Rede von
Erwin
Schoettle
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht die Absicht, eine lange Rede zu halten. Sie wäre vielleicht gar nicht gehalten worden, wenn nicht die Debatte durch Herrn Kollegen von Rechenberg in Gang gebracht worden wäre. Ich verstehe durchaus, daß man zu diesem Diätengesetz einen individuellen Standpunkt einnimmt; ich will mich deshalb auch gar nicht hier mit einzelnen Äußerungen auseinandersetzen. Ich glaube, das, was der Herr Kollege Leonhard hier aus der Erfahrung eines Mannes gesagt hat, dem man nicht nachsagen kann, daß er einen üppigen Lebenswandel führt, ist vom Standpunkt des durchschnittlichen Abgeordneten dieses Hauses, der seine Pflicht erfüllt, durchaus von jedem zu unterstreichen.
Ich möchte aber doch einiges hinzufügen, was vielleicht auch den Herren von der Presse — ich rede sonst nicht zur Galerie, wenn ich nicht muß — einmal zur Kenntnis gebracht werden müßte.
— Ich kann nicht dafür, daß ich zu diesem Berufsstand gehöre. Ich betrachte es als eine Ehre, obwohl ich nicht alle Äußerungen meines eigenen Berufsstandes für sakrosankt halte.
Und in der Diätenfrage hat sich die deutsche
Presse in jedem Falle nicht mit Ruhm bekleckert.
Es ist sehr billig, von den Bezügen der Abgeordneten zu reden, wenn man die Gehaltsregelungen, die in einem Teil der Presse gelten — zuzüglich der Spesen —, sorgsam der Öffentlichkeit verschweigt.
Wer im Glashaus sitzt, der sollte beim Steinewerfen vorsichtig umgehen.
Aber wir wollen es uns nicht so billig machen. Es ist ganz klar, daß in einem Lande wie dem unseren und bei der Not, die bei uns herrscht, die Art, wie öffentliche Gelder von öffentlichen Funktionären verwendet werden, Gegenstand der öffentlichen Kritik ist. Wir können uns gar nicht dagegen schützen, und wir sollten es auch nicht dadurch tun, daß wir irgend etwas verheimlichen. Jeder von uns sollte den Mut haben, sich draußen hinzustellen und das zu verteidigen, was hier beschlossen wird.
Er kann es verteidigen, wenn er seine Pflicht hier erfüllt.
Ich darf hier vielleicht noch ein paar Zahlen nennen, die ganz nützlich sind. Das, was der Bundestag, die gesetzgebende Körperschaft, für diesen im Aufbau befindlichen Staat den deutschen Steuerzahler kostet, beträgt zwei Zehntelprozent der gesamten Aufwendungen, die in unseren jetzt teils beratenen, teils verabschiedeten, teils noch zu beratenden Haushaltsplänen enthalten sind. Zwei Zehntelprozent! Und nun bedenken Sie das Geschrei, das darum, in einem
Teil der Presse gemacht worden ist. Umgerechnet auf den Kopf der Bevölkerung zahlt der deutsche Steuerzahler für seinen Abgeordneten pro Jahr 33 Pfennig. Ich glaube, daß die Arbeit, die ein großer Teil der Damen und Herren dieses Hauses hier leistet, dem deutschen Steuerzahler mehr wert ist als 33 Pfennig pro Kopf und Jahr.
Man sollte die Relationen einmal gerecht darstellen. Dann würde vielleicht die Debatte um die Diäten der Abgeordneten ein viel sachlicheres Gesicht bekommen, als sie es bisher hatte.