Gesamtes Protokol
Nehmen Sie bitte Platz. Die Sitzung ist eröffnet.
Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
begrüße Sie herzlich zur voraussichtlich letzten Plenar-
sitzung der 17. Legislaturperiode.
Während der parlamentarischen Sommerpause hat es
eine Reihe von Geburtstagen gegeben, von denen ich nur
einige wenige heute Vormittag noch würdigen möchte:
Der Kollege Peter Danckert hat seinen 73., die Kol-
legin Uta Zapf ihren 72. und die Kollegin Erika
Steinbach ihren 70. Geburtstag gefeiert.
Ihre 65. Geburtstage begingen die Kollegin Dorothea
Steiner und der Kollege Jürgen Klimke, und ihre
60. Geburtstage feierten die Kollegin Krista Sager so-
wie die Kollegen Manfred Kolbe und Reiner
Deutschmann. Ihnen allen im Namen des Hauses alles
erdenklich Gute für die nächsten Jahre!
Ich nutze die Gelegenheit auch gerne, Sie darüber zu
informieren, dass sich die Kollegin Alpers, von der viele
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wissen, dass sie in unserer letzten Plenarsitzung vor der
Sommerpause unmittelbar nach einer Rede hier im Deut-
schen Bundestag zusammengebrochen ist, noch immer
auf der Intensivstation befindet, aber nach Stand der
Dinge heute nach Bremen, also in ihre Heimatstadt, ver-
legt werden kann. Wir wollen das für ein Indiz für einen
Weg der Besserung und der Genesung halten, und ich
möchte ihr gerne in Ihrer aller Namen unsere besten Ge-
nesungswünsche übermitteln.
Interfraktionell ist vereinbart worden, dass nach der
Debatte zur Situation in Deutschland noch eine Reihe
von Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses
ohne Aussprache abgeschlossen werden sollen. Sind Sie
damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann haben wir
das so beschlossen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! LiebeNSA!
Wir beantragen, dass der Bundestag heute über unserenAntrag „PRISM, TEMPORA und die Schutzverantwor-tung der Bundesregierung“ debattiert.
Die Sache können wir nicht dem PKGr, einem geheimtagenden Gremium, überlassen. Hier vor dem Bundestagund der deutschen Öffentlichkeit ist der Ort der Aufklä-rung.
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Volker Beck
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Sie haben ja die Affäre für beendet erklärt. HerrFriedrich sagte:Alle Verdächtigungen, die erhoben wurden, sindausgeräumt.Herr Pofalla sagte:Der Vorwurf der vermeintlichen Totalausspähung inDeutschland ist nach den Angaben der NSA, desbritischen Dienstes und unserer Nachrichtendienstevom Tisch. Es gibt in Deutschland keine millionen-fache Grundrechtsverletzung …
Und Frau Merkel sagte am Sonntag: Ich habe keinen An-lass, der NSA nicht zu vertrauen.
Sagen Sie uns heute: Woher kommt Ihr Vertrauen?Sagen Sie heute dem Deutschen Bundestag, welche kon-kreten Erkenntnisse Sie haben, die die Materialien, dieSnowden über die Medien veröffentlicht hat, widerle-gen.
Auf welcher Grundlage hat das Bundeskanzleramt derNSA und den britischen Diensten diesen Persilscheinausgestellt? Stellen Sie sich hier und heute dieser De-batte im Deutschen Bundestag!
Ihre eigenen Leute glauben ja Ihren Beteuerungennicht. Der CSU-Vorsitzende, Herr Seehofer, hat gesagt:
„Aus meiner Sicht ist da noch nichts ausreichend ge-klärt.“ Dieser Angelegenheit müsse sich die nächsteBundesregierung widmen – hoffentlich eine Regierung,die sich dieser Sache auch annehmen will. Die jetzigehält ja alles für erklärt. Diese Widersprüche müssen wirheute im Deutschen Bundestag diskutieren. Dem könnenwir nicht ausweichen. Deshalb stimmen Sie bitte unse-rem Antrag zu.
Die Bundesregierung hat bisher keine rechtlichenSchritte unternommen, den bisher größten Angriff in derGeschichte der Bundesrepublik Deutschland auf dieRechte unserer Bürgerinnen und Bürger abzuwehren.
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enn alles geklärt ist, dann stellen Sie sich hier undeute unseren Fragen und unseren Argumenten.Wir wollen mit Ihnen hier im Bundestag auch überen Umgang mit dem Whistleblower Edward Snowdeneraten. Snowden hat sich um die politischen Interessennseres Landes verdient gemacht.
hne Snowden gäbe es keine Aufklärung. Ohnenowden gäbe es auch keine Verhandlungen zwischener Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigtentaaten über die Zukunft der Spionage zwischen dieseneiden Ländern. Also ist doch eindeutig klar, dass er et-as beigetragen hat, was zu politischem Handeln führt,nd ich finde, es ist eine Schande, dass er nur Zufluchtnden kann bei dem Diktator Putin.
ir wollen heute mit Ihnen beraten und beschließen,ass Edward Snowden Aufnahme in der Bundesrepublikeutschland erhält.
Für Sie von der Koalition mag diese Debatte beendetein. Für uns und die Menschen in diesem Land ist sieas nicht. Deshalb gibt es am Samstag die Demonstra-on „Freiheit statt Angst!“ auf dem Berliner Alexander-latz. Wir kommen zahlreich – und du?
Herr Kollege Beck, das hat nun fraglos mit dem Ge-
chäftsordnungsantrag nichts mehr zu tun.
Ich bin schon am Ende meiner Rede.
Das Wort hat nun der Kollege Jörg van Essen.
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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
fürchte, der Kollege Beck wird es nie lernen, wie eine
Geschäftsordnungsdebatte im Deutschen Bundestag aus-
zusehen hat.
Ich bin trotzdem dankbar, dass wir sie heute führen.
Denn es zeigt sich hier ganz klar, über was die Bürger zu
entscheiden haben: Wir haben hier eine ganz klare rot-
rot-grüne Koalition.
Schöner hätten Sie das nicht vorführen können, und da-
für bin ich Ihnen ganz außerordentlich dankbar.
Mir war im Übrigen auch klar, dass wir heute Morgen
eine solche Geschäftsordnungsdebatte führen werden.
Denn es ärgert Sie natürlich, was wir gleich debattieren
werden. Es ärgert Sie, dass diese Bundesregierung einen
Haushalt vorlegt, der geringer verschuldet ist als der, der
im ersten Jahr Ihrer Regierungszeit geplant war.
Es ärgert Sie natürlich, dass es ein strukturell ausgegli-
chener Haushalt ist.
Herr Kollege van Essen, das wird sicherlich alles
nachher in der folgenden Debatte vorgetragen.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Deshalb ist es umso
besser, dass ich die Motive für diese Geschäftsordnungs-
debatte vortrage.
Es ärgert Sie natürlich auch, dass wir so hohe Ausga-
ben für Bildung in unserem Lande einstellen werden.
Deshalb wundert es mich überhaupt nicht, dass Sie die-
sen Geschäftsordnungsantrag heute Morgen stellen.
Was Ihre wirklichen Beweggründe sind, kann man an
Folgendem erkennen. Ich hatte eigentlich in der letzten
Woche damit gerechnet, dass die Geschäftsführer der an-
deren Fraktionen anrufen und fragen, ob es möglicher-
weise eine NSA-Debatte gibt.
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ichts ist geschehen.
Ich habe damit gerechnet, dass vielleicht am Montag-
ormittag ein solcher Anruf kommen würde: Können
ir nicht vielleicht eine vereinbarte Debatte ansetzen? –
uch da ist nichts geschehen. Das zeigt: An einer De-
atte war man überhaupt nicht interessiert. Woran man
teressiert war, war eine Geschäftsordnungsdebatte am
eutigen Vormittag.
Deshalb ist klar: Auf die Vorschläge der rot-rot-grü-
en Koalition werden wir als Koalition nicht eingehen.
ir wissen im Übrigen: Bürgerrechte sind bei uns besser
ufgehoben.
uch deshalb können wir diese Entscheidung so treffen,
nd deshalb gibt es bei uns eine klare Entscheidung.
Herr Präsident, das ist meine letzte Wortmeldung von
iesem Platz. Ich habe guten Grund, vielen Kolleginnen
nd Kollegen in allen Fraktionen des Deutschen Bundes-
ges für viele Jahre guter Zusammenarbeit zu danken,
nd tue das gerne.
Vielen Dank.
Herr Kollege van Essen, auch wenn dies ein ähnlich
unstvoller Geschäftsordnungsbeitrag war wie der des
orredners, nutze ich die Gelegenheit gerne, um mich
ei Ihnen für die langjährige Zusammenarbeit hier im
eutschen Bundestag zu bedanken. Insbesondere gilt
as für Ihre langjährige Tätigkeit als inzwischen bei wei-
m dienstältester Parlamentarischer Geschäftsführer im
eutschen Bundestag und die gute Zusammenarbeit im
ltestenrat. Ihnen persönlich alles Gute!
Jan Korte hat nun das Wort zur Geschäftsordnung.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!ieber Kollege van Essen, in der Tat sind die ein kleinenig komplizierten Annäherungsversuche zwischenot-Rot-Grün nicht Thema einer Geschäftsordnungsde-
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Jan Korte
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batte; das ist schon so. Aber ich werde zur Geschäftsord-nung sprechen und begründen, warum wir heute drin-gend über den Antrag meiner Fraktion diskutierensollten.
Denn wenn die Bundesregierung behauptet, die NSAund andere hielten sich an Recht und Gesetz, lässt dasnur zwei Schlüsse zu: Entweder sagen Sie nicht dieWahrheit, oder es gibt Abkommen, die so etwas zulas-sen. Beides gehört hier heute ins Plenum des Bundesta-ges.
Ein weiterer Grund, warum wir heute darüber disku-tieren sollten, ist ganz einfach: Es betrifft Millionen Bür-gerinnen und Bürger sowie unsere Grundrechte, die üb-rigens unter großen Mühen erkämpft worden sind.Darüber kann man doch nicht einfach hinweggehen. Da-rüber muss hier diskutiert werden.
Es ist wirklich ein großer Zufall, dass die in dieserFrage zuständigen drei Mitglieder der Bundesregierungheute ausnahmsweise zusammen anwesend sind. Das istzum einen Ronald Pofalla als zuständiger Kanzleramts-minister. Das sind zum anderen Hans-Peter Friedrich alsfür die Verfassung verantwortlicher Innenminister undAngela Merkel, die Bundeskanzlerin, die vor allem ei-gentlich nur noch als Angela Merkel unterwegs ist, abersich nicht dieser Debatte stellt. Wir sollten also jetzt da-rüber diskutieren, weil heute alle drei anwesend sind.
Ein weiterer Grund, warum wir heute darüber disku-tieren sollten, ist: Ronald Pofalla war ganz lange ver-schollen. Keiner wusste, wo er ist.
Dann tauchte er auf und verkündete, dass die Affäre be-endet ist. Ich halte das für ein sehr interessantes Demo-kratieverständnis. Zum Glück ist es nicht so weit, dassHerr Pofalla hier entscheidet, wann eine Debatte beendetist. Das macht der Bundestag.
Es wird immer besser: Hans-Peter Friedrich, amtie-render Innenminister, erklärt zu der ganzen Debatte, dassSicherheit ein Supergrundrecht ist, und offenbart damitim Übrigen auch noch ein sehr fragwürdiges Verhältniszum Grundgesetz. Auch das ist inakzeptabel.TsubntaddAmnowdrestrvbSgPduzkisdszuvhdn
Was hören wir von der Bundeskanzlerin zu diesemhema? Nicht viel, außer dass sie einen Fragebogen ver-chickt hat. Wir wissen nun nicht, was die Kolleginnennd Kollegen in den Vereinigten Staaten oder in Groß-ritannien darauf antworten. Aber ich finde, es ist zu we-ig, einen Fragebogen zu verschicken und dem Bundes-g nicht einmal zu sagen, wie er beantwortet wird. Auchas müssten Sie heute tun.
Ich glaube, dass wir über den massiven Angriff aufie freie Kommunikation diskutieren müssen, weil erngst verursacht. Das führt dazu, dass Menschen nichtehr frei, sondern angepasst kommunizieren, weil sieicht genau wissen, was mitgelesen wird und – vor allem –b es irgendwann einmal gegen sie selber verwendetird. Ich finde, dass es sich um eine sehr grundsätzlicheemokratische Frage handelt, über die wir hier diskutie-n sollten, wenn wir heute schon alle noch einmal zu-ammengekommen sind.
Zum Schluss. Meine Fraktion hat ebenfalls einen An-ag eingebracht. Dieser ist Ihnen übrigens, Herr Kollegean Essen, bereits am vergangenen Freitag zugegangenzw. verschickt worden.
ie wussten das also sehr genau, oder Sie haben diesenuten Antrag nicht gelesen. Beides ist nicht gut für einenarlamentarischen Geschäftsführer.
Wir haben einen Antrag mit der Überschrift „Beendener nachrichtendienstlichen Kooperation mit den USAnd Großbritannien, unabhängige Überprüfung der der-eitigen Praxis und der internationalen Verträge und Ab-ommen, die den Datenaustausch regeln“ vorgelegt. Dast doch das Mindeste.Wenn Ihnen Ihr treuer Weggefährte Horst Seehofer,er an Loyalität ja nun nicht zu übertreffen ist, schonagt, dass hier nichts beendet ist, dann sollten Sie dochumindest auf Ihren Kumpel Seehofer hören
nd es zulassen, dass wir heute das diskutieren, was soiele Menschen bewegt, vor allem junge Menschen, dieeute ja überwiegend online kommunizieren. Es ist dochas Mindeste, dass man sich hierfür eine Stunde Zeitimmt.Schönen Dank.
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Michael Grosse-Brömer ist der nächste Redner in der
Geschäftsordnungsdebatte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen undKollegen! Wir vereinbaren eine Debatte zur Situation inDeutschland, und die Opposition hält es geschlossen fürerforderlich, einen zusätzlichen Punkt auf die Tagesord-nung zu setzen. Da stellt man sich schon die Frage, wa-rum sie das tut.
Die erste Schlussfolgerung ist: Sie halten Ihre Redneroffensichtlich für nicht geeignet, dieses Thema hier um-fassend zu erörtern; denn die hätten jederzeit die Mög-lichkeit dazu.
Was wir heute hier erleben, ist die Fortsetzung desrot-grünen Sommertheaters: Wie erkläre ich einen Skan-dal, der keiner ist?
Deswegen nutzt man heute die Chance, vor einer De-batte noch einmal ein Thema verkehrt herum aufzuzäu-men – frei nach dem Motto: Kaum war Snowden da, fingder rote Don Quichotte Oppermann mit seinem grünenKnappen Sancho Pansa Ströbele an, loszureiten, um denWahlsieg zu retten.
Sie ritten den ganzen Sommer und fanden keine Wind-mühle. Heute – das ist der wahre Grund – sitzen Sie aufeinem totgerittenen Pferd und sind nicht bereit, abzustei-gen. Das ist der einzige Grund für diese Debatte.
Was die Sache noch schlimmer macht: Sie habennicht einen einzigen Beleg für das, was Sie permanentskandalisiert haben. Das ist der wahre Skandal – bei Ih-rer Argumentation. Es gibt nicht einen Beleg für diemassenhafte Ausspähung; es gibt nicht einen Beleg fürmillionenfache Grundrechtsverletzung;
es gibt nicht einen Beleg, den Sie vorlegen können; esgibt nur Ihren Wunsch, diesen Skandal am Leben zu er-halten und die Menschen zu verunsichern, und zwar auswahltaktischen Gründen, und da machen wir nicht mit.
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Ich will Ihnen noch eines sagen: Ich bin froh, dassiese Bundesregierung eben nicht am Thema vorbeiredetie Sie; ich bin froh, dass es ein Acht-Punkte-Programmibt; ich bin froh, dass man sich national, bilateral undternational für einen verbesserten Datenschutz ein-etzt. Das sind die richtigen politischen Schritte, abericht die Skandalisierung eines Themas, das keinenkandal darstellt.Ich will Ihnen abschließend sagen: Hören Sie auf,ermanent zu behaupten, dass es in irgendeiner Form ei-en millionenfachen Datenaustausch gegeben hätte, dereutsche Staatsbürger beeinträchtigt. Wir wissen – unddes Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiumseiß es –: Dieser Datenaustausch zwischen BND undSA hat dazu geführt, dass Anschläge in Krisengebie-n, insbesondere in Afghanistan, verhindert werdenonnten und dass sie künftig verhindert werden können.eutsche Staatsangehörige waren vom Datenaustauschicht betroffen.Das sind die Fakten. Beachten Sie sie! Achten Sie da-uf, was zum Beispiel der Generalbundesanwalt sagt!r sagt, dass es noch nicht einmal einen Anhaltspunktr irgendein Fehlverhalten gibt. Das sind die Fakten, dieie aus wahltaktischen Gründen ignorieren. Ich halte dasr nicht in Ordnung.Deswegen sage ich Ihnen zum Schluss: Wir werdeniese Anträge ablehnen, weil sie in der Sache nicht be-ründet sind, weil sie die Menschen verunsichern undeil es letztlich darum geht, Geheimdienste effizient zuontrollieren. Bei Letzterem sind wir dabei. Aber esann nicht sein, dass man nicht behauptete Tatsachenermanent wiederholt,
ohl wissend, dass Sie überhaupt keinen Beleg habenr das, was Sie zu jeder Zeit sagen.
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32620 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 253. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. September 2013
Michael Grosse-Brömer
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Das ist der Fakt, den wir hier feststellen. Sie skandalisie-ren ohne Argumentationsgrundlage; Sie haben keine Be-lege für das, was Sie behaupten.
Sie verunsichern die Menschen, und das ist der Sacheabträglich. Auch der Wahlkampf rechtfertigt es nicht,uns an dem zu hindern, was wir machen, nämlich, denrichtigen Weg zu finden zwischen notwendigem Daten-schutz und der notwendigen Unterstützung der Dienste.Hören Sie auf die Stimmen der Vernunft in Ihrer Par-tei! Hören Sie auf, die falschen Dinge aus wahltakti-schen Gründen zu skandalisieren! Kehren Sie zur Ver-nunft zurück!
Thomas Oppermann ist der letzte Redner in der Ge-
schäftsordnungsdebatte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Worum
geht es bei dieser Geschäftsordnungsdebatte?
Warum wollen wir hier im Parlament die NSA-Affäre
debattieren? Die Bundesregierung verhandelt seit drei
Wochen über ein Antispionageabkommen mit den USA.
Vor vier Monaten hätte niemand geglaubt, dass so etwas
nötig sein würde. Dass wir von Staaten, mit denen wir
nicht befreundet sind, ausgespäht und ausgeforscht wer-
den, damit müssen wir jederzeit rechnen. Aber dass wir
von den Geheimdiensten von Großbritannien und den
Vereinigten Staaten, von unseren engsten Bündnispart-
nern, ausgespäht werden, das ist ein so unerhörter Vor-
gang, dass darüber der Deutsche Bundestag debattieren
muss.
Diese Debatte findet statt im britischen Unterhaus.
Das wird mit Leidenschaft diskutiert im amerikanischen
Kongress. Doch Sie mit Ihrer Geschäftsordnungsmehr-
heit wollen diese Debatte im Bundestag verhindern. Sie
wollen die Affäre totschweigen. Das ist armselig.
Bis heute sind die wichtigsten Vorwürfe von Edward
Snowden nicht aufgeklärt.
Es hat auch nicht geholfen, Frau Bundeskanzlerin, dass
Sie einen Ihrer wichtigsten Minister nach Washington
geschickt haben,
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m dort aufzuklären. Herr Friedrich ist dort katzbucklig
ingefahren, und er ist wie ein begossener Pudel zurück-
ekehrt. Das war kein Auftritt.
Wir wissen bis heute wenig. Die NSA hat allerdings
ingeräumt, dass deutsche Kommunikation, Internet und
elekommunikation, im Bereich ihrer Überwachung
egt. Sie hat lediglich bestritten, dass wir flächende-
kend ausgespäht werden. Aber was heißt schon „flä-
hendeckend“? Wenn millionenfach E-Mail-Verkehr
nd Telefonate in Deutschland überwacht werden, ist
as etwas, was die Grundrechte der Bürger in diesem
ande berührt.
Jetzt zu unserem Antrag. Er zielt darauf ab, dass die-
es Antispionageabkommen erst dann abgeschlossen
ird, wenn der Sachverhalt aufgeklärt ist. Wir können
och ohne klare Faktenbasis kein Antispionageabkom-
en verhandeln. Wir müssen doch wissen, was da über-
aupt verhindert werden soll. Deshalb sagen wir ganz
lar: Dieses Antispionageabkommen darf kein Stillhalte-
bkommen zwischen zwei Geheimdiensten sein, die sich
echselseitig verpflichten, die Regierungen, die Minis-
rien und die Botschaften der anderen Seite nicht mehr
uszuspionieren. Das muss ein Abkommen zwischen
wei souveränen Regierungen werden, das auch den
chutz der Bürgerinnen und Bürger einbezieht.
Frau Bundeskanzlerin, wir wollen belastbare Verein-
arungen mit den Vereinigten Staaten über den Grund-
chtsschutz unserer Bürger. Deshalb ganz klar an Sie
ie Aufforderung: Stellen Sie sich vor die Bürgerinnen
nd Bürger! Verteidigen Sie die Grundrechte, und lassen
ie heute die Debatte zu, meine Damen und Herren!
Wir kommen zur Abstimmung.Ich lasse zunächst über den Aufsetzungsantrag derPD-Fraktion abstimmen. Wer stimmt für diesen An-ag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Da-it ist der Aufsetzungsantrag mit Mehrheit abgelehnt.Wer stimmt für den Aufsetzungsantrag der Fraktionie Linke? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? –amit hat auch dieser Aufsetzungsantrag keine Mehrheitefunden.Wer stimmt für den Aufsetzungsantrag der Fraktionündnis 90/Die Grünen? – Wer stimmt dagegen? – Ent-altungen? – Keine. Damit ist auch dieser Aufsetzungs-
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Präsident Dr. Norbert Lammert
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antrag abgelehnt, und zwar mit den Stimmen der Koali-tion gegen die Stimmen der Opposition.Wir kommen nun zum Tagesordnungspunkt 3:Vereinbarte DebatteZur Situation in DeutschlandNach einer interfraktionellen Vereinbarung sind fürdie Aussprache dreieinhalb Stunden vorgesehen. Darfich dazu Ihr Einvernehmen feststellen? – Das ist offen-kundig der Fall.Bevor ich der Bundeskanzlerin das Wort erteile, nutzeich die Gelegenheit, dem Kollegen Volker Kauder zuseinem heutigen Geburtstag die herzlichen Glückwün-sche des Hauses zu übermitteln. Alle guten Wünsche!
Ich höre, auch Stefan Müller habe heute Geburtstag.Es können sich auch noch weitere Personen melden. Dasalles wird dann nach Prüfung der Aktenlage brav vorge-tragen.
Frau Bundeskanzlerin, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Meine sehr geehrten Damen und Herren! Uns alle be-schäftigt in diesen Tagen die außergewöhnlich schwie-rige Situation in Syrien. Die Lage der Menschen ist kata-strophal. Bereits über 100 000 Menschen haben ihrLeben verloren; 2 Millionen – so die Zahlen von heuteMorgen – sind auf der Flucht. Es kann keinen Zweifelgeben, dass es zu einem eklatanten Bruch des Völker-rechts durch den grausamen Einsatz von Chemiewaffengekommen ist. Wir haben Bilder gesehen von Kindern,von Erwachsenen, die qualvoll gestorben sind. Ichglaube, wir sind uns einig, dass dies eine klare Antwortder internationalen Staatengemeinschaft erfordert.
Deutschland hat sich mit Nachdruck dafür eingesetzt,dass der UN-Sicherheitsrat sich mit diesem Giftgasein-satz befasst. Aber wir müssen feststellen, der Bundes-außenminister und ich gemeinsam, seitdem wir uns mitdem Syrien-Konflikt beschäftigen, dass der UN-Sicher-heitsrat immer wieder blockiert ist, blockiert insbeson-dere auch durch eine sehr harte Haltung von Russlandund China.Ich glaube, es ist unbestritten, dass wir nach diesemTabubruch, der Verletzung der Chemiewaffenkonven-tion, nicht einfach zur Tagesordnung übergehen dürfen.Wir haben uns dafür eingesetzt, dass die UN Inspekteurean den Ort der Tat schicken kann; das ist auch gelungen.Wir setzen uns jetzt dafür ein, dass logistisch alles getanwird, was getan werden kann, um die Untersuchung derProben zu beschleunigen. Ich möchte dem Bundes-außenminister dafür auch ganz herzlich danken.
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m eine gemeinsame Antwort der internationalen Staa-ngemeinschaft zu finden.
Es ist – ich muss das hier in diesem Hohen Hause soagen – nicht sehr wahrscheinlich, dass dies gelingt, aberuch die kleinste Chance muss genutzt werden. Deshalbind wir in permanenten Gesprächen mit all unserenartnern, mit Russland. Deshalb werden wir auch das-20-Treffen nutzen und alles Erdenkliche tun, um dochoch zu einer gemeinsamen Haltung der internationalentaatengemeinschaft zu kommen. Ich glaube, dies ist imteresse aller, die hier in diesem Hause arbeiten.
Glücklicherweise gibt es eine breite internationalebereinstimmung darüber, dass der Syrien-Konflikt alsanzes nur durch einen politischen Prozess gelöst wer-en kann. Deshalb haben wir bereits auf dem G-8-Tref-n in Großbritannien, zu Beginn des Sommers, darüberesprochen, dass es einer zweiten Konferenz in Genf be-arf. Auch diese Bemühungen werden wir fortsetzen;enauso setzt sich Deutschland natürlich gemeinsam miten Vereinten Nationen auch in der internationalen Kon-ktgruppe Freunde Syriens und anderen Gruppen per-anent dafür ein, dass die Dinge einer Lösung zugeführterden.Meine Damen und Herren, Deutschland hat sich mitber 340 Millionen Euro auch dafür eingesetzt, das Leider Flüchtlinge zu lindern. Wir haben als erster EU-Mit-liedstaat 5 000 syrischen Flüchtlingen Aufnahme ange-oten.
Entschuldigung, ich finde, das ist ein erster Schritt.ielleicht könnten wir uns gemeinsam dafür einsetzen,ass auch andere europäische Länder diesem Beispiellgen.
ir wissen um die Verfolgung der Christen. Wir wissenm die Verfolgung anderer. Es täte uns allen gut.Ich sage aus diesem Anlass hier auch sehr deutlich:s ist beschämend, dass Menschen, die sich traumatisierton Bürgerkriegen oder wegen politischer Verfolgungilfesuchend an Deutschland wenden, Anfeindungenon Unbelehrbaren in unserem Land ausgesetzt sind. Ich
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Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
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freue mich, dass es einen parteiübergreifenden Konsensgibt, gerade auch zu den Vorkommnissen in Berlin. Dasist wichtig und unabdingbar. Wir lehnen solche Anfein-dungen ab, meine Damen und Herren.
Wir haben gestern die Debatte über den Bericht desNSU-Untersuchungsausschusses verfolgt. Auch ichmöchte seitens der Bundesregierung allen Mitgliederndieses Ausschusses herzlich danken und sagen, dass wirdie Empfehlungen natürlich umsetzen werden. Ich willhinzufügen: Gerade im Lichte dieser Debatte ist keinPlatz für Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Rechtsextre-mismus oder Antisemitismus. Das ist unsere gemein-same Haltung. Ich bin allen Bürgerinnen und Bürgerndankbar, die das zum Ausdruck bringen.
Meine Damen und Herren, wir debattieren heute, amEnde einer Legislaturperiode, über die Situation inDeutschland. Die heutige Debatte gibt Gelegenheit, dievier Jahre dieser Legislaturperiode noch einmal Revuepassieren zu lassen und einen Ausblick zu geben auf das,was notwendig ist. Ich glaube, wir alle können feststel-len, dass es ungewöhnlich herausfordernde vier Jahrewaren, mit Aufgaben, die wir am Beginn der Legislatur-periode so nicht vor uns sehen konnten.
Wir hatten zu tun mit den Nachwirkungen der interna-tionalen Finanz- und Wirtschaftskrise. Wir sind in eineEuro-Schuldenkrise hineingeraten. Wir hatten dieschrecklichen Ereignisse in Fukushima. Wir haben er-freulicherweise den Prozess der Übergabe der Verant-wortung in Afghanistan. Wir sind nicht vorangekommen– so muss man es sagen – in dem Kampf gegen das irani-sche Nuklearprogramm. Wir haben mit Hoffnung undSpannung den arabischen Frühling verfolgt und sehenjetzt, wie schwierig der Prozess ist, der sich daran an-schließt. Wir verfolgen die Lage in Ägypten. Wir be-obachten die Dinge in Libyen. Wir sind in Mali dabei.
Dies alles sind Herausforderungen, die sehr schwierigsind. Und: Vor wenigen Wochen hatten wir national eineKraftprobe zu bestehen, nämlich die Bekämpfung einerFlut, wie wir sie eigentlich nur einmal im Jahrhundert er-warten. Jetzt mussten wir erleben, dass dieses zweimalin zehn Jahren passiert ist.Meine Damen und Herren, trotz all dieser Herausfor-derungen kann man sagen: Alles in allem waren es viergute Jahre für Deutschland.
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ie christlich-liberale Koalition möchte diese Arbeitrtsetzen, damit 2017 noch mehr Menschen sagen kön-en: Uns geht es besser in unserem Land. – Das ist dasiel unserer Arbeit.
Meine Damen und Herren, wir sind vor vier Jahrenus dem tiefsten Wirtschaftseinbruch, einem Einbruchon 5 Prozent, herausgekommen. Wir haben darauf imahmen der Großen Koalition mit einem klugen Kon-nkturprogramm geantwortet. Natürlich hat das zu ei-em starken Defizit in unserem Haushalt und damit zuehr Verschuldung geführt. Die mittelfristige Finanz-lanung für diese Legislaturperiode sah vor, dass wireue Schulden in Höhe von 262 Milliarden Euro aufneh-en müssen. Ich darf Ihnen heute berichten, dass es00 Milliarden Euro sind. 100 Milliarden Euro bedeutenuch eine Zunahme der Verschuldung. Aber dass wiron 262 Milliarden Euro auf 100 Milliarden Euro ge-ommen sind, ist ein sensationeller Erfolg.
Wir werden 2014 einen strukturell ausgeglichenenaushalt haben und ab 2015 beginnen können, Schuldenurückzuzahlen. Das ist ein Beitrag für unsere Kindernd Enkel. Darüber sind wir froh.
Wir halten die im Grundgesetz für den Bund vorgese-ene Schuldenbremse bereits seit 2012 ein.Wir konnten verzeichnen, dass die Steuergelder, dieir als Bund in dieser Legislaturperiode einnehmen, um0 Milliarden Euro gestiegen sind.All das sind herausragende Ergebnisse. Wie konnteas gelingen, und warum ist das gelungen?
as ist das Werk vieler Menschen im Lande. Aber,eine Damen und Herren, es ist eben auch das Werk vonluger Politik,
iner Mischung aus Ausgabendisziplin – schauen Sieich die Haushalte an; die Ausgaben steigen nicht –, ausntlastungen – wo immer das im Blick auf Wachstumöglich ist – und aus Zukunftsinvestitionen.Dieser Dreiklang hat dazu geführt, dass wir am Endeieser Legislaturperiode 1,9 Millionen mehr sozialversi-herungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse haben als009, darunter 1,2 Millionen Vollzeitbeschäftigungsver-ältnisse. Die Frauenerwerbstätigkeit hat ebenfalls zuge-
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 253. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. September 2013 32623
Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
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nommen. 700 000 mehr Menschen im Alter von 60 bis65 sind noch in Arbeit. Die Zahl der befristeten Arbeits-verhältnisse ist trotz der gestiegenen Zahl der Arbeits-verhältnisse konstant geblieben. Darüber hinaus habenwir vom Statistischen Bundesamt gehört, dass im Au-gust die Zahl der atypischen Arbeitsverhältnisse zumersten Mal zurückgegangen ist.
Ich sage ausdrücklich: Fast 3 Millionen Arbeitslosesind 3 Millionen zu viel. Dass wir aber diese Fortschritteerzielt haben und dass wir die höchste Beschäftigungs-quote in Deutschland haben, die wir je hatten, ist ein Er-folg, meine Damen und Herren. Das macht Mut, weiter-zumachen. Genau diesen Weg wollen wir weitergehen.
Natürlich gibt es Löhne, die nicht akzeptabel sind.Deshalb haben wir die Leiharbeit sozial gemacht.
Wir haben einen Mindestlohn vereinbart. Wir haben das,was bei den geltenden Rechtslagen früher möglich war,verhindert, nämlich dass Menschen aus einem unbefris-teten Arbeitsverhältnis entlassen und dann im selben Be-trieb als Leiharbeiter eingestellt und wieder eingesetztwurden. Diesem Drehtüreffekt haben wir einen Riegelvorgeschoben. Das war eine wichtige und notwendigeMaßnahme.
Wir haben heute für 13 Branchen und 4 Millionen Er-werbstätige branchenspezifische Mindestlöhne verein-bart. Es gehört einfach zur Wahrheit dazu: Mindestlöhnesind in Deutschland bis jetzt nur von CDU-Kanzlern fürallgemeinverbindlich erklärt worden. Rot-Grün hat andieser Stelle gar nichts gemacht.
In den nächsten Jahren liegt vor uns natürlich dieAufgabe, die Arbeitslosigkeit weiter zu senken. Ein gro-ßes Thema ist, dass es aus den Jahren, als wir keine aus-reichende Zahl an Ausbildungsplätzen hatten, noch vieleJugendliche gibt, die keine Ausbildung haben. Deshalbwerden wir forcieren, dass die 25- bis 35-Jährigen jetzt,wo der Ausbildungsmarkt sehr viel besser dasteht, einezweite Chance bekommen und auch diese jungen Men-schen eine Ausbildung bekommen. Denn wir wissen,dass das Risiko für Arbeitslosigkeit massiv sinkt, wenneine Ausbildung absolviert wurde.
Wir werden auch daran arbeiten, die BeschäftigungÄlterer weiter zu stärken. Wir haben alle miteinanderjahrelang den Fehler gemacht, Anreize dafür zu setzen,MgsdssdnWLElömddmDnBtecEnwdDsDkWÜdtrdzg
Von 2002 bis 2008 gab es in Deutschland keinerleiohnsteigerungen. Seit 2009 haben wir die erfreulichentwicklung, dass die Menschen wieder höhere Brutto-hne haben. Wir hätten es gern noch in diesem Jahr er-öglicht, dass die Menschen mehr Netto vom Brutto iner Tasche haben. Doch Sie haben verhindert, dass wirie kalte Progression bekämpfen, obwohl der Bund dieeisten der Steuerausfälle übernommen hätte.
as müssen Sie den Facharbeitern, Meistern und Inge-ieuren in Deutschland einmal erklären.
Meine Damen und Herren, dies alles sind Erfolge derürgerinnen und Bürger, der Arbeitnehmer und der Un-rnehmer, aber es ist auch Folge kluger politischer Wei-henstellungen.
s geht am 22. September um nicht mehr und nicht we-iger als um die Frage, ob wir diesen Weg des Erfolgeseitergehen oder ob wir grobe Fehler sehen müssen, dieiese erfolgreiche Entwicklung wieder zunichtemachen.as ist die Frage, vor der die Bürgerinnen und Bürgertehen.
Der Staat nimmt so viele Steuern ein wie nie zuvor.amit müssen wir auskommen. Ich sage auch: Damitönnen wir auskommen.
enn wir Steuern erhöhen – das ist zumindest unsereberzeugung; vieles spricht dafür –,
ann gefährden wir Arbeitsplätze, weil wir genau dieeffen, die Selbstständige sind, die Unternehmen führen,ie Mittelständler sind. Sowohl die Erhöhung des Spit-ensteuersatzes als auch die Einführung einer Vermö-ensteuer trifft das Rückgrat unserer Wirtschaft, den
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Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
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Mittelstand, demotiviert und motiviert nicht. Wir brau-chen motivierte Unternehmerinnen und Unternehmer,damit mehr Arbeitsplätze entstehen. Das schafft nämlichnicht die Politik, sondern das schaffen sie.
Steuererhöhungen würden deshalb dazu führen, dass wirhöhere Steuersätze haben, weniger Arbeitsplätze undzum Schluss niedrigere Steuereinnahmen. Diesen Weggehen wir gerade nicht.
Wir konnten ja auch beobachten, welche Auswirkungdie hohe Zahl der Beschäftigten auf die Situation der so-zialen Sicherungssysteme hat. Bei der Rente werden wirden Weg der schrittweisen Einführung der Rente mit 67weitergehen, weil es keine andere Antwort auf die ver-änderte Lage bezüglich des Altersaufbaus unserer Ge-sellschaft gibt.
Es ist falsch, den Kopf in den Sand zu stecken, jetzt wie-der kleine Abweichungen vorzunehmen. Das alles wirddie junge Generation doppelt und dreifach bezahlen.Deshalb machen wir das nicht. Verlässlichkeit ist dasMarkenzeichen unserer Politik.
Wir dürfen nie vergessen: Die Rente muss zweimalgerecht sein. Sie muss gerecht sein für die Älteren, abersie muss auch gerecht sein für diejenigen, die sie heutemit ihren Leistungen erbringen müssen. Die Frage desZusammenhalts der Generationen wird in den nächstenJahren eine zunehmende Rolle spielen. Eine starke Ge-sellschaft ist nur eine Gesellschaft, in der die Generatio-nen einander vertrauen und sich nicht überfordern. Na-türlich sehen wir, dass angesichts der demografischenEntwicklung das Thema der Altersarmut eine wachsendeBedeutung haben wird. Deshalb haben wir genauso wieandere ein Konzept vorgelegt, in dem es heißt: Wer40 Jahre gearbeitet hat, wer privat vorgesorgt hat, dersoll Leistungen bekommen, eine Rente bekommen, dieoberhalb der Grundsicherung liegt. Genau das werdenwir umsetzen.
Die Union setzt sich auch dafür ein – darüber mussman dann gegebenenfalls noch in Koalitionsverhandlun-gen sprechen –,
die Anrechnung von Erziehungszeiten bei der Rente fürMütter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, zu ver-bessern.
Denn diese Frauen hatten keinen Rechtsanspruch auf ei-nen Kitaplatz, keinen Rechtsanspruch auf einen Kinder-gartenplatz, und die Gleichberechtigung in der FamiliewHruwteWdgtileDgWdWfügnggtr–GteDbteDDk
Dies nehmen wir uns für die nächsten Jahre vor. Wa-m? Das kann ich ganz klar begründen:
eil wir uns bis heute erst einmal ein Polster in der Ren-nversicherung erarbeiten konnten.
ir konnten gegen Ihren Willen hier in diesem Hauseie Rentenbeiträge senken und haben trotzdem Rückla-en, und deshalb können wir diesen Beitrag zur Gerech-gkeit gegenüber Frauen, die Kinder erzogen haben,isten, meine Damen und Herren.
as geht aber nur, wenn die Beschäftigungssituation sout bleibt, sonst können wir all das nicht schaffen.Jeder Mensch in unserer Gesellschaft hat ein Recht, inürde zu altern. Deshalb ist die Pflege von zentraler Be-eutung.
ir haben im Pflegebereich einen Mindestlohn einge-hrt. Wir haben ein Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz ein-eführt,
ach dem die Demenzkranken zum ersten Mal Leistun-en erhalten; 650 000 Menschen erhalten mehr Leistun-en. Wir haben dafür auch die Pflegeversicherungsbei-äge erhöht.
Ich trage hier nur Fakten vor, und da ist schon so eineschrei. Sie können es offensichtlich gar nicht aushal-n, dass man Ihnen sagt, was alles beschlossen wurde.as ist ja unglaublich!
2,5 Millionen Menschen in Deutschland sind pflege-edürftig. Zwei Drittel von ihnen werden von Verwand-n und Angehörigen gepflegt.
as sind die stillen Helden unserer Gesellschaft, meineamen und Herren, und ihnen gebührt ein großes Dan-eschön.
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Wir wissen, dass die Aufgaben damit nicht erledigtsind. Deshalb werden wir angesichts einer in den nächs-ten Jahren steigenden Zahl von Menschen, die pflegebe-dürftig sein werden, die Leistungen erweitern müssen.Wir können nicht versprechen, dass die Beiträge kon-stant bleiben. Wir müssen uns in der nächsten Legisla-turperiode auch mit einem neuen Pflegebedürftigkeitsbe-griff beschäftigen.
– Ja, selbstverständlich. – Meine Damen und Herren, ichhabe mich sehr intensiv damit auseinandergesetzt.
Die Kommissionsarbeiten, die uns dazu vorgelegt wur-den, hatten nicht den Reifegrad – darüber habe ich mitdem Gesundheitsminister ausführlich gesprochen –,
dass man es den Betroffenen hätte zumuten können, inneue Bewertungen hineingedrängt zu werden, weil nichtklar war, ob manche Menschen zum Schluss wenigerLeistungen erhalten würden. Das gibt es mit uns nicht,meine Damen und Herren, und das ist ein Beitrag zu ei-ner guten Pflegeversicherung gewesen.
Jeder Mensch in unserem Land hat ein Anrecht – da-rauf sind wir stolz –, die Gesundheitsversorgung zu be-kommen, die er braucht. Wir haben deshalb an einigenStellen nachsteuern müssen, was die Situation der Apo-theken anbelangt, was die Versorgung der ländlichenRäume mit Ärzten anbelangt. Die Patientenrechte wur-den gestärkt. Wir werden auch in den nächsten Jahrendamit zu tun haben. Wir haben jetzt die Berichte über ab-gelehnte Leistungen und Ähnliches gehört. Wir gehensolchen Vorwürfen nach. Wir sorgen dafür, dass jeder diegleiche medizinische Behandlung bekommen kann. Dasist unser Anspruch. Insoweit wird uns das Gesundheits-system weiter beschäftigen. Aber ich will auch sagen:Deutschland hat ein gutes Gesundheitssystem, und auchhier gilt allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, diedort tätig sind, unser herzlicher Dank.
Ich glaube, wir sind uns einig, dass Familien der Kernunserer Gesellschaft sind. Wir vertreten die Politik, dassFamilien selbst entscheiden sollen, wie sie leben wollen.Deshalb werden wir keine Kürzungen beim Ehegatten-splitting vornehmen. Deshalb werden wir auch nichtzwischen Jüngeren und Älteren unterscheiden, sondernüberlassen das den Familien. Das halten wir für eine Un-terstützung der Familien.
Wir haben seit 2007 in Deutschland 820 000 neue Be-treuungsplätze für Kinder unter drei Jahren geschaffen.DLDsAFtenmbgWKwtesduzÜsddbmWtegtäswmWDglazsladliBhluDgmbs
Meine Damen und Herren, wir haben in dieser Legis-turperiode aus gesamtgesellschaftlicher Überzeugungie Kommunen entlastet, und zwar um mehr als 20 Mil-arden Euro, indem wir die Grundsicherung und dasildungspaket für Hartz-IV-Empfänger übernommenaben. Dies ist ein Beitrag dazu, dass Kommunen hand-ngsfähiger werden. Ich glaube, dass jeder, der dieinge beobachtet, weiß, dass der Bund damit etwas un-laublich Wichtiges gemacht hat und gerade die Kom-unen entlastet hat, in denen sehr viele Menschen ar-eitslos sind oder schwierige Erwerbsbiografien haben,odass sich später ein Grundsicherungsanspruch ergeben
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würde. Wenn man mit Oberbürgermeistern spricht, sostellt man fest, dass sie dies sehr zu schätzen wissen.Auch dafür mein Dankeschön.
Wir werden uns in der nächsten Legislaturperiodeauch mit der Eingliederungshilfe für Behinderte beschäf-tigen müssen. Hier braucht es ein einheitliches Bundes-gesetz. Auch darüber gibt es Gespräche mit den Ländernund große Einigkeit.Meine Damen und Herren, wir haben zum ersten Malseit langem einen breiten gesellschaftlichen Konsensüber unsere Energiepolitik. Die Ereignisse von Fuku-shima haben dazu geführt, dass sich auch die christlich-liberale Koalition dafür entschieden hat, die Laufzeit derKernkraftwerke in Deutschland zu verkürzen und auf2022 zu begrenzen.
Ich glaube, das war absolut korrekt. Ich sage noch ein-mal: Die Ereignisse in Fukushima haben uns dazu ge-bracht. Wir haben damals eigentlich in großer Überein-stimmung alle Gesetze verabschiedet bis hin zu einemEndlagersuchgesetz. Das ist ein großer Erfolg. Ich weißgar nicht, warum Sie sich darüber nicht mit freuen kön-nen.
Das ist übrigens eines Ihrer Probleme, dass Sie sich nichtüber die Entwicklungen in Deutschland freuen können;und das mögen die Menschen nicht.
Es ist unbestritten, dass wir damit vor einer großenHerausforderung stehen. Aber die Welt ist der Überzeu-gung: Wenn ein Land das schaffen kann, dann Deutsch-land.
Allerdings ist es notwendig, dass wir die Bezahlbarkeitdes Stroms in das Zentrum unserer Bemühungen stellen.Das ist doch gar keine Frage.
Ich stehe auch nicht an, zu sagen: Ja, ich habe auf derGrundlage umfangreicher Prognos-Studien in diesemHohen Hause gesagt, die EEG-Umlage wird in der Grö-ßenordnung nicht über 3,5 Cent steigen. Wir haben danneine Entwicklung erlebt, im Übrigen auf der Grundlageeines Gesetzes zum Ausbau der Photovoltaik, das HerrGabriel insbesondere noch gut kennen müsste, die eineungeheure Dynamik des Ausbaus der erneuerbarenEnergien mit sich gebracht hat. Das führt dazu, dassheute 25 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energiengewonnen werden. Das führt dazu, dass die erneuerbarenEsdBdkvbEKgsdeKJeewinBgcdWmSgWjezteSis–sKbbwinP
Das können wir gerne aufnehmen, weil Sie das immero gerne zitieren. „Kein Cent für die Griechen“ – richtig.ein Cent für die Griechen, solange die Griechen nichtereit waren, Eigenleistungen und Reformen zu voll-ringen;
eil das sonst keinen Sinn hat, weil die Solidarität sonsts Leere läuft. Deshalb ist das Beharren auf diesemrinzip richtig gewesen.
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Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
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Meine Damen und Herren, es ist ja paradox: Sie ha-ben nahezu allen Programmen in diesem Hause zuge-stimmt – bei Griechenland waren Sie noch nicht so weit –,die sich mit der Euro-Rettung befasst haben.
Wir haben gemeinsam einen Wachstumspakt verabschie-det. Wir haben für einen gemeinsamen Haushalt inEuropa gearbeitet.
Wenn man allem zugestimmt hat, ist es doch eigentlichgar nicht sinnvoll, jetzt hier so ein Geschrei zu entfa-chen.
Ich kann nur sagen: Wir müssen diesen Weg weiterge-hen. Wir können aber nicht sicher sein, dass der Weg mitIhnen so weitergegangen wird;
denn Sie sprechen von gemeinsamen Schuldentilgungs-fonds und Euro-Bonds. Wir sagen: Es wird nicht gutwerden, wenn nicht Haftung und Durchgriff und Ent-scheidung in einer Hand liegen. Deshalb wird es das mituns nicht geben.
Wir werden jetzt auf dem G-20-Gipfel wieder einenSchritt auf dem Weg zur Regulierung der Finanzmärktegehen. Wir sind in diese schwierige Lage gekommen,weil es Exzesse der Banken gab,
weil die Staaten nicht mehr die Hüter der Ordnung wa-ren. Wir haben umfangreiche nationale und europäischeRegelungen eingeführt. Wir wissen, dass vieles nur in-ternational entschieden werden kann. Das Treffen der20 führenden Industrieländer am Donnerstag und Freitagin Russland wird einen weiteren Fortschritt mit sichbringen, was die Bekämpfung der Steuerhinterziehunganbelangt. Das Prinzip des automatischen Informations-austauschs zwischen den verschiedenen Ländern wirdvon all diesen Ländern unterstützt werden. Wir werdenuns mit Maßnahmen befassen, die von der OECD ausge-arbeitet wurden, mit denen wir der Steuervermeidungbegegnen wollen, das heißt der Tatsache, dass multilate-rale Konzerne heute an vielen Stellen überhaupt keineSteuern mehr zahlen. Das muss in Zukunft unterbundenwerden.Ich füge hinzu: Wir kommen leider zu langsam voranbei der Regulierung der Schattenbanken. Ich sage: WennwmJFliStegghsMfüPedgdkfüszDAAdDWw
Deutschland ist so stark, weil sich die Mehrzahl derenschen, der Bürgerinnen und Bürger in Deutschlandr dieses Land einsetzt.
olitik kann nur das gestalten, was von den Menschenrarbeitet wurde. Deshalb sagen wir: Wenn wir ein soli-arisches Land bleiben wollen, dann müssen wir diejeni-en, die jeden Tag zur Arbeit gehen, jeden Tag ihre Kin-er erziehen, sich jeden Tag um ihre Verwandtenümmern, jeden Tag ehrenamtlich tätig sind, jeden Tagr unser Land Verantwortung wahrnehmen – ganzelbstverständlich –, mit unserer Politik stärken, statt sieu schwächen.
as ist das Prinzip der christlich-liberalen Koalition.uf diesem Weg werden wir weitermachen, für mehrrbeitsplätze und mehr Wohlstand.Herzlichen Dank.
Das Wort erhält nun der Kollege Peer Steinbrück für
ie SPD-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrtenamen und Herren! Frau Merkel, die beiden wichtigstenörter, die Sie in Ihrer Rede benutzt haben, waren „wirerden“ – wir werden, wir werden.
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Peer Steinbrück
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Man fragt sich: Wer hat eigentlich in den letzten vierJahren in der Bundesrepublik Deutschland regiert?
Alles, was zu tun ist, was wichtig ist, was diesem LandRichtung geben könnte, haben Sie in die Zukunft proji-ziert. Sie hätten das in diesen vier Jahren anpacken müs-sen. Das haben Sie nicht getan.
In der Präambel Ihres Koalitionsvertrages, FrauMerkel, heißt es sehr vollmundig, Ihre Regierung wolledem Land eine neue Richtung geben. Sie, HerrWesterwelle und Herr Seehofer wollten Deutschland zueinem neuen Aufbruch in das neue Jahrzehnt führen
und die Zukunft mit neuem Denken gestalten.
– Sie sind ja sehr genügsam.
Herr Westerwelle sprach immerhin von einer geistig-politischen Wende.
Das schrieben Sie vollmundig an den Anfang Ihres Ko-alitionsvertrages, bzw. das spiegelt Ihr Selbstverständniswider.An diesen Ansprüchen sind Sie auf ganzer Linie ge-scheitert.
Statt Aufbruch gibt es Stillstand, statt Richtung gibt esKreisverkehr, und statt Tatkraft gibt es Abwarten undBeobachten; dieses Wort spielte in Ihrer Rede auch im-mer eine Rolle: wir beobachten. – Nein, Sie haben dieRichtlinienkompetenz, um zu handeln für dieses Land,die Bundesrepublik Deutschland.
Sie haben unser Land in diesen vier Jahren mit einerSprache des Ungefähren, der Unschärfe, überzogen.Eine klare Haltung ist angesichts Ihrer diversen Wende-manöver nicht zu erkennen gewesen, nicht bei den Vol-ten in der Europapolitik und auch nicht in der Energie-politik: Erst haben Sie die Laufzeiten verlängert; dannsind Sie dort angekommen, wo Rot-Grün schon zehnJahre zuvor gewesen ist.EpGted2EgedmssLUudsnnwrefüedteLgwlemuInÜFd
ine klare Haltung war nicht erkennbar bei der Wehr-flicht, nicht bei der zeitgemäßen und überfälligenleichstellung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaf-n und auch nicht in Ihrem Frauen- und Familienbild,as mehr dem 20. Jahrhundert zugehörig ist als dem1. Jahrhundert.
ine klare Haltung ist auch nicht erkennbar gewesen an-esichts der Spaltung des Arbeitsmarktes mit der Folgeiner Spaltung unserer Gesellschaft und dem Ergebnis,ass das Normalarbeitsverhältnis in Deutschland nichtehr der Normalfall ist.Jürgen Habermas hat in einem Spiegel-Essay ge-chrieben – ich zitiere ihn –: „Ihrer öffentlichen Personcheint jeder normative Kern zu fehlen.“ Sie haben demand eine rhetorische Beruhigungstablette verpasst.
nser Land leidet an politischer Unterzuckerung, Sienterfordern die Wählerinnen und Wähler mit Blick aufie Zukunft dieses Landes.
Wir mussten in der NSA-Affäre erleben, dass Sie be-onderen Wert darauf legen, genau zu wissen, was Sieicht wussten – ebenso Herr de Maizière in der Droh-enaffäre. Sie sind aber hier auskunftspflichtig zu dem,as dort passiert ist.
Deutschland ist in den letzten vier Jahren unter Wertgiert worden. Das entlastet von Anstrengungen, und eshrt nicht zu Beschwerden; denn nirgendwo wird ange-ckt. Aber viele Bürgerinnen und Bürger wissen, dassamit Zukunft nicht gesichert wird. Sie sind die Archi-ktin der Macht; aber Sie sind nicht die Architektin desandes.
Eine Ihrer ersten Entscheidungen in dieser schwarz-elben Bundesregierung war die Einführung eines Mehr-ertsteuerprivilegs für die Hoteliers, und eine Ihrertzten Entscheidungen war das frauenpolitisch, arbeits-arktpolitisch und integrationspolitisch falsche Betreu-ngsgeld.
beiden Fällen – vermute ich – haben Sie Ihre eigeneberzeugung geopfert, im ersten Fall gegenüber derDP und im zweiten Fall gegenüber der CSU. Zwischeniesen beiden Entscheidungen liegen 50 Gipfel, an de-
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Peer Steinbrück
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nen Sie maßgeblich teilgenommen haben – 50 Gipfel,fast in jedem Monat ein Gipfel –, und über allen Gipfelnist Ruh.
In den Koalitionsverhandlungen ging es 2009 im We-sentlichen um die Frage, ob die Steuerentlastung viel-leicht 20, 25 oder 30 Milliarden Euro umfassen soll. Daswar schon damals ein grandioser Anfall von Wirklich-keitsverleugnung; aber es war Ihr Wahlversprechen. Wasist eigentlich daraus geworden? Sie wollten eine Überar-beitung des Regimes der reduzierten Mehrwertsteuer-sätze. Was ist aus dieser Steuerpolitik geworden? DasEinzige, was Sie hier mit Herrn Schäuble zum drittenoder vierten Mal aufgießen, ist erneut eine Abschaffungder Gewerbesteuer. Gute Reise zu den Kommunen,wenn Sie das machen!
Noch im Frühjahr dieses Jahres haben Sie beim DGBeine Rentenreform, ein Rentenkonzept der CDU/CSUangekündigt. Was ist daraus geworden? Nichts, garnichts ist daraus geworden. Frau von der Leyen läuft miteinem Pappschild herum, auf dem „Lebensleistungs-rente“ steht. Das ist aber nicht einmal Beschlusslage Ih-rer Partei.
2011 riefen Sie das Jahr der Pflege aus. Die letztegroße Pflegereform stammt aus dem Jahre 2008, vonUlla Schmidt, aber nicht von Ihnen.
Was ist aus dem Breitbandausbau geworden, um auchGebiete außerhalb von Großstädten mit schnellem Inter-net zu versorgen? Erkennbar nichts.Die Energiewende ist ein reines Desaster. Sie ist ausder Sicht von vielen die größte Investitionsbremse inDeutschland seit Jahrzehnten.
Sie wollten mit einem Stufenplan den Anteil derFrauen in Vorständen und Aufsichtsräten – ich zitiere –„maßgeblich“ erhöhen. Was ist daraus geworden? ImTV-Duell mit Frank-Walter Steinmeier kündigten Sie da-mals eine Malusregelung für Managergehälter an. Wasist aus all dem geworden? Nichts.
Alles angekündigt, abgewartet, ausgesessen. Oder wieein Journalist geschrieben hat: Alles vertagt, verpatztund versenkt.Das gilt übrigens auch in Europa. Wo ist denn in denletzten Monaten spürbar gewesen, dass Sie den von unsmitgetragenen Wachstumspakt in Europa auch wirklichmnimWmkdlegbedAMewkbsaSRsdtevnddmMmstavleSed
o ist – ich bleibe dabei – die Realisierung der Finanz-arkttransaktionsteuer geblieben?
Stattdessen haben wir es mit sehr wohlklingenden Eti-etten zu tun: Bildungsrepublik Deutschland; das Jahrer Entscheidung; der Herbst des Vertrauens – oder viel-icht auch umgekehrt –; das Jahr der Pflege; Lohnunter-renze; Lebensleistungsrente; Flexiquote; Mietpreis-remse. Das Thema Mietpreisbremse haben Sie sich zuigen gemacht, haben aber dann hier im Deutschen Bun-estag gegen die Mietpreisbremse gestimmt.
lles Etiketten auf leeren Flaschen. Wann und wo, Frauerkel, gab es in dieser Legislaturperiode ein Projekt,ine wegweisende Vorstellung, von mir aus eine Vision,o über diese Legislaturperiode hinaus diesem Land Zu-unft und Richtung gegeben werden könnte? Wann ha-en Sie, wie alle Ihre Vorgänger, Ihr Amt in die Waag-chale geworfen und Ihre Richtlinienkompetenzusgeübt, um diesem Land eine Richtung zu geben?
ie beanspruchen eine Richtlinienkompetenz, ohneichtlinien geben zu wollen. Sie sind doch nicht die Prä-identin der Republik, sondern Sie sind als Kanzlerin fürieses Kabinett verantwortlich, das Kabinett, das das ta-nloseste, zerstrittenste, rückwärtsgewandteste, aberollmundigste Kabinett seit der deutschen Wiederverei-igung ist.
Sie malen unser Land in schönen Farben. Ja, ich habeamit keine Schwierigkeiten. Ich freue mich mit Ihnenarüber, dass es ein starkes Land ist, ein starkes Landit starken Unternehmen, mit einem einmalig tüchtigenittelstand, mit vielen Familienunternehmen, ein Landit einer sehr starken industriellen Basis und einer ent-prechenden Facharbeiterschaft, ein Land mit einer in-kten und wichtigen Sozialpartnerschaft, ein Land mitiel ehrenamtlichem Engagement, ein Land, in dem dietzte umfassende Reform von Ihrem Vorgänger Gerhardchröder stammt. – Das ist unser Land.
Sie haben in dieser Legislaturperiode seit 2009 Ernteningefahren, die Sie nicht gesät haben, und Sie haben inieser Legislaturperiode nichts für zukünftige Ernten ge-
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Peer Steinbrück
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tan. Gleichzeitig erleben wir allerdings in unserem Land– das kommt zu dem hinzu, was Sie sagen –, dass es7 Millionen Menschen gibt, die unter 8,50 Euro verdie-nen, dass es 1,4 Millionen Menschen gibt, deren Ver-dienst trotz Vollzeittätigkeit aufgestockt werden muss,weil sie monatlich so wenig Geld haben, dass die Ge-meinschaft der Steuerzahler die Dumpinglöhne aufsto-cken muss, die sie von ihren Arbeitgebern bekommenhaben. Sie haben recht, wenn Sie sagen, dass die Ar-beitslosigkeit gesunken ist; darüber freuen wir uns alle.Gleichzeitig weisen viele Beobachter aus, dass Deutsch-land das Land in Europa mit dem größten Niedriglohn-sektor ist. Sie haben keineswegs, wie Sie eben behauptethaben, dem Missbrauch von Leiharbeit, Zeitarbeit undWerkverträgen einen Riegel vorgeschoben; dieser Miss-brauch hat sich in diesen vier Jahren in unserem Landvielmehr ausgeweitet.
Wir haben es mit dem erschreckenden Zustand zu tun,dass 1,5 Millionen Menschen in den Zwanzigern keinenSchul- oder Bildungsabschluss haben. Gleichzeitig wis-sen wir um die Gefahr eines Facharbeitermangels.Wir haben es mit einem Land zu tun, das die histo-risch niedrigste Investitionsquote hat, und zwar sowohlöffentlich wie auch privat. Das heißt, unsere Investitio-nen in Deutschland liegen laut OECD-Zahlen 2 Prozentunter dem Durchschnitt der anderen OECD-Staaten; dassind 50 bis 52 Milliarden Euro.Fakt ist, dass viele Kommunen in einer Notlage sind,dass viele Kommunen ihre Aufgaben nicht mehr erfüllenkönnen, weil ihre Finanzlage so marode ist, dass sie alldie Aufgaben im nachbarschaftlichen Bereich der Bür-gerinnen und Bürger nicht mehr erfüllen können.
140 Milliarden Euro beträgt der Investitionsstau derKommunen.Fakt ist, dass die Schere zwischen Arm und Reich inden letzten 15 Jahren weiter auseinandergegangen ist,was zu Spannungen in unserer Gesellschaft führt.Mit Blick auf die Steuerpolitik, die Sie vorhin nocheinmal dargestellt haben: Sie wollen Steuerpolitik zulas-ten Dritter machen, nämlich zulasten der Kommunen,die infolge solcher Steuersenkungen, wie Sie sie hier alsrichtig dargestellt haben, ihre Gebühren, insbesondereauch für ihre Kindertagesstätten, erhöhen müssten. Vielwichtiger als solche Steuersenkungen wäre es, dafürSorge zu tragen, dass die Eltern gar keine Gebührenmehr für die Kindergärten bezahlen müssen.
Wir wissen um den drohenden Pflegenotstand, dereintritt, wenn weiter so regiert wird wie bisher.All das gehört zu einer vollständigen Beschreibungunseres Landes. Man darf den Blick nicht nur auf dasGute, Schöne, Problemlose, Anstrengungslose werfen.Und kommen Sie mir nicht mit Schwarzmalerei! DassdukliWumDWwdtrbinedssk1riöInMdHdsdnlaunsvzteö
ir werden den Missbrauch von Leiharbeit, Zeitarbeitnd Werkverträgen bekämpfen. Wir werden deutlichehr Geld in die Bildung investieren, weil sie ineutschland unterfinanziert ist.
ir werden die kommunale Finanzlage verbessern. Wirerden eine Pflege- und Rentenreform verabschieden,ie diesen Namen verdient. Wir werden die Kinderbe-euung und die Ganztagsschulen in Deutschland aus-auen, und wir werden mehr denn je in die Infrastruktur Deutschland investieren müssen, weil diese verfällt.
Dazu werden wir in der Tat einige Steuern für einigerhöhen – wir sind hier ehrlich und wahrhaftig –, weiliese Zukunftsinvestitionen anders nicht zu finanzierenind. Da die Bezieher höherer Einkommen und die Be-itzer hoher privater Vermögen die Gewinner der Ein-ommens- und Vermögensverteilung der letzten5 Jahre sind, halten wir es verteilungspolitisch auch fürchtig, sie stärker zur Finanzierung von vier zentralenffentlichen Aufgaben heranzuziehen: für Bildung, fürfrastruktur, für Kommunen und zum Schuldenabbau.
Wenn Sie von Umverteilung reden, wollen Sie dieenschen immer in eine Geisterbahn hineinführen, nachem Motto: Bei den Sozialdemokraten müsst ihr eureandtaschen und Portemonnaies zunähen, weil sie euchas Geld herausziehen wollen. – Sie malen hier immerolche Horrorgemälde und nutzen sie als Pappkamera-en, um Ihre Munition loszuwerden.Wenn Sie von Umverteilung reden, dann sage ich Ih-en: Ja, es gibt eine Umverteilung. Es gibt in Deutsch-nd seit 10 bis 15 Jahren eine deutliche Umverteilung,
nd zwar nicht von oben nach unten, sondern von untenach oben. Das sagt Ihnen nicht die SPD, sondern dasagt Ihnen das Statistische Bundesamt.Deshalb lassen wir uns auf diese Debatte über Um-erteilung und über eine stärkere Heranziehung der Be-ieher oberer Einkommen und der Besitzer hoher priva-r Vermögen zur Finanzierung der genannten vierffentlichen Aufgaben sehr gerne ein.
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Ja, es ist in diesem Land etwas aus dem Lot geraten,und zwar nicht nur mit Blick auf die Einkommens- undVermögensverteilung und auf die Spaltung des Arbeits-marktes, die offensichtlich wird, wenn man sieht, dassfast 25 Prozent der Menschen – nicht ganz – inzwischenin sogenannten prekären Arbeitsverhältnissen sind,wenn man sieht, dass jeder zweite Arbeitsvertrag inzwi-schen befristet ist, und wenn man sieht, dass sich vieleJugendliche von einem Werkvertrag zum anderen han-geln und so unsicher sind, dass sie deswegen in der Tatkeine Kinder in die Welt setzen.
Ich weiß, wie es mit einem Werkvertrag ist. Mein Be-rufsweg begann einmal mit einem Werkvertrag, wodurchdie Perspektiven ziemlich unsicher waren.Nein, in diesem Land ist nicht nur mit Blick auf dieSpaltung des Arbeitsmarktes und die prekären Beschäfti-gungsverhältnisse etwas aus dem Lot geraten, sonderninsbesondere auch deshalb, weil sich viele Steuerzahlerangesichts eines skandalösen Steuerbetruges inzwischenals die Dummen fühlen.
Es ist etwas aus dem Lot geraten, weil sich viele Steuer-zahler als die Haftenden in letzter Instanz für die Zocke-reien und die Risikoignoranz von Banken sehen.
Ich werde unterwegs von vielen Bürgerinnen undBürgern angesprochen und gefragt, ob der Ordnungsrah-men der sozialen Marktwirtschaft in Deutschland mitMaß, Mitte und Ausgleich eigentlich noch gilt oder obnicht alle ihre Lebens- und Arbeitsverhältnisse zuneh-mend von enthemmten, entgrenzten Marktkräften be-stimmt werden und in viele Lebens- und Versorgungsbe-reiche Marktkalküle Einzug halten sollen. Siebeschäftigen sich mit der Frage, ob diese Republik nochim Lot ist.Nun bin ich gespannt, ob Sie auch noch die Autofah-rer mit einer Pkw-Maut überziehen und für dumm ver-kaufen wollen. Das wäre dann zusätzlich zu der Sachemit den Steuerzahlern eine weitere Steigerung. Diesenpopulistischen Klamauk von Herrn Seehofer mit einerPkw-Maut für Ausländer müssten Sie doch eigentlich soschnell wie möglich stoppen.
Herr Seehofer verurteilt Sie ja schon auf die Opposi-tionsbänke, bevor die Wahllokale geschlossen haben,weil er mit Ihnen keinen Koalitionsvertrag ohne die Ein-führung einer Pkw-Maut für Ausländer abschließen will.
Gut: Dass er ein Quartalsirrläufer ist, das wussten wirschon
inGHS„MgbedSwfüdseADtopedEddwDmtiztemdedlewkS
Wenn er sich europarechtlich auf der richtigen Seiteähnt, weil er sagt: „Ich muss dann auch eine Pkw-Mautr die Inländer einführen, aber diese kompensiere ichurch den Wegfall der Kfz-Steuer“, dann muss man wis-en, dass die deutschen Klein- und Mittelklassefahrer fürine Vignette doppelt so viel bezahlen müssen wie imugenblick für die Kfz-Steuer.
ann muss man auch wissen, dass die Besitzer von Au-s der Premium-Klasse gegenüber ihren jetzigen Ver-flichtungen in Form der Kfz-Steuer doppelt so starkntlastet werden.
Ich will abschließend, Frau Merkel, noch einmal aufie Europapolitik eingehen und Ihnen mit sehr großemrnst vorhalten, dass Ihre Einlassung in einem Interview,as in der Woche vor der Bundestagswahl gesendet wird,ie SPD sei – ich zitiere – europarechtlich unzuverlässig,eit mehr ist als eine Verirrung in diesem Wahlkampf.as haben Sie gesagt, und das wird gesendet. Noch ein-al: Es geht um Ihren Vorwurf, die SPD sei europapoli-sch unzuverlässig.Sie müssen genau wissen, dass Sie damit Brückenerstören, dass Sie damit in der Zukunft Gemeinsamkei-n unmöglich machen, wo wir vielleicht auf diese Ge-einsamkeiten angewiesen sind;
enn wie Sie gerade selbst ausgeführt haben: An eineruropapolitischen Verantwortung meiner Fraktion beier Verabschiedung von Rettungsschirmen hat es in dentzten Jahren nicht gefehlt. In manchen Fällen musstenir Ihnen die Kanzlermehrheit erst besorgen.
In einem Fall, Frau Merkel, hätten Sie ohne uns wohleine Zweidrittelmehrheit für den ESM bekommen. DiePD in der Europapolitik unzuverlässig? Das werden
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Peer Steinbrück
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)wir uns merken; denn meiner Partei fiel das nicht ganzleicht. Meiner Partei wurde von vielen ihr konstruktivesVerhalten nach dem Motto vorgeworfen: Damit habt ihrzugegeben, dass ihr gegen das Krisenmanagement vonFrau Merkel in Europa keine Einwände habt. – Keines-wegs! Aber die SPD hat eben aus der Oppositionsrolleheraus gezielt keine Obstruktionspolitik gegen Europabetrieben.
– Nein, wir haben unsere Verantwortung wahrgenom-men; eine Verantwortung, die wir vertreten können undzu der wir uns auch bekennen können, wenn wir dieseBundesregierung mit mir als Bundeskanzler stellen.
Was wir dagegen über dreieinhalb Jahre lang an Ver-schleierung von Ihnen in Bezug auf die Konsequenzendieses Ihres Krisenmanagements erlebt haben, das ent-spricht nicht dem Wahrhaftigkeitsanspruch, der auch vondiesem Pult aus gelten muss. Sie haben mit Blick auf dieKonsequenzen dieses Krisenmanagements die Deut-schen hinter die Fichte geführt. Dann lupft HerrSchäuble ganz leicht die Kleider, bis zu den Knöcheln.Da wird dann deutlich, dass Ihr Handeln so weitergeht.Das Eingeständnis eines dritten Griechenland-Paketesist nichts anderes als der Hinweis darauf, dass das bishe-rige Krisenmanagement gescheitert ist.
Es zeigt, dass Ihre sehr einseitige Fokussierung auf eineSparkeule, die Sie anderen Ländern überziehen, ebennicht dazu beiträgt, dass diese Länder wieder vom Kran-kenlager hochkommen, dass die Jugendarbeitslosigkeitverringert wird und dass Banken stärker reguliert wer-den. Das wäre ein Ansatz für ein Krisenmanagement inEuropa.
Sie spielen auch hier auf Zeit. Sie sind auch hierschwammig, bleiben im Ungefähren und betreiben mitBlick auf die Konsequenzen ein Hütchenspiel mit derdeutschen Öffentlichkeit.Werfen Sie der SPD nicht etwas vor, was Sie selberbetrieben und gebilligt haben, nämlich eine Haftungs-und damit eine Schuldenunion, die es gibt, seitdem Siedas erste Mal dem Aufkauf einer griechischen Staatsan-leihe durch die EZB zugestimmt haben!
Seitdem haftet die Bundesrepublik Deutschland mit27 Prozent. Schenken Sie den Bürgerinnen und Bürgerndarüber endlich reinen Wein ein!mSJawIsSteiglekvh–kSdAsHaBdhdEukvmgDsz
t das keine Haftungsunion? Und dann erzählen Sie denteuerzahlerinnen und Steuerzahlern nicht, dass in letz-r Konsequenz von Fehlentscheidungen und Risiko-noranz ausländischer Banken die deutschen Steuerzah-r haften? Das ist schon ein Ding.
Sie haben das an eine auflösende Bedingung ge-nüpft, auch zur Beruhigung Ihrer Fraktion. Denn mir istöllig klar: Das haben nicht nur wir gemerkt; auch Sieaben gemerkt, was da passiert ist.
Nicht alle, aber einige schon.
Sie haben das an eine auflösende Bedingung ge-nüpft, nämlich an die Herstellung der Bankenunion.eitdem sind Sie sehr darum bemüht, die Finalisierungieser Bankenunion in Europa zu verschieben.
ber Sie haben die Staats- und Regierungschefs von die-em Rat und von dem jüngsten Rat im Juni damit nachause geschickt, dass unter Berücksichtigung dieseruflösenden Bedingung die Direktkapitalisierung vonanken aus dem ESM möglich ist. Dann lassen Sie unsas vor der Bundestagswahl auch aussprechen.
Nun wissen wir, dass die Bundesregierung weiterge-ende Verhandlungen erst im Herbst, also nach der Bun-estagswahl, führen will, um dann zu entsprechendenU-Richtlinien zu kommen. Ich sage für meine Fraktionnd meine Partei klipp und klar: Mit mir als Bundes-anzler wird es kein deutsches Steuergeld zur Rettungon ausländischen Banken geben.
Für Bankenverluste müssen vorrangig die Eigentü-er, die Aktionäre, die Anleihenbesitzer und die Gläubi-er dieser Banken haften. Das ist unsere Vorstellung.
eshalb befürworten wir das, was Sie auf der europäi-chen Ebene verschieben, nämlich einen Rechtsrahmenur Restrukturierung und Abwicklung von Banken und
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Peer Steinbrück
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einen Bankenfonds, einen Fonds zur Abwicklung undRestrukturierung von Banken, der aber nicht von denSteuerzahlern finanziert wird, sondern von den Banken.Darin unterscheiden wir uns von Ihnen.
Meine Damen und Herren, wir haben unter dieserBundesregierung von Frau Merkel vier verlorene Jahreerlebt. Wir haben vier Jahre lang von der Substanz ge-lebt. Deshalb braucht unser Land einen Neustart. UnserLand braucht eine Politik, die nicht nur ankündigt, nichtnur beobachtet, nicht nur abwartet und nicht nur aussitzt.Es bedarf Tatkraft, dass in die Zukunft unseres Landesinvestiert wird und dass das Land stärker wird, weil es inunserem Land sozial gerechter zugeht. Dafür möchte ichals Bundeskanzler arbeiten und wirken.Vielen Dank.
Das Wort als nächster Redner hat jetzt der Fraktions-
vorsitzende der FDP, Rainer Brüderle.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kol-lege Steinbrück, ich habe Ihnen eine halbe Stunde auf-merksam zugehört.
Ihre Rede hat mich an den alten Glaubenssatz erinnert:Gott weiß alles, Peer Steinbrück weiß alles besser.
Das Hauptproblem Ihrer Kandidatur ist, die Welt vonoben herab zu erklären. Ich frage mich manchmal, woherSie Ihr überbordendes Selbstbewusstsein nehmen. Siehaben eine Pannenstatistik wie ein Fiat Punto, führensich aber auf, als ob Sie ein Spitzen-BMW wären.
Ich erinnere mich noch gut, dass Herr Steinbrück voreinigen Jahren gefordert bzw. ernsthaft erwogen hat, dieAutobahnen zu verkaufen. Das ist nichts anderes als einePkw-Maut. Ich halte nichts von einer Pkw-Maut. Aberdazu, dass er sich nun bei diesem Thema so aufbläst, ob-wohl er selbst zuvor öffentlich darüber nachgedacht hat,kann ich nur sagen: sehr glaubwürdig, sehr glaubwürdig!Gndsfü–steWliDRDdreUaszgkhsaWwIcLWfündSSdbs
Ich habe die Worte Ihres engsten Vertrauten, Sigmarabriel,
och gut im Ohr. Ihr Parteivorsitzender hat am Anfanger Legislaturperiode erklärt, es gebe bald eine Abwärts-pirale, die zu Massenarbeitslosigkeit in Deutschlandhre.
Ja, das haben Sie gesagt. Sie schämen sich zu Recht.
Ihr bester Freund in der SPD hat also eine Abwärts-pirale vorausgesagt. Genau das Gegenteil ist eingetre-n. Es waren wirklich vier gute Jahre.
ir haben Rekordwerte bei der Beschäftigung. 42 Mil-onen Menschen sind in Arbeit oder selbstständig tätig.as gab es noch nie. Die Arbeitslosigkeit sinkt in allenegionen. In Bayern etwa herrscht Vollbeschäftigung.ort steht eine Eins oder eine Zwei vor dem Komma iner Arbeitslosenstatistik. Die Reallöhne steigen seit Jah-n wieder. Das ist der Erfolg fleißiger Menschen, dernternehmen und insbesondere des Mittelstands, aberuch der Erfolg der christlich-liberalen Koalition.
Wir haben es trotz eines schwierigen Umfeldes ge-chafft, die Menschen um insgesamt 22 Milliarden Eurou entlasten: Wachstumsbeschleunigungsgesetz, Kinder-elderhöhung, Abschaffung der Praxisgebühr und Sen-ung des Rentenbeitragssatzes. Wir haben den Bundes-aushalt konsolidiert. Wir haben eine strukturellchwarze Null. Die Sozialkassen weisen Überschüsseuf. Davon hat Ulla Schmidt zehn Jahre lang geträumt.ir machen es.
Wenn der Bundeshaushalt ausgeglichen ist, werdenir auch wieder eine Entlastungsperspektive eröffnen.h freue mich auf die Diskussion über den Soli. Für unsiberale hat er keine Ewigkeitsgarantie. Für uns gilt dasort von Helmut Kohl: Der Solidaritätszuschlag ist da-r da, den Aufbau in den neuen Bundesländern zu fi-anzieren. – Der Solidarpakt läuft 2019 aus. Spätestensann soll nach unserer Vorstellung auch das Ende desolidaritätszuschlags erreicht sein.
Wir haben fast 700 Milliarden Euro Steuereinnahmen.o viel gab es noch nie. Deshalb wird es auch Zeit, dassie Menschen an der Konsolidierungsdividende teilha-en.Es waren vier gute Jahre trotz schwierigster weltwirt-chaftlicher Rahmenbedingungen. Dass Sie uns kritisie-
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Rainer Brüderle
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ren, verüble ich Ihnen nicht. Aufgabe der Opposition istes, Kritik zu üben. Aber dass Sie das Land schlechtre-den, dass Sie ein Bild von Deutschland zeichnen, das derRealität nicht entspricht, ist eine Ohrfeige für die fleißi-gen Menschen in Deutschland. Das haben sie nicht ver-dient.
Das ist nicht anständig.
Lassen Sie mich zum Wort „Anstand“ einige Wortesagen. Sie haben einen Fairnesspakt angeboten. Wennman sich die letzten Wochen vor Augen führt, dann stelltman fest, dass Sie der Einzige sind, der sich nicht imGriff hat:Erstens. Sie haben die unsäglich geschmacklose Post-kartenaktion der Jusos unterstützt.
Als Sie gemerkt haben, dass diese Aktion ein Rohrkre-pierer ist, haben Sie sie zur politischen Satire erklärt.Okay. Manche Beobachter halten Ihre ganze Kandidaturfür eine politische Satire.
Zweitens. Kürzlich haben Sie der Bundeskanzlerinihre ostdeutsche Herkunft vorgehalten.
Damit haben Sie die Grenze des guten Geschmacksüberschritten.
Wir können stolz sein, dass 20 Jahre nach der Wieder-vereinigung Menschen aus dem Osten der Republik inhöchsten Staatsämtern sind. Das ist ein Erfolg, den wirvorweisen können.
Wir können stolz sein, dass jemand Vizekanzler werdenkann, der in einem anderen Land geboren wurde.
Wir alle können stolz sein, dass ein Außenminister, an-ders als in den 50er-Jahren, seinen Partner nicht mehrverstecken muss, sondern dass das Normalität inDeutschland ist.
Die christlich-liberale Koalition trägt ihre Weltoffenheitnicht wie eine Monstranz vor sich her. Das überlassenwshngflMngcEGESwsPFsdBteIhwNwnwsminbwhDmtedMdeare
Einen dritten Punkt möchte ich noch ansprechen. Sieaben in der Prism-Sache der Bundeskanzlerin quasi ei-en Meineid vorgeworfen. So etwas tut man nicht, schonar nicht, wenn die Vorwürfe offensichtlich aus ober-ächlicher Zeitungslektüre stammen.
ittlerweile wiederholen Sie die massiven Vorwürfeicht mehr.Ich fand es auch peinlich, wie sich Rot-Grün als Bür-errechtler aufspielen wollte. Die härtesten Überwa-hungsgesetze hat Rot-Grün gemacht, die massivsteningriffe in die Bürgerrechte in Deutschland hat Rot-rün zu verantworten.
s waren die berühmten „Otto-Kataloge“ von Herrnchily. Die Grünen haben alles mitgemacht. Einigesurde vom Verfassungsgericht gestoppt, wie zum Bei-piel das Abschießen von Flugzeugen. Alles das warolitik von Rot-Grün. Das haben wir nicht vergessen.
Einiges ist auch dank der Justizministerin von derDP offen geblieben, etwa die anlasslose Vorratsdaten-peicherung. Es ist sehr interessant: Die grün-rote Lan-esregierung von Baden-Württemberg bringt imundesrat Überlegungen ein, die anlasslose Vorratsda-nspeicherung für sechs Monate einzuführen. Das istre Vorstellung von Bürgerrechten. Das ist die Realität,enn es konkret wird.
icht alles, was technisch möglich ist, darf auch erlaubterden. Meine Daten gehören mir, nicht dem Staat,icht Facebook und Google. Meine Damen und Herren,enn Sie sich in diese Richtung bewegen, freut uns dasehr.Wenn man in andere Regionen der Welt schaut, siehtan, welches Glück wir eigentlich in Deutschland und Europa haben. Die Lage im Nahen Osten ist mehr alsedrückend; das zeigen die Bilder, die veröffentlichturden. Andere Bilder von dem, was in Syrien gesche-en ist, werden aus guten Gründen nicht veröffentlicht.iese Bilder sind mehr als bedrückend: Sie sind beklem-end, sie nehmen einem die Luft weg.Wir sollten uns aber vor voreiligen Forderungen hü-n. Deshalb ist es richtig, dass der Bundesaußenministerarauf verwiesen hat, dass eine Beteiligung an einemilitäreinsatz weder nachgefragt ist noch von der Bun-esregierung in Betracht gezogen wird. Dieses Themaignet sich nicht für den Wahlkampf. Hier sollten wirlle bei der wohlüberlegten sachlichen Linie der Bundes-gierung bleiben.
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Rainer Brüderle
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Die SPD spricht gern vom Aufstieg durch Bildung;das ist richtig. In der sozial-liberalen Zeit haben wir aucheiniges bewegt. Ich kenne das auch persönlich: Ich warder Erste in der Familie, der Abitur gemacht hat. Ichhabe mich auf den Hosenboden gesetzt und übrigens,Herr Gabriel, Hausaufgaben gemacht.
So hat es das Arbeiterkind Gerhard Schröder gemacht.Aber was machen die Sozialdemokraten heute? Sielassen sich von den Grünen die Abschaffung des Sitzen-bleibens aufschwätzen. Das hilft keinem Arbeiterkind.Das hilft keinem Migrantenkind. Vielleicht werden Siedemnächst zur Verwaltungsvereinfachung einführen,gleich mit der Geburtsurkunde das Abiturzeugnis auszu-händigen. Das wäre das Gegenteil vom Leistungsprin-zip, das wäre das Gegenteil von einem wirksamen Bil-dungskonzept, wie wir es in Deutschland brauchen.
Das sind die falschen Signale. Sie dienen der Infragestel-lung des Gymnasiums.Ich habe mir einmal die Zahlen heraussuchen lassen:Bei Rot-Grün lag der Bildungs- und Forschungsetat imSchnitt bei 8 Milliarden Euro. Bei der christlich-libera-len Koalition lag dieser Etat im Schnitt bei über 12 Mil-liarden Euro. Auch bei der Bildung gilt also die rot-grüne Regel: Man redet viel, getan wird wenig.
Das war übrigens auch bei der Familienpolitik so. Wirhaben das Kindergeld und den Kinderfreibetrag erhöht.Wir haben dafür gesorgt, dass Kinder aus Hartz-IV-Fa-milien ihre Jobverdienste behalten dürfen. Wir haben einBildungspaket für Kinder aus benachteiligten Familienauf den Weg gebracht.
Auch beim Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz für unterDreijährige ist es besser gelaufen, als die Opposition unsimmer vorgehalten hat. Wir Liberale haben das Betreu-ungsgeld mitgetragen, weil wir vertragstreu sind; Ver-träge, die wir unterschreiben, setzen wir auch um.Wir haben das Ehegattensplitting auf gleichge-schlechtliche Partnerschaften ausgeweitet. Grüne undRote haben das gefeiert. Das ist mir völlig schleierhaft.Sie wollen doch das Splitting für alle Paare, egal ob he-tero- oder homosexuell, abschaffen. Die SPD will einenPartnerschaftstarif mit Unterhaltsausgleich. Sie behan-deln Ehepartner, als ob sie schon geschieden wären.
Die Grünen wollen die sogenannte Individualbesteue-rung. Sie behandeln Ehepartner, als ob sie Fremde wä-ren. Das ist nicht mein Familienbild; das ist nicht meinGesellschaftsbild. Ehe oder Partnerschaft ist eine Verant-wortungsbeziehung. Das muss sich auch im SteuerrechtwIhvWtuDkFeislenwSnMDsKGSPDJbdfagbhGela
ie nennt den Veggie-Day-Zwang ein Angebot, das manicht ablehnen kann. So etwas kannte ich bisher nur ausafiafilmen. Der Pate grüßt!
as will niemand in Deutschland. Die Menschenchreien zu Recht auf wegen dieses Unsinns, Frauünast.Jetzt komme ich dazu, wie die Opposition das Themariechenland hochzieht. Auch das ist ein Rohrkrepierer.igmar Gabriel hat da Gerhard Schröder voll in diefanne gehauen. Ich zitiere ihn wörtlich:Griechenland in die EU aufzunehmen war sicherrichtig, es in die Währungsunion aufzunehmen aberwar sicher falsch.as hat Sigmar Gabriel wörtlich gesagt.
Wer war das damals? Gerhard Schröder war Kanzler,oschka Fischer war mit dabei. In Athen haben sie ju-elnd vorgetragen, vor der sozialistischen Regierung voner PASOK, was sie alles Tolles gemacht haben. Es warlsch! Sie haben recht, Herr Gabriel. Aber sie haben esemacht, und sie tragen die Verantwortung dafür. Sie ha-en damals regiert.
Wir müssen seit vier Jahren den Mist, den Sie unsinterlassen haben, aufräumen. Es waren Sie von Rot-rün, die in sieben Regierungsjahren fünfmal hinter-inander den Stabilitätspakt gebrochen haben. Deutsch-nd war das erste Land, das die Leitplanken für einen
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Rainer Brüderle
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stabilen Euro durchbrochen hat. Dann haben anderenachgezogen. Wer war dafür verantwortlich? Die Rotenund die Grünen! Die haben es gemacht!
Da kann man sich nicht so einfach vom Acker machen.Herr Gabriel, Sie haben wochenlang, monatelang vonden Euro-Bonds geschwärmt; das sei die große Lösung.„Euro-Bonds“, das heißt nichts anderes als: Alle zahlenden gleichen Zinssatz. Man nennt das im Klartext Zins-sozialismus. Sozialismus ist immer Mist. Zinssozialis-mus ist Mist hoch drei. Völlig falsch!
Dann kam der Möchtegernfinanzminister Trittin: Alt-schuldentilgungsfonds. Sie wollen, dass die Deutschendie alten Schulden in Europa zahlen.
Sie wollten gemeinsam mit der SPD sogar noch eineBanklizenz für den ESM, also eine weitere Gelddruck-maschine. Sie wollen überall Geld drucken, aber die Pro-bleme nicht lösen. Sie können Strukturprobleme nichtlösen, indem Sie alles mit Geld zuschütten. Da müssenSie den Hintern hochkriegen, konkret was machen, nichtnur herumschwätzen.
Altschuldentilgungsfonds ist Schuldensozialismus.Wir sollen haften für das, was Europa alles verschuldethat. Ich kann deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeit-nehmern nicht sagen: Ihr müsst drei Stunden mehr arbei-ten ohne Entgelt, damit wir die Schulden von Griechen-land und Spanien bezahlen.
Das ist nicht meine Vorstellung.
– Hören Sie zu! Sonst verstehen Sie es nicht. Sie habenes sowieso schwer, etwas zu verstehen.
Dann kritisiert Rot-Grün die exportorientierte Wirt-schaft und will die starke Exportorientierung in Deutsch-land reduzieren. Einige meinen ja auch, die richtige Stra-tegie wäre: erst die Löhne rauf, dann die Arbeitszeitrunter. – Sie können im sozialistischen Frankreich diefatalen Auswirkungen einer sozialistischen Politikbeobachten: mehr Arbeitslose, höhere Steuern, mehrSchulden, Herabstufung der Kreditwürdigkeit, schrump-fende Wettbewerbsfähigkeit.szFbjedSfüwüZswWEWläZvh–swreüdicSWdnhliisraEmFisbDkztä
Damit da kein falscher Eindruck entsteht: Die Aus-nder kaufen freiwillig unsere Produkte. Das ist keinewangsabnahme. Sie kaufen sie, weil sie gut sind. Daserstehen Sie alles nicht. Das tut Ihnen weh; aber es istalt so.
Die Realität tut immer weh, Frau Künast, und es istchön, dass Sie durch Schreien kundtun, dass Sie esirklich nicht verstehen.Ich komme zum Stromsektor. Die Grünen präsentie-n jährlich eine von ihnen in Auftrag gegebene Studieber die Strompreisentwicklung. Ich will auf die metho-ischen Schwächen dieser Studie nicht eingehen, aberh gehe auf den Strompreispopulismus der Grünen ein.ie sagen: Die Konzerne sind schuld. – Ich frage Sie:arum machen Sie nichts dagegen? Die grün-rote Lan-esregierung in Baden-Württemberg ist der Großaktio-är bei EnBW. Sie können doch die Preise senken. Sieaben doch das Sagen in diesem zum größten Teil staat-chen Unternehmen. Dort sind Ihre Aufsichtsräte. Dortt Frau Röstel, die frühere Parteivorsitzende. Aufsichts-tsmitglied sein heißt nicht nur, Lachsschnittchen essen.s bedeutet: Mitdenken und Mitverantwortung überneh-en.
Wo ist denn der Anstand bei dieser Strompolitik?rau Göring-Eckardt propagiert immer den Anstand. Wot er bei dem dreisten Solarlobbyismus, den Sie betrei-en? Herr Trittin hat bei der Einführung des EEG gesagt:as kostet so viel wie eine Kugel Eis im Monat. – Heuteostet das so viel, dass Sie beim Italiener die Eiskarte so-usagen rauf und runter essen könnten. Das ist die Reali-t.
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Rainer Brüderle
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Die Ausnahmeregeln sind damals auf den Weg ge-bracht worden. Die Bundesregierung hatte beschlossen,diese zu überprüfen. Die Bundesbahn profitiert davonmit 500 Millionen Euro. Wenn Sie die Ausnahme strei-chen, können Sie den Bürgern gleich erklären, warumsich die Preise für die Fahrkarten erhöhen.
Nehmen Sie die Stadtwerke in Schwerin. Wenn Sie dieAusnahme streichen, können Sie gleich erklären, warumdie Preise für den Nahverkehr steigen.
Das sagen Sie nicht. Sie jubeln irgendeinen Punkthoch und vernebeln das, was Sie gemacht haben. Sie ha-ben genau diese Politik eingeleitet, wobei ich folgendenAspekt für richtig halte: Wenn wir moderne Motorenherstellen wollen, dann brauchen wir Gießereien inDeutschland.
Wenn Sie die alle vertreiben, werden wir nicht mehr ander Spitze der Entwicklung sein. Deshalb muss man ver-nünftig agieren. Sie haben es falsch gemacht, indem Sieeine Übersubventionierung betrieben haben.
Sie haben neue Sofamelker etabliert. Das gab es früherbei den Bauern. Einige hatten zwar keine Kühe, habenaber die Milchquote genutzt. Heute haben wir das beiden Solarstromerzeugern: 43 Cent auf 20 Jahre garan-tiert, Einspeisevorrang. Die Oma mit der Leselampezahlt das in Form der Umlage.
Ihre Freunde, die sich das Schloss vom Gottschalk kau-fen können, profitieren davon, weil sie eine Preisgarantievon 20 Jahren haben, also eine Garantie dafür, dass sieden Strom zu diesem hohen Preis ins Netz geben kön-nen. Das ist doch keine vernünftige Politik.
Die Umlage ist deshalb so stark nach oben geschossen,weil Sie sie falsch konzipiert haben.
Ich komme noch zu einem anderen Thema. Die SPDprobiert es neuerdings mit Steuersenkungen. Aus Pan-nen-Peer wurde offenbar ein Panik-Peer. Ich bin er-staunt, was Sie alles plötzlich senken wollen: Strom-steuer. Beim Spitzensteuersatz haben Sie Jo-Jo gespielt:erst rauf, dann wieder runter. Sie sprechen plötzlich vomAmvsbLwms47eDVdgtemdwbdSKmMdroWSswdweWmSlaMmn
Wenn Sie den Handwerksbetrieb mit einer Vermö-ensabgabe bzw. einer Vermögensteuer zusätzlich belas-n, dann treffen Sie die Mittelständler. Das sind die Job-otoren der Gesellschaft, die uns voranbringen. Genauas wollen Sie machen. Herr Trittin will das sogar rück-irkend machen. Wenn Sie rückwirkend Steuern erhe-en – vielleicht noch bis in die 20er-Jahre zurück –, istas ein Verfassungsbruch. Das ist doch alles absurd, wasie beabsichtigen.
Wenn Sie mir nicht glauben: Frau Scheel, Herrretschmann und Herr Palmer, der grüne Oberbürger-eister, warnen vor Ihrer Politik, weil Sie damit denittelstand beschädigen. Sie sagen, dass das nicht seinarf. Die Wirtschaftsforscher berechnen, dass bei einert-grünen Regierung 400 000 Jobs verloren gehen.enn die Linke drankommt, sind es 900 000 Jobs. Wennie Rot-Rot-Grün hinkriegen, dann ist der maximale Un-inn in Deutschland erreicht. Das gilt es zu verhindern;ir dürfen das nicht zulassen.
Deshalb bleibt es dabei – diese Wahrheit muss manen Deutschen sagen –: Man kann eine gute Zukunftählen, indem man diese Regierung
rneut wählt.
ir haben den Praxistest geliefert. Es geht. Sie kommenit Rezepten von vorgestern, die x-mal gescheitert sind.ie sollten Karl Marx in seinem Museum in Trier stehenssen. Holen Sie die alten Klamotten nicht raus; keinensch will das mehr haben. Denken Sie nach vorn;achen Sie einen Modernisierungskurs. Wir helfen Ih-en gern.
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Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende der Lin-
ken, Dr. Gregor Gysi.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich findediese Debatte schön. Wir sollten es zur ständigen Ein-richtung machen, immer etwa drei Wochen vor der Bun-destagswahl eine richtige Wahlkampfdebatte zu führen.Wenn wir das so nennen, dann muss man sich auch nichtdavor drücken, Wahlkampfreden zu halten.Ich habe Ihnen allen zugehört und habe festgestellt,dass die Kanzlerin und Herr Brüderle mit sich selbst sehrzufrieden sind. Ob das ausreicht, ist allerdings eine an-dere Frage.
Bei Ihnen, Herr Steinbrück, habe ich festgestellt, dassSie – zum Teil zumindest – eine Umverteilung der Argu-mente von den Linken zur SPD organisieren – sehr spät,ehrlich gesagt, aber immerhin.Herr Brüderle, Sie haben etwas sehr Bemerkenswer-tes gesagt. Sie haben gesagt, dass Sie seit vier Jahren denMist aufräumen müssen, der bis dahin entstanden war.Damit sagen Sie natürlich der Kanzlerin – sie ist jaschon seit acht Jahren Kanzlerin –, dass sie vier Jahrelang nur Mist gemacht hat. Darauf will ich nur hinwei-sen; das müssen Sie miteinander klären.
Kommen wir zum Ernst der Angelegenheit. Es gab– zumindest höchstwahrscheinlich – einen Giftgasan-schlag in Syrien mit über 1 400 Toten. Das kann man garnicht scharf genug verurteilen. Das Völkerrecht sieht da-für Entsprechendes vor: dass die Verantwortlichen exaktzu ermitteln und dem Internationalen Strafgerichtshof inDen Haag zu übergeben sind. Das wird auch eines Tagespassieren.
Aber das Völkerrecht sieht eines nicht vor: dass dieAntwort Krieg sein soll. Das steht nirgendwo.
Ich sage Ihnen: Ich halte die USA für nicht besondersglaubwürdig. Es gab nämlich schon einmal einen Gift-gasanschlag, und zwar im Irak durch Hussein. Dabeisind über 5 000 Kurdinnen und Kurden ermordet wor-den. Damals haben die USA mit der Androhung des Ge-brauchs ihres Vetorechts eine scharfe Resolution des Si-cherheitsrates verhindert. Danach kam nur der Appell anden Irak, das künftig zu lassen, was nicht besonders vielwert war.Wenn man jetzt einen Kriegsschlag gegen Syriendurchführt, kann die Situation völlig unbeherrschbarwerden. Wer weiß denn, was Assad dann macht? Derkann den Konflikt noch in den Libanon und nach Jorda-nwlilazInhzreSzhgRlaWaläeWdWwKmdsdedusgwDraSApIceWNd
uch deshalb, weil wir noch nicht genau wissen, wasassiert.Am 9. September tagt der amerikanische Kongress.h sage Ihnen: Wir werden danach eine Sondersitzunginberufen müssen, um über die Frage zu entscheiden:ollen Sie wirklich, dass Deutschland Kriegspartei imahen Osten wird, oder nicht? Dazu müssen Sie sichann hier bekennen. Deshalb werden wir eine solche Sit-
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zung beantragen, und ich hoffe auf die Zustimmung deranderen Fraktionsvorsitzenden.
Es gibt natürlich noch andere Gründe, uns zu wählen.Es gibt ja in diesem Bundestag, wie ich immer sage, eineKonsenssoße zwischen FDP, Union, Grünen und SPD.Es sind sechs Gebiete, auf denen Sie sich einig sind undbei denen nur wir widersprechen. Jetzt sage ich Ihnen et-was: Ja, die Linke ist ein ungeheurer demokratischer Ge-winn für den Bundestag.
Ich werde Ihnen das begründen.Erstens. Noch kein einziger Kriegseinsatz der Bun-deswehr ist gegen eine Ihrer Fraktionen entschiedenworden. Immer haben alle vier Fraktionen zugestimmt.Nur die Linke hat immer konsequent dagegen gestimmt.Das geschah in Übereinstimmung mit der Mehrheit derBevölkerung.
Zweitens. Die Waffenexporte haben alle Regierungengenehmigt: Kohl, Schröder, Merkel. Ihre vier Fraktionenstehen für die Erlaubnis von Waffenexporten. Wir stellenuns dagegen. Wir meinen, wir müssen nicht der dritt-größte Waffenexporteur der Welt sein. Nach 1945 hättenwir auch sagen können: Wir wollen nie wieder an Krie-gen verdienen. Wer Waffen verkauft, muss wissen: JedeWaffe findet ihren Krieg.
Drittens. Die völlig falschen Wege zur Überwindungder Euro-Krise sind Sie immer zu viert gegangen:Union, FDP, SPD und Grüne. Alle sogenannten Ret-tungsschirme haben Sie immer gemeinsam beschlossen.Dann sagt doch Herr Steinbrück in dem Duell mit Ih-nen, Frau Bundeskanzlerin, auf die Frage einer Journa-listin, warum er denn immer zugestimmt habe, wenn eralles kritisiert, was in Griechenland, in Spanien und inPortugal passiert, das sei Ausdruck der Europaverant-wortlichkeit der SPD. Ich finde, das ist eine Frechheit;das muss ich Ihnen sagen.
Was ist denn daran europaverantwortlich, wenn man denSüden Europas ruiniert?
Was ist denn daran europaverantwortlich, wenn man da-für sorgt, dass der Süden die Darlehen nie zurückzahlenkann, und zustimmt, dass die Deutschen für 27 Prozentall dieser Darlehen haften?Wenn ich die Bundesregierung frage, wovon sie dasbezahlen will, wenn es denn fällig wird, dann sagen diemir: Es wird schon nicht so kommen. – Das ist alles. Dashat aber mit perspektivischer Politik gar nichts zu tun.
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Was brauchen wir wirklich? Wir brauchen eine Fi-anzmarktregulierung. Wir brauchen eine Verkleinerunger Banken; wir sollten sie organisieren wie Sparkassen.h bin es auch leid, dass jede Bank gerettet wird. Dieönnen sich so viel verspekulieren, wie sie wollen. Diektienbesitzer haben ja nichts zu befürchten, weil dieteuerzahlerinnen und Steuerzahler das übernehmen.ein Mensch hilft einem Bäckermeister, der vor der In-olvenz steht. Bei den Banken wird aber immer alles be-ahlt. Auch ich will die Rettung der Guthaben der Bür-erinnen und Bürger und der Unternehmen, aber ich willicht die Aktienbesitzer und Anteilseigner retten. Dasuss endlich aufhören. Auch eine Bank hat pleitezuge-en, wenn sie denn pleite ist.
Wir wollen natürlich Steuergerechtigkeit. Darübergt sich ja Herr Brüderle immer so auf. Aber jetzt sageh Ihnen mal eines: Zu unserem Verständnis von Steuer-erechtigkeit gehören auch Entlastungen – Entlastungen,ie Sie gar nicht wagen. Sie wollen die berühmte „kalterogression“ – Sie übersetzen das ja nicht – abschaffen.as ist zwar nicht falsch, aber es reicht nicht. Wir müs-en den Mittelstandsbauch beseitigen. Die Mitte der Ge-ellschaft zahlt hier alles; der finanziell untere Teil kanns nicht, und an den oberen trauen Sie sich nicht heran,nd Sie wollen auch nicht an ihn heran. Deshalb müssenie Lehrerin, der Polizist, die Facharbeiterin, der Meisternd die kleinen Selbstständigen in der Bundesrepublikeutschland alles bezahlen. Schaffen Sie doch mit unsusammen den Mittelstandsbauch bei der Steuer ab.ann ginge es denen viel besser.
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Dr. Gregor Gysi
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Allerdings müssen wir das an eine Bedingung knüp-fen, nämlich an die Bedingung, den Spitzensteuersatz zuerhöhen, weil die Einnahmen aus der Lohn- und Ein-kommensteuer nicht sinken dürfen. Davon leben auchdie Kommunen, und die sind schon heute pleite, die kön-nen nicht noch mehr pleite gemacht werden. Deshalbsage ich Ihnen: Wir brauchen diese Schritte – Freibetragauf 9 300 Euro erhöhen, Mittelstandsbauch beseitigenund den Spitzensteuersatz erhöhen –, und dann wird dieGesellschaft gerechter, dann müssen wir über dieseDinge nicht mehr diskutieren.
Ich habe übrigens auch eine Frage an Bundesinnen-minister Friedrich, der leider nicht mehr da ist. Er hatsein Veto eingelegt und gesagt: Die armen Bulgaren unddie armen Rumänen dürfen nicht entscheiden, wo siearm leben; deshalb dürfen sie nicht nach Deutschlandreisen. – Das ist seine Logik, nicht meine Logik. Aberwenn es seine Logik ist, dann frage ich Sie: Warum giltdas nur für die Armen? Warum gilt das nicht für die Rei-chen? Warum gilt das nicht für die Konzerne? Warumdürfen die sich immer aussuchen, wo sie am wenigstenSteuern zahlen? Nein, wenn diese Logik für die Armengilt, dann muss sie endlich auch für die Reichen und fürdie Konzerne gelten.
Ich sage Ihnen noch etwas zu den Konzernen. Da sa-gen Sie immer: Die nutzen alle Steuerschlupflöcher. –Der Gesetzgeber schafft die Steuerschlupflöcher. Dannlassen Sie uns sie doch schließen. Ich möchte, dass dieKonzerne dort Steuern zahlen, wo die Wertschöpfungstattfindet, wo die Produktion stattfindet, und nicht dort,wo sie fiktiv irgendeinen halben Präsidenten mit einemviertel Büro hinsetzen – und dann bezahlen sie dort, inLiechtenstein oder was weiß ich wo, die Steuern.Schluss damit! Wo etwas hergestellt wird, wo eineDienstleistung erbracht wird, da müssen auch die Steu-ern gezahlt werden. Dafür müssen wir in Deutschlandsorgen.
Neben der Schaffung von Steuergerechtigkeit, die wirauch in Griechenland dringend benötigen würden, ist eswichtig, dass wir endlich die Steuerpflicht an die Staats-bürgerschaft binden. Dann wäre nämlich ein Problemgelöst. Dann können die Reichen hinziehen, wohin siewollen; aber sie bleiben, wenn sie Deutsche sind, inDeutschland steuerpflichtig, und wenn sie Griechensind, in Griechenland steuerpflichtig. Warum setzen Siedas nicht durch? Das wäre doch ein ganz wichtigerSchritt. Das gilt übrigens in den USA – beim besten Wil-len, Herr Brüderle, wirklich kein sozialistisches Land.Sie können diese Regelung also einführen. Damit könn-ten wir die eine oder andere Katastrophe verhindern.
Wir brauchen Aufbaukredite für Griechenland. Wennwir dort den Tourismusbereich, die Solarenergiebrancheund die Schiffsindustrie aufbauten, dann hätten die Grie-cdrelidisrukuwimaUdleBDsdfotiRsdvdeDndsghle2eAddresdsbw
a haben Sie gar keine Chance.Und Sie sagen: Die Leute müssen die Rente immerpäter bekommen. – Das ist der falsche Weg. Die Pro-uktivität steigt. Wenn wir endlich mal wirkliche Re-rmschritte gehen würden und in der nächsten Genera-on alle mit einem Erwerbseinkommen in dieentenkasse einzahlen müssten, ohne Beitragsbemes-ungsgrenze und bei Abflachung des Rentenanstiegs fürie Bestverdienenden, dann wäre alles bezahlbar, selbst-erständlich auch eine Rente ab 65 Jahren ohne Senkunges Rentenniveaus bei enger Ankopplung an die Lohn-ntwicklung. Das wäre möglich.
ass Sie von der FDP das nicht wollen, verstehe ich jaoch. Aber warum die SPD das nicht will und auch nuren Weg der Rentenkürzung geht, ist mir völlig unver-tändlich.
Es ist doch gut, dass es die Linke gibt, die dagegen ar-umentiert. Sonst wären die Rentnerinnen und Rentnerier diesbezüglich gar nicht vertreten. Das wäre viel-icht ein trauriger Zustand!
Das fünfte Thema ist die prekäre Beschäftigung.5 Prozent der Beschäftigten sind prekär beschäftigt: inrzwungener Teilzeit, in Minijobs, in Leiharbeit, alsufstocker. Zu den Aufstockern haben Sie, Frau Bun-eskanzlerin, einmal gesagt, Sie seien stolz darauf, dasser Staat denen zusätzlich etwas zahlt. Wir subventionie-n die Löhne mit 9 Milliarden Euro jährlich, und ichage Ihnen: Ich halte das für einen einzigartigen Skan-al. Wer in Deutschland einen Vollzeitjob hat, muss An-pruch auf einen Lohn haben, von dem er in Würde le-en kann, und darf nicht noch zum Jobcenter geschickterden. Das ist doch völlig abstrus.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 253. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. September 2013 32641
Dr. Gregor Gysi
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Leiharbeit muss verboten werden, weil damit eineEntsolidarisierung organisiert wird. Leiharbeiter verdie-nen nur die Hälfte bis zwei Drittel. Dann sagt man derStammbelegschaft auch noch: Wenn ihr nicht auf Weih-nachtsgeld und Urlaubsgeld verzichtet, dann werden wirnoch mehr auf Leiharbeit setzen. Auch diese Entsolidari-sierung muss endlich aufhören.Wir haben den größten Niedriglohnsektor in Europa.Herr Kauder, er ist größer als der in Griechenland und inZypern. Sie sollten sich dafür schämen.
Wir haben 9 Millionen Menschen, die trotz Arbeitsver-hältnis zu wenig verdienen, und dann haben wir nocheinmal 7,5 Millionen Menschen in Minijobs. Und Sie sa-gen, es geht allen gut? Reden Sie doch einmal mit diesenLeuten, die 4 Euro in der Stunde verdienen oder die ei-nen Minijob haben. Denen geht es nicht gut, ganz imGegenteil.
Es gibt den Missbrauch bei Werkverträgen. Außer-dem gibt es viele befristete Verträge. Von den Beschäf-tigten bis zum Alter von 35 Jahren haben 52 Prozent,mehr als die Hälfte, befristete Verträge, und dann be-schwert sich die Union immer und heult mir die Backenvoll, dass die Deutschen aussterben, weil jedes Jahrmehr Deutsche sterben als geboren werden. Wie sollman denn verantwortungsbewusst Kinder in die Weltsetzen, wenn man gerade mal einen Vertrag für ein hal-bes Jahr hat? Das ist doch abstrus. Außerdem gibt es16 verschiedene Schulsysteme, weil wir 16 Bundeslän-der haben. Auch das gehört ins 19. und nicht ins21. Jahrhundert.
Sie müssen also die Bedingungen verändern, dann wirdes auch wieder mehr Kinder geben.Bei diesen Themen sind Sie sich alle einig. Es tut mirleid, Herr Steinbrück, Sie wollen nur eine kleine Korrek-tur, die Grünen wollen eine kleine Korrektur, die Koali-tion will bei der prekären Beschäftigung nichts korrigie-ren. Die einzige Partei, die prekäre Beschäftigungüberwinden will, ist die Linke. Es tut mir leid, auch hiersind wir die Einzigen.
Das sechste Thema ist Hartz IV. Alle vier Fraktionenfinden Hartz IV richtig und sagen: Vom Grundsatz hermuss man das aufrechterhalten und nur hier und da einekleine Korrektur anbringen. Nein, das Ganze ist demüti-gend und verletzend organisiert,
und wenn es um das Existenzminimum geht, dann darfman das nicht noch mit Sanktionen unterschreiten. Dasverletzt Art. 1 des Grundgesetzes. Deshalb wollen wireine sanktionsfreie Mindestsicherung, und es wirdhöchste Zeit, dass wir sie in Deutschland einführen.
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Die Strompreise steigen. Sie haben nichts dagegenetan. Die Mieten steigen. Sie quatschen nur rum. Sie iner Regierung machen nichts dagegen. Das geht dochicht! Erklären Sie mir doch einmal: Wenn Frau A aus-ieht und Frau B einzieht und der Vermieter in der Woh-ung nichts verändert, warum darf er die Wohnung teu-r machen? Wieso? Er hat doch den Wert der Wohnungar nicht gesteigert. Was haben wir hier eigentlich füromische Regeln? Das kann man ändern, wenn manill, dass es für die Menschen erträglich wird. Natürlichrauchen wir auch mehr sozialen Wohnungsbau. Das istoch völlig klar.
Sie können eines doch nicht leugnen: Die Entwick-ng geht immer weiter auseinander. Früher gab es einrivates Nettovermögen von etwa 4,5 Billionen Euro, imahre 2012 waren es 10 Billionen Euro. 0,6 Prozent deraushalte gehörte davon ein Anteil von 2 Billionen, daseißt von 20 Prozent. 50 Prozent der Haushalte – dasind in finanzieller Hinsicht die unteren Haushalte – be-itzen davon 1 Prozent. 1 Prozent! 1998 besaßen diese0 Prozent noch 4 Prozent. Die Schere geht immer wei-r auseinander.
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32642 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 253. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. September 2013
Dr. Gregor Gysi
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Deshalb sage ich Ihnen: Wir haben eine Umverteilungvon unten nach oben. Es stimmt – da hat Herr Brüderlerecht –: Die hatten wir auch bei Schröder. Die haben wiraber auch bei Merkel, die haben wir bei Ihnen allen. Ichsage Ihnen: Diese Umverteilung von unten nach obenmuss gestoppt werden. Wir brauchen für mehr Gerech-tigkeit endlich eine Umverteilung von oben nach unten.Es wird höchste Zeit, dass wir das auch durchsetzen.
Auch in den Bereichen Gesundheit und Pflege habenSie nichts getan. Wir haben immer noch eine Zweiklas-senmedizin. Auch das ist unerträglich. Wir schlagenüberall Alternativen vor.
– Das kann ich Ihnen alles erzählen, aber ich habe ja lei-der bloß begrenzt Zeit. Zum Beispiel: Wir brauchenkeine Privatkassen. Wir müssen dafür sorgen, dass dreibis vier gesetzliche Krankenkassen das Ganze regulie-ren,
die Gesundheit organisieren, und zwar nach der Art derErkrankung und nicht nach der sozialen Stellung des Pa-tienten. Das ist das Entscheidende.
Jetzt sage ich Ihnen etwas, was die Union sehr erre-gen wird, aber es stimmt: Wir sind inzwischen die ein-zige Partei der deutschen Einheit.
– Wir. Inzwischen.
Ich will es Ihnen auch begründen. Ich sage „inzwi-schen“, ich sage nicht „von Anfang an“.
– Hören Sie doch einmal zu. – Ich sage „inzwischen“.Ich will Ihnen auch sagen, warum. Weil wir die Einzigensind, die dafür kämpfen, dass man in Ost und West end-lich für die gleiche Arbeit in der gleichen Arbeitszeit dengleichen Lohn erhält und für die gleiche Lebensleistungdie gleiche Rente. Das machen Sie nicht. Das torpedie-ren Sie seit Jahren, und damit spalten Sie die Gesell-schaft.
Wir waren 2009 bei der Wahl so stark, dass die Bun-deskanzlerin sogar angekündigt hat, die Rentenwerte inOst und West würden angeglichen.
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h will aber sagen: Wir brauchen endlich die gleicheente für die gleiche Lebensleistung. Und wer das nichtill, der spaltet die Gesellschaft, der sorgt nicht für Ein-eit.
Ich komme zum Schluss und stelle Folgendes fest:hne die Linke herrschte in diesem Bundestag gähnendeangeweile.
Das stimmt. Die FDP hat dem zugestimmt; darauf willh nur hinweisen. – Das ist schon mal ein Grund, uns zuählen und uns im Bundestag noch stärker zu machen.
Zweitens. Ohne die Linke gäbe es keinen Wider-pruch einer Fraktion gegen Kriege,
affenexporte, falsche Euro-Rettungsschirme, gegenie Senkung des Rentenniveaus und die Rentenkürzung die Anhebung des Renteneintrittsalters um zwei Jahret im Grunde eine Rentenkürzung; es sind zunächstwei Jahre; das soll ja noch weitergehen –, gegen pre-äre Beschäftigung und gegen Hartz IV. Das wäre eineerarmung der Demokratie.
uch deshalb ist es wichtig, diesen Widerspruch zu wäh-n.
Dann gibt es noch einen Punkt. Weil Sie sich bei die-en sechs Punkten in einer Konsenssoße befinden, re-gieren Sie nie aufeinander. Die Grünen ändern dochicht ihre Politik, bloß weil die FDP zulegt oder verliert.ie FDP ändert nicht ihre Politik, weil die Union zulegt.ie SPD ändert auch nicht ihre Politik. Die einzige Par-i, auf die Sie alle reagieren, ist die Linke.
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Dr. Gregor Gysi
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Deshalb ist es für die Leute so attraktiv, uns zu wählen.Sehen Sie mal: Man wählt uns, und noch bevor wir einendummen Antrag gestellt haben, ändern Sie schon IhrePolitik. So schnell geht das. Das schafft man nur mit derWahl der Linken.
– Doch. Ich kann Ihnen das sagen. Immer dann, wennwir stärker werden, werden die Grünen friedlicher, undimmer dann, wenn wir stärker werden, wird die SPD
sozialer. Selbst die Union bekommt dann einen kleinensozialen Tick. Ich gebe zu: Die FDP ist dagegen gefeit.
Aber die anderen drei Parteien, die richten sich schonnach unseren Wahlergebnissen. Das ist auch ein Vorteilvon uns.
Weil so viel über Koalition und Ähnliches gesprochenwird, sage ich: Liebe Kolleginnen und Kollegen von derSPD, ich weiß, Ihre Leidensfähigkeit ist fast unbegrenzt;aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass es doch ir-gendwo eine Grenze gibt.
Was wir wollen, ist ganz einfach, lieber Herr Gabriel:Wir wollen nicht, dass Sie links von der SPD stehen; dastehen wir doch, das ist gar nicht nötig. Aber wenigstenssozialdemokratisch könnten Sie endlich werden.
Zur Sozialdemokratie gehören keine Kriege, keine Ren-tenkürzungen und kein Hartz IV. Das müssen Sie endlichverstehen. Dann können wir nicht nur einen Personal-wechsel anstreben, sondern endlich auch einen Politik-wechsel und eine deutlich gerechtere Gesellschaft.Danke schön.
Für die Fraktion der Grünen spricht jetzt die KolleginKatrin Göring-Eckardt.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Herr Gysi, wissen Sie was: Angesichts dessen, was Siehier abgeliefert haben, und angesichts dessen, wie oft Siegesagt haben, was alles nicht ohne die Linke geht, mussman schon denken: Sie haben Sorge, nicht im nächstenBundestag vertreten zu sein.DfüinAreinbvimAzDsDzreDrendtueIhkbjelednsg
as wundert mich auch nicht, wenn ich mir vor Augenhre, dass sich Ihre Umfragewerte inzwischen nicht nur Sachsen und Thüringen halbiert haben.
ber ich sage Ihnen eines: Mit dieser Art von Selbstge-chtigkeit helfen Sie keinem Arbeitslosen, keinem, der Armut lebt, und noch nicht einmal den Ossis. Esraucht eine andere Politik, aber keine Schnöselsprücheon Ihnen, Herr Gysi!
Ich will auf das eingehen, was die Bundeskanzlerinmer wieder sagt: dass wir gut dastehen. 70 Prozent derrbeitnehmer bekommen heute niedrigere Löhne als vorehn Jahren.
ie Produktivität hat sich seit 1999 immer weiter ver-chlechtert.
ie Investitionsquote ist in 2012 von über 20 auf 17 Pro-ent gesunken.Jetzt werden Sie wieder sagen, das sei Schwarzmale-i.
as ist aber nicht meine Erfindung. Das sagt einer dernommiertesten Wirtschaftsexperten in Deutschland,ämlich Marcel Fratzscher, der Chef des DIW. Das istie Realität. Allerdings habe ich gelernt, Ihre Behaup-ng, Deutschland stehe gut da, ist nichts anderes alsine Illusion. Sie haben aber keine Lust mehr, sich beiren Illusionen unterbrechen zu lassen. Sie haben aucheine Lust mehr, sich die Realität anzuschauen. Das ha-en wir auch am Sonntag im Fernsehduell gesehen, alsmand versucht hat, Ihnen eine Zwischenfrage zu stel-n, Frau Merkel.
Tatsache ist: Ja, wir leben in einem der reichsten Län-er der Erde. Aber Millionen von Menschen habenichts von diesem Reichtum. Die Bildungs- und Auf-tiegschancen sind verdammt ungleich verteilt. Der Zu-ang zu dieser Gesellschaft ist reglementiert. Sie ist an
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Katrin Göring-Eckardt
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vielen Stellen eine blockierte und an vielen Stellen einegeschlossene Gesellschaft. Akademikerkinder habeneine sechsmal höhere Chance, ein Studium aufzuneh-men, als Kinder von Eltern ohne Studium. Dem reichs-ten 1 Prozent der Bevölkerung gehören 35 Prozent desgesamten Vermögens, den reichsten 10 Prozent sogarzwei Drittel. Nein, Deutschland geht es nicht gut. InDeutschland geht es nur einigen gut.
Wenn Sie sagen: „Deutschland steht gut da“, dann mei-nen Sie mit Deutschland nicht die Deutschen, sonderndie Privilegierten.
Das ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns, FrauMerkel.
Wir brauchen keine Politik für wenige, für diejenigen,die die Handynummer der Kanzlerin oder wenigstens diedes Kanzleramtsministers haben. Wir brauchen einePolitik für alle Menschen, egal ob gut verdienend oderHartz-IV-Bezieher, egal ob sie alleinstehend sind oder ineiner Familie leben, egal ob reiche oder arme Eltern,egal ob in Deutschland geboren oder anderswo. Einebessere Zukunft muss für alle möglich sein, eine Zukunftmit intakter Infrastruktur, mit einem guten und bezahlba-ren System sozialer Sicherheit, selbstverständlich mitfunktionierenden öffentlichen Institutionen und einemBildungssystem, in dem die Chancen gleich verteilt sind.Um all das zu schaffen, fehlen aber entscheidende Vo-raussetzungen, nämlich ein handlungsfähiger Staat undeine handlungsfähige Regierung. Ja, es fehlt auch einehandlungswillige Kanzlerin in diesem Land, um die Si-tuation zu verbessern. Diese Kanzlerin handelt jedochnicht, meine Damen und Herren.
Das liegt nicht daran, dass sie Ossi ist. Das liegt auchnicht daran, dass sie Frau ist. Das liegt noch nicht einmaldaran, dass sie Tag und Nacht per Babyfon HerrnSeehofer betreuen muss, weil der permanent herum-schreit, und deswegen nicht zum Regieren kommt.
Frau Merkel handelt deswegen nicht, weil sie keineIdeen für die Zukunft hat; weil sie auf Sicht fährt; weilsie am Gängelband der FDP hängt; weil sie sich von derKrise das Programm hat schreiben lassen, anstatt Ideenzu entwickeln. Ihnen macht Regieren Spaß, haben Siegesagt, Frau Merkel, weil es an jedem Morgen neue Pro-bleme gibt. – Wir hätten am Abend gern mal wenigstensfür eines der Probleme eine Lösung gesehen.binnnwmpbdghMbLcgfeMdKmIcdEsreKBhmuhIneDdg
Frau Bundeskanzlerin, jetzt ist eine neue Phase ange-rochen, eine, in der ohne Ideen nichts mehr geht, eine, der es ohne Ideen zu immer neuen Krisen kommt,icht nur im Inland, sondern auch im Ausland. Es reichticht mehr, herumzulavieren, es reicht nicht mehr, abzu-arten – nicht in Europa, nicht gegenüber Russlands ho-ophobem Diktator und erst recht nicht in der Energie-olitik. Sie sind dabei, das Land müde zu lächeln. Wirrauchen aber dringend einen Aufbruch, Frau Merkel;eswegen braucht es den Wechsel.
Bisher haben Sie in Europa ein Krisenmanagementemacht. Jetzt müssten Sie eigentlich einmal sagen, wo-in Sie mit Europa wollen. Wir sind doch ein Europa derenschen und nicht ein Europa der Banken. Und, ja, wirrauchen Leidenschaft für ein Europa, in dem jungeeute Hoffnung haben, egal ob ihre Muttersprache Grie-hisch ist oder Deutsch, ein Europa, das endlich voran-eht mit der Energierevolution. Dank Ihrer Politik schaf-n wir das noch nicht einmal in Deutschland, Frauerkel.
Sie stellen sich hierhin und sagen: Keinen Cent fürie Griechen ohne Gegenleistung!
urz vor der Wahl, Frau Merkel, fangen Sie wieder anit einem „faule Griechen“-Revival.
h finde das beschämend: die Beschimpfung eines Lan-es, das extrem viel geleistet hat und auf das Sie ohnende Druck ausgeübt haben, Frau Merkel.Man kann es vielleicht so zusammenfassen: Mit derchwarz-gelben Regierung regiert die Ideenlosigkeit, esgiert das Motto „Gemeinsam gleichgültig“.Die Verschuldung der öffentlichen Hand ist unteranzlerin Merkel so stark gestiegen wie unter keinemundeskanzler zuvor. Diese schwarz-gelbe Regierungat über 100 Milliarden Euro neue Schulden aufgenom-en. Frau Merkel, das ist eine sensationelle Katastrophend kein sensationeller Erfolg, wie Sie es hier behauptetaben.
sgesamt sind das 500 Milliarden Euro mehr. Sagen wirs einfach einmal so: Diese Regierung steckt knietief imispo; die Zinsen und Zinseszinsen müssen unsere Kin-er und Kindeskinder zahlen. Generationengerechtigkeiteht anders, meine Damen und Herren.
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Katrin Göring-Eckardt
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Auch was die öffentliche Infrastruktur angeht, mussman feststellen: Sie haben keine Ideen. Wir leben inDeutschland längst von der Substanz. Seinen wirtschaft-lichen Erfolg hatte dieses Land einstmals der guten In-frastruktur zu verdanken.
Die geht jetzt den Bach herunter: Der Bahnhof einerLandeshauptstadt ist tagelang außer Betrieb.
Sagen Sie jetzt bloß nicht: „Schuld sind die anderen“,Frau Merkel! An vielen Orten sind die Straßen kaputt,sind Brücken baufällig. In öffentlichen Gebäuden fälltder Putz von der Decke.
Städten und Kommunen fehlen insgesamt 128 Milliar-den Euro.
Es fehlen die Steuereinnahmen, um die Mängel endlichzu beseitigen und diesen Investitionsstau zu beheben.
Ich weiß, Herr Brüderle, dass Sie da nie hingehen,dass Sie sich woanders herumtreiben – mit Ihren Lobby-isten Kaffee trinken gehen –, statt einmal zu schauen,wie es in den Schulen dieses Landes aussieht.
Man muss sich einmal mit dem tatsächlichen Leben be-schäftigen, anstatt nur auf BIP-Zahlen zu schauen. Wobleiben Ihre Ideen für gute Kinderbetreuung, für Kinder-betreuung, die gut ist für Kinder und nicht für die Statis-tik von Frau Schröder? Ist es das Beste für das Kind,wenn man, um einen Kinderbetreuungsplatz zu bekom-men, 20 Bewerbungen abschicken muss? Nein, da gehtes um Milliarden, die fehlen. Frau Merkel, Sie habeneben gesagt, dass wir mehr Geld für Kinderbetreuungbrauchen. Aber was machen Sie stattdessen? Sie schmei-ßen für das Betreuungsgeld jedes Jahr 1 Milliarde Eurozum Fenster hinaus. Das Betreuungsgeld gehört abge-schafft. Dann können wir endlich in Kitas investieren.
Ich vermisse eine Idee für den Bereich Bildung. Ko-operationsverbot – das haben Sie eingeführt – und eineLücke von 20 Milliarden Euro bei den Bildungsinvesti-tionen, das ist Ihre Bilanz. Wir waren einmal Bildungs-nation, und wir waren stolz darauf.HlidnwdLsMpsteinliinFdSg8wkistidbreFRfäte–wFScGdegs
eute bleiben so viele Kinder wie nie unter ihren Mög-chkeiten, nur weil sie im falschen Stadtteil wohnen,en falschen Vornamen haben oder weil ihre Großmuttericht in Deutschland geboren wurde. Das ist Ihre Verant-ortung. Das muss sich ändern mit Investitionen in Bil-ung und mit mehr Bildungsgerechtigkeit in einemand, das es sich definitiv leisten kann.
Ich will wissen, wen Sie eigentlich meinen, wenn Sieagen: Uns geht es gut. – Meinen Sie die 7 Millionenenschen, die in Deutschland für weniger als 8,50 Euroro Stunde arbeiten? Meinen Sie die 2,5 Millionen Men-chen, die inzwischen mehrere Jobs haben? Früher hiel-n wir das für amerikanische Verhältnisse, heute ist das Deutschland selbstverständlich. Meinen Sie die 3 Mil-onen Frauen, die ohne eigenständige Altersabsicherung Minijobs arbeiten, die Angst vor Armut haben?
rau Merkel, meinen Sie mit „Deutschland steht gut da“ie Menschen, die in Schlachthöfen für 4 Euro protunde arbeiten, und zwar unter katastrophalen Bedin-ungen, die mit Arbeitsschutz nichts zu tun haben?,50 Euro Mindestlohn, Leiharbeit, die gleich bezahltird, und endlich kleine Jobs, die man sich auch leistenann und bei denen nicht Altersarmut vorprogrammiertt – das ist die Alternative zu Ihrer Politik, Frau Merkel.
Man kann nicht bei denjenigen kürzen, die es am nö-gsten haben. Wenn man in den Bundeshaushalt schaut,ann sieht man: Sie haben bei den Langzeitarbeitslosen,ei den Alleinerziehenden und bei den Berufsrückkeh-rn gekürzt. Frau Merkel, Sie haben gemeinsam mitrau von der Leyen am Anfang der Legislaturperiode dieepublik darauf hingewiesen, dass es eine Armutsge-hrdung in Teilen der Bevölkerung gebe, gerade im Al-r.
Ja, das stimmt. Und was haben Sie gemacht? Der Ent-urf der Rentenreform ist im täglichen Gezänk mit derDP immer kleiner und kleiner geworden, und amchluss hat er sich komplett in Luft aufgelöst. Wir brau-hen endlich die Bekämpfung der Altersarmut mit einerarantierente gerade für die Frauen in dieser Republik,ie es durch Arbeit nicht mehr schaffen können, für einentsprechende Rente zu sorgen. Wir müssen dafür sor-en, dass sie mit einer Garantierente im Alter abge-ichert sind und nicht in Armut fallen.
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32646 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 253. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. September 2013
Katrin Göring-Eckardt
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Ideen bei der Gesundheitsversorgung? Fehlanzeige!Wer gesetzlich krankenversichert ist, wartet nicht nurdoppelt so lange auf den Termin beim Hausarzt, er war-tet dann auch noch doppelt so lange, bis der FacharztZeit hat. Fragen Sie mal Alte, chronisch Kranke oderMenschen mit Behinderung, dann hören Sie, dass ihnenmehr und mehr Leistungen vorenthalten werden. FragenSie einmal die Ärzteschaft und nicht die Lobbyisten:Diese sagt Ihnen längst mehrheitlich, sie wolle eine Bür-gerversicherung.
Ich will, dass wir endlich wieder dahin kommen, dassman, wenn man beim Arzt anruft, gefragt wird, was ei-nem fehlt, und nicht, welche Versicherungskarte manhat. Das ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns,Frau Merkel.
„Deutschland steht gut da.“ – Fragen Sie einmal dieFlüchtlinge, die hierherkommen und die hoffen, dass sieendlich in Sicherheit sind. Diese müssen hören, dass wireine Krise hätten oder überfordert seien. Anstatt mit demBlick auf die furchtbare Situation in Syrien die Türen zuöffnen und mehr Flüchtlinge aufzunehmen und zu sagen:„Natürlich können wir sie hier in Deutschland sicher un-terbringen“,
machen Sie die Tür wieder zu und reden von Überforde-rung in unserem Land mit Herrn Friedrich an der Spitze.
Fragen Sie einmal die jungen Leute, ob es ihnen gutgeht, die Sie zwingen, sich entweder gegen das Land zuentscheiden, in dem sie aufgewachsen sind, oder gegendas Land, in dem ihre Großeltern geboren wurden. Woist Ihre Idee von einem Land, in dem man gut lebenkann, gerade wenn man unterschiedlich ist? Jeder weißdoch, dass nur solche Gesellschaften erfolgreich sind,Frau Merkel. Nein, Ihr „Deutschland geht es gut“ hatnichts mit der Lebensrealität der Menschen hier zu tun.
Meine Damen und Herren, für diese schwarz-gelbeBundesregierung ist Deutschland kein Gemeinwesen,sondern eine einzige Lobbyrepublik. Diese Kanzlerinund ihre Regierung haben keine Idee von sozialer Ge-rechtigkeit. Man braucht sich nur den Bundeshaushaltanzuschauen: Sie kürzen bei den Kindern, bei den Ar-beitslosen, bei den Kranken, bei der Entwicklungszu-sammenarbeit mit den armen Ländern und zeigen denMietern die kalte Schulter.Anderswo haben Sie aber mächtig draufgelegt. IhreHotelsteuer hat uns inzwischen 4 Milliarden Euro gekos-teDföEteuEbLIhgrudZblihbMEwwEistiAsn9tug
inen solchen Dienstwagen braucht vielleicht ein Förs-r oder ein Bauer, aber niemand, der normal zur Arbeitnd wieder zurück fährt. Hier könnten Sie eine riesigeinsparmöglichkeit nutzen. Dann bräuchten Sie nichtei den Armen und Arbeitslosen zu sparen, Frau Merkel.
Man kann das alles zusammenfassen, wie Herraumann das gemacht hat.
r CDU-Freund aus Nordrhein-Westfalen hat wörtlichesagt: Sozialpolitisch waren die schwarz-gelben Regie-ngsjahre verlorene Jahre. – Ich finde, er hat recht. Lei-er!
Deutschland könnte bei der großen Aufgabe unserereit, der Energiewende, so gut dastehen, aber bei Ihnen,ei Schwarz-Gelb, herrschen Ideenflaute und handwerk-che Inkompetenz. Sie wollen die Dynamik bremsen,aben Sie hier gesagt. Sie haben hier wieder die Ausbau-remse für erneuerbare Energien angekündigt, Frauerkel.
hrlich gesagt glaube ich, Schwarz-Gelb die Energie-ende machen zu lassen, ist ungefähr so schlau, wieenn man Lehman Brothers beauftragen würde, dieuro-Krise zu managen. Das wirklich Tragische darant: Die schlechte Umsetzung ist von Ihnen auch poli-sch gewollt. Sie fahren die Energiewende sehendenuges an die Wand, und die Energiekonzerne lachenich mit ihren Kohlekraftwerken und Renditen am Endeoch ins Fäustchen.
Wir produzieren so viel Kohlestrom wie Anfang der0er-Jahre. Das hat nichts mehr mit Energiewende zun, sondern das ist eine Konterrevolution in der Ener-iepolitik.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 253. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. September 2013 32647
Katrin Göring-Eckardt
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Dafür, dass der CO2-Aussstoß steigt, tragen Sie Verant-wortung, Frau Merkel. Das hat große Folgen für den Kli-mawandel und unsere Umwelt, weswegen Sie sich mehrmit der Frage beschäftigen sollten, wie es mit den erneu-erbaren Energien weitergeht.Es mag Ihnen ja pathetisch vorkommen, aber ichbleibe dabei: Ich will, dass auch noch unsere EnkelZitronenfalter nicht nur aus dem Lehrbuch kennen.
– Ja, ich weiß, dass Ihnen so etwas völlig egal ist. – Ichbleibe dabei, dass ich will, dass auch noch die, die nachuns kommen, saubere Luft atmen können, und ich bleibeauch dabei, dass ich will, dass wir unseren Lebensstilnicht auf Kosten der ärmsten Weltregionen leben. Des-wegen brauchen wir die Energiewende.
Ich bleibe auch dabei, dass wir, statt jedes Jahr 1 Mil-liarde Euro in die Massentierhaltung zu stecken, endlichdafür sorgen sollten, dass gesundes Essen und Tierschutzzusammenkommen und dass nicht inzwischen die Tiereso viele Antibiotika bekommen, dass die Weißwurst ei-nes Tages wahrscheinlich rezeptpflichtig wird, FrauAigner.
Sie lassen die Menschen ganz nebenbei auch noch beider Stromrechnung im Regen stehen. Es gibt in Deutsch-land millionenfach Stromarmut, und es hat nichts mitMarktwirtschaft zu tun, dass die Verbraucher immermehr bezahlen müssen, obwohl der Börsenstrompreisdurch die erneuerbaren Energien sinkt.Herr Brüderle, als Sie als Wirtschaftsminister ange-fangen haben, betrug die EEG-Umlage 1,5 Cent. Jetztsind es 5,5 Cent. Das ist Ihre Verantwortung! Das ist IhreEnergiepolitik und das Ende einer Strompreisverantwor-tung für die Verbraucherinnen und Verbraucher.
Die Zeche Ihrer Politik zahlen die Mittelständler, derStudent und die Oma von nebenan.
Die Zeche zahlen diejenigen, die es sich nicht leistenkönnen.Deswegen sagen wir ganz klar: Mit einer anderenPolitik könnten wir sofort 4 Milliarden Euro einsparenund den Strompreis senken. Man kann erreichen, dassder Strom und die Energie bezahlbar bleiben, weil unsSonne und Wind keine Rechnungen schicken und indemwir dafür sorgen, dass es keine sinnlosen Ausnahmen– nicht beim Fracking, nicht bei der Kohle – und auchkein Ausweichen derjenigen mehr gibt, die heimlichsASSfeDmubtiddfeWgBtolareaabkRdBLn
ie haben keine Ideen, und damit werden natürlich diepielräume der kommenden Generationen eingeengt.Ausgerechnet Sie, Herr Brüderle, an der Spitze wer-n uns vor, wir wären eine Verbotspartei.
a kann ich nur sagen, lieber Herr Brüderle: Lieber ein-al in der Woche freiwillig Spinat mit Ei als jahrelangnfreiwillige Überwachung durch die NSA.
Da wir schon dabei sind, will ich Ihnen ein paar Ver-ote nennen, die wir gern abschaffen wollen: das Adop-onsverbot für Lebenspartnerschaften,
as Verbot einer Arbeitsaufnahme für Asylbewerber,
as Verbot der doppelten Staatsbürgerschaft – abschaf-n! –,
ettbewerbshürden im Energiemarkt – abschaffen! –,erne auch das Verbot, Fahrräder im ICE mitzunehmen.
Einführen wollen wir auch etwas. Wir wollen zumeispiel das Verbot einführen, Rüstungsgüter an Dikta-ren zu liefern. Ja, hier verbieten wir gerne etwas.
„Deutschland steht gut da“, sagen Sie. Ja, Deutsch-nd steht. Obwohl viele etwas tun, bewegt sich unter Ih-r Regierung nichts mehr. Deutschland wird sich abernstrengen müssen: ökologisch, ökonomisch und ebenuch sozial. Aber dafür braucht es Leidenschaft. Dafürraucht es eine Regierung, die etwas bewegen will, undeine, die sich selbst verwaltet. Dafür braucht es eineegierung, die einen Plan hat und eine Vision, eine Ideeavon, wohin es gehen soll. Ihre Regierung, die nur anIP und Bonus denkt, Frau Merkel, und Ihre Art, dasand stillzulächeln, haben ausgedient. Es braucht eineeue Regierung. Es braucht Bewegung – jetzt!
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32648 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 253. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. September 2013
Katrin Göring-Eckardt
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Das Wort hat jetzt der BundesfinanzministerDr. Wolfgang Schäuble.
Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister der Finan-zen:Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Ich möchte gerne, bei allem Respekt, FrauGöring-Eckart, vor Spinat mit Ei, wieder zur Lage unse-res Landes zurückkehren.
– Liebe Kolleginnen und Kollegen, Wahlkampf ist einewichtige Veranstaltung. Aber wir sollten auch im Wahl-kampf unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger ernst neh-men. Deswegen sollten wir auch im Wahlkampf die De-batte über die Lage unseres Landes mit Argumenten, mitFakten und mit Programmen führen. Wir sollten hierweiterkommen.
Herr Kollege Steinbrück, ich möchte mich gerne mitIhnen auseinandersetzen. Sie haben gefragt, wohin unserLand in den letzten Jahren gegangen ist. Die Antwortlautet: Aufwärts! Die Bundeskanzlerin hat in einer sehreindrucksvollen Rede
beschrieben, wie die Lage gewesen ist, in die wir alsFolge der Finanz- und Wirtschaftskrise geraten sind. Wirhatten im Jahre 2009 einen Rückgang unseres Brutto-inlandsprodukts um über 5 Prozent zu verzeichnen; eineErfahrung, die wir seit der Währungsreform nicht kann-ten. Als Folge dessen hatten wir für das Jahr 2010 einenHaushaltsentwurf mit einer hohen Neuverschuldung er-stellt. Das haben wir in der Großen Koalition gemeinsamgemacht. Heute sind wir in derselben Situation. DerHaushalt, den die Regierung im Juni aufgestellt hat, wirddas Gerüst für die nächste Legislaturperiode sein, auchnach den nächsten Wahlen.Wir haben nämlich diesen Haushalt im Gerippe mitden Rahmendaten übernommen, und dann musste für2010 eine Neuverschuldung von 86 Milliarden Euro ein-geplant werden. Die Bundeskanzlerin hat schon daranerinnert, dass in der mittelfristigen Finanzplanung fürdiese vier Jahre – das vergessen Sie in Ihren Reden gele-gsAEvewsimumfüeKwduddssoavgDvosrinsDsimvWwIcHis
as ist ein unendlich enges Geflecht. Es ist das Ergebnison Tarifautonomie: ein Qualitätssiegel unseres Stand-rts Deutschland.Reden Sie nicht von einem Flickenteppich, wenn wiragen: Wir wollen auch den Mindestlohn durch die Ta-fpartner regeln lassen statt von einem Gesetzgeber, dericht so viel weiß! Mit Einheitsregeln geht es dochchief.
In allem Ernst:
ie Einkommen sind in den letzten drei Jahren durch-chnittlich um 3 Prozent jährlich gewachsen. Wir haben Augenblick so viele Menschen in Arbeit wie nie zu-or. Die Arbeitslosenquote ist die niedrigste seit deriedervereinigung. – Herr Gysi ist leider nicht mehr an-esend; deswegen will ich nicht näher darauf eingehen.h fand es aber schon irgendwie süß, dass ausgerechneterr Gysi mir erklärt, wie es mit der deutschen Einheitt.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 253. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. September 2013 32649
Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble
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An diese Geschichte habe ich noch zu starke Erinnerun-gen. Aber ich mache es mit ihm persönlich aus. HerrGysi ist ja immerhin amüsant.
– Ich komme gleich darauf zurück. Hören Sie sich ein-fach ein paar Fakten an!
Wir haben die niedrigste Arbeitslosenquote seit derWiedervereinigung. Die Langzeitarbeitslosigkeit ist amstärksten gesunken. Die Zahl der Hartz-IV-Empfängersinkt am stärksten. Das sind Realitäten. Die OECD hatim Mai einen Bericht vorgelegt. Ich habe ihn dabei undkönnte lange daraus zitieren. Darin heißt es: Im Gegen-satz zu fast allen anderen OECD-Ländern ist in Deutsch-land die Kluft zwischen den höheren Einkommen undden geringen Einkommen nicht gewachsen, sondern ge-sunken.
– Entschuldigung, Herr Steinbrück: laut OECD-Berichtvom Mai 2013 in den vergangenen Jahren.
Jetzt kommt der nächste Punkt: Die Korrektur der Brutto-einkommen gegenüber den Nettoeinkommen durchSteuern und Beiträge ist in Deutschland stärker als infast allen anderen OECD-Staaten. Sie reden wirklich ge-gen jede Realität. Deswegen haben Sie nichts mit derWirklichkeit in diesem Lande zu tun.
Dies alles haben wir im Übrigen erreicht, indem wirein stabiles Wachstum haben. Die deutsche Wirtschaftist seit 2009 real um 8 Prozent gewachsen. In der erstenHaushaltsdebatte haben Sie damals die Bundeskanzleringefragt: Wo wollen Sie eigentlich hin? Wo wollen SieEnde 2013 sein? – Sie hat dann gesagt: Wenn wir imSeptember 2013 da wären, wo wir vor dieser schlimmenKrise waren, wäre es schön.Ich ziehe Bilanz: Der Einbruch betrug 5,1 Prozent.Wir haben 8 Prozent reales Wachstum. Frau Bundes-kanzlerin, wir haben Ihr Ziel etwas übererreicht. Ge-nauso haben wir auch die Schuldenbremse eingehalten.Die Neuverschuldung beträgt nicht 86 Milliarden Euro.Der Haushalt für das kommende Jahr sieht noch eineNeuverschuldung von 6 Milliarden Euro – ohne struktu-relles Defizit – vor. Bevor Sie weiterhin die unsinnigeBehauptung verbreiten, das habe nur mit den niedrigenZinsausgaben zu tun, will ich Ihnen einfach sagen: DieZinsausgaben im Haushalt 2014 belaufen sich zwar auf4 Milliarden Euro weniger als im Haushalt 2010. Abermit 4 Milliarden Euro weniger Zinsausgaben ist esschwierig, zu erklären, dass wir in der Zwischenzeit einstrukturelles Defizit von 46 Milliarden Euro völlig be-srusmddGmc–WUtudsktaMsaSkKpSeGuL–Tdüzdcsw–EpEwsWg
Nein, nicht dank des Bundesrates, sondern dank deratsache, dass diese Bundesregierung Wort gehalten undie Kosten der Grundsicherung im Alter in voller Höhebernommen hat. Sie von Rot-Grün haben diese Kostenur Hälfte auf die Kommunen übertragen. Wir habeniese Kosten in voller Höhe übernommen und entspre-hende Mittel in den Bundeshaushalt eingestellt. Dasind im Haushalt 2014 rund 4,5 Milliarden Euro, um dieir die Kommunen entlasten.
Nicht ausweichen! – Wir haben die Kommunen bei derrfüllung des Rechtsanspruchs auf einen Kinderkrippen-latz nicht alleingelassen. Wir haben über 5 Milliardenuro aus Bundesmitteln in Kinderkrippen investiert. Wirerden des Weiteren in den kommenden Jahren Zu-chüsse in Höhe von 850 Millionen Euro jährlich leisten.ir haben die Kommunen auf diesem Weg nicht allein-elassen.
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32650 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 253. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. September 2013
Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble
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Im Übrigen will ich noch sagen: Die Ausgaben belie-fen sich im Bundeshaushalt 2010 auf 303 MilliardenEuro. Ohne Berücksichtigung der Mittel für den Fluthil-feopferfonds, die in diesem Jahr hinzukommen – diesekleine Ausnahme haben wir noch nicht eingeplant –, ha-ben wir die Höhe der Ausgaben von 2010 in keinem Jahrüberschritten. Wir sind bei 303 Milliarden Euro geblie-ben. Der Haushalt, den wir im Juli im Kabinett einge-bracht haben, sieht ein Ausgabenniveau von 295 Milliar-den Euro vor. Das ist das Ergebnis unserer konsequentenPolitik der Rückführung der Neuverschuldung. Damitmachen wir unsere Finanzpolitik sowie die öffentlichenHaushalte und die sozialen Sicherungssysteme tragbar.
Da Sie wieder eine Debatte über Griechenland ange-fangen haben, die so überflüssig ist wie ein Kropf: Grie-chenland ist – –
– Ganz langsam! – Mit Genehmigung des Präsidentenmöchte ich gerne den Wortlaut meiner Regierungserklä-rung vom 30. November 2012 zitieren.
Als wir das zweite Griechenland-Paket dem Bundestagzur vorherigen Zustimmung vorgelegt haben, habe ichdas erläutert und wörtlich gesagt:… wenn danach ein weiterer Finanzbedarf bestehensollte, dann werden wir Griechenland … zur Wie-dererlangung des Marktzugangs weiter Hilfestel-lung geben, unter der Voraussetzung, dass Grie-chenland die Programmauflagen uneingeschränkterfüllt.Dieses Programm hat eine Laufzeit bis Ende 2014.Die Schuldentragfähigkeitsanalyse unterstellt, dass Grie-chenland erst nach 2020 unter die Grenze von 120 Pro-zent Gesamtverschuldung im Verhältnis zum Brutto-inlandsprodukt kommen kann. Deswegen war immerklar: Es kann einen begrenzten weiteren Finanzierungs-bedarf geben. Den werden wir aber Mitte 2014 feststel-len – nicht mehr und nicht weniger.Ich füge hinzu: Griechenland ist in einer schwierigenLage. Das habe ich oft genug gesagt. Deswegen müssenwir auch Respekt vor den Menschen in Griechenland ha-ben. Aber Griechenland erfüllt seit der Aufstellung die-ses zweiten Programms das, was in dem Programm ver-einbart worden ist. Griechenland liegt bei derDefizitreduzierung im Plan, sie erfolgt sogar etwasschneller. Die Wirtschaft entwickelt sich etwas wenigerschlecht als befürchtet. Der Tourismus in Griechenlandzieht wieder an. Griechenland hat seine Arbeitskostenum 13 Prozent gesenkt, es gibt wieder Exporte, auch inDrittländer.dddLEDd–vnfädwnaJDhgnteawmaoSsSgAWSruasuGgkfrgs
eswegen sind wir auf einem guten Weg. Das hat mitem Wahltermin nichts zu tun.
Entschuldigung. – Die Troika überprüft vierteljährlichor der Auszahlung der nächsten Tranche und fährt dazuach Athen. Ich sage Ihnen jetzt schon: Ende Septemberhrt die Troika wieder nach Athen. Damit Sie nicht aufie Idee kommen, der Zeitpunkt sei mit Absicht so ge-ählt, dass er nach der Wahl liegt: Er liegt in der Tatach der Wahl, aber das dritte Quartal endet nun einmalm 30. September. Das ist meistens so, auch in diesemahr.
ie Troika fährt übrigens Ende Dezember wieder dort-in. Also reden Sie nicht einen solchen Unsinn. Wir sa-en das, was wir wissen, und über das, was wir erstächstes Jahr wissen können, entscheiden wir im nächs-n Jahr. Dann ziehen wir die Konsequenzen. Wir sinduf dem richtigen Weg.Herr Steinbrück, Sie haben noch etwas gesagt. Ichundere mich sowieso über Sie. Manchmal denke ich,an sollte nicht Finanzminister gewesen sein, wenn manls Kanzlerkandidat der SPD auftritt. Dann muss manffenbar Dinge erzählen, die furchtbar sind.
ie haben es doch schon einmal besser gewusst. Ichpreche von der Bankenunion.
ie haben eine Bemerkung zur Bankenrekapitalisierungemacht, die unsäglich für einen von mir geschätztenmtsvorgänger war.
ir müssen es nicht schlimmer machen, als es ist.Es ist doch klar: Eines der zentralen Probleme bei dertabilisierung unserer gemeinsamen europäischen Wäh-ng ist, dass es uns besser gelingen muss, die Risikenus dem Finanzsektor von den Risiken der Staatsver-chuldung zu trennen. Das ist die Aufgabe einer Banken-nion. Dazu brauchen wir die notwendigen rechtlichenrundlagen. Deswegen brauchen wir auch eine be-renzte Vertragsänderung, die wir über Nacht nicht be-ommen. Deswegen hat die Bundeskanzlerin mit demanzösischen Präsidenten Hollande schon im Sommeresagt, dass wir gemeinsam mit Frankreich einen Zwei-tufenplan vorschlagen und jetzt das machen, was nach
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Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble
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den geltenden Verträgen zweifelsfrei und auf einwand-freier Grundlage möglich ist, und danach den zweitenSchritt machen.Das alles muss erst gemacht und eine klare Haftungs-kaskade eingeführt werden.
Die Eigentümer, also die Aktionäre – das muss manHerrn Gysi einmal erklären –, verlieren ihr Geld immer;aber wenn die Bank pleitegeht, dann sind die Einlagenfutsch, und das ist ein Problem für die Einleger und imÜbrigen natürlich vor allen Dingen für die Stabilität desFinanzsystems als Ganzem. Deswegen haben wir injener schrecklichen Krise 2008 und 2009 das zu Rechtverhindert. Wenn wir aber die Haftungskaskade haben– Eigentümer, Anleihegläubiger, dann erst die Mitglied-staaten und am Schluss die Gemeinschaft des ESM –,dann brauchen wir eine stärkere europäische Bankenauf-sicht; denn Sie können Banken – auch das ist eine Lehrevon 2008/2009 – nicht mehr nur durch nationale Institu-tionen beaufsichtigen, weil die alle grenzüberschreitendtätig sind. Weil alle diese Probleme nur auf europäischerEbene gelöst werden können, beschreiten wir diesenWeg. In dieser Reihenfolge geht es voran.Im ersten Teil Ihrer Rede sagten Sie, wir trieben dieLänder an den Rand der Armut, weil wir so streng seien,und im zweiten Teil Ihrer Rede sagten Sie, wir seienLuftikusse, die nicht darauf achteten, dass die Regelneingehalten würden. Ich sage Ihnen: Es gab eine De-batte, wenn auch nicht in unserem Land, sondern außer-halb, ob Europa immer deutscher wird, weil wir in derTat Wachstumslokomotive und Stabilitätsanker derzeitsind und sein müssen. Aber wir wollen kein deutschesEuropa, wenn ich Sie, Frau Bundeskanzlerin, zitierendarf. Aber ein starkes Europa muss es sein; denn in die-ser globalisierten Welt kann Europa seine Aufgabe, dazubeizutragen, dass die Welt nicht aus den Fugen gerät, nurerfüllen, wenn es handlungsfähiger wird, wenn es eini-ger wird. Dazu muss es vor allen Dingen wirtschaftlichleistungsfähig sein.Wir haben in diesen vier Jahren in dieser Hinsicht vielerreicht. Wir sind nicht über den Berg. Genau deswegenmuss Deutschland ein verlässlicher Partner in Europaund für die Welt bleiben. Wenn es noch einen Zweifelgab, ist spätestens nach dieser Debatte ganz klar: Dasgeht nur mit der Fortsetzung dieser Koalition unter derFührung von Angela Merkel.
Das Wort hat nun Frank-Walter Steinmeier für die
SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ichhabe damit gerechnet, dass Sie hier heute Morgen dasganz große Weihrauchfass schwingen werden. Aber, ehr-lich gesagt, lieber Herr Schäuble, mit so viel Selbstge-rechtigkeit hätte ich gerade bei Ihnen nicht gerechnet.An die anderen Mitglieder der Bundesregierung, die hiergSruretrsEereruwghmkkWadbWInhawghVhNwbFtesdsApnD
Als wäre der schwere Weg – das war ein verdammtchwerer Weg –, den Deutschland vom „kranken Mannuropas“ in den späten 1990er-Jahren an die Spitze deruropäischen Wachstumstabelle gegangen ist, ausge-chnet die Folge der guten Arbeit dieser Bundesregie-ng! Das ist doch lachhaft!
Daran waren Unternehmen beteiligt, daran waren Ge-erkschaften beteiligt, vielleicht auch frühere Regierun-en. Herr Brüderle, gerade wenn ich Sie von der FDPöre, muss ich sagen: Sie haben doch damals alle Refor-en, deren Ergebnisse Sie jetzt einfach einsacken, be-ämpft. Das ist doch die ganze Wahrheit.
Herr Schäuble hat eben von der tiefsten Wirtschafts-rise der Nachkriegszeit geredet: minus 5 Prozentachstum. Herr Brüderle, wie haben Sie sich verhalten,ls wir hier gemeinsam beschlossen haben, dass wir unsieser größten europäischen Krise nach dem Zusammen-ruch von Lehman Brothers entgegenstemmen müssen?
ie haben Sie sich verhalten? Sie haben das kommunalevestitionsprogramm abgelehnt. Sie haben Konjunktur-ilfen abgelehnt. Sie haben sogar die verbesserte Kurz-rbeit abgelehnt. Das ist die Leistung, auf die Sie ver-eisen können.
Ich hatte nicht gedacht, dass man das hier heute Mor-en noch einmal sagen muss. Aber weil Sie so geredetaben, Herr Brüderle, sage ich genauso schonungslos:on Ihnen gab es keinen anderen Beitrag. Sie haben sichier gemeinsam mit Schwarz und Gelb in das gemachteest gesetzt, nachdem andere Regierungen vor Ihnenirtschaftspolitisch die Kohlen aus dem Feuer geholt ha-en. Schlimmer noch: Sie schmücken sich mit fremdenedern, rühmen den Wettbewerbsvorteil deutscher Un-rnehmen gegenüber den Unternehmen der europäi-chen Nachbarschaft, und gleichzeitig sind Sie dabei,iesen Wettbewerbsvorteil, den wir uns über Jahre müh-am erarbeitet haben, durch eine verantwortungslosechterbahnfahrt in der Energiepolitik – die Energie-reise bringen die Unternehmen in den Keller – zu rui-ieren.
as ist doch die Wahrheit.
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Dr. Frank-Walter Steinmeier
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Sie rühmen sich selbst für eine Politik der kleinenSchritte. Die kleinen Schritte gestehe ich Ihnen zu; aberPolitik ist doch dabei nie herausgekommen. Sie schauenauf die Schlagzeilen des nächsten Morgens, FrauMerkel. Sie leuchten aus, wie viel Spielraum Sie haben,um nicht anzuecken. Ich sage: Auch das ist zu wenig. Je-denfalls aus meiner Sicht ist das kein Ausdruck von Ver-antwortung in der Politik.Verantwortung in der Politik, das heißt, über den Tag,über das Jahr, über die Legislaturperiode hinauszuden-ken, Weichen zu stellen, damit es auch der nächsten Ge-neration in diesem Lande mindestens so gut geht wieuns, damit auch sie ihre Lebenschancen hat.
Wenn das so ist, liebe Frau Merkel, dann sagen Sie mirdoch eine einzige Weichenstellung von Bedeutung, dieSie in dieser Legislaturperiode vorgenommen haben.Was ist geschehen im Bereich Rente? Was ist geschehenim Bereich Pflege? Was ist geschehen beim Arbeits-markt? Was ist geschehen im Gesundheitswesen? Weitund breit nichts, nichts an Vorbereitungen für eineschwieriger werdende Zukunft, meine Damen und Her-ren!
Beim Rausgehen aus dieser Legislaturperiode bre-chen Sie mit einem Vorschlag Ihres Gesundheitsminis-ters noch mal eben den gesetzlichen Krankenkassen dasGenick, und mit dem Vorschlag von Herrn Schäuble zurAbschaffung der Gewerbesteuer, den er in der Rheini-schen Post erneuert hat, werden Sie die Kommunen inden Ruin treiben.
Sie haben nichts getan für die Kommunen, sondern, ganzim Gegenteil, mit der Mehrwertsteuersenkung für dieHoteliers haben Sie ihnen Geld genommen. Wir habenfünf Sitzungen im Vermittlungsausschuss gebraucht, umSie zu zwingen, die Kosten der Grundsicherung durchden Bund zu übernehmen. Das war nicht Ihre Entschei-dung, meine Damen und Herren.
Wenn man nicht ganz verblendet ist und wenn manaus diesen letzten Jahren nicht alles vergessen hat, dannmuss man sagen: Es ist eine ziemlich bittere Bilanz, mitder Sie heute vor dieses Parlament treten. Sie haben jetztvier Jahre lang geerntet, aber Sie haben nichts gesät fürdie Zukunft, für die nächsten Jahre und Jahrzehnte. Siesind in dieser Legislaturperiode bei 3,6 Prozent Wachs-tum gestartet, sind im Augenblick bei 0,3 Prozent. Alles,was nötig war bei Rente und Pflege, zur Bekämpfungdes Facharbeitermangels, bei der Demografie haben Sienicht angepackt. Sie sind an der Aufgabe, Zukunft fürdie nächste Generation zu gestalten, gescheitert. Daswird die bittere Erinnerung an diese vier Jahre sein. Abergerade deshalb werden wir nicht zulassen, dass Sie induzSdHJmbDgtedVMDIhDESHIcdwlePüGBgdSktuRuSvhIhsDßns
Nach alledem erstaunt mich nicht, dass Sie jetzt dentrohhalm bei Europa gesucht haben. Aber wie sieht esenn in Wirklichkeit aus, jenseits der schönen Bilder, dieerr Schäuble eben noch einmal gemalt hat? Im fünftenahr der europäischen Krise doktern Sie an den Sympto-en herum. Sie reden, wie im Duell am Sonntag, voneginnender Konsolidierung. Und was ist die Wahrheit?ie Schuldenlast ist höher als vor viereinhalb Jahren!Ich bin mit Ihnen durchaus der Meinung, dass entge-en manchem Zynismus, wie wir ihn von der Linkspar-i vorhin gehört haben, Hilfen, auch konditionierte Kre-ite an die Notlagenländer richtig sind, aber der Rest dereranstaltung, den Sie zu verantworten haben, Frauerkel, ist doch Voodoo.
a ist doch nichts mit wirtschaftspolitischem Denken.r Rezept für Europa ist: ohne Wachstum aus der Krise.as hat nur noch nirgendwo auf der Welt funktioniert.s funktioniert auch in Europa nicht. Deshalb könnenie da auf keine Leistung verweisen, meine Damen underren.
Aber das ist nicht einmal der entscheidende Punkt.h finde, Sie müssen auch Verantwortung dafür tragen,ass nicht nur Ihre, sondern am Ende auch die Glaub-ürdigkeit von europäischer Politik überhaupt in dentzten Jahren gelitten hat. Es ist nicht ein einzelnerunkt, ein einzelner Beschluss über ein Rettungspaket,ber den ich rede; nein, der Grund für den Verlust vonlaubwürdigkeit ist Ihre Angst vor Wahrheit.Ich sage es noch einmal – ich habe das Bild in derild-Zeitung mit Frau Merkel auf dem Bismarck-Sockelut in Erinnerung –: „Kein Cent für Griechenland“, mitieser Beteuerung begann es. Dann ging es Schlag aufchlag: kein Rettungspaket. Dann hieß es: „jedenfallsein zweites Rettungspaket“, dann hieß es: „kein Ret-ngsschirm“, dann hieß es: „jedenfalls kein dauerhafterettungsschirm“, dann hieß es: „kein Anleihekauf“sw., usw. Sie haben jede rote Linie überschritten, dieie vorher selbst gezogen haben, und das ist der Verluston Glaubwürdigkeit, weil Sie Angst vor der Wahrheitaben, meine Damen und Herren.
Herr Schäuble, auch ich kann es Ihnen nicht ersparen,re Ankündigung der letzten Woche aufzugreifen. Ichage noch einmal: Nicht wir haben eine Griechenland-ebatte begonnen, sondern es war Ihre öffentliche Äu-erung bezüglich Griechenland. Die können Sie jetzticht durch den Verweis auf frühere Reden aus der Weltchaffen. Sie kündigen vorsichtig ein drittes Griechen-
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Dr. Frank-Walter Steinmeier
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land-Paket an. Frau Merkel wiegelt ab. Ich finde, sokann man mit den Menschen nicht umgehen. Ich hätteauch darauf verzichtet, dazu weitere Äußerungen zu ma-chen. Nach den ehrabschneidenden Äußerungen zu un-serer Europapolitik will ich aber deutlich sagen: Ichglaube, in Wahrheit bereiten Sie nicht einfach nur eindrittes Griechenland-Paket vor. Ich glaube nicht, dassdies ein normales Rettungspaket sein wird wie das ersteund zweite Griechenland-Paket. Sie bereiten in Wahrheiteinen Schuldenschnitt vor, auch wenn Sie es heute be-streiten. Sie werden Folgendes machen: Sie werden dieZahlungsfristen verlängern und die Zinsen für die Rück-zahlung senken. Das ist bei genauerer Betrachtungnichts anderes als ein Schuldenschnitt, den Sie als bevor-stehende Maßnahme öffentlich leugnen.
Deshalb sage ich: So kann man mit der Öffentlichkeitund insbesondere mit uns nicht umgehen. Deshalb einabschließendes Wort zu dem Vorwurf der europapoliti-schen Unzuverlässigkeit: Frau Merkel, es mag Ihr Stilsein, uns gegenüber ist es eine Sauerei.
Das ist eine Sauerei gegenüber einer Partei, ohne die Siebei der Abstimmung über den Fiskalpakt hier gesessenhätten wie das Kind beim Dreck. So ist es.
Statt dankbar zu sein, dass Ihnen dieses Schicksal erspartgeblieben ist, schmeißen Sie mit Dreck nach denen, diezu Europa gestanden haben, als Ihre Leute schon flucht-artig den Platz verlassen hatten. Das ist die Wahrheit.
Wenn das die einzige Lüge gewesen wäre, mit der Siedurch diese Debatte reiten, dann würde ich sie noch er-tragen. Mindestens die eine andere Lüge will ich auf-greifen. Das ist die Geschichte über die Aufnahme Grie-chenlands in die Währungsunion. Auch hier, meineDamen und Herren, wie bei NSA und anderen Themen,die wir heute gehört haben, fällt Ihnen nichts anderes einals eine möglichst schnelle Flucht aus der Verantwor-tung, bevor jemand merkt, welche Spuren Sie dabei hin-terlassen haben. Ich will doch gar nicht an das Wort vonHelmut Kohl im Mai 1998 erinnern. Was hat er gesagt?Er sagte: Wir bereiten uns darauf vor, dass wir Griechen-land in die Währungsunion aufnehmen.
Während der Regierungszeit von Rot-Grün wurde dieAufnahme damals vollzogen – gegen Ihren erbittertenWiderstand, wie ich Sie heute verstanden habe. Dieganze Wahrheit ist: Konservative und Liberale haben imEuropäischen Parlament zugestimmt. Die CSU hat sichmutig enthalten. Das ist die historische Wahrheit überden Kampf von Konservativen und Liberalen gegen dieAufnahme von Griechenland in die Währungsunion.sparegndzksAresWebcmfeNaEbdcedreLe–AudmnOkumicbfücdzis
Ich finde, alle haben recht, die sagen: Man kann eineolche Debatte heute nicht miteinander führen, ohne einaar Worte zum Thema Syrien zu sagen. Ich denke, wirlle sind in gleicher Weise durch die Bilder, die uns er-icht haben, beeindruckt und erschüttert. Der Giftgasan-riff, den es gegeben hat, ist der grausame Tiefpunkt ei-er syrischen Tragödie. Das ist wahr. Es sind Angriffe,ie nicht nur verbrecherisch sind, sondern eine Verlet-ung des Völkerrechts bedeuten. Eine solche Verletzungann nicht ohne Antwort bleiben. Ich glaube, so weitind wir uns einig. Ich rate uns nur sehr dazu, sich dientwort nicht allzu einfach zu machen. Es haben allecht – das gestehe ich zu –, die sagen, dass eine politi-che Lösung bislang nicht gelungen ist. Richtig ist auch:enn man jetzt eine politische Lösung angeht, dann gibts überhaupt keine Garantie dafür, dass dies Erfolg ha-en wird. Ich frage aber: Ist die Alternative etwa, die Su-he nach einer politischen Lösung zu unterlassen und da-it einer militärischen Option den Weg zu öffnen?Ich will die Gelegenheit heute nutzen, um vor leicht-rtigen Entscheidungen zu warnen, weil für viele dieotwendigkeit eines Militärschlags in den letzten Tagenuf der Hand lag. Ich glaube – ich habe da ein bisschenrfahrung –: Eine Einmündung in die militärische Logikedeutet immer, dass wir einen Automatismus auslösen,en wir nur schwer unterbrechen oder rückgängig ma-hen können.
Ich glaube, wir sind in der Vergangenheit gelegentlichinem fatalen Irrtum unterlegen: Es wurde zu oft ge-acht, dass da, wo eine politische Lösung schwer zu er-ichen ist, eine militärische Lösung einfacher ist. Dieseogik gilt, glaube ich, grundsätzlich nicht, und sie giltrst recht nicht im Nahen Osten, wo es passieren kann dieses Risiko müssen wir Deutsche viel stärker imuge behalten als viele andere auf der Welt –, dass einnbedachter Militärschlag eine labile Ordnung vollstän-ig kollabieren lassen kann, und zwar so, dass kein Steinehr auf dem anderen bleibt. Damit beziehe ich michicht allein auf Syrien, sondern auf den gesamten Nahensten. Es ist daher die Pflicht der Politik, alle Möglich-eiten, auch alle letzten Möglichkeiten, auszuschöpfennd jegliche Risiken abzuwägen.Meine Damen und Herren, wenn ich mich frage, wiean den Druck auf Assad erhöhen kann, dann kommeh zu folgendem Ergebnis: Nicht eine zweitägige Bom-ardierung ist gefährlich für Assad. Wirklich gefährlichr Assad ist die Beendigung der Spaltung im Weltsi-herheitsrat über Syrien.
Wenn man das genau betrachtet, dann stellt man fest,ass Assad von dieser Spaltung profitiert. Die Einigkeitwischen den beiden Großmächten Russland und USAt das, was er wirklich fürchten muss. Deshalb muss das
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Dr. Frank-Walter Steinmeier
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Schwergewicht der Außenpolitik auf dieser Einigkeitliegen.Peer Steinbrück hat dazu in der vergangenen Wocheeinen Vorschlag gemacht. Ich gebe zu, dass er vielen inder vergangenen Woche noch unrealistisch und manchensogar fantastisch erschien. Wir sind belehrt worden, dassder G-20-Gipfel nicht für die Lösung von außenpoliti-schen Krisen vorgesehen ist. Lassen Sie uns aber einmaleinen Strich darunter ziehen: Ein paar Tage später sindwir mit der Kernforderung, den G-20-Gipfel in SanktPetersburg zu einem Syrien-Gipfel zu machen – zeit-weise jedenfalls –, ein Stück weitergekommen. Ich kannnur hoffen, dass uns das, was Peer Steinbrück beschrie-ben hat, gelingt: dass wir durch gemeinsame Anstren-gungen wenigstens für eine kleine humanitäre Atem-pause sorgen können, in der die Versorgung von einigenFlüchtlingen möglich ist.Ich will es nicht zu optimistisch sehen und bin in derHinsicht auch nicht zuversichtlich, aber es gibt einekleine Chance, die Spaltung zwischen Washington undMoskau zu überwinden. Deutschland spielt – darumspreche ich es an –, was das Verhältnis zwischen Mos-kau und Washington angeht, aus historischen Gründeneine besondere Rolle und trägt eine besondere Verant-wortung. Genau diese Verantwortung ist in den letztenJahren vernachlässigt worden. Ich finde, sie ist manch-mal sogar verweigert worden.Auf Regierungsseite herrscht derzeit etwas Rat- undSprachlosigkeit, vielleicht sogar Verzweiflung. Denn seitdie Briten in eine neue Nachdenklichkeit über die Sinn-haftigkeit von militärischen Einsätzen verfallen sind undObama von seinen Ankündigungen schneller Militär-schläge abgerückt ist, weiß man nicht, an welchen dergroßen Partner man sich anlehnen soll. Ich stelle fest:Sie haben sich noch vor fünf Tagen forsch und schneidigall denjenigen angeschlossen, die eine entschiedene,auch militärische Reaktion gefordert haben. Sie habensie unter der Voraussetzung, dass der Einsatz von ande-ren verantwortet wird, unterstützt. Jetzt, nach der Ent-scheidung im britischen Unterhaus, suchen Sie Anleh-nung an andere Richtungen in der internationalen Politikund sind selbst ohne Position.
Meine Damen und Herren, das ist Lavieren.
– Ja, das können Sie gleich von hier aus sagen; Sie sindja gleich dran. – Das ist auch Wegducken. Aber ichglaube, das ist nicht die Außenpolitik, die von einemgroßen Land, dem größten Land in Europa, erwartetwird.
Mein Schlusssatz: Frau Merkel, wir haben zur Kennt-nis genommen: Sie sind zufrieden, Sie sind mit sich zu-frieden. Das haben wir gehört. Aber das reicht nicht fürdieses Land.DzinbsmmsimfünHhRBvWenseesurueDAbDVSDnEicg
as Land braucht eine Regierung, die Mut und Initiativeeigt, die bereit ist, für die Zukunft im eigenen Land undternational Verantwortung zu übernehmen. Deshalbrauchen wir am 22. September einen Regierungswech-el.Herzlichen Dank.
Das Wort hat nun Otto Fricke für die FDP-Fraktion.
Herr Präsident, auch auf die Gefahr hin, dass Sie esir auf die Redezeit anrechnen, möchte ich mich bei je-andem bedanken, der sich geweigert hat, eine Ab-chlussrede zu halten. Ich darf das, glaube ich, nicht nur Namen meiner Fraktion tun.Lieber Kollege Solms, ich danke für viele Jahre undr sehr vieles, was ich und auch manch anderer von Ih-en lernen konnte. So stelle ich mir einen Liberalen vor.erzlichen Dank für all das, was Sie getan haben.
Meine Damen und Herren, es geht am Ende – dasabe ich auch von Herrn Solms gelernt – immer um dieealität. Herr Kollege Steinmeier, darauf, wie Sie imereich der Außenpolitik auf primitive Art und Weiseersucht haben, das Thema Krieg doch wieder zu einemahlkampfthema zu machen, will ich gar nicht weiteringehen. So von mangelnder Verantwortungsüber-ahme dieser Koalition, dieses Außenministers und die-er Bundeskanzlerin zu reden und zu versuchen, irgend-ine Anlehnung an irgendwen zu konstruieren, wie Sies getan haben, ist schäbig. So geht man mit einem soensiblen und schwierigen Thema auf gar keinen Fallm, schon gar nicht hier in diesem Hause.
Aber so ist das, glaube ich, mit der Realitätsverweige-ng seitens der Opposition. Man muss eigentlich nurinmal schauen, was hier dazu gesagt wird, wie es ineutschland aussieht. Wenn man mit Menschen aus demusland redet, was viele Deutsche im Urlaub getan ha-en, und fragt: „Wie sieht es eigentlich bei uns ineutschland aus?“, dann erhält man die Antwort: „Eureerhältnisse in Deutschland, die hätte ich gerne. Eureozialsysteme, die hätte ich gerne. Eure Sozialquote ineutschland“ – die übrigens unter dieser Koalition nichtiedriger ist als unter Rot-Grün –, „die hätte ich gerne.ure Milliardenpuffer in den Sozialsystemen, die hätteh gerne. Eure Arbeitslosenzahlen, die hätte ich gerne.“Dieses Land hat gezeigt, dass es mit der richtigen Re-ierung das kann, was es mit Rot-Grün nie konnte, näm-
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Otto Fricke
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lich eine Führungsrolle einzunehmen und gleichzeitigVerantwortung zu übernehmen. Das ist das, was wir kön-nen und was Sie nie können werden.
Ich glaube, dass man noch einmal etwas bezüglichdes Themas „Wie sieht das eigentlich mit der Umvertei-lung von oben nach unten aus?“ hervorheben muss. Diehaben wir nämlich, und die ist auch in einer sozialenMarktwirtschaft richtig. Denn das heißt: Der Stärkereübernimmt mehr Verantwortung als der Schwächere.Wie sieht das denn eigentlich bei der Lohn- und Ein-kommensteuer aus? Die oberen 5 Prozent der Steuer-pflichtigen zahlen 42 Prozent des Steueraufkommens,und die unteren 50 Prozent zahlen 6 Prozent.
– Ja, Herr Steinbrück, das ist so. Ich weiß, das wollenSie nicht gerne hören. – Wenn es einen täglichen, jährli-chen, immer wiederkehrenden Beweis dafür gibt, wieviel mehr von oben gezahlt wird, dann sind es doch dieseZahlen.Was machen Sie? Sie sagen: 50 Prozent des Steuer-aufkommens. Ach, eigentlich sagen Sie: Lasst uns dochdie oberen 5 Prozent, die uns mit ihren Familien und mitden Arbeitnehmern, die sie in den Betrieben beschäfti-gen, völlig egal sind, noch einmal ein bisschen ausquet-schen. – Das ist die Realitätsverweigerung, in der Siesich befinden.Ich glaube, wenn es nach der Bundestagswahl einLieblingsbuch für Rot-Grün geben wird, dann ist dasDon Quichote. Schauen wir es uns an: Da gibt es denDon Quichote Peer Steinbrück. Bei Sancho Pansa wis-sen Sie auch, an wen ich bei der SPD denke.
Anhand der Beschreibung können Sie es sehr schön se-hen: Don Quichote ist lang, dürr – gut, darüber mankann streiten –, in idealistischem Träumen versponnenund nur vermeintlich furchtlos. Und Sancho Pansa hat– na ja! – ein etwas anderes Aussehen, leistet aber sei-nem Herrn Dienste, weil er alles gut durchschaut und da-rauf hofft, dass er mal eine eigene kleine Statthalter-schaft bekommt. So sieht es doch bei Ihnen aus. Unddann machen Sie aus Windmühlen auf einmal großeKrieger. Aus Weinschläuchen – da kennen Sie sich jaauch aus – machen Sie dann auf einmal Ungerechtigkei-ten in der Welt.Beschäftigen Sie sich doch einmal mit der Realität indiesem Lande! Beschäftigen Sie sich doch einmal mitden Zahlen in diesem Lande! Sie tun das noch nicht ein-mal beim Haushalt. Was war das denn, was der KollegeSchneider als haushaltspolitischer Sprecher der SPD je-des Mal erzählt hat? „Oh Gott, das ist auf Kante genäht!Oh Gott, das wird nicht funktionieren! Das ist alles ganzschlimm!“ – Und was machen wir? Das Erste ist: Wirg6hdEdtemdWgsAswaDtohOnNhpFjudisgBzRSsmPdd
Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-EN):Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdemier Fakten eingefordert wurden, kann ich Ihnen gern einaar Fakten nennen.
akt ist, dass diese Bundesregierung trotz guter Kon-nktur und damit hoher Steuereinnahmen 100 Milliar-en Euro neue Schulden macht. Frau Merkel, miserabelt nicht gut, nur weil es eigentlich noch viel schlechtereplant war. Das kann ja wohl keine gute Bilanz sein.
Fakt ist, dass die schwarz-gelbe Steuergesetzgebungund, Ländern und Kommunen 35 Milliarden Euro ent-ogen hat. Damit lassen Sie die Kommunen richtig imegen stehen, die nicht mehr für die Instandhaltung vontraßen sorgen können, die Probleme haben, Schulen zuanieren, die Schwimmbäder und Bibliotheken schließenüssen.Und Fakt ist, dass es der einzig wichtige Baustein derolitik der FDP war, ihre Klientel zu befriedigen, dassie FDP hier die Hotelsteuer, die Mövenpick-Steuer,urchgesetzt hat und damit eine neue Subvention in die
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32656 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 253. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. September 2013
Priska Hinz
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Top Ten aller Subventionen in Deutschland katapultierthat.
– Ja, da können Sie noch so laut schreien. Das ist IhrVerdienst. Aber das ist fast Ihr einziges Verdienst in ei-ner ganzen Legislaturperiode.
Und dann geben Sie das Geld, das Sie haben, auchnoch schlecht aus. Das Betreuungsgeld wurde heuteschon viel beschrien. Frau Wanka erzählt jetzt, dass manvon Bundesseite eigentlich auch noch Geld dafür ausge-ben muss, dass Kinder nach der Schule betreut werden.Ja, bitte schön, Sie können nicht alles haben, und deswe-gen muss das Betreuungsgeld ersatzlos gestrichen unddie freiwerdenden Mittel müssen für andere Betreuungs-angebote eingesetzt werden.
Das Geld für den Straßenbau darf nicht für Spatensti-che in Bayern ausgegeben werden, weil Landtagswahlist; wir brauchen es für die Instandhaltung von Brückenan Bundesautobahnen, weil das im Hinblick auf die öko-nomische Situation hier in Deutschland notwendig ist.
Sonst tun Sie doch immer so, als seien Sie wirtschafts-freundlich. Nein, wir sind die Partei, die sich um dieseThemen kümmert.
Meine Damen und Herren, fahrlässig sind Sie insbe-sondere bei der Energiewende. Was der Wirtschafts-minister Rösler in Brüssel erreicht hat, ist, dass derEmissionshandel nicht neu geordnet wurde. Das führtdazu, dass die Mittel für den Energie- und Klimafondsim Bundeshaushalt halbiert wurden. Damit wird dieEnergiewende gegen die Wand gefahren. Zusätzlich sor-gen Sie auch noch dafür, dass alle möglichen Unterneh-men von der EEG-Umlage und den Netzentgelten ausge-nommen werden. Dann stellt sich die Bundeskanzlerinauch noch hin und sagt: Es ist ja so schrecklich, dass dieStrompreise steigen. – Ja, aber das ist doch die Folge Ih-rer Politik, die Sie in den letzten vier Jahren gemacht ha-ben, und das muss ein Ende haben.
GskwinmfiDAmNuzz2FLisFünAkmdufovdK
Frau Kollegin, Sie müssen bitte zum Schluss kom-
en.
Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
EN):
Deswegen sind die Grünen die Partei, die ökologische
nd ökonomische Vernunft zusammenbringt, die für so-
iale Gerechtigkeit und auch noch für nachhaltige Finan-
en steht. Für diesen Wechsel streiten wir bis zum
2. September.
Das Wort hat nun Volker Kauder für die CDU/CSU-
raktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!
assen Sie mich zunächst etwas zu den Fakten sagen. Es
t hier gesagt worden – in einem Zwischenruf, auch
rank-Walter Steinmeier hat es angesprochen –, es habe
ber die Frage, ob Griechenland in die Euro-Zone aufge-
ommen werden solle, im Deutschen Bundestag nie eine
bstimmung gegeben.
Fakt ist: Am 28. November 2000 hat die Regierungs-
oalition von Rot und Grün einen Antrag zur Abstim-
ung gestellt, in dem unter anderem gefordert wurde,
ie Ergebnisse des Konvergenzkurses anzuerkennen,
nd die Aufnahme Griechenlands in die Euro-Zone emp-
hlen wurde. Er wurde mit den Stimmen der Koalition
erabschiedet, gegen die Stimmen der CDU/CSU-Bun-
estagsfraktion. Das ist Fakt.
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage desollegen Steinbrück?
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 253. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. September 2013 32657
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Zu diesem Punkt ausnahmsweise ja.
Herr Kauder, es werden gelegentlich Pappkameraden
präsentiert und Legenden gebildet, auf die ordentlich
Munition geschossen werden soll.
– Mein Gott, haben wir es nicht ein bisschen niveauvol-
ler?
Würden Sie mir zubilligen, dass die nationalen Parla-
mente über die Frage eines Beitritts eines Landes zur
Euro-Zone formal nicht beteiligt werden? Nach den
europäischen Verträgen wird jedes EU-Land Mitglied in
der Europäischen Währungsunion, wenn es die Kriterien
erfüllt. Darüber entscheiden abschließend allein der
Europäische Rat und das Europäische Parlament.
Es hat hier im Deutschen Bundestag über die spezifi-
sche Frage des Beitritts von Griechenland keine Abstim-
mung gegeben, sondern Sie als Opposition haben einen
Antrag der SPD abgelehnt, der sich breit mit diesem
Thema beschäftigte und in dem Griechenland erwähnt
worden ist. In Ihrem eigenen Antrag, dem Sie damals na-
türlich zugestimmt haben, kam dieses Thema überhaupt
nicht vor.
Die Rechtslage, die europäischen Verträge, sieht
keine Extrabehandlung der nationalen Parlamente beim
Beitritt eines Landes zur Europäischen Währungsunion
vor. Es gibt nämlich einen Automatismus. Dieser Auto-
matismus ist für zwei Länder ausgesetzt worden, die
eine Opt-out-Möglichkeit haben; das sind Großbritan-
nien und Dänemark. Diesen Sachverhalt ignorieren Sie
fast in jeder Debatte, und deshalb fühle ich mich heute
aufgerufen, diesen Sachverhalt einmal klarzustellen.
Vielen Dank.
Ich bin sehr froh, dass ich die Frage zugelassen habe;denn durch Ihre Einlassung wurde deutlich, dass RainerBrüderle recht hat. Sie meinen immer, Sie wüssten allesbesser und müssten die Menschen belehren. Das ist ebensehr deutlich geworden, Herr Kollege Steinbrück.
Zur Sache. Es ist von Ihnen gesagt worden, über dieFrage sei nicht abgestimmt worden. Was Sie inhaltlichsagen, ist zwar richtig, aber darauf kommt es doch garnicht an.
SdbhPDriggadggEJasginwdRtemgaWgAjudicaslireEdnhmdEs
as ist die Antwort. Sie liegen in der Sache eben nichtchtig, wenn Sie ständig behaupten, das sei nicht Ge-enstand in diesem Parlament gewesen.
Jetzt zur Sache. Da ich mir die heutige Debatte, be-innend mit der Rede der Bundeskanzlerin, in aller Ruhengehört habe, muss ich sagen: Diese Debatte hat auchen Menschen, die an den Fernsehschirmen zuschauen,ezeigt, wie richtig und notwendig es ist, dass diese Re-ierungskoalition fortgesetzt wird.
s geht hier um die Frage, wie Europa in den nächstenahren gestaltet wird. In den Beiträgen vorhin hörte ichls Antwort darauf: Spinat und Ei. – Dazu kann ich nuragen: So kann es in diesem Land nun wirklich nicht zu-ehen.
Die Frage ist doch: Was sind die Herausforderungen den nächsten Jahren, und wer hat die richtigen Ant-orten? Darauf, wie es in unserem Land aussieht, habenie Bundeskanzlerin, Wolfgang Schäuble und andereedner hingewiesen. Dass es in diesem Land unbestrit-n gut aussieht, kann man an einer Zahl festmachen, dieir so imponiert wie keine andere. Schauen Sie sich inanz Europa um, und dann schauen Sie sich Deutschlandn. Man muss sich doch nur eine einzige Frage vorlegen:o haben junge Menschen wirklich Chancen auf eineute Zukunft? Wo haben junge Menschen Chancen,usbildung und Beruf zu finden? Für welches Land sindnge Menschen deshalb zu begeistern? Das ist die Bun-esrepublik Deutschland.
Man könnte noch manch andere Zahl nennen. Das willh aber gar nicht machen, sondern ich will eine Antwortuf die folgende Frage geben: Wer macht die Dinge bes-er? Ich will zumindest zum Nachdenken anregen. Natür-ch wird uns das Thema Europa in den nächsten vier Jah-n ebenso beschäftigen wie in den vergangenen Jahren.s wird ganz entscheidend darauf ankommen, dass wirie Fehler beseitigen und bekämpfen, die zu dem Ergeb-is, das wir haben, geführt haben. In diesem Zusammen-ang müssen zwei Dinge erreicht werden: Zum einenuss die Staatsschuldenkrise durch die Konsolidierunger Haushalte bekämpft werden, und zum anderen mussuropa wettbewerbsfähig werden. In vielen Bereichenind Reformen notwendig.
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32658 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 253. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. September 2013
Volker Kauder
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Herr Kollege Steinbrück, ich kann nur sagen: Wir ha-ben doch gar nicht bestritten, dass auch unter der Füh-rung von Ihnen, von Frank-Walter Steinmeier, von FranzMüntefering und anderen notwendige Reformen durch-geführt wurden. Wir haben unseren Beitrag geleistet, in-dem wir im Bundesrat – ganz im Gegensatz zu Ihnenheute – nicht blockiert haben, indem wir der Versuchungwiderstanden haben, Nein zu sagen. Wir haben diese Re-formen mitgetragen. Das ist ein Grund unter vielen, wa-rum es gut voranging. Aber jetzt setzen Sie sich von die-sen Punkten ab. Anstatt in Europa zu sagen: „Schaut,was wir gemacht haben; das müsst ihr auch machen“,wollen Sie sich vom Acker machen und die Dinge nichtmehr mittragen. Das ist schäbig, meine sehr verehrtenDamen und Herren! Das ist nicht in Ordnung.
Es ist notwendig, dass wir in den nächsten Jahren sa-gen: Jawohl, die Wettbewerbsfähigkeit muss verbessertwerden, und dafür sind Maßnahmen notwendig. Wir sa-gen klipp und klar: Wir sind solidarisch. Wir wollen hel-fen und machen das auch. Aber es gibt keine Leistungohne Gegenleistung, weil wir sonst nicht vorankommen.Das wird notwendig sein in den nächsten vier Jahren.Dann kommen Sie und sagen: Wir müssen Wachstum er-reichen, indem wir mehr Geld in die Länder pumpen. –Es ist ganz außergewöhnlich, dass Sie diesen Satz über-haupt sagen. Über Jahre hinweg, auch in dieser Legisla-turperiode, haben Sie Wachstum bekämpft und gesagt,Wachstum sei von Übel. Wir haben immer gesagt:Wachstum ist notwendig, um die Probleme zu lösen.
Jetzt sagt Trittin: „Wir wollen eine Schuldenunion“, undSie wollen Euro-Bonds. Ich muss doch sagen: HerrSteinbrück, als Sie noch Steinbrück sein durften, habenSie solche Sätze nicht gesagt.
Ich glaube, dies sind nicht die richtigen Konzepte. WerEuro-Bonds und eine Schuldenunion will, der wird dafürsorgen, dass die Reformkräfte nachlassen und wir dasZiel, Europa insgesamt wettbewerbsfähig zu machen,nicht erreichen, meine sehr verehrten Damen und Her-ren.
Deshalb: Wir dürfen von diesem richtigen Weg nicht ab-rücken.Wir wollen, dass die gute Situation, die wir in unse-rem Land haben, in Zukunft fortgeführt wird. Dies – dashat die Bundeskanzlerin ausdrücklich gesagt – war eineGemeinschaftsleistung von Arbeitnehmerinnen und Ar-beitnehmern, von Unternehmen, vor allem Mittelständ-lern, und einer guten und klugen Politik. Wir wollen,dass diese Situation fortgeführt werden kann. Jetzt sagtuns die mittelständische Wirtschaft – ich habe von derWettbewerbsfähigkeit gesprochen –, dass, um die Wett-bewerbsfähigkeit aufrechterhalten zu können, in dennächsten Jahren unglaubliche Investitionen notwendigsein werden, um noch mehr Präzision, um noch mehrSnswwsessbDZddiswDPIcsmAsgADsWSgd
Natürlich werden wir dafür sorgen müssen – auch dast schon angesprochen worden –, dass die Energie-ende klappt.
enn Energiewende und Energiekosten sind zentraleunkte, auch im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit.
h würde sagen: Herr Pronold, Sie sollten erst einmalchauen, was Sie in Bayern für ein Wahlergebnis bekom-en; darüber reden wir dann in 14 Tagen.
ber lassen wir doch all das Kampfgeschrei, undchauen wir uns die Dinge erst einmal an.
Die Energiewende muss gelingen, und sie wird gelin-en.
ber völlig klar ist, dass Korrekturen notwendig sind.eswegen sagen wir: Eine der ersten Maßnahmen wirdein, dass wir uns das EEG anschauen und uns fragen:as kann hier getan werden?
igmar Gabriel, der nicht mehr hier ist, hat ja den Satzesagt, das EEG müsse an den Markt herangeführt wer-en. Schauen wir uns das alles doch erst einmal an.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 253. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. September 2013 32659
Volker Kauder
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Vielleicht habe ich heute ja einen Wunsch bei Ihnen frei.
Wenn ja, dann hätte ich den Wunsch, dass Sie im Bun-desrat, wenn die Reform des EEG ansteht, nicht immernur Nein schreien und falsche Interessen schützen, son-dern endlich auch einmal mitmachen, damit wir auf demWeg, das EEG zu modernisieren, vorankommen.
Ich will Ihnen gar keine Vorhaltungen machen. Aberauf der einen Seite vor der deutschen Öffentlichkeit zusagen: „Der Strompreis steigt immer weiter“ und mitdem Finger auf andere zu zeigen, auf der anderen Seiteaber zur gleichen Zeit notwendige Maßnahmen wie dieStrompreisbremse und andere Vorhaben, die wir auf denWeg bringen müssen, im Bundesrat zu verhindern, istnicht in Ordnung, meine sehr verehrten Damen und Her-ren. So kann man das nicht machen.
Lassen Sie mich jetzt noch einen Punkt ansprechen,
in dem wir – ich finde, das sollte man auch so sagen –durchaus Gemeinsamkeiten haben.
Ich denke an die Situation in Syrien. Es ist unbestritten– das ist auch am Sonntag so formuliert worden –, dasswir ganz klar und eindeutig gesagt haben: Eine Beteili-gung Deutschlands an Kampfeinsätzen, an militärischenAktionen in Syrien wird es nicht geben. – Lieber Kol-lege Frank-Walter Steinmeier, das habe ich in vielen In-terviews in den letzten Tagen regelmäßig so gesagt – dawar nie auch nur ein Punkt des Vertuns –, und ähnlich istes vom Bundesaußenminister formuliert worden. Des-wegen sollten wir jetzt einmal klar sagen: Da sind wiruns einig. – Es ist doch schön, dass wir in einer so wich-tigen außenpolitischen Frage einig sind.Ich wäre froh und dankbar, wenn der Satz „Mehr Eu-ropa!“ – der richtig ist – auch für die Außen- und Sicher-heitspolitik gelten würde. Es ist kein besonders glückli-ches Zeichen, dass wir in Europa in dieser Frageüberhaupt nicht vorankommen. Umso mehr müssen wirunseren Beitrag leisten.Ein zweiter Punkt, wo wir uns doch auch einig sind:Es darf nicht ohne Konsequenzen bleiben, wenn einerder zentralsten Grundsätze des humanitären Völker-rechts, nämlich dass kein Giftgas eingesetzt werden darf,verletzt wird. Wenn wir nicht zum Gegenstand machen,dass dies nicht sein kann, brauchen wir uns nicht zuwundern, wenn kein Diktator sich mehr an so etwas hält.sWwddAkRDvlifrAdwligaGzszzdsd–MrüaFAsrusTsuaWdleD
as wäre einmal eine Option.
Herr Kollege Frank-Walter Steinmeier, ich teile dieon Ihnen hier geäußerte kritische Beurteilung, was mi-tärische Einsätze anbelangt. Seien Sie doch einmaloh, dass man mal zu einer Gemeinsamkeit kommt!uch ich sehe die Situation sehr kritisch. Christen, mitenen ich in Syrien gesprochen habe, haben die Frage,elche Konsequenzen das haben soll, sehr unterschied-ch gesehen. Das ist mit vielen Sorgen behaftet. Deswe-en glaube ich, dass der Weg, den die Bundesregierung,uch die Bundeskanzlerin, beschritten hat, beim G-20-ipfel noch einmal den Versuch zu unternehmen, dafüru sorgen, dass die Weltgemeinschaft in die Lage ver-etzt wird, ihre Vorschriften und Regeln auch umzuset-en, richtig ist. Ich würde mir wünschen, dass die G 20u einer entsprechenden Position kommen.Ich will auch sagen: Ich bin außerordentlich dankbar,ass die Bundesregierung erklärt hat, dass 5 000 weitereyrische Flüchtlinge in Deutschland aufgenommen wer-en können.
Die kommen schon noch; das geht alles nicht von einerinute auf die andere. – Die Bundesregierung hat da-ber hinaus gesagt – und jetzt sind alle aufgefordert,lle –: Wenn die Bundesländer bereit sind, weiterelüchtlinge aufzunehmen, dann können sie dies tun.lso muss doch die Botschaft heißen, dass wir alle un-ere Landesregierungen auffordern, es der Bundesregie-ng nachzumachen und über die 5 000 hinaus weitereyrische Flüchtlinge aufzunehmen. Das könnte dochhema sein.
Ich sage zur gleichen Zeit: Ja, wir müssen diese Men-chen, die zu uns kommen – sie sind oft traumatisiert,nd es sind viele Christen darunter –, in diesem Landuch entsprechend aufnehmen.
ir müssen, wie die Bundeskanzlerin gesagt hat, allesazu beitragen, dass sie sich in diesem Land sicher füh-n; dem ist nichts hinzuzufügen, meine sehr verehrtenamen und Herren.
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32660 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 253. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. September 2013
Volker Kauder
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Aber ich mache mir auch große Sorgen über die Si-tuation der Christen in Syrien, in Ägypten.
Ich will zum Thema Syrien nur eines sagen: Wir habenallen Grund, politische Lösungen zu suchen – da gebeich Ihnen völlig recht –; denn bei allen anderen Lösun-gen besteht die Gefahr, dass gerade die Christen unterdie Räder kommen.
Deswegen muss bei allen politischen Lösungen dasThema „Religionsfreiheit und Schutz der Christen“ inbesonderer Weise bedacht werden.Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich fassezusammen: Diese Regierungskoalition hat nicht nur fürhervorragende Ergebnisse im Land gesorgt – ich nennenur das Beispiel der Jugendarbeitslosigkeit –, sondernsie hat mit ihren Aussagen sowohl zur Europapolitik alsauch zur Steuer- und Finanzpolitik gezeigt, dass sie dierichtigen Lösungen hat,
damit es in diesem Land auch in den nächsten vier Jah-ren erfolgreich weiter aufwärtsgeht. Sie sind diesen Be-weis in Ihren krawalligen Reden schuldig geblieben.
Das Wort hat nun Andrea Nahles für die SPD-Frak-
tion.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-gen! Ich möchte auf eine interessante Frage zurückkom-men, die Bundeskanzlerin Angela Merkel heute Morgenhier gestellt hat. Sie hat in einer längeren Passage desSelbstlobes folgende Frage gestellt:Es geht am 22. September um nicht mehr und nichtweniger als um die Frage, ob wir diesen Weg desErfolges weitergehen oder ob wir grobe Fehler se-hen müssen, die diese erfolgreiche Entwicklung– darüber hatte sie geredet –wieder zunichtemachen.Nun hat Frau Merkel bei der Antwort auf diese Frageeine günstige Position: Bitte sehen Sie sich doch einfachmal auf dieser Regierungsbank um! Da sehe ich einigedieser groben Fehler sitzen – mit Verlaub –:
Da sehe ich eine Arbeitsministerin, die in Deutschlandeine Riesendebatte über Armut im Alter angefangen hat,inmDdmZzkUghhAgetrRdfiwSwaeusMnmmwlaLFtiSw
nd da sehe ich eine Frauenministerin, die in dieser Le-islaturperiode kein einziges Gesetz für Frauen gemachtat, dafür aber das Betreuungsgeld auf den Weg gebrachtat.
lso, wenn Sie nach groben Fehlern suchen: Auf der Re-ierungsbank können Sie sie finden. Das ist ein Grund,inen Regierungswechsel herbeizuführen. Die Gurken-uppe muss weg!
Ich bin heute durch die Beiträge der Kollegen von denegierungsfraktionen an das Gutenachtlied erinnert wor-en, das ich meiner Tochter in den letzten Wochen häu-g gesungen habe: Ich mach’ mir die Welt, widde widdeie sie mir gefällt.
o ist das doch: Alles soll so bleiben, wie es ist; alles istunderbar und gut. Sie sprechen offensichtlich über einnderes Land. Herr Kauder, Sie haben eben gesagt, dasss unbestritten ist, dass es in diesem Land gut aussieht,nd haben über die Chancen von jungen Menschen ge-prochen. Ich frage Sie: Was ist denn mit den jungenenschen, wenn 50 Prozent der Neueinstellungen nuroch befristet sind? Wir müssen endlich Schluss machenit der sachgrundlosen Befristung in diesem Land, da-it junge Leute wieder mehr Chancen bekommen.
Ich habe heute Morgen hier von der Kanzlerin gehört,as sie alles sieht. Sie sieht alles in der nächsten Legis-turperiode. Doch sie ist eine Kanzlerin, die mit diesemand nichts mehr vorhat, die müde wirkt. Mit Verlaub,rau Kanzlerin, Sie entwickeln sich zum absoluten poli-schen Couchpotato der Bundesrepublik Deutschland.ie sollten dafür sorgen, dass in diesem Land angepacktird. Ich glaube, dass Sie das nicht mehr können, weil
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 253. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. September 2013 32661
Andrea Nahles
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Sie keine Mehrheiten haben und es keine Einigkeit in Ih-rem eigenen Laden gibt.
Heute haben wir eine große Debatte über die Situa-tion in Deutschland geführt und haben viele Wahlver-sprechen dieser Regierung gehört. Aber haben wir an ir-gendeiner Stelle gehört, wie Sie das finanzieren wollen?
Nein! Wir haben an keiner einzigen Stelle eine Aussagedarüber gehört, wie zum Beispiel die Mütterrente finan-ziert werden soll; es gab nur allgemeine Hinweise aufSteuermehreinnahmen. Da war der von Ihnen so freund-lich unterstützte Horst Seehofer ein bisschen ehrlicher.Der hat nämlich gestern Folgendes gesagt: Wer keineSteuererhöhungen will, wer keine neuen Schulden will,der muss mal sagen, woher er das Geld für die Investitio-nen nehmen will.
Recht hat er, der Herr Seehofer. Das müssten aber ei-gentlich Sie sagen, Sie von der Bundesregierung.Ich behaupte, dass es drei Möglichkeiten gibt: Entwe-der Sie lügen die Leute an und es gibt doch Steuererhö-hungen, oder Sie lügen die Leute an und es gibt dochmehr Schulden nach der Wahl, oder – das wäre mein hei-ßer Tipp – Sie greifen in die Sozialkassen. Ich glaube,dass Sie das machen werden.
Das ist nämlich das Muster, das wir in den letzten Mona-ten von Ihnen schon gesehen haben.
Sie haben in den Gesundheitsfonds gegriffen, Sie ha-ben durch die verrückte Absenkung des Rentenbeitragesdie Renten ausgetrocknet, und Sie haben in den Ertrags-topf der Bahn gegriffen und damit die Deckung der Be-triebskosten nicht mehr ausreichend gesichert.
Die Folgen davon konnten wir in den letzten Wochen se-hen.Im letzten Dezember hat Herr Schäuble laut Spiegelauch schon Pläne gemacht, wie es weitergehen soll,nämlich beispielsweise mit einer Entziehung der Steuer-zuschüsse an den Gesundheitsfonds.
Frau Merkel hat in einem bemerkenswerten Sommer-interview auf Sat.1 erklärt, dass sie auch eine weitereSteigerung des Rentenalters nicht ausschließt.
Die Formel war: Wenn das Lebensalter steigt, müssenwir auch über eine längere Lebensarbeitszeit reden.
äahDsdwdlizPti5dZfüDFdHvWApisdhsSed
In diesem Sinne kann ich Ihnen nur sagen, dass das,as Sie hier machen, eine ganz einfache Sache ist: Nachem Wahltag ist Zahltag. – Stellen Sie sich darauf ein,ebe Bürgerinnen und Bürger. Gucken Sie sich die Kon-epte an. Die ehrlichere Alternative sind die SPD undeer Steinbrück als zukünftiger Kanzler.Vielen Dank.
Das Wort hat nun Patrick Döring für die FDP-Frak-
on.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!0 Prozent der Ausgaben des Bundeshaushalts, deniese Bundesregierung vorlegt, erfolgen für sozialewecke. 50 Prozent der Gesamtausgaben dieses Staatesr die Menschen, die diesen Staat nötig haben!
as alles kommt von den 43 Millionen Männern undrauen, die morgens aufstehen und arbeiten gehen, unden 4 Millionen Männern und Frauen, die mit Haus undof haften und Arbeitsplätze schaffen. Über die hat dieersammelte Opposition kein Wort verloren.
ir vergessen nicht, dass die Arbeitnehmerinnen undrbeitnehmer diese Last tragen.Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Op-osition, die Kollegin Nahles hat hier gesagt: „Wahltagt Zahltag“. Das stimmt, wenn man die Falschen wählt;enn Sie wollen ja die Einkommensteuer für alle erhö-en, die Pendlerpauschale abschaffen, das Ehegatten-plitting abschaffen.
ie wollen die Steuern erhöhen und von den Bürgern nurines, nämlich mehr Geld, und das werden wir verhin-ern.
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32662 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 253. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. September 2013
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dern! – Elke Ferner [SPD]: Sie verhindern garnichts mehr!)Daneben kommen Sie noch mit der ominösen Vermö-gensteuer und der Vermögensabgabe. Den Menschen, dieetwas auf die Seite gelegt haben, die ihr Erspartes in ver-mieteten Wohnraum investiert haben oder die Hand-werksbetriebe führen und Arbeits- und Ausbildungs-plätze anbieten, sollen jetzt aus ihrem Ersparten undbereits versteuerten Vermögen zusätzliche Abgaben zah-len. Sie fassen den Fleißigen in die Tasche; nichts anderesverstehen Sie. Mit Leistung hat das nichts zu tun.
Unterschwellig wird dann immer gesagt: Na ja, wirwollen ja von den Bürgern nur das Beste, nämlich mehrGeld – das ist ja die einzige Antwort auf die Problemedieser Zeit, die Sie geben –, damit wir mehr für Bildungund Infrastruktur tun können. Schauen wir einmal in dieLänder, in denen Rot und Grün regieren. In Baden-Würt-temberg: weniger Lehrer, weniger Ausgaben für Straßen.In Nordrhein-Westfalen: weniger Lehrer, weniger Aus-gaben für Straßen. In Niedersachsen: weniger Lehrer,weniger Ausgaben für Straßen. Sie haben mehr Steuer-einnahmen und machen höhere Schulden, aber investie-ren da, wo Sie regieren, nicht in Bildung und Infrastruk-tur.
Schwarz-Gelb steht für Leistungsgerechtigkeit stattUmverteilung. Wir wollen, dass es den Menschen weitergut geht. Ja, das Soziale in der sozialen Marktwirtschaftdefiniert sich nicht durch die Höhe von Hartz IV, son-dern durch die Chance auf einen Arbeitsplatz. Wir trauenuns, das noch zu sagen, meine sehr verehrten Damen undHerren.
Dann hat Frau Göring-Eckart sich hier furchtbar an-gestrengt, deutlich zu machen, dass die Grünen nicht dieVerbotspartei der Republik sind. Vielleicht findet sichauf einer Autofahrt die Zeit, das noch einmal nachzule-sen. Autofahren am Sonntag: verboten!
Erste Klasse im ICE: verboten! Heizpilze: verboten!Rauchen in der Öffentlichkeit: verboten! Fleisch amDonnerstag: verboten! Ölheizung: So etwas von verbo-ten!
Verboten, verboten, verboten! Das ist der grüne Sound.Die Spießigkeit des Jahres 2013 ist grün.
All das taugt vielleicht für die Hausordnung einesgrünen Landschulheims; für unser freies schönesDeutschland taugt es nicht. Deshalb setzen wir auf dieKkhsuzkmeasSCremtemHLdwssMsLnJbuinh
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-n! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir uns soanche Rede der Opposition, die heute Vormittag gehal-n wurde, noch einmal vor Augen führen, dann fragtan sich: Über welches Land wurde geredet?
aben Sie, die Oppositionsredner, wirklich über unserand geredet? Diese Schwarzmalerei,
iese Darstellung unseres Landes in dunklen Farben, dasird der Realität in Deutschland, das wird den Men-chen in Deutschland nicht gerecht.
Deutschland geht es gut, hat Frau Göring-Eckardt ge-agt. Sie hat gleich hinzugefügt: Das ist eine Illusion. –eine lieben Kolleginnen und Kollegen, ist es eine Illu-ion, wenn heute mehr Menschen als je zuvor in unseremand Arbeit und Beschäftigung haben, ihre Familie er-ähren können? Ist es eine Illusion, wenn heute viel mehrugendliche einen Ausbildungsplatz, einen Arbeitsplatzekommen, als das früher der Fall war? Meine Damennd Herren, das ist keine Illusion, das ist blanke Realität Deutschland. Darauf können wir stolz sein.
Diese vier Jahre waren erfolgreiche Jahre; denn derohe Beschäftigungsstand, die niedrige Arbeitslosigkeit
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 253. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. September 2013 32663
Gerda Hasselfeldt
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hängen natürlich zusammen mit dem Fleiß der Bürger,mit verantwortungsvollen Tarifparteien. Das hängt mittüchtigen Unternehmern zusammen, insbesondere miteinem gesunden, tatkräftigen Mittelstand. Das alles hat-ten wir aber auch in der Zeit, als Angela Merkel die Re-gierung übernahm. Trotzdem hatten wir damals, unmit-telbar nach der rot-grünen Regierungszeit, 5 MillionenArbeitslose und das, obwohl es keine Krise zu bewälti-gen gab, weder eine nationale noch eine internationaleFinanzkrise.
An diesem Beispiel wird deutlich: Es ist nicht egal, werregiert. Es ist nicht egal, wer die politischen Weichenstellt.
Diese vier Jahre waren erfolgreiche Jahre in der Be-schäftigungspolitik. Das spüren die Menschen. Diesevier Jahre waren aber auch erfolgreiche Jahre, was denAbbau der Verschuldung der öffentlichen Haushalte an-geht. Übrigens ist Bayern nicht nur, aber auch in dieserHinsicht das Vorzeigeland. Das gilt aber auch im Bund;das ist angesprochen worden. Wir werden im Laufe dernächsten Legislaturperiode, voraussichtlich 2015, nichtnur die Neuverschuldung abgebaut haben, sondern auchschon mit der Tilgung der Altschulden beginnen können.Meine Damen und Herren, das ist nicht deshalb wich-tig, weil es auf dem Papier steht, sondern es ist deshalbwichtig, weil wir unseren Kindern und Jugendlichen – de-nen, die nach uns kommen – nicht Schulden hinterlassendürfen, sondern Chancen hinterlassen wollen. Wir wollenihnen Spielräume hinterlassen, mit denen sie dann in derZukunft ihre eigenen aktuellen Herausforderungen be-wältigen können. Das ist unsere Aufgabe: nicht nur fürheute zu sorgen, sondern auch für diejenigen, die nachuns kommen.
Es waren aber auch erfolgreiche Jahre für die Sozial-versicherungen. Ich kann mich gar nicht erinnern, dasswir einmal vor einer Bundestagswahl über gefüllte So-zialkassen diskutiert haben. Wir haben immer über Leis-tungskürzungen, Zuzahlungen und Ähnliches diskutiert.Dass es uns zum Beispiel gelungen ist, für die Kranken-hausversorgung insbesondere in den ländlichen Regio-nen in diesem Jahr zusätzliche Mittel zur Verfügung zustellen,
ist nicht selbstverständlich. Das ist auf die gute wirt-schaftliche Entwicklung und die richtige Politik zurück-zuführen.
eiswNg–hRdndmgHdtifüurehLbdrü5nTmaHisdbA
t auch nicht selbstverständlich gewesen. Darum habenir lange gerungen, und wir wissen alle, dass wir mit dereuordnung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs noch eini-es vor uns haben. Aber alles der Reihe nach!
Sie müssen nicht noch lauter schreien, Frau Ferner. Ichöre Sie auch so. Wir haben heute schon so viele lauteeden gehört,
ass ich nicht der Versuchung erliegen möchte, das ge-auso zu tun.
Auch dass es gelungen ist, in der Rentenversicherungie Beitragssätze zu senken und damit den Arbeitneh-ern und den Arbeitgebern wieder mehr Spielräume zueben, war nicht selbstverständlich, meine Damen underren. Auch das gehört zur sozialpolitischen Bilanzieser Regierung.
Es ist vorhin in der Debatte von der gesamten Opposi-onsseite mehrfach gesagt worden: Wir werden etwasr die Entlastung der Kommunen tun. – Meine Damennd Herren, das fällt Ihnen früh ein. Das hätten Sie wäh-nd der rot-grünen Regierungszeit tun können. Damalsaben Sie aber das Gegenteil gemacht: Sie haben dieeistungen der Grundsicherung den Kommunen aufge-ürdet. Sie haben ihnen zusätzliche Ausgaben aufgebür-et. Wir haben das jetzt in dieser Legislaturperiode zu-ckgenommen.
Tatsache ist, dass wir in dieser Regierungszeit fast Milliarden Euro allein für die Grundsicherung über-ommen und die Kommunen dadurch entlastet haben.atsache ist, dass wir bei der Kinderbetreuung die Kom-unen nicht alleine gelassen haben und dass wir sieuch beim Bildungs- und Teilhabepaket für Kinder vonartz-IV-Empfängern nicht alleine gelassen haben. Dast faktische Entlastung der Kommunen, weil wir wissen,ass unsere Städte und Gemeinden ihre Einnahmenrauchen, um die eigentlichen kommunalpolitischenufgaben zu erfüllen. Wir haben sie dabei nicht alleine
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32664 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 253. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. September 2013
Gerda Hasselfeldt
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gelassen, sondern sogar noch unterstützt. Das erkennenauch die Kommunalpolitiker vor Ort an.
Vier erfolgreiche Jahre! Und da sagt der Kanzlerkan-didat Steinbrück, er müsse das Ruder herumreißen.
Er will jetzt das Ruder herumreißen. Das Herumreißendes Ruders in einer Zeit, in der es erfolgreich läuft, kannnur bedeuten: Wir fahren das ganze Land an die Wand.Das können und werden wir nicht zulassen.
Das Ruder herumreißen heißt Abkassieren mit Steuer-erhöhungen und Abkassieren auf breiter Front. Abkas-sieren wird dann von manchen Sozialdemokraten so in-terpretiert: Wir erhöhen ja nur für einige wenige dieSteuern.
Wissen Sie, was Sie vorhaben? Für alle, die künftig eineEhe schließen, wollen Sie das Ehegattensplitting ab-schaffen. Für alle, die Kapitaleinkünfte haben, wollenSie die Abgeltungsteuer erhöhen.
Für alle, die mehr als 64 000 Euro Einkommen haben,wollen Sie die Einkommensteuersätze erhöhen. Für allemittelständischen Unternehmen,
die zum Beispiel aufgrund ihres Maschinenparks Sub-stanzvermögen haben, wollen Sie eine Vermögensteuereinführen.
– Sie wissen genau, dass eine Abgrenzung des privatenVermögens vom Betriebsvermögen nicht so einfach ist,vor allem verfassungsrechtlich nicht möglich ist.Und für alle, die ein Grundstück, ein Haus oder einenBetrieb erben, wollen Sie die Erbschaftsteuer verdop-peln. Was das mit Ihrer Aussage zu tun haben soll, dassdavon nur 5 Prozent oder nur einige wenige betroffenseien, erklären Sie den Menschen vor Ort. Ich kann es je-denfalls nicht.
Sie lügen damit die Leute an. Sagen Sie ihnen die Wahr-heit darüber, was Sie tun wollen!
tuDSszkfoaDdeuudgseswDgddasEdgmddggpfü
as bestreitet niemand, der die Fakten objektiv und dieituation der Menschen realistisch betrachtet. Das be-treiten übrigens auch die meisten Menschen nicht; daseigen die Umfrageergebnisse ganz deutlich. Deshalbann die Antwort nur lauten, diesen erfolgreichen Kursrtzusetzen,
uf diesem Weg die Schwerpunkte wie bisher zu setzen.iesen erfolgreichen Weg fortzusetzen, bedeutet,
ie solide Haushaltsführung fortzusetzen, mit den Steu-rgeldern weiterhin sparsam umzugehen
nd den Euro-Kurs fortzusetzen,
nd zwar unter der Devise: Solidarität ja, aber nur unterer Bedingung, dass auch die einzelnen Krisenländer Ei-enverantwortung wahrnehmen. – Das Ziel kannchließlich nicht eine gemeinsame Schuldenunion mitinheitlichen Zinssätzen sein. Vielmehr muss das Zielein, dass jedes Euro-Land selbst wettbewerbsfähigird.
en dafür notwendigen Druck dürfen wir nicht verrin-ern, sondern müssen ihn aufrechterhalten. Wir werdenie betreffenden Länder unterstützen, allerdings unteren genannten Bedingungen.
Den eingeschlagenen Kurs fortsetzen bedeutet aberuch, weiterhin einen Schwerpunkt bei den Familien zuetzen.
s ist mir ein wichtiges Anliegen, dies hier noch einmaleutlich zu sagen. Wenn wir über Investitionen reden,eht es nicht nur um bauliche Investitionen, sondern im-er auch um Investitionen in die Zukunft unserer Kin-er. Wir dürfen deshalb das, was wir in Erziehung, Bil-ung und Innovation stecken, nicht beiseiteschieben undering bewerten; denn hier geht es um ein ganz wichti-es Anliegen.Wir haben den Rechtsanspruch auf einen Kinderkrip-enplatz geschaffen. Der Ausbau der Kinderbetreuungr die unter Dreijährigen ist zumindest in meinem Hei-
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 253. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. September 2013 32665
Gerda Hasselfeldt
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matland Bayern großartig gelungen. Wir haben diestärkste Dynamik im Ausbau der Kinderbetreuung ge-rade für die unter Dreijährigen zu verzeichnen.
Parallel dazu haben wir das Betreuungsgeld eingeführt.Das wollen Sie wieder abschaffen, meine Damen undHerren von der Opposition. Sie wollen die Familienauch da wieder schröpfen und ihnen etwas wegnehmen.Ich sage Ihnen aus voller Überzeugung: Das Betreuungs-geld ist
ein Zeichen dafür, dass der Staat eben nicht einseitigeine Betreuungsform für unter Dreijährige fördert,
sondern auch andere Betreuungsformen anerkennt undfinanziell unterstützt,
egal wie sich die Eltern entscheiden.
Wir werden bei der Anerkennung von Erziehungszei-ten in der Rentenversicherung einen weiteren Schwer-punkt setzen. Es ist uns ein besonderes Anliegen, dassdie Erziehungszeiten der Mütter, die vor 1992 Kindergeboren haben und damals kaum Kinderbetreuungsmög-lichkeiten in Anspruch nehmen konnten und die in allerRegel mehr als nur ein Kind erzogen haben, in der Ren-tenversicherung besser anerkannt werden. Das werdenwir auch durchsetzen.
Meine Damen und Herren, wenn Sie sich den Erfolgs-kurs dieser Regierung ganz besonders nah anschauenwollen, wenn Sie sich über die Erfolge bei der Beschäfti-gung, der Haushaltskonsolidierung, der Kinderbetreuungund bei den Bildungseinrichtungen, über den Zustandder Schulen und den Zustand der Kommunen ein Bildmachen wollen, dann kann ich Sie nur einladen, nachBayern zu kommen. Da finden Sie das in besonderer Artund Weise.
Weil ich am Schluss bei Bayern bin, möchte ich Ihnenmit auf den Weg geben: Ilse Aigner wird ihre Arbeit hierin Berlin zunächst einmal – –SBlidvkKWWDsMmdplustugtua
ie wird ihre Arbeit in einer anderen Verantwortung inayern fortsetzen. Liebe Ilse, ich möchte dir ganz herz-ch für deine Arbeit für uns alle hier im Deutschen Bun-estag und in der Regierung danken. Ich wünsche diron Herzen viel Erfolg, viel Freude bei allem, was duünftig in Bayern an Verantwortung übernimmst.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen undollegen, es ist in dieser Debatte deutlich geworden:ir sind auf einem Erfolgskurs.
ir dürfen diesen Erfolgskurs nicht aufs Spiel setzen.iesen Erfolgskurs fortführen können wir nur bei Fort-etzung dieser Koalition unter Führung von Angelaerkel.
Ich schließe die Aussprache.Bevor wir zum Schluss unserer letzten Sitzung kom-en und ich noch einige Abschiedsworte an Sie richtenarf, bitte ich um Ihre Aufmerksamkeit für die Zusatz-unkte 1 a bis 1 j. Es handelt sich um Beschlussempfeh-ngen des Petitionsausschusses, zu denen keine Aus-prache vorgesehen ist.Zusatzpunkt 1 a:Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-ausschusses
Sammelübersicht 624 zu Petitionen– Drucksache 17/14681 –Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-ngen? – Die Sammelübersicht 624 ist einstimmig an-enommen.Zusatzpunkt 1 b:Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-ausschusses
Sammelübersicht 625 zu Petitionen– Drucksache 17/14682 –Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-ngen? – Auch die Sammelübersicht 625 ist einstimmigngenommen.
Metadaten/Kopzeile:
32666 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 253. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. September 2013
Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse
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Zusatzpunkt 1 c:Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-ausschusses
Sammelübersicht 626 zu Petitionen– Drucksache 17/14683 –Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-tungen? – Auch die Sammelübersicht 626 ist einstimmigangenommen.Zusatzpunkt 1 d:Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-ausschusses
Sammelübersicht 627 zu Petitionen– Drucksache 17/14684 –Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-tungen? – Die Sammelübersicht 627 ist mit den Stimmender CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen derLinken bei Enthaltung der Grünen angenommen.Zusatzpunkt 1 e:Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-ausschusses
Sammelübersicht 628 zu Petitionen– Drucksache 17/14685 –Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-tungen? – Die Sammelübersicht 628 ist einstimmig an-genommen.Zusatzpunkt 1 f:Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-ausschusses
Sammelübersicht 629 zu Petitionen– Drucksache 17/14686 –Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-tungen? – Die Sammelübersicht 629 ist gegen die Stim-men der Linken mit den Stimmen des übrigen Hausesangenommen.Zusatzpunkt 1 g:Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-ausschusses
Sammelübersicht 630 zu Petitionen– Drucksache 17/14687 –Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-tungen? – Die Sammelübersicht 630 ist mit den Stimmender CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen derLinken und Grünen angenommen.Zusatzpunkt 1 h:Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-ausschusses
Sammelübersicht 631 zu Petitionen– Drucksache 17/14688 –tudStudSmtuddSEpmfüsnDnhntesm2Pgs1imihkdWg
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 253. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. September 2013 32667
(C)
Wahl am 18. März 1990, und ich erinnere mich ebensoan meinen Vater, von dem ich vermutlich die politischeLeidenschaft geerbt habe. Er hat nie wirklich frei wählenkönnen. Volljährig, also wahlberechtigt, wurde er am31. Januar 1933. Gestorben ist er Anfang März 1990.Sein Beispiel erinnert mich immer wieder an die Kost-barkeit freier Wahlen. Es macht mich traurig und wü-tend, wie viele auf ihr Wahlrecht verzichten. Denn ausunserer Geschichte wissen wir doch: Es wird gefährlichfür die Demokratie, wenn Desinteresse, Unzufrieden-heit, Verdruss der vielen mit Demokratieverachtung vonEliten zusammentrifft.1990, das war für mich und andere auch, die wir ge-meinsam in den Bundestag in Bonn eingezogen sind, einJahr des euphorischen Aufbruchs in die parlamentari-sche Demokratie. Übrigens will ich als Berliner aus-drücklich auch jetzt eine Verbeugung vor Bonn als demlangjährigen Standort der parlamentarischen Demokratiein der Bundesrepublik Deutschland machen. Es warzwar ein euphorischer Aufbruch, aber wir wissen auch:Euphorie lässt sich nicht auf Dauer stellen – selbstver-ständlich.Ich lobe aber den parlamentarischen Alltag. Demo-kratie ist friedlicher Streit nach Regeln der Fairness. Zielist nicht Harmonie, sondern entweder der gute Kompro-miss oder die vernünftige Mehrheitsentscheidung. WirParlamentarier sollten den Streit mit SelbstbewusstseinIch lobe auch die Langsamkeit der Demokratie. Sieverlangt Geduld, manchmal allzu viel, auch von uns.Aber sie ist die Bedingung dafür, dass sich an ihren Mei-nungsbildungs- und Entscheidungsprozessen möglichstviele beteiligen können, dass Sachverstand und Interes-senausgleich eine Chance haben. Ich wünsche demDeutschen Bundestag, dass er sich mehr und energi-scher, als es in den vergangenen Jahren verschiedentlichder Fall war, dem Beschleunigungsdruck von Märktenund Medien widersetzt. Selbstbewusste Entschleunigungist Teil eines guten Parlamentarismus.
Es geht dabei nämlich um etwas Fundamentales: um denPrimat, um die Gestaltungskraft demokratischer Politik.Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich hoffe, ich habedem Parlament in den 24 Jahren meines Mittuns keineSchande gemacht.
Wem gegenüber ich ungerecht war, den bitte ich um Ent-schuldigung. Bei vielen Kollegen bedanke ich mich fürerfahrene Kollegialität. Ich werde die Arbeit des Bun-destages gewiss weiter mit freundlich-kritischer Auf-merksamkeit verfolgen – und mit großer, großer Empa-thie und Sympathie.Ich wünsche Ihnen alles Gute und, wenn Sie es vertra-verteidigen, auch durch die Art, wie wir ihn führen. Da-rin hat der Bundestag nach meiner 24-jährigen Erfah-rung gute Noten verdient. Ich hatte selten Anlass, dazwi-schenzugehen oder gar diese Glocke zu bedienen. Dasfreut mich noch heute. Das sage ich mit Respekt vor Ih-nen, liebe Kolleginnen und Kollegen.g
Die Sitzung ist geschlossen.