?
Lassen Sie mich zunächst prüfen, ob das Städtebauförderungsgesetz tatsächlich die stärkere Mitwirkung der Öffentlichkeit und der Bevölkerung gewährleistet? Hier muß man das Gesetz lesen, um so mehr, als im Städtebaubericht immer wieder der Begriff der Demokratisierung der Planung geprägt wird.
Ich habe im Städtebaubericht lange gesucht, um zu finden, was denn die Bundesregierung darunter versteht. Was ist denn die Demokratisierung der Planung? Ich kann Ihnen nur sagen: Nach reiflicher Prüfung ,des Gesamtproblems — darüber ließe sich ein Buch schreiben — muß ich den Begriff „Demokratisierung städtebaulicher Planung" als eine ideologische Phrase bezeichnen, dies um so mehr, als im Städtebaubericht, wohlgemerkt, an zwei Stellen — auf den Seiten 9 und 49 — wortwörtlich folgender Satz zu lesen steht:
Die Bundesregierung hat in der Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969 zum Ausdruck gebracht, daß sie „mehr Demokratie wagen", „dem kritischen Bedürfnis nach Information Genüge tun" will und darauf hinwirken wird, daß „jeder Bürger die Möglichkeit erhält, an der Reform von Staat und Gesellschaft mitzuwirken".
Nachdem wir diesen Text wortwörtlich an zwei Stellen finden, muß ich fragen: Hat sich denn hier der Setzer vergriffen, oder haben die Verfasser ihr Soll an reformpolitischer Linientreue und ideologischem Kunstturnen überzogen?

(Sehr richtig! in der Mitte.)

In dem Gesetzentwurf sind an mehreren Stellen die Unterrichtung und Anhörung von Bürgern zwar vorgesehen, aber im Gegensatz zu dem häufig kritisierten Bundesbaugesetz aus dem Jahre 1960 ist gegen den Widerstand der Oppositionsfraktion nicht vorgesehen, die Sanierungssatzung öffentlich aufzulegen. Was hierfür seitens der Bundesregierung und der Koalitionsfraktionen an Begründung vorgetragen wurde, kann überhaupt nicht überzeugen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612703500
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Schmidt?

Manfred Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0612703600
Herr Kollege Dr. Schneider, würden Sie den Sozialplan und die Voruntersuchungen als „ideologische Phrase" bezeichnen wollen? Und können Sie mir vielleicht sagen, wann eine Regierung unter Führung der CDU/CSU jemals ein Gesetz erlassen hat, bei dem eine Beteiligung der Bürger in diesem Umfang vorgesehen war?

Dr. Oscar Schneider (CSU):
Rede ID: ID0612703700
Ich darf auf diese Frage in zweifacher Hinsicht antworten. Einmal kam der Sozialplan in das Gesetz auf Grund eines Antrags der CDU/CSU-Fraktion.

(Hört! Hört! und Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Schmidt [München]: Falsch unterrichtet!)

Dies ist die schlichte historische Wahrheit.

(Abg. Schmidt [München]: Unwahrheit!)

Nachdem man hier einen Urkundenbeweis liefern kann, scheiden jegliche Irrtümer meinerseits aus.

(Abg. Schmidt [München] : Der Antrag kam von uns!)

Zum zweiten. Wenn ich von „ideologischem Kunstturnen" gesprochen habe, dann keineswegs im Zusammenhang mit den vorbereitenden Untersuchungen und dem Sozialplan, sondern dann habe ich die Stellen gemeint, wo der Retorten-Humunculus, der Gemeinwesenarbeiter gefordert wird, wo also unreflektiert amerikanische Vorbilder übernommen werden, wo man in völliger Unkenntnis der kommunalpolitischen Praxis ein neues Gebilde gefunden hat, gleichsam einen Pseudo-Deus ex machina, ein Gebilde, das so, wie es dasteht, zwischen Verwaltung und Bevölkerung versagen muß; er ist schließlich überfordert.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir stehen also vor diesem merkwürdigen Sachverhalt: Der Städtebaubericht will mehr Demokratie, die Beteiligung der Betroffenen nach dem Bundesbaugesetz ist ihm sogar zuwenig, aber es wird ein Weniger
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. Juni 1971 7341
Dr. Schneider (Nürnberg)

gebracht. Gemessen an den Thesen und Postulaten des Städtebauberichts 1970 bringt das Städtebauförderungsgesetz, sofern die Koalitionsfraktionen nicht bereit sein sollten, unsere wohlbegründeten Anträge in zweiter und dritter Lesung anzunehmen, nicht ein Mehr, sondern ein Weniger an Demokratie.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Ravens: Das glauben Sie doch selbst nicht!)

Was ich zum Sanierungsgebiet gesagt habe, trifft in weitaus stärkerem Umfang für den Entwicklungsbereich zu. Der Entwicklungsbereich wird in einer Weise geplant und die Rechtsverordnung, die zur Ausweisung führt, ergeht in einem Verfahrensweg, daß ich das schlechthin in Verbindung bringen muß mit einem Rückfall in einen obrigkeitsstaatlichen Regierungsstil.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Warum? Das Zusammenwirken von Landesregierung und der betroffenen Gemeinde regelt das Gesetz nicht. Die Praktiker wissen, daß natürlich zwischen den Verwaltungen da und dort Kontakte bestehen werden; so stelle ich es mir auch vor.
Aber die eigentlichen Vertreter, die Gemeinde, werden nicht gehört. Wenn ich von Gemeinde spreche — und das sage ich für alle Bestimmungen dieses Gesetzes —, dann denke ich zunächst an das Rathaus, an das Stadtparlament, dem die Rechtsstellung eines kollegialen Verwaltungsorgans zukommt. Ich denke zunächst an die Vertreter der Bürgerschaft, an die politisch Verantwortlichen, an die Adressaten der bürgerschaftlichen Wünsche und auch des bürgerschaftlichen Unwillens und Protestes, wenn einmal eine Sache nicht klappt. Mit Gemeinde meine ich in erster Linie nicht die Bürokratie, die kaum durchschaubare und höchst differenzierte Verwaltungsgliederung. Damit will ich gegen den hauptamtlichen Körper ,der Stadtverwaltung kein abwertendes Wort gesagt haben.

(Zuruf von der SPD: Das wäre auch noch schöner!)

— Ich meine nur folgendes, Herr Kollege: Der politische Wille der Gemeinden wird durch die demokratisch gewählten Repräsentanten der Bevölkerung dargestellt. Ihr Wille muß sich instrumental realisieren lassen. Er muß Form und Gestalt in Beschlüssen, in der Mitwirkung und im Zusammenwirken mit den überörtlichen Stellen und Instanzen finden. Ich bin also der Meinung, ,daß bei der Aufstellung der Entwicklungsbereiche vor Erlaß der Rechtsverordnung, ,die zur Festlegung eines Entwicklungsbereichs führt, der Gemeinderat förmlich gehört werden muß und darüber beschließen muß.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

Wenn ich ,dies sage, befinde ich mich in einer recht guten Gesellschaft, ,da sich auch der Städtetag vor wenigen Wochen in München dazu geäußert hat. Und es war kein Geringerer als der amtierende Präsident des Deutschen Städtetages, der Münchener Oberbürgermeister Vogel, dem wohl niemand in diesem Hause rückschrittliches Denken oder eine der Regierungspolitik nicht adäquate Geisteshaltung unterstellen möchte.

(Abg. Stücklen: Das gilt in jedem Fall!)

Eben dieser Herr Vogel, dessen Äußerungen zum Städtebauförderungsgesetz und zur Kommunalpolitik ich immer mit Sorgfalt beobachte und durchaus ernst nehme, hat dort gesagt:
Demokratie ist mehr als die Möglichkeit, daß die jeweiligen Machthaber alle vier oder sechs Jahre abgelöst oder ausgewechselt werden können. Demokratie ist auch mehr, als daß die öffentliche Meinung Kritik üben und sagen kann, was ihr paßt oder nicht paßt.
— Das kann sie nach diesem Gesetz selbstverständlich.
Demokratie besteht, richtig verstanden, in unserer Zeit, in ,der sich die Kenntnisse und Einblicksmöglichkeiten der Menschen aus vielerlei Gründen erhöhen und ausweiten, darin, daß sie mitwirken können und sich als Beteiligte des Planungsprozesses nicht nur als Betroffene verstehen können.
Soweit Vogel. Ich beziehe diesen Satz auf die Ablehnung der Auslegung der Sanierungssatzung und auf die Ausschaltung der Gemeindeparlamente bei der Ausweisung von Entwicklungsbereichen.
In dem Münchner Appell des Deutschen Städtetages von 1971 heißt es in flammender Rhetorik:
In den Städten realisiert und konzentriert sich politische Zielsetzung und Praxis. Die Städte sind Szene und Tribunal 'gesellschaftspolitischer Auseinandersetzungen und in diesem Sinne nicht dritte Ebene, sondern die Ebene der Entscheidung.
Meine Damen und Herren, die Ebene der Entscheidung sind die 'Städte und die Entscheidung liegt beim Stadtrat, beim Gemeinderat, bei der politischen Repräsentation, bei den gewählten politischen Vertretern der Bürgerschaft.
Durch § 53 des Gesetzes werden die Städte entmündigt und die Vertretungen der örtlichen Selbstverwaltungen unter den Planungsvorbehalt des Staates gestellt. Dies ist reinrassige obrigkeitsstaatliche Politik.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Lachen bei der SPD.)

Und das unter einer Bundesregierung, die in ihrem Städtebaubericht gleich zweimal wortwörtlich abdruckt, daß sie mehr Demokratie, mehr Einschaltung der Bürger wolle. Ich kann nur sagen, ich würde weiter reden, wäre ich nicht so sehr von dem ideologischen Nebel dieses Berichtes umweht. Wir wollen einmal davon absehen — —

(Abg. Schmidt [München] : Sie haben die Stange verloren!)

— Nein, Herr Kollege Schmidt, mit der Stange, die ich in der Hand habe, würde ich Sie im Nebel immer noch finden und treffen.

(Abg. Dr. Ahrens: Die ist vielleicht kürzer, als Sie denken!)




Dr. Schneider (Nürnberg)

Ich darf noch einen letzten Zeugen für die Richtigkeit und die Begründetheit meiner hier angeführten Kritik anrufen. Das ist der Herr Bundeswohnungsbauminister selber. Er hat nämlich im Jahre 1969 ein Buch mit dem Titel „Städtebau der Zukunft — Tendenzen, Prognosen und Utopien" herausgegeben. Einer der Autoren des von ihm herausgegebenen Buchs ist Herr Albert Speer, und der sagt folgendes:
Es kann nur die Aufgabe der Planer sein, — also der Fachplaner —
Alternativen zu entwickeln und diese der
Gesellschaft zur Entscheidung vorzulegen.
An anderer Stelle sagt er:
Planungsämter in Deutschland existieren immer noch im Schutze staatlicher Autorität und unbehelligt vom Konkurrenzkampf.
Ich frage Sie, Herr Städtebauminister: Was haben Sie im Städtebaubericht 1970 dazu ausgesagt? Was haben Sie vor, um diesen Zustand zu ändern, und auf welche Weise soll das Städtebauförderungsgesetz dazu beitragen, daß hier ein Wandel geschaffen wird?

(Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

Meine Damen und Herren, der Herr Städtebauminister hat in seiner schon zitierten Münchener Rede gesagt:
Ich möchte hoffen und wünschen, daß uns das Gesetz noch im Sommer zur Verfügung steht, damit die Mittel des Haushaltes 1971 den Gemeinden noch zugewiesen werden können und nicht verfallen.

(Zuruf des Abg. Stücklen.)

Herr Städtebauminister, den besten Beweis dafür, daß diese Besorgnis nicht existiert, liefert Ihr Entwurf selbst. Warum? In Ihrem Entwurf sind eine Reihe von Übergangsbestimmungen enthalten, die regeln, was aus den bisherigen Umlegungsverfahren werden soll, die nunmehr nach dem Städtebauförderungsgesetz behandelt werden sollen. Hätten Sie genügend Geld zur Verfügung gehabt, Herr Minister, Sie wären jederzeit in der Lage gewesen, diese Mittel sinnvoll für Stadtsanierung und Stadterweiterung einzusetzen; für Stadtsanierung auf jeden Fall. Wenn Sie es mir nicht glauben, erheische ich mich, hier Roß und Reiter, also Fälle zu nennen, in denen Sie mangels Masse im Haushalt nicht genügend Mittel für Sanierungsmaßnahmen bzw. Umlegungsverfahren nach dem Bundesbaugesetz geben konnten.
Wie wenig gerechtfertigt allzu kühne Erwartungen in bezug auf den Finanzierungsteil, auf die Förderungsmöglichkeiten der Bundesregierung sind, macht der Städtebaubericht zumindest an drei Stellen eindeutig klar. Die eine Stelle lautet:
Die Städtebaupolitik — nicht zuletzt angesichts der finanziellen Unerschwinglichkeit eines theoretischen Optimalprogramms —— so wie es im Städtebaubericht zu lesen ist —
steht für absehbare Zeit im wesentlichen vor der Aufgabe, negative Zustände zu beseitigen oder zu mildern, also Mißstände, Engpässe, gravierende Unzulänglichkeiten und dgl. zu korrigieren.
Die große Phase des Städtebaus, gefördert durch Mittel des Bundes, steht also nach den eigenen Worten des Städtebauministers 1970 nicht bevor. An anderer Stelle heißt es auch:
Da die Knappheit der für den Städtebau insgesamt verfügbaren Mittel ihre Konzentration auf Schwerpunkte gebietet, sind Bund und Länder gehalten, aus den kommunalen Vorhaben, für die Förderungsmittel beantragt werden, nach sachbezogenen Dringlichkeitskriterien auszuwählen.
Hier möchte ich ansprechen — der Städtebaubericht geht nur sehr am Rande und beiläufig darauf ein —, daß sich das Städtebauförderungsgesetz auf alle Gemeinden bezieht. Die Bundesregierung hat das Raumordnungsprogramm noch nicht vorgelegt. Es ist nur zu wünschen — das hoffe ich sehr —, daß das Raumordnungsprogramm der Bundesregierung mit dem Städtebauprogramm besser abgestimmt sein wird, als es beim Städtebaubericht im Verhältnis zum Raumordnungsbericht der Bundesregierung der Fall ist. Ich habe nicht die Zeit dazu, sonst wäre ich gerne bereit, offene und krasse Widersprüche zwischen diesen beiden fundamentalen Berichten der Bundesregierung aufzuzeigen.

(Abg. Schmidt [München] : Das ist aber schade!)

— Für freundliche Menschen gebe ich darüber ein Privatissimum, Herr Kollege Schmidt.

(Abg. Dr. Ahrens: Auch zum Dürer-Jahr?)

— Auch dazu; denn Dürer hat auch zum Städtebau einiges sehr Lesenswertes geschrieben.
Meine Damen und Herren, in dem Bericht wird der Eindruck erweckt, als finge man, wie damals mit der Demokratie, jetzt mit dem Städtebau erst so richtig an. Es wäre ein nobile officium gewesen, in diesem Bericht die städtebaulichen Leistungen unseres Volkes, früherer Regierungen und früherer Bundestage stärker herauszustellen und gerechter zu würdigen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Auf dem Deutschen Städtetag in München hat sich der vorhin zitierte amtierende Präsident Vogel immerhin dazu bereit gefunden, zu sagen — das sei besonders hervorgehoben, und deswegen will ihn ihn loben —:
12 Millionen Wohnungen seit dem zweiten Weltkrieg wurden gebaut, in den Städten wurden 25 000 km Gemeindestraßen gebaut, über 4 Millionen neue Schulplätze.
Er hätte auf dem Bereich des sozialen und kulturellen Gemeinbedarfs fortfahren können. Er hat aufgehört, weil man, wenn man eine lange Liste zu lesen hat, gut daran tut, nur die ersten zwei Zahlen zu lesen, weil man doch nicht alle Erfolge aufführen kann, die in den letzten 20 Jahren von Re-



Dr. Schneider (Nürnberg)

gierungen der CDU/CSU für deutsche Städte geleistet worden sind.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612703800
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Schmidt?

Dr. Oscar Schneider (CSU):
Rede ID: ID0612703900
Bitte sehr!

Manfred Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0612704000
Herr Kollege Dr. Schneider, da Sie offensichtlich den Münchener Oberbürgermeister so schätzen, wären Sie auch bereit, Ihre bodenrechtlichen Anträge im Hinblick auf das zu überprüfen, was der Münchener Oberbürgermeister zum Bodenrecht ausführte?

Dr. Oscar Schneider (CSU):
Rede ID: ID0612704100
Herr Kollege Schmidt, ich hatte mehrfach Gelegenheit, vor unterschiedlichen Zuhörern und auch schon im Fernsehen mit Herrn Vogel über dieses Thema zu diskutieren. Ich stimme mit ihm insofern überein, als ich die Sozialpflichtigkeit des Eigentums betone und als ich für ein soziales Bodenrecht bin; ich bin aber gegen ein sozialistisches Bodenrecht. Ich stimme mit ihm darin überein, daß das derzeitige Instrumentarium unseres Bau-, Planungs- und Bodenrechtes nicht ausreicht. Deswegen war ich auch einer der Mitarbeiter an unserem Entwurf eines Städtebauförderungsgesetzes. Worin ich mit ihm nicht übereinstimme, dies hier alles darzustellen, dazu reicht ) mir leider die Zeit nicht.

(Abg. Schmidt [München]: Sie lehnen aber die Anträge Ihrer Fraktion ab?)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich einmal ganz konkret aufzeigen, mit welcher Sorgfalt dieser Bericht erstellt worden ist, von dem ich nicht weiß, wie viele Autoren er hat, wie viele nichtamtliche Mitschreiber dabei am Werke gewesen sind; dann er wirkt zerstückelt und wie ein in Trümmer gegangenes Lehrbuch für Städtebau. Hier steht zu lesen:
Nach dem Bewertungsgesetz werden land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke auch dann als land- und forstwirtschaftliches Vermögen bewertet, wenn sie bereits Bauland geworden sind.
Damit man sich ja nicht im Irrtum befindet, was gemeint ist, steht in Klammern: § 69 Bewertungsgesetz. Die Frage, von welchem Zeitpunkt an Flächen des landwirtschaftlichen Grundbesitzes als bebaute Grundstücke, also als Grundvermögen, behandelt werden sollen, obwohl sie noch landwirtschaftlichen Zwecken dienen, ist in den Bundestagsausschüssen bei den Beratungen des Bewertungsgesetzes des langen und breiten erörtert worden. Nach § 69 des Bewertungsgesetzes gehören im Feststellungszeitpunkt noch land- und fortwirtschaftlich genutzte Flächen unter bestimmten Voraussetzungen bereits zum Grundvermögen. In § 69 Abs. 1 und Abs. 2 des Bewertungsgesetzes handelt es sich um Fälle, für die in Zukunft mit einer Verwendung der
Flächen für andere als land- und forstwirtschaftliche Zwecke zu rechnen ist. In § 69 Abs. 3 des Bewertungsgesetzes — darum geht es — handelt es sich darum, daß eine in einem rechtsverbindlichen Bebauungsplan als Bauland ausgewiesene Fläche unter näher bestimmten Voraussetzungen in jedem Falle als Grundvermögen zu bewerten ist. So rechnet das Gesetz — und das ist ganz entscheidend in Zusammenhang mit der Behauptung, daß dieses Bewertungsgesetz den Bodenwucher und die Bodenimmobilität begünstige — unbebaute Flächen stets — mit den entsprechenden steuerrechtlichen Folgen — dem Grundvermögen zu, wenn a) sie in einem Bebauungsplan als Bauland festgesetzt sind, b) ihre sofortige Bebauung möglich ist und c) die Bebauung innerhalb des Plangebietes in benachbarten Bereichen begonnen hat oder schon durchgeführt wurde. Wenn diese drei Voraussetzungen gleichzeitig vorliegen, werden diese Flächen selbst dann den unbebauten Grundstücken, d. h. dem Grundvermögen oder den Betriebsgrundstücken, zugerechnet, wenn sie zum Feststellungszeitpunkt noch land- oder forstwirtschaftlich genutzt werden, und zwar auch dann, wenn eine Änderung dieser Nutzung nicht abzusehen ist.
Ein Wort noch zur Eigentumswohnung. Der Städtebaubericht stellt wiederum an zwei Stellen wortwörtlich fest:
Um das Mißverhältnis zwischen gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Bedeutung des Gutes Boden auszugleichen, bedarf es keineswegs einer Änderung der gegenwärtigen Eigentumsordnung. Dem Gesetzgeber ist vielmehr aufgegeben, den verfassungsrechtlichen Gestaltungsrahmen des Art. 14 GG voll auszuschöpfen.
Diese Feststellung begrüße ich, und ich bekenne mich zu ihr ohne jeden Vorbehalt.

(Zuruf von der SPD: Das wollen wir nachher mal sehen!)

Ich bekenne mich auch zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Januar 1967, das der Bericht ebenfalls zitiert.
Angesichts der fundamentalen Bedeutung des Bodenrechts für das Städtebauförderungsgesetz und den Städtebau im allgemeinen wäre es jedoch zu begrüßen gewesen, wenn sich der Städtebaubericht zu diesen hochpolitischen wie elementaren Verfassungsfragen eingehender ausgesprochen hätte. Die Bundesregierung hat es im Städtebaubericht unterlassen, im einzelnen darzustellen, wie sie den Gestaltungsrahmen des Art. 14 auszufüllen gedenkt, wenn ich einmal von den Auslassungen zu steuerrechtlichen Vorhaben und Absichten absehe.
Sie hat es auch unterlassen, die schon in der Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969 getroffene Feststellung näher zu erläutern, das Städtebauförderungsgesetz solle die Reform des Bodenrechts nur einleiten. Es wäre ein ebenso lohnendes wie wünschenswertes Unterfangen der Bundesregierung, im nächsten Städtebaubericht darzulegen, welche konkreten Konsequenzen sie aus der gegebenen Verfassungslage unter besonderer Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung bei ihren küfti-



Dr. Schneider (Nürnberg)

gen eigentumspolitischen Gesetzesinitiativen ziehen will.
Ich fordere dies deshalb, weil ja der Bundesminister mehrfach öffentlich und auch in diesem Hause erklärt hat, daß wir mit einer Novellierung des Bundesbaugesetzes zu rechnen haben. Und hier wird sich entscheiden, wohin die Reise führt. Aber wir werden dies auch dann schon merken, wenn wir das Bundesgesetz über die Bildung von Sanierungsgemeinschaften und Entwicklungsgemeinschaften beraten und verabschieden werden. Ich hoffe, daß dieses Gesetzes ein Instrument dafür ist, daß sich die in § 1 der Ausschußfassung des Regierungsentwurfs zugrunde gelegte Bereitschaft der Bundesregierung, die Streuung von Eigentum in weiten Bevölkerungskreisen zu erreichen, realisieren läßt.
Ich darf zusammenfassen und folgendes feststellen:
Erstens. Der Städtebaubericht hat viele Fragen des Städtebaus nicht angesprochen und viele der angesprochenen Fragen schlecht beantwortet.
Zweitens. Soweit der Städtebaubericht die Ziele der Städtebaupolitik darstellt, ist ihm im Grundsatz zuzustimmen. Unvollständig ist der Katalog unter anderem aber insoweit, als er die eigentumspolitischen und gesellschaftspolitischen Ziele im Zusammenhang mit der Möglichkeit, Grundeigentum für weite Kreise der Bevölkerung zu begründen, nur beiläufig behandelt.
Drittens. Die Darstellung der eigentumspolitischen Haltung der Bundesregierung ist unvollständig und läßt die Frage offen, wie die Bundesregierung den Gestaltungsrahmen des Art. 14 des Grundgesetzes auszufüllen gedenkt.
Viertens. Die Vorschläge zur stärkeren Mitwirkung der Bürger und der Öffentlichkeit am Planungsprozeß bleiben im Städtebauförderungsgesetz weithin unberücksichtigt. Im Falle der Festlegung der Entwicklungsbereiche steht der Regierungsentwurf eines Städtebauförderungsgesetzes sogar in krassem Widerspruch zum Städtebaubericht 1970.
Fünftens. Der Städtebaubericht muß zugeben, daß die Bundesregierung noch keine konkreten Zielvorstellungen über die angestrebte städtebauliche Gesamtentwicklung erarbeitet hat. Aus dem Bericht geht zweifelsfrei hervor, daß zwischen der Raumordnungspolitik und der Städtebaupolitik der Bundesregierung Widersprüche zutage treten.
Sechstens. Der Städtebaubericht stellt klar, daß mit dem Städtebauförderungsgesetz wegen der Unerschwinglichkeit eines theoretischen Optimalprogramms, wie es der Städtebaubericht selbst vorstellt, für absehbare Zeit mehr oder weniger nur Maßnahmen zur Minderung gravierender Unzulänglichkeiten verwirklicht werden können.
Siebentens. Der Städtebaubericht fordert die Entwicklung vom wohnungsorientierten Städtebau zum städtebauorientierten Wohnungsbau, unterläßt es aber, näher darzustellen, wie die Bundesregierung dies zu bewerkstelligen gedenkt.
Achtens. Im steuerrechtlichen Teil des Berichts sind grob irreführende und rechtlich unhaltbare Behauptungen aufgestellt.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluß und stelle fest, der Städtebaubericht kann seine ins Dunkel gehüllte Genesis nicht verleugnen. Er liest sich auf weiten Strecken wie ein Roman von Günter Graß: epische Breite, ideologisches Dunkel. Am Anfang steht die große Verheißung, am Ende die resignierende Erkenntnis: das hätte man auf weniger Papier besser und billiger haben können.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612704200
Das Wort hat der Abgeordnete Staak.

Werner Staak (SPD):
Rede ID: ID0612704300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem Städtebaubericht 1970 legt die Bundesregierung einen Bericht zu einem Problemkreis vor, der von uns allen als eine Herausforderung an den Gestaltungswillen und an die Gestaltungsfähigkeit der menschlichen Gesellschaft verstanden wird. Dank gebührt der Bundesregierung dafür, daß sie mit dem Städtebaubericht 1970 eine 1969 aufgenommene, aber dem Parlament nicht vorgelegte Arbeit fortgesetzt hat, die bisher ohne Beispiel war. Aus diesem Grunde ist es auch, meine ich, nicht nötig, daß dieser Bericht eine Menge zur Vergangenheitsbewältigung sagt, sondern er soll die auch von der Opposition anerkannten drängenden Zukunftsfragen aufzeigen.
Die SPD-Fraktion stimmt diesem Städtebaubericht in vollem Umfang zu. Er ist wie die vorangegangenen Berichte zu anderen Bereichen unseres gesellschaftlichen Lebens ein Ausdruck des Bemühens der Bundesregierung, ihre Politik und ihre politische Willensbildung transparent zu machen. Sie will die Diskussion in der Öffentlichkeit anregen und Lösungen in den verschiedenen politischen Bereichen vorschlagen. Die Notwendigkeit des Städtebauberichts steht außer Zweifel. Auf den Deutschen Städtetag und die drängenden Fragen, die von ihm aufgeworfen worden sind, ist hier schon hingewiesen worden. Die Notwendigkeit des Berichts steht, wie gesagt, außer Zweifel, zumal wenn man bedenkt, mit welchem Unbehagen die Bevölkerung die städtebauliche Entwicklung betrachtet, die ihren unmittelbaren Lebensraum betrifft. Allerdings muß berücksichtigt werden — das ist hier in der Debatte über das Städtebauförderungsgesetz schon gesagt worden —, daß sich die Bevölkerung heute weit mehr der Probleme der Städte und Gemeinden bewußt ist. So ergab eine Repräsentativumfrage des EMNIDMeinungsforschungsinstituts, daß mehr als zwei Drittel der Befragten, nämlich 68'0/o, in den 80er Jahren am liebsten in Städten unter 50 000 Einwohnern leben möchten. Von den Bewohnern großer Verdichtungsgebiete, die ja wissen müssen, wovon sie reden, will sogar jeder Fünfte dort bleiben.
Die Ursachen sind klar; es ist hier gesagt worden. In den ersten beiden Jahrzehnten der Nachkriegszeit ist der Städtebau weitgehend mit Wohnungsbau identisch gewesen. Dieser wohnorientierte Städtebau hielt mit der technischen, wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung nicht Schritt, sondern schuf gesellschaftliche und wirtschaftliche Ungleichge-



Staak (Hamburg)

wichte. Er ist für uns ein Beispiel dafür, wie schwer im Bereich des Städtebaus Fehlplanungen zu korrigieren sind und welche Schwierigkeiten es bereitet, die vorhandene Bausubstanz, z. B. die hier auch schon zitierten Infrastruktureinrichtungen, nachträglich zu ändern. Aus diesem Grund werden wir Parlamentarier und die Regierungen immer wieder veranlaßt, lenkend in diesen Prozeß einzugreifen und die Verhältnisse im einzelnen so zu ordnen, daß die Menschen unter einigermaßen annehmbaren Bedingungen miteinander leben können.
Ich messe hier auch der im Gesetz genannten Absicht, ein Gesetz zur Sicherung gesunder Wohnverhältnisse zu schaffen, außerordentliche Bedeutung bei, denn wir müssen die Modernisierung der Altbauwohnungen als wichtigen Teilbereich zur Hebung des Mindestlebensstandards in unseren Städten ansehen. Wir begrüßen, daß der Städtebaubericht an dieser Stelle sachlich wie politisch über den Lagebericht von 1969 hinausgeht. Er ist ein politisches Programm, das die Städtebaupolitik, wie es in dem Bericht heißt, als wesentlichen Teil der inneren Reformen darstellt, als übergreifendes Konzept, das zeigt, wieviel Einzelbereiche der Gesellschaftspolitik nur durch städtebauliche Maßnahmen verwirklicht werden können. Ich glaube, unter diesem Aspekt darf man nicht akzeptieren, was soeben Dr. Schneider gesagt hat, daß der Städtebaubericht nur aus Bruchstücken zusammengesetzt sei. Man sieht hier vielmehr, wieviel Gestaltungsraum den Bürgern, den Parlamenten, den Politikern, den Fachleuten gegeben ist, dieses auszufüllen.
Die zahlreichen Verweisungen des Berichts auf Zusammenhänge mit der regionalen Strukturpolitik, mit der Verkehrspolitik, mit der Bildungs- und Agrarpolitik machen deutlich, wie sehr Städtebaupolitik in übergreifendem Sinne Gesellschaftspolitik ist. ,So ist es auch nur folgerichtig, wenn der Bericht aussagt, daß gerade im Bereich der Chancengleichheit, der Verwirklichung der Chancengleichheit und ,der Gleichheit der Lebensverhältnisse der Auftrag für uns liegt. Aus dieser Perspektive ergeben sich unmittelbar die Aufgaben des Städtebaus, wie sie im Bericht genannt worden sind: der Ausbau zentraler Orte und Entwicklungsachsen, der Ausbau ,der Verdichtungsräume, die Lösung der Verkehrsprobleme, die hier auch von beiden Seiten des Parlaments genannt worden sind. Die dabei ebenfalls erwähnten steigenden Anforderungen an die Wohnverhältnisse, an die Freizeit- und Bildungseinrichtungen, die Sicherung und Erhaltung der Umwelt sind zu berücksichtigen. Über diese übergeordneten Ziele besteht wohl auf allen Seiten des Hauses Einigkeit.
Ich möchte noch einiges zu den zentralen Punkten dieses Berichtes sagen. Die übergeordneten Ziele der Gesellschaftspolitik und in unserem Falle die städtebaulichen' Aufgaben leiten sich unmittelbar aus der Verfassung ab. So geht der Bericht folgerichtig von ,der bestehenden Eigentumsordnung aus und zielt hier nicht auf eine Umkehrung der Rechtsverhältnisse an Grund und Boden ab. Dazu gehört aber auch, daß der Forderung nach einem sozialen und demokratischen 'Rechtsstaat dort Gültigkeit verschafft wird, wo der Sinngehalt der Grundrechte bisher beeinträchtigt oder gefährdet ist. Das ist nach unserer Überzeugung am Bodenmarkt der Fall, und das ist hier von allen Kollegen gesagt worden. Wir unterstützen daher voll die Absicht der Bundesregierung, den verfassungsrechtlichen Rahmen des Art. 14 stärker als bisher auszuschöpfen, um eines der wesentlichen Hemmnisse ,des Städtebaus zu beseitigen. Diese Absicht hat auf dem Deutschen Städtetag unter dem Motto „Rettet die Städte jetzt" eine eindrucksvolle Unterstützung durch die Praktiker in unserem Lande erfahren. Wir wissen, daß dies nur durch ein Bündel von Maßnahmen geschehen kann, die gleichermaßen eine Reform des Bodens- und Steuerrechts umfassen. Hier sind wir als Gesetzgeber unmittelbar angesprochen, hier kann für die städtebauliche Planung der Gemeinden die eigentliche entscheidende Rahmenbedingung gesetzt werden.
Der weitere Punkt, der sich dankenswerterweise nicht nur jetzt in der Diskussion befindet, sondern auch weiterhin in der Diskussion sein wird, ist die Demokratisierung. Dr. Schneider hat diesen Begriff hier mit einem deutlichen Fragezeichen versehen. Ich glaube, das trifft nicht die Absicht der Bundesregierung, denn die Forderung der Regierungserklärung nach mehr Demokratie wird erfüllt. Ich erinnere nur an unsere gemeinsame Diskussion im Ausschuß für Städtebau und Wohnungswesen und die dort in der Diskussion gefundene Form des Sozialplans und die weitergehende Diskussion — das ist nicht im Gesetz verankert — nach Sozialplanung, wie wir es auch in Stuttgart bei einem Planspiel diskutiert haben. Ich glaube, es ist entscheidend, daß wir in diesem Bereich Raum geben für Gestaltung und Diskussion und damit dem Bürger schrittweise die Möglichkeiten eröffnen, mehr Demokratie zu wagen, wie der Bundeskanzler in der Regierungserklärung gesagt hat.
Daß die Regierung hierfür jetzt Vorschläge gemacht hat, wird ausdrücklich begrüßt. Die bisher z. B. im Rahmen des Bundesbaugesetzes vorgesehene Möglichkeit der Mitwirkung der Bürger lief doch nur auf eine Akklamation der Städteplanung hinaus, da die Entscheidung der Sache nach bereits getroffen war. Die Beteiligung des Bürgers an der Planung ist aber von uns als dringend erkannt und richtig im Bericht gesagt worden, weil er sich der Umwelt nicht entziehen kann, auch wenn er möchte. Das geht aus den Zahlen des EMNID-Instituts, die ich zitierte, deutlich hervor. Den Bürger — und das ist unsere Sorge — bestimmt ein Gefühl der Ohnmacht. Die bisher verweigerte Mitsprache erzeugt Feindseligkeit gegenüber der Planung, gegenüber den Instanzen und damit gegenüber dem Staat. Das können wir alle nicht wollen. Die Demokratisierung der Planung ist für uns deshalb Voraussetzung für die Demokratisierung von Staat und Gesellschaft.
Die Beteiligung der Bürger am Planungsprozeß ist außerdem notwendig, um ein Gleichgewicht der Bürger am Planungsprozeß und an den Programmerstellungen herzustellen. Die sozial Schwachen können oft die eigenen Wünsche und Bedürfnisse nicht artikulieren. Wenn wir immer wieder von einem



Staak (Hamburg)

humanen Städtebau reden, dann müssen wir hier ansetzen und den Bedürfnissen der Menschen entsprechen. Das hat mit ideologischer Schwärmerei gar nichts zu tun, sondern ist ganz harte Knochenarbeit, die täglich von vielen Vertretern in unserem Volk geleistet werden muß.
Wir begrüßen deshalb die Initiative der Bundesregierung, hier Formen der Demokratisierung zu entwickeln, wie die vorgeschlagene Anwaltsplanung, die Gemeinwesenarbeit, Planspiele oder Bürgerforen. Wir haben im Ausschuß Gelegenheit gehabt, ein solches Planspiel, das von der Stadtverwaltung Stuttgart vorbereitet war, zu erleben. Wir waren uns einig, daß dieses Beispiel ausgezeichnet war und auch Auswirkungen haben kann auf künftige Gestaltung der Gesetzgebung. Wir werden darüber noch nachzudenken haben und können diese Formen weiterentwickeln. Deshalb sind wir dafür, daß die Bundesregierung hier anstößt, auch wenn solche Beispiele aus anderen Ländern, aus anderen Demokratien übernommen wurden. Wir werden diesen Bereich schon so ausgestalten, daß wir damit zu mehr Demokratie kommen. Wir wissen, daß die Demokratisierung am geeigneten Objekt ansetzen muß. Aus diesem Grunde ist der Forderung zuzustimmen, den Einfluß der Bürger auch bereits auf Programm- und Entwicklungsplanung zu ermöglichen.
Ich möchte noch zu einem weiteren Punkt kommen: die interkommunale Zusammenarbeit. Dies ist zweifellos einer der schwierigsten Bereiche, aber hier können wir ansetzen, ohne daß man sofort vom Geld reden muß. Der Städtebaubericht bekennt sich zu dieser Aufgabe, Rahmenbedingungen zu schaffen, die es den Gemeinden erleichtern oder überhaupt erst ermöglichen sollen, ihre städtebaulichen Aufgaben zu erfüllen. Deshalb die Notwendigkeit, die der Bericht anschneidet, das Verhältnis von Bund und Ländern neu zu bestimmen. Diese Aufgabe muß in einer umfassenden Koordinierung der Hoheitsebenen horizontal wie vertikal auf organisatorischem und finanzwirtschaftlichem Sektor gesehen werden. Die Aufgabe der Gemeinden, städtebauliche Initiativen zu entfalten und zu erhalten, ist für uns ein Anliegen. Die Entwicklung zentraler Orte und Entwicklungsachsen ist von uns in der Debatte um das Städtebauförderungsgesetz als notwendig anerkannt worden. Im Bericht wird gesagt, daß Städtebaupolitik, soweit sie über die politischen Grenzen hinweg einheitliche Lebens-, Wirtschafts- und Verkehrsräume erfaßt, als eine übergeordnete Planungs- und Finanzierungsaufgabe zu verstehen sei. Wir unterstützen diese Aussage und möchten sie praktiziert wissen.
An dieser Stelle möchte ich auch noch einmal an die Kollegen der Opposition appellieren und fragen, ob es richtig ist, das hier zum Ausdruck ,gekommene Mißtrauen und die Reserve der Opposition gegenüber den Gemeindeparlamenten so weit zu führen. Den Aufgaben der Städtebaupolitik wäre • es dienlicher, wenn wir hier versuchten, gemeinsam zu überlegen, wie wir die Ziele des Berichts in den Gemeinden verwirklichen können.
Die Bundesregierung spricht in dem Bericht von den Rahmenbedingungen, die nur in Zusammenarbeit mit den Ländern und Gemeinden geschaffen werden können. Sie stellt einen Katalog von Maßnahmen auf, die unmittelbar in die Zuständigkeit des Bundes fallen. Das Städtebauförderungsgesetz ist hier wesentlicher Kernpunkt. Die Novellierung des Bundesbaugesetzes gehört zu den weiteren Stufen der Reformvorhaben. Weitere bereits eingeleitete und im ,Bericht genannte Schritte sind die Novellierung der Erbbaurechtsverordnung, die Entwicklung eigentumsähnlicher Rechte und die Maßnahmen zur Ermöglichung neuer städtebaulicher Lösungen. Angesichts der Koordinationsaufgabe des Bundes kommt dem Bereich der Statistik, der Entwicklung neuer Planungstechniken und der wissenschaftlichen Forschung besondere Bedeutung zu. Die Ausführlichkeit, mit der der Bericht diesen Bereich behandelt, ist zu begrüßen. Wir begrüßen insbesondere, daß ,die vorgesehenen finanziellen Mittel seit 1969 wesentlich erhöht worden sind.
Ich darf zusammenfassen. Mit diesem Bericht wird von der Bundesregierung die Diskussion um die Verbesserung und Entwicklung unserer Städte und Gemeinden nach unserer Auffassung auf eine realistische Grundlage gestellt. Sie ermöglicht den Bürgern und den Politikern, auf Grund von Fakten und Vorschlägen die Städtebaupolitik und die Demokratisierungsprozesse in diesem Land gemeinsam weiterzuentwickeln. Im Anhang des Berichts werden weitere Bemühungen der Bundesregierung aufgezeigt: langfristiges Wohnungsbauprogramm, Maßnahmengesetz, Novellierung des Bundesbaugesetzes und der Erbbaurechtsverordnung und das Gesetz zur Sicherung gesunder Wohnverhältnisse. Diese Zusammenhänge mit dem Städtebauförderungsgesetz machen deutlich, daß es sich um eine realistische Konzeption und teilweise bereits um eine Realisierung der Ziele der Städtebaupolitik handelt. Damit wird das solide weiterentwickelt, was das Regierungsprogramm ausgesagt hat.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612704400
Das Wort hat der Abgeordnete Wurbs.

Richard Wurbs (FDP):
Rede ID: ID0612704500
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die heutige abschließende Beratung des Städtebauförderungsgesetzes bietet auch Gelegenheit, den Städtebaubericht der Bundesregierung mit zu erörtern.
Die Bundesregierung sieht die Städtebaupolitik als einen wesentlichen Teil der inneren Reformen an. So soll der vorgelegte Bericht eine Grundlage dafür bilden, die Zielvorstellungen für den künftigen Städtebau zu erarbeiten.
Ich teile nicht die Auffassung des Herrn Kollegen Schneider, sondern ich meine, daß der Bericht wesentliche Erkenntnisse vermittelt. Es ist ja nicht die Aufgabe des Berichts, hier eine Gebrauchsanweisung zu geben. Vielmehr soll er wesentliche Erkenntnisse bringen. In den Städtebaubericht 1970 sind die Erkenntnisse der Wissenschaft und die Erfahrungen
Deutscher Bundestag 6. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. Juni 1971 7347
Wurbs
in der Praxis im Berichtszeitraum aufgenommen worden.
Der Bericht befaßt sich in seinem ersten Teil ausführlich mit den Aufgaben des Städtebaus und den Zielen der Stadtentwicklung. Diesen Bereich möchte ich jetzt bei meinen Erörterungen ausklammern, weil ich mich damit vorhin schon eingehend befaßt habe.
Im zweiten Teil des Berichts werden wichtige Feststellungen für die künftige Wohnungsbaupolitik getroffen. So wird im Städtebaubericht 1970 erneut bestätigt, was bereits im Bericht 1969 festgestellt wurde, nämlich daß sich die allgemeine Tendenz zu kleineren Familien fortsetzt. Daraus wäre logischerweise zu folgern, daß sich die Wohnungsgrößen entsprechend reduzieren müßten. Das Gegenteil ist aber der Fall. Künftig werden pro Kopf der Bewohner mehr Quadratmeter Wohnfläche benötigt, da sich ,die Nebenflächen wie Flure, Bäder usw. auf weniger Personen verteilen. Hinzu kommt noch der laufend steigende Lebensstandard, der einen höheren Wohnkomfort bedingt.
Im Bericht wird weiter festgestellt, daß ,die Bevölkerungszahlen in den Kernen der Verdichtungsgebiete stagnieren bzw. abnehmen, während die Bevölkerungszahlen in den Randzonen sowie im ländlichen Bereich durch das Wachsen von Mittelstädten zu Lasten kleinerer Gemeinden zunehmen. Die neuesten statistischen Erhebungen hinsichtlich der zu erwartenden geringeren Geburtenzahlen kommender Jahre sind auch bei künftigen Betrachtungen mit in Rechnung zu stellen.
Die Zielsetzung der Wohnungsbaupolitik der Bundesregierung wurde bereits am 5. Mai 1971 im Bundestag eingehend erörtert. Hier wurden die Maßnahmen — vor allem die Maßnahmen des sozialen Wohnungsbaus und dessen künftige Förderung — angesprochen. Ich nenne hier nur das langfristige Wohnungsbauprogramm mit seinen Schwerpunkten, dem Sozialprogramm, dem Regionalprogramm und dem Modernisierungsprogramm, sowie die geplante Änderung des Zweiten Wohnungsbaugesetzes mit dem Akzent, die Einkommen an die sich verändernden Verhältnisse anzupassen.
Des weiteren wird das Problem der Fehlbelegung bzw. Fehlsubventionierung angesprochen, dessen Behebung wohl uns allen am Herzen liegt. Nach Verabschiedung des Städtebauförderungsgesetzes wird im Rahmen der Beratungen im Ausschuß Gelegenheit gegeben sein, sich dieses Problems anzunehmen und es gegebenenfalls einer Lösung zuzuführen. Ich denke hierbei an eine Ausgleichszahlung, die wiederum zweckgebunden dem sozialen Wohnungsbau zukommen muß, nicht aber an eine Zwangsräumung.
Darüber hinaus befaßt sich der Bericht mit Problemen des Umweltschutzes, der Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden sowie mit Maßnahmen der. Forschung und Statistik.
Der Bericht beschäftigt sich ferner mit der Baupreisentwicklung und deren Ursachen. Ich möchte auf ,diesen wichtigen Punkt eingehen, weil er die Wohnungsbaupolitik ganz wesentlich mit beeinflußt. Vier Momente werden hauptsächlich für die Baupreissteigerungen verantwortlich gemacht.
Erstens. Die Abwanderung von über 200 000 Beschäftigten der Bauwirtschaft während der Jahre 1967 und 1968 in andere Bereiche erforderte kräftige Lohnerhöhungen, um weitere Abwanderungen zu verhindern. Dies hatte des weiteren zur Folge, daß in Zeiten der Hochkonjunktur etwa 110 000 Facharbeiter fehlten, trotz der Beschäftigung von etwa 300 000 Gastarbeitern. Das ist ein Problem, das wir künftig im Auge behalten müssen.
Zweitens. Eine nicht kontinuierliche Auslastung der Baukapazität über das ganze Jahr hinweg wirkt preissteigernd, zumal langfristige Rationalisierungsmaßnahmen, die kostensenkend wirken könnten, nur zögernd in Angriff genommen wurden. Hier geht meine Anregung an die öffentlichen Auftraggeber, die Baubeginne über das ganze Jahr zu verteilen und nicht sämtliche Aufträge mit Verabschiedung der Haushaltspläne gleichzeitig zu vergeben.
Drittens geht es um die Struktur des Bau- und Ausbaugewerbes selbst. Bei den Betrieben des Baugewerbes handelt es sich überwiegend um Kleinbetriebe. Ich darf an dieser Stelle aber darauf hinweisen, daß in letzter Zeit erhebliche Anstrengungen zur Kooperation seitens der Verbände unternommen wurden. So zeichnet sich gerade im Baugewerbe die Tendenz ab, durch Zusammenschlüsse kleinerer Betriebe aller Gewerke zu leistungsfähigen Einheiten zu gelangen.
Viertens handelt es sich um die mangelnde Koordinierung von Bauherren, Bauplanern und Bauausführenden. Das ist eine Tatsache, die nicht bestritten wird. In diesem Zusammenhang muß auf das gesamte Baugenehmigungsverfahren hingewiesen werden, das heute nicht mehr den Erfordernissen gerecht wird und einer Novellierung bedarf. Hier ist eine Straffung zwingend notwendig. Eine Dauer des Genehmigungsverfahrens bis zu einem Jahr und darüber hinaus ist keine Seltenheit, von den dadurch verursachten steigenden Zwischenfinanzierungskosten ganz zu schweigen.
Zur Gebiets- und Verwaltungsreform äußert sich der Bericht ebenfalls und führt aus:
Die häufig nur noch historisch erklärbaren Kommunalgrenzen haben vielfach keine Beziehung mehr zu den wirtschafts- und siedlungsräumlichen Zusammenhängen. Im Zuge der technischen, wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung haben die Gemeinden und die sie umgebenden Nachbargebiete funktional einen solchen Verflechtungsgrad erreicht, daß regelmäßig über die politischen Gemeindegrenzen hinweg ein gemeinschaftlicher Lebens-, Wirtschafts- und Verkehrsraum entstanden ist. Da der Verflechtungsgrad angesichts der Entwicklungstendenzen der ihn bestimmenden Faktoren für die übersehbare Zukunft eher steigen wird, kann die städtebauliche Entwicklung eines derartigen Verflechtungsraumes von den beteiligten Gemeinden nicht mehr unabhängig voneinander gestaltet werden.
Aus dieser Erkenntnis ergibt sich die Notwendigkeit,
künftig zu größeren Verwaltungseinheiten zu kommen, da nur sie in der Lage sein werden, entspre-



Wurbs
chend qualifizierte Mitarbeiter zu beschäftigen und die laufend wachsenden Aufgaben zu erfüllen.
Eine weitere wichtige Feststellung des Berichts möchte ich hier auch noch einmal unterstreichen. Der Bericht nimmt klar Stellung und unterstreicht noch einmal die geltende Auffassung zur Eigentumsordnung.
Ich habe hier nur einige wenige Gesichtspunkte des Städtebauberichts anschneiden können und angeschnitten, da sich der 14 er-Ausschuß noch eingehend mit dem Inhalt des Berichts zu beschäftigen haben wird.
Wir Freien Demokraten stimmen dem Überweisungsvorschlag zu.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612704600
Das Wort hat Herr Dr. Prassler.

Dr. Helmut Prassler (CDU):
Rede ID: ID0612704700

(Abg. Wehner: Und zu der Person ! — Heiterkeit.)

— Ich unterstelle, daß das für alle Seiten gemeint war und so gilt, Herr Kollege Wehner.

(Abg. Wehner: Alle, natürlich!)

Wenn es mir nicht gelingen sollte, dann gelingt es wahrscheinlich nur noch dem Herrn Präsidenten mit der Mittagsglocke.

(Heiterkeit. — Abg. Reddemann: Herr Wehner darf sich wieder schämen! — Abg. Wehner: Das können Sie ja nicht! Das ist unser Unterschied, Herr! — Abg. Reddemann: Bei guten Anlässen ja, aber nicht aus Propaganda, so wie Sie!)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612704800
Meine Damen und Herren, ich bitte doch, den Ablauf der Verhandlungen dadurch zu beschleunigen, daß Sie jetzt den Redner sprechen lassen.

Dr. Helmut Prassler (CDU):
Rede ID: ID0612704900
Meine Damen und Herren, ich muß zunächst noch einmal eine Frage in aller Kürze darstellen, nämlich die Frage nach dem Ablauf der verschiedenen Entwürfe zum Städtebauförderungsgesetz. Der Entwurf des damaligen Wohnungsbauministers Paul Lücke aus dem Jahre 1965 war ein verfassungsgerechter Entwurf ohne Finanzierungsteil, dem die Länder grundsätzlich von vornherein widersprochen haben, da sie zunächst die Verfassungskompetenz haben wollten. Der nächste Entwurf der Großen Koalition ist deshalb erst nach der Änderung des Art. 104 GG eingebracht worden. Das war die ganz logische Reihenfolge. Ich glaube, das dürfen wir festhalten.

(Zuruf von der SPD: Dazwischen gibt es noch einen!)

— Dazwischen gibt es noch einen hier im Hause nicht eingebrachten Entwurf. Über den möchte ich mich deshalb nicht äußern, weil er für uns nicht zur Diskussion stand. Er war auf der Regierungsebene aus anderen Gründen hängengeblieben.

(Zuruf von der SPD: Ja!)

Der Herr Bundesminister sprach von der großen Tagung der Städte in München mit der mitreißenden Thematik „Rettet unserer Städte jetzt", und sagte gleichzeitig, daß die Erörterung des Problems der ländlichen Gemeinden und des Landes schlechthin aus verschiedenen Gründen, die durchaus anerkennenswert sind, auf den nächsten Städtebaubericht verschoben worden sei. Ich befürchte aber, daß wir, wenn wir uns über die Problematik zu beiden Teilen nicht rechtzeitig Gedanken machen, eine einseitige Verlagerung der Gewichte in eine Richtung erhalten werden, die es uns nachher gar nicht mehr erlaubt, das durchzuführen, was in vielen Gesetzesvorschlägen und anderen Überlegungen immer wieder hinsichtlich der Gleichwertigkeit der Entwicklung von Stadt und Land — auch im Städtebauförderungsgesetz — postuliert worden ist.

(Zustimmung bei der CDU/CSU.)

Das scheint uns mehr zu bedenken zu sein als die Frage, ob es nur noch um die Rettung der Städte gehe.
Lassen Sie mich dazu gleich einen Gedanken anfügen! Wie sieht es denn mit den Kosten und den Möglichkeiten der Aufbringung der erforderlichen Mittel in Wirklichkeit aus? Wir klagen doch alle darüber, daß wir wegen der Bodenspekulation —ich setze dieses Wort einmal in Anführungszeichen — in den Städten nicht mehr weiterkämen. Wie ist die Wirklichkeit? Der Durchschnittspreis für Bauland insgesamt — Bauerwartungs- oder Rohbauland und erschlossenes und tatsächlich der Bebauung zugeführtes Bauland — lag im Jahre 1969 bei 20 DM pro Quadratmeter. Dieser Durchschnittspreis errechnet sich also aus den weit übersteigerten und auf Grund von Spekulation erzielten Preisen einerseits und den wesentlich niedrigeren Preisen bei einer Vielzahl von Bodenverkäufen andererseits, die es überhaupt erst möglich machten, zu einem solch niedrigen Durchschnittspreis zu gelangen. Wäre das allein nicht Grund genug, zu überlegen, ob die Gewichte nicht dorthin verlagert werden können, wo die Gleichrangigkeit noch zu erträglichen Preisen gefördert werden kann? Wäre das nicht besser, als mit solchen Begriffen wie „Rettet unsere Städte jetzt!" zu operieren? Denn das könnte uns in kürzester Zeit noch mehr Sorgen machen, als wir sie hätten, wenn die Ausgewogenheit rechtzeitig sichergestellt würde.
Herr Bundesminister Lauritzen hat vom Einstieg in die Reform des Bodenrechts gesprochen. Hier unterscheiden wir uns in Nuancen. Lassen Sie mich aber diese Nuance ganz deutlich machen! Ich möchte nicht von der Reform des Bodenrechts sprechen, sondern im Sinne einer kontinuierlichen und für uns alle gedeihlichen Entwicklung von der Fortbildung oder Fortentwicklung des Bodenrechts — mit allen Konsequenzen, das gebe ich gerne zu. Wenn wir



Dr. Prassler
nämlich allein von Reform reden, kommen wir in die Nähe der ideologischen Auseinandersetzung, die uns dann nachher trennt, und können die Probleme nicht kontinuierlich lösen.
Ich darf an dieser Stelle auch die Frage des Instrumentariums ansprechen, welches dieses Städtebauförderungsgesetz nunmehr bringen soll. Diese Frage stellt sich ganz klar bei der Fortentwicklung des Bodenrechts. Die allgemeine Anwendbarkeit und Gültigkeit des Bundesbaugesetzes soll durch eine Novellierung dieses Gesetzes sichergestellt werden. Angesichts dieser Tatsache sind doch, glaube ich, unsere Fragen, die auch in mehreren Anträgen, die wir diesem Hohen Hause heute vorlegen, zum Ausdruck kommen, nicht unberechtigt. Lassen Sie mich das verkürzt wie folgt formulieren: Wenn das gemeindliche Grunderwerbsrecht für alle Gemeinden Gültigkeit erlangen soll, muß doch die Frage erlaubt sein, was im Zuge der zur Planung und Vorbereitung der Bebauung notwendigen Maßnahmen am Ende mit diesem Land, das die Gemeinden so erworben haben, werden soll. Soll es in der Hand der Gemeinden bleiben? Soll es Möglichkeiten des Unterlaufens der Privatisierung und der Reprivatisierungsmöglichkeiten geben? Oder wollen wir uns hierzu ganz klar auch in diesem Gesetz äußern, um dann sagen zu können, was wir für den Allgemeingebrauch eventuell bei der Novellierung des Bundesbaugesetzes machen können und dürfen? Das scheint mir die Frage zu sein, die wir hier nicht außer acht lassen können.
Ob die Chancen für die Entwicklung ländlicher Gemeinden, die der Herr Bundesminister angesprochen hat, in dieser mittelfristigen Planungsabsicht überhaupt gegeben sind, wage ich zu bezweifeln. Ich glaube, daß sie bis zum Jahre 1974, soweit die mittelfristige Finanzplanung dies bis heute erkennen läßt, bei der für dieses Gesetz jetzt vorgesehenen Dotation überhaupt keine Chance zuläßt, auf alle Fälle dann nicht, wenn es nicht gelingt, entsprechend unserem immer wieder vorgebrachten Votum in bezug auf Mobilisierung privaten Kapitals durch entsprechende steuerliche Anreize und Abschreibungsmöglichkeiten genau das auszufüllen, was die öffentliche Hand heute eben nicht kann, wofür wir genauso Verständnis haben. Aber dies zu ergänzen halten wir für eine dringende Notwendigkeit,

(Beifall bei der CDU/CSU)

auch im Interesse der Entwicklung ländlicher Gemeinden; denn gerade dort wird es noch eher möglich sein, durch solche Anreize in kleinerem Umfang auch Sanierungen oder Entwicklungsmaßnahmen durchzuführen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0612705000
Wenn behauptet wird, daß bisher nur Rechte in Anspruch genommen worden seien, dann darf ich mir erlauben, hier die Gegenfrage zu stellen: Haben unsere Eigentümer an Grund und Boden und an Hausbesitz bisher überhaupt keine Pflichten wahrgenommen? Diese Frage muß doch mindestens dann gestattet sein, wenn sie von einem Bundesminister in diesem Hause angeschnitten wird.
Es ist die Frage, wie Herr Kollege Ahrens gesagt hat, ob der heutige Zustand unserer Städte ein öffentliches Ärgernis ist. Ich bin in vielen Teilen mit Ihnen einig, daß man von einem öffentlichen Ärgernis reden kann und daß dafür auch aus dieser und jener Sicht — ich glaube, hier haben wir uns gegenseitig nicht viel vorzuwerfen — politisch Stimmung gemacht wird, je nach Ausgangssituation. -- Ich bedanke mich für das Nicken, mit dem Sie mir darin zustimmen, daß wir uns hier nichts vorzuwerfen haben.
Aber, meine Damen und Herren, ich frage mich: Haben denn unsere Gemeinden mit dem bisherigen Instrument des Bundesbaugesetzes wirklich alles getan, was in ihren Möglichkeiten stand? Ich bin nicht davon überzeugt, daß sie mit dem bisherigen Instrument schon alles getan haben, was sie hätten tun können. Denn die Räte unserer Gemeinden sind sehr oft nicht bereit gewesen, unpopuläre Beschlüsse gegen ihre Bürger zu fassen, wenn es darum ging, Wucher und Spekulation im Rahmen ihrer Zuständigkeiten rechtzeitig in den Griff zu bekommen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Herr Kollege Ahrens, Sie haben vorhin unseren Vorschlag zum Sanierungsverband kritisch analysiert. Das ist Ihr gutes Recht. Wir haben ihn in den Ausschußberatungen ja auch rechtzeitig vorgelegt, um eine solche Möglichkeit einzuräumen, und wir hatten gehofft, daß wir uns in dieser Richtung im gemeinsamen Interesse auf etwas Praktikables einigen könnten. Sie haben die Meinung vertreten, daß die Zeit hierzu wegen des Drängens zur Verabschiedung des Gesetzes nicht ausreiche; sonst würde eine unzulässige Verlängerung der Beratungen eintreten. Deshalb sollten Sie uns auch nicht den Vorwurf machen, daß wir damit etwas endgültig Bindendes in dem von Ihnen genannten, uns etwa vorwurfsvoll treffenden Sinne mit einer eigentumsfeindlichen Einstellung zum Inhalt dieses Vorschlages gemacht hätten.
Herr Kollege Ahrens, lassen Sie mich diesen Satz dazu sagen: Wir haben unter anderem die prozentuale Beteiligung der Willigen und Nichtwilligen in diesem Vorschlag, über den man durchaus reden kann, vorgesehen. Wir haben uns weiter in keiner Weise festgelegt, ob der Sanierungs- oder der Entwicklungsverband mit dem Gebiet als Gesamtverband identisch sein müsse. Es kann durchaus dort, wo Einigkeit besteht, die Lösungsmöglichkeit von Teilverbänden geben und nachher auch die Möglichkeit, das im Rahmen der Privatisierung odor Bebauung in dieser Form auszugestalten. Das alles ist nicht zu Ende besprochen worden. Deshalb, glaube ich, sollte dieser Vorwurf nicht so im Raume stehenbleiben. Dies war nicht in dem Sinne gemeint, daß wir jetzt etwa mit diesem Vorschlag eigentums-



Dr. Prassler
unfreundlicher geworden wären. Nein, wir wollten das Verfahren praktikabler machen.

(Abg. Dr. Ahrens: Aber eigentumsfeindlicher als wir!)

— Über diese Fragen könnten wir uns dann noch auseinandersetzen.
Sie sprechen davon, daß die Substanz des ursprünglichen Regierungsentwurfs im wesentlichen erhalten geblieben und ausgestaltet worden sei. Gut, das soll Ihre Meinung sein. Ich bin hier etwas anderer Meinung. Nicht etwa, weil heute 27 Paragraphen mehr darinstehen, sondern deshalb, weil substantiell mehr darinsteckt. Das ersieht man aus dem schriftlichen Bericht. Sie haben ihn mit verfertigt, und ich weiß, daß auch bei der Berichterstattung von beiden Seiten vielleicht nicht immer letzte Übereinstimmungen in der Meinung zu erzielen sind.
Aber es sind so weitgehende Teile auch unserer Überlegungen hier eingeflossen, daß man schon von substantiellen Änderungen sprechen kann. Allerdings muß ich Ihnen sagen, Sie dürfen deshalb nicht meinen, daß wir hier ad libitum zustimmen können, solange letzte Bedenken gravierendster Art, die wir in allen Lesungen des Ausschusses immer wieder vorgetragen und lange diskutiert haben, nicht ausgeräumt werden können. Solange können Sie nicht damit rechnen, daß wir hier bedingungslos der jetzigen Fassung zustimmen werden.

(Abg. Stücklen: Sehr richtig!)

Ich wollte nur sagen, daß nach meiner Auffassung
substantiell wesentliche Änderungen erreicht worden sind, so daß es sich nicht mehr um die ursprüngliche Regierungsvorlage handelt.

(Abg. Stücklen: Sehr gut!)

Meine Damen und Herren, Kollege Wurbs hat ausgeführt, es handele sich um den eigentumsfreundlichsten Entwurf. Das hängt unmittelbar mit den substantiellen Veränderungen zusammen, die in der jetzt vorliegenden Ausschußfassung erreicht werden konnten; denn dort sind wesentliche Elemente hineingebracht worden, die die Eigentumsfreundlichkeit in dem von uns allen gewünschten Sinne, dem auch wir zustimmen können, verändert haben.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612705100
Eine Zwischenfrage, bitte!

Richard Wurbs (FDP):
Rede ID: ID0612705200
Herr Kollege Dr. Prassler, gestehen Sie mir zu, daß ich ausgeführt habe, diese Vorlage enthalte gegenüber der ursprünglichen Vorlage wesentliche Verbesserungen zugunsten des Eigentümers?

Dr. Helmut Prassler (CDU):
Rede ID: ID0612705300
Dem ließe sich nicht widersprechen. Ich habe Sie so zitiert, daß es die bisher eigentumsfreundlichste Vorlage sei. Deshalb füge ich hinzu, daß sie durch diese nach meiner Meinung substantiellen Veränderungen in den Ausschußberatungen und den Beratungen der kleinen Kommission, der Sie auch angehört haben, das geworden ist.

(Zuruf des Abg. Mischnick.) — Herr Kollege Mischnick, ich möchte allerdings nicht darauf zurückkommen, was Sie im wohnungspolitischen Dienst als Ihre Meinung geschrieben haben. Dafür wären Sie den Beweis noch schuldig. Ich habe in den Unterlagen nachgesehen, welche substantiellen Anträge aus der Sicht der FDP dazugekommen sind. Wir freuen uns, daß Sie den Vorschlägen, die wir einbrachten, so weit Ihre Zustimmung geben konnten, insbesondere auch zum Bereich der Landwirtschaft. Da meine Zeit abgelaufen ist, will ich die Debatte damit nicht belasten und unter Umständen später noch einmal dazu das Wort nehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612705400
Meine Damen und Herren! Bevor wir in die Mittagspause eintreten, darf ich bemerken: um 13 Uhr ist eine Sitzung der Fraktion der CDU/CSU, um 14 Uhr Fragestunde, und um 15 Uhr wird die Beratung dieses Tagesordnungspunktes fortgesetzt.
Ich unterbreche die Sitzung bis 14 Uhr. (Unterbrechung der Sitzung: 13.00 bis 14.00 Uhr.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612705500
Wir setzen die Sitzung fort. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die heutige Tagesordnung ergänzt werden um die
Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Verlängerung der Amtszeit der Personalräte
— Drucksache VI/ 2319 —
Das Haus ist damit einverstanden. Es ist so beschlossen.
Ich darf dann vielleicht gleich in die Materie selbst gehen und die erste Lesung aufrufen. — Das Wort wird nicht gewünscht. Vorgeschlagen wird die Überweisung an den Innenausschuß. — Das Haus ist damit einverstanden. Es ist so beschlossen.
Wir kommen nun zur
Fragestunde
— Drucksache VI/ 2286 —
Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes! Zur Beantwortung ist der Herr Bundesminister Professor Ehmke anwesend.
Ich rufe die Frage 112 des Herrn Abgeordneten Ott auf:
Inwieweit entsprechen Pressemeldungen den Tatsachen, wonach durch Dienststellen der Bundesregierung beim Bundesnachrichtendienst bzw. bei anderen Stellen Personalakten über den als Kanzlerberater fungierenden Herrn Leo Bauer angefordert wurden, und zu welchem Zweck geschah diese
Bitte schön.

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0612705600
Frau Präsidentin, ich würde gern die Antworten auf die Fragen 112 und 113 verbinden.




Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612705700
Sie sind einverstanden, Herr Ott?

Anton Ott (CSU):
Rede ID: ID0612705800
Ja.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612705900
Dann rufe ich auch die Frage 113 des Herrn Abgeordneten Ott auf:
Im Besitz welcher Behörde oder Personen befinden sich heute diese Vorgänge?
Dr. Ehmke,' Bundesminister für besondere Aufgaben: Pressemeldungen, Herr Abgeordneter, wonach Dienststellen der Bundesregierung Personalakten von Hern Leo Bauer angefordert haben sollen, entsprechen nicht den Tatsachen. Ich wüßte auch nicht, wo solche Personalakten vorhanden gewesen sein sollen.
Damit erledigen sich die weiteren Fragen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612706000
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ott.

Anton Ott (CSU):
Rede ID: ID0612706100
Herr Bundesminister, aus welchen Gründen hat die Bundesregierung einer Mitteilung in der „Welt" vom 23. März nicht widersprochen, wonach Regierungssprecher von Wechmar erklärt hat, er sei wegen der Anforderung der Personalakten überfragt, wolle sich aber gern erkundigen, und einer weiteren Meldung, wonach Herr Leo Bauer einen Sonderausweis zum Betreten des Bundeskanzleramts erhalten habe, nachdem Personalakten geprüft worden seien?

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0612706200
Herr Abgeordneter, in meiner schriftlichen Antwort vom 10. März 1971 auf eine Ihrer früheren Anfragen habe ich bereits darauf hingewiesen, daß die sozialdemokratische Monatszeitschrift „Die neue Gesellschaft" vom Herrn Bundeskanzler mit herausgegeben wird und daß Herr Bauer als Chefredakteur dieser Zeitschrift Mitarbeiter des Herrn Bundeskanzlers als Parteivorsitzender der SPD ist. Deswegen sollte Herr .Bauer im November 1969 einen Sonderausweis für das Betreten des Bundeskanzleramtes erhalten. Sonderausweise des Bundeskanzleramtes erhalten Personen, die mit einer gewissen Regelmäßigkeit das Kanzleramt betreten müssen. Voraussetzung ist eine Sicherheitsüberprüfung dieser Personen. Eine solche hat natürlich auch in diesem Fall stattgefunden. Das hat aber nichts mit einer Anforderung von Personalakten von Herrn Bauer zu tun.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612706300
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ott.

Anton Ott (CSU):
Rede ID: ID0612706400
Herr Bundesminister, dann entspricht auch die Meldung des „Spiegel" Nr. 7/1970, Seite 27 nicht der Wahrheit, wonach Herr Bauer den Sonderausweis zum ständigen Betreten des Kanzleramts erhalten habe, nachdem die Personalakten des Herrn Bauer auf dem Tisch gewesen seien?

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0612706500
Herr Abgeordneter, ich sagte schon, daß es hier nicht um Personalakten geht, sondern um eine normale Sicherheitsüberprüfung. Der Sonderausweis wird im übrigen für eine bestimmte Zeit erteilt.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612706600
Keine Zusatzfrage.
Ich danke Ihnen, Herr Bundesminister.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Zur Beantwortung ist Herr Parlamentarischer Staatssekretär Logemann anwesend.
Frage 8 des Herrn Abgeordneten Dr. Ritz:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Möglichkeit, angesichts der sich häufenden Waldbrände, die nicht zuletzt auch durch die Öffnung des Waldes für Erholungsuchende entstehen, die Kosten der Feuerversicherung für private Waldbesitzer zu übernehmen?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612706700
Herr Kollege Dr. Ritz, die Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz haben bei der Novellierung ihrer Forstgesetze erst in jüngster Zeit bestimmt, daß Privatwaldbesitzern für die Versicherung des Waldes gegen Brandschäden eine Beihilfe gewährt wird, die nicht mehr als die Hälfte der Kasten für einen angemessenen Versicherungsschutz betragen soll. In den Ländern Baden-Württemberg, Bayern und Niedersachsen werden entsprechende Regelungen gegenwärtig erörtert. Das Ergebnis läßt sich allerdings noch nicht absehen. Das Land Hessen beabsichtigt dem Vernehmen nach in absehbarer Zeit nicht, Beihilfen für die Versicherung gegen Waldbrände zu gewähren. Von Bremen, Hamburg und idem Saarland fehlen gegenwärtig noch Informationen. Die Überlegungen, ob und wie sich der Bund bei dieser Sachlage an den Kosten der Waldbrandversicherung privater Forstbetriebe beteiligen sollte, sind noch nicht abgeschlossen. Im Falle einer Beteiligung des Bundes 'wird die Regelung in dem vorgesehenen Entwurf eines Gesetzes zur Erhaltung und zur Förderung des Waldes zu treffen sein.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612706800
Eine Zusatzfrage.

Dr. Burkhard Ritz (CDU):
Rede ID: ID0612706900
Herr Staatssekretär, sieht Ihr Haus angesichts der Tatsache, daß durch dieses trockene Frühjahr die Zahl der Waldbrände schon jetzt größer ist als im gesamten vergangenen Jahr, nicht doch eine Möglichkeit, auf die Länder, die bisher noch keinerlei Stützungsregelung eingeführt haben, in der Richtung einzuwirken, ,daß beschleunigt Hilfestellungen erarbeitet werden?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612707000
Wir haben uns schon bemüht, laufend vor der Waldbrandgefahr zu warnen. Herr Minister Ertl hat schon Presseveröffentlichungen in dem



Parlamentarischer Staatssekretär Logemann
Sinne verbreitet. In der Tat besteht die Gefahr, daß sich die Zahl der Waldbrände erhöhen kann. Wenn auch aus einer Unterlage, die ich hier habe, ersichtlich ist, daß im Jahre 1970 die Gesamtwaldbrandfläche gegenüber dem Jahre 1969 etwas zurückgegangen ist, sehen wir doch auch die Gefahr, daß mehr Waldbrände kommen, und versuchen, mit unseren Möglichkeiten entgegenzuwirken.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612707100
Eine Zusatzfrage.

Dr. Burkhard Ritz (CDU):
Rede ID: ID0612707200
Herr Staatssekretär, würden Sie auch bei der Prämienzahlung eine Förderung in dieser Richtung befürworten, nicht zuletzt aus dem Gesichtspunkt, ,daß die Waldbrandgefahr durch die Öffnung des Waldes zweifellos wesentlich verschärft wird?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612707300
Wir müssen natürlich zunächst abklären, wie sich die anderen Länder dazu äußern und einstellen. Dann wären wir durchaus bereit, bei der Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Erhaltung und zur Förderung des Waldes auch solche Überlegungen anzustellen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612707400
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 9 des Herrn Abgeordneten Solke auf:
Wie weit sind die von Staatssekretär Dr. Griesau im Landfunk des WDR am 18. Mai 1971 in Anbetracht des lückenhaften Grenzausgleichs angekündigten Hilfsmaßnahmen zugunsten der Landwirtschaft gediehen, über deren Berechtigung — laut Staatssekretär Dr. Griesau — der Bundeskanzler und das Kabinett einig sind und die in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Bauernverband erarbeitet werden sollen?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612707500
Frau Präsidentin, da sich die Fragen des Herrn Abgeordneten Solke und des Herrn Abgeordneten Rainer mit der gleichen Sache befassen, bitte ich, ,die Fragen 9, 10 und 13 gemeinsam beantworten zu dürfen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612707600
Herr Solke, Sie sind damit einverstanden? Gut, dann beantworten Sie die Fragen zusammen, Herr Staatssekretär. Ich rufe also auch die Frage 10 des Herrn Abgeordneten Solke und die Frage 13 des Herrn Abgeordneten Rainer auf:
Um welche konkreten Maßnahmen handelt es sich, und wann sollen sie verwirklicht werden?
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die sich durch die Freigabe der Wechselkurse erneut abzeichnende Benachteiligung der deutschen Landwirtschaft abzuwenden?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612707700
Das von der Bundesregierung in Brüssel erwirkte Grenzausgleichssystem hat bisher bei allen landwirtschaftlichen Produkten, für die Interventionsmaßnahmen vorgesehen sind, nachteilige Auswirkungen der Wechselkursfreigabe der Deutschen Mark auf die Preise ferngehalten. Diese Produkte machen wertmäßig den überwiegenden Teil der landwirtschaftlichen Produktion aus. Bei den Erzeugnissen, deren Preis sich nach den Interventionsprodukten richtet, oder bei bestimmten Verarbeitungserzeugnissen erfolgt ein Ausgleich in Höhe der darin enthaltenen landwirtschaftlichen Grundprodukte. Es ist noch zu früh, einen Überblick über die Auswirkungen des Grenzausgleichssystems zu gewinnen. Die Bundesregierung prüft zur Zeit die Entwicklung auf den Märkten derjenigen Produkte, bei denen kein voller Ausgleich an der Grenze erfolgt. Im Rahmen dieser Prüfung werden auch landwirtschaftliche Verbände gehört, deren Interessen berührt sind. Sobald diese Prüfung abgeschlossen ist, wird sich das 'Bundeskabinett erneut mit dieser Angelegenheitbefassen, voraussichtlich schon auf einer der nächsten Sitzungen. Sie werden verstehen, daß ich diesen Beratungen nicht vorgreifen kann.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612707800
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Solke.

Emil Solke (CDU):
Rede ID: ID0612707900
Herr Staatssekretär, kann ich davon ausgehen, daß die eventuell kommenden zusätzlichen Hilfsmaßnahmen auch mit zusätzlichen Finanzmitteln bezahlt werden?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612708000
Daran ist gedacht. Es wird damit gerechnet, daß hier auch Finanzmittel einkommen. Das ist zur Zeit noch nicht zu übersehen. Aus diesen eingenommenen Beträgen sollen dann entsprechende Maßnahmen finanziert werden.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612708100
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 11 des Herrn Abgeordneten Bittelmann auf:
Kann die Bundesregierung angeben, welche Kosten ihr durch die in allen landwirtschaftlichen Wochenblättern am Wochenende zu Pfingsten erschienene Anzeige entstanden sind/
Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister 'für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Herr Kollege Bittelmann, nach Angaben des ,Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung war für diese Anzeigenaktion ein Preis von rund 57 500 DM einschließlich Mehrwertsteuer vorkalkuliert. Die endgültige Abrechnung liegt noch nicht vor. Auch über die Höhe des Rabatts, der ,eventuell Ende des Jahres zu erwarten ist, kann heute naturgemäß noch nichts gesagt werden.

Otto Bittelmann (CDU):
Rede ID: ID0612708200
Danke, keine Zusatzfrage.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612708300
Dann rufe ich Frage 12 des Abgeordneten Bittelmann auf:
Ist die Bundesregierung mit mir der Ansicht, daß sie in dieser Anzeige wichtige, für die Landwirtschaft jedoch entscheidende Daten unbeachtet gelassen hat und damit die Agrarpolitik der Bundesregierung in einem zu günstigen Licht erscheint?




Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612708400
Die Bunderegierung ist nicht Ihrer Ansicht. Ich habe die Anzeige hier vor mir liegen; sie sollte die Auswirkungen der stabilitätspolitischen Bemühungen auf die Landwirtschaft aufzeigen. Das ist meiner Meinung nach in sehr informativer und sachlicher Form gelungen.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU.)


Otto Bittelmann (CDU):
Rede ID: ID0612708500
Herr Staatssekretär, da die Ausgleichszahlungen erst bei einer Abweichung von 2 1/2 % von der bisherigen Parität einsetzen, würden der Landwirtschaft bei einer Abweichung von unter 2 1/2 % von der bisherigen Parität zweifellos Verluste entstehen. Wie kann dann davon gesprochen werden, daß die Schwankungen keinen Einfluß auf ,die Einkommen in der Landwirtschaft haben?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612708600
Zunächst darf ich sagen, daß auch dann, wenn tatsächlich ein Prozentsatz, der unter 2,5 liegt, erreicht würde, noch nicht ohne weiteres feststeht, ob überhaupt empfindliche Einkommensminderungen eintreten würden. Denn bisher ist nicht abzusehen, daß wir unter diese Schwelle gehen. Und wenn wir das tun, dann wahrscheinlich doch nur in einem ganz kurzen Zeitraum, wobei dann wieder festzustellen wäre, welche Produkte — das ist jahreszeitlich bedingt — erfaßt würden. Es ist also ungeheuer schwierig, davon auszugehen, daß man jetzt schon einfach Verluste hineinrechnen kann.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612708700
Eine weitere Zusatzfrage? Bitte schön!

Otto Bittelmann (CDU):
Rede ID: ID0612708800
Herr Staatssekretär, warum erwähnt die Bundesregierung in ihrer Information zum Beispiel nicht, wie Preiseinbußen, die durch die Wechselkursfreigabe bei den . landwirtschaftlichen Produkten entstehen, die keiner Marktordnung unterliegen, abgewendet oder ausgeglichen werden können? Ich denke da z. B. an Frühkartoffeln, an Hopfen und an ähnliche Produkte. Denn es ist ja so, daß die EWG-Partnerländer diese nicht marktgeordneten Produkte hier in der Bundesrepublik erheblich preisgünstiger anbieten können oder umgekehrt durch sie eine größere Einnahme in ihrem eigenen Land haben werden.

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612708900
Herr Kollege Bittelmann, ich habe gerade schon bei der Beantwortung der letzten Frage erwähnt, daß daran gedacht ist, dann, wenn sich hier Preisauswirkungen negativer Art zeigen, diese Wirkungen durch andere Maßnahmen auszugleichen. Das wird im Kabinett zu gegebener Zeit beraten werden.
Es wäre aber, glaube ich, völlig falsch gewesen, in einer solchen Anzeige Einzelprodukte aufzuführen. Mit dieser Anzeige sollte doch vielmehr das Bemühen der Bundesregierung um Stabilität der DMark dargestellt werden — das ist ja auch die Überschrift —, die den Vorrang haben muß, und es sollte ein Hinweis auf das gebracht werden, was in diesem Sinne für die Landwirtschaft im Hinblick auf die Auswirkung der D-Mark-Aufwertung von 1969 besonders getan worden ist.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612709000
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Peters.

Walter Peters (FDP):
Rede ID: ID0612709100
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, Herrn Kollegen Bittelmann ausdrücklich zu bestätigen, daß die Berechnung von dem festen Kurs von 3,66 DM erfolgt und nicht von 3,63 DM — dies war der Stand des Dollars zuletzt —und daß die Abweichung daher im Grunde nur 1 3/4 % und nicht 2 1/2 % beträgt?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612709200
Genau. Ich danke Ihnen für diese Unterstützung. Also auch hier kann man noch mit anderen Prozentzahlen rechnen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612709300
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ritz.

Dr. Burkhard Ritz (CDU):
Rede ID: ID0612709400
Herr Staatssekretär, in den Zusatzfragen des Kollegen Bittelmann war von Nicht-Marktordnungswaren die Rede. Wie sehen Sie die möglichen Auswirkungen — Verluste und Wettbewerbsverzerrungen — auf Grund der Tatsache, daß ja für die Veredelungsprodukte eben nur die Getreideinzidenz im Grenzausgleich berechnet wird? Und welche Maßnahmen sieht die Bundesregierung für diesen Fall vor?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612709500
Herr Kollege Dr. Ritz, auch diese Maßnahmen habe ich eigentlich schon mit meiner vorigen Antwort angesprochen. Hier sehen wir durchaus Schwierigkeiten, weil in der Tat nur von der Getreideinzidenz und nicht vom gesamten Zollwert der Erzeugnisse ausgegangen wird. Wir stehen hier in Verbindung mit den Verbänden und versuchen zu errechnen, welche Verluste da wirklich entstehen können.
Ich komme aber, glaube ich, bei einer Frage des Abgeordneten Dr. Reinhard noch auf diese Dinge zurück.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612709600
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe Frage 14 des Abgeordneten Lensing auf:
Hält die Bundesregierung es nicht für einen Widerspruch, wenn sie in ihrer Anzeige in den landwirtschaftlichen Wochenblättern behauptet, daß rund 780 Millionen DM den Bauern über die erhöhte Mehrwertsteuer an Aufwertungsverlustausgleich zufließen, und sie gleichzeitig im Aufwertungsbericht zugeben muß, daß es fraglich ist, ob die erhöhte Mehrwertsteuer in volmer Höhe bei den Bauern ankommt?
Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft



P
Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612709700
Herr Kollege Lensing, in ihrem Aufwertungsbericht stellt die Bundesregierung fest, daß die deutsche Landwirtschaft 1970 über die Mehrwertsteuer einen Ausgleich von 739 Millionen DM erhalten hat. Der Minderbetrag von 41 Millionen DM gegenüber dem geschätzten Wert von 780 Millionen DM ist - abgesehen von gewissen Anlaufschwierigkeiten — durch die geringere Ernte von 1970 bedingt. Diese geringere Ernte hat jedoch auch dazu geführt, daß der an Hand der Ergebnisse früherer Wirtschaftsjahre geschätzte Aufwertungsverlust etwas geringer war. Die Bundesregierung ist davon überzeugt, daß 1971 der Betrag von 780 Millionen DM erreicht wird, wie sie es in ihrer Anzeige festgestellt hat.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612709800
Keine Zusatzfrage? — Dann eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ritz.

Dr. Burkhard Ritz (CDU):
Rede ID: ID0612709900
Herr Staatssekretär, wenn Sie also einräumen, daß die Mehrwertsteuer der Landwirtschaft zugute gekommen ist, sind Sie dann nicht mit mir auch der Auffassung, daß die Landwirtschaft auf der anderen Seite durch die Verteuerung der Produktionsmittel, also der Betriebsmittelpreise, wieder Einkommenseinbußen erlitten hat, die man unter Berücksichtigung der Verteuerung und der damit auch verbundenen höheren Mehrwertsteuer auf 146 Millionen DM schätzt?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612710000
Ich kann die genaue Zahl, die Sie hier angeben, nicht bestätigen. Aber daß dadurch in der Tat Erschwernisse eingetreten sind, gebe ich zu.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612710100
Keine Zusatzfrage? — Dann rufe ich die Frage 15 des Herrn Abgeordneten Lensing auf:
Kann die Bundesregierung angeben, ob auf Grund der derzeitigen Rechtslage (nationales und EWG-Recht) der Aufwertungsausgleich auch nach 1973 an die Landwirtschaft weiter gewährt wird?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612710200
Das EWG-Recht und das auf ihm fußende nationale Recht unterscheiden zwei Formen des Aufwertungsausgleichs: direkte Beihilfen und Struktur- oder Sozialmaßnahmen. Nach Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2464/69 des Rates vom 9. Dezember 1969 sind direkte Beihilfen bis einschließlich 1973 zulässig, nach Art. 3 der genannten Verordnung möglicherweise auch über 1973 hinaus, falls der Rat vor Ablauf des Jahres 1973 so beschließt.
Der Aufwertungsausgleich in Form von Strukturoder Sozialmaßnahmen zusätzlich zum Haushaltsansatz des Einzelplans 10 ist ohne zeitliche Einschränkung zulässig. Die in der Ratsverordnung enthaltene Ermächtigung wird durch das Aufwertungsausgleichsgesetz vom 23. Dezember 1970 (BGBl. I S. 2381) — Art. 6 — und durch das hierzu ergangene Durchführungsgesetz vom 5. Juni 1969 (BGBl. I S. 676) — § 1 — in der Weise ausgefüllt, daß der
Aufwertungsausgleich in Form direkter Beihilfen bis 1973 gewährt werden kann, in Form von Struktur- oder Sozialmaßnahmen unbefristet.
Sollte der Rat vor Ende 1973 eine Weiterführung dieser direkten Hilfen über 1973 hinaus beschließen, wären die geltenden nationalen Gesetze gegebenenfalls entsprechend zu ändern.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612710300
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Lensing.

Eduard Lensing (CDU):
Rede ID: ID0612710400
Herr Staatssekretär, wollen Sie damit sagen, daß die Meldung in der „Welt" vom 8. Mai, nach der Wirtschafts- und Finanzminister Schiller erklärt haben soll, nach 1973 würden keine Aufwertungsausgleichszahlungen mehr geleistet, falsch ist?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612710500
Dazu kann ich nicht Stellung nehmen, weil ich diese Meldung in der „Welt" im einzelnen nicht kenne. Es müßte zunächst nachgeprüft werden, wie die Formulierung wirklich war.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612710600
Eine Zusatzfrage, bitte schön!

Dr. Isidor Früh (CDU):
Rede ID: ID0612710700
Herr Staatssekretär, bedeutet Ihre Antwort, daß eventuell nach 1973 der jetzige Aufwertungsverlustausgleich in seiner gesamten Höhe zusätzlich in Sozial- und Strukturmaßnahmen übergeleitet werden könnte, oder hat sich Ihre Antwort nur darauf bezogen, daß dann lediglich die 220 Millionen DM weitergezahlt würden?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612710800
Berührt würden zunächst die 920 Millionen DM. Die Mehrwertsteuer läuft ja nebenher. Ich habe schon gesagt, daß in der Tat ein neuer Ratsbeschluß erforderlich wird, wenn man die direkten Maßnahmen in der bisherigen Form nach 1973 weiterführen will.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612710900
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schulze-Vorberg.

Dr. Max Schulze-Vorberg (CSU):
Rede ID: ID0612711000
Herr Staatssekretär, darf ich fragen, ob der Landwirtschaft nach Meinung der Bundesregierung auch über das Jahr 1973 hinaus ein voller Ausgleich gewährt werden sollte und ob die Bundesregierung beim Rat in Brüssel bereits entsprechend vorstellig geworden ist bzw. vorstellig werden wird?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612711100
Herr Kollege, diese Frage kann ich eigentlich erst beantworten, wenn wir dem Jahre 1973 näher gekommen sind. Wir bemühen uns in der Tat darum, zu einer Wirtschafts- und Währungsunion zu kommen. Wir alle wünschen, daß die unter-



Parlamentarischer Staatssekretär Logemann
schiedliche Währungsentwicklung in der EWG recht bald beseitigt wird.

(Abg. Dr. Ritz: Auch die Rückwirkungen!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612711200
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 16 des Herrn Abgeordneten Kiechle auf:
Kann die Bundesregierung angeben, um wieviel Millionen DM das Einkommen der deutschen Landwirtschaft im Jahre 1970 gegenüber 1969 zurückgegangen ist?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612711300
Frau Präsidentin, gestatten Sie mir, auch hier beide Fragen zusammen zu beantworten, weil sie im Zusammenhang miteinander stehen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612711400
Sind Sie damit einverstanden, Herr Abgeordneter? - Dann rufe ich noch die Frage 17 des . Herrn Abgeordneten Kiechle auf:
Wie hoch wäre das Einkommen der Landwirtschaft im Jahre 1970, wenn die wirtschaftliche Entwicklung der Jahre 1963 bis 1969 sich gradlinig, d. h. ohne die Auswirkungen der Aufwertung und der starken Kostensteigerungen, entwickelt hätte?
Bitte schön!

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612711500
Das Einkommen der deutschen Landwirtschaft insgesamt ist 1970 gegenüber dem Vorjahr nach vorläufigen Ergebnissen um 900 Millionen DM zurückgegangen. Wäre die Entwicklung ,dem linearen Trend der Jahre 1963 bis 1969 gefolgt, so hätte das Einkommen 1970 um rund 300 Millionen DM höher gelegen als 1969. Die Auswirkungen der D-Mark-Aufwertung haben auf das Einkommen von 1970 in diesem Zusammenhang keinen Einfluß, weil die aufwertungsbedingten Verluste ausgeglichen wurden. Die Kostensteigerungen, wie sie in den Vorleistungen der Landwirtschaft zum Ausdruck kommen, waren 1970 nicht stärker als 1969. Das ist unter anderem darauf zurückzuführen, daß von den Betriebsmitteln landwirtschaftlicher Herkunft wegen der Aufwertung ein preisstabilisierender Einfluß ausging. Die Futtermittelpreise — Futtermittel haben einen Anteil von fast 40 % an den gesamten Vorleistungen — blieben 1970 gegenüber dem Vorjahr unverändert: Auf der Erlösseite war das Jahr 1969 durch den bisher höchsten Produktionswert gekennzeichnet, der 1970 in dieser Höhe nicht erzielt wurde. Entscheidend dafür, daß der 1970 auf Grund des Trends zu erwartende Einkommensanstieg nicht erreicht wurde, waren insbesondere die verringerte Getreideernte und der zyklisch bedingte Rückgang der Schweinepreise, und ich könnte hinzufügen: für Norddeutschland der Rückgang der Kartoffelpreise in der zweiten Jahreshälfte 1970. Bei dem Rückgang des Einkommens um 900 Millionen DM für die Landwirtschaft insgesamt ist zu berücksichtigen, daß wegen der weiteren Abwanderung von landwirtschaftlichen Arbeitskräften das Pro-Kopf-Einkommen, der entscheidende Maßstab für die Einkommensentwicklung, 1970 nicht zurückgegangen ist und 1971 wahrscheinlich weiter ansteigen wird.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612711600
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kiechle.

Ignaz Kiechle (CSU):
Rede ID: ID0612711700
Herr Staatssekretär, teilen Sie also in diesem Fall meine Meinung, daß bei einem Preisrückgang um 900 Millionen DM und einem an sich normalerweise der Erwartung nach möglichen Einkommenszuschlag von 300 Millionen DM der Gesamtverlust im Jahre 1970 1 Milliarde DM betrug?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612711800
Das möchte ich hier nicht ohne weiteres bestätigen, das kann man auch gar nicht so errechnen. Im übrigen habe ich dem entgegenzuhalten, daß in der Tat versucht worden ist, mit zusätzlichen Mitteln auszugleichen. Wir sollten hier doch nicht die Beträge unterschlagen, die jeder Landwirt als Ausgleich für die D-Mark-Aufwertung erhalten hat.

Ignaz Kiechle (CSU):
Rede ID: ID0612711900
Ich habe Ihrer Auskunft entnommen, daß Sie bei der Angabe Ihrer Zahlen bereits die Auswirkungen des Aufwertungsausgleichs berücksichtigt haben.

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612712000
Die habe ich natürlich mit berücksichtiigt, ich habe aber auch den anderen Bereich mit angesprochen, den wir staatlich nicht beeinflussen können, das ist der Bereich nichtadministrativer Preise. Ich habe auf die Entwicklung der Schweinepreise hingewiesen, die ab September letzten Jahres sehr nach unten gingen, habe dann auf die geringe Getreideernte aufmerksam gemacht — das gab weniger Erlöse — und habe letzten Endes auch das Minus angesprochen, das durch niedrigere Kartoffelpreise vor allen Dingen im Norden entstand.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612712100
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kiechle.

Ignaz Kiechle (CSU):
Rede ID: ID0612712200
Herr Staatssekretär, würden Sie meine Meinung teilen — die Begründung mag nun sein, wie auch immer —, daß auf alle Fälle die Voraussage der Regierungserklärung, daß die Landwirtschaft an der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung teilnehmen werde, nicht eingetroffen ist?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612712300
Nein. Auch da muß ich widersprechen, Herr Kollege Kiechle. Ich kann Ihnen nämlich nachweisen, daß für das letzte Wirtschaftsjahr — das Wirtschaftsjahr endet bekanntlich immer am 30. Juni, in diesem Falle also am 30. Juni 1970 — im Grünen Bericht eindeutig nachgewiesen ist, daß



Parlamentarischer Staatssekretär Logemann
die Landwirtschaft an der Einkommensentwicklung mit einem Plus von 10 % beteiligt war.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612712400
Letzte Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kiechle.

Ignaz Kiechle (CSU):
Rede ID: ID0612712500
Herr Staatssekretär, ich möchte die von Ihnen angegebene Zahl für den Einkommenszuwachs pro Kopf noch einmal anschneiden und Sie fragen: Würden Sie mir recht geben, wenn ich behaupte, daß dies auf den größten Teil unserer Familienbetriebe praktisch fast ohne Einfluß ist, weil es ein Rechenexempel darstellt, denn auf den Höfen, wo nur Mann und Frau wirtschaften, verändert sich die Zahl pro Kopf nun einmal nicht?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612712600
Ich gebe Ihnen insofern recht, Herr Kollege Kiechle, daß das Pro-Kopf-Einkommen und die Entwicklung des Einkommens pro Kopf tatsächlich ein entscheidender Maßstab ist. Ich gebe Ihnen dabei auch weiter recht, daß wir aus der praktischen Erfahrung alle gemeinsam wissen, daß sich in landwirtschaftlichen Familienbetrieben, wenn immer mehr Menschen aus der landwirtschaftlichen Tätigkeit ausscheiden — darin folge ich Ihnen sogar —, die Arbeitslast, die sich dann auf weniger Köpfe verteilt, sehr oft vergrößert.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612712700
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Früh.

Dr. Isidor Früh (CDU):
Rede ID: ID0612712800
Herr Staatssekretär, nachdem Sie in Ihrer Antwort wiederum den Schweinezyklus als Ursache für die Einkommensminderung der Landwirtschaft angesprochen haben, darf ich mir vielleicht die Frage erlauben, inwieweit in Ihrem Haus inzwischen die Untersuchungen, die Sie hier zugesagt haben, gediehen sind, inwieweit nicht doch die Aufwertung mit der Länge und Tiefe des Schweinetals etwas zu tun hätte.

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612712900
Dazu kann ich Ihnen jetzt nur sagen, daß wir schon eingehende Berichte darüber haben, daß in der Tat nicht festgestellt werden kann, Herr Kollege Dr. Früh, daß das jetzige Preistief bei Schweinen, das wir seit dem letzten Jahr haben, das aber übrigens noch nicht ein Jahr andauert — wir haben schon einmal längere Preistiefs bei Schweinen gehabt —, nicht in Zusammenhang zu bringen ist mit der D-Mark-Aufwertung. Ich sehe hier noch keine Verlagerung der Handelsströme, auf die Sie ja sicher ansprechen wollen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612713000
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg.

Dr. Max Schulze-Vorberg (CSU):
Rede ID: ID0612713100
Herr Staatssekretär, da Sie in Ihren Zusatzantworten von weiteren Maßnahmen der Bundesregierung sprachen und dadurch vielleicht Unklarheiten — jedenfalls bei mir — entstanden sind, darf ich fragen, ob bei den hier von Ihnen genannten Zahlen des Einkommensausfalls von 900 Millionen im Jahre 1970 gegenüber 1969 und einer an sich fehlenden Steigerung gegenüber der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung von 300 Millionen DM der tatsächliche Einkommensausfall der Landwirtschaft auch trotz dieser zusätzlichen Maßnahme der Bundesregierung 1200 Millionen im Jahre 1970 betragen hat.

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612713200
Ich darf folgendes sagen. Nach den bisherigen Unterlagen ist diese Einkommensentwicklung, wie ich sie dargestellt habe, für das Kalenderjahr 1970 eingetreten. Wir rechnen aber bekanntlich in der Landwirtschaft mit dem Wirtschaftsjahr. Das Wirtschaftsjahr läuft ja vom 1. Juli 1970 bis zum 30. Juni 1971. Da die Bundesregierung weiß, daß Einkommensrückgänge im Wirtschaftsjahr zu erwarten sind — wir haben noch nicht die letzten Abrechnungen —, hat die Bundesregierung auch schon hier versucht, die Einkommensentwicklung positiv zu gestalten: einmal durch ihre Initiativen in Brüssel — hier ist ja eigenlich unbestritten, daß man gerade durch die Brüsseler Preisverbesserungen Mehreinnahmen zwischen, 800 und 900 Millionen DM erwartet —, und außerdem — auch das sollte eigentlich noch nicht vergessen sein, Herr Kollege — ist es ja auch so gewesen, daß ,die Bundesregierung noch 480 Millionen DM aus Haushaltsmitteln zum Einzelplan 10 zur Verfügung gestellt hat. Davon werden 302 Millionen DM nun gerade in diesem Monat noch an die Landwirtschaft zum Ausgleich eines Preisausfalls verteilt.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612713300
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Ritz.

Dr. Burkhard Ritz (CDU):
Rede ID: ID0612713400
Herr Staatssekretär, Sie haben auf eine Frage des Kollegen Kiechle gesagt, daß entsprechend der Aussage in der Regierungserklärung die Landwirtschaft voll teilgehabt habe an der wirtschaftlichen Entwicklung, indem Sie auf die 10 '0/o Steigerung des Jahres 1969/70 verwiesen haben. Sind Sie mit mir der Auffassung, daß diese Zahl dann sicher nicht für das ganze Jahr 1970 bzw. für das Wirtschaftsjahr 1970/71 gilt, sondern daß viel eher wohl die Angaben des Agrarberichts richtig sind, die davon ausgehen, daß sich die Einkommenssituation im laufenden Wirtschaftsjahr verschlechtern wird?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612713500
Herr Dr. Ritz, deshalb hat sich die Bundesregierung auch bemüht, sich frühzeitig einkommensverbessernd für die Landwirtschaft einzuschalten. Ich denke dabei an die Entlastung der Schweinemärkte; ich könnte noch andere Punkte anführen. Aber sehr entscheidend sind die Maßnahmen, die ich zuletzt erwähnt habe: Preisverbesserung in Brüssel plus nationale Haushaltsmittel.




Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612713600
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Niegel.

Lorenz Niegel (CSU):
Rede ID: ID0612713700
Herr Staatssekretär, wenn Sie vorhin davon sprachen, daß ein Einkommensverlust von 900 Millionen DM plus 300 Millionen DM, also 1,2 Milliarden DM besteht, so haben Sie nicht die Ausgabenseite betrachtet. Wie hoch ist der Verlust oder die erhöhte Ausgabenquote auf Grund der mehr oder weniger langsamen oder schnellen Inflationsrate in der Wirtschaft?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612713800
Herr Kollege, diese genauen Summen kann ich Ihnen beim besten Willen nicht nennen. Ich habe vorhin lediglich erklärt, daß sich im Jahre 1970 diese Kostensteigerung noch nicht negativ in der Form niedergeschlagen hat, wie es oftmals in den Veröffentlichungen zu lesen ist.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612713900
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Löffler.

Lothar Löffler (SPD):
Rede ID: ID0612714000
Herr Staatssekretär, würden Sie meine Auffassung teilen, daß es als ein Indiz zu werten ist, daß sich die Sprecher der Opposition zwar über die Lage der Landwirtschaft durch Zahlen äußern, es aber füglich vermeiden, darauf einzugehen, wer die Grundlagen für die Entwicklung in der heutigen Landwirtschaft gelegt hat und wer für die damaligen Beschlüsse verantwortlich ist?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612714100
Ich habe soeben sehr viele Fragen gehört. Aber ich liebe es an sich nicht, Vergangenheitsbewältigung zu betreiben. Wir müsen von der jetzigen Situation ausgehen. Dabei hätte man zu dem, was in früheren Jahren vorhanden war, noch sehr viel sagen können, z. B. auch in der Anzeige der Bundesregierung.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612714200
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Struve.

Detlef Struve (CDU):
Rede ID: ID0612714300
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, dem Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten die Abschlüsse der letzten fünf Jahre schriftlich vorzutragen, damit die von dem Kollegen Löffler angesprochene Frage dort der Wahrheit entsprechend beantwortet werden kann?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612714400
Herr Kollege Struve, ich glaube, das sollte sich eigentlich erübrigen; denn Herr Kollege Löffler liest, wie ich ihn kenne, den Grünen Bericht in jedem Jahr sehr aufmerksam.

(Zuruf von der CDU/CSU: Offenbar nicht! -Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

-- Ja, für den Ausschuß sicherlich. Aber das sollte
sich eigentlich erübrigen, weil ich unterstelle, daß
alle Ausschußmitglieder auch die Grünen Berichte lesen, die doch eine sehr genaue Bilanz über die Lage der Landwirtschaft geben.
Herr Kollege Struve, wir beide sind so lange im Bundestag, daß wir wissen, daß gerade die Disparität zwischen landwirtschaftlichem und nichtlandwirtschaftlichem Bereich immer sehr unterschiedlich gewesen ist. Aber man hätte, um gerade das nachzuweisen, natürlich in die Anzeige mit hineinschreiben müssen, daß durch eine Senkung der Getreidepreise im Jahre 1967 empfindliche Einkommensverluste für die Landwirtschaft entstanden sind.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612714500
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Reinhard.

Dr. Carl Reinhard (CDU):
Rede ID: ID0612714600
Da Sie, Herr Staatssekretär, gerade die Disparität angesprochen haben, frage ich Sie: Sind Sie bereit zuzugestehen, daß die Disparität im letzten Jahr erheblich größer geworden ist?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612714700
In diesem Zusamenhang würde ich mit einer Aussage noch vorsichtig sein. Haben Sie bitte_ Verständnis dafür; denn ich kenne noch nicht die Gesamtabrechnung. Für 1970 habe ich ja eine Verringerung des Einkommens angedeutet.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612714800
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Kiechle.

Ignaz Kiechle (CSU):
Rede ID: ID0612714900
Herr Staatssekretär, wären Sie so liebenswürdig, dem Kollegen Löffler noch einmal jenen Teil Ihrer Antwort, die Sie mir gegeben haben, zu erläutern, der besagt, daß die Landwirtschaft bei einer geradlinigen Weiterentwicklung von 1963 bis 1969 300 Millionen DM hätte mehr einnehmen müssen als 1969?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612715000
Herr Kollege Kiechle, man kann hier nicht in dem Sinne von einer geradlinigen Einkommensentwicklung sprechen, als ob es dabei immer aufwärtsgegangen wäre. Ich habe ja vorhin schon darauf aufmerksam gemacht, daß wir hinsichtlich des Einkommensabstandes in den letzten Jahren sehr unterschiedliche Entwicklungen hatten. Das weiß auch Herr Kollege Löffler. Deshalb hat er ja dieses Problem auch angesprochen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612715100
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 18 des Abgeordneten Dr. von Nordenskjöld auf:
Kanu die Bundesregierung nunmehr, nachdem das einzelbetriebliche Förderungsprogramm angelaufen ist, Angaben darüber machen, wieviel Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe in der Bundesrepublik Deutschland die Investitionsförderung in Anspruch nehmen können?




Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612715200
Herr Kollege Dr. von Nordenskjöld, die Richtlinien für die Förderung von einzelbetrieblichen Investitionen in der Land- und Forstwirtschaft traten am 1. Januar 1971 in Kraft. Sie werden ab
1. Juli dieses Jahres angewandt.
Zwar können schon jetzt Anträge nach dem einzelbetrieblichen Förderungsprogamm gestellt werden; bisher ist jedoch noch nicht zu übersehen, wie sich die Anträge auf die einzelnen Maßnahmengruppen verteilen werden. Sollte das Schwergewicht bei umfangreichen Baumaßnahmen liegen, die beträchtliche Förderungsbeträge in Anspruch nehmen, können mit den verfügbaren Haushaltsmitteln natürlich wesentlich weniger Betriebe in den Genuß der Investitionsförderung gebracht werden, als wenn vorwiegend kleinere Maßnahmen durchgeführt werden würden.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612715300
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. von Nordenskjöld.

Dr. Günter von Nordenskjöld (CDU):
Rede ID: ID0612715400
Herr Staatssekretär, halten Sie es nicht für bedenklich, ein solches Förderungsprogramm anzuwenden, ohne daß ausreichende Unterlagen über den Wirkungsbereich dieses Programms vorhanden sind?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612715500
Herr Dr. von Nordenskjöld, ich glaube, bei jedem Programm, das neu eingeführt wird, muß man von irgendwelchen Unterlagen ausgehen, ohne daß Versuche schon die Richtigkeit des Programms bestätigt haben. Sie erinnern sich sicherlich daran, daß gerade Bundesminister Ertl immer wieder betont hat, daß auch bei diesem einzelbetrieblichen Förderungsprogramm nach einem Jahr Bilanz gemacht werden soll und daß man dann überlegen muß, was noch zu verbessern ist.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612715600
Eine zweite Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. von Nordenskjöld.

Dr. Günter von Nordenskjöld (CDU):
Rede ID: ID0612715700
Herr Staatssekretär, sind Sie meiner Ansicht, daß es die augenblicklichen unübersichtlichen Preis-Kosten-Verhältnisse für die Landwirtschaft außerordentlich erschweren, jetzt eine Aussage über das Einkommen eines landwirtschaftlichen Betriebes in vier bzw. sechs Jahren zu machen, wie das verlangt wird?

(Abg. Dr. Ritz: Sehr gut!)


Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612715800
Sicherlich erschweren unüberschaubare Preisentwicklungen die Berechnungen. Ich denke aber auch an das einzelbetriebliche Förderungsprogramm und an die Vorausberechnung der Förderschwelle. Dabei ist zu sagen, daß man bei verschiedenen landwirtschaftlichen Erzeugnissen erfreulicherweise auch von höheren Preisen ausgehen kann, als wir vielleicht vor einem Jahr erwartet hatten. Ich erinnere z. B. an die Milch.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612715900
Ich rufe die Frage 19 des Abgeordneten Dr. von Nordenskjöld auf:
Kann die Bundesregierung darüber Auskunft geben, wie hoch zukünftig vom landwirtschaftlichen Einzelbetrieb ein mittelfristiger Kredit für Investitionen mit Zins und Tilgung zu bedienen ist?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612716000
Die Richtlinien für die Förderung von einzelbetrieblichen Investitionen in der Land- und Forstwirtschaft sehen eine Zinsverbilligung um 4 % für Kapitalmarktdarlehen vor. Der vom Darlehensnehmer zu tragende Zinssatz wird also nicht durch den Zinsverbilligungszuschuß, sondern insbesondere durch die Verhältnisse auf dem Kapitalmarkt beeinflußt. Die Stabilitätsbemühungen der Bundesregierung werden zur Folge haben, daß das Niveau des Kapitalmarktzinses ein tragbares Niveau nicht überschreitet.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612716100
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. von Nordenskjöld.

Dr. Günter von Nordenskjöld (CDU):
Rede ID: ID0612716200
Herr Staatssekretär, was darf ich unter der Formulierung „ein tragbares Niveau nicht überschreitet" verstehen?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612716300
Wir werden uns zu bemühen haben, dafür Sorge zu tragen, daß der Endzinssatz für die landwirtschaftlichen Betriebe tragbar bleibt. Wir haben ja in diesem Jahr bereits versucht, mit zusätzlichen Mitteln zu helfen. Dabei ist noch eine zusätzliche Zinsverbilligung um 1 % erreicht worden.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612716400
Eine zweite Zusatzfrage, bitte!

Dr. Günter von Nordenskjöld (CDU):
Rede ID: ID0612716500
Wären Sie bereit, eventuell die im Förderungsprogramm vorgesehenen Zinsverbilligungen zu verstärken, wenn sich dieses tragbare Maß entgegen Ihren Erwartungen nicht einstellen sollte?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612716600
Das wäre zu überlegen. Ich habe ja gesagt, dieses Programm ist nicht für die Zukunft zementiert, sondern man könnte hier durchaus flexibel sein. Das wird dann mit Gegenstand der Beratung sein müssen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612716700
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Früh.

Dr. Isidor Früh (CDU):
Rede ID: ID0612716800
Herr Staatssekretär, Sie sind doch sicherlich auch der Meinung, daß bei sinkendem Einkommen auch die tragbare Grenze der


'

Dr. Früh
Belastungen sinken müßte. Müßte man, da sich der Trend sinkender Einkommen abzeichnet, nicht heute schon dafür Sorge tragen, daß das Förderungsprogramm mit höheren Mitteln ausgestattet und in die künftige Finanzplanung eingebracht wird?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612716900
Herr Kollege Dr. Früh, dieses Programm läuft jetzt an, und wir sind für Eventualfälle finanziell gerüstet. Ich meine, daß man hier zunächst die Auswirkungen abwarten muß. Ich bin nicht so pessimistisch, zu glauben, daß wir in den nächsten Jahren negative Einkommensentwicklungen vor uns haben. Wir können ja durchaus jetzt schon nachweisen, daß es entgegen allen Erwartungen — nach langen Jahren des Preisstillstands — durch entsprechend harte Verhandlungen, die mein Minister im Ministerrat in Brüssel geführt hat, gelungen ist, Preisanhebungen durchzusetzen. Ich bin so optimistisch, zu hoffen, daß die Schweinepreise, also die nicht administrativen Preise, sich wieder nach oben entwickeln werden. Das würde eine andere Situation ergeben.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612717000
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Fuchs.

Dr. Karl Fuchs (CSU):
Rede ID: ID0612717100
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, bei der Bemessung der Zinszuschüsse insbesondere die Betriebe zu bedienen, die 1969 und 1970 auf Grund der sehr stark gestiegenen Baukosten und besonders hohen Zinsbelastungen in die Gefahrenzone gekommen sind?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612717200
Ich meine, das müßte im Einzelfall mit beraten werden. Dazu kann ich im Augenblick keine konkrete Aussage machen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612717300
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Struve.

Detlef Struve (CDU):
Rede ID: ID0612717400
Herr Staatssekretär, halten Sie es bei der derzeitigen Kapitalmarktlage überhaupt für möglich, daß für den Kreditnehmer ein Kapitaldienst unter 9 % herauskommen kann?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612717500
Doch! Herr Kollege Struve, ich bin der Meinung, daß wir gerade auf Grund der Stabilitätsbemühungen der Bundesregierung wieder zu einer Senkung der Diskontsätze und damit auch zu Zinserleichterungen kommen werden.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612717600
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Niegel.

Lorenz Niegel (CSU):
Rede ID: ID0612717700
Herr Staatssekretär, Sie sprachen vorhin davon, daß genügend Mittel zur Verfügung stünden. Wieviel Mittel stehen exakt in diesem Jahr für dieses einzelbetriebliche Förderungsprogramm zur Verfügung?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612717800
Ich muß Ihnen die Zahlen schriftlich geben. Ich habe sie hier nicht vorliegen. Ich bin auf diese Frage nicht eingestellt. Ich hätte sie Ihnen sonst gern gegeben.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612717900
Keine Zusatzfrage? — Dann rufe ich die Frage 20 des Herrn Abgeordneten Dr. Ritgen auf:
Kann die Bundesregierung darüber Auskunft geben, ob die Kosten- und Lohnsteigerungen im Jahre 1971 in der Landwirtschaft höher oder niedriger sein werden als die in Brüssel beschlossenen Preisanhebungen für Agrarprodukte?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612718000
Die Bundesregierung kann darüber noch keine sichere Auskunft geben. Außer dem Index der Einkaufspreise landwirtschaftlicher Betriebsmittel und anderen Indexzahlen stehen ihr keine weiteren Informationen insbesondere über die Mengenentwicklung zur Verfügung. Eine Schätzung der Kostensteigerung läßt sich mit Hilfe der Indexentwicklung nur hilfsweise durchführen. Danach würden die Kosten- und Lohnsteigerungen etwa der Höhe der durch die Brüsseler Preisbeschlüsse vom 25. März 1971 zu erwartenden Mehrerlöse entsprechen. Eine Steigerung des Pro-Kopf-Einkommens würde aber trotzdem noch aus der als überdurchschnittlich vorgeschätzten Ernte 1971, aus den in der zweiten Jahreshälfte ansteigenden Schweinepreisen, der an die Landwirte gezahlten Liquiditätshilfe sowie aus der weiteren Abwanderung von Arbeitskräften resultieren.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612718100
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Ritgen.

Dr. Gerd Ritgen (CDU):
Rede ID: ID0612718200
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Auffassung, daß die voraussichtlich erheblichen Steigerungen bei den Düngemitteln sich auch auf der Kostenseite ganz beachtlich niederschlagen werden, oder können Sie mir sagen, ob die Zeitungsmeldungen, nach denen mit Preissteigerungen von 15 bis 20 % bei Volldünger zu rechnen ist, den Tatsachen entsprechen? Von Handel und Genossenschaft bekommt man heute noch keine klare Auskunft.

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612718300
Herr Kollege Dr. Ritgen, auch ich kann Ihnen hier in der Fragestunde nicht die letzte Klarheit verschaffen. Ich darf Ihnen aber eines sagen: daß nach meinen Informationen Preissteigerungsraten bei Stickstoffdünger um 12 bis 16 % doch übertrieben erscheinen. Wenn man die Tarife durchrechnet, ergibt sich ein wesentlich geringerer Durchschnittssteigerungssatz. Aber wenn wir schon einmal bei diesem Punkt sind: Ganz entscheidend wird es auch davon abhängen, wie sich die landwirtschaftlichen Abnehmer von Düngemitteln nun selber der



Parlamentarischer Staatssekretär Logemann Stickstoffindustrie gegenüber verhalten. Das ist der eine Punkt. Andererseits müssen wir uns von der Landwirtschaft her selber bemühen, kostenbewußt zu düngen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612718400
Noch eine Zusatzfrage? — Herr Kollege Bittelmann!

Otto Bittelmann (CDU):
Rede ID: ID0612718500
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, auch die Kostensteigerung, die durch Erhöhung der administrativen Preise, insbesondere der Frachten — das macht im landwirtschaftlichen Bereich wahrscheinlich sehr viel mehr als 100 Millionen DM im Jahre aus -- zu berücksichtigen und zu erwägen, ob dafür ein Ersatz geleistet werden kann?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612718600
Herr Kollege Bittelmann, das müßte Gegenstand von Beratungen bezüglich der Preisfestlegung für das nächste Wirtschaftsjahr sein, die ja in der nächsten Zeit im Ministerrat wieder anlaufen. Ich kann hier nicht vorgreifen. Aber sicherlich werden alle diese belastenden Momente bei den Beratungen mit erwähnt werden.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612718700
Keine Zusatzfrage mehr. Ich rufe die Frage 21 des Herrn Abgeordneten Dr. Ritgen auf:
Kann die Bundesregierung darüber Auskunft geben, ob und in welcher Höhe sie Investitionszuschüsse zu Investitionen in landwirtschaftlichen Betrieben gewährt?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612718800
Die Förderung von Investitionen in landwirtschaftlichen Betrieben erfolgt durch Gewährung von Zinsverbilligungszuschüssen für Kapitalmarktdarlehen. Mit Hilfe der Zinsverbilligung wird der vom Kreditnehmer zu bezahlende Kapitalmarktzins um 4 %, in den Jahren 1970 und 1971 sogar um 5 % verbilligt. Bei großen Baumaßnahmen, wie z. B. bei Althofsanierungen und Aussiedlungen, können besonders zinsgünstige öffentliche Darlehen bewilligt werden. Der Zinssatz beträgt hier nur 1 %.
Direkte Investitionszuschüsse werden nicht gewährt. Eine Ausnahme bilden die bei Aussiedlungen vorgesehenen Erschließungs- und Altstellenbeihilfen.
Eine Übersicht über die Investitionsförderung gibt das Einzelbetriebliche Förderungs- und soziale Ergänzungsprogramm für die Land- und Forstwirtschaft vom 26. Oktober 1970. Die weiteren Einzelheiten sind in den von meinem Hause erlassenen Richtlinien für die Förderung von einzelbetrieblichen Investitionen in der Land- und Forstwirtschaft vom 1. Januar 1971 geregelt.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612718900
Eine Zusatzfrage.

Dr. Gerd Ritgen (CDU):
Rede ID: ID0612719000
Herr Staatssekretär, handelt es sich, wenn in einzelnen Fällen noch sogenannte Investitionszuschüsse gegeben worden sind, um die Erfüllung früherer Bewilligungen, oder sind ,das Landesmittel, die in Form von Zuschüssen gegeben worden sind?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612719100
Die von mir gemachten Aussagen beziehen sich auf Anträge, die jetzt auf Grund des Programms abgewickelt werden. Hier geht es also um künftige bauliche Maßnahmen.

Dr. Gerd Ritgen (CDU):
Rede ID: ID0612719200
Über die zukünftigen, ab 1. Juli. Sie können aber nicht sagen, ob die Länder in der Vergangenheit in einzelnen Fällen noch Investitionszuschüsse gegeben haben?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612719300
Es ist ja versucht worden, mit den zur Verfügung stehenden Mitteln noch eine möglichst große Anzahl von Anträgen, die in der Vergangenheit bezüglich einzelbetrieblicher Investitionsbeihilfen vorlagen, zu realisieren. Aber ich kann Ihnen den genauen Stand der Abwicklungen im Augenblick nicht mitteilen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612719400
Keine Zusatzfragen. — Die Fragen 22 und 23 des Herrn Abgeordneten Susset werden auf Bitte des Antragstellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 24 des Herrn Abgeordneten Dr. Prassler auf:
Wie gedenkt die Bundesregierung die int Jahre 1970 eingetretene Einkommensminderung der Landwirtschaft auszugleichen?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612719500
Die Bundesregierung hat die der deutschen Landwirtschaft durch die Aufwertung der Deutschen Mark im Oktober 1969 entstandenen Einkommensverluste, wie auch aus ihrem Bericht nach Art. 3 Abs. 1 der Verordnung 2464 /69/ EWG des Rates vom 9. Dezember 1969 hervorgeht, voll ausgeglichen. Die Einkomensminderungen, die der Landwirtschaft 1970 im Vergleich zu 1969 vorwiegend durch Ernteschwankungen und durch das produktionszyklisch bedingte anhaltende Preistal bei Schweinen entstanden sind, hat die Bundesregierung durch vielfältige Maßnahmen im nationalen und EWG-Bereich mit Erfolg abzuschwächen versucht. Erinnert sei in diesem Zusammenhang auch an die mit ganz erheblichem Finanzaufwand getroffenen Maßnahmen zur Räumung der Läger noch vor der Ernte 1970. Hierdurch konnte eine wesentliche Marktentlastung erreicht werden, die sich positiv auf die Einkommen ausgewirkt hat.
Im übrigen tragen die von der Bundesregierung bereitgestellten 480 Millionen DM zu einer nachträglichen Einkommensverbesserung der landwirtschaftlichen Betriebe im Jahre 1970 bei. Ein Teil dieser Mittel ist --- wie Ihnen bekannt sein dürfte — für die rückwirkende Zinsverbilligung um je 1 %



Parlamentarischer Staatssekretär Logemann
für die in den Jahren 1970 und 1971 aufgenommenen zinsverbilligten Kredite vorgesehen. Ferner sollen die Obstbaubetriebe unter gewissen Voraussetzungen für die kommenden Jahre ganz von der Zinslast für aufgenommene zinsverbilligte Kredite freigestellt werden. Außerdem werden im Hinblick auf die Baukostenentwicklung bei Förderungsanträgen aus den Jahren 1969 und 1970 bei baulichen Maßnahmen rückwirkend die günstigen Konditionen des landwirtschaftlichen Förderungsprogramms zugrunde gelegt.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612719600
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Prassler.

Dr. Helmut Prassler (CDU):
Rede ID: ID0612719700
Herr Staatssekretär, darf ich Sie fragen, wieweit ein Ausgleich der zusätzlichen Einkommensminderungen, die sich offensichtlich erst jetzt — auch nach dem Bericht der Bundesregierung — aus der D-Mark-Aufwertung ergeben, von der Bundesregierung vorgesehen ist?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612719800
Herr Kollege, ich habe schon in verschiedenen Antworten — auch vorhin — auf die jetzige Entwicklung aufmerksam gemacht. Wir bekommen einen Abschluß des Wirtschaftsjahres 1970/71 am 30. Juni. Dann wird man sehr genau feststellen können, wie die tatsächliche Einkommensentwicklung in der Landwirtschaft verlaufen ist. Ich bin so optimistisch, zu glauben, daß gerade durch die Brüsseler Preisbeschlüsse — das läßt sich. schon beim Erzeugerpreis für Milch in etwa nachweisen — doch auch noch bis zum 30. Juni vielleicht eine gewisse Auswirkung in Richtung auf Preisverbesserungen festzustellen sein wird.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612719900
Eine weitere Zusatzfrage, bitte.

Dr. Helmut Prassler (CDU):
Rede ID: ID0612720000
Herr Staatssekretär, dürfte ich Sie dann im Interesse dieses Hauses und unserer Kollegen bitten, so bald als möglich über diesen Stand zu berichten, zumal der von Ihnen genannte Termin in die Parlamentspause fällt? Ich halte das für wichtig.

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612720100
Es wird sehr schwierig sein, hier frühzeitig eine Antwort zu geben. Wir sind ja auf die Einzelergebnisse der Testbetriebe angewiesen — es sind immerhin 8000 —, die ausgerechnet werden müssen. In der Regel wird es immer Herbst, bis man genauere Zahlen hat. Wir werden aber die Einkommensentwicklung sehr genau verfolgen, wie wir es auch bisher getan haben.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612720200
Keine Zusatzfrage. —
Dann rufe ich die Frage 25 des Herrn Abgeordneten Dr. Prassler auf:
ki die Bundesregierung mit mir der Ansicht, daß im Jahre 197l wegen der weiterhin stark steigenden Kosten das Einkommen der Landwirtschalt noch geringer sein wird als 1970?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612720300
Nach den bisher vorliegenden Unterlagen vermag die Bundesregierung diese Ansicht nicht zu teilen. Die Vorschätzungen lassen für das Jahr 1971 eine höhere Ernte als im Jahre 1970 erwarten. Der Schweinepreis wird sich nach dem zyklisch bedingten Rückgang in der zweiten Jahreshälfte wieder erholen. Schließlich werden die Brüsseler Preisbeschlüsse der deutschen Landwirtschaft Mehrerlöse bringen, die noch durch die Liquiditätshilfe wirksam ergänzt werden.
Dieser positiven Entwicklung auf der Erlösseite stehen zwar Preissteigerungen gegenüber, die Bundesregierung ist jedoch überzeugt, daß sich durch ihr Stabilitätsprogramm das Ausmaß der Kostensteigerung verringern wird. Da auch im Jahre 1971 die Abwanderung von Arbeitskräften anhalten wird, erwartet die Bundesregierung für 1971 eine Steigerung des Pro-Kopf-Einkommens in der Landwirtschaft.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612720400
Zusatzfrage? — Bitte schön!

Dr. Helmut Prassler (CDU):
Rede ID: ID0612720500
Herr Staatssekretär, halten Sie es für genügend, wenn das Pro-Kopf-Einkommen allein wegen der weiterhin anhaltenden Abwanderung bestehenbleibt? Ist nicht — mindestens daneben — auch eine realistische Betrachtungsweise wegen der weiterhin steigenden Kosten erforderlich, die dieses Jahr mit Sicherheit schärfer belasten werden als das vorangegangene?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612720600
Wir rechnen diese steigenden Kosten durchaus als Mehrbelastung mit an. Im übrigen möchte ich auf meine Antwort verweisen, die ich vorhin schon Herrn Kollegen Kiechle in dem Zusammenhang gegeben habe.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612720700
Ich rufe die Frage 26 des Herrn Abgeordneten Dr. Reinhard auf:
Welche konkreten Maßnahmen hat die Bundesregierung bisher unternommen oder gedenkt sie zu unternehmen, um die bei der Berechnung des Aufwertungsausgleichs für die deutsche Landwirtschaft in die Kalkulation über die Höhe des Aufwertungsausgleichs eingegangene, jedoch nicht eingetretene Preissenkung für Betriebsmittel zu realisieren?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612720800
Herr Kollege Dr. Reinhard, die voraussichtlichen Auswirkungen der Aufwertung der DMark auf die Einkommen der Landwirtschaft wurden, wie Ihnen bekannt ist, von der Bundesregierung im Jahre 1969 an Hand bestimmter Prämissen in enger Zusammenarbeit mit der Wissenschaft geschätzt. Zu diesen Prämissen gehört u. a. auch eine gewisse Entlastung der landwirtschaftlichen Betriebe auf der Aufwandsseite, insbesondere bei den zugekauften Futtermitteln — wie ich vorhin schon sagte, rund 40 % der Vorleistungen —, deren Ein-



Parlamentarischer Staatssekretär Logemann
kaufspreise in engem Zusammenhang mit dem Getreidepreis stehen. Da diese, bedingt durch die kleinere Ernte 1970 bei gleichzeitiger Verbrauchsausweitung und durch die marktentlastenden Maßnahmen der Gemeinschaft, nicht in dem angenommenen Umfang zurückgingen, traten zwangsläufig auch bei den Zukaufsfuttermitteln keine deutlichen Preissenkungen, wohl aber eine stabilisierende Wirkung ein. Durch die geringe .Getreidepreissenkung dürfte die nicht oder nur zum Teil eingetretene Entlastung weitgehend kompensiert worden sein, so daß kein Anlaß besteht, die Höhe des Aufwertungsausgleichs zu korrigieren, und zwar, Herr Kollege Dr. Reinhard, weder nach oben noch nach unten, wie es gelegentlich ja auch gefordert wird.
Nach Auffassung der Bundesregierung werden die der deutschen Landwirtschaft durch die Aufwertung der D-Mark im Jahre 1969 entstandenen Verluste insgesamt voll ausgeglichen. Die Bundesregierung hat jedoch nie einen Zweifel daran gelassen, daß im Rahmen des Aufwertungsausgleichs nur die aufwertungsbedingten Verluste, nicht aber auch die konjunkturell verursachten Kostensteigerungen ausgeglichen werden sollen. Hierfür hat die Bundesregierung andere Maßnahmen getroffen, so z. B. durch die Bereitstellung der 480 Millionen DM, von denen 302 Millionen DM als Liquiditätshilfe zur Zeit zusammen mit dem Aufwertungsausgleich 1971 von den landwirtschaftlichen Alterskassen ausgezahlt werden.
Ich möchte in diesem Zusammenhang dem Gesamtvrband der landwirtschaftlichen Alterskassen und den einzelnen Alterskassen nochmals für die hervorragende Durchführung des Aufwertungsausgleichs 1970 danken, verbunden mit dem Wunsch, daß die Auszahlung des Aufwertungsausgleichs 1971 und der Liquiditätshilfe ebenso zügig und reibungslos erfolgt.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612720900
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Reinhard.

Dr. Carl Reinhard (CDU):
Rede ID: ID0612721000
Herr Staatssekretär, es war eindeutig von einer Ersparnis von 500 Millionen DM auf der Ausgabenseite ausgegangen worden, die nicht eingetreten ist. Sie haben meine Frage nicht beantwortet, Herr Staatssekretär.

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612721100
Doch, die Frage habe ich insofern beantwortet, als ich darauf hingewiesen habe, daß man zwar nicht zu dem erwünschten Rückgang bei den Betriebsmitteln gekommen ist — es war in der Tat so, daß hier 500 Millionen DM unterstellt worden sind —, daß aber in gewissem Sinne eine stabilisierende Wirkung eingetreten ist. Wir haben in der Zwischenzeit ja auch versucht, das, was unter dem Strich zu wenig war, durch die soeben von mir genannten Maßnahmen zusätzlich auszugleichen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612721200
Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Carl Reinhard (CDU):
Rede ID: ID0612721300
Darf ich feststellen, Herr Staatssekretär, daß Sie mir zugegeben haben, daß eine wesentliche Ausgabensteigerung und damit auch eine erhöhte Aufwendung an Mehrwertsteuer durch die Landwirtschaft eingetreten ist? Treten Sie dafür ein, daß die Mehrwertsteuer, die der Landwirtschaft verbleibt, erhöht wird? Und was hat Ihr Haus und haben Sie in dieser Richtung bisher getan?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612721400
Herr Dr. Reinhard, zunächst freue ich mich, daß Sie jetzt eine Erhöhung der Mehrwertsteuer verlangen. Ich weiß noch genau, daß Sie im Jahre 1969, als es um den D-Mark-Aufwertungsausgleich ging, die Auswirkung der Mehrwertsteuer auf die Landwirtschaft doch sehr pessimistisch angesehen haben.

(Abg. Dr. Ritz: Jeder lernt dazu!)

Auch das sollte man hier einmal ausführen. Sie verlangten damals den Grenzausgleich. Er ist in der Zwischenzeit ja nun eingeleitet worden; aber darüber möchte ich jetzt nicht reden.

(Abg. Dr. Reinhard: Das habe ich nicht verstanden!)

— Sie verlangten 1969 den Grenzausgleich. Er ist in der Zwischenzeit, zumindest zur Zeit der Wechselkursfreigabe, eingeleitet worden. Ich möchte nur noch einmal festhalten, daß es sich damals von der Opposition her anders anhörte.

(Zuruf des Abg. Dr. Reinhard.)


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Jaeger.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612721500
Herr Abgeordneter, Sie haben bereits zwei Zusatzfragen gehabt!

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612721600
Aber nun zur Sache selbst! Wir prüfen die Einkommensentwicklung und die Kostenbelastung in der Landwirtschaft durchaus laufend sehr genau. Auch wir wissen, daß gewisse Vorleistungen gestiegen sind. Das habe ich auch in meinen Ausführungen zugegeben. Wir werden entsprechend zu überlegen haben, welche Vorschläge wir nach dem Vorliegen der Wirtschaftsergebnisse und nach der Entwicklung der nichtadministrativen Preise, wie ich das heute nachmittag so oft betont habe, machen, wenn eine negative Entwicklung festgestellt wird, Vorschläge, die dann auch Berechtigung haben.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612721700
Zu einer Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Früh.

Dr. Isidor Früh (CDU):
Rede ID: ID0612721800
Herr Staatssekretär, gehe ich fehl in der Annahme, daß die ursprünglichen Berechnungen über die Höhe der zu erwartenden Einkommensminderung der Landwirtschaft auf Grund der Aufwertung zwischen 2,2 und 2,7 Mil-



liarden DM geschwankt haben und daß man dann wiederum in der Annahme, daß die Aufwertung einen Kostendruck erzeugen würde, die untere Schwelle des Ausgleichs von 2,2 Milliarden DM um 500 Millionen auf 1,7 Milliarden DM gesenkt hat? Da nach Ihrem Aufwertungsausgleichsbericht jedoch kein Kostendruck eingetreten ist, ist doch die Frage berechtigt, ob Sie Ihre Fehleinschätzung von damals durch eine Erhöhung des Aufwertungsausgleichs auszugleichen gedenken.

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612721900
Herr Kollege, wir haben damals von vornherein versucht, mit sehr realistischen Zahlen zu arbeiten. Die 2,2 Milliarden sind bei uns nicht auf 1,7 Milliarden DM reduziert worden, sondern wir haben versucht, genau zu rechnen. Unser jetziger Bericht über die Entwicklung des Aufwertungsausgleichs besagt ganz klar, daß ein voller Ausgleich erreicht worden ist. Damit ist deutlich geworden, daß wir im Jahre 1969 eine richtige Schätzung vorgenommen hatten.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612722000
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Löffler.

Lothar Löffler (SPD):
Rede ID: ID0612722100
Herr Staatssekretär, würden Sie mir darin zustimmen, daß ohne die Aufwertung im Jahre 1969 die Betriebsmittel für die deutsche Landwirtschaft heute wesentlich höher wären, als es der Fall ist, und daß die deutsche Landwirtschaft diese Betriebsmittel auch bezahlen müßte?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612722200
Herr Kollege, das gebe ich Ihnen gerne zu. Es wäre zweifellos so gewesen, daß wir dann noch einen ganz anderen Kostenanstieg gehabt hätten. Darüber waren sich auch alle Sachverständigen, bis auf einige Oppositionspolitiker, eigentlich einig.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612722300
Herr Staatssekretär, ich komme dann zur Frage 27 des Herrn Abgeordneten Dr. Reinhard:
Wie gedenkt die Bundesregierung im Lichte ihrer Zusage, daß der deutschen Landwirtschaft aus der Freigabe der Wechselkurse keine Verluste entstehen sollen, die auf dem Sektor Eier- und Geflügelwirtschaft schon jetzt eingetretenen fühlbaren Verluste zu beheben?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612722400
Wie ich bereits in Verbindung mit der Beantwortung der Fragen der Kollegen Rainer und Solke ausgeführt habe, prüft die Bundesregierung zur Zeit in Zusammenarbeit mit den berufsständischen Organisationen eingehend die Situation bei denjenigen Produkten, für die kein voller Grenzausgleich erreicht werden konnte. Sobald diese Prüfung abgeschlossen ist, wird sich das Bundeskabinett, wie ich schon vorhin betont habe, mit dieser Angelegenheit erneut befassen, voraussichtlich schon auf einer seiner nächsten Sitzungen. Herr Kollege Dr.
Reinhard, ich bitte um Verständnis, wenn ich diesen Beratungen hier heute nicht vorgreifen möchte.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612722500
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Reinhard.

Dr. Carl Reinhard (CDU):
Rede ID: ID0612722600
Herr Staatssekretär, darf ich darauf hinweisen, daß ich Sie bereits am 28. November 1969 in der gleichen Weise gefragt habe und daß Sie mir damals die Auskunft gegeben haben:
Herr Kollege Dr. Reinhard, Sie können davon ausgehen, daß die Bundesregierung durchaus zu ihren Aussagen in der Regierungserklärung steht. Die Bundesregierung ist hier bezüglich des Verlustausgleichs im Wort, und sie wird ihr Wort halten.

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612722700
Wie man heute nach dem ersten Jahresbericht feststellen kann, hat die Bundesregierung ihr Wort wörtlich so gehalten, wie ich es damals ausgeführt habe.

(Abg. Dr. Reinhard: Das möchte ich doch bezweifeln!)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612722800
Ich komme zur Frage 28 des Abgeordneten Dr. Evers.
Ist es der Bundesregierung bekannt, daß die Margarinehersteller durch das Gesetz über die Unterbringung von Rüböl au: inländischem Raps und Rübsen vom 12. August 1966 gezwungen sind, Rübölraffinat aus nachweisbar inländischer Raps- und Rübsenernte zu kaufen, und daß Sie dieses Öl teilweise nicht zur Margarineherstellung verwenden, sondern versuchen, es an Raffinerien zur Herstellung von Heizöl weiterzuverkaufen, obwohl sie dabei Schwierigkeiten haben, weil das so gewonnene Heizöl durch seine Geruchsbildung in erhöhtem Maße zur Um weltverschmutzung beiträgt?
Bitte sehr, Herr Staatsekretär!

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612722900
Darf ich diese und die nächste Frage des Abgeordneten Dr. Evers gemeinsam beantwor ten?

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612723000
Der Fragesteller ist einverstanden. Ich rufe die Frage 29 des Abge. ordneten Dr. Evers mit auf:
Ist die Bundesregierung bereit, für eine Regelung Sorge zu tragen, die sowohl den Absichten des Gesetzes als auch der Belangen des Umweltschutzes Rechnung trägt?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612723100
Herr Kollege Dr. Evers, eine Verpflichtung der Margarinehersteller zur Verwendung von Rüböl aus inländischem Raps und Rübsen bestehe bereits seit dem 1. Januar 1967 nicht mehr. Die Verpflichtung wurde im Zusammenhang mit der EWG. Fettmarktordnung durch § 19 Abs. 3 des Durchführungsgesetzes EWG Fette vom 12. 6. 1967 (Bundes. gesetzblatt I S. 593) aufgehoben. Im übrigen besteht kein wirtschaftlicher Anreiz, Rüböl für die Heizölherstellung zu verwenden, da Rüböl etwa zehnmal so teuer ist wie Heizöl. Ein Liter Rüböl kostet heute



Parlamentarischer Staatssekretär Logemann
etwa 1,20 DM. Damit ist die Beantwortung der zweiten Frage hinfällig.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612723200
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Evers.

Dr. Hans Evers (CDU):
Rede ID: ID0612723300
Ist Ihnen möglicherweise bekannt, Herr Staatssekretär, aus welchen Gründen die Margarinehersteller sich immer noch verpflichtet fühlen, Rüböl anzukaufen?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612723400
Das ist mir nicht bekannt. Ich kann Ihnen dazu jetzt auch keine konkretere Antwort geben.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612723500
Dann kommen wir zur Frage 30 des Abgeordneten Brück (Holz) :
Hält die Bundesregierung die bestehenden gesetzlichen Regelungen noch für zeitgemäß, wonach eine Entschädigungspflicht des Jagdberechtigten für Schäden bei durch Wild verursachten Unfällen nicht besteht, weil freilebender Wild als „herrenloses Gut" gilt, auf der anderen Seite aber bei einem Unfall verletztes oder getötetes „herrenloses" Wild an den Jagdberechtigten herausgegeben werden muß?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612723600
Die Bundesregierung hält die bestehende gesetzliche Regelung für sachgerecht. Da nach geltendem Recht der Jagdausübungsberechtigte für die durch herrenloses Wild verursachten Verkehrsunfälle nicht haftet, wäre es Unsinn, die Geschädigten auf Kosten der Jagdausübungsberechtigten durch Belassung des angefahrenen Wildes zu entschädigen. Das Recht, Eigentum an einem Stück Wild zu erwerben, steht allein dem Jagdausübungsberechtigten zu. Dieses Aneignungsrecht besteht auch bei Wild, das bei Zusammenstößen mit Kraftfahrzeugen getötet wurde. Im übrigen würde es auch den Grundsätzen unseres Schadensersatzrechts widersprechen, wenn sich der Geschädigte ohne weiteres an dem schädigenden Objekt zum Teil schadlos halten könnte.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612723700
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.

Alwin Brück (SPD):
Rede ID: ID0612723800
Herr Staatssekretär, ist diese jetzige Regelung nicht ein Überbleibsel aus Feudalzeiten, als Feudalherren die Jagdberechtigten waren und die Bürger keine Rechte hatten?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612723900
Ich bin kein Jäger. Ich vermag diese jagdlichen Aussagen nicht aus eigener Erfahrung zu bekräftigen. Aber ich meine doch, daß die jetzige Regelung unseren rechtlichen Grundsätzen entspricht.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612724000
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.

Alwin Brück (SPD):
Rede ID: ID0612724100
Wäre nicht ein Haftungsverband ähnlich den Wildschadensausgleichskassen sinnvoll?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612724200
Das möchte ich verneinen. Wohin kämen wir, wenn wir einen Wildschadensausgleich auch noch hier einführten!

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612724300
Eine Zusatzfrage, bitte.

Karl-Heinz Hansen (SPD):
Rede ID: ID0612724400
Herr Staatssekretär, ist diese bestehende Regelung reicht auch ungerecht vor dem Hintergrund, daß jeder Rentner, der einen Hund hat, eine Haftpflichtversicherung abschließen muß, wenn er sich gegen Ansprüche aus der gesetzlichen Haftung als Tierhalter freihalten will?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0612724500
Ich glaube, daß der Vergleich hinkt. Wir können doch nicht verlangen, daß der Jäger für jedes Reh eine Haftpflichtversicherung abschließt.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612724600
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir stehen am Ende der Fragestunde.
Wir kommen nunmehr zur Fortsetzung der Beratung von Punkt 2 der Tagesordnung. Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Schmidt (München).

Manfred Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0612724700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute vormittag ist von mehreren Sprechern der CDU/CSU versucht worden, eine Art Mohrenwäsche durchzuführen. Man wollte von sich die Verantwortung dafür abschieben, daß wir erst heute in diesem Hause ein Städtebauförderungsgesetz endgültig verabschieden können. Alle Hinweise, die hier gekommen sind, auf verfassungsrechtliche Schwierigkeiten und ähnliches schlagen nicht durch. Denn diese Bundesregierung ist vor den gleichen Schwierigkeiten gestanden und hat diese Schwierigkeiten gemeistert, während unter Ihrer Regierungszeit dieses Gesetz, obwohl seit langem überfällig, einfach nicht durchsetzbar war. Der Mohr Lücke und die Mohrenfraktion CDU/CSU sind schwarz geblieben.
Ich darf in diesem Zusammenhang Herrn Minister Lauritzen die besonderen Glückwünsche dieser Fraktion aussprechen, daß wir jetzt endlich soweit gekommen sind.

(Zustimmung bei der SPD.)

Es wurde heute von Sprechern der CDU/CSU wiederholt gesagt: Wir bekennen uns voll und ganz zur Sozialpflichtigkeit des Eigentums. Ich muß sagen, daß mir dieses deklamatorische Bekenntnis zur Verfassung nicht sehr imponiert. Es kommt nicht darauf an, sich dafür auszusprechen, sondern es kommt darauf an, inwieweit man bereit ist, das in die



Schmidt (München)

Tat umzusetzen. Sie haben mehrere Anträge gestellt, die zeigen, daß Sie im Grunde genommen, wie Herr Prassler ausgeführt hat, eine Bodenrechtsfortentwicklung nach dem Motto durchführen wollen: Wasch mir den Pelz aber mach mich nicht naß. So bestehen Sie jetzt noch auf dem Stichtag, obwohl sich bei einem Hearing durch die Sachverständigen, die zum Teil ursprünglich durchaus dafür waren, eindeutig herausgestellt hat, daß dieser Stichtag letzten Endes dazu führen muß, daß ein Teil der Spekulationsgewinne sozusagen gesetzlich sanktioniert wird. Mit Ihren Anträgen zu den §§ 15 und 7 a gehen Sie hinter das Bundesbaugesetz zurück. Wir können nicht eine Bodenreform nach dem Motto der Echternacher Springprozession durchführen: ein Schritt vor und zwei Schritte zurück. Dafür können Sie unsere Unterstützung nicht haben. Es kommt vielleicht nicht ganz von ungefähr, daß der Herr Kollege Orgaß — ohne daß ich ihn jetzt zitieren will — sich heute vormittag eindeutig dazu geäußert hat, was er unter Ihren bodenrechtlichen Vorstellungen versteht. Ich stimme ihm da zu.
Noch ein weiterer Punkt muß erwähnt werden. Herr Kollege Dr. Schneider aus Nürnberg hat gesagt, wir sprächen soviel von Demokratisierung, nur könne er den Fortschritt in der Demokratisierung in diesem Gesetz nicht sehen. Herr Kollege Dr. Schneider, entweder Sie sind in dieser Richtung blind, oder Sie wollen es nicht sehen. Sie haben meine Frage, wann die CDU/CSU jemals ein Gesetz erlassen hat, das den Bürger in einer solchen Art und Weise an der Planung beteiligt, nicht be- antwortet, und Sie können sie auch nicht beantworten. Es ist ein ganz erheblicher Fortschritt, daß jetzt zum erstenmal nicht mehr über die Köpfe der Bürger hinweg Planung betrieben wird, sondern daß die Verwaltung im Rahmen der Voruntersuchungen und des Sozialplans gezwungen ist, den Bürger als Gesprächspartner zu akzeptieren und mit ihm über die Planung und darüber zu reden, wie mögliche negative Auswirkungen beseitigt werden können.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612724800
Herr Abgeordneter Schmidt, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Schneider?

Manfred Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0612724900
Gern.

Dr. Oscar Schneider (CSU):
Rede ID: ID0612725000
Herr Kollege Schmidt, sind Sie bereit und in der Lage, mir zuzugeben, daß für Entwicklungsgebiete vorbereitende Untersuchungen im Gegensatz zum Sanierungsgebiet nicht vorgesehen sind und daß die Landesregierungen rechtlich in den Stand gesetzt werden, durch Rechtsverordnung Entwicklungsbereiche festzulegen, ohne daß die örtlichen kommunalen Vertretungen damit befaßt werden?

Manfred Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0612725100
Herr Kollege Dr. Schneider, das ist ganz bewußt und mit Absicht so gemacht. Ich möchte Ihnen auch sagen, warum. Bei den Entwicklungsgebieten handelt es sich in der Regel um Gebiete, die außerhalb bebauter Wohngebiete liegen. Es werden also nur sehr wenige Bürger betroffen sein. Die Durchführung dieser Entwicklungsmaßnahmen liegt im öffentlichen Interesse, auch im Interesse eines ganzen Landes. Durch die Festsetzung eines Entwicklungsgebietes wird kein einziger Bürger unmittelbar betroffen. Betroffen wird er durch den dann folgenden Bebauungsplan. Um die Folgen zu mildern und ihn hier als Gesprächspartner einzuschalten, haben wir auch für Entwicklungsmaßnahmen den Sozialplan. Man kann also nicht sagen, es gebe hier keine Demokratisierung und keinen Beginn der Öffnung des Planungsverfahrens.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612725200
Gestatten Sie eine weitere Zusatzfrage, diesmal vom Abgeordneten Dr. Böhme?

Dr. Günter Böhme (CDU):
Rede ID: ID0612725300
Herr Kollege Schmidt, würden Sie mir zugeben, daß durch die Ausweisung eines Entwicklungsgebietes durch eine Rechtsverordnung auf die Dauer jeder einzelne Bürger betroffen wird, der in diesem Gebiet wohnt oder dort Eigentum hat?

Manfred Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0612725400
Durch die Ausweisung eines Entwicklungsgebietes wird er nicht unmittelbar betroffen, wohl aber durch den späteren Bebauungsplan. Dann soll der Sozialplan eingreifen, um die negativen Folgen zu mildern. Aus diesem Grunde kann ich nicht einsehen, warum Sie darauf bestehen. Da Sie mich gefragt haben, möchte ich Ihnen sagen, wie es nach Ihrem Vorschlag weitergehen würde. Bei dem Beschlußverfahren, das Sie vorschlagen, hätte jeder, der dort ein Gundstück besitzt, die Möglichkeit, diesen Verwaltungsakt anzufechten und das Verfahren durch alle Instanzen zu treiben. Dadurch würde jede schnelle und zügige Durchführung einer Entwicklungsmaßnahme unmöglich gemacht.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612725500
Herr Abgeordneter Schmidt, gestatten Sie eine weitere Frage des Abgeordneten Dr. Böhme?

Manfred Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0612725600
Werden diese Fragen auf die Redezeit angerechnet?

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612725700
Nein.

Dr. Günter Böhme (CDU):
Rede ID: ID0612725800
Vielen Dank, Herr Schmidt, daß Sie mir noch eine Frage gestatten.
Würden Sie mir zugeben, daß die schnelle und zügige Durchführung einer Sanierung wie auch einer Entwicklung im Grundsatz letztlich nicht so sehr von der Entschädigungshöhe wie von der Inbesitznahme zum Zwecke der Bebauung oder zum Zwecke der Planung abhängig ist und daß ein derartiges Instrument wie die Besitzeinweisung, wie sie z. B. im Bundesfernstraßengesetz enthalten ist, in diesem Gesetz nicht vorgesehen ist?

Manfred Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0612725900
Ja, das gebe ich Ihnen gerne zu, und ich habe auch bereits vorher gesagt,



Schmidt (München)

wie wir uns diese Dinge vorstellen. Wir wollen das eben auf Grund verschiedener Gesichtspunkte, auf die wir noch eingehen können, wenn wir Ihre Anträge behandeln, durch Verordnung regeln und wollen dann die besonderen Interessen des einzelnen Betroffenen im Rahmen des Sozialplans berücksichtigen.
Ich glaube also, daß es diesem Gesetz nicht gerecht wird, wenn behauptet wird, hierin läge kein wesentlicher Fortschritt, was die Beteiligung des Bürgers am Planungsverfahren betrifft.
Wir wissen allerdings auch — und es wäre unredlich, das nicht zu sagen —, daß die Verwaltungen von dieser Öffnung und Demokratisierung des Planungsverfahrens nicht sonderlich begeistert sind. Sie sagen vor allen Dingen, dadurch würde eine gewisse Verzögerung eintreten, und alle Planungsmaßnahmen würden dadurch erschwert. — Ich möchte klar und eindeutig feststellen, daß ich diese Argumentation für den Ausdruck eines falschen Effizienzstandpunktes halte. Es kann nicht so gesehen werden, als sei Stadtplanung lediglich eine technische Aufgabe, die man über die Köpfe der Bürger hinweg regeln könne. Wer will, daß sich Bürger mit ihrer Gemeinde identifizieren, der muß ihnen auch die Möglichkeit einräumen, auf Planungsverfahren Einfluß zu nehmen. Und diese Möglichkeit gibt ihnen dieses Gesetz.
Der Parteitag der. SPD in Saarbrücken hat aus diesem Grunde auf den Sozialplan ganz besonderen Wert gelegt, und ich darf hier für unsere Fraktion sagen, daß wir den Sozialplan und auch die vorbereitenden Untersuchungen — dies gehört teilweise zusammen — als ein Kernstück dieses Gesetzes ansehen, und wir verweisen mit Stolz darauf, daß wir in einem Bereich, in dem bisher zwar von Demokratisierung die Rede war, in dem sie aber kaum jemals eine größere Rolle gespielt hat, diese Demokratisierung einführen.
Und es kommt noch etwas hinzu. Wirtschaftlich starke Unternehmer oder Gruppen hatten bereits bisher die Möglichkeit, sich sehr gut zu artikulieren. Sie wußten, an welchen Adressaten sie sich zu wenden hatten, wenn sie ihre Absichten in die Tat umsetzen wollten. — Mit diesem Sozialplan ist jetzt zum erstenmal erreicht, daß auch diejenigen eine Artikulationsmöglichkeit haben, denen sie bisher weitestgehend versagt war. Wir versprechen uns davon unter anderem, daß dann eine Planung so erfolgt und daß unsere Städte so gebaut werden, daß sich die Bürger in diesen Städten wohlfühlen, weil diese menschengerecht und human gebaut wurden. Und daran wollen wir den Bürger beteiligen. — Ich glaube, es ist notwendig, auf diesen Teil des Gesetzes ganz besonders einzugehen.
Auf eines, was auch immer wieder eine große Rolle spielt, möchte ich noch ganz kurz eingehen, nämlich auf den Vorwurf, der - laut oder leise ausgesprochen — besagt, mit diesem Gesetz setze das ein, was man „Kommunalisierung" oder „Sozialisierung" von Grund und Boden nennen könnte. Dazu muß ich eines sagen, meine Damen und Herren. Ohne den Kollegen Orgaß zitieren zu müssen, kann ich feststellen: wer so etwas bei Regelungen, die voll mit dem Grundgesetz in Übereinstimmung stehen, bei Regelungen, die mit dem Eigentum an Grund und Boden so behutsam wie nur irgend möglich umgehen, behauptet, der ist meiner Meinung nach — da ich ihm nicht Unkenntnis unterstellen kann — einfach ein politischer Verleumder. Wir lassen uns diese Verleumdungen nicht gefallen. Wir wollen Regelungen, in denen das öffentliche und das private Interesse wohl gegeneinander abgewogen werden, Regelungen, die der Aufgabe der Sanierung unserer Städte Rechnung tragen, aber auch das Interesse des einzelnen ausreichend berücksichtigen.
Ich glaube, daß in diesem Entwurf dafür gute Regelungen getroffen worden sind, und ich meine auch, man kann mit einer gewissen Berechtigung sagen, daß mit dem vorgelegten Entwurf des Städtebauförderungsgesetzes bereits ein Eckpfeiler dessen ins Parlament gebracht wird, was man „innere Reformen" nennt. Ich meine, daß es eine Leistung dieser Regierung ist, innerhalb von weniger als zwei Jahren das geschafft zu haben, was Sie, meine Damen und Herren, 20 Jahre lang versäumt oder nicht gewollt haben.

(Beifall beiden Regierungsparteien. — Abg. Stücklen: Aber wir haben 12 Millionen Wohnungen gebaut, Herr Schmidt!)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612726000
Das Wort hat der Abgeordnete Orgaß.

Gerhard Orgaß (CDU):
Rede ID: ID0612726100
Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir sind uns alle in diesem Hause und mit der gesamten Bevölkerung darin einig, daß das Städtebauförderungsgesetz einer der gravierenden Gesetze für die Zukunft unserer Gesellschaft ist, weil es die Strukturen ,der Zukunft vom Raum her beschreibt und festschreibt. Ich bin sehr froh darüber, daß wir uns in den Ausschußberatungen im Grunde genommen nach dem Prinzip der Sachlichkeit gerauft und gemeinsam festgestellt haben, daß der Regierungsentwurf, der uns vorgelegen hat, ausgesprochen unbefriedigend war. Selbst Herr Ahrens hat als Sprecher der SPD-Fraktion erklärt — ich habe das mit Genugtuung verzeichnet —, daß der Gesetzentwurf }der Regierung zwar das juristische Instrumentarium logisch darstelle, daß aber die gesellschaftpolitischen Bezüge, um die es bei der Sanierung und Entwicklung geht, einfach zu kurz gekommen seien. Wir von der CDU waren von vornherein der Auffassung, daß dieses Gesetz nach Leitbildern und Zielvorstellungen ein Strukturentwicklungsgesetz sein müsse. Wir haben unsere Vorstellungen, die Sie mit tragen, in beachtlicher Weise durchsetzen können.
Darüber hinaus ist ein weiteres Prinzip von allergrößter Bedeutung, nämlich das Prinzip einer stärkeren Demokratisierung bei der Frage der Neuordnung unserer Städte und Gemeinden wirksam geworden. Ich bin sehr stolz darauf, daß die Vorstellungen, die in den Sozialausschüssen der christlich-demokratischen Arbeitnehmerschaft geboren wurden, über den Weg des Oppositionsentwurfs und — verbessert im Hearing und in der Beratung — ihren Niederschlag im Entwurf gefunden haben.



Orgaß
Ein Punkt aber, den wir für eminent wichtig halten, ist in diesem Gesetz leider unbefriedigend gelöst. Ich meine den Gedanken, den wir .mit dem Gesetz verbunden haben, daß das Städtebauförderungsgesetz zugleich auch ein Vermögensbildungsgesetz sein müsse. Denn durch Sanierung und Entwicklung werden mit Hilfe der öffentlichen Hand, d. h. mit öffentlichen Steuergeldern, riesige Vermögen neu geschaffen und verteilt. Es muß die Frage gestellt werden, wem sie im einzelnen zugute kommen.
Damit ist in diesem Gesetz auch die grundsätzliche Frage nach dem Eigentum gestellt. Wir alle sind in diesem Hause der Meinung, daß Eigentum eine soziale Verpflichtung bedeutet. Ich stehe absolut auf dem Boden des privaten Eigentums auch an Grund und Boden. Damit erteile ich allen Vorstellungen von Sozialisierung und Kommunalisierung eine klare Absage. Ich bin nämlich mit meinen Freunden 'der Auffassung, daß Sozialisierung und Kommunalisierung den Freiheitsgrad der betroffenen Bevölkerung in keiner Weise erhöht, sondern damit die Gefahr einer Manipulierung der Bevölkerung und der Gesellschaft durch eine Bürokratie und Technokratie heraufbeschworen wird.
Ich meine aber, daß wir auf der anderen Seite auch die dienende Funktion des Eigentums sehen und zu Ergebnissen kommen mussen, die im Sinne sozialer Gerechtigkeit fur breite Schichtten der Bevölkerung befriedigend sind. Aus diesem Grunde halte ich von dem gesamten Stadtebaurorderungsgesetz die §§ 14 und 60, ,die die Überschritt sanierungsgemeinschaft bzw. Entwickiungsgememschatt tragen, für die wohl bedeutendsten — weil zukunftstrachtigsten — Gesetzesparagrapnen überhaupt. Ich bin sehr stolz darauf, daß es mir unter dankenswerter Assistenz und Verständnisbereitschaft von Freunden gelungen ist, hier die Möglichkeit zu eröffnen, daß eine breite Streuung - des Eigentums möglich wird. Es ist im Ausschuß leider nicht möglich gewesen, die Grundsätze, die dazu notwendig sind, in dieses Gesetz zu schreiben. Deshalb haben die beiden §§ 14 und 60 einen Absatz 2, in dem ganz schlicht nur steht: Das Nähere wird in einem besonderen Gesetz geregelt. Ich glaube, diese beiden Absätze, daß jeweils ein neues Gesetz das Nähere regelt, sind das Bedeutsame an diesem Gesetzentwurf, den wir heute verabschieden, so paradox das klingen mag, weil darin überhaupt erst die Möglichkeit liegt, eine Gesellschaft unter den Gesichtspunkten der wirtschaftlichen, soziologischen und sonstigen Erfordernissen funktionsfähig zu machen. Zugleich bietet sich die Möglichkeit, dem einzelnen, dein betroffenen Bürger, Eigentum in breiter Streuung zufließen zu lassen.
Ich will hier .der Regierung — die leider nicht vertreten ist, die bestenfalls durch die Anwesenheit von Vertretern ihrer Verwaltung glänzt — unsere Vorstellung mit auf den Weg geben. • Wir meinen, daß beispielsweise durch eine zeitgerechte Reform des Genossenschaftsrechts neue Möglichkeiten eröffnet werden sollten. Ein solches neues Genossenschaftsrecht sollte es dem einzelnen gestatten, seine Aufwendungen für das Wohnen gleichzeitig zur Kapitalbildung zu nutzen. Damit würde auch eine breite Eigentumsstreuung erreicht. Während wir auf der einen Seite durchaus das Prinzip anerkennen, daß überall dort, wo es möglich ist, durch die Form des Eigenheims oder des Stockwerkeigentums zur Vermögensbildung beigetragen werden soll, müssen wir andererseits doch erkennen, daß wir uns in ,einer industriellen Gesellschaft befinden, die dadurch gekennzeichnet ist, idaß ein immer größerer Teil dieser Gesellschaft künftig in Verdichtungsgebieten und dort in mehrgeschossigen Wohnungen leben wird. Wir müssen deswegen nicht nur Möglichkeiten für denjenigen eröffnen, der finanziell gut betucht ist und — wegen Raummangels — die Eigentumsbildung über die jetzige Form der Eigentumswohnung sucht. Wir müssen darüber hinaus in einer sozialen Staffelung auch und gerade den ärmeren Schichten unserer Bevölkerung die Möglichkeit eröffnen, mit ihren Aufwendungen für das Wohnen zur Bildung eigenen Vermögens beizutragen, anstatt daß sie in ein lebenslanges Mieterschicksal gezwungen sind, wo sie durch ihre monatliche Miete zur Kapitalbildung anderer beitragen.
Das bedeutet allerdings, daß das Genossenschaftsrecht heutiger Prägung, das für die Zustände des vorigen Jahrhunderts gut und griffig war, entscheidend geändert wird. Wenn wir uns eine heutige Genossenschaft, gleich welcher Art, einmal ansehen, können wir die Frage stellen: Wem gehört eine solche Genossenschaft? Die schnelle Antwort wird sein: Den Genossen. Wenn man aber die Probe aufs Exempel macht, wird man feststellen müssen, daß man, zieht man alle Anteile der Genossen aus der Genossenschaft heraus. nicht vor dem Nichts steht, wie es eigentlich logisch wäre, sondern daß dann eine riesige Substanz, der größte Teil, immer noch da ist, weil er sich irgendwo verselbständigt hat. Hier heranzukommen, in der Frage der Vermögensbildung für die Genossen wirklich etwas zu schaffen, das scheint uns zu den notwendigsten Dingen
zu gehören.
Es ist für uns wohl unbestritten, daß wir die Probleme der Zukunft, die wahrscheinlich in viel stärkerer Dynamik auf uns alle noch zukommen, nicht mit Rezepten der Vergangenheit werden lösen können. Wir müssen aber Lösungen finden, die die Freiheit unserer Gesellschaft nicht nur erhalten, sondern geradezu ermöglichen, weil sie nach dem Zwecke sozialer Gerechtigkeit nicht nur für einen Teil unserer Gesellschaft, sondern für die gesamte Gesellschaft gefordert werden.

(Beifall bei der CDU/CSU.) Vizepräsident Dr. Jaeger: Das Wort hat der Abgeordnete Niegel.


Lorenz Niegel (CSU):
Rede ID: ID0612726200
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn Herr Schmidt (München) uns bezichtigt, daß wir die Sozialpflichtigkeit nur sozusagen als Lippenbekenntnis herumtrügen, und er den Vorwurf zurückweist, daß irgendwelche eigentumsbeschränkenden oder -gefährdenden Elemente im Gesetzentwurf vorhanden sind, so



Niegel
müßte ich genauso wie er den Begriff des Verleumders hier verwenden.

(Zuruf von der CDU/CSU: Bielefeld!)

Aber ich will das nicht tun, weil ich diesen Begriff als unparlamentarisch empfinde. Ich meine aber, daß wir genügend Dokumente haben, wo sich Mitglieder der Fraktion der SPD, aber auch führende Persönlichkeiten der SPD sehr „positiv" zum Eigentum geäußert haben, ob das der Herr Oberbürgermeister Vogel von München war, der nur noch ein beschränktes Nutzungsrecht am Eigentum gelten lassen und ansonsten kommunalisieren will, ob das der Herr Kollege Martin Hirsch, stellvertretender Fraktionsvorsitzender, ist, der von einer Sünde sprach, daß man überhaupt noch Bodeneigentum hat, oder — ganz neu — ob das die FDP und die Jungdemokraten von Nürnberg sind. In der gestrigen Ausgabe der „Nürnberger Nachrichten" steht: „Gegen Privatbesitz an Grund und Boden. Überraschender Beschluß" — selbst für die „Nürnberger Nachrichten" — „von Jungdemokraten und FDP". Vielleicht wäre es gut, wenn der Kollege, der nach mir spricht, sich einmal schnell diese Zeitung besorgt; ich lasse sie ihm hier. Vielleicht kann er dazu Stellung nehmen.
Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir brauchen unsere Überzeugung von der Sozialpflichtigkeit nicht unter Beweis zu stellen. Aber eines bitte ich zur Kenntnis zu nehmen: Wir sagen ebenso ein grundsätzliches Ja zum Grundeigentum und nicht ein „Jein" wie Sie. Wenn gelegentlich Auswüchse beim Bodeneigentum festzustellen sind, dann soll zwar der Mißbrauch und die Monopolisierung verhindert werden, aber nicht schlechthin die Institution des Privateigentums oder die Verfügbarkeit darüber aufgehoben werden. Ich brauche jetzt nicht darauf einzugehen, welche Werte und welche Bedeutung gerade eine auf Privateigentum beruhende Gesellschaftsordnung hat. Ich meine, daß es unserer gesellschaftlichen Auseinandersetzung nicht dienlich ist, wenn jede Woche eine Hetzsendung in dem einen oder anderen Programm des Fernsehens kommt über Leute, die Grund und Eigentum haben. Ich meine, wenn man zu sehr das Grundeigentum beschränkt, wenn man zu sehr die Eigeninitativen hemmt, dann hat niemand mehr Interesse, überhaupt noch eine Mark zu investieren. Wo kommen wir dann hin? Dann haben wir wiederum die echt bewirtschaftete Wohnung, und dann haben wir nur noch den Mangel und überhaupt keine Wohnung mehr zu verteilen.
Welche Faktoren waren es, die zum Anstieg der Grundstückspreise führten? Einmal die Bedürfnisse der industriellen Massengesellschaft, wodurch in ungleich größerem Maße als je zuvor Grundstücke für Wohnungs- und Städtebau, für Verkehrsanlagen sowie für Vorhaben der Infrastruktur benötigt werden. Zum zweiten haben wir auch 10 Millionen Vertriebene eingegliedert. Zum dritten, daß die Nachfrage nach Grund und Boden in den immer größer werdenden Ballungsgebieten — das ist ein ganz echtes Problem — sehr groß ist, daß weiterhin der wachsende Wohlstand die Ansprüche steigen läßt und daß wir -- das ist das Entscheidende — durch zwei bewußt erlebte Inflationen und jetzt durch eine inflationäre Tendenz den Trend in der Bevölkerung haben, die Ersparnisse so wertbeständig wie möglich anzulegen.
Eine Wirtschaftspolitik, die stärker auf Wachstum als auf Stabilität setzt, verstärkt selbstverständlich diese Tendenzen. Nur dann, wenn Geldwerstabilität vorrangiges Ziel und Maßstab für wirtschaftspolitische Entscheidungen wird, kann diesem Trend begegnet werden. Deswegen ist meines Erachtens — das soll man heute ruhig auch mit ansprechen, wenn man die Möglichkeiten, über Grund und Boden zu verfügen und dem Städtebauförderungsgesetz beschränkt — eine Wirtschaftspolitik notwendig, die der Stabilität des Geldwertes die erforderliche Beachtung schenkt. Sonst wird die Folge eines schleichenden Geldverfalls die Flucht in die Bodenwerte sein.
Ferner ist eine aktive Regionalpolitik notwendig, um eine weitere Verdichtung in Ballungsgebieten zu verhindern. Dazu darf ich folgendes sagen. Gut, wir sprechen heute von Städtebauförderung; das Gesetz heißt „Städtebauförderungsgesetz". Das darf aber nicht dazu führen, daß mit Hilfe dieses Gesetzes nur die Ballungszentren und Großstädte gefördert werden. Ich meine, daß auch das Land so einen Anspruch darauf hat, richtig gefördert zu werden. Wir sollten darüber hinaus alle Möglichkeiten schaffen, die zu einer echten Landentwicklung führen, damit der ländliche Raum aufgewertet wird und der Mensch sich auch im ländlichen Bereich wohl-fühlt, ja noch mehr: daß eine Attraktivität entsteht, die zu einer Entballung bei den Großstädten führt.
Es wird zwar immer wieder die Feststellung hervorgehoben, daß Grund und Boden nicht vermehrt werden können. Das ist ein alter Lehrsatz des Professors Aereboe aus dem 19. Jahrhundert.

(Lachen bei der SPD.)

— Er hat den Grundsatz aufgestellt, die Eigenschaften des Bodens seien: unvermehrbar, unteilbar, unzerstörbar und unbeweglich.
Aber — das möchte ich zum Ausdruck bringen — man kann, wenn auch in beschränktem Umfang, Bauland auf jeden Fall vermehren. Vielen Kommunen muß man zum Vorwurf machen, daß sie kein ausreichendes Angebot auf dem Baumarkt geschaffen haben. Selbstverständlich — das möchte ich ganz klar sagen — müßten auch Überlegungen, insbesondere hinsichtlich der Zweijahresfrist, angestellt werden, damit man gewisse steuerliche Abschöpfungen vornehmen kann.
Aber gegen eines möchte ich mich grundsätzlich wenden, daß man nämlich die Masse der Hausbesitzer — das sind 7,5 Millionen — oder die Masse der Bauern — das sind 1,5 Millionen —, insgesamt 9 Millionen Grundeigentümer, als Spekulanten bezeichnet.

(Zuruf von der SPD: Wer tut denn das?)

Wenn man davon ausgeht, daß die 9 Millionen
Grundeigentümer Familien haben, so sind es 27 Mil-



Niegel
lionen Bundesbürger, die min mit diesem Vorwurf diskriminieren würde.

(Widerspruch bei der SPD.)

Es ist wohl ein Unterschied — das muß ich ganz klar sagen —, ob jemand, der eine Chance vorzeitig wittert, ein Grundstück kurzfristig erwirbt, um es später zu einem überhöhten Preis wieder zu verkaufen, oder ob jemand, der seinen ererbten Grundbesitz im Zuge der Stadtentwicklung abgeben muß und damit seine Existenzgrundlage verliert, angemessen an der Entwicklungschance teilhaben will, die in jedem Grundstück steckt. Das trifft nicht nur die Bauern und Hausbesitzer, sondern unzählige kleine Leute: Handwerker, Arbeiter und Rentner.
Aber nun auch ein Wort zur Frage der Bewertung und der Bedeutung des Bodens überhaupt. In diesem Zusammenhang möchte ich einige Zahlen angeben. Die Baukostenentwicklung ist im Bundesdurchschnitt von Februar 1969 bis Februar 1971 um 27,1 % gestiegen. In München betrug die Steigerung der Baukostenentwicklung im letzten Jahr 30 %. Wenn Sie jetzt eine bestimmte Einheit Wohnungen nehmen, die Sie bauen, und dazu im Vergleich den notwendigen Boden setzen, so kommen Sie zu folgender Feststellung: Wenn Sie im vergangenen Jahr zehn Wohnungen zu je 100 qm erstellt haben, dann haben Sie 1000 qm Wohnfläche geschaffen. Bei einem Quadratmeterpreis von 1000 DM betrugen die Baukosten rund 1 Million DM. Rechnen Sie 30 % Baukostensteigerung in der Zeit vom vorigen Jahr bis heute hinzu, bedeutet das eine Steigerung von 300 000 DM. Bei einer Bebauungsdichte von 0,5, die an und für sich als sehr dünn zu bezeichnen ist, braucht man für dieses Haus mit zehn Wohnungen 2000 qm Grundfläche. Wenn man 50 DM je Quadratmeter Boden zu zahlen hat, beträgt der Bodenanteil 100 000 DM, bei 100 DM je Quadratmeter Boden sind es 200 000 DM, bei 200 DM je Quadratmeter Boden sind es 400 000 DM. Wenn man in einem Entwicklungsgebiet von einem Mittelpreis von 100 DM je Quadratmeter Boden ausgeht, liegt die Baukostensteigerung von 300 000 DM in einem Jahr wesentlich über dem Bodenanteil von 200 000 DM für das gesamte Gebäude. So sehen die Relationen in der Wirklichkeit aus. Durch die ständig in der Öffentlichkeit geführte Hetze wird ein falsches Bild vermittelt.

(Zustimmung bei der CDU/CSU. — Widerspruch bei der SPD.)

Nun eine andere Rechnung. Man spricht ständig von den Spitzenbodenpreisen. Das Statistische Landesamt Bayern in München hat jetzt Zahlen veröffentlicht.

(Zurufe von der SPD.)

— Sie können das ruhig diskriminierend abtun. Es sind immerhin Beamte, die diese Zahlen ermitteln. Auch die Stadt München liefert Zahlen dazu.

(Lachen bei der SPD.)

Dabei wurde festgestellt, daß im vergangenen Jahr bei 52,1 °/o aller Baulandverkäufe die Preise bis zu 20 DM je Quadratmeter lagen. Bei 10 % aller Grundstücksverkäufe lagen die Quadratmeterpreise zwischen 50 DM und 100 DM. Bei sage und schreibe nur 3,4 % aller Veräußerungen von Bauland in Bayern lagen die Quadratmeterpreise über 100 DM. Wenn Sie diese Zahlen sehen, kann der Vorwurf, daß man wegen der zu hoch gestiegenen Baulandpreise nichts unternehmen könne, meines Erachtens nicht aufrechterhalten werden. Ich gebe selbstverständlich zu, daß es im Ballungsgebiet München überhöhte Preise gibt. Man kann aber wegen dieser 3,4 % nicht so tun, als ob das gesamte deutsche Bodenrecht von Grund auf umgestülpt werden müßte. Machen Sie eine anstándige Wirtschaftspolitik, die keine Baukostensteigerungen von 30 % pro Jahr zuläßt, dann haben Sie für die Bauentwicklung mehr getan!

(Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)

Wir sprechen heute auch über den Städtebaubericht. Ich meine, wir sollten es im Zusammenhang sehen. Wir haben in dem neuen Gesetz die totale Erwerbspflicht der Gemeinden verankert. Hier ist die Frage zu stellen: Wem gehört dann die neue Stadt? Dem Bürger, der Kommune oder der anonymen Gemeinnützigen? Wo ist bei dieser neuen Stadt, bei dieser Entwicklung die Beteiligung der Bürger, das Mitspracherecht, die Demokratisierung? Oder wird diese Demokratisierung nur dort angewandt, wo man in bestimmtem Sinne zu agieren gedenkt?
Die weitere Frage lautet: Wie sieht diese neue Stadt aus? Ich möchte von dieser Stelle als Vertreter des Volkes an die Architekten appellieren.

(Lachen und Zurufe von der SPD.)

— Immerhin habe ich 56 % der Bevölkerung in meinem Wahlkreis hinter mir. Sie müssen erst einmal dazu kommen, so viel zu haben.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Lachen und Zurufe von der SPD.)

Machen Sie sich doch bitte Gedanken darüber, wie die neue Stadt aussehen soll! Soll sie so trostlos aussehen wie manche bisher entwickelten Gebiete, wie z. B. das Märkische Viertel in Berlin. Die Architekten haben uns bisher immer vorgeworfen, sie könnten nicht so planen, wie sie wollten, weil das Bodenrechtsinstrumentarium in Form eines Städtebauförderungsgesetzes fehle. Jetzt ist dieses Instrumentarium vorhanden, und jetzt erwarten wir von den deutschen Architekten und Städteplanern, daß sie uns moderne Städte bauen, in denen sich der Bürger wohlfühlen kann.

(Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

Nun noch einige Worte zum Gesetz selbst. Welche Hoffnungen machen wir uns mit diesem Gesetz? Ich muß grundsätzlich sagen: Dieses Gesetz ist erstens sehr schlecht gemacht. Wir haben dazu keine Zeit gehabt, es wurde durchgepeitscht.

(Lebhafter Widerspruch bei den Regierungsparteien.)

Wir werden ,diese Mängel in einigen Jahren spüren.
Zweitens: Dieses Gesetz strotzt nur so von „soll" und „kann" und „können". „Soll" und „kann" ist



Niegel
meines Erachtens keine Gesetzessprache. Die Auslegung des Gesetzes wird in das Ermessen der Behörden ,gestellt. Es ist ein Ermächtigungsgesetz für die Behörden gegen den Eigentümer und den Bürger; es ist nach vielen Seiten zu Lasten der Bürger auslegungsfähig.
Und vor allem: Es fehlen ja die Gelder. Was wollen Sie denn mit 150 Millionen DM im Jahr überhaupt tun? Damit können Sie gerade die Propaganda bezahlen und Zeitungsanzeigen aufgeben, mit denen Sie sagen, daß ein Städtebauförderungsgesetz geschaffen wurde.

(Anhaltende Zurufe von den Regierungsparteien.)

Und nun einige Einzelkriterien: Es fehlt in diesem Gesetz ein ausreichendes rechtliches Gehör. Es stimmt nicht, wenn der Herr Fraktionsvorsitzende Mischnick im „Wohnungspolitischen Dienst" meint, daß dies ein Ausdruck direkter Demokratie sei.
Dann wird die Wiedereinführung der Preiskontrolle beschlossen: Ich meine, daß mit dieser Wiedereinführung der Preiskontrolle ein grauer und schwarzer Bodenmarkt kommt, der die Gefahr von Falschbeurkundungen in sich birgt.
Und zum dritten ist in dem Gesetz ein gemeindliches Grunderwerbsrecht enthalten, ein In-sich-Geschäft der Gemeinde, die vorher die Genehmigung versagt, um dann ,das Grundstück günstig an sich ziehen zu können. Das ist ein neues Enteignungsinstitut, das neben dem Vorkaufsrecht und der Enteignung jetzt noch ohne die Voraussetzungen der Enteignung angewendet werden kann.
Zum § 23 ist zu sagen, daß meines Erachtens der entsprechende Stichtag sehr entscheidend ist, um zu einer gerechten Bewertung zu kommen. Ich meine aber auch, ,daß die Regelung im § 47 Abs. 4, wo die landwirtschaftlichen Grundstücke angesprochen sind, noch sehr deutlich gehalten ist. Ich hoffe, daß die Erklärung im Bericht doch zumindest für die Behörden, die das Gesetz anwenden, einigermaßen verständlich ist. Ansonsten wäre es fast notwendig, daß man hier eine Klarstellung vornimmt.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612726300
Herr Abgeordneter, für Sie ist keine besondere Redezeit angemeldet. Ich bitte Sie, zum Schluß zu kommen.

(Zurufe von der SPD.)


Lorenz Niegel (CSU):
Rede ID: ID0612726400
Herr Präsident, ich bin gleich fertig.

(Erneute Zurufe von der SPD.)

— Meine Herren, für eine große Fraktion ist dieses Benehmen sehr parlamentarisch.
Abschließend möchte ich nur auf folgendes hinweisen. Die SPD und der Herr Wohnungsbauminister Lauritzen betonen immer, daß das Städtebauförderungsgesetz nur ein erster Schritt zur Neuordnung des Bodenrechts sein solle, und daß eine Novellierung ,des Bundesbaugesetzes — analog dem Städtebauförderungsgesetz — vorgenommen werden solle. Ich meine, daß dieses Städtebauförderungsgesetz ein schlechtes Muster und Modell für. eine Reform des Bodenrechts ist.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf von der FDP: Keine Ahnung!)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612726500
Das Wort hat Herr Abgeordneter Gallus.

Georg Gallus (FDP):
Rede ID: ID0612726600
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach dem, was ich hier heute von der Opposition und ihren verschiedenen Rednern gehört habe, muß ich annehmen, daß die Auffassung zu diesem Gesetz innerhalb der Opposition sehr unterschiedlich ist.

(Zustimmung bei den Regierungsparteien. — Abg. Haase [Kassel] : Wie bei der Koalition!)

Mehr möchte ich hier nicht feststellen. Man kann jedenfalls zusammenfassend sagen: es reicht von Beinahe-Zustimmung bis hin zu Beinahe-Polemik bzw. Ablehnung. Nach dem, was Herr Kollege Niegel hier ausgeführt hat, muß ich die Einstellungen so werten.

(Zuruf von der CDU/CSU: Also beinahe!)

— Herr Kollege, Sie unterlassen es ja niemals, die FDP an einen Ausspruch ihrer Jungdemokraten zu erinnern. Aber ich sage Ihnen hier von dieser Stelle aus — und ich sage das der ganzen Opposition —, daß Ihnen Ihr Kreisverband der CDU Hamburg, welcher die Kommunalisierung des Bodens fordert, näherstehen muß als den Freien Demokraten die Jungdemokraten; dabei handelt es sich im letzten Fall nur um die Äußerung eines Jungdemokraten, nicht einmal um einen Beschluß.

(Hört! Hört! bei der SPD. — Abg. Stücklen: Sie Rabenvater, Sie verstoßen Ihr Kind!)

Herr Niegel, Sie haben in Ihren Ausführungen versucht, eine völlig unbegründete Angst im Hinblick auf die Anwendung dieses Gesetzes zu wecken. Ich darf hier einmal die Äußerung des ersten Sprechers, Herrn Kollegen Erpenbeck, zitieren, die von entscheidender Bedeutung ist. Er hat gerühmt, daß in bezug auf die Entschädigung der Landwirtschaft in § 57 Abs. 4 in Verbindung mit § 23 eine — so muß ich es auslegen — ausgezeichnete Regelung gefunden worden ist. Was soll es also, wenn Herr Prassler in seinen Ausführungen sagt, das Ministerium spreche von einer Reform des Bodenrechts, und daran könnte sich in irgendeiner Weise eine Ideologie heften; er sei aber durchaus für eine Fortbildung des Bodenrechts? Wenn Sie sagen könnten, was der materielle Unterschied zwischen diesen beiden Aussagen ist, wären nicht nur wir hier, sondern auch die ganze Öffentlichkeit dankbar.
Ich glaube, von dieser Stelle aus muß man einmal feststellen: Ob wir nun dieses Gesetzeswerk lieben oder nicht, es ist eine politische Notwendigkeit. Mit diesem Gesetz ist ein Mittelweg gefunden worden, um den Auftrag der Verfassung zu erfüllen. Die Verfassung schreibt einerseits den Schutz des Eigentums vor, legt aber andererseits auch die Sozialverpflichtung des Eigentums fest.



Gallus
Herr Niegel, Sie haben von Hetzpropaganda in der Öffentlichkeit gegenüber denjenigen gesprochen, die Eigentum an Grund und Boden und an Häusern haben. Daher muß von dieser Stelle auch einmal davon gesprochen werden, in welcher Weise in der Vergangenheit monatelang Hetzpropaganda getrieben wurde in bezug auf die Tatsache, daß in diesem Parlament der Entwurf eines Städtebauförderungsgesetzes beraten und verabschiedet werden sollte.

(Beifall bei der FDP.)

Ich kann Ihnen genügend Briefe zitieren, in denen man angeprangert wird, als würde man das Eigentum dem Sozialismus ausliefern. Ich sage Ihnen aber hier — und ich sage das auch für die deutsche Öffentlichkeit —: Wer heute noch glaubt,

(Abg. Stücklen: Die ganze Welt wird dankbar sein für dieses Wort!)

mit dem Eigentum eine im Städtebau und im gemeindlichen Bereich notwendige Entwicklung verhindern zu können, der stellt auf lange Sicht das Eigentum selbst in Frage.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Für den agrarischen Bereich ist es, glaube ich, wichtig, auch einmal festzustellen, daß in diesem Gesetz insbesondere hinsichtlich der Entwicklung alles getan worden ist, um Landwirtschaft und Grundstückseigentümer zufriedenzustellen. Ich freue mich ganz entschieden, daß auch die Opposition sich dazu von dieser Stelle aus durch ihren ersten Redner bekannt und man dabei im Zusammenhang mit der Entschädigung nichts von Eigentumsfeindlichkeit gehört hat.

(Zuruf des Abg. Stücklen.)

Aber es muß hier auch einmal festgestellt werden, daß die Frage der Entschädigung dort, wo bereits höhere Werte, Werte, die über den innerlandwirtschaftlichen Verkehrswert hinausgehen, entstanden sind, bei diesem Gesetz überhaupt nicht aufgetaucht ist, weil dieser höhere Wert nach dem entstandenen Verkehrswert gesichert ist. Das haben selbst manche Abgeordnete allzu lange nicht begriffen. Bei der Entschädigung ging es darum, auch in den Gebieten, in denen über den innerlandwirtschaftlichen Verkehrswert hinaus sich kein anderer Wert gebildet hat, der Landwirtschaft und den Grundstücksbesitzern einen gerechten Anteil am zukünftigen Wert zu gewähren.
Gestern sind noch einmal alle Abgeordneten des Deutschen Bundestages — ich nehme an, es war so — vom Deutschen Bauernverband angeschrieben worden, daß den Betroffenen bei Grundstücksinanspruchnahme für eine Entwicklungsmaßnahme eine Mindestchance der Teilhabe an den Entwicklungsmöglichkeiten eines Grundstücks in diesem Gesetz eingeräumt werden müsse. Ich sage hier: Wir haben in diesem Gesetz den Grundstückseigentümern nicht nur eine Mindestchance eingeräumt, sondern wir haben ihnen eine echte Chance gegeben, am zukünftigen Wert teilzuhaben.

(Beifall bei ,den Regierungsparteien.) Ich glaube, damit haben wir in. diesem Gesetz erfüllt, was uns die Verfassung in Auftrag gegeben hat.

Nun brauche ich es nicht mehr zu wiederholen — es ist von der Opposition bestätigt worden —, daß wir ,die Grundlage sowohl in § 23 wie auch in § 57 geschaffen haben. Ich brauche das hier im einzelnen nicht zu zitieren.

(Abg. Stücklen: § 23 ist unvollständig!)

— Ich sage Ihnen: Wenn wir jetzt in diesem Zusammenhang einen Vergleich zwischen den Gesetzesvorlagen, die vorher dazu vorgelegt worden sind, anstellen, dann stellen wir fest, daß niemals eine so günstige Regelung in bezug auf die Entschädigung in den Gebieten, wo sich kein höherer Wert gebildet hat, in diesen Vorlagen vorhanden gewesen ist.
Ich sage das auch gerade deshalb, weil der Deutsche Bauernverband diese Regelung als unklar und widerspruchsvoll bezeichnet. Dieser Auffassung stelle ich die Meinung maßgebender Juristen gegenüber, die gerade in der gegebenen Formulierung eine große Chance für die Belange der Landwirtschaft sehen.
Diejenigen, welche heute noch für den Stichtag eintreten, sind nach meiner Meinung absolut unbelehrbar. Denn eines ist in den Verhandlungen klar zum Ausdruck gekommen: es kann bewiesen werden, daß sich der Stichtag in sehr vielen Fällen eher negativ als positiv auswirkt.

(Zustimmung bei der SPD.)

Ich glaube, in der bisherigen Diskussion ist eines viel zu kurz gekommen. Herr Niegel hat uns weismachen wollen, daß in diesem Gesetz —

(Abg. Stücklen: Weismachen? — Gegenruf von der SPD: Oder auch schwarzmachen!)

— Ich wiederhole: Herr Niegel hat uns weismachen wollen, daß in diesem Gesetz das Land — überhaupt die ländlichen Räume — benachteiligt seien. Ich habe mir die Mühe gemacht, hier auch einmal mit dem zu vergleichen, was in der Vorlage der Großen Koalition bezüglich der Entwicklung der ländlichen Räume enthalten war. Ich bin zu der Überzeugung gekommen, daß gerade der jetzige Gesetzentwurf neue strukturpolitische Akzente zugunsten der Land- und Forstwirtschaft setzt. Die regionalpolitischen und insbesondere die infrastrukturpolitischen Belange des ländlichen Raums sind, wie ich schon gesagt habe, in keinem der früheren Entwürfe genügend berücksichtigt worden..
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf Drucksache VI/ 2204 nehmen die ländlichen Gemeinden und die Land- und Forstwirtschaft an der Städtebaupolitik nicht mehr nur passiv als Betroffene, sondern auch aktiv als Begünstigte teil. Der rechtspolitische Wille der Regierung ist hier eindeutig.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612726700
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Niegel?




Lorenz Niegel (CSU):
Rede ID: ID0612726800
Herr Abgeordneter Gallus, ist Ihnen entgangen, daß ich dieses Gesetz nicht schlechthin im Hinblick auf Stadt und Land kritisiert habe, sondern appelliert habe, zu erkennen, daß die Ballung als solche nicht gottgewollt ist, und sich etwas zu überlegen, um das Land attraktiver zu machen, um die Ballung hintanzuhalten, damit wir sowohl in der Stadt als auch auf dem Lande ein lebenswertes Leben haben?

Georg Gallus (FDP):
Rede ID: ID0612726900
Wenn Sie ehrlich gewesen wären, hätten Sie zugegeben, daß dieses Gesetz in dieser Richtung einen Anfang macht; mehr kann es wohl nicht sein. Was bisher versäumt worden ist, kann nicht von heute auf morgen geklärt werden. Ich sage Ihnen: Der Entwurf Drucksache V/3505, also aus der letzten Legislaturperiode, sprach in den §§ 66 bis 68 lediglich das Verhältnis von Bauleitplanung und Verbesserung der Agrarstruktur an. In diesem Gesetzentwurf ist, wie ich schon ausgeführt habe, in allen Bereichen bis hin zur Flurbereinigung im Zusammenhang mit Sanierungsmaßnahmen mit der Entschädigung, mit der Zurverfügungstellung von zumutbarem Ersatzraum bei Abbruchgebot für landwirtschaftliche Betriebsgebäude meines Erachtens das Notwendige berücksichtigt, wobei ich keineswegs sage, Herr Kollege Prassler, daß das von vornherein drin war.
Ich bin sehr wohl darüber informiert, daß das im Laufe der Beratungen mit hineingekommen ist.

(Abg. Dr. Prassler: Von wem?)

— Das weiß ich nicht. Ich habe die einzelnen Aussagen nicht gelesen, aber ich möchte hier lediglich feststellen, daß ich das begrüße.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612727000
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Prassler?

Dr. Helmut Prassler (CDU):
Rede ID: ID0612727100
Herr Kollege Gallus, dürfte ich Sie auf Grund dieser Ausführungen bitten, daß Sie nachlesen, wer dazu die entsprechenden Anregungen in den Ausschußberatungen gegeben hat, daß diese Ergänzungen möglich waren. Ich kann sie Ihnen schriftlich geben.

Georg Gallus (FDP):
Rede ID: ID0612727200
Herr Kollege Prassler, wenn wir damit beginnen wollten zu untersuchen, was der einzelne zu der jeweiligen Formulierung beigetragen hat und was nicht, 'ich glaube, das würde den Rahmen dieser Beratung weit überschreiten. Heute ist schon von dieser Stelle aus darauf hingewiesen worden, daß gerade von der FDP keine Anträge gekommen sind. Für uns und auch für mich nehme ich in Anspruch — wenn Sie das schon wollen —, daß ich im Zusammenhang mit der Beratung dieses Gesetzes ebenfalls nicht geschlafen habe.

(Abg. Stücklen: Man hat auch nicht gemerkt, daß Sie wach waren! — Heiterkeit bei der CDU/CSU. — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

Und nun, meine lieben Kolleginnen und Kollegen: So, wie die Dinge bisher gelaufen sind und nach dem, was sich in den letzten 24 Stunden hinter den
Kulissen zugetragen hat, bin ich durchaus der Auffassung, daß die Opposition den Mut haben sollte, diesem Gesetzeswerk zuzustimmen; denn am Ende kann es sich die Opposition nicht leisten, gegen dieses Gesetz zu sein. Ich möchte erleben, ob bei der Endberatung die Opposition den Mut hat, selbst wenn es über den Bundesrat geht, gegen dieses Gesetz zu sein. Das glaube ich nicht.

(Zurufe von der CDU/CSU.)

Ich jedenfalls sage für die Freien Demokraten, daß mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Sanierung und Entwicklung in Stadt und Land auf der Grundlage unserer Eigentumsordnung der Weg geebnet wird, und daß dieses Gesetz einen Weg in die Zukunft weist.

(Beifall bei den Regierungsparteien. —. Abg. von Wrangel: Oberflächliche Phrasen!)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612727300
Das Wort hat der Abgeordnete Henke.

Erich Henke (SPD):
Rede ID: ID0612727400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Niegel erwartet wohl nicht, daß ich auf seine Pappkameraden und Theorien, die er hier aufgebaut hat, näher eingehe. Ich habe teilweise den Eindruck, daß er dieses Plenum mit einer bayerischen Wahlveranstaltung verwechselt hat.
Lassen Sie mich etwas zu den Ausführungen des Kollegen Orgaß sagen, die ich zum Teil recht bemerkenswert fand. Ich muß allerdings den Eindruck widerlegen, als sei es so, daß Argumente und Überlegungen der Sozialausschüsse auf Grund ihrer Initiative in dieses Gesetz eingeflossen seien. Man muß sich die Frage stellen: Wer hat wessen Vorstellungen übernommen? Wer prägt wessen Vorstellungen? Ich darf mir nur den Hinweis erlauben, daß letzten Endes gegen die Stimmen der Koalitionsparteien in dieser Frage im Ausschuß nichts durchgesetzt werden konnte und daß die Mehrheit bei der Koalition gelegen hat. Aber ich möchte dieses Problem jetzt nicht weiter vertiefen.
Das, was Herr Orgaß zur Vermögenspolitik ausgeführt hat, kann ich in dieser Form auch nicht akzeptieren. Sicherlich ist dieses Gesetz kein Instrument, um eine völlig verfahrene Vermögenspolitik, wie wir sie in diesem Lande haben, die aber nicht wir, sondern frühere Regierungen zu vertreten haben, zu korrigieren. Aber ich weise ganz deutlich darauf hin, daß in den §§ 25 und 59 dieses Gesetzes ausdrücklich die Vermögensbildung oder die Stükkelung des Besitzes für weite Kreise der Bevölkerung geregelt ist.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612727500
Herr Abgeordneter Henke, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Erich Henke (SPD):
Rede ID: ID0612727600
Nein, ich will jetzt keine Zwischenfragen zulassen, um möglichst schnell zum Ende zu kommen, weil der Stand der Debatte mittlerweile so ist, daß wir alle froh sein werden, wenn wir sie



Henke
hinter uns gebracht haben. Ich werde auch versuchen, meine Redezeit nicht auszuschöpfen.
Das, was Herr Orgaß zum Sanierungsverband gesagt hat, zum Genossenschaftsrecht und auch zur Vermögensbildung über die Miete, fand ich sehr bemerkenswert. Wir sollten diese Gedanken demnächst im Fachausschuß oder bei anderer Gelegenheit vertiefen. Hier wird er offene Ohren, insbesondere auch bei meiner Fraktion, finden.
Lassen Sie mich einige wenige Bemerkungen zur Frage machen: Ist dieser Entwurf eigentümerfreundlich oder ist er eigentümerfeindlich, um es auf diese beiden Pole zu fixieren? Ich beziehe mich hier auf Argumente von Oppositionspolitikern draußen und hier im Hause, die dem Gesetz unterstellen, es sei der Beginn von Kommunalisierung bzw. Sozialisierung, und behaupten, der Entwurf sei eigentumsfeindlich.
Herr Dr. Barzel erklärte beispielsweise auf dem Zentralverbandstag der Haubesitzer:
Eine Kommunalisierung des Eigentums in unseren Städten würde bisher freie und unabhängige Bürger zu Abhängigen von Stadtverwaltungen machen.
Oder Herr Dr. Heck erklärte im DeutschlandUnion-Dienst:
Die Koalition will eine Regelung, die nach und nach immer mehr Wohnungseigentum in den Besitz der Gemeinden bringen muß.
Herr Erpenbeck, der heute hier eine ausgesprochen maßvolle Rede gehalten hat, verstieg sich sogar
zu der absurden Behauptung — ich zitiere —:
Heute ist das Eigentum an Grund und Boden betroffen. Was wird es morgen sein, wenn diese Regierung weiter an ihrer von sozialistischen Ideologien geleiteten Anti-Eigentumspolitik festhält?

(Abg. Baron von Wrangel: Die Frage ist in der Tat berechtigt!)

Was sollen maßvolle Reden und sachliche Diskussionen hier in diesem Hause, wenn draußen in einer Art und Weise argumentiert wird, die den Rahmen des in der politischen Argumentation Üblichen und Zulässigen deutlich sprengt?

(Zuruf von der CDU/CSU: Denken Sie mal an die Rede von Schmidt [München] hier!)

Wir erwarten, Herr Kollege Erpenbeck, daß Sie diese Formulierung zurücknehmen. Solange diese Formulierung in dieser Form im Raum steht, wird sie die künftige Arbeit im Ausschuß ganz erheblich belasten.

(Abg. Baron von Wrangel: Ach nee!)

Lassen Sie mich aus dem Gesetz selbst einige Argumente widerlegen. Wieso man den § 25 den Beginn einer Kommunalisierung und Sozialisierung des Bodens nennt, ist schlechterdings unverständlich und böswillig, wenn man den Wortlaut genau studiert. Alle bisherigen Eigentümer, die sich an der Sanierung beteiligen wollen und können, hehalten ihre Grundstücke. Sie können sich auch mit anderen Eigentümern zusammentun und die Sanierung gemeinsam durchführen. Die Reprivatisierungsverpflichtung der Gemeinden ist also vorwiegend auf nicht mitwirkungsbereite frühere Eigentümer beschränkt, die ihre Grundstücke entweder durch freihändigen Verkauf, durch Ausübung des Vorkaufsrechts, des Grunderwerbsrechts oder im Wege der Enteignung verloren haben. Diese früheren Eigentümer erhalten einen im Klageweg durchsetzbaren Rechtsanspruch gegenüber der Gemeinde auf Übertragung von Grundeigentum in Höhe des hingegebenen Wertes. Der Vorwurf, die jetzige Fassung ermögliche es der Gemeinde, die erworbenen Grundstücke mit der Behauptung zurückzuhalten, daß sie von ihr für öffentliche Zwecke, als Austauschland oder als Ersatzland benötigt würden, ist falsch, da die Gemeinde einen überschaubaren, hinreichend konkretisierten Bedarf dartun und diesen Bedarf auch belegen muß.
Bei § 54 sind Sie gegen die Kaufverpflichtung der Gemeinden. Für diese Verpflichtung sprechen jedoch zwingend zwei Argumente.
Erstens. Entwicklungsmaßnahmen sind nur möglich, wenn die Gemeinde im Besitz aller unbebauten Grundstücke ist. Bebautes Gebiet, soweit es sich in das Entwicklungskonzept einpaßt, kann ausgenommen werden. Jeder private Grundbesitzer wird auf die Planung Einfluß nehmen wollen. Eine optimale Konzeption setzt voraus, daß die Gemeinde völlig ungebunden und ohne Rücksicht auf private Interessen planen kann. Dieser Ansicht war übrigens das haben wir heute morgen schon gehört — früher auch Ihre Fraktion. Die Lückeschen Gesetzentwürfe haben Ähnliches vorgesehen.
Zweitens. Auch Sie betonen, daß Sie die Grundstücksspekulation verhindern möchten. Wenn Sie die Grunderwerbsverpflichtung der Gemeinde in eine Kann-Bestimmung umwandeln, geht die Grundstücksspekulation los. Jeder Interessent sieht seine Möglichkeit, Grundstücksgeschäfte zu machen. Die Preisrakete zieht ab. Nur die Erwerbsverpflichtung der Gemeinde entzieht Entwicklungsgebiete spekulativen Überlegungen.
Im übrigen — es wurde schon mehrfach darauf hingewiesen — steht dem Grunderwerbsrecht in § 59 eine klare Veräußerungspflicht gegenüber. Ich bin Herrn Kollegen Dr. Prassler dankbar, daß er heute morgen auf eine ausdrückliche Frage unseres Kollegen Wurbs noch einmal bestätigt hat, daß dieser Entwurf sehr eigentümerfreundlich ist, ja, sogar der eigentümerfreundlichste Entwurf ist, der bisher in dieser Frage dem Haus überhaupt vorgelegen hat.

(Abg. Dr. Prassler: Das besagt noch nichts!)

Ihre Argumente offenbaren außerdem eine merkwürdige Einstellung gegenüber der kommunalen Selbstverwaltung. Am besten trifft dies ein Brief, den der Stuttgarter Bürgermeister Professor Dr. Fahrenholz vor wenigen Tagen an den Kollegen Erpenbeck geschrieben hat. Darin heißt es:
Zu den einzelnen bekanntgewordenen Änderungsvorschlägen erlaube ich mir generell die
Feststellung, daß Ihre Anträge leider nach wie



Henke
vor vom Mißtrauen gegen die Gemeindeparlamente getragen sind. Die Gemeindeparlamente kommen auf die gleiche demokratische Weise zustande wie der Deutsche Bundestag. Sie sollten in ihrem Bereich genauso souverän entscheiden können wie der Bundestag.
Ich möchte dem noch hinzufügen: wer die Idee der kommunalen Selbstverwaltung ernst nimmt, sollte den Gemeinden zutrauen, daß sie die Aufgabe, die das Gesetz ihnen überträgt, im Interesse ihrer Bürger lösen können.
Lassen Sie mich zum Schluß einiges aus einem Interview zitieren, das Herr Kollege Orgaß in der neuesten Ausgabe der „Sozialen Ordnung", der Zeitschrift der Sozialausschüsse, gegeben hat. Darin heißt es u. a.:
Zu diesem Gesetzentwurf wird immer noch der Vorwurf erhoben, daß er einer Kommunalisierung und Sozialisierung des Grund und Bodens Vorschub leiste und damit eine Aushöhlung des Eigentums in seiner ursprünglichen Form bewirke. Wer so argumentiert, hat jedoch dieses Gesetz nicht sorgsam gelesen, und er will eine andere Zielsetzung, nämlich in Wahrheit die Sanierung der Eigentümer.
Oder:
Soweit es die Sanierung betrifft, ist es völlig ausgeschlossen; denn der § 25 verpflichtet die Gemeinde, nach der Ordnungsphase, d. h. u. a. nach der Umlegung von Grundstücken zwecks optimaler Bebauungsmöglichkeiten zur Gewinnung oder Wiedererlangung der wirtschaftlichen und sozialen Funktionsfähigkeit des betreffenden Gebietes, also vor der Bebauung, sämtliche Grundstücke, die sie zur Durchführung der Sanierung erworben hat, an die bisherigen bauwilligen Eigentümer zurückzuveräußern.
Es heißt weiter:
Die gleiche Verpflichtung obliegt der Gemeinde auch im Entwicklungsgebiet, wo sie nach § 59 gehalten ist, unter Beachtung der Ziele der Entwicklungsmaßnahme und unter Berücksichtigung weiter Kreise der Bevölkerung die Grundstücke an Bauwillige wieder zu veräußern.

(Anhaltende Unruhe.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612727700
Ich bitte um etwas Ruhe für den Redner.

Erich Henke (SPD):
Rede ID: ID0612727800
Abschließend aus dieser Zitatensammlung:
Wieso hierin eine unzulässige Eigentumsbeschränkung liegen soll, ist wohl kaum einzusehen, es sei denn, man versteht unter der Sozialbindung des Grundeigentums, die nach christlicher Sozialethik dem Eigentum zum Wohl der Allgemeinheit unterliegt, eine Bindung der Allgemeinheit im Interesse und an die Interessen der Grundeigentümer.
Meine Damen und Herren, ich möchte dem, was Herr Kollege Orgaß in diesem Interview gesagt hat, nichts mehr hinzufügen und erspare mir jeden weiteren Kommentar. Ich bin sehr interessiert, wie die Abstimmung nachher verlaufen wird.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612727900
Das Wort hat der Abgeordnete Matthöfer. — Meine Damen und Herren, das ist jetzt das fünfte Mal in drei Stunden, die ich hier präsidiere, daß der Name eines Abgeordneten hier auf dem Bildschirm erscheint, der sich gar nicht gemeldet hat. Ich habe nicht die Absicht, mich von Spaßvögeln zum Narren halten zu lassen, schalte den Apparat hiermit aus und werde wie in den vergangenen 16 Jahren auch ohne Apparat mit Wortmeldungen fertig werden.

(Heiterkeit und Beifall.)

Ich schließe die allgemeine Aussprache, komme zur Einzelberatung und rufe den § i auf. Dazu liegt der Änderungsantrag Umdruck 189 *) vor. Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Balkenhol.

Bernhard Balkenhol (CDU):
Rede ID: ID0612728000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie haben den Änderungsantrag Umdruck 189 vor sich liegen. Hier ist ein Schreibfehler unterlaufen. Ich möchte ihn sofort berichtigen. Es darf nicht, heißen „Entwicklungssachen", sondern Entwicklungsachsen".
Im übrigen hat der Antrag das Ziel, daß für das Wort „Entwicklungsschwerpunkte" das Wort „Siedlungsschwerpunkte" eingesetzt wird.
Ich möchte das wie folgt begründen. Dieser vorliegende Gesetzentwurf berücksichtigt einfach nicht die besonderen Belange der ländlichen Gemeinden, zumindest nicht in hinreichendem Maße. Denn ein großer Teil dieser ländlichen Gemeinden kommt nicht in den Genuß der Förderungsmittel zur Durchführung städtebaulicher Entwicklungsmaßnahmen. Zwar ist anzuerkennen, daß in dem Entwurf städtebauliche Sanierungsmaßnahmen nicht auf die Verdichtungsräume beschränkt werden, sondern auch im ländlichen Raum durchgeführt werden sollen. Ein Gleiches soll aber nicht für städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen gelten.
Als Maßnahmen zur Verwirklichung strukturpolitischer Ziele der Raumordnung und der Landesplanung sind die Entwicklungsmaßnahmen ein entscheidender Faktor bei der Weiterentwicklung der ländlichen Gebiete. Durch städtebauliche Sanierungsmaßnahmen allein kann hingegen die schon vom Grundgesetz geforderte Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Stadt und Land und kann auch die Schaffung optimaler Siedlungsstrukturen nicht erreicht werden.
Dies haben im übrigen auch Sachverständige während der Anhörung zum Städtebauförderungsgesetz bestätigt. So hat der Sachverständige Henjes ausgeführt, daß die Dorferneuerung im Einzelfall nicht ausreiche, wenn man wirklich den gewünschten Ef-
*) Siehe Anlage 2



Balkenhol
fekt einer Verbesserung der Lebensverhältnisse der Bevölkerung in den hinter der allgemeinen Entwicklung zurückgebliebenen Gebieten erreichen wolle.
Nach dem Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf werden städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen im ländlichen Bereich lediglich im Zuge von Entwicklungsachsen oder beim Ausbau von bereits vorhandenen Entwicklungsschwerpunkten gefördert. Eine derartige Fassung des Gesetzes hat letzlich zur Folge, daß die dringend erforderliche Umstrukturierung des ländlichen Raums auf Jahrzehnte hinaus verschoben wird.
Nach dem Raumordnungsbericht 1970 soll der Verdichtungsprozeß in den ländlichen Räumen durch den Ausbau von wenigen Schwerpunkten, d. h. durch den Ausbau von Mittel- und nur in Einzelfällen von Unterzentren, durch städtebauliche Entwicklungs- und Sanierungsmaßnahmen gefördert werden. Mittelzentren aber setzen eine Schwerpunktbildung von mindestens 20 000 Einwohnern im Einzugsbereich voraus, wobei betont wird, daß der Trend langfristig auf ein Verschiebung der Größenordnung nach oben geht. Zwar ist jeder Entwicklungsschwerpunkt ein zentraler Ort, aber nicht jeder zentrale Ort ist ein Entwicklungsschwerpunkt, da es außer den Mittelzentren auch noch Unterzentren als zentrale Orte gibt. Letztere werden somit nach der jetzigen Gesetzesformulierung nicht in den Genuß von Entwicklungsmaßnahmen und Entwicklungsförderungsmitteln kommen. Demgemäß sind die Ausführungen im Schriftlichen Bericht des Ausschusses, daß auch der Ausbau von zentralen Orten möglich sei, nicht zutreffend.
Interessanterweise führt der Raumordnungsbericht 1970 auf Seite 37 auch aus:
Auf lange Sicht wird zu entscheiden sein, inwieweit auch künftig noch eine Förderung der Klein- und Unterzentren mit öffentlichen Mitteln für alle Infrastruktureinrichtungen zweckmäßig ist.
Diese Entscheidung, meine Damen und Herren, daß städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen in Klein-und Unterzentren nicht mehr ,gefördert werden, ist durch die Vorlage dieses Gesetzes gefallen. Wenn somit städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen im ländlichen Raum nur dann gefördert werden, wenn der Entwicklungsschwerpunkt 20 000 bis 50 000 Einwohner aufweist, so können Sie leicht ermessen, daß dann in weiten Teilen der ländlichen Räume bereits eine passive Sanierung eingeleitet wird.

(Unruhe.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612728100
Meine Damen und Herren, ich glaube, die Beratung über diesen Gesetzentwurf ist ernst genug, um sich die Begründung des Antrages in Ruhe anzuhören. Ich bitte deshalb darum, Privatgespräche außerhalb des Saales zu führen.

Bernhard Balkenhol (CDU):
Rede ID: ID0612728200
Ein weiteres Bedenken spricht gegen ,die Fassung des vorliegenden Entwurfs. Nach der kommunalen Neugliederung wird die Bildung eines Gemeindezentrums für die neue Großgemeinde häufig dringend notwendig sein. So umfaßt z. B. in Nordrhein-Westfalen die Kleinstgemeinde in der Größenordnung des Typs A nach der kommunalen Neugliederung 5 000 Einwohner. Sie werden mir doch zugeben, daß diese Gemeinden mit 5 000, 8 000, 10 000 oder 12 000 Einwohnern als Flächengemeinden eines Tages eines Zentrums bedürfen.

(Abg. Stücklen: Sehr richtig!)

Der Ihnen vorliegende Änderungsantrag gewährleistet, daß in jedem Fall auch die Bildung neuer Gemeindezentren nach Durchführung der kommunalen Neugliederung als Entwicklungsmaßnahme in Betracht kommen kann,

(Beifall bei der CDU/CSU)

da ,die neue Großgemeinde in jedem Fall ein Unterzentrum sein wird und daher ein Siedlungsschwerpunkt ist.
Es wird mir als Gegenargument vorgeworfen, daß ich die Verteilung der Entwicklungsförderungsmittel nach dem Gießkannenprinzip vornehmen wolle. Dieser Vorwurf kann mir schon in Anbetracht der völlig unzureichenden Finanzierungsmittel nicht gemacht werden. Die in die mittelfristige Finanzplanung eingesetzten Mittel in Höhe von durchschnittlich 150 Millionen DM pro anno werden schon in einer verschwindend geringen Zahl von Großstädten aufgezehrt, so daß für eine Verteilung nach dem Gießkannenprinzip von vornherein keine Mittel zur Verfügung stehen. Worum es mir aber geht, ist, daß das Instrumentarium dieses Gesetzes auch für die Entwicklung der ländlichen Räume und der ländlichen Gebiete eingesetzt werden kann, damit diese nicht endgültig und für alle Zeiten abgeschrieben werden.
Dieses sogenannte „Jahrhundertgesetz" bedeutet in der vorliegenden Fassung für etwa 10 Millionen Menschen die passive Sanierung. Im übrigen war auch in den ursprünglichen Vorlagen sowohl des Regierungsentwurfs als auch des Entwurfs der Fraktion der CDU/CSU eine Beschränkung von Entwicklungsmaßnahmen auf Entwicklungsachsen und Entwicklungsschwerpunkte nicht enthalten. Vielmehr wurde in der Begründung zum Regierungsentwurf betont, das Ziel, für die aus der Landwirtschaft ausscheidenden Erwerbstätigen andere Arbeitsstätten zu schaffen, bedinge auf dem städtebaulichen Gebiet die Entwicklung zentraler Orte und ihrer Versorgungsnahbereiche. Genau dahin zielt unser Antrag. Unser Änderungsvorschlag stimmt zudem mit den Zielsetzungen des Raumordnungsgesetzes überein, wonach in den hinter der allgemeinen Entwicklung zurückgebliebenen Gebieten die Lebensbedingungen der Bevölkerung, insbesondere die Wohnverhältnisse, sowie Verkehrs- und Versorgungseinrichtungen allgemein zu verbessern sind.
Ich bitte Sie daher, dem Änderungsantrag Ihre Zustimmung zu geben.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612728300
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Gatzen.


Dr. Karl Gatzen (CDU):
Rede ID: ID0612728400
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir wenige Worte im Anschluß an den Antrag des Kollegen Balkenhol. Dieser Antrag kann ganz gewiß nicht so verstanden werden, als handelte es sich hier lediglich um eine Art kosmetischer Operation oder um eine Fortsetzung des Gießkannenprinzips mit anderen Mitteln. Hier ist vielmehr eines der fundamentalen Probleme dieses Gesetzes angesprochen; denn nicht die Verabschiedung dieses Gesetzes ist das eigentliche politische Faktum, sondern seine Auswirkungen werden es sein.
Das Städtebauförderungsgesetz soll nach den Worten des Ministers 250 Milliarden DM in Bewegung setzen. Nebenbei bemerkt, ist seit dieser Erklärung am 18. März des vergangenen Jahres davon schon ein Betrag von etwa 10 Milliarden DM infolge der Geldentwertung „verdampft". Immerhin, meine Damen und Herren, ergeben aber 250 Milliarden DM, verteilt auf die Bevölkerung der Bundesrepublik, die respektable Kopfquote von 4000 DM. Nun sind wir, Herr Minister Lauritzen, die wir für diesen Antrag sprechen, keineswegs so vermessen, Sie zu einer Erklärung herauszufordern, etwa des Inhalts, daß auch jeder Einwohner auf dem Lande, in einem Dorf oder in einer Kleinstadt, diesen Betrag bekommen werde.

(Unruhe.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612728500
Meine Damen und Herren, ich bitte um Aufmerksamkeit für den Redner.

Dr. Karl Gatzen (CDU):
Rede ID: ID0612728600
Mir erscheint aber das, was bisher zur räumlichen und zeitlichen Verteilung dieser Mittel in der Öffentlichkeit gesagt und geschrieben worden ist, zu dürftig. Manches davon ist sogar besorgniserregend. Mit der Sanierung von Großstädten gibt es ebenso wie mit der Entwicklung in ländlichen Bereichen bei uns und auch in einigen anderen Industriestaaten schon eine Reihe von Erfahrungen. Angesichts der aufgewandten Mittel sind diese Erfahrungen nicht besonders vorteilhaft. Nun kann man sagen, es sei eben damit noch nicht genug getan worden, es müßten noch viel mehr Mittel investiert werden. Ist aber angesichts der Diskussion, die wir heute hier führen, nicht doch einmal die Frage erlaubt, ob nicht das eine oder andere falsch angepackt worden ist und ob wir nicht hier und da, insbesondere in den Großstädten, nur an Symptomen herumkuriert haben, ohne die wirklichen Schäden und Mängel zu treffen? Selbst wenn es gelingt, diesen riesigen Betrag von 250 Milliarden DM im Laufe der Zeit aufzubringen, so ist doch die richtige Koordination der Verwendung der Mittel das Entscheidende, und zwar von Anfang an.
Meine Damen und Herren, man kann sich leicht vorstellen, was passieren wird, wenn dieses Gesetz verabschiedet sein wird: Die großen und starken Städte in diesem Lande werden sich, wenn ich das einmal so ausdrücken darf, an die staatliche Futterkrippe drängen und für die anderen nichts übriglassen; zumindest werden sie bestrebt sein, dies zu tun. Was wäre das Resultat, wenn Sie, Herr Minister, nicht darauf achten, daß diese Koordination auch tatsächlich erfolgt? Das Resultat wäre, daß von den Städten, wo sektoral saniert wird, ein Sog auf das Umland ausgeübt wird, und dies wird dazu führen, daß das Umland noch mehr als bisher entvölkert wird und daß die Einrichtungen in den Städten unmittelbar weiter belastet werden. Wir wissen von amerikanischen Erfahrungen — das haben wir jüngst auf dem Kongreß in Indianapolis gehört, und das werden Ihnen Ihre Kollegen gesagt haben, Herr Minister —, daß bei derart sanierten Städten dann an anderen Stellen Engpässe auftreten, wo es sie bisher nicht gegeben hat. Das ist das Problem der sektoralen Sanierung.
Man stelle sich vor, wir hätten so viele Mittel, daß wir unsere Großstädte als Ganzes sanieren könnten. Das Resultat wäre in etwa das gleiche, als hätten wir sektoral saniert: es würde ein so gewaltiger Zustrom in diese Städte einsetzen, daß die Ergebnisse einer solchen Sanierung mehr oder minder vernichtet und aufgezehrt würden.

(Anhaltende Unruhe.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612728700
Meine Damen und Herren, ich darf Sie noch einmal um Ruhe für den Redner bitten.

Dr. Karl Gatzen (CDU):
Rede ID: ID0612728800
Weil dem so ist, meine Damen und Herren, bleibt uns gar nichts anderes übrig, als das unendlich feine und engmaschige Beziehungsgefüge, wie es in einer modernen Industriegesellschaft die Stadt und ihr Umland verknüpft, als Ganzes zu sehen und daraus die politischen Entscheidungen bei der Verteilung der Mittel abzuleiten. Das heißt, Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen können nur dann erfolgreich sein, wenn sie der Herstellung und Erhaltung eines sozio-ökonomischen Gleichgewichts zwischen der Stadt und ihrem Umland dienen.
Unser Anliegen, Herr Minister, konkretisiert sich somit in den beiden folgenden Fragen:
Erstens. In etwa welchem prozentualen Verhältnis, und zwar von Anfang an, sollen die Mittel dieses Gesetzes für Kleinstädte, Dörfer und den ländlichen Raum mit verwandt werden?
Zweitens. Herr Minister, sind Sie bereit, durch verstärkten Wohnungsbau auf dem Lande sowie durch Koordinierung mit Maßnahmen des Verkehrs und des Umweltschutzes zur Stabilisierung in den ländlichen Räumen beizutragen?
Wenn Sie diese Fragen positiv beantworten, Herr Minister — es sollte uns freuen —, dann würde sich auch, glaube ich, das Hohe Haus in keiner Schwierigkeit sehen, unserem Gruppenantrag seine Zustimmung zu geben.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612728900
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Ahrens.

Dr. Karl Ahrens (SPD):
Rede ID: ID0612729000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht, wenn ich Herrn Kollegen



Dr. Ahrens
Balkenhol recht verstanden habe, den Antragstellern darum, eine Schlechterstellung der ländlichen Räume bei der Vergabe der Mittel aus dem Städtebauförderungsgesetz zu verhindern. Meine Damen und Herren von der Opposition, auch wir wollen die ländlichen Räumme nicht schlechter stellen. Ich habe bereits in der ersten Lesung des Gesetzes von dieser Stelle aus ausgeführt, daß meinen Freunden und mir die Sanierung in unseren Dörfern als eine gleich dringliche Aufgabe erscheint, weil die Lebensverhältnisse dort — denken Sie allein an die hygienischen Verhältnisse, die dort zum Teil noch herrschen — sicherlich genauso zurückgeblieben sind wie in den städtischen Bereichen.

(Unruhe.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612729100
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie um Aufmerksamkeit für den Redner.

Dr. Karl Ahrens (SPD):
Rede ID: ID0612729200
Wir haben nun im Gesetz selbst an verschiedenen Stellen die Gleichstellung dieser Maßnahmen in den ländlichen Räumen und in den Städten betont. Ich glaube, wir sollten hier nicht darin verfallen — es klang vorhin beim Herrn Kollegen Niegel an —, etwas gegen die „auf Ballungstendenzen ausgerichteten Großstädte" zu sagen. Wir sind uns, glaube ich, klar darüber: selbst wenn es „nur" in den Großstädten nicht klappen sollte, leidet alles darunter. Es hat also gar keinen Sinn, hier irgendwelche Fronten aufzubauen.
Ich darf aber darauf verweisen, daß wir in § 1 Abs. 1 Stadt und Land gleichgestellt haben und daß wir bei der Förderungsbestimmung des § 71 die mögliche Diskriminierung ländlicher Räume oder kleiner Gemeinden dadurch beseitigt haben, daß wir alle Räume gleichgestellt haben. Im übrigen darf ich darauf hinweisen, daß der Bundesminister selbst auf den Vorschlag der einzelnen Objekte keinen Einfluß hat, weil diese im Katalog der Länder enthalten sind.
Nun zu Ihrem Anliegen. Sie wollen, Herr Kollege Balkenhol, das Wort „Entwicklungsschwerpunkt" ersetzen durch „Siedlungsschwerpunkt". Ehrlich gesagt, damit erreichen Sie gar nichts. Ich persönlich bin der Auffassung, daß Sie das Gesetz dadurch sogar noch einengen, daß Sie lediglich „Siedlungs”Schwerpunkte nehmen, in denen es im wesentlichen um Wohnen geht, während ein Entwicklungsschwerpunkt beispielsweise auch in Fällen bestehen kann, in denen ohne Vermehrung der Bevölkerung etwa zusätzlich Arbeitsstätten geschaffen werden sollen.
Wir haben in dem Katalog des § 1 Abs. 3 alle drei Möglichkeiten aufgezählt.

(Anhaltende Unruhe.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612729300
Ich bitte doch. um etwas Ruhe, damit wir die Verhandlungen leichter führen können.

Dr. Karl Ahrens (SPD):
Rede ID: ID0612729400
Wir haben die Verdichtungsräume angesprochen, wir haben die Entwicklungsachsen und wir haben die großen Räume außerhalb der Verdichtungsachsen angesprochen, insbesondere die in der Entwicklung zurückgebliebenen. Gewiß, Entwicklungsschwerpunkt ist ein Ort von einer bestimmten Größenordnung. Herr Balkenhol, wir wollen sicherlich alle nicht ein Gießkannenprinzip einführen. Aber wir können nicht im voraus sagen, wie groß ein Siedlungs- oder ein Entwicklungsschwerpunkt ist. Dieser mag in einem dichter besiedelten Gebiet durchaus bei 20 000 Einwohnern oder gar höher liegen, er mag in einem Gebiet wie der Lüneburger Heide etwa bei 3000, 4000, 5000 Einwohnern liegen. Alle diese Fälle sind nach der gegenwärtigen Fassung des Gesetzes mit umfaßt. Aus diesem Grunde bedauern wir, Ihrem Antrag nicht entsprechen zu können.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612729500
Es liegen keine Wortmeldungen mehr vor.
Ich lasse über den Änderungsantrag der Abgeordneten Balkenhol, Niegel und Genossen auf Umdruck 189 abstimmen. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das Ergebnis ist nicht festzustellen. Wir müsen auszählen.
Meine Damen und Herren! Ich darf das Ergebnis der Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck 189 bekanntgeben. 221 Mitglieder des Hauses haben mit Ja und 233 mit Nein gestimmt; 2 Abgeordnete haben sich der Stimme enthalten. Der Antrag ist damit abgelehnt.
Ich komme nunmehr zum Änderungsantrag des Abgeordneten Dr. Lenz (Bergstraße) auf Umdruck 192 ') und erteile das Wort zur Begründung dem Abgeordneten Dr. Lenz.

Dr. Carl Otto Lenz (CDU):
Rede ID: ID0612729600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Lauritzen hat heute morgen davon gesprochen, daß das Städtebauförderungsgesetz eine gerechte Abwägung zwischen den Interessen der Allgemeinheit und denen des einzelnen möglich mache.

(Unruhe.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612729700
Ich bitte doch um Aufmerksamkeit für die Begründung des Antrags.

Dr. Carl Otto Lenz (CDU):
Rede ID: ID0612729800
Ich will gern glauben, daß eine solche gerechte Interessenabwägung möglich ist. Aber das Gesetz macht es außerordentlich schwierig, im Einzelfall nachzuprüfen, ob sie, tatsächlich erfolgt ist. Diesen Mangel zu beseitigen, ist Zweck des Antrags, den ich hier zu begründen habe.
§ 1 Abs. 4 Satz 1 des uns vorliegenden Entwurfs stellt apodiktisch fest:
Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen dienen dem Wohl der Allgemeinheit.
* Siehe Anlage 3



Dr. Lenz (Bergstraße)

Meine Damen und Herren, das ist eine Vermutung,
gegen die der Gegenbeweis nicht zulässig ist. Ist
es richtig, so etwas in ein Gesetz hineinzuschreiben?
Vor zweihundert Jahren baute der König von Preußen ein Schloß. In den Bereich dieses Schlosses sollte auch eine Mühle einbezogen werden, deren Geklapper den König störte. Der König ließ sich also den Müller kommen, und es entspann sich folgendes Zwiegespräch. Der König sagte: „Müller, will er mir seine Mühle verkaufen?" Daraufhin sagte der Müller: „Majestät, in dieser Mühle haben Generationen meiner Vorfahren gelebt und gearbeitet, und ich möchte, daß auch meine Kinder und Enkel darin leben und arbeiten können." Daraufhin sagte der König: „Müller, weiß er auch, daß ich ihm seine Mühle gegen seinen Willen wegnehmen kann?" Darauf antwortete der Müller: „Jawohl, das weiß ich, Majestät. Aber es gibt ja ein Kammergericht in Berlin."

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Meine Damen und Herren, damals war der Dialog zu Ende, und der Bürger, der Untertan des Königs, hatte das letzte Wort. Wenn Sie dieses Gesetz, diese Vorschrift so verabschieden, wie sie in der Drucksache steht, wird der Dialog weitergehen. Dann wird der König sagen: „Gut, wenn er nicht will, lasse ich ihn durch den Stadtrat von Potsdam sanieren."

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU.)

Dann wird der Müller antworten: „Aber die Entfernung der Mühle dient doch dem Privatvergnügen Ihrer Majestät und nicht dem Wohl der Allgemeinheit." Darauf wird der König antworten, indem er die Vorschrift zitiert, die ich soeben zitiert habe: „Sanierungsmaßnahmen dienen immer dem Wohl der Allgemeinheit." Dann wird der Müller fragen: „Aber das Kammergericht kann das doch nachprüfen?" Der König aber wird nach Ihrem Gesetz sagen: „Nein, das kann es nicht nachprüfen."

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

Meine Damen und Herren, nach Ihrem Gesetzentwurf hat der König, d. h. die Behörde, das letzte Wort, und der Bürger ist mit seinen Einwendungen abgeschnitten.

(Zuruf von der CDU/CSU: Mehr Demokratie!)

Nun könnte man sagen, das seien unbegründete Befürchtungen. Diesen Befürchtungen aber hat sich im Rechtsausschuß die ganz große Mehrheit angeschlossen. Der Innenausschuß hat das sogar einstimmig getan, also mit den Stimmen der Kollegen der Koalitionsfraktionen.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

Ich kann mir nur vorstellen, daß man im federführenden Ausschuß unter dem Druck der Zeit nicht mehr die Möglichkeit gehabt hat — ich weiß es nicht, aber ich kann es mir nicht anders vorstellen —, diese Überlegungen nachzuvollziehen.
Der Antrag, den ich hier stelle, ist im Rechtsausschuß vom Parlamentarischen Staatssekretär Ravens gestellt und vom Kollegen Gnädinger übernommen worden, und im Innenausschuß hat ihn Professor Schäfer mit übernommen. Deswegen meine herzliche Bitte an Sie, meine Damen und Herren: Stimmen Sie diesem Änderungsantrag zu! Er liegt durchaus auf der Linie, die wir bisher alle gemeinsam hier vertreten haben. Meine Damen und Herren, es darf nicht sein, daß der Bürger der Bundesrepublik Deutschland gegenüber seiner Stadtverwaltung weniger Rechte hat, als sie ein preußischer Untertan gegenüber seinem König hatte.

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612729900
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Ahrens.

Dr. Karl Ahrens (SPD):
Rede ID: ID0612730000
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Aussage, daß Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen dem Wohl der Allgemeinheit dienen, ist nach unserer Auffassung eine wichtige Feststellung des Gesetzes. Sie hebt die besondere Bedeutung dieser Maßnahmen hervor und stellt klar, daß es sich um eine vorrangige Aufgabe der öffentlichen Hand handelt. Diese Vorschrift bedeutet nicht — und das war der Grund, Herr Kollege Lenz, weshalb wir diesem Antrag nicht zustimmen werden und weshalb wir uns auch den Empfehlungen der mitberatenden Ausschüsse nicht haben anschließen können —, daß im Einzelfall bei enteignenden Maßnahmen eine Prüfung, ob die Voraussetzungen des Art. 14 vorliegen, entbehrlich wäre. Diese Voraussetzungen müssen selbstverständlich in jedem Falle geprüft werden. Im übriges haben wir einen Rechtsstaat, und das ist der entscheidende Unterschied zu den Zeiten der Anekdote!
Wir werden den Antrag ablehnen.

(Beifall bei der SPD. — Zurufe von der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612730100
Wird des weiteren das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Ich lasse über den Änderungsantrag Umdruck 192 des Abgeordneten Dr. Lenz (Bergstraße) abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Der Antrag ist mit Mehrheit abgelehnt.
Ich lasse nun über § 1 in der Ausschußfassung abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — § 1 ist so beschlossen.
Ich rufe §§ 2, 3 und 4 auf. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Die Paragraphen sind so beschlossen.
Wir kommen zu § 5. Dazu rufe ich den Antrag Umdruck 178 `) auf und erteile das Wort zur Begründung dem Abgeordneten Dr. Schneider (Nürnberg).

Dr. Oscar Schneider (CSU):
Rede ID: ID0612730200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei § 5 Abs. 1 a handelt es sich um einen konkreten Fall, wie wir
*) Siehe Anlage 4



Dr. Schneider (Nürnberg)

mehr Demokratie in unserem Staat realisieren können. Der Antrag, gerichtet auf die Auslegung der Sanierungssatzung, bedeutet, mehr Demokratie im Interesse der Bürger im allgemeinen, mehr Demokratie im Interesse ,der Betroffenen, aber auch mehr Recht für die verantwortlichen und gewählten Repräsentanten der Gemeinde, nämlich die Stadtväter und 'den Stadtrat insgesamt. Sie haben die Gelegenheit, die Satzung noch einmal zu beraten. Sie haben also Gelegenheit, noch einmal zu prüfen, ob der Umgriff des Sanierungsgebiets ausreichend ist, ob er zu groß gewählt ist. Diese Frage ist deswegen von großer Wichtigkeit, weil § 5 auch vorschreibt, daß die aufsichtsbehördliche Genehmigung der Sanierungssatzung nur dann erteilt werden darf, wenn die Durchführung der Maßnahme in einer überschaubaren Frist möglich ist. Man sollte sich also eine solche Satzung mehr als einmal gründlich ansehen.
Im übrigen muß gesagt werden, daß Beratungen über Sanierungssatzungen in einem fortwährenden unmittelbaren sachlichen Zusammenhang stehen mit Überlegungen in Verbindung mit der konkreten Bauleitplanung, mit ,der Bebauungssatzung. Wenn man bedenkt, daß diese Überlegungen haushaltspolitische Fragen, Probleme der Stadtentwicklung, Fragen der Wirtschaftsförderung und insbesondere eine sinnvolle Anpassung an aie übrige Flächennutzungsplanung berühren, so ist es von der Sache her geboten, die Sanierungssatzung auszulegen, insbesondere dann, wenn man neben einer erneuten Mitwirkung des Stadtrats noch einmal ,die Öffentlichkeit hören will. Wer hier nein sagt, will in der Tat das Votum der Offentlichkeit nach einem bestimmten Verfahren, welches das Gesetz vorsieht, ausschließen. Dies ist also in der Tat ein Weniger an Demokratie, es ist auch ein Weniger an Selbstverwaltung, und es ist ein Stück obrigkeitsstaatlicher Politik.
Vorhin wurde ein König zitiert. Ich darf einen seiner Zeitgenossen zitieren, nämlich den Dichter Lessing, der mit Bezug auf Klopstock einmal gesagt hat — ich darf es abwandeln —: „Wer wird nicht seinen Bürger loben. Doch wird man auf ihn hören? Nein." Und der Bürger antwortet: „Wir wollen weniger erhoben und fleißiger beachtet sein."

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612730300
Das Wort hat der Abgeordnete Schmidt (München).

Manfred Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0612730400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU bereitet uns heute abend eine literarische Stunde. Sie gestatten mir, daß ich nur ganz sachlich auf den Antrag eingehe. Die Auslegung des Entwurfs einer Satzung auf einen Monat stößt nach Auffassung der Fraktionen der SPD und FDP sowohl auf rechtliche wie auf politische Bedenken. Das rechtliche Bedenken besteht darin, daß in den einschlägigen Verfahrensgesetzen der Länder genau ,geregelt ist, wie die Gemeinden mit Satzungen zu verfahren haben. Da dem Bund für einen Eingriff in diese Gesetzgebung jede Kompetenz fehlt, halten wir diesen Antrag für rechtlich bedenklich. Ich möchte aber mein Hauptargument auf die politischen Bedenken legen.
Erstens. Das Auslegen einer Satzung, in der nur das Sanierungsgebiet in seiner räumlichen Abgrenzung aufgeführt ist, nützt dem, der in dem Gebiet ein Grundstück besitzt, überhaupt nichts. Die Abgrenzung eines Sanierungsgebietes erfolgt allein nach objektiven Kriterien. Die Gemeinde kann ein Sanierungsgebiet nur festlegen, wenn städtebauliche Mißstände vorliegen, die in § 3 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 im einzelnen aufgeführt sind.
Zweitens. Ob und inwieweit städtebauliche Mißstände vorliegen und welche Einstellung Mieter, Pächter, Eigentümer und sonstige Nutzungsberechtigte haben, wird und muß in den vorbereitenden Untersuchungen festgestellt werden, die gleichzeitig die Grundlage für den Sozialplan abgeben sollen. Das ist Öffnung, das ist Demokratisierung des Planungsverfahrens. Dagegen ist die Auslegung des Satzungsentwurfs über die räumliche Abgrenzung eines Sanierungsgebietes allein eine reine Farce. Sie führt lediglich zur Verzögerung des Beginns der Sanierung und bringt für den Betroffenen weder eine Mitwirkungsmöglichkeit noch irgendeinen sonstigen Vorteil. Wäre das der Fall, würden wir Sozialdemokraten Ihrem Antrag zustimmen; denn Sie können versichert sein, daß wir uns von niemanden übertreffen lassen, wenn es um Demokratisierung geht.

(Lachen und Zurufe von der CDU/CSU. — Beifall bei der SPD.)

— Da Ihnen dieser Satz nicht gefallen hat, wiederhole ich ihn: Wir lassen uns von niemandem übertreffen, wenn es um die Demokratisierung geht.

(Erneuter Beifall bei der SPD. — Zurufe von der CDU/CSU.)

Wir sind aber, ebenso wie die FDP, nicht bereit, der sinnlosen Erschwerung der Sanierung, die in Ihrem Antrag liegt, Vorschub zu leisten. Deshalb beantrage ich namens der Fraktionen der SPD und FDP die Ablehnung dieses Antrags.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612730500
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schneider (Nürnberg).

Dr. Oscar Schneider (CSU):
Rede ID: ID0612730600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur auf eine Bemerkung des Herrn Dr. Schmidt eingehen. Er hat gesagt, aus rechtlichen Gründen sei auch die SPD-Fraktion gegen diesen Antrag, und er hat auf die Verwaltungsverfahren in den einzelnen Ländern hingewiesen, die unterschiedlich seien. Ich stelle hier fest, daß dem Innenausschuß der Entwurf des Verwaltungsverfahrensgesetzes zur Beratung vorliegt, eines Gesetzes, das seit zehn Jahren vorbereitet wird. Es ist damit zu rechnen, daß dieses Gesetz im 6. Deutschen Bundestag verabschiedet werden wird. Darin ist ein Verfahren vorgesehen, daß justament unserem Entwurf und unserem Antrag entsprechen würde.

(Beifall bei der CDU/CSU.)





Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0612730700
Wird noch das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Ich komme zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck 178. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das ist nicht festzustellen. Ich lasse auszählen.

(Vorsitz: Vizepräsident Dr. SchmittVockenhausen.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0612730800
Ich gebe das Ergebnis der Auszählung über den Antrag auf Umdruck 178 bekannt. Mit Ja haben 219 Abgeordnete gestimmt, mit Nein 224.

(Zuruf von der CDU/CSU: Wird schon besser!)

Damit, meine Damen und Herren, ist der Antrag abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über § 5 in der Ausschußfassung. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich danke Ihnen. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Der Paragraph ist mit der entsprechenden Mehrheit angenommen.
Ich rufe die §§ 6, 7, 8 und 9 auf. Wer diesen Paragraphen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Danke. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich rufe § 10 auf. Zu diesem Paragraphen liegt ein Änderungsantrag der CDU/CSU-Fraktion auf Umdruck 179 *) vor; danach soll ein Abs. 1 a eingefügt werden.
Zur Begründung hat der Herr Abgeordnete Geisenhofer das Wort.

Franz Xaver Geisenhofer (CSU):
Rede ID: ID0612730900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU/CSU-Fraktion schlägt Ihnen mit Umdruck 179 vor, in § 10 folgenden Absatz 1 a einzufügen:
Bei der Aufstellung des Bebauungsplans sind die Wünsche der Eigentümer, Mieter, Pächter und anderen Nutzungsberechtigten, mit denen die Neugestaltung des Sanierungsgebiets nach § 9 erörtert worden ist, zu berücksichtigen, soweit öffentliche Belange dem nicht entgegenstehen.
Ich darf diesen Antrag kurz begründen. Die Bundesregierung ist angetreten unter der Devise „Mehr Demokratie in unserem Land". Leider müssen wir feststellen, daß im Städtebauförderungsgesetz davon recht, recht wenig zu spüren ist. Bei aller Anerkennung der großen Aufgaben der Gemeinden bei der Durchführung von Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen muß doch gesagt werden, daß im vorliegenden Gesetzentwurf die Möglichkeit einer Mitwirkung der Bürger recht unterentwickelt ist.
Sosehr wir uns zufrieden darüber zeigen können, daß sich bei den vorbereitenden Untersuchungen
*) Siehe Anlage 5 weitgehend die Vorstellungen der CDU/CSU-Fraktion durchgesetzt haben, so muß doch in diesem Zusamemnhang die einschränkende Bemerkung gemacht werden, daß die vorbereitenden Untersuchungen und die Aufstellung eines Sozialplanes, der von der CDU/CSU-Fraktion beantragt wurde und dann auch in das Gesetz hineingekommen ist, allein noch nicht genügen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die gesamten Vorbesprechungen mit dem betroffenen Bürger haben wenig Wert, wenn die Gemeinde sie bei der Aufstellung des Bebauungsplans mit einer Handbewegung hinwegwischen kann. Deshalb hat der Rechtsausschuß nach unserer Auffassung gute Gründe dafür gehabt, eine Änderung von § 10 des Gesetzentwurfs zu beantragen, nach der die Gemeinde verpflichtet werden soll, die Wünsche der Eigentümer, Mieter, Pächter und anderer Nutzungsberechtigter, die in den vorbereitenden Untersuchungen vorgebracht worden sind, zu berücksichtigen, soweit dem nicht öffentliche Belange entgegenstehen. Wir bedauern sehr, daß dieser Vorschlag des Rechtsausschusses im federführenden Ausschuß für Städtebau und Wohnungswesen abgelehnt worden ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Gegenargument bzw. der Vorwurf, daß durch die Einführung einer solchen Vorschrift das Einzelinteresse, ja sogar die Einzelinteressen von Querulanten höher bewertet werden würden als das Gemeinwohl und das Interesse der Gemeinde, trifft nicht zu, da Einzelwünsche, die im Widerspruch zu öffentlichen Belangen stehen, auch nach unserem Antrag nicht zu berücksichtigen sind. Wo aber berechtigte Forderungen der Bürger nicht im Widerspruch zum öffentlichen Gemeinwohl stehen, sollen sie auch berücksichtigt werden, wenn das Anhörverfahren überhaupt einen Sinn und eine Bedeutung haben soll.
Nach § 9 soll die Gemeinde auch den Arbeitnehmern eines Betriebs im Sanierungsgebiet die Möglichkeit geben, sich zur Neugestaltung des Sanierungsgebiets zu äußern. Was nützt aber nach dem Gesetz die Äußerung des Betriebsrates vor der Gemeinde, wenn die Forderungen der Arbeitnehmer hinsichtlich der Verlegung des Betriebs bzw. der Wohnungen und Arbeitsplätze ignoriert werden können? Der Gesetzentwurf übernimmt zwar die bisherige Regelung des Bundesbaugesetzes, daß der Entwurf eines Bebauungsplans öffentlich auszulegen ist und die Betroffenen Einwendungen erheben und Anregungen geben können; er enthält aber keine verpflichtende Norm für die Gemeinde, diesen Einwendungen und Anregungen Rechnung zu tragen.
Wenn die Bundesregierung ihr Schlagwort „Mehr Demokratie!" ernst nehmen und auch verwirklichen will, müßten, glaube ich, alle Damen und Herren des Hohen Hauses diesem Änderungsantrag zustimmen. Ich bitte darum.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0612731000
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wurbs.




Richard Wurbs (FDP):
Rede ID: ID0612731100
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ein Anliegen aller drei Fraktionen, die Betroffenen in einem Sanierungsgebiet rechtzeitig zu informieren und in den gesamten Prozeß einzubauen. Zu diesem Zweck haben wir § 4 und § 8, der die vorbereitenden Untersuchungen regelt, in das Gesetz aufgenommen. Ein Gesetz wird nicht dadurch besser, daß man Formulierungen laufend wiederholt. Es wäre eine Farce, wenn man die Erörterungen, die nach ,den §§ 4 und 8 vorgeschrieben sind, nicht in die Tat umsetzte bzw. ,die Erkenntnisse, die .aus diesen Erörterungen gezogen werden, nicht entsprechend berücksichtigte.
Wir sind der Auffassung, ,daß mit der Formulierung der §§ 4 und 8 dem Anliegen der CDU Rechnung getragen ist. Die Koalitionsfraktionen lehnen daher diesen Antrag ab.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0612731200
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schmidt (München).

(Abg. Schmidt [München] : Ich verzichte!)

— Er verzichtet. Dann ist die Aussprache über den
Antrag geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung.
Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der CDU/ CSU auf Umdruck 179, in § 10 einen Absatz 1 a einzufügen, zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Gegenprobe! — Das letztere war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über § 10 in der Ausschußfassung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Ich danke. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Mit entsprechender Mehrheit ist § 10 angenommen.
Ich rufe die §§ 11, 12, 13, 14 auf. — Meine Damen und Herren, wer den aufgerufenen Paragraphen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Danke. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Ich stelle Einmütigkeit fest.
Ich rufe § 15 auf. Zu § 15 liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck 180 *) vor, in § 15 einen Abs. 7 a einzufügen. Zur Begründung hat ,der Herr Abgeordnete Dr. Böhme das Wort.

Dr. Günter Böhme (CDU):
Rede ID: ID0612731300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! § 15 Abs. 1 beinhaltet in Verbindung mit Abs. 3 die Möglichkeit, im Rahmen eines Sanierungsgebietes und für die gesamte Zeit einer Sanierung eine unbefristete Bausperre auszusprechen. Da es sich hier um die Möglichkeit einer unbefristeten Bausperre handelt, ist zu fragen, inwieweit und wie lange sich hier ein allgemeines Opfer des einzelnen Betroffenen ergibt und warm im Rahmen der Entschädigungsbestimmungen die Grenze zum Sonderopfer überschritten wird; denn dann, ,so sagt 'die Rechtsprechung zu Art. 14 GG, ist ein Entschädigungsanspruch gegeben.
*) Siehe Anlage 6
Nach dem Bundesbaugesetz ist eine solche äußerste Begrenzung mit zweimal zwei Jahren, also vier Jahren vorgesehen. In .der Zeit, so meinte der Gesetzgeber des Bundesbaugesetzes, kann man einen Bebauungsplan aufstellen. Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung fünf Jahre als äußerste Frist angesehen, und dementsprechend stellt die CDU/ CSU-Fraktion den Antrag, eine Entschädigungspflicht festzulegen, soweit ein Zeitraum von fünf Jahren vor Aufstellung ides Bebauungsplans überschritten wird, d. h. nach einer Wartezeit von fünf Jahren entsteht bei Nachweis des Vermögensnachteils ein Entschädigungsanspruch in angemessener Höhe.
Die unbefristete Sperre der rentablen Nutzung eröffnet für die Gemeinde die Möglichkeit, den Eigentümer des Grundstücks auszuhungern, ihn zu einem freihändigen Verkauf eventuell auch unter dem vom Gutachterausschuß ermittelten Preis zu veranlassen. Das widerspricht nach unserer Auffassung zutiefst ,der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes.
Herr Minister Lauritzen sprach heute des öfteren von der Spekulation der Eigentümer. Ich möchte ihm hier entgegenhalten, dieser Paragraph — ich werde bei § 18 noch einmal darauf zurückkommen — öffnet Tür und Tor für die Spekulation der Gemeinden. Insbesondere wenn man § 59 Abs. 5, in dem die Wiederveräußerung zum vollen Verkehrswert vorgesehen ist, hinzunimmt, ergibt sich für die Gemeinden ein besonderer Anreiz, im eigenen Namen zu spekulieren.
Wollen Sie wirklich. meine Damen und Herren von der SPD und FDP, der Rechtsprechung der obersten Gerichte so wenig folgen, daß Sie die anerkannten Grundrechte — ich weiß, Herr Staatssekretär, Sie sind da anderer Auffassung — so negieren, wollen Sie den Betroffenen wirklich ohne die primitivsten Ersatzrechte lassen? Ich befürchte, Herr Staatssekretär — dieses Wort speziell an Sie —, daß die Nachprüfung der Rechtmäßigkeit dieses Paragraphen, die Prüfung auf seine Verfassungsmäßigkeit, nur kurze Zeit auf sich warten lassen wird. Aus diesem Grunde bitte ich Sie, unserem Änderungsantrag doch zuzustimmen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0612731400
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Gnädinger.

Fritz-Joachim Gnädinger (SPD):
Rede ID: ID0612731500
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei dem Antrag auf Umdruck 180 geht es im wesentlichen um folgendes. In der Zeit zwischen förmlicher Festlegung des Sanierungsgebiets und Aufstellung des Bebauungsplans sind die Eigentümer nach den Bestimmungen dieses Paragraphen in ihren Verfügungsrechten über das Grundstück eingeschränkt. Sie sagen nun: Diese nicht unbedeutende Einschränkungen können nur für eine gewisse Zeit als entschädigungslose Eigentumsbindung hingenommen werden; dauern diese Bindungen länger, so schlägt .die Eigentumsbindung in Enteignung um und ist zu entschädigen.



Gnädinger
Jeder, der sich in diesen Fragen auskennt, wird sicherlich nicht erstaunt sein, wenn ich dem zustimme. Aber um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es nicht des Antrages der CDU/CSU. Im Gegenteil, wenn wir den Antrag der CDU/CSU annehmen würden, kämen wir, sowohl was die Situation des Grundstückseigentümers als auch was die Situation der Gemeinde angeht, je nach Lage zu einer wenig sachgerechten, verschlechterten Regelung. Die Antragsteller verkennen meiner Meinung nach einfach, daß nach den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts und nach dem, was die Rechtsprechung entwickelt hat, jede nennenswerte Eigentumsbindung bei entsprechender Dauer in Enteignung umschlägt.
Wichtig ist aber — und hier unterscheiden wir uns —, daß der Zeitpunkt hierfür von Fall zu Fall je nach den Schwierigkeiten des Vorhabens sich anders gestaltet. Nach den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts ist entscheidend, ob die Gemeinde zwischen förmlicher Festlegung und Aufstellung des Bebauungsplans ihre ganze Verwaltungskraft eingesetzt hat oder ob sie das nicht getan hat. Aus diesem Grunde ist die von Ihnen vorgeschlagene Frist von fünf Jahren nicht sachgerecht und führt auch zu unbilligen Ergebnissen. Es ist nach Ihrem Vorschlag denkbar, daß die Gemeinde, bedingt durch Einsprüche, die Aufstellung innerhalb dieser fünf Jahre nicht schafft, und es wäre ungerecht, an Ursachen einen Entschädigungsanspruch aufzuhängen, den diese Gemeinde nicht zu vertreten hat.
Lassen Sie mich am Schluß noch zwei Bemerkungen machen. Einmal muß darauf hingewiesen werden, daß nach dem Umlegungsverfahren des Bundesbaugesetzes solche Fristen nicht genannt sind, und man muß hinzufügen, daß das Umlegungsverfahren des Bundesbaugesetzes, das schon zehn Jahre gilt, durchaus mit dem, was hier zu regeln ist, verglichen werden kann. Es ist vielleicht interessant, in diesem Zusammenhang auch noch darauf hinzuweisen, daß nach § 30 des ersten Entwurfs eines Städtebauförderungsgesetzes, der von Herrn Minister Lücke stammt, eine solche Regelung nicht enthalten war. Auch dort waren keine Fristen und keine speziellen Entschädigungsleistungen vorgesehen. Klar und unzweideutig möchte ich hier noch einmal wiederholen, daß nach der vom Ausschuß vorgeschlagenen Fassung jeder Betroffene, in dessen Eigentum in enteignungsgleicher Weise eingegriffen wird, einen Entschädigungsanspruch hat.
Aus all diesen Gründen, meine sehr verehrten Damen und Herren, können die Koalitionsfraktionen diesem Antrag der Opposition nicht zustimmen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0612731600
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck 180. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Danke. Gegenprobe! — Das letztere war die Mehrheit. Meine Damen und Herren, der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über den § 15 in der Ausschußfassung. Wer § 15 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Danke! Gegenprobe! — Danke. Stimmenthaltungen? — Mit entsprechenden Mehrheiten angenommen.
Ich rufe §§ 16 und 17 auf. — Wer den beiden aufgerufenen Paragraphen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Ich danke Ihnen. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Ich stelle einstimmige Beschlußfassung fest.
Ich rufe § 18 auf. Hierzu, meine Damen und Herren, liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck 181 *) vor. Zur Begründung — ich nehme an, daß der Herr Abgeordnete Dr. Böhme diesen Antrag insgesamt begründen wird — hat das Wort der Herr Abgeordnete Dr. Böhme.

Dr. Günter Böhme (CDU):
Rede ID: ID0612731700
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! In § 15 Abs. 1 Nr. 1 ist die Genehmigungspflicht bei Grundstücksverfügungen oder -bebauungen in Sanierungsgebieten durch die Gemeinde aufgeführt. § 18 enthält das Grunderwerbsrecht bezüglich solcher Grundstücke, für die die Genehmigung durch die Gemeinde versagt worden ist, durch eben diese Gemeinde zum Gutachterpreis. Nach dieser kurzen Umschreibung handelt es sich um einen Zwangskauf durch die Gemeinde zu Bedingungen, die der Veräußerungswillige nicht wollte. Es handelt sich um einen Zwangskauf, also auch um ein Enteignungsverfahren, bei dem Rechtsmittel gegen diesen Zwangskauf für den Betroffenen nicht gegeben sind, bei dem zudem der Begünstigte — darauf ist zusätzlich hinzuweisen — der die Enteignung Durchführende ist. Die Gemeinde setzt somit durch die Versagung der Genehmigung zum Verkauf die Ursache für die Begründung ihres Rechtes auf Erwerb und zahlt einen Preis, den ein Gutachterausschuß festsetzt, den ebenfalls dieselbe Gemeinde berufen hat.
Es handelt sich, wie gesagt, um eine Nutzenziehung ohne jede Nachprüfung. Das ist das, was Herr Ahrens soeben die Verhinderung der Verwässerungen des Instrumentariums der Enteignung genannt hat! Dabei darf ich hinzufügen, daß eine gerechte und doch zügige Lösung durchaus möglich gewesen wäre, wenn man, wie ich das eben schon einmal bei der Rede von Herrn Schmidt angesprochen habe, die Besitzeinweisung gewählt und die Frage der Entschädigung in einem gesonderten Verfahren zugelassen hätte.
So, wie es jetzt geregelt ist, handelt es sich jedenfalls um einen klaren Fall von Interessenkollision. Ich möchte das, was ich bereits im Zusammenhang mit § 15 erwähnt habe, wiederholen: Hier wird der Spekulation der Gemeinde, der öffentlichen Hand Tür und Tor geöffnet. Auch dieser Paragraph widerspricht in seiner jetzigen Form und in seinem jetzigen Inhalt den im Grundgesetz garantierten Grundrechten.
*) Siehe Anlage 7



Dr. Böhme
Es gibt Mindestforderungen, die man erfüllen muß, um wenigstens an die Grenzen der Rechtmäßigkeit heranzukommen. Um die Grenzen zu erreichen, sind diese Mindestforderungen in unserem Antrag enthalten, einmal in dem Abwendungsrecht des Eigentümers und zum zweiten die Nachprüfung der Rechtmäßigkeit der Erwerbsrechtsausübung durch die vorgesetzte Behörde.
Das Abwendungsrecht als solches soll gegeben sein, wenn der Veräußerer von dem nicht genehmigten Kaufvertrag zurücktritt und das Grundstück selbst behält, oder aber, wenn der Eigentümer es übernimmt, die Sanierungsmaßnahme auf seinem Grundstück selbst durchzuführen. In solchen Fällen kann die Enteignung nach unserer Auffassung nur nach § 22 durchgeführt werden.
Bei dem Nachprüfungsrecht handelt es sich um eine Enteignung ohne ein formelles Enteignungsverfahren. In diesem Falle muß eine Nachprüfung deshalb erfolgen, weil der die Voraussetzungen Setzende gleichzeitig der Begünstigte dieses Verwaltungsaktes ist. Hier muß die Willkür der Entscheidung durch eine Überprüfung, z. B. durch die Überprüfung eines Gerichtes, ausgeschaltet werden. Wir haben der Vereinfachung der Sache halber vorgeschlagen: durch eine Überprüfung der vorgesetzten Behörde.
Ich glaube, zu der Demokratisierung, von der man immer spricht, gehört auch die Information, die Durchsichtigkeit der hoheitlichen Maßnahmen für den einzelnen Burger. Gerade bei einer derartigen ,) Durchsetzung eines Enteignungsanspruchs sollte man es sich angelegen sein lassen, ein solches hoheitliches Verfahren auch für den einzelnen durchsichtig zu machen, damit es nicht in dem Geruch der Willkür bleibt.
Aus diesem Grunde sind wir der Auffassung, daß auch Sie diese Meinung vertreten sollten. Wir bitten Sie, unseren Anträgen zuzustimmen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0612731800
Das Wort hat Herr Abgeordneter Gnädinger.

Fritz-Joachim Gnädinger (SPD):
Rede ID: ID0612731900
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sehen in dem gemeindlichen Grunderwerbsrecht einen unverzichtbaren Teil eines neuen bodenrechtlichen Instrumentariums, das dazu dienen soll, Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen einheitlich und zügig vorbereiten und durchführen zu können. Es handelt sich dabei in der Tat um ein neues Instrument, das neben Vorkaufsrecht und Enteignung tritt.
Inhaltlich geht es bei der Ablehnung des ersten Änderungsantrages der CDU/CSU im wesentlichen darum, daß die Absicht der Gemeinde, ein Grundstück nach § 18 zu erwerben, vòm Eigentümer durch Rücktritt vom Veräußerungsvertrag nicht unterlaufen werden kann. Politisch bedeutet die beantragte Streichung, den Anwendungsbereich und damit die Wirksamkeit des gemeindlichen Grunderwerbsrechts erheblich einzuschränken. Vom rechtlichen Standpunkt aus muß gesagt werden, daß die Bedenken der Opposition unbegründet sind. Es ist nicht einzusehen, warum die vom Eigentümer erklärte Bereitschaft, das Grundstück abgeben zu wollen, nicht ausreichen soll, um ein gemeindliches Grunderwerbsrecht begründen zu können. Der anfängliche Veräußerungswille und die fehlende Sanierungsbereitschaft sind nach unserer Auffassung ausreichende Voraussetzungen für dieses Grunderwerbsrecht.
Die Opposition meint nun, es sei aus rechtsstaatlichen Grundsätzen unabdingbar, daß das Grunderwerbsrecht von der Gemeinde nur dann ausgeübt werden kann, wenn eine nach Landesrecht zuständige Stelle dieser Ausübung zustimmt. Sie meinen, die Ausschußvorlage — und das hat Herr Dr. Böhme gerade gesagt — enthalte eine Interessenkollision, weil die begünstigte Gemeinde selbst über ihre Begünstigung zu entscheiden habe.
Wir können diesem Antrag aus einer ganzen Reihe von Gründen nicht zustimmen. Ich möchte das kurz mit folgenden drei Punkten begründen.
Zum einen ist der Ausdruck „begünstigte Gemeinde" für die erwerbende Gemeinde etwas schief. Sie erwirbt ja nicht zum eigenen wirtschaftlichen Nutzen, sondern sie erwirbt, um die beabsichtigte Sanierung zügig und einheitlich im Interesse der Allgemeinheit durchführen zu können.
Zum zweiten muß man deutlich sehen, daß die Gemeinde das Grunderwerbsrecht nicht willkürlich ausüben kann, sondern daß sie es nur ausüben kann, wenn es zur Sanierung erforderlich ist. Das ist ein Umstand, der seinerseits gerichtlich nachgeprüft werden kann. Im übrigen untersteht die Gemeinde der kommunalen Fachaufsicht.
Zum dritten möchte ich bemerken, daß die Verwirklichung des Vorschlags der CDU/CSU einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand mit sich brächte, der in keinem angemessenen Verhältnis zu den Notwendigkeiten einer raschen Abwicklung dieser Maßnahme steht, auf die Sie ja selbst immer so drängen.
Abschließend bleibt es interessant, zu sehen, wie die Opposition unter dem Einfluß von Sachverstand und öffentlicher Meinung zwar langsam, aber spürbar gerade hinsichtlich des gemeindlichen Grunderwerbsrechts ihre Meinung von Vierteljahr zu Vierteljahr leicht geändert hat. Die Maßstäbe für diese öffentliche Meinung waren durch die Haltung des Regierungsentwurfs in dieser Frage gesetzt. Über viele Zwischenstufen ist die CDU/CSU von einer totalen Ablehnung des gemeindlichen Grunderwerbsrechts zu einer Vorlage von Änderungsanträgen gekommen, nach deren Annahme dieses Institut für sie akzeptabel erscheint. Leider kann man nicht warten, bis der Meinungsbildungsprozeß in der Opposition weiter fortgeschritten ist, bis sie dazu kommt, der Ausschußfassung zuzustimmen. Wir müssen heute zustimmen, und die Koalitionsfraktionen lehnen den Änderungsantrag auf Umdruck 181 ab.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0612732000
Meine Damen und Herren, wir kommen zur Abstim-



Vizepräsident Dr. Schmidt-Vockenhausen
mung über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck 181. Wir können über alle Punkte gemeinsam abstimmen, weil, wie sich aus der Antragstellung ergeben hat, ein innerer Sachzusammenhang zwischen ihnen besteht. Wer dem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Danke. Gegenprobe! — Das letztere war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über den § 18 in der Ausschußfassung. Wer ihm zustimmt, den bitte ich um das Zeichen. — Danke. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Mit der entsprechenden Mehrheit angenommen.
Ich rufe auf §§ 19, 20, 21 und 22. — Wer den aufgerufenen Paragraphen zuzustimen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Danke. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Die Paragraphen sind damit angenommen.
Ich rufe den § 23 auf. Hier liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck 182 *) Ziffer 1 vor. Das Wort zur Begründung hat Herr Abgeordneter Niegel.

Lorenz Niegel (CSU):
Rede ID: ID0612732100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht bei diesem Änderungsantrag um die Einführung eines Zeitpunktes für eine gerechte Bewertung und Entschädigung.
Nach § 23 Abs. 2 in der Fassung der Ausschußvorlage heißt es, daß bei der Bemessung der Ausgleichs- und Entschädigungsleistungen nach Abs. 1 jedoch „Werterhöhungen, die lediglich durch die Aussicht auf die Sanierung ... eingetreten sind, nur insoweit berücksichtigt" werden, „als der Betroffene diese ... zulässigerweise bewirkt hat". Damit haben wir eine Unsicherheit ersten Grades. Wann ist diese Werterhöhung mit Aussicht auf Sanierung eingetreten? Hier gibt es meines Erachtens unzähige Rechtsstreitigkeiten. Außerdem hat diese Bestimmung auch für § 41 eine sehr große Bedeutung, weil damit ja die Grundstückseigentümer an den Kosten beteiligt werden, und zwar mit der Differenz Eingangswert zum Ausgangswert. Auch dafür brauchen wir einen berechtigten Stichtag. Ich meine, daß die jetzige Vorschrift für die Praxis unbrauchbar ist und wir deswegen die Einführung eines Stichtags überlegen sollten.
Übereinstimmung besteht — da bin ich mit allen einig — insofern, als zuzugeben ist, daß der Entschädigungsanspruch nicht über ,das rechtlich gebotene Maß hinausgehen muß. Die Regelung des § 23 Abs. 2 bleibt aber weit darunter. Es wird nämlich kaum festzustellen sein, welche Werterhöhung lediglich durch die Aussicht auf die Sanierung oder — später dann Entwicklung — eingetreten ist. Da die Vorschrift keinerlei zeitliche Begrenzung für die Nichtanrechnung der Werterhöhung enthält, können nach ersten Vermutungen und Äußerungen über eine geplante Sanierung oder Entwicklung eintretende Wertsteigerungen, auch soweit sie aus anderen Gründen erfolgt sind, bis zum vielleicht erst
*) Siehe Anlage 8 Jahrzehnte später erfolgenden Abschluß der Maßnahmen außer Betracht bleiben.
Der Gesetzentwurf müßte deshalb viel konkreter darlegen, welche Wertsteigerungen erfaßt werden sollen. Erforderlich ist unbedingt auch die Festlegung einer zeitlichen Begrenzung der Nichtberücksichtigung von Werterhöhungen auf Grund bestimmter Umstände. Der Zeitpunkt, zu dem Wertsteigerungen eingetreten sind, wird deshalb in der Praxis sehr schwer bestimmbar sein.
Die Fraktion der CDU/CSU und viele Fachleute auf dem Gebiete der Bodenbewertung sind übereinstimmend der Meinung, daß der Ausschuß der Berücksichtigung der Werterhöhung an einen festen Zeitpunkt geknüpft werden sollte, da sonst eine erhebliche Rechtsunsicherheit herbeigeführt wird und die Gefahr besteht, daß zahlreiche Entschädigungsstreitigkeiten in die Rechtsprechung gehen und die Gerichte überfordert werden.
Durch unseren Antrag — ich darf mich auf seinen Wortlaut berufen — soll der Stichtag konkretisiert werden. Unsere Überlegung dabei ist, daß Werterhöhungen frühestens nach der Bekanntmachung des Beschlusses der Gemeinde über den Beginn der vorbereitenden Untersuchungen eintreten werden. Wir haben für diese Festlegung des Stichtages in weiten Kreisen der Bevölkerung Zustimmung gefunden. Selbst — und das möchte ich herausstellen — die Sozialdemokratische Partei hat sich auf ihrem Parteitag für einen Stichtag ausgesprochen.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

Im Ausschuß und in ihrem Entwurf ist sie davon dann allerdings wieder abgerückt. Wir haben in allen Ausschüssen — im federführenden Ausschuß für Städtebau und Wohnungswesen zweimal, in den anderen Ausschüssen einmal — diesen Antrag gestellt und sind mit einer Stimme unterlegen.
Meine sehr verehrten Herren Kollegen von der SPD und der FDP, um Ihnen die Zustimmung zu erleichtern, sind wir Ihnen entgegengekommen. Wir sind von unserem ursprünglichen Antrag, den ich Ihnen vorhin erläutert habe, abgegangen und schlagen jetzt vor, den Stichtag auf ein Jahr vor Bekanntmachung des Beschlusses festzulegen. Jetzt kann man wirklich nicht mehr sagen, daß da überhaupt noch die Möglichkeit von Spekulationen gegeben sei. Nach meiner Meinung bestand eine solche Möglichkeit der Spekulation auch nach dem ursprünglichen Antrag nicht. Hier aber ist meines Erachtens wirklich keine Spekulation mehr drin, und hier haben wir einen für die Verwaltung praktikablen Vorschlag, der auch eine spätere Überprüfung durch die Gerichte ermöglicht.
Der Bundesrat spielte heute bei gewissen Überlegungen eine große Rolle. Ich möchte darauf hinweisen, daß der Bundesrat seinerzeit in seiner Stellungnahme zu der Vorlage des Regierungsentwurfs bereits mit Mehrheit beschlossen hat, den von uns ursprünglich vorgesehenen Stichtag einzuführen. Ich bin der Meinung, daß der Bundesrat, wenn er jetzt abschließend Stellung nimmt, bei diesem Beschluß bleiben wird.



Niegel
Ferner haben wir in unserem Antrag eine Frist vorgesehen, um Schädigungen der Eigentümer, die durch Verzögerungen von seiten der Gemeinde entstehen, zu vermeiden. Es ist ja möglich, daß die Gemeinde beschließt, eine Untersuchung durchzuführen und Maßnahmen einzuleiten, daß dann aber bis zum Beschluß über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes eine ewige Zeit verstreicht. Damit die Gemeinde gezwungen wird, dieses Verfahren nicht auf die lange Bank zu schieben, muß man eine bestimmte zeitliche Begrenzung festlegen. Wir hatten ursprünglich — in unserem Gesetzentwurf — eine Begrenzung auf vier Jahre vorgesehen: vier Jahre bis zum Beschluß über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebiets. Wir sind Ihnen auch hier entgegengekommen und haben diese Frist um ein Jahr verlängert, so daß auch hier keineswegs mehr irgendeine Spekulation möglich ist. Wir wollen mit dieser Bestimmung die Gemeinde zu einer zügigen Inangriffnahme und Durchführung der Maßnahmen veranlassen. Deshalb dürfen zwischen dem für die Wertermittlung maßgeblichen Stichtag und dem Beschluß über die förmliche Festlegung des Sanierungs- und Entwicklungsgebiets nicht mehr als fünf Jahre liegen.
Nun zu dem zweiten Teil unseres Antrags! Ich sagte Ihnen vorhin schon: die Festlegung eines Stichtages ist auch für die Heranziehung zu den Kosten wichtig. Deswegen sollten wir auch hier einen Stichtag einsetzen.
Wir — die CDU/CSU-Fraktion — halten die Änderung des Entschädigungsparagraphen aber nicht nur aus Gründen der Praktikabilität, sondern auch aus rechtsstaatlichen und verfassungsrechtlichen Gründen für nötig. Ich bitte um Annahme.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0612732200
Das Wort hat der Abgeordnete Schmidt (München).

Manfred Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0612732300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir waren ursprünglich in bezug auf den Stichtag gar nicht so ablehnend. Wir wollten erst einmal feststellen, ob der Stichtag ein geeignetes Instrument ist, Spekulationsgewinne von einem bestimmten Zeitraum an abzuschöpfen.
Wir haben dann eine Anhörung von Sachverständigen vorgenommen. Dabei hatte die CDU/CSU auch einen Sachverständigen benannt, der erklärte, gerade zu diesem Punkt könne er überhaupt nichts sagen, während alle anderen, die sich vorher für den Stichtag ausgesprochen hatten, sagten, es sei ungeheuer schwierig, den geeigneten Zeitpunkt für den Stichtag zu finden. Ein Vertreter der Gutachterausschüsse, ja, seine ganze Organisation hat erklärt, es sei unmöglich, auf dem Wege über den Stichtag alle Spekulationsgewinne abzuschöpfen, es könnten sich auch vorher solche gebildet haben, die dann außer Ansatz bleiben müßten.
Wir haben uns aus diesem Grunde — und die CDU hat hier heute erklärt, daß sie gegen Spekulationsgewinne ist —, weil das mit dem Stichtag nicht zu schaffen ist, gegen den Stichtag entschieden.
Wenn es Ihnen ernst ist mit Ihren Äußerungen, daß Sie gegen Spekulationen sind, sollten Sie diesen Antrag nicht weiter verfolgen.

(Abg. Stücklen: Ihr Parteitag war doch für den Stichtag!)

— Ja, Herr Stücklen, es ist so: Die vom Irrtum zur Wahrheit reisen, das sind die Weisen. Die im Irrtum verharren, das sind die Narren. — Wir haben uns, obwohl wir völlig offen waren — ich habe es dargelegt —, überzeugen lassen, daß das eine schlechte Lösung wäre.
Zum zweiten Teil des Antrags, hinsichtlich der Entschädigung eine Frist einzuführen, ist folgendes zu sagen. Die Gemeinden sind selbstverständlich verpflichtet, Sanierungsmaßnahmen zügig durchzuführen. Wenn ihnen ein Verschulden nachzuweisen ist, müssen sie dafür auch eine entsprechende Entschädigung zahlen. Aber diese Regelungen des enteignungsgleichen Eingriffs sind durch die Rechtsprechung längst getroffen. Für den Normalfall — und das ist Ausfluß der Sozialpflichtigkeit des Eigentums — gilt, daß der Eigentümer eine solche Verfügungsbeschränkung des Eigentums auch hinnehmen muß.
Aus diesem Grunde beantragen SPD und FDP, beide Anträge abzulehnen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0612732400
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck 182 Ziffer 1. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Danke. Gegenprobe! — Danke schön. Stimmenthaltungen? — Im Präsidium besteht Uneinigkeit. Wir wiederholen die Abstimmung zunächst durch Aufstehen. Wer dem Änderungsantrag Umdruck 182 Ziffer 1 zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Danke. Gegenprobe! Meine Damen und Herren, im Präsidium besteht keine Übereinstimmung; wir müssen auszählen.
Meine Damen und Herren, ich gebe das Ergebnis der Auszählung bekannt. Mit Ja haben 222 Mitgliedes des Hauses, mit Nein haben 232 Mitglieder des Hauses gestimmt. Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck 182 Ziffer 1 abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über den § 23 in der Fassung der Ausschußvorlage. Wer ihm zustimmt, de bitte ich um das Zeichen. — Ich danke. Die Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Mit entsprechenden Mehrheiten angenommen.
Ich rufe § 24 auf. — Das Wort wird nicht begehrt.
Wer dem § 24 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Ich danke. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.



Vizepräsident Dr. Schmidt-Vockenhausen
Ich rufe § 25 auf. Hierzu liegen Änderungsanträge auf den Umdrucken 183 (neu) *) und 177 **) vor. Ich rufe zunächst den Änderungsantrag Umdruck 183 (neu) auf. Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Prassler.

Dr. Helmut Prassler (CDU):
Rede ID: ID0612732500
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Änderungsantrag Umdruck 183 (neu) zu § 25 hat für mich und meine Freunde von der CDU/CSU-Fraktion ganz besonders hervorragende Bedeutung. Wir haben heute mehrfach das Problem der Sozialpflichtigkeit des Eigentums behandelt. Lassen Sie mich dazu für meine Freunde und mich eine kurze Formel vortragen.
Ausgangspunkt ist das Eigentum, wie es besteht. Auch wir wollen, daß für die Planung und die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben alle verfassungsgerechten Instrumente eingesetzt werden können. Wir wollen, daß am Ende solcher für das Wohl der Allgemeinheit eingesetzter Verfahren sowohl die Reprivatisierung als auch die Privatisierungsmöglichkeiten für breite Schichten der Bevölkerung, für viele unserer Bürger stehen. Das ist unsere Auffassung, zu der wir stehen und aus der heraus wir diesen Antrag auf Änderung des § 25 stellen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Es wird uns vorgeworfen, wir betrieben das Geschäft der Eigentümer. Wenn Sie diesen Antrag verstanden haben, dann wissen Sie: genau das Gegenteil ist der Fall!

(Zuruf von der SPD: Jawohl!)

Wir wollen, daß nicht nur am Ende von Sanierungs- und Entwicklungsverfahren — insbesondere am Ende des Sanierungsverfahrens im Falle des § 25 — Ansprüche ehemaliger Eigentümer, die Grundstücke abgegeben haben, wieder erfüllt werden, sondern daß diese Bestimmung für die Privatisierung all der Grundstücke geöffnet wird, die nicht für das Allgemeinwohl benötigt werden — und dies zugunsten breiter Schichten der Bevölkerung. Das und nichts anderes beinhaltet dieser Antrag.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Wenn uns hier heute schon vorgeworfen wurde, die Grundstücke reichten am Ende des Sanierungsverfahrens nicht einmal für die Erfüllung der Reprivatisierungsansprüche aus, dann können wir das nicht nur nicht glauben, sondern wir sind überzeugt, daß das nicht so ist. Wir sind deshalb überzeugt, weil durch die Werterhöhung auf Grund der Investitionen der öffentlichen Hand am Ende dieser Verfahren eine wesentlich höhere Wertmasse an Grundstücken vorhanden ist als zu Beginn.
Wenn aber nur die Eingangsworte für den Anspruch ehemaliger Eigentümer auf Reprivatisierung verwirklicht werden müssen, dann muß selbst bei Einbeziehung aller für das Allgemeinwohl notwendigen Grundstücke für öffentliche Investitionen eine Restmasse an Grundstücken verbleiben. Es ist nach
*) Siehe Anlage 9 **) Siehe Anlage 10 unserer Auffassung dann notwendig, auch diese Grundstücke in das Eigentum breiter Schichten zu überführen, und zwar — unbeschadet der Tatsache, daß wir uns bisher hiergegen gewehrt haben — auch nach unserer Auffassug sogar in Eigentum der verschiedensten Formen. Wir stimmen also alternativen Formen zu!
Aus den genannten Gründen bitten wir, diesen Änderungsantrag, den wir für besonders dringlich halten, anzunehmen. Ich darf namens der CDU/CSU-Fraktion dazu namentliche Abstimmung beantragen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0612732600
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wurbs.

Richard Wurbs (FDP):
Rede ID: ID0612732700
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Der § 25 ist in der Tat eine entscheidende Bestimmung des Gesetzes insgesamt. Er stellt nach unserer Auffassung die konsequente Fortsetzung des § 1 Abs. 5 dieses Gesetzes dar. In § 1 wird ausdrücklich festgelegt, daß das Eigentum der früheren Eigentümer, soweit es möglich ist, gewahrt bleiben soll und daß, wenn das nicht möglich ist, ihnen Eigentum oder andere Rechte gewährt werden sollen.
Wenn die öffentliche Hand zusätzliche Rechte eingeräumt bekommt, muß sichergestellt werden, daß auch die bisherigen Eigentümer wieder entsprechendberücksichtigt werden. Wir sind der Auffassung, daß die ehemaligen Eigentümer Vorrang erhalten sollten; und das wird hier zum Ausdruck gebracht.
Ich kann der Argumentation des Herrn Kollegen Dr. Prassler insoweit nicht zustimmen, als er sagte, daß nach Abschluß einer Sanierungsmaßnahme sicherlich genügend Grundstücke zur Reprivatisierung zur Verfügung stünden. Die bisher gemachten Erfahrungen haben tatsächlich gezeigt, daß es nicht in jedem Fall möglich war, die ehemaligen Eigentümer wieder real mit Grund und Boden zu bedienen.
Wichtig ist, daß wir in § 25 Prioritäten gesetzt haben, und zwar dergestalt, daß wir der Entschädigung mit Realeigentum den Vorrang vor gleichen bzw. dinglichen Rechten und Immobilienanteilscheinen eingeräumt haben. Wenn Herr Dr. Prassler sagt, ,daß sich die Wertmasse im allgemeinen bei einer Sanierungsmaßnahme erhöhe, so ist dem zuzustimmen. Diese Wertmasse wird aber zum großen Teil benötigt, um andere Rechte als Entschädigung in Realeigentum zur Verfügung zu haben.
Es darf an dieser Stelle auch nicht verkannt werden, daß die Gemeinde in die Lage versetzt werden muß, einen gewissen Bestand für notwendige gemeindliche Aufgaben zurückzuhalten. Es ist nicht so, daß die Gemeinde beliebig Gelände horten kann, sondern sie ist verpflichtet, das Gelände, das sie zurückbehält, nach Maßstäben zurückzuhalten, die einer Nachprüfung standhalten müssen.
Wir sind daher der Auffassung, daß die derzeitige Formulierung des § 25 der Forderung, die wir



Wurbs
an das Gesetz stellen, gerecht wird. Wir lehnen die Anträge der CDU/CSU zur Änderung der Formulierung ab.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0612732800
Das Wort hat ,der Herr Abgeordnete Krockert.

Horst Krockert (SPD):
Rede ID: ID0612732900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch die sozialdemokratische Bundestagsfraktion wird diesen Änderungsantrag ablehnen. Er ist hier mit großem Nachdruck vorgetragen und als politisch bedeutsamer Antrag unter den vielen Änderungsanträgen, die gestellt wurden, bezeichnet worden. Aber die von der Opposition beabsichtigte und beantragte Änderung hilft niemandem, schützt nichts und erschwert nur das Verfahren, das wegen des notwendigen Schutzes der betroffenen Eigentümer ohnehin langwierig sein muß. Die Voraussetzungen, von denen der Antrag ausgeht, sind falsch und die Erwartungen, die daran geknüpft werden, unrealistisch. Es bleibt im Grunde nur die Vermutung einer politischen Zielsetzung, die polemischen Charakter hat, nämlich einer Diffamierung des vorliegenden Textes als eigentumsfeindlich und kommunalisierungsfreundlich. Das wird durch verschiedene Beiträge, die wir in der heutigen Debatte gehört haben, unterstrichen.
Wir müssen angesichts dieser Unterstellung daran erinnern, daß die Sanierung dem Wohl der Allgemeinheit dient, und zwar nicht bloß deswegen, Herr Kollege Lenz, weil das hier postuliert wird, sondern weil in diesem Gesetz auch gesagt wird, was Sanierung zum Wohle der Allgemeinheit bedeutet.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0612733000
Herr Kollege Krockert, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Lenz?

Horst Krockert (SPD):
Rede ID: ID0612733100
Gern!

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0612733200
Bitte, Herr Kollege Lenz!

Dr. Carl Otto Lenz (CDU):
Rede ID: ID0612733300
Herr Kollege Krockert, nehmen Sie es der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wirklich übel, daß sie in dieser Frage dem sachverständigen Rat des Berichterstatters im Ausschuß und des Parlamentarischen Staatssekretärs im zuständigen Ministerium gefolgt ist?

Horst Krockert (SPD):
Rede ID: ID0612733400
Herr Kollege Lenz, das ist mir bekannt.

(Aha-Rufe bei der CDU/CSU.)

Trotzdem wird ja wohl auch von Ihnen nicht bestritten werden, daß die Sanierung ein Vorgang ist, der dem Wohle der Allgemeinheit dienen soll, wenn ich es recht verstanden habe.

(Zurufe von der CDU/CSU: Soll !)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0612733500
Herr Abgeordneeter Krockert, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Lenz?

Horst Krockert (SPD):
Rede ID: ID0612733600
Bitte!

Dr. Carl Otto Lenz (CDU):
Rede ID: ID0612733700
Herr Kollege Krockert, sind Sie mit dem Genossen Lenin und mir der Auffassung, daß in solchen Fällen Vertrauen gut, aber gerichtliche Kontrolle besser ist?

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU.)


Horst Krockert (SPD):
Rede ID: ID0612733800
Herr Kollege Lenz, Sie übersehen doch nicht, daß die Kontrolle, was diesen Punkt betrifft, in dieses Gesetz schon eingebaut ist. Es ist ja doch nicht so, daß hier nur gesagt wird, Sanierung sei etwas, was dem Wohle der Allgemeinheit diene, sondern die Sanierung wird definiert: Die Sanierung hat den Zweck, die Gemeinwesen vor der Verödung, vor der Verkümmerung zu schützen, vor dem krankhaften Schwund, der ganze Lebensbereiche betrifft, vor dem Dickicht, in dem sich die wild wuchernden Einzelinteressen zu einem Gestrüpp unlösbarer Probleme schon verfilzt haben und noch mehr zu verfilzen drohen. Wenn dies alles, was auch in diesem Gesetz verankert ist, nicht dem Wohle der Allgemeinheit dient, dann weiß ich nicht, was Sprache überhaupt noch soll.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sanierung ist ein Instrument — nicht: soll ein Instrument sein, sondern: ist ein Instrument, so wie es hier definiert ist —, das helfen soll, daß die Menschen in unseren Gemeinwesen nicht ihr Leben in einem Kampf gegen lauter Mängel, Mangel an Raum, Mangel an Licht, Mangel an Luft, Mangel an Ruhe, an freier Entfaltung, an Lebensfreude und an Menschlichkeit, hinbringen. Dieser Aufgabe, die dem Gemeinwohl dient, sind Einzelinteressen zuzuordnen, unter ihnen auch die Interessen des privaten Eigentums. Ich lege einen gewissen Wert darauf, meine Damen und Herren, daß das nicht die einzigen Interessen sind, die es sich gefallen lassen müssen, hier dem Gemeinwohl zugeordnet zu werden.
Was die Vorlage betrifft, so hat sie den Schutz des Eigentums konkret vollzogen, und zwar am Eigentümer. Alle Eigentümer, die sich beteiligen wollen und können — Sie wissen das —, behalten ihre Grundstücke, die restlichen Eigentümer, die sich nicht beteiligen wollen oder können, erhalten ausnahmslos einen einklagbaren Rechtsanspruch auf Eigentum im Sanierungsgebiet, und zwar vorrangig. Dieser Verteilungsschlüssel zusammen mit dem, was Gemeinbedarf in der Inanspruchnahme von Flächen bedeutet — auch von Ihnen anerkannt und nicht bestritten , deckt im Sanierungsgebiet die Masse dessen, was zur Verfügung steht.
Ich möchte einmal wissen, was hier eigentlich für eine „Politik breiter Streuung des Eigentums" unter Berücksichtigung weiter Kreise der Bevölkerung" im Sanierungsgebiet eigentlich noch bleiben soll. Es ist doch illusorisch, damit zu rechnen, daß ähnlich wie in Entwicklungsgebieten, wo extensiv vorgegangen werden kann, im Sanierungsgebiet, das begrenzt ist und das in einer intensiven Sanierung behandelt werden muß, nun noch etwas zugunsten



Krockert
einer „breit gestreuten Eigentumspolitik unter Berücksichtigung weiter Kreise der Bevölkerung" übrigbleibt.
Was da allenfalls bleiben könnte — könnte, meine Damen und Herren! —, ist so dürftig, daß ich beinahe darüber erschrecke, daß Sie darüber hier ein so großes politisches Theater anfangen wollen. Ich habe zur Kenntnis genommen, daß Ihnen diese Dürftigkeit ausreicht, uns genau an dieser Stelle vor allen anderen den Fehdehandschuh hinzuwerfen. Verstehen kann ich es nicht, aber ich muß Ihnen sagen, daß es für mich nur ein weiterer Nachweis dafür ist, daß die Auseinandersetzung über dieses Gesetz für Sie auch dazu dienen soll, die Gemeinden zu diskreditieren, sie nämlich zu verdächtigen, daß sie als eine Art „Vermögensmonopolist" — der Ausdruck ist hier heute gefallen — auf Flächen sitzenbleiben könnten, die besser in private Hand übergingen. Das ist eine Verdächtigung, vor der wir die Gemeinden in Schutz nehmen müssen. Sie ist deshalb unsinnig, weil wir noch nicht einmal das Minimum einer notwendigen Bodenreservepolitik mit diesem Gesetz begründen und betreiben können, wie sie übrigens ein Oberbürgermeister namens Konrad Adenauer seinerzeit in seiner Stadt mit Erfolg betrieben hat. Ich weiß gar nicht, was daran so schrecklich Schlimmes sein soll. Dieses Gesetz läßt das aber noch nicht einmal zu.
Ich muß deshalb hinzufügen, ich habe heute in der Debatte manchmal den Eindruck gewonnen, daß Sie mit diesen eigentumspolitischen Änderungsanträgen nicht gegen den Wortlaut des Gesetzentwurfes, der Ihnen hier vorliegt, ankämpfen, sondern gegen irgendeine Schimäre, gegen ein Gespenst, das Sie an die Wand malen und gegen das Sie sich zur Wehr setzen wollen: „Kommunalisierung", „Sozialisierung" und was dergleichen Scheußlichkeiten mehr sind. Meine Damen und Herren, dieses Haus hat heute nicht über irgendwelche vor irgendwem irgendwo geäußerten politischen Zielvorstellungen und Ihre politischen Albträume, die etwa Herr Niegel formuliert hat, zu entscheiden, sondern über das, was konkret in diesem Gesetz steht und was es hergibt. Dieses Gesetz bietet in der Formulierung, die wir vorliegen haben, genug an Schutz des Eigentums, ausreichend für das, was eigentumspolitisch überhaupt erreichbar ist, und es trifft den Kern des Anliegens, zum Wohle der Allgemeinheit Sanierung in unseren Gemeinwesen zu ermöglichen. Wir lehnen deshalb den Antrag ab.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0612733900
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Schneider (Nürnberg).

Dr. Oscar Schneider (CSU):
Rede ID: ID0612734000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst eine Vorbemerkung machen, bevor ich auf die Sachmaterie selbst eingehe. Herr Kollege Krockert hat gesagt, wir unternähmen den Versuch, die Gemeinden zu diskreditieren. Eine abwegigere
Behauptung als diese ist in diesem Hause — heute jedenfalls — noch nicht gemacht worden.

(Abg. Haase [Kassel] : Falsch Zeugnis abgelegt!)

Es ist geradezu lächerlich, wenn sich der Sprecher einer Fraktion die obrigkeitliche Elemente in dieses Gesetz einbaut, hier aufschwingt, der Ehrenretter, der Anwalt der Gemeinden zu sein. Es wäre ein leichtes, nachzuweisen, wer in Deutschland der Anwalt der Gemeinden gewesen ist, insbesondere in den Phasen des Wiederaufbaus.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Oho-Rufe bei der SPD.)

Ich darf es wiederholen: 12 Millionen Wohnungen in den Gemeinden wurden gebaut in der Zeit, als wir den Bundeskanzler stellten,

(Beifall bei der CDU/CSU)

25 000 Kilometer Straßen wurden in jener Zeit gebaut, und ich könnte den Katalog der Leistungen und Erfolge fortführen. Ich empfehle Ihnen zum sorgfältigen Studium die Rede, die der amtierende Präsident des Deutschen Städtetages, der Oberbürgermeister Vogel von München, am 26. Mai 1971 gehalten hat. Er hat Ihnen weitaus besser die Leviten gelesen, als es Günter Graß in diesem Jahr schon einmal getan hat.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0612734100
Herr Abgeordneter Dr. Schneider, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Hansen?

Dr. Oscar Schneider (CSU):
Rede ID: ID0612734200
Ich will jetzt keine Zwischenfragen zulassen, weil ich die Begründung des Antrags möglichst schnell zu Ende führen möchte.
Worum geht es hier in der Sache selbst. Es geht darum, auch im Sanierungsgebiet, ähnlich wie dies im Entwicklungsbereich vorgesehen ist, die Möglichkeit der Privatisierung zu eröffnen. Wer es mit den Grundsätzen und mit der Motivierung seiner Eigentumsfreundlichkeit, ausgesprochen in § 1 des Ausschußentwurfs, ernst meint, der sagt ja zu diesem Entwurf. Denn wir wollen nur sagen, daß zunächst die alten Eigentümer zu berücksichtigen sind, daß aber dann die Möglichkeit besteht, auch andere Bewerber, andere private Personen mit einzuschalten.

(Abg. Ahrens: Die Möglichkeit besteht doch immer!)

— Sie sagen, Herr Kollege Ahrens, diese Möglichkeit besteht immer. Sie besteht auf Umwegen schon, aber wenn ich das will, dann muß ich sagen: Das ist der beste Gesetzgeber, der sich eindeutig ausspricht, künftige Prozesse dadurch vermeidet und das, was er politisch will, auch rechtlich-gesetzlich einwandfrei und unmißverständlich verankert. Weil wir dies wollen und weil wir auch in diesem Zusammenhang ein Bekenntnis ablegen zum gemeindlichen Selbstverwaltungsrecht, ein Bekenntnis ablegen zum Privateigentum und weil wir hier das, was als allgemeines Motiv auch im Regierungsentwurf in § 1 zu



Dr. Schneider (Nürnberg)

lesen steht, verwirklicht sehen wollen, deshalb haben wir diesen Antrag gestellt.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0612734300
Meine Damen und Herren! Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Barzel.

(Zuruf von der SPD: Die Lokomotive! — Weitere Zurufe und Unruhe bei der SPD.)


Dr. Rainer Barzel (CDU):
Rede ID: ID0612734400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! — Danke für die freundliche Begrüßung, Herr Mattick!
Zur Sache haben meine Kollegen — einschließlich der Zusatzfragen des Kollegen Lenz — deutlich gemacht, um was es hier geht: eine sachliche Meinungsverschiedenheit offensichtlich, Herr Krockert, und kein „Theater". Ich hatte das erntemal das Vergnügen, Sie zu hören. Man sollte die Meinung anderer nicht als „Theater" diskreditieren. Das, glaube ich, ist ein ganz schlechter Stil.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Ich nehme an ,dieser Stelle ,das Wort zu einer politischen Bemerkung. Dies ist eine Gesetzgebung, deren Wichtigkeit im ganzen Haus unbestritten ist, eine Gesetzgebung, bei der der Ausschußbericht ausweist, daß aus zwei Vorlagen ein hohes Maß an Übereinstimmung geworden ist, eine Gesetzgebung, die unsere Bürger interessiert — sie müssen sich darauf einrichten können — und ohne deren Klarheit es unmöglich ist, daß die Stadtplaner, die Raumplaner, die Kommunalpolitiker vernünftige, weil über den Tag hinausragende Entscheidungen treffen können. Deshalb sollte es im Interesse der Bürger und der Planer möglich sein, daß die Gesetzgebung in diesem Hause eine ganz breite Mehrheit bekommt.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Das ist unser Wunsch. In diesem Sinne haben wir im Ausschuß Kompromisse geschlossen, und aus dieser Gesinnung haben wir gestern — ich möchte das doch erneut betonen — einen Vorschlag an die beiden Fraktionen der Koalition gemacht. Mit dem Blick auf das hohe Gewicht, das eine breite Majorität in dieser Frage in diesem Hause haben würde für die innenpolitische Auseinandersetzung; für die Langfristigkeit, sich einrichten zu können, mit dem Blick auf die bekannte Lage im Bundesrat, die Mehrheitsverhältnisse, die Meinungen dort, mit dem Blick auf ,die Ankündigung, daß wir wegen einer Spannung mit dem Bundesrat — sie kommt von dieser Seite — die Sommerpause unterbrechen müßten, um ,diese Sache, die ohnehin in den Vermittlungsausschuß käme, dann hier zu Ende zu beraten, vor dem Hintergrund dieser Lage haben wir gesagt: Sollte es vernünftigen Menschen nicht möglich sein, heute den Kompromiß zu schließen, der am Schluß wahrscheinlich ohnehin herauskommt?

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Ich will das Echo auf unsere Vorschläge jetzt nicht schildern, weil das nicht fair wäre. Das war ein interner Vorgang. Aber so töricht kann unsere
Anregung von gestern morgen nicht gewesen sein, daß sie nicht jetzt — im Augenblick dieser Wirklichkeit — doch noch mehrheitsfähig werden sollte. Ich meine, hier müßte jedermann das Augenmaß für das haben, was es bedeutet, eine solche Gesetzgebung unkantrovers am Schluß — kontrovers in zweiter Lesung, in dritter Lesung fast einstimmig — in ,diesem Haus verabschieden zu können und dann den Bundesrat das sein zu lassen, was er sein soll: eine Kammer, ein Bundesorgan, in dem die Länder zusammenwirken. Das muß dochganz deutlich auf den Tisch gelegt werden. Das ist eine staatspolitische Frage, um die es hier geht.

(Lebhafter Beifall bei ,der CDU/CSU.)

Wir haben für die zweite Lesung an die 30 Anträge vorgelegt. Das ist vernünftig. In der zweiten Lesung muß gerungen werden. Wir haben aber unmißverständlich deutlich gemacht, daß für uns aus der Fülle der Anträge zwei Punkte so herausragen, daß sie am Schluß für unsere Meinungsbildung entscheidend sind. Diese zwei Punkte sind ja keineswegs so,. als daß sie nicht in Gehirnen auf dieser oder jener Seite des Hauses schon gedacht worden wären. Sie sind ja keineswegs so, als seien sie außerhalb Ihrer Vorstellungswelt. Sie sind jetzt zementiert durch Koalitionsabreden. Aber die werden sich ohnehin im weiteren Gang dieses Gesetzgebungsverfahrens auflockern. Warum wollen wir nicht heute vernünftig sein und miteinander heute abend eine breite Mehrheit für dieses fundamentale Gesetz haben?

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

Unser gestriges Angebot gilt fort. Es betrifft zwei Punkte. Der eine der Punkte ist jetzt angesprochen und in Umdruck 183 (neu) Ziffer 2 niedergelegt. Der andere Punkt wird bei § 54 seine Rolle spielen.
Ich möchte sehr herzlich bitten zu erwägen, ob es nicht möglich ist, dieser Ziffer 2 jetzt eine breite Mehrheit zugeben mit all den Wirkungen, von denen wir gesprochen haben. Ich meine, dieses Haus, das sonst Kontroversen genug hat, sollte auch zeigen, daß es in einigen Fragen nicht nur zur Kooperation, sondern am Schluß zu gemeinsamer Abstimmung fähig ist — fernab von Koalitions- oder anderen Festlegungen.
Dies ist unsere Bitte. Ich würde sie nicht äußern, wenn dies ein Vorschlag wäre, der auf dieser oder jener Seite des Hauses nicht schon gedacht oder von Teilen nicht schon gebilligt gewesen wäre. Ich bitte, den Weg an dieser Stelle für eine breite Mehrheit dieser wichtigen Gesetzgebung noch heute abend frei zu machen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0612734500
Das Wort hat Herr Abgeordneter Wehner.

Herbert Wehner (SPD):
Rede ID: ID0612734600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das waren sehr zum Nachdenken anregende Worte. Wenn man sie vor dem Hintergrund aller Ihrer Argumente zu all Ihren Anträgen von heute hört, kommt man nicht umhin, sich zu fragen:



Wehner
Was waren dann die zum Teil sehr schroffen Argumente von Ihnen wert? Selbst wenn man das dann relativieren dürfte, bliebe, jedenfalls bei den Sozialdemokraten und bei den Koalitionsfraktionen — Herr Barzel, weil Sie den Vorgang von gestern in Erinnerung bringen, wenn auch nur bis zu einem gewissen Grade, aber immerhin, Sie haben es getan —, zu sagen: Wenn es so wichtig ist, ein Gesetz dieser Art, um das so heftig gerungen und gestritten worden ist, mit einer breiten Mehrheit zu beschließen, und wenn der Satz hat mir am besten gefallen, weil er etwas ändern könnte, womit Ihre Seite bei Beginn dieser Periode begonnen hat — damit der Bundesrat wieder würde, was er zu sein hätte, ist das völlig in Ordnung.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP.)

Ich kann Ihnen sagen, daß kein Wort unbedacht geblieben ist und auch heute kein Wort unbedacht bleibt.
Bei den Sozialdemokraten bleibt aber bei der Erörterung dieser Vorschläge, die wir sehr lange diskutiert haben, dann die Frage: Warum wird in diesen beiden Punkten und zu so später Stunde — ich meine das nicht tageszeitlich, sondern hinsichtlich der Beratung dieses Gesetzes — dieses Register gezogen? Soll eine Koalition, der Sie den Stempel der Eigentumsfeindlichkeit, um nur eines der milden Worte zu nehmen, aufzudrücken versucht haben — und so sieht es ja aus, wenn man Ihre übrige Argumentation nicht völlig von dem trennen will, was Sie mit diesen beiden Änderungsvorschlägen und der Begründung gesagt haben —, sich dann von Ihnen am Ende, kurz vor dem Ende sozusagen dazu bewegen lassen, etwas zu machen, von dem Sie selbst mit Ihren ganzen Bezichtigungen 'gegen die Motive der Koalitionsparteien doch wohl etwas Ernsthaftes meinen?
Sie haben hier namentliche Abstimmung beantragt. Lassen Sie uns das ausfechten. Es steckt ja wohl auch der Hintergedanke darin, zu sehen, ob es unmittelbar wirkt. Wir werden ja noch weiter um das Gesetz im ganzen zu ringen haben.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0612734700
Das Wort hat Herr Abgeordneter Mischnick.

Wolfgang Mischnick (FDP):
Rede ID: ID0612734800
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Barzel hat mit Recht darauf hingewiesen, daß diese Gesetzentwurf noch eine schwierige Hürde beim Bundesrat vor sich hat. Er hat deutlich gemacht, daß er davon ausgeht, 'daß dieser Bundesrat in erster Linie als die Länderkammer tätig sein soll und nicht als eine Korrektur des Bundestags im allgemeinen politischen Sinne.

(Abg. Dr. Kiesinger: Der Bundesrat ist ein Bundesorgan!)

Dieser Meinung sind wir genauso wie Sie. Nur
gehe ich dann davon aus, daß, wenn Entscheidungen
in diesem Hause, mit welcher Mehrheit immer, politisch gefallen sind, dann sollte das ganze Haus in der Auseinandersetzung mit dem Bundesrat die politische Entscheidung des Bundestags vertreten,

(Lachen bei der CDU/CSU)

und der Bundesrat soll die Länderinteressen vertreten.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Das ist der Ausgangspunkt.
Zweitens: Herr Kollege Wehner hat schon mit Recht darauf hingewiesen, daß es etwas merkwürdig berühren muß, wenn gestern vormittag plötzlich die Bereitschaft vorhanden war, hier eine gemeinsame Basis finden zu wollen. Die Probleme, die hier von Ihrer Sicht aus umstritten sind, sind nicht erst gestern früh zutage getreten. Wenn aber gleichzeitig von Ihrer Seite das, was Sie als Fraktion wollen, nach draußen bekanntgemacht wird, solange diese Dinge noch gar nicht abgeschlossen waren, wurde deutlich, daß hier 'die Basis für eine gemeinsame Handlung bei § 25 und 54 offensichtlich nicht das Entscheidende gewesen ist. Ich bedauere, daß man nicht frühzeitig versucht hat, einen gemeinsamen Weg zu gehen.
Der Zustimmung zu diesem Gesetz in der dritten Lesung, Herr Kollege Barzel und meine verehrten Kollegen von CDU 'und CSU, steht auch nach Ablehnung ihres Antrags nichts im Wege, denn diese beiden Punkte sind nicht so entscheidend, daß Sie daran Ihre Ablehnung aufhängen sollten. Sie verändern damit des Gesetz nicht zum Positiven, im Gegenteil: Sie bringen in einem Punkt sogar eine Verunklarung hinein, wie der neue Antrag zu § 25 deutlich macht.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0612734900
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Barzel.

Dr. Rainer Barzel (CDU):
Rede ID: ID0612735000
Meine Damen und Herren! Zu dem Vorwurf: Warum erst gestern? Die Drucksache ist gestern gekommen, und es gab gestern seit langen Monaten erstmals ein Gespräch — ich will nicht sagen, wie das angeregt war, aus welchem Anlaß — der drei Fraktionsvorsitzenden. Es gab vorher eine solche Möglichkeit nicht, zumal die Drucksache nicht vor lag. Es sollte sich deshalb niemand der Chance, die jetzt gegeben ist, heute gegeben ist, entziehen.
Ich habe den letzten Satz des Kollegen Wehner verstanden als einen Hinweis auf die dritte Lesung. Nun ja, dann werden wir das eben notfalls in der dritten Lesung sehen. Warum eigentlich sollen wir nicht jetzt miteinander so klug werden, wie einige andeuten und wie Herr Mischnick sagt, man hätte werden können, wenn das frühzeitiger gekommen wäre? Nachdem der Sachstand klar ist und der Rang des Problems auf dem Tisch liegt, sollte es möglich sein, jetzt eine Mehrheit in dieser Frage zu finden.

(Beifall bei der CDU/CSU.)





Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0612735100
Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/ CSU. Die Fraktion der CDU/CSU hat namentliche Abstimmung beantragt. Herr Abgeordneter Dr. Barzel, ich gehe davon aus, daß über die Ziffern 1 und 2 zusammen abgestimmt werden soll.

(Abg. Dr. Barzel: Nein, erst Ziffer 2!)

— Herr Kollege Rösing hat mir allerdings gesagt: zusammen. Sie haben dann wohl angedeutet: Ziffer 2 gesondert. Dann müßte ich ohne namentliche Abstimmung über die Ziffer 1 abstimmen lassen.

Dr. Rainer Barzel (CDU):
Rede ID: ID0612735200
Ich darf bitten, Herr Präsident, zunächst die namentliche Abstimmung nur über die Ziffer 2 durchzuführen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0612735300
Herr Kollege, an sich kommt die Abstimmung über Abs. 1 natürlich vor der Abstimmung über Abs. 2, wenn keine anderweitige Übereinstimmung erzielt wird.

Will Rasner (CDU):
Rede ID: ID0612735400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn es das Verfahren vereinfacht, finde ich, kann das Haus durchaus einmal beschließen, zunächst über die Ziffer 2 und dann über die Ziffer 1 abzustimmen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0612735500
Wenn die anderen Fraktionen keine Bedenken haben, können wir gern so verfahren.

Will Rasner (CDU):
Rede ID: ID0612735600
Ich möchte darum bitten, daß wir so verfahren, weil es einfach den Gehalt der letzten politischen Diskussion decken würde.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0612735700
Ich habe keine Bedenken, meine Damen und Herren.
Wir kommen zur Abstimmung über den Umdruck 183 (neu) Ziffer 2. Es ist namentliche Abstimmung beantragt. Ich gehe davon aus, daß der Antrag entsprechend unterstützt wird. Wir stimmen in namentlicher Abstimmung ab.
Meine Damen und Herren! Ich gebe das vorläufige Ergebnis der namentlichen Abstimmung zu Ziffer 2 Umdruck 183 bekannt. Mit ja haben gestimmt 219 Mitglieder des Hauses und sechs Berliner Abgeordnete. Mit nein haben gestimmt 228 Mitglieder des Hauses und 11 Berliner Abgeordnete. Keine Enthaltungen. Insgesamt sind abgegeben 447 Stimmen und die Stimmen von 17 Berliner Kolleginnen und Kollegen. Damit, meine Damen und Herren, ist der Änderungsantrag Umdruck 183 (neu) Ziffer 2 abgelehnt.
Endgültiges Ergebnis:
Abgegebene Stimmen 447 und 17 Berliner Abgeordnete. Davon
Ja: 219 und 6 Berliner Abgeordnete
Nein: 227 und 11 Berliner Abgeordnete
Ungültig: 1 Abgeordneter Ja CDU/CSU
Dr. Abelein Adorno
Dr. Aigner
von Alten-Nordheim
Dr. Althammer
Dr. Arnold Dr. Artzinger
Dr. Bach
Baier
Balkenhol Dr. Barzel Dr. Becher (Pullach)

Dr. Becker (Mönchengladbach)

Becker (Pirmasens) Berberich
Berding
Berger
Bewerunge Biechele
Biehle
Dr. Birrenbach
Dr. von Bismarck Bittelmann
Blank
von Bockelberg
Dr. Böhme
Frau Brauksiepe Breidbach Bremer
Bremm
Brück
Burger
Dr. Czaja Damm
van Delden Dichgans Dr. Dittrich
Dr. Dollinger
von Eckardt Ehnes
Engelsberger
Dr. Erhard
Erhard (Bad Schwalbach) Ernesti
Erpenbeck Dr. Evers Dr. Eyrich von Fircks Franke (Osnabrück)

Dr. Franz Dr. Freiwald Dr. Frerichs Dr. Früh
Dr. Fuchs Dr. Furler Dr. Gatzen
Frau Geisendörfer Geisenhofer Gerlach (Obernau) Gewandt
Gierenstein Dr. Giulini Dr. Gleissner
Glüsing (Dithmarschen) Dr. Gölter
nr. Götz
Gottesleben Frau Griesinger
Dr. Gruhl Haase (Kassel)

Dr. Häfele Härzschel Häussler Dr. Hallstein
Dr. Hammans
Hanz
von Hassel
Hauser (Bad Godesberg) Dr. Hauser (Sasbach)
Dr. Heck
Dr. Hellige
Frau Dr. Henze
Höcherl Hösl
Horstmeier
Horten
Dr. Hubrig
Hussing
Dr. Huys
Frau Jacobi (Marl)

Dr. Jaeger
Dr. Jenninger
Dr. Jobst
Josten
Dr. Jungmann
Frau Kalinke
Katzer Kiechle Kiep
Dr. h. c. Kiesinger
Dr. Kley
Dr. Kliesing (Honnef) Klinker
Köster Krammig
Krampe
Dr. Kraske
Dr. Kreile
Frau Dr. Kuchtner Lampersbach
Leicht Lensing
Dr. Lenz (Bergstraße) Lenzer
Link
Dr. Luda
Lücke (Bensberg) Majonica
Dr. Martin
Dr. Marx (Kaiserslautern) Maucher
Meister
Dr. Mende
Mick
Dr. Mikat
Dr. Miltner
Müller (Niederfischbach) Müller (Remscheid)
Dr. Müller-Hermann Mursch
Niegel
Dr. von Nordenskjöld Orgaß
Ott
Petersen
Pfeifer Picard Pieroth Dr. Pinger
Dr. Pohle
Pohlmann
Dr. Prassler
Dr. Preiß
Dr. Probst
Rainer Rasner Rawe Reddemann
Dr. Reinhard
Dr. Riedl (München)

Dr. Rinsche
Dr. Ritgen
Dr. Ritz Rock
Röhner Rösing Rollmann
Rommerskirchen
Roser



Ruf
Russe
Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein
Schlee
Schedl
Dr. Schmid-Burgk
Dr. Schmidt (Wuppertal) Schmitt (Lockweiler) Schneider (Königswinter) Dr. Schneider (Nürnberg) Frau Schroeder (Detmold) Dr. Schröder (Düsseldorf) Schröder (Sellstedt) Schröder (Wilhelminenhof) Schulhoff
Schulte (Schwäbisch Gmünd) Dr. Schulze-Vorberg
Seiters
Dr. Siemer
Solke
Spilker
Springorum
Dr. Sprung
Stahlberg
Dr. Stark (Nürtingen) Dr. Starke (Franken) Stein (Honrath)
Steiner
Frau Stommel
Storm
Strauß
Struve
Stücklen
Susset
von Thadden
Tobaben
Frau Tübler
Dr. Unland
Vehar
Vogel
Vogt
Volmer
Wagner (Günzburg) Dr. Wagner (Trier) Dr. Warnke
Wawrzik
Weber (Heidelberg)

Dr. Freiherr von Weizsäcker Wendelborn
Werner
Windelen
Winkelheide
Dr. Wörner
Frau Dr. Wolf
Baron von Wrangel Dr. Wulff
Ziegler
Dr. Zimmermann Zink
Zoglmann
Berliner Abgeordnete
Benda
Dr. Kotowski
Müller (Berlin) Frau Pieser
Schmitz (Berlin) Wohlrabe
Nein SPD
Dr. Ahrens Anbuhl
Dr. Apel Arendt (Wattenscheid)

Dr. Arndt (Hamburg)

Baack
Baeuchle Bäuerle Barche Dr. Bardens
Batz
Bay
Dr. Bayerl
Dr. Bechert (Gau Algesheim) Becker (Nienberge)
Dr. Beermann
Bergmann
Berkhan Berlin
Biermann
Böhm
Börner
Brandt (Grolsheim)

Bredl
Brück
Brünen Buchstaller
Dr. von Bülow
Buschfort
Dr. Bußmann
Collet Corterier
Cramer
Dr. von Dohnanyi
Dürr
Eckerland
Dr. Ehmke
Frau Eilers
Engholm
Dr. Eppler
Esters Faller Dr. Farthmann
Fiebig
Dr. Fischer
Flämig
Frau Dr. Focke
Folger
Franke (Hannnover) Frehsee,
Frau Freyh
Fritsch Geiger Gertzen Dr. Geßner
Glombig
Gnädinger
Grobecker
Dr. Haack
Haar (Stuttgart)

Haase (Kellinghusen) Haehser
Halfmeier
Hansen Hansing
Hauck
Dr. Hauff
Henke
Hermsdorf (Cuxhaven) Herold
Hirsch

(Hessisch Lichtenau)

Hörmann (Freiburg) Hofmann
Horn
Frau Huber
Dr. Hupka
Jahn (Marburg)

Jaschke Junghans
Junker Kaffka Kater Kern
Killat-von Coreth
Dr. Koch Koenig Kohlberger
Konrad
Dr. Kreutzmann
Krockert Kulawig Langebeck
Dr. Lauritzen Lautenschlager
Frau Lauterbach
Leber
Lemp
Lemper Lenders Liedtke Löbbert Lotze
Maibaum Marquardt
Marx (München)

Matthes Matthöfer
Dr. Meinecke (Hamburg) Meinike (Oberhausen) Metzger
Michels Möhring
Müller (Mülheim)

Müller (Nordenham)

Dr. Müller-Emmert
Dr. Müthling
Neemann Neumann Dr. Nölling
Offergeld Frau Dr. Orth
Frhr. Ostman von der Leye Pawelczyk
Peiter
Pensky
Peters (Norden)

Porzner Raffert Ravens Dr. Reischl
Frau Renger
Rohde
Rosenthal
Roß
Säckl
Sander Saxowski
Dr. Schachtschabel
Dr. Schäfer (Tübingen) Frau Schanzenbach
Scheu
Dr. Schiller
Schiller (Bayreuth)

Frau Schimschok
Schirmer Schlaga
Schmidt (Braunschweig) Dr. Schmidt (Gellersen) Schmidt (Hamburg)
Dr. Schmidt (Krefeld) Schmidt (München) Schmidt (Niederselters) Schmidt (Würgendorf)
Dr. Schmitt-Vockenhausen Dr. Schmude
Schoettle
Schollmeyer
Schonhofen
Schulte (Unna)

Seefeld Seibert Seidel Frau Seppi
Simon
Dr. Slotta Dr. Sperling
Spillecke
Staak (Hamburg)

Frau Strobel
Strohmayr
Suck
Tallert
Dr. Tamblé
Frau Dr. Timm
Tönjes
Urbaniak Vit
Walkhoff
Dr. Weber (Köln)

Wehner Welslau Wende Wendt Westphal Dr. Wichert
Wiefel Wienand Wilhelm Wischnewski
Dr. de With
Wittmann
Wolf
Wolfram Wrede Würtz
Wüster Wuttke Wuwer Zander Zebisch
Berliner Abgeordnete
Dr. Arndt (Berlin)

Bartsch Bühling Heyen Frau Krappe
Liehr
Löffler Mattick Dr. Schellenberg
Frau Schlei
Dr. Seume
FDP
Dr. Achenbach
Frau Dr. Diemer-Nicolaus Dorn
Ertl
Frau Funcke
Gallus Geldner Genscher Graaff Grüner Helms Kienbaum
Kirst
Kleinert Krall
Frhr. von Kühlmann-Stumm Logemann
Mertes Mischnick
Moersch Ollesch Peters (Poppenbüll)

Scheel
Schmidt (Kempten) Spitzmüller
Wurbs



Vizepräsident Dr. Schmidt-Vockenhausen
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Ziffer 1. Antrag auf namentliche Abstimmung ist nicht gestellt. Wer der Ziffer 1 des Umdrucks 183 (neu) zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. Ich danke. Gegenprobe. — Enthaltungen? — Der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen jetzt zu dem Änderungsantrag der Abgeordneten Niegel, Schedl und Genossen, Umdruck 177, im § 25 Absatz 6 die Sätze anzufügen, die im Umdruck aufgeführt sind. Wünschen die Antragsteller das Wort? — Das Wort hat der Herr Abgeordnete Niegel.

Lorenz Niegel (CSU):
Rede ID: ID0612735800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man die Publizistik hört, wenn man den Herrn Bundeswohnungsbauminister draußen im Lande hört, wenn man viele Kollegen von der SPD und FDP draußen im Lande hört, wenn man den Städtetag und sonstwen vernimmt, dann kommt übereinstimmend heraus: Ziel des Städtebauförderungsgesetzes ist, vor allen Dingen die Grundstückspreise in den Griff zu bekommen, um wieder billiges Bauland zu erhalten.
Die Frage ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, ob mit diesem Städtebauförderungsgesetz dieses Ziel erreicht wird. Die Gemeinde ist nach § 25 Abs. 6 — er betrifft hier die Sanierung — und nach § 59 Abs. 5 — er betrifft hier die Entwicklung — verpflichtet, bei der Reprivatisierung und bei der Privatisierung, also bei der Wiederveräußerung, das Grundstück oder das Recht zu dem Verkehrswert zu veräußern, der sich durch die rechtliche und tatsächliche Sanierung ergibt.
Was bedeutet das? Wir haben in § 23 Abs. 2 die Vorschrift, daß die Gemeinde die Grundstücke zu einem Preis erwirbt, der sich ohne Aussicht auf Entwicklung oder Sanierung ergeben würde. Mit anderen Worten heißt das, daß die Gemeinde zu dem möglichen Mindestpreis das Bauland oder das Rohbauland erwerben kann. Soweit, so gut. Darüber wurde abgestimmt, und wir wollen nicht mehr darüber reden, ob das richtig oder nicht richtig ist. Auf jeden Fall wird dem Eigentümer die Möglichkeit von Gewinnsteigerungen abgeschnitten; das heißt, man hat in der Eingangsstufe ein relativ billiges Bauland.
Wenn das Ziel des Städtebauförderungsgesetzes erreicht werden soll, dann muß dieses relativ billige Bauland, nachdem die Maßnahmen durchgeführt wurden, wieder an den früheren Eigentümer oder Bauwilligen zu demselben Preis,, zuzüglich der Kosten, weitergegeben werden. Dann ist das logisch, und dann haben wir den Baulandmarkt einigermaßen im Griff. Durch die Vorschrift, daß die Gemeinde zum Verkehrswert zu verkaufen hat, ist ein logischer Bruch im Städtebauförderungsgesetz eingetreten. Die Gemeinde hat hier den Gesetzesauftrag zu erfüllen. Selbst wenn sie billiger verkaufen will, darf sie es nicht. Das verbieten dann die Gemeindeordnungen der Länder. Letztlich stehen auch — sagen wir es ganz klar — die Rechnungshöfe dahinter, die den Bürgermeister und den Gemeinderat verantwortlich machen, wenn sie nicht zum Verkehrswert veräußern. Wissen Sie, was das heißt?
Die Spekulation mit Grund und Boden wird vom Eigentümer weg zur Gemeinde verlagert. So ist die Situation. Das sollten wir verhindern, wenn wir das Städtebauförderungsgesetz so wollen, wie es draußen verstanden wird. Deshalb sollten wir sowohl den Antrag hinsichtlich des Sanierungsgebiets — § 25 Abs. 6 — als auch den hinsichtlich des Entwicklungsgebiets § 59 Abs. 5 — annehmen.
Aber noch ein Grund, den ich ansprechen möchte. Nach § 22 Abs. 7 steht nicht nur der Gemeinde, sondern auch den Sanierungsträgern das Recht zu, zu ihren Gunsten enteignen zu lassen. Das bedeutet, daß nach § 35 in der jetzt vorliegenden Fassung — es wird von uns ein Änderungsantrag dazu gestellt — Sanierungsträger auch auf eigene Rechnung und im eigenen Namen tätig werden können, daß die dann diese Bodenspekulation genauso für sich betreiben können, weg vom Eigentümer, hin zur Gemeinnützigen. Das scheint mir ebenfalls unlogisch und unmöglich zu sein.
Ein Drittes; ich habe es vorhin schon angedeutet. Selbst wenn die Gemeinde wollte, dürfte sie nicht anders, als diesen Gesetzesbefehl, der hier vorliegt, zu erfüllen, weil Gemeindeordnungen und andere Bestimmungen entgegenstehen. Ich meine, daß das ebenfalls ein Eingriff in die gemeindliche Selbstverwaltung ist.
Nun möchte ich mich noch mit einem Einwand befassen, der immer wieder kommt, und zwar mit der Frage: Na ja, so weit, so gut; aber wenn in diesem Entwicklungsgebiet oder Sanierungsgebiet z. B. ein Großkonzern, ein Kaufhaus oder sonst ein Unternehmen ein Grundstück erwirbt, warum sollen wir denn dem dann das Grundstück günstiger geben? Nun, dieses Argument könnte ziehen. Aber ich meine, wenn es unsere grundsätzliche Erwägung ist, auf lange Sicht hin günstig Bauland zu bekommen, dann sollten wir aus Gründen der Gleichbehandlung — man kann hier nicht Einschränkungen machen — in Gottes Namen zugestehen, daß in Ausnahmefällen auch ein solcher Konzern unter Umständen günstiger Bauland erwerben kann. Wenn wir dagegen Spekulation zugunsten der Gemeinden betreiben lassen, dann wird dieses Gesetz letztlich ein Finanzierungsgesetz für die Gemeinden.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, diesem Änderungsantrag hinsichtlich einer möglichst günstigen Beschaffung von Bauland für die Bauwilligen zuzustimmen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612735900
Das Wort hat der Abgeordnete Ahrens.

Dr. Karl Ahrens (SPD):
Rede ID: ID0612736000
Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Der von Herrn Kollegen Niegel mit so viel demonstrierter innerer Anteilnahme vorgetragene Änderungsantrag Umdruck 177 würde in allen Fällen, in denen bislang in der Bundesrepublik Sanierungen durchgeführt worden sind, auf dem Papier stehen, und zwar deshalb, weil in allen Fällen von Sanierungen — und es sind etliche Fälle daraufhin durchgerechnet wor-



Dr. Ahrens
den die Aufwendungen der Gemeinden höher
waren als die Wertsteigerung, die die Grundstücke vom Zeitpunkt des Beginns der Sanierung bis zu ihrer Bebaubarkeit erfahren haben. Es geht hier also nicht um ein großes Anliegen.
Herr Kollege Niegel, Sie haben gesagt, jetzt könnten die Gemeinden anfangen zu spekulieren und dabei den großen finanziellen Schnitt tun. Das ist in zwei Punkten falsch, und das wissen auch Sie.
Erstens kann die Gemeinde bei der Weiterveräußerung nicht etwa einen beliebigen Wert nehmen, sondern auf Antrag der Gemeinde oder des Käufers ist der Gutachterausschuß zu hören, der nach den Kriterien den Wert ermittelt. Die Gemeinde ist in diesen Fällen in Abkehr von der sonstigen Gepflogenheit, wie wir sie nach dem Bundesbaugesetz kennen, gehalten, sich dem Gutachten des Gutachterausschusses zu unterwerfen.
Zweitens müssen Sie die Verpflichtung der Gemeinde und die Preisbemessung in einem Zusammenhang mit § 23 sehen. Genauso wie der Einstandspreis beim Erwerb vom Eigentümer berechnet wird, wird der Preis für das Gelände berechnet, wenn es bebaut wird. Wenn die Gemeinden davon abwichen — wie gesagt, das ist allenfalls ein hypothetischer Fall, weil er sich in der Praxis bislang noch nicht ereignet hat —, würden sie etwas unter Wert an irgend jemanden abgeben. Dieses Kriterium ist wohl unter dem Gesichtspunkt der Gemeindeordnungen, auf die Herr Niegel verwiesen hat, und der Rechnungshöfe zumindest beachtlich.
Im übrigen darf ich auf die Bestimmung in § 48 verweisen. Wenn bei dem ganzen Unternehmen der Sanierung wirklich etwas übrigbleibt, fließt es nicht in die Gemeindekasse. Der Überschuß wird verteilt und kommt also letztlich allen zugute.
Aus diesen Gründen bitte ich, den Antrag auf Umdruck 177 abzulehnen.

(Beifall bei der SPD.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612736100
Wird das Wort noch gewünscht? — Bitte schön, Herr Abgeordneter!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0612736200
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu den Änderungsanträgen auf den Umdrucken 177 und 176 bitte ich Sie um Ihre Zustimmung. Lassen Sie mich einen kleinen, aber doch sehr wesentlichen Gesichtspunkt noch mit in die Überlegungen einführen. Wenn Sie diesen Gesichtspunkt durchdenken, Herr Kollege, werden Sie zu der Auffassung kommen, daß der Antrag eine große Mehrheit in diesem Hause finden müßte.
Der erste Satz lautet in beiden Anträgen
Die Gemeinde darf jedoch kein höheres Entgelt verlangen, als sich unter Berücksichtigung ihrer Aufwendungen, aber ohne Gewinn ergibt.
Dieses Gesetz soll die Planungs- und Ordnungshoheit der Gemeinde bringen und grundsätzlich den
Boden zur öffentlichen Disposition stellen. Planungs-
und Ordnungshoheit dürfen nicht zur Kommunalisierung des Bodens führen. Das ist heute hier wiederholt festgestellt worden. Planungs- und Ordnungshoheit des Bodens dürfen aber auch nie dazu führen, daß in irgendeiner Form Bodenspekulation über die Gemeinden dadurch betrieben werden kann, daß — das trifft gerade für § 59 zu — Gewinne erzielt werden. Eine solche Spekulation würde letztlich wieder die breite Mehrheit derer treffen, für die wir dieses Gesetz machen sollen und machen wollen. Wir wollen gerade mit diesem Gesetz dem Monopolstreben einiger weniger Gruppen und Institutionen entgegenwirken und dafür sorgen, daß breite Bevölkerungsschichten zu einer vernünftigen Eigentumsbildung kommen, die über den Erwerb von Grund und Boden auch zur Schaffung von Besitz auf diesem Grund und Boden führt.
Der zweite Satz in diesen Änderungsanträgen lautet:
Bestehende Darlehen oder Zinsvergünstigungen aus Förderungsmitteln müssen an die Erwerber weitergegeben werden.
Dieser Zusatz wiederum ist eine Selbstverständlichkeit, denn nur so werden den Erwerbern dann auch die Möglichkeiten gegeben, diese breite Eigentumsbildung weiter zu betreiben.
Viele Mitglieder dieses Hauses haben immer wieder ihr Verständnis für und ihre Sorge um eine breite Eigentums- und Vermögensbildung in diesem Lande zum Ausdruck gebracht. Ich meine, hier ist ein echter Ansatzpunkt gegeben. An diesem Punkte sollten wir alle ansetzen. Und ich bitte Sie gerade auf Grund dieser Überlegung, dem Antrag auf Umdruck 177 — und dann später dem auf Umdruck 176
— Ihre Zustimmung zu erteilen. Sie würden damit zum Ausdruck bringen, daß Sie daran interessiert sind, breiten Bevölkerungsschichten die Möglichkeiten zum Erwerb von Grund und Boden zu geben.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612736300
Meine Damen und Herren, der Herr Kollege Schedl hat seine Jungfernrede gehalten. Herzlichen Glückwunsch!

(Beifall.)

Wird noch das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich komme zur Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck 177. Wer die Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen.
— Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen dann zur Abstimmung über den § 25 in der vorliegenden Fassung. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe!
— Enthaltungen? — Dieser Paragraph ist mit der gleichen Mehrheit angenommen.
Ich rufe die §§ 26, 27, 28, 29, 30, 31, 32 und 33 auf. Wird das Wort gewünscht? — Das ist offenbar nicht der Fall. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Die genannten Paragraphen sind angenommen.



Vizepräsident Frau Funcke
Wir kommen zu § 34; hierzu liegt Umdruck 190 *) vor. Zur Begründung hat der Herr Abgeordnete Dr. Böhme das Wort.

Dr. Günter Böhme (CDU):
Rede ID: ID0612736400
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Dies ist zwar keine gute Stunde für Anträge, wie mir scheint, vielleicht aber doch für einen an sich nicht politischen Antrag, der sich einzig um die Klärung der juristischen Begriffe in diesem Gesetz bemüht.
§ 34 zählt in seinem Abs. 1 in den ersten drei Nummern die Organe der staatlichen Wohnungsbaupolitik, die gemeinnützigen Siedlungsgesellschaften und andere gemeinnützige Unternehmen, auf, in Nr. 4 die freien Wohnungsunternehmen und in Nr. 5 dann andere Unternehmen. Nr. 4 als solche erfaßt jedoch in dieser Formulierung nicht den breiten Kreis aller nicht gemeinnützigen Unternehmen. Das Wort „frei" für sich ist insofern nicht ganz eindeutig, was seine Begrenzung angeht, weil nicht klar ist, wovon diese Unternehmen frei sein sollen.
Es ist an dieser Stelle auf einen gleichen Tatbestand in § 37 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes hinzuweisen, in dem das Wort „freie Wohnungsunternehmen" schon einmal angesprochen ist, allerdings unter gleichzeitigem Hinweis auf § 11 der Steueränderungsverordnung von 1954; und dort ist die Definition gegeben, was unter einem freien Wohnungsunternehmen zu verstehen ist. Letztlich steht in diesem § 11, daß damit alle anderen nicht gemeinnützigen Unternehmen gemeint seien.
Zur Klärung der Begriffe wäre es also richtig, in § 34 Abs. 1 unter Nr. 4 entweder einen Hinweis auf § 37 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes — der wiederum weiter auf § 11 der Steueränderungsverordnung von 1954 verweist — aufzunehmen oder aber direkt — und das wird Ihnen hiermit durch diesen Gruppenantrag vorgeschlagen — die Formulierung des § 11 der Steueränderungsverordnung zu übernehmen und zu sagen „andere Wohnungsunternehmen". Sagt man aber in Nr. 4 „ein anderes Wohnungsunternehmen", so ist es, würde ich sagen, eine Forderung des Deutschen Sprachvereins, daß man dann in Nr. 5 „ein sonstiges Unternehmen" sagt.
Aus diesen Gründen bitte ich im Namen meiner Gruppe, diesem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612736500
Das Wort hat der Abgeordnete Ahrens.

Dr. Karl Ahrens (SPD):
Rede ID: ID0612736600
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich gestehe Ihnen zu, Herr Kollege Böhme, daß Ihre Formulierung sicherlich auch richtig ist. Wir haben uns aber sowohl in der Kleinen Kommission — Sie waren bei der Verhandlung zugegen — als auch jetzt noch einmal auf der Grundlage Ihres Antrags mit dem zuständigen Ministerium in Verbindung gesetzt, das uns bestätigt
*) Siehe Anlage 11
hat, daß auch die Ausschußfassung keine Unklarheit enthält.
Wir sehen daher keine Veranlassung, Ihrem Antrag zu entsprechen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612736700
Das Wort wird nicht mehr gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag auf Umdruck 190.
Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! — Der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über § 34. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen!
Zu § 35 liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck 184 *) vor. Zur Begründung, Herr Abgeordneter Erpenbeck.

Ferdinand Erpenbeck (CDU):
Rede ID: ID0612736800
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unser Antrag auf Umdruck 184 will entgegen der Ausschußfassung ein Handeln des Sanierungsträgers auf eigene Rechnung ausschließen. Es erscheint uns nicht angängig, daß zugunsten des Trägers eine Reihe hoheitlicher Rechte, etwa das Vorkaufsrecht, das Grunderwerbsrecht oder die Enteignung, ausgeübt werden können und der Träger dann einen erheblichen Teil der Grundstücke, die er durch hoheitliche Maßnahmen erworben hat, nach Abschluß der Sanierung behalten kann. Dies ergibt sich aus Abs. 5 Satz 2, wonach der Sanierungsträger nur diejenigen Grundstücke zu veräußern hat, deren Veräußerung die Gemeinde verlangt. Die Gemeinde kann ihm also weitgehend die Grundstücke auch nach Abschluß der Sanierung belassen.
Da sich die Reprivatisierung häufig auf einen verhältnismäßig kleinen Teil der Gesamtfläche des Sanierungsgebiets beschränken wird, würde hierdurch einer nach unserer Auffassung gesellschaftspolitisch unerwünschten Vergesellschaftung des Grund und Bodens Tür und Tor geöffnet werden. Nach dem Abstimmungsergebnis zu § 25 wird ja diese Gefahr noch wesentlich größer, da § 25 nur eine reine Reprivatisierung, nicht aber eine Privatisierung fordert. Wenn das, was schon im Hinblick auf die Gemeinde sehr fragwürdig sein könnte, nun auch für den Sanierungsträger gelten würde, bestünde die Möglichkeit zur Ansammlung anonymen Grund-, Boden- und Wohnungsvermögens in wenigen Händen. Daß das mit diesem Gesetz nicht erreicht werden soll, ist, glaube ich, in diesem Hause heute schon von verschiedenen Kollegen sehr deutlich gemacht worden.
Ich darf abschließend noch darauf hinweisen, daß in keinem der früheren Entwürfe zu einem Städtebauförderungsgesetz, auch nicht im Entwurf der Großen Koalition, jemals daran gedacht war, den Sanierungsträger auf eigene Rechnung handeln zu lassen. Er konnte danach immer nur als Treuhänder der Gemeinde auftreten. So stand es zunächst auch
*) Siehe Anlage 12



Erpenbeck
in der Regierungsvorlage. Die Tatsache, daß dann in den Ausschußberatungen das Handeln des Sanierungsträgers auf eigene Rechnung mit 13 gegen 12 Stimmen eingefügt worden ist, zeigt doch, daß dahinter ganz klare Absichten stehen. Gerade diese Absichten, meine Damen und Herren, möchten wir mit unserem Antrag verhindern. Ich bitte, ihm zuzustimmen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612736900
Das Wort hat der Abgeordnete Batz.

Hans Batz (SPD):
Rede ID: ID0612737000
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf Umdruck 184 beantragt die Opposition, in § 35 Abs. 1 die Möglichkeit auszuschließen, daß Sanierungsträger auch in eigenem Namen und für eigene Rechnung tätig wenden können. Bereits heute morgen hat Kollege Erpenbeck zu diesem Problem Stellung genommen, jetzt wieder. Zur Begründung führt er hauptsächlich an, durch ein Tätigwerden der Sanierungsträger auf eigene Rechnung könnten ungerechtfertigte Gewinne entstehen — so heute morgen —, die eigentlichen bzw. ,die früheren Grundeigentümer würden aus finanziellen Gründen nicht mithalten können oder die ,angestrebte Entmonopolisierung würde durch neue Monopolstellungen gewisser Einzelpersonen, vor allem ,der Baugesellschaften, abgelöst werden können.
Meine Fraktion und auch die FDP-Fraktion halten diese Bedenken in jedem Fall für unbegründet. Wir werden zur Entlastung der öffentlichen Hände sowohl verwaltungstechnisch als auch finanziell auf die private Initiative angewiesen sein. In der bisherigen Praxis der Vorbereitung und Durchführung von Sanierungsmaßnahmen — es sei dabei an die Anhörung der Sachverständigen vor unserem Ausschuß erinnert — hat sich herausgestellt, daß die Tätigkeit eines Sanierungsträgers im eigenen Namen und für eigene Rechnung in geeigneten Fällen durchaus zweckmäßig sein kann. Die Einschaltung eines solchen Trägers kann zu einer Vereinfachung der Sanierung für die Gemeinde führen und es dem Träger ermöglichen, mit eigenen Finanzierungsmitteln wesentliche Vorleistungen zu erbringen, z. B. für den Erwerb von Grundstücken im Sanierungsgebiet oder von Tauschgrundstücken außerhalb.
Die Rechtsstellung des Sanierungsträgers beim Tätigwerden auf eigene Rechnung wird, so glaube ich, vielfach nicht zutreffend beurteilt. Der Träger ist nach § 35 Abs. 5 verpflichtet, die Grundstücke in gleichem Umfange wie die Gemeinde wieder zu veräußern. Verbleibende Grundstücke hat er je nach Verlangen der Gemeinde an sie oder an von ihr zu bezeichnende Dritte zu übereignen.
Meine Damen und Herren, es ist in diesem Zusammenhang sicher sehr wichtig, noch einmal darauf hinzuweisen, daß der Schutz der von der Sanierung Betroffenen oder an ihr Mitwirkenden gewährleistet ist. Im Falle eines Konkurses eines Trägers beim Tätigwerden auf 'eigene Rechnung haftet z. B. die Gemeinde den Gläubigern für die Verbindlichkeiten aus der Durchführung der Ordnungsmaßnahme wie ein Bürge. Ich glaube, damit ist sichergestellt, daß der Sanierungsträger beim Tätigwerden auf eigene Rechnung, mit dem die Gemeinde im einzelnen vertraglich vereinbaren kann, wie er seine Aufgaben wahrzunehmen hat, nicht rechts- und auch nicht pflichtwidrig handeln kann.
Wenn nun die Opposition durch ihren Änderungsantrag weiter verlangt, daß Grundstücke, die nicht gemäß § 25 Abs. 2 übertragen sind, nur an Dritte und nicht auch, wie in § 35 Abs. 5 des Gesetzentwurfs vorgesehen, auf Verlangen an die Gemeinde veräußert werden sollen, übersieht sie nach unserer Meinung die vielfältigen Aufgaben der Gemeinden im Sanierungs- und im Entwicklungsgebiet. Oder sollte es stimmen, Herr Kollege Erpenbeck, was Professor Fahrenholz am 4. Juni 1971 an die Adresse der CDU/CSU geschrieben hat, nämlich daß die Anträge der Oppostion zum Städtebauförderungsgesetz nach wie vor vom Mißtrauen gegen die Gemeindeparlamente getragen sind?
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Koalitionsfraktionen lehnen den Änderungsantrag zu § 35 auf Umdruck 184 ab.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612737100
Keine Wortmeldungen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag auf Umdruck 184. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über § 35 in der vorliegenden Fassung. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe. —Enthaltungen? — Angenommen.
Wir kommen zu den §§ 36, 37, 38, 39, 40. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen.
Zu § 41 liegt der Umdruck 182 *) vor. Kann ich davon ausgehen, daß er erledigt ist?

(Zurufe von der CDU/CSU: Erledigt!)

Dann stimmen wir über die §§ 41 bis einschließlich 52 ab. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen.
Zu § 53 liegt der Umdruck 185 **) vor. Zur Begründung Herr Abgeordneter Erhard.

Benno Erhard (CDU):
Rede ID: ID0612737200
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Antrag auf Umdruck 185 soll das Verfahren in einem bestimmten Punkt geändert werden. Die Rechtslage nach dem vorliegenden Entwurf geht darauf hinaus, daß für Entwicklungsgebiete gegebenenfalls durch Rechtsverordnung der Landesregierung dieses Gebiet bestimmt werden kann. Dann folgt eine Reihe von Vorschriften, die nachher die Gemeinden oder die Gruppe von Gemeinden oder die
*) Siehe Anlage 8 **) Siehe Anlage 13



Erhard (Bad Schwalbach)

sonstigen öffentlichen Träger auszuführen haben. Die Wirkungen dieser Rechtsverordnung entsprechen dem förmlichen Beschluß der Gemeindevertretung, die das Entwicklungsgebiet ausweist.
Der Rechtsausschuß war mit Mehrheit und bei sehr schwacher Besetzung durch die Mitglieder der CDU/CSU-Fraktion der Auffassung, daß eine Rechtsverordnung hier eine Ermächtigung und eine Rechtsmöglichkeit darstellen würde, die in unser rechtsstaatliches System nicht hineingehöre und in Wirklichkeit eine Ermächtigung an eine bestimmte Ministerialbürokratie sei, zu der ein solches uneingeschränktes Vertrauen keine begründete Grundlage habe. Der federführende Ausschuß hat aber geglaubt, sich über diese Empfehlung des Rechtsausschusses hinwegsetzen zu können.
Die CDU/CSU-Fraktion schlägt nun das vor — normal in die Geestzesformulierungen eingepaßt —, was der Rechtsausschuß schon beschlossen hat. Man muß wissen, daß, nachdem nur die Rechtsverordnung vorgesehen ist, das Entwicklungsgebiet, also ein Gebiet auf der grünen Wiese, ohne jede Beteiligung irgendeines Betroffenen festgelegt wird und vor allem auch ohne jede Beteiligung der betroffenen Gemeinden. Wir haben im Rechtsausschuß den Antrag gestellt, die Gemeinden wenigstens vorher zu hören. Das wurde mit den Stimmen der Koalition abgelehnt.
Wenn man sich das überlegt, dann wundert man sich, wie der Kollege Krockert hier sagen kann, wir wollten die Gemeinden diskreditieren. Wer vorschlägt, die Gemeinden über das, was sie unmittelbar betrifft und was sie auszuführen haben, vor einer Entscheidung der Landesregierung zu hören, der soll die Gemeinden diskreditieren! Dieselben Fraktionen aber sagen: die Gemeinden sollen überhaupt nicht gehört werden. Eine Entscheidung der Landesregierung für einen konkreten, abgesteckten, genau begrenzten Sachverhalt par ordre de mufti — hoheitlicher, obrigkeitlicher, meine Damen und Herren, geht es einfach nicht mehr!

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Wenn man dazu — was man ja vielleicht auch manchmal darf — nachliest, was die Bundesregierung selbst für ihre Politik ansieht und für notwendig hält, dann kommt man aus dem Staunen nicht heraus. Denn in dem jetzt vorgelegten Städtebaubericht und in der Kurzfassung, aus der ich zitieren möchte, heißt es:
Fester Bestandteil des Sanierungsprogramms müssen die Mitwirkung der Bevölkerung bei der Planung ... sein.
Es heißt 'zweitens unter Bezugnahme auf die Regierungserklärung vom Oktober 1969 weiter:
Mitbestimmung bei stadtplanerischen Entwicklungen ist für die Bürgerschaft vieler Gemeinden bereits Wirklichkeit geworden.

(Abg. Vogel: Wo denn?)

— Nach dieser Bestimmung jedenfalls ganz bestimmt nicht.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612737300
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Ahrens?

Benno Erhard (CDU):
Rede ID: ID0612737400
Bitte schön!

Dr. Karl Ahrens (SPD):
Rede ID: ID0612737500
Herr Kollege, haben Sie vielleicht übersehen, daß wir nach unserer Vorlage in allen Fällen, in denen im Entwicklungsbereich Menschen wohnen, diese selbstverständlich hören wollen und daß im übrigen jede Gemeinde die Möglichkeit hat, im Raumordnungsverfahren, also zu einem Zeitpunkt, der weit vor der Festlegung des Entwicklungsbereiches liegt, bereits zu Wort zu kommen und ihre Meinung dazu zu äußern?

Benno Erhard (CDU):
Rede ID: ID0612737600
Ich habe durchaus nicht übersehen, daß Sie das wollen. Aber warum schreiben Sie das dann nicht ins Gesetz?

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Ich habe ja soeben gerade das zitiert, was die Regierung nach ihren Angaben verbal will. Ich konfrontiere gar nichts anderes als diese Aussage mit dem, was Sie vorschlagen, was Gesetz werden soll. Wonach sollen wir uns idenn richten? Nach dem, was allgemein gesagt wird, oder nach dem, was ganz konkret Gesetz wird? Ich erlaube mir jedenfalls, mich nach dem Gesetz zu richten. Das ist der konkretisierte Wille. Alles anderes kann ich als Propaganda abtun.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612737700
Herr Kollege Erhard, gestatten Sie eine zweite Zwischenfrage des Abgeordneten Ahrens?

Benno Erhard (CDU):
Rede ID: ID0612737800
Bitte schön!

Dr. Karl Ahrens (SPD):
Rede ID: ID0612737900
Herr Kollege, würden Sie mir darin zustimmen, daß wir in diesem Gesetz das Raumordnungsverfahren der Länder zu regeln nicht in der Lage sind und daß wir davon ausgehen, daß jedes unserer Bundesländer ein rechtsstaatliches Raumordnungsverfahren hat?
Erhard (Bad ,Schwalbach) (CDU/CSU) : Ich bin mit Ihnen der Meinung, daß wir nicht die Aufgabe haben, die Raumordnung zu regeln. Ich bin aber der Meinung, daß wir Stadtplanung und Entwicklungsgebiete gesetzlich umreißen und festlegen und den Ländern vorgeben, was sie zu tun haben. In diesem Bereich werden Ermächtigungen an die Länder gegeben, das zu tun, was irgendwer — vielleicht durch Verordnung — festsetzt. Nur um die Frage, ob das durch Verordnungen geschehen soll, geht es, nicht um die Frage, ob die Länder das tun sollen. In unserem Entwurf steht, daß die Länder natürlich das Recht haben sollen, aber im Rahmen eines rechtsstaatlichen Verfahrens und nicht par ordre de mufti.

(Beifall bei der CDU/CSU.)




Erhard (Bad Schwalbach)

Ich darf Sie auf weitere Dinge in dem Bericht der Bundesregierung aufmerksam machen.

(Abg. Dr. Ahrens: Das kennen wir!) Da liest man:

Es wird die stärkere Beteiligung der Bürger an der Stadtplanung als ein vordringliches Ziel der Städtebaupolitik angesehen.
Wenige Seiten weiter — wenn ich das als Letztes zitieren darf — heißt es:
Dabei wird es vor allem darauf ankommen, den Bürger schon vor der Festlegung von Bauleitplanung und Bebauungsplan Gelegenheit zur Mitsprache zu geben. Die Gemeinde könnte nach Abstimmung mit den Straßenbaubehörden von Kreis, Land und Bund den Bürgern einen vorläufigen Planungsentwurf vorlegen. Diese könnten ihn zusammen mit der Verwaltung und den örtlichen Volksvertretern diskutieren.
Einverstanden, absolut einverstanden. Und warum wollen Sie das alles abschneiden,

(Abg. Dr. Ahrens: Das steht doch im Gesetz!)

— nein! — indem Sie einfach durch Rechtsverordnung die Dinge regeln wollen?
Ich will Ihnen ein Weiteres sagen. Ich kann das nur als reine Irreführung bezeichnen; denn das Gesetz widerspricht dem. Ich sage noch einmal, was hier geschieht, ist in Wirklichkeit genau das, was. wir aus der Geschichte als obrigkeitsstaatliches Verhalten kennen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Wenn das Demokratisierung sein soll, dann kann ich nur sagen, das ist ein sogenanntes Muster ohne Wert.
Durch diese Art Rechtsverordnung wird in Wirklichkeit gar nichts anderes beabsichtigt, als die Rechtsmittel der Bürger, die ihnen nach Art. 19 GG verfassungsrechtlich verbrieft sind, abzuschneiden. Darum geht es Ihnen und um weiter gar nichts. Das, meine ich, sollten wir, wenn es uns um den Rechtsstaat zu tun ist, nicht mitmachen. Ich appelliere auch an Sie — ich kenne eine ganze Reihe von Kollegen aus der SPD-Fraktion und der FDP-Fraktion, die mit mir völlig einer Meinung sind —, rechtsstaatliche Prinzipien nicht zu Tode zu reiten, sondern ihnen zum Durchbruch zu verhelfen.
Ich erlaube mir, darauf aufmerksam zu machen, daß der Rechtsstaat ja erst dadurch effizient wird, daß der Bürger die Möglichkeit hat, sich gegen die Obrigkeit zu wenden, und daß er die Obrigkeit durch unabhängige Gerichte auf recht- und gesetzmäßiges Verhalten überprüfen lassen kann. Das ist das Entscheidende. Gegen die Verordnung gibt es das Rechtsmittel nicht, allenfalls die Verfassungsbeschwerde. Man wird zwar nicht ohne weiteres sagen können, daß eine solche Verordnung verfassungswidrig sein würde, aber gegen solches Verhalten bestehen gravierende verfassungsrechtliche Bedenken. Das ist der zweite Teil, auf den aufmerksam zu machen ich mir erlaube.
Es gibt eine breite Rechtsprechung und eine breite Literatur über das, was man im Verwaltungsrecht durch Allgemeinverfügungen und durch Verordnungen tun kann. Darüber hat sich das Bundesverwaltungsgericht wiederholt ausgesprochen. Es hat — das ist inzwischen nicht modifiziert worden — entschieden, daß der Weg von Verordnungen nur dann gewählt werden kann, wenn der Adressat nach generellen Merkmalen bestimmt wird und wenn das Ganze auf vorher nicht festgelegte Zeit gelten soll. Demgegenüber ist der Verwaltungsakt, auch die Allgemeinverfügung, ein Akt, der sich an eine ganz bestimmte Gruppe oder Adressaten wendet. Wenn hier also für eine Angelegenheit, für die der Sache nach der Weg des Verwaltungsaktes beschritten werden müßte, die Rechtsverordnung gewählt wird, fragt es sich, ob das rechtsstaatlich überhaupt möglich ist.
Ein Gesetz — so schreibt Forsthoff in der letzten Ausgabe seines Lehrbuches über das Verwaltungsrecht —, „das bestimmte, bezeichnete Grundstücke, mit derartigen Beschränkungen belegen würde, wäre durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt". So steht es auf Seite 196. Ich sage das für jeden, der es nachlesen will. Wenn aber durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken gegen ein Gesetz bestehen — und das gilt gleichermaßen für die Verordnung —, sollten wir dem nicht Raum geben.
Wenn Sie unseren Antrag ablehnen, wird nach meiner Auffassung der erste Rechtsstreit mit Sicherheit zur Unwirksamkeit einer solchen Verordnung führen. Dann haben wir unserer Bevölkerung und den Landesregierungen nicht Brot, sondern Steine gegeben. Warum wir so etwas tun und außerdem ein überspitztes Vertrauen in irgendeine uns jetzt nicht bekannte Ministerialbürokratie der Länder setzen sollten, erscheint mir völlig unverständlich.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612738000
Wird das Wort gewünscht? — Bitte schön, Herr Abgeordneter Schmidt (München) !

Manfred Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0612738100
Es ist eine recht späte Stunde für einen juristischen Streit. Ich möchte ihn auch nicht allzu sehr auswalzen.
Einiges möchte ich vorweg sagen. Jedem muß klar sein, daß die Dinge bei Entwicklungsgebieten in der Regeletwas anders liegen, weil diese Gebiete entweder gar nicht oder nur in sehr viel geringerem Umfange bewohnt sein dürfen. Wir haben dem aber insofern Rechnung getragen, als — soweit die Entwicklungsgebiete bewohnt sind — Voruntersuchungen ,stattfinden und der ,Sozialplan angewandt wird. Wir haben ferner die Möglichkeit geschaffen, daß die Gemeinden — davon geht der ganze Entwurf ,aus — bereits beim Raumordnungsverfahren beteiligt sind. Es ist nicht einzusehen, warum die Gemeinden zweimal ein ganz besonderes Anhörungsrecht haben sollen. Die Belange jedes einzelnen sind hier genauso geregelt und berücksichtigt.



Schmidt (München)

Nun wollen Sie das Entwicklungsgebiet nicht durch Rechtsverordnung, auch nicht durch die Landesregierung, sondern durch ,die oberste Landesbehörde festgelegt haben. Wir halten es für ein entscheidendes Kriterium, daß das Entwicklungsgebiet durch die Landesregierung festgelegt wird, weil diese Dinge unter raumordnerischen und landesplanerischen Gesichtspunkten geschehen und die Landesregierungen in der Lage sein müssen, ihre Programme festzulegen, ,auf Grund deren sie dann wegen der Finanzhilfen des Bundes mit dem Bundesminister zu verhandeln haben.
Ein weiteres Argument: Wenn wir hier im Beschlußverfahren, durch Allgemeinverfügungen und was weiß ich immer, handelten, würde das in der Tat dazu führen, daß jeder — auch derjenige, der durch die Festlegung des Gebietes kaum betroffen ist, die eigentliche Betroffenheit setzt ja erst ein, wenn wir dann den Bebauungsplan bekommen — durch Anfechtung durch mehrere Instanzen hindurch die Möglichkeit hätte, eine vernünftige Entwicklung zu torpedieren. Aus diesem Grunde sind wir nicht damit einverstanden, daß ,dem Änderungsantrag stattgegeben wird. Wir beantragen, ihn abzulehnen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612738200
Herr Kollege Schmidt, Igestatten Sie eine Zwischenfrage?

Manfred Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0612738300
Ich bin zwar fertig, aber ich habe nichts dagegen, wenn es zulässig ist.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612738400
Es ist zulässig.

Benno Erhard (CDU):
Rede ID: ID0612738500
Herr Kollege Schmidt, darf ich Sie dann fragen, warum nach § 53 die Beschränkungen des § 15 sofort mit der Verordnung in Kraft treten? Halten Sie das nicht für ganz konkrete Beschränkungen, nachdem diese sogar nach Ihrer Vorlage ins Grundbuch eingetragen werden müssen?

Manfred Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0612738600
Das ist ja hei jeder förmlichen Festlegung auch beim Sanierungsgebiet der Fall. Denn auch beim Sanierungsgebiet muß die Veränderungssperre dem Grundbuchamt mitgeteilt und ins Grundbuch eingetragen werden. Die Auswirkungen sind also in beiden Fällen die gleichen.

Benno Erhard (CDU):
Rede ID: ID0612738700
Sie meinen also, das sei keine Betroffenheit?

Manfred Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0612738800
Das ist keine größere als bei der Sanierung, und es ist nicht einzusehen, warum die Betroffenen hier besser gestellt werden sollten als in den Sanierungsgebieten. Sie haben die vorbereitenden Untersuchungen, sie haben den Sozialplan, und ihren Interessen ist damit voll Rechnung getragen.

Benno Erhard (CDU):
Rede ID: ID0612738900
Ist Ihnen entgangen, daß die Verordnung ergeht und alles andere erst hinterher?

Manfred Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0612739000
Was, alles andere erst hinterher? Durch ,die Verordnung wird nur das Entwicklungsgebiet festgelegt, und damit hat sich's. Damit ist also genau der gleiche Effekt erreicht wie bei ,der Festlegung ides Sanierungsgebiets.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612739100
Wird das Wort noch ,gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wir stimmen über den Änderungsantrag Umdruck 185 Ziffer 1 ab. Wer die Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen ,dann zur Gesamtabstimmung über den § 53. Wer die Zustimmung geben will, ,den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen.
Nach § 53 soll nach dem Änderungsantrag Umdruck 186 *) § 53 a eingefügt werden. Zur Begrüngung hat Herr Abgeordneter Dr. Schneider das Wort.

Dr. Oscar Schneider (CSU):
Rede ID: ID0612739200
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Antrag, einen § 53 a einzufügen, zielt darauf ab, das Verfahren für vorbereitende Untersuchungen im Entwicklungsgebiet gesetzlich zu verankern. Es wurde gesagt, ein solches Verfahren würde eine verschleppende Wirkung haben. Dazu ist festzustellen, daß es im Hinblick auf die Knappheit der Mittel und die teilweise parallel laufenden Bauleitplanungen und wegen der allgemeinen Diskussion, die solche Maßnahmen auslösen, unverständlich ist, weshalb sich die Regierungskoalition nicht bereit findet, einem solchen Antrag zuzustimmen. Es ist eine alte kommunale Erfahrung — und die Praxis bestätigt es mit jedem Tag mehr —, ,daß die Planung am besten ist, die ausgereift ist, und ,daß das Bauverfahren am schnellsten abzuwickeln ist, ,das am besten vorbereitet wurde. Dabei kommt es darauf an, was zu untersuchen wäre.
Die Untersuchung soll sich erstens auf die Sachbereiche erstrecken, die auch zu prüfen sind, bevor die Landesregierung durch Rechtsverordnung einen Entwicklungsbereich festlegen kann. ,Sie soll sich auf die einheitliche Vorbereitung, Planung und Durchführung ,der angestrebten Entwicklung erstrekken. Zweitens soll das Wohl der Allgemeinheit geprüft werden, daß durch die Durchführung der Entwicklungsmaßnahme berührt wird. Drittens ist zu prüfen, ob eine zügige Durchführung der :Maßnahmen innerhalb eines absehbaren Zeitraumes möglich ist. Viertens soll geprüft werden, ob 'die Bereitstellung 'der voraussichtlich erforderlichen Mittel aus öffentlichen Haushalten gewährleistet sein kann.
Wenn wir auf eine solche Untersuchung durch die Gemeindebehörden unter Einschaltung der kommunalen Verwaltungsorgane, des Gemeinderatplenums und der Gemeinderatausschüsse verzichten, werden wir nicht verhindern können, daß trotzdem diese Maßnahmen für eine erhebliche öffentliche Diskussion sorgen. Die Lokalpresse greift solche Entscheidungen ohnedies auf, und die Bevölkerung,
*) Siehe Anlage 14



Dr. Schneider (Nürnberg)

die hier in irgendeiner Weise berührt wird, wird an dieser öffentlichen Diskussion teilnehmen. Es spielt sich also ein Stück öffentlicher Diskussion außerhalb des Rathauses, zum Teil gegen das Rathaus, ab, und die in dieser Sache angesprochenen Gemeinderäte und Stadträte können ,dann als Mandatsträger noch nicht einmal eine förmliche Willensentscheidung der Mehrheit des Rates herbeiführen. Hier wird ein wesentlicher Teil, ein originärer Teil, ein fundamentaler Teil kommunaler Selbstverwaltung der Mitwirkung durch die Gemeinderäte entzogen.
Aus allen diesen Gründen ist essinnvoll und unerläßlich, diesem Antrag stattzugeben. Ich bitte darum.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612739300
Das Wort hat der Abgeordnete Ahrens.

Dr. Karl Ahrens (SPD):
Rede ID: ID0612739400
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schneider, ich muß Sie enttäuschen in Ihrer Erwartung, in diesem Gesetz eine Lücke gefunden zu haben, die Sie durch Ihren Antrag schließen wollen. Sie meinen, es sei unbedingt notwendig, daß die in dem Bereich, der als Sanierungsbereich in Frage kommt, wohnende Bevölkerung sich zu diesen Vorstellungen äußert. Das ist auch unsere Auffassung. Deshalb haben wir in § 62 für die bebauten Gebiete die vorbereitenden Untersuchungen ausdrücklich durch eine Verweisung auf § 4 aufgenommen. Es hat aber keinen Sinn, idiese vorbereitenden Untersuchungen — denken Sie etwa an die vorbereitenden Untersuchungen, die sich im soziologischen Bereich in bezug auf den Sozialplan abspielen — dort vorzunehmen, wo wir grüne Wiesen, wo wir Acker vor uns haben. Ich meine, daß es daher unnötig ist, eine solche Verfahrensstufe zusätzlich einzuführen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612739500
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Schneider?

Dr. Oscar Schneider (CSU):
Rede ID: ID0612739600
Herr Kollege Dr. Ahrens, es ist Ihnen doch sicherlich bekannt, daß in vielen Städten Untersuchungen dieser Art, wie sie hier beantragt werden in Gestalt von Gemeinde- und Stadtentwicklungsplänen, ohnehin angestellt werden und daß wir hier gesetzlich etwas verankern, was die kommunale Praxis ohnehin schon tut?

Dr. Karl Ahrens (SPD):
Rede ID: ID0612739700
Herr Kollege Schneider, ich widerspreche Ihnen ja gar nicht darin, ,daß vorher Pläne gemacht werden müssen, daß Untersuchungen vorgenommen werden müssen. Wir schreiben ja sogar eine ganz spezifische Form von Untersuchungen, nämlich die agrarstrukturellen Vorplanungen, in diesem Gesetz vor. Es ist aber nicht erforderlich, daß man auf der grünen Wiese etwa vorbereitende Untersuchungen durchführt und dort einen Sozialplan macht. Das ist unsere Auffassung. Das Anliegen, das Sie verfolgen, hat nach unserer Auffassung im Gesetz bereits in sinnvoller Weise Berücksichtigung gefunden. Wir werden den Antrag deshalb ablehnen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612739800
Das Wort wird nicht mehr gewünscht.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag Umdruck 186 Ziffer 1. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen zu § 54. Hierzu liegen zwei Änderungsanträge auf Umdruck 187 (neu) *) und auf Umdruck 185 **) vor.
Zu dem Antrag Umdruck 187 (neu) Herr Abgeordneter Dr. Prassler.

Dr. Helmut Prassler (CDU):
Rede ID: ID0612739900
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann mich kurz fassen.
Der auf Umdruck 187 (neu) von uns vorgelegte Antrag ist in Ergänzung zu dem von uns zu § 25 vorhin gestellten Antrag zu verstehen. Wir wollen damit auch im Bereich der Entwicklungsmaßnahmen nicht von vornherein die totale Grunderwerbspflicht verlangen, sondern statt der bisherigen absoluten Muß-Vorschrift eine Kann-Bestimmung haben.
Ich darf zu diesem für uns ebenfalls als Essential anzusehenden, außerordentlich wichtigen Antrag namens der Fraktion der CDU/CSU namentliche Abstimmung beantragen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612740000
Das Wort hat der Abgeordnete Krockert.

Horst Krockert (SPD):
Rede ID: ID0612740100
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Koalitionsfraktionen lehnen auch diesen Änderungsantrag ab. Er soll die generelle Erwerbspflicht, die jetzt im Gesetz verankert ist, mit Ausnahmen versehen, und zwar mit noch weiteren Ausnahmen, als sie im Gesetz bereits enthalten sind.
Meine Damen und Herren, das geht nicht, und zwar aus folgendem Grunde. Die generelle Erwerbspflicht muß erhalten bleiben. Die Aufgabe der Entwicklungsmaßnahme im Entwicklungsgebiet erfordert die ausnahmslose Verfügung über den unbebauten Boden ,durch den Entwicklungsträger. Ein neues Gemeinwesen kann nämlich nur lebensfähig sein, wenn seine wesentlichen Funktionen zu gleicher Zeit in Gang gesetzt werden.
Dieses sehr einleuchtende Argument gegen den Oppositionsantrag stammt nicht von mir. Ich entnehme es einem Dokument, das heute schon erwähnt wurde, aus dem damaligen Wohnungsbauministerium des Herrn Kollegen Lücke, CDU. Es handelt sich um die Begründung des Entwurfs eines Städtebauförderungsgesetzes Drucksache IV/3491, also aus der 4. Wahlperiode. Aus dieser Sammlung goldener Worte gegen den Änderungsantrag der Opposition
*) Siehe Anlage 15 **) Siehe Anlage 13



Krockert
darf ich mit Genehmigung der Frau Präsidentin noch die Schlußfolgerung vorlesen:
Zur Vorbereitung und Durchführung der Entwicklungsmaßnahmen muß der Träger das Eigentum an den gesamten Grundstücken des Entwicklungsbereichs erlangen. Das ergibt sich aus dem Wesen der Entwicklungsmaßnahme. Das Gebiet muß ohne Rücksicht auf bestehende Grundstücksgrenzen entsprechend der Planung neu gestaltet und aufgeschlossen werden.
Diesem Plädoyer für den generellen. Bodenerwerb im Entwicklungsbereich durch den Entwicklungsträger bleibt wenig hinzuzufügen.
Ausnahmen können nur für bebaute Grundstücke in Frage kommen, deren Bebauung nicht geändert werden soll. Ausnahmen müssen gemacht werden bei im Zusammenhang bebauten förmlich festgelegten Gebieten innerhalb eines Entwicklungsgebiets. Das steht in § 62. Beides sieht der Entwurf also vor.
Was darüber hinausgehen soll, wäre nicht Verbesserung, sondern Verwässerung des Gesetzes. Es dient keinem berechtigten privaten Interesse, aber es beeinträchtigt das öffentliche Interesse. Wir lehnen den Antrag ab.

(Beifall bei der SPD.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612740200
Das Wort hat der Abgeordnete Erpenbeck.

Ferdinand Erpenbeck (CDU):
Rede ID: ID0612740300
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muß aus sachlichen Gründen den Ausführungen des Kollegen Krockert widersprechen. Herr Kollege Krockert, was Sie so sehr schön als „goldene Worte" aus der Begründung des früheren Lücke-Entwurfs hier zitiert haben, müssen Sie natürlich im Gesamtzusammenhang des damals vorgelegten Entwurfs sehen und auch werten.
Zum zweiten ist es im Hinblick auf die Erreichung des Entwicklungsziels keineswegs erforderlich, daß die Gemeinde verpflichtet ist, mit Ausnahme der bebauten Grundstücke alle Grundstücke zu erwerben. Es wäre absurd, wenn beispielsweise Personen, die ein Grundstück im Außenbereich zur Bebauung mit einem Eigenheim bereits erworben haben, weil derartige Planungsabsichten der Gemeinde bekannt waren, diese Grundstücke auch dann an die Gemeinde abgeben müßten, wenn der später aufgestellte Bebauungsplan diese Flächen für den Eigenheimbau zuläßt. Ein vernünftiger Grund für den Zwischenerwerb durch die Gemeinde und die spätere Rückveräußerung an den Bauwilligen besteht einfach nicht. Deshalb sollte zumindest diese Muß-Vorschrift in eine Kann-Vorschrift umgewandelt werden, die der Gemeinde immer noch den genügenden Ermessensspielraum einräumt.

(Zustimmung bei der CDU/CSU.)

Die Belassung solcher Grundstücke bringt auch keinerlei Nachteile für die Gemeinde, da die Bauwilligen ohnehin zum Ausgleichsbetrag nach § 54 Abs. 3 Satz 3 herangezogen werden können. Auf der anderen Seite — und ich glaube, auch das müssen wir hier sehen — würde die Gemeinde durch den Zwischenerwerb nur unnötig mit Kosten belastet und in Vorlage treten müssen. Das gleiche gilt sinngemäß, wenn etwa ein Wohnungsunternehmen im Außenbereich bereits Flächen erworben hat und seine Bauabsichten im Einklang mit dem später aufgestellten Bebauungsplan stehen.

(Unruhe.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612740400
Herr Kollege, einen Augenblick! — Ich möchte doch bitten, Platz zu nehmen und Ruhe für den Redner zu halten.

Ferdinand Erpenbeck (CDU):
Rede ID: ID0612740500
Meine Damen und Herren, es ist auch durchaus möglich, daß die Eigentümer von landwirtschaftlichen Grundstücken bereit und in der Lage sind, sich an den Entwicklungsmaßnahmen, gegebenenfalls unter Einschaltung einer Betreuungsgesellschaft, zu beteiligen. Das gleiche gilt für die in § 60 auch mit Zustimmung der Koalition vorgesehene Entwicklungsgemeinschaft.
Meine Damen und Herren, zu dem politischen Teil unserer Auffassung brauche ich hier nichts zu sagen, denn sinngemäß gilt das, was unser Fraktionsvorsitzender Dr. Barzel hier gesagt hat. Aber bei dieser Gelegenheit möchte ich doch, Herr Kollege Krockert, die Unterstellungen, die Sie anläßlich der Beratung des § 25 von dieser Stelle aus der CDU/CSU gegenüber geäußert haben, und den Vorwurf des Kollegen Henke von heute morgen zurückweisen, daß hier etwas zurückzunehmen sei, und zwar die Bemerkung, daß hier ein erster, vorsichtig getarnter Schritt in Richtung auf Sozialisierung und Kommunalisierung getan werde, wenn diese Bestimmung so bliebe. Ich muß das mit einem Zitat aus dem Protokoll der Ausschußberatungen zurückweisen. Nach der Frage des Ausschußvorsitzenden, Kollegen Mick, an Herrn Henke, ob seine Äußerungen, die ich im Augenblick nicht vorwegzuschicken brauche, so zu verstehen seien, daß dadurch der Grundstock der Kommunalisierung des Grund und Bodens gelegt werde, erwiderte — und ich zitiere wieder aus dem Stenographischen Protokoll — der Abgeordnete Henke, er sei frei genug, das zu sagen. Man werde in den Ballungsräumen längerfristig überhaupt keine vernünftige Planung mehr betreiben können, wenn man da nicht zu völlig neuen Denkschemata und zu völlig neuen Systemen finde. Das sei seine Auffassung.
Meine Damen und Herren, ich glaube, insofern habe ich keine Veranlassung von dieser Stelle aus auch von Äußerungen, die ich vor der Lesung dieses Gesetzes hier heute im Hohen Hause in dieser Hinsicht getan habe, zurückzutreten.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612740600
Das Wort hat der Abgeordnete Wurbs.

Richard Wurbs (FDP):
Rede ID: ID0612740700
Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man könnte die Bedenken der CDU/CSU teilen, wenn man § 54 isoliert betrachtete. Man muß aber § 54 im Zusammenhang



Wurbs
mit § 59 sehen. Heute morgen wurde schon von mir dargelegt, daß in früheren Entwürfen — auch im sogenannten Lücke-Entwurf — formuliert war, daß der Träger die Grundstücke zu erwerben hat. Von Herrn Kollegen Lücke wurde die Einschränkung oder der Einwurf gemacht: „ ... und zu veräußern hat". Ich stimme dem zu. Das gleiche ist jetzt aber in § 59 festgelegt, nämlich daß die Gemeinde die Grundstücke nach der Neuordnung und Erschließung wieder zu veräußern hat, und zwar ist hier sowohl eine Reprivatisierungsmöglichkeit wie auch eine Privatisierungsmöglichkeit gegeben. Es heißt: „Die Grundstücke sind ... an Bauwillige zu veräußern", und dann kommt: „Dabei sind zunächst die früheren Eigentümer zu berücksichtigen". Sie wollten ja auch das „zunächst" in § 25 eingebaut haben. Wir streiten hier um einen Punkt, der nach meiner Auffassung nicht so gravierend ist, wie es hier zum Teil dargelegt wurde. Wenn man beide Paragraphen zusammen sieht, wird dem Anliegen, das, wie ich glaube, wir alle vertreten, Rechnung getragen. Wir glauben, dem Antrag der CDU nicht unsere Zustimmung geben zu können.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612740800
Das Wort hat der Abgeordnete Mikat.

Dr. Paul Mikat (CDU):
Rede ID: ID0612740900
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gerade nach den Einlassungen des letzten Redners, das Kollegen von der FDP-Fraktion, läge an sich die Frage nahe, warum denn nun nicht doch dem Vorschlag der Opposition in diesem Punkt gefolgt wird. Worum handelt es sich denn hier im Kern? Ich möchte das vor der namentlichen Abstimmung noch einmal herausstellen.
Die Ziele des Gesetzes, die von uns allen getragen werden, sind: daß wir eine planvolle städtebauliche Sanierung erreichen wollen, daß wir die Entwicklung der Gemeinden fördern wollen und — so heißt es im Vorspann des vorliegenden Entwurfes — daß wir die Verbesserung aller Umweltbedingungen erreichen wollen. Ich glaube, es ist notwendig, zu dieser Stunde in diesem Hohen Hause zu sagen: Diese Ziele sind unbestritten.
Worum es meiner Fraktion in den beiden entscheidenden Punkten des § 25 und des § 54 geht, ist, die Rechtsstellung des Bürgers gegenüber der öffentlichen Hand zu wahren und zu sichern.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Wenn Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, sagen: Das wollen wir auch, dann nehme ich Ihnen das ab. Nur, wenn Sie in so häufigen Formulierungen heute sagen, man könne das zwar so machen, wie die Opposition vorschlage, aber man wolle es nun doch nicht, dann taucht das Problem auf: Wie steht es eigentlich mit der wohl von uns allen gewollten Herstellung eines demokratischen Konsenses?
Wir haben in dieser Debatte heute sehr viel die Worte „Demokratie" und „Demokratisierung" gebraucht. Wenn wir sie tatsächlich mit innerem Gehalt erfüllen wollen, dann müssen wir uns dabei allerdings bewußt sein — ich glaube, in diesem Hause hat das Ihr früherer Fraktionskollege Adolf Arndt einmal gesagt —, daß die Demokratie nicht auf Rousseaus Lehre von der „volonté générale" beruht, die den Mehrheitswillen absolut setzt, sondern daß sich die parlamentarische Demokratie grundsätzlich bemüht, einen Kompromiß dadurch zu finden, daß jeder von seinen idealtypischen Vorstellungen etwas zurücknimmt. Kompromiß kann in diesem Hause nicht einseitig bedeuten, die Opposition gibt nach, sondern Kompromiß kann nur bedeuten: beide Parteien prüfen, was von ihren Vorstellungen aufgebbar ist. Wenn es um den größeren Rechtsschutz des Bürgers geht, sollte Ihnen, meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien, das doch weiß Gott nicht schwerfallen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Wir wenden uns mit Leidenschaft gegen das, was Sie, Herr Kollege Krockert, gesagt haben, uns gehe es hier um politisches Theater. Worum es uns hier geht, ist dieses Mehr an Rechtsstellung des Bürgers. Ich darf Ihnen sagen, Herr Krockert: Natürlich lebt in unseren Anträgen auch ein notwendiges Mißtrauen gegenüber den Gemeindeparlamenten und vor allem gegenüber der Bürokratie.

(Zurufe von der SPD.)

— Ja, meine Damen und Herren, ganz einfach darum, weil die Demokratie davon lebt, daß man dem Bürger möglichst viel Rechte gegenüber den Staatsorganen gibt, und dazu gehören auch die Parlamente. Auch die Parlamente müssen sich stellen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Das berechtigt nicht dazu, zu sagen, wir diskreditierten die Gemeinden; keine Spur davon. Was wir wollen, ist dieses Mehr an Schutzmöglichkeiten, und das steht nicht im Gegensatz zu den allgemeinen von uns allen getragenen Zielsetzungen dieses Gesetzes.
Auf dieser Basis, meine ich, könnten wir einen Kompromiß in diesem Hause bei gutem Willen aller Seiten finden.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612741000
Das Wort wird nicht mehr begehrt.
Es ist namentliche Abstimmung beantragt worden. Der Antrag ist hinreichend unterstützt worden. Ich bitte, die Damen und Herren Schriftführer, die Stimmkarten einzusammeln. —
Meine Damen und Herren, das Ergebnis liegt vor. Es haben insgesamt 444 Mitglieder des Hauses und 13 Berliner Abgeordnete ihre Stimme abgegeben. Mit Ja haben 218 stimmberechtigte Mitglieder des Hauses und 6 Berliner Abgeordnete, mit Nein 226 Mitglieder des Hauses und 11 Berliner Abgeordnete gestimmt. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Endgültiges Ergebnis:
Abgegebene Stimmen 444 und 17 Berliner Abgeordnete. Davon
Ja: 218 und 6 Berliner Abgeordnete
Nein: 226 und 11 Berliner Abgeordnete



CDU/CSU Ja
Dr. Abelein Adorno
Dr. Aigner
von Alten-Nordheim
Dr. Althammer
Dr. Arnold Dr. Artzinger Dr. Bach
Baier
Balkenhol Dr. Barzel Dr. Becher (Pullach)

Dr. Becker (Mönchengladbach)

Becker (Pirmasens) Berberich
Berding
Berger
Bewerunge Biechele
Biehle
Dr. Birrenbach
Dr. von Bismarck Bittelmann
Blank
von Bockelberg
Dr. Böhme
Frau Brauksiepe Breidbach Bremer
Bremm
Brück
Burger
Dr. Czaja Damm
van Delde Dichgans Dr. Dittrich Dr. Dollinger
von Eckardt Ehnes
Engelsberger
Dr. Erhard
Erhard (Bad Schwalbach) Ernesti
Erpenbeck Dr. Evers Dr. Eyrich von Fircks Franke (Osnabrück)

Dr. Franz Dr. Freiwald
Dr. Frerichs Dr. Früh Dr. Fuchs Dr. Furler Dr. Gatzen
Frau Geisendörfer Geisenhofer Gerlach (Obernau) Gewandt
Gierenstein Dr. Giulini Dr. Gleissner
Glising (Dithmarschen) Dr. Gölter
Dr. Götz
Gottesleben
Frau Griesinger
Dr. Gruhl Haase (Kassel)

Dr. Häfele Härzschel Häussler Dr. Hallstein
Dr. Hammans
Hanz Hauser (Bad Godesberg) Dr. Hauser (Sasbach)
Dr. Heck
Dr. Hellige Frau Dr. Henze
Höcherl
Hösl
Horstmeier Horten
Dr. Hubrig Hussing
Dr. Huys
Frau Jacobi (Marl)

Dr. Jaeger Dr. Jenninger Dr. Jobst
Josten
Dr. Jungmann
Frau Kalinke Katzer
Kiechle
Kiep
Dr. h. c. Kiesinger
Dr. Kley
Dr. Kliesing (Honnef) Klinker
Köster
Krammig
Krampe
Dr. Kraske Dr. Kreile
Frau Dr. Kuchtner Lampersbach Leicht
Lensing
Dr. Lenz (Bergstraße) Lenzer
Link
Dr. Luda
Lücke (Bensberg) Majonica
Dr. Martin
Dr. Marx (Kaiserslautern) Maucher
Meister
Dr. Mende Mick
Dr. Mikat Dr. Miltner
Müller (Niederfischbach) Müller (Remscheid)
Dr. Müller-Hermann Mursch
Niegel
Dr. von Nordenskjöld Orgaß
Ott
Petersen Pfeifer
Picard
Pieroth
Dr. Pinger Dr. Pohle Pohlmann Dr. Prassler Dr. Preiß Dr. Probst Rainer
Rasner
Rawe
Reddemann Dr. Reinhard
Dr. Riedl (München)

Dr. Rinsche Dr. Ritgen Dr. Ritz
Rock
Röhner
Rösing
Rollmann Rommerskirchen
Roser Ruf
Russe
Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein
Schlee Schedl Dr. Schmid-Burgk
Dr. Schmidt (Wuppertal) Schmitt (Lockweiler) Schneider (Königswinter)
Dr. Schneider (Nürnberg) Frau Schroeder (Detmold)
Dr. Schröder (Düsseldord) Schröder (Sellstedt)
Schröder (Wilhelminenhof) Schulhoff
Schulte (Schwäbisch Gmünd) Dr. Schulze-Vorberg
Seiters
Dr. Siemer
Solke
Spilker Springorum
Dr. Sprung
Stahlberg
Dr. Stark (Nürtingen)

Dr. Starke (Franken)

Stein (Honrath)

Steiner
Frau Stommel
Storm Strauß Struve Stücklen
Susset
von Thadden
Tobaben
Frau Tübler
Dr. Unland '
Vogel Vogt
Volmer
Wagner (Günzburg)

Dr. Wagner (Trier)

Dr. Warnke
Wawrzik
Weber (Heidelberg)

Weigl
Dr. Freiherr von Weizsäcker Wendelborn
Werner Windelen
Winkelheide
Dr. Wörner
Frau Dr. Wolf
Baron von Wrangel
Dr. Wulff
Ziegler
Dr. Zimmermann
Zink
Zoglmann
Berliner Abgeordnete
Benda
Dr. Kotowski
Müller (Berlin) Frau Pieser
Schmitz (Berlin) Wohlrabe
Nein SPD
Dr. Ahrens Anbuhl
Dr. Apel
Arendt (Wattenscheid)

Dr. Arndt (Hamburg)

Baack
Baeuchle Bäuerle Barche Dr. Bardens
Batz
Bay
Dr. Bayerl
Dr. Bechert (Gau Algesheim) Becker (Nienberge)
Dr. Beermann
Bergmann
Berkhan Berlin
Biermann Böhm
Börner
Brandt (Grolsheim)

Bredl
Brück
Brünen Buchstaller
Dr. von Bülow
Buschfort
Dr. Bußmann
Collet
Corterier Cramer
Dr. von Dohnanyi
Dürr
Eckerlad Dr. Ehmke
Frau Eilers
Engholm
Dr. Eppler
Esters
Faller
Dr. Farthmann
Fiebig
Dr. Fischer
Flämig
Frau Dr. Focke
Folger
Franke (Hannover)

Frehsee
Frau Freyh
Fritsch Geiger Gertzen Dr. Geßner
Glombig
Gnädinger
Grobecker
Dr. Haack
Haar (Stuttgart)

Haase (Kellinghusen) Haehser
Halfmeier
Hannsen
Hansing
Hauck
Dr. Hauff
Henke
Hermsdorf (Cuxhaven) Herold
Hirsch

(Hessisch Lichtenau)

Hörmann (Freiburg) Hofmann
Horn
Frau Huber
Dr. Hupka
Jahn (Marburg)

Junghans
Junker Kaffka Kater Kern



Killat-von Coreth
Dr. Koch
Koenig Kohlberger
Konrad
Dr. Kreutzmann
Krockert
Kulawig Langebeck
Dr. Lauritzen Lautenschlager
Frau Lauterbach
Leber
Lemp
Lemper Lenders Liedtke Löbbert Lotze
Maibaum
Marquardt
Marx (München)

Matthes Matthöfer
Dr. Meinecke (Hamburg) Meinike (Oberhausen) Metzger
Michels Möhring
Müller (Mülheim)

Müller (Nordenham)

Dr. Müller-Emmert
Dr. Müthling
Neemann
Neumann
Dr. Nölling
Offergeld
Frau Dr. Orth
Frhr. Ostman von der Leye Pawelczyk
Peiter Pensky Peters (Norden)

Porzner Raffert Ravens Dr. Reischl
Frau Renger
Rohde Rosenthal
Roß
Säckl
Sander Saxowski
Dr. Schachtschabel
Dr. Schäfer (Tübinge)

Frau Schazenbach
Scheu
Dr. Schiller
Schiller (Bayreuth)

Frau Schimschok
Schirmer Schlaga
Schmidt (Braunschweig) Dr. Schmidt (Gellersen) Schmidt (Hamburg)
Dr. Schmidt (Krefeld) Schmidt (München) Schmidt (Niederselters) Schmidt (Würgendorf)
Dr. Schmitt-Vockenhausen Dr. Schmude
Schoettle
Schollmeyer
Schonhofen
Schulte (Unna)

Seefeld Seibert Seidel
Frau Seppi
Simon
Dr. Slotta
Dr. Sperling
Spillecke
Staak (Hamburg)

Frau Strobel
Strohmayr
Suck
Tallert
Dr. Tamblé
Frau Dr. Timm
Tönjes Urbaniak
Vit
Walkhoff
Dr. Weber (Köln)

Wehner Welslau
Wende Wendt Westphal
Dr. Wichert
Wiefel Wienand
Wihlelm
Wischnewski
Dr. de With
Wittmann
Wolf
Wolfram
Wrede Würtz Wüster Wuttke Wuwer Zander Zebisch
Berliner Abgeordnete
Dr. Arndt (Berlin)

Bartsch Bühling Heyen Frau Krappe
Liehr
Löffler Mattick Dr. Schellenberg
Frau Schlei
Dr. Seume
FDP
Dr. Achenbach
Frau Dr. Diemer-Nicolaus Dorn
Ertl
Frau Funcke
Gallus Geldner Genscher
Graaff Grüner Helms Kienbaum
Kirst
Kleinert Krall
Frtr. von Kühlmann-Stumm Logemann
Mertes Mischnick
Moersch Ollesch Peters (Poppenbüll)

Scheel
Schmidt (Kempten) Spitzmüller
Wurbs
Wir kommen nunmehr zum Änderungsantrag der Fraktion ,der CDU/CSU zum gleichen § 54 auf Umdruck 185 *). Wünscht einer der Herren Antragsteller das Wort zur Begründung? — Das ist nicht der Fall. Dann stimmen wir über Ziffer 2 ab.
Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen damit zur Abstimmung über § 54 in der vorliegenden Fassung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist so beschlossen.
Ich rufe die §§ 55 und 56 auf. — Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen!
Zu § 57 liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck 186 Ziffer 2 **) vor. Herr Abgeordneter Dr. Schneider, mir ist mitgeteilt worden, Sie würden dazu etwas sagen. Ist das nicht der Fall? — Dann lasse ich über den Antrag abstimmen.
Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichens — Gegenprobe! — Enthaltungen? — der Antrag ist abgelehnt.
Wir stimmen dann über § 57 in der vorliegenden Fassung ab. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — § 57 ist angenommen.
Ich rufe § 58 auf. — Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen!
Zu § 59 liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck 176 ***) vor. Wünscht ihn jemand zu begründen?

(Abg. Niegel: Er ist schon begründet!)

— Er ist schon von Herrn Schedl begründet worden.
Keine Wortmeldung? — Dann kommen wir zur Abstimmung. Wer den Antrag auf Umdruck 176 annehmen will, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist abgelehnt.
Wir stimmen über § 59 in der vorliegenden Fassung ab. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen.
Ich rufe die §§ 60, 61, 62 auf. — Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ist so beschlossen.
Zu § 63 liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck 185 vor. Soll der Antrag begründet werden? — Das ist nicht der Fall.
Wir stimmen über den Änderungsantrag zu § 63 auf Umdruck 185 ****) ab. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist abgelehnt.
Wir stimmen über § 63 in der vorliegenden Fassung ab. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um
*) Siehe Anlage 13 **) Siehe Anlage 14 ***) Siehe Anlage 16 ****) Siehe Anlage 13
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 127, Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. Juni 1971 7405
Vizepräsident Frau Funcke
das Handzeichen. — Gegenprobe! - Enthaltungen? — Angenommen.
Ich rufe die §§ 64 bis 83 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ist angenommen.
Zu § 84 liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck 188 *) vor. Zur Begründung hat Herr Dr. Evers das Wort. .

Dr. Hans Evers (CDU):
Rede ID: ID0612741100
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Städtebauförderungsgesetz, das wir heute beraten, wird zu seiner Realisierung erhebliche Investitionen und Aufwendungen erfordern. Die Kosten, die die Durchführung dieses Gesetzes zur Folge haben wird, werden ähnlich hoch sein wie die gesamten Aufwendungen für den Wohnungsbau in der Bundesrepublik in der Nachkriegszeit. Es wird sich um einen Betrag in der Größenordnung von 300 bis 400 Milliarden DM handeln. Bei der Durchführung des Wohnungsbaus ist diese Wohnungsbautätigkeit bisher mit öffentlichen Mitteln in Höhe von 70 Milliarden DM gefördert worden.
Wenn man sich angesichts dieser Größenordnung die Mittel vor Augen führt, ,die in den nächsten Jahren im Bundeshaushalt für die Durchführung des Städtebauförderungsgesetzes bereitgestellt oder vorgesehen sind, wird ein krasses Mißverhältnis deutlich. Die Bundesregierung disponiert im Wege der Bindungsermächtigung für die ersten drei Jahre der Gültigkeit dieses Gesetzes über 450 Millionen DM. Das ist ein minimaler Betrag angesichts der Größenordnung, um die es sich hier handelt. Das heißt, wir werden die Aufgaben, die das Städtebauförderungsgesetz stellt, nur dann in einem überschaubaren Zeitraum realisieren können, wenn es gelingt, auch privates Kapital für die Durchführung dieser Aufgabe zu mobilisieren. Wir werden privates Kapital dann verfügbar machen können, wenn es möglich sein wird, diesem privaten Kapital einen Anreiz zu geben, sich in den Aufgaben zu engagieren, die das Städtbauförderungsgesetz vorlegt.
Der Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU, den Sie auf Umdruck 188 vorliegen haben, dient dazu, dieses Ziel zu erfüllen. Sein Ziel ist es, die degressive Abschreibung von 3,5 % pro .Jahr auf 7 % in den ersten sechs Jahren anzuheben, d. h. die Möglichkeit zu schaffen, daß in den ersten sechs Jahren ein Betrag von 42 % der Errichtungskosten von Gebäuden in Sanierungsgebieten abschreibungsfähig ist. Wir sind der Überzeugung, daß mit einer derartigen steuerlichen Begünstigung die Sanierungs- und Entwicklungsvorhaben nicht nur beschleunigt werden, sondern daß sie auch .schneller und wirtschaftlicher durchgeführt werden können, als wenn die Finanzierung allein oder überwiegend der öffentlichen Hand überlassen bleibt. Wir glauben des weiteren, daß eine derartige steuerliche Begünstigung des Zweckes, der mit diesem Gesetz angestrebt wird, in die allgemeine Richtlinie und die allgemeine Tendenz der Politik auch der gegenwärtigen Bundesregierung gehört,
i) Siehe Anlage 17
nachdem diese Bundesregierung erst vor wenigen Tagen ihre Absicht bekräftigt hat, die Aufgabe ,des Umweltschutzes durch steuerliche Begünstigungen zu erleichtern.
Wir meinen darüber hinaus, daß auch ein gesellschaftspolitisches Anliegen mit dieser steuerlichen Begünstigung erfüllt wird, das von allen Fraktionen dieses Hauses getragen wird, jedenfalls, soweit es sich um ihre Bekenntnisse zu diesem gesellschaftspolitischen Anliegen handelt. Niemand in diesem Hause bezweifelt, daß zur Erfüllung des Städtebauförderungsgesetzes die Gemeinden ein stärkeres Eingriffsrecht in die Eigentumsverhältnisse haben müssen. Wir sind aber alle der Auffassung, daß dieses Eingriffsrecht in ,die Eigentumsstruktur nur dazu dienen darf, ,die Sanierung einzuleiten und durchzuführen, und daß dieses Eingriffsrecht nicht dazu dienen soll, eine Umschichtung unserer Eigentumsstruktur herbeizuführen. Wenn den Gemeinden ein stärkeres Eingriffsrecht gegeben wird, dann muß dieses stärkere Eingriffsrecht ergänzt werden durch Maßnahmen, die die Privatisierung und die Entstehung von Privateigentum begünstigen.
Wir haben in der heutigen Debatte verschiedentlich die optimistisch vorgetragene Auffassung gehört, daß sich Reprivatisierungsmaßnahmen nach Durchführung von Sanierungsvorhaben auf einen wesentlichen Teil des in die Sanierung einbezogenen Grund und Bodens erstrecken würden. Ich habe mich manchmal gefragt, woher die Vertreter des vorliegenden Gesetzentwurfs diesen Optimismus nehmen. Ich darf Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, als Dezernent einer Großstadtverwaltung, dem das Liegenschaftswesen unterstellt gewesen ist, sagen, daß ich die Möglichkeiten einer Reprivatisierung in Sanierungsgebieten für äußerst minimal halte. Ich sage .das nicht, weil ich hier den kommunalen Parlamenten oder den kommunalen Beamten Mißtrauen entgegenbringe oder weil ich ihnen ideologische Tendenzen unterstelle, sondern einfach aus der Mechanik dieses Gesetzes und aus der allgemeinen Einstellung kommunaler Beamten heraus, deren Pflicht es ist, das kommunale Vermögen zu mehren. Aus dieser Tendenz heraus ergibt sich, daß in Sanierungsvorhaben für die tatsächliche Reprivatisierung nur ein minimaler Spielraum vorhanden sein wird, der eingeschränkt ist, weil bei Sanierungsmaßnahmen ohnehin nur an die früheren Eigentümer reprivatisiert werden soll und weil das dafür verfügbare Gelände eingeengt ist durch die Einbringungswerte und durch den Abzug der Flächen, die für den öffentlichen Bedarf benötigt werden.
Weil dies so ist und weil wir ohne Unterstellung, rein aus der Konzeption dieser Bestimmungen heraus, sehen, daß das Privateigentum im innerstädtischen Bereich unserer Städte in Zukunft eine untergeordnete Bedeutung in Sanierungsgebieten bekommen muß, deswegen meinen wir, daß es ein gesellschaftspolitisches Anliegen aller Fraktionen dieses Hauses sein sollte, einen Ausgleich dafür zu schaffen, indem wir dem privaten Kapital einen Anreiz geben, sich in diesen Vorhaben zu engagieren, damit wir tatsächlich die Eigentumsstruktur in
7406 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. Juni 1971
Dr. Evers
unseren Städten auch über die Sanierungsvorhaben hinweg aufrechterhalten können.
Diesem Ziel dient unser Antrag auf Umdruck 188. Ich darf Sie um Ihre Zustimmung zu diesem Antrag bitten.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612741200
Das Wort hat der Abgeordnete Offergeld.

Rainer Offergeld (SPD):
Rede ID: ID0612741300
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieser CDU/CSU-Antrag hat seine Geschichte. Zunächst waren im ursprünglichen CDU/CSU-Entwurf Sonderabschreibungen in Höhe von 50 % während der ersten fünf Jahre vorgesehen. Offenbar haben die Erfinder dieses Antrags selbst Bedenken bekommen; jetzt geht es um 42 % Sonderabschreibungen während sechs Jahren. Ich möchte gar nicht auf die zahlreichen steuertechnischen, gesetzestechnischen Ungereimtheiten dieses Entwurfs eingehen, deren mindestens fünf oder sechs sind, sondern nur zur Sache Stellung nehmen.
Wir können diesem Vorschlag nicht folgen, weil hiermit wiederum eine neue Steuervergünstigung geschaffen würde, während ja das Bestreben all derer, die an der Steuerreform ernsthaft mitarbeiten, darauf gerichtet ist, Steuervergünstigungen so weit wie möglich abzubauen. Die vorgeschlagene Regelung entspricht ja im wesentlichen der des geltenden § 7 b des Einkommensteuergesetzes. Dieser § 7 b wird sowohl nach den Vorstellungen des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesfinanzministerium wie nach den Vorschlägen der Steuerreformkommission — und das sind ja nun bestimmt keine revolutionären Vorschläge —, wie auch nach den Vorstellungen der Bundesregierung, die in der letzten Woche in der Kabinettsitzung entwickelt worden sind, abgeschafft. Dieser § 7 b und der § 7 f, der ihm nachgebildet ist, wäre also spätesens bei der Steuerreform wieder abzuschaffen und paßt steuerpolitisch heute ganz und gar nicht in die Landschaft. Im übrigen ist die Wirkung dieser Steuervergünstigung so, daß ich mich sehr wundern muß, daß dieser Vorschlag gerade mit gesellschaftspolitischen Gründen motiviert wird. Die Auswirkungen sind doch so, daß derjenige, der in die höchste Progressionsstufe fällt, mit den Steuervergünstigungen das meiste verdient. Je höher das Einkommen, desto größer die Vorteile einer derartigen Steuervergünstigung. All diese Vergünstigungen sind gesellschaftspolitisch außerordentlich bedenklich. Auch aus diesem Grunde vermögen wir dem Änderungsantrag nicht zuzustimmen.
Ein Letztes noch. Die haushaltsmäßigen Auswirkungen einer derartigen Bestimmung sind heute überhaupt noch nicht zu übersehen. Sicher ist, daß das sehr viel Geld kosten wird, zumindest nach einer Anlaufphase. Der Haushaltsausfall wird Hunderte von Millionen betragen, und es ist auch wieder sehr bezeichnend für die Politik der Opposition, daß sie durch das Land reist und Klage über die schlechte Haushaltslage führt, im Parlament aber laufend Anträge stellt, die entweder zu erhöhten Ausgaben oder, wie im vorliegenden Falle, zu verminderten Einnahmen führen.
Aus all diesen Gründen vermögen wir dem Änderungsantrag nicht zuzustimmen. Ich bitte namens der Koalitionsfraktionen, den Antrag abzulehnen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612741400
Wird das Wort noch gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Dann stimmen wir über den Antrag auf Umdruck 188 ab. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist abgelehnt.
Wir stimmen über § 84 in der vorliegenden Fassung ab. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — § 84 ist angenommen.
Es liegen keine Änderungsanträge mehr vor. Ich rufe die §§ 85 bis einschließlich 97, Einleitung und Überschrift auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen. Damit sind wir am Ende der zweiten Beratung.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Dazu liegen uns zwei Änderungsanträge zu den §§ 25 und 54 auf den Umdrucken 195 *) und 196 **) vor. Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Erpenbeck.

Ferdinand Erpenbeck (CDU):
Rede ID: ID0612741500
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Änderungsanträge auf den Umdrucken 195 und 196 behandeln die Fragen, die mit den §§ 25 und 54 in der zweiten Lesung zur Debatte gestanden haben. Insoweit kann ich mich auf die Begründung der Änderungsanträge, die in der zweiten Lesung gegeben worden ist, beziehen.
Ich habe heute morgen die Ehre gehabt, für die Fraktion der CDU/CSU die allgemeine Aussprache zur zweiten Lesung zu beginnen und dabei gesagt, als Grundsatz unserer Fraktion habe immer gegolten und werde weiterhin gelten, daß es bei städtebaulichen Maßnahmen der Erneuerung und Entwicklung darauf ankomme, daß erstens die beteiligten, die betroffenen Bürger zu allererst und in allen Angelegenheiten der Sanierung und der Entwicklung zu berücksichtigen und soweit als eben möglich aktiv ,an den Maßnahmen zu 'beteiligen seien, und daß wir zweitens mit diesem Gesetz im Zuge städtebaulicher. Erneuerungs- und Entwicklungsmaßnahmen in verstärktem Umfange die Bildung von Eigentum für breite Schichten 'der Bevölkerung schaffen wollen, daß privates Eigentum die unverzichtbare Grundlage bei der Städtebau- und Bodenpolitik auch für die Zukunft bleiben muß. Nichts ,anderes bezwecken im Grunde diese Änderungsanträge.
Wir haben heute bei der Debatte immer wieder deutlich gemacht, wie sehr wir darum bemüht waren — und wir sind bis zu dieser Minute darum
*) Siehe Anlage 18 **) Siehe Anlage 19



Erpenbeck
bemüht — eine Lösung zu finden, die von beiden Häusern, Vom Bundestag und vom Bundesrat, getragen werden kann. Ich glaube, daß mit der Zustimmung zu diesen Änderungsanträgen auf Umdruck 195 und 196 eine einvernehmliche Verabschiedung des Städtebauförderungsgesetzes erfolgen könnte.
Ich darf Sie herzlich darum bitten — im Interesse unserer Gemeinden, im Interesse unserer Bürger. Wir alle wollen doch letzten Endes, daß mit städtebaulichen Erneuerungs- und Entwicklungsmaßnahmen eine künftige Verbesserung unserer Siedlungs- und Wohnstrukturen und der Lebensverhältnisse unserer ganzen Bevölkerung ermöglicht wird.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612741600
Wird das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter Dr. Ahrens!

Dr. Karl Ahrens (SPD):
Rede ID: ID0612741700
Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fülle von Änderungsanträgen, die uns heute von der Opposition vorgelegt wurde, ist auf zwei zusammengeschrumpft. Die Opposition hat schon in der zweiten Lesung und auch jetzt wieder durch Herrn Kollegen Erpenbeck zu erkennen gegeben, daß sie gerade an diesen beiden Vorschriften ein besonderes Interesse hat. In der Tat: es handelt sich auch nach unserer Auffassung um Angelpunkte des gesamten Gesetzes.
Wir haben uns — ich bitte mir das zu glauben unsere Stellungnahme zu diesem Ihrem Vorhaben nicht leicht gemacht. Auch wir wissen, daß die Verabschiedung durch eine breite Mehrheit in diesem Hause das Inkrafttreten des Gesetzes erleichtern könnte. Wir können uns aber gleichwohl Ihre Auffassung aus folgenden sachlichen Gründen nicht zu eigen machen.
Zu Ihrem Antrag zu § 25 muß ich zunächst einmal bemängeln, daß er in der vorgelegten Fassung eine unvollkommene und in sich nicht schlüssige Vorschrift schaffen würde. Abs. 1 des § 25 besagt, daß die Übertragung von Eigentum an die in Abs. 2 bezeichneten Personen erfolgen sollte. Nun wollen Sie in Abs. 2 Satz 1 formulieren: „Bei der Erfüllung der Verpflichtung nach Absatz 1 sind zunächst solche Personen zu berücksichtigen, ,die Grundstücke übereignet oder ... verloren haben, ...". Hier muß jeder fragen: Was dann? Ich gehe davon ,aus und deute Ihr Vorhaben so, daß Sie mit dieser einfachen Änderung und durch den Austausch von „nur" durch „zunächst" die volle Privatisierung wollen. Dann wäre es aber konsequenter gewesen, auch die anderen Vorschläge Ihres Antrages aus der zweiten Lesung aufrechtzuerhalten.
Wir müssen uns zunächst einmal darüber klar sein, was für die Veräußerung nach § 25 an Fläche zur Verfügung steht. Aus dem Gelände, das die. Gemeinde im Sanierungsgebiet erworben hat — und das ist ja keineswegs das gesamte Gelände; die Gemeinde kann durchaus Grundstücke von dem Erwerb ausschließen, sie kann auf den Erwerb verzichten —, sind zunächst einmal — das ist zwischen uns unstreitig gewesen und sicherlich weiterhin unstreitig — alle Grundstücke auszuscheiden, die die Gemeinde für eigene Zwecke braucht, ferner die Grundstücke, die die Gemeinde als Vorrats- oder Ersatzgelände benötigt. Darüber sind wir uns einig. Der Rest steht zur Verfügung, um an andere, an Private, übertragen zu werden.
Es steht auch im Gesetz, in welcher Form ,das zu geschehen hat. Im § 25 Abs. 3 letzter Teil ist nämlich gesagt, daß Vorrang bei der Entscheidung über die Form dieser Reprivatisierung — oder Privatisierung, wie Sie wünschen — der Bebauungsplan hat. Ich glaube, auch darüber sollten wir uns einig sein. Wir können die künftige Gestalt der Stadt nicht aus der Sicht der Reprivatisierungswünsche der Eigentümer bestimmen. Aber in diesem Rahmen sollen, und das ist hier vorgesehen, den zu berücksichtigenden Personen Rechte nach Nrn. 1 und 2, id. h. Eigentum, grundstücksgleiche Rechte, Wohnungseigentum usw., eingeräumt werden, und zwar mit Vorrang vor Anteilscheinen und sonstigen Berechtigungen.
Nun bleibt lediglich zu streiten über den Kreis der Anspruchsberechtigten. Herr Kollege Schneider hat heute nachmittag zur Begründung gesagt, daß die Fassung, die von der Union vorgeschlagen werde, die Gemeinden freier stelle. Herr Kollege Schneider, das stimmt nicht. Auch nach unserer Auffassung ist es selbstverständlich der Gemeinde unbenommen, über ihre Verpflichtung gegenüber den früheren Eigentümern hinaus Grundstücke zu verkaufen, und sie wird dies in aller Regel tun, weil ihre finanzielle Situation sie dazu zwingt und verhindern wird, daß sie Quadratkilometer sanierten, baureifen Geländes in ihrer Innenstadt auf ewige Zeiten vorhält.
Was würde geschehen, wenn wir von der Gemeinde — und das ist ja doch Ihr Vorhaben — verlangten, sofort, zunächst an die früheren Eigentümer, aber im übrigen doch sofort auch an Dritte, das gesamte Gelände wieder zu übertragen? Dann würde doch derjenige, der am meisten bietet, wahrscheinlich Eigentümer dieses Geländes werden, und die Gemeinde hätte nicht die Möglichkeit — und darauf kommt es uns im wesentlichen an —, Teile dieses Geländes zurückzubehalten, um dann, wenn in einem anderen Stadtteil saniert werden muß, diese zweite Sanierung zu erleichtern.

(Abg. Stücklen: „Zunächst" heißt ja nicht „ausschließlich" !)

— Wenn Sie „zunächst" sagen, Herr Stücklen, müssen Sie auch sagen, was hinterher kommt. Die Möglichkeit, daß die Gemeinde nachher an andere veräußert, ist selbstverständlich; das weiß jede Gemeinde, das braucht man nicht ins Gesetz zu schreiben. Wir wollen nur die Gemeinde nicht verpflichten, von vornherein all ,das, was sie im Zuge dieses Verfahrens übernommen und erworben hat, auch wieder zu übertragen. Vielmehr legen wir Wert darauf, daß die Gemeinde in der Lage ist, auch Gelände vorzuhalten, um spätere Sanierungsmaßnahmen — und die kommen bestimmt — zu erleichtern.

(Beifall bei der SPD.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612741800
Herr Kollege Ahrens, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Schneider?




Dr. Oscar Schneider (CSU):
Rede ID: ID0612741900
Herr Kollege Ahrens, nachdem Sie auf meine Ausführungen Bezug genommen haben, idarf ich Sie fragen, ob meine Ausführungen im Widerspruch zu § 25 Abs. 1 letzter Satz stehen, wo es heißt:
Von dieser Verpflichtung — zur Reprivatisierung —sind Flächen ausgenommen, die als Baugrundstücke für den Gemeinbedarf oder als Verkehrs-, Versorgungs- oder Grünflächen in einem Bebauungsplan festgesetzt sind oder die für sonstige öffentliche Zwecke oder als Austauschland oder zur Entschädigung in Land benötigt werden.

Dr. Karl Ahrens (SPD):
Rede ID: ID0612742000
Ich verstehe Ihre Frage nicht, Herr Kollege. Es kommt doch darauf an, ob ich die Gemeinde — und das wollen Sie — verpflichte, sofort anschließend, nachdem ,die Reprivatisierungsansprüche befriedigt sind, den Rest auch noch zu veräußern. Und da sagen wir: das kann die Gemeinde tun, wenn sie will, wenn sie Lust hat und wenn sie es aus anderen Gründen braucht, um andere Sanierungen zu erleichtern. Das schreiben wir ihr jedoch nicht vor.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612742100
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage ides Herrn Abgeordneten Erpenbeck?

Ferdinand Erpenbeck (CDU):
Rede ID: ID0612742200
Herr Kollege Dr. Ahrens, wie darf sich dann verstehen, was auf die Frage des Vorsitzenden des Ausschusses, unseres Kollegen Mick, an Ihren Kollegen Henke in Stuttgart gesagt worden ist? Herr Henke ist der Meinung, künftige Generationen würden sich wahrscheinlich sehr freuen, daß Bodeneigentum bei der öffentlichen Hand verbleiben könne. Er begrüße das, und .das sei auch die politische Vorstellung seiner Freunde. Und auf die Frage des Kollegen Mick, ob das der Grundstock der Kommunalisierung des Grund und Bodens sei, die Antwort von Herrn Henke: Er sei frei genug, idas zu sagen. — Das trifft doch nicht das, was Sie uns hier jetzt hinsichtlich der Auslegung des § 25 sagen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Karl Ahrens (SPD):
Rede ID: ID0612742300
Herr Erpenbeck, soll ich meines Bruders Hüter sein? Fragen Sie bitte Herrn Henke selbst!

(Abg. Dr. Marx [Kaiserslautern] : Wie kann man so eine Antwort geben! Unglaublich! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

Sie können hier nicht Formulierungen — ich bin bei der Besprechung nicht dabeigewesen — auswerten. Vielleicht hätte Herr Henke Gelegenheit genommen, sich selber dazu zu äußern.
Im übrigen aber darf ich Ihnen eines sagen: Die Vorstellungen, die der einzelne von uns für künftige Reformen des Bodenrechts hat, mögen durchaus anders sein als die, die wir hier in dem Gesetzentwurf verankert haben, aber dieser Gesetzentwurf ist ein einmal so, wie ich ihn interpretiert habe.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612742400
Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Erpenbeck?

Ferdinand Erpenbeck (CDU):
Rede ID: ID0612742500
Herr Kollege Dr. Ahrens, Sie sagten, Sie könnten nicht der Hüter Ihres Bruders sein. Können Sie denn jetzt für die SPD-Fraktion erklären, daß die Auslegung des Kollegen Henke für die SPD-Fraktion einfach nicht tragbar ist und von ihr nicht gedeckt werden kann?

Dr. Karl Ahrens (SPD):
Rede ID: ID0612742600
Herr Erpenbeck, wenn ich den von Ihnen zitierten Text richtig verstanden habe, hat sich der Kollege Henke nicht zur Auslegung des § 25 geäußert, sondern er hat seine Auffassung zu möglichen Fortentwicklungen des Bodenrechts geäußert. Lesen Sie bitte den § 25! Er ist nur so zu deuten, wie ich es Ihnen soeben hier darzulegen versucht habe.
Ich darf nun vielleicht zu dem übergehen, was Sie zu § 54 wollen. Auch hier geht es sicherlich um eine der wichtigen und entscheidenden Bestimmungen dieses Gesetzes. Sie wollen, daß die Gemeinde nicht einer Grunderwerbspflicht unterliegt, sondern alle Grundstücke im städtebaulichen Entwicklungsbereich lediglich erwerben kann. Eines wird mit Sicherheit aus dieser von Ihnen vorgeschlagenen Bestimmung folgen: eine Kette von Rechtsstreitigkeiten über die Frage: Warurm wird mein Grundstück benötigt und warum nicht das andere? Die Gemeinde wird, weil es eine Kann-Bestimmung werden soll, aller Voraussicht nach die Ermessensentscheidung, die sie treffen muß, immer und immer wieder vor Gericht zu begründen haben. Nun, das mag eine Schwierigkeit sein, über die man hinwegkommen könnte. Aber welcher Sinn steckt denn hinter dieser Erwerbspflicht? Ich will es mir nicht so einfach machen und lediglich auf das verweisen, was in früheren Gesetzentwürfen — in allen Entwürfen ist diese volle Erwerbspflicht bislang enthalten gewesen — dazu gesagt worden ist, sondern ich meine, es gibt verschiedene ganz reale Gründe für die Verpflichtung zu einem solchen lückenlosen Grunderwerb.
Der erste Grund ist, daß es uns allein vom Instrumentarium dieses Gesetzes und auch des Bundesbaugesetzes her nicht gelingt, das zu erreichen, was wir für eine funktionsfähige neue Stadt oder ein neues Stadtviertel brauchen. Wir brauchen über das öffentliche Recht hinausgehende privatrechtliche Absprachen zwischen der Stadt und dem einzelnen Erwerber des Grundstücks. Es genügt uns nicht, im Bebauungsplan soundso viel Gewerbefläche auszuweisen, sondern — ich habe das vorhin bereits in einem anderen Zusammenhang ausgeführt — es kommt uns darauf an und es muß uns darauf ankommen, daß nicht irgendein Gewerbebetrieb im Stadtzentrum sitzt, sondern d i e Apotheke und meinetwegen auch die Kneipe. Das erreichen wir aber nur auf dem Wege der Koppelung des öffentlichen Rechts mit privater Absprache. Und dazu haben wir nur die Kaufverträge zur Verfügung.
Das Zweite: Wir gehen in § 59 — das ist soeben vom Kollegen Wurbs besonders betont worden —



Dr. Ahrens
davon aus, daß die Gemeinde eine lückenlose Veräußerungspflicht hat, und zwar unter Beachtung der Grundsätze dieses Gesetzes. Das heißt weite Streuung des Eigentums. Meine Damen und Herren, wenn Sie das wollen, können Sie nach meiner Auffassung nicht Teile dieses Gebietes außen vor lassen, weil nämlich diese Teile des Entwicklungsbereichs, die nicht von der Gemeinde erworben und dann auch nicht wieder veräußert werden, nicht für die breite Streuung des Eigentums zur Verfügung stehen.
Ein Weiteres! Es kann Ihnen doch wahrscheinlich gar nicht darum gehen, zu sagen: Jetzt sitzen auf diesem Gelände vier oder fünf Grundeigentümer, die seit Generationen diesen Acker bewirtschaften; die sollen mitsprechen -- das wäre ein Motiv — über die Gestaltung der künftigen Stadt. Meine Damen und Herren, ich glaube nicht, daß das Ihr Anliegen sein kann. Woher sollten die vier oder fünf das Recht nehmen — bei noch so extensiver Auslegung des Eigentumsbegriffs —, darüber mitzubestimmen, wie 10 000 Leute später wohnen?
Noch ein Letztes. Sie haben sich insbesondere in den Ausschußsitzungen — das ist vorhin von Herrn Kollegen Prassler vorgetragen worden — dagegen gewandt, daß hier große Monopole entstehen, und gesagt, daß Sie weder ein Monopol noch eine Herrschaft der Stadtverwaltung oder sonstiger großer Unternehmen oder Unternehmer wollen. Meine Damen und Herren, das wollen auch wir nicht. Deshalb sagen wir: das gesamte Gelände muß erworben werden.
Wie sieht es denn in jedem Einzelfall aus? Jede Entwicklungsmaßnahme wird nur dann durchgeführt, wenn seit Jahren Raumordnungsprogramme in der Welt sind, wenn jeder, der interessiert ist, lesen kann: In diesem Gelände wird sich einmal eine Entwicklung abspielen, und hier wird der Boden einmal besonders interessant werden. — Ich möchte das Unternehmen oder den Unternehmer sehen, der sich das entgehen läßt! Und dann steht ein potentes Unternehmen vor der Gemeinde und sagt: Bitte, das gesamte Gelände, das ihr für eure Maßnahme braucht, habe ich in der Hand, und die Pläne liefere ich gleich mit. — Ich möchte den Gemeinderat sehen, der dann widerspricht.
Meine Damen und Herren, wenn Sie das wollen, was Sie hier wiederholt bekundet haben, dann können Sie, wie ich meine, nicht auf Ihren Änderungsanträgen zu den §§ 25 und 54 bestehenbleiben.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612742700
Wird das Wort noch gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Dann kommen wir zur Abstimmung über die Anträge. Zunächst stimmen wir über den Antrag zu § 25 auf Umdruck 195 ab. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Der Antrag ist abgelehnt.
Wir stimmen über den Antrag zu § 54 auf Umdruck 196 ab. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Abgelehnt.
Das Wort zur dritten Beratung hat der Abgeordnete Stücklen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0612742800
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für die CDU/ CSU-Fraktion darf ich folgende Erklärung zur dritten Beratung und zur Schlußabstimmung dieses Gesetzes abgeben.
Erstens. Verlauf und Ergebnis der heutigen Debatte haben deutlich gemacht, wo die Grenze der Übereinstimmung zwischen den Koalitionsfraktionen und der Opposition verläuft. Die Aussprache hat die Gegensätze nicht immer präzise genug ans Licht gehoben. Es kann nach diesen Stunden der parlamentarischen Konfrontation kein Zweifel mehr bestehen, daß es aus sachlichen und politischen Gründen möglich gewesen wäre, zwischen allen Fraktionen Übereinstimmung in wenigen grundsätzlichen Sachfragen herbeizuführen. Daß dies nicht geschehen ist, hat keine primär fachlichen, sondern tiefgreifende politische Gründe und Hintergründe.
Die Opposition hat unmißverständlich bewiesen, daß sie sich zu den Grundsätzen einer zukunftsgerichteten Städtebaupolitik bekennt.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Sie hat dazu einen eigenen Initiativentwurf vorgelegt und den jetzt zur Verabschiedung stehenden Ausschußentwurf maßgeblich beeinflußt. Die CDU/ CSU-Fraktion bekennt sich zu einem Städtebauförderungsgesetz, das dazu beitragen soll, die im Grundgesetz geforderte Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Stadt und Land herzustellen. Dieses Gesetz soll die nachhaltige Verbesserung mangelhafter baulicher Strukturen und ihre Anpassung an die sozialen, hygienischen, wirtschaftlichen und kulturellen Erfordernisse sicherstellen. Es soll die Schaffung optimaler Siedlungsstrukturen als Voraussetzung gesunder Lebens- und Umweltverhältnisse der Bevölkerung ermöglichen. Ein Städtebauförderungsgesetz muß die Förderung und nicht den Zwang in der Vordergrund stellen. Es muß gleichzeitig ungerechtfertigte Bodenwertgewinne, die nicht auf eigenen Leistungen beruhen, bei den ursprünglichen und den neuen Eigentümern ebenso wie bei juristischen Personen und bei der öffentlichen Hand verhindern.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Ein Städtebauförderungsgesetz muß die gemeindliche Selbstverwaltung stärken und die Mitwirkung der Eigentümer von Grund und Boden und der sonstigen Betroffenen in allen Phasen der Planung und der Durchführung gewährleisten.
Zweitens. Gegen den Ausschußentwurf in seiner jetzigen Fassung bestehen aber auch nach wie vor noch erhebliche Bedenken, so. daß die Opposition nur hoffen kann, daß durch die Einschaltung des Bundesrates die höchst bedenklichen bodenrechtlichen Regelungen einer verfassungskonformen Kodifikation zugeführt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Hört! Hört! bei der SPD.)

Dies gilt insbesondere für die Veräußerungspflicht der Gemeinde nach § 25 und die Enteignungspflicht der Gemeinde nach § 54.
Die Opposition hält die Regelung der Veräußerungspflicht der Gemeinde nach § 25 insoweit für



Stücklen
unzureichend und ungerecht, als den Gemeinden unter Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eine zu weitgehende Enteignungsmöglichkeit eröffnet wird. Diese Bestimmung birgt die Gefahr in sich, daß in Stadtzentren privates Eigentum mehr und mehr in gemeindliches Eigentum umgewandelt wird. Nicht weniger liegt darin die Tendenz begründet, daß nur noch Kapitalriesen in der Lage sein werden, den Bauauflagen und Baugeboten der Gemeinden nachzukommen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Auch die totale Enteignung aller Grundbesitzer im Entwicklungsbereich ist im Interesse einer einheitlichen Vorbereitung der Planung und Durchführung nicht zwingend in jedem Falle notwendig.
Das Wohl der Allgemeinheit und die zügige Durchführung der Maßnahmen wären auch mit einer Kann-Bestimmung ausreichend gewahrt, wobei die kommunalen Belange und die Sozialpflichtigkeit des Eigentums ungeschmälert berücksichtigt blieben.
Der Ausschußentwurf verletzt in § 53 das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht; denn über die Köpfe der politischen Repräsentanten der Bürgerschaft, nämlich der gemeindlichen Vertretungsorgane, hinweg können Entwicklungsbereiche festgelegt werden. Diese Bestimmung bedeutet einen Rückschritt im Verhältnis zum Bundesbaugesetz und einen Rückfall in einen obrigkeitsstaatlichen Regierungsstil.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Lachen und Zurufe bei der SPD.)

Drittens. Die Opposition tritt dafür ein, unsere gegenwärtige Eigentumsordnung nach der gegebenen Verfassungslage zu festigen, die Sozialpflichtigkeit des Grundeigentums stärker zu betonen,

(Lachen und Zurufe bei der SPD)

einen Beitrag im Kampf gegen den Bodenwucher zu leisten,

(Beifall bei der CDU/CSU. — Lachen und Zurufe bei der SPD)

das Planungs- und Bauverfahren von unnötigen Verfahrenshemmnissen zu befreien,

(Lachen und Bravo-Rufe bei der SPD)

das gesamte Gemeindegebiet unter die Planungs- und Gestaltungskompetenz der Allgemeinheit unter Wahrung des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechtes zu stellen und den Erwerb von Grundeigentum für weitere Kreise der Bevölkerung zu ermöglichen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Sie bringt in diesem Zusammenhang ihre Entschlossenheit zum Ausdruck, jeder Entwicklung härtesten Widerstand entgegenzusetzen, die darauf gerichtet ist, unsere bestehende Eigentumsordnung ganz oder in ihrem Wesensgehalt zu verändern.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Lachen bei der SPD.)

Dies ist insbesondere im Hinblick auf die Novellierung des bodenrechtlichen Teiles des Bundesbaugesetzes festzustellen. Der Ausschußentwurf erfüllt diese Forderungen jedoch in einigen entscheidenden Punkten nicht. Aus diesem Verständnis unserer Gesellschafts- und Eigentumsordnung heraus bleibt für die Opposition deshalb nur — und wir bedauern es sehr — ein Nein zu diesem vorliegenden Gesetzentwurf.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0612742900
Das Wort hat der Abgeordnete Mischnick.

Wolfgang Mischnick (FDP):
Rede ID: ID0612743000
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Namens der FDP-Fraktion habe ich die folgende Erklärung abzugeben.
Das seit langem angestrebte Städtebauförderungsgesetz ermöglicht jetzt, unsere Städte in sinnvoller Weise zu planen und den Bedürfnissen der Menschen sowie der technischen und gesellschaftlichen Entwicklung anzupassen. Die Gefahr, daß nicht mehr zu korrigierende bauliche Fehlentwicklungen der Städte und Gemeinden die Lebenssphäre der Menschen vergiften und die Funktionsfähigkeit unserer Gesellschaft bedrohen, fordert den . Reformwillen aller Politiker und die Reformbereitschaft der Gesellschaft, der Menschen und der Institutionen heraus.
Wir als Liberale sind der Auffassung, daß die durch die technische Entwicklung immer wieder entstehenden Strukturverschiebungen ständig im Sinne der Erhaltung des gesellschaftlichen Gleichgewichts korrigiert werden müssen, um diese freiheitliche Gesellschaft auf Dauer zu erhalten und die Freiheitsräume der Bürger unseres Landes zu erweitern. Eine Gesellschaft ohne Konflikte können wir uns nicht vorstellen. Aber es ist unser Ziel, diese Gesellschaft vor selbstzerstörerischen Konflikten möglichst zu bewahren.
Das Städtebauförderungsgesetz ist ein Gesetzeswerk, das diesen Reformwillen zum Ausdruck bringt. Es bildet einen wichtigen Schwerpunkt des gesamten Reformwetks dieser Regierungskoalition. Es ist ein Beispiel dafür, wie unter größtmöglicher Wahrung des durch das Grundgesetz garantierten Rechtes auf Eigentum einem gesellschaftspolitischen Erfordernis entsprochen wird.
Ein Vergleich mit ,den früheren Konzeptionen und Entwürfen zeigt, daß es sich bei dem vorliegenden Gesetz sowohl um die bisher eigentumsfreundlichste Konzeption als auch um die praktikabelste Lösung des Problems der Stadt- und Gemeindeentwicklung und städtebaulicher Stnierungsmaßnahmen handelt.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Dieses Gesetz wird in seiner Substanz von liberalem Geist getragen, der vom 'Reformwillen — —

(Lachen bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Becker [Mönchengladbach] : Schämen Sie sich nicht?!)

Dieses Gesetz wird in seiner Substanz von liberalem Geist getragen,

(erneutes Lachen bei der CDU/CSU — Beifall bei den Regierungsparteien)




Mischnick
der vom Reformwillen zum Zweck der Erhaltung unserer freiheitlichen und auf dem Privateigentum aufbauenden Gesellschaft geprägt wird.
Wenn Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, im Verlauf der Debatte ständig von Sozialisierungstendenzen" im Städtebauförderungsgesetz gesprochen haben, dann ist das wider besseres Wissen geschehen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Dieses Städtebauförderungsgesetz ist weder eigentumsfeindlich, noch gestattet es, die Wohnungsbau- und Sanierungspolitik ahne Rücksicht auf die Bürger durchzuführen. Dieser Gesetzentwurf umreißt klar die gemeindlichen Befugnisse und sieht ausreichend Kontrollmöglichkeiten vor, sowohl durch übergeordnete staatliche Behörden wie durch die kommunale Öffentlichkeit. Das bedeutet, die öffentliche Hand kann Sanierungsmaßnahmen nur unter Beachtung rechtsstaatlicher Grundsätze durchführen und planen.
Der vorliegende Entwurf — dessen sollte sich die Öffentlichkeit bewußt sein — bringt entscheidende Verbesserungen zugunsten der Eigentümer gegenüber dem Entwurf der Großen Koalition. Mit dem vorliegenden Gesetz schafft diese Regierung die Voraussetzungen für neue Verfahrensweisen und Finanzierungsmöglichkeiten für die für alle Bürger dieses Landes so notwendige Sanierung und Erneuerung unserer Städte und zur Schaffung besserer Lebensbedingungen. Entsprechende Vorlagen früherer Bundesregierungen hatten wegen zahlreicher Mängel keine parlamentarische Mehrheit finden können.
Gegen den Entwurf der Großen Koalition hatte die FDP folgende Bedenken:
Es fehlten genaue Angaben über die voraussichtliche finanzielle Inanspruchnahme des Bundes für die im Gesetz bezeichneten Zwecke. Dieser Gesetzentwurf dagegen enthält einen Finanzierungsabschnitt mit konkreten Finanzansätzen. Das ist der entscheidende Unterschied gegenüber dem früheren Gesetzentwurf.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

In dem Entwurf der Großen Koalition war das bodenrechtliche Instrumentarium nicht geeignet, Unklarheiten auszuschließen. Der Entwurf dieser Koalition erhielt daher eine eindeutige Fassung des Begriffs der Entwicklungsmaßnahmen. Vor allem wurde auf einem dem Zweck des Gesetzes entsprechende angemessene Lösung des Spannungsverhältnisses zwischen der Eigentumsgarantie des Art. 14 des Grundgesetzes und seiner Sozialbindung abgestellt.
Den Belangen ,der Eigentümer von Grund und Boden wird mit diesem Entwurf Rechnung getragen; denn die Voraussetzungen für bodenrechtliche Eingriffe wurden gegenüber dem Entwurf der Großen Koalition eingeengt. Die Sanierungsträger sind zur Reprivatisierung verpflichtet. Die Vorschriften über die Bemessung von Ausgleichs- und Entschädigungsleistungen tragen ebenfalls im besonderen Maße ,dem Art. 14 unseres Grundgesetzes Rechnung. Der vorliegende Entwurf sieht die Entschädigung mit Grund und Boden so weit wie irgend möglich vor. Bei finanzieller Entschädigung ist der Verkehrswert und nicht der Nutzungswert zugrunde zu legen. Ein Härteausgleich soll Unbilligkeiten vermeiden. Bei der Durchführung von Sanierungsmaßnahmen wird der Initiative der Eigentümer Vorrang gegeben.
Zwischen den Regierungsparteien und ,der Opposition — so bin ich überzeugt — besteht immer noch Einigkeit darüber, daß Spekulationsgewinne, die ausschließlich als Folge des Bekanntwerdens von Sanierungsplanungen realisiert werden, künftig nicht mehr dem Grundstückseigner auf Kosten ,der Steuerzahler zufallen dürfen. Ich nehme jedenfalls an, daß wir darüber noch einig sind.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß mit diesem Gesetz durch eine gesunde Kombination zwischen praktikablen Eigentumsformen und der Möglichkeit, künftige Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen nach den neuesten Erkenntnissen des Städte- und Wohnungsbaues zu gestalten, jetzt die Chance gegeben wird, zu verhindern, daß sich in unseren Städten Slums entwickeln.
Noch eine grundsätzliche Schlußbemerkung! Die FDP hält unbeirrt am Privateigentum als einer der wesentlichen Grundlagen unserer freiheitlichen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung fest. Nur dadurch werden die Unabhängigkeit, die Sicherheit und die freie Entscheidung des einzelnen gefördert. Die FDP betont jedoch ausdrücklich die soziale Verpflichtung aller Eigentumsrechte gemäß .Art. 14 unseres Grundgesetzes.
Abgelehnt wird von der FDP eine generelle Überführung von Grund und Boden in Öffentliches Eigentum. Die Kommunalisierung von Grund und Boden würde zu einer unerträglichen Machtzusammenballung bei der öffentlichen Hand führen, die Gefahren der Manipulation verstärken und die Privatinitiative verhindern. Das Städtebauförderungsgesetz verhindert all dies und gibt die Möglichkeit, nach liberalen Prinzipien Sanierungsversuche durchzuführen. Wir freien Demokraten hoffen, daß die Beratungen dieses Gesetzes im Bundesrat nach den Gesichtspunkten stattfindet, die im Interesse einer baldigen Verabschiedung für unsere Städte und Gemeinden liegen.
Wir stimmen dem Gesetz zu.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0612743100
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Mick.

Josef Mick (CDU):
Rede ID: ID0612743200
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das von mir zu diesem Thema ausgearbeitete Manuskript liegt unberührt auf meinem Pult.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD.)

— Was soll das denn? — Ich war immer noch der Meinung, daß das Bemühen, das ich als Ausschußvorsitzender anderthalb Jahre bei der Beratung dieses Gesetzes und vorher habe walten lassen, heute noch zum Zuge gekommen wäre, nämlich eine einhellige, einmütige Verabschiedung dieses Gesetzes.



Mick
Ich muß gestehen, daß dieses mein anderthalbjähriges Bemühen nicht vom Erfolg getragen war.
Ich bedaure, daß sich die Sachlichkeit der Atmosphäre im Ausschuß nicht auf diese Plenarsitzung übertragen hat. Ich wehre mich dagegen, mir sagen zu lassen, daß ich etwa gemeindefeindlich sei. Genauso habe ich es übel vermerkt, von der linken Seite dieses Hauses zu hören, als Sie mit Hohnlachen die Feststellung von Herrn Stücklen konstatierten, daß auch wir alle Maßnahmen gegen Bodenwucher unterstützen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Dieses Gesetz — das sage ich offen — ist besser aus dem federführenden Ausschuß herausgekommen, als es in ihn hineingekommen ist. Das ist ein Verdienst derer, die in diesem Ausschuß mitgearbeitet haben.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Allein, ich habe auch heute die Grenzen kennenlernen müssen, die sachlicher Mitarbeit in diesem Hause gesetzt zu sein scheinen.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

Denn die stete Wiederholung der alten, neu vorgebrachten Argumente scheint mir kein Weg zu sein, zu ersprießlichen Lösungen zu kommen.
Ich gestehe Ihnen in Offenheit: Ich habe Angst vor der Gigantomanie der Gemeindebaubürokratie,

(Oho-Rufe bei der SPD)

die sich auf Grund dieses Gesetzes ergeben kann.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)

Ich weiß, daß die Gemeinden mit diesem Gesetz alles anfangen können. Wenn ich in diesem Zusammenhang „die Gemeinden" sage, dann meine ich das in bestem Sinne. Ich habe nur Sorge, daß die Konflikte zwischen den Bauverwaltungen, den Bürgern und den gewählten Vertretern durch dieses Gesetz in einem großen Ausmaße anwachsen werden.

(Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

Ich gestehe Ihnen in Offenheit, daß ich kein Interesse daran habe, daß wir in Zukunft vor allem in unseren Entwicklungsgebieten ein Märkisches Viertel nach 'dem anderen bekommen.

(Zuruf von der SPD: Was soll denn der Unsinn?)

Aus Respekt vor dem Ausschuß und seiner Arbeitsleistung, aus Respekt vor den Verbesserungen, die der Ausschuß in seinen Beratungen an diesem Entwurf vornehmen konnte, enthalte ich mich bei der Schlußabstimmung der Stimme, weil ich zwar nicht glaube, die sachliche Atmosphäre, die im Ausschuß herrschte, hierher übertragen zu können, aber doch die Form der Beratungen hier in diesem Sinne verbessern zu können meine.
So wenig mir dieser Weg politisch gefällt, so sehr hoffe ich, daß dann, wenn dieser Gesetzentwurf über den Vermittlungsausschuß erneut in diesem Plenum landet, auch meine Fraktion und ich ihre Zustimmung werden geben können.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0612743300
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Wir kommen zur Abstimmung in
dritter Lesung.
Wer dem Gesetz in der nunmehr vorliegenden Fassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich danke Ihnen. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Bei einer Reihe von Stimmenthaltungen ist das Gesetz mit Mehrheit angenommen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Wir müssen nun noch über die unter Ziffer 2 des Ausschußantrages vorliegende Entschließung abstimmen. Gleichzeitig kann ich wohl auch über Ziffer 3 abstimmen lassen, nach der die eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären sind. Oder bestehen Bedenken? Wird eine gesonderte Abstimmung gewünscht?

(Zurufe von der CDU/CSU: Gemeinsam!)

— Danke. Wer den Ziffern 2 und 3 des Ausschußantrages zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Danke. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Es ist so beschlossen.
Damit, meine Damen und Herren, ist Punkt 2 a) der heutigen Tagesordnung erledigt.
Zu Punkt 2 b) der heutigen Tagesordnung schlägt Ihnen der Ältestenrat Überweisung des Berichts an den Ausschuß für Städtebau und Wohnungswesen
— federführend — und an den Innenausschuß zur Mitberatung vor. — Weitere Anträge werden nicht gestellt; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Textilkennzeichnungsgesetzes
— Drucksache VI/2297
Ich eröffne die Beratung. — Das Wort wird nicht begehrt. Ich schließe die Beratung.
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, die Vorlage an den Ausschuß für Wirtschaft zu überweisen. — Andere Anträge werden nicht gestellt; es ist so beschlossen.
Meine Damen und Herren, der Ältestenrat wird sich über die weitere Abwicklung der Tagesordnung morgen unterhalten. Auf der Tagesordnung der morgigen Sitzung steht die Erklärung des Präsidenten zum 17. Juni sowie die zweite und dritte Beratung des Gesetzentwurfs zur Förderung des Zonenrandgebietes.
Wir stehen damit am Ende der heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages ein auf Donnerstag, den 17. Juni 1971, 9 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.