Protokoll:
16055

insert_drive_file

Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 16

  • date_rangeSitzungsnummer: 55

  • date_rangeDatum: 29. September 2006

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: None Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 14:34 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 16/55 – zu dem Antrag der Abgeordneten Ina Lenke, Miriam Gruß, Cornelia Pieper, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der FDP: Flexible Konzepte für die Familie – Kinderbetreuung und frühkindliche Bildung zukunftsfähig machen – zu dem Antrag der Abgeordneten Jörn Wunderlich, Karin Binder, Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Elterngeld sozial gestalten (Drucksachen 16/1168, 16/1877, 16/2785) c) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Siebter Familienbericht Familie zwischen Flexibilität und Ver- Ina Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nicolette Kressl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Kucharczyk (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Singhammer (CDU/CSU) . . . . . . . Ina Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christel Humme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 30: 5353 C 5367 A 5367 C 5368 B 5368 D 5370 C 5371 C 5372 D 5373 A 5373 D Deutscher B Stenografisch 55. Sitz Berlin, Freitag, den 29 I n h a l Tagesordnungspunkt 29: a) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung des Eltern- geldes (Drucksachen 16/1889, 16/2785, 16/2788) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Einführung des Elterngeldes (Drucksachen 16/2454, 16/2785, 16/2788) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend D I C J K I 5353 A 5353 B lässlichkeit – Perspektiven für eine lebenslaufbezogene Familienpolitik und undestag er Bericht ung . September 2006 t : Stellungnahme der Bundesregierung (Drucksache 16/1360) . . . . . . . . . . . . . . . r. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . na Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Hendricks (SPD) . . . . . . . . . . Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . aren Marks (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ina Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Miriam Gruß (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . örn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . rista Sager (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ngrid Fischbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 5353 D 5354 A 5355 D 5356 D 5357 B 5358 B 5358 C 5359 C 5361 A 5363 D 5365 C Antrag der Abgeordneten Klaus Riegert, Annette Widmann-Mauz, Peter Albach, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Freitag, den 29. September 2006 CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dagmar Freitag, Dr. Peter Danckert, Martin Gerster, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Sport und Bewegung in Deutschland umfassend fördern – Bewusstsein für gesunde Lebensweise stärken (Drucksache 16/1648) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . Detlef Parr (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Martin Gerster (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Detlef Parr (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hermann-Josef Scharf (CDU/CSU) . . . . . . . . Reinhold Hemker (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 31: Antrag der Abgeordneten Dr. Lothar Bisky, Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Verzicht auf Mehrwertsteuererhöhung (Drucksache 16/2507) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Otto Bernhardt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Lydia Westrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manfred Grund (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Uwe Küster (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Dr. Michael Meister, Otto Bernhardt, Eduard Oswald, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Reinhard Schultz (Everswinkel), Bernd Scheelen, Ingrid Arndt- Brauer, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der SPD: Deutscher Finanzdienstleis- tungsmarkt im Wandel – Bezeichnungs- schutz für Sparkassen erhalten (Drucksache 16/2748) . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Z A D A N F B ( i Z A D g S R f ( R F L D K T a b c 5376 A 5376 B 5378 A 5379 B 5380 A 5380 D 5381 D 5382 D 5384 A 5385 C 5385 C 5386 D 5387 D 5389 A 5389 C 5391 C 5392 B 5392 C 5392 C 5393 A usatztagesordnungspunkt 10: ntrag der Abgeordneten Kerstin Andreae, r. Thea Dückert, Britta Haßelmann, weiterer bgeordneter und der Fraktion des BÜND- ISSES 90/DIE GRÜNEN: Deutscher inanzdienstleistungsmarkt im Wandel – ezeichnungsschutz für Sparkassen erhalten Drucksache 16/2752) . . . . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 11: ntrag der Abgeordneten Dr. Axel Troost, r. Barbara Höll, Roland Claus, weiterer Ab- eordneter und der Fraktion der LINKEN: parkassen-Namensschutz sichern – EU- echt wahren – Parlamentarische Ein- lussnahme sicherstellen Drucksache 16/2745) . . . . . . . . . . . . . . . . . . einhard Schultz (Everswinkel) (SPD) . . . . . rank Schäffler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . eo Dautzenberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . r. Axel Troost (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . erstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 32: ) Antrag der Abgeordneten Winfried Hermann, Peter Hettlich, Dr. Anton Hofreiter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Treibhausgasemissionen bei Dienstreisen ausgleichen – Vorbildfunk- tion der öffentlichen Hand erfüllen (Drucksache 16/1066) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Hellmut Königshaus, Dr. Karl Addicks, Ernst Burgbacher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Keine Flugticket- abgabe – Mit solider Finanzpolitik mehr Haushaltsmittel erwirtschaften (Drucksache 16/2660) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung – zu dem Antrag der Abgeordneten Heike Hänsel, Hüseyin-Kenan Aydin, Monika Knoche, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der LINKEN: Flugticketabgabe jetzt – Entwick- lungsfinanzierung auf breitere Grundlagen stellen 5393 B 5393 B 5393 C 5395 B 5396 B 5398 A 5398 D 5399 D 5400 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Freitag, den 29. September 2006 III – zu dem Antrag der Abgeordneten Thilo Hoppe, Kerstin Andreae, Marieluise Beck (Bremen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN: Umsetzung des EU-Stufenplans zur Entwick- lungsfinanzierung (0,7-Prozent-Ziel) durch Flugticketsteuer unterstützen (Drucksachen 16/1203, 16/1404, 16/2783) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anette Hübinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Hellmut Königshaus (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: 70. Jahrestag der Gründung der Interna- tionalen Brigaden in Spanien – Würdigung des Kampfes deutscher Freiwilliger an der Seite der Spanischen Republik für ein anti- faschistisches und demokratisches Europa (Drucksache 16/2679) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . Manfred Grund (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Rainer Stinner (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . Dr. Rainer Stinner (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Monika Knoche (DIE LINKE) (Erklärung nach § 30 GO) . . . . . . . . . . . . . Dr. Rainer Stinner (FDP) (Erklärung nach § 30 GO) . . . . . . . . . . . . . 5400 A 5400 B 5401 B 5403 A 5404 B 5406 B 5411 D 5411 D 5412 D 5414 A 5415 A 5415 C 5415 D 5416 A Tagesordnungspunkt 33: Antrag der Abgeordneten Florian Toncar, Burkhardt Müller-Sönksen, Dr. Werner Hoyer, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der FDP: Rechtsstaatskonforme Be- handlung von Verhafteten nach der Über- gabe durch deutsche Stellen im Ausland sicherstellen (Drucksache 16/2096) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Burkhardt Müller-Sönksen (FDP) . . . . . . . . . Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Johannes Jung (Karlsruhe) (SPD) . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 34: Antrag der Abgeordneten Wolfgang Gehrcke, Monika Knoche, Dr. Norman Paech, weiterer J N A L A Z A v d ( U A A 5407 B 5407 C 5408 D 5409 D 5410 D ürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 1 iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . nlage 2 u Protokoll gegebene Rede zur Beratung des ntrags: Rechtsstaatskonforme Behandlung on Verhafteten nach der Übergabe durch eutsche Stellen im Ausland sicherstellen Tagesordnungspunkt 33) te Granold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . nlage 3 mtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5416 B 5416 D 5417 A 5417 D 5419 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Freitag, den 29. September 2006 5353 (A) ) (B) ) 55. Sitz Berlin, Freitag, den 29 Beginn: 9.0
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Freitag, den 29. September 2006 5417 (A) ) (B) ) vielen Teilen der Welt im Einsatz. So hat der DeutscheNešković, Wolfgang DIE LINKE 29.09.2006 cherstellen (Tagesordnungspunkt 33) Ute Granold (CDU/CSU): Die Bundeswehr ist mitt- lerweile in einer ganzen Reihe von Friedensmissionen in Meckel, Markus SPD 29.09.2006** Müller (Gera), Bernward CDU/CSU 29.09.2006 Anlage 1 Liste der entschuldigt * * A Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Addicks, Karl FDP 29.09.2006 Annen, Niels SPD 29.09.2006 Bär, Dorothee CDU/CSU 29.09.2006 Beck (Bremen), Marieluise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 29.09.2006 Bellmann, Veronika CDU/CSU 29.09.2006 Benneter, Klaus Uwe SPD 29.09.2006 Brunnhuber, Georg CDU/CSU 29.09.2006 Deittert, Hubert CDU/CSU 29.09.2006* Faße, Annette SPD 29.09.2006 Freitag, Dagmar SPD 29.09.2006 Gabriel, Sigmar SPD 29.09.2006 Dr. Geisen, Edmund Peter FDP 29.09.2006 Dr. Gerhardt, Wolfgang FDP 29.09.2006 Groneberg, Gabriele SPD 29.09.2006 Haustein, Heinz-Peter FDP 29.09.2006 Heinen, Ursula CDU/CSU 29.09.2006 Herrmann, Jürgen CDU/CSU 29.09.2006* Heynemann, Bernd CDU/CSU 29.09.2006* Hilsberg, Stephan SPD 29.09.2006 Ibrügger, Lothar SPD 29.09.2006 Jelpke, Ulla DIE LINKE 29.09.2006 Dr. Jung, Franz Josef CDU/CSU 29.09.2006 Dr. Lamers (Heidelberg), Karl CDU/CSU 29.09.2006** P D P P D S S D S D S T D W D W Z A (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht en Abgeordneten für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm- lung des Europarates * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der NATO nlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Rechtsstaatskon- forme Behandlung von Verhafteten nach der Übergabe durch deutsche Stellen im Ausland si- au, Petra DIE LINKE 29.09.2006 r. Pfeiffer, Joachim CDU/CSU 29.09.2006 flug, Johannes SPD 29.09.2006 olenz, Ruprecht CDU/CSU 29.09.2006 r. Schäuble, Wolfgang CDU/CSU 29.09.2006 chindler, Norbert CDU/CSU 29.09.2006* chummer, Uwe CDU/CSU 29.09.2006 r. Schwall-Düren, Angelica SPD 29.09.2006 eehofer, Horst CDU/CSU 29.09.2006 r. Solms, Hermann Otto FDP 29.09.2006 teinbach, Erika CDU/CSU 29.09.2006 oncar, Florian FDP 29.09.2006 r. Uhl, Hans-Peter CDU/CSU 29.09.2006 eißgerber, Gunter SPD 29.09.2006 r. Wiefelspütz, Dieter SPD 29.09.2006 issmann, Matthias CDU/CSU 29.09.2006 apf, Uta SPD 29.09.2006 bgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 5418 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Freitag, den 29. September 2006 (A) ) (B) ) Bundestag zum Beispiel gestern die Fortsetzung der Be- teiligung deutscher Streitkräfte an den Friedensmissio- nen der Vereinten Nationen im Sudan (UNMIS) und in Afghanistan beschlossen. Der Antrag der FDP-Fraktion, den wir hier heute be- raten, zielt auf die Frage ab, wie die Einhaltung der men- schenrechtlichen Standards bei der Kooperation zwi- schen Angehörigen der Bundeswehr und nationalen Sicherheitsorganen in zu befriedenden Staaten im Rah- men des Nation Buildings sichergestellt werden kann. Daraus schließe ich, dass sie daran zweifeln, dass dies in den Regionen, in denen sich deutsche Sicherheitskräfte zurzeit engagieren, sichergestellt ist. Lassen Sie mich am Beispiel Afghanistans zeigen, dass die Bundesregierung diesem Thema sehr wohl eine sehr hohe Priorität zumisst. Deutsche Einsatzkräfte be- wegen sich überall, also auch in Afghanistan, immer auf dem Boden unserer Verfassung. Bereits damit vermitteln sie – wie Sie dies auch fordern – menschenrechtliche Standards. Der Aufbau örtlicher Sicherheitsbehörden in den Ein- satzgebieten der Bundeswehr liegt – soweit dieser Auf- trag Teil des internationalen Engagements ist – im Zuständigkeitsbereich ziviler internationaler Organisa- tionen und ziviler nationaler Behörden. Die Bundeswehr ist nicht unmittelbar an solchen zivilen Aufbauarbeiten beteiligt. In Afghanistan hat anlässlich der Petersberger Konfe- renz Ende 2001 Deutschland die Führungsrolle beim Wiederaufbau der afghanischen Polizei übernommen. Die Koordinierung der Maßnahmen erfolgt in gemeinsa- mer Federführung durch das Bundesministerium des In- nern und das Auswärtige Amt. Im Mittelpunkt unseres Engagements standen und stehen der Aufbau und die Ausstattung zentraler Einrichtungen von Innenministe- rium und Polizei sowie der Aufbau und die Ausbildung eines qualifizierten, professionellen, ethnisch ausgewo- genen Polizeiwesens, das der Demokratie und den Men- schenrechten verpflichtet ist. Soweit Bundeswehrkräfte in die Ausbildung der af- ghanischen militärischen Sicherheitskräfte eingebunden sind, richten sich die Ausbildungsinhalte nach anwend- baren internationalen menschenrechtlichen Standards und dem Leitbild der inneren Führung. Die Kräfte, die im Rahmen des ISAF-Mandates zur Sicherheitsunterstützung für die im Aufbau befindlichen Staatsorgane Afghanistans in Umsetzung der UN-Reso- lutionen 1386, 1510 und 1623 eingesetzt werden, haben den Auftrag, bei der Aufrechterhaltung der Sicherheit so zu unterstützen, dass sowohl die afghanischen Staatsor- gane als auch Personal der Vereinten Nationen oder an- deres internationales Zivilpersonal in einem sicheren Umfeld arbeiten können. Die Verantwortung für die öf- fentliche Sicherheit und Ordnung ist aber ausdrücklich den Afghanen selbst vorbehalten und nicht Teil der Mandatsrechte von ISAF. Damit steht ISAF also kein ei- genes Festnahmerecht zu. Die Einsatzregeln für die deutsche Soldatinnen und Soldaten, die sich im Falle von NATO-Operationen wie zum Beispiel in Afghanistan aus den vom NATO-Rat g i F D d h n e l d s d d s m s g d Ü B c g R f W d D g r i d d d ü f t s n I l e I d s z w f d b ü h (C (D ebilligten Operationsplänen ableiten, sehen allerdings n der Tat auch eine Möglichkeit zur vorübergehenden estsetzung von Personen für maximal 96 Stunden vor. avon wird in der Regel Gebrauch gemacht, wenn von iesen Personen eine unmittelbare Gefahr für die Sicher- eit der Soldatinnen und Soldaten oder die Erfüllung ei- es Auftrages ausgeht. Die Festgenommenen werden ntweder unmittelbar nach Beendigung der Gefahren- age oder spätestens nach Ablauf der Frist an die zustän- igen afghanischen Behörden übergeben. Die Einsätze deutscher Streitkräfte richten sich bei die- en vorübergehenden Festsetzungen von Personen nach en Vorgaben der einschlägigen Bundestagsmandate und en völkerrechtlichen Grundlagen für den Einsatz. Men- chenrechtliche Standards und die anwendbaren Bestim- ungen des humanitären Völkerrechts werden dabei elbstverständlich stets beachtet. Einzelne NATO-Staaten haben nun, wie im vorlie- enden FDP-Antrag auch für Deutschland gefordert, mit er afghanischen Seite bilaterale Vereinbarungen zur bergabe festgehaltener Personen an die afghanischen ehörden geschlossen. Im Rahmen der NATO wird derzeit an einer entspre- henden Vereinbarung zwischen der NATO und der af- hanischen Regierung gearbeitet, die einen einheitlichen ahmen schaffen soll für die Übergabe von durch ISAF estgehaltene Personen an afghanische Behörden unter ahrung der internationalen Rechtsstandards, insbeson- ere des humanitären Völkerrechts. Eine gesonderte bilaterale Vereinbarung zwischen eutschland und Afghanistan ist vor diesem Hinter- rund also nicht notwendig, da bereits an einer multilate- alen Lösung gearbeitet wird. In die NATO-Vereinbarung mit Afghanistan sollen nsbesondere folgende Regelungen aufgenommen wer- en: festgehaltene und übergebene Personen sind nach en menschenrechtlichen Standards und den Maßgaben es humanitären Völkerrechts zu behandeln. An den bergebenen Personen werden keine körperlichen Stra- en (einschließlich der Todesstrafe) vollstreckt. Der Transfer einer von einer ISAF-Truppenstellerna- ion an Afghanistan übergebenen Person an Dritte – ein- chließlich anderer ISAF-Truppenstellernationen – ist ur mit ausdrücklicher Zustimmung der übergebenden SAF-Truppenstellernation möglich. ISAF-Truppenstel- ernationen können sich bei der Übergabe von Personen rgänzende Zusicherungen geben lassen. Generell scheint mir der Weg, die mandatsführende nstitution, also zum Beispiel die NATO oder die EU, ie entsprechenden Rahmenvereinbarungen mit den taatlichen Institutionen der befriedeten Staaten treffen u lassen, am praktikabelsten. Auf diese Art und Weise ird die Einhaltung der Menschenrechte konsequenter ür alle truppenstellenden Nationen sichergestellt als urch ein unübersichtliches Geflecht bilateraler Verein- arungen. Die generelle Frage, ob in jedem Einzelfall einer vor- bergehenden Festsetzung einer Person deutsche Ho- eitsgewalt ausgeübt wird – etwa bei einer Handlung ei- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Freitag, den 29. September 2006 5419 (A) ) (B) ) nes deutschen Offiziers oder eines Polizisten bei KFOR oder UNMIK –, ist darüber hinaus rechtlich umstritten und gegenwärtig im Rahmen einer Individualbe- schwerde vor dem Europäischen Gerichtshof für Men- schenrechte in Straßburg anhängig. Auch die Frage des jeweils anwendbaren Rechts – Grundgesetz, Menschen- rechte, humanitäres Völkerrecht – kann wohl nicht ein- heitlich beantwortet werden, sondern jeweils nur von Fall zu Fall. Der zivile deutsche Rechtshilfeverkehr mit dem Aus- land findet auf der Grundlage von Vereinbarungen statt, bzw. ist im Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) geregelt. Das IRG verpflichtet deut- sche Behörden, bei der Erfüllung von Ersuchen anderer Staaten bestimmte nationale rechtliche Standards einzu- halten. So ist die Auslieferung einer Person wegen einer Straftat, die nach dem Recht des ersuchenden Staates mit der Todesstrafe bedroht ist, nur dann zulässig, wenn der ersuchende Staat zusichert, dass die Todesstrafe nicht verhängt oder nicht vollstreckt wird. Auslieferung ist eine Leistung im Rahmen der internationalen Rechts- hilfe. Internationale Rechtshilfe setzt begrifflich das Aufeinandertreffen von Hoheitsrechten mehrerer Staaten voraus. Eine Auslieferung im Sinne des IRG liegt nur dann vor, wenn zuvor eine förmliche Festnahme im Hin- blick auf ein Ermittlungsverfahren erfolgte. Doch zurück zu den Friedensmissionen der Bundes- wehr: Speziell für die Auslandseinsätze unserer Streit- kräfte hat die Bundesregierung gegenüber dem Men- schenrechtsausschuss der Vereinten Nationen am 5. Januar 2005, bezogen auf den Zivilpakt von 1966, das heißt den Internationalen Pakt über bürgerliche und poli- tische Rechte, erklärt: Deutschland gewährleistet gemäß Artikel 2 Absatz 1 die Paktrechte allen in seinem Gebiet befindlichen und seiner Herrschaftsgewalt unterstehenden Perso- nen. Deutschland sichert bei Einsätzen seiner Poli- zei oder Streitkräfte im Ausland, insbesondere im Rahmen von Friedensmissionen, allen Personen, soweit sie seiner Herrschaftsgewalt unterstehen, die Gewährung der im Pakt anerkannten Rechte zu. Die internationalen Aufgaben und Verpflichtungen Deutschlands, insbesondere zur Erfüllung der Ver- pflichtungen aus der Charta der Vereinten Natio- nen, bleiben unberührt. Bei der Ausbildung seiner Sicherheitskräfte im internationalen Einsatz sieht Deutschland eine speziell auf diese ausgerichtete Belehrung über die im Pakt verankerten Rechte vor. Wie Sie meinen Ausführungen entnehmen können, misst die Bundesregierung der Einhaltung der Men- schenrechte in ihrem Engagement zur Stabilisierung von zerfallenen oder von Bürgerkriegen verwüsteten Staaten wie Afghanistan eine der ethisch-moralischen Dimen- sion des Themas entsprechende hohe Bedeutung zu. Un- ser Land kann nur dann mit der Gewissheit glaubhaft und selbstbewusst auftreten und international die Auf- klärung von Menschenrechtsverletzungen einfordern, wenn die Bundesrepublik mit eigenen Handlungen kei- nen Beitrag zu Menschenrechtsverletzungen leistet. Und das ist zu jeder Zeit gewährleistet. A S d f r t z – g e m E c T d u n s e b v r m d V d a a b c (C (D nlage 3 Amtliche Mitteilungen Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit chreiben vom 29. September 2006 mitgeteilt, dass sie en Antrag Mehr Effizienz und mehr Transparenz ür mehr Nahverkehr bei konstanten Regionalisie- ungsmitteln auf Drucksache 16/951 zurückzieht. Der Bundesrat hat in seiner 825. Sitzung am 22. Sep- ember 2006 beschlossen, dem nachstehenden Gesetz uzustimmen: Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Verbrau- cherinformation. Darüber hinaus hat er die nachstehende Entschließung efasst: Der Bundesrat begrüßt es, dass der Bundestag nach rfolglosen Anläufen in den Jahren 2001 und 2004 nun- ehr ein Gesetz verabschiedet hat, das nach derzeitigem rkenntnisstand den berechtigten Anliegen der Verbrau- herinnen und Verbrauchern an einer Verbesserung der ransparenz bei Lebensmitteln und Bedarfsgegenstän- en ebenso gerecht wird wie den Belangen des Handels nd der Wirtschaft und hier vor allem den Belangen klei- er und mittelständischer Unternehmen sowie landwirt- chaftlicher Erzeuger. Der Bundesrat begrüßt die Absicht, das Gesetz zu valuieren und bittet die Bundesregierung, die Länder ei der Evaluierung einzubeziehen und im Rahmen ihrer erbraucherpolitischen Berichterstattung über die Erfah- ungen mit dem Verbraucherinformationsgesetz regel- äßig zu berichten, Vorschläge zur Weiterentwicklung er Informationsansprüche zu erarbeiten und das weitere orgehen eng mit den Ländern abzustimmen. Gegenstand der Evaluation, der Berichterstattung und er Vorschläge zur Weiterentwicklung der Informations- nsprüche sollen insbesondere folgende Punkte sein: ) die stärkere Einbeziehung der Unternehmen in die verbraucherpolitische Verantwortung unter Wahrung der Belange kleiner und mittlerer Betriebe sowie landwirtschaftlicher Erzeuger. Dies sollte mit dem Ziel erfolgen, die Transparenz bezüglich Produk- tionsverhältnissen, Herkunft, Kennzeichnung, Rück- verfolgbarkeit und Eigenkontrollen zu verbessern; ) die Ausweitung der Auskunftsansprüche über das Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermit- telrecht hinaus auf andere verbraucherrelevante Sachbereiche wie zum Beispiel den technischen Ver- braucherschutz, den Schutz der wirtschaftlichen Be- lange der Verbraucherinnen und Verbraucher ein- schließlich des Eichwesens sowie die Regulierungs- und Überwachungstätigkeit in den Bereichen Ener- gieversorgung, Schienenverkehr und Telekommuni- kation; ) die Nutzung der vorhandenen rechtlichen Möglich- keiten zur aktiven Information der Behörden durch möglichst aktuelle und benutzerfreundliche Veröf- fentlichung der einzelnen Überwachungsergebnisse (A) ) (B) ) in öffentlich zugänglichen Informationsquellen, zum Beispiel im Internet; d) die Auswirkungen der Regelungen zum Schutz der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sowie sonstiger wettbewerbsrelevanter Informationen von Unterneh- men auf die Veröffentlichung bzw. Herausgabe von Verbraucherinformationen. Die Schaffung eines Ne- gativkatalogs derjenigen Informationen, die keines- falls als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse oder sonstige wettbewerbsrelevante Informationen schüt- zenswert sind, ist in diesem Zusammenhang zu prü- fen; e) die Verzahnung mit den allgemeinen Regelungen zur Informationsfreiheit sowie über den Zugang zu Um- weltinformationen. Der Bundesrat hat in seiner 825. Sitzung am 22. Sep- tember 2006 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen: – Gesetz zur Umsetzung der neu gefassten Banken- richtlinie und der neu gefassten Kapitaladä- quanzrichtlinie – Zweites Gesetz über die Bereinigung von Bundes- recht im Zuständigkeitsbereich des Bundesminis- teriums des Innern – Gesetz zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten – Fünftes Gesetz zur Änderung des Urheberrechts- gesetzes – Gesetz zu dem Abkommen vom 28. Juni 2004 zwi- schen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Singapur zur Vermeidung der Doppel- besteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen – Gesetz zu dem Abkommen vom 8. Juni 2005 zwi- schen der Regierung der Bundesrepublik Deutsch- land und dem Schweizerischen Bundesrat, han- delnd im Namen des Kantons Schaffhausen, über die Erhaltung einer Straßenbrücke über die Wutach zwischen Stühlingen (Baden-Württem- berg) und Oberwiesen (Schaffhausen) – Gesetz zu dem Abkommen vom 8. Juni 2005 zwi- schen der Regierung der Bundesrepublik Deutsch- land und dem Schweizerischen Bundesrat, han- delnd im Namen des Kantons Aargau, über Bau und Erhaltung einer Rheinbrücke zwischen Lau- fenburg (Baden-Württemberg) und Laufenburg (Aargau). Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses hat mitge- teilt, dass gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsord- nung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen abgesehen wird: m V P t (C (D – Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorläufige Haushalts- und Wirtschaftsführung 2006 Verpflichtungsermächtigungen bei Kapitel 08 14 Titel 518 01 gemäß § 38 Abs. 1 Satz 2 BHO – Übernahme einer zehnjährigen Mietgarantie für ein Wohnbauprojekt der amerikanischen Streitkräfte im Bereich Grafenwöhr – – Drucksachen 16/1929, 16/2086 Nr. 1.2 – – Unterrichtung durch den Präsidenten des Bundesrech- nungshofes Bericht nach § 99 BHO über die Modernisierung des staatlichen Haushalts- und Rechnungswesens – Drucksachen 16/2400, 16/2548 Nr. 1.8 –. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben itgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU- orlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische arlament zur Kenntnis genommen oder von einer Bera- ung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 16/1475 Nr. 1.6 Drucksache 16/1748 Nr. 2.21 Drucksache 16/1748 Nr. 2.23 Drucksache 16/1942 Nr. 1.7 Drucksache 16/1942 Nr. 1.12 Drucksache 16/1942 Nr. 2.46 Innenausschuss Drucksache 16/993 Nr. 2.1 Drucksache 16/993 Nr. 2.6 Drucksache 16/1475 Nr. 2.29 Drucksache 16/1748 Nr. 2.16 Drucksache 16/1748 Nr. 2.25 Drucksache 16/1748 Nr. 2.28 Drucksache 16/1942 Nr. 2.5 Drucksache 16/1942 Nr. 2.19 Drucksache 16/1942 Nr. 2.50 Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drucksache 16/1942 Nr. 1.10 Drucksache 16/1942 Nr. 1.13 Drucksache 16/1942 Nr. 2.8 Drucksache 16/1942 Nr. 2.42 Drucksache 16/1942 Nr. 2.44 Drucksache 16/1942 Nr. 2.48 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 16/1748 Nr. 2.11 Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe Drucksache 16/150 Nr. 1.6 Drucksache 16/1748 Nr. 1.7 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 16/150 Nr. 2.238 Drucksache 16/150 Nr. 2.274 Drucksache 16/820 Nr. 1.71 5420 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Freitag, den 29. September 2006 91, 1 0, T 55. Sitzung Berlin, Freitag, den 29. September 2006 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3
Gesamtes Protokol
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605500000

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sitzung ist eröffnet.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 29 a bis c auf:

a) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-
nen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung des
Elterngeldes

– Drucksache 16/1889 –

– Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Einführung des Elterngeldes

– Drucksache 16/2454 –

aa) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
schusses für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend (13. Ausschuss)


– Drucksache 16/2785 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Ingrid Fischbach
Dr. Eva Möllring

Redet
Christel Humme
Caren Marks
Ina Lenke
Jörn Wunderlich
Diana Golze
Ekin Deligöz


(8. Ausschuss)


– Drucksache 16/2788 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Ole Schröder
Dr. Frank Schmidt
Otto Fricke
Roland Claus
Anna Lührmann

(C (D ung . September 2006 0 Uhr b)

richts des Ausschusses für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend (13. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Ina Lenke,
Miriam Gruß, Cornelia Pieper, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion der FDP

Flexible Konzepte für die Familie – Kinder-
betreuung und frühkindliche Bildung zu-
kunftsfähig machen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Jörn
Wunderlich, Karin Binder, Klaus Ernst, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der LIN-
KEN

Elterngeld sozial gestalten

– Drucksachen 16/1168, 16/1877, 16/2785 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Ingrid Fischbach
Dr. Eva Möllring
Christel Humme
Caren Marks
Ina Lenke
Jörn Wunderlich
Diana Golze

ext
Ekin Deligöz

c) Beratung der Unterrichtung durch die Bundes-
regierung

Siebter Familienbericht
Familie zwischen Flexibilität und Verlässlich-
keit – Perspektiven für eine lebenslaufbezo-
gene Familienpolitik
und
Stellungnahme der Bundesregierung

– Drucksache 16/1360 –
Überweisungsvorschlag:

für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

schuss
schuss
für Bildung, Forschung und
genabschätzung
Ausschuss
Rechtsaus
Finanzaus
Ausschuss
Technikfol






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU
und der SPD zur Einführung des Elterngeldes liegt je ein
Entschließungsantrag der Fraktion der FDP und der
Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen vor.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Bundes-
ministerin Frau von der Leyen.

Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend:

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der
Siebte Familienbericht hat ein zentrales Thema. Das ist
die Dynamik von Familie. Familie verändert sich im
Laufe der Zeit. Kinder wachsen heran, Väter und Mütter
werden zu Großvätern und Großmüttern. Das heißt, dass
sich Familienpolitik vor allem auch am Lebenslauf
orientieren muss. Eine Familie mit einem Säugling hat
andere Bedürfnisse als eine Familie mit Teenagern oder
eine Familie, in der ältere Angehörige gepflegt werden.
Familienpolitik ist damit eine Politik, die die ganze Zeit
im Laufe des Lebens in einer Familie betrachtet.

Die aktuelle Shell-Jugendstudie bringt das auf den
Punkt. Mit einem wirklich glücklichen Leben verbinden
Jugendliche in erster Linie Familie. Aber sie wissen
auch ganz genau, dass es nicht einfach ist, Ausbildung,
Beruf, Partnerschaft, Karriere und Kindererziehung un-
ter einen Hut zu bringen. Die Folgen dieser Skepsis sind
hohe Kinderlosigkeit und das Verschwinden der Mehr-
kindfamilie. Das heißt, Familie ist nach wie vor zeitge-
mäß, aber die Rahmenbedingungen, die wir als Gesell-
schaft Familien im 21. Jahrhundert zumuten, sind nicht
mehr zeitgemäß.

Zwei von drei jungen Frauen wollen heute Kinder
und Beruf, und zwar in ganz unterschiedlichen Ausprä-
gungen, von Teilzeit bis Vollzeit. Sie möchten, dass Fa-
milienwerte und berufliches Fortkommen Hand in Hand
gehen. Die Wirklichkeit sieht oft anders aus. Zwei von
drei jungen Männern wollen mehr Erzieher als nur Er-
nährer ihrer Kinder sein. Sie wünschen sich Zeit mit ih-
ren Kindern. Auch hier sieht die Wirklichkeit oft anders
aus. Diese Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklich-
keit haben die jungen Menschen mit Verzicht beantwor-
tet: entweder Verzicht auf Kinder oder Verzicht auf Ent-
faltung des Erlernten im Beruf.

Es geht auch anders. Es ist im 21. Jahrhundert mög-
lich, die Verantwortung für Erziehung und für Einkom-
men als gemeinsame Verantwortung von Männern und
Frauen zu sehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Das zeigen unsere west- und nordeuropäischen Nach-
barn. Deshalb wird im Familienbericht das Elterngeld
ganz klar unterstützt, weil die Entscheidung, sich für
eine bestimmte Zeit verantwortlich um sein Kind zu
kümmern, genauso wichtig ist wie der Beruf. Das Eltern-
geld macht auch deutlich, dass die persönliche Verant-
wortung für ein Kind nicht automatisch die Aufgabe der

ö
h
E
u

S
g
z
s
g
w

D
e

t
n
d
z

Z
s

J
e
s
K

s
w
f
m
c

Z
g
u

d
h
n
n

(C (D konomischen Selbstständigkeit oder ökonomische Abängigkeit von Vater Staat bedeutet. Zeit ist Geld. Das lterngeld schafft Zeit – Zeit für Kinder mit ihren Eltern nd Zeit für Eltern mit ihren Kindern. Die Entwicklung in den nordund westeuropäischen taaten hat auch gezeigt, dass die Einführung des Elterneldes ein wichtiger Baustein ist, um die Kinderarmut u reduzieren. Denn vom Elterngeld profitieren insbeondere Alleinerziehende und Geringverdiener. Elterneld ist immer besser als Sozialhilfe. Mit dem Elterngeld ird betont: Arbeit wird anerkannt. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


eshalb hat der im Elterngeld enthaltene Geringverdien-
rbonus einen so hohen Stellenwert.

Ein auffallender Befund des Siebten Familienberich-
es ist, dass Mütter mit Kindern unter sechs Jahren in den
euen Bundesländern ein geringeres Armutsrisiko als in
en westlichen Bundesländern haben, weil der Kontakt
um Beruf für sie selbstverständlicher ist.

Das Elterngeld beinhaltet auch die Partnermonate.
um ersten Mal bekommen Väter die ehrliche Chance,
ich für ihre unersetzliche Rolle Zeit zu nehmen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das machen Väter seit Jahrhunderten! Frauen schließlich auch!)


etzt eröffnen wir ihnen die Möglichkeit, diese Grenz-
rfahrung für einen bestimmten Zeitraum zu machen,
ich Tag und Nacht um ihr Kind zu kümmern und für das
ind da zu sein.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Frauen müssen das tun! Aber die Männer bekommen jetzt bloß ein Angebot!)


Mit dieser Grenzerfahrung geht eine schier unbe-
chreibliche Explosion von Gefühlen einher. Bislang
ar es für Väter keine Selbstverständlichkeit, am An-

ang des Lebens ihres Kindes da zu sein, sich Zeit neh-
en zu können, Zeit zu haben und diese Erfahrung ma-

hen zu können.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es hat noch nie jemand die Männer daran gehindert, ihre Kinder zu erziehen!)


Auch wenn wir in der heutigen Debatte zu Recht über
ahlen, Daten und Fakten sprechen müssen, kann man
ar nicht oft genug hervorheben: Kinder sind ein schier
nbeschreibliches Glück.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Ich möchte an dieser Stelle dem Parlament, vor allem
em Fachausschuss, ausdrücklich dafür danken, dass wir
eute diesen historischen Moment erleben können. In
ur zehn Monaten ist es gelungen, ein vollkommen
eues Leistungsgesetz auf die Beine zu stellen und die






(A) )



(B) )


Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyen
Situation junger Eltern und ihrer Kinder in Deutschland
grundlegend zu verbessern.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Im Siebten Familienbericht werden drei Forderungen
aufgestellt: ein Neuzuschnitt der Geldleistungen – zum
Beispiel das Elterngeld –, eine Verbesserung der Chan-
cen im Arbeitsalltag und mehr Zeit. Nachbarschaftsnetze
und Mehrgenerationenhäuser entlasten die Familien und
schaffen dadurch Zeit. Aber die entscheidende Infra-
struktur – auch das wird betont – ist eine flexible, viel-
fältige Kinderbetreuung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Auch hierzu wurden im Siebten Familienbericht eindeu-
tige Aussagen getroffen. Familienpolitik muss sich am
Lebenslauf orientieren. Das heißt, das Elterngeld und die
Kinderbetreuung werden nicht gegeneinander ausge-
spielt. Sie gehen Hand in Hand.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


In den ersten Tagen, Wochen und Monaten wünschen
sich die jungen Eltern nichts mehr als gemeinsame Zeit
mit ihrem Neugeborenen. Erst allmählich erweitert sich
ihr Horizont, übrigens auch der des Säuglings, im Hin-
blick auf andere Kinder und andere Erwachsene. Ebenso
ist es selbstverständlich, dass die Kinderbetreuung nach
der ersten engen Phase mit ihrem Kind zunehmend in
den Fokus der Eltern rückt.


(Ina Lenke [FDP]: Ja, aber es wird nichts gemacht!)


Im Sommer dieses Jahres wurde der Erste Bericht
zum Ausbau der Kinderbetreuung für unter Dreijährige
vorgelegt. Endlich tut sich etwas. Allerdings haben wir
noch eine lange Wegstrecke vor uns, die wir zügig zu-
rücklegen müssen. Gegenwärtig kann für fast jedes
siebte Kind unter drei Jahren ein Kinderbetreuungsange-
bot zur Verfügung gestellt werden; im Jahre 2002 war
das nur für jedes zehnte Kind möglich. In großen Städten
kann zurzeit fast jedem vierten Kind unter drei Jahren
ein Betreuungsplatz angeboten werden. In Westdeutsch-
land hat sich die Zahl der Betreuungsplätze fast verdop-
pelt, allerdings von einem sehr niedrigen Niveau ausge-
hend.

Immer noch bestehen große Ost-West-Unterschiede.
Inzwischen sind aber in fast allen Kommunen konkrete
Schritte zum Ausbau der Kinderbetreuung in Arbeit. Es
liegen also entsprechende Beschlüsse des Gemeindera-
tes, des Stadtrates oder der Kreisverwaltung vor. Zwei
Drittel der Kommunen haben bereits mit dem Ausbau
der Kinderbetreuung begonnen. Jede dritte Kommune
will ihr Ziel vor 2010 erreichen.

Kinderbetreuung schafft nicht nur Zeit für Eltern,
sondern auch Zeit für Bildung und Zeit für die frühe För-
derung von Kindern. Kinder brauchen vor allem andere
Kinder, um sich zu entwickeln. Das sage ich auch vor
dem Hintergrund, dass inzwischen jedes dritte Kind
keine Geschwister hat. Im Familienbericht ist nicht nur
vom Risiko der Vernachlässigung von Kindern die Rede.

D
v
s
m
d
f
m
t
z
e

h
t
G
s
a
m

s
e
e
d
n
a
e
C
ß

F

t
V
L
c
f

a
I
I
m

e
s
w
z

(C (D ort wird auch das Risiko einer überbehüteten, einer ereinzelten Kindheit beschrieben, einer Kindheit, die ich vor allem im Transport zwischen organisierten Terinen abspielt. Wörtlich ist von einer „Terminkindheit“ ie Rede. Im Kindergarten oder in der Tagespflege trefen Kinder andere Kinder und haben Zeit, um zu toben, iteinander zu spielen und ihre eigenen Grenzen auszu esten. Und sie lernen ihre Altersgenossen in ihrer ganen Vielfalt kennen. Das, meine Damen und Herren, ist in unschätzbarer Integrationsfaktor. Das sage ich vor allem vor dem Hintergrund, dass eute jedes dritte Kind unter sechs Jahren einen Migraionshintergrund hat. Integration und Toleranz kann eine esellschaft nicht wirkungsvoller und kostengünstiger chaffen als dadurch, dass sie kleine Kinder von Anfang n im Alltag selbstverständlich miteinander spielen und iteinander reden lässt. Wir verabschieden heute in zweiter und dritter Leung das Elterngeld als einen ersten, wichtigen Baustein iner Familienpolitik, die sich am Lebenslauf orientiert, iner Familienpolitik, die die realen Probleme, aber auch ie Wünsche der jungen Menschen ins Auge nimmt, eier Familienpolitik, die den jungen Männern und Frauen m Anfang des 21. Jahrhunderts – die in Zukunft eine norme Verantwortung werden tragen müssen – die hance gibt, für Erziehung wie Einkommen gleichermaen in der Verantwortung zu stehen. Vielen Dank. Nächste Rednerin ist die Kollegin Ina Lenke, FDP raktion. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das El erngeld als Einkommensersatzleistung für berufstätige äter und Mütter soll Einkommenseinbußen im ersten ebensjahr des Kindes abmildern. Dieser grundsätzlihen politischen Aussage stimmt die FDP-Bundestagsraktion voll zu, Frau von der Leyen. Der Gesetzentwurf, über den wir heute abstimmen, ist ber anders als das, was die Familienministerin vorhatte. ch habe lange gewartet, dass Sie, Frau von der Leyen, in hrer Rede auf das Elterngeldgesetz zu sprechen komen. Es kam mir in Ihrer Rede zu kurz. (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Was wir hier gehört haben, war das Wort zum Sonntag!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605500100

(Beifall bei der FDP)

Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1605500200

(Beifall bei der FDP)


Ein großer Teil ist Sozialleistung, nicht Einkommens-
rsatzleistung. Deshalb enthält das Gesetz viele Kon-
truktionsfehler. Das sind nicht die einzigen Gründe,
eshalb die FDP-Fraktion diesem Gesetzentwurf nicht

ustimmen wird. Wir sind der Überzeugung, dass das






(A) )



(B) )


Ina Lenke
Elterngeld nur erfolgreich sein kann, wenn nach dem
ersten Geburtstag des Kindes die Anschlussbetreuung
gesichert ist. Die Aussage, die die Ministerin heute ge-
macht hat, steht für sich: Das wird auch ab dem 1. Januar
2008 nicht in ganz Deutschland der Fall sein.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Was nutzt Eltern oder Alleinerziehenden ein Jahr El-
terngeld, wenn anschießend Krippenplätze oder Tages-
mütter und -väter fehlen?


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das Familienministerium hat dazu nachweislich keine
nennenswerten Anstrengungen unternommen. Es gibt
kein schlüssiges Gesamtkonzept der Bundesregierung
für die Betreuung von Kindern nach dem ersten Le-
bensjahr, wenn das Elterngeld ausläuft. Es hat auch kei-
nen Kinderbetreuungsgipfel gegeben, auf dem sich die
Bundesregierung mit den Ländern und Kommunen auf
ein gemeinsames Konzept geeinigt hätte. Weder die da-
malige SPD/Grüne-Bundesregierung, die acht Jahre re-
giert hat,


(Zurufe von der SPD und vom BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Sieben Jahre!)


noch die große Koalition von Union und SPD hat die
Städte und Gemeinden beim Ausbau der Kinderbetreu-
ung finanziell unterstützt.


(Unruhe bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


– Es ist so. Sie können ruhig protestieren. Acht Jahre
lang waren die Grünen dabei und es ist nichts passiert.


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sieben Jahre!)


– Dann waren es sieben Jahre.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Das hat gereicht!)


Wenn Sie so nickelig sind, dann wollen Sie nur von Ih-
ren Defiziten ablenken.


(Beifall bei der FDP)


Meine Damen und Herren, den jungen berufstätigen
Paaren fehlt eine verlässliche Grundlage für ein Leben
mit Kindern. Bereits in der Expertenanhörung des Bun-
destages zum Elterngeld und auch jetzt durch die har-
sche Kritik des Bundesrechnungshofes wurde öffentlich,
dass Teile des Elterngeldgesetzes unvereinbar mit dem
Grundsatz der Gleichbehandlung in unserer Verfassung
sind. Dazu wird meine Kollegin Sibylle Laurischk an-
schließend Stellung beziehen.


(Christel Humme [SPD]: Ist doch schon längst erledigt!)


Die FDP-Fraktion hat ihre Position zur notwendigen
Kinderbetreuung und zu den Schwachpunkten des El-
terngeldgesetzes in zwei Anträgen begründet. Unsere
Kritikpunkte:

w
u


S

B

s
g

N
k
r

p
r

D
P
p

K

W
u

W
F
s
e

z

(C (D Erstens. Nach Angaben des Familienministeriums erden 155 000 Familien mit einem Einkommen von nter 30 000 Euro pro Jahr schlechter gestellt. (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist ein Skandal!)


Ja, Sie haben Recht, Frau Schewe-Gerigk: Das ist ein
kandal.


(Beifall bei der FDP)


Zweitens – das ist mein Lieblingsthema –:


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Ah, jetzt!)


erufstätige Ehefrauen, die auf Steuerklasse V arbeiten,

(Lachen bei der CDU/CSU)


ind die Verliererinnen. Ich werde den Bürgern das be-
ründen. Sie wissen das, tun aber nichts richtig.


(Beifall bei der FDP)


och einmal: Berufstätige Ehefrauen, die auf Steuer-
lasse V arbeiten, sind bei diesem Gesetz die Verliere-
innen.


(Nicolette Kressl [SPD]: Sie müssen ja nicht auf Steuerklasse V arbeiten!)


Bei einem Bruttolohn von beispielsweise 2 000 Euro
ro Monat erhalten sie mit Lohnsteuerklasse V ein ge-
ingeres Elterngeld als mit Lohnsteuerklasse III.


(Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Sollen sie doch die Steuerklasse III nehmen, Frau Lenke! Wer zwingt sie denn?)


adurch haben sie monatlich 390 Euro weniger im
ortemonnaie. Deshalb schlägt die FDP das Bruttolohn-
rinzip vor. Das ist gerechter.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605500300

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

ollegin Hendricks?


Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1605500400

Aber gerne.


Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1605500500

Frau Kollegin, darf ich Sie darauf hinweisen, dass die

ahl der Steuerklassen von Ehepartnern jederzeit auch
nterjährig – so heißt das – geändert werden kann?


(Sibylle Laurischk [FDP]: Das stimmt so nicht!)


enn eine Frau schwanger wird, dann kann sie also zum
inanzamt gehen und eine andere Steuerklasse wählen,
odass der Berechnung des Elterngeldes dann natürlich
in anderes Einkommen zugrunde liegt.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1605500600

Frau Hendricks, ich bitte Sie, sich die Regelungen

um Elterngeld ganz genau durchzulesen. Sie wissen,






(A) )



(B) )


Ina Lenke
dass nicht das Durchschnittseinkommen der letzten drei
Monate, sondern der letzten zwölf Monate genommen
wird, und dass eine Schwangerschaft neun Monate dau-
ert.


(Ilse Falk [CDU/CSU]: Ja, eben: Eine normale Schwangerschaft dauert neun Monate!)


Das ist der erste Grund.

Der zweite Grund ist, dass in Ihrem Koalitionsvertrag
steht, dass Sie die Lohnsteuerklassen reformieren wollen
und dass Sie einen Wechsel unterbinden, wenn es um die
Berechnung des Mutterschaftsgeldes geht, das acht Wo-
chen lang gezahlt wird. Diese Möglichkeit gibt es dort
nicht.

Frau Hendricks, ich will Ihnen nur sagen, dass Sie als
Staatssekretärin und ich, die ich in diesem Beruf gear-
beitet habe, diese steuerlichen Fachgesichtspunkte sehr
wohl kennen. Sie glauben aber doch nicht, dass sich eine
Verkäuferin, eine Facharbeiterin oder eine Ärztin mit
diesen Dingen besonders gut auskennen.


(Ute Kumpf [SPD]: Die wissen das besser als Sie, Frau Lenke!)


Sie werden ein böses Erwachen haben, wenn sie das El-
terngeld beantragen werden. Das ist Fakt. Ihre fachspezi-
fische Aussage wird den Eltern nicht helfen.

Um diese Wortmeldung jetzt abzuschließen, sage ich
noch einmal: Frau Hendricks, die FDP schlägt das Brut-
tolohnprinzip vor. Es wäre auch kein Problem gewesen,
dies in dieses Gesetz einzubauen.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605500700

Frau Kollegin, gestatten Sie eine weitere Zwischen-

frage Ihrer Kollegin Laurischk?


Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1605500800

Gerne.


(Ute Kumpf [SPD]: Jetzt müssen sie sich schon selbst befragen!)



Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1605500900

Frau Kollegin Lenke, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu

nehmen, dass die unterjährige Änderung der Steuer-
klasse V in die Steuerklasse III nur dann möglich ist,
wenn beide Ehepartner einverstanden sind, was in der
Regel nicht der Fall ist, weil das eine Verkürzung des
Einkommens des Mannes bedeutet?


(Lachen bei der SPD und der CDU/CSU)


Insofern wird die Steuerklasse V zumindest bis zum Jah-
resende aufrechterhalten, was bei Scheidungsfällen ein
Problem ist.


Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1605501000

Frau Laurischk, da Sie als Rechtsanwältin auf diesem

Gebiet Erfahrung haben, stimme ich Ihnen zu. Ich habe
die Frage von Frau Hendricks so beantwortet, wie es die
Realität vorgibt, wie es die Bürger und Bürgerinnen im

L
b

S
A
v
n
L
e
A

t
e
t
e
a
g

T
t

d
n

d

1
G
9
9

D

W
B
m
v
b

K
e
s
D
h
E
s
r
s

(C (D eben erfahren, und zwar nicht nur im Steuerberatungsüro. (Beifall bei der FDP sowie des Abg. Jörn Wunderlich [DIE LINKE])


Von der Diskriminierung von Ehefrauen mit
teuerklasse V komme ich zu meinem dritten Punkt:
LG-II-Empfänger erhalten ein Mindestelterngeld
on 300 Euro. Dazu habe ich von der Familienministerin
och keine Aussage gehört; denn das, Frau von der
eyen, hat mit der politischen Idee des Einkommens-
rsatzes nichts mehr gemein. Dagegen erhält eine
lleinerziehende, die selbstständig ist, kein Elterngeld
man höre genau zu –, wenn sie über 30 Stunden arbei-
en muss, um ihre Existenz zu sichern. Sie hat auch mit
inem geringen Einkommen keinen Anspruch auf El-
erngeld. Ist das sozial gerecht? Frau von der Leyen hat
ben in ihrer Rede gesagt, Elterngeld ist immer besser
ls Sozialhilfe. Ja, der Meinung bin auch ich. Aber das
ilt auch für Selbstständige.


(Beifall bei der FDP)


Viertens: Teilzeitarbeit. Neu ist die Anrechnung der
eilzeitarbeit auf das Elterngeld. Zwei Drittel des Gehal-

es bei Teilzeitarbeit wird angerechnet. Diese Regelung
so die Meinung der FDP – schränkt die Wahlfreiheit
er Familien enorm ein. Beim Erziehungsgeld war das
icht der Fall. Da konnte man etwas hinzuverdienen.

Fünftens: Geringverdienerregelung. Die Geringver-
ienerregelung ist wirklich zu kompliziert. Verdient man
das muss man einmal öffentlich sagen – weniger als
000 Euro netto, erhält man für jeweils 2 Euro weniger
ehalt als 1 000 Euro 0,1 Prozent mehr Elterngeld. Bei
96 Euro wären das 0,2 Prozent mehr Elterngeld, bei
94 Euro 0,3 Prozent, bei 992 Euro 0,4 Prozent usw.


(Nicolette Kressl [SPD]: Das ist ein Dreisatz!)


as ist ein bürokratisches Ungetüm.


(Beifall bei der FDP – Nicolette Kressl [SPD]: Das ist ein Dreisatz! – Caren Marks [SPD]: Das ist ein einfacher Dreisatz!)


Damit sind wir wieder beim Thema Bürgernähe.
enn Sie einfachere Gesetze machten, dann könnten die
ürger sie verstehen. Wenn Sie sie aber so kompliziert
achen, wie Sie das tun, werden die Bürger sie nicht

erstehen und in die Falle laufen, die Sie aufgestellt ha-
en.

Sechstens: die Stichtagsregelung. Alle Paare, deren
inder nach dem 31. Dezember 2006 geboren werden,

rhalten das neue Elterngeld. Kommt das Baby aber
chon Silvester zur Welt, gilt noch die alte Regelung.
azu habe ich von Bürgern sehr viele Protestbriefe er-
alten. Ich kann die Menschen verstehen: Wenn Sie das
lterngeld als Einkommensersatz als eine neue politi-
che Weichenstellung verstehen, dann hätte die Bundes-
egierung sozialverträgliche Übergänge schaffen müs-
en.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Ina Lenke
Die FDP fordert die Bundesregierung auf, ein verfas-
sungskonformes Gesetz vorzulegen. Wir wollen eine
Einkommensersatzleistung für den Elternteil, der seine
Erwerbstätigkeit zugunsten der Kinder einschränkt. Die
FDP fordert bei der Berechnung des Elterngeldes, das
Bruttolohnprinzip gelten zu lassen, um die gravierenden
finanziellen Nachteile bei der Steuerklasse V gar nicht
erst entstehen zu lassen.

Wir fordern mehr Freiraum bei der zeitlichen Gestal-
tung des Elterngeldes; das ist uns wichtig. Wenn Unter-
nehmen Teilzeitmodelle anbieten und sich Eltern bei der
Betreuung des Säuglings wochen- oder tageweise ab-
wechseln wollen, darf das beim Elterngeldanspruch
nicht zu ihrem Nachteil führen. Dazu ein kurzes Bei-
spiel: Die Mutter betreut das Kind montags und diens-
tags, der Vater mittwochs, donnerstags und freitags.
Diese Möglichkeit kommt in Ihrem Gesetzentwurf zur
Einführung des Elterngeldes nicht vor.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich will als familienpolitische Sprecherin der FDP
ganz deutlich sagen: Die Unternehmen müssen sich end-
lich auf Familien mit Kindern einstellen; das ist äußerst
wichtig. Hier muss ein Paradigmenwechsel erfolgen.


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605501100

Frau Kollegin, Sie müssen zum Ende kommen.


Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1605501200

Ich komme zum Schluss.

Eine zukunftsorientierte Familienpolitik muss alle
Lebensgemeinschaften mit Kindern und auch alle Berufe
gleichermaßen im Blick haben. Familien brauchen mehr
Wahlfreiheit, ihr Leben nach eigenen Vorstellungen zu
gestalten. Mit diesem Gesetzentwurf zur Einführung des
Elterngeldes ohne flankierende Maßnahmen wird das
kein Schritt in eine familienfreundliche Zukunft sein.


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605501300

Nächste Rednerin ist die Kollegin Caren Marks, SPD-

Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Caren Marks (SPD):
Rede ID: ID1605501400

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau

Ministerin von der Leyen! Liebe Kolleginnen und Kolle-
gen! Sehr geehrte Damen und Herren! Zuerst einmal
möchte ich an meine Vorrednerin, Frau Lenke, gerichtet
feststellen: Ihre diffuse Kritik am Elterngeld ist unbe-
gründet.


(Widerspruch bei der FDP)


Die Teilzeitmöglichkeiten während des Bezugs des El-
terngelds sind sehr wohl flexibel handhabbar.

p
p

E
A

K

d
s
d

B
l

f
t
s
d
n

d
v
v

u
A
M
m
E
w
A
u
h
t
S
t
E

(C (D Ihre Rede, Frau Lenke, ist von der Frustration der Oposition und der Tatsache geprägt, dass die Familienolitik in Ihrer Fraktion nachrangig ist. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


s ist schade, dass gute Arbeit bzw. gute Gesetze keine
nerkennung finden.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605501500

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

ollegin Lenke?


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Sie hat doch gerade die ganze Zeit geredet! – Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So wichtig ist das auch wieder nicht!)



Caren Marks (SPD):
Rede ID: ID1605501600

Ja.


Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1605501700

Frau Kollegin, nehmen Sie zur Kenntnis, dass wir in

er vorherigen und in dieser Legislaturperiode zwei Ent-
chließungsanträge zu diesem Thema eingebracht haben,
ie Sie offenbar nicht gelesen haben?

Was die „diffuse Kritik“ angeht, überlassen wir die
ewertung besser den Bürgern. Ich finde, das ist ziem-

ich platt.


Caren Marks (SPD):
Rede ID: ID1605501800

Ich werde zu einem späteren Zeitpunkt auf Ihre dif-

use Kritik eingehen und erläutern, warum sie unberech-
igt ist. Welchen Rückhalt Sie bei Ihrem familienpoliti-
chen Vorgehen haben, hat Ihre Fraktion schon mehrfach
eutlich gemacht. Ich glaube, darauf muss ich jetzt nicht
äher eingehen.


(Sibylle Laurischk [FDP]: Das ist eine Unverschämtheit, Frau Marks! Haben Sie nicht mehr zu bieten?)


Warum wird aus dem Kinderwunsch oft keine Kin-
erwirklichkeit? Diese komplexe Frage durchdringt
iele Aspekte. Es gibt keine einfache Erklärung; es gibt
ielmehr mehrere Antworten.

Eine Antwort lautet: Die Vereinbarkeit von Familie
nd Beruf ist in Deutschland alles andere als einfach.
uf das Lebensmodell „Kinder oder Karriere“ hatten
änner noch nie wirklich Lust. Inzwischen ist auch im-
er mehr gut ausgebildeten Frauen die Lust auf dieses
ntweder-oder vergangen. Frauen meiner Generation
issen, wovon ich rede. Viele sind nach einem guten
bitur – meistens sind sie besser als ihre Mitschüler –
nd einem Studium mit gutem Abschluss – ebenfalls
äufig besser als die männlichen Hochschulabsolven-
en – ein paar Jahre erwerbstätig und steigen die ersten
chritte auf der so genannten Karriereleiter empor. Un-

erdessen beginnt die biologische Uhr zu ticken und die
ntscheidung für oder gegen ein Kind rückt näher.






(A) )



(B) )


Caren Marks
Der Entschluss für ein Kind bedeutete für die meisten
Frauen in Westdeutschland, mindestens drei Jahre aus
dem Beruf auszusteigen, weil es so gut wie keine Kin-
derbetreuung für unter Dreijährige gab. Längere berufli-
che Auszeiten sind mit einem Karriereknick verbunden.
Für viele Frauen ist der berufliche Einstieg mehr als
schwierig. Die Aufgabe der Erwerbstätigkeit von Müt-
tern ist zudem mit großen finanziellen Einbußen verbun-
den. Das wird sich durch das Elterngeld ändern.

Das traditionelle Mutterbild bzw. das Hausfrauenmo-
dell entspricht seit Jahren nicht mehr den Lebenswün-
schen der meisten Frauen. Mütter begeben sich während
der ersten Lebensjahre ihres Kindes ungern in die wirt-
schaftliche Abhängigkeit von ihrem Partner.

Das Modell der Einverdiener- bzw. Versorgerehe ist
überholt. Frauen sind gut ausgebildet, erwerbsorientiert
und selbstbewusst. Abgesehen von Frauen à la Eva
Herman wollen sie eine größere materielle Unabhängig-
keit und wünschen sich mehr Betreuungs- und Erzie-
hungsverantwortung der Männer bzw. Väter.

Veränderte Lebenswirklichkeiten bzw. Lebenswün-
sche benötigen veränderte Rahmenbedingungen. Das hat
die SPD erkannt und der Familienpolitik in den letzten
beiden Legislaturperioden einen sehr hohen Stellenwert
eingeräumt. Nicht zuletzt bestimmt eine moderne, nach-
haltige und sozial gerechte Ausgestaltung der Familien-
politik die zukünftige Entwicklung unseres Landes.

Kinder bedeuten eine Bereicherung, sowohl indivi-
duell als auch gesellschaftlich. Die Entscheidung für
Kinder ist und bleibt eine sehr persönliche. Ich will an
dieser Stelle deutlich sagen: Es gibt hier kein Richtig
oder Falsch. Es darf keine Trennung der Gesellschaft in
Kinderlose und Kinderhabende geben. Als Familienpoli-
tikerin möchte ich keine Bevölkerungspolitik betreiben.
Vielmehr möchte ich durch die Verbesserung der Rah-
menbedingungen all denen Mut machen, die Kinder-
wünsche haben, aber bisher zögern, sich diese zu erfül-
len.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Die Entscheidung für Kinder darf weder ein Armuts-
risiko noch ein Hemmschuh für die berufliche Entwick-
lung sein. Darüber hinaus benötigen Eltern und Kinder
heute und zukünftig eine Politik, die die Gesellschaft,
das heißt die Lebens- und Arbeitswelt, nachhaltig kin-
der- und familienfreundlich gestaltet.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605501900

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Gruß?


Caren Marks (SPD):
Rede ID: ID1605502000

Gerne.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605502100

Bitte, Frau Gruß.

c
v
n
v
2

b
e
z
Z

d
l
u
l
e
t
B
f
G
d
J
r
g
V

u
ß
w
l
l
z

E
E
s
D

E
m

d

(C (D Frau Kollegin, Sie haben mehrfach davon gespro hen, dass die Familienpolitik die Rahmenbedingungen erbessern müsse. Sind Sie geneigt, zur Kenntnis zu ehmen, dass familienfreundliche Rahmenbedingungen or allen Dingen bedeutet hätten, nicht zum 1. Januar 007 die Mehrwertsteuer zu erhöhen? (Beifall bei der FDP und der LINKEN und der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Lachen bei der SPD)

Miriam Gruß (FDP):
Rede ID: ID1605502200


Caren Marks (SPD):
Rede ID: ID1605502300

Frau Gruß, die FDP stellt mittlerweile in jeder De-

atte im Bundestag die Frage nach der Mehrwertsteuer-
rhöhung. Das scheint bei Ihnen ein pawlowscher Reflex
u sein. Ich habe daher mit Verlaub keine Lust, auf Ihre
wischenfrage ernsthaft zu antworten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Auch der aktuelle Siebte Familienbericht ist ein Plä-
oyer für eine nachhaltige Familienpolitik. Der Fami-
ienbericht untermauert den in den letzten Jahren von
ns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten einge-
eiteten Politikwechsel. Eine moderne Familienpolitik ist
in Mix aus Infrastruktur, Zeit und Geld. Familien benö-
igen – das ist klar – eine verbesserte Infrastruktur für
ildung und Betreuung, mehr Zeit, zum Beispiel durch

amilienfreundliche Arbeitswelten, und nicht zuletzt
eld für eine gezielte finanzielle Unterstützung. Mit
em Tagesbetreuungsausbaugesetz für Kinder unter drei
ahren und mit dem Investitionsprogramm zur Förde-
ung von Ganztagsschulen haben wir in der letzten Le-
islaturperiode eine wichtige Grundlage zur besseren
ereinbarkeit von Familie und Beruf geschaffen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ich freue mich, dass der von uns Sozialdemokratinnen
nd Sozialdemokraten eingeschlagene Kurs in der gro-
en Koalition nun mit vereinten Kräften fortgesetzt
ird. Gemeinsam ist es uns in der großen Koalition ge-

ungen, das zentrale familienpolitische Projekt in der
aufenden Legislaturperiode, das Elterngeld, umzuset-
en.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


s freut mich, dass der von Renate Schmidt mit großen
ngagement auf den Weg gebrachte Entwurf eines Ge-
etzes zur Einführung des Elterngeldes – herzlichen
ank dafür – bereits heute verabschiedet wird.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


in guter Tag für Deutschland, ein guter Tag für die Fa-
ilien!


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Natürlich ist das Elterngeld nicht die Antwort bzw.
ie Lösung für alle Probleme, denen Familien heute






(A) )



(B) )


Caren Marks
begegnen. Das Elterngeld ist vielmehr ein wichtiger
Baustein einer modernen Familienpolitik. Mit dem El-
terngeld fördern wir Familien in den ersten zwölf bzw.
14 Monaten nach der Geburt. Gerade während dieser
Zeit benötigen Kinder eine intensive Betreuung. Eltern
wünschen sich in dieser Phase mehr Zeit für ihr Kind.


(Zuruf von der FDP: Und danach?)


Mit dem Kernelement des Elterngeldes, der Einkom-
mensersatzleistung, ermöglichen wir Eltern, sich diese
Zeit ohne finanzielle Sorgen zu nehmen und danach so
schnell wie möglich wieder in den Beruf zurückzukeh-
ren. Da hier unabhängig vom Partnereinkommen ein
finanzieller Ausgleich für den betreuenden Elternteil
vorgesehen ist, bedeutet dies insbesondere für Mütter
wirtschaftliche Selbstständigkeit innerhalb der Partner-
schaft.

Durch die Partnermonate geben wir Vätern mehr
Möglichkeiten, sich partnerschaftlich an der Kinderbe-
treuung zu beteiligen. Durch die Einkommensersatzleis-
tung gewinnen Eltern mehr Wahlfreiheit hinsichtlich
der Elternrolle. Es gibt nun eine echte Alternative zur
traditionellen Rollenaufteilung. Das Elterngeld ist ein
wichtiges gleichstellungspolitisches Instrument, das aber
auch Kindern zugute kommen wird; denn Kinder brau-
chen Väter und Mütter.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Das Elterngeld bietet insbesondere Müttern den An-
reiz, nach der Kinderphase schneller als bisher in den
Beruf zurückzukehren. Die neue Regelung des Ge-
schwisterbonus verstärkt diesen Anreiz. Auch Allein-
erziehende profitieren von dem Elterngeld, weil es die
wirtschaftliche Eigenständigkeit bei der Erwerbsunter-
brechung sichert.

Frau Lenke, Sie fordern in Ihrem Antrag, die Betreu-
ungs- und Bildungssituation zu verbessern. Das ist
grundsätzlich zu begrüßen. Wie Sie wissen, meine Kol-
leginnen und Kollegen von der FDP-Fraktion, haben wir
mit dem Tagesbetreuungsausbaugesetz einen Meilen-
stein in Richtung Ausbau der Kinderbetreuung und früh-
kindliche Förderung gesetzt. Die Richtung stimmt. Aber
eines muss klar sein: Nur in einem verantwortungsvollen
Bündnis zwischen Bund, Ländern und Kommunen wird
es gelingen, unser Land wirklich familienfreundlicher zu
gestalten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Der Siebte Familienbericht und der Bericht der Bun-
desregierung über den Stand des Ausbaus der Kinderta-
gesbetreuung für unter Dreijährige bestätigen, dass der
eingeschlagene Weg richtig ist. Erfolge sind bereits
sichtbar. Frau Ministerin von der Leyen hat die Zahlen
vorhin genannt. Familien benötigen Taten und die haben
wir, die SPD-Bundestagsfraktion, vorzuweisen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Mit der Union!)


Da, Frau Lenke, wo die FDP mitregiert, in wenigen
Ländern und manchen Kommunen, sind Sie herzlich

e
z

A
R
M
t

I
f
Z
F
ü
e

k
G
v
s
g
S
s
m
t
m
E
F
A
d
d
N
f
e
h
s
d

ü
d
k
V
M
u
z
C
W
l
c
l

D

(C (D ingeladen, aus Worten und Forderungen Taten werden u lassen. (Nicolette Kressl [SPD]: So wie in NordrheinWestfalen!)


ber als Sie, meine Damen und Herren von der FDP, in
heinland-Pfalz noch mitregiert haben, musste Sie der
inisterpräsident Kurt Beck in Sachen Bildung und Be-

reuung noch zum Jagen tragen.


(Beifall der Abg. Christel Humme [SPD])


n Ihrem Entschließungsantrag kritisieren Sie recht dif-
us das neue Elterngeld. Sie kritisieren unterschiedliche
ielsetzungen und komplizierte Berechnungen. Aber,
rau Lenke, ein einfacher Dreisatz dürfte auch Sie nicht
berfordern. Dass das Elterngeld vielschichtig wirkt, ist
ine Stärke des Instruments.

An die Damen und Herren von der PDS gerichtet: Wir
önnen das reflexartige Einklagen von mehr sozialer
erechtigkeit in diversen Anträgen vernehmen. Ihr Bild

on sozialer Gerechtigkeit ist nicht nur sehr einge-
chränkt, sondern größtenteils auch falsch. Das Eltern-
eld ist durch den Sockelbetrag, die Begrenzung für
pitzenverdiener und die Geringverdienerkomponente
ozial gerecht und ausgewogen. Sowohl der Siebte Fa-
ilienbericht als auch der Zweite Armuts- und Reich-

umsbericht zeigen auf, dass sich Armutsrisiken von Fa-
ilien am wirkungsvollsten mindern lassen, wenn die
rwerbstätigkeit der Eltern unterstützt wird. Eine frühe
örderung der Kinder und Anreize zur Aufnahme und
usweitung von Erwerbstätigkeit helfen, Armut zu
urchbrechen und wirkliche Chancengleichheit für Kin-
er herzustellen. Am Beispiel unserer nordeuropäischen
achbarstaaten sieht man eindrucksvoll, dass die Ein-

ührung des Elterngelds und die Steigerung der Frauen-
rwerbsquote die Armutsrate bei Kindern und Familien
at sinken lassen. Das Elterngeld ist ein wichtiger Bau-
tein einer nachhaltigen Familienpolitik. Es ist ein Kind
er SPD, auf das wir stolz sind.

Vielleicht lautet in zehn oder 20 Jahren eine Zeitungs-
berschrift: „Aus Kinderwunsch wird immer mehr Kin-
erwirklichkeit“. Der Grund dafür: Deutschland ist ein
inder- und familienfreundliches Land geworden. Die
ereinbarkeit von Familie und Beruf gelingt. Frauen und
änner teilen sich partnerschaftlich Kindererziehung

nd Erwerbsarbeit. Gute Betreuungsangebote unterstüt-
en Familien, frühe Bildung eröffnet Kindern echte
hancen. Familien sind nicht mehr überfordert. Die
irtschaft ist sich ihrer Verantwortung bewusst. Kinder-

achen und Kindertoben, Urlaube und Restaurantbesu-
he mit Kindern werden gern gesehen, Kinder sind wirk-
ich willkommen. – Eine schöne Aussicht.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605502400

Das Wort hat der Kollege Jörn Wunderlich, Fraktion

ie Linke.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Jörn Wunderlich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605502500

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Die Fraktion Die Linke wird diesem Entwurf
eines Gesetzes zur Einführung des Elterngeldes nicht zu-
stimmen können.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Gott sei Dank!)


Nach fast zehn Monaten Diskussion ist der Wille der
Koalition zur sozial besseren Ausgestaltung des Eltern-
gelds nach wie vor nicht erkennbar. Im Gegenteil: Be-
schämend an der breiten Diskussion ist zum einen die
Arroganz gegenüber außerparlamentarischem Sachver-
stand.


(Nicolette Kressl [SPD]: Was?)


Zum anderen verstetigen Sie, Frau von der Leyen, char-
mant lächelnd, die sozialen Ungerechtigkeiten Ihrer
Politik.

Sie schaffen es sogar, im Einvernehmen mit den
Koalitionspartnern in zehn Monaten Gesetze zur Schröp-
fung von Arbeitslosen, Geringverdienern und Allein-
erziehenden durchzupeitschen sowie das größte Steuer-
erhöhungsprogramm seit Bestehen der Bundesrepublik
zu beschließen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Schlimmer noch: Sie potenzieren die sozialen Ungerech-
tigkeiten in einem unerhörten Ausmaß. Ausgerechnet in
Haushaltsdebatten um den Einzelplan 17, bei dem Sie,
Frau von der Leyen, nennenswert Geld zur Ausweitung
der Förderung von Familien in die Hand nehmen, produ-
zieren Sie mit dem Elterngeld einen sozialpolitischen
Skandal erster Ordnung.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605502600

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Griese?


Jörn Wunderlich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605502700

Wir – auch die Kollegin Griese – hatten sowohl im

Familienausschuss als auch im Rechtsausschuss ausrei-
chend Gelegenheit, über dieses Thema zu diskutieren.
Deswegen muss sie sich meinen Vortrag jetzt erst einmal
anhören. Sie kann ja nach Beendigung meiner Rede eine
Kurzintervention machen.


(Kerstin Griese [SPD]: Danke! Das entscheide ich noch selber!)


Das Elterngeld benachteiligt Eltern mit niedrigem
oder gar keinem Erwerbseinkommen. Im Wissen darum,
dass jedes siebte Kind in Deutschland auf einem Ein-
kommensniveau lebt, das es von einer angemessenen so-
zialen und gesellschaftlichen Teilhabe ausschließt, ver-
schärfen Sie weiter die Kinderarmut in Deutschland.
Eine dreiviertel Milliarde Euro nehmen Sie, Frau von
der Leyen, gemeinsam mit der Bundesregierung in die
Hand, um Gut- und Besserverdienenden den Zugang zu
steuerfinanzierten Sozialleistungen zu ermöglichen. Die
wirklich Bedürftigen schließen Sie aus. Um den Skandal
perfekt zu machen, nehmen Sie auf Drängen der Unions-

h
b
g

s
g
s
d
d
d
t
h

n
a

k
v
i
l
W
s

K

t
e
w
M

l
z



W
s
g
n
f
m
N

(C (D ardliner im letzten Moment noch viele der im Land leenden Ausländerinnen und Ausländer von dem Elterneldanspruch aus. (Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Unglaublich! – Weiterer Zuruf von der LINKEN: Unerhört!)


Sie haben eine Menge Geld in den Haushalt einge-
tellt, ohne zu wissen, ob Sie es überhaupt verfassungs-
emäß ausgeben. Entgegen den Bedenken der Sachver-
tändigen aus der Anhörung zum Elterngeld, entgegen
en Bedenken von Juristinnen und Juristen, entgegen
en Bedenken karitativer Wohlfahrtsverbände, entgegen
en Bedenken von über 18 000 Petentinnen und Peten-
en und entgegen den Bedenken des Bundesrechnungs-
ofs


(Nicolette Kressl [SPD]: Ausgerechnet Sie beziehen sich auf den Bundesrechnungshof!)


ehmen Sie nur geringfügige redaktionelle Änderungen
n diesem Gesetzentwurf vor.

Sie, Frau von der Leyen, geben an – sie selbst sind
eine Juristin –, dass Sie sich auf den Rat Ihrer Juristen
erlassen. Seien Sie gewarnt; denn Ihre Juristen haben
m Rechtsausschuss trotz Kenntnis der verfassungsrecht-
ichen Bedenken des Bundesrechnungshofs, ohne ein

ort und ohne mit der Wimper zu zucken, diesem Ge-
etzentwurf zugestimmt.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605502800

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

ollegin Kressl?


Jörn Wunderlich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605502900

Nein. Da muss die Koalition jetzt durch.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Lachen bei der CDU/CSU und der SPD – Ute Kumpf [SPD]: Das wundert mich schon sehr, Herr Wunderlich!)


Noch vorgestern wurde hier seitens der Koalition be-
ont, dass der Bundesrechnungshof schreiben könne, was
r wolle. Ein derartiges Verhalten der Regierung kennen
ir schon aus der Debatte zur Föderalismusreform.
ich wundert da inzwischen nichts mehr.

Das Elterngeld ist eine prinzipiell positive Entwick-
ung in der Familienpolitik und findet unsere Unterstüt-
ung.


(Nicolette Kressl [SPD]: Wirklich?)


Ja, wirklich. –


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Das ist sehr verwunderlich!)


as mich und meine Fraktion daran aber besonders
tört, ist – ich wiederhole es – die soziale Unausgewo-
enheit, das Festhalten an einer Umverteilung von Arm
ach Reich. Das Gesetz soll Menschen ermutigen, sich
ür Kinder zu entscheiden. Wir brauchen primär nicht
ehr Kinder, sondern weniger Kinder, die in Armut und
ot aufwachsen.






(A) )



(B) )


Jörn Wunderlich

(Beifall bei der LINKEN – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: So ein Schwachsinn!)


Außerdem brauchen wir mehr Eltern, die ihre Vorstel-
lung von Familienleben ohne finanzielle Zwänge oder
Sorgen um den Arbeitsplatz leben können. Wir brauchen
eine Kultur der Familien- und Kinderfreundlichkeit; dies
wird aber nicht erreicht, indem eine Umverteilung der
Leistungen an Familien von Arm nach Reich stattfindet.

Wie heißt es so schön zur Problemschilderung zum
Elterngeld – ich zitiere –:

In Deutschland steht Familien dann am wenigsten
Geld zur Verfügung, wenn die Kinder am kleinsten
sind.

In der in Ihrem Gesetzentwurf formulierten Lösung des
Problems heißt es dann unter anderem – ich zitiere –:

Es

– damit ist das Elterngeld gemeint –

eröffnet einen Schonraum, damit Familien ohne fi-
nanzielle Nöte in ihr Familienleben hineinfinden …


(Christel Humme [SPD]: Ist doch so!)


Warum, frage ich dann, sollen diejenigen, die in unserer
Gesellschaft ohnehin schon finanziell schlecht dastehen,
noch schlechter gestellt werden, als sie es ohnehin schon
sind?


(Beifall bei der LINKEN)


Müssen nicht gerade sie gefördert werden?


(Christel Humme [SPD]: Dummes Zeug!)


– Diese Fragen müssen Sie sich schon gefallen lassen. –
Oder herrscht auch bei Ihnen der Geist wie bei einigen
Ihrer Fraktionskollegen, welche sich beispielsweise vor
Arbeitslose, die ihre Lebensmittel bei der Tafel holen
müssen, stellen und diesen auf Fragen nach der Mehr-
wertsteuer entgegnen: Was regt ihr euch denn so über die
Mehrwertsteuererhöhung auf? Sie betrifft in der Regel
eh nur Sachen, die ihr euch nicht leisten könnt.


(Nicolette Kressl [SPD]: Lebensmittel sind von der Mehrwertsteuererhöhung nicht betroffen!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie können jetzt
entgegnen, dass Sie mit Ihren Änderungsanträgen im
Ausschuss Neuregelungen getroffen haben. Das ist rich-
tig. Es bedarf auch schon etwas Mühe, um die gut ver-
packten Unzulänglichkeiten im Elterngeldgesetz heraus-
zufinden.

Erfreulich ist, dass Sie einen Regelungsvorschlag der
Verbände und Sachverständigen aufgegriffen haben


(Kerstin Griese [SPD]: Also doch keine Ignoranz gegenüber außerparlamentarischer Beratung!)


und die flexible Zuschlagsregelung anstelle einer starren
Fristenregelung für den Geschwisterbonus vorgesehen
haben. Auch erfreulich ist: Es soll klargestellt werden,

d
P
n
g
z

z
d
l
s
D
l
d
u

v
c
i
r
o
s
s
A
h
s
m
v
c
D
v
s
l
k
g
r
d

f
a
Ü
s
a
z
t
S

b
b
w
w
d
E
z
e

(C (D ass berufliche Gründe nicht zur Übertragbarkeit der artnermonate auf den anderen Elternteil führen könen. Das sind aber auch schon die einzigen Verbesserunen. – So weit zu dem aus meiner Sicht positiven Ansatz ur Einführung des Elterngeldes. Es gibt, wie von mir schon mehrfach betont, Tendenen in der Politik der Ministerin und der Koalition, die iesen durchaus positiven Ansatz konterkarieren. Wo iegen die spitzfindigen Feinheiten in Ihrer familienund ozialpolitischen Mogelpackung, Frau von der Leyen? ie Einführung des Elterngeldes geht nach wie vor zu asten der Einkommensschwachen, der Alleinerziehenen, der ALG-II-Empfänger sowie der Migrantinnen nd Migranten. (Nicolette Kressl [SPD]: Das ist doch nicht wahr! – Christel Humme [SPD]: Das ist doch eine Lüge! Jetzt wissen wir auch, warum Sie keine Zwischenfragen zulassen!)


Erstens. Die Änderung der Anspruchsberechtigung
on Migrantinnen und Migranten bedeutet eine rechtli-
he Verschlechterung für die Betroffenen. Grundsätzlich
st zu kritisieren, dass die Begründung zu diesem Ände-
ungspunkt von Ihnen stillschweigend ausgespart wird,
bwohl das Bundesverfassungsgericht – in anderem Zu-
ammenhang – diese Ungleichbehandlung für verfas-
ungswidrig erachtet hat, wenn von einem dauerhaften
ufenthalt ausgegangen werden kann bzw. muss, unab-
ängig vom Aufenthaltstitel. Der in der geänderten Fas-
ung enthaltene pauschale Ausschluss von Menschen
it einem Aufenthaltstitel, der erkennen lässt, dass ein

oraussichtlich dauerhafter Aufenthalt vorliegt, ist si-
herlich verfassungswidrig und nicht nachzuvollziehen.
er in der geänderten Fassung enthaltene Ausschluss
on Kettengeduldeten ist nicht sachgerecht und verfas-
ungsrechtlich ebenfalls zweifelhaft. Die an eine bereits
ängerfristig bestehende dauerhafte Erwerbstätigkeit ge-
nüpfte Auffangklausel des § 1 Abs. 7 Nr. 3 des Eltern-
eldgesetzes in der Ausschussfassung mit einer Dreijah-
esfrist reicht nicht aus, um die Verfassungswidrigkeit
er Regelung zu entkräften.

Zweitens. Die Nichtberücksichtigung der steuer-
reien Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nacht-
rbeit bei der Einkommensermittlung ist nach meiner
berzeugung falsch. Wenn das Elterngeld eine Lohner-

atzleistung sein soll, wie Sie immer sagen, dann muss
uch der gesamte Lohn berücksichtigt werden. Die jet-
ige Regelung benachteiligt Berufsgruppen in der Indus-
rie und Frauen in typischen Frauenberufen, die etwa
chichtdienst leisten.


(Beifall bei der LINKEN)


Drittens. Es ist unverständlich, warum nicht eine ver-
esserte Regelung des gleichzeitigen Teilzeitelterngeld-
ezuges in die Liste Ihrer Änderungen aufgenommen
urde. Schließlich haben viele Verbände darauf hinge-
iesen, dass hier im Gesetz eine klare Benachteiligung
er Betroffenen enthalten ist. Eltern, die gleichzeitig ihre
rwerbstätigkeit zugunsten der Kinderbetreuung redu-
ieren, erhalten nur sieben statt 14 Monate Teilzeit-
lterngeld.






(A) )



(B) )


Jörn Wunderlich

(Nicolette Kressl [SPD]: Quatsch!)


Auch diese Regelung ist verfassungsrechtlich fragwür-
dig.

Ein Alternativvorschlag der Verbände, der vom Deut-
schen Juristinnenbund zur Anhörung vorgestellt wurde
und ohne weiteres realisierbar wäre, wird von Ihnen,
Frau von der Leyen, wie gehabt, charmant lächelnd in
die Ablage getan. Wir wenden uns entschieden gegen
eine Benachteiligung von Eltern, die sich allen Widrig-
keiten zum Trotz für ein partnerschaftliches Modell der
Kinderbetreuung in der ersten Zeit nach der Geburt ent-
scheiden. Ihr Vorschlag ist ein fatales Signal in Richtung
Gleichstellungspolitik.


(Beifall bei der LINKEN)


Viertens. Die ausgewiesene Stichtagsregelung führt
zu einer Ungleichbehandlung von Familien mit Kindern
fast gleichen Alters. Warum bekennen Sie sich nicht zu
einer Übergangsregelung, die zeitlich und auch finan-
ziell klar einzugrenzen und überschaubar ist?


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Mit einem kühlen Lächeln in den Reihen der Koalition
wird dieses Anliegen – von übrigens einigen Tausenden
von Petenten – ad absurdum geführt.

Weil die schwarz-rote Regierung mit dem Elterngeld
nach eigenen Angaben 155 000 Familien – ich wieder-
hole: 155 000 Familien – schlechter stellt und nicht da-
nach fragt, wie es nach einem Jahr Elterngeldbezug für
diese Familien weitergeht, fordert die Fraktion Die
Linke: Erstens. Für Einkommensschwache, Eltern in
Ausbildung und Erwerbslose darf das Elterngeld keine
finanziellen Einbußen nach sich ziehen. 300 Euro mo-
natlich müssen Eltern über 24 Monate zur Verfügung
stehen.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Zweitens. Das Elterngeld darf nicht auf den Bezug von
Arbeitslosengeld II und den Kinderzuschlag angerechnet
werden. Drittens. Alleinerziehende dürfen nicht benach-
teiligt werden.


(Nicolette Kressl [SPD]: Werden sie auch nicht!)


Ihnen muss unabhängig von ihrem Erwerbsstatus wie
Paaren bis zu 14 Monate lang Elterngeld gezahlt werden.
Viertens. Wir brauchen Rahmenbedingungen, die die Le-
bensverhältnisse von Eltern und Kindern verbessern.

Wir stehen für einen Wechsel in der Familien- und
Kinderpolitik und fordern eine stärkere Übernahme
öffentlicher Verantwortung für Kinder und Familien.
Kinder und Familien benötigen soziale Sicherheit und
Entwicklungsmöglichkeiten, nicht nur schöne Worte, die
an der Ernsthaftigkeit zweifeln lassen.


(Beifall bei der LINKEN)


m
e
b

I
g
s
l
v
N
D
l

t
s
g
i
r

k
d

B

l
z
k
p

E
s
b
F
e
K
e
s
d

w
s
g

(C (D Die Unehrlichkeit der Bundesregierung im Umgang it Kindern und Familien schreit zum Himmel. Sie fei rn sich, weil Sie das Elterngeld auf einen guten Weg geracht haben. m gleichen Atemzug kürzen Sie massiv Sozialleistunen und greifen den Familien heftig in die Taschen. Sie ind stolz darauf, dass Sie durchgesetzt haben, dass Ausänder mit vorübergehender Aufenthaltsgenehmigung om Elterngeldbezug ausgeschlossen werden und diese euregelung keine Anreize zur Zuwanderung nach eutschland setzt. So war es in einer Presseerklärung zu esen. Ich bin der Meinung, dass wir in Bezug auf das Elerngeld nicht auf dem von der Regierung so viel bechworenen guten Weg sind. Wenn dies dann noch als roßer Schritt für die Menschheit bezeichnet wird, kann ch für unser Land wirklich nur hoffen, dass diese Regieung bei der Politik der kleinen Schritte bleibt. Ein Letztes noch an die Koalition. Schon Konfuzius onnte weit in die Zukunft blicken, denn er kannte wohl ie große Koalition. So hat er gesagt: Wenn über das Grundsätzliche keine Einigkeit besteht, ist es sinnlos, miteinander Pläne zu machen. Danke schön. (Beifall bei der LINKEN – Caren Marks [SPD]: Bezieht sich wohl auf den Streit zwischen Linkspartei und PDS!)


(Nicolette Kressl [SPD]: Genau!)


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605503000

Nächste Rednerin ist die Kollegin Krista Sager,

ündnis 90/Die Grünen.


Krista Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605503100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Ab-

ösung des Erziehungsgeldes und die Einführung eines
eitlich verdichteten, erwerbsbezogenen Elterngeldes
ann ein sinnvoller Baustein einer modernen Familien-
olitik sein. Ich sage aber bewusst: kann.

Frau Ministerin von der Leyen, Sie haben mit diesem
lterngeld Versprechen verbunden. Sie haben gesagt, es
olle dazu beitragen, Familie und Beruf besser zu verein-
aren. Sie selber haben die Erwartung formuliert – junge
amilien haben diese Erwartung auch –, dass hiermit
ine Überbrückungshilfe für das erste Lebensjahr des
indes gegeben wird, um danach wieder in den Beruf

inzusteigen. Jetzt aber werden viele junge Familien
chon nach einem Jahr feststellen können, dass genau
ieses Versprechen nicht eingehalten werden kann,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)


eil es in vielen westdeutschen Flächenländern für die-
en Wiedereinstieg keine Betreuungsinfrastruktur
ibt.






(A) )



(B) )


Krista Sager

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Diese jungen Familien werden zu Recht den Eindruck
haben, dass die Politik ihnen wieder einmal falsche Ver-
sprechungen gemacht hat und sie jetzt im Regen stehen
lässt. So wird es aussehen.


(Ute Kumpf [SPD]: So ein Quatsch!)


Das Traurige ist, dass Sie heute den Eindruck hinterlas-
sen haben, dass Sie auf dieser Baustelle nichts, aber auch
gar nichts tun wollen, dass Sie daran nichts ändern wol-
len.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Caren Marks [SPD]: Ich dachte, wir hätten mit den Grünen das TAG beschlossen!)


Rot-Grün hat mit dem Tagesbetreuungsausbaugesetz
und dem Ganztagsprogramm die richtigen Weichen ge-
stellt.


(Christel Humme [SPD]: Nehmen Sie das einmal zur Kenntnis! – Caren Marks [SPD]: Wir arbeiten weiter daran! – Weitere Zurufe von der SPD: Genau!)


Jetzt muss der nächste Schritt kommen. Dieser besteht in
der Verankerung eines Rechtsanspruchs auf Kinderbe-
treuung ab dem ersten Lebensjahr.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Man fragt sich in der Tat: Warum gehen Sie diesen
Schritt nicht? Sie wissen doch selber, dass ohne diesen
Schritt Ihr stolzes Werk zu großen Enttäuschungen führt
und ein riesiger Flop wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Mein Eindruck ist, dass Sie sich in der Auseinander-
setzung um eine moderne Familienpolitik in Ihren eige-
nen Reihen so aufgerieben haben, dass Sie sich jetzt
sozusagen zur Erholung lieber in das Reich der hehren
Worte zurückziehen möchten


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Stimmt doch gar nicht!)


und bloß nicht die Auseinandersetzung um die Familien-
politik weiterführen wollen, weil Ihnen das offensicht-
lich zu mühselig geworden ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Ausgestaltung des Elterngeldes zeigt doch, dass Sie
immer noch keine Einigung in der Frage erreicht haben,
wohin Sie eigentlich wollen. Worum soll es denn gehen?
Soll das Elterngeld eine Überbrückungshilfe für er-
werbstätige Frauen darstellen, damit sie dann wieder in
die Erwerbstätigkeit einsteigen können, oder handelt es
sich um eine Kinderprämie unabhängig von der vorher-
gehenden Erwerbstätigkeit?

Bei der Auseinandersetzung um den Geschwisterbo-
nus haben Sie sich erst in den allerletzten Tagen geei-

n
z

B
g

S
b
P
S
V
u

S
v
I

S
l

n
w
s
K
i

e
w
w
E
z
e
r
m
d
b
w
b
t

d
v

D
m

s

(C (D igt, ob Sie Anreize für oder gegen Erwerbstätigkeit seten wollen. (Nicolette Kressl [SPD]: Aber die Ergebnisse sind gut!)


ei gleichzeitiger Teilzeitarbeit von Eltern ist die jetzt
efundene Lösung immer noch ungerecht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


ie haben es auf der einen Seite nicht für nötig gehalten,
ei Alleinverdienerhaushalten eine Obergrenze für das
artnereinkommen festzusetzen, aber auf der anderen
eite bestrafen Sie Transferleistungsbezieher mit einer
erkürzung der Bezugsdauer. Das ist doch ungerecht
nd unstimmig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Elterngeld ist keine Strafe! – Zurufe von der SPD)


ie machen hier Politik nach dem Motto: Dit und dat,
on jedem wat. – Das scheint ja geradezu ein Leitmotiv
hrer Regierungspolitik insgesamt zu sein.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


o kann man aber keine stringente und moderne Fami-
ienpolitik machen.

Die einzelnen Familien müssen in ihrer Entscheidung
icht stringent sein. Eltern müssen selber entscheiden,
as sie wollen. Aber die Politik darf doch nicht beliebig

ein. Die Politik muss doch einmal die Fakten zur
enntnis nehmen, auch dann, wenn sie eigentlich nicht

n ihr Weltbild passen.

Tatsache ist doch, dass die jungen Familien heute eher
in partnerschaftliches Lebenskonzept verwirklichen
ollen, dass aber der Wunsch junger Mütter nach Er-
erbstätigkeit und die Möglichkeit der Aufnahme einer
rwerbstätigkeit in Deutschland ganz besonders schlecht
usammengehen. Tatsache ist, dass wir in Deutschland
in im internationalen Vergleich extrem hohes Armuts-
isiko bei Alleinerziehenden haben, aber auch bei Eltern
it kleinem Einkommen. Tatsache ist auch, dass in Län-

ern mit besseren Erwerbsmöglichkeiten für Frauen und
esseren Betreuungsstrukturen mehr Kinder geboren
erden und ein besserer Schutz der Familien vor Armut
esteht. Wir zahlen zwar besonders hohe Transferleis-
ungen,


(Caren Marks [SPD]: Das wollen Sie doch gerade verlängern! Wo ist denn da die Stringenz?)


as führt aber keinesfalls dazu, dass die Familien besser
or Armut geschützt sind.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


as sind doch Tatsachen, die man zur Kenntnis nehmen
uss.

Man muss auch einmal zur Kenntnis nehmen, dass die
chlechte Betreuungsinfrastruktur dazu führt, dass ge-






(A) )



(B) )


Krista Sager
rade in Problemstadtteilen, das Recht der Kinder auf
frühe individuelle Förderung, das Recht der Kinder auf
Bildung von Anfang an, ignoriert und mit Füßen getre-
ten wird. Dieser Gedanke gehört auch dazu.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Christel Humme [SPD]: So ein Schwachsinn!)


Wir werden in wenigen Jahren einen Fachkräfte-
mangel haben. Wir leisten uns aber immer noch ein Ehe-
gattensplitting, das Anreize dafür bietet, dass die jungen,
gut ausgebildeten Frauen möglichst zu Hause bleiben.
Das sind doch alles Baustellen, bei denen wir erwarten
können, dass sie von einer Familienministerin angegan-
gen werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Ich will gern zugestehen, dass das in Ihren eigenen Rei-
hen nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig ist und
keine leichte Auseinandersetzung bedeutet. Aber Sie
müssen diese Baustellen angehen.

Sie haben sich auch nicht zu Wort gemeldet, als ei-
nige Ihrer Herren Vorschläge für ein Familiensplitting
gemacht haben und darüber schwadronierten. Das Fami-
liensplitting setzt im Prinzip das System des Ehegatten-
splittings, die alte Politik in neuem Gewand fort. Dazu
haben Sie nichts gesagt, obwohl das als Familienminis-
terin Ihre Aufgabe gewesen wäre.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ein Letztes noch zur Stichtagsregelung; Frau Lenke
hat es angesprochen. Ich frage mich wirklich, warum Sie
sich das antun. Wir können uns doch alle vorstellen, wie
es wenige Wochen vor dem Jahreswechsel sein wird.
Alle Regionalzeitungen werden voll sein mit entzücken-
den Bildern von süßen Neugeborenen und wir werden
lesen können, dass es für diesen bedauerlichen, armen,
kleinen, süßen Fratz kein Elterngeld geben wird, weil er
zwei Wochen zu früh auf die Welt gekommen ist. Wer
wird dann wohl der Schuldige sein? Die Schuldigen wer-
den doch die Regierung sein und vor allem die gemeine
Familienministerin. Warum tun Sie sich das an? Ich be-
greife das wirklich nicht. Wenigstens an diesem Punkt
sollten Sie den Rat der Opposition ernst nehmen. Er ist
in diesem Fall nicht nur gut, sondern er ist ausnahms-
weise auch gut gemeint.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der FDP und der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605503200

Nächste Rednerin ist die Kollegin Ingrid Fischbach,

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1605503300

Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine lieben Kol-

leginnen und Kollegen! Bei Frau Lenke und Herrn
Wunderlich war es mir klar. Sie waren Opposition und

s
e
S

I
b
l
a
R
s
ä
d
d
T
t
k
d

M
h
p
d
s
g
d
s
s
A
m
l

s
m
l
a
e
r
w
V
e
s
M

v
k
b
E

i
W
P
g
f

(C (D ie sind Opposition. Sie müssen etwas finden, um gegen in gutes Konzept zu sein. Aber auf Ihre Rede, Frau ager, war ich gespannt. (Ina Lenke [FDP]: Das sollten Sie sich nicht antun, Frau Fischbach!)


ch war gespannt darauf, weil ich schon etwas länger da-
ei bin und mich noch sehr gut an die Diskussionen im
etzten Jahr erinnern kann, als Sie in der Regierungsver-
ntwortung waren. Vielleicht hätten Sie einmal in der
ede Ihrer Kollegin Deligöz dazu nachlesen sollen, wie

ie sich zu den vagen Vorstellungen des Elterngeldes ge-
ußert hat, die damals bereits auf der Tagesordnung stan-
en. Ihre Fraktion hat damals an dieser Stelle vehement
eutlich gemacht, wie wichtig die Verabschiedung des
agesbetreuungsausbaugesetzes mit Blick auf das El-

erngeld ist. Jetzt sind Sie in der Opposition und sagen:
eine Politik der falschen Versprechungen. Meinten Sie
amit Ihre Versprechungen vom letzten Jahr?


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich mache keinen Hehl daraus, dass es die Frau
inisterin vor allem in den eigenen Reihen nicht leicht

atte. Die Koalitionspartner haben in Sachen Familien-
olitik sehr unterschiedliche Vorstellungen. Wir wollen
en Familien keine Vorgaben machen, in welcher Form
ie zusammenzuleben haben und wie sie ihre Zukunft zu
estalten haben. Die Familien sind klug genug, selber
arüber zu entscheiden. Trotz der hohen Zahl der Ehe-
cheidungen wollen sich 89 Prozent der jungen Men-
chen für Familie und Kinder entscheiden. Es ist uns ein
nliegen, sie dabei zu unterstützen. Wir brauchen Rah-
enbedingungen, durch die es jungen Menschen ermög-

icht wird, ihren Wunsch in die Tat umzusetzen.

Ich weiß noch genau, was ich vor einem Jahr an die-
er Stelle gesagt habe. Ich habe mich damals – die ehe-
alige Ministerin sitzt im Plenum; sie kann sich sicher-

ich noch daran erinnern – vehement gegen das
usgesprochen, was damals vorgelegt wurde, nämlich
in reines Lohnersatzprogramm für Eltern, die beide be-
ufstätig sind. Das war nicht das, was wir wollten. Wir
ollen den Familien nämlich nicht vorschreiben, dass
ater und Mutter arbeiten müssen. Wir wollen vielmehr
in Programm, in dem sich alle wiederfinden. Deswegen
ind wir dankbar, Frau Ministerin, dass wir es mit dem

indestelterngeld geschafft haben, dass jede Familie
unabhängig von der doppelten Erwerbstätigkeit – nun

on dem Elterngeld profitieren kann. Jede Familie be-
ommt also mindestens 300 Euro, unabhängig davon, ob
eide, also Vater und Mutter, berufstätig sind. Das ist ein
rfolg. Diese Regelung können wir heute gut mittragen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir sehen die Notwendigkeit, Familien in der Phase
hrer Gründung stärker zu unterstützen. Herr

underlich, erlauben Sie mir folgende Bemerkung: Ihre
olemik mit den Zitaten fand ich nicht so prickelnd. Ich
laube, das haben Sie gar nicht nötig. Außerdem ist es
ür unser Vorhaben nicht hilfreich, wenn man so billig






(A) )



(B) )


Ingrid Fischbach
und polemisch argumentiert. Diese Polemik sollten Sie
an dieser Stelle besser unterlassen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir wollen den Familien in den Situationen, in denen
der finanzielle Verlust am schmerzhaftesten ist, einen
Ausgleich geben. Das Elterngeld beträgt 67 Prozent des
Nettoeinkommens bis zu einer Maximalgrenze von
1 800 Euro monatlich und ist auf ein Jahr angelegt.
Trotzdem gibt es Vorwürfe, das sei das „Wort zum Sonn-
tag“ und es sei unklar, was nach Ablauf des Jahres
komme.

Frau Ministerin, Sie sind zwar noch nicht lange im
Amt. Aber die Vehemenz, mit der Sie in der kurzen Zeit
familienpolitische Leistungen durchgesetzt haben, haben
wir in den vergangenen Jahren nicht erlebt. Dafür danke
ich Ihnen im Namen der Familien ganz herzlich.


(Beifall bei der CDU/CSU – Nicolette Kressl [SPD]: Aber Frau Fischbach!)


– Ich denke dabei an die steuerliche Absetzbarkeit der
Kinderbetreuungskosten, um die es am Anfang des Jah-
res einen harten Kampf gab. Diesen Kampf hat die Fa-
milienministerin ausgefochten und sich für die Familien
eingesetzt, obwohl sie dafür doch gar nicht federführend
zuständig war. Frau Kressl, auch Sie dürfen einmal lo-
bend erwähnen, dass das eine gute Sache für die Fami-
lien in unserem Lande ist.


(Beifall bei der CDU/CSU – Nicolette Kressl [SPD]: Dagegen habe ich doch nichts!)


Mit der Geringverdienerkomponente – Frau Lenke
hat sie kompliziert vorgerechnet –


(Ina Lenke [FDP]: Es ist so kompliziert! Es ist sogar noch komplizierter!)


gehen wir einen richtigen Weg. Es muss deutlich sein,
dass sich Arbeit immer lohnen muss. Es kann nicht da-
rum gehen, alle Menschen in allen Lebenssituationen
finanziell gleich zu stellen. Ich halte die Geringverdie-
nerkomponente, wie gesagt, für einen guten Weg. Denn:
Auch wenn die Eltern weniger verdienen, lohnt es sich
für sie, eine Arbeit aufzunehmen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Ein Lieblingsthema der Union in den letzten Monaten
waren sicherlich die Partnermonate.

Man soll ja ehrlich miteinander umgehen. Wenn man
sich die Auswertung von Umfragen einmal ansieht
– auch innerhalb der CDU und ebenso der CSU; ich will
die CSU nicht außer Acht lassen –,


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Wir wissen, was wir wert sind!)


dann stellt man fest, dass 67 Prozent aller befragten
Männer diese Partnermonate begrüßen. Kollege
Singhammer wird es gleich sicherlich noch einmal sa-
gen: 53 Prozent der berufstätigen Männer zwischen
18 und 45 Jahren begrüßen diese Partnermonate, weil sie

s
d
F
k
m
g
g
u
d
u
r

B
h
m
J
r

m
m
r
s
g
m
t

d
ä
z
k
s
g
l


r
m
k

g
m
n
g
a

d
d
d
d
M
A

(C (D ich gerne um die Kinder kümmern wollen. Ein Drittel er befragten Männer hat allerdings gesagt – das hat uns rauen nicht maßlos erstaunt –, auf Hausarbeit hätten sie eine Lust. Aber diese Arbeit gehört nun einmal zur Failienarbeit. 88 Prozent der berufstätigen Frauen haben esagt – das war für uns für die Entwicklung des Elterneldkonzeptes ausschlaggebend –, dass sie sich gerne m ihre Kinder kümmern und Kinder erziehen wollen, ass sie aber auch berufstätig bleiben wollen. Das zeigt ns, dass dieses Konzept richtig ist und dass wir auf dem ichtigen Weg sind. Genauso richtig und wichtig ist für uns, dass wir den ezugszeitraum von einem Jahr auf zwei Jahre erweitert aben, wenn es die finanziellen Verhältnisse möglich achen. Das heißt, man kann das Elterngeld auf zwei ahre splitten und somit den Bezug verlängern. Das ist ichtig und wichtig. (Ina Lenke [FDP]: Da fehlt ganz viel Flexibilität!)


Ein letzter Punkt, den ich inhaltlich ansprechen
öchte, ist der Geschwisterbonus. An dieser Stelle
uss man deutlich machen, wie aufnahmefähig wir wa-

en. Frau Lenke und Frau Sager sagten, die Regierung
olle sich auch einmal die Vorschläge der Sachverständi-
en und der Opposition anhören. An dieser Stelle
öchte ich ein ganz herzliches Dankeschön an den Juris-

innenbund in Person von Frau Fuchsloch aussprechen,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ie sich wirklich bemüht hat, die in einer Anhörung ge-
ußerten Meinungen der Sachverständigen zusammen-
uführen und zu einer einheitlichen Vorgehensweise zu
ommen. Diese Regierung hört zu, das unterscheidet sie
icher von den Vorgängerregierungen. Wir nehmen gut
emeinte Vorschläge auf und arbeiten sie in unsere Vor-
agen ein.


(Ina Lenke [FDP]: Einen einzigen!)


Es waren mehr als zwei, Frau Lenke. Sie sind an ande-
er Stelle nicht in der Lage, überhaupt einen aufzuneh-
en. Insofern seien Sie froh, dass wir diese aufnehmen

onnten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Heiterkeit bei der SPD)


Wir haben den Vorschlag des Juristinnenbundes auf-
enommen. Das heißt, der Geschwisterbonus ist so for-
uliert worden, wie er vorgeschlagen wurde. Wird in-

erhalb eines bestimmten Zeitraumes ein zweites Kind
eboren, wird das Elterngeld um 10 Prozent, mindestens
ber um 75 Euro erhöht. Das ist sicherlich nicht viel
diese Kritik wird geäußert –; aber es ist ein Zeichen,

as uns allen und vor allen Dingen den Familien gut tut,
ie sich auch für ein zweites und drittes Kind entschei-
en. Denn wir haben ja nicht nur das Problem der Kin-
erlosigkeit, sondern auch das Problem, dass uns die
ehrkinderfamilien fehlen. Dadurch haben wir keinen
usgleich, der ansonsten vorhanden wäre. Wir haben






(A) )



(B) )


Ingrid Fischbach
also ein Zeichen gesetzt, sich für mehr Kinder auszu-
sprechen.


(Beifall der Abg. Kerstin Griese [SPD])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605503400

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Lenke?


(Nicolette Kressl [SPD]: Zur Mehrwertsteuer!)



Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1605503500

Immer wieder gern.


Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1605503600

Frau Fischbach, Sie haben sicher genau wie ich viele

Briefe von Studentinnen bekommen, die beklagen, dass
die jetzigen Regelungen zum Elterngeld für sie sehr
nachteilig sind. Sie bekommen nämlich nur ein Jahr und
nicht zwei Jahre Elterngeld. Sie haben gerade gesagt, wir
alle wollten, dass Frauen früher das erste Kind bekom-
men, damit dann auch ein zweites und ein drittes Kind
komme. Ich bin der Meinung, dass es gerade Studentin-
nen durch finanzielle Hilfe ermöglicht werden sollte, ein
Kind großziehen zu können. Wenn sie dann berufstätig
sind, haben sie schon einen Ganztagskindergartenplatz
für ihr Kind. Diese Möglichkeit haben Sie aber in dem
vorliegenden Gesetzentwurf verschlechtert. Ich würde
Sie gerne fragen: Warum haben Sie diese zum Beispiel
für Studentinnen schlechtere Komponente gewählt?


(Beifall bei der FDP)



Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1605503700

Frau Lenke, natürlich kann man sagen: Ein Jahr ist

viel zu wenig, damit verschlechtert sich die Situation.
Gerne hätten wir zwei, drei, sechs oder auch zehn Jahre
vorgesehen; da bin ich mit Ihnen vollkommen d’accord.


(Sibylle Laurischk [FDP]: Zehn Jahre Studium?)


Verantwortungsvolle Politik heißt aber auch, die Rah-
menbedingungen zu beachten. Da die Kassenlage ist,
wie sie ist, muss man bestimmte Vorgaben berücksichti-
gen; das ist das eine.

Das Zweite ist – da hoffe ich auf Ihre Unterstützung,
darauf, dass Sie zum Beispiel der Fraktion der FDP in
Nordrhein-Westfalen Hilfestellung geben; sie ist dort
zusammen mit der Fraktion der CDU in der Regierungs-
verantwortung –, dass wir zum Beispiel auch Hoch-
schulabsolventinnen und Studentinnen mehr Kinderbe-
treuungsangebote eröffnen müssen. Das ist etwas, das
wir ganz schnell gemeinsam lösen könnten. Ich würde
mich freuen, wenn wir beide gemeinsam einen solchen
Vorstoß machen würden. Das heißt, wir müssen die Rah-
menbedingungen für junge Frauen, die sich im Studium
befinden, verbessern. Das heißt ferner, Angebote für die
qualitativ gute Betreuung der Kinder zu schaffen. Das
machen wir zusammen als eine Initiative; darauf freue
ich mich sehr. Das können wir ganz schnell umsetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


f

r
g
d
e
d
l
h
i
s

l
I
A
J
n

h
h

d
K
w
R
s
d
n
d
d
i
b
K
P
A

c
d
l
g
w

(C (D Frau Kollegin, gestatten Sie eine weitere Zwischen rage, diesmal von der Kollegin Kressl? Da die Uhr angehalten wird, jederzeit. Frau Kollegin, ich konnte leider bei den Ausschussbe atungen nicht dabei sein. Deshalb wollte ich nachfraen. Sie haben doch sicherlich im Ausschuss miteinaner besprochen, dass es überhaupt nicht wahr ist, dass es ine besondere Benachteiligung von Studentinnen gibt, ass es im Gegenteil aufgrund der Geringverdienerregeung, wenn Studentinnen und Studenten – was sie ja sehr äufig tun – einen Job haben, sogar sein kann, dass sie m Vergleich zum bisherigen Erziehungsgeld besser getellt werden? Das ist sehr richtig; ich danke Ihnen für die Klarstel ung. Wir müssen aber sagen, dass das für ein Jahr gilt. nsofern hat Frau Kollegin Lenke nicht ganz Unrecht. ber es gibt hier eine deutliche Besserstellung im ersten ahr und auch das darf man erwähnen. Ich danke Ihnen och einmal für die Klarstellung. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605503800
Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1605503900
Nicolette Kressl (SPD):
Rede ID: ID1605504000

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1605504100

Die Sachverständigen des Siebten Familienberichts
aben sich natürlich auch zum Elterngeld geäußert. Sie
aben festgestellt – ich möchte zitieren –:

Ein einkommensabhängiges Elterngeld hat … die
gleiche Bedeutung wie die … Fortbildung für den
Beruf, denn es ist eine Freistellung von der Er-
werbsarbeit zur Unterstützung der Entwicklung von
Humankapital einer Wissensgesellschaft.

Hier wird noch einmal ganz deutlich, welche beson-
ere Verantwortung junge Paare übernehmen, wenn sie
inder bekommen und sich der Erziehung ihrer Kinder
idmen. Wir sollten gemeinsam alles tun, damit die
ahmenbedingungen für junge Eltern besser werden, als

ie bisher gewesen sind. Das würde es ermöglichen, dass
ie Entscheidung für das Kind spontaner, schneller und
ormaler getroffen wird. Wir sind uns doch auch alle
arüber im Klaren: Wenn wir, die wir jetzt Eltern sind,
amals alle überlegt hätten, ob es der richtige Zeitpunkt
st, ein Kind zu bekommen, hätten wir viele Kinder nicht
ekommen. Wir haben es damals als normal empfunden,
inder zu bekommen. Ich glaube, das ist ein wichtiger
unkt, den wir in unseren Betrachtungen nicht außer
cht lassen dürfen.

Wir brauchen eine kinder- und familienfreundli-
here Gesellschaft. Sie können mir glauben: Wenn es
azu eine Gesetzesvorlage gäbe, hätten wir sie schon
ängst auf den Weg gebracht. Sie gibt es aber nicht. Be-
innen muss das in unseren Köpfen. Ich kann nur dafür
erben, dass wir unsere täglichen Handlungen daraufhin






(A) )



(B) )


Ingrid Fischbach
überprüfen, ob wir wirklich so kinderfreundlich sind,
wie wir manchmal tun. Ich glaube, an der einen oder an-
deren Stelle täte uns ein wenig mehr Kinderfreundlich-
keit gut. Das ist ein Zeichen, das die jungen Leute brau-
chen, das die Familien brauchen, um zu erkennen: Sie
werden von uns, den Politikern, geachtet, respektiert und
gefördert.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605504200

Frau Kollegin.


Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1605504300

Lassen Sie mich mit einem Zitat von Bischof Huber

über die Bedeutung der Familie schließen:

Heute geht es darum, die Bedeutung der Familie
wie das Glück mit Kindern neu zu entdecken … Für
beides ist neues Zutrauen nötig. Ein Zutrauen zur
Leistungsfähigkeit unserer Familien. Und ein Zu-
trauen zu einem Leben mit Kindern.

Wir von CDU/CSU haben dieses Zutrauen: Für un-
sere Familien, für unsere Kinder, für unsere Zukunft!


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605504400

Nächste Rednerin ist die Kollegin Sibylle Laurischk,

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1605504500

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Frau Ministerin, an Ihrem Gesetzentwurf gefällt
mir gut, dass Sie das Thema der Väter in den Blick ge-
nommen haben. Das Stichwort „Vätermonate“ hat mir
die Hoffnung gegeben, dass die Bedeutung der Väter
in der Diskussion stärker herausgestellt wird. Ich sage
bewusst als alleinerziehende Mutter und Scheidungs-
anwältin: Väter finden in Deutschland zu wenig statt.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dennoch bleiben – das muss ich insbesondere nach der
Diskussion im Ausschuss feststellen – verfassungs-
rechtliche Bedenken. Deswegen wird die FDP-Fraktion
diesen Gesetzentwurf ablehnen müssen.

Die Vermischung von einkommensunabhängiger So-
zialleistung, nämlich dem Mindestelterngeld in Höhe
von 300 Euro, das allen Eltern in Anerkennung ihrer Er-
ziehungsleistungen anrechnungsfrei gezahlt werden soll,
und der gleichfalls aus Steuermitteln gewährten Einkom-
mensersatzleistung, dem eigentlichen Elterngeld in
Höhe von 67 Prozent des letzten über einen Zeitraum
von zwölf Monaten erzielten Einkommens, fällt uns be-
sonders ins Auge. Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 Grundgesetz ist
die Grundlage für das Mindestelterngeld als einkom-
mensunabhängige Sozialleistung nach Bedürftigkeit. Als
Grundlage für die Gewährung als Einkommensersatz-
leistung reicht das nicht. Die verfassungsrechtlich sau-
bere Lösung wäre eine beitragsfinanzierte Leistung, wie
es sie in Schweden gibt.

A
z
w
n
b
e
w
U
z
w
b
d

S
d
e

d
a
h
a
w
w
v
n

A
s
F
r

k
F
M
a

S

M
s
s
m
g
F
b
z
a

(C (D Einen Verstoß gegen das Gleichheitsgebot nach rt. 3 Grundgesetz hat der Bundesrechnungshof aufge eigt. Wir nehmen das ernst. Die Bezieher von ALG I erden sehr wohl 300 Euro Mindestelterngeld erhalten, icht jedoch die Berechtigten, die zuvor gearbeitet haen; sie erhalten lediglich 67 Prozent ihres bemessungsrheblichen Einkommens als Entgeltersatzleistung. Insoeit sind diejenigen, die zuvor gearbeitet haben, unter mständen schlechter gestellt als zuvor arbeitslose Be ieher von Elterngeld. Bezüglich des Leistungsbezuges erden also zuvor Arbeitslose völlig ungerechtfertigt esser gestellt als diejenigen, die bis zur Geburt des Kines gearbeitet haben. elbstständige, die mehr als 30 Stunden arbeiten, weren nicht einmal das Mindestelterngeld erhalten. Das ist ine Entmutigung für erwerbstätige Frauen. Nicht nachvollziehbar ist, warum Alleinerziehende, ie vor der Geburt gearbeitet haben, zwei Partnermonate nerkannt bekommen sollen, erwerbslose Alleinerzieende dagegen nicht. Auch im Ausschuss erhielten wir uf diese Frage keine Antwort. Paare, die sich die Ererbsarbeit und die Betreuungsarbeit parallel aufteilen, erden das Elterngeld nur für die verkürzte Bezugsdauer on sieben Monaten erhalten. Auch das ist für uns nicht achvollziehbar. Hinweisen möchte ich auf die Benachteiligung von usländern. Dieses Thema wurde im Ausschuss noch chnell nachgeschoben. Frau Ministerin, Sie sind für rauen zuständig. Ich glaube, dass diese Regelung geade ausländische Frauen sehr einschränken wird. Es bleibt mir leider nicht mehr Redezeit. Deswegen omme ich zu meinem Resümee, zum Resümee der DP-Fraktion: Frau Ministerin, Sie handeln nach dem otto „Augen zu und durch!“. Dieses Gesetz wird Ihnen ber auf die Füße fallen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605504600

Nächster Redner ist der Kollege Jürgen Kucharczyk,

PD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)



Jürgen Kucharczyk (SPD):
Rede ID: ID1605504700

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau
inisterin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Meine

ehr geehrten Damen und Herren! Mit der heutigen Le-
ung zum Elterngeld setzt die jetzige Koalition in der Fa-
ilienpolitik den richtigen Weg, den die vorherige Re-

ierung eingeschlagen hat, konsequent fort. Der Siebte
amilienbericht macht deutlich: Das Elterngeld, das es
eiden Elternteilen ermöglicht, eine berufliche Auszeit
u nehmen, ist der richtige Weg in eine Zukunft der ver-
ntwortlichen Gleichstellungs- und Familienpolitik.


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


Jürgen Kucharczyk
Dabei ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf
keineswegs nur ein Frauenthema. Junge Eltern haben
heute den Anspruch, selbst zu entscheiden, wer von bei-
den wie lange zu Hause bleibt, um ohne finanzielle Eng-
pässe für ein Kind zu sorgen. Dafür bietet das Elterngeld
die notwendige Flexibilität. Im ersten Lebensjahr des
Kindes erhält ein nicht voll erwerbstätiges Elternpaar die
Option auf eine Lohnersatzleistung in Höhe von 67 Pro-
zent des vormaligen Nettoeinkommens des betreuenden
Elternteils. Mit mindestens 300 Euro – auch für zuvor
nicht arbeitende Eltern – und maximal 1 800 Euro unter-
stützen wir junge Familien bei ihrer wichtigen Aufgabe
der Kinderbetreuung in den ersten Monaten. Bei einer
Mindestbeteiligung der Väter von zwei Monaten wird
das Elterngeld 14 Monate lang gezahlt.

Im Gegensatz zum Erziehungsgeld kombinieren wir
nun eine höhere finanzielle Unterstützungsleistung mit
einer kürzeren Laufzeit. Das entspricht den aktuellen Le-
bensumständen junger Eltern. Sie möchten ihren Le-
bensstandard nicht gefährden und haben beruflich kaum
Aufstiegsmöglichkeiten, wenn sie für mehrere Jahre aus
dem Arbeitsleben ausscheiden.

Dem Anschein nach entscheiden sich heute viele
junge Männer gegen die Gründung einer Familie. Ist
diese Aufgabe wirklich eine Last? Ist es so viel weniger
attraktiv, Kinder zu bekommen und zu erziehen, als dem
Beruf absoluten Vorrang einzuräumen? Es muss einmal
ganz deutlich gesagt werden: Kinder machen Spaß. Sie
bereichern das Leben und sind eine schöne Herausforde-
rung, für die es sich lohnt, zu kämpfen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Als zweifacher Vater und zweifacher Großvater kann ich
Ihnen das versichern.

Eine Meinungsumfrage des Forschungsinstituts Ipsos
unter Männern hat ergeben, dass sich 68 Prozent der be-
fragten Männer durchaus vorstellen können, Elternzeit
zu nehmen. Das zeigt deutlich: Väter wollen heute be-
wusst mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen. Die Rea-
lität zeigt leider, dass vielen, die heutzutage eine Auszeit
vom Job für ihre Kinder nehmen, dies, insbesondere in
Führungspositionen, als Nachteil in den Unternehmen
ausgelegt wird. Dort setzen wir nun in einem ersten
wichtigen Schritt mit dem Elterngeld an. Die Unterneh-
mensvorstände würden gut daran tun, sich an unseren
skandinavischen Nachbarländern zu orientieren. Am
dortigen System wird deutlich, wie die Vereinbarkeit
von Familie und Beruf funktionieren kann.

Laut einer DIW-Studie ist es für Männer außerordent-
lich wichtig, über ein stabiles Einkommen zu verfügen,
ehe sie eine Familie gründen. Gerade für Väter ist die
Höhe des Nettolohns entscheidend, um außerberufliches,
familiäres Engagement attraktiv zu gestalten. Seit der
Reform des Bundeserziehungsgeldgesetzes 2001, das bis
zu 30 Wochenstunden Erwerbsarbeit während der In-
anspruchnahme der Elternzeit zulässt, sind immerhin
5 Prozent der Personen in Elternzeit Männer. Diejenigen
Elternpaare, die heute keine Elternzeit in Anspruch neh-
men, begründen dies überwiegend mit finanziellen und
beruflichen Nachteilen. Auch beim traditionellen Haus-

f
u
e

s
i
z
g
t

f
s
w
i
z
E
E

n
j
b
v

D
e
m
b
e
t
d
s
n
d
v
D
r

d
l
b
d

D
s
R
m

d
D
r
f

(C (D rauenmodell, bei dem der Ehemann voll berufstätig ist nd die Ehefrau keiner Erwerbstätigkeit nachgeht, wäre ine Auszeit des Vaters untragbar. 60 Prozent der Personen in Elternzeit entscheiden ich heute noch für das traditionelle Modell: Der Vater st in Vollzeit berufstätig, während die Mutter die Elterneit in Anspruch nimmt und keiner Erwerbsarbeit nacheht. Danach nimmt die Mutter ihre zuvor ausgeübte Täigkeit – jedoch meist in Teilzeit – wieder auf. Die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen bewegen ast ausschließlich Frauen dazu, die Elternzeit zu beanpruchen. Nur wenn keine finanziellen Nachteile zu erarten sind, werden auch Väter die Elternzeit vermehrt n Betracht ziehen. Insgesamt sind 50 Prozent der elterneitberechtigten Haushalte der Meinung, dass das jetzige rziehungsgeld nicht ausreicht, um den zu erwartenden inkommensverlust auszugleichen. Wir sehen, weitere Wege in der Familienpolitik sind otwendig. Deshalb liegt es an uns, dafür zu sorgen, dass unge Männer ebenso wie ihre Altersgenossinnen dazu ereit sind, ein Stück Lebenszeit in ihre Familie zu inestieren. abei gilt es aber auch, mit unserem familienpolitisch ingeschlagenen Weg die Rahmenbedingungen für Failien in den Bereichen Infrastruktur, Betreuungsange ote und Hilfen für Eltern insgesamt fortzusetzen. Ein ntscheidender Baustein, die beruflichen Unsicherheien zu minimieren und so bei Vätern einen Anreiz für as Leben mit Kindern zu schaffen, wird das Elterngeld ein. Nach seiner Einführung haben Unternehmen keien Grund mehr, automatisch davon auszugehen, dass ie Frau mit Gründung einer Familie ihre vermeintlich orbestimmte Rolle als Familienmanagerin einnimmt. ie Chancengleichheit im Beruf wäre damit ein weite es Stück nach vorn gebracht. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD)


Solange es allerdings Personalverantwortliche gibt,
ie junge Frauen bei der Arbeitsplatzvergabe benachtei-
igen, weil sie im gebärfähigen Alter sind, wird das Pro-
lem der Kinderlosigkeit in unserer Gesellschaft mit
em Elterngeld allein nicht gelöst.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


enn nur eine aufgeklärte und zukunftsorientierte Ge-
ellschaft wird nicht mehr thematisieren, dass Frauen
abenmütter sind, wenn sie arbeiten, sondern es als nor-
al ansehen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Fakt ist, dass bislang nur die Hälfte aller Mütter aus
er Elternzeit in die Erwerbstätigkeit zurückkommen.
as sind zu wenig. Die Berufstätigkeit von Frauen ge-

ade in Zeiten eines drohenden Fachkräftemangels zu
ördern, muss in unser aller Interesse sein.






(A) )



(B) )


Jürgen Kucharczyk

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Dazu gehört allerdings auch, wirtschaftspolitisch etwas
zu unternehmen, um dem Trend von immer weniger fes-
ten Arbeitsplätzen hin zu immer mehr Patchworkbiogra-
fien Einhalt zu gebieten. Auch die deutsche Wirtschaft
trägt Mitverantwortung für die künftigen Generationen in
unserem Land. Praktika, befristete Arbeitsverhältnisse,
Teilzeit oder – im schlimmsten Fall – Erwerbslosigkeit
bieten zu wenig materielle Sicherheit, um Kinder groß-
zuziehen. Arbeitsplatzsicherheit und die Perspektive,
den eigenen Lebensunterhalt bestreiten zu können, wer-
den dazu beitragen, dass sich Männer und Frauen eher
für Kinder entscheiden.

Eine nachhaltige Familienpolitik muss, wenn sie eine
zukunftsorientierte Änderung der bestehenden Rollen-
verteilung anstrebt, umso mehr auch Geschlechterpoli-
tik sein. Für unsere Gesellschaft ist es wertvoll und uner-
lässlich, dass auch berufstätige Karrierefrauen Kinder
bekommen und ihnen ein Vorbild sein können.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Daher möchte ich betonen: Wir brauchen einen gesell-
schaftlichen Wandel.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, um zu verdeutli-
chen, dass wir die Leistungen für Familien nicht auf das
erste Jahr beschränken wollen, erinnere ich ausdrücklich
an das Tagesbetreuungsausbaugesetz, welches den Aus-
bau der Kinderbetreuungsmöglichkeiten und die steuer-
liche Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten vor-
sieht, und die steuerliche Förderung haushaltsnaher
Dienstleistungen.

Selbstverständlich gibt es auch im Hinblick auf das
Elterngeld noch Verbesserungsvorschläge. Für uns So-
zialdemokraten sind nicht alle Entscheidungen zufrie-
denstellend, aber wir haben einen Kompromiss ausge-
handelt, mit dem wir unsere erfolgreiche Familienpolitik
der letzten Wahlperiode fortsetzen. Für die Bezieher des
ALG II bzw. der Grundsicherung haben wir eine Rege-
lung realisiert, die vorsieht, dass für die Dauer von zwölf
Monaten ein Elterngeld in Höhe von 300 Euro gezahlt
wird. Diese Ergänzung des Elterngeldes um ein Leis-
tungselement für Eltern mit geringem Einkommen ist
wichtig, um allen Erziehenden eine Mindestleistung zu
garantieren.

Mit dem Elterngeld treffen wir die richtige Entschei-
dung für die Zukunft. Mit der Förderung der Elternzeit
für beide Erziehungsberechtigten legen wir den Grund-
stein für einen Wandel vom nicht mehr zeitgemäßen
Hausfrauenmodell hin zu einer emanzipierten und ge-
schlechtergerechten Gesellschaft. Mit dem Elterngeld
sind wir auf dem richtigen Weg. Wir in der Koalition re-
den nicht nur über bessere Familienpolitik, sondern wir
packen sie auch kreativ und konstruktiv an.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


D

F
l
i
a
M
a
W
s
d
h
t
s

c
d
a
s
j
d
z
k
d
r
i
d
l

H

t
d
n

D

h

D
S
n
m
c
e

(C (D Das Wort hat die Kollegin Ekin Deligöz, Bündnis 90/ ie Grünen. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! rau Fischbach, Sie haben der Ministerin gerade gratuiert, dass sie das Elterngeld durchgesetzt hat. Dazu sage ch von meiner Seite – hier haben Sie Recht –: Das tue uch ich. Aber die Frage ist doch nicht, warum sich die inisterin durchgesetzt hat, sondern warum Sie ihr mit ll dem, was Sie gesagt haben – die Stichworte lauten: ickelvolontariat, Bevormundungen und Ähnliches –, o viele Steine in den Weg gelegt haben. Sie hätten ihr iese Steine erst gar nicht in den Weg legen sollen. Dann ätte sie es womöglich viel leichter gehabt und dann häten Sie ihr auch nicht auf diese Weise gratulieren müsen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Oh! Das ist ja rührend!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605504800
Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605504900

Herr Kucharczyk, Sie haben Recht: Gesellschaftli-
her Wandel braucht Zeit. Wir wissen nicht, wie sich
as Elterngeld auswirken wird. An einem Punkt bin ich
llerdings etwas optimistisch: Ich erhoffe mir sehr, dass
ich zumindest bei den Vätern etwas tun wird. Denn
unge Väter wollen mehr partnerschaftliches Miteinan-
er. Die Rahmenbedingungen und der dazu nötige finan-
ielle Spielraum werden nun endlich geschaffen. Man
ann die jungen Väter nur noch auffordern: Ergreift
iese Chance! Allerdings haben sie jetzt auch eine Aus-
ede weniger, wenn es nach wie vor so sein sollte, dass
hre Frauen die Erziehungsarbeit allein bewältigen und
as Problem der Vereinbarkeit von Beruf und Familie al-
ein lösen müssen.


(Heiterkeit der Abg. Sibylle Laurischk [FDP])


ier ist auch die Initiative der Väter gefragt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Nun komme ich zu meinen Kritikpunkten: Noch ges-
ern habe ich eine Pressemeldung der CDU gelesen, in
er sie die ursprüngliche Fassung der Regelung der Part-
ermonate als staatliche Bevormundung betitelt hat.


(Christel Humme [SPD]: Ja, ja!)


en qualitativen Unterschied zwischen der Formel
10 plus 2“ und der Formel „12 plus 2“ konnte mir bis-
er niemand erklären.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Doch! Das Zweite sind zwei Monate mehr! – Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Adam Riese, Frau Kollegin!)


as liegt daran, dass es keinen gibt. Daher werden auch
ie einen solchen Unterschied hier nicht darstellen kön-
en. Entweder sind beide Modelle eine staatliche Bevor-
undung oder keines der beiden Modelle ist eine staatli-

he Bevormundung. Werden Sie sich endlich einmal
inig, was Sie eigentlich wollen!






(A) )



(B) )


Ekin Deligöz

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP – Zuruf von der CDU/CSU: Das ist ganz einfach! Das hat etwas mit den Grundrechenarten zu tun!)


Von Ihrer Seite wurde gesagt, Studierende würden
nicht schlechter gestellt. Das ist aber die Unwahrheit.
Das stimmt nicht. Für ein Paar, das sich für das Haus-
frauenmodell entscheidet, gilt das Modell „12 plus 2“.
Ein Paar, das sich entscheidet, während der Elternzeit zu
studieren, erhält das Elterngeld aber nur zwölf Monate
lang.


(Nicolette Kressl [SPD]: Nein! Das ist nicht richtig! Das ist falsch! – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Stimmt nicht!)


– Doch, genau das machen Sie. Wenn Studierende nur
zwölf Monate Elterngeld bekommen und alle anderen 14,
gibt es eine Ungleichheit. Das gilt erst recht für die Ar-
beitslosengeld-II-Empfänger: Auch diesen werden nur
zwölf Monate Elterngeld gewährt. Diese soziale Un-
gleichheit können Sie eigentlich nicht verteidigen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Christel Humme [SPD]: Es sind immer dann zwölf Monate, wenn kein Einkommen da ist!)


Geschwisterbonus. Sie sagen, Sie hätten den Zeit-
raum, um in den Genuss des so genannten Geschwister-
bonus zu kommen, auf 36 Monate verlängert. Schauen
Sie einmal genau nach, was Sie eigentlich gemacht ha-
ben: Sie haben nicht die Geschwisterbonusregelung ge-
ändert, sondern Sie haben deutlich mehr Anreize für die
Erwerbstätigkeit von Frauen nach der Geburt des ersten
Kindes gesetzt,


(Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Wollten Sie das nicht?)


indem Sie die Bemessungsgrundlage verändert haben.
Ich finde es gut, dass Sie das gemacht haben;


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Na also!)


denn damit fördern Sie nicht das Zuhausebleiben, son-
dern die Erwerbstätigkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Aber stehen Sie endlich dazu! Ihre Ministerin tut das
auch; das ist gut so. Warum verstecken Sie sich hinter
Floskeln, warum sagen Sie nicht einfach, was Sie ma-
chen? Das wäre eine ehrliche Politik.

Mein letztes Argument: Ich weiß, Sie möchten das
R-Wort nicht hören. Gemeint ist der Rechtsanspruch.
Kinderbetreuung ist für Sie ein unbeherrschbares Na-
turereignis. Sie verstecken sich hinter den Kommunen
und den Ländern, wenn Sie darauf verweisen, dass der
Bund nichts tun könne.


(Iris Gleicke [SPD]: So ein Unfug!)


Ich kann nur eins sagen: Für einen Rechtsanspruch ist
der Bund zuständig. Wir auf Bundesebene können den
Rechtsanspruch einführen.

W
w
u
u
L
z
Z

C

H
g
S
G
t

D
w
b
t
M
w
m
E
n
t
u
g

b
k
f
s
V
z
g
m
d
r
t
i

(C (D (Christel Humme [SPD]: Aber nur mit Zustimmung der Länderkammer!)


ir müssen ihn einführen. Solange wir das nicht tun,
ird sich auf dem Markt wenig tun. Das Tagesbetreu-
ngsausbaugesetz war gut. Aber es muss mehr Betreu-
ngseinrichtungen geben. Sonst wird Ihr Elterngeld ins
eere laufen und nur zu Mitnahmeeffekten führen – und
war der Besserverdienenden. Das kann ja wohl nicht
iel der Familienpolitik sein!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605505000

Das Wort hat der Kollege Johannes Singhammer,

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1605505100

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

erren! Einige tun hier so, als werde mit dem Eltern-
eld, das wir am heutigen Tag verabschieden wollen, ein
orgenkind den politischen Lebensweg beginnen. Das
egenteil ist der Fall: Für die meisten Eltern ist das El-

erngeld ein Wunschkind, auf das sie sehnlich warten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


ie Kinderstube ist gut ausgestattet, für die Erziehung
ird gesorgt – das Elterngeld wird eine gute Zukunft ha-
en. Bis zu 1 800 Euro im Monat plus Kindergeld be-
rägt die höchstmögliche Transferleistung. 300 Euro als

indestelterngeld, ohne großen bürokratischen Auf-
and, plus – beim ersten Kind – 154 Euro Kindergeld
acht 454 Euro für jedermann, für jederfrau, für jedes
lternpaar. Das ist doch kein Pappenstiel! Ich verstehe
icht, wie man hier krampfhaft versuchen kann, das El-
erngeld kleinzureden, es madig zu machen. Freuen wir
ns doch, dass wir gemeinsam einen Schritt nach vorne
emacht haben!


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Sibylle Laurischk [FDP]: Sie müssen die Probleme wahrnehmen! Sie können nicht alles schönreden! – Ina Lenke [FDP]: Wir können uns auf vieles freuen, auch auf Weihnachten!)


Für uns ist wichtig, dass die unterschiedlichen Le-
ensmodelle berücksichtigt werden, das heißt, auch die
lassische Familie zu ihrem Recht kommt. Deshalb war
ür uns auch entscheidend, ein Mindestelterngeld vorzu-
ehen. Selbstverständlich ist es ein Vorteil, wenn für die
ätermonate statt der Regel „12 minus 2“ – das heißt

ehn Monate, wenn der Vater nicht aussetzt – „12 plus 2“
ilt, was bedeutet, dass zwei Bonusmonate hinzukom-
en, wenn der Vater aussetzt. Wer nicht erkennt, dass

ies ein erheblicher Vorteil ist, sollte einmal die Grund-
echenarten durchgehen! Wir sind froh, dass wir die El-
ernmonate bzw. Vätermonate durchgesetzt haben. Das
st eine Verbesserung.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Johannes Singhammer
Ebenso wichtig war uns die Einführung einer Gering-
verdienerkomponente, das heißt, dass Menschen mit
wenig Einkommen nicht mit Arbeitslosengeld-II-Emp-
fängern gleichgesetzt werden und dass für Familien, in
denen der betreuende Elternteil vor der Geburt des Kin-
des weniger als 1 000 Euro netto verdient hat, das El-
terngeld von 67 auf 100 Prozent des Nettoeinkommens
angehoben werden kann.

Das ist auch wichtig für die Gruppen, über die wir ge-
rade gesprochen haben, weil das im Einzelfall eine Bes-
serstellung bedeutet.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Ina Lenke [FDP]: Für je 2 Euro 0,1 Prozent mehr! Das ist ja wohl lächerlich!)


Auch an die Kolleginnen und Kollegen von der FDP ge-
richtet, sage ich: Dahinter verbirgt sich ein Grundsatz,
den auch Sie, so denke ich, alle unterschreiben können:
Arbeit muss sich immer lohnen – auch beim Elterngeld.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Uwe Barth [FDP])


Kinderreichtum darf nicht materielle Armut bedeuten.
Deshalb war es für uns wichtig, einen Geschwister-
bonus einzuführen. Ursprünglich waren 24 Monate im
Gesetzentwurf vorgesehen. Auch das war schon ein
Fortschritt. Nun ist es uns mit der Ausdehnung auf
36 Monate gelungen, eine größere Wahlfreiheit zu ga-
rantieren. Das heißt, niemand wird bei der Familienpla-
nung unter Druck gesetzt. Ich glaube, dass das ein wich-
tiger Schritt ist, um die Familien mit mehr Kindern, die
in dieser Debatte immer wieder beschworen worden
sind, ein Stück weit voranzubringen. Darüber bin ich
froh.


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben noch nicht verstanden, was da geschrieben wurde!)


Schließlich ist noch ein weiterer Punkt von Bedeu-
tung: Das Elterngeld wird attraktiv sein. Die Menschen
warten darauf. Wir wollen aber auch, dass dadurch nicht
falsche Anreize für die Immigration ausgelöst werden.
Deshalb war es uns wichtig, dass Nichtdeutsche, die
sich nur vorübergehend in unserem Land aufhalten, eben
kein Elterngeld erhalten können. Das ist auch gerechtfer-
tigt; denn ein Spezialitätenkoch beispielsweise, der sich
nur für einige Zeit hier in Deutschland aufhält, hat einen
anderen Status als jemand, der dauerhaft in Deutschland
lebt.

Wir freuen uns, dass die Wirtschaft dieses Elterngeld
gut angenommen hat. In einer kürzlich durchgeführten
Befragung wurde festgestellt, dass sich eine große Mehr-
heit von 72 Prozent mitverantwortlich dafür sieht, den
Beschäftigten die Entscheidung für Kinder zu erleich-
tern. Das ist ein erheblicher Fortschritt. Viele der befrag-
ten Arbeitgeber zeigen sich jetzt auch für konkrete
Maßnahmen offen, durch die insbesondere der Wieder-
einstieg ins Erwerbsleben erleichtert wird.

Ich sage an dieser Stelle aber auch, dass wir uns mit
dem Elterngeld nicht begnügen wollen. Das ist ein erster
wichtiger Schritt. In dem Siebten Familienbericht, um

d
d
S
f
t
d
a

D
a
u
c
f

D
t
a
n

R
u
t

d
a

K

t
m

F
z
f
g
i
d
s
d

1

(C (D en es in dieser Debatte auch geht – die Ministerin hat as zu Recht angesprochen –, wird festgestellt, dass die ituation der Familien nach wie vor alles andere als beriedigend ist, was insbesondere der Blick auf die Geburenzahlen zeigt, und dass der Maßnahmenkatalog, in em die vielen Leistungen an die Familien stehen, alles ndere als transparent und übersichtlich ist. (Ina Lenke [FDP]: Das ist beim Elterngeld auch so, Herr Singhammer!)


eshalb begrüße ich es, dass die 145 Familienleistungen
uf den Prüfstand gestellt werden, dass wir sie bewerten
nd dann versuchen – das werden wir nicht nur versu-
hen, sondern auch schaffen –, einige breite Schneisen
ür eine übersichtliche Familienförderung zu schlagen.


(Ina Lenke [FDP]: Das hätte zuerst gemacht werden müssen! – Sibylle Laurischk [FDP]: Das müsste jetzt weitergeführt werden!)


ie durch den reduzierten Bürokratieaufwand eingespar-
en Mittel wollen wir für die Familien reservieren und
usgeben. Ich denke, dass dem alle hier zustimmen kön-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Das gilt auch für die so genannte demografische
endite. Immer häufiger ist zu hören, man könne hier
nd dort etwas einsparen. Das betrifft alle Körperschaf-
en. Durch den Geburtenrückgang ist in der Tat für viele
auch für die Kommunen – eine neue Situation entstan-
en. Es gibt immer weniger Kinder. Deshalb werden
uch weniger Aufwendungen notwendig.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605505200

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

ollegin Lenke?


Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1605505300

Aber sehr gerne.


(Markus Grübel [CDU/CSU]: Du sollst die Wahrheit sagen!)



Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1605505400

Herr Grübel, Herr Singhammer und ich haben ein gu-

es kollegiales Verhältnis. Das mag zwischen Ihnen und
ir ja anders sein.


(Zurufe von der CDU/CSU und der SPD: Oh!)


Herr Singhammer, ich habe eine wirklich ernsthafte
rage. Wir alle wollen, dass die 145 Familienleistungen
usammengeführt und geprüft werden. Wir müssen uns
ragen, welche notwendig sind und welche erhöht oder
estrichen werden müssen. Meine Frage lautet: Warum
st das nicht im ersten Schritt geschehen? Bezogen auf
ieses Ergebnis hätte dann ein neuartiges Elterngeld ent-
tehen können. Warum kommt der zweite Schritt vor
em ersten?


Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1605505500

Liebe Frau Kollegin Lenke, das Vorhaben, die

45 Familienleistungen zu bewerten, zu prüfen und neu






(A) )



(B) )


Johannes Singhammer
zu ordnen, ist eine geradezu titanenhafte Aufgabe. Damit
werden nämlich 50 Jahre Familienpolitik in Deutschland
neu bewertet und erarbeitet. Das kann nicht in ein paar
Wochen geschehen.

Uns war wichtig, dass das Elterngeld, das wir ver-
sprochen haben, rasch und unverzüglich auf den Weg ge-
bracht wird. Schneller als bis zum 1. Januar kommenden
Jahres war das nicht möglich. Wir sind froh, dass wir das
geschafft haben. Ich versichere Ihnen: Wir werden die
Neuordnung der Familienleistungen zügig angehen und
erfolgreich sein.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Lassen Sie mich kurz meinen Gedanken zu Ende
bringen. Der Geburtenrückgang wird in vielen Berei-
chen des Finanzwesens zu Einsparungen führen. Diese
Einsparungen dürfen aber nicht zur Konsolidierung der
Haushalte verwandt werden. Wir brauchen hier zumin-
dest eine Aufrechterhaltung des Status quo in allen Be-
reichen der öffentlichen Haushalte, sodass Leistungen
im Sinne von Kinder- und Familiengerechtigkeit auf
dem bisherigen Niveau bleiben. Jeder durch Geburten-
rückgang eingesparte Euro soll und sollte für Familien
verwandt werden; das ist ganz wichtig.

Die finanzielle Gerechtigkeit wird weiterhin eine
große Rolle spielen. Das ist aber nicht der einzige Punkt.
Wichtig ist auch ein Umdenken in den Köpfen in unse-
rem Land. Familien und Kinder gehören in unsere Ge-
sellschaft. Mit dem Elterngeld haben wir nicht nur die
langjährige Forderung erfüllt, ein finanzielles Aus-
gleichssystem zu schaffen und so die Vereinbarkeit von
Familie und Beruf zu verbessern, sondern wir haben
auch dazu beigetragen, dass Familien und Kinder bei uns
einen ganz hohen Stellenwert haben. Diesen werden wir
weiter ausbauen.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605505600

Das Wort hat die Kollegin Christel Humme, SPD-

Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Christel Humme (SPD):
Rede ID: ID1605505700

Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe Kollegin-

nen! Entgegen dem, was in der Medienlandschaft nach-
zulesen ist, hat sich Rot-Schwarz am heutigen Tag geei-
nigt.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Wir verabschieden heute das Gesetz zur Einführung
des Elterngeldes. Wir haben es geschafft – das sage ich
nicht ohne Stolz; darauf hat auch Frau Fischbach hinge-
wiesen –, uns trotz verschiedener Familienbilder zu ver-
ständigen. Ab dem 1. Januar 2007 profitieren 365 000 Fa-
milien von der Einführung des Elterngeldes, und zwar
stärker als von dem jetzigen Erziehungsgeld. Das ist ein
wesentlicher Erfolg dieser Koalition.

f
g
h
d

v
Z
a
z
K
z
w
w
5
7
n

V
s
d


l
t
f

S
w

D
p
g

K

d
b
s
s
d
s

(C (D Ich bedanke mich herzlich bei der Frau Ministerin daür – das haben wir schon gehört –, dass das so schnell eklappt hat. Ich danke auch herzlich Renate Schmidt ier im Plenum, die die Voraussetzungen zur Einführung ieses Elterngeld geschaffen hat. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Wir haben eine gemeinsame Antwort auf die Frage
on jungen Männern und Frauen gefunden, wie sie in
ukunft Familienarbeit und Beruf untereinander besser
ufteilen können. Eine Umfrage in dieser Woche hat ge-
eigt, dass in der Tat 68 Prozent der Männer – Herr
ucharczyk hat das schon erwähnt – bereit sind, Eltern-

eit zu nehmen. Ich sage an dieser Stelle: Ich wäre froh,
enn nur die Hälfte der Männer dies tatsächlich machen
ürde; denn das wäre eine Steigerung von heute
Prozent auf 34 Prozent in der Zukunft. Das heißt, etwa

00 Prozent mehr Männer als heute würden Elternzeit
ehmen. Das würde ich sehr begrüßen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, in der
ergangenheit – das war auch in der Ausschussdebatte
o – habe ich immer geglaubt, das Aufbrechen bestehen-
er Rollenbilder sei auch Ihr Thema.


(Ina Lenke [FDP]: Ja, natürlich!)


Natürlich? Jetzt stellen Sie sich allerdings hier hin und
ehnen unseren Gesetzentwurf zur Einführung des El-
erngeldes mit dem alleinigen Argument ab, es sei ver-
assungswidrig.


(Ina Lenke [FDP]: Das machen wir nicht!)


olche Argumente kommen eigentlich immer nur dann,
enn man selber kein Konzept hat.


(Beifall bei der SPD)


as lässt vermuten, dass Sie kein schlüssiges familien-
olitisches Konzept vorlegen können. Sie geben den jun-
en Männern und Frauen keine Antwort auf ihre Fragen.


(Ina Lenke [FDP]: Das ist wirklich platt!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605505800

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

ollegin Laurischk?


Christel Humme (SPD):
Rede ID: ID1605505900

Bitte.


Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1605506000

Frau Kollegin Humme, wir haben ausgeführt, dass in

em Gesetzentwurf eine Vielzahl von Ungereimtheiten
esteht und dass Ungleichbehandlungen vorgesehen
ind, die sicherlich auch verfassungsrechtlich relevant
ind. Nehmen Sie zur Kenntnis und wie stehen Sie dazu,
ass die von mir angeführten Ungleichbehandlungen
icherlich auch zu einer Vielzahl sozialgerichtlicher






(A) )



(B) )


Sibylle Laurischk
Verfahren führen werden? Nach meiner Einschätzung
wird eine Vielzahl von Betroffenen zur Klärung der Be-
rechnungsgrundlage für das Elterngeld den Klageweg
beschreiten müssen. Das wird die Verschärfung der Lage
an den Sozialgerichten und eine stärkere finanzielle Be-
lastung der Justizhaushalte zur Folge haben.


Christel Humme (SPD):
Rede ID: ID1605506100

Wenn ich Ihren Entschließungsantrag richtig verstan-

den habe, begründen Sie Ihre Forderungen unter ande-
rem – –


(Ina Lenke [FDP]: Unter anderem!)


– Ich kann nicht alles zitieren; dann bräuchte ich drei
Stunden.

Ich will nur Ihr Argument der verfassungsrechtlichen
Bedenken aufgreifen. Sie meinen, dass eine steuerfinan-
zierte einkommensabhängige Leistung eine verfassungs-
rechtlich unzulässige Ungleichbehandlung ist. Wir
haben aber mit der Arbeitslosenhilfe jahrelang steuerfi-
nanzierte und einkommensorientierte Leistungen ge-
währt.


(Nicolette Kressl [SPD]: Jahrzehntelang!)


Ich kann mich nicht erinnern, dass irgendjemand dage-
gen verfassungsrechtliche Bedenken vorgebracht hat.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Sibylle Laurischk [FDP]: Das ist keine Antwort auf meine Frage!)


– Doch, das war die Antwort auf Ihre Frage.

Oberstes Ziel des Elterngeldes – das wurde heute
schon mehrfach gesagt – ist die Geschlechtergerechtig-
keit. Im Laufe der Debatte ist aber auch immer wieder
die Frage der sozialen Gerechtigkeit angesprochen wor-
den. Ich meine, beides hängt eng miteinander zusam-
men. Es lohnt sich vielleicht, das Elterngeld auch unter
diesem Aspekt zu betrachten.

Dabei stellt sich zunächst die Frage, an wen sich das
Elterngeld vor allem richtet. Ich glaube, es ist heute noch
nicht richtig deutlich geworden, wen wir damit erreichen
wollen. Es geht um Männer und Frauen um die 30 – über
95 Prozent der Frauen in dieser Altersgruppe sind be-
rufstätig –, die sich für eine Familie entscheiden wollen.
Diesen Menschen möchten wir mit unserem Elterngeld
die Entscheidung für Familie und Beruf erleichtern.

Wir wissen, dass die berufstätigen Frauen in dieser
Altersgruppe keine Reichtümer verdienen. Sie verdienen
im Durchschnitt 1 200 Euro. Wir fördern also nicht die
Reichen und es geht uns auch nicht um eine Umschich-
tung. Im Gegenteil: Wir wissen schließlich, dass bei der
Gründung einer Familie das größte Risiko von den
Frauen getragen wird. Wenn Frauen zu Hause bleiben
und ein Einkommen wegfällt, ist es deshalb richtig,
67 Prozent dieses Einkommens zu ersetzen, um den Le-
bensstandard der Familien zu sichern.

Ein besonderes Risiko tragen Geringverdiener
– auch das wurde bereits angesprochen –, darunter viele
Alleinerziehende und Familien mit zwei und mehr Kin-

d
k
1
d
i

r
s
h
s

l
n
M
m
n
g
e

lo
t
d
v


a
z
s
l
H
k
g


W
r
s
d
w
r

F
g
F
d
g
b
M

(C (D ern. Auch darauf geben wir eine Antwort. Frauen mit leinem Einkommen wird das Einkommen bis zu 00 Prozent ersetzt. Familien mit mehreren kleinen Kinern erhalten einen gesonderten Bonus. Ich denke, das st sozial gerecht. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ein weiteres Risiko ergibt sich aus der längeren Be-
ufspause. Die Frauen haben oft Schwierigkeiten, an-
chließend wieder eine Beschäftigung aufzunehmen. Sie
aben berufliche Nachteile und ihnen fehlt eine eigen-
tändige Absicherung im Alter.

Darum ist es sozial gerecht, das Elterngeld grundsätz-
ich nur für ein Jahr zu zahlen und anschließend die Auf-
ahme der Beschäftigung zu erleichtern. Ich bin der
einung, dass teure – leider oft wirkungslose; das muss
an kritisch feststellen – Wiedereinsteigerprogramme

ach einer langen Familienphase der Vergangenheit an-
ehören sollten. Auch das ist zu berücksichtigen, wenn
s um soziale Gerechtigkeit geht.

Wir haben uns bewusst entschieden, auch den Arbeits-
sengeldempfängern zwölf Monate lang 300 Euro El-

erngeld zu zahlen, obwohl wir dafür sehr kritisiert wur-
en. Den Linken ist das zu wenig – sie haben offenbar
iel Geld in der Haushaltskasse


(Nicolette Kressl [SPD]: Aber sich auf den Bundesrechnungshof beziehen! – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Sehr wunderlich!)


ja, das hat Herr Wunderlich gesagt; ich komme gleich
uf den Bundesrechnungshof zu sprechen –, sie wollen
wei Jahre Elterngeld für Arbeitslose. Die FDP schließt
ich dem Bundesrechnungshof an. Sie hätten lesen sol-
en, was der Bundesrechnungshof dazu festgestellt hat,
err Wunderlich. Er empfiehlt nämlich, Arbeitslosen
ein Elterngeld zu zahlen. So ist das hier im Parlament
anz links und rechts.


(Ina Lenke [FDP]: Das möchte ich mir aber verbitten! Jetzt reicht es aber!)


Ganz rechts wäre falsch. Es geht um die Sitzordnung.
ir halten sowohl das eine als auch das andere für unge-

echt. Wir wollen die Schwächsten in unserer Gesell-
chaft, die Arbeitslosen, mitnehmen und dafür sorgen,
ass auch sie vom Elterngeld profitieren. Deshalb haben
ir uns für diese Lösung entschieden. Sie ist sozial ge-

echt.


(Beifall bei der SPD – Ina Lenke [FDP]: Haben Sie keine anderen Argumente? So primitiv haben wir hier über Familienpolitik noch nie diskutiert!)


Herr Kucharczyk hat Recht: Die Vereinbarkeit von
amilie und Beruf darf zukünftig nicht allein Angele-
enheit der Frauen sein. Wenn sich mehr Männer an der
amilienarbeit beteiligen – ich hoffe, dass das Elterngeld
azu führen wird –, dann ergeben sich auch Veränderun-
en in den Betrieben. Frauen werden mehr Chancen ha-
en, wenn es um Bewerbung und Beförderung geht.
änner trauen sich eher, in die Elternzeit zu gehen, weil






(A) )



(B) )


Christel Humme
auch sie einen Anspruch auf Elterngeld haben. Wir kom-
men dann der tatsächlichen Gleichstellung sehr viel nä-
her.

Wir ersetzen heute das Erziehungsgeld durch das El-
terngeld und erreichen damit mehr Geschlechtergerech-
tigkeit und gleichzeitig – davon bin ich überzeugt – mehr
soziale Gerechtigkeit.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Aber wir alle sind uns im Parlament einig – ich glaube,
das muss ich nicht mehr betonen –, dass neben der Ein-
führung eines Elterngelds unbedingt die Betreuungssi-
tuation verbessert werden muss.

Frau Ministerin, der von Ihnen angesprochene Siebte
Familienbericht enthält viele Vorschläge, die deutlich
machen, was in Zukunft eine nachhaltige Familienpoli-
tik ausmacht. Zwei Leitlinien stehen dabei im Vorder-
grund: zum einen gleiche Chancen für die Geschlechter
und zum anderen gute Entwicklungschancen aller Kin-
der. Das alles erfordert eine wirksame finanzielle Förde-
rung, mehr Zeit und eine bessere Infrastruktur.

Frau Lenke, Sie haben gesagt, wir hätten nichts mehr
gemacht. Aber Sie, die Sie genauso wie ich schon seit
1998 Mitglied dieses Parlaments sind, wissen ganz ge-
nau, dass wir den Perspektivwechsel, der im Siebten
Familienbericht gefordert wird, mit dem Ganztagsschul-
programm von 2003 und dem Tagesbetreuungsausbau-
gesetz von 2005 längst eingeleitet haben. Diesen Prozess
setzen wir heute mit dem Elterngeld und in Zukunft
– wenn das Angebot an Betreuungsplätzen in den Kom-
munen nicht ausgebaut wird – mit einem Rechts-
anspruch auf einen Betreuungsplatz für unter Dreijährige
fort; darauf haben wir uns in der Koalition festgelegt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir müssen zudem mehr für Bildung und Betreuung
tun. Dafür stellen wir – wie im Familienbericht gefor-
dert – alle steuerlichen Maßnahmen auf den Prüfstand,
damit wir mehr in Betreuung und Erziehung investieren
können. Ich bin gespannt, welche familienpolitischen
Konsequenzen wir gemeinsam aus dem Siebten Fami-
lienbericht ziehen.

Schönen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605506200

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor wir zur Ab-

stimmung kommen, möchte ich Frau Staatsministerin
Müller – sie ist leider schon gegangen; aber gerade war
sie noch da – für die Zukunft – sie geht für ein Jahr in
den Erziehungsurlaub –


(Zurufe: Elternzeit!)


– Entschuldigung, Elternurlaub –


(Zurufe: Nein! Elternzeit!)


alles Gute wünschen.


(Beifall)


F
E
a
n
B
s
b
f
g
m
b

u
G
W
w
K
m

W
d
g
d
B
g

d
W
ß
C
B
a

f
F
N
s
f
e
e
D
z

u
d
m
d
m
G
l
S
b

d
D


(C (D Wir kommen zur Abstimmung über den von den raktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten ntwurf eines Gesetzes zur Einführung des Elterngeldes uf Drucksache 16/1889. Der Ausschuss für Familie, Seioren, Frauen und Jugend empfiehlt unter Nr. 1 seiner eschlussempfehlung auf Drucksache 16/2785, den Ge etzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich itte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Geenprobe! – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist dait in zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalition ei Gegenstimmen der Opposition angenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzenturf ist damit in dritter Beratung mit den Stimmen der oalition bei Gegenstimmen der Opposition angenomen. Wir kommen nun zu den Entschließungsanträgen. er stimmt für den Entschließungsantrag der Fraktion er FDP auf Drucksache 16/2809? – Wer stimmt dageen? – Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag ist mit en Stimmen der Fraktionen Die Linke, der SPD, des ündnisses 90/Die Grünen und der CDU/CSU bei Geenstimmen der Fraktion der FDP abgelehnt. Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Fraktion es Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/2810? – er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Entschlie ungsantrag ist mit den Stimmen der SPD, der CDU/ SU und der FDP bei Gegenstimmen der Fraktion des ündnisses 90/Die Grünen und der Fraktion Die Linke bgelehnt. Wir setzen die Abstimmungen zu den Beschlussempehlungen des Ausschusses für Familie, Senioren, rauen und Jugend auf Drucksache 16/2785 fort. Unter r. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Aus chuss, den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einührung des Elterngeldes auf Drucksache 16/2454 für rledigt zu erklären. Wer stimmt für diese Beschlussmpfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – ie Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen des gan en Hauses angenommen. Tagesordnungspunkt 29 b: Der Ausschuss empfiehlt nter Nr. 3 seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung es Antrags der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/1168 it dem Titel „Flexible Konzepte für die Familie – Kin erbetreuung und frühkindliche Bildung zukunftsfähig achen“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – egenprobe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfeh ung ist mit den Stimmen der Fraktionen Die Linke, der PD, des Bündnisses 90/Die Grünen und der CDU/CSU ei Gegenstimmen der Fraktion der FDP angenommen. Unter Nr. 4 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt er Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion ie Linke auf Drucksache 16/1877 mit dem Titel Elterngeld sozial gestalten“. Wer stimmt für diese Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, des Bündnisses 90/Die Grünen, der CDU/CSU und der FDP bei Gegenstimmen der Fraktion Die Linke angenommen. Tagesordnungspunkt 29 c: Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf Drucksache 16/1360 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 30 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Klaus Riegert, Annette Widmann-Mauz, Peter Albach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dagmar Freitag, Dr. Peter Danckert, Martin Gerster, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Sport und Bewegung in Deutschland umfassend fördern – Bewusstsein für gesunde Lebensweise stärken – Drucksache 16/1648 – Überweisungsvorschlag: Sportausschuss Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für Tourismus Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege Stephan Mayer, CDU/CSU-Fraktion. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen! Werte Kollegen! Das Jahr 2006 hat meines Erachtens beispiellos gezeigt: Sport tut Deutschland gut und den Deutschen tut Sport gut. Ob bei der Fußballweltmeisterschaft im Juni/Juli, ob bei den Weltreiterspielen in Aachen oder während der Hockeyweltmeisterschaft in Mönchengladbach, überall waren die Faszination und die Euphorie in Deutschland gigantisch. Das bisherige Jahr hat gezeigt: Sport trägt enorm zur Verstärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls bei. Sport hat eine enorme gesellschaftspolitische Bedeutung. Sport ist in Deutschland die größte Volksbewegung, die es gibt. Das Sprichwort, dass Sport die schönste Nebensache der Welt sei, hat sich in diesem Jahr in herausragender Weise bewahrheitet. s F a a i r r a p G s m g G i S A w S S u b w E u t K F 4 b r g k s k w b d n E s (C (D In Deutschland treiben insgesamt 27 Millionen Menchen in über 90 000 Vereinen aktiv Sport. 2,5 Millionen reizeitsportler engagieren sich in ihrer Freizeit ehrenmtlich, sei es als Betreuer, sei es als Trainer. 11 Prozent ller ehrenamtlich Tätigen in Deutschland sind allein m Sportbereich tätig. Somit gibt es keinen anderen Beeich, in dem sich so viele Bürgerinnen und Bürger ehenamtlich engagieren wie im Bereich des Sports. Wer sich bewegt, bleibt fit, sowohl körperlich als uch geistig. Schon die Römer sagten: Mens sana in corore sano. Ich glaube, diese Weisheit hat nach wie vor ültigkeit. Deswegen ist es meines Erachtens eine ge ellschaftspolitische Aufgabe, dazu beizutragen, dass an sich gesund und ausgewogen ernährt und eine esunde Lebensweise an den Tag legt. (Vorsitz: Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)





(A) )


(B) )


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Stephan Mayer (CSU):
Rede ID: ID1605506300

(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Wie verschiedene Studien in der jüngsten Zeit leider
ottes offenbart haben, gibt es durchaus auch Defizite,

nsbesondere im Schulbereich. Gerade die jüngste
print-Studie zum Sportunterricht, die die Länder in
uftrag gegeben haben, offenbart, dass bedauerlicher-
eise jedes sechste bis siebte Kind an den deutschen
chulen übergewichtig ist und dass die Schülerinnen und
chüler in Deutschland am Tag durchschnittlich sage
nd schreibe dreieinhalb Stunden vor dem Fernseher
zw. vor dem Computer verbringen.


(Detlef Parr [FDP]: Das spricht nicht für die Eltern!)


Die Schäden und die Auswirkungen sind allgegen-
ärtig, seien es Haltungsschäden, Rückenleiden oder
ssstörungen – jedes fünfte Kind in Deutschland leidet
nter Essstörungen –, seien es mangelnde Konzentra-
ionsfähigkeit, abnehmende Lernbereitschaft, Herz- und
reislauferkrankungen oder die schon eben erwähnte
ettleibigkeit.

Es muss uns alle erschrecken, dass 43 Prozent aller
- bis 17-Jährigen bei einer einfachen Rumpfbeuge nicht
is zur Fußsohle kommen. Ich kann Sie nur dazu animie-
en, dies einmal zu versuchen.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Jetzt sofort?)


Ich hoffe, dass die Prozentzahl in diesem Haus niedri-
er ist. 86 Prozent aller Kinder zwischen vier und 17
önnen nicht einmal eine Minute lang auf einem Bein
tehen und 35 Prozent aller untersuchten Jugendlichen
onnten nicht einmal mindestens zwei Schritte rück-
ärts balancieren.


(Detlef Parr [FDP]: Da hat die große Koalition bessere Erfahrungen gemacht!)


Dies sind meiner Meinung nach Auswirkungen, die
esorgniserregend sind. Sie sind ein ganz klares Signal
ahin gehend, dass alle gesellschaftlichen Ebenen, nicht
ur die Bundesebene und auch nicht nur alle politischen
benen, aufgefordert sind, hier entsprechend gegenzu-
teuern.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Stephan Mayer (Altötting)

Ich halte es für besorgniserregend, dass die Anzahl
der Sportstunden immer mehr zurückgeht. Ich führe
viele Gespräche mit mittelständischen Unternehmen.
Dadurch habe ich viele Appelle vernommen, die Lehr-
pläne zu straffen, um für vermeintlich wichtigere Unter-
richtsfächer mehr Schulstunden zur Verfügung zu stel-
len. Ich bitte aber, bei dieser Gelegenheit nicht außer
Acht zu lassen, dass viele Jugendliche außerhalb der
Schule keine Gelegenheit wahrnehmen, Sport zu treiben.
Deswegen ist es meines Erachtens wichtig, dass Sport-
unterricht zumindest zwei oder drei Stunden in der Wo-
che angeboten wird. Dieses Fach ist – das bitte ich mit
zu bedenken – für Schüler mit schwächeren Schulleis-
tungen durchaus eine Möglichkeit, sich zu profilieren
und mehr Selbstbewusstsein zu entwickeln.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Das kann positive Auswirkungen auf die Leistungen und
auf die Erfolge in anderen Schulfächern haben. Wir müs-
sen in Zukunft mit Sicherheit schon früher anfangen,
Kinder und Jugendliche an den Sport heranzuführen.
Man darf den gesamten Bereich der Kindergärten hier
nicht ausklammern.

Ein ganz wichtiger Punkt ist mit Sicherheit, dass die
Infrastruktur im Sportbereich deutschlandweit verbes-
sert wird. Früher gab es in der Nähe eines jeden einen
Spielplatz. Dies ist heute leider Gottes nicht mehr so. Es
ist ganz entscheidend, dass alle politischen Ebenen et-
was dafür tun, dass wir in Deutschland eine ausgewo-
gene und angemessene Sportstättenlandschaft haben.

Bei dieser Gelegenheit bitte ich, immer zu bedenken,
dass wir – natürlich auch aufgrund der veränderten Fami-
lienverhältnisse und der veränderten Schullandschaft –
verstärkt das Bedürfnis haben, nach 20 Uhr Sport zu trei-
ben. Wir sollten uns an dieser Stelle vielleicht einmal
Gedanken machen, ob es sinnvoll ist, die Bundes-Immis-
sionsschutzverordnung so zu ändern, dass strengere
Immissionsschutzwerte nicht schon ab 20 Uhr, sondern
erst ab 22 Uhr gelten.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Ein sehr wichtiger Punkt ist in diesem Zusammen-
hang, dass Sportvereine und Schulen in Zukunft stärker
zusammenarbeiten. Es gibt in Bayern ganz positive Er-
fahrungen mit dem Programm „Sport nach 1“. Dieses
Programm sieht vor, dass die Sportvereine nach Schul-
schluss in die Schulen kommen und Sportmöglichkeiten
anbieten; die Teilnahme geschieht natürlich auf freiwilli-
ger Basis. Im Angebot sind unter anderem Sportarten,
die in der Schule in der Regel nicht betrieben werden.
Ich glaube, dieser Ansatz sollte in Zukunft noch stärker
verfolgt werden.

Ein Bereich, der bei der Förderung der Bewegung und
des Sports in Deutschland keinesfalls außer Acht gelas-
sen werden darf, ist der Gesundheitssektor. Es ist er-
schreckend, dass die jüngste Studie des Robert-Koch-In-
stituts ergeben hat, dass insgesamt 50 Prozent aller
Frauen und 67 Prozent aller Männer übergewichtig sind.

E
t
S
t
A
d
g
e
d
a
w

g
g
S
b
g
B
z
S
u

z
m

P
a
s
g
n

w

o
B

(C (D s ist allenthalben bekannt: Die Zivilisationskrankheien, die Gesellschaftskrankheiten, etwa Herzinfarkt, chlaganfall, stressbedingte oder chronische Krankhei en, nehmen zu. Die Krankenkassen schlagen überall larm. Es wird in den nächsten zehn bis 15 Jahren durch ie zunehmende Fettleibigkeit und die verstärkte Beweungsarmut eine Kostenexplosion erwartet. Deshalb ist s meines Erachtens wichtig, dass die Bonusprogramme, ie viele gesetzliche Krankenkassen schon anbieten, uch im Zuge der Gesundheitsreform überleben und eiterhin angeboten werden können. Prophylaxe und Prävention sind allemal wesentlich ünstiger als spätere Behandlung oder Rehabilitation. Es ibt auch hierzu ganz positive Aspekte im Bereich der portvereine. Über 7 000 Sportvereine in Deutschland ieten insgesamt über 14 000 gesundheitsbezogene und esundheitsfördernde Maßnahmen für 5 bis 6 Millionen ürgerinnen und Bürger an. Ich bitte darum, auch darauf u achten, dass diese wichtigen Programme, die die portvereine in Deutschland auf ehrenamtlicher Basis nd finanziell günstig anbieten, ukünftigen gesetzgeberischen Maßnahmen, etwa einem öglichen Präventionsgesetz, nicht zum Opfer fallen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Detlef Parr [FDP]: Also Verzicht auf das Gesetz?)


(Detlef Parr [FDP]: Sehr richtig!)


Abschließend möchte ich sagen: Es sollte unser aller
etitum sein, ob auf der Bundes-, auf der Landes- oder
uf der kommunalen Ebene: Wir sollten nicht am Sport
paren, sondern mit dem Sport sparen. Ich möchte dies
erade nicht mit dem Appell verbinden, dabei immer
eue Gesetze zu schaffen.


(Detlef Parr [FDP]: Sehr gut!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605506400

Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen; sonst

ird es zu anstrengend.


Stephan Mayer (CSU):
Rede ID: ID1605506500

Ich komme gerne zum Ende und zitiere nur noch ein

berstes Verfassungsorgan, nämlich den Präsidenten des
undesverfassungsgerichts. Er hat vor kurzem gesagt:

Der Gesetzgeber muss sich wieder mehr auf die
Grundlagen der freiheitlichen Verfassungsordnung
besinnen. Er sollte Freiheit, Selbstbestimmung und
Eigenverantwortung der Bürger stärken, anstatt sich
um alle gesellschaftlichen Felder bis zur letzten Fa-
cette selbst kümmern zu wollen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Recht hat er!)


Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Zuruf von der SPD: Was war denn das für ein komischer Schluss?)







(A) )



(B) )


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605506600

Ich erteile das Wort Kollegen Detlef Parr, FDP-Frak-

tion.


(Beifall bei der FDP)



Detlef Parr (FDP):
Rede ID: ID1605506700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Stephan

Mayer hat zu Recht Hans-Jürgen Papier zitiert. Wir sind
hier sehr nahe beieinander. Ich kann das nur unterstrei-
chen. – Zum Präventionsgesetz werde ich nachher noch
etwas sagen.

Am 18. Januar hat die FDP-Fraktion den Antrag
„Sprint-Studie des Deutschen Sportbundes darf nicht
folgenlos bleiben – Jetzt bundesweite Wende im Schul-
sport einleiten“ vorgelegt, der am 16. Februar in diesem
Haus debattiert wurde.


(Klaus Riegert [CDU/CSU]: Da haben wir schnell gearbeitet, gell?)


Sieben Monate später machen CDU/CSU und SPD
ihre damalige Ankündigung wahr, einen Koalitionsan-
trag einzubringen, der – ich darf hierzu meinen geschätz-
ten Kollegen Klaus Riegert aus jener Debatte zitieren –
„die gesellschaftspolitischen und die sportpolitischen
Aspekte des Sports einschließlich des Schulsports und
anderer Elemente umfasst“. Das ist eine ganz schön
lange Zeit, um sich über die umfassende Förderung von
Sport und Bewegung in Deutschland zu einigen.


(Klaus Riegert [CDU/CSU]: Aber gründlich gearbeitet haben wir!)


Das ist ein weiteres Beispiel für langwierige Abstim-
mungsprobleme einer großen Koalition auf einem ei-
gentlich streitfreien Feld. Wenn Sie schon dafür sieben
Monate brauchen, wie soll es dann eigentlich bei der Ge-
sundheitsreform weitergehen?


(Beifall bei der FDP – Zuruf von der LINKEN: Richtig!)


Wir freuen darüber, dass wir die Debatte jetzt endlich
weiterführen können. Wenn man beide Anträge neben-
einander legt, findet man schon viele Gemeinsamkeiten.
Ich möchte bereits hier unsere Bereitschaft signalisieren,
Kollege Riegert, bei den Ausschussberatungen zu einem
gemeinsamen Antrag zu kommen. Wir werden sehen.

Einig sind wir uns darüber, dass auch vor dem Hinter-
grund einer Neuorientierung unseres Gesundheitssys-
tems ein möglichst früher Einfluss auf Lebensstil und
Lebensgewohnheiten unserer Kinder und Jugendli-
chen durch Elternhaus und Schule dringend geboten ist.

Einig sind wir uns auch darüber, dass viele Sportver-
eine hervorragende, die Gesundheit fördernde Pro-
gramme anbieten, die Bestandteil von Bonusregelungen
für die Versicherten sein und von den Krankenkassen
auch anderweitig vertraglich unterstützt werden sollten.

Konsens besteht mittlerweile auch darüber – vor sie-
ben Monaten sah das noch ein bisschen anders aus –, die
Schulsportstudie „Sprint“ mit ihren Ergebnissen ernst zu
nehmen und Konsequenzen daraus zu ziehen. Wir müs-

s
b
S
d
g
B
s

z
i
t
a
t
d
g
Z
r
D
J

D
t
a
n
g
h
l
s
m

s
t
s
n
S
i
A
h

M
D
d
d
s
z
s
s
R

a

(C (D en die Länder, die in diesem Bereich Nachholbedarf haen, dazu bewegen, den Unterrichtsausfall im Fach port einzudämmen und wenigstens die Mindeststunenzahl zu sichern. Das wäre eigentlich schon wenig enug. Wir brauchen mehr qualifizierte Lehrer. Sport, ewegung und Ernährung müssen bei der pädagogi chen Ausbildung zu Schwerpunkten werden. Ausreichende und angemessene Sportstätten bereitustellen, gehört auch zu unseren Forderungen, die wir m Januar bereits formuliert haben. Ich denke, wir müssen einmal darüber nachdenken, den Goldenen Plan Ost uf einen Goldenen Plan Gesamtdeutschland auszuweien. Wir haben in ganz Deutschland große Probleme mit er Erhaltung und dem Ausbau von Sportstätten. Ich berüße sehr, dass sich die Koalitionsfraktionen in diesem usammenhang unserer Forderung nach einer Verbesse ung des Schwimmunterrichts angeschlossen haben. ie Zahl der Nichtschwimmer unter den Kindern und ugendlichen ist dramatisch hoch. Wichtig sind auch Kampagnen wie „Sport tut eutschland gut“, an der sich die Bundesregierung be eiligt. Da wäre es spannend, zu wissen, was eigentlich us dem unter Federführung des Bundesverbrauchermiisteriums 2005 initiierten Wettbewerb zur Förderung esunder Kinder in der Familie geworden ist, der immerin mit 15 Millionen Euro dotiert ist und über vier Jahre aufen sollte. Darum sollte sich der Gesundheitsauschuss, Frau Dr. Bunge, auch einmal etwas mehr kümern. Intensiver beschäftigen müssen wir uns mit der Abicht der Bundesregierung, den Entwurf eines Prävenionsgesetzes, obwohl er in der letzten Wahlperiode chon an der parlamentarischen Hürde gescheitert ist, ereut vorzulegen. Das Zitat von Hans-Jürgen Papier hat tephan Mayer mir schon vorweggenommen, sonst hätte ch es hier eingebracht. Ich will jetzt nur noch auf die ntwort einer Kleinen Anfrage vom März 2006 eingeen, in der es bezüglich eines Präventionsgesetzes heißt: Die Bundesregierung hält das Gesetz für notwendig, um die Kooperation und Koordination der Prävention sowie die Qualität der Maßnahmen der Sozialversicherungsträger und -zweige übergreifend zu verbessern und die Aktionen an Präventionszielen auszurichten, denen sich diese und weitere Präventionsträger verpflichtet fühlen. an könnte auch sagen: verpflichtet fühlen müssen. – em muss ich energisch widersprechen. Im Hinblick auf ie knappen finanziellen Ressourcen kommt es vielmehr arauf an, keine neuen bürokratischen Strukturen zu chaffen, sondern die vorhandenen koordiniert zu nuten. Dabei spielt eine Optimierung der Zusammenarbeit taatlicher Organisationen mit der Selbsthilfe, die einen peziellen Zugang zu den Betroffenen hat, eine große olle. Wir gehen von einem freiheitlichen Menschenbild us, das den eigenverantwortlichen Bürger in den Mit Detlef Parr telpunkt stellt. Das bedeutet vor allem, dass niemand wegen seiner Lebensweise ausgegrenzt, benachteiligt oder diskriminiert werden darf. Stattdessen setzen wir auf Anreize zu gesundheitsbewusstem Verhalten. Es darf keine fürsorgliche staatliche Bevormundung geben, die allen Bürgern einen bestimmten Lebensstil aufzwingt. (Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Wer bevormundet denn?)


(Beifall bei der FDP)


(Zuruf von der FDP: Wohl wahr!)





(A) )


(B) )


Die Angebote zur Prävention sollen auf die Bedürfnisse
der Zielgruppen zugeschnitten und geeignet sein, ge-
sundheitsgerechtes Verhalten zu begünstigen. Sie müs-
sen dem Bürger ermöglichen, auf guter Information ba-
sierende Entscheidungen zu treffen. Das bedeutet für die
Präventionsstrategie, dass nicht in erster Linie Verbote
und Reglementierungen im Vordergrund stehen, sondern
Anreize und Informationen.


(Beifall bei der FDP)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, in seiner Berliner
Rede „Bildung für alle“


(Martin Gerster [SPD]: Die war bemerkenswert schwach!)


hat Bundespräsident Horst Köhler den Sport an verschie-
denen Stellen erwähnt. Er hat dabei deutlich gemacht
– ich zitiere –:

Bei der Konkurrenz um die knappe Schul- und
Lernzeit dürfen Fächer wie Musik, Kunst und Sport
nicht ins Hintertreffen geraten. Denn Musik, Kunst
und Sport bringen Vernunft und Gefühl zusammen,
und das ist wichtig für die Persönlichkeit und gut
für Intuition und Kreativität.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Da hat er einmal Recht gehabt!)


Ich füge hinzu: Sport und Bewegung müssen wie selbst-
verständlich wieder zu den Grundfertigkeiten wie Lesen,
Rechnen und Schreiben gehören. Dann sind wir auf dem
richtigen Weg.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605506800

Ich erteile das Wort Kollegen Martin Gerster, SPD-

Fraktion.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist eigentlich eure sportpolitische Sprecherin? – Gegenruf des Abg. Reinhold Hemker [SPD]: Die bewegt sich zurzeit!)



Martin Gerster (SPD):
Rede ID: ID1605506900

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen!

Noch vor einer Viertelstunde war ich guten Mutes und
voller Hoffnung, dass wir heute den ereignisreichen Tag
erleben, an dem die FDP auch einmal einen Antrag der
Koalitionsfraktionen lobt. Ich habe allerdings in den ers-
ten Minuten relativ viel Kritik gehört

u
n

d
S
i

w
d
F
t
m
l
i
g


ß
ü

g
S
r

D
w
f
a
P
r
v
u
D
i
b
i

g
g
h
p
G
d
v

K

(C (D nd bin, ehrlich gesagt, geschätzter Detlef Parr, ein weig enttäuscht über diesen Wortbeitrag. Erinnern wir uns noch einmal: Die FDP hatte sich in er Tat am 16. Februar dieses Jahres im Nachgang zur print-Studie hier sozusagen zum Retter des Schulsports n Deutschland aufschwingen wollen. Wir konnten diesen Antrag damals nicht gutheißen, eil wir gesagt haben, dieses wichtige Thema allein auf en Schulsport zu beziehen, ist aus unserer Sicht ein ehler. Wir haben weiter gesagt, wir können diesen An rag auch inhaltlich nicht gutheißen, weil die Forderung, ehr leistungsorientierten Sportunterricht in Deutsch and zu forcieren, unserer Ansicht nach der falsche Weg st. Das sagen im Übrigen auch zahlreiche Untersuchunen. (Detlef Parr [FDP]: Das haben wir sieben Monate debattiert! Das haben wir jetzt registriert, es reicht!)


(Klaus Riegert [CDU/CSU]: Das war Lob!)


Lieber Detlef Parr, Sport und Bewegung sind der gro-
en Koalition so wichtig, dass wir heute hier im Plenum
ber unseren eigenen Antrag debattieren.


(Detlef Parr [FDP]: Sieben Monate!)


Denn wir glauben, dass das Thema Sport und Bewe-
ung nicht nur eine Frage im Zusammenhang mit dem
chulsport ist, sondern eine gesamtgesellschaftliche He-
ausforderung darstellt, der wir uns stellen müssen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ich habe den Eindruck, dass wir gerade erst am
ienstag dieser Woche in unserer Annahme bestätigt
orden sind, denn da wurde die Studie KIGGS veröf-

entlicht. Vielleicht haben Sie von der Opposition das
uch wahrgenommen. Dabei wurde deutlich, dass das
roblem in Deutschland nicht ist, dass der Sportunter-
icht zu wenig leistungsorientiert gestaltet wird, sondern
ielmehr ist, dass Kinder aus sozial schwachen Familien
nd aus Migrantenfamilien kaum bewegungsaktiv sind.
ie Chance der regelmäßigen sportlichen Betätigung ist

n diesen Gruppen zwei bis dreimal geringer, vor allem
ei Mädchen. Das ist doch an dieser Stelle das Problem
n Deutschland.

Die Forscher der Studie KIGGS empfehlen uns, die
eschlechtsspezifischen, schichtspezifischen und mi-
rationsspezifischen Unterschiede im Bewegungsver-
alten von Herauswachsenden als notwendige Ansatz-
unkte für gezielte Interventionen von Politik und
esellschaft zu nutzen. Insofern widerspreche ich auch
em, was Sie vorhin für die FDP-Fraktion in punkto Prä-
entionsgesetz gesagt haben.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605507000

Kollege Gerster, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Parr?


Martin Gerster (SPD):
Rede ID: ID1605507100

Ja, gern.






(A) )



(B) )


Detlef Parr (FDP):
Rede ID: ID1605507200

Herr Kollege Gerster, wenn Sie den Antrag der FDP-

Fraktion lesen und die Leistungsorientierung heraus-
stellen, haben Sie dann verstanden, dass wir mit Leis-
tungsorientierung die individuelle Leistungsorientie-
rung meinen, also dass der Einzelne im Rahmen seiner
Möglichkeiten im Schulsport leistungsmäßig gefördert
werden soll und damit individuell mehr Freude am
Sport, mehr Freude an der Leistung haben soll, und dass
nicht die Spitzenleistung gemeint ist?


Martin Gerster (SPD):
Rede ID: ID1605507300

Lieber Kollege Detlef Parr, ich habe den Antrag gele-

sen. Man kann die Formulierung so verstehen, wie Sie
das jetzt hier vorgetragen haben. Man kann sie auch an-
ders verstehen. Ich habe deutlich gemacht, dass aus mei-
ner Sicht das Problem beim Thema Sport und Bewegung
in Deutschland nicht etwa die mangelnde Leistungsori-
entierung ist, sondern dass bestimmte Gruppen in
Deutschland viel zu wenig bewegungsaktiv sind. Insbe-
sondere fehlen die Möglichkeiten, sich entsprechend zu
bewegen.

Ich möchte das auch gern im Hinblick auf unseren
Antrag deutlich machen. Ich kann in dieser kurzen Rede-
zeit nicht auf jedes Detail eingehen. Aber ich fand es
schon sehr interessant, dass in dem FDP-Antrag zum
Beispiel leider nicht auf das Programm „Soziale Stadt“
der Bundesregierung Bezug genommen wird, das ich in
diesem Zusammenhang als ein gutes Programm ansehe.
Mit ihm sollen Stadtteile, die zu Problemquartieren, zu
so genannten Bewegungswüsten geworden sind, umge-
staltet und gestärkt werden. Ich glaube, das ist ein richti-
ger Ansatz, den wir auf jeden Fall weiter verfolgen soll-
ten. Vielleicht können wir uns darüber im Ausschuss
auch noch einmal verständigen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Ich möchte an der Stelle noch einmal betonen, wie
wichtig es für die Einzelne oder den Einzelnen ist, schon
im jugendlichen Alter tätig zu werden und sich genü-
gend zu bewegen. Geschieht das nicht, können die Spät-
folgen in der Tat für den Einzelnen oder die Einzelne
verheerend sein. Ich glaube, auch gesamtgesellschaftlich
müssen wir unbedingt daran arbeiten, dass junge Heran-
wachsende im Hinblick auf Motorik frühzeitig Sport
treiben. Wir wissen aus den Studien von Professor
Spitzer, dass dies auch elementare Auswirkungen auf die
Entwicklung von Intelligenz und von sozialen Fähigkei-
ten und Kompetenzen hat.

Deshalb sage ich: Gut, dass der Sport auch Thema
beim Integrationsgipfel der Bundesregierung ist.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Sehr richtig!)


Das ist ein ganz wichtiges Thema in diesem Zusammen-
hang. Gut, dass wir in Deutschland auch in vielen Sport-
arten wieder ganz vorn mit dabei sind. Ich habe bei-
spielsweise bei der Fußballweltmeisterschaft gemerkt,
dass sie bei ganz vielen jungen Leuten wieder Enthu-
siasmus ausgelöst hat, Sport zu treiben. Aber auch in an-
deren Sportarten wie Hockey und Reiten – ich erinnere

a
i

c
s
a
g
t
b
n
g
W
u
T
r


D

D
u
k

J
b
z
S

s
u
m
t

d

b
w
d
f

(C (D n die Weltreiterspiele – waren wir vorne mit dabei. Das st ein gutes Zeichen. Ich möchte trotzdem eine kritische Bemerkung mahen. Ich habe die Befürchtung, dass wir uns jetzt insbeondere aufgrund des von der Fußballweltmeisterschaft usgelösten Schubs zu stark auf Fußball fixieren. Das ilt möglicherweise auch für die olympischen Sportaren. Bewegung und Sport sind aber viel mehr als Fußall, Hockey und die olympischen Sportarten. Es gibt ämlich noch ganz andere Möglichkeiten, sich zu beween. Diese sollten nicht außer Acht gelassen werden. ir Parlamentarier sollten daher darauf achten, dass wir ns nicht zu stark auf bestimmte Sportarten oder auf eilbereiche wie beispielsweise den Schulsport fokussieen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605507400

Ich erteile das Wort Kollegin Martina Bange


(Zurufe: Bunge!)


Entschuldigung, Martina Bunge – von der Fraktion
ie Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Martina Bunge (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605507500

Bange machen gilt nicht!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
en Grundtenor Ihres Antrages, verehrte Kolleginnen
nd Kollegen von den Koalitionsfraktionen, kann ich,
ann meine Fraktion begrüßen.


(Reinhold Hemker [SPD]: Schön!)


a: Sport und Bewegung gehören zu einer gesunden Le-
ensweise und sie müssen gefördert werden. Als Vorsit-
ende des Ausschusses für Gesundheit sage ich: Mehr
port und Bewegung ist die beste Gesundheitsreform.


(Beifall bei der LINKEN)


Was mich aber umtreibt, ist, dass zwischen vielen und
chönen richtigen Worten, wie im vorliegenden Antrag,
nd Ihrem Handeln in Regierung und im Parlament – ich
eine nicht speziell die Anwesenden, sondern die Koali-

ionsfraktionen insgesamt – eine riesige Lücke klafft.


(Zuruf von der SPD: Jetzt sind wir gespannt!)


Die Fakten: Sie fordern die Bundesregierung auf, auf
ie Länder einzuwirken, um die in der Schulsportstudie
Sprint“ aufgeführten Defizite im Schulsport zu behe-
en. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition,
arum stimmen Sie dann bei der Föderalismusreform
afür, die Zuständigkeit für die Bildung und damit auch
ür den Sport einzig auf die Länder zu verlagern?


(Beifall bei der LINKEN – Klaus Riegert [CDU/CSU]: Weil die das am besten können! Sie sind nahe dran! – Dr. Uwe Küster [SPD]: Dr. Martina Bunge Die Verfassungsgerichtsurteile waren einschlägig! Lesen bildet!)





(A) )


(B) )


Ich denke, der Zug ist abgefahren. Da müssen Sie schon
selber alle sozusagen in die Spur gehen und Ihren Lan-
desregierungen auf die Füße treten.

Dennoch wäre es sinnvoll, sich auf Ausstattungsstan-
dards für die sportliche Infrastruktur zu verständigen
– das gilt auch für die Standards für Menschen mit Be-
hinderungen –, den Investitionsbedarf zu ermitteln und
ein kommunales Investitionsprogramm zu starten, wie
es meine Fraktion seit langem vorschlägt.


(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der CDU/ CSU: Und wer soll das finanzieren?)


Sie fordern die Bundesregierung auf, im anstehenden
Präventionsgesetz der Bedeutung von Sport und Bewe-
gung angemessen Rechnung zu tragen. Sie zitieren eine
kanadische Studie, wonach jedem Dollar, der in die För-
derung körperlicher Bewegung investiert wird, eine Er-
sparnis zwischen 2 und 5 Dollar im Arbeits- bzw. Ge-
sundheitsbereich folgt. Ich frage: Wäre es da nicht
sinnvoll, die Prävention vor der Gesundheitsreform aus-
zugestalten oder zumindest mit ihr? Das Präventionsge-
setz soll aber nach Aussage der Ministerin erst nach der
Gesundheitsreform und nach der Novellierung des Pfle-
gegesetzes kommen.


(Klaus Riegert [CDU/CSU]: Da kann man auch ohne Gesetz schon viel tun!)


Das wird angesichts des Dilemmas, mit dem wir bei der
Gesundheitsreform konfrontiert sind – für die Pflege
schwant mir Ähnliches –, erst im Herbst nächsten Jahres
der Fall sein. Warum muss noch mehr Zeit verstreichen,
um die unübersehbaren Synergien zu erschließen?

Sie schreiben sehr richtig, dass die Bewegungserzie-
hung umso nachhaltiger ist, je komplexer sie erfolgt,
also von Kindesbeinen an: in der Familie, im Kindergar-
ten, in der Schule, im Sportverein und in einem bewe-
gungsfreundlichen Umfeld. Das Präventionsgesetz aus
der vorigen Legislaturperiode sah für diesen Fakt die
Prävention in „Lebenswelten“ vor. Schaut man aber in
die noch nicht autorisierten Gesetzentwürfe zur Gesund-
heitsreform, dann erkennt man, dass im ersten Entwurf
über § 20 a noch die Überschrift „Prävention und Ge-
sundheitsförderung in Lebenswelten“ stand. In den fol-
genden Entwürfen steht davon nichts mehr. Da kann ei-
nem angst und bange werden; um beim Wort des
Präsidenten zu bleiben.


(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Witz war gut!)


Meines Erachtens ist Folgendes unerträglich: Jahre-
lang haben sich viele Expertinnen und Experten in unzäh-
ligen Runden über Gesundheitsziele verständigt. Einige
Länder haben solche Ziele für Kinder und Jugendliche
formuliert. Neben Stressabbau und gesunder Ernährung
wurde eindeutig die intensivere Bewegung genannt. Wie
lange noch sollen sich Engagierte in Modellprojekten und

I
g
h
f
d

D
g
s

t
m

d
e
r
K
b
g
p
w
d
m

F

H
s
d
J
W
l
f
h
w
h
S
u
m

K
a

S
f
W

(C (D nitiativen punktuell und temporär abstrampeln, bevor die esellschaftliche Verantwortung wahrgenommen wird, ier flächendeckende und dauerhafte Lösungen zu schafen? Kommen Sie endlich mit dem Präventionsgesetz aus en Hinterstuben heraus! er Gesundheitsausschuss nimmt sich dieser Aufgabe erne an. Herr Parr, wir werden die dann zur Diskussion tehenden Modellprojekte gerne auswerten. Noch eines: Gesundheitsförderung ist für jedes Aler wichtig. Ich will jetzt nicht meine Beweglichkeit de onstrieren, ie ich durch Prävention wiedererlangt habe. Aber nicht rst die Studie des RKI hat gezeigt: Gesundheitsfördeung ist besonders für Kinder und Jugendliche wichtig. inder können am wenigsten dafür, in welche Leensumstände sie hineingeboren werden. Sie brauchen leiche Chancen. Deshalb müssen Kinder in den Mittelunkt der Gesundheitsförderung gestellt und ihr Beusstsein für eine gesunde Lebensweise gestärkt weren, aber dies bitte nicht nur mit Worten, sondern auch it Taten. Ich danke. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Detlef Parr [FDP]: Nein!)


(Detlef Parr [FDP]: Das wäre spannend!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605507600

Ich erteile das Wort Kollegen Winfried Hermann,

raktion des Bündnisses 90/Die Grünen.


Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605507700

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Vor einem Jahr hat sich die große Koalition
portpolitisch zusammengerauft, im Koalitionsvertrag
en ersten verbalen Flachpass produziert und jetzt ein
ahr lang geübt und trainiert, um einen großen verbalen

urf zum Sport vorzustellen. In der Tat, es ist ein verba-
er Wurf. Umfassend werden die Probleme und Heraus-
orderungen beschrieben; die Benachteiligten und Be-
inderten haben Sie übrigens vergessen. Umfassend
ird die Notwendigkeit beschrieben, dass umfassend ge-
andelt werden soll. Leider muss man sagen: Das, was
ie in dem vorliegenden Antrag produziert haben, ist
mfassend allgemein. Auch Ihre Reden waren so allge-
ein.

Sie vermeiden es, eigene, klare bundespolitische
onzepte vorzulegen, die Sie hier durchsetzen und ver-

ntworten können.


(Klaus Riegert [CDU/CSU]: Die Sie sieben Jahre lang vorgelegt haben!)


ie reden über das, was andere Ebenen tun sollen. Inso-
ern haben Sie sozusagen folgenden Beitrag geliefert:

ort statt Sport!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der LINKEN: Sehr richtig!)







(A) )



(B) )


Winfried Hermann
Sie haben viel gesprochen und nichts dazu gesagt, was
Sie tun wollen.

Was könnte der Bund tun? Der Bund kann einiges
tun, auch wenn er verfassungsmäßig gar nicht für die
Schule, den Schulsport usw. zuständig ist. Trotzdem
kann er etwas tun.

Beispiel eins: Sportstättenbau und Sportstättensa-
nierung. Sie haben wortreich beschrieben, wie schwie-
rig die Situation ist. Aber den Goldenen Plan Ost haben
Sie schon jetzt beschnitten. So kann man zwar vorgehen;
aber Sie haben überhaupt keine Alternativen vorgelegt.
Zum Beispiel hätte man sagen können: Es gibt ein er-
folgreiches Altbausanierungsprogramm, mit dem von
der KfW und über den Bundeshaushalt der Klimaschutz
gefördert wird. Man hätte sagen können: Wir legen ein
Sportstättensanierungsprogramm auf, weil Sportstätten
auch ökologisch saniert werden müssen


(Zuruf von der CDU/CSU: Warum haben Sie das sieben Jahre nicht gemacht?)


und es auch dort etwas zu fördern gibt. Sie könnten um-
weltfreundlich umgestaltet werden. Das wäre ein An-
stoß, die Sportstättensituation auf diese Weise zu verbes-
sern.


(Beifall bei der LINKEN – Detlef Parr [FDP]: Unseren Antrag haben die Grünen aber abgelehnt!)


Man hätte das Förderprogramm „Spiel- und bewe-
gungsfreundliche Stadt“ auflegen können. Ich will nicht
sagen, dass man Milliarden hätte ausschütten können.
Aber man hätte zumindest Anstöße geben und die Kom-
munen davon überzeugen können. Man hätte auch sagen
können: Wir sehen die Notwendigkeit, das Bundesbau-
gesetzbuch zu ändern und hineinzuschreiben, dass
wohnortnahe Spiel- und Sportgelegenheiten zu schaffen
sind bzw. dass die bestehende Situation zu verbessern
ist.


(Zurufe von der SPD: Warum haben Sie keinen Antrag gestellt? – Wo ist denn Ihr Antrag?)


Nichts ist getan worden.

Beispiel zwei. Sie sprechen davon, dass Bewegung
im Alltag besonders wichtig ist. Wir haben vor einigen
Jahren den Masterplan Fahrrad aufgelegt und noch zu
rot-grünen Zeiten umgesetzt. Seitdem herrscht Stagna-
tion. Hier könnte man sagen: Bewegung ist im Alltag
wichtig; also fördern wir das sichere Radfahren von Kin-
dern und Jugendlichen zur Schule oder von Erwachse-
nen zu ihren Arbeitsplätzen. Daran hätten Sie ansetzen
und sagen können: Wir wollen, dass das endlich umge-
setzt wird, und wir wollen nicht nur darüber reden.

Dritter Punkt. Sie haben alle schon aus der KIGGS-
Studie, die in dieser Woche herauskam, zitiert; sie wurde
übrigens von Rot-Grün angestoßen. Darin gibt es ein
Modul „Motorik“ und man muss festhalten: Die Ergeb-
nisse sind nicht so dramatisch schlecht, wie es vorher be-
hauptet wurde.

z
t
s

i
a
J
D
u
b
c
d
d
u
z

p
z
E
l
S
i
n

g
s
M
d
r
m
t

C

M
g
G
P
s

s
s

(C (D (Detlef Parr [FDP]: Aber der Gesundheitszustand der Kinder ist doch nicht toll!)


Es ist allerdings klar geworden, dass das von der so-
ialen Schicht der Familie abhängt. Kinder aus Migran-
enfamilien oder aus sozial benachteiligten Schichten
chneiden besonders schlecht ab,


(Detlef Parr [FDP]: Nicht nur aus Migrantenfamilien!)


m Hinblick sowohl auf die Übergewichtigkeit als auch
uf die Beweglichkeit. Dabei gibt es schon seit einigen
ahren ein Programm namens „Integration durch Sport“.
ies ist aber mit viel zu geringen Mitteln ausgestattet
nd hat deshalb das Integrationsangebot nicht wirklich
ereichern können. Wir wollen die Mittel dafür aufsto-
ken, weil wir da einen Schwerpunkt sehen. Wir wollen
ie Benachteiligung beim Sport durch verschiedene Mo-
elle aufgreifen und wollen das flächendeckend im Land
msetzen, um Anstöße für die Kommunen und Länder
u geben, damit sie in diesem Bereich etwas tun.

Die KIGGS-Studie mahnt ganz eindeutig an: Hier ist
olitische Intervention angesagt. Sie haben das ja sogar
itiert. Aber wo ist Ihre konkrete politische Intervention?
s passiert nichts. Der Antrag ist ein allgemeiner verba-

er Rundumschlag über das Gute und das Schöne im
port und darüber, wie notwendig und wichtig der Sport

st. In allen Punkten, wo man hätte konkret werden kön-
en, sind Sie nicht konkret geworden.

Wer wirklich etwas dazu beitragen will, dass Bewe-
ung und Sport in Deutschland gefördert werden, der
ollte Sportpolitik nicht als besorgtes Plaudern über die

isere im Sport und die allgemeine Unbeweglichkeit
er Jugend missverstehen, der sollte auch nicht viel da-
über reden, was alle anderen tun sollten, der sollte viel-
ehr endlich einmal auf den Tisch legen, was er selber

un kann und will.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Detlef Parr [FDP]: Diese Dampfplauderei machen die Grünen auch schon seit sieben Jahren! – Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Das war ein Eigentor! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Wir sind gespannt auf den Antrag der Grünen!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605507800

Ich erteile das Wort Kollegen Hermann-Josef Scharf,

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Hermann-Josef Scharf (CDU):
Rede ID: ID1605507900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
eine sehr verehrten Damen und Herren! Laut Umfra-

en unter der Bevölkerung findet es fast jeder besser,
esundheit zu erhalten, als Krankheiten zu kurieren.
rävention ist also die bessere Wahl. Aber die Realität
ieht erschreckend anders aus.

Am Montag hat uns das Robert-Koch-Institut wissen-
chaftlich fundiert bestätigt, was wir eigentlich schon
eit langem wussten: Fast jedes siebte Kind in Deutsch-






(A) )



(B) )


Hermann-Josef Scharf
land ist zu schwer. Die meisten Kinder leiden unter Hal-
tungsschäden und – wir haben es schon gehört – beinahe
jedes zweite Kind bekommt keine ordentliche Rumpf-
beuge hin. Die fortschreitende Bewegungsarmut bei
Kindern ist für uns alle ein alarmierendes Signal. Vor
diesem Hintergrund sehen wir uns als große Koalition in
der Verantwortung, Sport und Bewegung in Deutschland
umfassend zu fördern und uns alle zu einer gesünderen
Lebensweise zu motivieren.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Das haben viele von uns nötig!)


Seit Jahren können die Ausgaben der sozialen Versi-
cherungssysteme nicht mehr durch die Einnahmen ge-
deckt werden. Natürlich erhält dennoch jeder Kranke
eine ausreichende Behandlung ungeachtet der Ursache
seiner Erkrankung. Das wollen wir so und das entspricht
unserem Leitbild, dem christlichen Menschenbild. Nur
müssen wir uns fragen lassen, wie lange ein solches Sys-
tem funktionieren kann, das ein solidarisches und ver-
antwortliches Handeln eines jeden Einzelnen voraus-
setzt.

Ich möchte hier keine Debatte über die Gesundheits-
reform führen. Aber wenn wir es schaffen, unseren An-
trag mit Leben zu erfüllen, ist das sicher eines der besten
Versicherungssysteme für unsere Gesundheit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Um das Bewusstsein für eine gesündere Lebensweise
neu zu beleben, bedarf es einer großen Bewegung, wobei
alle, Eltern, Erzieher, Lehrer, die Kommunen, die Länder
und wir hier auf Bundesebene, gefordert sind. Die Prä-
vention, das Praktizieren einer gesunden Lebensweise,
muss von Kindesbeinen an erlernt werden. Wenn unser
Nachwuchs gesünder aufwächst, treten viele Krankhei-
ten erst gar nicht auf. Wir müssen deshalb bei der Früh-
betreuung von Kindern, im Kindergarten und in der
Schule ansetzen. Der Sportunterricht an unseren Schu-
len muss wieder den ihm gebührenden Stellenwert inner-
halb des Ausbildungsplanes eines jeden Kindes erhalten.


(Beifall bei der CDU/CSU – Detlef Parr [FDP]: Sehr richtig!)


Erste Erfolge können wir bereits verzeichnen; zufrie-
den stellend sind sie aber noch nicht. Durch Spiel und
Wettkampf werden nicht nur Fitness, Ausdauer und
Kraft trainiert; unsere Kinder erwerben auch wichtige
soziale und psychische Fähigkeiten. Sport ist auch Bil-
dung. Ich appelliere an die Verantwortlichen der Länder
und Kommunen, uns hierbei zu unterstützen.


(Beifall der Abg. Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU])


An dieser Stelle möchte ich auf die besondere Situa-
tion behinderter Kinder hinweisen. Sport ist eine wun-
derbare Möglichkeit, den Integrationsprozess auf spiele-
rische Weise zu erleichtern.

M
t

i
w
s
d
z
ü
g
H
a

W
b
t
g

k
s
a
h
e
u
N
b
h
d
z
S

W
w
G
E

h
w
d

i

N
f
A
w
l

(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Detlef Parr [FDP])


eines Erachtens gibt es hier noch viele ungenutzte Po-
enziale.

Werdende Mütter wünschen sich an erster Stelle für
hr Neugeborenes: Hauptsache, gesund! Gott sei Dank
erden die meisten Kinder auch gesund geboren. Aber

pätestens hier setzt die Verantwortung der Mutter und
es Vaters an, ihr Kind zu einer gesunden Lebensweise
u erziehen. Die Vorbildfunktion von Eltern gegen-
ber ihren Kindern bei der Ernährung und der Freizeit-
estaltung wird oft unterschätzt. Wo, wenn nicht zu
ause, in der Familie, sollen Kinder lernen, was zu einer

usgewogenen Ernährung gehört?!


(Beifall bei der CDU/CSU)


enn der Fernseher oder der Computer das Familienle-
en bestimmt, sind Bewegungsarmut und Konzentra-
ionsstörungen vorprogrammiert. Ein sachgerechter Um-
ang mit diesen neuen Medien muss erlernt werden.


(Beifall der Abg. Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU])


Unsere Sportvereine spielen für die Motivation zu
örperlicher Betätigung eine unschätzbare Rolle. Sie
tärken durch ihre Angebote den Bürger in seiner Ver-
ntwortung für seine physische Fitness und sein gesund-
eitliches Wohlbefinden. Unsere Vereinslandschaft weist
ine so reiche Vielfalt auf, dass jede sportliche Neigung
nd Vorliebe abgedeckt wird. Derzeit erfreut sich das
ordicwalking immer größerer Beliebtheit. Besonders
ei unserer älteren Generation vergrößert sich die An-
ängerschaft. Durch das Engagement von vielen tausen-
en ehrenamtlich tätigen Bürgern können viele ihre Frei-
eit aktiv gestalten. Den Ehrenamtlichen gilt an dieser
telle unser aller Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Reinhold Hemker [SPD])


ie wir auch im Koalitionsvertrag betont haben, sind
ir uns ihrer herausragenden Bedeutung für unser aller
emeinwohl bewusst und möchten bürgerschaftliches
ngagement weiter stärken.

Der heutige Antrag möchte zu einer neuen Gesund-
eitskultur beitragen. Um diesen Prozess zu stärken,
erden wir in Kürze erneut über das Präventionsgesetz
iskutieren.


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Hoffentlich!)


Wir möchten Prävention als eine eigenständige Säule
m Gesundheitswesen verankern.


(Detlef Parr [FDP]: Dazu bedarf es keines Gesetzes!)


Erlauben Sie mir zum Schluss noch eine Anmerkung:
ehmen wir einmal an, unsere Staatskassen wären ge-

üllt, unser Gesundheitssystem bräuchte sich über die
usgabenseite keine Gedanken zu machen. Dennoch
ürde es nicht möglich sein, Gesundheit, die durch

eichtsinniges Verhalten – vielleicht aus Unkenntnis






(A) )



(B) )


Hermann-Josef Scharf
heraus – aufs Spiel gesetzt wurde, hundertprozentig zu-
rückzuerhalten, auch nicht durch die beste Therapie.
Lernen wir also endlich wieder, unser wertvollstes Gut,
unsere Gesundheit, zu achten und zu schützen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605508000

Nun hat Kollege Reinhold Hemker, SPD-Fraktion,

das Wort.


Dr. Reinhold Hemker (SPD):
Rede ID: ID1605508100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

Es ist schon lustig, wenn Sportskameraden wie Winfried
Hermann, mit dem ich noch bis vor wenigen Monaten
gemeinsam in einer Koalition gekämpft habe, jetzt, nach
einigen Monaten großer Koalition, so tun, als ob in die-
ser Zeit hinsichtlich der Umsetzung nichts passiert sei.
Denn es war doch so, dass wir Sportpolitiker in der letz-
ten Legislaturperiode Initiativen auf den Weg gebracht
haben, und zwar einvernehmlich, die dann in einen Ent-
wurf für ein Präventionsgesetz eingemündet sind. Dass
sich dann die politischen Verhältnisse geändert haben,
sodass wir auf der Grundlage dessen, was in der letzten
Legislaturperiode beschlossen wurde, quasi einen Neu-
anfang machen mussten – sei’s drum! Entscheidend ist
doch, was in den letzten Jahren in der Gesellschaft pas-
siert ist: Auf der Grundlage des Rahmenkonzeptes
„Sport Pro Gesundheit“ des Deutschen Sportbundes
wurden für viele Lebenswelten – „Settings“, um das
Wort noch einmal aufzugreifen; so steht es im alten Prä-
ventionsgesetz und so wird es im neuen wieder stehen –
begeisternde Sportangebote geschaffen. Ich muss mir
nur ansehen, was allein in meinem Umfeld im Zuge der
Einrichtung der offenen Ganzheitsgrundschule gesche-
hen ist. Trainer aus den Vereinen sind in die Schulen ein-
geladen worden. Es finden Arbeitsgemeinschaften statt.
Neue Mitglieder für die Sportvereine werden gewonnen.

Ein anderes Beispiel: Wir haben uns alle gewünscht,
dass es zu einer Zertifizierung der Fitnesscenter kommt,
die man früher Muckibuden genannt hat. Heute sind das
vielfach Gesundheitszentren, die mit den Krankenkassen
zusammenarbeiten und im Präventionsbereich hervorra-
gende Programme auflegen. In meinem Wahlkreis hat
sich eine Bürgerinitiative gebildet, die sich für einen
Barfußpfad, vom Kneippbecken bis zur Sandspielwiese,
engagiert. Es gibt dort eigene Tümpel für die Kinder, die
dort – so haben wir es früher genannt – „rumräubern“
können, um einen Begriff aus dem Fitnesssport aufzu-
nehmen.


(Heiterkeit des Abg. Rolf Hempelmann [SPD])


– Der Präsident von Rot-Weiß Essen lacht schon. Er
könnte uns sicher weitere solcher tollen Beispiele erzäh-
len.

Herr Staatssekretär aus dem Gesundheitsministe-
rium, hören Sie gut zu! Sie sollten mit Ihrem Ministe-
rium alle diese Initiativen begleitend fördern und nicht
nur eigene Initiativen stärken, wie die lobenswerte

3
l
d
d

r
d
h
d
u
D
l
m
a
g
w
w
a
A
u


l
n
d

f
g
s
s
u
n
n
F
g
k
m
d
A
i
S
d
n
n
w

n
e
H
S
z
F
v
l

b
D

(C (D 000-Schritt-Kampagne mit dem schönen Schrittzäher, der zu Tausenden verteilt wurde. Man muss sich och nur die Rahmenkonzepte der Initiativen ansehen, ie jetzt umgesetzt werden. Von daher verstehe ich in solchen Debatten nie, waum wir uns hier hinstellen und derart klagen. Es ist klar, ass wir die Fehlentwicklungen aufdecken müssen. Desalb ist es hilfreich, wenn die Institute – teilweise weren sie von uns noch mitbezahlt – die Lücken aufdecken nd die Schwächen aufzeigen. Die Wirklichkeit in eutschland sieht aber anders aus. Wenn man Deutsch and mit anderen Ländern vergleicht, sieht man, dass an solche Möglichkeiten dort gar nicht hat. Das hat uch das UNO-Jahr „Sport and Physical Education“ aufezeigt. In diesem Zusammenhang haben wir gesehen, ie es in anderen Ländern aussieht. Wir haben gesehen, ie sich die deutschen Sportverbände, Initiativen und ndere daran beteiligt haben, Sport in Ländern wie in frika zu unterstützen. Herausgekommen ist, dass wir ns mit all dem, was wir haben, sehen lassen können. (Heiterkeit des Abg. Norbert Barthle [CDU/ CSU])


Ich sehe, dass ein guter Skiläufer unter uns bereits
acht. Bevor wir auf die Skier steigen, müssen wir trai-
ieren, damit wir uns nicht die Knochen brechen oder
ie Muskeln zerreißen.


(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Sehr wahr!)


Das genau, lieber Norbert, liefert das Stichwort, das
ür unsere Diskussion wichtig ist: Bewusstsein für
esunde Lebensführung. Das ist der dritte Block in un-
erem Antrag. Was die gesunde Lebensführung angeht,
o gibt es in der Tat einen Graben zwischen Möglichkeit
nd Realität. Wir wissen doch alle, auch wir Abgeord-
ete, dass wir ständig sagen: Ich habe keine Zeit. Da
ehmen wir natürlich lieber die Fahrbereitschaft als das
ahrrad. Die Häuser des Bundestages sind auch so ein-
erichtet, dass es überall tolle Aufzüge gibt. Dabei
önnte man wenigstens für eine Etage die Treppe neh-
en. Aber unser Bewusstsein ist eben ein anderes: In

ieser Republik gibt es alles. Wir können es uns leisten.
lso fahren wir auch mit dem Auto. Während die Kinder

m südlichen Afrika morgens bis zu zwei Stunden zur
chule laufen und mittags die gleiche Strecke zurück,
iskutieren wir hier über die Frage, ob wir nicht noch ei-
en Bus mehr einsetzen können, damit die Kinder auch
och für die letzten 200 Meter vor der Haustür abgeholt
erden.

Mit anderen Worten: Ich glaube, dass wir Abgeord-
ete uns daran beteiligen können, dieses Bewusstsein für
ine gesunde Lebensführung zu fördern. Wir in diesem
ause sind Vorbilder. Gott sei Dank haben wir ja die
portgemeinschaft Bundestag, die nicht nur zu Skifrei-
eiten einlädt, sondern auch Laufgruppen hat, sich am
ußballsport beteiligt und jedes Jahr ganz in der Nähe
om Bundestag zeigt, wie wichtig es ist, zu walken, zu
aufen und Skaterwettbewerbe durchzuführen.

Warum sage ich das? Lieber Winfried Hermann, lie-
er Detlef Parr, natürlich werden wir, die sich an dieser
ebatte beteiligenden Sportpolitiker, in dieser Legisla-






(A) )



(B) )


Reinhold Hemker
turperiode wieder tätig werden und einen neuen Anlauf
für ein Präventionsgesetz nehmen. Aber angesichts des-
sen, was in der letzten Legislaturperiode geschehen ist,
rege ich an: Wir sollten uns nicht wieder so sehr mit den
Formalien beschäftigen – damit, ob der Bund 40 Prozent
des eingesammelten Kapitals bekommen soll, ob das
nicht zu wenig ist oder ob das Land 40 Prozent erhalten
soll –, sondern lieber darüber reden, wie auf der Basis all
der positiven Beispiele, die ich erwähnt habe, ein groß
angelegter Kriterienkatalog ausgestaltet werden kann.

Einige von Ihnen wissen, dass ich selbst den „Drei-
klangsport“, wie ich ihn nenne, betreibe. Hierbei er-
schöpft sich die Bewegung nicht im Laufen, sondern
zum Anfang wird das Urelement Wasser genutzt. Wenn
sich Kleinkinder im Wasser bewegen, schafft dies die
Grundlage für eine gute Motorik. Anschließend nutzt
man bei diesem Sport eine der größten Errungenschaf-
ten, die es in der Menschheitsgeschichte gegeben hat:
das Rad bzw. das Fahrrad. Zum Schluss erst kommt das
Laufen, was wiederum vielfältige Bewegungsmöglich-
keiten in sich birgt. Es hat mich sehr gefreut, dass ein
Kollege in seiner Rede darauf hingewiesen hat, dass das
Nordicwalking mittlerweile zu einer richtigen Bewe-
gung geworden ist.

Wenn wir all das verfolgen, dann werden wir es
schaffen, aus dem Homo Sedens – ich habe eben noch
einen Kollegen gefragt, ob mein Latein nach 50 Jahren
noch einigermaßen stimmt – wieder einen Homo Mo-
vens zu machen, also jemanden, der sich auf vielfältige
Art und Weise bewegt. Ohne dass sich jeder von uns
gleich bemühen sollte, dreifacher Olympiasieger zu wer-
den, können wir dann vielleicht bald wieder mit Emil
Zátopek sagen: „Fisch schwimmt, Vogel fliegt, Mensch
läuft.“

Schließen möchte ich mit dem schönen Wort: Bewe-
gung ist Leben, erst der Stillstand bringt den Tod.


(Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Dann geh mal lieber laufen!)


In diesem Sinne wünsche ich uns allen alles Gute für un-
sere weiteren Debatten. Herr Staatssekretär, richten Sie
der Ministerin aus, dass wir in dieser Legislaturperiode
ein gutes Präventionsgesetz auf den Weg bringen wer-
den.

Herzlichen Dank!


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Detlef Parr [FDP]: Na, na! Das war ja eine ganz schöne Rede! Aber der Schluss war nichts!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605508200

Ich schließe die Aussprache.

Das soll aber nicht heißen, dass Sie sich nun alle fort-
bewegen sollen. Es wäre gut, wenn noch ein paar Abge-
ordnete hier bleiben würden; denn die Debatte geht wei-
ter.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/1648 an die in der Tagesordnung aufge-

f
v
s

A
F
h

B

L
l
I
E
u

Z
I

f

f
d
z
d
m
2
W
M
e

h
w
d

(C (D ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einerstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung o beschlossen. Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 31 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Lothar Bisky, Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN Verzicht auf Mehrwertsteuererhöhung – Drucksache 16/2507 – Überweisungsvorschlag: Finanzausschuss Haushaltsausschuss Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die raktion Die Linke fünf Minuten erhalten soll. – Ich öre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile Kollegin arbara Höll, Fraktion Die Linke, das Wort. (Beifall bei der LINKEN – Dr. Uwe Küster [SPD]: Was für ein tosender Beifall!)



Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605508300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

inke hat Ihnen einen kurzen, prägnanten Antrag vorge-
egt: Nehmen Sie die Mehrwertsteuererhöhung zurück!
ch möchte drei Argumente für diesen Antrag anführen:
rstens handelt es sich bei der Mehrwertsteuererhöhung
m die größte Wahllüge des vergangenen Jahres.


(Beifall bei der LINKEN)


weitens machen Sie damit ganz klar Politik gegen die
nteressen der Mehrheit der Bevölkerung.

Drittens haben Sie damit eine absolut konjunktur-
eindliche Maßnahme beschlossen.


(Beifall bei der LINKEN)


Lassen Sie mich kurz zu allen drei Argumenten aus-
ühren: Sicherlich ist Ihnen allen noch in Erinnerung,
ass Frau Merkel im vergangenen Jahr durch die Lande
og und tönte, dass sie für eine ehrliche Politik sei und
eshalb im Wahlkampf die Wahrheit sagen werde. Da-
als hat sie eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um
Prozentpunkte angekündigt. Nicht in einer einzigen
ahlkampfveranstaltung war von einer Erhöhung der
ehrwertsteuer um 3 Prozentpunkte die Rede. Das war

ine Lüge der CDU/CSU.


(Beifall bei der LINKEN – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Gucken Sie mal lieber, was Sie in Mecklenburg-Vorpommern gemacht haben! Ich sage nur: Haushaltssperre! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Jetzt seien Sie doch nicht so kleinlich!)


Nun zur SPD. Sie sind durch die Lande gezogen und
aben überall verkündet, dass es mit Ihnen keine Mehr-
ertsteuererhöhung geben werde. Ich denke, insbeson-
ere Ihre Stammwählerinnen und Stammwähler, aber






(A) )



(B) )


Dr. Barbara Höll
auch viele andere Bürgerinnen und Bürger haben Sie als
Garanten dafür gesehen, dass sich die CDU/CSU mit ih-
rem Anliegen nicht durchsetzen wird.

Aber was ist geschehen? Es wurde nicht eine 1-pro-
zentige Mehrwertsteuererhöhung beschlossen – das hätte
man sich als Ergebnis der Verhandlungen einer großen
Koalition ja noch vorstellen können –, sondern Sie ha-
ben sich darauf verständigt, die Mehrwertsteuer um
3 Prozentpunkte zu erhöhen.


(Frank Schäffler [FDP]: Das ist skandalös!)


Einen solch dreisten Griff in die Taschen der Bürgerin-
nen und Bürger gab es in der gesamten Geschichte der
Bundesrepublik Deutschland nicht.


(Beifall bei der LINKEN)


Bis 1968 betrug die Mehrwertsteuer 10 Prozent. Sie
wurde dann erhöht, ebenfalls 1978, 1979, 1983, 1993,
1998, jeweils um einen Prozentpunkt. Nun haben Sie in
Ihrer großen Koalition beschlossen, die Mehrwertsteuer
gleich um 3 Prozentpunkte auf 19 Prozent zu erhöhen.
Sie erhoffen sich eine Sanierung Ihres Haushaltes durch
Mehreinnahmen von anfangs 20 bis 23, später 24 Mil-
liarden Euro pro Jahr. Wir lehnen das ab. Es ist Ergebnis
einer feigen Politik, jeden Einzelnen zu belasten, um die,
die Geld haben, zu verschonen. Das ist eine Politik ge-
gen die Interessen der Mehrheit der Bevölkerung, insbe-
sondere gegen die Interessen derjenigen, die ihr Einkom-
men Monat für Monat vollständig in den Konsum
stecken müssen, Menschen mit niedrigem oder keinem
eigenen Einkommen.

Selbst das Bundesfinanzministerium geht davon aus,
dass, wenn der Handel die Mehrwertsteuererhöhung in
voller Höhe weitergibt, jeder Bundesbürger, jede Bun-
desbürgerin ab dem nächsten Jahr pro Monat 29 Euro
mehr ausgeben wird – ausgeben muss! Dies betrifft
Menschen mit einem hohen Einkommen natürlich kaum.
Nach Ihren eigenen Berechnungen käme es bei dieser
kleinen Gruppe der Bevölkerung zu einem geringen Ein-
kommensverlust, während die Masse der Bevölkerung
einen großen Einkommensverlust hinzunehmen hätte.
Wie ist das erst für Menschen, die Arbeitslosengeld II
bzw. Hartz IV bekommen, das heißt 345 Euro monat-
lich! Wir können nicht genau sagen, wie viel von diesen
345 Euro tatsächlich für Produkte ausgegeben wird, die
dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz unterliegen, und
wie viel für Produkte, die dem vollem Mehrwertsteuer-
satz unterliegen. Doch selbst wenn wir davon ausgehen,
dass nur die Hälfte des Geldes für Letztere ausgegeben
wird, hieße das bei 345 Euro eine Mehrbelastung von
5 bis 10 Euro im Monat. Das ist unzumutbar, es ist eine
Frechheit. Sie brauchen sich dann nicht zu wundern,
wenn Bürgerinnen und Bürger sagen: Wozu sollen wir
wählen gehen? Die da oben machen doch sowieso, was
sie wollen: Sie machen das, was uns schadet.


(Beifall bei der LINKEN)


Vor diesem Hintergrund finde ich es eine besondere
Dreistigkeit, dass Sie auf eine Kleine Anfrage, die ich
Ihnen gestellt habe – wie Sie die Mehrwertsteuererhö-
hung bei den Transferleistungen zu berücksichtigen ge-

d
d
b
d
d
V
w
k

w
D
M
W
m
E
l
B
s
s

c
e
w
U

C

H
u
h
l
a
n
E
i

d
e
F
d
L

e
d
f
v
l
p
li
u

(C (D enken –, geantwortet haben: Da es nicht sicher ist, ob ie Mehrwertsteuererhöhung in voller Höhe weitergegeen wird, besteht für das nächste Jahr kein Handlungsbearf. – Nein, es besteht auch für 2008 kein Handlungsbearf. Sie haben vor, zu warten bis zur Erhebung der erbrauchsund Einkommensstatistik im Jahr 2008, und ollen dann überlegen, ob es ab 2009 zu einer Änderung ommen muss. Das ist mit uns nicht zu machen. Sie sind mit dieser Politik konjunkturfeindlich, obohl Sie wissen, dass die Binnenkonjunktur in eutschland der große Schwachpunkt ist. Mit dieser ehrwertsteuererhöhung verteuern Sie ausgerechnet die aren, Produkte und Dienstleistungen der kleinen und ittelständischen Betriebe, die von der angeblich tollen ntlastung durch die Senkung des Beitrags zur Arbeits osenversicherung nichts haben, weil diese nur einen ruchteil dessen ausmacht, was durch die Mehrwert teuererhöhung an Kosten entsteht. Deshalb lehnen wir ie ab. Wir fordern Sie auf: Kehren Sie zurück zu einer ehrlihen Politik, falls Sie dazu in der Lage sind! Machen Sie ine Kehrtwendung! Sagen Sie Nein zu dieser Mehrertsteuererhöhung, machen Sie sie rückgängig! Unsere nterstützung hätten Sie. Ich danke. Ich erteile das Wort Kollegen Otto Bernhardt, CDU/ SU-Fraktion. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Die beschlossene Erhöhung der Mehrwertsteuer m 3 Prozentpunkte ab 1. Januar kommenden Jahres geört mit Sicherheit zu den schwierigsten und unpopuärsten Entscheidungen der großen Koalition. Ich sage ber gleich zu Beginn meiner Ausführungen: Sie war icht nur richtig, sondern auch notwendig. Ohne diese rhöhung wird es nicht möglich sein, die Staatsfinanzen n Deutschland nachhaltig zu sichern. Die große Koalition verfolgt damit zwei Ziele – das arf man nicht aus den Augen verlieren –, nämlich zum inen die schon genannte Sanierung der öffentlichen inanzen – ich komme noch darauf – und zum anderen en Abbau bzw. die Verringerung der so genannten ohnzusatzkosten. Sie wissen, dass einer der 3 Prozentpunkte – er macht twa 7 Milliarden Euro aus – sozusagen ein durchlaufener Posten ist. Der daraus resultierende Betrag wird voll ür die Reduzierung der Sozialversicherungsbeiträge erwendet; die Lohnzusatzkosten sinken. Diese 7 Miliarden Euro sind auch nachfragemäßig, also konjunkturolitisch, zu neutralisieren. Sie werden von den 82 Milonen Menschen aufgebracht, die Mehrwertsteuer zahlen, nd die 35 bis 36 Millionen, die eine sozialversiche Otto Bernhardt rungspflichtige Beschäftigung haben, erhalten sie. Hier wird es keinen Ausfall der Nachfrage geben. Von den verbleibenden 2 Prozentpunkten erhalten die Länder einen für die Sanierung ihrer Finanzen. Sprechen Sie einmal mit den Finanzministern der Länder. Herr Spiller und ich haben das gestern Morgen getan. Jeder hat diesen Teil in seinem Haushalt eingeplant. Es gibt keinen Landesfinanzminister, der sagt, dass er darauf verzichten könne. Dann bleibt noch 1 Prozentpunkt für uns, den Bund. Wer hier behauptet, dass wir diesen Betrag nicht brauchen, der kennt entweder die Zahlen nicht, versteht die Zusammenhänge nicht oder ist böswillig. Sie wissen, dass wir in diesem Jahr 38 Milliarden Euro an neuen Schulden machen werden. Wenn Sie das in Relation zum Bruttoinlandsprodukt setzen, dann sehen Sie, dass wir in diesem Jahr die Chance haben, unter dem Maastricht-Kriterium von 3 Prozent zu bleiben. Die Meldung von heute besagt, dass es 2,6 Prozent sein werden. Wenn Sie das aber in Relation zu den Anforderungen des Grundgesetzes stellen, (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Ja, richtig, Art. 115 Grundgesetz!)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605508400

(Beifall bei der CDU/CSU)

Otto Bernhardt (CDU):
Rede ID: ID1605508500

(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


dann sehen Sie, dass wir noch viele Milliarden Euro von
dem vorgegebenen Ziel entfernt liegen, da wir Investi-
tionen von rund 23,5 Milliarden Euro planen. Der Ge-
danke, dass wir 2007 den Art. 115 des Grundgesetzes
wieder nicht einhalten, ist für die große Koalition nicht
hinnehmbar.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Wir sprechen nicht nur von einer soliden Finanzpolitik,
wir machen sie auch.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Richtig!)


Wir haben in erster Lesung über den Haushalt 2007
gesprochen; demnach verringern wir die Nettoneuver-
schuldung von jetzt 38 Milliarden Euro auf 22 Milliar-
den Euro. Diese 16 Milliarden Euro sind durch Einspar-
maßnahmen nicht aufzubringen, auch wenn die FDP das
immer wieder sagt und Sie von den Linken das offen-
sichtlich auch meinen. Im Gegenteil: Wenn ich mir die
Anträge der Linken anschaue, dann sehe ich, dass die
Ausgaben bei Ihnen noch deutlich höher sein würden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Ich sage an dieser Stelle: Ohne diese 7 Milliarden Euro
werden wir den Anforderungen des Grundgesetzes im
kommenden Jahr nicht gerecht.

Nun kann es so sein, dass bei Ihnen stabile Finanzen
keine entscheidende Rolle spielen.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das war schon immer so!)


Okay. Als Ökonom sage ich aber: Alle Länder, die dem
Ziel der Haushaltssanierung langfristig nicht die notwen-
dige Bedeutung beigemessen haben, haben letztlich
keine solide Wirtschaftspolitik gemacht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


E
l
t

h
d
n
d

g
w

s
z
D
n
5
n

u
i
t
d

s
S
d
h
e
r
n
n
l
e
s
m
G
z

g
a
S
a
w
h

F

F

I
p

(C (D s besteht ein enger Zusammenhang zwischen einer soiden Haushaltspolitik und einer guten Wirtschaftspoliik. Das dürfen wir nicht vergessen. Nun zum sozialen Aspekt der Mehrwertsteuererhöung. Die große Koalition hat ganz bewusst entschieden, ass der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent icht angehoben wird. Das ist gerade im Hinblick auf en sozialen Aspekt ein wichtiger Beitrag. Wenn Sie sich die Einkommenssituation der Empfäner so genannter unterer Einkommen anschauen, dann issen Sie, dass die Miete eine entscheidende Größe um nicht zu sagen: die entscheidende Größe – ist. Für ie wird bekanntlich keine Mehrwertsteuer gezahlt. Eine weite wichtige Position sind die Grundnahrungsmittel. ort ändert sich nichts, sodass Sie davon ausgehen könen, dass gerade dieser Teil – er macht mindestens 0 Prozent der Ausgaben aus – durch diese Erhöhung icht tangiert ist. Bezüglich des Einflusses auf die Konjunktur gibt es nterschiedliche Aussagen. Ich bleibe dabei: Natürlich st das nicht positiv für die Konjunktur, aber die erwarteen großen Einbrüche wird es nach allen uns vorliegenen Informationen nicht geben. Ich komme auf ein Argument zu sprechen, das wahrcheinlich gleich von der FDP vorgetragen wird: Die teuereinnahmen sprudeln. Nun wissen Sie natürlich, ass wir in dem verabschiedeten Haushalt 2006 schon öhere Steuereinnahmen eingeplant haben. Sie wissen benso – ich komme auf die Haushaltsberatungen zuück –, dass auch im Haushalt 2007 höhere Steuereinahmen eingeplant sind. Sie wissen darüber hinaus, dass icht nur der Haushalt 2006, der zurzeit unsere Grundage ist, sondern auch der Haushalt 2007 nach wie vor rhebliche Risiken aufweist; das ist bei allen Haushalten o. Aber wir sind natürlich über jeden Euro froh, den wir ehr einnehmen und dann nutzen können, um das anze gegebenenfalls an anderer Stelle, wo es vielleicht u höheren Ausgaben kommt, zu kompensieren. Deshalb sage ich abschließend sehr deutlich: Die roße Koalition hat mutig entschieden. Wir sind bereit, uch unpopuläre Maßnahmen zu treffen, wenn es um die anierung der Finanzen des Staates geht. Damit sind wir uf dem richtigen Wege. In diesem Sinne werden wir eiter verfahren. Es bleibt bei der beschlossenen Erhöung der Mehrwertsteuer. Ich erteile das Wort Kollegen Volker Wissing, FDP raktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die DP lehnt den Antrag der Fraktion Die Linke ab. hr Antrag gleicht einem schlechten Buch mit einem Suertitel. Man sieht die Überschrift und hält auch den Dr. Volker Wissing Inhalt für wunderbar. Aber dann schaut man sich den Inhalt an und ist enttäuscht. Langer Frust nach kurzer Lust! So ging es uns, als wir Ihren Antrag gelesen haben. Bei der Überschrift Ihres Antrags „Verzicht auf Mehrwertsteuererhöhung“ freuen wir uns als FDP – das ist keine Frage – und wären an sich auch sofort dabei. Aber die Ernüchterung stellt sich sehr schnell ein, wenn man den Antrag bis zum Ende liest. (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Ihr seid nicht für alles zu haben!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605508600
Dr. Volker Wissing (FDP):
Rede ID: ID1605508700

(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Was?)





(A) )


(B) )


(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP)


Dabei zeigt sich wieder einmal: Die neue Linke ist
der alte Lafontaine. Was Sie von uns unterscheidet, ist,
dass wir konsequent auf Steuersenkungen und Entlastun-
gen setzen. Sie senken die Steuern an der einen Stelle,
erhöhen sie aber ordentlich und kräftig an der anderen
Stelle. Das ist kein Konzept.


(Beifall bei der FDP – Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Da, wo man etwas holen kann, bei den Vermögenden, da wollen wir zugreifen!)


So, Frau Kollegin Höll, schafft man keine Arbeitsplätze
und Wirtschaftswachstum schon gar nicht.

Im letzten Absatz Ihres Antrages zeigen Sie Ihr wah-
res Gesicht: Sie wollen die Steuern erhöhen, und zwar
die Einkommensteuer,


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Hohe Einkommen!)


die Unternehmensteuer und die Erbschaftsteuer. Ihr
Klassiker: die Einführung der Vermögensteuer. Sie wol-
len also noch stärker abkassieren, als das die große
Koalition schon macht. Das ist ein starkes Stück.


(Beifall bei der FDP)


Falsche Thesen werden nicht dadurch richtig, dass
man sie gebetsmühlenartig wiederholt. Das Problem der
Linken ist, dass sie geistig in der Vergangenheit stehen
geblieben sind. Für Sie sind Unternehmer immer noch
Gegner.


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Wir sind nicht die Neoliberalen wie Sie, das stimmt!)


Wenn man Gewinne erwirtschaftet, erscheint Ihnen das
höchst verdächtig. Solange Sie aus diesem Stadium nicht
herauskommen, sind Sie nicht in der Lage, die Zukunft
dieses Landes mitzugestalten.


(Beifall bei der FDP)


Sie müssen irgendwann einmal begreifen, dass man in
der Marktwirtschaft nicht gegeneinander, sondern nur
miteinander erfolgreich sein kann. Ein Miteinander setzt
jedoch gegenseitiges Vertrauen voraus.

Der Paradigmenwechsel, der in der Politik zurzeit
stattfindet, ist bedenklich. Während Steuererhöhungen
bei der großen Koalition geradezu in Mode sind, ist Spa-
ren eine Sekundärtugend geworden. Schwarz-Rot sucht
sein Heil in Mehreinnahmen durch Steuererhöhungen.

W
d
l
B
M
d
u
w
z

K
d
n
S
o
c
a
S
s
a
e
n

S
u
w
e
z
d

s
U
d
f
B

ü
s
d
r
s

E
g
r
d
u
g
d
h

h
s
d
W
h

(C (D enn dem Staat die Kosten davonlaufen, dann müssen ie Bürger mehr bei der Regierung abliefern. 140 Miliarden Euro zusätzlich kostet die große Koalition die ürgerinnen und Bürger in unserem Land: Erhöhung der ehrwertsteuer und der Versicherungsteuer, Kürzung er Pendlerpauschale und des Sparerfreibetrages usw. sf. Die schwarz-rote Koalition kostet die Menschen irklich Milliardenbeträge und kommt sie damit teuer u stehen. Man fragt sich unwillkürlich: Bekommt diese große oalition eigentlich nie genug? Die Menschen würden as staatliche Abkassieren vielleicht verstehen und darin och einen gewissen Sinn sehen, wenn damit spürbare anierungserfolge verbunden wären. Stattdessen bebachtet man, dass alles in den staatlichen Kassen versikert und unser Land keinen entscheidenden Schritt vornkommt. Selbst wenn es wirklich zu den erwarteten teuermehreinnahmen von 20 Milliarden Euro kommen ollte, wäre das wirklich Letzte, was sich die große Kolition vorstellen könnte, eine bereits beschlossene Steurerhöhung, die nun wirklich überflüssig ist, zurückzuehmen. Sie nutzen Ihre große Mehrheit nur zum Erhöhen von teuern und eben nicht zur Entlastung der Menschen in nserem Land. Wenn die Bundeskanzlerin erklärt, dass ir mehr Steuern als erwartet eingenommen und somit inen Überschuss erreicht haben, der an die Menschen urückgegeben werden soll, dann macht sie das dadurch, ass sie nicht noch etwas an anderer Stelle erhöhen will. Das ist doch durchsichtig. Die Menschen durchchauen das. Sie wollen keine Entlastungen, weil Sie die neinigkeit in der großen Koalition nur überstehen, inem Sie den Staat dick aufblähen, abkassieren und die inanziellen Probleme zulasten der Bürgerinnen und ürger in unserem Land lösen. 140 Milliarden Euro sind ein hoher Preis für eine berschaubare Leistung, die Sie abliefern. Keine der verprochenen Lösungen der großen Probleme dieses Lanes wurde umgesetzt. Vom angekündigten Durchregieen ist nicht ansatzweise etwas zu erkennen. Frau Merkel cheitert schon an den eigenen Ministerpräsidenten. Die Bürgerinnen und Bürger müssen 140 Milliarden uro abliefern, aber Sie bieten ihnen keine Lösung der roßen Probleme: keine Sanierung der sozialen Sicheungssysteme und keine vernünftige Haushaltskonsoliierung. Nichts von dem, was notwendig ist, passiert in nserem Land. Das ist die ernüchternde Bilanz einer Reierungskoalition, die einst mehr Freiheit wagen und urchregieren wollte und große Schritte angekündigt at. Sie sollten wenigstens einmal Mut und Entschlosseneit zeigen und die nachweislich überflüssige Mehrwertteuererhöhung – Sie hatten vor der Bundestagswahl urchaus Recht – aufgeben. Es wäre mutig, zu sagen: ir erkennen, dass wir einen Fehler gemacht haben. Wir aben abkassiert und eine Mehrwertsteuererhöhung be Dr. Volker Wissing schlossen, die wir nicht brauchen. Wir haben 20 Milliarden Euro Mehreinnahmen erzielt. Wofür brauchen wir die zusätzlichen 19,5 Milliarden Euro aus der Mehrwertsteuererhöhung? Es wäre ein Zeichen von Mut, zuzugeben, dass Sie etwas falsch gemacht haben, und es zurückzunehmen. Dass Sie diesen Mut nicht haben, lässt weit blicken. Von dieser Koalition ist nichts Vernünftiges zu erwarten. Ich erteile das Wort Kollegin Lydia Westrich, SPD Fraktion. Vielen Dank. – Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben erst vor kurzem mit dem Haushaltsbegleitgesetz die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent zum 1. Januar 2007 beschlossen, wie wir es gemeinsam im Koalitionsvertrag festgelegt haben. Ein Teil des zusätzlichen Aufkommens wird, wie Herr Bernhardt erklärt hat, zur Senkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung verwendet und kommt damit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und auch den Unternehmen unmittelbar zugute. Der ermäßigte Steuersatz für die körperliche und geistige Nahrung sowie für den ÖPNV wird beibehalten. Es war keine leichte Entscheidung. Wir wissen, dass wir die Menschen damit spürbar belasten. Aber die Entscheidung ist Teil unseres gemeinsamen Fahrplans, in der Koalition eine wachstumsorientierte Haushaltspolitik fortzuführen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605508800

(Beifall bei der SPD)

Lydia Westrich (SPD):
Rede ID: ID1605508900

Vornehmstes Ziel ist dabei, die Konsolidierung der
öffentlichen Haushalte voranzubringen, und zwar so
schnell und dauerhaft wie möglich. Dazu gehören ge-
zielte Einsparungen bei Subventionen und sonstigen
Fördertatbeständen, der Abbau von Steuervergünstigun-
gen, Einsparungen bei der öffentlichen Verwaltung und
einzelne Steuersatzanhebungen, darunter auch bei der
Mehrwertsteuer.

Es ist bekannt – auch Herr Wissing müsste das wis-
sen –, dass der Abbau von Steuervergünstigungen und
Subventionen erst mittelfristig haushaltswirksam wird,
weil Übergangsregelungen und Vertrauensschutz zu be-
rücksichtigen sind. Deswegen haben auch die Sachver-
ständigen bestätigt, dass bei unserer Haushaltslage kurz-
fristig wirksame Maßnahmen wie Steuererhöhungen
unerlässlich sind.

Sie, meine Damen und Herren von der linken Frak-
tion, waren gegen jeden einzelnen Vorschlag. Sie sind
nicht daran interessiert, dass unser Staat handlungsfähig
bleibt.


(Widerspruch bei der LINKEN)


S
ü
V

n
n
t

a
m
d
b


n

f

d
w

d
w
s
t

W
f
r
d
h

D
d

(C (D ie sind nicht daran interessiert, dass wir als Parlament ber den Tag hinaus auch für unsere Kinder und Enkel erantwortung zu tragen haben. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605509000

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Höll?


Lydia Westrich (SPD):
Rede ID: ID1605509100

Ja.


Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605509200

Liebe Kollegin Westrich, würden Sie bitte zur Kennt-

is nehmen, dass wir uns sicherlich in dem Punkt von Ih-
en unterscheiden, dass wir Ihre Politik nicht für alterna-
ivlos halten, und dass wir selber in unserem Antrag
den Ihr Vorredner eben kritisiert hat – Alternativen

ufzeigen: eine Reform der Einkommensbesteuerung
it einem niedrigen Eingangssteuersatz und einem or-

entlichen Spitzensteuersatz. Warum nicht wieder – wie
ei Herrn Kohl – 50 Prozent?

Wir schlagen außerdem eine Vermögensbesteuerung
damit hätten wir die Bundesländer entlastet – und eine
eue Erbschaftsbesteuerung vor.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605509300

Frau Kollegin, Sie müssen eine Frage stellen und dür-

en nicht Ihr Programm darlegen.


Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605509400

Ja, Herr Präsident. – Können Sie mir zustimmen, dass

amit sehr wohl Alternativen auf dem Tisch liegen und
ir bereit sind, Verantwortung zu übernehmen?


(Beifall bei der LINKEN – Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD]: Kohl gehört also zu den Klassikern der Linken!)



Lydia Westrich (SPD):
Rede ID: ID1605509500

Frau Kollegin Höll, wir haben uns hier schon einmal

arüber auseinander gesetzt. Dadurch, dass Sie es nun
iederholen, wird es nicht besser. Wir, die Koalition,

ind jedenfalls daran interessiert, eine wachstumsorien-
ierte Politik zu machen.


(Lachen bei der LINKEN)


ir wollen Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze schaf-
en und nicht Maßnahmen ergreifen – zur Wiedereinfüh-
ung der Vermögensteuer sage ich nachher noch etwas –,
ie günstige Rahmenbedingungen für die Wirtschaft ver-
indern.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


as ist für die Menschen wichtiger als eine Erhöhung
es Spitzensteuersatzes.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Lydia Westrich
Meine Damen und Herren von der Linken, ich sehe, dass
Sie sich ständig vor der Verantwortung für die Zukunft
drücken, weil es einfacher ist, in den Tag hinein Politik
zu machen.

Herr Wissing, auch wenn sich die Einnahmeseite er-
freulicher entwickelt als erwartet, bleibt – das müssen Sie
zugeben – ein riesengroßer gesamtstaatlicher Schul-
denberg in Höhe von weit über 1 Billion Euro bestehen.
Gerade Ihre Fraktion hat sich ständig mahnend geäußert,
wenn wir das Maastrichtkriterium nicht erfüllt haben.
Fast 15 Prozent der Ausgaben müssen wir für Zinszah-
lungen aufwenden. Wie weit sollen wir Ihrer Meinung
nach dieses Spiel noch treiben?

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linksfrak-
tion, Ihr Antrag ist für mich ein deutliches Zeichen, dass
Sie den von Ihnen so hochgeschätzten Wirtschaftsökono-
men Keynes gründlich missverstanden haben, oder Sie
beweisen damit, dass seine Theorien in der Praxis nicht
funktionieren können. Gebetsmühlenartig hat Ihr Frakti-
onsvorsitzender seit Jahren gefordert: In wirtschaftlich
schlechten Zeiten muss der Staat Förderprogramme
auflegen und sich verschulden, um die Wirtschaft anzu-
kurbeln. Der von Ihnen bevorzugte Sachverständige Pro-
fessor Jarass, der natürlich ebenfalls gegen die Mehr-
wertsteuererhöhung wettert, hat fast in jeder Anhörung
vorgetragen, dass wir antizyklisch handeln müssen und
staatliche Förderprogramme auflegen sollen. Aber zeigt
sich wie momentan ein Silberstreif am Horizont, ist der
zweite Teil der Theorie prompt vergessen. Sofort werden
neue Begehrlichkeiten wach und der Schuldenberg bleibt
bestehen bzw. wächst bei der nächsten Wirtschaftsdelle
wieder. Das ist Politik nach dem Motto „Nach mir die
Sintflut!“.


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Da sagen die Ökonomen, der Zeitraum ist viel zu kurz!)


Sie hat mit Verantwortungsbewusstsein wenig zu tun, ist
allerdings bequem und kommt bei Versammlungen im-
mer gut an; denn Sie gaukeln damit vor, dass Sie die vor-
handenen Probleme im Handumdrehen lösen können,
ohne jemandem wehzutun.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ich persönlich hätte mir vielleicht ebenfalls eine an-
dere Lösung vorstellen können. Aber Koalitionen funk-
tionieren nur, wie Sie aus eigenen Erfahrungen wissen,
wenn es ein Geben und Nehmen gibt. Eines ist klar:
Auch andere Lösungen hätten den Menschen wehgetan;
denn sie hätten ebenfalls dem Erreichen des Ziels dienen
müssen, den Haushalt dauerhaft und wirksam zu konso-
lidieren. Wie man es dreht und wendet, irgendwo hätte
es schmerzhafte Einschnitte geben müssen. Auch das
hätte Ihnen nicht gefallen. Wir hätten dann ähnliche De-
batten über Maßnahmen geführt und Sie hätten sich
ebenfalls verweigert. Sie machen keine Politik für die
Zukunft.


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Trauen Sie sich doch einmal an die Reichen!)


Es ist ein Witz, dass Sie ständig wiederholen, dass die
Einnahmen aus der Vermögensteuer es schon richten

w
r

S
h
k
t
b
F
V
m
t

A
w
e

v
a
g
h
M
t
b
l

Ü


n
l
K
k
s
S
d
S

d
u
s
W
l
ß
w
u
r

(C (D erden. Zuletzt betrugen die Einnahmen gerade einmal und 500 Millionen Euro. (Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Da müsste man natürlich reformieren!)


ie müssten sich doch ein bisschen Realismus bewahrt
aben. Was glauben Sie denn, wie schnell große und
leine Vermögen aus Deutschland weg sind oder in Stif-
ungen geparkt sind, wenn wir uns mit der Wiederbele-
ung dieser Steuerart beschäftigen? Dann können Sie die
inanzverwaltung Silberlöffel zählen schicken und die
ermögensteuer darauf berechnen lassen. Glauben Sie
ir, der Aufwand wird sehr viel größer sein als der Er-

rag!


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Guter Erkenntnisprozess, Frau Kollegin!)


ußerdem haben wir damals, als die Vermögensteuer
eggefallen ist, die Erbschaftsteuer als Kompensation

rhöht.

Solche Wirtschaftstheorien wie die von Keynes, die
on Ihnen ständig vorgetragen werden, wurden schon
usprobiert, zum Beispiel in solchen wichtigen und
lücklichen Ausnahmefällen wie bei der deutschen Ein-
eit. Aber es gibt nicht nur eine angenehme Seite der
edaille, sondern auch eine zwingende. Wir, die Koali-

ion, wollen die Schulden, die wir machen mussten, so-
ald wie möglich zurückführen, damit der Staat hand-
ungsfähig bleibt. Jetzt ist die Zeit dafür gekommen.


(Beifall bei der SPD)


Es wundert mich nicht, dass die FDP zumindest der
berschrift Ihres Antrages zustimmt.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Sie haben das ja auch vertreten!)


Ich hätte mir auch andere Lösungen vorstellen kön-
en. – Die neoliberalen Kolleginnen und Kollegen wol-
en sowieso alles privatisieren. Ihnen kann ein enges
orsett des Staates nur Recht sein. Aber Sie von der Lin-
en sollten wissen, dass ein schwacher Staat nur den
tarken Schultern nützt. Die Schwachen, deren Anwalt
ie mit Ihrem Antrag angeblich sein wollen, brauchen
en starken Staat. Sie brauchen einen Staat, der Schulen,
traßen und Pflegeheime bauen kann,


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Deswegen lassen Sie die Vermögenden heraus!)


er Familien unterstützt, für hochwertige Bildung sorgt
nd günstige Rahmenbedingungen für die Wirtschaft
chafft. Als Koalition verfolgen wir genau dieses Ziel.

ir brauchen Wachstum. Dafür haben wir ein 25-Mil-
iarden-Euro-Programm in Gang gesetzt, das vom Stra-
enbau bis zur Familienförderung reicht – heute haben
ir über das Elterngeld abgestimmt – und die Wirtschaft
nterstützt und belebt. Die Wirtschaftsentwicklung ist
obust. Viele Unternehmen werden das bestätigen.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Dass die Wirtschaft die Regierung bestätigt, ist fast schon ein Wunder!)







(A) )



(B) )


Lydia Westrich
Dass am nächsten 1. Januar der große Hammer
kommt, glaubt in diesem Saal eigentlich niemand. Sie
wissen selbst, dass klammheimlich viele Preise schon er-
höht worden sind. Wenn wir Ihrem Antrag folgen wür-
den, dann hieße das, dass die Konsumenten die höheren
Preise sowieso bezahlen würden, der Staat das Nachse-
hen hätte und die Unternehmen höhere Gewinne erzielen
würden. Wenn sie die hier versteuern, hätten wir viel-
leicht noch einige zusätzliche Einnahmen. Einen seriö-
sen Haushalt kann man mit diesen Vermutungen nicht
aufstellen.

So weh es tut: Die Mehrwertsteuererhöhung wird ge-
braucht. Ich will mich nicht damit abfinden, jährlich
40 Milliarden Euro mehr an Zinsen zahlen zu müssen.
Ich will das Geld, das heute für Zinsen gezahlt werden
muss, in Bildung, in Wissenschaft, in Weiterbildung, in
Integration, in Umweltschutz, in erneuerbare Energien
und in Familienförderung stecken. Ich will die Netto-
kreditaufnahme schnell auf null senken und endlich an
die Tilgung der Schulden herangehen. Wir stehen in der
Verantwortung für die zukünftigen Generationen. Das ist
Zukunftsmusik; ich weiß das. Aber mit unserer Haus-
haltspolitik der maßvollen Erhöhung der Einnahmeseite
und moderater Ausgabenkürzung können wir diese Töne
jetzt schon hören. Wir werden unserer Verantwortung als
Koalition für die Zukunft gerecht.

Wenn Sie ernsthaft daran interessiert sind, Armutsri-
siken in unserem Land zu bekämpfen, dann verlangen
Sie nicht den Verzicht auf die Mehrwertsteuererhöhung,
sondern helfen Sie mit, die Haushaltsungleichgewichte
zu korrigieren und dadurch für die Ausgaben in For-
schung, in Entwicklung, in Bildung und in Innovationen
Raum zu schaffen. Nur indem wir den Menschen die
Chancen einräumen, ein gutes Erwerbseinkommen zu
erzielen, kommen wir gegen Armut an. Deshalb tun wir
als Koalition alles, um günstige Rahmenbedingungen für
die Schaffung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen her-
zustellen. Nur durch den Ausbau von Bildungs-, Ausbil-
dungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten haben die
Menschen wirkliche Teilhabechancen.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Den Menschen wäre es lieber, wenn sie weniger Steuern zahlen müssten!)


– Herr Wissing, für die Zukunft ist die andere Politik
richtig.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Auch für die Zukunft!)


Auch Sie würden das einsehen, wenn Sie in der Regie-
rung sitzen würden. Sie sagen das jetzt nur, weil Sie in
der Opposition sind. Selbst Ihr großer Vorsitzender hat
zugegeben, dass Sie das alles mitmachen würden, wenn
Sie in eine Koalition eintreten könnten.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Sie müssen mir erklären, wann er das gesagt hat!)


– Das kann man in Zeitungsartikeln nachlesen. – Wie
viele Mehrwertsteuererhöhungen haben Sie denn schon
mitgemacht? Das muss ich Ihnen auch noch einmal sa-
gen.

z
D

t

N

n
s
s
s
A
n
v
g
d
v
w
w
m
t
e
k

g
m
r
e
s
u
s

n
a
d
s
N
l
P
H
M
H
z
g
h

w
h
n
d
e

(C (D Mit den von den Linken vorgeschlagenen Ersatzfinanierungsmaßnahmen erreichen wir eher das Gegenteil. eswegen müssen wir diesen Antrag natürlich ablehnen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605509600

Ich erteile das Wort Kollegen Gerhard Schick, Frak-

ion Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir Grü-

en haben dem Haushaltsbegleitgesetz nicht zuge-
timmt, weil wir gegen die Mehrwertsteuererhöhung
ind. Es hat sich nichts geändert an unserer Position. Wir
ind nach wie vor gegen die Mehrwertsteuererhöhung.
ber Ihr Antrag, Frau Höll, bringt uns in der Debatte
icht weiter. Er reflektiert den Diskussionsstand, den wir
or der Sommerpause hatten, als es um dieses Gesetz
ing. Dieser Antrag ist nicht nur kurz, sondern er ist lei-
er auch dünn. Wir Grünen haben dagegen eine Reihe
on neuen Ideen in die Diskussion eingebracht. Ich
erde gleich darauf zurückkommen. Mit diesen Ideen
ürden wir in der Debatte weiterkommen. Ich würde
ir von der Linksfraktion innovative Vorschläge erwar-

en und nicht nur diesen Einzeiler, auf die Mehrwertsteu-
rerhöhung zu verzichten. Das ist wirklich nicht nur
urz, sondern dünn.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die große Koalition spricht von Prioritäten und be-
ründet die Mehrwertsteuer mit nicht tragenden Argu-
enten. Frau Westrich, Sie sagen, Haushaltskonsolidie-

ung sei das vornehmste Ziel. Auch Herr Bernhardt hat
s angesprochen: Solide Haushaltspolitik und gute Wirt-
chaftspolitik gehören zusammen. Damit rennen Sie bei
ns Grünen natürlich offene Türen ein; denn dieser Zu-
ammenhang ist extrem wichtig.

Wenn Haushaltskonsolidierung wirklich Ihr vor-
ehmstes Ziel wäre, dann müsste Ihr Haushalt anders
ussehen. Von den 20 Milliarden Euro Mehreinnahmen
urch die Mehrwertsteuererhöhung bleiben für die Kon-
olidierung nur 16 Milliarden Euro: Sie reduzieren die
euverschuldung von 38 Milliarden Euro auf 22 Mil-

iarden Euro. Das heißt, im Endeffekt nutzen Sie die
otenziale nicht wirklich. Wir Grünen haben in den
aushaltsberatungen Vorschläge für Einsparungen in
illiardenhöhe vorgelegt, die Sie alle abgelehnt haben.
aushaltskonsolidierung als Ihr vornehmstes Ziel zu be-

eichnen und damit die Mehrwertsteuererhöhung zu be-
ründen, das funktioniert nicht; sonst müsste Ihre Haus-
altspolitik anders aussehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Auch das Ziel, die Lohnnebenkosten zu senken,
ird gern zur Begründung der Mehrwertsteuererhöhung
erangezogen. Wir machen bei einer Senkung der Lohn-
ebenkosten gern mit. Die Lohnnebenkosten steigen
urch die Politik der großen Koalition aber; sie sinken
ben nicht. Daher lässt sich Ihre Mehrwertsteuer-






(A) )



(B) )


Dr. Gerhard Schick
erhöhung auch nicht damit begründen, dass Sie die
Lohnnebenkosten senken wollen.

Wenn Sie an der Mehrwertsteuererhöhung schon fest-
halten wollen, dann nutzen Sie sie bitte komplett zur
Senkung der Lohnnebenkosten, um eine neue Dynamik
am Arbeitsmarkt auszulösen. Aber auch diesen Vor-
schlag von uns haben Sie abgelehnt.

Sie haben eben von einer wachstumsorientierten Poli-
tik gesprochen. Dazu muss ich sagen: Wenn man solch
ein Konjunkturrisiko eingeht, dann ist das natürlich eine
heikle Sache. Wenn Sie an der Mehrwertsteuererhöhung
schon festhalten wollen, dann gehen Sie doch bitte in
drei Stufen vor, um es konjunkturunschädlich zu machen
und die Wachstumspotenziale nicht zu gefährden. Dieser
Vorschlag wurde vom Finanzminister hier ebenfalls in
Bausch und Bogen abgelehnt, mit der wackeligen Be-
gründung, er schätze keine Fortsetzungsromane. Sie ha-
ben sich mit diesem Gedanken also nicht einmal ernst-
haft auseinander gesetzt.


(Beifall bei der FDP)


Es stellt sich natürlich die Frage: Welche Funktion hat
diese Mehrwertsteuererhöhung eigentlich? Es ist ziem-
lich klar: Sie brauchen die Mehrwertsteuererhöhung, um
die Schwächen Ihrer Politik zu überdecken. Sie brau-
chen sie als Schmiermittel für die Koalition. Sonst wür-
den beim Thema Haushalt nämlich dieselben Konflikte
wie bei allen anderen Reformen, die Sie in Angriff ge-
nommen haben, massiv aufbrechen. Die Mehrwertsteuer
hat nur die Funktion, hier die Wogen zu glätten, damit
Sie wenigstens an einer Stelle Ruhe haben. Das kann
doch nicht die Begründung sein, wenn Sie die Bürger in
diesem Maße belasten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie haben Glück: Die Konjunktur gibt Ihnen Rücken-
wind. Aber Sie sollten sich auf dieses Glück nicht ver-
lassen. Sie kennen die Risiken für die Konjunktur: Öl-
preiserhöhungen, Krise in Nahost. Das sind durchaus
gefährliche Signale. Wir wünschen uns, dass Sie unsere
sinnvollen Vorschläge ernst nehmen und Ihre Politik in
diesem Punkt überdenken.

Danke.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605509700

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/2507 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden?


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)


– Kollege Beck, bitte.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605509800

Wir beantragen die sofortige Abstimmung über die-

sen Antrag.

1
T
d
I
d
D
o

A
Ü
i

d
b
t
l
d
d

d
e
m
D
f
e
t
t

E
M
w
I
m

W
S
i
b
t
t

w
F
A
n
w

(C (D Kollege Grund, bitte. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist jetzt 2.23 Uhr. Wir haben eine gute halbe Stunde über das hema „Sinnhaftigkeit der Mehrwertsteuererhöhung“ ebattiert. Es sind alle Argumente ausgetauscht worden. n den Vorrunden ist vereinbart worden, diesen Antrag in ie Ausschüsse zur weiteren Beratung zu überweisen. abei geht es um einige Milliarden Euro, um eine Beder auch eine Entlastung der Steuerzahler. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion widerspricht dem ntrag auf sofortige Abstimmung. Wir beantragen die berweisung an die Ausschüsse, so wie es vorgesehen st. Kollege Küster, bitte. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei er Aufstellung der Tagesordnung für diese Woche haen wir uns sehr wohl überlegt, was man mit diesem Anrag, den die Linke hier debattieren wollte, macht. Natürich haben wir im Ältestenrat gemeinsam entschieden, ass dieser Antrag an die Ausschüsse überwiesen und ort debattiert werden soll. Wenn man im Plenum einen solchen Antrag, nach em in viele Gesetze eingegriffen werden soll, sofort ntscheiden wollte, müsste man hier im Grunde genomen eine öffentliche Ausschusssitzung durchführen. em kann man natürlich folgen. Herrn Beck, der immer ür einen Geschäftsordnungsantrag gut ist, sich hier aber ntgegen seinem Fachwissen einem solch unsoliden Anrag der Fraktion DIE LINKE zuwendet, kann ich nur raen, zukünftig genauer zu überlegen, was das heißt. Wir dürfen nicht glauben, mit einer „Husch, husch!“ntscheidung könnte man eine hier mit einer übergroßen ehrheit des Hauses getroffene Entscheidung einfach egwischen. Schlicht und ergreifend muss ich sagen: ch halte es für unsolide, mit einer möglichen Zufallsehrheit hier irgendetwas erreichen zu wollen. as wollen Sie erreichen Herr Kollege Beck – außer pektakel und Brimborium? Was haben Sie, Herr Beck, n der letzten Zeit hier eigentlich inhaltlich zustande geracht? Das kann man natürlich machen. Was Sie hier un, ist Kasperletheater. Wir sind aber hier im Bundesag. Wir wollen in Ruhe über solche Dinge beraten. Desegen bleibt die SPD-Fraktion dabei – die CDU/CSUraktion hat es schon beantragt –: Überweisung in die usschüsse. Wir wollen das in Ruhe beraten. Dort könen wir die Sachargumente austauschen. Dann werden ir sehen, was daraus wird. Vielen Dank. Kollege Küster, der Sinn Ihrer Übung ist erfüllt. Wenn ich das richtig sehe, hat die Koalition ihre Mehrheit. Sie haben Ihre disziplinarische Anstrengung also erfolgreich beendet. Bestehen Sie weiterhin auf Abstimmung? – Dann kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Kollegen Beck. Wer dem Antrag des Kollegen Beck zustimmt, über den Antrag auf Drucksache 16/2507 sofort abzustimmen, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Das Letztere ist die Mehrheit. Damit ist der Antrag des Kollegen Beck abgelehnt und die Überweisung des Antrags auf Drucksache 16/2507 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse beschlossen. (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Uwe Küster [SPD]: Beck ist Spielführer vom Kasperletheater!)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605509900
Manfred Grund (CDU):
Rede ID: ID1605510000
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605510100
Dr. Uwe Küster (SPD):
Rede ID: ID1605510200

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)





(A) )


(B) )

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605510300

Ich rufe die Zusatzpunkte 9 bis 11 auf:

ZP 9 Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Michael Meister, Otto Bernhardt, Eduard
Oswald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Reinhard
Schultz (Everswinkel), Bernd Scheelen, Ingrid
Arndt-Brauer, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der SPD

Deutscher Finanzdienstleistungsmarkt im
Wandel – Bezeichnungsschutz für Sparkassen
erhalten
– Drucksache 16/2748 –

ZP 10 Beratung des Antrags der Abgeordneten Kerstin
Andreae, Dr. Thea Dückert, Britta Haßelmann,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Deutscher Finanzdienstleistungsmarkt im
Wandel – Bezeichnungsschutz für Sparkassen
erhalten
– Drucksache 16/2752 –

ZP 11 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Axel
Troost, Dr. Barbara Höll, Roland Claus, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN

Sparkassen-Namensschutz sichern – EU-
Recht wahren – Parlamentarische Einfluss-
nahme sicherstellen
– Drucksache 16/2745 –

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache.


(Unruhe)


Bevor ich dem Kollegen Reinhard Schultz, SPD-
Fraktion, das Wort erteile, bitte ich die Kollegen, die an
der Debatte jetzt nicht teilnehmen wollen, ihre Gesprä-
che draußen fortzusetzen. – Bitte, Herr Kollege.


(Beifall bei der SPD)


K
e
K
f
B
l

a
t
t
s
m

m
i
d
v
z
S

n
n
k
M
m
t

r
v
a
g
z
n

n
d
d
s
d
s
s
d
d
r
s
M
D
K
s
d
k
w

(C (D Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und ollegen! Heute Nachmittag wird die Bundesregierung ndgültig Stellung nehmen zu den Forderungen der EUommission im Zusammenhang mit dem Beihilfever ahren, das sich auf die Sanierung der seinerzeitigen erliner Bankgesellschaft und der daran hängenden Ber iner Sparkasse mit öffentlichen Mitteln gründete. Aus diesem Grunde ist es umso sinnvoller, dass wir ls Parlamentarier heute möglichst gemeinsam und frakionsübergreifend deutlich machen, wie wir zu der tradiionellen Eigentumsordnung im deutschen Bankenektor stehen, also zum dreigliedrigen Bankensystem it Privatbanken, Volksbanken und Sparkassen. Wir halten es für wenig hilfreich, dass die EU-Komission versucht, eine Zangenbewegung auszuführen, ndem sie das laufende Beihilfeverfahren benutzt, um amit gleichzeitig das schwebende Vertragsverletzungserfahren wegen § 40 des Kreditwesengesetzes, das sousagen die Grundlage der Eigentumsordnung für die parkassen darstellt, zu befördern. Wir, die SPD, die CDU/CSU, die Grünen – das entehme ich jedenfalls dem wortgleichen Antrag der Grüen – und die Linke – ich bin gespannt, was von der FDP ommen wird –, stehen mit einer offensichtlich breiten ehrheit hinter dieser Eigentumsordnung, die auch geäß EU-Verträgen ausschließlich Angelegenheit der na ionalen Parlamente ist. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Reinhard Schultz (SPD):
Rede ID: ID1605510400

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wenn darüber verhandelt wird, ob die Bundesregie-
ung gegenüber der EU zusagen kann, § 40 KWG zu
erändern, mag das auf den ersten Blick eine Regierungs-
ngelegenheit sein, aber letztendlich ist das Parlament
efragt, nämlich wir. Wir bringen mit unserem Antrag
um Ausdruck: Wir wollen an dieser Eigentumsordnung
ichts ändern.

Das hat Gründe. Wir sind kein Verein zur Pflege öko-
omischer Traditionen, sondern wir wissen, dass sich
as dreigliedrige System seit vielen Jahren bewährt hat,
ass die Sparkassen insbesondere in wirtschaftlich
chwierigen Zeiten einen hohen Stabilisierungsfaktor für
en gesamten Finanzsektor darstellen, dass die Sparkas-
en nicht nur die Geldversorgung in der Fläche sicher-
tellen, sondern insbesondere auch für die kleinen Leute,
ie auf Transferleistungen angewiesen sind und woan-
ers kein Girokonto – ich nenne nur das Stichwort „Gi-
okonto für jedermann“ – bekommen, da sind. Wir wis-
en, dass die Sparkassen etwa 43 Prozent der gesamten

ittelstandsfinanzierung über Unternehmenskredite in
eutschland leisten. Wir wissen, dass zwei Drittel aller
redite für das Handwerk inzwischen über die Sparkas-

en laufen. Wir wissen, dass jede zweite Existenzgrün-
ung in Deutschland mithilfe von Sparkassen zustande
ommt. Angesichts dieser Erfolgsgeschichte möchten
ir ungern am System rütteln lassen.






(A) )



(B) )


Reinhard Schultz (Everswinkel)


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Warum will überhaupt jemand daran rütteln? Regel-
mäßig hört man zum Beispiel vom IWF, wenn er sich
über die Stabilität des deutschen Finanzplatzes und der
deutschen Wirtschaft Gedanken macht, die Aussage,
häufig sogar relativ unvermittelt: Im Übrigen wäre es
schon längst an der Zeit, dass der öffentlich-rechtliche
Sparkassensektor zur Privatisierung freigegeben wird.
Ich frage mich immer, warum. Aus den Berichten, die
wir vom IWF zu lesen bekommen, lässt sich das nicht
herleiten. Vielmehr sprechen zum Beispiel die Berichte
über Stresstests des IWF – den Bankensektor unterzieht
er regelmäßig solchen Tests – eine ganz andere Sprache.
Bei diesen Stresstests werden extreme wirtschaftliche
Situationen simuliert und es wird geschaut, wer diese ei-
nigermaßen glücklich übersteht. Wenn man die Berichte
liest, stellt man nämlich fest, dass von den drei Säulen
– Banken, Volksbanken und Sparkassen – regelmäßig
die Sparkassen am besten abschneiden. Trotzdem fordert
der IWF ausdrücklich die Privatisierung. Das ist nicht
nachvollziehbar.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Wer hätte etwas von der Privatisierung? Es gibt eine
Reihe von Privatbanken, die diese regelmäßig fordern.
Deren Dachverband flüstert dem zuständigen EU-Kom-
missar, auf dessen Schreibtisch er sozusagen übernach-
tet, regelmäßig ins Ohr: Sparkassen privatisieren, Spar-
kassen privatisieren, Sparkassen privatisieren! Warum
wollen die Privatbanken dies? Weil sie in der Vergan-
genheit mit ihrer Geschäftspolitik komplett gescheitert
sind. Einige Banken gibt es gar nicht mehr als eigenstän-
dige Banken, andere haben sich völlig aus der Fläche zu-
rückgezogen, stehen damit für die Geldversorgung in
diesem Bereich nicht mehr zur Verfügung und haben den
Mittelstand bzw. die Existenzgründer als Kunden verlo-
ren. Nachdem sie eingesehen haben, dass ihre Geschäfts-
politik falsch war, würden sie sich ganz gerne des Ver-
triebsnetzes der Sparkassen bedienen. Das ist ihre
Absicht: Sie wollen sich fett fressen zulasten anderer.
Ich denke, es ist nicht Aufgabe des Parlaments, ihnen
hierzu die Hand zu reichen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


Die Sparkassen sind schon etwas Besonderes. Sie
sind nicht nur öffentlich-rechtlich organisiert, sie sind
auch in besonderer Weise dem Gemeinwohl verpflichtet.
Die Gewinne, die sie machen, müssen sie entweder the-
saurieren oder für gemeinnützige Zwecke im weitesten
Sinne in der Regel in ihrer Region zur Verfügung stellen.
Auch das trägt natürlich zur Stabilität von regionalen
bzw. kommunalen und politischen Strukturen vor Ort
bei. Einen solchen Stabilitätsfaktor möchten wir sehr un-
gerne opfern.

Nun zur Frage Berliner Bankgesellschaft und dazu
gehöriger Sparkasse. Hierbei handelt es sich um einen
unglücklichen historischen Sonderfall. Das sage ich in
aller Offenheit; die Berliner mögen es mir verzeihen.

E
E
h
w
E
f
d
n
w
k
d
r
h
w
t
n

S
H
d
d
s
s
k
ö
z

a
n
l
p
ö
v
m
i
d


w
s
i
r
r
s
i
t




v

(C (D ine Kumulation von Missmanagement, krimineller nergie und Totalversagen der Aufsichtsgremien hat ier dazu geführt, dass mit riesigem öffentlichen Aufand dieses Bankenkonglomerat saniert werden musste. s war natürlich das Recht der EU, sich in diesen Beihil efall einzumischen. Dabei hat sie nun einmal entschieen, dass diese Bankengruppe, sobald sie erfolgreich saiert ist, komplett und diskriminierungsfrei verkauft erden muss. Sie gibt nicht vor, an wen, aber es darf eine künstlichen Hürden geben, die in die eine oder anere Richtung lenken. Das ist letztendlich zu akzeptieen, so bedauerlich das aus meiner Sicht auch ist. Wir alten uns an diese Entscheidung; aber wir wollen beusst diesen Sonderfall von dem Schicksal des gesam en Sparkassensektors isolieren, mit dem er auch gar ichts zu tun hat. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der LINKEN)


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: So ist es!)


elbst die Berliner Bankgesellschaft war als eine Art
olding mehr eine privatrechtliche Konstruktion, in die
ann eine ehemals öffentlich-rechtliche integriert wor-
en ist. Da hätte man vielleicht vor zehn Jahren als Auf-
icht „reingrätschen“ können; das hat man aus politi-
chen Gründen jedoch nicht getan. Dieser Fehler ist aber
ein Grund dafür, dass man den Fehler für alle anderen
ffentlichen Kreditinstitute und Sparkassen sozusagen
ur Regel macht.

Auch die Fragen nach Name und Gattung sind nicht
useinander zu halten. Der Name „Sparkasse“ bezeich-
et etwas ganz Besonderes, Spezielles, nämlich öffent-
ich-rechtlich organisiert und dem Gemeinwohl ver-
flichtet. Wer den Namen „Sparkasse“ führt, muss
ffentlich-rechtlich organisiert und dem Gemeinwohl
erpflichtet sein. Wer eine Bank führt, die nicht dem Ge-
einwohl verpflichtet ist oder nicht öffentlich-rechtlich

st, darf sie nicht Sparkasse nennen. Deshalb wollen wir
en Namenschutz, wie es so schön heißt


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Bezeichnungsschutz!)


oder auch Bezeichnungsschutz –, der in § 40 Kredit-
esengesetz zugrunde gelegt ist, gemäß unserem Ent-

chließungsantrag ausdrücklich aufrechterhalten. Das ist
m Interesse der gesamten Sparkassenfamilie und der da-
an hängenden Kommunen, denen die Sparkassen gehö-
en, der 377 000 Mitarbeiter, der Kunden und des Mittel-
tandes, der darauf angewiesen ist. Sie alle können sich
n dieser Frage auf die SPD-Fraktion und auf die Koali-
ion verlassen.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Wer ist denn der andere Teil der Koalition? Das ist die Union!)


Bitte?


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Also, der andere Teil ist die Union!)


Das musst du gleich selber sagen, Leo. Ich würde in
ielen Fällen gern Generalprokura von Euch bekommen.






(A) )



(B) )


Reinhard Schultz (Everswinkel)

Ich habe sie aber noch nicht, deshalb musst du be-
stimmte Dinge schon selbst aussprechen.

Ich denke, wir müssen die Frage Beihilfeverfahren
und Vertragsverletzungsverfahren als ein Paket sehen.
Deshalb bitten wir die Bundesregierung, das weiterhin
als ein Paket zu behandeln. Wir dürfen nicht auf den Ver-
such der EU hereinfallen, das auseinander zu dröseln
und erst die Beihilfefrage zu entscheiden und dann trotz-
dem zu versuchen, das generelle Sparkassenrecht und
Sparkassenprivileg zu kippen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es muss letztendlich eine Lösung aus einem Guss geben.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ich bin davon überzeugt, dass die Bundesregierung
gut verhandelt, dass sie die heutige Stellungnahme des
Parlamentes mit zur Grundlage ihrer Stellungnahme
macht und dass das Parlament der Regierung gegen
Übergriffe, die weder rechtlich noch sachlich geboten
sind, den Rücken stärkt. Ich bin ganz zuversichtlich,
dass wir Rücken an Rücken im Interesse der Sparkassen
aus dieser Angelegenheit gut herauskommen.

Ich bedanke mich ausdrücklich bei den Fraktionen,
die auf unterschiedlichen Wegen zum Ausdruck bringen,
dass auch sie unseren Antrag in Ordnung finden. Die
Linken haben mir gesagt, dass sie ihren Antrag gleich
zurückziehen und unserem zustimmen werden. Die Grü-
nen haben wortgleich denselben Antrag vorgelegt, weil
sie aus irgendwelchen Gründen nicht im Kopf unseres
Antrages erscheinen konnten.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich sage gleich etwas dazu!)


Ich sage: Bei den vielen Großkarierten gibt es schon Un-
terschiede in der Größe des Karos; das ist manchmal so.
Letztendlich zählt das Ergebnis: Es wird eine breite
Mehrheit geben.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605510500

Ich erteile dem Kollegen Frank Schäffler von der

FDP-Fraktion das Wort.


Frank Schäffler (FDP):
Rede ID: ID1605510600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Streit

um den Namen „Sparkasse“ geht mit Ihrem Antrag in
eine neue Runde. Bisher sind die Verhandlungen der
Bundesregierung mit der EU-Kommission ein Auf und
Ab der Gefühle gewesen. Erst sicherte die Bundeskanz-
lerin im Mai bei der Einführung des neuen Sparkassen-
präsidenten Haasis noch vollmundig zu, den öffentlich-
rechtlichen Status der Sparkassen zu schützen. Dann
schlug die Bundesregierung eine Insellösung für die Ber-
liner Sparkasse vor. Etwas später legte die Regierung
dann einen neuen § 40 Kreditwesengesetz vor, der auch
private Rechtsformen und private Eigentümer zuließ.
Jetzt machen Sie mit Ihrem Antrag eine Rolle rückwärts.

D
i
e

u
l
g
P
l
r
t
d
B
l
t

D
N
d

d
u

E
u
s
h
s
z
d
I
r
a
B
p

d
n
d
t
N
f
t
k
d
b

u
k
k

D

(C (D ie Verhandlungsbilanz der Bundesregierung in Brüssel st bislang katastrophal. Sie schaden mit diesem Rumgeiere dem Finanzplatz Deutschland. Sie hätten eigentlich aus dem Verhandlungsdebakel m Anstaltslast und Gewährträgerhaftung im Jahr 2001 ernen müssen. Die Vorgehensweise der damaligen rotrünen Bundesregierung erinnert an den Elefanten im orzellanladen. Heute können wir feststellen: Anstalts ast und Gewährträgerhaftung führten zu Refinanzieungsvorteilen, die man heute an den schlechteren Raings der Landesbanken ablesen kann. Fakt ist: Die amalige Bundesregierung konnte sich mit Drohungen in rüssel nicht durchsetzen. Der Finanzmarkt in Deutsch and ist durch den Wegfall von Anstaltslast und Gewährrägerhaftung gestärkt worden. Wir müssen die Diskussion um den Finanzplatz eutschland offensiv führen, nicht rückwärts gewandt. ur das hilft dem Mittelstand und den Arbeitsplätzen in iesem Land. Fakt ist: Wir haben in Europa mit die höchsten Kreitzinsen. Wir haben mehr Bankstellen als Bäckereien nd Tankstellen zusammen. (Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD]: Wir brauchen auch mehr Geld als Brötchen!)


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Nein!)


s gibt in Deutschland keine Bank mehr, die in Europa
nter den Top Ten ist. Dabei sind wir in Europa mit Ab-
tand die größte Volkswirtschaft. Länder um uns herum
aben ihre Finanzmärkte reformiert, haben ihr Banken-
ystem durchlässiger gemacht und den Staatsanteil redu-
iert. Deutschland hat dagegen in Europa nach wie vor
en höchsten Staatsanteil im Bankensektor. In Spanien,
talien, Schweden, in den Niederlanden und in Frank-
eich wurden nach teilweise schweren Krisen Reformen
ktiv eingeleitet. Der Wettbewerb wurde intensiver,
ankprodukte sind preiswert und die Institute stehen
rofitabel da.

Das Dreisäulensystem in Deutschland ist längst in
er Veränderung begriffen. Der Vertrieb über das Inter-
et hebelt das Regionalprinzip aus, an das sich die Lan-
esbanken ohnehin nicht halten. Der Einstieg von priva-
en Investoren bei einer Landesbank, der HSH
ordbank, ist bereits erfolgt. Das Land Nordrhein-West-

alen will seinen Anteil an der West-LB ebenfalls priva-
isieren. Landesbanken übernehmen längst Privatban-
en. Gleichzeitig findet ein konstruktiver Wettbewerb in
en Ländern um das beste Sparkassengesetz statt. Das
egrüßen wir ausdrücklich.

Thomas Fischer, der Vorstandssprecher der West-LB
nd Präsident des Bundesverbandes Öffentlicher Ban-
en, hat am 25. November 2004 im „Handelsblatt“ er-
lärt:

Wir sollten es den Eigentümern von Landesbanken
und Sparkassen überlassen, wie sie mit ihren Eigen-
tumstiteln verfahren. Das ist nicht Sache von Vor-
ständen und Verbandspräsidenten.

as sehe ich genauso.






(A) )



(B) )


Frank Schäffler
In diesem Prozess schlagen Sie jetzt in Ihrem Antrag
vor, Berlin wieder zu einer Insel zu machen. Wenige
Tage vor dem Tag der Deutschen Einheit ist dies beson-
ders pikant. Sie akzeptieren mit der Insellösung Berlin
immerhin, dass Sie sich an die Entscheidung der EU-
Kommission zu den Umstrukturierungsbeihilfen zuguns-
ten der Landesbank Berlin Holding halten wollen. Da
waren aus dem Regierungslager in den letzten Tagen und
Wochen auch schon andere Töne zu hören.

Eine diskriminierungsfreie Privatisierung der Landes-
bank Berlin Holding und damit auch der Sparkasse Ber-
lin kann jedoch nur erfolgen, wenn Rechtssicherheit
besteht und wenn alle Bieter den Geschäfts- und Vermö-
genswert zu gleichen Bedingungen erwerben können.
Erst dann kann das Veräußerungsverfahren eingeleitet
werden. Dazu ist das Zeitfenster für eine Verständigung
mit der EU-Kommission sehr klein. Gelingt dies nicht,
dann drohen Deutschland Schadensersatzforderungen in
einer Größenordnung von bis zu 9,7 Milliarden Euro.

Ich glaube nicht, dass Sie das Beihilfeverfahren vom
Vertragsverletzungsverfahren trennen können. Dazu
hat diese Bundesregierung zu viele Scherben in Brüssel
verursacht. Sie werden mit Ihrem Antrag die Fronten
weiter verhärten. Deshalb sind Ihre Anträge nicht hilf-
reich. Die Bundesregierung sollte sich um einen Erfolg
bei den Verhandlungen mit der EU-Kommission bemü-
hen.

Sie schlagen die Schlachten der Vergangenheit. Ein
jahrelanger Rechtsstreit mit der EU-Kommission
schwächt den Finanzplatz Deutschland. Wir werden uns
daran nicht beteiligen und uns deshalb der Stimme ent-
halten.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Sie opfern die Sparkassen!)


Wir fordern Sie auf, sich endlich auf die Kommission
zuzubewegen und sich mit ihr zu einigen, damit die an-
stehende deutsche Ratspräsidentschaft nicht weiter be-
lastet wird. Wir Liberale wollen einen dynamischen Fi-
nanzmarkt zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger und
insbesondere des Mittelstandes in diesem Lande.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605510700

Ich erteile das Wort Kollegen Leo Dautzenberg,

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Leo Dautzenberg (CDU):
Rede ID: ID1605510800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Die Vielstimmigkeit ist ge-
rade in der Politik nicht immer ein Garant für eine ge-
meinsame Komposition. Manchmal endet der vielstim-
mige Einsatz, geschieht er auch in vermeintlich
gemeinsamer Sache, in Kakofonie. Vor einer derartigen
Kakofonie möchte ich in unserer heutigen Diskussion
über die Zukunft des deutschen Dreisäulensystems in der

K
d

c
t
d
V
l
a
i
c
z
d

s
I
K
d
T
n
T

B
s
k
n
Z
v
s
m

F
d
d
d
s
V
r
W
w
i
s
o
r
u

S
e
B
h
B
i
f
m
V
D

(C (D reditwirtschaft einschließlich der Sparkassen nachrücklich warnen. Kollege Schäffler, Sie haben angesprochen, an welher Stelle sich die jeweiligen deutschen Banken im inernationalen Ranking befinden. Die derzeitige Position er deutschen Banken hat etwas damit zu tun, dass in der ergangenheit gerade in der Säule der privatwirtschaft ich organisierten Banken im Gegensatz zu international gierenden Banken nicht viel umstrukturiert wurde. Das st der Grund dafür, warum gerade Banken dieses Bereihes bei der Marktkapitalisierung nur unter den ersten 20 u finden sind. Das hat nichts damit zu tun, wie es um en öffentlich-rechtlichen Bereich bestellt ist. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Es erfreut mich, dass auch die Fraktion des Bündnis-
es 90/Die Grünen von einer Kakofonie Abstand nimmt.
ch sehe es ihr daher nach, dass sie den Antrag der
oalitionsfraktionen einfach kopiert hat. Die CDU/CSU,
ie SPD und die Grünen sprechen also heute beim
hema Sparkassen mit einer Stimme. Es bleiben nur
och die Vielstimmigkeit in der FDP und die falsche
onlage der Fraktion Die Linke.

Ich denke, es ist unstrittig, dass wir im Deutschen
undestag in der großen Mehrzahl den Bezeichnungs-

chutz im Hinblick auf die öffentlich-rechtlichen Spar-
assen und damit § 40 des Kreditwesengesetzes in sei-
em Kern erhalten möchten. Aber dieses gemeinsame
iel allein reicht nicht aus. Wir – damit meine ich die
erhandlungsführende Bundesregierung im Schulter-
chluss mit dem Parlament – brauchen auch einen ge-
einsamen Weg dorthin.

Der Weg, den Sie, meine Damen und Herren der
raktion Die Linke, in Ihrem Antrag vorschlagen, ist
azu mit Sicherheit nicht geeignet. Sie nageln die Bun-
esregierung auf zwei Verhandlungslinien fest. Entwe-
er soll die Bundesregierung auf ihrem Kompromissvor-
chlag vom Juni dieses Jahres beharren oder sie soll ein
ertragsverletzungsverfahren vor dem Europäischen Ge-

ichtshof in Kauf nehmen. Beides ist kein gangbarer
eg. Das Beharren auf einem Kompromissvorschlag
iderspricht dem Wesen jeder Verhandlung, bei der sich

mmer wieder neue Positionen entwickeln können und
ollen. Die wissentliche Inkaufnahme und das geradezu
ffensichtliche Ansteuern eines Verfahrens vor dem Eu-
opäischen Gerichtshof sind, gesamtstaatlich betrachtet,
nverantwortlich.

Wenn wir den Bezeichnungsschutz im Hinblick auf
parkassen in Deutschland bewahren möchten, kommt
s auf Folgendes an: Zunächst einmal müssen wir die
undesregierung in ihren aktuellen komplizierten Ver-
andlungen mit der EU-Kommission unterstützen. Die
undesregierung hat wie wir den Bezeichnungsschutz

m Hinblick auf Sparkassen zum Ziel. Wir kämpfen hier
ür eine gemeinsame Sache. Dafür sollten wir als Parla-
ent den Verhandlungsführern den Weg für eine gute
erhandlungslösung bereiten und diesen Weg, meine
amen und Herren von der Linken, nicht verbauen.






(A) )



(B) )


Leo Dautzenberg
Der Antrag der Koalitionsfraktionen ist dazu ge-
eignet, einen solchen Weg zu bereiten. Wir legen die
Bundesregierung einerseits nicht auf eine einzige Ver-
handlungslinie fest. Andererseits beziehen wir aber auch
sehr deutlich Position zur Bedeutung des Dreisäulensys-
tems einschließlich der Sparkassen. Dadurch zeichnen
wir mögliche Lösungsansätze vor und machen deutlich:
Wir sind nicht bereit, jedes Brüsseler Verhandlungser-
gebnis zu akzeptieren.

Worin besteht nun die besondere Bedeutung des Drei-
säulensystems einschließlich der Sparkassen als ihrem
integralen Bestandteil? Ich bin fest davon überzeugt,
dass gerade der Wettbewerb zwischen und innerhalb der
drei Säulen dafür gesorgt hat und weiterhin sorgt, dass
wir in Deutschland eine flächendeckende Versorgung
mit Bankdienstleistungen sowohl für Privathaushalte als
auch für Unternehmen sicherstellen können.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Zu dieser Versorgung trägt jede Säule in unterschiedli-
cher Weise bei, die Privatbanken ebenso wie die Genos-
senschaftsbanken und die Sparkassen.

Die besonderen Leistungen der Sparkassen beruhen
dabei vor allem auf ihrem besonderen Strukturmerkmal.
Das sind erstens die kommunale Bindung und zweitens
die gemeinwohlorientierte Ausrichtung in der Geschäfts-
politik und Gewinnverwendung. Institutionell abgesi-
chert werden diese Strukturmerkmale der Sparkassen
durch das Regionalprinzip und die öffentliche Rechts-
form.

Ziel muss es sein, dass diese institutionelle Absiche-
rung bei den Verhandlungen mit der EU-Kommission
im Sinne des § 40 KWG – das heißt im Kern – bewahrt
wird. Diese institutionelle Absicherung ist das am besten
geeignete Instrument, um die von uns gewollte Gemein-
wohlorientierung der Sparkassen auch zukünftig sicher-
zustellen. Ich bin davon überzeugt, dass wir gute Chan-
cen haben, mit der EU-Kommission eine Lösung im
Sinne dieser Forderung zu erzielen.

Denn wir haben gute Argumente, auch EU-rechtliche,
auf unserer Seite. Ich möchte hier nur zwei nennen. Ers-
tens lässt Art. 295 EG-Vertrag die Eigentumsordnung in
den Mitgliedstaaten unberührt. Das heißt, die Entschei-
dung über die Privatisierung eines öffentlich-rechtlichen
Kreditinstituts fällt in die Zuständigkeit des jeweiligen
Mitgliedstaates. Zweitens enthält der Bezeichnungs-
schutz für Sparkassen gemäß § 40 KWG keine Diskrimi-
nierung, da er sowohl für inländische als auch für aus-
ländische Investoren gilt.

Losgelöst von dieser grundsätzlichen Problematik des
§ 40 Kreditwesengesetz ist der Fall des Beihilfeverfah-
rens der Bankgesellschaft Berlin zu betrachten; darauf
wurde ja schon von Kollegen Bezug genommen. Ich
denke, wir sind uns darin einig, dass es hierbei um einen
Sonderfall geht. Für diesen Sonderfall sucht die Bundes-
regierung derzeit richtigerweise einen gesonderten Lö-
sungsansatz mit der Kommission.

s
s
h
I
a
G

n
f
p
d
s
V
§
ß

n
e
t
j
S

t
a
K
s
d
a
b
f
m
s
h

d
L
w
w
d
D
t
P

s
t
n
d

D

(C (D Diese doppelte Gefechtslage – § 40 Kreditwesengeetz auf der einen Seite und Beihilfeverfahren Bankgeellschaft Berlin auf der anderen Seite – macht die Verandlungen für die Bundesregierung sehr kompliziert. ch würde mir wünschen, dass gerade bei den hauptverntwortlich handelnden Berliner Akteuren etwas mehr espür für diese Problematik entwickelt würde. Wenn Herr Sarrazin, der Finanzsenator, sagt, dass es icht sein Job sei – ich zitiere –, „über die Rolle der öfentlich-rechtlichen Banken im deutschen System zu hilosophieren, sondern das Beste für Berlin zu tun“, ann mag das von seiner Warte aus durchaus legitim ein. Dann darf man aber ebenso erwarten, dass er die erhandlungen über die grundsätzliche Problematik zu 40 Kreditwesengesetz nicht zusätzlich mit seinen Äu erungen stört. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


So wie ich uns Parlamentariern rate, beim Bezeich-
ungsschutz für Sparkassen Kakofonie zu vermeiden, so
rwarte ich auch von den Verhandlungsführern – die In-
eressenvertretung der Sparkassen eingeschlossen; da ist
a auch nicht alles einheitlich –, dass sie mit einer
timme in Brüssel sprechen.

Ich bin davon überzeugt, dass der Antrag der Koali-
ionsfraktionen zwei Funktionen erfüllt. Zuerst und vor
llem ist der Antrag ein eindeutiges Signal an die EU-
ommission. Er zeigt: Wir wollen einerseits das Drei-

äulensystem in Deutschland weiterentwickeln und für
ie Zukunft fit machen. Andererseits wollen wir aber
uch seine Stärken bewahren. Als einer dieser Stärken
ekennen wir uns eindeutig zu dem Bezeichnungsschutz
ür die Sparkassen. Neben dem Signal an die EU-Kom-
ission soll der Antrag aber auch eine praktische Hilfe-

tellung für die Bundesregierung sein. Er soll die Ver-
andlungen positiv flankieren.

Mit diesem Flankenschutz wollen wir dazu beitragen,
ass die Bundesregierung zu einer einvernehmlichen
ösung mit der EU-Kommission kommt. Dies gilt so-
ohl für den Sonderfall Berlin als auch für § 40 Kredit-
esengesetz insgesamt. Ziel ist eindeutig die Einstellung
es Vertragsverletzungsverfahrens gegen Deutschland.
ies gebietet alleine unsere gesamtstaatliche Verantwor-

ung. Dass wir dieses Ziel allerdings nicht um jeden
reis verfolgen, macht der Antrag ebenso deutlich.

Ich würde mich freuen, wenn heute aus unserer viel-
timmigen Fürsprache für das deutsche Dreisäulensys-
em und die Sparkassen eine einstimmige und damit
och viel deutlichere Unterstützung würde. Ich werbe
amit um Ihre Unterstützung für unseren Antrag.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605510900

Ich erteile das Wort Kollegen Axel Troost, Fraktion

ie Linke.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Dr. Axel Troost (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605511000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Lassen Sie mich mit einer ganz einfachen Frage anfan-
gen: Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Spar-
kassen und der Deutschen Bank? Sparkassen leisten,
bei aller Kritik im Einzelnen, eine Grundversorgung
auch in strukturschwachen Gebieten. Sparkassen können
ein wichtiges Instrument kommunaler Wirtschaftspolitik
sein. Sparkassen haben keine Renditeziele in Höhe von
25 Prozent. Sparkassen sind öffentlich-rechtlich und
müssen nicht Gewinne maximieren wie die Privatban-
ken. Weil das so ist – das sage ich ganz klar –, sollen
Bürgerinnen und Bürger auch am Namen erkennen kön-
nen, welches Institut eine Sparkasse und welches Institut
eine Privatbank ist.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das ist klar und transparent. Das sichert das erfolgreiche
Dreisäulensystem der deutschen Kreditwirtschaft.

Leider ist diese Klarheit in Gefahr. Die EU-Kommis-
sion und der Bundesverband deutscher Banken behaup-
ten: Der Namensschutz für Sparkassen ist mit Europa-
recht nicht vereinbar. Was setzt das Finanzministerium
dem entgegen? Nichts. In den Verhandlungen mit Brüs-
sel fährt es seit Monaten einen völlig undurchsichtigen
Zickzackkurs. Es hat keine Strategie, die man nachvoll-
ziehen könnte. Diesen Zickzackkurs sollte das Parlament
nicht länger hinnehmen.


(Beifall bei der LINKEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU
und der SPD, ich habe mich über Ihren Antrag wirklich
sehr gefreut. Seien wir doch ehrlich: Ihr Antrag, der fünf
Tage vor Ablauf der Frist für Verhandlungen mit Brüssel
vorgelegt wurde, ist eine Ohrfeige für das Finanzminis-
terium. In letzter Sekunde haben Sie wirklich ordentli-
che Arbeit geleistet.


(Beifall bei der LINKEN)


Weil das so ist, kann ich für die Fraktion Die Linke
sagen: Wir ziehen unseren Antrag zurück, weil wir er-
reicht haben, was wir erreichen wollten. Wir haben er-
reicht, dass wir heute über die Sparkassen debattieren.
Vor allen Dingen haben wir erreicht, dass das Parlament
zum Zickzackkurs von Herrn Steinbrück laut und deut-
lich Nein sagt.


(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der SPD: Das war jetzt aber unnötig!)


Oppositionsarbeit ist insbesondere für die Linke ein
hartes Geschäft. In der letzten Zeit haben wir immer und
immer wieder gesagt: Es kann doch nicht sein, dass das
Parlament dem tatenlos zuschaut.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das tun wir ja auch nicht!)


In der letzten Woche haben wir im Finanzausschuss eine
Selbstbefassung zu diesem Thema für diese Woche ver-
abredet. Als deutlich wurde, dass Sie eher nicht handeln
würden, haben wir unseren Antrag geschrieben. Wir ha-
ben ihn bewusst weich formuliert, damit die Kolleginnen

u
h

s
i
t
n
e
h


d
r
d
m

i
c
d
w

K
d
d
s
P
E

t

H
R
b
u
W
s
S
m
w
B
M
W

r
g
S

f

(C (D nd Kollegen von CDU/CSU und SPD ihm gar nicht ätten widersprechen können. Oppositionsarbeit ist zwar ein hartes Geschäft; heute ehen wir aber: Die Bewegung hat sich gelohnt. Wir sind n der Sache ein ganzes Stück weitergekommen. In letzer Sekunde kam die Debatte über den Namensstreit och auf die Tagesordnung. In letzter Sekunde legen Sie inen Antrag vor, der dieselbe Stoßrichtung wie unserer at. (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Gemeinwohlorientierung ist etwas anderes als Verstaatlichung!)


(Beifall bei der LINKEN)


Das steht in unserem Antrag doch überhaupt nicht
rin. – In letzter Sekunde zeigen Sie dem Finanzministe-
ium – das hat Herr Schäffler durchaus richtig erkannt –
ie rote Karte. Das ist kein Zufall, das hängt vielmehr
it unserer Hartnäckigkeit zusammen.

Klar ist aber auch, dass das nicht allein unser Erfolg
st. In allen großen Parteien rumort es. Es gibt dort etli-
he Stimmen, die sagen: Das Finanzministerium muss
iesbezüglich endlich an die kurze Leine genommen
erden.


(Beifall bei der LINKEN)


Der Erfolg von heute ist also ein Erfolg einer großen
oalition. Damit meine ich nicht Schwarz-Rot, sondern
ie unausgesprochene große Koalition, die aus Mitglie-
ern verschiedener Parteien besteht, die für Sparkassen
treiten. In dieser großen Koalition hat jeder an seinem
latz im Sinne der Sache gekämpft. Jetzt sehen wir den
rfolg. Ich hoffe, es wird nicht der letzte sein.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605511100

Ich erteile das Wort Kollegin Kerstin Andreae, Frak-

ion des Bündnisses 90/Die Grünen.


Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605511200

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Das Dreisäulensystem hat sich bewährt. Viele
edner haben bereits darauf hingewiesen, dass das Ne-
eneinander von Sparkassen, Genossenschaftsbanken
nd privaten Kreditinstituten für einen erfolgreichen
ettbewerb sorgt. Davon profitieren die deutsche Wirt-

chaft und die Bürgerinnen und Bürger gleichermaßen.
parkassen leisten mit ihrer flächendeckenden Präsenz,
it ihrer kommunalen Bindung und mit ihrer gemein-
ohlorientierten Ausrichtung einen unverzichtbaren
eitrag zum deutschen Finanzmarkt. Ihre erfolgreiche
ittelstandsfinanzierung ist von großem Wert für den
irtschaftsstandort Deutschland.

Deshalb unterstützen wir die Bundesregierung in ih-
em Bemühen, den Bezeichnungsschutz für Sparkassen
emäß § 40 des Kreditwesengesetzes zu erhalten. Wo
parkasse draufsteht, muss auch Sparkasse drin sein.

Wir fordern die Bundesregierung daher auf, im lau-
enden Vertragsverletzungsverfahren dafür Sorge zu tra-






(A) )



(B) )


Kerstin Andreae
gen, dass der wesentliche Inhalt des § 40 erhalten bleibt.
Das heißt, Finanzdienstleistungsinstitute, die den Namen
und das Logo „Sparkasse“ führen, müssen die Pflicht zur
Gemeinwohlorientierung und das Regionalprinzip erfül-
len. So weit, so gut.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Sehr schön!)


Wie stärkt man nun die Verhandlungsposition des
Finanzministers in Brüssel? Sie haben es gesagt: indem
man ihm den Rücken stärkt – das sagten Sie, Herr
Schultz – und indem man mit einer Stimme spricht – das
sagten Sie, Herr Dautzenberg. Deswegen gab es sehr
früh die Überlegung und die gemeinsame Absprache:
Lasst uns bei diesem wichtigen Thema das Parteienge-
zänk aus der Debatte heraushalten und einen gemeinsa-
men Antrag stellen, um die Verhandlungsposition in
Brüssel zu stärken. Das wäre die richtige Strategie gewe-
sen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Nun haben wir gesagt: Ja, weil das die richtige Strate-
gie ist und die Verhandlungsposition dadurch gestärkt
wird, stellen wir mit Ihnen einen gemeinsamen Antrag.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn es auch schwer fällt!)


Es hat sehr lange gedauert, bis ein Antrag aus den Rei-
hen der großen Koalition kam, weil man überlegt hat, ob
der Termin – bis jetzt 4. Oktober – vielleicht noch ein
bisschen weiter nach hinten geschoben wird.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Der Zeitpunkt, wann man so etwas macht, ist auch entscheidend!)


– Der Zeitpunkt war entscheidend. Es hat eine Weile ge-
dauert. Insofern sage ich ganz klar: Die Initiative der
Linkspartei war richtig, um Schwung in die Sache zu
bringen.


(Beifall bei der LINKEN)


Dann haben Sie Anfang der Woche Ihren Antrag ein-
gereicht. Wir haben Ihnen signalisiert: Ja, wir machen
mit, weil wir Sachpolitik machen.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Was passiert? Die Union signalisiert: Wenn die FDP
nicht mitmacht, können die Grünen nicht mitmachen.
Den Zusammenhang müssen Sie mir einmal erklären. Er
ist mir nicht klar. Dass die Haltung der FDP seit jeher ist,
die Position der Sparkassen zu schwächen und langfris-
tig sogar § 40 anzugehen, ist bekannt. Daher können Sie
doch nicht ernsthaft zu uns sagen: Das eine geht nur zu-
sammen mit dem anderen.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt)


Insofern muss ich sagen: Sie haben sich auf eine ganz
kleinliche Parteienlösung eingelassen und sind nicht den
gemeinsamen Weg eines fraktionsübergreifenden An-
trags gegangen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


g
j
e
k
W
b
b
s

p
m
h
w

ü
d
t
s
s

d
n
d
f
d
g
n
F
t

D
s
E
s
D

(C (D Heute haben Sie noch einmal eine Rolle rückwärts emacht. Herr Dautzenberg hat gesagt – ich zitiere Sie etzt nicht wörtlich, aber inhaltlich vermutlich richtig –, r würde sich freuen, wenn heute aus der Vielstimmigeit eine Einstimmigkeit würde. Wir haben über den eg, Ihren Antrag auch unter unserem Namen einzu ringen, versucht, diese Einstimmigkeit im Vorfeld hereizuführen. Wir freuen uns natürlich, dass Sie in dieem Fall auch unserem Antrag zustimmen werden. Wir bitten Sie eindringlich, bei derart wichtigen sacholitischen Themen Ihre kleinliche Art aufzugeben, um it einer gemeinsamen Stimme die Position in den Ver andlungen stärken zu können. Denn die Sache ist es ert. Vielen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605511300

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung. Es ist vereinbart, dass

ber die gleich lautenden und inhaltsgleichen Anträge
er Fraktionen der CDU/CSU und SPD sowie der Frak-
ion des Bündnisses 90/Die Grünen gemeinsam abge-
timmt werden soll. – Dagegen höre ich keinen Wider-
pruch. Dann verfahren wir so.

Wir stimmen also ab über die Anträge der Fraktionen
er CDU/CSU und SPD sowie der Fraktion des Bünd-
isses 90/Die Grünen mit dem Titel „Deutscher Finanz-
ienstleistungsmarkt im Wandel – Bezeichnungsschutz
ür Sparkassen erhalten“. Wer stimmt für die Anträge auf
en Drucksachen 16/2748 und 16/2752? – Wer ist dage-
en? – Enthaltungen? – Dann sind die Anträge ange-
ommen mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen, der
raktion des Bündnisses 90/Die Grünen und der Frak-

ion Die Linke bei Enthaltung der FDP-Fraktion.
Die Fraktion Die Linke hat beantragt, ihren Antrag auf

rucksache 16/2745 mit dem Titel „Sparkassen-Namens-
chutz sichern – EU-Recht wahren – Parlamentarische
influssnahme sicherstellen“ für erledigt zu erklären. Wer
timmt dafür? – Ist jemand dagegen? – Enthaltungen? –
ann ist der Antrag einstimmig für erledigt erklärt.
Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 32 a bis c auf:
a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Winfried

Hermann, Peter Hettlich, Dr. Anton Hofreiter,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Treibhausgasemissionen bei Dienstreisen aus-
gleichen – Vorbildfunktion der öffentlichen
Hand erfüllen
– Drucksache 16/1066 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Finanzausschuss
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Haushaltsausschuss






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Hellmut
Königshaus, Dr. Karl Addicks, Ernst Burgbacher,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Keine Flugticketabgabe – Mit solider Finanz-
politik mehr Haushaltsmittel erwirtschaften

– Drucksache 16/2660 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung (19. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Heike
Hänsel, Hüseyin-Kenan Aydin, Monika
Knoche, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der LINKEN

Flugticketabgabe jetzt – Entwicklungsfinan-
zierung auf breitere Grundlagen stellen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Thilo Hoppe,
Kerstin Andreae, Marieluise Beck (Bremen),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Umsetzung des EU-Stufenplans zur Ent-
wicklungsfinanzierung (0,7-Prozent-Ziel)

durch Flugticketsteuer unterstützen

– Drucksachen 16/1203, 16/1404, 16/2783 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Christian Ruck
Dr. Sascha Raabe
Hellmut Königshaus
Heike Hänsel
Ute Koczy

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen fünf Minuten
erhalten soll. – Ich höre dazu keinen Widerspruch. Dann
ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem
Kollegen Thilo Hoppe von der Fraktion des
Bündnisses 90/Die Grünen.


Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605511400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Endlich können wir im Deutschen Bundestag über zwei
Anträge beraten und abstimmen, die schon vor vielen
Monaten eingebracht, aber leider von der Mehrheit des
Hauses in eine lange Warteschleife geschickt worden
sind. Es geht um die Einführung einer Flugticketabgabe
zur Finanzierung von Entwicklungsvorhaben für die
Ärmsten der Armen.

s
g
n
l
b
3
p
A
g
H
h
M

n
l
n
g
f
k
M
n
h
G
v
m

F
W
e
d
s
K
E

r
t
w
m
r
d
i
F
m
B
w
M
D
m
E

u
K
D
L

(C (D Nahezu alle internationalen Entwicklungsexperten timmen darin überein, dass die bisherigen Anstrengunen zur Erreichung der Millenniumsziele überhaupt icht ausreichen. Die Zahl der Hungernden steigt. Sie iegt mittlerweile bei 850 Millionen Menschen. Wir haen schon viel darüber diskutiert: Tag für Tag sterben 0 000 Kinder an vermeidbaren Krankheiten. Eine Exertenkommission der Vereinten Nationen, die Kofi nnan eingesetzt hat, ruft dazu auf, die weltweiten Ausaben für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre ilfe mehr als zu verdoppeln. Dies sei nötig, um überaupt noch eine Chance zu haben, der Erreichung der illenniumsziele nahe zu kommen. Selbstverständlich geht es nicht allein um Geld. Geauso notwendig sind Reformen in den Entwicklungsändern, in unserer Entwicklungszusammenarbeit und atürlich auch in den internationalen Handelsbeziehunen. Nichtsdestotrotz brauchen wir schlicht und ergreiend auch deutlich mehr Geld. Die Koalition hat das erannt. Sie gibt ehrlich zu, dass die enorme Erhöhung der ittel, die zur Erreichung dieses Ziels notwendig ist, icht allein aus dem Haushalt zu bestreiten ist. Deshalb at sie in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt, neue eldquellen aufzutun und sich für die Einführung innoativer Finanzierungsinstrumente einzusetzen. Jetzt üssen diesen Worten endlich Taten folgen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Man kann natürlich ewig darüber diskutieren, welche
inanzierungsinstrumente am besten geeignet sind.
enn es nach uns ginge, dann hätte Deutschland längst

ine Initiative zur Einführung der Devisenumsatzsteuer,
er Tobin Tax, oder der Kerosinsteuer mit ihrer ökologi-
chen Lenkungswirkung ergriffen. Aber wir müssen zur
enntnis nehmen, dass es dagegen auf internationaler
bene große Widerstände gibt.

Was ist gegenwärtig machbar und umsetzbar? Frank-
eich, Brasilien, Chile, Norwegen, Südkorea und 13 wei-
ere Staaten haben es uns vorgemacht. In diesen Ländern
ird bereits eine Flugticketsolidarabgabe erhoben oder
an steht unmittelbar vor ihrer Einführung. In Frank-

eich beträgt diese Abgabe für innereuropäische Flüge in
er Touristenklasse 1 Euro und für Interkontinentalflüge
n der Businessclass 40 Euro. Das hält niemanden vom
liegen ab. Aber es bringt immerhin zusätzliche Einnah-
en von 200 bis 300 Millionen Euro pro Jahr, die zur
ekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria ver-
endet werden können. Würde man das schwedische
odell, das kurz vor seiner Einführung steht, auf
eutschland übertragen, ginge es um ganz andere Sum-
en. Dann kämen Einnahmen in Höhe von 1 Milliarde
uro zusammen.

Es ist ein Trauerspiel, dass Deutschland abseits steht
nd sich nicht dazu durchringen kann, dem Aufruf von
ofi Annan zu folgen. Es ist beschämend, dass sich
eutschland nicht der Initiative von Jacques Chirac und
ula anschließt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Thilo Hoppe
Vorgestern haben wir im Ausschuss für wirtschaftli-
che Zusammenarbeit und Entwicklung ausführlich über
Reformen der Entwicklungszusammenarbeit diskutiert.
Es wurde immer wieder betont, dass wir international
anschlussfähig werden, uns am Agenda-Setting beteili-
gen und auf der internationalen Bühne stärker auftreten
müssen. Jetzt stehen wichtige Entscheidungen an. Die
18 Länder, die ich erwähnt habe, diskutieren darüber,
wie die Mittel unter der Verantwortung von Unitaid ver-
wendet werden sollen. Deutschland beteiligt sich an die-
ser internationalen Debatte nicht und steht abseits.

Ich bin mir sicher, dass die Entwicklungsministerin
und viele Kolleginnen und Kollegen aus der Koalition
heute am liebsten unserem Antrag zustimmen würden,
wenn es nicht die Koalitionszwänge geben würde. Der
Wirtschaftsminister stellt sich quer, weil er den faden-
scheinigen Argumenten der Luftfahrtbranche folgt.


(Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kennen wir ja!)


Finanzminister Steinbrück fürchtet Schlagzeilen in der
„Bild“-Zeitung, in denen von einer neuen Steuerabzocke
die Rede sein könnte.


(Hellmut Königshaus [FDP]: Zu Recht!)


Sein Vorgänger hingegen, der Kollege Hans Eichel – er
ist heute leider nicht hier –,


(Hellmut Königshaus [FDP]: Es ist ja auch Freitagmittag! Dann ist er doch nie hier!)


verfährt ganz anders: Er hat einen Appell von ATTAC
unterschrieben, eine Flugticketabgabe einzuführen. Jetzt
würde ich gerne an den Kollegen Eichel appellieren;
aber er ist nicht hier.


(Hellmut Königshaus [FDP]: Es ist Freitagnachmittag! Da ist er nie da!)


Ich bitte alle, die diese Initiative unterstützt haben, die
sich im Ausschuss, in den Diskussionen, in der entwick-
lungspolitischen Community klar und deutlich für eine
Flugticketabgabe ausgesprochen haben, uns jetzt nicht
mit Vertröstungsfloskeln zu kommen, sie bräuchten noch
Zeit – sie haben viele Monate gehabt –, oder auf andere
Instrumente zu verweisen, die noch in der Diskussion
sind. Jetzt ist der Zeitpunkt, Rückgrat zu zeigen und sich
klar und deutlich für die Flugticketabgabe auszuspre-
chen. Bitte stimmen Sie den Anträgen zu.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605511500

Das Wort hat nun die Kollegin Anette Hübinger für

die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Anette Hübinger (CDU):
Rede ID: ID1605511600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Heute

reden wir darüber, auf welchem Weg wir das Ziel, das
wir uns gesetzt haben, erreichen: unsere Mittel für ent-
wicklungspolitische Zusammenarbeit bis 2015 auf

0
i

w
w
h
s
K

D
l
d
w
K
O
t

D
H
l
z

F
a
n

W
M

z
n
l
v
k
m
d
r
n

F
t
E
m
e

f

(C (D ,7 Prozent des Bruttonationalproduktes zu erhöhen. Es st vorgesehen, dass der entwicklungspolitische Haushalt der Einzelplan 23 – im Haushaltsjahr 2007 einen Aufuchs von ungefähr 300 Millionen Euro erhält. Als Enticklungspolitikerin begrüße ich das ausdrücklich. Ich alte es für einen wichtigen und richtigen Schritt, um unere Ziele – die Bekämpfung der Ursachen von Armut, onflikten und Kriegen – zu erreichen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


ie begrüßenswerten Aufwüchse spiegeln unser globa-
es Politikverständnis wider und die Tatsache, dass sich
ie Bundesregierung unter Angela Merkel ihrer Verant-
ortung für die Ärmsten dieser Welt bewusst ist. Im
oalitionsvertrag haben wir festgehalten, dass wir die
DA-Quote auf 0,7 Prozent des Bruttonationalproduk-

es erhöhen werden.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie wollen Sie das machen? Sagen Sie einmal!)


azu wollen wir, wenn nötig, neben der Erhöhung der
aushaltsmittel und der Entschuldung der Entwick-

ungsländer innovative Finanzierungsinstrumente heran-
iehen, um den EU-Stufenplan umzusetzen.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erläutern Sie einmal, wie Sie das machen wollen!)


ür dieses Jahr und das kommende Jahr ist schon jetzt
bzusehen, dass wir die Zielmarken unseres Stufenpla-
es zur Erhöhung der ODA-Quote erreichen werden.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach!)


ie Sie sehen, stellt sich die Frage nach zusätzlichen
itteln zum jetzigen Zeitpunkt nicht.

Unser Nachbar Frankreich hat zum 1. Juli 2006 eine
usätzliche Abgabe auf innereuropäische und transkonti-
entale Flüge eingeführt, die zwischen 1 und 40 Euro
iegt. Jetzt fordern Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen
on Bündnis 90/Die Grünen, Deutschland solle sich
urzfristig dem französischen Modell anschließen, um
it den zusätzlichen Einnahmen zu gewährleisten, dass

ie ODA-Quote entsprechend erhöht wird. Frankreich
echnet damit, dass die Flugticketsteuer zu Mehrein-
ahmen von circa 200 Millionen Euro führt.


(Hüseyin-Kenan Aydin [DIE LINKE]: Immerhin!)


ür Deutschland werden, würde es das französische Sys-
em übernehmen, Einnahmen von rund 270 Millionen
uro prognostiziert. Das heißt, mit einem solchen Instru-
ent würden wir unseren Beitrag zwar erhöhen, doch

in Durchbruch wäre das nicht.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Besser gar nichts machen, oder? Lieber gar nichts als etwas?)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie Sie wissen,
ührt Deutschland mit unseren EU-Partnern intensive






(A) )



(B) )


Anette Hübinger
Gespräche über die Entwicklung und Ausgestaltung in-
novativer Instrumente zur Finanzierung der Entwick-
lungspolitik. Auch über eine Flugticketabgabe wird da-
bei diskutiert. Wichtig wäre allerdings eine europaweite
Akzeptanz, gleich für welches Instrument wir uns ent-
scheiden. Bevor wir neue Finanzierungsinstrumente he-
ranziehen, müssen wir deren Notwendigkeit und Wirk-
samkeit sorgsam prüfen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Neun Minuten lang nichts aussagen!)


Dass Mehreinnahmen erzielt werden, darf nicht das
alleinige und ausschlaggebende Bewertungskriterium
sein. Es entspricht nicht einer nachhaltigen Entwick-
lungspolitik, wie wir als CDU/CSU-Fraktion sie verfol-
gen. Übrigens hat die Ministerkonferenz der Afrikani-
schen Union ihre Besorgnis über die Einführung einer
Flugticketsteuer geäußert. Sie befürchtet negative Fol-
gen für den Tourismus in Entwicklungsländern.

Wir sehen das französische Modell auch deshalb kri-
tisch, weil die Mittel, die eingenommen werden, in einen
noch einzurichtenden Fonds fließen sollen. Deutschland
setzt sich seit längerem für eine straffere Organisations-
struktur der internationalen Entwicklungspolitik ein. Ein
neuer Fonds bedeutet sowohl für die Geberländer als
auch für die Entwicklungsländer einen zusätzlichen Ko-
ordinierungsaufwand und zusätzliche Verwaltungskos-
ten.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Darüber hinaus werden schon heute viele Aufgaben, de-
ren Erledigung man sich mit diesem Fonds zum Ziel ge-
setzt hat, von bereits existierenden Institutionen abge-
deckt. Die Notwendigkeit dieser Neugründung ist für
mich bisher nicht ersichtlich.

Genauso wenig nachvollziehbar ist für mich der An-
trag der Fraktion der Linken, die fordern, dass weder
Einnahmen aus einer Flugticketsteuer noch Entschul-
dungsmaßnahmen in die ODA-Quote einfließen sollen.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie fordern eine Finanzierung aus reinen Haushaltsmit-
teln. Wer die Augen vor der Haushaltssituation Deutsch-
lands so verschließt, wie Sie dies tun, der gefährdet letzt-
endlich das gemeinsame Ziel, nämlich die Armut in der
Welt zu reduzieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Neben neuen Finanzierungswegen müssen wir die
Wirksamkeit der eingesetzten öffentlichen Mittel einer
kritischen Überprüfung unterziehen und wir müssen un-
ser Ziel noch klarer und deutlicher formulieren. Die
CDU/CSU-Fraktion hat für sich drei klare Ziele heraus-
gearbeitet: erstens die Solidarität mit den ärmsten Men-
schen aufgrund unseres christlich-humanitären Weltbil-
des, zweitens die Gefahrenabwehr und die Herstellung
von Sicherheit für die Entwicklungsländer und damit
letztendlich auch für unser eigenes Land und drittens die

S
d

l
n
m
H
ö
s

Z
i
e

t
z
O

W
l

n
r
s
d
a
l
B

S
u
w
ü
E
Z
w

Z
s
e
F
w

d
I

F

(C (D tärkung von Wirtschaftswachstum, Wohlstand und solier Staatführung. Hier unterscheiden wir uns auch von Ihnen, liebe Koleginnen und Kollegen von der FDP-Fraktion. Ihrer Meiung nach soll sich die Entwicklungspolitik rein ökonoischen Gesetzmäßigkeiten unterwerfen. Solidarisches andeln muss aber genau dann einsetzen, wenn durch konomische Gesetzmäßigkeiten Ungerechtigkeiten vertärkt werden. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


u deren Ausgleich kann auch eine zusätzliche Abgabe
m richtigen Maß beitragen, die in ein Gesamtkonzept
infließen muss.

Meine Damen und Herren, wir als CDU/CSU-Frak-
ion sehen zu diesem Zeitpunkt kein Erfordernis, eine
usätzliche Flugticketabgabe einzuführen, um den
DA-Stufenplan einzuhalten.


(Hüseyin-Kenan Aydin [DIE LINKE]: Schade!)


ir sind auf einem guten Weg. Das wird durch die Zah-
en für dieses und auch für das kommende Jahr belegt.

Den Antrag der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grü-
en, mit dem sie eine Klimaschutzabgabe bei Dienst-
eisen fordert, sehen wir als nicht geeignet an, zur Lö-
ung umweltpolitischer Probleme beizutragen. Die
adurch erzielten geringen Einnahmen stehen in keinem
ngemessenen Verhältnis zu der damit verbundenen Be-
astung der Verwaltung und den zusätzlich anfallenden
ürokratiekosten.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Bekämpfung der weltweiten Armut ist unser Ziel.
ie erfordert weitere Anstrengungen auf internationaler
nd nationaler Ebene. Wir sind uns bewusst, dass die Er-
artungshaltung der internationalen Gemeinschaft gegen-
ber Deutschland auch aufgrund seiner herausragenden
xpertisen in vielen Feldern der entwicklungspolitischen
usammenarbeit sehr hoch ist. Gerade deshalb lassen
ir uns aber nicht zu voreiligen Handlungen drängen.

Wir verfolgen eine Entwicklungspolitik mit klaren
ielen und erfassbaren Ergebnissen, die vor den kriti-
chen Augen der Öffentlichkeit standhält. Wir sind auf
inem guten Weg, den ODA-Stufenplan einzuhalten. Die
orderung zur Einführung einer Flugticketabgabe halten
ir zum jetzigen Zeitpunkt für nicht erforderlich.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605511700

Frau Kollegin Hübinger, das war Ihre erste Rede in

iesem Haus. Ich gratuliere Ihnen herzlich und wünsche
hnen weiterhin alles Gute.


(Beifall)


Nun hat der Kollege Hellmut Königshaus für die
DP-Fraktion das Wort.






(A) )



(B) )


Hellmut Königshaus (FDP):
Rede ID: ID1605511800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das ist

schon eine merkwürdige Melange von Anträgen, die wir
hier gemeinsam beraten sollen.


(Hüseyin-Kenan Aydin [DIE LINKE]: Na, na!)


Die Grünen wollen einen ökologischen Ausgleich für
Dienstreisen – natürlich auf Kosten der Steuerzahler –
und eine Flugticketabgabe – diese wollen im Übrigen
auch die Linken –, die natürlich erst recht auf Kosten der
Bürger – in diesem Fall der Reisenden – erhoben werden
soll. Sie liegen damit im Übrigen auf einer Linie mit
dem Bundesfinanzminister, der den Bürgern nach seiner
Rückkehr aus dem Urlaub – quasi noch auf der Gangway
stehend – ihren Anspruch auf Urlaubsreisen streitig ma-
chen wollte.


(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Mit einem Euro ganz bestimmt nicht! – Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Witzbold von der FDP! Ein gelungener Witz!)


Dabei tut die Koalition schon einiges dafür, den Bürgern
das Reisen wirtschaftlich unmöglich zu machen – vor al-
lem, aber nicht nur mit Steuer- und Abgabenerhöhungen.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein gelungener Witz zu später Stunde!)


Nun beantragen die Grünen, Herr Kuhn, und die
Linke das, was sich die Koalitionäre nicht oder jeden-
falls noch nicht trauen, nämlich noch mehr draufzupa-
cken: eine Flugticketabgabe – wie es so schön heißt – als
Einstieg in die Schaffung „innovativer Finanzierungs-
instrumente“. Eine wahrhaft große Koalition der Abkas-
sierer!

Zum „Dienstreiseantrag“ der Grünen ist nur eines zu
sagen: Es kommt darauf an, Dienstreisen auf das abso-
lute Minimum zu reduzieren. Das wäre der beste Beitrag
zum Klimaschutz und würde der Vorbildfunktion der öf-
fentlichen Hand eher gerecht als solche Pseudoaktivitä-
ten.

Nun zur Flugticketabgabe. Koalition und Bundesre-
gierung haben die Einführung einer Flugticketabgabe
bereits mehrfach angekündigt. Wie so oft, haben sie
auch bei dieser Ankündigung nur heiße Luft produziert.
In diesem Fall muss man sagen: Gott sei Dank! Es ist
nämlich zu bezweifeln, dass die Einnahmen unter dem
Strich wirklich der Entwicklungshilfe zugute kommen
würden.

Es ist ein alter Trick von Rot-Grün, der jetzt von
Schwarz-Rot wiederbelebt wird: Man erhöht eine Steuer
oder Abgabe, verbindet das mit einem guten Zweck, der
damit angeblich verfolgt wird, vergisst nach der Steuer-
erhöhung diesen guten Zweck und stopft mit den Mehr-
einnahmen die selbst verschuldeten Haushaltslöcher.

So haben Sie erst jüngst – natürlich für einen guten
Zweck – die Eigenheimzulage gestrichen, und zwar für
die Bildung, wie Sie behauptet haben.


(Christian Carstensen [SPD]: Bravo!)


D
S
F
s
h
h
F
A

n
S
w
c
t
i
o
B
T
u
h
w
d


s
d
m

n
w
ü
b

A
w
n
e
d

n
ü
H
d
l
l

p
V

(C (D a wussten Sie im Übrigen schon – das sage ich, weil ie „Bravo“ gerufen haben –, dass der Bund wegen der öderalismusreform für die Bildung gar nicht mehr zutändig sein wird. Trotzdem haben Sie das öffentlich beauptet. Nun ist in der Tat die Bildung weg, die Eigeneimzulage aber auch. Das Geld behält natürlich der inanzminister. So haben Sie die Menschen mit Ihrer rgumentation getäuscht. So wäre es auch mit der Flugticketabgabe. Die Grüen sind wenigstens ehrlich und bezeichnen sie als eine teuer. Damit wäre sie nicht zweckgebunden. Aber sie ürde die Belastungen der Bürger, über die wir gespro hen haben – 140 Milliarden Euro pro Jahr –, noch weier erhöhen. Da hilft auch kein Hinweis – das wurde hier mmer wieder angeführt – auf Schweden, Frankreich der andere Länder. Wir müssen die Belastungen unserer ürger betrachten. Ein Blick auf die Situation in Paris, imbuktu oder sonst wo hilft da nicht weiter, sondern nsere Bürger müssen für uns die Richtgröße sein. Da ilft vielleicht für die einen oder anderen, die das nicht issen, ein Blick in die Lohntüten der Durchschnittsveriener. (Beifall bei der FDP – Christian Carstensen [SPD]: Wer hat Ihnen denn da was erzählt? – Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben Sie sich aber aufschreiben lassen!)


Auch Sie sollten da einmal hineinschauen. Durch-
chnittsverdiener – das darf ich einmal in Richtung auf
ie Großkoalitionäre sagen – arbeiten auch Freitagnach-
ittag, auch wenn das anders abgesprochen sein sollte.

Wenn also mehr Geld benötigt wird, dann darf man
icht abkassieren, sondern das muss durch Sparen er-
irtschaftet werden. Aber brauchen wir hier und jetzt
berhaupt mehr Geld für die Entwicklungszusammenar-
eit?


(Hüseyin-Kenan Aydin [DIE LINKE]: Oh ja, wir brauchen mehr!)


ngesichts der Positionen im Einzelplan 23, dem Ent-
icklungshaushalt, kann dies zumindest derzeit nur ver-
eint werden. Wir müssen die dort genannten Projekte
rst einmal durchforsten; denn da könnten wir Milliar-
en freimachen.


(Widerspruch bei der SPD)


Ich will hier einige Beispiele nennen: China wird
och immer mit Finanzhilfen bedacht, ein Land, das
ber 1 Billion US-Dollar als Devisenreserve verfügt.
underte Millionen Euro werden in fragwürdige Schul-
enerlasse und Budgethilfen geschaufelt. Da gehen Mil-
ionen über Millionen in unkontrollierte und unkontrol-
ierbare multilaterale Fonds.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie das mit den Wirtschaftspolitikern abgesprochen, was Sie da fordern?)


Zusätzlich bedienen Sie noch den Moloch des Euro-
äischen Entwicklungsfonds. Der EEF hatte gar keine
erwendung für die Mittel. Trotzdem wollen Sie dieses






(A) )



(B) )


Hellmut Königshaus
Jahr wieder 700 Millionen Euro hinschaufeln. Während
noch gar nicht alle Mittel des 8. EEF abgerufen waren,
haben Sie zugestimmt, einen 9. EEF aufzulegen und da-
für noch einmal Mittel freizumachen. Nun wollen Sie
700 Millionen Euro jährlich in einen 10. EEF zusätzlich
einzahlen, während noch 3,5 Milliarden Euro als deut-
sche Zahlungsverpflichtung offen sind. Ein Fass ohne
Boden!


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 10 Milliarden!)


– 3,5 Milliarden Euro sind viel Geld, Herr Kuhn, auch
wenn es die Grünen nicht wahrhaben wollen.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Keine Sachkenntnis!)


Dafür wollen Sie die Bürger mit einer zusätzlichen
Flugticketsteuer noch weiter schröpfen? Das darf doch
wohl nicht wahr sein!


(Beifall bei der FDP)


Solange Sie keine überzeugenden Verwendungsmöglich-
keiten aufzeigen und neue Projekte nicht begründen kön-
nen, können wir einer Erhöhung des EZ-Haushalts und
erst recht der Einführung einer neuen Steuer nicht zu-
stimmen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605511900

Das Wort hat nun der Kollege Sascha Raabe für die

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU])



Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1605512000

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen

und Kollegen! Wenn man eine Weile mit einem Kolle-
gen im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung zusammenarbeitet, der an Anhörungen
teilnimmt und viele Länder bereist, dann fragt man sich,
was er sich dort wohl angeschaut hat, wenn er hier so tut,
als wären die Mittel für die Entwicklungszusammen-
arbeit nicht sinnvoll, weil sie irgendwo versenkt würden,
wenn er den Aufwuchs des Entwicklungsetats infrage
stellt, und meint, wir sollten stattdessen lieber in die
Lohntüten der Deutschen schauen, Herr Königshaus.
Wenn täglich 30 000 Menschen an den Folgen von Hun-
ger und Armut sterben, wenn fast die Hälfte der Weltbe-
völkerung von weniger als 2 US-Dollar pro Tag lebt und
800 Millionen weniger als 1 US-Dollar pro Tag zur Ver-
fügung haben, dann ist es schäbig, wenn Sie hier mit ei-
nem Glas Wasser in der Hand und wohlgesättigt dafür
eintreten, den Ärmsten der Armen kein Geld mehr zur
Verfügung zu stellen. Sie sollten sich fragen, ob Sie in
dem Ausschuss richtig aufgehoben sind.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


H
d
r
m
n
h
d
a
g
ü
W
v
n

E
d
u
h
D
i
z

h
e
d
g
m
b

m
H
H
s
g
M
b
J
W
e
i

w
H
w
r
e
b

D
m
d
v

(C (D Alle anderen demokratischen Parteien in diesem ause einschließlich der Linkspartei und der Grünen, ie die Anträge eingebracht haben, sind sich mit uns dain einig, dass mehr Geld für die Entwicklungszusamenarbeit notwendig ist, wie wir es auch auf der Millen iumskonferenz auf internationaler Ebene beschlossen aben, und dass wir die so genannte ODA-Quote – also en Anteil der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit m Bruttoinlandsprodukt – bis 2015 auf 0,7 Prozent steiern wollen. Das versprechen wir übrigens schon seit ber 20 Jahren. Jetzt sind wir endlich auf einem guten eg. Ich bin mir in der Zielsetzung mit der Opposition öllig einig, dass wir die im Koalitionsvertrag getroffeen Vereinbarungen erfüllen wollen. Sie müssen aber auch berücksichtigen, dass dank des ngagements unserer Ministerin und der gesamten Bunesregierung im Haushalt 2006 ein Aufwuchs der Mittel m 300 Millionen Euro zu verzeichnen war. Im Hausalt 2007 sind 324 Millionen Euro mehr vorgesehen. as allein ist schon mehr als die 200 Millionen Euro, die n Frankreich durch die Erhebung der Flugticketabgabe usammenkommen. Den hungernden Menschen in Afrika ist es egal, woer das Geld kommt. Davon, dass jemand mehr Geld für in Flugticket ausgibt, wird noch keiner satt. Wichtig ist, ass genug Geld zusammenkommt, damit den Menschen eholfen werden kann. Die Abgabe selbst wäre nur ein ögliches Mittel zum Zweck; aber nicht der Zweck sel er. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Deswegen haben wir uns im Sommer Zeit genom-
en, Herr Kollege Hoppe, um abzuwarten, wie sich der
aushalt 2007 entwickeln wird. Da wir mit diesem
aushalt mit einem Plus von fast 8 Prozent auf einem

ehr guten Wachstumskurs sind, sind wir davon ausge-
angen, dass wir zum Januar 2007 keine zusätzlichen
ittel durch ein innovatives Finanzierungsinstrument

rauchen. Denn laut Koalitionsvertrag wollten wir im
ahr 2006 eine ODA-Quote von 0,33 Prozent erzielen.

ir haben aber schon 2005 – also ein Jahr früher – mit
iner ODA-Quote von 0,35 Prozent gezeigt, dass wir gut
m Plan liegen.

Wir werden uns aber auch damit befassen müssen,
ie wir das Niveau gemäß unserer Zielsetzung im
aushalt 2008 halten bzw. steigern können. Bis dahin
erden einige Entschuldungseffekte auslaufen. Es ist

ichtig, dass wir die ärmsten Länder entschuldet haben;
s ist aber auch klar, dass dann wieder viel Geld ge-
raucht wird.


(Zurufe von der LINKEN: Genau! – ODAQuote!)


ie ODA-Quote würde nämlich wieder sinken, wenn
an keine neuen Mittel generiert. Insofern glaube ich,

ass wir uns dann gemeinsam mit möglichen innovati-
en Finanzierungsinstrumenten befassen müssen, um






(A) )



(B) )


Dr. Sascha Raabe
den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag entsprechend
2008 zusätzliche Mittel aufzubringen.

Ich will nicht alle Argumente der Lobbyisten aufgrei-
fen, die gegen die Flugticketabgabe vorgebracht wurden.
Auch ich habe mich über einiges geärgert, das ich als un-
fair und unehrlich empfand. Zum Beispiel haben die
Luftverkehrswirtschaft und der BDI alle Abgeordneten
angeschrieben – auch Sie haben das aufgegriffen, Frau
Hübinger –, wobei etwas falsch dargestellt wurde, näm-
lich dass sich die Afrikanische Union gegen eine Flugti-
cketabgabe ausgesprochen hätte. Damit hat die Luftver-
kehrswirtschaft schlicht gelogen. Wir haben uns nach
der Quelle erkundigt. Schließlich erhielten wir die klein-
laute Antwort, dass, wie aus einem Dokument hervor-
gehe, die Verkehrsminister in der Afrikanischen Union
keine Ticketabgabe für innerafrikanische Flüge erheben
wollten, um damit Start- und Landebahn und andere In-
frastrukturmaßnahmen zu finanzieren. Die Afrikanische
Union hat natürlich niemals beschlossen, dass sie kein
Geld mehr für die Hungerbekämpfung haben will. Das
ist völliger Blödsinn.

An dieser Stelle muss gesagt werden, dass manche
Argumentationen, die große Wettbewerbsnachteile an
die Wand malen, nicht ganz einleuchtend sind. Wenn die
Ticketabgabe für alle Airlines gleichermaßen gilt und
wenn Transitpassagiere davon ausgenommen werden,
dann frage ich mich allen Ernstes, welchen Schaden es
anrichtet, wenn ein Economypassagier 1 Euro bzw.
4 Euro mehr, wie es das französische Modell vorsieht,
für einen Flug bezahlen soll. Man darf nicht vergessen,
wie viel schon heute an Sicherheitsgebühren und Flug-
hafensteuern auf die Flugtickets aufgeschlagen wird. Ich
glaube daher, dass der Tourismus durch die Einführung
einer Ticketabgabe nicht wegbricht.

Dass sich sogar die US-amerikanische Botschaft in
einem Brief an den Haushaltsausschuss an uns wendet
und mehr oder weniger deutlich sagt, dass wir in der
heutigen Debatte darauf achten sollen, dass die bean-
tragte Flugticketabgabe abgelehnt wird, weil sonst alles
zusammenbricht, halte ich für einen ungewöhnlichen
Vorgang. Offenbar glaubt die US-amerikanische Regie-
rung, uns frei gewählten und demokratisch legitimierten
Abgeordneten solche Tipps erteilen zu müssen. Wer
hätte gedacht, dass die Weltmacht USA von unserer
Flugticketabgabe in die Knie gezwungen wird? Das
halte ich für sehr überzogen. Wenn wir schon dabei sind,
Kollegen in anderen Ländern Ratschläge zu geben: Die
Kollegen im US-amerikanischen Kongress sollten die
Mittel, die sie weltweit für das Militär und den Irakkrieg
ausgeben, besser für die Entwicklungszusammenarbeit
verwenden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)


Dann gäbe es mehr Sicherheit auf der Welt und die Si-
cherheitsgebühren an den Flughäfen wären geringer.
Weltweit wurden im letzten Jahr 1 000 Milliarden Euro
für Militär, Rüstung und Krieg, davon ein Großteil für
den Irakkrieg, ausgegeben, aber nur 70 Milliarden Euro

f
l

z
m
d
t
w
d
r
g
z
v
w
d
W
m
M
p
F
2
S
g
n

m
c
w
t
d
M
p
6
m
f
d
g
m
a
h
a
t
E
m
z
s
F

f
d
m
Z
R
l
g
t
w
e
o

(C (D ür die Entwicklungszusammenarbeit. Ich glaube, es ohnt sich, dieses krasse Missverhältnis zu beseitigen. Es geht aber nicht nur ums Geld. Die Entwicklungsusammenarbeit muss auch kohärent sein. Ich ärgere ich, dass Frankreich ständig als leuchtendes Vorbild argestellt und behauptet wird, dass es wegen der Flugicketabgabe so gut zu den ärmsten Menschen sei. Wer ie der Kollege Hoppe und ich an den letzten Welthanelsrunden teilgenommen hat, in denen es eigentlich daum ging, im Sinne einer Entwicklungsrunde faire und erechte Handelsbedingungen für die Ärmsten der Welt u erreichen, weiß, dass Frankreich mit seinen Agrarsubentionen und seinem Agrarprotektionismus die Enticklungsländer ständig vor den Kopf gestoßen hat, um ie französischen Landwirte zu schützen. Nach einer eltbankstudie gehen den Entwicklungsländern dadurch ehrere Hundert Milliarden Euro jährlich verloren. Die enschen verhungern buchstäblich wegen des Agrar rotektionismus der Franzosen. Trotzdem werden die ranzosen wegen eines geringen Effektes in Höhe von 00 Millionen Euro gelobt. Dazu kann ich nur sagen: eht lieber zu, dass ihr gerechte Welthandelsbedingunen schafft! Damit würdet ihr mehr erreichen als mit eier Flugticketabgabe. Um im Bild zu bleiben: Das französische Engageent für die Entwicklungszusammenarbeit ist Economy lass, während wir momentan Businessclass sind. Wir ollen aber bis 2015 in die Firstclass kommen. Wir tre en für gerechte Welthandelsbedingungen ein und wollen ie ODA-Quote auf 0,7 Prozent steigern und so unsere ittel für die Entwicklungszusammenarbeit fast verdop eln. Wir sollten uns vor Augen führen, dass das Milliarden bis 7 Milliarden Euro mehr sind. Darüber uss man in unserer Gesellschaft eine ehrliche Debatte ühren. Man darf nicht so tun, als würde das Geld an anerer Stelle verplempert und man könnte es einfach irendwoher holen. Es reicht ebenfalls nicht, wie Sie, eine Damen und Herren von der Linkspartei, so zu tun, ls könnte man alles aus dem deutschen Verteidigungsaushalt finanzieren. Sie gehen in allen Ihren Haushaltsnträgen – egal ob sie das Gesundheitswesen, die Renenversicherung, den sozialen Bereich oder die ntwicklungshilfe betreffen – davon aus, dass man alles it den für den Eurofighter eingestellten Mitteln finan ieren könnte. Ihre Gegenfinanzierungsvorschläge überteigen mittlerweile den Verteidigungshaushalt um das ünffache. Es reicht nicht, zu sagen, dass das Geld vom Himmel ällt. Wir müssen in unserer Gesellschaft eine Debatte arüber führen, wie und wie viel Geld wir für die Arutsbekämpfung aufbringen wollen. Es ist in diesem usammenhang alles andere als hilfreich, wenn der atsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutsch ands, Bischof Huber, in der „Bild am Sonntag“ vor einien Wochen schreibt, die Armen in Deutschland erinneren ihn an die Hungernden im Sudan. Ich weiß nicht, as ihn da geritten hat. Ich kann Bischof Huber nur mpfehlen, mit den guten kirchlichen Entwicklungsrganisationen nach Afrika zu gehen und sich dort Dr. Sascha Raabe anzuschauen, was Hunger wirklich bedeutet. Verteilungsgerechtigkeit in Deutschland ist sicherlich ein wichtiges Thema, gerade für uns Sozialdemokraten, keine Frage. Wenn wir aber so tun, als wären die Menschen in Deutschland vom Hungertod bedroht, dann wird es natürlich schwierig, in der deutschen Bevölkerung Akzeptanz dafür zu finden, dass mehr Steuermittel oder andere Mittel aufgebracht werden sollen, um den Menschen auf der Welt zu helfen, die wirklich vom Hunger bedroht sind. Deswegen appelliere ich an uns alle, dass wir bei allem „Gejammer“, das wir manchmal gerne veranstalten, nicht vergessen, dass es uns hier noch sehr gut, ich möchte sagen: verdammt gut geht. Wir sollten nicht aus den Augen verlieren, dass Milliarden Menschen auf der Welt unsere Hilfe brauchen. Denen wollen wir helfen. Wenn wir zusammenhalten, werden wir es gemeinsam schaffen, unsere Verpflichtung zu erfüllen. Ob das Geld aus einer Flugticketabgabe oder aus anderen Quellen kommt, die Hilfe muss kommen. Dazu wollen wir beitragen. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD)





(A) )


(B) )



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605512100

Nun erteile ich der Kollegin Heike Hänsel für die

Fraktion Die Linke das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Heike Hänsel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605512200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Vorab möchte ich ein Wort zu Ihnen sagen, Herr Raabe.
Man kann nicht eine Armut gegen eine andere ausspie-
len. Armut ist immer subjektiv. Ich finde, Leute, die
nicht arm sind, sollten sich zurückhalten, über die Armut
und die Situation der Menschen zu urteilen.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Sascha Raabe [SPD]: Aber dass sie nicht wie die Menschen im Sudan hungern, da geben Sie mir Recht?)


– Ja, aber soziale Ausgrenzung kann auch hier zu schwer
wiegenden Folgen führen. Man kann nicht die eine Ar-
mut gegen die andere ausspielen. Wir haben die Auf-
gabe, Armut generell, egal wo und in welcher Form sie
auftritt, zu überwinden.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir haben wie die Grünen einen Antrag eingebracht,
eine Flugticketabgabe zu erheben. Wir möchten diese
Abgabe nicht, Herr Königshaus, um Haushaltslöcher zu
stopfen. Uns ist es vielmehr ein Anliegen, einen Beitrag
zur Bekämpfung von Aids, Malaria und Tbc zu leisten.
Das sind große Herausforderungen. Da ist jeder Tropfen,
der auf den heißen Stein fällt, sehr wichtig, für manche
Menschen überlebenswichtig.

Wir hatten den Antrag im Frühjahr gestellt. Mittler-
weile haben wir Herbst und leider wird er erst jetzt be-
sprochen. Es gab während dieser Zeit viele Initiativen
außerhalb des Parlaments. ATTAC hat viele Unterschrif-

t
A
t
t
1
F
h
r
r

i
n
B
H
d
u

a
G
e
c
d

b
t
h
4
p
a
w
t

D
ü
s
r
m
c
M
h

t
A
O
i
h
Q
P
l
c
n
e
d

(C (D en gesammelt, Abgeordnete haben unterschrieben. TTAC wollte Peer Steinbrück über 1 000 Unterschrif en übergeben. Er hat sich geweigert, diese Unterschrifen überhaupt anzunehmen. Im Internet gibt es bereits 20 000 Unterschriften für die Ticketabgabe, die dem onds UNITAID zugute kommen soll. Die Regierung at nicht reagiert. Ich kann nur feststellen: Die Bevölkeung ist hier weiter als die Bundesregierung. Sie ist beeit, Entwicklung zu unterstützen. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wir sprechen von einer Abgabe in Höhe von 1 Euro
m Inland, von 4 Euro bei internationalen Flügen und ei-
em entsprechend höheren Betrag für Flüge mit der
usinessclass. Das sind wahrlich keine großen Beträge.
eute haben wir über die Mehrwertsteuererhöhung
iskutiert. Sie haben keine Skrupel, die Mehrwertsteuer
m 3 Prozentpunkte zu erhöhen,


(Beifall bei der LINKEN)


ber bei solchen Abgaben verweigern Sie sich. Der
rund ist: Sie haben nicht den Mut, den Menschen noch

ine weitere Abgabe zuzumuten. – Wir sind für die Strei-
hung der Mehrwertsteuererhöhung und plädieren für
ie Unterstützung solch wichtiger Initiativen.


(Beifall bei der LINKEN)


Es geht auch um die internationale Zusammenar-
eit. Es wäre eine Probe, ob wir es schaffen, Steuern in-

ernational zu vereinbaren und national zu erheben. Zie-
en viele Länder mit? 18 Länder weltweit machen mit,
0 Länder haben ihr Interesse bekundet. Die Bundesre-
ublik, die gern international Verantwortung übernimmt,
ber fast nur noch militärisch, ist nicht dabei. Es wäre
ichtig, zu zeigen, dass wir bei solch einer zivilen Initia-

ive und einer internationalen Vereinbarung mitmachen.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


as wäre ein wichtiges Zeichen. Es wäre auch wichtig,
ber die Verwendung der Gelder in diesem Fonds zu
prechen. So geht es zum Beispiel darum, billige Gene-
ika für die Bekämpfung von Aids einzukaufen und da-
it Einfluss auf das zu nehmen, was dieser Fonds ma-

hen kann. Wenn man aber nicht dabei ist, hat man keine
öglichkeit, Vorschläge zu machen. Insofern sind wir

ier in meinen Augen international isoliert.

Ganz kurz zum Antrag der Grünen: Unser Antrag un-
erscheidet sich von dem der Grünen. Wir wollen das
ufkommen aus der Flugticketabgabe nicht auf die
DA-Quote anrechnen. Wir brauchen Umschichtungen

m Haushalt, die dazu führen, dass die ODA-Quote er-
öht wird. Es ist nicht unser einziges Ziel, die ODA-
uote zu erhöhen. Es muss vielmehr eine ganz andere
olitik gemacht werden, die einen Beitrag zur Entwick-

ung leistet. Wir betrachten die Abgabe als ein zusätzli-
hes Finanzierungsinstrument. Wir halten es für eine
eue Herausforderung, in die internationale Besteuerung
inzusteigen. Die Kerosinsteuer ist sehr wichtig, ebenso
ie Devisentransaktionssteuer. Da gibt es viele Vor-






(A) )



(B) )


Heike Hänsel
schläge und viele Ideen. Das wäre ein Schritt in die rich-
tige Richtung.

Für uns wäre die richtige Antwort auf die Fragen der
Globalisierung, in diese Richtung zu gehen. Deswegen
hoffen wir, dass sich die die Bundesregierung tragenden
Koalitionsfraktionen doch noch einen Ruck geben
– Herr Raabe und Herr Ruck, Sie haben sehr viele Vor-
teile einer Flugticketabgabe genannt – und diesem An-
trag zustimmen. Das würde uns sehr freuen. Wir halten
es für die richtige Initiative.

Danke.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605512300

Ich schließe die Aussprache.

Bezüglich der Tagesordnungspunkte 32 a und 32 b
wird interfraktionell die Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 16/1066 und 16/2660 an die in der Ta-
gesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Dabei soll die Vorlage auf Drucksache 16/1066 zu Ta-
gesordnungspunkt 32 a federführend beim Innenaus-
schuss beraten werden. Sind Sie damit einverstanden? –
Das ist der Fall. Dann sind die Überweisungen so be-
schlossen.

Tagesordnungspunkt 32 c: Beschlussempfehlung des
Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung auf Drucksache 16/2783. Der Ausschuss
empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung die
Ablehnung des Antrags der Fraktion Die Linke auf
Drucksache 16/1203 mit dem Titel „Flugticketabgabe
jetzt – Entwicklungsfinanzierung auf breitere Grundla-
gen stellen“. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Dann ist
diese Beschlussempfehlung mit den Stimmen der Koali-
tionsfraktionen und der FDP-Fraktion gegen die Stim-
men der Fraktion Die Linke bei Enthaltung der Fraktion
des Bündnisses 90/Die Grünen angenommen.

Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt
der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion
des Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/1404
mit dem Titel „Umsetzung des EU-Stufenplans zur Ent-
wicklungsfinanzierung (0,7-Prozent-Ziel) durch Flugti-
cketsteuer unterstützen“. Wer stimmt für diese Beschluss-
empfehlung? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Dann
ist diese Beschlussempfehlung mit den Stimmen der
Koalitionsfraktionen und der FDP gegen die Stimmen
der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen
angenommen.

Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 33 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Florian
Toncar, Burkhardt Müller-Sönksen, Dr. Werner
Hoyer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP

Rechtsstaatskonforme Behandlung von Ver-
hafteten nach der Übergabe durch deutsche
Stellen im Ausland sicherstellen

– Drucksache 16/2096 –

A
F
d

K
t

A
w
u
u
F
a
k
b
B

z
a
t
i
s
w
b
d
R
d
V
S
l
g

k
a
S
u
w
h
N
P
g
d
h

w
e
u
w
d


d
e

(C (D Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Auswärtiger Ausschuss Rechtsausschuss Verteidigungsausschuss Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die raktion der FDP sechs Minuten erhalten soll. – Ich höre azu keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem ollegen Burkhardt Müller-Sönksen von der FDP-Frak ion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! uf der Tagesordnung standen Themen wie die Mehrertsteuererhöhung, der Namensschutz der Sparkassen nd – zuletzt – die Flugticketabgabe. Damit haben wir ns auf das Ausland zubewegt. Das ist auch Inhalt dieses DP-Antrags. Wir wollen, dass die deutsche Beteiligung n Geheimgefängnissen und an Folterungen – Sie alle ennen diese Themen – geklärt wird. Wir bemühen daei nichts Geringeres als das Grundgesetz, unser aller asis. Mit großer Mehrheit haben wir gestern die Fortsetung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte m ISAF-Einsatz in Afghanistan beschlossen. Die letzen Monate haben jedoch gezeigt, wie instabil die Lage n Afghanistan ist. Bewaffnete Auseinandersetzungen ind dort leider tägliche Realität. Von der Gefahr, in beaffnete Auseinandersetzungen involviert zu werden, leiben auch die deutschen Soldaten im Norden des Lanes nicht verschont. Gleichzeitig ist es der afghanischen egierung bisher nicht gelungen, ihre Staatsgewalt über ie Stadtgrenzen von Kabul hinaus stabil auszudehnen. on einer landesweiten Etablierung rechtsstaatlicher tandards, die mit denen der Bundesrepublik Deutsch and auch nur annähernd vergleichbar sind, kann in Afhanistan bisher keine Rede sein. In Übergangssituationen wie derjenigen in Afghanistan ommt es im Rahmen internationaler Friedensmissionen uch zur Verhaftung von Personen durch internationale treitkräfte. Solche Verhaftungen werden in Afghanistan nd im Kosovo auch von Angehörigen unserer Bundesehr vorgenommen. Zudem wirken Bundeswehrangeörige an Verhaftungen durch Angehörige anderer ationen mit. Von der Bundeswehr festgenommene ersonen werden anschließend regelmäßig den zuständien örtlichen Behörden übergeben, wie es zum Beispiel ie Rules of Engagement für den Libanoneinsatz vorseen. Allerdings fehlt es bisher an Informationen über den eiteren Verbleib der festgenommenen Personen. Die ntscheidende Frage lautet deshalb: Wie lässt sich für ns sicherstellen, dass diejenigen, an die unsere Bundesehr festgenommene Personen übergibt, auch ein Minestmaß an rechtsstaatlichen Garantien gewährleisten? Diese Frage mag sich zunächst theoretisch anhören in der Tat hat sich bisher mehr die Rechtswissenschaft amit beschäftigt –, aber wenn sich Deutschland darauf inrichten muss, in der Welt eine immer größere Rolle Burkhardt Müller-Sönksen bei internationalen Friedensmissionen zu übernehmen, als das in der Vergangenheit der Fall war, kommt dieser speziellen Frage eine immer größere Bedeutung zu. Dies gilt insbesondere dann, wenn Verdächtige im Rahmen des weltweiten Kampfs gegen den Terror in geheimen Gefängnissen inhaftiert, unter Einsatz von Folter verhört werden und ihnen ein rechtsstaatliches Verfahren vorenthalten wird. Unter dem Eindruck solch gravierender Menschenrechtsverletzungen muss durch uns sichergestellt werden, dass deutsche Stellen – dazu gehört die Bundeswehr – durch ihre Handlungen keinen Beitrag zu solchen Vorgängen leisten. Erst mit dieser Gewissheit kann die Bundesrepublik Deutschland glaubhaft und selbstbewusst auftreten, wenn sie international die Aufklärung von Menschenrechtsverletzungen einfordert. Die immense Bedeutung, die einem rechtsstaatlichen und menschenrechtskonformen Verhalten internationaler Streitkräfte bei Friedensmissionen zukommt, haben uns – leider in negativem Sinne – die Misshandlungen von irakischen Gefangenen im Gefängnis von Abu Ghureib in Bagdad gezeigt. Die Verantwortung für das Schicksal einer Person, die von Angehörigen der Bundeswehr, zum Beispiel in Afghanistan, festgenommen wurde, darf für die Bundeswehr nicht mit der Überstellung an eine örtlich zuständige Stelle enden; denn eine solche Bedenkenlosigkeit stünde uns, der Bundesrepublik Deutschland, nicht zu. Im Gegenteil: Wenn Angehörige unserer Bundeswehr bei einem Auslandseinsatz einen Menschen, sei er Kombattant oder Nichtkombattant, verhaften, übernimmt die Bundeswehr damit auch im rechtlichen Sinne eine Verantwortung für diesen Menschen; denn sie hat mit der Festnahme eine Ursache für die weitere Behandlung des Festgenommenen geschaffen. Dieser Verantwortung kann sich die Bundeswehr – damit auch wir als Deutscher Bundestag – nicht dadurch entziehen, dass sie den Festgenommenen einem anderen Staat überstellt und die Augen davor verschließt, was danach mit ihm geschieht, ob er zum Beispiel gefoltert wird. Das gilt insbesondere dann, wenn die verhaftete Person einem Rechtssystem überantwortet wird, das – ich nenne Afghanistan als Beispiel – noch im Aufbau befindlich ist und in dem grundlegende Rechtsstaatsgarantien nach unseren Maßstäben nicht gewährleistet werden können. Es kann nicht angehen, dass sich Deutschland auf der ganzen Welt einerseits gegen Folter und Geheimgefängnisse und für die Einhaltung rechtsstaatlicher Mindestgarantien einsetzt – das vertreten wir fraktionsübergreifend – und andererseits gegenüber jenen Menschen gleichgültig ist, deren Schicksal unsere Bundeswehr im Ausland wesentlich beeinflusst, wenn nicht sogar begründet hat, wie ich schon ausgeführt habe. Es geht also nicht an, dass wir nach außen einen hohen Maßstab bei Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit setzen und sogar predigen – das meine ich in sehr positivem Sinne – und uns beim Einsatz deutscher Soldaten im Ausland genau dieser Verantwortung entziehen. t T d w V n a g g e G n g w i m k d f g l i i G n p h L K d a i s f d D u 1)

Burkhardt Müller-Sönksen (FDP):
Rede ID: ID1605512400




(A) )


(B) )


(Beifall bei der FDP)

(C


(D Bei einer Beteiligung deutscher Soldaten an internaionalen Friedensmissionen kommt hinzu, dass diese eil der deutschen öffentlichen Gewalt sind und damit er Grundrechtsbindung des Art. 1 Grundgesetz unterorfen sind. Ich will jetzt am Freitagnachmittag keine orlesung über Verfassungsrecht halten; (Zuruf von der SPD: Das ist aber schade! Machen Sie doch!)


ur so viel: Die Verfassung verlangt hier ganz klar eine
ufklärende Regelung. Das Verfassungsgericht hat klar
esagt – Bestimmtheitserfordernis –, dass wir solche Re-
elungen vorzugeben haben und es nicht einfach jedem
inzelnen Soldaten vor Ort überlassen dürfen, mit dem
rundgesetz unter dem Arm solche Verhaftungen vorzu-
ehmen.

Noch ein letztes Wort. Diplomatische Versicherun-
en allein reichen hier nicht aus, wenn sichergestellt
erden soll, dass Personen, die von deutschen Soldaten

m Ausland verhaftet werden, einer rechtsstaatskonfor-
en Behandlung zugeführt werden. Die Unzulänglich-

eit und Unverbindlichkeit solcher Zusagen hat sich in
er Vergangenheit bereits mehrfach erwiesen. Deswegen
ordert meine Fraktion hier verbindliche Regeln. Deswe-
en unser Antrag, meine Damen und Herren, liebe Kol-
egen.

Es darf am Ende nicht heißen: Die Bundeswehr macht
m Ausland keine Gefangenen. – Die Bundeswehr soll
m Ausland Gefangene machen, aber sie muss sich auch
edanken darüber machen, was mit diesen Gefangenen
ach Überstellung an die zuständigen örtlichen Stellen
assiert, und darf sie nicht ihrem Schicksal überlassen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605512500

Die Kollegin Ute Granold für die CDU/CSU-Fraktion

at ihre Rede zu Protokoll gegeben.1)

Damit hat als nächster Redner der Kollege Michael
eutert von der Fraktion Die Linke das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Michael Leutert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605512600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

lar ist, dass sich deutsche Soldaten im Ausland an
eutsches Recht und Gesetz zu halten haben und damit
uch an unser Wertesystem, das die Menschenrechte be-
nhaltet. Nichts anderes wird in diesem Antrag der FDP
kizziert. Durch ihn soll die Bundesregierung darauf
estgelegt werden, dass sie sich insbesondere dann, wenn
ie Bundeswehr Gefangene im Ausland macht und an
rittstaaten übergibt, auch daran hält. In diesem Sinne
nterstützen wir den FDP-Antrag ganz klar.


(Beifall bei der LINKEN und der FDP)


Allerdings geht uns dieser Antrag nicht weit genug.

Anlage 2






(A) )



(B) )


Michael Leutert

(Zuruf von der SPD: Habe ich mir doch gedacht, dass da noch etwas kommt!)


Ich möchte auch erklären, warum. Wir haben uns in die-
sem Hause ja schon sehr oft darüber unterhalten, wie
sich deutsche Behörden, insbesondere Geheimdienste,
im Ausland verhalten. Wir haben darüber diskutiert, dass
Geheimdienstmitarbeiter in Guantanamo Gefangene ver-
hören, einem Lager, in dem die Menschenrechte nicht so
groß geschrieben werden, wie es eigentlich sein sollte.

Damit sind wir wieder bei unseren amerikanischen
Freunden. An dieser Stelle kann man von ihnen wieder
einmal ganz klar die sofortige Schließung von Guanta-
namo fordern.


(Beifall bei der LINKEN und der FDP sowie des Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Mit dieser Forderung ist allerdings eine gewisse Ambi-
valenz verbunden: Während Guantanamo im Fokus der
Öffentlichkeit steht – wir wissen wenigstens einigerma-
ßen, was da abläuft –, wissen wir nicht, was in den vie-
len nicht öffentlichen Guantanamos stattfindet. Es bleibt
zu befürchten, dass diese nicht öffentlichen Guantana-
mos auch nach Schließung von Guantanamo bestehen
bleiben.

Auf alle Fälle bleibt festzuhalten: In Guantanamo op-
fert Amerika unter strategischen Gesichtspunkten Men-
schenrechte. Das ist der eine Punkt. Der andere Punkt
ist: Wie handelt unsere Regierung? Da möchte ich an
Usbekistan erinnern; darüber haben wir hier schon ge-
sprochen. Das Regime in Usbekistan ist eines der grau-
samsten auf der Welt. Ich kenne kein anderes Land, in
dem über 800 Personen bei einer Demonstration über
den Haufen geschossen wurden. Deutschland opfert
auch dort unter strategischen Gesichtspunkten Men-
schenrechte,


(Beifall bei der LINKEN)


nämlich indem wir dort den Militärflughafen Termes be-
treiben und dieses Jahr auch noch 19 Millionen Euro
Wirtschaftshilfe unter dem Deckmantel der Entwick-
lungszusammenarbeit leisten. Ich halte dies, ehrlich ge-
sagt, für einen Skandal.

Jetzt ist die Frage, wie wir unsere Regierung, die un-
gefähr das Gleiche wie die amerikanische Regierung
macht, indem sie Menschenrechte unter strategischen
Gesichtspunkten opfert, darauf verpflichten, dass sie bei
der Übergabe von Gefangenen an Drittstaaten auf Men-
schenrechte achtet. Angesichts dessen geht, wie ich
denke, der Antrag nicht weit genug, weil er das Parla-
ment letztendlich wieder außen vor lässt. Er müsste um
die Forderung ergänzt werden, dass die Bundesregierung
einen monatlichen Bericht darüber abgibt, wann wer
verhaftet und an welchen Drittstaat übergeben wurde.
Das müsste als laufender Bericht gestaltet werden, so-
dass wir nachvollziehen können, wo sich die Betroffe-
nen in Gefangenschaft befinden und was mit ihnen in
Gefangenschaft passiert ist. Zumindest diese Ergänzung
werden wir in die laufenden Beratungen einbringen.

n
M
g
K
f
s
s
m
w

B
w
b
o
f

S

H
n
z
s
l
s
b

t
r
d
z
m
l
2
u

D
B
g
g
B

d
h
W

(C (D Ein Letztes. Auch in den vorangegangenen Tagesordungspunkten wurde oft über Geld gesprochen. Die ehrheit dieses Bundestages hat in den letzten acht Ta en Auslandseinsätze der Bundeswehr beschlossen, die osten in Höhe von 640 Millionen Euro – das ist die of izielle Zahl – mit sich bringen. Wenn wir Auslandseinätze in solch einer finanziellen Größenordnung bechließen, dann sollten wir erst recht darauf achten, dass enschenrechtliche Grundstandards dort eingehalten erden, wo unsere Soldaten aktiv sind. Eine Bemerkung kann ich mir hier nicht verkneifen. ei den letzten Tagesordnungspunkten wurde immer ieder von den leeren Kassen gesprochen. Gleichzeitig eschließen wir aber Auslandseinsätze in einer Größenrdnung von 640 Millionen Euro. Ein solches Verhalten ührt das Argument der leeren Kassen ad absurdum. Danke. (Beifall bei der LINKEN – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zynisch!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605512700

Nun hat das Wort der Kollege Johannes Jung für die

PD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Johannes Jung (SPD):
Rede ID: ID1605512800

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

erren! Dieser Antrag der Kollegen von der FDP gilt ei-
em ernsten Thema und hat ein berechtigtes Anliegen
um Inhalt. Ganz gewiss müssen und wollen wir sicher-
tellen, dass von deutschen Sicherheitskräften im Aus-
and festgenommene und den dortigen Behörden über-
tellte Personen nach rechtsstaatlichen Grundsätzen
ehandelt werden.

Auch in dieser Legislaturperiode wurde vom Bundes-
ag, von den Koalitionsfraktionen und der Bundesregie-
ung mehrfach die Bedeutung der Rechtsstaatlichkeit in
er internationalen Politik im Allgemeinen und im Spe-
iellen bei der Bekämpfung des internationalen Terroris-
us betont. Ich erinnere hier gern und auch aus aktuel-

em Anlass an den Beschluss des Bundestages vom
6. Januar dieses Jahres. Darin heißt es kurz und bündig
nter Punkt 3:

Der Deutsche Bundestag bekräftigt nochmals seine
grundsätzliche Auffassung zur Einhaltung der
grundlegenden Menschenrechte und Grundfreihei-
ten von Gefangenen, wie er sie bereits zum Aus-
druck gebracht hat.

ies ist übrigens eine Passage aus dem Beschluss des
undestages zu Guantanamo, gilt also der gegenwärti-
en US-Administration und nicht einem labilen Über-
angsregime im einem Failing State. Das macht diesen
eschluss in meinen Augen noch gewichtiger.

Er hat leider keineswegs an Aktualität eingebüßt;
enn in den USA hat gestern nach dem Repräsentanten-
aus auch der Senat das neue Antiterrorgesetz gebilligt.
ir alle wissen, dass damit die so genannten alternativen






(A) )



(B) )


Johannes Jung (Karlsruhe)

Verhörmethoden und das gesamte staatliche Antirechts-
staatsprogramm von Guantanamo formal legalisiert wer-
den soll. Das ist ungeheuerlich und wird von der ameri-
kanischen Bürgerrechtsunion zu Recht als drastischer
Rückschrift für die Menschenrechte scharf kritisiert.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Hoffnung gibt mir einzig der Anlass, der hinter diesen
gesetzgeberischen Maßnahmen steckt. So war es nach
einer Serie von Gerichtsurteilen letztlich der Oberste Ge-
richtshof der USA, der die bisherige Praxis der militäri-
schen Sondertribunale für rechtswidrig erklärt hat.

Wer sich die Mühe macht – damit komme ich konkret
zum Antrag der Fraktion der FDP – und ein bisschen in
den Bundestagsdrucksachen stöbert, stellt fest, dass die
FDP immer wieder um das heutige Thema kreist. Die
FDP-Fraktion erhält auch immer wieder geduldig Ant-
worten auf allerlei Anfragen, die sie zu diesem Thema
stellt. Allerdings ist in Ihren Beiträgen keine inhaltliche
Weiterentwicklung erkennbar. Sie stagnieren und wie-
derholen sich.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Weil sich bei der Regierung nichts geändert hat!)


Das legt den Schluss nahe, dass Sie das Thema taktisch
und nicht inhaltlich bearbeiten. Das ist sehr bedauerlich.
Ich bitte Sie deshalb herzlich, diese geduldigen Antwor-
ten, die Sie immer wieder erhalten, auch einmal zur
Kenntnis zu nehmen und intellektuell zu verarbeiten.
Das spart so manchen Antrag.

Das, was sich die FDP heute in diesem Antrag
wünscht, ist durch das Völkerrecht, durch zwischenstaat-
liche Vereinbarungen und durch die UN-Mandatierun-
gen bei Einsätzen längst abgedeckt.


(Zuruf von der FDP)


– Ich komme gleich auf die Fälle. – Dort, wo Sie Pro-
bleme in der Operationalisierung guter Absichten sehen
– die haben wir natürlich –, liefern Sie selbst keinen ein-
zigen Verbesserungsvorschlag. Ihre Generalforderung,
bestehende verbindliche Regelungen noch verbindli-
cher zu machen, ist weder geistreich noch hilfreich. Hin-
sichtlich der praktischen Fragen im konkreten Einsatz-
fall hätte Ihnen vielleicht auch die Antwort der
Bundesregierung auf eine Anfrage der Fraktion Die
Linke weitergeholfen. Dort wird am Beispiel von ISAF
in Afghanistan Wesentliches dazu erläutert. Schauen Sie
sich bitte auch diese Antwort einmal an.

Ihr Antrag ist aus meiner Sicht nicht nur sachlich un-
genügend, er ist auch politisch durchsichtig; denn Sie
unternehmen damit den untauglichen Versuch, aus Ver-
dächtigungen gegenüber der Bundesregierung und staat-
lichem Handeln im Allgemeinen taktisch Kapital zu
schlagen. Ich zitiere aus Ihrem Antrag:

Diese Frage

– also die Frage der rechtsstaatskonformen Behandlung –

D
v
k

w
g

d

U
M
l
d
d
s

R
e
m
s
Z
r
ü
b

f
n

f

s
v
M
s
u
s
e

p

(C (D wird insbesondere dann politisch bedeutsam, wenn wie in jüngster Zeit der Verdacht entsteht, dass Verdächtige im Rahmen des weltweiten Kampfes gegen den Terror in geheimen Gefängnissen inhaftiert, unter Einsatz von Folter verhört und einem rechtsstaatlichen Verfahren vorenthalten werden. ann fordern Sie noch, die Bundesrepublik solle sich ergewissern, dass sie mit ihren eigenen Handlungen einen Beitrag zu solchen Vorgängen leiste. Was soll das in einem Antrag, der ernst genommen erden soll? Das ist Politik als Suggestion und Sie sugerieren hier eine Komplizenschaft, die es nicht gibt. Die SPD hat als Regierungspartei bewiesen, dass sie iese Praxis nicht unterstützt. nser Beitrag dient der Rechtsstaatlichkeit und den enschenrechten. Dies gilt auch und besonders bei Mi itäreinsätzen. Ich fürchte, in Ihrem Antrag kommt nicht ie ehrliche Sorge um die Menschenrechte zum Ausruck. Nein, hier obsiegt die kleinliche, taktische Abicht. (Dr. Werner Hoyer [FDP]: Das können die Bürger Gott sei Dank besser beurteilen!)


(Zuruf von der FDP: Nein!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ihr Antrag wird der komplizierten internationalen
echtslage nicht gerecht. Als Beispiel seien die rules of
ngagement bei UN-Einsätzen genannt. Ihr Antrag
acht Andeutungen, die nicht belegt werden. Als Bei-

piel sei die angebliche Unwirksamkeit diplomatischer
usagen genannt. Ihr Antrag hilft mit sechs Einzelforde-

ungen am Ende und der Generalforderung – sie steht
ber allem –, alles müsse noch verbindlicher werden als
isher, niemandem über den Status quo hinaus weiter.

Kurzum: Ihr Antrag verbessert nichts. Deshalb emp-
ehlen wir, diesen Antrag nach Überweisung abzuleh-
en.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Das war eine gute Begründung!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605512900

Ich erteile nun dem Kollegen Volker Beck das Wort

ür die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605513000

Meine Damen und Herren! Das Anliegen der Antrag-

teller, dass bei der Behandlung von Gefangenen, die
on der Bundeswehr im Ausland gemacht werden, die
enschenrechtsstandards eingehalten werden, teilen wir

elbstverständlich. Ich glaube, in diesem Punkt sind wir
ns über alle Fraktionsgrenzen hinweg einig. Selbstver-
tändlich ist auch die Bundeswehr bei ihren Auslands-
insätzen an Recht und Gesetz gebunden.

Die UN-Charta, die Menschenrechtsstandards des Euro-
arates und das Grundgesetz verhindern aus unserer






(A) )



(B) )


Volker Beck (Köln)

Sicht bereits jetzt die Übergabe von Gefangenen an an-
dere Staaten, wenn damit zu rechnen ist, dass ihre
Grundrechte geschmälert werden. Dies ist heute gelten-
des Recht und ist eine Selbstverständlichkeit. Auch die
Bundeswehr muss sich an den hohen Maßstäben des
Bundesverfassungsgerichts hinsichtlich der Wahrung
der Rechte überstellter Personen messen lassen.

Der Antrag weist auf ein reales Problem hin. Dieses
Problem ist nicht in fehlenden rechtlichen Übereinkom-
men begründet, sondern es hat mit der Frage zu tun: Wie
wird praktisch überprüft, dass sich die Vertragsparteien,
mit denen wir gegebenenfalls im Rahmen des Gefange-
nenaustausches zusammenarbeiten, tatsächlich an die
von ihnen zugesicherten Standards halten? Da kommt es
nicht so sehr, wie es in Ihrem Antrag suggeriert wird, auf
die Frage an, ob es sich um eine diplomatische Zusiche-
rung oder um völkerrechtliche Übereinkommen handelt.

Im Übrigen rate ich beim Thema völkerrechtliche
Übereinkommen dazu, die Länder, die dies noch nicht
gemacht haben, zu bewegen, die entsprechenden Kon-
ventionen des Europarates zu unterzeichnen. Diese
gibt es nicht nur für die Mitglieder des Europarates, son-
dern sie können auch von anderen Staaten unterschrie-
ben werden.

Das Problem liegt darin, dass wir nicht wirklich über-
prüfen, was mit den Gefangenen geschieht, die wir über-
stellt haben. Ich glaube, wir sollten im Ausschuss im
Zuge der Diskussion über den Antrag – die Diskussion
hat nicht das Ziel, ihn zu beschließen – darüber reden,
wie das Monitoring von solchen Verfahren verbessert
werden kann.

Meine Idee in diesem Zusammenhang ist – sie muss
nicht die einzige sein –, die Position des Menschen-
rechtsbeauftragten der Bundesregierung zu stärken,
indem wir ihn in die Lage versetzen, in Kooperation mit
dem Auswärtigen Amt und mit dem diplomatischen
Dienst vor Ort Nachforschungen anzustellen. Er kann
sich dafür einsetzen, dass die Gefangenen ordentlich be-
handelt werden, dass sie nicht verschwinden, dass sie
nicht gefoltert werden und dass sie entweder als Kriegs-
gefangene oder als Strafgefangene im Rahmen eines
rechtsstaatlichen Verfahrens behandelt werden.

Man kann sicher auch andere Modelle entwickeln.
Aber man muss sich daranmachen, das Problem des
Monitorings zu lösen. Man darf nicht glauben, man
könne durch die Produktion von zusätzlichem Papier auf
internationaler Ebene etwas für die Menschenrechte tun.
Es geht darum, dass die Menschenrechte in diesem Be-
reich gestärkt werden. Deshalb müssen wir zu einer Ver-
besserung der realen Situation kommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Der Kollege Leutert hat den Betrag von einigen
100 Millionen Euro erwähnt, den wir für Auslandsein-
sätze ausgeben. Er spricht davon, dass dies zeigt, wie
verkehrt unsere Politik sei, weil für andere Dinge kein
Geld da sei. Angesichts der Situation im Libanon und in
Israel – dort haben die Vereinten Nationen, militärisch
unterstützt durch die internationale Staatengemeinschaft,

d
n

d
d
z
a
z
k
z

A
D
s
t
g

D
f
v
s

A
F
h
s

K

F

(C (D as Schweigen der Waffen durchgesetzt – ist das zyisch. Noch zynischer klingen diese Worte, wenn man sich ie Situation im Sudan – wir waren doch gemeinsam ort – anschaut. Es besteht nicht das Problem, dass wir u viel tun, um den Friedensprozess mit dem Südsudan bzusichern. Es besteht vielmehr das Problem, dass wir u wenig tun oder zumindest nicht die Bereitschaft erlärt haben, mehr zu tun, um den Völkermord in Darfur u beenden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)


uch wenn das noch ein paar 100 Millionen kostet:
iese Millionen zahlen wir gern, um einen Genozid zu

toppen. Deshalb muss ich sagen: Dieses Argument soll-
en Sie besser zurückziehen. Das war der Sache nicht an-
emessen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Herr Beck, er weiß es ja auch besser! Das ist das Traurige!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605513100

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
rucksache 16/2096 an die in der Tagesordnung aufge-

ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.

Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 34 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten
Wolfgang Gehrcke, Monika Knoche, Dr. Norman
Paech, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der LINKEN

70. Jahrestag der Gründung der Internationa-
len Brigaden in Spanien – Würdigung des
Kampfes deutscher Freiwilliger an der Seite
der Spanischen Republik für ein antifaschisti-
sches und demokratisches Europa

– Drucksache 16/2679 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
raktion Die Linke fünf Minuten erhalten soll. – Ich
öre dazu keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlos-
en.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem
ollegen Wolfgang Gehrcke, Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605513200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ür den deutschen Faschismus war Spanien vor






(A) )



(B) )


Wolfgang Gehrcke
70 Jahren der Probelauf für einen barbarischen Krieg,
mit dem er später ganz Europa überzog. Damals gab es
zwei Gesichter Deutschlands. Es gab auch ein Deutsch-
land, das Krieg und Faschismus aufhalten und abwenden
wollte. Mit den deutschen Freiwilligen in den Internatio-
nalen Brigaden beschäftigt sich das deutsche Parlament
heute zum ersten Mal seit seinem Bestehen im Plenum.
Auch das ist leider sehr bezeichnend.

Zwei Persönlichkeiten, die in Spanien ihr Leben für
die Republik, die Freiheit und gegen den Faschismus
eingesetzt haben, befinden sich heute auf der Zuschauer-
tribüne unseres Parlamentes. Ich freue mich ausgespro-
chen, dass Santiago Carrillo, der frühere Generalsekre-
tär der Kommunistischen Partei Spaniens, und Kurt
Goldstein, der Ehrenpräsident des Internationalen
Auschwitzkomitees, unserer Debatte beiwohnen.


(Beifall im ganzen Hause)


Auch das hat für das deutsche Parlament eine große Be-
deutung.

Die Geschichte des deutschen Widerstandes gegen
den Faschismus begann nicht erst mit dem Zweiten
Weltkrieg. Die deutschen Freiwilligen im spanischen
Bürgerkrieg waren Teil des antifaschistischen Wider-
standes Deutschlands.

Mit unserem Antrag wollen wir erreichen, dass dieser
Teil des Widerstandes in die Erinnerungskultur aufge-
nommen wird, dass er endlich wieder Gesicht und
Stimme erhält. Unter den Interbrigadisten waren Kolle-
gen von uns, Abgeordnete des Reichstages und des Bun-
destages. Stellvertretend nenne ich Artur Becker, Fritz
Kahmann, Peter Blachstein, Gustav Gundelach und
Willy Brandt. Ich schlage vor, dass sich der Ältestenrat
des Bundestages damit beschäftigt, ob nicht auch in die-
sem Parlament eine Ehrentafel an diejenigen Menschen
erinnern sollte, die ihr Leben gegen den Faschismus in
Spanien eingesetzt haben.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es geht uns um das Gedenken, um das Denken, um
das Nachdenken. Wir Linken hinterfragen unsere eigene
Geschichte kritisch. Es geht auch darum, die einseitige
Wahrnehmung des spanischen Bürgerkrieges zu kor-
rigieren. Sagen wir es einmal so: Die Republik West hat
eine rechte Schlagseite. Es geht darum, dieses Über-
bleibsel des Kalten Krieges zu korrigieren. Im spani-
schen Bürgerkrieg hatte Deutschland zwei Gesichter:
das der Legion Condor, die Guernica in Schutt und
Asche legte, und das der Interbrigadisten, deren Heimat
vor Madrid war und die diese Heimat gegen den Faschis-
mus verteidigten. Für die einen gab es im Westen nach
1945 Renten; Straßen und Kasernen wurden nach ihnen
benannt. Über die Taten der anderen wurde geschwie-
gen.

Heute bricht der Deutsche Bundestag dieses Schwei-
gen. Damit setzt er auch ein Signal dafür, dass wir nach
der Vereinigung nicht einfach Geschichte West fort-
schreiben und fortschreiben können, sondern dass wir
den Mut haben sollen, eine andere Geschichte, die Ge-

s
s

g
w
D
b
A
w
n
d
d

z
s
B

L

E
t

A
u
D
h
m

G

n
v
d
a
b

(C (D chichte dieses vereinten Deutschlands, auch anders zu chreiben. Ich bitte nicht gerne um irgendetwas; ich bitte schon ar nicht besonders gerne den Bundestag um irgendetas. Aber ich bitte Sie sehr, auch diesem anderen eutschland Ihre Aufmerksamkeit zuzuwenden. Ich itte Sie sehr darum, beizutragen, dass in einer anderen rt und Weise mit unserer Geschichte umgegangen ird. Und ich bitte auch sehr darum, dass wir in einer euen Art und Weise auf unsere Nachbarländer blicken, ass wir zur Kenntnis nehmen, was sich in Spanien unter er Zapatero-Regierung und in Frankreich verändert hat. Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich um Schluss Willy Brandt zitieren. Willy Brandt chrieb 1937, wie wichtig es sei, über den Spanischen ürgerkrieg aufzuklären. Wörtlich: Gelingt uns das in genügendem Maße …, dann wird Einheit einkehren, dann wird Hitler von der spanischen Krankheit nicht mehr genesen. Sicherlich wäre mein Fraktionsvorsitzender Oskar afontaine berufener als ich, Willy Brandt zu zitieren. r steht in seiner Tradition; ich stehe nicht in der Tradiion. (Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Na, na! – Dr. Rainer Stinner [FDP]: Da ist die SPD ganz begeistert!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Lachen bei der CDU/CSU und der FDP)


ber der Begriff der Einheit verbindet Oskar Lafontaine
nd mich in dieser Frage. Ich bitte Sie sehr, dass wir als
eutscher Bundestag deutlich machen: Geschichtlich
at Brandt über Hitler, hat Demokratie über den Faschis-
us gesiegt. Auch das haben wir heute zu verteidigen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605513300

Nun erteile ich das Wort dem Kollegen Manfred

rund, CDU/CSU-Fraktion.


(Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Die SPD hat auf ihren Redebeitrag verzichtet! – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Das hat Willy Brandt nicht verdient! – Dr. Rainer Stinner [FDP], zur SPD gewandt: Ihr seid sprachlos! – Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Herr Grund, gleich die SPD mit verteidigen!)



Manfred Grund (CDU):
Rede ID: ID1605513400

Es gibt Umarmungen, gegen die sich Willy Brandt

icht mehr wehren kann. – Frau Präsidentin! Meine sehr
erehrten Damen und Herren! Bei der Vorbereitung auf
iesen Tagesordnungspunkt, bei der Wiederannäherung
n das Thema „Internationale Brigaden in Spanien“ ha-
en in der DDR sozialisierte Bundesbürger Bilder vor






(A) )



(B) )


Manfred Grund
Augen, die noch von einer sehr einseitigen und verklä-
renden Geschichtsbetrachtung geprägt sind und die
sich auch im Antrag der Linksfraktion wiederfinden, so
das Bild von den Antifaschisten aus der ganzen Welt, die
für die Rechte des spanischen Volkes und seiner demo-
kratisch gewählten Regierung unter dem Satz „Für eure
und unsere Freiheit!“ kämpften.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Richtig!)


Unter den deutschen Freiwilligen werden im Antrag
unter anderem Hans Beimler und Willy Brandt nament-
lich erwähnt. Zu beiden wäre etwas anzumerken, aber
auch zu den im Antrag nicht erwähnten Spanienkämp-
fern Wilhelm Zaisser und Erich Mielke.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Da sehen Sie mal!)


Denn der Antrag der Linken, Herr Kollege Gehrcke, ist
Teil einer Legendenbildung, die sich der Deutsche Bun-
destag in dieser Einseitigkeit nicht zu Eigen machen
sollte.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Das im Antrag gezeichnete Bild folgt dem in der
DDR gepflegten Erbe der Spanienkämpfer, freilich auch
in der charakteristischen Einseitigkeit, durch die sich
kommunistische Historiengemälde auszeichnen. Die
Rolle der Kommunisten wird im Stil einer Heiligenle-
gende geschildert, politisch unliebsame Einzelpersonen
oder Ereignisse werden totgeschwiegen und ausgeblen-
det.

Die Internationalen Brigaden waren von der Komin-
tern rekrutierte und ausgebildete Freiwilligenverbände,
die im spanischen Bürgerkrieg an der Seite der gewähl-
ten spanischen Regierung gegen die von Franco ange-
führten aufständischen Verbände kämpften.


(Widerspruch bei der LINKEN – Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Die einen sind die gewählte Regierung, die anderen die Aufständischen! – Weitere Zurufe von der LINKEN)


– Es waren Freiwillige, die im Auftrag der spanischen
Regierung gegen die von Franco geführten aufständi-
schen Verbände gekämpft haben. Was ist daran falsch,
Kollege Ramelow?


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: War das nicht ein Militärputsch?)


Mehr als die Hälfte der insgesamt circa 40 000 Inter-
brigadisten kam im Zuge der Kampfhandlungen ums Le-
ben. Viele kamen im Zuge der stalinistischen Säube-
rungen ums Leben; denn ein sehr dunkles Kapitel der
Interbrigaden sind die stalinistischen Säuberungen, bei
denen die Internationalen Brigaden Opfer und Täter wa-
ren.

Zu Anfang waren die Interbrigaden noch eine Samm-
lung von Antifaschisten unterschiedlicher politischer
und religiöser Einstellungen. Mit der Zeit wurden sie
aber durch materielle und vor allem ideologische Auf-

r
s

I
s
S
A
F
E
c
l
L

e
g
M
n
D
P
s
d

z
B
j
e

s
s
F
B
l
t
s
n
A

p
d
d
K
h

d

(C (D üstung durch die Sowjetunion zu einem außenpolitichen Werkzeug Stalins. n den Schützengräben Spaniens wiederholten sich die talinistischen Säuberungen der Jahre 1937 und 1938. talinisten klagten gegen so genannte Linksabweichler, narchisten und Trotzkisten wegen Feigheit vor dem eind oder Abweichlertum. Nicht selten führte das am nde zur Exekution. Spionage und Personenüberwahungen waren an der Tagesordnung. In den Truppenteien arbeitete ein Netz von Agenten. Es wurden schwarze isten geführt. Für die Überwachung der deutschsprachigen Spaninkämpfer scheint zeitweilig Wilhelm Zaisser zuständig ewesen sein. Ein enger Mitarbeiter Zaissers war Erich ielke. Beide avancierten später zu Staatssicherheitsmi istern der DDR. Zaisser wurde beschuldigt, Anfang ezember 1936 die Erschießung politisch unliebsamer ersonen veranlasst zu haben. Über Erich Mielke chreibt Wolf Biermann in seiner „Ballade von den verorbenen Greisen“: Hey Mielke, du warst ein Spanienkämpfer? Ich glaube dir nichts, du warst privilegiert Wir wissen, du hast die Trotzkisten und andre Genossen feig hinter der Front liquidiert Willy Brandt – er wurde bereits erwähnt –, der sich eitweilig als Vertreter der linkssozialistischen SAP in arcelona aufgehalten hatte, entging der im Früh ahr 1937 einsetzenden Verhaftungswelle dadurch, dass r Spanien rechtzeitig verließ. Am nördlichen Stadtrand von Madrid fiel bei der Inpektion eines Frontabschnitts der bei den einfachen deutchen Interbrigadisten beliebte, von der offiziellen KPDührung aber beargwöhnte Politkommissar Hans eimler. Bis heute ist unklar, ob Hans Beimler einer sta inistischen Säuberung zum Opfer gefallen ist. Eine Verraute Beimlers sprach von einem Mord seitens des owjetischen Geheimdienstes GPU. Das Kapitel der Geossenmorde wurde und wird bis heute – auch in Ihrem ntrag – verschwiegen. Es ist die Einseitigkeit des Geschichtsbildes, die eine arlamentarische Auseinandersetzung mit dem Antrag er Linksfraktion erschwert. Nichtsdestotrotz wird in en Ausschussberatungen über den geschichtlichen ontext zu reden sein. Das, was tatsächlich angemessen erausgestellt werden muss, wird zu würdigen sein. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP – Bodo Ramelow [DIE LINKE]: Das ist doch genauso einseitig, wie die Legion Condor einfach wegzulassen!)


(Widerspruch bei der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605513500

Das Wort hat nun der Kollege Dr. Rainer Stinner für

ie FDP-Fraktion.






(A) )



(B) )


Dr. Rainer Stinner (FDP):
Rede ID: ID1605513600

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

legen! Ich bin der Fraktion Die Linke für diesen Antrag
sehr dankbar; denn dieser Antrag zeigt in aller Deutlich-
keit, mit welcher Heuchelei, Unseriosität und Doppel-
züngigkeit sie hier im Deutschen Bundestag ihre Politik
betreibt.

Die Fraktion Die Linke fordert uns in ihrem Antrag
auf, den Einsatz deutscher Freiwilliger im spanischen
Bürgerkrieg zu würdigen – das erstaunt –; denn das,
was vor 70 Jahren – ich zitiere – „ein wichtiger Beitrag
im Kampf für die Verteidigung demokratischer Werte“
war, bezeichnet die gleiche Fraktion heutzutage als Ter-
rorismus.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das ist unverschämt!)


Meine Damen und Herren von der Fraktion Die Linke,
Sie müssen sich entscheiden: Sind kriegerische Mittel
grundsätzlich nicht erlaubt oder nur selektiv?


(Zurufe von der LINKEN)


Wenn Sie militärische Einsätze im Deutschen Bun-
destag grundsätzlich ablehnen, dann muss das auch für
die Vergangenheit gelten. Oder Sie geben zu, dass es
sinnvolle militärische Einsätze gibt und weniger sinn-
volle. Diese Diskussion können Sie auch durch Zwi-
schenrufe und noch so große Erregung nicht vom Tisch
wischen. Dieser Diskussion müssen Sie sich stellen.

Sie argumentieren heute im Gegensatz zu gestern und
letzter Woche völlig anders; das passt hinten und vorne
nicht zusammen. Wir erwarten von Ihnen, dass Sie end-
lich einmal eine kohärente Politik betreiben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Gregor Gysi hat am 19. September dieses Jahres an
dieser Stelle gesagt:

Krieg ist eine Höchstform von Terror und mittels
Terror kann man Terror nicht wirksam bekämpfen.

Das Protokoll vermerkt anschließend Beifall bei Ihnen.
Sie haben geklatscht. Heute sollten Sie zu diesem Beifall
stehen. Ist Krieg immer Terror? Dann gilt das natürlich
auch für den Krieg von damals, den Sie befürworten.
Das müssen Sie sich klar machen.


(Widerspruch bei der LINKEN)


Sie müssen sich entscheiden. Ich weiß, dass Ihnen das
nicht gefallen kann. Das ist völlig klar. Wenn zwischen
Ihren Argumenten der letzten Tage und denen von heute
eine solch große Diskrepanz herrscht, dann kann Ihnen
das nicht gefallen. Das würde auch mir nicht gefallen.

Wenn ich mir die Reden der Kollegin Knoche von ges-
tern und letzter Woche zum Afghanistaneinsatz vor Au-
gen führe, komme ich zu dem Ergebnis, dass Ihre Frak-
tion vor 70 Jahren, wenn es sie damals schon gegeben
hätte, den sofortigen Abzug aller freiwilligen Truppen
hätte fordern müssen. Sie hätten Rechtsstaatsbildung,
Wirtschaftshilfe und die Beachtung von Menschenrech-
ten fordern müssen, natürlich – wie immer bei Ihnen –
ohne jede konkrete Möglichkeit zur Verwirklichung der

F
B

S
s
k
l

K

R
s
d
D


h
d
z
7
M
s

s
g
s
g
b

t
f
P
d
D

I
P
e


b
H
d

i
d
g
p

(C (D orderungen. Diesem Dilemma stehen Sie hier in der undesrepublik Deutschland gegenüber. ie sind sehr gut darin, populistische Forderungen zu tellen. In der Realität sind Sie jedenfalls nicht angeommen. Das müssen wir hier sehr deutlich sagen. Reaistisch umsetzbare Strategien haben Sie nicht. Herr Kollege gestatten Sie eine Zwischenfrage des ollegen Gehrcke? Nein. Oskar Lafontaine – da oben sitzt er – hat in seiner ede hier definiert: Terrorismus ist das Töten von Menchen zum Erreichen politischer Ziele. Herr Gehrcke, as ist die Definition von Oskar Lafontaine hier im eutschen Bundestag. (Zuruf von der LINKEN: Sie haben das „unschuldige“ weggelassen! Sie haben falsch zitiert!)


(Widerspruch bei der LINKEN)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605513700
Dr. Rainer Stinner (FDP):
Rede ID: ID1605513800

Sie definieren das so. Wenn Sie dazu wenigstens ste-
en würden. Das wäre ja in Ordnung. Sie lehnen hier
och jeden militärischen Einsatz ab. Für Sie gibt es heut-
utage keinen sinnvollen militärischen Einsatz. Aber vor
0 Jahren in der goldenen Vergangenheit gab es ihn Ihrer
einung nach. Das ist unaufrichtig. Das müssen wir hier

ehr deutlich sagen.
Sie sind heutzutage zu keiner Abwägung bereit. Wir

tehen bei jedem einzelnen Einsatz vor einer schwieri-
en Gewissensfrage. Wir wägen alles ab. Manchmal
timmen wir zu und manchmal eben nicht. Zu dieser
rundsätzlich realitätsbezogenen Politik sind Sie nicht
ereit.

Ich persönlich, obwohl ich die Meinung von Pazifis-
en nicht teile, habe großen Respekt vor wirklichen Pazi-
isten, gerade deshalb, weil es eine sehr hochmoralische
osition ist, die so wahnsinnig schwierig in der Realität
urchzuhalten ist, was Pazifisten immer wieder merken.
iese Position teile ich nicht; aber ich respektiere sie.


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Wann sagen Sie etwas zum Antrag?)


hre Position kann ich jedoch nicht respektieren und Ihre
artei auch nicht. Sie bedienen sich im Pazifismus wie in
inem Gemischtwarenladen.


(Widerspruch bei der LINKEN)

Das kann Ihnen nicht gefallen; das finde ich gut. Ich
in Ihnen dankbar und freue mich über Ihre Resonanz.
erzlichen Dank. Machen Sie so weiter! Ich freue mich
arüber. Danke schön.

Ihre Widersprüchlichkeit können Sie so nicht weiter
m Deutschen Bundestag betreiben. Sie wird Tag für Tag
eutlicher. Ein vielleicht nicht einmal schlechtes Anlie-
en wird so durch die, die es hier vertreten, völlig kom-
romittiert. Wir werden Ihrem Antrag nicht zustimmen.

Vielen Dank.






(A) )



(B) )


Dr. Rainer Stinner

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Zuruf von der LINKEN: Das wundert mich überhaupt nicht!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605513900

Das Wort zu einer Kurzintervention hat nun Herr Kol-

lege Gehrcke.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Jetzt machen Sie es nicht noch schlimmer!)



Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605514000

Es gibt ja immer noch Steigerungsmöglichkeiten.

Ich finde, dass Herr Stinner einen Anspruch darauf
hat, relativ rasch eine Reaktion auf seine Rede zu erhal-
ten.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Seine Argumente waren ja zu erwarten.

Ich bitte Sie darum, mit mir gemeinsam über Folgen-
des nachzudenken: Warum sind diese Freiwilligen nach
Spanien gegangen? Die ganzen geschichtlichen Bemer-
kungen – ich weiche denen nicht aus – machen das Op-
fer, das sie gebracht haben, und ihre Entschlossenheit,
Herr Grund, noch viel größer. Sie waren in einer ge-
schichtlich schwierigen Situation. Sie mussten sich ent-
scheiden. Sie sind nach Spanien gegangen, um die De-
mokratie gegen den Faschismus zu verteidigen.


(Beifall bei der LINKEN)


Es waren Freiwillige, die nach Spanien gegangen
sind. Sie haben sich entschieden, mit der Waffe – auch
das darf nicht verschwiegen werden – zu kämpfen.

Jetzt komme ich auf die Unterschiede zu heute zu
sprechen. Ein Argument unserer Fraktion – das können
wir beweisen – lautet, dass zwar immer mehr Militärein-
sätze mit dem Einsatz für die Menschenrechte begründet
werden, dass aber tatsächlich Öl, Erdgas oder andere In-
teressen im Mittelpunkt stehen.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Genau! Das hat selbst der Verteidigungsminister gesagt!)


Darüber hinaus geht es heutzutage – das lässt sich an
vielen Beispielen belegen – um den Einsatz von Ar-
meen, nicht um das Engagement von Freiwilligen. Zu-
dem muss man zur Kenntnis nehmen, dass die Zeit eine
andere geworden ist. Beispielsweise bin ich heute fest
davon überzeugt – das gilt für die Linke insgesamt als
Paradigmenwechsel; das gebe ich zu –, dass politische
Probleme nicht mit Gewalt und Bürgerkrieg zu lösen
sind.


(Beifall bei der LINKEN)


Einer Debatte gehen Sie immer aus dem Weg: Wir
brauchen andere Regulierungsmechanismen. Daher frage
ich: Warum eigentlich werden die Vereinten Nationen
nicht mit einer ständigen, unter dem Kommando ihres
Generalsekretärs stehenden Polizeitruppe ausgerüstet,


(Beifall bei der LINKEN)


d
H
m
w
d
n

n
v
s
d
s

f
h
A
w
n
u
d
t
A
h
n
e

l
g
J
s
D
f
n
a
s
s

n

u
a
g
d
w
K
g
L
g

(C (D amit sie endlich selbstständig handeln können und das andeln nicht an die Mächtigen übertragen müssen? Wir üssen die Vereinten Nationen handlungsfähig machen, eil Gewalt als Mittel der Politik ausscheidet. Über iese Fragen müssen wir uns verständigen, wenn wir icht immer wieder in Militäreinsätze geraten wollen. Herr Kollege Stinner. Herr Gehrcke, Sie haben sicherlich zur Kenntnis ge ommen – zumindest hoffe ich das –, dass ich die Motiation derjenigen, die damals nach Spanien gegangen ind, in meiner Rede in keiner Weise angezweifelt bzw. ass ich diese Personen nicht diskreditiert habe. Ich repektiere ihre Motivationslage völlig. Meine Argumentation allerdings gründet auf den Erahrungen vom September des Jahres 2006. Denn auch eute, sehr geehrter Herr Gehrcke, müssen wir wichtige bwägungen vornehmen. Die Frau Kollegin Knoche ar dabei – vielleicht waren noch einige andere von Ihen anwesend –, als 20 afghanische Parlamentarierinnen ns deutschen Parlamentariern auf unglaublich einrucksvolle Art und Weise die folgenden zwei Botschafen auf den Weg gegeben haben: Bleibt auf jeden Fall in fghanistan, geht aber um Gottes willen anders als biser vor! Auch die Kollegin Knoche hat das gehört. Denoch hielt sie nur wenige Tage später hier im Bundestag ine Nullachtfünfzehn-Wischiwaschi-Rede. Lieber Kollege Gehrcke, wir müssen auch diese deutichen Botschaften vom September 2006 berücksichtien. Sie können doch nicht nur die Botschaften der ahre 1936 bis 1939, sondern Sie müssen auch die Botchaften des heutigen Tages zur Kenntnis nehmen. urch meine Argumentation habe ich den Spanienkämp ern in keiner Weise den Respekt versagt; das würde ich iemals tun. Ich habe lediglich auf die aktuelle Situation bgestellt und nachgewiesen, dass Ihre heutige Diskusionsgrundlage und Ihre heutige Politik völlig widerprüchlich sind. Das wird hier wieder einmal deutlich. Das Wort zu einer persönlichen Erklärung erteile ich un der Kollegin Knoche. Eine kurze Erwiderung, Herr Stinner: Es ist nahezu nverschämt, was Sie sich hier erlauben. Sie selbst sind, ls wir die Gespräche mit den Frauen aus Afghanistan eführt haben, vorzeitig gegangen. In den Gesprächen, ie wir später intern unter Frauen weitergeführt haben, urde deutlich, dass die Frauen aus Afghanistan große lage führen und den fortdauernden militärischen Anriff sowie insbesondere die Operation im Süden des andes – dort ist übrigens die Frauenbeauftragte zu Tode ekommen – eindeutig verurteilen. Wie kommen Sie Monika Knoche dazu, mir Unredlichkeit zu unterstellen? Ihr Verhalten als Parlamentarier ist ungeheuerlich. (Beifall bei der LINKEN – Dr. Rainer Stinner finde ich das Anliegen der Linkspartei, dass wir Deutsche und wir als Deutscher Bundestag der Menschen, die damals für Europa, für die Demokratie gestritten haben, [FDP]: Das stimmt nicht! Da hat sie gelogen! Ich war bei den Gesprächen vom Anfang bis zum Ende dabei! – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Eine vollkommene Falschdarstellung! Das ist unglaublich!)


(Beifall bei der LINKEN)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605514100
Dr. Rainer Stinner (FDP):
Rede ID: ID1605514200

(Beifall bei der FDP)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605514300
Monika Knoche (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605514400




(A) (C)


(B) )



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605514500

Eine Erwiderung auf eine persönliche Erklärung im

Plenum ist nicht üblich.


(Dr. Rainer Stinner [FDP]: Darf ich dann auch eine persönliche Erklärung abgeben?)


– Wenn auch Sie in einigen Sätzen eine persönliche Er-
klärung abgeben wollen, dann gebe ich Ihnen gerne das
Wort, aber wirklich nur zu einer persönlichen Erklärung.


Dr. Rainer Stinner (FDP):
Rede ID: ID1605514600

Frau Kollegin Knoche, Sie haben die Unwahrheit ge-

sagt. Ich habe die Sitzung mit den afghanischen Parla-
mentarierinnen im Verteidigungsausschuss persönlich
geleitet. Ich war bei dieser Sitzung von der ersten bis zur
letzten Sekunde anwesend.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Tja, so ist das mit der Wahrheit! Das ist das Problem von Teilwahrnehmung!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605514700

Sie werden im Ausschuss Gelegenheit haben, diesen

Dialog und die weiteren Gespräche fortzusetzen.

Ich erteile nun das Wort als letztem Redner in dieser
Debatte dem Kollegen Jürgen Trittin, Fraktion Bündnis
90/Die Grünen.


Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605514800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei al-

lem Respekt vor den Argumenten aller Seiten muss ich
sagen: Ich weiß nicht, ob wir denjenigen, die damals als
Europäer – das sollten wir uns klar machen – versucht
haben, den Putsch eines Militärs gegen eine demokra-
tisch gewählte Regierung zu verhindern, mit dieser Form
der Debatte gerecht werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Ich sage das mit allem Nachdruck, weil wir uns in der al-
ten Bundesrepublik Deutschland lange schwer damit ge-
tan haben, mit diesem Teil der Geschichte umzugehen,
wie die Debatten über das Jagdgeschwader, das nach
Herrn Mölders benannt war, und über die Legion Condor
zeigen. Bis in die jüngste Vergangenheit haben wir ver-
sucht, dieses ein ganzes Stück aufzuarbeiten. Deswegen

g
S
w

s
t
d
g
n
m
d
k
d
K
d
t
f
w

S
m
e
u
k
k
t
g

D
te
w
s
s
s

S

d

a

(D edenken, erst einmal richtig; das will ich an dieser telle ausdrücklich sagen. Dieses Grundanliegen sollten ir ernst nehmen und unterstützen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Dazu gehört aber die Betrachtung der ganzen Ge-
chichte, nicht nur der Beteiligung Deutscher an faschis-
ischen Verbrechen wie in Guernica. Dazu gehört ebenso
ie Feststellung: Ja, diejenigen, die als Freiwillige dort
ekämpft haben, waren nicht alle Demokraten und
icht immer ist dieser Kampf für die Demokratie mit de-
okratischen und rechtsstaatlichen Mitteln geführt wor-

en. Das müssen wir mit aufarbeiten, wenn wir geden-
en wollen. Es gibt durchaus Geschichtswissenschaftler,
ie sagen, dass die Schwächung der republikanischen
räfte vor Madrid viel damit zu tun hat, dass innerhalb
ieser Brigaden durch die von der Komintern verwende-
en Methoden des Stalinismus die Kräfte des Kampfes
ür die Demokratie, diese Stadt zu halten, geschwächt
urden.

Deswegen rate ich uns allen: Versuchen wir, in dieser
ituation den Respekt vor denjenigen, die da für die De-
okratie, für Europa gekämpft haben, zu verknüpfen mit

iner Betrachtung der Geschichte, die auch die grauen
nd die schwarzen Seiten dieses Kampfes für die Demo-
ratie erhellt und aufzeigt. Ich denke, in diesem Sinne
önnen wir deutschen Parlamentarier, wie in diesem An-
rag gefordert, derjenigen, die für die Demokratie dort
estorben sind, ernsthaft gedenken.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der FDP und der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605514900

Ich schließe nun die Aussprache.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
rucksache 16/2679 an die in der Tagesordnung aufgeführ-
n Ausschüsse vorgeschlagen, wobei die Federführung ab-
eichend von der Tagesordnung beim Auswärtigen Aus-

chuss liegen soll. Sind Sie damit einverstanden? – Ich
ehe, das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so be-
chlossen.

Damit, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind wir am
chluss unserer heutigen Tagesordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf Mittwoch, den 18. Oktober, 13 Uhr, ein.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende und eine
ngenehme sitzungsfreie Zeit.

Die Sitzung ist geschlossen.