Gesamtes Protokol
Meine Damen und Herren! ich eröffne die 57. Sitzung des Deutschen Bundestages.
Die Tagesordnung liegt Ihnen vor.
Ich bitte zunächst den Schriftführer Herrn Abgeordneten Karpf, die nachträglich für die Nachmittagssitzung entschuldigten Mitglieder bekanntgeben zu wollen.
Nachträglich entschuldigt sind die Abgeordneten Morgenthaler, Dr. Koch, Arnholz, Dr. Hasemann, Dr. Schneider, Dr. Bertram, Pannenbecker, Determann, Niebergall, Fisch, Frau Rösch, Dr. Miessner und Dr. Holzapfel.
Meine Damen und Herren! Da die Drucksache zu Punkt 1 der Tagesordnung noch nicht vollständig verteilt ist, beginnen wir mit Punkt 2:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Fragen der Presse, des Rundfunks und des Films über den Antrag der
Abgeordneten Dr. Vogel, Dr. Nowack und Genossen betreffend Hilfsmaßnahmen für die deutsche Filmproduktion (Drucksachen Nr. 775 und 418).
Ich bitte den Herrn Berichterstatter, Abgeordneten Dr. Vogel, das Wort zu ergreifen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die vor Ihnen liegende Drucksache Nr. 418 brachte Ihnen den Antrag, unter dem Namen der dem Ausschuß angehörenden Mitglieder der großen Fraktionen dieses Hauses stehen und in dem Hilfsmaßnahmen für die deutsche Filmproduktion vorgeschlagen waren. Die Drucksache Nr. 775 bringt Ihnen das Resultat der Beratungen des Ausschusses, ein Resultat, das in sehr langen und eingehenden Beratungen innerhalb von 3 Monaten errungen worden ist.
Der Ausschuß sah sich zunächst einer sehr verworrenen Lage gegenüber. Es gelang ihm erst nach sehr eingehenden Überprüfungen und nach der Anhörung aller beteiligten Verbände und Ministerien, ein einigermaßen klares und zutreffendes Bild zu gewinnen. Wir glauben, daß wir heute einigermaßen soweit sind, die Lage der deutschen Filmwirtschaft insgesamt zu beurteilen.
Welches Bild bietet sich uns gegenwärtig dar? Zur Zeit ist die Situation so, daß gegenwärtig nur etwa 5 Filme in der Produktion begriffen sind und daß die sehr große . Gefahr besteht, daß in diesem Jahre noch nicht einmal das Minimum dessen an Filmen erzeugt wird, was die deutsche Filmwirtschaft braucht, um den deutschen Markt nicht völlig den ausländischen Filmen auszuliefern. Dazu wären ungefähr 30 bis 40 Filme notwendig. Früher wurden im allgemeinen Durchschnitt 100 bis 120 Filme erzeugt bei einer immerhin nicht unbeträchtlichen Einfuhr ausländischer Filme. Wenn es uns nicht gelingt, in diesem Jahre mindestens 35 bis 40 deutsche Filme zu produzieren, werden wir zusehen müssen, wie der deutsche Filmmarkt — das ist ein Geschäft, das viele, viele Millionen bedeutet — endgültig und vielleicht ein für allemal der ausländischen Filmproduktion ausgeliefert wird.
Dabei darf ich an eine Tatsache erinnern, die im Ausschuß ausführlich erörtert und bekräftigt worden ist. Die deutsche Filmwirtschaft war einmal die viertgrößte Industrie Deutschlands. Es sind dort Werte erzeugt worden, die, um nur ein Beispiel herauszugreifen, der deutschen Volkswirtschaft nicht weniger als 40 Millionen als Devisen in Normaljahren eingebracht haben. Der Film war also nicht nur eine kulturelle Visiten-
karte Deutschlands im Ausland, sondern er war darüber hinaus auch einer der größten Devisenbringer, eine Tatsache, die heute vielfach übersehen wird.
Wie sieht es nun gegenwärtig aus? Wir haben in dem laufenden Jahr nicht weniger als 500 ausländische Filme bereits auf dem deutschen Markt zugelassen, und wir haben auf dem deutschen Markt gegenwärtig außerdem noch 400 sogenannte Reprisen, d. h. Filme, die in der Zeit vor 1945 hergestellt worden sind und die in einer wirtschaftlich nicht zu verantwortenden Weise durch die Treuhänder bzw. durch die hinter ihnen stehenden Besatzungsmächte auf den deutschen Markt und auf den des Auslandes geworfen worden sind, was zu einer vollkommenen Verstopfung und Verwirrung des Marktes geführt hat. 400 Filme, das bedeutet ungefähr das Doppelte dessen, was der deutsche Markt, der ungefähr 220 Filme im Jahre aufnehmen dürfte, überhaupt bewältigen kann.
Die Folge davon ist naturgemäß nicht nur eine Verminderung der zu erzielenden Preise, sondern auch eine Geschäftsgebarung, die jedenfalls nicht mehr als ordnungsgemäß bezeichnet werden kann und die schon heute zu Millionen-Verlusten für die deutsche Bundesrepublik geführt hat.
Die Bundesrepublik ist wohl unbestritten Rechtsnachfolgerin des Deutschen Reiches und als solche unbestrittener Eigentümer auch des großen Vermögens, das unter dem Namen Ufa-Vermögen innerhalb der letzten Monate eine so große Rolle in der Presse und im Rundfunk gespielt hat. Dieses Vermögen wird heute von Fachleuten auf mindestens 70 Millionen DM geschätzt, und ein D nicht unbeträchtlicher Teil dieses Vermögens setzt sich eben aus diesen früher, vor 1945, gedrehten Filmen zusammen. Ich brauche Sie ja nur daran zu erinnern, daß ein guter Farbfilm wie zum Beispiel „Die Fledermaus", der jetzt in diesen Monaten in Deutschland läuft, allein viele Millionen für sich einspielt und daß noch gar nicht abzusehen ist, welcher Schaden dadurch entstanden ist, daß diese Filme nicht ordnungsgemäß auf den ausländischen Markt gebracht wurden und daß sie nicht über die normal vorhandenen Absatzorganisationen dorthin verkauft worden sind. Wir haben dadurch sehr viel Devisen verloren, und es ist allerhöchste Zeit, daß dieser Geschäftsgebarung Einhalt geboten wird.
Gegenwärtig laufen nur eine sehr beschränkte Zahl von neuen deutschen Filmen, also Filmen, die nach 1945 produziert worden sind, auf dem deutschen Markt. Wir können allerdings erwarten, daß im Laufe dieses Jahres noch einige der Produktion des Jahres 1949 erscheinen werden.
Zu der sehr schlechten Lage der Filmproduzenten kommt auch die schlechte Lage des Filmverleihs und unter Umständen die noch schlechtere Lage eines großen Teils der Filmtheaterbesitzer. Wir müssen heute damit rechnen, daß ein sehr großer Teil der deutschen Filmtheaterbesitzer hoch verschuldet ist und daß sehr erhebliche Anstrengungen gemacht werden müssen, um die deutschen Filmtheater davor zu bewahren, daß sie unter Umständen völlig unter Einfluß sehr großer und finanzkräftiger ausländischer Verleihergesellschaften geraten. Wenn Sie sich vorstellen, daß gegenwärtig jeden vierten Tag eine
Million auf Sperrkonten zugunsten ausländischer Filmverleiher in Deutschland eingezahlt wird und daß allein à conto des JEIA-Vertrages des vergangenen Jahres 10 große amerikanische Produzenten je 15 Filme auf den deutschen Markt werfen konnten und daß infolgedessen die Summe der bis jetzt schon auf das Sperrkonto laufenden Beträge von Tag zu Tag wächst, dann werden Sie einen ungefähren Begriff davon bekommen, wie groß die Gefahr ist, vor der nicht nur die Filmwirtschaft, sondern auch die Volkswirtschaft in diesem Augenblick steht.
Uns wurde im Ausschuß von fachmännischer Seite, von Regierungsseite, aus versichert, daß die Summe des ausländischen auf Sperrkonto eingezahlten Kapitals aus eingespielten ausländischen Filmen zur Zeit mindestens 70 Millionen beträgt und daß natürlich so große Beträge darauf harren, auch in Deutschland angelegt zu werden, so daß es nichts weniger als verständlich wäre, wenn das ausländische Filmkapital mit Hilfe dieser Sperrbeträge den Versuch unternehmen würde, sich auf dem heimischen Markt eine maßgebende, vielleicht nicht mehr zu erschütternde Position zu erringen.
Das Ausland, vor allen Dingen Frankreich, England und Italien — das wurde in den Beratungen und aus den Auskünften der großen Organisationen deutlich —, sehen sich in vieler Hinsicht einer ähnlichen Lage gegenüber wie Deutschland, und das Ausland hat bereits zu sehr einschneidenden Maßnahmen gegriffen, um seine heimische Filmproduktion zu retten. Ich darf Sie darauf hinweisen, daß zum Beispiel in diesen drei genannten Ländern für die Filmtheaterbesitzer ein Zwang besteht, bestimmte Wochen, in Frankreich mindestens acht, in Italien mindestens sechs Wochen im Jahr heimische Filme zu spielen, daß diese heimischen Filme steuerliche Vergünstigungen erhalten und diese Länder auch dazu übergegangen sind, eine Synchronisationssteuer auf die Einfuhr ausländischer Filme zu legen, um erstens einmal den ausländischen Film zu zwingen, im Inland zu synchronisieren, und um zweitens bestimmte Erträge in Form einer Einfuhrsteuer daraus zu ziehen.
Der Ausschuß hat nun nach einer reiflichen Prüfung aller dieser Gegebenheiten eine Reihe von Vorschlägen formuliert, die in. langen Verhandlungen unter Hinzuziehung des Ausschusses für Geld und Kredit behandelt worden sind. Wir waren uns im Anfang noch nicht völlig einig. Vor allen Dingen kamen von seiten der SPD Einwände dahingehend, daß die Lage noch nicht hinreichend geklärt sei und — als das Finanzministerium die Bereitschaft aussprach, 20 Millionen Mark an Ausfallbürgschaften zur Verfügung zu stellen — nicht genügend Vorkehrungen getroffen seien, um eine wirksame Kontrolle dieser 20 Millionen für Ausfallbürgschaften zu gewährleisten.
Wir haben uns bemüht, Ihnen in dem vorliegenden Antrag Drucksache Nr. 775 dafür geeignete Maßnahmen vorzuschlagen. Ich lenke Ihre Aufmerksamkeit auf die vier Punkte dieses Antrages. In dem ersten Punkt wird die Bundesregierung ersucht,
in den Haushaltsvoranschlag 1950/51 einen Betrag bis zu 20 Millionen DM für Ausfallbürgschaften für die deutsche Filmherstellung im Rahmen der am 1. April 1950 vorhandenen Atelierkapazität einzusetzen.
In Ergänzung dazu hat der Ausschuß, um eine Einmütigkeit zu erreichen, die erfreulicherweise in fast allen Beratungen festzustellen war, noch folgende Zusatzempfehlungen für eine erhöhte Kontrolle dieser unter Punkt 1 genannten Ausfallbürgschaften in Höhe von 20 Millionen DM mitbeschlossen. Diese Empfehlungen sind praktisch ein Anhang zu Punkt 1, ohne den der Punkt 1 nicht als gültig betrachtet werden soll. Ich darf Ihnen die Empfehlungen vortragen. Eine Minderheit des Ausschusses knüpfte ihre Zustimmung zu diesem Punkt 1 an die Bedingung, daß nachfolgende Empfehlungen an die Regierung gerichtet werden:
1. Die von dem Bundesfinanzministerium in dem Haushaltsvoranschlag 1950/51 einzusetzenden bis zu 20 Millionen DM Ausfallbürgschaften sollten ausschließlich der Filmproduktion zur Verfügung gestellt werden.
Damit wird also ausdrücklich gesagt, daß die Summen nicht für andere Zwecke mitverwandt werden dürfen.
2. Der Ausschuß empfiehlt, diese Mittel in keinem Falle direkt zu geben. Nach Möglichkeit sollten keine Einzelobjekte, sondern nur Staffeln finanziert werden.
3. Der Ausschuß sieht in den bereits bestehenden oder in der Gründung begriffenen Finanzierungsinstituten bzw. den mit der Filmfinanzierung bis jetzt beschäftigten Banken eine ausreichende Möglichkeit, das Höchstmaß dessen an Kreditmöglichkeit auszuschöpfen, was in der Ausfallbürgschaft der Bundesregierung enthalten ist.
4. Der Ausschuß ist der Überzeugung, daß nur bestimmte Prozentsätze der Herstellungskosten der einzelnen Filme durch solche Ausfallbürgschaften übernommen werden sollten.
Es sollte also nach Möglichkeit ausgeschaltet werden, daß etwa Filme völlig mit Bundesmitteln finanziert werden. — Und schließlich
5. Die Bundesregierung sollte zu keinem Filmvorhaben Hilfe leisten, bei dem nicht die ständige Kontrolle der Ausgaben durch eine anerkannte Filmtreuhandgesellschaft sichergestellt ist.
Wir glaubten, daß nach der einstimmigen Annahme dieser Empfehlungen hinreichend viel Kontrollmöglichkeiten eingeschaltet sind, um eine mißbräuchliche Durchführung zu verhindern.
Wir haben uns dann weiterhin überlegt, welche sonstigen Maßnahmen außer einer direkten Kredithilfe in Gestalt einer Ausfallbürgschaft der Regierung noch erwogen werden könnten. Ebenso haben wir uns eingehend mit der Möglichkeit einer Synchronisationssteuer befaßt, sind aber zu dem Ergebnis gelangt, davon zunächst abzusehen und lieber abzuwarten, zu welchem Ergebnis die in der Zwischenzeit zwischen dem Bundeswirtschaftsministerium und den entsprechenden Einfuhrländern gepflogenen Verhandlungen führen werden. Der Ausschuß gab dabei der Hoffnung Ausdruck, daß das Ausland sich bereit finden werde, von sich aus in eine Beschränkung seiner Einfuhr einzuwilligen. Er war allerdings einmütig der Überzeugung, daß Deutschland kein Interesse daran haben könne, auf dem Filmgebiet etwa autark zu werden, sondern stellte sich im Gegenteil auf den Standpunkt, daß die Einfuhr wirklich guter ausländischer Filme sehr zu begrüßen sei und daß wir uns in keiner Weise von einer Kenntnisnahme dieses wertvollen ausländischen Kulturgutes ausschließen sollten. Dies möchte ich ausdrücklich sagen, um etwaigen Mißdeutungen vorzubeugen, die im Ausland entstehen könnten.
Der Ausschuß konnte allerdings nicht an der Tatsache vorbeisehen, daß zum Beispiel ein Land wie die Vereinigten Staaten, das als Filmproduzent heute, ich möchte fast sagen, eine beherrschende Stellung auf dem Weltmarkt einnimmt, gegenwärtig im Begriff ist oder vielleicht sogar schon einen entsprechenden Beschluß gefaßt hat, sich selber durch eine Filmimportsteuer von der ausländischen Filmeinfuhr abzuschließen; ein Beginnen, das doppelt befremdlich erscheint, wenn man sich überlegt, daß in Amerika — sehr im Gegensatz zu den in Deutschland angestrebten Dekartellisierungsbestimmungen — sämtliche Filmtheaterbesitzer und gleichzeitig die Produktion in ganz wenigen Gesellschaften, die beinahe monopolartigen Charakter haben, zusammengefaßt sind und daß es infolgedessen völlig von diesen wenigen Theatertrusts abhängt, ob ausländische Filme in Amerika überhaupt gespielt werden können.
Der Ausschuß hat sich ferner auch mit der Möglichkeit befaßt, bestimmte Einfuhrbeschränkungen zu empfehlen. Er hat auch hiervon abgesehen, hat aber in Punkt 3 seines Antrages der Regierung nahegelegt,
die Einfuhr ausländischer Filme der deutschen Devisenlage durch Einbeziehung in die Handelsverträge anzupassen und die Ausfuhr deutscher Filme nach Kräften zu steigern,
weil wir doch hoffen — das ist allerdings eine Frage, die ausschließlich von der Qualität der künftigen deutschen Filme abhängen wird —, daß es dem deutschen Film gelingen wird, seine früher große Stellung auf dem ausländischen Markt wiederzuerringen. Der deutsche Film wird nach wie vor — das war die allgemeine Überzeugung — eine große Zukunftschance besitzen, wenn er wieder auf sein ihm ursprünglich zufallendes Gebiet des Musikfilms, des landschaftsgebundenen Films und Kulturfilms zurückfindet und da das leistet, was das Ausland auf Grund seiner Tradition von ihm mit Recht erwarten kann.
Wir haben schließlich noch einmal die Frage des Ufa-Vermögens aufgegriffen. Sie finden dazu unter Ziffer 2 des Ausschußantrags das Ersuchen an die Bundesregierung, „erneut Vorstellungen bei der Hohen Kommission zu erheben, um das Ufa-Vermögen so rasch wie möglich in Bundeshand zu überführen". Ich darf das Hohe Haus daran erinnern, daß bereits bei der Berichterstattung über den entsprechenden Beschluß des Wirtschaftsausschusses der sehr verehrte Herr Kollege Dr. Lehr Ihnen damals einen ausführlichen Bericht über die Lage des Ufi-Vermögens erstattet hat, so daß ich davon absehen kann, diese Dinge noch einmal zu erwähnen. In der Zwischenzeit haben sich die Dinge dermaßen verschärft, daß es höchste Zeit ist, daß hier etwas geschieht. Wir hoffen, daß die Hohe Kommission sich einmal bereit finden wird, diesen Fragenkom-
plex erneut zu prüfen, um der deutschen Bundesrepublik ihr Eigentum zurückzugeben und dazu beizutragen, vor allen Dingen die Reprisen unter eine gewisse Kontrolle zu bringen.
Wir haben uns schließlich noch dazu entschlossen, der Regierung unter Ziffer 4 zu empfehlen, einen Entwurf auszuarbeiten, der zur Förderung der deutschen Filmproduktion eine Prädikatisierung und Auszeichnungen der besten Jahresleistungen vorsieht. Unser ursprünglicher Entschluß, der von einer größeren Gruppe gefaßt worden war, der Regierung vorzuschlagen, 3 Millionen DM für die Prädikatisierung auszuwerfen, ist zurückgezogen worden, weil der Ausschuß in seiner Mehrheit und schließlich auch einstimmig die Überzeugung gewonnen hat, daß der deutsche Film bei der heutigen Notlage der Wirtschaft auch ohne Geldbeträge dazu angespornt werden könnte, wieder Höchstleistungen hervorzubringen Die Bundesregierung wird aber weiter ersucht, bei den Ländern auf die Wiederherstellung der früher einheitlichen Vergnügungssteuerhöchstsätze und auf die einheitliche steuerliche Begünstigung prädikatisierter Filme hinzuwirken. Wir haben heute im Bundesgebiet Unterschiede in den Steuersätzen bis zu 50 %. Man sollte hier endlich zu einer Begrenzung und zu einer gewissen Angleichung kommen.
Das ist das, was ich Ihnen im Auftrag des Ausschusses vorzutragen habe, und ich bitte Sie, sich den Antrag des Ausschusses zu eigen zu machen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seine Ausführungen.
Ehe ich die Aussprache eröffne, darf ich auf folgendes hinweisen. Der Ältestenrat hat keine Redezeit festgesetzt. Ich darf aber im Hinblick darauf, daß es Freitag und die Zeit vorgeschritten ist und wir noch den wichtigen Punkt 1 der Tagesordnung zu erledigen haben, an alle Damen und Herren, die sich an der Debatte beteiligen, den Appell richten, sich so kurz wie möglich zu fassen.
Als erster Redner hat der Herr Abgeordnete Hennig das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion stimmt trotz mancher Bedenken der Ausschußvorlage zu. Sie tut das in der festen Annahme, daß die auf der Rückseite des Antrags gedruckten Empfehlungen nicht nur auf dem Papier stehen, sondern wirklich durchgeführt werden. Wir legen dabei den Nachdruck darauf, daß die Mittel zur Filmproduktion verwendet werden — der Akzent liegt auf dem zweiten Teil des Wortes —, daß sie in keinem Fall direkt gegeben werden, sondern nur in Staffeln und daß sie nur bestimmte Prozente der Herstellungskosten umfassen dürfen. Die Kontrolle dieser Ausgaben muß durch eine anerkannte Filmtreuhändergesellschaft gesichert sein. Diese Bedingungen oder Empfehlungen sind aus dem Minderheitsgutachten hervorgegangen, und nur ihre Annahme hat die einheitliche Stellungnahme des Ausschusses ermöglicht.
Wir sind uns dessen bewußt, daß diese Angelegenheit nicht nur eine kommerzielle und volkswirtschaftliche Seite hat. Alle Anstrengungen, die hier in materieller Beziehung vom Bund aus gemacht werden, sind nur dann gerechtfertigt, wenn die deutsche Filmproduktion durch die seelische und künstlerische Qualität ihrer Filme das in sie gesetzte Vertrauen in vollem Umfang rechtfertigt.
Herr Abgeordneter Dr. Nowack, bitte.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir werden diesem Antrag zustimmen. Der Antrag ist in aller Ausführlichkeit im Ausschuß behandelt worden. Wir haben wiederholt etwas Ähnliches wie die „hearings" des amerikanischen Parlaments veranstaltet und versucht, uns durch das Anhören von Vertretern aller Richtungen der Filmwirtschaft ein klares Bild zu verschaffen. Der Zweck des Antrags in seiner jetzt vorliegenden Form zielt dahin, dem deutschen Film wenigstens wieder in etwa eine gleiche Basis für die Konkurrenz mit dem ausländischen Film zu geben. Das ist im gegenwärtigen Moment wahrscheinlich das Wichtigste von allem, was zu geschehen hat.
Die in Aussicht genommene Bereitstellung von Mitteln des Bundes soll nur für die Filmproduktion erfolgen. Wir haben eingehende Unterhaltungen über die Kapazität der deutschen Filmateliers und der Produktionsstätten geführt. Wir sind, glaube ich, einmütig zu der Überzeugung gekommen, daß diese Produktionsstätten auf eine ganze Zeit ausreichen und daß es verfehlt wäre, wollte man heute öffentliche Mittel in die Erweiterung der Kapazität der Filmproduktionsstätten hineinstecken. Es ist daher vorgesehen. daß diese Mittel nur für die Filmherstellung als Betriebsmittel und nicht als Investitionsmittel gegeben werden.
Wir hoffen, daß, wenn dieser Antrag angenommen wird und die Ministerien, die durch diesen Antrag angesprochen werden, die geforderten Vorlagen unverzüglich und mit Schnelligkeit ausarbeiten, dann dem deutschen Film eine Hilfe geleistet wird, die dazu beitragen wird, daß wir im nächsten Winter auch neue deutsche Filme in den deutschen Kinos zu sehen bekommen.
Es kann kein Zweifel sein, daß an dieser Frage auch ein erhebliches öffentliches Interesse besteht. Die Amerikaner haben vor einem Jahr einmal eine Untersuchung gemacht, ob die deutsche Bevölkerung lieber ausländische oder lieber inländische Filme zu sehen wünscht. Sie haben eindeutig feststellen können, daß die Mehrheit der deutschen Kinobesucher deutschen Filmen den Vorzug vor ausländischen Filmen gibt. Das Zurückgehen der Besucherzahlen in den Kinos hat verschiedene Ursachen, aber eine dürfte auch die sein, daß in den deutschen Kinos zu viel ausländische Filme laufen. Hier setzt das öffentliche Interesse in dieser Frage ein. Denn Sie wissen selbst: der Film ist einer der größten Steueraufbringer für die verschiedenen Steuerkassen, der Gemeinden, der Länder und des Bundes.
Daher glauben wir, diesen Antrag mit allem Nachdruck unterstützen zu müssen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Jacobs.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedauere zunächst außerordentlich, dem soeben geäußerten Wunsch des Herrn Präsidenten, hinsichtlich der Behandlung dieses Tagesordnungspunktes mit Rücksicht auf die vorgeschrittene Zeit sich so kurz wie möglich zu fassen, nicht nachkommen zu können,
weil es sich unter Umständen als ein schweres Versäumnis erweisen würde, diese Angelegenheit mit dem Teil der Informationen über die Bühne gehen zu lassen, der bis jetzt gegeben wurde, ohne auf gewisse Dinge hinzuweisen, die wir als verantwortliche Parlamentarier auch in dieser Angelegenheit ganz einfach sagen müssen.
Es ist zunächst einmal festzustellen, daß Herr Dr. Vogel — bekannt als ein sehr rühriger Ausschußvorsitzender — diesen Bericht mit solch innerer Anteilnahme vorgetragen hat und — Herr
Kollege Dr Vogel, verübeln Sie es mir bitte nicht,
betrachten Sie es sogar als ein Kompliment — es manchmal zu klug getan hat.
Worum geht es bei dem Antrag, der hier zur Debatte steht? Es geht zunächst um 20 Millionen DM, die aus den Kassen einer Einrichtung zur Verfügung gestellt werden, von der wir aus unseren täglichen Erörterungen wissen, daß sie eigentlich schon vor Beginn ihrer Beratungen weiß, Mittel für bestimmte notwendige Aufgaben nicht zur Verfügung zu haben. Es ist doch falsch, meine sehr verehrten Damen und Herren — ohne daß ich hier für die Ablehnung dieses Antrags plädiere, sondern ich sage das lediglich zur Unterstreichung der Notwendigkeit, uns dauernd und immer wieder einzuschalten —, wir müssen es lediglich als eine einmalige Bewilligung betrachten, und es ist doch falsch, zu glauben, daß der deutschen Filmindustrie ausschließlich durch öffentliche Mittel geholfen werden kann. Denn die Krise des deutschen Films ist wie auf vielen anderen Gebieten nicht nur eine Krise der Finanzen, sondern sie ist nicht zuletzt eine geistige und damit auch künstlerische Krise. Wenn durch den Vorsitzenden des Ausschusses darauf hingewiesen wurde, daß im Verlauf dieses Jahres erst fünf Filme in der Produktion gewesen sind, so mag diese Ziffer unbestritten sein. Das ändert aber nichts an der Tatsache, daß beispielsweise im vergangenen Jahr — und das hat der Ausschuß trotz seiner wiederholten Sitzungen, in denen er sich sehr lebhaft und sehr intensiv mit der Angelegenheit beschäftigt hat, erst vor einiger Zeit erfahren — die deutsche Filmproduktion insgesamt 72 Filme hergestellt hat.
— Ich bitte Sie, doch zu berücksichtigen, meine Damen und Herren, daß unter Umständen dieser Antrag mehr kostet als der Haarschnitt des verehrten Herrn Horlacher.
Wir stellen fest, daß die deutsche Filmproduktion im vergangenen Jahr insgesamt 72 Filme hergestellt hat, daß aber infolge der auch unter Berücksichtigung der heutigen Verhältnisse untragbaren Qualität nur knapp die Hälfte dieser Filme in den Verleih gekommen ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit 20 Millionen Mark machen Sie aus einem schlechten Regisseur keinen guten, und mit 20 Millionen Mark wird aus einem unbrauchbaren Drehbuch noch kein brauchbares werden. Wir haben festzustellen, daß wir auf dem Gebiete der Filmwirtschaft und der künstlerischen Gestaltung den Anschluß an die Bedingungen der Umwelt in einem sehr weitgehenden Maße verloren haben. Viel schlimmer als die materiellen Trümmer, die uns zwölf Jahre Hitlersystem hinterlassen haben, ist die geistige Orientierungslosigkeit und das geistige Vakuum, vor dem wir stehen und das es in erster Linie zu überwinden gilt. Positive Maßnahmen, und zwar positivere als 20 Millionen DM oder darüber hinaus könnte ich mir so vorstellen, daß man dafür sorgt, den Menschen, die wir 1933 und danach außer Landes gejagt haben, im Hinblick auf ihre anerkannten Fähigkeiten einen Anreiz zu geben, wieder zu uns zurückzukommen. Das ist allerdings nicht möglich, wenn immer noch so viele antisemitische Rudimente beispielsweise in unserm Volk und in entscheidenden Gremien vorhanden sind Wenn ich daran erinnern darf, daß im Jahre 1933 Menschen aus diesem Land gejagt wurden wie zum Beispiel die unvergleichliche Elisabeth Bergner, die. als sie in England ankam, dort von der englischen Königin ihren Paß bekam; wenn ich daran erinnern darf, daß, als diese Frau in Amerika ein Gastspiel gab, in der amerikanischen Presse zu lesen war, es müsse ein Gesetz geben, das dieser Frau die Wiederausreise aus den Vereinigten Staaten verbietet, dann zeigt das ja auch jetzt, wie wir noch unter den Folgen einer solchen barbarischen und jedes Kulturvolkes unwürdigen Maßnahme zu leiden haben.
Ich erkläre nochmals im Namen meiner Fraktion, daß wir nicht zuletzt angesichts der wirtschaftlichen Werte, die der Film für Deutschland hat, dem Antrag unsere Zustimmung geben. Diese Zustimmung ist aber keinesfalls als ein Freibrief für Filmproduzenten zu betrachten, die glauben, auf Kosten des Staates irgendwelche keinem künstlerischen Zweck dienende Experimente betreiben zu können.
Die Zahl der Möglichkeiten, auf dem Gebiet der Filmproduktion noch in irgendeiner Form zu privaten Gewinnen zu kommen, scheint nicht so ganz gering zu sein; sonst gäbe es nicht täglich neue Interessenten, die an die Produktion neuer deutscher Filme herangehen.
Ich glaube, es sollte diesem Parlament und allen Menschen, die in diesem Lande guten Willens sind, und allen denjenigen, die glauben, daß unsere Fähigkeiten in erster Linie auf Gebieten zu liegen haben, die der Wohlfahrt der Menschen dienen, klar sein, daß der deutschen Filmwirtschaft von der Qualitätsseite, d. h. von der künstlerischen Seite her, insbesondere unter Berücksichtigung der Förderung des Kulturfilms, viel mehr geholfen werden kann als durch Hergabe finanzieller Mittel an Leute, die erst noch den Nachweis zu erbringen haben, daß sie all die Voraussetzungen, die wir nun einmal stellen müssen, zu erfüllen in der Lage sind.
Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Dann schließe ich die Aussprache über Drucksache Nr. 775.
Ich bitte diejenigen Damen und Herren, die für den auf Drucksache Nr. 775 gestellten Antrag nebst Empfehlungen auf der zweiten Seite sind, die Hand zu erheben. — Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. — Gegen eine kleine Minderheit so beschlossen.
Meine Damen und Herren! Wir kommen nunmehr zu Punkt 1 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, BP und des Zentrums eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Entschädigung der Mitglieder des Bundestages .
Das Wort als Berichterstatter hat der Herr Abgeordnete Scharnberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Grundlage für das Gesetz, welches Ihnen vorliegt, bildet der Artikel 48 des Grundgesetzes. Im Artikel 48 des Grundgesetzes ist festgelegt, daß die Abgeordneten dieses Hohen Hauses Anspruch auf eine angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung haben. Das Nähere soll durch ein Bundesgesetz geregelt werden. Die Frage, die für den Ausschuß anstand, war, festzustellen: was ist unter „angemessen" zu verstehen, was ist darunter zu verstehen, daß die Unabhängigkeit des Abgeordneten gesichert ist? Andererseits war die finanzielle Lage unseres Bundes zu berücksichtigen. Zu regeln waren einmal die Frage der Aufwandsentschädigung und zum anderen die Frage des Unkostenersatzes.
Zunächst zu der Frage der Aufwandsentschädigung. Die Aufwandsentschädigung stellt einen Ausgleich für die mit Übernahme des Mandats verbundenen wirtschaftlichen Nachteile dar. Diese wirtschaftlichen Nachteile sind tatsächlich vorhanden. Ich erinnere nur daran, daß die Beamten, die in dieses Haus gewählt werden, in den Wartestand ohne Gehalt versetzt werden. Ich erinnere weiter daran, daß die Angehörigen der freien Berufe — zum Beispiel Anwälte — sich meist Vertreter verpflichten müssen, für die sie entsprechende Aufwendungen zu machen haben. Ich erinnere daran, daß Unternehmer beträchtliche Ausfälle dadurch haben, daß sie sich ihren Unternehmen nicht in der bisherigen Weise widmen können. Auch die Festangestellten haben meist — zum mindesten indirekt — Nachteile durch die Tätigkeit hier in diesem Parlament. Diese Nachteile wirtschaftlicher Art treten nicht nur, wie ich eben sagte, für alle Betroffenen direkt in Erscheinung, sondern auch indirekt. Obwohl die einzelnen Berufsgruppen von der Übernahme des Mandats in wirtschaftlicher Beziehung zweifellos verschieden getroffen werden, ist es selbstverständlich, daß nur eine einheitliche Regelung getroffen werden konnte.
Der Gesetzentwurf sieht vor, daß als Aufwandsenschädigung 600 DM pro Monat gewährt werden. Der Ausschuß hat sich diesem Vorschlag angeschlossen. Er hat festgestellt, daß dies eine angemessene Entschädigung ist. Sie ist auch früher im alten Reichstag nach dem Diätengesetz vom 15. Dezember 1930 gewährt worden. Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Abgeordnete heute durch seine Tätigkeit im Bundestag wesentlich mehr in Anspruch genommen wird als damals. Daneben war die freie Benutzung der Bundesbahn und der Postverkehrsmittel gemäß den Bestimmungen des Artikels 48 des Grundgesetzes zu gewähren. All diese Regelungen sind im § 1 des Ihnen vorliegenden Gesetzentwurfes vorgesehen.
§ 2 regelt die Tagegelder, die entsprechend der Handhabung im Wirtschaftsrat und im Parlamentarischen Rat auf 30 DM täglich festgesetzt wurden. Außerdem sind Bestimmungen über die Verrechnung der An- und Abreisetage, gestaffelt nach den Entfernungen des Wohnsitzes des Abgeordneten vom Bundessitz, enthalten.
Der Ausschuß hat Ihnen einige kleinere Abänderungen vorgeschlagen, und zwar sind zu Beginn des § 2 die Worte „Zur Abgeltung ihrer Auslagen" gestrichen. Die Fassung ist dadurch klarer. Weiterhin ist in Ziffer 4 das Wort „Luft-. kilometer" durch „Straßenkilometer" — auch um eine bessere Klarstellung herbeizuführen — ersetzt worden.
Zum zweiten war neben der Frage der Aufwandsentschädigung die Frage des Unkostenersatzes zu prüfen. Es erschien allen Mitgliedern des Ausschusses selbstverständlich, daß der Abgeordnete Ersatz für seine Unkosten haben muß. Auch erschien es allen Mitgliedern zweckmäßig und richtig, eine gewisse Pauschalierung vorzunehmen. Sehr eingehende Beratungen haben darüber stattgefunden, inwieweit die Pauschalierung Platz greifen soll. Dabei war der Gedanke maßgeblich, Mißbrauch möglichst auszuschalten. In der ursprünglichen Drucksache Nr. 704 war vorgesehen, daß die Abgeordneten als Ersatz für ihre Auslagen in Bonn und im Wahlkreis pauschal 100 DM und gegen Nachweis weiterhin 200 DM bekommen. Damit sollten die Auslagen des Abgeordneten für Telefon, Schreibutensilien, Porto, Bürounkosten und auch für eine Schreibkraft abgegolten werden. Weiterhin war vorgesehen, daß für die Benutzung eines Kraftwagens im Wahlkreis pauschal 200 DM je Monat gewährt werden. Außerdem sollten noch für die Benutzung eines Kraftwagens vom Wohnsitz zum Bundessitz 24 Fahrten hin und zurück mit 25 Pfennig pro Kilometer vergütet werden. Schließlich kam noch als drittes ein Tagegeld für den Kraftfahrer hinzu. Der Ausschuß ist der Meinung, daß diese Beträge materiell durchaus angemessen sind. Aber er ist der Auffassung, daß die Regelung dieser Dinge nicht in das Gesetz gehört, weil es sich hier um eine Verwaltungsmaßnahme handelt. Daher schlägt Ihnen der Ausschuß vor, daß der Herr Präsident ermächtigt wird, diese Dinge in Verbindung mit dem Ältestenrat zu regeln. Dementsprechend wären in der Vorlage auf Drucksache Nr. 704 in § 1 Absatz 1 die Ziffer 3, in § 2 Absatz 1 der Satz 2, im § 2 Absatz 4 der letzte Satz und der § 5 in der Fassung des Entwurfs zu streichen.
Ich bitte dann außerdem noch, den Ausschußbericht auf Drucksache Nr. 797 in § 8 wegen eines Druckfehlers zu ändern. In der Fassung des Ausschusses zu § 8 Absatz 2 sind die Worte „und 3" zu streichen, so daß also der § 8 Absatz 2 folgenden Wortlaut hat:
Es werden gezahlt die für den Sterbemonat anfallenden Vergütungen; ferner die Aufwandsentschädigungen nach § 1 Absatz Ziffer 2 bis zum Ende des 3. Kalendermonats
usw.
Die Streichung der Worte „und 3" ergibt sich daraus, daß die Ziffer 3 in § 1 Absatz 1 gestrichen ist.
Anstatt des nach dem Vorschlag des Ausschusses zu streichenden § 5 in der Fassung des Entwurfs soll folgende Fassung treten:
Unkosten, die den Mitgliedern des Bundestags in Ausübung ihres Mandats erwachsen, werden nach Maßgabe von Ausführungsbestimmungen zu diesem Gesetz erstattet. Die Ausführungsbestimmungen erläßt der Präsident im Benehmen mit dem Ältestenrat; sie werden veröffentlicht.
Die letzten Worte möchte ich besonders betonen. Diese Regelung schien dem Ausschuß auch den Vorteil der größeren Beweglichkeit und der Möglichkeit, sich an veränderte Arbeitsmethoden des Parlaments anzupassen, zu haben. Voraussetzung für diese Regelung war allerdings, daß der Ältestenrat die materielle Regelung in der Weise beschließt, wie es in dem Antrag in der Drucksache Nr. 704 vorgesehen ist. Dieser Beschluß ist inzwischen vorsorglich vom Ältestenrat gefaßt. Materiell ändert sich demnach nichts gegenüber dem Gesetzentwurf laut Drucksache Nr. 704.
Der § 3 des Ihnen vorliegenden Gesetzentwurfes regelt das unentschuldigte Fernbleiben von den Vollsitzungen. Als Entschuldigungsgründe waren anerkannt Krankheit und Tätigkeit außerhalb des Bundestags im Interesse des Parlaments oder der Regierung. Der Ausschuß war der Meinung, daß zu diesen Gründen auch noch „sonstige triftige Gründe" hinzukommen müßten, zum Beispiel die Erledigung dringender Familienangelegenheiten. Daher haben wir Ihnen eine entsprechende Abänderung des ursprünglichen Gesetzentwurfs vorgeschlagen. Außerdem soll der Abzug nicht 30 DM betragen, sondern logischerweise 1/30 der Aufwandsentschädigung, also 20 DM.
In § 3 Absatz 3 schlägt Ihnen der Ausschuß eine andere Fassung vor, wonach beim Fernbleiben bei namentlichen Abstimmungen dem Abgeordneten nur einmal 20 DM abgezogen werden sollen, nicht aber ein Tagegeld zusätzlich. Das hätte nämlich aus der ursprünglichen Fassung entnommen werden können.
Der § 4 regelt die Frage doppelter Tagegelder solcher Mitglieder des Bundestags, die auch Mitglied einer anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaft sind, in den Fällen, in denen beide Körperschaften am gleichen Tage versammelt sind. Selbstverständlich hat dann der betreffende Abgeordnete nur Anspruch auf ein Tagegeld und nicht auf zwei.
Im Zusammenhang mit diesem Paragraphen ist im Ausschuß auch sehr eingehend die Aufwandsentschädigung solcher Abgeordneten erörtert worden, die auch in anderen Parlamenten tätig sind. Die Meinung des Ausschusses ging dahin, daß eine Regelung dieser Frage nicht bei uns, sondern bei den betreffenden Länderparlamenten erfolgen muß.
In § 6 ist vorgesehen, daß die Abgeordneten gegen Unfall versichert werden können, eine Regelung, die angemessen erscheint im Hinblick darauf, daß die Abgeordneten insbesondere durch die erhöhte Reisetätigkeit einer erhöhten Unfallgefahr ausgesetzt sind.
In § 7 ist bestimmt, daß ein Verzicht auf die Aufwandsentschädigung unzulässig ist, eine Bestimmung, die üblich ist und auch früher im alten Reichstag so gehandhabt wurde. § 8 regelt die Versorgungsverhältnisse der Hinterbliebenen von verstorbenen Mitgliedern.
§ 9 setzt fest, daß das Gesetz rückwirkende Kraft per 1. September 1949 erhält. Dies ist nötig, um die seitdem geleisteten Zahlungen zu legalisieren.
Meine Damen und Herren! Der Haushaltsausschuß sowie ein interfraktionell eingesetzter Unterausschuß haben das vorliegende Gesetz und die Ihnen jetzt von mir vorgetragenen Abänderungsvorschläge sehr eingehend beraten. Die Ausschüsse waren sich darüber im klaren, daß der Diätenfrage in weiten Kreisen unseres Volkes lebhafte Beachtung geschenkt wird. Dabei wird immer wieder Aufwandsentschädigung und Unkostenersatz gleichgesetzt, und durch Addition von beiden werden phantastische Ziffern genannt. Auch wird in der Kritik hin und wieder die Forderung aufgestellt, ein Ersatz für Spesen, die den Abgeordneten durch Unterhaltung und Benutzung eines Kraftwagens erwachsen, nicht zu vergüten Die eingesetzten Ausschüsse haben die Berechtigung dieser Kritik nicht anerkennen können. Es ist eine Selbstverständlichkeit, daß der Abgeordnete außer der Aufwandsentschädigung Ersatz seiner baren Auslagen erhält. Sie mit der Aufwandsentschädigung zu addieren und dann zu behaupten, daß der Abgeordnete Tausende von Mark erhält, ist genau so abwegig wie das Verfahren, wenn man dem Einkommen eines Geschäftsmannes seine Unkosten hinzurechnen wollte.
Andererseits ist der Kraftwagen ein unentbehrliches Verkehrsmittel unserer Zeit geworden, das zum Beispiel jeder kleinere und größere Geschäftsmann benötigt und meist auch besitzt. Es ist nicht einzusehen, warum dem Abgeordneten des Bundestags — der durch die Übernahme seines Mandats durchweg vielfach erhebliche materielle Opfer in seinem Zivilberuf bringt und der sich zudem durch seine Tätigkeit am Bundessitz, also außerhalb seines Wohnsitzes, ebenso familiären Unbequemlichkeiten und Unzuträglichkeiten wie auch gesundheitlichen Gefahren durch die starke arbeitsmäßige Überlastung aussetzt — die Benutzung eines Kraftwagens verweigert werden soll. Selbstverständlich war ein Mißbrauch zu verhindern, was aber durch die Regelung der Anordnung des Präsidenten im Benehmen mit dem Ältestenrat in wirksamer Weise geschieht; denn hierdurch ist es nur noch möglich, die Fahrten vom Wohnsitz zum Bundessitz und zurück zu liquidieren, die nötig sind.
Der Ausschuß ist zu dem Ergebnis gekommen, daß es sich bei dem Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf nebst den- Abänderungen um eine angemessene und den Bestimmungen des Artikels 48 des Grundgesetzes entsprechende Regelung han-
delt. Der Ausschuß beantragt infolgedessen, das Gesetz mit den vorgeschlagenen Abänderungen anzunehmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seine Ausführungen.
Ich eröffne die Aussprache in der zweiten Beratung. Wird das Wort gewünscht? — Ich stelle fest: das ist nicht der Fall.
Dann schließe ich die Aussprache der zweiten Beratung.
— Verzeihung, ich habe bereits die Aussprache geschlossen.
— Ich hatte die Aussprache soeben geschlossen und dann haben Sie erst Ihre Wortmeldung angebracht. Ich bedauere, Ihrer Wortmeldung nicht Folge geben zu können.
Meine Damen und Herren, ich rufe die Beschlüsse des 10. Ausschusses gemäß Drucksache Nr. 797 auf: Wer für § 1, — § 2, — § 3, — § 4, — § 5, — § 6, — § 7, — § 8 — wobei für § 8 zu bemerken ist, daß die beiden Worte „und 3" gestrichen sind, wie der Herr Berichterstatter eben hervorgehoben hat — und § 9 — ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. — Gegen eine kleine Minderheit angenommen.
0 Wer für die Einleitung und die Überschrift ist. den bitte ich ebenfalls, die Hand zu erheben. — Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. — Gegen eine kleine Minderheit angenommen.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort wird nicht gewünscht.
— Bitte, Herr Abgeordneter von Rechenberg.
Meine Damen und Herren, ich will nur ganz kurz einige prinzipielle Bemerkungen machen. Es ist jetzt durch die Ausarbeitung im Ausschuß erreicht worden, daß aus dem Gesetz das herausgekommen ist, was auch nicht hineingehört. Ich billige das. Es ist ferner dem Ältestenrat in Verbindung mit dem Herrn Präsidenten überlassen worden, eine angemessene Entschädigung für die Unkosten festzusetzen, deren Erstattung die einzelnen Abgeordneten selbstverständlich zu beanspruchen haben. Dazu möchte ich sagen, daß die jetzigen Sätze, die hier in dieser Anordnung festgesetzt worden sind, meiner Meinung nach einer baldigen Nachprüfung bedürfen.
Meine Damen und Herren, ich bin der letzte, der nicht allen von Herzen gönnt, daß sie recht gut leben.
Ich weiß auch, daß der Abgeordnete hier — (erneute Unruhe; — Abg. Schröter:
„Gut leben!") daß der Abgeordnete hier
nur dann seiner Pflicht nachkommen kann, wenn er wirklich sorgenfrei lebt. Das ist vollkommen klar. Ich bin der letzte, sage ich nochmals, der irgendwie knapsen will. Aber, meine Damen und Herren, wir sind hier bei dieser Situation in einer ganz speziellen Lage. Ich habe vollkommenes Verständnis dafür, wenn man für seine Interessen sorgt. Durchaus, vollkommen klar!
Aber, meine Damen und Herren, wir sind ja nicht etwa in der Lage, in der ein Generaldirektor mit seinem Aufsichtsrat verhandelt. Wir stehen hier auch nicht wie Inhaber, die letzten Endes herausnehmen können, was sie wollen.
Darf ich Sie einen Augenblick unterbrechen. Ich halte es nicht für zulässig, angesichts dieses Gesetzes davon zu sprechen, daß die Mitglieder des Bundestags für ihre Interessen sorgen, sondern es entspricht lediglich dem Grundsatz, der im Grundgesetz niedergelegt ist.
Wenn ich mich im Ausdruck vergriffen haben sollte, so bitte ich um Entschuldigung. Ich habe selbstverständlich nicht sagen wollen, daß hier irgendwelche Interessenvertretung ist, sondern ich habe lediglich sagen wollen, daß man selbstverständlich das Recht hat, dafür zu sorgen, daß man das auch wiederbekommt, was man ausgeben muß.
Meine Damen und Herren, wir haben hier eine besondere Aufgabe. Wir sind hier so etwas wie Treuhänder. Wir sind Treuhänder für das Vermögen des deutschen Volkes, und wir sind noch mehr; wir sollen eine sehr subtile Pflanze zum Leben erwecken, die Zuneigung zur deutschen Demokratie. Das ist es, was uns in allen Versammlungen immer wieder entgegenschlägt, daß immer wieder auf die Diäten und auf die Bezüge hingewiesen wird. Darum bin ich der Meinung, man sollte möglichst schnell diese heute festgesetzten Sätze einer Nachprüfung unterziehen, um sie vor Angriffen rechtfertigen zu können.
Wird das Wort weiter gewünscht?
— Herr Abgeordneter Renner hat das Wort.
Meine Damen und Herren, es wirkt meines Erachtens immerhin etwas eigenartig, wenn uns hier ein Millionär Bescheidenheit predigt.
Meine Damen und Herren, ich habe im Namen meiner Fraktion kurz noch einmal das zu dem Diätengesetz zu erklären, was ich bereits ausgesprochen habe. Wir halten das Diätengesetz, auch trotz dieser offenkundigen Verbesserung. einmal in seinen Leistungen noch für zu hoch und, was den Aufbau angeht, für zu undurchsichtig. Wir hätten ein klares Gesetz gewünscht, das dem Abgeordneten die Bezüge sichert, auf
die er auf Grund seiner Tätigkeit und auch gem äß dem Grundgesetz einen Anspruch zu erheben hat. Das, was wir hier in diesem Gesetz erhalten, ist nach unserer Auffassung, an der allgemeinen Not unseres Volkes gemessen, zu hoch. Das sind die Gründe, die uns bewegen, . gegen das Diätengesetz zu stimmen.
Herr Abgeordneter Loritz, bitte!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann mich nur dem anschließen, was gerade schon gesagt worden ist. Wenn ein reicher Mann und Millionär hier so spricht, dann scheint mir das sehr deplaziert zu sein.
Ich beharre ebenfalls auf dem, was ich Ihnen schon das letzte Mal gegen diesen Gesetzentwurf gesagt habe, allerdings in einem andern Sinn, als sie es vielleicht verstanden haben. Das möchte ich Ihnen ausdrücklich erklären. Es freut mich, daß ein großer Verband wie der VdK, der sicherlich nicht im Verdacht steht, irgendwie einseitig parteipolitisch gebunden zu sein, in der Märznummer seiner Zeitung auch erklärt hat, daß diese Diätenregelung gerade dann, wenn die Betreffenden reiche Leute sind, ein Unrecht ist gegenüber den Steuerzahlern und noch viel mehr gegenüber den Kriegsversehrten, den Ausgebombten, den Heimatvertriebenen und den alten Rentnern. Sie kennen meine ablehnende Stellungnahme gegen dieses Gesetz! Ich habe ihr nichts mehr hinzuzufügen!
Ich wende mich überdies dagegen, daß hier ausgerechnet der Großindustrielle Baron von Rechenberg noch auftritt.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Leonhard.
Meine Damen und Herren! Wohl jedem Abgeordneten dieses Hohen Hauses wurde schon irgendwie und irgendwo einmal die Frage nach der Höhe der Diäten vorgehalten. Phantastische Zahlen über die Höhe dieser Bezüge wurden genannt. Sie alle kennen die Höhe dieser Zahlen. Uns allen in diesem Hause wäre es wohl lieber, wenn nicht wir selbst dieses Gesetz schaffen müßten.
Besser wäre es gewesen, wenn dieses Gesetz gleich nach dem Zusammentritt des Bundestages beschlossen worden wäre.
Hätten wir es aber damals beschlossen, dann wäre uns wohl von allen Seiten vorgehalten worden: Das also ist den Abgeordneten das Wichtigste, daß s i e ihr Geld bekommen; das Volk kann ruhig Not leiden.
Wenn ich heute zu dem vorliegenden Diätengesetz und den Ausführungsbestimmungen das Wort ergreife, dann darf ich für mich in Anspruch nehmen, mich jederzeit mit allem Nachdruck für eine Regelung eingesetzt zu haben, die möglichst jede Korruption ausschaltet. Dies scheint mir bei dem vorliegenden Entwurf weitgehend der Fall zu sein.
Wie sich die Diäten aus Pauschalgebühr, Tagegeld usw. zusammensetzen, haben Sie von unserem Berichterstatter gehört. Addiert man diese Beträge, dann kommt man selbstverständlich auf eine Summe, die weiten Kreisen viel zu hoch erscheint. Aber diese Leute halten nicht auseinander, was wirkliches Einkommen und was Betriebsausgaben, also Unkosten, sind.
Nicht einmal der ausgekochteste Buchprüfer irgendeines Landesfinanzamtes käme auf den Gedanken, einem steuerpflichtigen Geschäftsmann die Telephon- und Postgebühren, die Unkosten für den von dem Betrieb benötigten Kraftwagen oder das, was er für Übernachtungen anläßlich einer Geschäftsreise bezahlt, zu dem Einkommen zuzuschlagen, wie man es leider bei den Abgeordneten zu tun gewohnt ist.
Jeder mittlere oder höhere Beamte hat, falls erforderlich, einen bestimmten Sachapparat zur Verfügung, eventuell Auto, Fahrer, Büro, Schreibkräfte usw. Diesen Apparat bezahlt die Öffentlichkeit mit aller Selbstverständlichkeit, während der Abgeordnete sein Auto, sein Büro und all diese Dinge selbst finanzieren muß.
Nehmen wir die gesamten Einnahmen und Ausgaben der Abgeordneten doch einmal unter die Lupe.
— Durch Zwischenrufe lasse ich mich dabei nicht aus dem Konzept bringen; ich möchte nur sachlich über diese Angelegenheit sprechen.
Ein großer Teil der Abgeordneten mußte — dies sei ausdrücklich betont — Beamtenstellungen aufgeben. Andere haben durch die Abgeordnetentätigkeit große geschäftliche Nachteile; Ersatzkräfte mußten eingestellt und bezahlt werden. Nahezu alle Abgeordneten sind gezwungen, einen doppelten Haushalt zu führen. 50 bis 100 DM dürfte der Durchschnittspreis für ein Zimmer hier in Bonn sein.
Die 100 DM Unkostenzuschuß für den Telephonanschluß, die Fernsprechgebühren und die Postauslagen reichen für die wenigsten Abgeordneten aus. Die 200 DM für ein Sekretariat decken in keiner Weise die tatsächlichen Unkosten eines solchen. Diejenigen Abgeordneten, die diese Ausgaben nicht haben, können diesen Betrag auch nicht erheben.
Ein großer Teil der Abgeordneten hat keine andere Wahl, als die Nachtzeit zu benutzen, um mit der Bahn nach Bonn zu fahren. Die Schlafwagengebühren von 100 DM oder mehr im Monat gehen selbstverständlich zu Lasten des Abgeordneten. Ich glaube, kein Mensch beneidet diese Leute um ihre zirka 8 Nachtfahrten je Monat nach Bonn.
Was das Leben hier kostet, ist zur Genüge bekannt; darüber ist wohl kein Wort zu verlieren. Man braucht nicht gerade die von dem Abgeordneten Loritz in einer Versammlung erwähnten Koteletts zu 4 DM zu essen, um bedeutende, Ausgaben zu haben. Siedewurst mit Rotkohl oder Sauerkohl und Fischfilet sind nach meinen Beobachtungen die Spezialgerichte der Abgeordneten.
Coca-Cola und Hohenastheimer Apfelsaft oder ein Glas Bier oder eine Tasse Kaffee sind die üblichen Getränke der Abgeordneten in diesem Hause. Es ist nicht so, wie leider auch Abgeordnete dieses Hauses in demagogischer Weise behaupten, daß ein großer Teil der Abgeordneten dauernd im Restaurant sitzt und dort seine Diäten verzehrt. Nein, die Abgeordneten hier kennen keinen Achtstundentag und kein freies Wochenende.
Den Leuten, die von den riesigen wertvollen Kristallvasen in diesem Hause sprachen, muß gesagt werden, daß es sich um alte ausgebrauchte Säureballons handelt.
Man mag über den Bundestag sagen, was man will: die Tatsache ist nicht zu bestreiten. daß der größte Teil der Abgeordeine Fülle von Arbeit leistet, von der Uneingeweihte keine Vorstellung haben und keine haben können.
Der Abgeordnete hat durch seine dauernden Reisen auch bedeutend höhere Ausgaben für Garderobe und Wäsche. Das ist doch selbstverständlich und dürfte von niemand bestritten werden. Die 200 DM für Fahrten im Wahlkreis decken kaum die Kosten für das Halten eines Kraftwagens. Amortisation, Verzinsung. Steuer. Versicherung, Garagenmiete und Betriebstoff verschlingen pro Monat wahrscheinlich etwas mehr als diese 200 DM.
Der Abgeordnete kann doch seinen Wahlkreis wirklich nicht mit dem Fahrrad oder zu Fuß bereisen. Denn die Wahlkreise der meisten Abgeordneten sind sehr groß. Manche Abgeordnete haben über 200 Dörfer zu besuchen, deren entfernteste oft mehr als 100 km auseinanderliegen. Und wehe dem Abgeordneten, wenn er nicht jederzeit kommt, wenn sein Erscheinen von seinen Wählern gewünscht wird!
Was hat ein Abgeordneter zum Beispiel von seinem Wochenende? Zahlreiche Besucher warten mit Schmerzen auf ihn; Versammlungen, Besprechungen, Sitzungen füllen seine Zeit aus. Von seiner Familie hat ein Abgeordneter überhaupt nichts mehr. Fragen Sie die Frauen der Abgeordneten, die wissen Bescheid, oder auch umgekehrt die Männer der Frauen Abgeordneten hier in diesem Parlament.
Wenn dieses Haus einmal nicht so besetzt ist, wie es sein sollte, so ist das bestimmt bedauerlich. Wenn man aber weiß, welch eine Fülle von Korrespondenz der Abgeordnete in diesem Hause zu erledigen hat, wenn man um die Verhandlungen weiß, die er hier mit Ministerien und anderen Stellen führt, wenn man an die Besucher denkt, die er empfängt und deren Wünsche er weitgehend erledigt und berücksichtigt, dann weiß á man auch, daß diese Aufgaben hier eine Menge Zeit in Anspruch nehmen.
Wie oft tagen aus Zeitmangel auch noch Ausschüsse während der Plenarsitzung! Diese Tatsache verdient ebenfalls beachtet zu werden.
Ein Abgeordneter dieses Hohen Hauses sagte unlängst in sehr billiger und demagogischer Weise in einer großen Versammlung unter dem Beifall der Menge u. a.: „Der Bundestag wirft unnötigerweise das Geld zum Fenster hinaus." 402 Abgeordnete seien viel zu viel, 200 würden durchaus genügen. Ich entgegnete diesem Herrn, zum Abstimmen wären durchaus 200 oder 50 oder auch noch weniger genug, aber ich sei nicht in der Lage, einen Wahlkreis richtig zu bearbeiten, der doppelt so groß wäre, wie dies bei meinem heutigen Wahlkreis der Fall ist. Und den anderen Herren und Damen geht es auch nicht anders.
Die Tätigkeit eines Bundestagsabgeordneten dürfte doch, an den Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes gemessen, geldlich mindestens so bewertet werden, wie dies in dem vorgelegten Diätengesetz und in den Ausführungsbestimmungen geschieht. Oder sollen die Abgeordneten diese Tätigkeit etwa ohne Entschädigung ausüben? Dies würde doch dazu führen, daß nur noch Großkapitalisten, Syndici, Partei- oder Gewerkschaftsfunktionäre, Journalisten oder Angehörige ähnlicher Berufsgruppen ein Mandat annehmen und ausüben könnten. Aber dies gäbe bestimmt keine Volksvertretung aller Bevölkerungsschichten, so wie es im Interesse unseres Volkes unbedingt notwendig ist.
Unter Berücksichtigung aller angeführten Tatsachen und Umstände ist der Betrag, den ein Abgeordneter nach der jetzigen Regelung erhalten soll, auch vor dem letzten Wähler vertretbar. Ich werde mich nicht scheuen, diese Regelung überall vor meinen Wählern, aber auch vor meinem Gewissen zu vertreten und zu verantworten.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schoettle.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht die Absicht, eine lange Rede zu halten. Sie wäre vielleicht gar nicht gehalten worden, wenn nicht die Debatte durch Herrn Kollegen von Rechenberg in Gang gebracht worden wäre. Ich verstehe durchaus, daß man zu diesem Diätengesetz einen individuellen Standpunkt einnimmt; ich will mich deshalb auch gar nicht hier mit einzelnen Äußerungen auseinandersetzen. Ich glaube, das, was der Herr Kollege Leonhard hier aus der Erfahrung eines Mannes gesagt hat, dem man nicht nachsagen kann, daß er einen üppigen Lebenswandel führt, ist vom Standpunkt des durchschnittlichen Abgeordneten dieses Hauses, der seine Pflicht erfüllt, durchaus von jedem zu unterstreichen.
Ich möchte aber doch einiges hinzufügen, was vielleicht auch den Herren von der Presse — ich rede sonst nicht zur Galerie, wenn ich nicht muß — einmal zur Kenntnis gebracht werden müßte.
— Ich kann nicht dafür, daß ich zu diesem Berufsstand gehöre. Ich betrachte es als eine Ehre, obwohl ich nicht alle Äußerungen meines eigenen Berufsstandes für sakrosankt halte.
Und in der Diätenfrage hat sich die deutsche
Presse in jedem Falle nicht mit Ruhm bekleckert.
Es ist sehr billig, von den Bezügen der Abgeordneten zu reden, wenn man die Gehaltsregelungen, die in einem Teil der Presse gelten — zuzüglich der Spesen —, sorgsam der Öffentlichkeit verschweigt.
Wer im Glashaus sitzt, der sollte beim Steinewerfen vorsichtig umgehen.
Aber wir wollen es uns nicht so billig machen. Es ist ganz klar, daß in einem Lande wie dem unseren und bei der Not, die bei uns herrscht, die Art, wie öffentliche Gelder von öffentlichen Funktionären verwendet werden, Gegenstand der öffentlichen Kritik ist. Wir können uns gar nicht dagegen schützen, und wir sollten es auch nicht dadurch tun, daß wir irgend etwas verheimlichen. Jeder von uns sollte den Mut haben, sich draußen hinzustellen und das zu verteidigen, was hier beschlossen wird.
Er kann es verteidigen, wenn er seine Pflicht hier erfüllt.
Ich darf hier vielleicht noch ein paar Zahlen nennen, die ganz nützlich sind. Das, was der Bundestag, die gesetzgebende Körperschaft, für diesen im Aufbau befindlichen Staat den deutschen Steuerzahler kostet, beträgt zwei Zehntelprozent der gesamten Aufwendungen, die in unseren jetzt teils beratenen, teils verabschiedeten, teils noch zu beratenden Haushaltsplänen enthalten sind. Zwei Zehntelprozent! Und nun bedenken Sie das Geschrei, das darum, in einem
Teil der Presse gemacht worden ist. Umgerechnet auf den Kopf der Bevölkerung zahlt der deutsche Steuerzahler für seinen Abgeordneten pro Jahr 33 Pfennig. Ich glaube, daß die Arbeit, die ein großer Teil der Damen und Herren dieses Hauses hier leistet, dem deutschen Steuerzahler mehr wert ist als 33 Pfennig pro Kopf und Jahr.
Man sollte die Relationen einmal gerecht darstellen. Dann würde vielleicht die Debatte um die Diäten der Abgeordneten ein viel sachlicheres Gesicht bekommen, als sie es bisher hatte.
Meine Damen und Herren! Ich darf feststellen, daß das Wort nicht weiter gewünscht wird. Dann erkläre ich die Aussprache der dritten Beratung für geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die §§ 1 bis 9 sowie die Einleitung und die Überschrift der Drucksache Nr. 797 neu ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Ich danke und bitte um die Gegenprobe. — Gegen eine kleine Minderheit angenommen.
Ich komme zur Schlußabstimmung. Wer für das Gesetz in der Fassung der Drucksache Nr. 797 neu im ganzen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Ich danke und bitte um die Gegenprobe. — Gegen eine kleine Minderheit angenommen.
Damit sind wir am Ende der Tagesordnung. Ich wünsche Ihnen allen, meine verehrten Damen und Herren, für die bevorstehende Ruhepause von Herzen gute Erholung.
Ich berufe die nächste Sitzurig des Deutschen Bundestages, die 58. Sitzung, auf Mittwoch, den 26. April dieses Jahres, ein.
Ich erkläre die 57. Sitzung des Bundestags für geschlossen.