Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist
eröffnet.
Es hat soeben eine Besprechung der Geschäftsführer
stattgefunden. Das Ergebnis dieser Besprechung möchte
ich Ihnen mitteilen – das ist auch die Begründung dafür,
warum die ursprünglich für heute zur Beratung vorgese-
henen Tagesordnungspunkte 1 und 2 von der Tagesord-
nung abgesetzt worden sind –: Da die Verhandlungen
über die Friedensregelungen für das Kosovo noch an-
dauern, haben sich die Fraktionen darauf verständigt,
den Kosovo-Antrag der Bundesregierung heute noch
nicht zu behandeln. Es ist vorgesehen, den Bundestag
hierzu für morgen, Freitag, 9 Uhr einzuberufen. Heute
sollen die Ausschüsse auf der Grundlage des an sie
überwiesenen Antrags auf Drucksache 14/1111 beraten.
Nach dem Kabinettsbeschluß über einen geänderten
Antrag soll dieser dann morgen formell an die Aus-
schüsse überwiesen werden. Danach wird das Plenum
unterbrochen werden.
Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 3 auf:
Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktion der CDU/CSU
Haltung der Bundesregierung über die be-
kanntgewordenen Pläne des Bundesarbeitsmi-
nisters, die Rentenanpassung für die Jahre
2000 und 2001 zu halbieren, und zu der beab-
sichtigten Neuregelung zum Schlechtwettergeld
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst
der Abgeordnete Norbert Blüm.
Frau Präsidentin!Meine Damen und Herren! Eigentlich hatte ich nachdem ungeschriebenen Gesetz, daß sich der Nachfolgererst positionieren muß, vor,
mich im sozialpolitischen Bereich ein Jahr zurückzu-halten. Das, was jetzt bekanntgeworden ist, hält michallerdings nicht auf dem Stuhl. Was macht ihr mit denRentnern?
Das wollen wir vor dem Wahltag am nächsten Sonntagund nicht danach erfahren.
Es kommt zu einer Halbierung bzw. zu einer Ausset-zung der Rentenanpassung. Wenn im nächsten Jahr eineLohnerhöhung um netto 3 Prozent der Maßstab ist, dannbedeutet das eine Rentenerhöhung um 1,5 Prozent, alsoeine Halbierung der Rentenanpassung. Was haben Sie,meine Damen und Herren, gesagt – mein Gedächtnis istgut –, als wir unsere demographische Formel eingeführthaben? Da ging es um 0,5 Prozent. Da haben Sie vonKahlschlag, von sozialer Kälte und von Rentenram-ponierung gesprochen. Wenn schon die Kürzung derRentenanpassung um 0,5 Prozent ein Kahlschlag ist, wieist das dann bei 1,5 Prozent?
Der Unterschied ist: Wir konnten mit einer demogra-phischen Formel begründen, warum die Rentenanpas-sung gedämpft wird: aus Gründen der Generationenge-rechtigkeit. Das war eine systematische Antwort. EineHalbierung der Rentenanpassung ist eine Rente nachKassenlage, ist eine Willkürrente, ist eine Rente à laHonecker. So weit sind Sie gekommen!
Wir haben in den 16 Jahren unserer Regierungszeitvieles durchsetzen müssen. Aber Sie werden keineMaßnahme finden, die nicht systematisch strukturell be-gründet war. Ihre Maßnahme ist ohne Sinn und Ver-stand, ohne Hand und Fuß und ohne Kopf. Ein Torso hatmehr Glieder als Ihre Rentenpolitik.
Jetzt verstehe ich auch, warum Herr Hombach gesagthat, das soziale Netz müsse zu einem Trampolin werden:Ihr laßt die Rentenversicherung hüpfen, ihr stellt dieRentner aufs Trampolin. Das ist nicht unsere Sozialpoli-
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tik. Sozialpolitik muß berechenbar sein, sie muß kalku-lierbar sein, sie muß verläßlich sein.
Die kleinen Renten sollen aufgestockt werden. Damiterwischt ihr die Falschen! Nicht jeder kleine Rentner istein armer Mann oder eine arme Frau, wenn er oder siewenige Beitragsjahre hat. Oder wollt ihr 10 MillionenRentner durch die Bedürfnisprüfungsanstalt mahlen undfragen, ob sie ein Haus haben oder nicht? Das haben dieArbeiter, die ein Leben lang gearbeitet haben, nicht ver-dient; sie müssen sich nicht rechtfertigen.
Wenn Sie eine Feuerversicherung abschließen, wird imBrandfall auch nicht gefragt, ob Sie noch ein Haus ha-ben, sondern Sie bekommen Ihre Versicherungssumme.Wer ein Leben lang gearbeitet hat, der wird nicht ge-fragt, ob er noch ein Haus hat oder ob er bedürftig ist,sondern der bekommt dann eine anständige Rente. Dasist unsere Rentenpolitik, nicht diese gönnerhafte Politik,die Sie betreiben.
Habt ihr euch von der Arbeiterbewegung schon so weitentfernt, daß ihr die Malocher vergessen habt, die einLeben lang geschafft haben?
Die Arbeitslosen sollen rasiert werden. Die Bundes-anstalt zahlt den Beitrag nicht mehr von 80 Prozent desBruttolohns
– ja, so konkret ist die Sozialpolitik –, sondern nur nochvom Arbeitslosengeld. Das ist eine Halbierung. Sieschaffen sich mit dieser Politik die Voraussetzungen füreine bedürfnisorientierte Grundrente. Sie schaffen da-durch Armut.
Erst ramponieren Sie den Wagen, und dann kommen Sieals Unfallhilfe. Laßt die Rentenversicherung in Ruhe,dann braucht ihr das nicht zu machen!
Zum Schlechtwettergeld nur soviel: Als Beispiel fürein „kleines Bündnis für Arbeit“ wollen wir uns einmaldas Beispiel des Kollegen Wiesehügel ansehen. Die Ar-beitnehmer haben 20 Stunden weniger aufzubringen, dieArbeitgeber 10 Stunden. Das sind zusammen 30 Stun-den. Dafür muß die Bundesanstalt 30 Stunden mehr auf-bringen. Was ist die Lösung? Strukturell hat sich garnichts verändert. Arbeitnehmer und Arbeitgeber habenweniger aufzubringen. Es zahlt die Allgemeinheit: Dassind ebenfalls Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Das istein Taschenspielertrick.
Was mit der linken Hand gegeben wird, wird mit derrechten wieder genommen. Das ist nicht nur ein Ta-schenspielertrick: Es ist Zechprellerei. Ihr bestellt undlaßt andere bezahlen. Das ist nicht unsere Sozialpolitik.
Die Rentner haben noch im Ohr – mein Gedächtnisist hervorragend, unterschätzt mich nicht –, was ihr allesim Wahlkampf gesagt habt.
Herr Kollege
Blüm, fünf Minuten dürfen Sie reden.
Was diese Regie-
rung jetzt aber bei den Rentenanpassungen plan- und
sinnlos vorhat, übertrifft bei weitem das, was wir für
notwendig hielten. Wir konnten unsere Maßnahmen
durch Generationengerechtigkeit begründen. Das, was
die Regierung plant, ist Willkür.
Liebe Kolle-
ginnen und Kollegen, lassen Sie mich die Debatte kurz
unterbrechen. Ich bin gerade darauf hingewiesen wor-
den, daß der Kollege Professor Hornhues heute seinen
60. Geburtstag feiert. Herr Hornhues, ich möchte Ihnen
dazu im Namen des Hauses herzlich gratulieren.
Zur Geschäftsordnung gebe ich jetzt dem Kollegen
Repnik das Wort.
Frau Präsidentin!Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! DerKollege Norbert Blüm hat soeben die große Verunsiche-rung deutlich gemacht, die in der Bevölkerung im Hin-blick auf die Äußerungen des BundesarbeitsministersRiester herrscht.
Herr Riester hat mit einer Reihe von Äußerungen dazubeigetragen, daß wir dieses Thema heute im DeutschenBundestag in dieser Aktuellen Stunde diskutieren.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist der Auffas-sung, daß Herr Riester unbedingt zu seinen ÄußerungenStellung nehmen muß, und zwar heute im Plenum desDeutschen Bundestages.
Nur er ist in der Lage, in dieser Frage, wie wir hoffen,für Klarheit zu sorgen, die Verunsicherung zurückzu-nehmen und Klarheit insbesondere vor den Wahlen amkommenden Sonntag zu schaffen. Deshalb beantragenwir nach § 42 der Geschäftsordnung die Herbeirufungdes Bundesarbeitsministers Riester in diese Sitzung.
Dr. Norbert Blüm
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Ich bin eben
informiert worden, daß die F.D.P.-Fraktion diesen An-
trag unterstützt und nicht extra zur Geschäftsordnung
reden will.
Zur Geschäftsordnung erhält jetzt der Kollege
Schmidt das Wort.
Frau Präsi-
dentin! Meine Damen und Herren! Es ist schon manch-
mal sehr verwunderlich, daß eine durch Zufall auf die
Tagesordnung geratene Aktuelle Stunde stattfindet
und von den Oppositionsparteien auch noch zu einem
solchen Geplänkel genutzt wird. Ich will Sie nur darauf
hinweisen, Herr Repnik und Vertreter der F.D.P., daß
wir eine andere Reihenfolge der heutigen Tagesordnung
verabredet hatten.
– Lassen Sie mich das doch wenigstens begründen! –
Deswegen befindet sich der Arbeitsminister noch in
einer Sitzung der Arbeitsminister des Bundes und der
Länder in Essen. Wir werden jetzt eine Unterbrechung
der Sitzung bis zu dem Zeitpunkt beantragen, da der Ar-
beitsminister hier sein kann. Das können Sie gerne ha-
ben. Dann ist die Sache ausgestanden.
Ich schätze einmal, in zwei Stunden kann der Ar-
beitsminister hier sein.
– Er ist in Essen. Ich kann Ihnen nur sagen, wie lange es
unter Umständen dauert, bis er von Essen hier ist.
Wir beantragen Unterbrechung der Sitzung, bis der
Arbeitsminister hier sein kann.
Zur Ge-
schäftsordnung liegt mir weiter eine Meldung des Kol-
legen Claus vor.
Frau Präsidentin! Meine Da-
men und Herren! Auch die PDS-Fraktion unterstützt den
eingebrachten Antrag, den Arbeitsminister hier zu die-
sem Thema zu hören. Ich will ausdrücklich sagen, Sie
als Koalitionsfraktionen können für das terminliche
Durcheinander, das hier eingetreten ist – das natürlich
viele objektive Ursachen, aber auch Ursachen hat, die
bei Ihnen liegen –, nicht die Opposition verantwortlich
machen. Das wäre zurückzuweisen.
Möglicherweise können wir in einer Verständigung
der Geschäftsführer zum Verfahrensgang noch eine Re-
gelung erzielen. Den Antrag aber, den Arbeitsminister
hier herbeizurufen, unterstützen wir ausdrücklich.
Vielen Dank.
Zur Ge-
schäftsordnung, bitte.
Wenn Sie der Meinung sind, daß Sie den Herrn Minister
zur Unterstützung Ihres Wahlkampfes herzitieren müs-
sen,
dann, kann ich nur sagen, ist das Ihr Recht.
Wir unterstützen den Antrag auf Sitzungsunterbre-
chung und werden dann sicherlich in aller Klarheit vom
Bundesarbeitsminister hören, was er zu sagen hat. Dann
werden wir hier miteinander diskutieren können.
Vielen Dank.
Liebe Kolle-
ginnen und Kollegen, es ist Unterbrechung der Sitzung
beantragt worden. Es ist Parlamentsbrauch, daß dem
auch stattgegeben wird.
Damit unterbreche ich die Sitzung. Der Wiederbeginn
der Sitzung wird Ihnen entsprechend bekanntgegeben.
Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Ich bitte darum, Platz zu nehmen. Die
unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
Bevor wir mit der Tagesordnung fortfahren, darf ich
Sie über das vorgesehene Verfahren zum Kosovo-
Antrag der Regierung noch weiter informieren. Die zu-
ständigen Ausschüsse haben heute nachmittag ab 17.30
Uhr Sitzungen anberaumt. Sie werden jedoch ihre Be-
ratungen erst dann aufnehmen, wenn der erwartete ge-
änderte Antrag der Bundesregierung zugegangen ist.
Wir setzen nun die Aktuelle Stunde fort. Der Bun-
desminister für Arbeit und Sozialordnung ist anwesend.
Damit hat sich der Herbeirufungsantrag erledigt.
Das Wort hat nunmehr der Kollege Klaus Wiesehügel
von der SPD-Fraktion.
Herr Präsident! MeineDamen und Herren! Hier war vorhin viel die Rede da-von, daß man ein gutes Gedächtnis hat. Herr Blüm hat
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mehrfach darauf verwiesen. Ich sage nur ganz deutlich:Auch wir haben ein gutes Gedächtnis. Deswegen mußteeine solche Regelung gemacht werden.
Die Bauarbeiter haben nicht vergessen, NorbertBlüm, welch Schaden angerichtet worden ist, den ichkurz darstellen will. Ich bin aber enttäuscht, oder viel-leicht wächst bei mir auch die Erkenntnis, wenn ich hö-re, daß Sie sagen, daß die Struktur überhaupt nicht ver-ändert worden ist. Das zeigt mir ganz deutlich: Als Siedamals das Schlechtwettergeld gestrichen haben, habenSie nichts begriffen. Jetzt haben Sie immer noch nichtsbegriffen.
Wir haben die Struktur geändert. Wir haben dieStruktur sogar sehr gut geändert,
weil unser Ziel nicht nur die Frage des Schlechtwetter-geldes gewesen ist. Unser Ziel ist es immer gewesen, dieWinterarbeitslosigkeit zu beseitigen. Diese haben wirmit einer solchen gemeinsamen Erklärung wesentlichbesser im Griff.
Die wichtigen Punkte will ich Ihnen einmal kurzschildern. Wir sind in der Lage, über die Tarifvertrags-parteien – so wird es auch im Gesetz stehen – zukünftigdie Sozialversicherungsbeiträge nicht mehr pro ausge-fallener Stunde im Winter direkt zu Lasten der Arbeit-geber in der schwachen Liquiditätszeit zu finanzieren,sondern zu Lasten einer Winterbauumlage, die die Ar-beitgeber gemeinsam finanzieren.
– Ich komme gleich dazu. Warten Sie einen Augenblick.
Wir werden diese Dinge so regeln, daß es jetzt nichtmehr zur Arbeitslosigkeit kommt.
Ein weiterer Punkt. Weil wir bestrebt sind, Arbeits-marktpolitik zu machen, wird zukünftig immer dann,wenn ein Unternehmen, obwohl im Tarifvertrag enthal-ten ist, daß nicht gekündigt werden kann, trotzdem auswitterungsbedingten Gründen kündigt, der Schaden, derder Bundesanstalt dadurch entsteht, ersetzt werden. Diesist ein wirksames und arbeitsmarktpolitisches Element,das Arbeitslosigkeit vermeiden kann.Noch eines. Sie haben nicht nur das Schlechtwetter-geld gestrichen. Sie haben auch dafür gesorgt, daß diegesamte Idee des ganzjährigen Beschäftigens und desWinterbaus endgültig begraben wurde, indem Sie auchdie Winterbauausschüsse abgeschafft haben. DieseWinterbauausschüsse werden wieder eingeführt, unddamit werden wir der Arbeitslosigkeit begegnen.
Sie behaupten, daß sich die Struktur überhaupt nichtgeändert habe. Doch genau in diesem Punkt geht es umStrukturen. Wir werden durch Strukturmaßnahmen undnicht nur durch die Wiedereinführung von Schlechtwet-tergeld die Winterarbeitslosigkeit auf ein Minimum re-duzieren können.
Meine Damen und Herren, die Tarifvertragsparteienam Bau waren immer in der Lage, ihre Probleme zu lö-sen. Sie haben sie auch jetzt wieder lösen können. Eswar aber schwieriger. Es war deswegen so schwierig,weil Sie mit der Streichung des Schlechtwettergeldes dieSozialpartnerschaft am Bau an den Rand des noch Mög-lichen getrieben haben.
Sie sind dafür direkt verantwortlich gewesen.
Weil hier des öfteren gesagt wird, wir hätten das zuLasten Dritter gemacht – ich komme nun zu Ihren Äuße-rungen –, möchte ich Sie bitten, mit mir einmal kurznachzurechnen – soweit Sie das können –: 51 MillionenDM kostet das Ganze.
Jemand, der im Winter arbeitslos wird, kostet pro Monat2 433 DM.
– Hören Sie doch einmal eine Minute zu! – Wenn er dreiMonate arbeitslos ist, kostet das 7 300 DM.
– Wollen Sie nun zuhören und etwas lernen, oder wollenSie reden?
7 000 Arbeitslose weniger bringen schon eine Einspa-rung in Höhe dieser 51 Millionen DM.
– Nun hören Sie auf zu plappern, rechnen Sie einmalnach. Die Dinge sind nämlich positiv geregelt worden,nicht zu Lasten Dritter, sondern zugunsten des Bundes.
Meine Damen und Herren, zum Schluß möchte ichnoch ganz kurz anmerken: Sowohl die 150 000 Arbeit-Klaus Wiesehügel
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nehmer, die sonst jeden Winter arbeitslos wurden, alsauch die Kassen des Bundes werden erheblich entlastet,wenn weitergearbeitet wird. Ganz deutlich sage ich Ih-nen: Sie sollten sich hier nicht beschweren. Sie habendafür gesorgt, daß in der letzten Zeit über 240 000 Bau-arbeiter durch von Ihnen verursachte Strukturverände-rungen ihren Arbeitsplatz auf Dauer verloren haben. Wirsind dabei, dem Baugewerbe wieder eine Zukunft zu ge-ben.
Das Wort für die
CDU/CSU-Fraktion hat der Kollege Peter Rauen.
Herr Präsident! Meinesehr verehrten Damen und Herren! Herr Wiesehügel, ichglaube, Sie wissen gar nicht, was Sie mit dieser neuenRegelung wirklich anrichten.
Ich habe heute morgen vom Hauptverband der Deut-schen Bauindustrie die Vereinbarung erhalten. Im letz-ten Absatz – dort wird erklärt, was jetzt gemacht wird –steht: Aus Äußerungen von Staatssekretär Andres undvon Bundeskanzler Schröder selbst wurde deutlich, daßbei Nichtzustandekommen einer einvernehmlichen Re-gelung die Gewerkschaften gute Chancen haben würden,ihren der SPD-Fraktion bereits vorgelegten Gesetzent-wurf mit einem Schlechtwettergeld ab der ersten Aus-fallstunde im Deutschen Bundestag durchzusetzen.Meine Damen und Herren, denken Sie einen Momentdarüber nach. Hier wurden die Arbeitgeber massiv er-preßt,
einer Regelung zuzustimmen, der sie ohne diesen Er-pressungsversuch niemals zugestimmt hätten.
Ihnen, Herr Wiesehügel, wird das Lachen vergehen,denn durch diese Neuregelung wird die Beschäftigungdeutscher Arbeitnehmer in hohem Maße gefährdet wer-den, und es werden noch mehr deutsche Arbeitnehmerarbeitslos werden.Das Schlechtwettergeld hat die Tarifpartner 25 Jahream Denken gehindert.
Bei den Tarifverhandlungen 1997, die nach der Ab-schaffung des Schlechtwettergeldes im Rahmen des Ar-beitszeitgesetzes und der Änderung der Lohnfortzahlungstattfanden, war es auf Grund moderner tariflicher Re-gelungen möglich – daran haben Sie, Herr Wiesehügel,damals Gott sei Dank mitgewirkt –, die Lohnzusatzko-sten in meinem Betrieb um 20 Prozent zu senken. Ichdarf erinnern: Sie machen mit Ihrem Ökosteuergesetzdie Welt verrückt und erreichen damit ganze 0,4 Pro-zent. Durch ordnungspolitische Maßnahmen und durchtarifliche Vereinbarungen war es 1997 möglich, dieLohnzusatzkosten auf einen Schlag um 20 Prozent zusenken – das 40fache dessen, was Sie mit Ihrer gesam-ten Ökosteuerreform erreichen.Meine Damen und Herren, ich will Ihnen sagen, war-um dies möglich war. In meinem Betrieb haben wir vorzwei Jahren vereinbart, jeweils im Sommer 150 Stundenvorzuarbeiten. Das erarbeitete Geld geht auf ein Konto,und zwar einschließlich der Sozialversicherungsbeiträge.Über dieses Konto verfügen die Geschäftsführung undder Betriebsratsvorsitzende. Das Geld wird im Winterbei schlechter Witterung ausgezahlt. Das hat sich nachanfänglichen Schwierigkeiten hervorragend eingespielt.Unsere Mitarbeiter haben jetzt das ganze Jahr über einEinkommen. Wir haben mit der alten Schlechtwetter-geldregelung überhaupt nichts mehr zu tun.
Wir haben auch die Umlage, für die wir 1,7 Prozenteinzahlen müssen, nicht mehr in Anspruch genommen.Mein Betrieb, Herr Wiesehügel, hat von Mai 1997 bisMai 1999 in diese Winterbauumlage 224 000 DM ein-gezahlt, ohne einen Pfennig davon in Anspruch zu neh-men. Nur deshalb ist die Kasse heute gut gefüllt. Wennnun statt ab der 50. ab der 30. Stunde gezahlt wird unddie Sozialversicherungsbeiträge über die Umlage finan-ziert werden, dann wird die Winterbauumlage sprung-haft steigen müssen. Wir werden bei den Lohnzusatzko-sten eine Mehrbelastung von 5 bis 6 Prozent bekommen.
Sie sollten sich wirklich einmal überlegen, was Sie mitdiesen Änderungen anrichten.Ich muß mich schon sehr wundern, mit welcher Blau-äugigkeit auch die Arbeitgeberverbände davon ausgehen– ich habe es ihnen sehr deutlich gesagt –, die alte Fle-xibilisierung mit 150 Stunden könne noch aufrechter-halten werden. Ich hatte gestern ein Gespräch mit mei-nen Mitarbeitern zu diesem Thema. Die haben klar zuerkennen gegeben, daß sie, wenn es auch für Nichtarbeitwieder Geld gibt, nicht mehr bereit sind, 150 Stundenvorzuarbeiten, wenn sie anschließend nicht dieSchlechtwettergeldregelung in Anspruch nehmen kön-nen.Auch für einen Betrieb, Herr Wiesehügel, wäre es bei224 000 DM noch interessant, flexibel zu reagieren. Inzwei Jahren müßten wir aber wohl 500 000 DM zahlen.Deshalb sagen wir: Wir nehmen lieber ab der 30. Stundedas Schlechtwettergeld in Anspruch – mit der Folge, daßdie Kassen nicht mehr gefüllt sind und die Winterbau-umlage drastisch erhöht werden muß.
Was Sie da tun, ist verantwortungslos hoch drei; ichwill das sehr deutlich sagen.
Wir mittelständische Firmen, die noch deutsche Bauar-beiter beschäftigen, stehen in einem harten Wettbewerb,Klaus Wiesehügel
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überhaupt noch genügend Arbeit für unsere deutschenMitarbeiter zu bekommen. In dieser Situation die Lohn-zusatzkosten so drastisch zu erhöhen ist so unverant-wortlich, wie es unverantwortlicher nicht sein kann.Daß Bundeskanzler Schröder an diesem Erpressungs-versuch mitgewirkt hat, halte ich für höchst bedenklich.Ich wundere mich schon, wie Schröder und Blair unterder Überschrift „Der Weg nach vorne für Europas So-zialdemokraten“ vorschlagen können: Wir müssen un-sere Politik in einem neuen, auf den heutigen Stand ge-brachten wirtschaftlichen Rahmen betreiben, innerhalbdessen der Staat die Wirtschaft nach Kräften fördert,sich aber nie als Ersatz für Wirtschaft betrachtet. DieSteuerfunktion von Märkten muß durch die Politik er-gänzt und verbessert, nicht aber behindert werden.Mit dieser Wiedereinführung des Schlechtwettergel-des wird die Entwicklung von Betrieben und werdenmoderne, flexible Arbeitsformen in höchstem Maße ver-hindert. Das ist ein Rückfall in die Steinzeit.
Sie sollten sich dafür schämen, daß Sie als Führer derGewerkschaften gemeinsam mit Herrn Andres und an-deren die Arbeitgeber so erpreßt haben.
Ich gebe das Wort
der Kollegin Franziska Eichstädt-Bohlig für das Bündnis
90/Die Grünen.
Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Rauen!
Ich glaube, das Gegenteil ist der Fall: Diese Art, das
„Bündnis für Arbeit“ ernst zu nehmen und einen Interes-
senausgleich zwischen den drei Partnern – der Arbeitge-
berseite, der Arbeitnehmerseite und der Gesellschaft all-
gemein, also hier der Arbeitslosenversicherung – zu fin-
den, ist sehr viel besser, als es unter der alten Koalition
gewesen ist. Dies ist ein verantwortliches „Bündnis für
Arbeit“, das diesen Interessenausgleich behutsam orga-
nisiert hat und durchsetzen wird. Ich glaube, wir sollten
sehr stolz darauf sein, daß es mit dieser Regelung gelun-
gen ist, einen Schritt nach vorne zu tun.
Tatsache ist doch, daß wir mit der alten Regelung das
Gegenteil des Gewollten erreicht haben, indem jeweils
zu Silvester bis zu 150 000 Arbeitnehmer im Baubereich
plötzlich arbeitslos wurden. Es war nicht einmal garan-
tiert, daß sie ein Vierteljahr später wieder bei ihrem Ar-
beitgeber auftauchen und weiterarbeiten konnten. Im
Gegenteil ist die Folge gewesen, daß der graue Arbeits-
markt im Baubereich forciert in Anspruch genommen
wurde. Insofern gehen wir jetzt einen guten Schritt hin
zu einer legalen, kontinuierlichen und für die einheimi-
schen Arbeitnehmer funktionierenden Beschäftigung in
der Bauwirtschaft. Darauf sollten wir stolz sein.
Ich möchte noch einmal die wichtigsten Bausteine
der Modifizierung nennen: Die 50 Stunden Vorarbeit der
Arbeitnehmer werden auf 30 Stunden gesenkt. Das
Winterausfallgeld wird bis zur 100. Stunde gezahlt – das
war ein Kompromißangebot an die Arbeitgeberseite –;
dann tritt die Bundesanstalt für Arbeit in Vorlage. Diese
Mischung ist sehr behutsam austariert worden. Ich glau-
be, sie wird wirken und uns helfen, unser Ziel zu errei-
chen, obwohl sie scheinbar eine Mehrbelastung bringt.
Formal ist es richtig, daß die Bundesanstalt für Arbeit
jetzt rechnerisch mit 55 Millionen DM mehr belastet ist.
De facto werden wir damit aber Arbeitslosigkeit am Bau
verhindern und dadurch der Bundesanstalt für Arbeit da-
zu verhelfen, daß sie mit ihren Geldern besser kalkulie-
ren kann und sie diese zur Lösung anderer Probleme im
Bereich der Arbeitslosigkeit einsetzen kann.
Wir sollten auch darüber nachdenken, daß mit der
jetzigen Regelung schleichend immer mehr halblegale
Strukturen im Baubereich entstehen, die keine kontinu-
ierliche Beschäftigung ermöglichen.
Gerade im Baubereich, der momentan für „hire and fire“
sehr sensibel ist, ist es sehr wichtig, daß wir Kontinuität
garantieren.
– Das ist kein Eiertanz. Das ist vielmehr die Situation,
die Sie uns beim Schlechtwettergeld eingebrockt haben.
Wir haben in den letzten zwei Jahren erlebt, wie im Ja-
nuar die Arbeitslosigkeit sprunghaft angestiegen ist. Das
wieder rückgängig zu machen ist eine sehr verantwor-
tungsvolle Aufgabe.
Danke schön.
Es spricht für die
F.D.P.-Fraktion die Kollegin Dr. Irmgard Schwaetzer.
Herr Präsident!Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die F.D.P. freut sichnatürlich, daß Bundeskanzler Kohl jetzt das Programmder F.D.P. – –
– daß Bundeskanzler Schröder jetzt das Programm derF.D.P. übernimmt. – Der alte hat das in der Tat schon anvielen Stellen getan, und wir haben das sehr geschätzt.Aber wir schätzen es natürlich auch, wenn der neueBundeskanzler es übernimmt.Peter Rauen
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Aber das, was Sie jetzt hier in bezug auf dasSchlechtwettergeld debattiert haben, macht doch seinenAnsatz völlig unglaubwürdig. Darin steht nämlich, daßdie Arbeitsmärkte flexibilisiert werden sollen. Was Siehier machen, ist das genaue Gegenteil: Die Flexibilisie-rung haben Sie zurückgedreht.
Wie immer, wenn diese Bundesregierung, Gewerk-schaften und Arbeitgeber sich zusammenraufen, gibt eseinen Kompromiß auf dem kleinsten gemeinsamenNenner, und das ist wie immer der Beitragszahler, indiesem Fall derjenige, der Beiträge an die Bundesanstaltfür Arbeit zahlt.
Deswegen ist diese Schlechtwettergeldregelung über-flüssig; überflüssiger geht es gar nicht. Sie ist ein Rück-schritt.
Der Bundeskanzler hat dies als ein „kleines Bündnisfür Arbeit“ bezeichnet. Wenn das die Konzeption des„Bündnisses für Arbeit“ ist, dann gute Nacht für Bei-trags- und Steuerzahler. Denn sie werden sich daraufeinrichten müssen, daß ein solches Bündnis sie teuer zustehen kommt. Wir werden versuchen, dies zu verhin-dern.
Ich möchte jetzt zum eigentlichen Thema dieser Ak-tuellen Stunde zurückkommen, zu den Rentenplänen derBundesregierung.
In diesem Zusammenhang muß auch ich auf das Papierdes Bundeskanzlers Schröder verweisen. Es ist übrigenswitzig, daß er nach England fahren mußte, um die Plänezur Rentenanpassung zu verkünden. Hier hat er sich dasoffensichtlich nicht getraut.
In diesem Papier ist festgelegt, daß die Sozialversiche-rungssysteme reformiert werden müssen. Wenn Sie daserreichen wollen, dann frage ich, warum Sie zuerst dierichtigen Reformen zurücknehmen, um sie anschließendin einer verschärften und unsozialen Form wieder einzu-führen. Genau das ist es, was Sie jetzt planen.
Es ist schlecht für die Rentner, wenn sie am heutigenTag hören müssen – Sie wollen das gut zwei Tage vorder Europawahl vertuschen –, daß die Haushaltslöcher,die der fahnenflüchtige frühere BundesfinanzministerOskar Lafontaine mit verursacht hat,
jetzt durch eine Halbierung der Rentensteigerungen inden Jahren 2000 und 2001 gestopft werden sollen. Diesist in höchstem Maße unsozial. Dies ist Wählerbetrug.
Die alte Regierung und die sie tragenden Fraktionenhaben einen demographischen Faktor in die Rentenver-sicherung eingeführt. Danach hätten die Rentner mit ei-nem zwar etwas kleineren, aber sicheren und ständigenAnstieg ihrer Renten rechnen können. Das, was Sie jetzteinführen wollen – ich bin ziemlich sicher, daß Sie esauch einführen werden; Sie versuchen das jetzt nur zuvertuschen –, belastet die Rentner deutlich stärker alsalles, was die alte Regierung beschlossen hatte.
Wenn ich mich hier umschaue, dann frage ich mich,wo eigentlich der Kollege Dreßler geblieben ist, der hiermit unübertroffenem Zynismus die alte Bundesregierunggegeißelt hat.
Haben Sie ihn stillgelegt? Was sagt er zu Ihren Renten-plänen?Ich bin sicher, daß die Bundestagswahl im Septemberletzten Jahres auch ein Stückchen durch die Ankündi-gungen der die jetzige Bundesregierung stellenden Par-teien in der Sozialpolitik gewonnen worden ist. Was Siejetzt machen – Sie haben die Neue Mitte mit Ihrem Ge-setz über die 630-Mark-Jobs und über die Scheinselb-ständigkeit sowieso schon vertrieben; diesen Punktmöchte ich festhalten –, ist glatter Wählerbetrug an denRentnern.
Aber gerade die Rentenversicherung braucht Kontinui-tät, Stabilität und Verläßlichkeit. Sie machen das genaueGegenteil.
Das Wort für die
PDS-Fraktion hat der Kollege Dr. Gregor Gysi.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Da-men und Herren! Natürlich war die Beseitigung desSchlechtwettergeldes in der letzten Legislaturperiode ei-ne der traurigsten Entscheidungen der alten Koalition.Durch diese Entscheidung hat sich die soziale LageZehntausender Bauarbeiterinnen und Bauarbeiter in denWintermonaten ganz erheblich verschlechtert. Dadurchgab es sehr viel Unruhe auf den Baustellen. Aber Siehaben auch für sehr viel Unruhe auf den Baustellen ge-sorgt, weil Sie das Prinzip gleicher Lohn für gleiche Ar-beit am gleichen Ort nicht durchgesetzt haben, wohlwissend aller Folgen, die das bekanntlich hatte. InsofernDr. Irmgard Schwaetzer
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ist es selbstverständlich zu begrüßen, wenn die neue Ko-alition eine Regelung zur Wiedereinführung desSchlechtwettergelds vorlegt.Aber ich möchte in diesem Zusammenhang hinzufü-gen, daß die alte Regelung, die beseitigt worden ist, bes-ser war als die, die jetzt eingeführt werden soll, alleinschon deshalb, weil die Bauarbeiter dann, wenn dieBaubetriebe nicht aus witterungsbedingten, sondern ausanderen Gründen kündigen, ihre Überstunden umsonstangesammelt haben. Dann war ihr Ansammeln „fürnaß“. Wenn die jetzt geplante Regelung eingeführt wird,dann befinden sich die Bauarbeiter in dieser Beziehungin derselben Situation wie vorher.
Dennoch bin ich der Meinung, daß es sehr vernünftig ist,das Schlechtwettergeld wieder einzuführen.Ich möchte auf das eigentliche Schwerpunktthemazurückkommen, nämlich auf die Ankündigung IhresMinisteriums, Herr Riester, die Rentensteigerungen imnächsten und übernächsten Jahr zu senken, also dieRenten nicht mehr an die Nettolohnentwicklung anzu-passen. Das bedeutet faktisch immer eine Rentenkür-zung, wenn man sich die Gesamtkostenstrukturent-wicklung in diesem Zusammenhang anschaut.Ich muß Ihnen ehrlich sagen: Das ist nun wirklich einstarkes Stück. Das widerspricht eindeutig allen Wahl-versprechen der SPD vor der Septemberwahl 1998. Siekönnen natürlich sagen, das steht heute noch nicht fest.Ich befürchte, Sie werden auch keine Auskünfte geben,weil Sie sagen, das ist alles noch in der Diskussion undVorbereitung. Aber auch das ist nur die Wiederholungder Fehler, die Sie früher gerügt haben, nämlich vor derWahl nicht die Wahrheit zu sagen. Das ist nicht hin-nehmbar.Sagen Sie heute wenigstens klipp und klar, was Siediesbezüglich vorhaben. Gewinnen oder verlieren Siedie Wahlen, aber gewinnen oder verlieren Sie sie ehrlichund nicht dadurch, daß Sie die Leute vor der Wahl imunklaren lassen, um nach der Wahl die Sparpläne be-kanntzugeben.
Man darf in der Gesellschaft selbstverständlich spa-ren. Man darf das aber nicht bei den Alten tun, die ihreArbeit und ihre Beiträge bereits geleistet haben. Mandarf das nicht bei den Kranken tun und auch nicht beiden Kindern und der Jugend, die die Zukunft bedeuten.Diese müssen ebenso wie Kultur und Bildung Tabube-reiche sein.
Im Dezember 1998 die alte Regierung zu schelten,die Senkung des Rentenniveaus wieder zurückzuneh-men, um im Juni 1999 die Kürzung der Renten für dasnächste Jahr anzukündigen, ist wirklich ein starkesStück. Dann hätten Sie es auch bei der alten Regelunglassen können.
Ich sage Ihnen jetzt, worin der Unterschied bestehtund was die Sache sogar gefährlicher macht. Wir habendie alte Regelung kritisiert – wir werden auch Ihre Vor-schläge ganz deutlich kritisieren. Aber das hatte wenig-stens noch eine gesetzliche Grundlage. Das, was Siejetzt einführen, ist Willkür anstelle einer gesetzlichenGrundlage. Sie wollen Jahr für Jahr entscheiden, umwieviel Sie erhöhen oder nicht erhöhen werden. Dannweiß man, ein Jahr vor der Wahl wird erhöht, und an-schließend wird drei Jahre lang gesenkt. Nein, das gehtnicht, dann ist Berechenbarkeit wichtiger als Willkürund Unberechenbarkeit. Deshalb meine ich, man hättediesen Weg überhaupt nicht gehen dürfen.
Ich sage Ihnen jetzt etwas zu den Plänen zur Renten-senkung, auf die es hinausläuft. Ich habe gehört, auchbei den Arbeitslosen soll gesenkt werden. Es wird im-mer dramatischer. Ich meine, die Leute haben nicht nureinen Regierungswechsel gewählt, sie wollten einen Po-litikwechsel. Sie wollten nicht, daß sich der Sozialabbaunoch dramatischer fortsetzt.Ich habe das Papier von Blair und Schröder gelesen.Das ist Neoliberalismus in Reinkultur. Ich verstehe denUrheberrechtsstreit, den die F.D.P. jetzt mit Schröderführen will.
In dem Papier steht kein Satz, den nicht auch Gerhardtund Westerwelle hätten unterschreiben können. Natür-lich sind die jetzt ein wenig sauer, weil sie es schon seitJahren sagen und Schröder es jetzt verkündet. Ein sol-cher Urheberrechtsstreit, befürchte ich, würde zugunstender F.D.P. ausgehen.
Das sagt aber nichts Gutes über die F.D.P., es sagt nuretwas Schlechtes über den Bundeskanzler.
Ich finde es einfach verheerend, wenn der Kanzlerden Sprachgebrauch übernimmt und mit „modern“ Sozi-alabbau und Deregulierung, das heißt, Einschränkungder Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,gleichsetzt.
Ich finde das überhaupt nicht modern. Das Ziel sozialeGerechtigkeit ist nicht verstaubt, sondern ein höchst ak-tuelles, das gerade im nächsten Jahrhundert besonderswichtig wird.Deshalb geht die Entwicklung, die Schröder einge-leitet hat – dabei unterscheidet ihn von Blair nur, daß eres während seiner Regierungszeit macht und nicht vor-Dr. Gregor Gysi
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her in seiner Partei klärt, was ein beachtlicher Unter-schied ist –, wirklich zu weit. Das verletzt auch sozial-demokratische Traditionen in großem Umfang.Ich lese das Ganze als Angebot zur Koalition entwe-der an die CDU oder an die F.D.P. Insofern ist mir auchklar, was in Bremen passiert. Das heißt, daß die in dieserGesellschaft von sozialen Kürzungen Betroffenen in Ih-rer Partei niemanden mehr haben, der ihre Interessenvertritt. Es ist schon eine Veränderung dieser Gesell-schaft, wenn auch die Sozialdemokratie nur noch Sozi-alabbau und Deregulierung fordert.
Das ist der eigentliche Skandal. Deshalb bin ich derMeinung, hier muß mehr Ehrlichkeit her. Es muß gesagtwerden, was man vorhat. Wenn Sie mit neuen Personeneinfach das fortsetzen, was die alte Koalition gemachthat, dann hätte man sich den Regierungswechsel auchschenken können. Das ist nicht das, was die Leute imSeptember 1998 gewählt haben.
Noch etwas ist bedauerlich: Damit verleiht derKanzler der Politik der alten Koalition im nachhinein dieWeihe. Wenn er heute dasselbe verkündet, dann hattedie alte Koalition doch recht.
Aus diesem Widerspruch werden wir Sie nicht entlas-sen. Wir finden: Sie hatten nicht recht, und auch derKanzler hat nicht recht. Das ist der Unterschied zwi-schen uns, und der bleibt auch bestehen.
Ich gebe das Wort
dem Kollegen Andreas Storm, CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! MeineDamen und Herren! Der Bundesarbeitsminister hat inder vergangenen Woche verkündet, er habe dem Bun-desfinanzminister Sparvorschläge in einer Größenord-nung von 12,8 Milliarden DM für das nächste Jahr un-terbreitet. Nun weiß jeder, der die Struktur des Sozial-etats kennt: Dieses Einsparziel ist ohne massive Ein-schnitte bei der Rente bis hin zur Nullrunde nicht er-reichbar. Alle fragen: Wie wird denn nun gekürzt, HerrMinister? – Aber der Sozialminister schweigt.
Am Wochenende wurde bekannt, daß das Arbeitsmi-nisterium eine Halbierung der Rentenanpassung in denbeiden kommenden Jahren vorgeschlagen hat. Detail-lierte Berechnungen wurden vorgelegt. – Aber der So-zialminister schweigt.
Am Montag erklärte der Rentenberater des Bundesar-beitsministers, Professor Rürup, im „Focus“ zu den Plä-nen für eine faktische Aussetzung der Rentenanpassungwörtlich:Ich hoffe nicht, daß die Regierung zu solch einerMaßnahme greift. Ein solcher Schritt würde dasVertrauen in unsere Alterssicherung endgültig zer-stören und die Regierung sozialpolitisch disqualifi-zieren.So weit Ihr Rentenexperte, Herr Riester. – Aber der So-zialminister schweigt.
Am Dienstag erklärte DAG-Vorstandsmitglied LutzFreitag, der auch alternierender Vorstandsvorsitzenderder BfA, mithin des größten Rentenversicherungsträ-gers, ist, eine Halbierung der Nettoanpassung sei sozialunerträglich. Der Grundsatz, daß die Renten mit einjäh-riger Verzögerung dem Zuwachs der Nettolöhne folgen,dürfe nicht fallengelassen werden wie eine heiße Kartof-fel. – Aber der Sozialminister schweigt!
Gestern, lieber Herr Andres, erklärte der Staatssekre-tär im Arbeitsministerium im „ZDF“, diese Einsparun-gen müßten kommen. Bundesfinanzminister Eichel er-gänzt, es werde bei der Rente zwar keine Kürzungen,aber auch nicht immer einen Zuwachs geben. Im Klar-text: Die Bundesregierung kündigt durch die Hintertürdie Rente nach Kassenlage an. – Der Sozialministerschweigt.
Herr Riester, Ihre rentenpolitische Bilanz fällt verhee-rend aus. Drei Akte in nur acht Monaten.
Erster Akt. Der demographische Faktor in der Ren-tenformel wird ausgesetzt, weil die damit verbundeneMinderung der Rentenerhöhung um ein halbes Prozentpro Jahr als untragbar hoch und somit unsozial erklärtwird.Zweiter Akt. Durch die erste Stufe der Ökosteuerzum 1. April wird der Realwert der Renten um 1 Prozentgemindert. VdK-Präsident Walter Hirrlinger hat vorge-rechnet, daß ein Rentnerhaushalt mit 2 000 DM im Mo-nat durch die Preissteigerungen in der Folge der Öko-steuer mit 20 DM monatlich belastet wird. Falls dieRentenanpassung im kommenden Jahr nach Kassenlageerfolgt, hat das zur Folge, daß die Rentner nicht an densich aus der Senkung der Rentenbeiträge ergebendenNettoeinkommenszuwächsen der Arbeitnehmer teilha-Dr. Gregor Gysi
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ben können. Das wäre ganz klar Betrug. Die Rentnermüßten einseitig die Belastungen aus der ökologischenSteuerreform tragen, ohne daß sie von den Entlastungenprofitieren könnten.
Dritter Akt. Eine Halbierung des Rentenanstiegs inden nächsten beiden Jahren hätte eine Kürzung der Lei-stungsansprüche um 3 bis 4 Prozent zur Folge. Mit an-deren Worten: Die dadurch verursachten Einschnitte wä-ren bereits zum Jahresende 2001 höher als bei Beibe-haltung der demographischen Komponente in der Ren-tenformel bis zum Jahre 2005.
Besonders schlimm: Durch die beabsichtigte Rentenach Kassenlage wird nicht nur das Vertrauen in dieRentenpolitik erschüttert. Es wird vor allen Dingen keineinziges der langfristigen strukturellen Probleme derRentenversicherung gelöst. Die Regierung stopft ledig-lich diejenigen Löcher,
die sie durch ihre teuren Wahlversprechen und nichtzuletzt durch die Rücknahme der Reform von NorbertBlüm selbst geschaffen hat. Sie betreiben reine Flick-schusterei. Die Rentner werden bei Ihnen als Spar-schweine mißbraucht.
Durch Tricks und Schönrechnen versucht das Bun-desarbeitsministerium, die wahre Lage der Rentenfinan-zen zu verschleiern. Wir haben schon im März vorge-rechnet, daß wegen der Aussetzung des demographi-schen Faktors und der von Ihnen beschlossenen Steuer-reform der Beitragssatz bereits im übernächsten Jahr auf20 Prozent und bis 2005 auf 21 Prozent steigt.
Was macht der Arbeitsminister? Er greift in die Trick-kiste; er ignoriert bei seinen Berechnungen die Steuerre-form und den Demographiefaktor. Aber ProfessorRürup, Ihr Berater, hat am Montag im „Focus“ die Katzeaus dem Sack gelassen: Ohne Abstriche am Leistungs-niveau werde der Beitragssatz schon nächstes Jahr auf20,5 Prozent steigen. Eine Lücke von 15 Milliarden DMklafft in der Rentenkasse.
Meine Damen und Herren, das riecht nach Rentenlüge.Herr Minister, brechen Sie endlich Ihr Schweigen undsagen Sie den Menschen die Wahrheit! Sonst müssenwir bei der nächsten Rentendebatte die Bilanz ziehen:Erst folgt er dem Walter Arendt. Wann folgt er dem La-fontaine?
Als nächster Rednerspricht für die Bundesregierung der Bundesminister fürArbeit und Sozialordnung, Walter Riester.
Walter Riester, Bundesminister für Arbeit und So-zialordnung: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Da-men und Herren! Ich höre einiges Widersprüchliches.
Von Herrn Gysi – –
– Ich habe gehört, Sie wollen, daß ich hier spreche.
Vom Fraktionsvorsitzenden Gysi höre ich, dasArbeitsministerium hätte verlauten lassen, wo gekürztwerden soll. Dann wird mir mitgeteilt, ein Abgeordnetersei der Auffassung, ich hätte in jüngster Zeit Äußerun-gen gemacht, die erklärungsbedürftig seien. Nun höreich von Herrn Storm: Der Arbeitsminister schweigt.
Ich frage mich, wie Schweigen so erklärungsbedürftigsein kann.In der Tat habe ich mich zu einzelnen möglichen Ge-sichtspunkten der Haushaltskonsolidierung nicht geäu-ßert. Ich will Ihnen auch sagen, warum.
– Ich hoffe, Sie haben daran Interesse. – Ich habe michnicht dazu geäußert, weil ich bis jetzt nur mit dem Fi-nanzminister über mögliche Gesichtspunkte der Haus-haltskonsolidierung gesprochen habe
und weil die Entscheidung darüber am 30. Juni im Ka-binett getroffen wird und ich vorher mit den Regierungs-fraktionen darüber sprechen werde, welche Gesichts-punkte wir angehen.
Was haben wir jetzt erlebt? Ich glaube, es ist für denBürger sehr gut, das einmal nachzuvollziehen: Nachdemder Finanzminister das erste Mal erklärt hat, daß er denAndreas Storm
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Schuldenberg, den Sie während ihrer 16jährigen Amts-zeit angerichtet haben,
bereinigt, indem er die Haushaltskonsolidierung angeht,kam von der Opposition der Aufschrei: Das schafft dernie! Er schafft es nicht, die Schulden abzubauen, die wiraufgebaut haben.
Danach hat die jetzige Regierungsmannschaft erklärt:Wir stehen dazu; wir packen das an. Wir werden dieSchulden nicht weiter steigen lassen. – Dann hatte dieOpposition auf einmal die Erkenntnis, daß es gar nichtmöglich sei zu sparen.
Nun wird Punkt für Punkt in die Diskussion hineinge-schrien; es beginnt eine regelrechte Kampagne. MeinVorgänger, der immer mit dem Spruch, die Renten seiensicher,
geglänzt hat, sagte: Verunsichert mir bitte die Rentnernicht! Eine verlogenere Kampagne habe ich bisher nochnicht erlebt. Denn Sie selbst machen bewußt Stimmungund verunsichern damit die Rentner.
Ich sage Ihnen aber eines: Jedem, der diese Kam-pagne verfolgt, wird zumindest eine Sache ganz klar:Haushaltskonsolidierung und Abbau von Schulden wa-ren noch nie Ihre Sache.
Sie sind selbst heute als Opposition nicht in der Lage –das wäre für mich ein Stück Übernehmen von politi-scher Verantwortung –, bei der Korrektur und dem Ab-bau der strukturellen Schulden mitzuarbeiten, die Sieüber Jahre vor sich hergeschoben haben.
Das wäre das mindeste an politischer Verantwortung,was ich erwarten würde.
Das wäre auch das mindeste, was der Bürger von Ihnenerwarten kann.
Denn zwischenzeitlich sind wir in der Situation, daß je-de vierte Mark im Haushalt wegen des Schuldenberges,den Sie angerichtet haben, für Zinslasten ausgegebenwird.
Weil wir nicht in dieser Form weiter Schulden ma-chen wollen, hat der Finanzminister gesagt: Wir werdenuns der Herausforderung stellen.
Deswegen sage ich Ihnen: Wir werden uns auch in unse-rem Bereich der Herausforderung stellen. Wenn Sie je-doch dokumentieren, daß Sie an keinem einzigen Punktbereit und in der Lage sind zu sparen,
um das abzutragen, was Sie an Schulden aufgetürmt ha-ben, dann zeigen Sie damit dem Bürger, wie unfähig Sieselbst in der Opposition hinsichtlich der Korrektur dieserPunkte sind.
Ich möchte Ihnen zum Abschluß noch folgendes sa-gen: Hören Sie auf mit dieser Argumentation, und zwarnicht aus Fairneß gegenüber der Regierung – das kannman von Ihnen gar nicht erwarten –, sondern aus Fair-neß gegenüber dem Bürger, der einen Anspruch daraufhat, daß er nicht Tag für Tag verunsichert wird.Herzlichen Dank.
Als nächste Redne-
rin spricht für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die
Kollegin Thea Dückert.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen,gerade auch von der CDU/CSU! Ich verstehe sehr gut,daß Sie so wenige Tage vor der Europawahl zu jedemWahlkampfmittel greifen, das Ihnen gerade in die Querekommt.
Bundesminister Walter Riester
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Aber ich werde diese vordergründigen Spekulationenüber den Konsolidierungskurs nicht kommentieren, weilSie hier vordergründigen Wahlkampf betreiben
und weil Sie – das finde ich viel relevanter – mit dieserDebatte jede vernünftige Reformdiskussion schon imVorfeld vergiften.
Noch etwas tun Sie: Sie schüren wieder Ängste bei denalten Menschen.
Es gibt einen guten parlamentarischen Brauch, der dalautet: Lassen wir mal ein bißchen Wasser den Rheinherunterfließen, bevor ein ehemaliger Ressortchef sichhier in eine solche Debatte einmischt. Herr KollegeBlüm, Sie hätten gut daran getan, sich an diesen altenBrauch zu halten.
Ich habe Sie immer als einen seriösen und engagier-ten Streiter für eine Rentenreform erfahren. Was Sie hiergemacht haben, war billiger Populismus,
das war Schüren von Existenzängsten bei den Rentne-rinnen und Rentnern mit der Behauptung einer Renten-kürzung, die Sie selbst in die Welt gesetzt haben und dieSie für Ihre Kampagne hier bemühen.
Sie sind sich nicht einmal zu schade dafür, bezüglich derArbeit unseres Ministers hier einen Honecker-Vergleichaufs Tapet zu bringen.
Ich finde, das entlarvt Sie selbst, und das zeigt, wie we-nig Interesse Sie haben, hier eine reelle Diskussion zuführen.
Wir kennen das schon; das ist das gleiche Muster wiein der Debatte im Frühjahr. Damals haben CDU, CSUund F.D.P. immer wieder behauptet, in diesem Jahrwerde es keine Rentensteigerung geben.
– Sie haben das behauptet. – Das war Ihre Rentenlüge.Das wissen Sie ganz genau. Die Rentenanpassung wirdzum 1. Juli erfolgen. Die Wahrheit ist, daß Sie dieseRentenanpassung verhindern wollten.
Mehr noch: Wir haben die Beitragssätze zur Renten-versicherung am 1. April dieses Jahres gesenkt, nachvielen, vielen Jahren schamloser Steigerungen dieserBeiträge in der Zeit Ihrer Politik.
Wir haben über die Ökosteuer die Möglichkeit gefun-den, hier einen ersten Schritt zu gehen. Wir werden die-sen Weg fortsetzen.
– Ich weiß – das zeigen auch Ihre Zwischenrufe –: Siesind kampagnenwillig, bei jeder Thematik, die Emotio-nen schürt. Das nutzen Sie hier und heute im Angesichtder Europawahl aus.Es ist selbstverständlich richtig – darüber sollten wirmit kühlem Kopf diskutieren –, daß der Konsolidie-rungsbedarf, den Herr Eichel genannt hat, besteht. Ge-nauso richtig ist, daß wir diese Erblast abzubauen haben,weil Sie nicht den Mut hatten, eine Haushaltspolitik zumachen, die die zukünftige Generation nicht belastet,weil Sie nicht den Mut hatten, reale Reformen des Sozi-alstaates anzugehen. Das werden wir ändern.
Jede vierte Mark für die Zinsen, das ist zuviel. Wirwollen einen fairen Ausgleich zwischen den Genera-tionen. Wir wissen, daß die Konsolidierung jedenHaushaltsbereich betreffen wird, auch den Sozialhaus-halt.Wir haben zweierlei zu schultern: erstens den Konso-lidierungsbedarf und zweitens den Bedarf echter Refor-men. Denn das Sozialsystem, das Sie uns hinterlassenhaben, muß so umgestaltet werden, daß es den Heraus-forderungen des nächsten Jahrtausends und den Verän-derungen – zum Beispiel in den Erwerbsbiographien,hinsichtlich der Flexibilität der Lebensläufe, des Ein-und Austritts in Erwerbstätigkeit, in selbständige Tätig-keit – gerecht wird. Für diese Veränderungen haben Sieüberhaupt keine Vorsorge getroffen.Wir werden beides angehen. Wenn wir das bewälti-gen, dann haben wir in diesen Jahren mehr geschafft, alses bei Ihnen je denkbar war, nämlich eine Reform desSozialstaats, die auf die Veränderungen flexibel, mitFinanzierungssicherheit und mit einem fairen sozialenAusgleich reagiert.Das ist das Ziel unserer Politik. Ich sage Ihnen eines:Das werden wir in Ruhe diskutieren. Das lassen wir unsnicht von Ihnen zerreden. Denn wir wissen ganz genau,daß wir gerade für die Rentenreform einen breiten ge-sellschaftlichen Konsens – über die Generationen, überdie Geschlechter und über die unterschiedlichen gesell-schaftlichen Gruppen hinweg – brauchen. Das werdenwir angehen.
Dr. Thea Dückert
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Als nächster Redner
spricht für die CDU/CSU-Fraktion der Kollege Norbert
Blüm.
Herr Präsident!Meine Damen und Herren! Der Arbeitsminister hat seinSchweigen gebrochen – und nichts gesagt.
Herr Arbeitsminister, die Frage läßt sich ganz einfachbeantworten: Planen Sie eine Manipulation der Renten-anpassung? Soll die Rente gekürzt werden, ja oder nein?So einfach ist das.
Diese Frage, Herr Kollege Riester, hätte ich Ihnen in den16 Jahren zu jeder Zeit – im Frühjahr, im Herbst, imWinter, morgens, abends – beantworten können: Zu kei-ner Zeit haben wir die Rentenanpassung manipuliert.
– Sie verwechseln mich mit Ehrenberg; das ist Ihre Tra-dition.
Herr Kollege Riester, Ihre Partei hat einen Wahl-kampf geführt mit der Behauptung, ein besseres Kon-zept zu haben. Neun Monate sind Sie nun im Amt. NeunMonate, verehrte Frau Kollegin, ist Wasser den Rheinheruntergeflossen. Neun Monate haben Sie kein Kon-zept vorgelegt, obwohl Sie im Wahlkampf behauptethaben, das bessere zu haben. Eine Rente, die von jährli-chen Entscheidungen einer Regierung abhängt, die nichtin einen Regelmechanismus eingebaut ist, die nicht ineine – das Jahr überlebende – Gesetzesform gegossenist, ist eine – das wiederhole ich im vollen Bewußtseindessen, was ich sage – Rente à la Honecker. So ist in derDDR Rentenpolitik gemacht worden.
Ganz langsam zum Mitschreiben: Das ist – so wie da-mals in der DDR – eine Willkürrente – Anpassung nachLaune der Regierenden, Anpassung nach Kassenlage.Das hat es in den 16 Jahren unserer Regierungszeit nichtgegeben.
– Sie können natürlich ein Konzept vorlegen, das ande-rer Art ist. Dann diskutieren wir das.Sehr verehrte Frau Kollegin Dückert, Sie sprechendie Verunsicherung in bezug auf die Rente und dieAngst der Rentner an. Seit wann machen Leute, die eineFrage stellen, den Menschen Angst? Angst machen die-jenigen, die keine Antwort geben.
Wir haben nicht nur ein Konzept vorgelegt, sondern sindmit einem Gesetz in den Wahlkampf gegangen – undnicht nur mit Ankündigungen. Dieses Gesetz haben Siezurückgenommen, ohne den Menschen zu sagen, wasSie an die Stelle dieses Gesetzes setzen wollen. Dasnenne ich Verunsicherung. Das nenne ich unsolide Sozi-alpolitik.
Wie kommen Sie zu der Behauptung, wir hätten indiesem Jahr die Anpassung verhindern wollen? Wo ha-ben Sie das her? Ein Blick in die Gesetzeslage – von unsbeschlossen, von Ihnen abgelehnt – beweist, daß diedemographische Formel mit einer Rentenerhöhungs-minderung von 0,5 Prozent gezogen hätte, aber nichteine Minderung der Rentenerhöhung um 1,5 Prozent, al-so eine Halbierung im nächsten Jahr.Das, meine Damen und Herren, haben Sie im Wahl-kampf als Rentenkürzung, als Kaputtschlagen und alsKahlschlag bezeichnet. So haben Sie die Rentner auf dieBarrikaden geschickt. Aber jetzt kommen Sie daher undplanen willkürlich eine Halbierung. Warum planen Sie,Herr Riester, nicht eine Viertelung oder eine Verminde-rung um zwei Drittel, weil die Kassenlage es erfordert?„Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.“ In diesemFall bestrafen Sie die Rentner. Sie bestrafen die Rentner,indem Sie die Reform, die wir gemacht haben, aussetzenund doppelt und dreifach nachholen müssen, was wirmit Augenmaß in einer Rentenreform beschlossen undvor den Wahlen den Wählern gesagt haben.Herr Riester, ich fordere Sie in aller Kollegialitätauf – –
– Ich kann ihn auch als Gewerkschafter auffordern! –Ich bleibe dabei: Das ist eine Rente à la Honecker. Ichhabe nicht gesagt, Herr Riester sei Honecker.Herr Riester, beantworten Sie folgende Frage: Wasbeabsichtigen Sie mit der Anpassung? Soll sie halbiertwerden oder nicht? Beantworten Sie sie vor dem 13. Ju-ni und nicht danach. Die Rentner wollen die Antwort biszum Wahltag wissen.
Das, verehrte Frau Kollegin, hat nichts mit Angstma-chen zu tun, sondern mit Ehrlichkeit und Klarheit.Zur Rentenversicherung. Ich weiß, daß die Bäumenicht in den Himmel wachsen. Was wir in diesem Be-reich brauchen, ist ein verläßliches Regelsystem, dasnicht von den jährlichen Entscheidungen einer Regie-rung oder einer Regierungsmehrheit abhängig ist, einRegelmechanismus, den man berechnen kann, eine de-mographische Formel, die verantwortbar ist. Was wiraber nicht brauchen, ist eine Rente gemäß dem Motto„Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln“. Vorden Wahlen Versprechungen zu machen und diese an-schließend wieder einzukassieren – das nenne ich unso-lide. Herr Riester, ich erwarte von Ihnen, daß Sie in die-ser Diskussion ja oder nein sagen. Soll die Anpassunghalbiert werden, ja oder nein? Das ist die Frage, die wirheute stellen.
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Sie brauchen, um sie zu beantworten, keine Ausflügezur Sparphilosophie zu machen; Sie müssen nicht derganzen Welt erklären, was Sie – nachdem Sie 30 Milli-arden DM mehr ausgegeben haben – nicht alles sparenkönnen. Sie können die Frage mit einem Wort beant-worten: ja oder nein. Das ist die Frage, die heute hier andiesem Pult beantwortet werden muß.
Das Wort für die
SPD-Fraktion hat der Kollege Kurt Bodewig.
Herr Präsident! Liebe Kolle-ginnen und Kollegen! Allein der Titel dieser AktuellenStunde entlarvt Ihr Ziel. Er lautet: Haltung der Bundes-regierung über die bekanntgewordenen Pläne des Bun-desarbeitsministers. – Wem sind sie wo bekanntgewor-den? Das ist reine Spekulation.Kollege Blüm hat soeben nach dem Motto „Blüm –Klappe, die zweite!“ genau das wiederholt, was er inseiner vorherigen Rede in einer Eingangsreflexion ge-sagt hat. Kollege Blüm, Ihrer Ankündigung, daß eineeinjährige Abstinenz manchmal sinnvoll ist, sind Sieheute leider nicht nachgekommen.
Sie hätten gut daran getan, dieser Ankündigung nachzu-kommen. Eines sollten Sie in jedem Fall tun: Sie solltensich für Ihren ungehörigen Honecker-Vergleich ent-schuldigen.
Jede Woche treiben Union und F.D.P. – heute intrauter Eintracht mit der PDS – eine, wie wir im Rhein-land sagen, neue Sau durchs Dorf. Dabei sprechen Sieimmer in Halbwahrheiten. Lassen Sie mich Ihren Halb-wahrheiten ein paar Wahrheiten entgegensetzen, die et-was mit dem Sozialstaat und den Handlungsspielräumenin dieser Gesellschaft zu tun haben,
nämlich die bittere Wahrheit über den Schuldenberg,den Sie hinterlassen haben: Sie haben Bundesschuldenin Höhe von 1 500 Milliarden DM hinterlassen.
Damit haben Sie Maßstäbe gesetzt, in denen wir unsbewegen müssen. Wir haben pro Jahr Zinsverpflichtun-gen in Höhe von 90 Milliarden DM und eine Zinssteuer-quote von 25 Prozent. Das sind die Maßstäbe, die Sieformuliert und die Sie gesetzt haben.Der Grund für die heutige Aktuelle Stunde ist ja derWahlkampf.
Angesichts des Wahlkampfes sprechen Herr Schäuble,Herr Austermann und der Bundesvorstand der CDU ineiner Erklärung davon, daß wir Rentenpolitik nach Kas-senlage betreiben. Das scheint die offizielle Sprachre-gelung für den Europa-Wahlkampf zu sein.
Machen Sie es sich nicht etwas leicht? Könnte es sein,daß es Ihnen wie der F.D.P. ergehen wird, die in Bremenfür ihr Wahlkampfgetöse die entsprechende Antwort be-kommen hat, nämlich nur 2,5 Prozent der Stimmen undsomit weniger Stimmen als PDS und DVU?
Sie sollten darüber nachdenken, was eine Verrohungder Sitten bedeutet, von der Kollege Ramsauer in einerPresseerklärung gesprochen hat. Er belegt dies mit For-mulierungen wie „Rentendiebe“, „Stehler“, „Hehler“,„Bandenchef Schröder“ usw. Ich glaube, Sie tun nichtgut daran, in unserer Gesellschaft mit diesen Maßstäbenund Formulierungen Sachdebatten zu führen. Sie errei-chen damit im Gegenteil etwas, was angesichts einessolch diffizilen Systems, wie es das Rentensystem ist,fatale Folgen hat: Gerade das Rentensystem lebt davon,daß die Menschen Vertrauen in seine Funktionsfähigkeithaben.
Dieses Vertrauen zerstören Sie mit Ihrer Art und Weiseder Darstellung.Frau Schwaetzer – Sie machen Ihrem Namen ja im-mer alle Ehre –,
es stellt sich einfach die Frage: Wo sind denn IhreHemmschwellen, wenn Sie unbewiesene Spekulationenals Tatsachen darstellen?
Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Das erinnert mich dar-an, daß ein Mieter in seiner Wohnung eine Brandbombemit Zeitzünder hinterläßt, das Haus brennt und Sie aufden Nachmieter zeigen und rufen: Brandstifter!.
Damit dies deutlicher wird, will ich es daran belegen,wie Sie, Kollege Blüm, Rentenpolitik betreiben – ichwill Ihr Gedächtnis auffrischen –: Im Jahre 1983 habenSie als erstes die fällige Rentenerhöhung vom 1. Januarauf den 1. Juli verschoben. Sie haben zum 1. Juli 1983eine Beteiligung der Rentner in Höhe von 1 Prozent ander Krankenversicherung eingeführt.
Dr. Norbert Blüm
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Dies haben Sie in den folgenden Jahren um weitere Pro-zentpunkte bis auf 5,2 Prozent im Jahr 1986 erhöht.
Herr Blüm – hören Sie zu; denn es waren Ihre Worte,daß Sie nicht manipuliert haben; hiermit will ich Ihnendas Gegenteil belegen –, Sie haben 1991 die sozialen Si-cherungssysteme im Sinne eines Verschiebebahnhofeszur Finanzierung der deutschen Einheit benutzt.
Auch das ist nachweisbar. Sie haben den Rentenzahlernimmer mehr Leistungen aufgebürdet.Das kann man so fortsetzen: 1994 haben Sie am Bei-tragssatz manipuliert, indem Sie ihn vor der Bundes-tagswahl im Jahre 1994 auf 19,2 Prozent hochgezogenund vor der Wahl im gleichen Jahr auf 18,6 Prozentwieder abgesenkt haben. Das ist die von Ihnen immerwieder herausgestellte Solidität.Sie haben mit dem Arbeitslosenhilfe-Reformgesetzdie Zwangsverrentung von Arbeitslosen, die Anspruchauf Altersrente haben, eingeführt. Sie haben mit demAltersteilzeitgesetz das Vorziehen der Anhebung derAltersgrenze von 60 Jahren für die Altersrente wegenArbeitslosigkeit zuerst auf 63 und jetzt auf 65 Jahre be-wirkt. Die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrentewegen Arbeitslosigkeit ist nur mit versicherungsmathe-matischen Abschlägen möglich: minus 3,6 Prozent proJahr. Das sind Eingriffe in Rentenbestandteile und inLeistungen für Rentner. Das haben Sie eben mit demBegriff Manipulation gut beschrieben.Sie haben mit dem Rentenreformgesetz – damitkomme ich zu Herrn Storm – die schrittweise Absen-kung des Standardrentenniveaus auf 64 Prozent durchEinführung eines demographischen Faktors beschlossen.
Das hat auch Professor Rürup noch einmal deutlich kri-tisiert, weil Sie gerade nach unten keinerlei Absicherungdes demographischen Faktors eingeführt haben.Sie haben die Anhebung der Altersgrenze fürSchwerbehinderte eingeführt und die arbeitsmarktbe-dingten Erwerbsminderungsrenten abgeschafft. Das sindganz massive Eingriffe, die Rentner auch in ihremPortemonnaie deutlich spüren können.Ich will Ihnen auch sagen: Die schwierige Lage, inder sich die Rentenversicherung befindet, ist das Ergeb-nis Ihrer Regierungszeit.
Sie haben jahrelange Belastungen der Rentenkassendurch sogenannte versicherungsfremde Leistungen ver-ursacht.
Sie haben nie die Transparenz eingeführt, die wir brau-chen. Durch die Zustimmung zur Mehrwertsteuererhö-hung im letzten Jahr, bei der wir einen Teil der Mehr-einnahmen dazu verwendet haben, die Rentenkassen zuentlasten, haben wir Verantwortung gezeigt.Regierungsverantwortung ist mir immer lieber als dieFrustration, die ich zur Zeit bei Ihnen feststelle.
Zu dem, was wir vorgestern von Ihrem Fraktionsvorsit-zenden gehört haben, sage ich Ihnen: Man muß schonganz schön wirr oder zynisch sein, wenn man meint,schon die Freude über einen wahrscheinlichen Friedenmache uns zu Komplizen von Milosevic. Eine solcheBehauptung ist ungehörig; das ist kein Stil. Deswegenappelliere ich an Sie: Lassen Sie diese Rhetorik, undkehren Sie wieder zurück zu einer konstruktiven Ver-antwortung! Dies wäre im Sinne aller Beitragszahler undaller Rentenbezieher.Vielen Dank.
Das Wort für die
CDU/CSU-Fraktion hat der Kollege Johannes Sing-
hammer.
Herr Präsi-dent! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Ar-beitsminister Riester, Sie hätten hier und heute die Gele-genheit gehabt, mit einem einzigen Satz für Klarheit zusorgen, nämlich indem Sie gesagt hätten: Nein, diesePläne wollen wir nicht verwirklichen.
Weil Sie das nicht getan haben, müssen 19 MillionenRentnerinnen und Rentner in Deutschland nach wie vordavon ausgehen, daß die Rentenerhöhung halbiert wer-den wird.
Deshalb sage ich Ihnen: Wenn es einen Straftatbestand„Täuschung von Rentnern vor Wahlen“ gäbe, für denFreiheitsentzug vorgesehen wäre, dann wäre die Regie-rungsbank noch leerer, als sie heute ohnehin schon ist.
Vor der Wahl hatten wir unser Rentenkonzept mit derdemographischen Komponente beschlossen und auf denWeg gebracht. Sie haben das als Teufelszeug kritisiertund angekündigt, Sie wollten es wieder ändern. Sie ha-ben die Rentenreform der vergangenen Bundesregierungin einer ersten Phase auch tatsächlich ausgesetzt – das istrichtig. Aber nun kommt das Heimtückische: Jetzt be-Kurt Bodewig
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ginnen Sie nämlich, weit mehr als alles andere die Ren-tenerhöhungen herunterzufahren.
Die Mehrausgaben, die durch die Aussetzung der Ren-tenreform notwendig waren, betragen 4 Milliarden DM.Ihre Pläne, die Sie heute nicht dementiert haben, bedeu-ten Rentenkürzungen von 14 Milliarden DM. Das heißt,4 Milliarden DM geben Sie, und dann kassieren Sie14 Milliarden DM wieder ein, also das Dreieinhalbfa-che. Das nenne ich unehrlich und schäbig.
Die Blümsche Reform sah mit dem demographischenFaktor eine moderate Berücksichtigung der Verlänge-rung der Lebenserwartung bei der Rentenanpassung vor.Passen Sie nun genau auf – jetzt kommt der entschei-dende Punkt –: Innerhalb von 30 Jahren sollte das Ren-tenniveau von derzeit zirka 69 Prozent um 5 Prozent auf64 Prozent sinken, damit die Rente sicher und der Gene-rationenvertrag in einem stabilen Gleichgewicht bleibt.So weit richtig. Mit Ihren Plänen allerdings, Herr Rie-ster,
senken Sie das Rentenniveau schon innerhalb von zweiJahren um 2,4 Prozent auf 66,6 Prozent. Das ist unge-recht und verwerflich, weil diese Mittel nicht zur Sanie-rung Ihres Haushalts aufgewandt werden dürfen.
Sie tun noch ein Zweites: Künftig benutzen Sie dieRente nach Kassenlage als Steinbruch zum Stopfen vonHaushaltslöchern.
Dieser Systembruch wird gravierende Folgen haben. DieRentner, von denen viele auf eine klare Perspektive an-gewiesen sind, werden diese künftig nicht mehr haben,weil sie nicht wissen, wie die Kassenlage ist. Wenn ichsehe, welche Mehrkosten beispielsweise auf Grund desKosovo-Kriegs auf die öffentlichen Kassen zukommen,muß ich sagen: Bei Ihnen ist die Kassenlage im Zweifelschlecht.
Wenn ich sehe, wie schlecht der Bundeskanzler in bezugauf Europa verhandelt hat, – er hat den deutschen Bei-trag nicht verringert –, dann sage ich Ihnen voraus, daßdie Kassenlage eher ungünstiger als günstiger werdenwird.Die Folgen für die 35 Millionen Beitragszahler wer-den nicht ausbleiben; denn wer keine Sicherheit mehrhat, für seine eingezahlten Beiträge später ein entspre-chendes Äquivalent für seine Lebensleistung in ausrei-chender Höhe zu bekommen, der wird immer wenigerbereit sein, seine Beiträge zu zahlen. Vielmehr wird erversuchen, Umwege zu finden, um weniger Beiträgezahlen zu müssen. Damit wird der Generationenvertragin eine Schieflage kommen, für die Sie mit Ihrer Kam-pagne, mit Ihren Ankündigungen und mit Ihren Plänendie Voraussetzungen geschaffen haben.Deshalb komme ich noch einmal abschließend zu Ih-nen, Herr Riester: Sie haben jetzt und hier die Gelegen-heit, alles klarzumachen. Sagen Sie vor dem 13. Juniklipp und klar, ob Sie Ihre Pläne umsetzen werden odernicht. Ich fordere Sie ein letztes Mal auf: Sagen Sie derdeutschen Öffentlichkeit, was Sie wirklich vorhaben!
Für die SPD-
Fraktion spricht nun der Kollege Gerd Andres.
Herr Präsident! Meine sehrverehrten Damen und Herren! Meine erste Bemerkungrichte ich an den Abgeordneten Norbert Blüm.
Ich fordere Norbert Blüm auf, das, was er in seinemzweiten Debattenbeitrag gesagt hat, zurückzunehmen.Ich erinnere den Kollegen Blüm daran, daß er im Som-mer letzten Jahres, als wir eine Debatte über die sozialeGrundsicherung führten, schon einmal im DeutschenBundestag Walter Riester mit Erich Honecker vergli-chen hat. Ich sage jetzt ausdrücklich – wir haben damalsanschließend ein privates Gespräch darüber geführt –,daß der frühere Bundesarbeitsminister damals zu erken-nen gegeben hat, daß ihm bei dieser Bemerkung dieGäule etwas durchgegangen sind.
Ich fordere Dich, Norbert Blüm, als Bundestagskolle-gen und als früheren Bundesarbeitsminister auf, diesenVergleich des Bundesarbeitsministers mit Erich Honek-ker zurückzunehmen.
Die zweite Bemerkung, die ich machen möchte,richtet sich auch an den früheren Arbeitsminister Nor-bert Blüm:
Eines ist leider klar – da kannst Du noch dreimal „Jaoder Nein“ dazwischenrufen –: Wir haben von einerBundesregierung, die mehr als 16 Jahre regiert hat, ei-nen Haushalt geerbt, der ein strukturelles Defizit von 30Milliarden DM aufweist.
– Seien Sie lieber leise! – Der Abgeordnete Blüm hatauf Grund seiner früheren Position als Bundesarbeitsmi-nister eine große Verantwortung dafür, daß die Kassen-lage des Bundes heute so aussieht, wie sie ist.
Johannes Singhammer
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Auch meine nächste Bemerkung richtet sich an denAbgeordneten Norbert Blüm: Der Bundesetat besteht zurund einem Drittel aus dem Haushalt des Arbeits- undSozialministers. Der Haushalt für Arbeit und Sozialeswird also seinen Beitrag dazu leisten müssen, das struk-turelle Defizit von 30 Milliarden DM auszugleichen.Dort werden in den unterschiedlichsten Feldern Ent-scheidungen notwendig sein, die etwas damit zu tun ha-ben, wie schludrig und wie schlampig Sie über 16 Jahremit den Staatsfinanzen umgegangen sind. Damit auchdies völlig klar ist.
Nun sage ich noch etwas zu dem ehrenwerten HerrnStorm. Er muß sich nun einmal entscheiden. Herr Pro-fessor Rürup war bekanntermaßen der Erfinder des De-mographiefaktors in der Rentenformel. Sie müssen sichnun entscheiden, welcher Berater Herr Professor Rürupwar: der von Norbert Blüm oder der von uns.
Wir haben die demographische Rentenformel aufge-hoben. Das haben wir im Wahlkampf zugesagt. Das ha-ben wir gemacht. Wir sind jetzt dabei, darüber zu disku-tieren, wie ein Sparkonzept aussieht. Das werden wir öf-fentlich machen können, weil die Entscheidungen nochgar nicht gefallen sind. Sie fallen zum 30. Juni.
Jetzt sage ich noch einmal etwas zu Norbert Blüm.Man kann sich daran beteiligen, Gerüchte in der Pressezu streuen und sonstwo in die Welt zu setzen, anschlie-ßend hier eine Debatte führen und sagen, die Bundesre-gierung solle sich dazu äußern. Wenn wir uns dazu äu-ßern – nicht so wie hier der CSU-Kollege –, dann sagenSie: Sie haben nicht dementiert, also wird es stattfinden.Was stattfindet, wird in den nächsten Wochen entschie-den.Ich sage noch einmal ausdrücklich: Bei einem Anteilvon 12,8 Milliarden DM, der an Einsparung zu erbrin-gen ist, werden auch Bereiche erfaßt werden, bei denenwir notwendige Anpassungen vornehmen müssen.
Aber ich füge gleich hinzu: – –
– Es kommt kein Eiertanz, Frau Schwaetzer. Im übrigenhabe ich einen Hinweis an Sie. Herr Niebel und Sie ma-chen hier immer so qualifizierte Zwischenrufe. LassenSie sie doch sein! Ich gebe Ihnen noch einen Tip: NachBremen würde ich an Ihrer Stelle meine Partei umbe-nennen. Statt F.D.P. würde ich sie „Fast Drei Prozent“nennen. Dann sind Sie zureichend bedient. Das reichtauch.
– Ja, fast drei Prozent. Deswegen würde ich keine sodicke Lippe riskieren. Wir warten einmal ab, was amkommenden Sonntag herauskommt. Dann können Siehier noch qualifiziertere Zwischenrufe machen.Damit bin ich bei einem zweiten Kapitel – damit wiruns hierbei auch nicht vertun –:
Ich habe hier das Abkommen in der Hand, das vomVerband der Deutschen Bauindustrie, vom Bauhand-werk, von der IG BAU und von der Bundesregierungunterschrieben ist. Auch hier rede ich über die Glaub-würdigkeit oder Nichtglaubwürdigkeit von NorbertBlüm, damit wir uns auch hierbei richtig verstehen.Nachdem Sie eine jahrzehntelange, auf Tarifvereinba-rungen basierende Schlechtwettergeldregelung völligleichtfertig kaputtgemacht haben, ist im Winter1995/1996 die Zahl der arbeitslosen Bauarbeiter aufüber 360 000 Menschen angestiegen. Die angebliche Er-sparnis, auf die Arbeitsminister Blüm immer hingewie-sen hat, hat sich dahin gehend entwickelt, daß die Bun-desanstalt für Arbeit kräftig Arbeitslosengeld für ar-beitslose Bauarbeiter zahlen mußte.Im Frühjahr danach gab es eine Tarifvereinbarung –Norbert Blüm, immer gut zuhören, denn wir reden dar-über, worum es geht – zwischen den Gewerkschaftenund der Bauwirtschaft. Dann kam dieser ehemaligeBundesarbeitsminister und sagte: Die Tarifvertragspar-teien haben sich geeinigt, es wäre schön, wenn der Ge-setzgeber mit entsprechenden Anpassungen des Geset-zes dieser Einigung folgen könnte.Was ist jetzt passiert? Das will ich Ihnen sagen. DieTarifvertragsparteien haben sich erneut geeinigt.
Sie werden heute in der „Frankfurter Rundschau“ einenArtikel finden, der überschrieben ist: „Bauindustrie lobtSchröder“.
Ignaz Walter lobt darin ausdrücklich diese Vereinbarungder Tarifvertragsparteien. Damit Sie sich Ihr dummesArgument – das sage ich einmal so; das geht auchan den Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU – „zu La-sten Dritter“ so richtig auf der Zunge zergehen lassenkönnen – –
Herr Kollege, Sie
haben schon über eine Minute überzogen. Ich muß Sie
darauf aufmerksam machen, daß Ihre Redezeit abgelau-
fen ist.
Ich habe eine Minute überzo-gen.Ich sage Ihnen vorher, daß die neue Regelung nichtzu Mehrausgaben für die öffentliche Hand oder für dieBundesanstalt für Arbeit führen wird. Vielmehr wird dieGerd Andres
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neue Regelung, die wir getroffen haben, dazu führen,daß im Winter weniger Bauarbeiter aus witterungsbe-dingten Gründen entlassen werden.
Das wird dann auch dazu führen, daß wir Einsparun-gen bei der Winterbauumlage für die Bauwirtschaft er-zielen können. Das ist die Wahrheit.
Wir werden sie in den nächsten Beratungen im Aus-schuß für Arbeit und Sozialordnung und hier im Hausmit den entsprechenden Anpassungen in einer geson-derten Debatte noch einmal deutlich darstellen.Schönen Dank.
Das Wort – eben-
falls für die SPD-Fraktion – hat der Kollege Konrad
Gilges.
Herr Präsident! Meine sehrverehrten Damen und Herren! Der Kollege Andres hat jaschon gesagt, daß die Regelung zum Schlechtwettergeldeine gute Regelung ist.
Wichtig ist, daß wir damit ein Wahlversprechen einge-halten haben.
Wir haben in unserem Wahlprogramm stehen: Wir wer-den die Regelung der alten Regierung im Interesse derBauarbeiter korrigieren. Das steht ausdrücklich da drin.
Deshalb handelt es sich hierbei um das Erfüllen einesWahlversprechens.Daß Sie das ärgert, kann ich verstehen und auchnachvollziehen. Als wir in der Opposition waren, habenwir uns auch immer geärgert, wenn Sie Ihre Wahlver-sprechen, selbst wenn sie schlecht für die Bürgerinnenund Bürger waren, hier gegen unseren Willen und gegenunsere Stimmen durchgezogen haben. Es ist aber nuneinmal so, daß wir jetzt die Mehrheit haben und nichtmehr Sie. Daran müssen Sie sich gewöhnen. Der Zu-stand, daß wir die Mehrheit haben, wird auch noch langeandauern. Richten Sie sich auf eine lange Oppositions-zeit ein.
Herr Blüm, Sie sind ja, wie wir alle wissen, ein Re-chenkünstler. Ich kann mich erinnern, daß Sie im Ple-num des Deutschen Bundestages und auch im Ausschußgesagt haben, mit der Abschaffung der Schlechtwetter-geldregelung werden 700 Millionen DM eingespart.Diese Regelung ist ja, wie Sie wissen, 1959/60 von derRegierung Konrad Adenauer eingeführt und damals ein-hellig von den Arbeitgebern, den Gewerkschaften undder SPD-Opposition begrüßt worden; nun wurden dieseErrungenschaften der Regierung Konrad Adenauer vomEnkel Kohl abgeschafft. Was ist aber geschehen, HerrRechenkünstler Blüm? Die Bundesanstalt für Arbeit hatdie neue Regelung 1,5 Milliarden DM gekostet. Dasheißt, durch die Abschaffung des Schlechtwettergeldeshaben sich die Kosten für die Bundesanstalt für Arbeitzum Nachteil des Steuerzahlers, zum Nachteil der Ar-beitnehmer und der Arbeitgeber, die ja Beiträge zahlen,verdoppelt. Dazu hat die F.D.P. geschwiegen. Sie hatdas alles mitgemacht. Deren Abgeordnete schreien jaimmer nur, wenn sie polemisch werden können. Aberwenn es um die Sache und um echte Fragestellungengeht, schweigen sie. Ihre Rechnerei hat also nicht ge-stimmt, und deshalb mußte das korrigiert werden.Ich glaube, daß die Vereinbarung, die mit Unterstüt-zung der Regierung von den Tarifvertragsparteien ge-troffen wurde, sehr gut ist. Sie, Herr Rauen, sagen, dieUnternehmer seien erpreßt worden, damit diese Verein-barung zustande kommt. Ich habe in den 20 Jahren, indenen ich in diesem Hohen Hause angehöre, noch nie soetwas Dummes gehört.
Als Gewerkschaftsfunktionär muß ich Ihnen sagen: Mankann keinen Unternehmer erpressen.
Umgekehrt lasse ich das schon einmal gelten, aber ichhabe noch nie erlebt, daß man einen Arbeitgeber erpres-sen kann. Man kann ihn schon einmal bestreiken; dannmuß er nachgeben. Aber wenn der Arbeitgeber einerfreiwilligen Vereinbarung zustimmt, die ja dieser Rege-lung zugrunde liegt, ist er nicht erpreßt worden, sonderndann liegt diese Regelung auch in seinem Interesse. Die-se Vereinbarung liegt im Interesse der Arbeitgeber undder Arbeitnehmer.
Die Damen und Herren von der F.D.P. haben uns inder letzten Legislaturperiode auf das heftigste be-schimpft, weil wir an einer freiwilligen VereinbarungKritik geübt haben. Jetzt kommt eine freiwillige Verein-barung zwischen den Arbeitgebern und den Arbeitneh-mern, also den Tarifvertragsparteien, zustande, aberauch jetzt beschimpfen Sie uns wieder. Irgendwo stimmtetwas in Ihrer Logik nicht. Etwas Besseres können Siedoch überhaupt nicht verlangen als eine solche freiwilli-ge Vereinbarung,
weil sie völlig unserem Verständnis der Sozialpartner-schaft entspricht. Ich als jemand, der eher auf der radi-kalen Seite der Gewerkschaften steht, habe damit ei-gentlich mehr Schwierigkeiten, als Sie damit habendürften. Die Situation in diesem Hohen Hause ist wirk-Gerd Andres
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lich kurios. Ich habe manchmal den Eindruck, Sie ma-chen Opposition um der Opposition willen und nicht umder Sache willen.
Zum Schluß sage ich: Es ist gut, daß Bauarbeiterdank der Vereinbarung nicht mehr Saisonarbeiter sind;es ist gut, daß die Jahreseinkommen für Bauarbeiter ver-stetigt werden; auch die Bautätigkeit wird dadurch ver-stetigt, daß die Bauarbeiter ganzjährig beschäftigt sind.Kurzum, es handelt sich um eine gute Vereinbarung.Wir werden dazu ein gutes Gesetz erlassen. Die Bauar-beiter werden sich freuen. Ich hoffe, das gleiche giltauch für die Arbeitgeber.
Liebe Kolleginnen
und Kollegen, auch in einer Aktuellen Stunde ist eine
Erklärung zur Aussprache nach § 30 unserer Geschäfts-
ordnung möglich. Ich weise allerdings darauf hin, daß in
dieser Erklärung nur solche Äußerungen zurückgewie-
sen werden dürfen, die sich in der Aussprache auf die
eigene Person bezogen haben.
Ich gebe das Wort nach § 30 dem Kollegen Norbert
Blüm.
Herr Präsident!
Meine Damen und Herren! Ich habe Walter Riester nicht
mit Erich Honecker verglichen. Mein Vergleich besteht
darin: Der Eingriff einer Regierung in eine Rentenfor-
mel unter dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit, zum
Beispiel wegen der Kassenlage, ist vergleichbar mit der
Rentenregelung der DDR, wo es jährlich Rentenerhö-
hungen auf Grund von Entscheidungen der Regierung
gab. Es geht also um Willkür oder eine verläßliche
Rentenformel. Deshalb halte ich meinen Vergleich, was
den Eingriff dieser Regierung in die Rentenformel an-
geht, mit der Honecker-Regelung aufrecht, ohne Riester
mit Honecker zu vergleichen.
Die Aktuelle Stunde
ist beendet.
Wir sind damit am Schluß unserer Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Freitag, den 11. Juni 1999, 9 Uhr
ein. Ich mache allerdings darauf aufmerksam, daß sich
dieser Termin noch ändern kann. Sollte dies der Fall
sein, werden Sie rechtzeitig benachrichtigt.
Die Sitzung ist geschlossen.