Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Vor Eintritt in die Tagesordnung gebe ich bekannt, daß nach § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung der Bericht des Sprechers der deutschen Delegation bei der Beratenden Versammlung des Europarats über die Tagung vom April 1967, Drucksache V/1840, dem Auswärtigen Ausschuß überwiesen werden soll. Kein Widerspruch? — Das Haus ist einverstanden; es ist so beschlossen.
Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit hat am 9. Juni 1967 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frau Klee, Pöhler, Dr. Rutschke und Genossen betr. Empfehlung 486 der Beratenden Versammlung des Europarates über den internationalen Hilfsdienst — Drucksache V/1802 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache V/1865 verteilt.
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Verordnung des Rates zur Festsetzung der Grundregeln für Interventionen bei Getreide
— Drucksache V/1848 —
an den Ausschuß für, Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 30. Juni 1967
Verordnung des Rates zur Festsetzung des Grundpreises und des Ankaufspreises für Tomaten
Verordnung des Rates zur Festsetzung des Grundpreises und des Ankaufspreises für Pfirsiche
— Drucksache V/1849 —
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 30. Juni 1967
Verordnung des Rates über die allgemeinen Regeln für die Gewährung der Erstattungen bei der Ausfuhr von Zucker nach dritten Ländern
Verordnung des Rates über die Regeln für die vorherige
Festsetzung von Abschöpfungsbeträgen für Getreide — Drucksache V/1850 —
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 30. Juni 1967
Verordnung des Rates über die Ausgleichsabgabe bei der Einfuhr bestimmter pflanzlicher Öle
— Drucksache V/1851 —
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 30. Juni 1967
Verordnung des Rates zur Festsetzung des Grundpreises und des Ankaufspreises für Zitronen
— Drucksache V/1852 —
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 30. Juni 1967
Verordnung des Rates über die Grundregeln für die Gewährung von Erstattungen bei der Ausfuhr und die Kriterien für die Festsetzung des Erstattungsbetrags für Getreide
— Drucksache V/1853 —
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum em 30. Juni 1967
Verordnung des Rates über Erstattungen bei der Ausfuhr von Raps- und Rübsensamen sowie Sonnenblumenkernen
— Drucksache V/1854 —
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 30. Juni 1967
Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 16/64/EWG bezüglich der Erstattungen für Reis, der in nach dritten Ländern ausgeführten Verarbeitungserzeugnissen enthalten ist
Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 13/64/EWG hinsichtlich der Erstattungen, die für die Milcherzeugnisse gewährt werden, die in nach dritten Ländern ausgeführten Verarbeitungserzeugnissen enthalten sind
— Drucksache V/1855 —
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 30. Juni 1967
Verordnung des Rates betreffend Anderungen der gemeinsamen Qualitätsnormen für Tomaten
— Drucksache V/1856 —
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 30. Juni 1967
Verordnung des Rates zur Sanierung des Marktes für Erzeugnisse der Brotgetreidevermahlung
— Drucksache V/1857 —
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — federführend — und an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen — mitberatend — mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 30. Juni 1967
Verordnung des Rates über das Vorgehen der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der den Unternehmen des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs auferlegten Verpflichtungen, die unter den Begriff des öffentlichen Dienstes fallen
— Drucksache V/1858 —
an den Verkehrsausschuß — federführend —, an den Innenausschuß und Haushaltsausschuß — mitberatend — mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 27. Oktober 1967
Verordnung Nr. 105/67/EWG des Rates vom 31. Mai 1967 zur Änderung des in Italien während des Milchwirtschaftsjahres 1967/1968 geltenden Schwellenpreises für Butter
Verordnung Nr. 106/67/EWG des Rates vom 31. Mai 1967 über die Abweichung von einigen Vorschriften der Verordnung Nr. 13/64/EWG in bezug auf die Festsetzung der Schwellenpreise und die Berechnung der Abschöpfungsbeträge sowie der Erstattungsbeträge für bestimmte Käsesorten
Verordnung Nr. 107/67/EWG des Rates vom 31. Mai 1967 über die Abweichung von den Vorschriften der Verordnungen Nr. 160/66/EWG und Nr. 92/67/EWG in bezug auf die Abgaben, die zu erheben sind, wenn Erzeugnisse vom 1. Juni 1967 an nach Italien eingeführt werden, denen ein Formblatt DD 1 beigefügt ist
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnungen erhoben werden.
Damit, meine Damen und Herren, kommen wir zur Tagesordnung.
Punkt 1 der Tagesordnung:
Fragestunde
— Drucksachen V/1842, zu V/1842 —
5582 Deutscher Bundestag — 5, Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967
Präsident D Dr. Gerstenmaier
Zunächst die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern einschließlich der Fragen, die auf der Drucksache zu Drucksache V/1842 verzeichnet sind. Frage 1 des Herrn Abgeordneten Ertl:
Treffen Pressemeldungen zu, wonach wegen Kompetenzschwierigkeiten zwischen einzelnen Bundesministerien die Gründung der olympischen Baugesellschaft für München bisher nicht zustande gekommen ist?
Zur Beantwortung der Herr Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesinnenminister.
Die Pressemeldungen treffen nicht zu, Herr Kollege Ertl. Die Beratungen zwischen den Vertretern der- Bundesressorts, des Freistaates Bayern und der Landeshauptstadt München stehen vor dem Abschluß, so daß mit der Gründung der Bauträger- und Finanzierungsgesellschaft für die Errichtung, Finanzierung und Vorhaltung. der für die Ausrichtung der Olympischen Spiele 1972 notwendigen Anlagen in Kürze gerechnet werden kann. In den wenigen Fragen, die zur Zeit noch offen sind, vertritt der Bund in allen seinen Ressorts eine einheitliche Auffassung.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind Sie in der Lage, eine konkrete zeitliche Angabe zu machen, nachdem man dem Bund auch vorwirft, die bisherigen Einwendungen seien mehr oder weniger nichtig?
Ich kann die Zeitfolge nicht so genau konkretisieren, Herr Kollege Ertl, wie Sie es vielleicht wünschen. Möglicherweise ist durch die Umstände, auf die sich Ihre Frage bezieht, eine gewisse — ich glaube aber, nur eine geringfügige — Verzögerung eingetreten. Wir sind zuversichtlich, daß wir zeitgemäß alle notwendigen Vorbereitungen treffen können.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, darf ich aus Ihrer Antwort entnehmen, daß sich der Bund dessen bewußt list, daß die Bauarbeiten baldmöglichst aufgenommen werden müssen, weil sie in spätestens dreieinhalb Jahren beendet sein müssen?
Der Bund ist sich dessen bewußt, Herr Kollege Ertl.
Ich rufe die Fragen 2 und 3 des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen auf:
Hält die Bundesregierung die durch die „Vertragsbedingungen für deutsche Ortskräfte bei den Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland" vom 13. Juni 1965 geschaffenen Verbesserungen der Lage der deutschen Ortskräfte bei den Auslandsvertretungen für ausreichend?
Welche weiteren Verbesserungen für die in Frage 2 erwähnten Kräfte plant sie gegebenenfalls auf Grund der gemachten Erfahrungen?
Die im Jahre 1965 in Kraft gesetzten Vertragsbedingungen für deutsche Ortskräfte bei den Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland, abgekürzt VBOrtskr., sind in der Zwischenzeit in einigen Punkten weiter verbessert worden. Insbesondere haben die deutschen Ortskräfte die Möglichkeit erhalten, in gleicher Weise wie die entsandten Kräfte bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder versichert zu werden. Die Rechtsstellung der deutschen Ortskräfte ist dadurch weitgehend der Rechtsstellung der in Deutschland tätigen Arbeitnehmer des Bundes angeglichen worden. Die Bundesregierung hält deshalb die in den letzten Jahren geschaffenen Verbesserungen der Lage der deutschen Ortskräfte für ausreichend.
Die seit der Einführung der Vertragsbedingungen vergangene Zeit hat gezeigt, daß Ergänzungen dieser Vertragsbedingungen erforderlich sein können. Die Bundesregierung wird auch in Zukunft bemüht sein, solchen Notwendigkeiten Rechnung zu tragen. Dem entspricht es, daß sich die Vertreter des Bundes und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr und der Deutschen AngestelltenGewerkschaft bei den Verhandlungen über die Neuregelung der Vertragsbedingungen der Ortskräfte darüber geeinigt haben, daß Gespräche über etwa notwendig werdende Änderungen der Vertragsbedingungen zu gegebener Zeit aufgenommen werden.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, würden Sie die Frage der Gewährung des Kinderzuschlages im Hinblick auf die Angleichung, von der Sie gesprochen haben, in die Prüfung mit einbeziehen?
Sehr gern, Herr Kollege! Ich muß nur darauf aufmerksam machen, daß die Fragen, die Sie stellen, auch — vielleicht sogar überwiegend — in den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes fallen, so daß ich Sie um Verständnis dafür bitte, daß meine Antworten zuvor mit dem Auswärtigen Amt abgestimmt werden müssen.
Zweite Zusatzfrage. .
Herr Staatssekretär, würden Sie bei dieser Abstimmung mit dem Auswärtigen Amt auch noch einmal die Frage überprüfen, ob es nicht richtiger wäre, das Statut dieser Ortskräfte in eine tarifvertragliche Regelung überzuleiten?
Ich bin gerne bereit, das mit prüfen zu lassen.
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967 5583
Ich rufe die Fragen 51 und 52 des Herrn Abgeordneten Haase aus der Drucksache zu Drucksache 11/1842 auf:
Wird die Bundesregierung die auf Grund des Ersten Besoldungsneuregelungsgesetzes möglichen Höherstufungen von der Besoldungsgruppe A 16 in die Besoldungsgruppe B 3, von A 12 nach A 13 und von A 8 nach A 9 nach einheitlichen Maßstäben vornehmen?
Welche Maßstäbe gedenkt die Bundesregierung anzuwenden, um ein einheitliches Vorgehen bei den in Frage 51 genannten Höherstufungen zu gewährleisten?
Herr Präsident, ich bitte, auch hier damit einverstanden zu sein, daß ich beide Fragen zusammen beantworte.
Bitte sehr!
Die Übertragung eines der nach dem Ersten Besoldungsneuregelungsgesetz vorgesehenen Spitzenämter ist eine Beförderung oder steht laufbahnrechtlich einer Beförderung gleich. Die Maßstäbe, nach denen Beförderungen vorzunehmen sind, 'ergeben sich aus Art. 33 Abs. 2 GG und § 23 des Bundesbeamtengesetzes. Danach haben Beförderungen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu erfolgen.
Auf dieser Grundlage haben die zuständigen Stellen, wie auch bei sonstigen Beförderungen, in eigener Verantwortung nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Es ist nicht beabsichtigt, weitergehende Richtlinien zu erlassen, weil andere Merkmale — etwa Größe und Bedeutung des Aufgabenbereiches oder Leistung und Erfahrung des Beamten — nur von der Organisation der jeweiligen Behörde aus gesehen bzw. nur von dem jeweiligen Dienstvorgesetzten beurteilt werden können.
Keine Zusatzfrage.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Ich rufe die Fragen 4, 5 und 6 des Herrn Abgeorneten Biermann auf:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß rund 1000 festgestellte Übertretungen gegen § 5 Abs. 1 des Gesetzes über die Arbeitszeit in Bäckereien und Konditoreien in keinem Verhältnis zu den rund 50 000 Backwarenbetrieben stehen?
Gibt es Anzeichen dafür, daß der deutsche Backwarenmarkt durch gesetzlich zulässige Nachtarbeit der Backwarenhersteller innerhalb der EWG erheblich unterwandert werden kann, was nicht im Interesse der deutschen Backwarenhersteller, deren Beschäftigten und der Verbraucher liegen kann?
Erwägt die Bundesregierung, eventuell ein Gesetz nach niederländischem Muster bzw. nach der niederländischen Praxis mit Rücksicht auf den Gemeinsamen Markt auch für die Bundesrepublik in Erwägung zu ziehen?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Staatssekretärs Kattenstroth vom 12. 6. 1967 lautet:
Zu Frage 1:
Die Bundesregierung ist nicht der Auffassung, daß die Zahl von rund 1000 festgestellten Übertretungen gegen § 5 Abs. 1 des Bäckereiarbeitszeitgesetzes bei rund 50 000 Backwarenbetrieben unbeachtlich sei.
Zu Frage 2:
Es gibt keine Beweise dafür, daß der deutsche Backwarenmarkt durch gesetzlich zulässige Nachtarbeit der Backwarenhersteller
innerhalb der EWG erheblich I unterwandert werden kann und wild. Dabei ist nicht auszuschließen, daß das Backgewerbe in den grenznahen Gebietsteilen der Bundesrepublik einem verschärften Wettbewerb ausgesetzt ist. Andererseits ist darauf hinzuweisen, daß die in den EWG-Staaten am 1. Juli 1967 eintretende Angleichung der Getreidepreise sich mindestens zugunsten des Backgewerbes durch die gleichzeitig eintretende Senkung der Mehlpreise auswirken wird.
Zu Frage 3:
Das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung und die beteiligten Bundesministerien führen seit längerer Zeit mit Vertretern der Sozialpartner und der beteiligten Berufsverbände Besprechungen, um eine für alle Beteiligten tragbare Neuordnung der zur Zeit geltenden Vorschriften über das Nachtbackverbot auszuarbeiten. Über das voraussichtliche Ergebnis der zur Zeit noch andauernden Besprechungen kann noch nichts gesagt werden. In diese Erörterungen werden auch die gesetzlichen Vorschriften über das Nachtbackverbot in den EWG-Staaten, ,also auch die gesetzliche Regelung und Verwaltungspraxis in den Niederlanden, einbezogen.
Die vorstehende Antwort erteile ich im Einvernehmen mit den Bundesministerien für Wirtschaft und für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
Ich rufe die Fragen 13 und 14 der Frau Abgeordneten Korspeter auf:
Welche Gründe veranlassen die Bundesregierung, von den Empfängern des nach dem Bundeskindergeldgesetz gewährten Kindergeldes jedes Jahr den vielseitigen Antrag auf Gewährung von Kindergeld erneut ausfüllen zu lassen?
Welche Möglichkeiten bestehen, die in Frage 13 aufgezeigte Praxis unter Berücksichtigung der seinerzeit bei den Kindergeldkassen gewonnenen Erfahrungen auf ein vernünftiges Maß zurückzuführen?
Sie sollen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung beantwortet werden.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident, ich bitte, die beiden Fragen der Frau Abgeordneten Korspeter wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantworten zu dürfen.
Bitte sehr!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung hat sich bereits im Dezember 1965 damit einverstanden erklärt, daß die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld grundsätzlich nicht mehr in jedem Jahr, sondern nur alle zwei Jahre überprüft werden. Eine jährliche Überprüfung wird grundsätzlich nur noch in bestimmten Ausnahmefällen vorgenommen, in denen nach den Erfahrungen der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung zuweilen Überzahlungen vorkommen. Auf die jährliche Überprüfung wird außerdem dann nicht verzichtet, wenn der Berechtigte nur zwei Kinder hat und für den Anspruch auf Zweitkindergeld nicht das Einkommen des letzten, sondern des vorletzten Kalenderjahres zugrunde gelegt worden ist. Von den weiteren Erfahrungen, Frau Abgeordnete, wird es abhängen, ob das derzeitige Verfahren beibehalten werden kann. Die Bundesregierung wird sich auch künftig dafür einsetzen, daß Überprüfungen nicht öfter durchgeführt werden, als das zur Vermeidung eines Leistungsmißbrauchs unbedingt erforderlich ist.
Zusatzfrage.
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5584 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967
Herr Staatssekretär, wären Sie nicht bereit, einen Vorschlag in Erwägung zu ziehen, der mir von einem der Betroffenen gemacht wurde und der folgendermaßen lautet:
Da die Zahlung des Kindergeldes zentral von der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung unter Anwendung elektronischer Einrichtungen über das Postscheckamt Nürnberg durch die Postämter erfolgt, könnte auf der Rückseite des beim Empfänger verbleibenden Postabschnitts mit noch genügend großer Schrift ein zur Meldung von Veränderungen in der Anspruchsberechtigung auffordernder Hinweis eingedruckt werden. Diese sich immer wiederholende Bemerkung wäre nicht nur Aufforderung, sondern auch mahnende Belehrung der Anspruchberechtigten.
Wären Sie bereit, diesen Vorschlag zu prüfen und eventuell anzuwenden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Abgeordnete, wir sind gern bereit, diesen Vorschlag zu prüfen. Angesichts des umfangreichen Formulars, das ich jetzt erst gesehen habe, sind wir, glaube ich, sowieso genötigt, einmal zu prüfen, ob dieses Formular nicht vereinfacht werden kann.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, könnten Sie mir bitte sagen, wie lange diese Überprüfung dauern wird und wann damit zu rechnen ist, daß eine weniger umfangreiche Fragebogenaktion jedes Jahr gestartet wird?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Abgeordnete, wir müssen die Prüfung gemeinsam mit der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vornehmen. Ich vermag einen festen Termin nicht zu nennen. Ich sage Ihnen nur zu, daß wir die Überprüfung beschleunigen.
Herr Staatssekretär, finden Sie es eigentlich nicht bedauerlich, daß von Anfang an ein solch großer Fragebogen herausgegeben wurde, der natürlich bei den Betroffenen einigermaßen schockierend wirken muß?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Abgeordnete, hier stellt sich die Frage, ob man nun jede Überzahlung ausschließen will — dann braucht man einen sehr genauen Fragebogen —, oder ob man der Ansicht ist, daß man angesichts einer Gesamtausgabe von jährlich 2,8 Milliarden DM vielleicht in Kauf nehmen kann, daß gewisse Überzahlungen — sie beliefen sich 1965 insgesamt auf etwa 1 Million DM — erfolgen, die natürlich später wieder zurückgezahlt werden müssen. Wir werden diese Frage, Frau Abgeordnete, prüfen. Angesichts des Fragebogens habe ich Verständnis für die Sorgen, die von manchen Betroffenen geäußert werden.
Ich rufe die Frage 55 des Herrn Abgeordneten Paul aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung auf. Sie finden diese Frage auf der Drucksache zu Drucksache V/1842
Wann gedenkt die Bundesregierung das Dritte deutschösterreichische Sozialversicherungsabkommen dem Bundestag zur Ratifizierung vorzulegen?
Bitte, Herr Staatssekretär, zur Beantwortung!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Der Entwurf des Ratifikationsgesetzes zu dem deutsch-österreichischen Abkommen vom 22. Dezember 1966 über soziale Sicherheit wird voraussichtlich in Kürze dem Kabinett zugeleitet werden. Die Einbringung des Gesetzentwurfs hatte sich geringfügig verzögert, da noch eine gemeinsame Denkschrift zu dem Abkommen mit dem österreichischen Vertragspartner abgestimmt werden mußte. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung wird sich bemühen, den Gesetzentwurf nach Behandlung im Kabinett möglichst noch vor der Sommerpause — falls dies nicht gelingt, unmittelbar nach der Sommerpause — dem Bundesrat zuzuleiten.
Keine Zusatzfrage. — Dann rufe ich die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung auf. Die Fragen 7 und 8 des Abgeordneten Dr. Abelein werden im Einverständnis mit dem Fragesteller schriftlich beantwortet.Gibt es bei der Bundesregierung besondere Überlegungen, die Lärmbelastung durch militärische Tiefflieger in der Bundesrepublik auf ein Mindestmaß zu reduzieren?Welche Maßnahmen sind von der Bundesregierung zur Lösung des in Frage 7 erwähnten Problems — evtl. nach vorheriger Durchführung wissenschaftlicher Forschungen — vorgesehen?Die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Adorno vom 13. Juni 1967 lautet:Die Bundesregierung hat in den vergangenen Jahren die Auswirkungen der Lärmbelastung durch militärische Tiefflüge sorgfältig verfolgt.Durch Schalldruckmessungen wurde ein objektives Bild vom Ausmaß der Lärmbelastung gewonnen. Aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse war und ist die Bundesregierung ständig bemüht, alle denkbaren Möglichkeiten zur Lärmminderung zu prüfen, auszuwerten und — soweit militärisch vertretbar — durchzuführen.So wurde im Laufe der Jahre eine Fülle von Maßnahmen zur Herabminderung nicht nur des Tiefflug-, sondern auch des Überschall- und Platzfluglärms getroffen. Sie im einzelnen aufzuzählen, würde zu großen Raum einnehmen.Diese Maßnahmen haben jedoch da ihre Grenze, wo der Verteidigungsauftrag unbedingt durchgeführt werden muß.Besonders erwähnen möchte ich, daß neuere Versuche die Möglichkeit ergeben haben, den lästigen Heulton des Triebwerks J 79 der F 104 nahezu zu beseitigen. Die Arbeiten hierfür werden voller Nachdruck mit dem Ziel fortgesetzt, die Vorrichtung für die Heultonbeseitigung im Triebwerk der F 104 einzubauen.Ich rufe jetzt die Frage 9 des Herrn Abgeordneten Dr. Imle auf:Hält die Bundesregierung es mit dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen für vereinbar, daß für die Lieferung von Schmieröl an die Bundeswehr Spezifikationen nach einer amerikanischen bzw. englischen Methode für dieses Öl erforderlich sind, wobei für Erstraffinate der einmalige Test für alle späteren Lieferungen ausreicht, während bei Zweitraffinaten für jede Ölpartie ein neuer Test erbracht werden muß?Zur Beantwortung der Staatssekretär des Bundesverteidigungsministeriums.
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967 5585
Herr Abgeordneter, die Lieferung von Schmieröl an die Streitkräfte der NATO-Staaten ist durch Standardisierungsabkommen innerhalb der Allianz in der Weise geregelt, wie Sie es, Herr Kollege, in Ihrer Frage dargestellt haben. Zweck dieser Regelung ist eine möglichst einheitliche Versorgung der NATO-Streitkräfte mit Qualitätsschmierölen.
Bei der Zustimmung zu dem erwähnten Standardisierungsabkommen ging es der Bundesregierung nur um militärisch-logistische Gesichtspunkte. Wir sehen dabei keinen Verstoß gegen kartellrechtliche Vorschriften.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sehen Sie die Möglichkeit, auch für Zweitraffinate eine solche allgemeine Zulassung, wenn sie sich einem solchen Testverfahren unterworfen haben, zu erreichen?
Bei Zweitraffinaten stellt sich die Qualitätsfrage wesentlich schwieriger als bei Erstraffinaten; denn bei Erstraffinaten reicht ein Test deshalb aus, weil das einheitliche Ausgangsprodukt Rohöl die technische und oxydative Stabilität gewährleistet. Bei Zweitraffinaten handelt es sich um Altöle, die aus verschiedenen Ölen — Motoröl, Hydrauliköl, Maschinenöl, Getriebeöl usw. — gesammelt werden. Durch die Verschiedenheit der verwendeten Grundöle und ihren unterschiedlichen Gebrauch steht für Zweitraffinate kein einheitlicher Ölkörper wie bei Erstraffinaten zur Verfügung. Da somit die thermische und oxydative Stabilität nicht garantiert werden kann, ist für jede einzelne Partie ein neuer Test erforderlich.
Herr Staatssekretär, werden Sie mir erlauben, dazu vielleicht noch einmal eine Eingabe zu machen, da ich diese technischen Dinge natürlich im Moment nicht in der Gesamtfolge übersehen kann?
Bitte sehr, Herr Kollege!
Wir kommen zu der Frage 10 des Herrn Abgeordneten Dröscher aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wohnungswesen und Städtebau:
Hält es die Bundesregierung für zulässig, daß der Wohnungsbauträger der Bundeswehrwohnungen in Birkenfeld/Nahe die Mieten erhöht hat mit der Begründung, daß die Hypothekenzinsen und die Kanalgebühren erhöht worden seien, obwohl die Erhöhung der Hypothekenzinsen angesichts der zwischenzeitlichen Senkung des Diskontsatzes nur kurzfristig gewesen sein dürfte und Kanalgebühren überhaupt nicht erhöht worden sind?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär. Bitte sehr!
Dr. Schornstein, Staatssekretär im Bundesministerium für Wohnungswesen 'und Städtebau: Herr Bundestagsabgeordneter, die Antwort auf Ihre Frage lautet wie folgt.
Die Mietanhebungen bei den Bundesdarlehenswohnungen im Standort Birkenfeld haben folgende Ursachen.
Erstens. Auf Grund einer Zinsgleitklausel hat die Kreissparkasse Birkenfeld für die gewährte I. Hypothek am 23. Januar 1967 ihren Zinssatz von 6% auf 7 % erhöht. Die Anhebung des Zinssatzes berechtigte den Bauherrn, die Miete zu erhöhen. Die Oberfinanzdirektion hat der Anhebung der Miete um 6 Pf je Quadratmeter Wohnfläche zugestimmt. Bis jetzt hat die Kreissparkasse Birkenfeld den Zinssatz für die I. Hypothek noch nicht gesenkt.
Zweitens. Die weitere Mietanhebung um 12 Pf je Quadratmeter Wohnfläche hat sich nach der Schlußabrechnung, die im allgemeinen etwa ein halbes Jahr nach Bezugsfertigkeit, manchmal aber auch erst ein Jahr nach Bezugsfertigkeit erfolgt, als erforderlich erwiesen. Da die Gesamtkosten sich erhöht hatten, mußten die entstandenen Mehrkosten mit einer Aufstockung der I. Hypothek aufgefangen werden. Außerdem stellte sich heraus, daß die ursprünglich in der Wirtschaftlichkeitsberechnung veranschlagten Betriebskosten, zu denen auch die Kanalgebühren gehören, zu niedrig waren, um die tatsächlich angefallenen Kosten zu decken.
Im übrigen wird die Miete beim Erstbezug von Neubauten, über die, wie ich sagte, noch keine Schlußabrechnung und erst recht noch keine geprüfte Schlußabrechnung vorliegt, in aller Regel von der Oberfinanzdirektion ausdrücklich als vorläufig bezeichnet.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wie kommt es, daß die Mieterhöhung mit der Erhöhung der Kanalgebühren begründet wurde, was aber, wie ich in meiner Frage schon dargelegt habe, doch gar nicht zutrifft?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Sie haben recht. Die Nachprüfung hat ergeben, daß sich der Bauherr geirrt hat. In einem Rundschreiben an die Mieter hat er versehentlich von einer Erhöhung der Kanalgebühren gesprochen; in Wirklichkeit war es eine Berichtigung der damals falsch kalkulierten Kanalgebühren.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, werden Sie, wenn die Sparkasse im Zuge der Diskontsenkung ihren Zinssatz, der ja gleitend ist, wieder auf den alten Zinssatz reduziert, dafür sorgen, daß die Mieten, soweit sie aus diesem Grunde erhöht wurden, wieder reduziert werden, damit den betroffenen Mietern, die doch wegen der falschen Bezeichnung und wegen der ganzen Angelegenheit eindeutig sehr unzufrieden sind, wenigstens ein Teil ihres Schadens wiedergutgemacht wird?
Metadaten/Kopzeile:
5586 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, wenn die Zinssenkung durch die Kreissparkasse erfolgt, muß die Oberfinanzdirektion die Angelegenheit erneut prüfen. Ich stehe auf dem Standpunkt, daß eine Zinssenkung auch zu einer Mietermäßigung führen muß.
Zusatzfrage des Abgeordneten Mertes.
Herr Staatssekretär, steht die Bundesregierung auf dem Standpunkt, daß alle Kostenfaktoren grundsätzlich in den Mieten ihren Niederschlag finden müssen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Diese Faktoren müssen in der Miete ihren Niederschlag finden, sie können nicht auf Kosten der Bauherren gehen. Aber darüber enthält die Berechnungsverordnung genaue Vorschriften.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind Sie der Meinung, daß das in der Vergangenheit immer der Fall gewesen ist?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich glaube, ja.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ott.
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung die Absicht, in den Fällen, in welchen die Hypothekenzinsen auf Grund der Diskonterhöhung angehoben worden sind, irgendwie bei den Sparkassen, die entgegen der Diskontherabsetzung die Hypothekenzinsen nicht senken, tätig zu werden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Bauträger treten von sich aus auch an die Sparkassen heran und verhandeln mit ihnen über eine Senkung des Zinssatzes. Wie uns berichtet wird, haben sich aber die Kreissparkassen in dieser Frage im allgemeinen etwas zurückhaltend gezeigt. Ich nehme an, sie haben das getan, weil sie zunächst eine Festigung des Zinsgefüges abwarten wollten, um die Zinsstellung nicht immer wieder ändern zu müssen.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ott.
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung die Absicht, falls die Hoffnungen, die Sie jetzt vorgetragen haben, sich nicht erfüllen,
in absehbarer Zeit hier auf dem Zinsgebiet tätig zu werden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Dann würde die Bundesregierung entsprechende Schritte bei den Verbänden unternehmen.
Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen. Fragen 11 und 12 des Abgeordneten Dr. Hauser :
Ab wann wird es den Fernsprechteilnehmern der Ortsnetze Rastatt, Baden-Baden, Bühl und Achern möglich sein, alle Ferngespräche im Bundesgebiet durch Selbstwahl herzustellen?
Ab wann können die Teilnehmer der in Frage 11 genannten Ortsnetze von allen übrigen Fernsprechteilnehmern im Bundesgebiet durch Selbstwahl erreicht werden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Für die Ortsnetze Rastatt, Baden-Baden und Bühl wird es voraussichtlich im Januar 1968 möglich sein, die Ferngespräche in das Bundesgebiet durch Selbstwahl herzustellen. Die hierzu erforderliche Knotenvermittlungsstelle in Baden-Baden wird zur Zeit aufgebaut. Im Monat Februar 1967 wurden bereits 78 v. H. aller Ferngespräche aus dem Bereich der Knotenvermittlungsstelle Baden-Baden selbst gewählt.
Vom Ortsnetz Achern können voraussichtlich ab April 1968 alle Ferngespräche selbst gewählt werden. Mit dem Aufbau der zugehörigen Knotenvermittlungsstelle wird noch in diesem Jahr begonnen. Aus dem Bereich der Knotenvermittlungsstelle Achern wurden im Februar 1967 bereits 65 v. H. aller Ferngespräche selbst gewählt.
Damit ist die zweite Frage auch beantwortet?
Ja. Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wäre es möglich, etwa für das Ortsnetz Bühl, das bekanntlich in diesem Raum am schlechtesten gestellt ist, irgendeine Übergangslösung zu finden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich glaube, das ist nicht möglich. Denn auch jede Übergangslösung muß natürlich in allen Einzelheiten genau geprüft werden und würde wahrscheinlich die Durchführung der regulären Maßnahmen nur behindern und verzögern.
Eine zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, bis wann wird es möglich sein, auch Telefongespräche ins Ausland aus diesen Gebieten direkt
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967 5587
Dr. Hauserherzustellen bzw. direkte Telefongespräche aus dem Ausland entgegenzunehmen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Termine für Inland und Ausland liegen gleich. In dem Augenblick, in dem die Selbstwahl im Inland unbeschränkt möglich ist, können Sie auch die zugelassenen Auslandsverbindungen wählen.
Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Frage 15 des Herrn Abgeordneten Berlin:
Hält es die Bundesregierung für richtig, daß Zuschüsse für Studienfahrten in Nachbarländer der Bundesrepublik Deutschland im Sinne der Kontaktpflege und des Hospitationsaufenthaltes als steuerpflichtig gewertet werden und die Finanzämter nach entsprechenden Erlassen der Länderfinanzminister gehalten sind, solche Zuschüsse als steuerpflichtigen Arbeitslohn zu bewerten?
Zur Beantwortung der Herr Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident, ich bitte, wenn der Herr Fragesteller ,damit einverstanden ist, die drei Fragen zusammen beantworten zu können.
Dann rufe ich auch die Fragen 16 und 17 auf:
Ist die Bundesregierung bereit, mit dem pädagogischen Austauschdienst bei der ständigen Konferenz der Kultusminister Bonn, Nassestraße 8, Verbindung aufzunehmen, um sich über die Auswirkungen der Zuschußversteuerung im Hinblick auf die Kontakt- und Freundschaftspflege mit Nachbarländern zu informieren?
Hat die Bundesregierung die Möglichkeit, festzustellen, wie hoch etwa die in Frage 15 erwähnten Steuereinkünfte sind und evtl. eine Beseitigung solcher Erlasse im Einverständnis mit den Ländern zu veranlassen?
Dem Bundesministerium der Finanzen ist der den Fragen zugrunde liegende Sachverhalt nicht im einzelnen bekannt. Das gleiche gilt für die in den Fragen erwähnten Erlasse der Finanzverwaltungen der Länder. Das Bundesfinanzministerium hat mit dem Pädagogischen Austauschdienst bei der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder bereits Fühlung genommen, um den Sachverhalt zu klären. Ich bitte deshalb, damit einverstanden zu sein, daß die Fragen nach Klärung des Sachverhalts und Prüfung Ider steuerlichen Auswirkungen mit den Länderfinanzverwaltungen schriftlich beantwortet werden.
Sind Sie damit einverstanden, Herr Kollege Berlin?
Ja.
Frage 18 des Herrn Abgeordneten Lenders:
Ist die Bundesregierung bereit, in einer groß angelegten Aufklärungsaktion die Verbraucher mit den Auswirkungen des Nettoumsatzsteuersystems in verständlicher Weise so vertraut zu machen, daß sie auch erkennen können, für welche Verbrauchsgüter die Preise mit Einführung der Mehrwertsteuer sinken müßten, bzw. eventuelle Preissteigerungen nicht mit der Einführung der Mehrwertsteuer begründet werden können?
Das Bundesministerium der Finanzen beabsichtigt — wie bereits wiederholt öffentlich angekündigt —, eine Mehrwertsteuerfibel herauszubringen, in .der die Wirkungsweise der Mehrwertsteuer allgemein verständlich dargestellt werden soll. Diese Fibel wird sich in erster Linie an die Steuerpflichtigen wenden, die das neue Gesetz vom 1. Januar kommenden Jahres ab anwenden müssen. Sie wird aber selbstverständlich auch jedem Verbraucher zur Verfügung gestellt werden, schon deshalb, weil die Verbraucher die Mehrwertsteuer letztlich zutragen haben werden.
Es ist beabsichtigt, in dieser Broschüre in großen Zügen auch die möglichen Auswirkungen des Systemwechsels auf das Preisgefüge darzustellen. Selbstverständlich ist es aber nicht möglich, auch nur für eine größere Zahl von Verbrauchsgütern die möglichen Preisänderungen darzustellen. Das scheitert schon daran, daß die genaue Vorbelastung der einzelnen Verbrauchsgüter mit Umsatzsteuer nach dem gegenwärtigen System nicht exakt berechenbar ist und darüber hinaus bei der gleichen Ware je nach der Zahl der durchlaufenen Herstellungs- und Handelsstufen auch ganz unterschiedlich hoch sein kann. Es wäre ein unerhörter Apparat auch an Menschen für diese von Ihnen gemachten Vorschläge notwendig.
Sollte die Einführung der Mehrwertsteuer zum Vorwand für Preiserhöhungen genommen werden, obwohl eine entsprechende Mehrbelastung durch den Systemwechsel nicht eintritt, so wird das Bundesministerium der Finanzen solchen Versuchen der Irreführung der Öffentlichkeit mit aller Entschiedenheit entgegengetreten. Als Beispiel nenne ich hier nur die Ankündigung aus den Reihen des Friseurhandwerks, wegen der Einführung der Mehrwertsteuer müßten die Preise um 10% erhöht werden. Eine solche Preiserhöhung könnte mit der Einführung der Mehrwertsteuer, wie gerade auch der Herr Bundesminister der Finanzen bei einem Vortrag ganz deutlich klargestellt hat, in gar keiner Weise begründet werden. Im übrigen wird die gegenwärtige Konjunkturlage nach den Überlegungen des Bundesministers .der Finanzen wesentlich dazu beitragen, daß bei Gelegenheit der Einführung der Mehrwertsteuer eine wesentliche Erhöhung des allgemeinen Preisniveaus nicht durchgesetzt werden kann. Wir sind uns bewußt, daß eine entsprechende Aufklärung der Verbraucherschaft dazu beitragen kann, die Gefahr der allgemeinen Preiserhöhung noch weiter zu vermindern.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Lenders.
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht der Meinung, daß unabhängig von der Konjunkturlage, die Sie soeben angedeutet haben, die also Ihrer Meinung nach Preissteigerungen verhindern soll, die Sorge der Öffentlichkeit und insbesondere der Verbraucherverbände berechtigt ist, daß zwar eintretende Mehrbelastungen durch Einführung der Nettoumsatzsteuer in den Preisen ihren Niederschlag finden werden, Entlastungen aber
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Lendersnicht auch in entsprechender Weise zu Preissenkungen führen werden, und daß es deshalb besonders notwendig ist, die Verbraucher in den Stand zu setzen, sich hier selbst ein Urteil zu bilden.
Dazu soll ja die Fibel, die wir erarbeiten, mit dienen. Es wird sicherlich notwendig sein, z. B. auch die Berufsverbände mit genügend Material zu versehen, damit sie auch von ihrer Seite her Aufklärung in diesem Sinne durchführen können.
Zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Lenders.
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht der Meinung, daß es, so begrüßenswert diese Fibel ist, die ja, wie Sie selbst sagten, in erster Linie für den Steuerpflichtigen gedacht ist, darüber hinaus notwendig ist, insbesondere für den Verbraucher, bei dem man ja von anderen Voraussetzungen ausgehen muß, eine solche Fibel oder ein solches Merkblatt oder eine solche Aufklärungsbroschüre zu schaffen, die in anderer und vereinfachter Weise dem Verbraucher darstellt, um was es geht? Und darf ich Sie in diesem Zusammenhang fragen, ob Ihnen bekannt ist, daß es eine Reihe von Untersuchungen und Berechnungen einschlägiger Institute — ich nenne das Ifo-Institut — gibt, die darauf hinweisen, daß man durchaus, in Warengruppen aufgeteilt, feststellen kann, wie sich die Einführung der Mehrwertsteuer auf die Preise auswirken wird.
Ich habe dazu schon in der Beantwortung der ersten Frage, die Sie gestellt haben, gesagt, daß es nicht möglich sein wird, im einzelnen bei jeder Ware zu untersuchen, welchen Vorsteuerabzug man berechnen müßte. Ich habe schon darauf hingewiesen, daß wir zum mindesten sehr viel Personal für diese Untersuchungen brauchen würden. Die Bundesregierung sieht sich insoweit nicht in der Lage, diesem Petitum nachzukommen. Im übrigen kann ich nur wieder betonen, daß wir alles nur mögliche versuchen werden, um der Bevölkerung möglichst weit gestreut eine Aufklärung über dieses Problem zu bieten.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ertl.
Herr Staatssekretär, darf ich Ihre zwei Antworten so verstehen, daß nach Auffassung der Bundesregierung auch beim Dienstleistungsgewerbe keine Preiserhöhungen auf Grund der Einführung der Mehrwertsteuer notwendig sind?
Das habe ich nicht gesagt, Herr Kollege Ertl. Ich habe gesagt, daß ein Beispiel die Friseure darstellen, die sagen, bei Einführung der Mehrwertsteuer müßte eine Preiserhöhung von 10 % eintreten. Demgegenüber sind wir der Meinung, daß das nicht der Fall ist, und dazu wurde auch schon — ich habe es bereits gesagt — von dem Herrn Finanzminister in der Öffentlichkeit deutlich Stellung genommen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Unertl.
Herr Staatssekretär, sind Sie in der Lage, uns heute zu sagen, wann mit der Herausgabe dieser wirklich interessanten und allgemein gewünschten Mehrwertsteuer-Fibel zu rechnen ist?
Wir bemühen uns, Herr Kollege Unertl — das ist schon gesagt worden —, als erstes die technischen Vorschriften an die Hand zu geben, weil das das Wichtigste zu sein scheint. Wir hoffen, daß wir das noch im Laufe des Juni oder Anfang Juli ermöglichen können. Wir hoffen — jetzt muß ich eine gewisse Zeitspanne wählen, damit Sie mich nachher nicht festnageln können —, daß wir noch im Laufe des Juli, Anfang August diese Fibel fertig bekommen und dann diese Aufklärungsschrift schnell an die Bevölkerung weitergeben können.
Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Meermann.
Herr Staatssekretär, sehen Sie keine Möglichkeit, außer der Mehrwertsteuer-Fibel, die im wesentlichen, wie Sie sagen, für die Steuerzahler gedacht ist, wenigstens ein weiteres Merkblatt für die Verbraucher herauszugeben? Denn das meiste von dem, was in der Fibel steht, wird für die Hausfrau völlig uninteressant und überflüssig sein. Sehen Sie keine Möglichkeit, das zu trennen?
Gnädige Frau, wir werden versuchen, auch diese Dinge zu berücksichtigen. Im übrigen wird sicherlich von unserem Hause noch erkundet werden, ob gewisse Möglichkeiten bestehen, mit den Verbraucherverbänden Verbindung aufzunehmen, um die Aufklärung so breit wie möglich zu spannen.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ertl.
Herr Staatssekretär, in welchem Umfange glauben Sie, daß Preiserhöhungen dann berechtigt sind, beispielsweise bei Friseuren, Gaststätten, aber auch im privaten Verkehrsgewerbe?
Herr Kollege Ertl, Sie überfragen mich, wenn Sie mich auffordern, jetzt im einzelnen für alle diese Bereiche zu sagen, ob und in welcher Höhe Preiserhöhungen eintreten oder ob unter Umständen Preisminderungen zu erwarten sind. Ich habe schon bei der Beantwortung der Fra-
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Parlamentarischer Staatssekretär Leichtgen gesagt, wie schwierig diese Dinge in jedem einzelnen Fall sind. Bei den verschiedensten Warengruppen ergibt sich z. B. die Frage, welche Stufen sie durchlaufen. Ich gebe zu, daß es beim Dienstleistungsgewerbe etwas anders ist. Aber hier ist auch entscheidend, welche Rolle dabei der Verkauf von irgendwelchen Gegenständen spielt und welches Gewicht er im gesamten Geschäft hat.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Imle.
Herr Staatssekretär, das ganze Problem kommt wohl am 1. Januar 1968 auf uns zu, wenn die neuen Preise berechnet werden sollen. Wie Sie vorhin ausführten, steht nicht fest, welche Vorbelastung heute auf den einzelnen Waren liegt.
Frage, Herr Kollege Dr. Imle!
Die füge ich jetzt an, Herr Präsident. Denken Sie daran, für einzelne Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgruppen bestimmte Untersuchungen anzustellen und dann zu veröffentlichen, welche Vorbelastungen auf den einzelnen Waren liegen?
Das wird im Augenblick schon in unserem Hause untersucht. Es wird auch notwendig sein, bei den technischen Vorschriften, Herr Kollege Imle, in einem Teilbereich in dieser Richtung zumindest Überlegungen anzustellen, eventuell sogar zu gewissen — wie soll ich sagen? — Richtpunkten zu kommen.
Können Sie mir sagen, Herr Staatssekretär, wann mit der Herausgabe dieser Richtlinien oder Richtpunkte zu rechnen ist?
Ich habe soeben schon gesagt: wir bemühen uns, noch im Laufe des Juni oder Anfang Juli dahin zu kommen. Aber ich muß das mit aller Vorsicht sagen, weil es von gewissen Umständen. abhängt.
Frage 19 des Abgeordneten Geldner:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Kritik an ihrer schwankenden Investitionspolitik, die auf der Tagung der Arbeitsgemeinschaft der Kassen- und Retnungsamtsleiter im badischen Verband kommunaler Kassen- und Rechnungsbeamten in Offenburg geübt worden ist?
Der Herr Abgeordnete Spitzmüller übernimmt die Frage.
Die Frage 19 des Herrn Kollegen Geldner darf ich wie folgt beantworten. Von einer schwankenden Investitionspolitik der Bundesregierung kann nicht gesprochen werden. Diese Politik der Bundesregierung hat sich vielmehr der veränderten konjunkturellen Lage angepaßt. Es ist unerläßlich, daß die öffentliche Hand mit ihrer Haushaltswirtschaft Einfluß auf den Ablauf des volkswirtschaftlichen Geschehens nimmt. Nicht zuletzt wird der Finanzpolitik auch die Aufgabe gestellt, mit ihren Mitteln ein angemessenes Wachstum und die Stabilität der Wirtschaft zu sichern. Wie Sie wissen, hat sich die Konjunktursituation im Laufe des Jahres — man kann wohl sagen: zu unserem Leidwesen — erheblich verändert. Es ist daher notwendig, durch verstärkte öffentliche Investitionen neue Impulse zur Belebung der Wirtschaft zu geben. Da die Gemeinden den größten Teil der öffentlichen Investitionen durchführen, müssen auch sie neben den Maßnahmen des Bundes einen Beitrag zur Erreichung dieses Zieles leisten, wenn der Erfolg sichergestellt werden soll.
Herr Staatssekretär, es ist Ihnen wahrscheinlich nicht entgangen, daß diese Frage eigentlich ein Zitat ist. Die „schwankende Investitionspolitik" ist nicht eine Feststellung des Abgeordneten Geldner. Wäre sie das, dann dürfte sie füglicherweise nicht zugelassen werden; denn Fragen dürfen Feststellungen oder Wertungen. nicht enthalten. Ich verstehe die Frage deshalb so — und darum habe ich sie zugelassen —, daß hier Feststellungen zitiert werden, die auf der Tagung der Arbeitsgemeinschaft der Kassen- und Rechnungsamtsleiter usw. getroffen worden sind.
— Das ist eine Frage der Formulierung. Korrekterweise hätte in Anführungszeichen zitiert werden müssen, damit man gesehen hätte, daß sich der fragestellende Abgeordnete dieses Urteil nicht zu eigen macht. Würde er es sich zu eigen machen, müßte der Präsident nach den nicht sehr klaren Bestimmungen unserer Geschäftsordnung in dieser Sache die Frage ablehnen. Ich mache darauf aufmerksam, weil es ein ganz interessanter Fall ist.
Eine Zusatzfrage Herr Abgeordneter Spitzmüller.
Herr Staatssekretär, können Sie dem Hause mitteilen, wie die Gemeinden und die Landkreise nun ihre Investitionsmöglichkeiten wahrnehmen können, nachdem allein für die Landkreise 2 Milliarden DM Investitionskapital fehlen, um überhaupt den Investitionsaufwand des Vorjahres finanzieren zu können?
Diese Frage wurde schon einmal, zwar nicht in einer Fragestunde, Herr Kollege Spitzmüller, sondern ich glaube, hier bei der Auseinandersetzung um die Haushaltsfragen während der letzten Woche, ganz kurz gestreift. Es gibt gewisse Möglichkeiten, die sowohl die Gemeinden wie überhaupt die öffentlich-rechtlichen Körperschaften nutzen können, um nunmehr auch mit dem, was der Bund tut, verstärkt in Investitionen einzutreten oder aber — jetzt drücke ich mich sehr vorsichtig aus — zumindest zu verhindern, daß im Investitionsbereich enorme Abstriche
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Parlamentarischer Staatssekretär Leichtvon den Investitionen z. B. des Vorjahres gemacht werden, weil damit ein Aufhebungseffekt gegenüber den Maßnahmen verbunden wäre, die der Bund eingeleitet hat. Darunter wäre — ich will es nur kurz aufzählen — etwa zu verstehen der Verzicht auf die Bildung von Rücklagemitteln, soweit sie nicht gesetzlich gefordert sind, oder aber auch die Möglichkeit von Kassenkrediten, das Vorziehen von Projekten oder das Wegnehmen von Geldern, die bereits gebunden für Objekte vorhanden sind, die Objekte aber nun nicht so durchgeführt werden können; d. h. daß man mit diesen Mitteln in dieser Situation — wohlgemerkt: ich betone, in dieser Situation — andere Investitionen einleitet. Es gibt darüber nach der Finanzstatistik — auch im Gemeindebereich — viele Zahlen, die ich jetzt aufführen könnte und die das Ganze verdeutlichen würden. Ich meine aber, Herr Kollege Spitzmüller — und darüber sollten wir uns einig sein — es kommt darauf an, daß im Zusammenwirken von Bund, Ländern und Gemeinden in diesem Bereich bei allen Schwierigkeiten, die ja auch der Bund für seine Investitionen hat, erreicht wird, daß nicht durch das Nichtmitziehen der einen der Effekt aufgehoben wird, den der andere mit seinen Vorhaben zu erreichen versucht.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Spitzmüller.
Herr Staatssekretär, sehen Sie Möglichkeiten, diese Auffassung der Bundesregierung auch bis zu den Stadt- und Kreisräten der CDU durchdringen zu lassen, da aus dem Studium der Zeitungsberichte festzustellen ist, daß insbesondere die Angehörigen dieser Fraktion oft eine andere Politik in den Kreis- und Kommunalparlamenten betreiben und befürworten?
Für so unverständig halte ich meine Kollegen in den Kreis- und Stadtparlamenten nicht, Herr Kollege Spitzmüller. Aber natürlich werden wir das prüfen und versuchen, unsere Auffassung, soweit überhaupt möglich, bis unten durchdringen zu lassen.
Die Zusatzfrage war natürlich gar nicht zulässig. Aber da der Präsident nicht vorher wissen kann, was ein geschätzter Kollege sagt, muß er ihn erst reden lassen.
Nun eine Zusatzfrage von Herrn Abgeordneten Ertl.
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung bei ihrer Empfehlung für Investitionen von Gemeinden berücksichtigt, daß es heute eine Reihe von Gemeinden, insbesondere Städten, gibt, die alle einen hohen Investitionsbedarf haben, die aber an der Grenze ihrer Verschuldung sind, und was wollen Sie da machen?
Das hat die Bundesregierung berücksichtigt, Herr Kollege Ertl. Sie hat auch keine allgemeine Empfehlung gegeben, sondern der Herr Bundeswirtschaftsminister und der Herr Bundesfinanzminister haben ganz genau dargelegt, in welchen Fällen, unter welchen Umständen und mit welchen Möglichkeiten Investitionen auf diesen Ebenen jetzt vorgenommen werden können.
Frage 20 des Abgeordneten Geldner:
Kann die Bundesregierung die auf der in Frage 19 erwähnten Tagung gestellte Frage der Gemeinden beantworten, womit diese neue Projekte finanzieren sollen, wenn bei rückläufiger Einnahmeentwicklung teilweise auch die zweckgebundenen Landeszuschüsse gedrosselt werden?
Ich darf auf die Frage 20 wie folgt antworten. Die Frage geht nicht von der richtigen Annahme aus. Jetzt muß ich mich auf einen Zeitungsbericht beziehen, Herr Kollege Spitzmüller. Der Herr Präsident hat schon darauf hingewiesen, daß es wohl ein Zitat war. Aus diesem Zeitungsbericht, den wir uns besorgt haben, habe ich entnommen, daß sich die ganze Sache in Baden-Württemberg abspielt. Ich darf mir deshalb erlauben, auch diesen Fall zugrunde zu legen, weil da die Zahlen von uns ergründet worden sind.In Baden-Württemberg steigen nach dem Landeshaushaltsplan 1967 im Vergleich zu 1966 die Leistungen an die Gemeinden aus dem Steuerverbund um rund 115 Millionen DM. Baden-Württemberg hat im Gegensatz zu anderen Ländern die Verbundquoten an ,der Einkommen- und Körperschaftsteuer von 22,5 v. H. auf 23 v. H. und an der Kraftfahrzeugsteuer von 31 v. H. auf 32 v. H. erhöht. Auch die zweckgebundenen Zuweisungen steigen um 60 Millionen DM. Insgesamt nehmen damit die Leistungen des Landes an die Gemeinden 1967 um rund 10 v. H. bei einem Länderdurchschnitt von im übrigen 4 v. H. zu. Zudem stellt die Bundesregierung nicht generell die Forderung, die Gemeinden sollten neue Projekte finanzieren. Es wird vielmehr in vielen Fällen möglich sein, einzelne Projekte im Interesse der Konjunkturpolitik vorzuziehen und sie mit vorhandenen Kassenmitteln, die für später geplante Projekte zweckgebunden sind, zu finanzieren. Das trifft praktisch das, was auf die Zwischenfrage von Herrn Kollegen Ertl schon gesagt worden ist.Auch könnte zeitweilig auf Zuführungen an Rücklagen verzichtet werden, soweit es sich nicht um Pflichtrücklagen handelt. Die bereits aufgenommenen, aber auch noch nicht verwendeten Anleihemittel sollten möglichst schnell eingesetzt werden. Auch das geschieht; mir ist dafür eine Zahl von rund 1,6 Milliarden DM noch im Kopf.Zur Frage der rückläufigen Einnahmeentwicklung, die alle Gebietskörperschaften betrifft, wird abschließend von mir bemerkt, daß eine günstigere Entwicklung der Steuereinnahmen auch von den finanzpolitischen Maßnahmen, die zu einem weiteren Wachstum des Sozialprodukts führen, abhängt. Diese rückläufige Entwicklung betrifft auch, wie wir wissen, die Einnahmen des Bundes.
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Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ott.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß eine Reihe von Gemeinden ihre Finanzsituation wesentlich besser darstellen könnte, wenn sie von untersetzten Hebesätzen auf normale Hebesätze übergingen und die gegenseitige Konkurrenz die Hebesatzanhebung nicht manchmal verhinderte?
Sie haben sicherlich Verständnis dafür, Herr Kollege Ott, wenn ich diese Frage nicht so pauschal mit Ja oder Nein beantworte.
Fragen 21 und 22 des Abgeordneten Dr. Wahl:
Ist die Bundesregierung bereit, für die durch den Knall der Überschallflugzeuge entstehenden Schäden an Personen oder Sachen ein einheitliches Entschädigungsverfahren einzuführen, das den Geschädigten nicht mehr mit der für ihn untragbaren Beweisschwierigkeit belastet, die Nationalität des Flugzeuges darzutun?
Ist in der Bundesregierung schon die Frage geprüft worden, wie die Entschädigung solcher in Frage 21 erwähnter Schäden angeordnet werden soll, wenn auch im Personenverkehr demnächst Flugzeuge mit Überschallgeschwindigkeit eingesetzt werden?
Die Fragen werden von Herrn Abgeordneten Maucher übernommen.
Ich darf die erste Frage des Herrn Kollegen Professor Wahl wie folgt beantworten. Ein einheitliches Entschädigungsverfahren besteht bereits. Schäden, die durch militärische Luftfahrzeuge unbekannter Nationalität verursacht werden, werden von den Behörden der Verteidigungslastenverwaltung nach den gesetzlichen Bestimmungen abgegolten, ohne das der Geschädigte dabei die Nationalität des schädigenden Flugzeuges nachzuweisen hätte. Die Behörden können vielmehr auch dann eine Entschädigung gewähren, wenn eine von ihnen durchgeführte Rückfrage bei allen in Betracht kommenden ausländischen Streitkräften und der Bundeswehr ergebnislos geblieben ist. Sie würden daher nicht richtig verfahren, wenn sie die Gewährung einer Entschädigung von einem Nachweis der Nationalität durch den Geschädigten abhängig machen würden. Sofern ein Geschädigter im Ausnahmefall das schädigende Flugzeug allerdings identifizieren kann, müßte er dies angeben. Bei den sogenannten Düsengewitterschäden ist eine Identifizierung indessen kaum jemals möglich.
Die zweite Frage, die gestellt worden ist, darf ich wie folgt beantworten:
Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß Personenverkehr mit Luftfahrzeugen, die mit Überschallgeschwindigkeit fliegen, nicht über bewohnten Gebieten stattfinden kann, sofern die dabei auftretenden Schalldrücke am Boden schwerwiegende Auswirkungen haben.
Ergänzend dazu darf ich noch feststellen: Da ein zu Schäden führender Überschallflug ziviler Luftfahrzeuge über bewohntem Gebiet nicht stattfinden wird, kann auch nach dem Einsatz solcher Luftfahrzeuge weiter davon ausgegangen werden, daß etwaige Düsengewitterschäden nicht von diesen Flugzeugen, sondern eben von militärischen Luftfahrzeugen verursacht worden sind.
Die' in der Antwort auf Frage 1 erwähnte Regelung gilt deshalb auch bei Einsatz von zivilen Überschallflugzeugen. Die in der Antwort auf die zweite Frage genannten Gründe sind, glaube ich, deutlich genug, daß sie der Aufklärung dessen, wonach Herr Professor Wahl fragte, dienen können.
Keine Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 53 des Herrn Abgeordneten Röhner — zu Drucksache V/1842 — auf:
Trifft es zu, daß die im Haushalt 1967 vom Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages am 15. März 1967 bei der Beratung des Einzelplans 08 Kap. 08 04 Tit. 722 abgelehnte Finanzierung des Neubaues eines Hauptzollamtes in Coburg nunmehr aus Mitteln des Eventualhaushalts vorgenommen werden soll?
Bitte, zur Beantwortung!
Ich darf die Frage des Kollegen Röhner wie folgt beantworten:
Die Frage, die Sie, Herr Kollege Röhner, gestellt haben, ist mit einem klaren Nein zu beantworten. Der Haushaltsausschuß — das habe ich bereits in der Beantwortung einer Anfrage eines Kollegen von der SPD hier vor einigen Wochen betont — hat bei der Beratung des Einzelplans 08 am 15. März 1967 den Neubau eines Dienstgebäudes für das Hauptzollamt Coburg zurückgestellt, weil er Zweifel hatte, ob die im Raum Coburg/Bamberg beabsichtigte Neuorganisation der Zollverwaltung zweckmäßig ist. Die daraufhin angestellte erneute Prüfung über die organisatorisch und wirtschaftlich beste Lösung ist noch nicht abgeschlossen. Das Bauvorhaben in Coburg wird deshalb zur Zeit nicht weiterverfolgt.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, gilt Ihre soeben gemachte Feststellung auch hinsichtlich eines Bauprogramms, z. B. für Dienstwohnungen oder eventuelle Nebengebäude, die sozusagen als Vorprogramm für den Neubau eines Hauptzollamts dort selbst aufgefaßt werden könnten oder müßten?
Es trifft nicht zu, Herr Kollege Röhner, daß Wohnungen für Bedienstete des Hauptzollamts Coburg gebaut werden, und zwar auch nicht aus Mitteln des Investitionshaushalts. Richtig ist, daß in Coburg zur Zeit acht Dienstwohnungen für Beamte der motorisierten Grenzaufsichtsstelle Coburg 2 bezugsfertig werden, deren Bau vom Bundesminister der Finanzen bereits im Jahre 1964 genehmigt worden ist. Dieser Wohnungsbau steht jedoch nicht in einem Zusammenhang mit der Organisation und Unterbringung der Hauptzoll-
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Parlamentarischer Staatssekretär Leichtämter im Bereich Coburg/Bamberg und hat hierfür auch keinerlei präjudizielle Bedeutung.
Zu einer zweiten Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, darf ich Ihre eben zum Ausdruck gebrachte Stellungnahme der Regierung so verstehen, daß es sich die Regierung angelegen sein läßt, daß auch in dieser Sache die Beschlüsse des Haushaltsausschusses und des Parlaments nicht umgangen, sondern, entsprechend verwirklicht werden?
Herr Kollege Röhner, Sie wissen ganz genau, daß ich als ehemaliges Mitglied des Haushaltsausschusses hier nur mit Freude sagen kann: Es ist eine Selbstverständlichkeit für die Bundesregierung — ich hoffe, das war immer so —, die Beschlüsse dieses Parlaments und seiner Gremien — wenn nicht schwerwiegende Bedenken entgegenstehen — zu befolgen.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß sich Ihr Haus bei der Aufstellung des Entwurfs des Haushaltsplanes allein von sachlichen Erwägungen leiten ließ, was den Bau des Hauptzollamtes in Coburg angeht?
Ich habe schon einmal — vor einigen Wochen bei unserer Antwort und Ihren Gegenfragen — betont, daß bei Entscheidungen der Regierung natürlich immer sachliche Überlegungen eine Rolle spielen.
Damals erlaubte ich mir, auszuführen, daß in dieser Frage, ob Coburg oder Bamberg, natürlich für beide Möglichkeiten genügend sachliche Gründe vorhanden sind. Ich bitte aber auch zu verstehen, daß es dann besonders schwierig ist, die endgültige Entscheidung zu treffen.
Wir kommen nun zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft. Ich rufe zunächst die Fragen 23 und 24 des Herrn Abgeordneten Dr. Hammans auf:
Ist der Gebrauch des Begriff „Konzertierte Aktion" nicht ein Verstoß gegen die deutsche Grammatik?
Wenn die unter 23 gestellte Frage bejaht werden muß, was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um solchen Mißbrauch zu vermeiden?
Die Fragen werden im Einverständnis mit dem Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antwort des Bundesministers Dr. Schiller vom 8. Juni 1967 lautet:
Ihrer philologischen Kritik habe ich kaum etwas entgegenzusetzen. Da die Angelsachsen und Franzosen bereits seit langem von concerted. action bzw. action concertée — wenn auch teilweise in einem anderen Zusammenhang — sprechen und der Ausdruck „konzertierte Aktion" in der Bundesrepublik erstmals vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung benutzt worden ist, konnte ich lediglich Ihren Tadel an die Autoren weiterreichen. Das will ich jedoch nicht tun. Ihrer berechtigten Kritik kann ich nichts anderes entgegenhalten, als daß es im täglichen Sprachgebrauch manche philologische Unvollkommenheiten gibt, ein Einwand, der Sie gewiß nicht überzeugt und Sie als Philologe auch nicht überzeugen darf. Ich weiß, die Fehler der anderen können keine Rechtfertigung für die eigenen „Sünden" sein, aber — offen gestanden — kommt es mir vor allem darauf an, daß diese Aktion ein Erfolg wird, ob als „konzertante" oder „konzertierte" ist mir dann weniger wichtig.
Ich rufe dann die Fragen 25 und 26 des Herrn Abgeordneten Prochazka auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die deutsche Decken- und Tuchindustrie mangels Aufträgen seit Monaten zur Kurzarbeit übergehen mußte, zum Teil nur 17 Stunden in der Woche arbeitet und demzufolge Unterstützungen an die Arbeitnehmer aus dem Sabelturm in erheblichem Ausmaß gezahlt werden müssen?
Ist der Bundesregierung ferner bekannt, daß die Wollpreise auf dem Weltwollmarkt seit Monaten rückläufig sind und z. Z. den tiefsten Stand seit der Währungsreform erreicht haben, der nach den Spielregeln des internationalen Handels praktisch nicht mehr zu unterschreiten ist?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich darf die Frage 25 wie folgt beantworten: Der Bundesregierung ist bekannt, daß in der deutschen Decken- und Tuchindustrie gegenwärtig zum Teil kurzgearbeitet wird, und daß von der Kurzarbeit in Sonderheit die Deckenabteilungen der Unternehmungen dieser Industrie betroffen sind
Keine Zusatzfrage? Dann kommen wir zur Beantwortung der Frage 26.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Bundesregierung hat der Preisentwicklung der Textilrohstoffe stets ihre besondere Aufmerksamkeit gewidmet, da ihr bewußt ist, welche Bedeutung dem Rohstoffpreis in einer materialintensiven Industrie zukommt.
Der Preistrend der wichtigsten Textilrohstoffe ist seit etwa 15 Jahren mehr oder minder ständig abwärts gerichtet. Daß die Wollpreise in dieser Zeit relativ am stärksten abgesunken sind, dürfte auf den besonderen Substitutionseffekt zurückzuführen sein, den die vordringenden Chemiefaserstoffe gerade bei der Wolle ausgelöst haben.
Wenn es der deutschen Textilindustrie in den letzten Jahren gelungen ist, ihre Erzeugerpreise bemerkenswert stabil zu halten, so darf man davon ausgehen, daß die Verbilligung der Rohstoffkosten hierzu gewiß nicht unwesentlich beigetragen hat.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schlager.
Herr Staatssekretär, liegt nicht auch einer der wesentlichen Gründe der doch sehr ungünstigen Entwicklung in der Textilbranche, insbesondere bei der Tuchindustrie, darin, daß der Liberalisierungsgrad innerhalb der EWG-Länder verschieden ist? Ist es nicht so, daß wir einen hohen Liberalisierungsgrad haben und deshalb die Importe der Billigpreisländer auf uns ziehen, mit der Folge, daß selbst hochproduktive Anlagen in sich
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967 5593
Schlagerweniger abschirmenden Ländern wegen fehlender Gleichartigkeit der handelspolitischen Belastungen gefährdet werden, mit der bedauerlichen Folge von Kurzarbeit und möglicherweise auch Arbeitslosigkeit?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es trifft zu, Herr Abgeordneter, daß der Liberalisierungsgrad noch unterschiedlich ist, solange keine gemeinsame Handelspolitik in der EWG formuliert ist.
Die gegenwärtigen Schwierigkeiten liegen aber in erster Linie im Nachlassen der Inlandsnachfrage. Sie werden wissen, daß gerade die Einfuhren von Textil- und Bekleidungsprodukten seit Jahresbeginn sehr, sehr stark rückläufig sind, stärker rückläufig als die gesamte Abschwächung unserer Importe.
Im Monat April lagen beispielsweise die Einfuhren sowohl der Textilindustrie als auch der Bekleidungsindustrie um rund 16 % unter den entsprechenden Vorjahreswerten. Wir haben also insgesamt eine sehr starke Abnahme unserer Importe auch auf diesem Gebiete. Das zeugt davon, daß hier die Schwierigkeiten in erster Linie aus der — wie ich meine — ungenügenden Inlandsnachfrage resultieren.
Der Importdruck, der das große Problem in der vorhergegangenen Periode war, ist schon erheblich geringer geworden, aber er hat keinen Ausgleich durch eine annähernd angemessene Beschäftigungs- und Nachfragesituation auf den Inlandsmärkten gefunden.
Zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schlager.
Darf ich also aus Ihrer Antwort, Herr Staatssekretär, entnehmen, daß die Bundesregierung es gegenwärtig verantworten zu können glaubt, den hohen Liberalisierungsgrad trotz des Konjunkturtales, in dem wir uns befinden, jedenfalls vorerst beibehalten zu können?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es gibt gar keine Alternative für unsere gegenwärtige Importpolitik. Sie wissen, daß die Bundesrepublik bereits unter sehr heftiger Kritik ihrer Nachbarländer steht, daß die Aufnahmefähigkeit ihrer Märkte nachgelassen hat und daß sich dadurch erhebliche Rückwirkungen auf die Konjunktursituation in anderen Ländern ergeben haben. Das Ausland wartet mit großer Sehnsucht darauf, daß unsere wirtschaftspolitischen Maßnahmen dazu führen mögen, die Binnenkonjunktur wieder auf den Stand zu bringen, den wir alle wünschen.
Ich rufe die Frage 27 des Herrn Abgeordneten Prochazka auf:
Könnten unter Berücksichtigung der in Frage 25 dargelegten Gesichtspunkte die maßgebenden Beschaffungsämter nicht veranlaßt werden, unter Ausnützung dieser Situation im Eilausschreibungsverfahren Deckenaufträge an die Woll- und Deckenindustrie herauszugeben, um damit die Kurzarbeit der Betriebe in der Decken- und Tuchindustrie zu beseitigen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Entscheidung darüber, ob unter Ausnutzung der günstigen Marktlage in einem Eilverfahren Deckenaufträge an die Industrie vergeben werden können, hängt davon ab, ob bei den öffentlichen Auftraggebern tatsächlich ein entsprechender Bedarf vorhanden ist und die erforderlichen Haushaltsmittel bereitgestellt sind. Die öffentlichen Auftraggeber würden in diesem Fall von sich aus bestimmt die günstige Marktlage nutzen, da sie ja gemäß § 26 der Reichshaushaltsordnung gehalten sind, ihre Haushaltsmittel wirtschaftlich und sparsam zu verwalten. Das vorgeschriebene Verfahren für die Auftragserteilung würde einer beschleunigten Durchführung nicht im Wege stehen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Prochazka.
Herr Staatssekretär, welche Absicht haben Sie, die schlechte Konjunkturlage insgesamt verbessern zu helfen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, die konjunkturpolitischen Maßnahmen dürften Ihnen bekannt sein, insbesondere die Beschleunigung der Vergabe von Mitteln des Investitionshaushalts. Nach dem Stand von Ende Mai sind 2,3 Milliarden DM vergeben worden. Sie kennen auch die Bemühungen um die Sonderabschreibung. Insbesondere hat sich nunmehr unser Zinsniveau allgemein sehr stark ermäßigt, so daß die Voraussetzungen für ein Wiederingangsetzen der Investitionstätigkeit und damit für eine Erhöhung der Beschäftigung vorhanden wären. Aber wir wissen selbst, daß in der Wirtschaft noch eine Reihe von Hemmungen bestehen, so zu disponieren, wie es notwendig wäre, und diese Hemmungen beobachten wir vor allem auch auf dem Gebiet der Lagerdispositionen, die in der Tat gerade in den letzten Wochen sehr, sehr zurückhaltend gewesen sind.
Herr Abgeordneter Schlager zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, im Hinblick auf Ihre Feststellung, daß wir schon einer erheblichen Kritik anderer Länder ausgesetzt sind, möchte ich Sie fragen: Wie beurteilen Sie den Antrag Hollands gemäß Artikel 226 des EWG-Vertrages auf Schutzmaßnahmen für seine eigene Tuchindustrie?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Bei diesem Antrag handelt es sich um eine Initiative der Niederlande. Sicher paßt es nicht in die allgemeine Linie, daß man bei eigenen Schwierigkeiten die Probleme dadurch zu lösen versucht, daß man Importe abwehrt. Hier handelt es sich aber um einen besonderen Fall. Die Bundesregierung hat ihre eigenen Initiativen auf diesem Gebiet davon abhängig gemacht, wie dieser Fall in der EWG entschieden wird.
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5594 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967
Staatssekretär Dr. SchöllhornAber ich möchte nochmals betonen: es ist eine schlechte Politik in der Welt, bei Konjunkturrückgängen das Remedium in der Abschirmung gegenüber dem Ausland zu suchen; denn damit exportiert man seine eigenen Schwierigkeiten ins Ausland. Es ist bereits ein wesentlicher Export von solchen Schwierigkeiten eingetreten.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Staratzke.
Herr Staatssekretär, es wurde von öffentlichen Aufträgen gesprochen. Sind Sie nicht der Meinung, daß diese öffentlichen Aufträge auch z. B. aus dem Eventualhaushalt vornehmlich der deutschen Wirtschaft zugute kommen sollten? Ist Ihnen dabei der Erlaß des Bundesministeriums für Wirtschaft, des Auswärtigen Amts und des Schatzministeriums vom 29. April 1960 bekannt — und halten Sie ihn heute noch für richtig —, wonach öffentliche Aufträge ins Ausland vergeben werden sollen, aber — und jetzt kommt es — der Grundsatz der Gegenseitigkeit leider insofern beseitigt worden ist, als das Ausland seine öffentlichen Aufträge nicht unbedingt nach Deutschland zu vergeben braucht?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Aus den Mitteln des zusätzlichen Investitionshaushalts des Bundes sind nach meiner Kenntnisnahme — ich habe mich in verschiedenen Einzelfällen danach erkundigt — zum ganz überwiegenden Teil, fast vollständig, Inlandsaufträge vergeben worden. Das ergibt sich fast selbstverständlich auf dem Gebiet der Bauaufträge und des Straßenbaus. Der Erlaß aus dem Jahre 1960 hatte natürlich angesichts der damaligen Situation die Behebung der konjunkturellen Spannungen zum Ziel. Inzwischen sind aber die Vorschriften der EWG zum Zuge gekommen. Wir können gegenüber EWG-Ländern nicht diskriminieren. Ich glaube, die Bundesrepublik würde sich sehr, sehr heftiger Kritik aussetzen — auch berechtigter Kritik —, wenn sie grundsätzlich die Importe von konjunkturbelebenden Maßnahmen ausschlösse. Das ändert nichts daran, daß wir uns in einzelnen Fällen sehr sorgfältig die Frage stellen, ob nicht da und dort zur Behebung spezifischer örtlicher Schwierigkeiten dem Anbieter aus dem Inland der Vorzug zu geben ist.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ott.
Herr Staatssekretär, kann bzw. muß aus Ihren vorigen Ausführungen zur Frage der Importpolitik Hollands geschlossen werden, daß Sie bei Übertragung dieser Grundsätze auf bundesdeutsche Angelegenheiten die Importe nicht so beschränken wollen, wie es zum Schutz unserer eigenen Textilindustrie und im Hinblick auf unsere Beschäftigungssituation notwendig wäre?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Eine Beschränkung der Importe aus den EWG-Ländern ist nur bei ganz klaren
Verstößen nach Art. 226 möglich. Sonst könnte die Bundesregierung keine Importbeschränkungen vornehmen, weder im EWG-Bereich noch im sonstigen Bereich, weil wir sonst auch die Vorschriften des GATT verletzen würden. Ich sprach aber vorhin über die allgemeine Politik eines Landes, das in eigenen Schwierigkeiten ist, und ich sagte: Es ist ein Grundsatz, den wir überall vertreten, daß kein Land bei eigenen Schwierigkeiten versuchen sollte, das Problem zu Lasten des Nachbarn oder der weltwirtschaftlichen Entwicklung zu lösen. Ich glaube, das ist ein gesunder Grundsatz. Denn sonst wären wir bei Schwierigkeiten in anderen Ländern schon häufig vor das Problem gestellt worden, daß die deutschen Exporte abgewehrt worden wären.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich rufe die Fragen 28 und 29 des Herrn Abgeordneten Dr. Imle auf:
Hält die Bundesregierung es mit dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen für vereinbar, daß bei Lieferungen von Treibstoffen an Mineralölgroßhandelsfirmen die Preisstellung davon abhängig gemacht wird, daß ein mehr oder weniger großer Teil des Schmierölbedarfs von der Mineralölgroßhandelsfirma mitgekauft wird?
Ist es nach den geltenden Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb zulässig, daß Inhaber von Tankstellen, an deren Tankanlage Treibstofflieferanten finanziell beteiligt sind, von letzteren verpflichtet werden, ihre Motorenöle ausschließlich von diesen Lieferanten zu beziehen und Schmieröllieferungen von anderen Lieferanten untersagt sind?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die erste Frage des Herrn Abgeordneten Imle ist mit Ja zu beantworten. Allerdings können die Kartellbehörden im Einzelfall gegen ein Verhalten, wie es in der ersten Frage beschrieben ist, einschreiten, wenn die Voraussetzungen des § 18 oder des § 22 des Kartellgesetzes erfüllt sind. Nach § 18 des Kartellgesetzes kann die Kartellbehörde Lieferverträge mit dem Großhandel für unwirksam erklären, soweit durch sie für andere Mineralölunternehmen der Zugang zum Markt unbillig beschränkt oder soweit durch das Ausmaß der dem Großhandel auferlegten Beschränkungen der Wettbewerb auf dem Markt für diese oder andere Waren wesentlich beeinträchtigt wird. Gemäß § 22 des Kartellgesetzes können die Kartellbehörden gegen eine Preisstellung vorgehen, die eine mißbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung darstellt.Das Bundeskartellamt hat auf unsere Anfrage erklärt, daß ihm bisher ein Fall, in dem Mineralölunternehmen die in der ersten Frage geschilderte Preispolitik verfolgt hätten, nicht bekanntgeworden sei.Die zweite Frage betrifft in erster Linie ein Problem des Kartellrechts und nicht des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb. Sie ist daher nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen zu beantworten. Danach sind vertragliche Bindungen der beschriebenen Art grundsätzlich zulässig. Allerdings hat das Bundeskartellamt kürzlich auf Grund der zitierten §§ 18 und 22 des Kartellgesetzes gegen zehn Mineralölunternehmen, die ihre Tankstellenverwalter zum ausschließlichen Bezug der von ihnen hergestellten Schmieröle verpflichtet haben, ein Verfahren eingeleitet.
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967 5595
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist abzusehen, wann diese Verfahren wohl zu Ende kommen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich kann Ihnen keinen Termin angeben. Ich bin aber mit dem Bundeskartellamt gerade wegen dieser Frage in Verbindung, und das Bundeskartellamt weiß, daß wir an einer raschen Klärung dieser Probleme sehr interessiert sind.
Zweite Zusatzfrage.
Könnten Sie mich unterrichten, wenn die Sache zu Ende gekommen ist?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das werde ich selbstverständlich gern tun, Herr Abgeordneter.
Ich rufe die Frage 30 des Herrn Abgeordneten Dröscher auf:
Hat die Bundesregierung bemerkt, daß ihre Bemühungen, eine aktive Konjunkturpolitik auch mit Hilfe öffentlicher Aufträge der Gemeinden in Gang zu bringen, dadurch beeinträchtigt werden, daß auf der Ebene der Länder- und kommunalen Aufsichtsbehörden diese Tendenz vielerorts keineswegs unterstützt wird, sondern im Gegenteil eine derart strenge Haushaltspolitik gefordert und durchgesetzt wird, daß weniger Aufträge als je erteilt werden können und z. B. die Tätigkeit auf dem Gebiet der Wasser- und Abwasserversorgung ganz ins Stocken zu kommen droht?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Bundesregierung ist über den Rückgang der Investitionsausgaben bei Ländern und Gemeinden sehr besorgt. Angesichts des großen Anteils, den die Länder- und Gemeindehaushalte an öffentlichen Investitionen haben — er liegt bei etwa 80 % —, wirkt eine solche Entwicklung in der Tat den konjunkturpolitischen Bestrebungen des Bundes entgegen. Daher kommt es insbesondere in der jetzigen Situation entscheidend darauf an, daß sich die Länder und Gemeinden antizyklisch verhalten, d. h. ihre Investitionstätigkeit verstärken.
Um dies zu erreichen, haben sich der Bundesminister der Finanzen und der Bundesminister für Wirtschaft in der schon von Herrn Staatssekretär Leicht zitierten Konferenz mit den Wirtschafts- und Finanzministern der Länder am 18. Mai mit der eindringlichen Bitte an die Länder gewandt, die Bemühungen der Bundesregierung durch verstärkte Investitionsausgaben zu unterstützen. Hierbei wurde von seiten des Bundes auch auf diese besondere Notwendigkeit hingewiesen, den Gemeinden durch erhöhte Zuweisungen zu helfen. Der Bundesminister für Wirtschaft hat konkrete Vorschläge zur Finanzierung zusätzlicher Investitionen unterbreitet. Die Länder haben zugesagt, zu diesen Vorschlägen bald Stellung zu nehmen. Inzwischen hat die Deutsche Bundesbank zur Erleichterung der konjunkturbedingten Kreditaufnahme der Länder beschlossen,
unverzinsliche Schatzanweisungen der Länder bis zum Betrag von 1,2 Milliarden DM in die Geldmarktregulierung einzubeziehen.
Sie dürfen versichert sein, daß die Bundesregierung dieses Problem mit großem Nachdruck weiterverfolgt. Der Bundesminister für Wirtschaft beabsichtigt, den nach dem Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft vorgesehenen Konjunkturrat für die öffentliche Hand in Kürze einzuberufen. Bei dieser Sitzung wird es in erster Linie darum gehen, zu einer gemeinsamen konjunkturgerechten Haushaltspolitik von Bund, Ländern und Gemeinden zu kommen und die hierzu erforderlichen Maßnahmen vorzubereiten.
Keine Zusatzfrage.
Die Fragestunde ist zu Ende.
Meine Damen und Herren! Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:
Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1967
— Drucksachen V/1000, V/1235 —
Berichte des Haushaltsausschusses
a) hier: Einzelplan 14
Geschäftsbereich des Bundesmini-
sters der Verteidigung
— Drucksachen V/1764, zu V/1764 —
Berichterstatter: Abgeordneter Gierenstein Abgeordneter Wellmann
b) hier: Haushaltsgesetz 1967
— Drucksachen V/1800, zu V/1800 — Berichterstatter: Abgeordneter Schoettle
Wir kommen zunächst zu Einzelplan 14: Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung.
Ich frage den Herrn Abgeordneten Gierenstein, ob er als Berichterstatter das Wort wünscht.
Zur Berichterstattung Herr Abgeordneter Gierenstein.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir einige wenige ergänzende und erläuternde Anmerkungen zur Entwicklung und zur Struktur des Verteidigungshaushalts.Zuvor darf ich Sie bitten, von zwei Korrekturen in meinem Schriftlichen Bericht Kenntnis zu nehmen, und zwar muß auf Seite 2, in Spalte 2, im 5. Absatz und auf Seite 10 dieses Berichtes jeweils die Zahl 36 500 000 DM in 43 750 000 DM geändert werden.Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Verteidigungshaushalt hat seit seiner Aufstellung
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5596 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967
Gierensteinbis zur Beratung im Haushaltsausschuß eine ganze Reihe von Wandlungen durchlaufen. Die alte Bundesregierung hatte sich wegen der schwierigen Haushalts- und Finanzlage veranlaßt gesehen, die Anforderungen des Ressorts teilweise sehr drastisch zu kürzen und das Ausgabenvolumen auf zirka 18,5 Milliarden DM zu begrenzen. Die Ihnen bekannte Situation im Devisenausgleichsabkommen mit den Vereinigten Staaten von Amerika erforderte die zusätzliche Bereitstellung von Mitteln, um das Abkommen der laufenden Referenzperiode erfüllen zu können. Daher wurden 800 Millionen DM Verstärkungsmittel in den Beschaffungshaushalt eingestellt, die für Rüstungsausgaben in den USA zweckgebunden sind. Außerdem wurde eine einmalige Devisensonderzahlung im außerordentlichen Haushalt in Höhe von 500 Millionen DM vorgesehen. Diese wird aus Kreditmitteln finanziert und ist in den kommenden Jahren aus ordentlichen Mitteln im Einzelplan 14 abzuschulden.Gleichzeitig wurde aber der Kernhaushalt aus Gründen der allgemeinen Haushaltssituation um 200 Millionen DM gekürzt. Die neue Bundesregierung, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat mit ihrem bekannten Beschluß vom 19. Januar 1967 erneut in den Verteidigungsetat eingreifen müssen, und zwar mit einer Globalkürzung von 115 Millionen DM und mit einer Kürzung von 125 Millionen DM bei den Verstärkungsmitteln für Rüstungsausgaben in den Vereinigten Staaten.Für den Haushaltsausschuß stellte sich bei der Beratung die schwierige Aufgabe, die zunächst globalen Kürzungen von 200 Millionen DM und 115 Millionen DM in gezielte Einzelkürzungen umzusetzen. Die Bundesregierung hat dem Haushaltsausschuß insofern Hilfe geleistet, als sie durch nachgeschobene Kürzungslisten ihre Vorstellungen dieser Einzelkürzungen bekanntgab. Darüber hinaus ergab sich bei der Beratung, daß bei einer Reihe von Titeln des Verteidigungshaushalts inzwischen ein sachlich zwingender Mehrbedarf entstanden war. Dieser Mehrbedarf betrug etwa 130 Millionen DM. Diese 130 Millionen DM konnten bei der Aufstellung des Haushaltsplans nicht vorausgesehen werden. Es fallen darunter z. B. die anteiligen deutschen Kosten für die Verlegung der NATO-Hauptquartiere, Erhöhung der Trennungsentschädigung usw.Ferner ergab sich die Notwendigkeit für eine sachlich nicht zu 'bestreitende Erhöhung des Titels für die wehrtechnische Entwicklung um 75 Millionen DM und für den Flugzeug-Titel um 70 Millionen DM. Diese Erhöhungen mußten alle im Rahmen des Plafonds aufgefangen werden. Dies war nur dadurch möglich, ,daß bei einer Vielzahl von Titeln Abstriche erfolgten, und schließlich mußte noch eine globale Minderausgabe von 100 Millionen DM eingesetzt werden.Nun ist der Haushaltsausschuß kein Freund von globalen Minderausgaben. Aber in dieser Situation sah der Ausschuß keinen anderen Weg und glaubte, bei der Größe des Haushalts dem Ressort zumuten zu können, diese Minderausgabe im Laufe des Rechnungsjahres durch Bewirtschaftungsmaßnahmen wieder zu erbringen.Nominell beträgt nun der Einzelplan 14 knapp 19,6 Milliarden DM. Das ist sicher auf den ersten Blick eine hohe Summe. Will man sie richtig sehen, ist jedoch folgendes zu berücksichtigen. Mit ca. 800 Millionen DM ist der Verteidigungshaushalt 1967 aus dem Jahre 1966 bereits vorbelastet. Das Jahr 1966 wie auch die Jahre 1964 und 1965 haben in der Vergangenheit immer wieder zum Haushaltsausgleich im Gesamten beitragen müssen.In der Regierungserklärung vom 13. Dezember 1966 hat die Bundesregierung mit Recht zum Ausdruck gebracht, daß die Verteidigungsausgaben sich nach .der Finanzlage des Bundes richten müssen. Andererseits aber hat sie mit gleichem Recht gesagt, daß der Verteidigungshaushalt jedoch keine Kassenreserve sein darf zur Korrektur von Haushaltssünden der vergangenen Jahre.Weiter ist der Haushalt 1967 im besonderen Maße mit Zahlungen an die USA belastet, die die Bewegungsfreiheit des Ressorts erheblich einschränken. Die 500 Millionen DM sind nichts anderes als eine nominelle Aufblähung des Verteidigungshaushalts. Als Bewilligung stehen sie dem Ressort nicht zur Verfügung. 200 Millionen DM sind für Zwecke der Wiederbelebung der Konjunktur aus dem Investitionshaushalt in den Einzelplan 14 übernommen worden. Die Auswahl der Projekte erfolgte überwiegend nach konjunkturpolitischen Gesichtspunkten und weniger nach verteidigungswirksamen Zwekken.Wenn man den Verteidigungshaushalt auf seinen Kern zurückführt, verbleibt ein Plafond von 18,3 Milliarden DM, der sich bei Hinzurechnung der 200 Millionen DM aus dem Investitionshaushalt auf rund 18,5 Milliarden DM erhöht.Alle diese Ansätze, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind sehr knapp bemessen. Allein dadurch ergibt sich für die Bundeswehr der Zwang zur strengsten Sparsamkeit in der Bewirtschaftung ihrer Mittel.Nun noch einige wenige Sätze zur Struktur des Verteidigungshaushalts. Wenn man die 500 Millionen DM Devisensonderzahlung abzieht, verbleiben 19,1 Milliarden DM. Davon sind 12,3 Milliarden DM fortdauernde Ausgaben und 6,8 Milliarden DM einmalige Ausgaben. Die fortlaufenden Ausgaben machen demnach rund 65 % des gesamten Verteidigungshaushalts aus.Es wird bei der Gestaltung künftiger Haushalte darauf ankommen, den konsumtiven Teil einzuschränken, damit für die notwendigen Investitionen die erforderliche Bewegungsfreiheit geschaffen wird. Die Bemühungen des Verteidigungsressorts sind bereits auf dieses Ziel ausgerichtet. Eine ganze Reihe von Maßnahmen ist hier eingeleitet worden, und gegenüber der ursprünglichen Absicht, die Mannschaftsstärke der Bundeswehr im Jahre 1967 auf 477 000 Mann anwachsen zu lassen, hat man sich bereit gefunden, auf den Stand des Jahres 1966 einzufrieren und mit rund 461 000 Mann auszukommen. Auch hat die Regierung durch Einsatz von Stan-Beratungsgruppen und Organisationsprüfungen Maßnahmen ergriffen, um die Wirtschaftlichkeit ihrer Organisationsformen laufend zu überprüfen.
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967 5597
GierensteinIch bin der Auffassung, daß wir die Bundesregierung bei diesen Bemühungen intensiv unterstützen sollten. Auch im Bereich der Materialerhaltung sollten wir die Bundesregierung in der Zukunft in ihren Bestrebungen unterstützen, mit möglichst wenig Mitteln auszukommen.Meine sehr verehrten Damen und Herren, in der breiten Öffentlichkeit besteht vielfach die Auffassung, man könne den Verteidigungshaushalt noch mehr kürzen oder kurzfristig Einsparungen im Verteidigungshaushalt vornehmen. Vor dieser Auffassung muß nachdrücklichst gewarnt werden.
Die Verteidigungskonzeption der Bundeswehr wird zur Zeit auf Grund der Beschlüsse des NATO-Ministerrats überprüft. Eine endgültige Beschlußfassung über den Umfang der Streitkräfte kann die Bundesregierung nicht allein treffen, vielmehr muß sie dies in Abstimmung mit unseren Verbündeten und mit der NATO tun. Die Bundeswehr ist eine große, vielschichtige Organisation, die nur langfristig und mit entsprechender Vorlaufzeit geändert werden kann. Kurzfristige Eingriffe in den Verteidigungshaushalt würden zur Unausgewogenheit von Organisation und Struktur der Streitkräfte führen. Der Auftrag der Bundeswehr und die zur Erfüllung dieses Auftrags bereitzustellenden Mittel müssen einander entsprechen.Die Bundesrepublik Deutschland wendet zur Zeit knapp 5 % ihres Bruttosozialprodukts für die Verteidigung auf. Drei Vergleichszahlen aus anderen Staaten: Großbritannien 6,8 % Frankreich 5,9 % und die Vereinigten Staaten 9,6 %. Am internationalen Maßstab gemessen sind die Verteidigungsanstrengungen der Bundesrepublik Deutschland nicht zu hoch. Ein Nachlassen der Verteidigungsanstrengungen würde den bestehenden Tendenzen, die Truppenstärke der Verbündeten in der Bundesrepublik Deutschland weiter zu verringern, neuen Auftrieb geben. Der Anteil des Verteidigungshaushalts an den Gesamtausgaben des Bundes ist seit dem Jahre 1964 ohnehin laufend zurückgegangen; er betrug im Jahre 1964 32,0 % und im Jahre 1967 25,5 % des Bundeshaushalts.Schließlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist in der gegenwärtigen Konjunkturlage darauf hinzuweisen, daß der Verteidigungshaushalt eine große binnenwirtschaftliche Bedeutung hat. Von den gut 4 Milliarden DM für die Rüstungsbeschaffung bleiben immerhin 2,5 Milliarden DM im Inland und kommen notleidenden Industriezweigen zugute. Das Infrastrukturprogramm, einschließlich des Wohnungsbaus, macht rund 2 Milliarden DM aus, die der Belebung der Baukonjunktur dienen, zumal die Bauten der Bundeswehr überwiegend in regional unterbeschäftigten Gebieten liegen. Mit den Ausgaben für die wehrtechnische Forschung und Entwicklung in Höhe von knapp 1 Milliarde DM, von denen etwa die Hälfte im Inland bleiben, trägt der Verteidigungshaushalt dazu bei, den allgemeinen wissenschaftlichen und technologischen Stand in Deutschland zu verbessern.Zusammenfassend möchte ich mit folgender Feststellung schließen, die sich zum Schluß der Beratungen im Haushaltsausschuß ergeben hat: Der Verteidigungshaushalt ist trotz der nominellen Zunahme gegenüber 1966 knapp bemessen. Diese knappe Bemessung zwingt die Bundeswehr zu äußerster Sparsamkeit. Etwaige Vorstellungen, den Einzelplan 14 noch weiter zu kürzen oder während des Haushaltsvollzuges für die Befriedigung anderer Forderungen in Anspruch zu nehmen, sind Illusionen, vor denen man nachdrücklich warnen muß.Ich bitte daher, meine sehr verehrten Damen und Herren, dem Einzelplan 14 in der vom Haushaltsausschuß beschlossenen Fassung zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Allgemeine Aussprache! Das Wort hat der Herr Bundesminister der Verteidigung.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe heute zum erstenmal die Ehre, den Verteidigungshaushalt vor dem Hohen Hause zu vertreten. Dieser Haushalt ist seinen Aufgaben und seinem Umfang nach bedeutend. Es ist daher nur allzu verständlich, daß unter anderem gerade auf ihm der kritische Blick des Steuerzahlers ruht. Das verpflichtet den Verteidigungsminister und natürlich auch uns alle gemeinsam, eine Rechtfertigung zu geben. Diese Rechtfertigung haben wir uns weder leicht gemacht noch wollen wir sie uns leicht machen.Wir gehen dabei von ein paar Aussagen aus, deren Richtigkeit ich für unbestreitbar halte.Es ist unsere selbstverständliche Pflicht, die Sicherheit unseres Landes zu gewährleisten. Angesichts des großen und wachsenden Potentials der Staaten des Warschauer Paktes, das uns gegenübersteht, bedarf unsere Sicherheit eines entsprechenden Gegengewichts. Dieses Gegengewicht können wir aus unserer eigenen Kraft allein nicht schaffen. Wir brauchen dazu Verbündete und ein starkes, überzeugendes, in sich geschlossenes Bündnis. Der feste Zusammenhalt in diesem Bündnis hängt davon ab, daß alle Partner einen ihrer Wirtschafts- und Finanzkraft und ihrem übrigen Potential entsprechenden Anteil erbringen.Dies sind, meine Damen und Herren, einige Aussagen, über die wir sicherlich miteinander übereinstimmen.Ich möchte jetzt nicht die Lage im Bündnis und nicht die Situation im Warschauer Pakt im einzelnen erörtern. Ich halte es aber für geboten, festzustellen, daß die Nordatlantische Verteidigungsgemeinschaft, daß unser Bündnis seine Aufgabe, Frieden und Sicherheit in diesem Teil der Welt zu erhalten, erfüllt hat und nach meiner Überzeugung auch in Zukunft erfüllen wird. Frieden, Sicherheit, und ich füge hinzu; Freiheit stellen die Grundlagen unserer gesamten Politik dar. Sie sind und sie bleiben bedroht. Sie zu erhalten, erfordert den Preis, den wir bisher entrichtet haben und bis auf weiteres werden entrichten müssen.
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5598 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967
Bundesminister Dr. SchröderUnd nun, meine Damen und Herren, lassen Sie mich über diesen Preis in den trockenen, aber gewichtigen Zahlen des Haushalts sprechen. Zu Beginn möchte ich einige Feststellungen treffen, die für die Gesamtbewertung des Haushalts von Wichtigkeit sind. Die optische Höhe des Verteidigungshaushalts 1967 — der Berichterstatter hat das soeben schon dargelegt — mit nominell 19,6 Milliarden DM erscheint beachtlich. Aber wir würden uns .täuschen, wenn wir uns hier nicht einige Besonderheiten sehr nachdrücklich vor Augen hielten. Der Verteidigungshaushalt 1967 ist mit 800 Millionen DM aus dem Jahre 1966 vorbelastet, und der Verteidigungshaushalt selbst hat seit 1963 am Wachstum des Bundeshaushalts nicht teilgenommen. Bei der Gesamtbewertung wird es interessant sein, sich gerade diese Zahlen einmal nachdrücklich vor Augen zu halten. Der Verteidigungshaushalt hat im Jahre 1963 mit 32,3 % am Bundeshaushalt partizipiert, 1964 nur noch mit 29,2 %, 1965 mit 26,9 %, 1966 mit 24,9 % und 1967, jedenfalls nach dem Soll, mit 24,8 %. Das sind bedeutende Reduktionen.Von den gerade genannten nominell. 19,6 Milliarden DM sind echt abzusetzen 500 Millionen DM für eine Devisensonderzahlung. Das ist ein Betrag, der — und das muß man unterstreichen — nicht für Ausgabezwecke zur Verfügung steht, sondern in den nächsten Jahren aus neuen Mitteln des ordentlichen Haushalts abgeschuldet werden muß, 630 Millionen DM aus diesem Haushalt sind für Zwecke der Devisenhilfe gegenüber den Vereinigten Staaten gebunden, die größtenteils als Vorauszahlungen eingesetzt werden müssen. So beträgt das reale Volumen des Verteidigungshaushalts 18,5 Milliarden DM, einschließlich der 200 Millionen DM aus dem sogenannten Investitionshaushalt.Der Verteidigungshaushalt 1967 ist nun bei einem begrenzten Ausgabevolumen belastet durch ein zwangsläufiges Ansteigen der fortdauernden Ausgaben. Hierzu möchte ich zunächst eine Klarstellung geben, weil dies ein Punkt ist, der in der öffentlichen Diskussion sehr häufig wenig eindeutig dargestellt wird.Fortdauernde Ausgaben werden häufig gleichgesetzt mit Betriebsausgaben. Das ist falsch. Nach dem deutschen Haushaltssystem wird den Betriebsausgaben eine Reihe von gewichtigen Mittelbereitstellungen zugerechnet, die in den Haushalten vergleichbarer Nationen im Investitionsbereich erscheinen. Das gilt im Jahre 1967 z. B. für folgende Positionen: 900 Millionen DM für Forschung und Entwicklung, rund 200 Millionen DM für Architekturgebühren der Länderbauverwaltungen, 235 Millionen DM für kommunale Aufschließungs- und Folgeeinrichtungen und schließlich ein Betrag von 120 Millionen DM als Beitrag zur NATO-Infrastruktur. Insgesamt handelt es sich dabei um rund 1,5 Milliarden DM in den fortdauernden Ausgaben, die wirtschaftlich den Investitionen zuzurechnen sind.Ein anderer wichtiger Gesichtspunkt, der in der öffentlichen Diskussion eine große Rolle spielt, ist das Verhältnis der fortdauernden Ausgaben zu den einmaligen Ausgaben. Neulich ist an einer anderen Stelle behauptet worden, dieses Verhältnis betrage75 : 25. Der Berichterstatter hat gerade schon dargelegt, daß es im Haushalt 1967 65 : 35 beträgt. Es wird vielleicht gut sein, diese Zahlen einmal in einen Vergleich zu den Zahlen anderer vergleichbarer Länder zu setzen. Bei den Vereinigten Staaten beträgt das Verhältnis 70 : 30, in Frankreich 72 : 28 und in Großbritannien 76 : 24.Trotzdem wird in der öffentlichen Diskussion häufig behauptet: Die Betriebsausgaben der Bundeswehr sind zu hoch, weil die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit bei der Bundeswehr nicht genügend beachtet werden. Deshalb ist es vielleicht nützlich, eine kurze Analyse der Betriebsausgaben zu geben:a) Ihr wesentlichster Teil sind die Personalausgaben mit rund 6,2 Milliarden DM. Diese Personalausgaben beruhen auf gesetzlichen oder tarifvertraglichen Verpflichtungen. Sie sind überhaupt nur beeinflußbar durch die Kürzung der Umfangstärke. Im Jahre 1967 ist deshalb folgendes geschehen: Wir sind im militärischen Bereich von der ursprünglichen Planung mit 477 000 auf 461 000 Soldaten zurückgegangen. Wir haben beim Zivilpersonal den Umfang auf 170 000 Dienstkräfte begrenzt. Von diesen 170 000 Kräften sind rund 70 000 im Bereich der Kommandobehörden und der Truppe beschäftigt. Wir müssen uns darüber klar sein, daß die Umschaltung aus einer laufenden, von diesem Hohen Hause gebilligten Aufbauplanung mit dem Ziel, 1971 508 000 Mann aufzustellen, überhaupt nur langfristig möglich ist.Der Sozialaufwand innerhalb des Verteidigungshaushaltes hat auf Grund. gesetzlicher Regelungen eine beachtliche Höhe von insgesamt rund 1,4 Milliarden DM erreicht, d. h. einschließlich der Ausgaben für die Soldatenversorgung, die vom Verteidigungshaushalt an den Einzelplan 33 zu erstatten sind. Dieser Sozialaufwand beruht auf der voraufgegangenen Sozialgesetzgebung in den fünfziger Jahren. Sicherlich ist ein großer Teil dieses Aufwandes berechtigt, um bei der zwangsläufig unterschiedlichen Handhabung der Wehrpflcht dem Eingezogenen einen wirtschaftlichen Ausgleich zu gewähren. Trotzdem aber — und ich bin dem Berichterstatter dankbar, daß er diesen Gesichtspunkt hervorgehoben hat — wird im Lichte der Haushaltslage des Bundes eine sorgfältige Überprüfung des gesamten Fürsorge- und Betreuungsaufwandes notwendig sein. Ich kann hier natürlich nur für ein behutsames Vorgehen plädieren. Aber dies ist eine Frage, mit der wir uns aus Verantwortungsbewußtsein beschäftigen müssen.Die Wirtschaftlichkeit des Personaleinsatzes wird laufend zusammen mit dem Bundesfinanzministerium und dem Bundesrechnungshof überprüft. Diese Prüfungen mit dem Ziel eines rationelleren Personaleinsatzes werden unter dem Druck der Festsetzung von Personalhöchstzahlen laufend fortgesetzt. — Soviel, meine Damen und Herren, zu den Personalausgaben.b) Nun zu den Ausgaben für Materialerhaltung, Ersatz und Betrieb der technischen und militärischen Einrichtungen. Dieser Ausgabenblock ist von Jahr zu Jahr gestiegen. Es waren 1962 1,2 Milliarden DM, 1963 1,4 Milliarden DM, 1964 1,8 Milliarden
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967 5599
Bundesminister Dr. SchröderDM, 1965 2,1 Milliarden DM, 1966 2,1 Milliarden DM, und 1967 sind es 2,3 Milliarden DM. Dieser Anstieg ist durch mehrere Faktoren bedingt, zunächst einmal durch den Zulauf des von der Bundeswehr zu unterhaltenden Materials, dessen Beschaffungswert sich heute auf insgesamt 37 Milliarden DM beziffert. Andere Faktoren sind die ständige Ausweitung und die Lohn- und Materialkosten, die laufend gestiegen sind. Die mit fortschreitender Technik komplizierter werdenden Geräte erfordern eben auch einen höheren Unterhaltungsaufwand.Die Rationalisierung des Betriebs der Bundeswehr ist ein sich täglich neu stellendes Problem. Selbstverständlich wird und muß ein Wirtschaftsbetrieb mit einem Umsatz von rund 18 Milliarden DM und einem Personalaufwand von über 600 000 Mann laufend Organisationsprüfungen, Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen und Rationalisierungsmaßnahmen vornehmen. Das tut auch die Bundeswehr seit Jahren.Ich möchte aus dem Katalog neuer Rationalisierungsmaßnahmen nur einige wesentliche nennen. Es sind neue moderne betriebswirtschaftliche Verfahren eingeführt worden wie z. B. folgende: das sogenannte Mil-Strip-Verfahren, ein Verfahren zur verbesserten Bewirtschaftung von Ersatzteilen und anderen Nachschubbedarfs unter Verwendung von Datenverarbeitungsanlagen, die Umstellung des Materialbeschaffungswesens auf das leistungsfähigere System IBM 360, die Ausrüstung der Depots mit modernen Maschinen zur Erhöhung der Effektivität in Lagerung und Warenumschlag, der Einsatz industrieller Beratungsteams für die Instandsetzung der Flugzeuge auf den Plätzen und die Einschränkung des Materialerhaltungsaufwandes auch durch rechtzeitige Aussonderung von Material wegen technischer Veralterung oder Umrüstung wie z. B. bei den Flugzeugen F 84, F 86 und des Panzers M 47.c) Meine Damen und Herren, ein anderes und viel erörtertes Kapitel sind die Ausgaben für wehrtechnische Forschung und Entwicklung. Das Volumen dafür beträgt im Jahre 1967 rund 1 Milliarde DM. Formell handelt es sich hierbei um laufende Ausgaben, tatsächlich aber wie z. B. in den Vereinigten Staaten, Frankreich und Großbritannien um Investitionen. Die Bedeutung der wehrtechnischen Forschung dokumentiert sich bei uns durch einen Ausgabenanstieg von Jahr zu Jahr. Es waren im Jahre 1962 410 Millionen DM, 1963 540 Millionen DM, 1964 640 Millionen DM, 1965 690 Millionen DM, 1966 745 Millionen DM und schließlich 1967 913 Millionen DM.Das Bundesministerium der Verteidigung hat trotz Kürzungen die Wehrtechnik gefördert, um auf diesem für die Zukunft wichtigen Gebiet einen Schwerpunkt der Investitionen zu bilden. Der Leitgedanke ist dabei der gewesen, daß wehrtechnische Forschung und Entwicklung unseren nationalen Zielen, aber auch dem europäischen und dem technischen Fortschritt im westlichen Verteidigungsbündnis dienen. Es ist unser Ziel, die internationale Zusammenarbeit zu fördern, bei der die einzelnen Länder nicht nur Zahlstellen sind, sondern alle beteiligten Länder gleichberechtigt profitieren.Schließlich ist ein weiterer wesentlicher Gedanke, daß die Entwicklung von großen Waffensystemen schon allein wegen der Kostenhöhe nur als eine Gemeinschaftsarbeit durchführbar ist. Ich weise darauf hin, daß gegenwärtig etwa 50% unserer Entwicklungsarbeiten als internationale Gemeinschaftsarbeiten durchgeführt werden. Gezielte Entwicklungsaufträge dienen der Erhaltung unserer Entwicklungsteams und verhindern dadurch die Abwanderung hochqualifizierter Wissenschaftler und Techniker.d) Ein kurzes Wort zu Ausbildung und Übung. Das Ausgabevolumen dafür ist in den letzten Jahren verdoppelt worden. Daß dies ein Gegenstand ist, der für die Bundeswehr im Frieden besonders wichtig ist, brauche ich nicht hervorzuheben. Dieser Anstieg war sachlich begründet. Ein Sparen an dieser Stelle, an den Kosten für Ausbildung und Übung, wäre das Sparen am falschen Platz.Wenn das die großen Zahlen und Fakten sind, mit denen wir es zu tun haben, dann muß man, glaube ich, den Versuch machen, unseren Verteidigungshaushalt auch in den internationalen Vergleich hineinstellen. Wie sieht das aus?Zusammen mit anderen anrechenbaren Ausgaben des Bundeshaushalts, wie z. B. dem Bundesgrenzschutz, dem NATO-Zivilhaushalt, den Besatzungskosten in Berlin, Versorgungsausgaben, soweit nicht schon im Einzelplan 14 veranschlagt, erreichen unsere Verteidigungsausgaben nach NATO-Kriterien — dies ist wenigstens ein statistischer Anhalt — ein Volumen von 21,6 Milliarden DM. Gemessen am Bruttosozialprodukt ergibt sich — ohne Berlin — ein Satz von 5 % des Bruttosozialprodukts. Man muß mit großem Nachdruck darauf hinweisen — und der Herr Berichterstatter hat das erfreulicherweise eingangs schon getan —, daß andere NATO-Partner vergleichsweise einen höheren Prozentsatz ihres Bruttosozialprodukts für Verteidigung aufwenden. Dabei will ich einmal die Vereinigten Staaten von Amerika überhaupt beiseite lassen. Sie werden aus den heutigen Nachrichten wissen, daß ihr Verteidigungshaushalt mehr als 70 Milliarden Dollar, also über 280 Milliarden DM beträgt. Wir wollen gar keinen Vergleich, auch keinen prozentualen Vergleich, damit wagen. Es gibt aber zwei Staaten in Europa, mit denen wir uns nicht nur vergleichen können, sondern vergleichen müssen, und das sind Großbritannien und Frankreich. Großbritannien wendet für seine Verteidigung 6,8 % seines Bruttosozialprodukts auf, Frankreich 5,9 %, also beinahe ein ganzes Prozent mehr als wir. Alle diejenigen, die sich Gedanken darüber machen, was Europa in besserer Zusammenarbeit mehr tun kann für seine Verteidigung, werden an solchen Zahlen nicht vorbeigehen können und werden unter gar keinen Umständen etwa die Illusion pflegen dürfen, daß der Verteidigungsaufwand auch geringer gestaltet ebenso wirksam sein würde.Ich glaube, daß die Forderung der Verteidigung in dieser Situation an die Finanzpolitik lauten muß: Die Finanzmittel müssen den NATO-Forderungen adäquat sein; sie müssen im Verhältnis zu den vorgenannten Aufwendungen der anderen NATO-Län-
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5600 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967
Bundesminister Dr. Schröderder stehen, und sie müssen darüber hinaus den besonderen deutschen Gegebenheiten entsprechen. Auch künftig darf unsere heutige Position im NATO-Bündnis nicht durch sinkende Verteidigungsanstrengungen geschwächt werden. Für dieses Ziel ist es erforderlich, künftig einen ausreichenden Betrag aufzuwenden, um zwangsläufig weiter steigende fortdauernde Ausgaben zu decken und außerdem Waffen und Geräte zu moderniseren.Daher werden wir das Jahr 1968 als ein Übergangsjahr anzusehen haben, um Anschluß an ein neues Fünfjahresprogramm für den Planungszeitraum von 1969 bis 1973 zu gewinnen. Die Konturen der künftigen Verteidigungshaushalte im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung müssen so abgesteckt werden, daß von der Basis 1967/1968 die Verteidigungsausgaben von Jahr zu Jahr am Wachstum der gesamten Bundesausgaben teilnehmen.Meine Damen und Herren, ich möchte zwei Punkte zur innenpolitischen Bewertung dieses Haushalts herausstellen. Trotz aller Schwierigkeiten sind für wehrtechnische Forschung und Entwicklung die Mittel gegenüber 1966 um über 200 Millionen DM auf knapp 1 Milliarde DM erhöht worden, wie ich schon gerade sagte, um in diesem für die Zukunftsentwicklung wichtigen Bereich einen Investitionsschwerpunkt zu bilden. Dies sind Ausgaben, die nicht nur der engeren wehrtechnischen Zielsetzung dienen, sondern — ich habe das bereits unterstrichen — zugleich auch dem technologischen Fortschritt in Deutschland und der Erhaltung wertvoller Entwicklungsteams. Dadurch wird dazu beigetragen, daß hochqualifizierte Techniker nicht aus Deutschland abwandern, eine Gefahr, von der Sie wissen, daß sie immer noch besteht.Darauf, daß der Verteidigungshaushalt in der gegenwärtigen Konjunkturlage eine große binnenwirtschaftliche Bedeutung hat, ist bereits von dem Herrn Berichterstatter hingewiesen worden. Von 4 Milliarden DM für Rüstungsbeschaffungen bleiben rund 2,5 Milliarden DM im Inland. Das Infrastrukturprogramm mit seinen rund 2 Milliarden DM einschließlich des Wohnungsbaues belebt die Baukonjunktur, zumal Bauten der Bundeswehr überwiegend in regional unterbeschäftigten Gebieten liegen. Die zahlreichen Zuschriften, die ich von Mitgliedern des Hohen Hauses gerade mit diesbezüglichen Wünschen habe, unterstreichen das nachdrücklich.Meine Damen und Herren, lassen Sie mich einige abschließende Betrachtungen vornehmen. Die Einzelberatungen der Titel im Haushaltsausschuß hat eindeutig ergeben, daß alle Ansätze des Haushalts äußerst knapp sind. Die knappe Dotierung und die vorhin erwähnte Minderausgabe von 100 Millionen DM zwingen die Bundeswehr in allen Bereichen zur äußersten Sparsamkeit. Der Zwang zur Steigerung der laufenden Rationalisierungsmaßnahmen wird fortgesetzt. Etwa notwendige Anpassungen der bisherigen Planungen für die Aufstellung der Streitkräfte und ihre Ausrüstung müssen langfristig erfolgen. Kurzfristige Eingriffe führen zur Unausgewogenheit und damit zu Fehlentwicklungen.Für die Stärke der Bundeswehr und für ihre Ausrüstung müssen folgende sechs Leitgedanken beachtet werden:1. Das neue Verteidigungskonzept der NATO, das sogenannte Konzept der flexiblen Reaktion, erfordert die Fähigkeit zur Abschreckung gegenüber allen Erscheinungsformen eines Angriffs einschließlich eines begrenzten Krieges.2. Dazu sind präsente Streitkräfte in ausreichender Stärke notwendig. Ihre Stärke muß sich nach der effektiven Stärke des mutmaßlichen Gegners richten, die bekanntlich nicht vermindert ist, sondern eher noch wächst.3. Insbesondere erfordert dieses Prinzip die Aufrechterhaltung einer starken konventionellen Komponente unserer Verteidigung.4. Die verringerte Präsenz alliierter Streitkräfte, die sich als Folge der deutsch-britisch-amerikanischen Dreiervereinbarungen ergibt, zwingt zur Erhöhung der Beweglichkeit und zur Stärkung der konventionellen Feuerkraft der im Abschnitt Europa-Mitte stationierten Kräfte.5. Die Präsenz ausreichend starker deutscher Streitkräfte ist nur auf der derzeitigen Grundlage der allgemeinen Wehrpflicht möglich. 47 % der Bundeswehr bestehen aus Wehrpflichtigen.6. Die gleiche Überlegung spricht gegen eine Verkürzung des Grundwehrdienstes von zur Zeit 18 Monaten. Erst nach einjähriger Ausbildung ist der Rekrut sofort einsatzbereit. Erst während der letzten sechs Monate seiner Ausbildung kann ein Soldat demnach als Teil der präsenten Streitkräfte angesehen werden.Meine Damen und Herren, bei allen unseren Verteidigungshaushalt betreffenden Überlegungen müssen wir die innerhalb jedes Bündnisses und demgemäß in unserem atlantischen Bündnis bestehende Wechselwirkung zwischen eigenen Anstrengungen und den Anstrengungen unserer Partner beachten. Wenn wir von unseren Bundesgenossen fordern — wie wir es ständig tun —, daß sie ihre im Interesse der gemeinsamen Verteidigung unseres Landes unternommenen Anstrengungen nicht vermindern, können wir nicht unsererseits eine Verminderung unserer eigenen Anstrengungen ins Auge fassen.Alle diese Überlegungen führen zu der zwingenden Schlußfolgerung, daß der Verteidigung im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes ein ihrer Bedeutung entsprechender Rang und im Vergleich zu anderen Staatsausgaben eine entsprechende Priorität eingeräumt werden muß.Meine Damen und Herren, ich möchte mich zur Einleitung der Debatte zunächst auf diese Ausführungen beschränken. Ich werde Gelegenheit haben, auf andere Fragen später noch einzugehen.Aber ich möchte nicht schließen, ohne eines gesagt zu haben: Wir alle haben die dramatischen militärischen und politischen Ereignisse im Nahen Osten mit größter Anteilnahme verfolgt. Es wäre sicher zu früh, daraus schon jetzt endgültige Schlußfolgerungen zu ziehen. Ich bin aber überzeugt, daß
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Bundesminister Dr. Schröderauch dem letzten Mann und der letzten Frau in unserem Lande klargeworden ist, oder sagen wir lieber, wieder einmal klargemacht worden ist: In unserer Welt haben Frieden, Sicherheit und Freiheit ihren Preis. Das gilt für unsere Bundesgenossen, das gilt für unser ganzes Bündnis. Aber, meine Damen und Herren, täuschen wir uns nicht: Es gilt in allererster Linie für uns selbst! Das ist die Einsicht, welche die Stunde von uns verlangt. Sorgen wir dafür, daß wir unserem Volk und seiner Zukunft in dieser Zeit nichts schuldig bleiben!
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schultz.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe den Auftrag und die Ehre, im Namen der Bundestagsfraktion der Freien Demokratischen Partei zu dem Haushalt des Verteidigungsministeriums zu sprechen. Ich möchte meiner Rede eine Bemerkung zu dem voranstellen, was der Herr Bundesverteidigungsminister eben gesagt hat. Ich glaube, wir sind uns alle darüber im klaren, daß Sicherheit und die dazu notwendigerweise aufzuwendenden Mittel in einem richtigen Verhältnis zueinander stehen müssen. Uns von der Opposition unterscheidet in der Bewertung dieser Frage nichts von der Bundesregierung. Das bedeutet, wir sind uns einig über den Auftrag, den die Bundeswehr hat, und über das Ziel, welches mit ihr angestrebt wird, nämlich die Sicherheit der Bundesrepublik gewährleisten. Über den Weg dorthin, über die Frage, wie diese Sicherheit am besten erreicht werden kann, sind wir allerdings verschiedener Meinung.Erlauben Sie mir, daß ich Ihnen das ,auseinandersetze. Der Herr Bundesverteidigungsminister hat ja schon heute früh bei der Tagung des Bundeswehrverbandes gesprochen, und die Meldungen über das, was er dort gesagt hat, sind inzwischen über die Agenturen gelaufen. Wenn ich mir das hier zusammensuche, stelle ich fest, daß diese Äußerungen in etwa darauf hinauslaufen, daß das, was ich Ihnen jetzt vortragen werde, von der Bundesregierung abgelehnt wird. Das verwundert mich an sich nicht weiter.Ich glaube aber, daß die Fragen der Verteidigung im Jahre 1967 neu überdacht und überprüft werden müssen, wie wir Freie Demokraten das schon seit längerer Zeit fordern.Ich möchte sagen, daß sich die Rede, die Herr Dr. Schröder eben. gehalten hat, nicht viel von der Rede unterscheidet, die im Jahre 1963 von dem damaligen neuen Bundesverteidigungsminister von Hassel gehalten worden ist. Es ist etwa dasselbe Konzept, das wir heute wieder neu gehört haben. Ich frage mich, ob dieses Konzept noch so unverändert sein kann, wenn man nach draußen sieht, insbesondere auch wenn man nach dem Nahen Osten sieht.Für die Kollegen von der CDU/CSU darf ich vielleicht noch eine etwas scherzhaft gemeinte Bemerkung machen. 1963 sprach der Kollege Benda als erster, nachdem unser verehrter Kollege Erler für die SPD das Wort ergriffen hatte. Herr Kollege Benda sagte damals: Die gute alte Politik wird mit einem neuen Mann -fortgesetzt. Er sprach dann den Dank an den vorhergehenden Minister für Verteidigung aus. Ich wollte Sie nur daran erinnern, daß Sie das diesmal nicht vergessen.
Nunmehr zu dem, was — wie ich glaube — uns alle doch sehr stark bewegt, nämlich zu der Frage der Verteidigungskonzeption schlechthin, die meiner Meinung nach bei der Beratung dieses Haushalts sehr nützlich und gut erörtert werden kann. Wir Freien Demokraten hatten ja schon anläßlich der Beratung unseres Antrags betreffend die atomare Rüstung und friedliche Nutzung der Kernenergie am 27. April dieses Jahres Gelegenheit genommen, grundlegende Ausführungen über den Wert oder besser: Unwert der gegenwärtigen Verteidigungskonzeption der Bundesrepublik zu machen. In der anschließenden Aussprache haben Sie sich, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, beharrlich geweigert, auf unsere Argumente, Überlegungen und Vorschläge einzugehen. Die Debatte damals am 27. April wurde von Ihnen auf das sicherlich auch sehr wichtige Problem eines Atomsperrvertrages eingeschränkt, obwohl es sich um eine verbundene Debatte handelte, nämlich über unseren Antrag und Ihre Große Anfrage. Sie hatten damals in Aussicht gestellt, daß man mit einer Großen Anfrage zur Verteidigungspolitik noch vor der Sommerpause die Fragen, die wir am 27. April angeschnitten hatten, hier diskutieren wollte. Ich muß feststellen, daß diese Große Anfrage — aus welchen Gründen, weiß ich nicht — bisher noch nicht eingegangen ist. Ich glaube allerdings, daß Sie sich bei der Behandlung des Verteidigungshaushalts heute kaum wieder so billig um eine Diskussion der brennenden Fragen herumdrücken können.Inzwischen fand nämlich die denkwürdige Konferenz der NATO-Verteidigungsminister in Paris statt. Ihre Ergebnisse sind für aufmerksame Beobachter der Entwicklung im NATO-Bündnis sicherlich nicht überraschend. „Überrascht und entsetzt" konnten nur Mitglieder der CDU/CSU-Fraktion sein, deren Unbeweglichkeit und starrsinniges Festhalten an einmal eingenommenen Positionen ich mit wenigen Ausnahmen im Verteidigungsausschuß immer wieder feststellen muß.Die Bundesregierung wird jetzt kaum mehr an dem Eingeständnis vorbeikommen, daß sie für die doch für unsere Volkswirtschaft äußerst belastende Summe von rund 18 bis 19 Milliarden DM jährliche Verteidigungskosten kein angemessenes Äquivalent an militärischer Sicherheit zur Verfügung stellen kann. Die sowieso nicht sehr glaubhafte Drohung, beim geringsten Angriff auf den Osten werde mit dem großen Atomschlag geantwortet werden, ist nunmehr auch offiziell begraben worden. Die NATO-Verteidigungsminister haben sich eindeutig dazu bekannt, im Ernstfall nicht aus Angst
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vor dem Tod Selbstmord begehen zu wollen. Wir von der FDP können das nur begrüßen. Wir können allerdings nicht umhin, festzustellen, daß die Bundeswehr mit ihrer gegenwärtigen Ausstattung alles andere als in der Lage ist, auf militärische Pressionen abgestuft zu reagieren und Übergriffen eine abgewogene Antwort zu erteilen. Der Grund dafür ist bekannt. Ich verweise auf das, was ich an diesem soeben genannten 27. April gesagt habe.Aber nicht nur seit diesem Tage, sondern seit 1958 weisen wir auf diese weiche Stelle in unserer Verteidigungskonzeption hin. Die Bundeswehr ist mit Atomträgerwaffen ausgerüstet, ohne die geringste Chance zu haben, daß ihr im Ernstfall dafür die entsprechenden Sprengsätze zur Verfügung stehen. Sie muß zugunsten dieser atomaren die konventionelle Rüstung sträflich vernachlässigen. Die Bundeswehr ist damit weder in der Lage, sich konventionell wirksam zu verteidigen, noch in der Lage, sich mit atomaren Mitteln wirksam zu verteidigen, d. h. uns, uns alle gemeinsam zu verteidigen. Über diese mehr als bedrückende Erkenntnis konnte die Bundesregierung bisher hinwegtäuschen, indem sie die Öffentlichkeit glauben machte, im Ernstfall würden die nuklearen Sprengsätze von ihren Besitzern rechtzeitig freigegeben. Leider wurde diese Auffassung durch die von der Bundesregierung subventionierten militärpolitischen Pressedienste auch dann noch immer wieder vertreten, als schon ganz deutlich war, daß die Mehrzahl der NATO-Mitglieder das Anheben der Atomschwelle wünschten und auch mit realen militärischen Argumenten untermauerten.Außerdem wurde erst jüngst durch den Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Verteidigungsausschuß, den verehrten Kollegen Rommerskirchen, unter Hinweis auf den Vortrag des Flottillenadmirals Poser über die der Bundesrepublik gegenüberstehenden Verbände des Warschauer Paktes erklärt, daß die Verstärkung dieser Verbände in Ausrüstung und Ausbildung eine Änderung der Verteidigungskonzeption in der Bundesregierung in Richtung der von den Freien Demokraten vorgetragenen Vorschläge unmöglich machten. Man müsse die Dinge so sehen, wie sie seien, und nicht, wie man sie sich wünsche. Das riet uns Kollege Rommerskirchen. Nur meine ich, sollte man sich darüber klar sein, daß man auch im Bereich der NATO die Dinge so sehen muß, wie sie sind, und nicht, wie man sie gern haben möchte.
Jetzt nach den Pariser Beschlüssen bleibt der Regierung nichts weiter übrig, als den Konkurs ihrer auf atomare Waffen gegründeten Rüstungspolitik anzumelden und offen und ehrlich zu erklären, daß sie mit dieser Bundeswehr nicht in der Lage ist, abgestuft auf militärische Angriffe zu reagieren.
Was bedeutet denn das Prinzip einer flexiblen Antwort? Der Herr Bundesverteidigungsminister Dr. Schröder hat in seinem Dr. Wagner gewährten Interview, abgedruckt im Bulletin vom 2. Juni 1967, eineklare Definition gegeben — ich darf sie mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten zitieren —:Die Doktrin der „flexiblen Reaktion" fordertdie Abwehr eines Angriffs mit den jeweils derAngriffsart und -stärke angemessenen Mitteln.
Die Verteidigung so flexibel wie möglich zu machen bedeutet, daß nicht sofort und in jedem Fall nukleare Waffen eingesetzt werden müssen, sondern daß ein begrenzter konventioneller Angriff zunächst in einer konventionellen Kampfphase abgewehrt wird. Zu welchem Zeitpunkt diese in eine nukleare Kampfphase umschlägt, weiß der Aggressor nicht. Selbstverständlich löst ein nuklearer Angriff sofort den nuklearen Gegenschlag aus.Das bedeutet also, daß auch und gerade die Bundeswehr in der Lage sein muß, auf die in Mitteleuropa allein nicht auszuschließenden begrenzten Angriffskriege mit adäquaten Mitteln zu reagieren. Eine adäquate Antwort, meine Damen und Herren von der Koalition, können Sie aber bei einer etwaigen Besetzung Lübecks, Braunschweigs oder Hamburgs doch nicht mit Atomwaffen taktischer oder strategischer Art erteilen. Die Einwohner von Lübeck, Braunschweig und Hamburg werden Ihnen eine Befreiung mit atomaren Mitteln sicherlich nicht mehr danken können.Leider, Herr Bundesminister Dr. Schröder, haben Sie aber jeden Hinwies darauf vermissen lassen, auch in dem, was Sie eben gesagt haben, wie man sich im Verteidigungsministerium die Konsequenzen der Pariser Beschlüsse für die Bundeswehr vorstellt. Welche Maßnahmen werden für Ausrüstung, Bewaffnung und Ausbildung — ein sehr wichtiger Punkt — für die 70er Jahre erwogen? Welche Maßnahmen ergeben sich für Dislozierung und Infrastruktur, für Forschung, Entwicklung und Erprobung von Waffen und Munition? Es genügt nicht, meine Damen und Herren, die Mittel für Wehrtechnik und Forschung zu erhöhen — das ist wichtig und notwendig und findet unsere volle Zustimmung —, sondern man muß natürlich auch sagen, wozu diese Mittel verwandt werden sollen.Nun hat der Herr Kollege Schmidt in seinem Buch „Verteidigung oder Vergeltung" in sehr eindrucksvoller Weise die Argumente aufgezeichnet, die für und gegen die taktisch-nukleare Verteidigung sprechen. Seine Überlegungen müßten doch heute eigentlich Eingang in die Politik der Bundesregierung finden. Kollege Schmidt hat klargestellt, daß die Behauptung, taktische Nuklearwaffen begünstigten den Verteidiger, keine Gültigkeit hat, wenn beide Seiten über taktische Atomwaffen verfügen. — Wer das nachlesen will, findet das in dem Buch auf Seite 115. Es ist überhaupt sehr nützlich, dieses Buch zu lesen. — Es ist unbestritten, daß etwaige Angriffe auf die Bundesrepublik vor allem von Panzereinheiten getragen sein würden. Demgegenüber stellt der Kollege Schmidt völlig richtig heraus, daß taktische Nuklearwaffen gegenüber angreifenden Panzerverbänden nur von relativ geringer Wirkung sind. Wörtlich sagt er — ich
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darf auch das mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren —:Es muß im Gegenteil hervorgehoben werden, daß angreifende Panzerverbände nuklear-verseuchte Räume relativ rasch durchstoßen können und dabei weniger gefährdet sind als die an die Verteidigung bestimmter Abschnitte, Punkte oder Sperren örtlich gebundenen Infanterietruppen des Verteidigers.Auch das Argument, das Vorhandensein von Nuklearwaffen zwinge den Angreifer, seine Truppen stark zu zerstreuen und auf größere Angriffsbereitstellungen zu verzichten, wird vom Kollegen Schmidt mit dem Hinweis beantwortet, daß das natürlich auch für die verteidigenden Truppen gelte, so daß also für keine Seite ein Vorteil entstände. Durch taktische Atomwaffen ist also — das schließe ich daraus — die Bundesrepublik nicht zu verteidigen. Es müssen andere Mittel und Wege gefunden werden.Uns scheint, daß die Lösung dieses Problems gar nicht so schwer ist. Gerade wir Freie Demokraten haben seit vielen Jahren immer wieder, wenn auch leider vergeblich, Lösungsmittel angeboten. Die Bundeswehr muß modern, konventionell gerüstet werden. Sie muß die Entwicklungen auf dem Gebiet der konventionellen Waffentechnik stärker als bisher berücksichtigen und vorantreiben. Das Wünschenswerte ist hier nicht in dem Maße erreicht worden, wie das technisch möglich ist. Darüber hinaus muß die Bundeswehr insbesondere in den Stand versetzt werden, die ausgebildeten Reservisten unseren Verteidigungsanstrengungen besser als bisher nutzbar zu machen, d. h. unser Reservistenpotential besser als bisher nutzbar zu machen.Gelingt uns das, dann braucht auch der Herr Kollege Dr. Birrenbach nicht mehr auf das von ihm am 27. April beschworene Spektrum von konventionellen über taktische bis zu strategischen Atomwaffen zurückzugreifen, das die Bundesrepublik angeblich benötigt, um auch überlegene konventionelle Kräfte des Ostblocks abwehren zu können. Hier sind die taktischen Trägerwaffen im Besitz der Bundeswehr gemeint. Ich glaube nicht, daß Herr Kollege Birrenbach — wenn ich das sagen darf — die Strategie der flexiblen Antwort richtig verstanden hat. Sie bedeutet nämlich entgegen seiner Annahme nicht, daß auf überlegene konventionelle Kräfte mit taktischen oder strategischen Atomwaffen geantwortet werden muß. Gerade eine solche Antwort treibt uns in einen Zugzwang und in eine Eskalation hinein, die die Amerikaner und natürlich auch wir auf jeden Fall vermeiden wollen. Eine adäquate Antwort kann einem konventionellen Angriff, wie stark er auch immer sein möge, nur mit konventionellen Mitteln erteilt werden.
Herr Abgeordneter Birrenbach möchte gern eine Frage stellen.
Wie sehen Sie die Situation in dem Fall, daß die konventionellen
Kräfte auf westlicher Seite auf überlegene Kräfte auf östlicher Seite stoßen? Wie soll dann die Abwehr erfolgen?
Schultz (FDP) : Im weiteren Verlauf der Diskussion ist auf dieses besondere Problem, was, Kollege Birrenbach, von meinen Kollegen von der CDU/CSU aus dem Verteidigungsausschuß nachher bestimmt angesprochen wird, sicher noch zu antworten: Es muß nur immer die Frage gestellt werden: Wie stark müssen denn die konventionellen Kräfte auf der anderen Seite sein, und wie stark müssen wir hier konventionell eintreten können, um das Pari zu erreichen bzw. einen solchen Angriff unmöglich zu machen? Das ist letzten Endes das Problem.
Ich meine, dieses Problem sollte besser im Verteidigungsausschuß vertieft werden. Aber wie Sie wollen!
Herr Kollege, gestatten Sie mir eine Zusatzfrage. Es ist notorisch, daß die konventionellen Kräfte im Osten stärker sind als die im Westen. Haben Sie, Herr Kollege, den Eindruck, daß es im Westen möglich ist, das konventionelle Potential an Menschen im Rahmen des militärischen Aufbaus wesentlich zu erhöhen?Schultz (FDP) : Da kann ich, Herr Kollege Birrenbach, nur mit dem Herrn Staatssekretär von und zu Guttenberg antworten: Wenn der Westen will, ist das durchaus möglich.
Zu diesem Problem, das ich gerade dargestellt habe und das durch die Zwischenfragen von Herrn Kollegen Birrenbach erläutert worden ist, hat auch Herr Kollege Schmidt in seinem Werk auf Seite 214 einige Ausführungen gemacht. Er sagt dort, die NATO müsse in der Lage sein, ihr Gebiet mit den gleichen Waffen zu verteidigen, d. h. dem Gegner mit den gleichen Waffen untragbare Verluste zuzufügen, die er selbst für seine Aggression verwende.Genau das scheint mir allerdings heute nicht der Fall zu sein. Das scheint mir gar nicht möglich zu sein. Ich glaube also, daß wir als ein sehr bedeutender Partner dieses Bündnisses alles dazu tun müßten, um in einem solchen Fall reagieren zu können. Darauf richten sich die Überlegungen und die Anstrengungen gedanklicher Art, die die Freien Demokraten in diesem Hause machen und die sie in der Mitarbeit hier anbieten.Nun lassen Sie mich aber noch einmal auf die Definition der flexiblen Reaktion durch den Herrn Bundesverteidigungsminister zurückkommen und noch etwas zu dem Wort „zunächst" sagen. Dr. Schröder meint, daß ein begrenzter konventioneller Angriff zunächst in einer konventionellen Kampfphase abgewehrt werden könne, die dann später in eine nukleare Kampfphase umschlage. Ich bedauere außerordentlich, daß auch der Herr Bundesverteidi-
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gungsminister hier von einem Prinzip der flexiblen Antwort ausgeht, das nur eine verbale Anpassung an die veränderte Haltung des NATO-Verteidigungsministerrates enthält. Im Gegensatz zur Auffassung des Verteidigungsministers bedeutet es unserer Auffassung nach keine glaubhafte Abschrekkung, wenn gedroht wird, die Bundeswehr werde konventionelle Angriffe atomar abwehren. Die Frage des Zeitpunktes ist dabei meines Erachtens von völlig untergeordneter Bedeutung. Eine Abschreckung ist nur dann glaubhaft, wenn wir sie so, wie vorgesehen, auch im Ernstfall praktizieren können.
Auch das hat Kollege Schmidt schon vor Jahren völlig richtig mit den Worten — auf Seite 212 können Sie das nachlesen, ich zitiere — dargestellt:Schon aus Gründen der Glaubwürdigkeit für den möglichen Gegner müssen die angedrohten militärischen Mittel und die strategische Planung ihrer Verwendung nach Möglichkeit so geartet sein, daß sie eine Zwangsläufigkeit der nuklearen Spirale ausschließen und die Substanz Europas so wenig wie möglich gefährden.Daraus muß aber die Folgerung hergeleitet werden, so meine ich wieder, daß in Mitteleuropa atomare Waffen allenfalls dann eingesetzt werden können, wenn der potentielle Gegner sie beim Angriff verwendet. Für eine derartige Verteidigung reicht jedoch unserer Auffassung nach das atomare Potential der Amerikaner völlig aus.
Herr Kollege Schmidt möchte das interpretieren.
Darf ich eine Frage stellen, Herr Kollege Schultz? Ich meine, in tiefer Dankbarkeit dafür, daß Sie dreimal mein Buch zitieren und zu lesen empfehlen, was ich vor sieben Jahren geschrieben habe,
möchte ich, ohne daß ich von irgend etwas, was Sie zitiert haben, auch nur mit einem kleinen Schrittchen abzuweichen bräuchte, aber doch die Frage an Sie richten, ob Sie sich darüber klar sind, daß die Schlußfolgerungen, die Sie zu ziehen belieben, nicht mit den Schlußfolgerungen übereinstimmen, die ich im Buch gezogen habe.
Schultz (FDP) : Herr Kollege Schmidt, ich kann natürlich jetzt nicht Ihr ganzes Buch hier vorlesen.
Auf der anderen Seite ist es selbstverständlich, möchte ich sagen, dem Leser oder dem, der argumentiert, überlassen, welche Schlußfolgerung er aus bestimmten Fakten zieht.
Daß Sie bestimmte Fakten festgestellt haben, ist doch ganz sicher. Aber wir kommen vielleicht im weiteren Verlauf der Diskussion dazu, auf Ihr Buch noch im einzelnen einzugehen.Nur möchte ich nicht im Raum stehen lassen, daß Sie, Herr Kollege Schmidt, sagen — Sie würden sich damit selbst abwerten —: „was ich vor sieben Jahren geschrieben habe". Soviel ich weiß, wird in dem Buch, das in der Bibliothek hier im Bundestag zu finden ist, Bezug genommen auf Ereignisse des Jahres 1960, aber auch noch später. Sie haben doch, glaube ich, neu dazu geschrieben.
Nun lassen Sie mich aber doch noch einen Moment bei diesem Problem verweilen. Es erscheint uns nämlich etwas verwunderlich bezüglich der Auffassung des Verteidigungsministers und der Mehrheit der Regierungskoalition, daß trotz des NATO-Bündnisses jeder Bündnispartner, insbesondere aber die Bundeswehr, nicht nur mit konventionellen, sondern insbesondere auch mit atomaren Waffen taktischer und strategischer Art ausgerüstet sein muß.Hier zeigt sich — ich habe das schon am 27. April gesagt — meiner Auffassung nach ein bedenklicher Mangel an Vertrauen in die Wirkung der NATO. Entweder die NATO funktioniert als Bündnis, dann reicht es völlig, wenn wir die atomare Abschrekkung dem NATO-Partner USA überlassen — wir können das um so eher tun, als der amerikanische Präsident sowieso letztlich einzig und allein auch über einen Einsatz von Atomwaffen durch die Bundeswehr auf Grund des Zweischlüsselsystems entscheidet —, oder das NATO-Bündnis funktioniert nicht, weil die Amerikaner nicht zu ihren Verpflichtungen stehen; dann ergibt sich bei Versagen der Abschreckung sowieso eine neue Lage. Ist Westeuropa dann noch zu verteidigen? Sicher nur dann, wenn zunächst ein Abwehrerfolg erzielt worden ist, oder wenn, wie General Speidel es etwa Anfang dieses Jahrzehnts ausdrückte, man einem Angriff aus dem Osten ohne Zuhilfenahme atomarer Mittel in der ersten Phase begegnen konnte. Ich möchte aber noch einmal ausdrücklich betonen, daß wir nicht den geringsten Anlaß haben, zu vermuten, die Amerikaner könnten ihren Bündnisverpflichtungen nicht nachkommen. Ich kann das in der deutschen Öffentlichkeit immer wieder aufflackernde Mißtrauen gegenüber den USA nur als ungereimt bezeichnen. Gerade das Engagement der Amerikaner in Vietnam beweist überdeutlich, daß sie entschlossen sind, allen ihren weltpolitischen Verpflichtungen nachzukommen. Wer sich schon in diesem Ausmaße beim Kampf um Urwaldregionen engagiert, wird sicher nicht tatenlos zusehen, wie Europa fällt.Nun sind gerade zu diesem Problem im Zusammenhang mit der Nahost-Krise verschiedene Betrachtungen in der Presse und in der öffentlichen Meinung angestellt worden. Ich glaube, alle diese Kommentatoren sind etwas voreilig. Wir können
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nämlich, glaube ich, heute noch gar nicht genau sagen, wie sich das alles genau im einzelnen zugetragen hat und wie weit das Engagement der einen und der anderen Seite gegangen ist. Ich bin also der Meinung, daß das Argument der Bundesregierung und insbesondere des Verteidigungsministeriums nicht überzeugt, die deutschen Verbände in der Allianz müßten über die gleiche atomare Ausrüstung wie die Alliierten und wie der potentielle Gegner verfügen. Es kann und muß in einem funktionierenden Bündnis eine Arbeitsteilung möglich sein, zumal die atomare Ausrüstung der Bundeswehr nicht durch die dazugehörigen atomaren Sprengsätze ergänzt ist.Die Folgen dieser Arbeitsteilung können für die Bundeswehr nur so aussehen, daß sie den konventionellen Part im Bündnis so überzeugend wie möglich zuspielen hat. Das geschieht am besten durch eine Aktivierung der bisher ausgebildeten und zur Zeit für die Verteidigungsanstrengungen überhaupt nicht genutzten Reservisten.Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben zur dritten Lesung einen Entschließungsantrag vorgelegt, in dem wir bitten:Der Bundestag wolle beschließen:Die Bundesregierung wird aufgefordert, die veränderte Verteidigungskonzeption der NATO durch eine Umrüstung, die auf Atomwaffenträger verzichtet, zu berücksichtigen, so daß die Bundeswehr den Anforderungen einer konventionell geführten Auseinandersetzung gerecht werden kann. Die dabei einzusparenden Kosten sollen für eine bessere Ausnutzung des Reservistenpotentials verwendet werden.Zu diesem Entschließungsantrag sind noch zwei Bemerkungen zu machen. Selbstverständlich kann eine Umrüstung nur in der Abstimmung mit den Bündnispartnern geschehen, insbesondere mit den USA, wenn man das Prinzip der Arbeitsteilung im Bündnis überhaupt, wie wir es tun, für richtig, wünschenswert und auch durchführbar hält. Selbstverständlich muß eine Umrüstung immer auch im Blick auf den potentiellen Gegner durchgeführt werden, und in diesem speziellen Fall ist es sicher notwendig, die Politik dabei darauf abzustellen, daß im Bereich des Warschauer Paktes eine gleiche Entwicklung stattfinden oder initiiert werden kann.Wir wollen nun diesen Entschließungsantrag nicht zur sachlichen Abstimmung stellen, sondern ich darf schon jetzt sagen, daß wir in der dritten Lesung seine Überweisung an den Verteidigungsausschuß erbitten werden, möglicherweise auch an den Außenpolitischen Ausschuß; denn diese Fragen müssen ohne Zweifel noch sehr eingehend diskutiert werden.Ich hatte vorhin von der Frage des Rüstungspotentials gesprochen. Ich weiß, daß dagegen natürlich der Einwand vorgebracht wird, eine Eingliederung der bisher ausgebildeten 1 Million Reservisten sei zwar notwendig, die finanziellen Begrenzungen müßten uns dabei aber eine bestimmte Zurückhaltung auferlegen. Nun sind wir eben der Auffassung, daß die Mittel hierfür wie auch die Mittel für eineVerstärkung der konventionellen Rüstung gerade deswegen fehlen, weil die Mehrheit dieses Hauses nach wie vor an der militärisch zwecklosen und politisch darüber hinaus schädlichen Ausrüstung der Bundeswehr mit atomaren Trägerwaffen festhält. Ich will gar nicht von den Anschaffungskosten so zweifelhafter Waffensysteme wie des Starfighters und dergleichen sprechen. Diese Waffensysteme sind ja im wesentlichen bereits bezahlt und belasten den gegenwärtigen Haushalt nicht mehr. Allerdings sind die Unterhaltskosten, die bei den Atomträgerwaffen anfallen und die Ausbildungskosten des Bedienungspersonals immer noch hoch genug.Ich bin natürlich nicht in der Lage, nun auf Heller und Pfennig auszurechnen, welche Einsparungsmöglichkeiten sich ergäben, wenn die Bundeswehr nicht mit atomaren Trägerwaffen belastet wäre. Wir haben diesen Entschließungsantrag eben dazu eingebracht, um diese Frage innerhalb des Verteidigungsausschusses diskutieren zu können. Ich bin allerdings sicher, daß manche Millionen DM eingespart werden können, die dann für die Reservisten verwendet werden könnten, die im allgemeinen nie wieder zu Übungen eingezogen werden und all die Waffenkenntnisse, die ihnen im Laufe von 18 Monaten beigebracht worden sind, so schnell wie möglich wieder vergessen. Auf Reservisten, die nie Gelegenheit hatten, zu üben, können wir uns allerdings im Ernstfall auch nicht in nennenwertem Umfange verlassen. Das ist ja auch der Grund, warum der Herr Verteidigungsminister unbedingt an der nuklearen Komponente der Bundeswehr und unbedingt natürlich auch an den 18 Monaten festhalten möchte. Ich glaube, man kann sagen: hier beißt sich die Katze. in den Schwanz. Auch deswegen muß man zu neuen Formen, zu Umstrukturierungen der Bundeswehr kommen.
— Nein, wie .käme ich dazu! Das ist zu weit hergeholt, was Sie eben gesagt haben, Herr Kollege Berkhan.Lassen Sie mich etwas zur Dauer des Grundwehrdienstes und zu dem Antrag der FDP-Fraktion, über den Sie ja hier auch werden entscheiden müssen, sagen.Die Haltung der Koalitionsparteien — soweit sie bisher erkennbar geworden ist — zu dieser Frage ist alles andere als einheitlich. Es fehlt nicht an vorsichtig zustimmenden Äußerungen aus der SPD-Fraktion, es fehlt allerdings auch nicht an scharf ablehnenden Äußerungen des Verteidigungsministers selbst ebenso wie des Vorsitzenden der CDU/ CSU-Fraktion, gerade in der Haushaltsdebatte der vergangenen Woche. Ich habe für alle diese Äußerungen Verständnis. Ich bin auch ganz zufrieden, daß hier keine einheitliche Haltung innerhalb der Koalitionsfraktionen vorhanden ist; denn das ermöglicht ja, zu neuen Ufern vorzustoßen, wenn man eben nicht einheitlicher Meinung ist.
und hier die Diskussion tatsächlich führen muß.
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Ich darf vielleicht auch, wenn ich mich an das erinnere, was Kollege Dr. Barzel zu dieser Frage sagte, bemerken, daß er vermutlich nicht an die Junge Union Nordbadens gedacht hat, die da ja wirklich einen großen Schritt vom Wege getan hat. Glücklicherweise kommt der Parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium aus dem Südteil dieses schönen Landes, und da hat er wohl, als Vorsitzender des Landesverbandes, die Junge Union besser im Griff, so daß solche Dinge da nicht passieren.Auch Kollege Schmidt hat sich draußen zu dieser Frage ausgesprochen, und er hat auch das Argument aufgenommen, daß angesichts der Truppenabzüge der Engländer, Amerikaner und eventuell auch Belgier unbedingt im Ausland der Eindruck verhindert werden müsse, auch die Bundesrepublik wolle einseitig abrüsten. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das wollen wir natürlich nicht; das hat auch Kollege Scheel in der vergangenen Woche schon ausgeführt, und wir können dazu heute sicher noch mehr sagen. Der befürchtete Eindruck, so meine ich, kann im Ausland auch gar nicht entstehen, wenn wir uns in Zukunft nicht mehr den Luxus erlauben, teuer ausgebildete Reservisten immer zu Hause sitzen zu lassen. Wir sollten endlich den Mut haben, die zahlreichen und sicher verwickelten Probleme unserer Verteidigungspolitik durch einen sauberen Schnitt einer Lösung näher zu bringen.Ich meine, daß wir die Zahl der Wehrpflichtigen durch eine Herabsetzung der Dauer des Grundwehrdienstes dem vorhandenen Bestand an ausbildenden Unteroffizieren und Offizieren anpassen sollten. Schon die dadurch zu erreichende Intensivierung der Ausbildung bedeutet eine Steigerung der Kampfkraft der Bundeswehr. Wenn nämlich die jungen Männer nicht mehr wie bisher den Eindruck haben, einen erheblichen Teil ihrer Dienstzeit nicht voll beansprucht zu sein, wird die Bundeswehr sicherlich auch weniger Schwierigkeiten haben, Zeitsoldaten für die Unteroffizierslaufbahn und Abiturienten für die Offizierslaufbahn zu finden.Das ist allerdings nur ein Schritt auf dem Wege, mit dem Problem des Fehlbedarfs an Offizieren und Unteroffizieren fertig zu werden, das auch in der ständigen Überforderung des Ausbildungspersonals liegt. Dies ist ein sehr ernster Punkt, über den man sich mehr Gedanken machen müßte, als das bisher geschehen ist.Mein Kollege Ollesch wird über andere Schritte — Verbesserungen der Laufbahnen und der Besoldung der Soldaten — noch sprechen, und mein Kollege Jung wird noch etwas zu Fragen der Rüstungspolitik sagen. Ich glaube, daß man, wenn man uns folgen würde, die Offiziere und Unteroffiziere hätte, die man braucht, um auch Kadereinheiten für die weitere Ausbildung von Reservisten aufstellen zu können.Ich will auch nicht von den Beträgen reden, die dadurch gewonnen werden können, daß bei einer Herabsetzung der Wehrdienstzeit rund 60 000 Wehrpflichtige weniger versorgt werden müssen, sowie von dem dadurch eintretenden Freiwerden derÜbungsplätze. Ich glaube aber, daß auch hier einige hundert Millionen D-Mark im Jahre anfallen werden, die man wiederum zur Weiterbildung der Reservisten verwenden kann.Nun wird öfter gesagt, daß bei einer Herabsetzung der Wehrdienstzeit die nur 12 Monate lang ausgebildeten Soldaten die Waffen und Geräte der Bundeswehr mehr abnutzen würden. Ich möchte sagen, das beeindruckt mich überhaupt nicht. Ich habe sowieso den Eindruck, daß zur Zeit bei der Bundeswehr mehr Geräte kaputtgepflegt werden oder sich kaputtstehen, als abgenutzt werden.
Zusammenfassend möchte ich sagen: Wenn alle die Maßnahmen getroffen werden, die wir Freien Demokraten in der Begründung unseres Antrages auf Änderung des Wehrpflichtgesetzes vorschlagen, dann brauchten wir eine Einbuße an Kampfkraft der Bundeswehr nicht zu befürchten. Sie wird gestärkt werden. Wir können jedenfalls nicht an der Erkenntnis vorbeigehen, daß der doch recht erhebliche Rüstungsaufwand, den wir treiben, nicht geeignet ist, unsere militärische Sicherheit in ausreichendem Maße zu gewährleisten. Ich halte die Gesamtsumme des Verteidigungsetats zwar nicht für sakrosankt und bin damit in guter Gesellschaft von sehr bedeutenden Mitgliedern dieses Hohen Hauses, die nicht bei den Freien Demokraten stehen. Ich weiß aber auch, daß nennenswerte Kürzungen nicht vorgenommen werden können. Es hat auch gar keinen Wert, hier und da ein Stück aus diesem Etat herauszuschneiden. Denn — das weiß ich auch — das würde bedeuten, aus einer Maschine dieses oder jenes Rad oder Rädchen herauszunehmen, ohne zu wissen, ob die Maschine dann vielleicht besser läuft, weil dieses inzwischen entfernte Stück weder zur Kraftübertragung noch zum besseren Lauf überhaupt notwendig war.Jeder Umbau der Bundeswehr mit dem Ziel größerer Effektivität setzt eine Konzeption voraus, wie die gestellte Aufgabe erfüllt werden soll und kann. Es muß dabei eine Vielzahl von vorhandenen Gesetzen und Vorschriften mit überdacht werden, ob sie richtig waren und sind oder ob sie geändert werden müssen. Wir können natürlich als Opposition — und ich glaube, auch mancher von den Regierungsparteien in diesem Hause — nur die Symptome feststellen und die Regierung auffordern, unter dem finanziellen Druck, einem heilsamen Druck, wie ich glaube, selbst zu ändern oder dort, wo Gesetze geändert werden müssen, das Parlament dazu aufzufordern. Daran und deswegen sage ich das — fehlt es eben bis zur Stunde. Ein politischer Wille, aus der Vergangenheit und aus dem, was vor uns liegt, die Folgerungen zu ziehen, ist in keiner Weise erkennbar.
Wenn man heute über Einsparungen spricht, die notwendig sind, dann muß man doch auch manchmal fragen: wie läuft das eigentlich, oder: läuft das richtig? Ich bin z. B. der Meinung, daß es nicht richtig läuft, wenn der Truppe das Betriebsstoffkontingent unter Hinweis auf notwendige Sparmaßnahmen gekürzt wird und dann die Verlegung auf den Trup-
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Schultz
penübungsplatz per Bahn zu doppelten oder dreifachen Kosten vorgenommen werden muß. Das mag der Bundesbahn nützen und damit in gewisser Weise natürlich auch dem Bundeshaushalt, sicher aber nicht der Ausbildung der Soldaten, die auch Marschübungen für motorisierte Truppen erfordert.Oder was soll man davon halten, daß man der Truppe verwehrt, ein Gerät, das sie auf einem Schiff braucht und das im falschen Deck installiert war, selbst umzubauen, weil das der Verordnung über die Instandsetzungsstufen zuwiderläuft? Unter Hinweis darauf, daß die Firma, die eingeschaltet werden muß, zuviel verlange und daß man eben sparen müsse, unterläßt man dann die ganze Aktion.Das sind nur zwei kleine Beispiele, die ein Schlaglicht darauf werfen, daß erhebliche Teile dieses Haushalts ohne effektiven Nutzen ausgegeben werden. Die immer wieder aufgemachte Rechnung, die wir auch heute wieder gehört haben, der Verteidigungshaushalt müsse soundso viele Prozente des Bundeshaushalts ausmachen, sonst werde man erstens in den Augen der Bündnispartner unglaubwürdig und zweitens verliere die Abschreckung an Glaubwürdigkeit, ist meiner Auffassung nach töricht und entspricht nicht dem wirklich Notwendigen. Die Frage ist auch: wie wird dann verglichen, welche Kriterien sind für einen Vergleich vorhanden?Sehr entscheidend ist die Einsatzbereitschaft der Verbände ebenso wie die Vorsorge, das vorhandene Wehrpotential in Übung zu halten, um es im Falle der Gefahr auch nutzbar machen zu können. Das scheint mir eine wesentliche Aufgabe für die Verteidigung zu sein. Ich habe den Eindruck, daß die Bundesregierung aus den Erschütterungen, die es im Laufe der hinter uns liegenden Jahre im Aufbau der Bundeswehr gegeben hat, nicht die notwendigen Folgerungen ziehen will.Wir lehnen deshalb diesen Verteidigungshaushalt ab. Diese Ablehnung habe ich zu begründen versucht. Lassen Sie mich dazu auch gleich folgendes sagen — ich glaube, ich muß es jetzt schon sagen, damit die Diskussion nicht in eine falsche Richtung läuft —: Wir bitten darum, daß in der folgenden Diskussion darauf verzichtet wird, daraus eine Ablehnung der Institution Bundeswehr oder des Willens zur Landesverteidigung schlechthin abzuleiten,
wie es die SPD erfahren mußte, solange sie sich in Opposition befand und sich aus taktischen Gründen noch nicht zu einer bloßen Stimmenthaltung durchgerungen hatte. Ich habe diese Argumentation — die älteren Kolleginnen und Kollegen dieses Hauses werden sich daran noch erinnern —, die dann draußen bei der Truppe verwandt wurde und mit der Stimmung gemacht wurde, nie für sehr fair und sehr würdig gehalten.Uns geht es darum, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß die Bundeswehr als Selbstverständlichkeit in unserem Volk anerkannt und integriert wird und wir schließlich über sie, wenn überhaupt, nur noch in anerkennendem Sinne in diesem Hause zu sprechen haben. Solange allerdings Generäle aus Protest — und zwar fundiertem Protest; wir werdenauch darüber in diesem Hause noch zu sprechen haben" — gegen Behinderungen, die ihnen in der Erfüllung ihrer Aufgabe gemacht werden, zurücktreten müssen, ist dieser Zeitpunkt sicher noch nicht gekommen. Er tritt erst ein, wenn die politische Führung der Bundeswehr deutlich macht, daß sie die inneren Gesetze, unter denen eine Truppe erst aktionsfähig wird, respektiert.Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich komme damit zum Schluß. Die Freie Demokratische Partei hat mit ihren Stimmen die Eingliederung der Bundesrepublik Deutschland in das westliche Vertragssystem, die Wiederbewaffnung und den Aufbau der Bundeswehr verantwortet. Diese Haltung ist unser Beitrag für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland. Sie entspricht der klaren Haltung meiner Partei zum deutschen Soldaten und seiner Stellung in unserer Gesellschaft, die wir gegen große Widerstände nicht erst seit gestern, sondern seit Wiederaufnahme unserer politischen Tätigkeit nach dem Krieg vertreten haben.
Dieses Ja zur Sicherheit unseres Landes, zur Bundeswehr, ihren Soldaten und ihren zivilen Kräften gilt auch heute und für die Zukunft.
Wenn wir den Etat des Bundesministers der Verteidigung ablehnen, so richtet sich dieses Nein gegen eine Verteidigungspolitik, deren Problematik seit langem. bekannt und von uns aufgezeigt worden ist, die durch die letzten Beschlüsse in der NATO für jedermann offenkundig geworden ist. Ich wiederhole es, um jede Verdächtigung und Diffamierung auszuschließen: Gerade unser Ja zu unserer Sicherheit und zur Bundeswehr zwingt uns zu einem Nein zu diesem Haushalt.
Das Wort hat der Abgeordnete Petersen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schultz, Sie haben soeben gesagt, daß Sie der Diffamierung und der Verdächtigung wehren wollten, die FDP sei etwa gegen die Bundeswehr, wenn sie den Verteidigungshaushalt ablehne. Dazu wird keine Veranlassung sein, und das ist auch nicht nötig. Wenn man genau Ihre Rede nachliest — wir werden die Gelegenheit haben —, dann muß man sagen: es war eigentlich eine Mischung von Selbstverständlichkeiten und Widersprüchen, so daß man sich fragt —wenigstens frage ich mich als ganz junger Kollege in dem Ausschuß, in dem Sie seit zehn Jahren sind —, wie das eigentlich möglich ist, Herr Schultz, daß Sie nach all diesen Jahren bestimmte Grundbegriffe und Grundtatsachen so durcheinanderbringen. Ich darf das an Hand einiger Zitate von Ihnen zeigen.Die Freie Demokratische Partei ist eine kleine Partei, und ich muß gestehen, heute bin ich froh darüber; denn wenn das, was Sie vorhin gesagt
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5608 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967
Petersenhaben, die offizielle Politik der Bundesregierung werden würde, daß man also einem möglichen Angreifer im Osten offiziell mitteilt, daß ein konventionell geführter Angriff auf keinen Fall atomar abgewehrt werden darf, dann weiß ich nicht, wie es um unsere Sicherheit bestellt sein würde.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Bitte schön!
Schultz (FDP) : Herr Kollege Petersen, darf ich Ihnen vielleicht doch empfehlen, erst zu sprechen, wenn Sie meine Rede nachgelesen haben, oder soll ich Ihnen das Konzept geben? Denn ich habe das nicht gesagt, was Sie mir eben unterstellen.
Herr Kollege Schultz, Sie haben darüber gesprochen, daß man die atomare Komponente aus der Bundeswehr ausklammern soll,
daß ein konventioneller Angriff nur konventionell beantwortet werden darf. Das dürfen wir einem möglichen Gegner nicht vorher schriftlich geben.
Denn die ganz simple Grundauffassung der Gesamtstrategie und der Gesamtkonzeption der NATO besteht doch darin, das Risiko für einen möglichen Angreifer unkalkulierbar zu halten.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Genscher?
Bitte, Herr Genscher!
Da Sie auf das Konzept der NATO zu sprechen kommen, muß ich Sie fragen, ob Sie bereit sind, davon Kenntnis zu nehmen, daß Kollege Schultz die atomare Komponente der NATO in keiner Weise in Abrede gestellt hat.
Es ist jetzt nur die Frage, meine Damen und Herren, ob eine Arbeitsteilung in einem Bündnissystem, das davon lebt, daß eine möglichst enge Verflechtung der verschiedensten Armeen und der verschiedensten Bündnispartner stattfindet, nicht eine geradezu mittelalterliche Vorstellung ist: Söldnertruppen auf der einen und hochgerüstete Soldaten auf der anderen Seite.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Ertl?
Bitte schön!
Herr Kollege Petersen, sind Sie der Auffassung, daß bei einem möglichen Angriff aus dem Osten die Bundeswehr atomar antworten müßte?
Ich bin der Ansicht, Herr Kollege Ertl, daß dann, wenn ein Angriff überhaupt geführt wird, die NATO entscheidend versagt hat. Der Angriff wird wahrscheinlicher, die Gefahr wird größer, wenn das Risiko für die andere Seite kalkulierbar wird, und das müssen wir verhindern.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Borm?
Bitte schön!
Herr Kollege, bitte nur zur Klarstellung eine Frage: Sie meinen, die Bundeswehr sollte mit atomarer Bewaffnung antworten?
Ist Ihnen bekannt, wer der Bundeswehr die atomare Bewaffnung zur Verfügung stellen wird?
Verzeihung, Herr Borm, Sie werfen zwei oder drei Dinge durcheinander. Wenn wir hier debattieren wollen, dann müssen wir ehrlich die Dinge so nennen, wie sie wirklich sind. Es ist doch so, daß sich die Bundeswehr im Rahmen der gesamten NATO-Planung mit atomaren Trägerwaffen ausgerüstet hat, um eben nicht minderwertig gerüstete Söldnertruppen zu stellen, sondern — ich wiederhole das — das Risiko für einen möglichen Angreifer unkalkulierbar zu halten; denn ein Angriff, ob er konventionell oder atomar geführt wird, ist bei den begrenzten Möglichkeiten in Europa ohnehin für unser Volk das Ende. Deshalb ist die Kriegsverhinderung, d. h. also, das Risiko unkalkulierbar zu halten, auf der anderen Seite für uns Lebenselement der NATO-Strategie.
Ich möchte, wenn Sie gestatten, noch etwas zu dem berühmten Wort „Konzeption" überhaupt sagen. Ich muß Ihnen gestehen, ich kann dieses Wort bald nicht mehr hören; denn die Grundlage des Bündnisses ist das Bestehen eines expansiven Machtblocks mit einer gewaltigen Macht im Bereich des Warschauer Pakts. Mein Kollege Dr. Marx wird nachher darauf eingehen.Der zweite ganz simple Grundgedanke, den ich jetzt schon x-mal genannt habe, ist der, das Risiko unkalkulierbar zu halten. Die Welt ändert sich, und während der Veränderungen dieser Welt wird man sich natürlich auch überlegen müssen, was jetzt in
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Petersenbezug auf Streitkräfteplanung und auf viele Dinge erforderlich ist, die wir durchzuführen haben. Sich aber jetzt hier hinzustellen und der Bundesregierung hämisch die Schuld dafür zu geben, daß sich die Welt verändert, das, meine Herren, ist mir etwas primitiv.
Lassen Sie mich noch ein paar Worte zu der von Herrn Schultz immer wieder zitierten Pariser Konferenz von vor drei Wochen sagen. Herr Schultz, Sie sagten — und das ist mir einfach zu billig —, die Bundesregierung versuche, sich davor zu drükken, die Konsequenzen aus dem zu ziehen, was in Paris sichtbar geworden ist und was für Einsichtige seit Jahren ein „alter Hut" war, daß nämlich die massive Vergeltung durch ein glaubhaftes System flexibler Verteidigung abgelöst werden mußte, durch die Möglichkeit also, auf jeder Ebene einer möglichen Bedrohung zu begegnen. Das, was jetzt in Paris geschehen ist — und da dürfen wir uns nicht drücken —, müssen wir uns sehr sorgfältig überlegen. Es handelt sich um folgendes: Die 14 NATO-Minister haben einstimmig eine Analyse verabschiedet — darüber waren sich alle im klaren —, wonach das langfristige Ziel der Sowjetunion nach wie vor darauf ausgerichtet ist, dieser Welt das kommunistische Gesellschaftssystem beizubringen. Das ist Punkt eins. Punkt zwei: Deshalb müsse man aus dieser Analyse gewisse Konsequenzen ziehen. Um diese Konsequenzen jetzt nicht zu hart ausfallen zu lassen — Sie wissen ja, Politiker haben ein Talent dazu —, haben einige unserer Bündnispartner einen neuen Begriff eingeführt, nämlich den Begriff einer „politischen Warnzeit". Sie sagten also etwa folgendes: Früher habe man bei der ganzen NATO-Planung bereit sein müssen, innerhalb von sechs oder vierzehn Tagen einer strategischen, einer militärischen Warnzeit, während der Zeit nämlich, in der ein möglicher Gegner einen massiven Aufmarsch veranstaltet, abwehrbereit zu sein. Jetzt werde es so sein — so wurde in Paris argumentiert —, daß einige Wochen oder vielleicht sogar monatelang dunkle Wolken am politischen Horizont aufsteigen würden. Während dieser Wochen oder Monate habe man dann Zeit, sich entsprechend auf glaubhafte Abwehraktionen vorzubereiten.Ich bin der Ansicht, daß die Ereignisse der letzten drei Wochen diese Konzeption der politischen Warnzeit erheblich erschüttert haben, daß wir uns also neu werden überlegen müssen, von welcher Grundvoraussetzung wir bei unserer Streitkräfteplanung ausgehen müssen. Ich gebe Herrn Schultz durchaus recht, wenn er sagt, daß die Statur der heutigen Bundeswehr nicht dogmatisch für immer von uns als letzte Möglichkeit und als aller Weisheit letzter Schluß verteidigt werden müsse. Daraus aber zu folgern, daß inzwischen etwas geschehen sei, daß die Bundesregierung geschlafen habe oder sich drücke, irgendwelche Konsequenzen zu ziehen, das, meine Herren, ist gerade Ihrer Partei und, Herr Kollege Schultz, Ihrer persönlich, der Sie seit so vielen Jahren im Verteidigungsausschuß arbeiten, einfach nicht würdig.Ich muß um Entschuldigung dafür bitten, daß ich etwas stottere. Ich habe mich nicht so genau vorbereiten können, weil ich mir während der Rede von Herrn Schultz ein paar Notizen habe machen müssen. Ich möchte aber noch etwas sagen. Herr Schultz wies mit Entrüstung zurück, daß man den Verteidigungshaushalt am Bruttosozialprodukt oder auch am Gesamthaushalt der Bundesregierung bemesse. Er sagte, die Vergleichszahlen seien sämtlich ganz verkehrt. Herr Schultz, wir müssen uns doch über folgendes klar sein. Ich habe das einige Male in Paris, z. B. bei der NATO-Parlamentarierkonferenz, erlebt, daß jemand von uns auftritt und zu unseren Bündnispartnern sagt: „Liebe Leute, wir sitzen ganz vorne dran, wir müssen uns nicht nur nach den Intentionen, die heute friedlich sein mögen, sondern auch nach den Möglichkeiten der anderen Seite richten; wir müssen hellwach und hochgerüstet bleiben; wir müssen die Warnzeit so kurz wie möglich ansetzen, eben damit wir bereit sind, um der Sicherheit unseres Landes willen." Wenn wir all das sagen und gleichzeitig beweisen, daß — gemessen an dem steigenden Bruttosozialprodukt unseres Volkes — der Verteidigungsetat sinkt, dann wird unsere Haltung unglaubwürdig. Dann werden uns die Amerikaner sagen — mir ist das selber passiert, als ein amerikanischer Senator kam, der das zu mir sagte —: „Das ist ganz schön und gut, was ihr sagt. Auf der einen Seite habt ihr in der Bundesrepublik das umfassendste soziale Sicherungssystem der Welt. Unsere ,great society', die Sozialgesetzgebung unseres Präsidenten, scheitert wegen der Verteidigungsanstrengung in der ganzen Welt. Wie sind diese beiden Dinge eigentlich zusammenzubringen?"Ich glaube, wir müssen unserem Verteidigungsminister dafür danken, daß er trotz dieser schwierigen Situation bei dieser Haltung in Paris vor drei Wochen geblieben ist. Wir sollten ihm in diesem Hause in diesem Punkt keine Knüppel zwischen die Beine werfen.
Ich komme zum Schluß. Ich verlese hier kein fertiges Manuskript, weil ich das in der letzten Woche in diesem Hohen Hause als entsetzlich langweilig empfunden habe — gestatten Sie mir, daß ich das ganz offen sage —,
wenn einer nach dem anderen Reden vorliest, die er Stunden oder Tage vorher vorbereitet hat. Ich hatte früher immer gemeint — ich hatte vielleicht einen Kinderglauben —, daß in diesem Hause debattiert wird.Ich möchte zum Schluß nur noch auf eines eingehen. Auch da, Herr Schultz, haben Sie mir das Stichwort gegeben. Sie sagten mit einem leicht zynischen Unterton, wir möchten auf keinen Fall vergessen, dem letzten Verteidigungsminister zu danken und zu sagen, daß mit einem neuen Mann die gute alte Politik fortgesetzt wird. Herr Schultz, in allem Ernst: Ich habe mich in den letzten Monaten sehr intensiv mit der Arbeit von Herrn von Hassel im Verteidigungsministerium beschäftigt. Ich kann
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PetersenIhnen eines versprechen: Sobald sich der Nebel und der Wirbel gelegt haben werden und sobald man sich mit ein wenig Abstand ansieht, was in der Zeit in der Bundeswehr und in unserem Volk im Zusammenhang damit geschehen ist, während Herr von Hassel Verteidigungsminister war, wird Herr von Hassel weder uns brauchen, um ihn zu verteidigen, noch braucht er ein schlechtes Gewissen zu haben.
Herr Abgeordneter Schmidt möchte eine Zwischenfrage stellen.
Bitte schön!
Herr Kollege, sind Sie sich darüber im klaren, daß diese Ihre letzte Feststellung jedenfalls nicht gemeinsamer Bestandteil der Politik dieser Koalition ist?
Lieber Herr Senator Schmidt, ich würde mich hüten, hier etwa als Sprecher einer so großen Fraktion, wie sie Ihre darstellt, aufzutreten. Das werden Sie selber auszumachen haben. Aber ich glaube, wir können uns wirklich einmal in aller Ruhe ansehen, was da gewachsen und geleistet worden ist. Dann braucht sich Herr von Hassel nach meiner Überzeugung jedenfalls nicht zu verstecken.
Meine Damen und Herren, für eine erste Rede war das sehr viel Freimut und sehr viel Überlegenheit.
Bitte, Herr Abgeordneter Berkhan!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Präsident hat soeben klargemacht, daß unser Kollege Petersen im Plenum des Hauses zum erstenmal gesprochen hat. Ich darf mir als der nachfolgende Redner erlauben, Herr Petersen, Ihnen zu dieser ersten Rede Glück zu wünschen, wobei Sie bitte schon aus der Zwischenfrage meines Fraktionskollegen, des Fraktionsvorsitzenden Helmut Schmidt, entnehmen mögen, daß mit dieser Beglückwunschung nicht ausgesprochen ist, daß wir vollinhaltlich hinter Ihren Ausführungen stehen.
Ich will mich nicht an einem amtierenden oder einem ehemaligen Verteidigungsminister reiben. Ich will Sie nur warnen, Herr Petersen, sich auf Gebiete zu begeben, die andere Leute in diesem Hause bearbeiten. Ist es wirklich so, daß wir die umfassendste soziale Sicherung der Welt haben? Ich wäre mit solchen Behauptungen vorsichtig. Ich würde einmal durch die Lande reisen und die Sache prüfen.
Herr Abgeordneter Petersen möchte eine Zwischenfrage stellen.
Herr Kollege Berkhan, darf ich Sie fragen, ob Sie nicht verstanden haben, daß ich vorhin einen amerikanischen Senator zitiert habe, daß sich also die Bundesrepublik im Bild der Welt so darstellt und daß wir das wissen müssen, wenn wir Außenpolitik machen wollen.
Herr Petersen, ich habe Sie durchaus richtig verstanden, aber es gilt, dieses Bild der Welt zurechtzurücken, und zwar sowohl in den Fragen der Sozialpolitik als auch in einigen anderen Fragen der Politik. Nichtsdestoweniger: Ich bleibe bei meinem Glückwunsch, insbesondere deshalb, weil die FDP von der Regel des Hauses abgewichen ist und einem Redner, der zum ersten Mal sprach, Zwischenfragen gestellt hat. Das ist an sich nicht üblich. Das zeigt aber, daß die FDP Sie für einen alten, routinierten Parlamentarier gehalten hat.
Ich weiß nämlich, daß die Zwischenfrager der FDP gut erzogene Herren sind. Ich meine, sowohl Herr Schultz als auch Herr Genscher und auch die Kollegen, die sonst gefragt haben, hätten andernfalls darauf verzichtet.Ich möchte dennoch sagen: Herr Borm, es ist gefährlich, hier immer wieder dieses Gefühlsargument zu benutzen, als würde irgend jemand in diesem Hause oder irgend jemand, der politische Verantwortung trägt, wünschen, oder gar betreiben, daß die Bundeswehr bei irgendeinem militärischen Angriff, der hoffentlich nicht kommt, atomar zurückschlägt. Das ist nicht Sache der Bundeswehr, sondern daß ist eine Angelegenheit des Bündnisses. Es muß also im gesamten Bündnis klar sein, mit welcher Antwort wir aufwarten würden. Denken Sie, Herr Borm, insbesondere daran, daß das Bündnis auch nicht antworten kann, ohne daß der erklärte Wille des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika in dieser Frage gegeben ist.
— Wenn wir uns einig sind, dann ist es ja gut. Dann sollte man durch Zwischenfragen solche Ressentiments nicht zu wecken versuchen.
— Ich weiß, daß ich unlogisch bin. Die Logik vereinigt sich nur bei .den Freien Demokraten.
Nun darf ich auf den Schluß der Rede meines verehrten Kollegen Schultz eingehen, mit dem ich lange Jahre im Verteidigungsausschuß gemeinsam gearbeitet habe. Sie können sicher sein, Herr Schultz, wir werden Ihre Abstimmung in diesem Hause niemals so auslegen, daß wir sagen: Sie sind gegen diese oder jene Institution.Selbstverständlich ist es gut, daß Sie Bedenken angemeldet haben. Wir sind auch bereit — ich glaube, da stimme ich zumindest mit vielen Kolle-
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Berkhangen der CDU/CSU überein —, Ihre Entschließungsanträge im Verteidigungsausschuß und im Auswärtigen Ausschuß zu beraten und sie als Grundlage einer breiteren Debatte zu benutzen. Haben Sie keine Sorge, Herr Schultz, ich glaube, die Zeit der großen Diffamierungen in diesem Hause ist sowieso zu Ende, und ich muß mich wohl einschließen.Nun darf ich zu dem eigentlichen Haushalt kommen. Der Schriftliche Bericht liegt uns vor, und der Herr Kollege Gierenstein war so freundlich, hier ein paar mündliche Bemerkungen hinzuzufügen. Ich darf daran erinnern, daß der Entwurf der alten Bundesregierung noch im Herbst des letzten Jahres zunächst mit einem Gesamtvolumen des Einzelplans 14 — Verteidigung — von 18,537 Milliarden DM vorlag. Anläßlich der ersten Lesung des Nachtragshaushalts 1966 am 23. November des vergangenen Jahres machte der Bundesfinanzminister, der damalige Bundesfinanzminister — — Herr Kollege Strauß, weil sie so böse in die Gegend gucken: Es geht nicht nur gegen Sie, sondern es gab auch bei Ihnen Vorgänger, und wahrscheinlich gibt es auch Nachfolger.
So ist es halt im parlamentarischen Leben.Der damalige Bundesfinanzminister also machte bereits darauf aufmerksam, daß für den Verteidigungshaushalt 1967 ein Plafond von 18,5 Milliarden DM vorgesehen war, und daß man diesen Plafond um 0,84 Milliarden DM erhöhen müßte, anrechnungsfähig für Rüstungskäufe in den Vereinigten Staaten von Amerika. Der Herr Verteidigungsminister Schröder hat uns daran erinnert, daß weitere 500 Millionen DM zusätzlich im Außerordentlichen Haushalt eingestellt waren, die aber doch in den kommenden Jahren abzutragen sind. Wir haben da eigentlich nur Geld vorweggenommen, was wir noch einzunehmen haben. Daraus ergab sich dann ein Gesamtumfang des Verteidigungshaushalts für 1967 in Höhe von 19,837 Milliarden DM.Die neue Bundesregierung und der neue Finanzminister legten dann am 14. Dezember vergangenen Jahres den Entwurf eines Ergänzungshaushalts zum Rechnungsjahr 1967 vor, der zunächst durch Einsparungen von 200 Millionen DM mit 19,637 Milliarden DM im Einzelplan 14 abschloß. Heute in zweiter Lesung liegt uns nun ein Entwurf des Einzelplanes 14 vor, der eine Höhe von 19,593 Milliarden DM hat. Damit sind gegenüber der Regierungsvorlage Einsparungen von etwa 44 Millionen DM erzielt worden. Man muß allerdings noch Einnahmen von 67 Millionen DM hinzurechnen, die höher angesetzt sind als im ursprünglichen Plan.Dieses Zahlenwerk gibt aber eigentlich keine gebührende Antwort auf die fleißige Arbeit unserer Kollegen im Haushaltsausschuß, und es sei mir gestattet, dem Berichterstatter, Herrn Gierenstein, und dem Mitberichterstatter, Herrn Wellmann, für ihre mühselige Arbeit zu danken. Eigentlich müßte ich einen anderen Namen nennen, aber ich gehöre nicht zu denjenigen Abgeordneten, die der Regierung so gern Dank sagen, sondern ich bin der Auffassung, daß man hier die Regierung zu kritisieren hat —das ist das wesentliche Moment des Parlaments — und nicht nur „Danke schön" sagen soll. Ich bin da wieder bei meinem Kollegen Schultz, der am Ende seiner Rede gesagt hat, es müßte einmal der Zeitpunkt erreicht werden, wo die Bundeswehr so selbstverständlich wäre, daß wir in diesem Hause nur Anerkennendes über sie auszusprechen hätten. Ich glaube, das parlamentarische System besteht im wesentlichen darin, daß man der Regierung sagt, was sie falsch macht. Daß sie etwas richtig gemacht hat, ist so selbstverständlich, daß man es in diesem Hause nicht dauernd zu wiederholen braucht.
Ich danke also meinen Kollegen im Haushaltsausschuß, die sich wirklich redliche Mühe gegeben und die Vorarbeit für das heute vorliegende Zahlenwerk geleistet haben.
— Ja, das ist so, Herr Schmitt: ein Pädagoge. Aber meine Erziehungsbemühungen sind an Ihnen abgeprallt.
Der Haushaltsplan enthält also in seinen Bestandteilen ein Zahlenwerk, das einerseits der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland dient und die Erfüllung unserer Verpflichtungen im Bündnis gewährleistet. Andererseits müssen die Verteidigungsausgaben der finanziellen Leistungskraft angepaßt werden. Diese Anpassung an unsere finanzielle Leistungskraft war für den gesamten Haushalt 1967 entscheidend wichtig. Das Ziel war allerdings nur dadurch zu erreichen, daß der für 1967 geplante weitere personelle Ausbau der Bundeswehr von 461 000 Mann auf 473 000 Mann nicht erfolgte.Der Schriftliche Bericht des Haushaltsausschusses nennt noch ein drittes Ziel, das ich hier aufzeigen möchte. Mit dem vorliegenden Verteidigungshaushalt sollte die Begrenzung der laufenden Ausgaben für die Unterhaltung der Bundeswehr erreicht werden, um Investitionsmittel für die Modernisierung der Streitkräfte in größerem Ausmaß bereitstellen zu können. Der Herr Minister hat schon davon gesprochen. Ich verkenne nicht, daß dieses so dringend notwendige Streben nach einer Stabilisierung des Verhältnisses zwischen laufenden Ausgaben und Mitteln für Neuinvestitionen durch Umschichtung in Einzelplan 14 in gewissem Sinne erfolgreich gewesen ist. Aber es ist nur ein geringer Erfolg zu verzeichnen. Mit Ausnahme eines einzigen Titels, nämlich Tit. 309 a — Wehrtechnische Entwicklung und Erprobung —, ist leider eine durchgreifende Verbesserung der Situation bisher nicht erreicht und nicht eingeleitet worden.Zur Bedeutung der Aufstockung des Tit. 309 a von 690 Millionen DM auf 815 Millionen DM wollte in dieser Beratung mein Freund Klaus Richter eine Jungfernrede halten. Ich kann Ihnen die Mitteilung machen, die mancher von Ihnen sicher als eine erfreuliche Mitteilung ansieht, daß Klaus Richter durch
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5612 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967
Berkhanseine Verpflichtungen im Rahmen der Vollversammlung der WEU gehindert ist, an dieser Plenarsitzung teilzunehmen, und ich deshalb seine Rede zu Protokoll geben werde.Vergleicht man die Entwicklung der Ansätze in den Materialbeschaffungstiteln der letzten Jahre, so ist leider ein laufendes Absinken der verfügbaren Mittel festzustellen. 1963 standen noch 6,8 Milliarden DM zur Verfügung. Bis zum Jahre 1966 sank die Zahl auf 3,97 Milliarden DM, und auch der leichte Anstieg auf etwas über 4 Milliarden DM in diesem Jahr würde uns, wenn wir einen prozentualen Vergleich anstellten, sehr schnell belehren, daß prozentual die Sache immer noch rückläufig ist. Der Minister sagt, wir hätten heute 65 % unabweisbare Ausgaben und 35 % veränderliche Ausgaben. Ich komme zu dem Ergebnis, Herr Minister Schröder: 67 %. Aber streiten wir nicht über die letzten 2 %. Das liegt daran, daß Sie im Grunde genommen ein konservativer Mensch sind und ich ein fortschrittlicher bin.
Denken wir aber daran, daß nach wie vor das Damokles-Schwert progressiv steigender Kosten für die Unterhaltung der Bundeswehr über uns hängt! Das wird sich wahrscheinlich nur ändern, wenn man sich entschließt, einschneidende Maßnahmen zu ergreifen.Die leichte absolute Erhöhung der Ansätze für Beschaffungen um etwa 200 Millionen DM konnte auch nur dadurch erreicht werden, daß die gleiche Summe aus dem ordentlichen Haushalt in den Eventualhaushalt übergeführt wurde. Auch der Haushaltsausschuß hat in seinem Schriftlichen Bericht darauf hingewiesen, daß die dadurch freiwerdenden Mittel für Beschaffung, Infrastruktur und wehrtechnische Entwicklung als konjunkturwirksame Mittel angewendet werden. Diese rein haushaltstechnischen Manipulationen können doch nicht darüber hinwegtäuschen, daß solche Verlagerungen dem Sinn und dem Zweck des 2,5-Milliarden-Investitionshaushalts nicht angemessen sind. Ich möchte heute schon davor warnen, zukünftige Investitionshaushalte zur Konjunkturbelebung als Verschiebebahnhöfe für notwendig werdende Kürzungen im ordentlichen Haushalt in einzelnen Ressorts zu mißbrauchen. Ich führe das hier beim Einzelplan 14 aus. Aber das gilt auch für andere Einzelpläne.Der Verteidigungshaushalt 1967 steht in besonderem Maße unter dem Druck der unglückseligen, vielleicht darf man auch heute noch sagen: leichtgläubigen, besser: leichtfertigen Verpflichtungen, welche die frühere Bundesregierung und ihr Verteidigungsminister für die Devisenausgleichszahlungen eingegangen ist.
Diese bis zum 30. Juni dieses Jahres abzulösenden Verpflichtungen belasten den Einzelplan 14 zusätzlich mit 1,13 Milliarden DM, teils als Verstärkungsmittel für Ausgaben in den USA bezeichnet — sprich: zusätzliche Rüstungskäufe —, teils für Devisensonderzahlungen, sprich: Zwischenfinanzierung. Diese und frühere Zwischenfinanzierungen werden die kommenden Verteidigungshaushalte zusätzlich zu den neu abgeschlossenen Devisenausgleichsabkommen beanspruchen. Wir werden also noch einige Jahre an diesem harten Brocken zu kauen haben. Der frühere Finanzminister benannte in seiner von mir bereits erwähnten Rede vom November des vergangenen Jahres die Höhe der damals aufgelaufenen Verpflichtungen mit 5,6 Milliarden DM. Ich sage Ihnen hier ganz offen, daß ich mir bis heute nicht darüber im klaren bin, wie der endgültige Abbau dieses Berges erfolgen soll und zu welchen Konsequenzen dies in den kommenden Jahren führen muß.In der mittelfristigen Finanzvorschau hat die alte Bundesregierung unter „Zweckausgaben für die militärische Verteidigung" festgestellt — ich zitiere wörtlich mit Genehmigung des Präsidenten —:Nur ein verhältnismäßig kleiner Teil der Ansätze steht für Neubeschaffungen, die zur Erhaltung der Schlagkraft der Truppe und zur Erfüllung des Devisenausgleichs mit den USA unumgänglich sind, zur Verfügung.Zu diesem Zeitpunkt waren jedoch der Regierung alle großen Beschaffungsprogramme für die Umrüstung der Bundeswehr, für die in den nächsten Jahren im Verteidigungshaushalt die Mittel aufgebracht werden müssen, sehr wohl bekannt. Die alte Regierung mußte sich also im November des vergangenen Jahres darüber im klaren gewesen sein, daß ihre mittelfristige Finanzvorschau für die militärische Verteidigung zumindest auf unrealistischen Grundlagen beruhte.Welche Folgen derartige von einem Zweckoptimismus diktierten Finanzleitlinien, oder wie immer man das nennen mag, haben müssen, bekommen wir alle in diesen Wochen zu spüren. Erst jetzt stellt sich leider heraus, daß ein bereits in der Abwicklung weit fortgeschrittenes Beschaffungsprogramm — ich spreche jetzt von der deutsch-französischen Gemeinschaftsentwicklung eines Transportflugzeugs, welches unter dem Namen „Transall" in die Geschichte eingehen wird — in der vorgesehenen Stückzahl aus finanziellen Gründen wahrscheinlich nicht so, wie man es ursprünglich beabsichtigte, zu realisieren sein wird, vielleicht gar nicht zu realisieren sein wird.Der Verteidigungsminister hat zwar als hauptsächlichen Grund für seine Absicht, dieses Programm um fast die Hälfte zu kürzen, Personalknappheit bei der Bundesluftwaffe angegeben, also Personalknappheit bei der Bundeswehr. Aber diese Personalknappheit ist doch nur eine Folge des notwendigen Abstoppens jedes weiteren Aufbaus der Bundeswehr, das auf Grund der vorgegebenen finanziellen Situation erfolgt ist. Die Folgen, die das Verkürzen des Transall-Programms mit sich bringen würde, sind in vollem Umfang noch nicht zu übersehen.Die Diskussion um solche notwendig werdenden Kürzungen hat bereits zu einer Belastung, wenn auch nur einer schwachen Belastung der deutschfranzösischen Zusammenarbeit geführt. Aber sie wirft auch Schatten auf Programme, die wir als Gemeinschaftsprogramme mit anderen Staaten planen.
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967 5613
BerkhanDie Belegschaft einiger Betriebe der Luftfahrtindustrie schwebt in schwerer Sorge um ihre Arbeitsplätze. Die zuständige Gewerkschaft hat bereits den Finger auf diese Wunde gelegt — wie ich meine, zu Recht. Der Verteidigungsausschuß hat in seiner Sitzung am 16. Mai zwar den Bundesminister der Verteidigung ersucht, die Situation noch einmal gründlich zu prüfen und gegebenenfalls neue, bessere Vorschläge auszuarbeiten. Aber finanzielle, wirtschaftliche und auch psychologische Einbußen werden wohl nicht ganz zu vermeiden sein.So etwas darf uns in Zukunft nicht noch einmal passieren. Wir werden nach dieser bitteren Erfahrung sehr schnell und sehr gründlich eine Reihe anderer aufwendiger Beschaffungsvorhaben überprüfen müssen. Wir werden dafür zu sorgen haben, daß sie rechtzeitig auf ein vertretbares Maß zurückgeschraubt werden oder gar, wenn es sein muß, abgestoppt werden. Das muß auf jeden Fall geschehen, bevor wir durch internationale Verträge an feste Programme und an feste Abnahmeverpflichtungen gebunden sind oder uns binden und bevor die deutsche Industrie feste Auftragsverpflichtungen übernommen hat und sich materiell, aber auch personell auf diese Verpflichtungen einstellt.Ich will einige wichtige Beschaffungsprogramme nennen; z. B. den Kampfpanzer 70, ein Programm, welches alles in allem nach meiner Schätzung etwa vier Milliarden DM verlangt. Der Panzer soll gemeinsam mit den USA gebaut werden und soll den Panzer M 48 ersetzen. Ich glaube kaum, daß wir uns dieses neue und sehr viel teurere Waffensystem schon leisten können, auch nicht in den siebziger Jahren. Zweifel sind auch berechtigt, ob die Konzeption dieses Panzers für die zukünftigen Aufgaben der Bundeswehr noch zweckentsprechend ist. Man muß doch erst einmal das Konzept kennen, um zu wissen, welche Waffensysteme man einplant. Mir jedenfalls will es dringlicher erscheinen, daß die Bundeswehr bald über einen leistungsfähigen Schützenpanzer verfügt.
Ähnliches gilt für das Tatar-Zerstörerprogramm und das neue Beschaffungsvorhaben der Tatar-Korvetten bzw. bei der Ausstattung der S-Boote mit Raketen. Moderne Panzer- und Tieffliegerabwehr sind dagegen zwei Gebiete — Herr Schultz nannte sie schon —, die, soweit ich sehe, bis heute in gewissem Umfang vernachlässigt worden sind.In diesem Zusammenhang möchte ich heute bereits vor zu optimistischen Vorstellungen über Zeit, Umfang und Art der Umrüstung der Luftwaffe auf ein neues Nachfolgemuster für die F 104 G und die G 91 warnen. Wir dürfen an den harten Tatsachen nicht vorbeisehen, daß die finanzielle Lage des Bundes in den kommenden Jahren äußerst angespannt bleiben wird. Nur das, was tatsächlich finanziell und technisch, aber auch personell verkraftet werden kann, darf sich in festen Planungen, in festen Programmen niederschlagen.Wir werden auch kein Beschaffungsprogramm und kein Einzelvorhaben mehr gutheißen können, wenn wir nicht gleichzeitig darüber unterrichtet werden, welche Folgelasten bei der Einführung in die Truppeund für die Erhaltung der Einsatzbereitschaft in den kommenden Jahren mit der Einführung dieses Waffensystems verbunden sind. Jedes neue, moderne Waffensystem wird nicht nur in der Beschaffung Geld kosten; es wird auch in den Unterhaltungskosten anspruchsvoller und kostspieliger werden. Wir alle wissen nur zu gut, welche Mittel aufgewendet werden mußten und auch noch in den nächsten Jahren aufgewendet werden müssen, um das Waffensystem F 104 G einigermaßen flugsicher und einsatzbereit zu machen und zu erhalten. Diese Kosten waren damals, als wir zum Beschaffungsprogramm F 104 G gehört wurden, nicht errechnet und nicht vorausgesehen worden. Vielleicht war das damals nicht möglich. Aber wir müssen heute sagen, daß wir bei der Vorlage großer Programme immer noch erleben, daß unsere Fragen, was denn das Waffensystem während seiner Lebenszeit alles in allem an Kosten verursachen wird, nur sehr unzureichend und sehr dürftig beantwortet werden.Ich möchte hier keine alten Wunden aufreißen; aber wir haben in der Opposition gewarnt, und wir warnen auch als Regierungspartei. Wir sind bereit und entschlossen, das unsere dazu beizutragen, um solche in der Vergangenheit begangenen Fehler zu vermeiden. In diesem Zusammenhang bedarf eben die Beschaffungsapparatur, die für die Bundeswehr arbeitet, einer Durchleuchtung. Wirtschaftliches Denken, kaufmännisches Handeln muß in stärkerem Maße auch in den Prozeß der Beschaffung von Wehrmaterial und in die vorbereitende Planung hineingetragen werden. Ohne Zweifel werden fast alle unsere Ministerien, auch das Verteidigungsministerium, noch weitgehend vom traditionellen juristischkameralistischen Denken beherrscht. Die Erkenntnisse moderner Wirtschaftswissenschaften haben leider nicht genügend Eingang gefunden. Ich bin also ziemlich sicher, daß die Bundeswehrverwaltung darin keine Ausnahme macht. In der heutigen Verwaltung sollten Begriffe wie Wirtschaftlichkeit und Rechtmäßigkeit gleichwertig nebeneinanderstehen. Dabei muß gesehen werden, daß der Begriff Wirtschaftlichkeit das Kernstück der Wirtschaftswissenschaften und ihrer theoretischen und praktischen Bemühungen ist. Im Zentrum der Jurisprudenz steht der Begriff des Rechtes. Ich würde sagen, daß die Vertreter beider Wissenschaften jeweils entsprechend den Aufgabengebieten die gleichen Chancen haben sollten, auf dem Sektor das ihrige zu tun. Nur so kann die Wirtschaftlichkeit als Gegenkomponente gegen das reine Verwalten zum Tragen gebracht werden.Wenn wir uns einmal überlegen, daß man bisher bei den Laufbahnen weitgehend an überlieferten Formen wie nahezu an Schablonen festgehalten hat, so meine ich, brauchen wir uns nicht zu wundern. wenn wir alarmierende Meldungen über Rüstungsskandale in den vergangenen Jahren erleben mußten.Ich will damit diese Bemerkungen hierzu abschließen. Aber ich möchte den Minister auffordern, im Rahmen seiner Möglichkeiten zu prüfen, wieweit wir das Wirtschaftsreferendariat dazu nutzen und wieweit wir Ingenieure, auch Wirtschaftsingenieure, einspannen können, um zu besseren Ergebnissen bei der Planung und beim Kauf zu kommen.
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5614 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967
BerkhanBeschaffungsvorgänge für große Waffensysteme gehören in die maßgebliche Mitbestimmung von Wirtschaftswissenschaftlern und Kaufleuten hinein. Das gilt selbstverständlich auch für Beschaffungsvorgänge, die durch freihändige Vergabe gelöst werden. Das gilt darüber hinaus in stärkerem Maße für Entwicklungsvorgänge, da hier für den Betriebswirtschaftler die ersten Ansätze sind, um spätere Beschaffungen wirtschaftlich gestalten zu können.Leider haben Sie sich nun, Herr Minister Schröder, auch noch nicht dazu durchringen können, die Organisation ihres Hauses einschneidend zu ändern, durchgreifend zu verbessern. Nach wie vor sind wir Sozialdemokraten der Auffassung, daß die derzeitige Organisationsform, die Arbeitsverfahren und die interne Geschäftsordnung des Bundesministeriums der Verteidigung den gestellten Aufgaben zur Führung und zur Erhaltung der Einsatzbereitschaft einer modernen Armee nicht mehr angemessen sind.Ich darf in diesem Zusammenhang auf die Schlußbemerkungen des Abschlußberichtes des Verteidigungsausschusses über die Beratung anläßlich der Rücktrittsgesuche des damaligen Generalinspekteurs, Herrn Trettner, und des Generals der Luftwaffe, Herrn Panitzki, hinweisen. Es heißt dort — ich zitiere wörtlich aus dem Bericht:Der Ausschuß war sich ferner darüber einig, daß das Problem der Organisation der gesamten Landesverteidigung einschließlich der Organisation des Ministeriums einer gesonderten gründlichen Erörterung im Verteidigungsausschuß bedarf, bei der die hier gewonnenen Kenntnisse ausgewertet werden müssen.Soweit das Zitat, und ich glaube — Herr Dr. Zimmermann, Sie haben damals präsidiert —, dieser Beschluß war einstimmig. Ich glaube mich nicht zu täuschen, wenn ich sage, daß das die einhellige Meinung des Ausschusses war.Nach wie vor stehen wir Sozialdemokraten zu unserer Auffassung, die wir in unserer Entschließung zur Lage in der Bundeswehr bereits im Jahre 1964 festgelegt haben. Ich will das hier nicht ausführen; Sie, Herr Minister Schröder, können das nachlesen; diese kleine Schrift finden Sie in Ihrem Ministerium. Wir sind bereit, über unsere Vorschläge mit Ihnen zu diskutieren; sie sind kein Dogma. Aber lassen Sie mich von mir aus sagen, es reicht nicht aus, wenn der Minister jedes Jahr vor dieses Haus tritt und sagt: Es wird ja alles getan, was an Rationalisierung und dergleichen Dingen mehr notwendig und möglich ist.Sehen Sie, ich komme von Zeit zu Zeit in die Truppe, und ich schreibe Ihnen zu Ihrem Leidwesen auch von Zeit zu Zeit Briefe, die Sie dann immer sehr pünktlich und sehr freudlich beantworten. Ich darf Ihnen sagen, daß mir bei einem meiner letzten Besuche z. B. folgende Verwaltungsauswüchse aufgefallen sind: Da will eine Einheit aus einem Titel „für Freizeitbeschäftigung von Soldaten" einen Fußball kaufen. Aus irgendwelchen Gründen war der andere Titel, aus dem sie den Fußball sonst bezahlten, erschöpft. Ich weiß nicht den Wert eines Fußballes; er liegt wohl — die Sportler hier im Hause mögenmich belehren — bei 50, 60, vielleicht auch 70 DM.
— Es kommt darauf an, ob Uwe Seeler ihn vorher angefaßt hat oder nicht. Das spielt für den Preis eine große Rolle. — Mit dieser Angelegenheit befaßt sich nun ein Amtmann, ein altgedienter deutscher Amtmann, der also weiß, wie schwer das Geld des Steuerzahlers zusammenkommt. Der geht damit zum Oberstleutnant, und nun kakeln die beiden, ob das wohl angemessen ist. Sie kommen zu dem Ergebnis: sie wollen den Fußball kaufen. Die können das nicht! Die müssen zur Division. Dort beschäftigt sich ein Oberregierungsrat damit. Und ob Sie es glauben oder nicht, Herr Schröder: der General muß seine Unterschrift geben, damit diese Leute den Fußball kaufen können. Sie werden mir natürlich sagen: das gibt es auch bei anderen Behörden. Das mag sein. Das kann aber kein Grund sein, das hier nicht zu geißeln.Und überlegen Sie sich einmal, ,daß der Disziplinarvorgesetzte bei einem Disziplinarverstoß, bei einer disziplinarischen Bestrafung, je nach Lage .der Dinge 22- bis 26mal seinen Namen in die Akten schreiben muß! Ich meine, das ist des Guten zu viel.Ich will damit meine Liste hier abschließen. Sie werden sagen, das seien alles Kleinigkeiten. Wenn Sie das jedenfalls summieren bei einer Zahl von 600 Kompanien der Bundeswehr, und wenn Sie die große Zahl von Stäben und anderen Einrichtungen hinzunehmen, werden Sie zugeben, daß das zu einer großen Belastung für Truppe und Verwaltung wird.Ich weiß sehr wohl, daß die endgültige Beseitigung vermeidbarer Belastung durch Überorganisation, Kompetenzfragen und Perfektionismus in der Absicherung von und nach oben nicht nur eine Frage besserer Organisationsform und zweckmäßigerer Arbeitsmethoden ist, sondern auch eine Frage des Stils und der menschlichen Verhaltensweisen. Ob hier wirklich alles zum Besten steht? Ich würde Ihnen empfehlen, einmal das Protokoll über diese Beratungen nachzulesen; ich habe aus dem Bericht zum Rücktritt der Generale zitiert, und ich glaube, Herr Schultz hat in seiner Rede dazu auch einige Bemerkungen gemacht. Ich würde Ihnen einmal empfehlen, nachzulesen, was sich der Ausschuß bei diesen Beratungen angehört hat.Es gibt manches, was in den menschlichen Beziehungen im Ministerium verbesserungswürdig und verbesserungsfähig ist. Es bleibt dann immer noch, Herr Minister Schröder, genügend Reibungsfläche. Haben Sie keine Sorge! Ihr Apparat wird auch dann nicht so geölt und glatt laufen, wie Sie es sich wünschen, sondern Sie werden auch dann noch Sorgen genug haben, mit denen Sie sich beschäftigen können. Aber Sie können sich dann auf das Wesentliche konzentrieren. So, wie man manchmal mit einzelnen und mit ganzen Gruppen in der Bundeswehr umspringt, so darf es eben nicht mehr weitergehen.Ich will hier nur einen einzigen Punkt herausgreifen. Seit fast drei Jahren wird hier über eine dritte Laufbahn gesprochen, um u. a. auch die Probleme der Stellung und des Berufsbildes 'der Stabs- und
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BerkhanOberstabsfeldwebel endgültig ausräumen zu können. Es wurden neue Vorschläge bekannt und neue Besprechungen durchgeführt. Vor 14 Tagen antwortete Ihr Staatssekretär in diesem Hause auf eine Kleine Anfrage der FDP, wegen der zahlreichen, das Dienstrecht .allgemein berührenden Probleme, wegen der laufbahnrechtlichen und finanziellen Auswirkungen und wegen des Umfangs des Gesetzgebungsvorhabens sei noch nicht einmal eine grundsätzliche Zustimmung der anderen Ressorts herbeigeführt. Also noch nicht einmal eine grundsätzliche! Wenn das nicht der Fall ist, dann hüte man sich davor, in Veröffentlichungen immer schon von einer Laufbahn zu sprechen und Dienstgrade zu- nennen, wenn man noch nicht einmal weiß, ob man sich im Innenministerium und im Finanzministerium mit diesen Vorstellungen durchsetzen wird. Das schafft nur Ärger bei den Soldaten. Ich habe mir von Freunden erzählen lassen, sie hätten heute morgen in Godesberg dazu Stellung genommen. Das war anderenorts, ich kann mich darauf nicht beziehen; ich muß Sie im Parlament fragen, und ich muß Sie also bitten, einmal zu prüfen, wie lange wir denn noch ,da stehenbleiben wollen, wo wir vor drei Jahren in dieser Frage angefangen haben. Ich möchte Sie im Namen meiner Fraktion auffordern, Herr Schröder, nunmehr beschleunigt die grundsätzliche Übereinstimmung mit dem Bundesminister des Innern und dem Bundesminister der Finanzen herbeizuführen, bevor etwa weitere Vorschläge und Vorstellungen auf den Tisch und an die Öffentlichkeit kommen. Ich erwarte aber auch, daß wir dann bald eine verabschiedungsreife Vorlage im Verteidigungsausschuß vorgelegt bekommen. Lesen Sie dazu noch einmal die Darstellung der schwierigen Lage bei den Unteroffizieren in der Drucksache V/1694. Das war 'zwar eine Drucksache, die sich mit Besoldungsfragen beschäftigt; ,aber da können Sie alles entnehmen, was ich eigentlich hier ausführen wollte.Ich habe versucht, einen weiten Bogen zu spannen, um einige Hinweise für 'die Zukunft zu geben. Sie mußten leider, dem schwierigen Thema „Verteidigungshaushalt" entsprechend, meist kritisch und oft auch warnend sein. Ich konnte dabei nur auf einige der mir besonders wichtig erscheinenden Fragen eingehen, deren Lösung finanzielle Auswirkungen haben wird. Sie werden uns bei den kommenden Haushaltsberatungen immer wieder zu beschäftigen haben.Wenn wir aber im kommenden Jahr und in den kommenden Jahren die Struktur des Verteidigungshaushalts stabilisieren und das Verhältnis der Unterhaltungs- zu den Investitionskosten auf die Dauer gesehen verbessern wollen, um die Bundeswehr voll einsatzbereit zu machen und auch voll einsatzbereit zu erhalten, also modern zu erhalten, so wird die Bundesregierung noch vor Ende dieses Jahres diesem Hause ihre Absichten und ihre Vorstellungen bekanntgeben müssen. Sie muß uns also sagen, welches Konzept ihrer Politik zugrunde liegt. Die Bundesregierung wird dem Deutschen Bundestag und der Öffentlichkeit sagen müssen, wie sie die Verteidigungspolitik in ihre auf Erhaltung des Friedens und Entspannung ausgerichtete Außenpolitik einbetten will. Sie wird sagen müssen, welche Aufgaben im Rahmen des atlantischen Bündnisses und unter Berücksichtigung der vom NATO-Rat am 9. Mai verabschiedeten Direktive der Bundeswehr in Zukunft zu stellen sind. Sie wird sagen müssen, wie die Bundeswehr zur optimalen Erfüllung dieser Aufgaben in Zukunft geführt, gegliedert, bewaffnet und ausgebildet werden soll. Sie wird schließlich wenigstens den Rahmen ihrer Vorstellungen über eine aktive Mitwirkung an der internationalen Diskussion zur Rüstungskontrolle und zur europäischen Sicherheitspolitik abstecken müssen.Ich weiß, das alles sind Fragen, die Sie gemeinsam mit Ihrem Kollegen, dem Außenminister, klären müssen. Aber es wird Zeit, daß das Haus einmal die Vorstellungen der Regierung hierzu hört.Wir Sozialdemokraten sind der Auffassung, daß nicht nur die finanzielle Lage des Bundes in den nächsten Jahren, sondern auch die Glaubwürdigkeit unserer Friedens- und Entspannungspolitik eine über den jetzigen Stand hinausgehende Vergrößerung der Bundeswehr verbietet. Wir sind aber auch der Auffassung, daß eine wesentliche Verringerung der Zahl unserer Streitkräfte nur im Rahmen internationaler Verhandlungen über eine Rüstungsverminderung in West- und Osteuropa angesprochen werden kann. Die zu erwartende Verringerung der Präsenzstärken der Stationierungsstreitkräfte unserer amerikanischen und britischen Freunde im Laufe der nächsten Jahre sollte bereits Anlaß genug sein, der Sowjetunion und den Staaten Osteuropas ähnliche Maßnahmen nahezulegen. Einseitige Vorleistungen, Herr Schultz, einer Rüstungsminderung in Mitteleuropa könnten sehr leicht die heute erreichte politische Stabilität in Europa ins Wanken bringen und unsere auf stabile Friedensordnung in Europa ausgerichtete Politik zum Scheitern verurteilen.Wir Sozialdemokraten sind der Auffassung, daß eine stabile, dauerhafte Friedensordnung in Europa aber nur erreicht werden kann, wenn vor allem in Mitteleuropa die Truppenstärken und Rüstungsaufwendungen reduziert werden. Dies kann jedoch nur auf dem Wege internationaler Vereinbarungen geschehen. Solange solche Vereinbarungen nicht effektiv sind, werden wir jedenfalls nicht nachlassen, im Rahmen des atlantischen Bündnisses zusammenzustehen und die Verpflichtungen zu erfüllen, die alle Partner gemeinsam für die Sicherheit des Bündnisses für erforderlich halten. Dies darf aber andererseits die Bundesregierung nicht davon entbinden, eigene Vorschläge und eigene Vorstellungen zu einer Rüstungsverminderung in Europa und zu einem europäischen Sicherheitssystem zu entwickeln. Herr Minister Schröder, Sie sind aufgerufen, an dieser Arbeit mitzuwirken.Die Opposition, die FDP, hat bestimmte Maßnahmen vorgeschlagen: Verkürzung des Grundwehrdienstes, Herauslösung der nuklearen Waffenträger aus der Bundeswehr. Das sind aber isolierte Einzelschritte, und sie scheinen weder geeignet, die finanziellen Lasten für die Verteidigung zu verringern, noch geeignet, zu einem Gesamtkonzept in der rechten Weise beizutragen. Über beide Fragen kann man nur im Rahmen einer solchen Gesamt-
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5616 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967
Berkhankonzeption unserer zukünftigen Sicherheits- und Verteidigungspolitik diskutieren. Wir schlagen daher vor, die Anträge der FDP nicht nur im Verteidigungsausschuß, sondern gegebenenfalls auch im Außenpolitischen Ausschuß zu behandeln.Die Vorlage eines Gesamtkonzepts der Verteidigung muß aber gekoppelt sein mit der Bekanntgabe einer mehrjährigen Vorausschau über die im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten des Bundes verfügbaren Mittel für die Verteidigung. Wir wissen sehr wohl, wie schwierig heute noch eine solche mittelfristige Finanzvorausschau ist; denn eine solche Vorausschau muß ja die ganze Breite der zukünftigen Aufgaben des Bundes umspannen und nicht nur die Fragen der Verteidigung, und sie muß Prioritäten setzen. Sie haben das hier gefordert, Herr Minister Schröder. Wir möchten der Bundesregierung aber empfehlen, sich jenen falschen Zweckoptimismus der früheren Regierung — ich sprach bereits davon — vor allem auf dem Gebiet der militärischen Verteidigung nicht wieder zu eigen zu machen. Harte Tatsachen müssen ausgesprochen werden. Hier darf auch der Verteidigungshaushalt kein Tabu sein, auch wenn dies den Verteidigungsminister, die Regierung und den Verteidigungsausschuß, den Haushaltsausschuß und am Ende das Plenum dieses Hauses zu schwerwiegenden Entscheidungen zwingen sollte. Im Interesse unserer Sicherheit, im Interesse der Einsatzbereitschaft unserer Streitkräfte und im Interesse der Menschen in der Bundeswehr scheint es mir besser zu sein, einem zu rosigen Optimismus abzusagen, der uns nur wieder Rückschläge und Enttäuschungen bringen würde. Das Erreichbare aber ist auch wirklich in Angriff zu nehmen und einem Ziel zuzuführen.Auf diesen beiden Grundlagen: Gesamtkonzept der Verteidigung und mittelfristige Finanzvorausschau wird der Bundesverteidigungsminister dann eine ebenso von jedem Zweckoptimismus befreite mehrjährige Bedarfsplanung der Bundeswehr aufzustellen haben. Eine solche Bedarfsplanung wird dann das Parlament in den verschiedenen Ausschüssen überhaupt erst in den Stand setzen, in Zukunft mit besserem Gewissen Beschaffungsvorhaben und -programme zur Kenntnis zu nehmen.Ich meine, daß in wenigen Wochen der neue Haushaltsentwurf, also der Haushaltsentwurf für das Jahr 1968, vor uns liegen wird. Es werden entscheidende Weichen zu stellen sein, um nun endlich in ein ruhigeres Fahrwasser für die Bundeswehr hineinzukommen. Wenn notwendig, sind wir Sozialdemokraten — und ich glaube, auch die Kollegen der anderen Fraktionen — bereit, gemeinsam mit Ihnen, Herr Schröder, vielleicht in einer kleinen besonderen Arbeitsgruppe gleich nach der Sommerpause Beratungen hierüber aufzunehmen.Im ganzen, meinen wir, war im Jahre 1967 im Einzelplan 14 nicht mehr zu erreichen. Wir stimmen 'ihm zu. Wir sind nicht ohne Kritik. Wir hoffen aber, daß Sie unsere Anregungen wägen und werten, und wir glauben, Herr Minister Schröder, unsere Anregungen haben ein starkes Gewicht, sie werden vielleicht die Waagschale etwas bewegen helfen. In dem Sinne, glaube ich, hatte Herr Schultz recht,als er sagte, Landesverteidigung und Bundeswehr sind keine Sache des Ministers und der Regierung allein, nicht einmal eine Sache des Parlaments allein, sondern Sache des ganzen Volkes. Es gilt, die großen Opfer, die unser Volk seit Jahren in finanzieller Hinsicht für die Bundeswehr getragen hat und tragen mußte, zweckentsprechend, wirtschaftlich, vernünftig einzusetzen. Das muß das Ziel der kommenden Jahre sein.
Herr Kollege Berkhan, Ihre Absicht, die Rede des abwesenden Kollegen Richter zu Protokoll zu geben, läßt sich leider nicht verwirklichen. Nur Abgeordnete, die an den Beratungen teilnehmen, können ihre Rede — ersatzweise — zu Protokoll geben.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Marx.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Laufe der heutigen Debatte zum Einzelplan 14 gab es einige Bemerkungen, die darauf hindeuteten, daß das Thema: Wie sieht es eigentlich jenseits des Eisernen Vorhanges aus? von uns allen gründlich erörtert werden sollte. Ich möchte das in Kürze tun.Sie wissen alle, meine Damen und Herren, daß die Überlegungen für eine Verteidigungsorganisation. und für eine Verteidigungsplanung in Europa seit dem Ende des zweiten Weltkrieges von der Einsicht ausgegangen sind, daß aus dem kommunistisch beherrschten Raum heraus, d. h. also auch aus der Mitte Europas heraus, militärische Angriffe gegen das restliche, westliche Europa geführt werden können. Die permanente Bedrohung durch eine mächtige Militärmaschine, die sich ständig erneuert, die drohenden und einschüchternden Reden einer Reihe kommunistischer Führer und dazu eine revolutionäre Ideologie sind die Ursachen für die Verteidigungsbereitschaft der atlantischen Völker. Sie waren auch die Ursachen für den Beitritt unseres Landes zur NATO. Auch die politischen Weisungen der NATO-Minister und das jeweilige strategische Konzept sind immer von den Erkenntnissen ausgegangen, die über die Gegenseite vorlagen. So war es nicht nur bei den Dreiergesprächen zwischen den Beauftragten der Vereinigten Staaten, Großbritannien und der Bundesrepublik, sondern auch bei der letzten NATO-Ratstagung in Paris, wo man von der Frage ausgegangen ist: wie sieht es eigentlich mit der militärischen Kraft im Rahmen der Warschauer Pakt-Staaten aus?Dies heute hier anzusprechen, bedeutet natürlich zugleich, einen besonderen Akzent in eine Diskussion zu bringen, die zum großen Teil durch allgemeine Formeln gekennzeichnet ist, etwa den Wunsch nach einer weitgehenden, nach einer tiefwirkenden Entspannung innerhalb Europas. Es gab in den letzten Wochen und Monaten in der Presse, in den Tageszeitungen, in den Zeitschriften, bis in die Illustrierten hinein, eine Fülle von Diskussionen, eine große Literatur über das Thema: Ist es eigentlich noch zeitgerecht, heute in einem Zeitabschnitt, der allgemein als „Entspannung" be-
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Dr. Marx
zeichnet wird, über das Phänomen Bedrohung zu sprechen? Ich glaube, daß wir es trotzdem tun sollten, weil die Auseinandersetzung — auch die politische und die geistige Auseinandersetzung — mit dem, was auf der anderen Seite steht, die Grundvoraussetzung für unsere Überlegungen im Rahmen der Verteidigungspolitik darstellt.Wenn wir von Verteidigung sprechen, dann bedeutet das Verteidigung gegen einen eventuellen Angriff. Wir müssen also unsere Verteidigungsüberlegungen, unsere Organisation und Planung nach dem ausrichten, was eventuell zu erwarten ist. Wir können dabei sagen, daß unser Verteidigungsbeitrag — das ist vorhin schon von dein Herrn Berichterstatter gesagt worden —, der ein Gegengewicht gegenüber der anderen Seite darstellen soll, ein Verteidigungsbeitrag inerhalb der NATO ist. Er muß bemessen werden erstens nach der Größe und Art der Bedrohung, zweitens nach der speziellen Situation, in der sich die Bundesrepublik Deutschland befindet, drittens nach der Bereitschaft unserer Verbündeten und nach den Forderungen, die das Bündnis uns allen auferlegt, und viertens nach den eigenen finanziellen Möglichkeiten, über die unser Land verfügt.Nun ist die Erkenntnis Gemeingut, daß die Bedrohung nicht nur definiert werden kann auf Grund vorgefundener und addierter Kanonen, Panzer und Flugzeuge, sondern daß die Bedrohung selbstverständlich auch fixiert werden muß auf Grund einer möglichst genauen Analyse des politischen Willens des eventuellen Gegners. Dabei ist es klar, daß die augenblickliche Situation in Europa uns nicht veranlaßt, an einen bevorstehenden Angriff, an eine direkte Bedrohung, etwa an einen unmittelbaren militärischen Angriff, zu denken. Trotzdem müssen wir uns danach richten, was an militärischen Kräften auf der anderen Seite besteht. Sie wissen, meine Damen und Herren, daß die Warschauer Pakt-Staaten, vor allen Dingen unter Führung der Sowjets, etwa seit dem Jahre 1961/62 begonnen haben, ein stärkeres Gewicht den Armeen im sowjetischen, osteuropäischen Vorraum zuzumessen. Das hat sich in den durchgeführten Manövern von Mal zu Mal stärker gezeigt. Trotzdem ist die Sowjetarmee das Rückgrat, sie ist immer der bestimmende Faktor geblieben. Die Sowjetunion blieb auch für alle Nachschubüberlegungen die tragende Basis. Die Normierung an Waffen und Gerät ist im Warschauer Pakt in einer außerordentlich tiefgebenden Weise durchgeführt. Man ist sogar dazu übergegangen, auch Raketen, die in der Lage sind, atomare Sprengkörper zu tragen, den Streitkräften des Warschauer Pakts, etwa der polnischen Armee, der Nationalen Volksarmee, der tschechoslowakischen Volksarmee zuzuordnen.Heute nun, da wir seit Ende des vergangenen Jahres und seit Beginn dieses Jahres beobachten, daß es eine Reihe von bilateralen neuen militärischen Pakten und Beistandsverpflichtungen gibt, scheint sich uns eine gewisse Veränderungsmöglichkeit insoweit anzudeuten, daß man vielleicht mit dem Blick auf das Jahr 1969 hin von seiten der Warschauer Pakt-Staaten bereit wäre, das Angebot zu machen,wenn auf der westlichen Seite die Nato aufgelöst würde, so sei man auf der östlichen Seite bereit, auch den Warschauer Pakt aufzulösen. Ich sage das deshalb, meine Damen und Herren, weil es hierzulande viele gibt, die bereit sind, einem solchen offenbar einleuchtenden Tauschgeschäft zuzustimmen, die aber zwei wesentliche Faktoren vergessen: Erstens den Faktor, daß in der Tat der freie Zusammenschluß der westlichen Völker in dem Verteidigungsbündnis der NATO nicht mit dem Zwangsbündnis des Warschauer Pakts verglichen werden kann. Und zweiten, daß die bilateralen Verträge, die im Augenblick zwischen den einzelnen Ostblockstaaten im Gespräch sind, dann ein Auffangsystem darstellen, so daß, selbst wenn die Paktorganisation in der gegenwärtigen Weise ausscheiden würde, ein funktionierendes, durch die sowjetische Armee überall zu kontrollierendes System weiterhin bestünde.Meine Damen und Herren, lassen Sie mich bitte noch zweierlei sagen. Ich weise darauf hin, daß, während wir heute hier in Anlehnung an die Ministerweisung vom 9. Mai der NATO sprechen, die, wie vorhin gesagt wurde, das System der absoluten Abschreckung mit dem System der flexiblen Reaktion, der flexiblen Antwort vertauscht hat, zur gleichen Zeit auch eine mehr und mehr verspürbare Diskussion über eine gewisse Veränderung des Verteidigungskonzepts und der Verteidigungskonzeption innerhalb der Warschauer Pakt-Staaten eingesetzt hat. Aber unbeschadet der eventuellen Auswirkungen dieser gegenwärtigen Diskussion müssen wir festhalten, daß die militärische Zurüstung, das Trainig der Truppen, die Möglichkeiten eines recht komfortablen logistischen Systems aus der westlichen Sowjetunion heraus durch Polen und die Tschechoslowakei hindurch, im Rahmen des Ostblocks sich ständig weiter gesteigert haben. Es kann also auf unserer Seite gar nicht darauf ankommen, etwa weitere Abzüge, weitere Verdünnungen vorzunehmen, ohne daß eine adäquate Verdünnung, adäquate Abzüge auch auf der anderen Seite nicht nur nicht erwünscht sind, sondern auch in der Tat durchgeführt werden. Wenn ich adäquat sage, bedeutet das natürlich den Hinweis auf die geographische Situation. Wenn Truppen der westlichen Welt, die in Europa, in Deutschland stationiert sind, sich über den Atlantik zurückziehen, so ist das qualitativ und quantitativ etwas völlig anderes, als wenn sich eventuell die eine oder andere Einheit aus dem Bereiche des Warschauer Pakts hinter die sowjetische Westgrenze zurückzieht.Meine Damen und Herren, lassen Sie mich bitte zum Abschluß kommen. Ich tue es, indem ich mich in diesem Fall noch einmal an Sie, verehrter Herr Kollege Schultz, wende, weil Sie hier eine Reihe von Überlegungen vorgetragen haben, von denen wir in der Tat wünschen, daß wir sie in freier Diskussion einer gewissen Klärung entgegenführen können. Lassen Sie mich nur eine Bemerkung dazu machen. Sie haben etwa — ich gebe es mit meinen Worten wider — dem Sinne nach gesagt, daß Maßnahmen, die auf unserer Seite, also auf der Seite der NATO-Staaten, getroffen würden, auch Maßnahmen auf der anderen Seite, auf der Seite der Staaten des
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Dr. Marx
Warschauer Paktes, nach sich zögen. Nun, zunächst würde ich glauben, dies ist eine Binsenwahrheit; denn immer wird der eine auf das achten, was der andere macht, und wird dann versuchen, seine eigenen Kräfte entsprechend einzurichten und umzugruppieren. Eine solche Bemerkung sollte aber nicht den Eindruck erwecken, als ob Verteidigungsmaßnahmen in der westlichen Welt erst nach Anlaß und Voraussetzung der militärischen Planungen und der militärischen Aktion und Reaktion innerhalb des Warschauer Paktes gewesen wären.Man könnte allerdings, Herr Kollege Schultz, diese Frage auch noch einmal umdrehen und folgendes sagen. Sie haben das Wort „moderne Arbeitsteilung" gebraucht; Herr Kollege Petersen hat diesen Ausdruck auch schon verwendet. Einige Ihrer Vorschläge haben nachgerade spätmittelalterlichen Charakter; denken Sie etwa an die Arbeitsteilung beim Sacco di Roma. Das würde, glaube ich, doch bedeuten, daß die alliierten Streitkräfte weiterhin die Möglichkeit haben sollen, über atomare Materialien, atomare Geschütze und Raketen zu verfügen, die in der Lage sind, atomare Sprengmunition zu verschießen, die Bundeswehr aber nicht. Können Sie sich folgende Situation vorstellen, daß an einem vorderen Abschnitt ein britisches Korps mit atomaren Waffen eingesetzt ist, und zu beiden Seiten je ein deutsches Korps eingesetzt ist, ohne die gleichen Möglichkeiten zu haben? Wenn auf einem solchen Abschnitt der Gegner einen Angriff plante, so wäre er — erlauben Sie den Ausdruck — geradezu verrückt, wenn er dann nicht dort angriffe, wo er auf Grund seiner genauen Kenntnisse sicher sein kann, daß ihm keine adäquate Antwort zuteil werden kann.Aus diesem Grunde darf ich abschließend sagen, daß die ganzen Erörterungen, die wir hier im Rahmen der zweiten Lesung des Einzelplans 14 anstellen, immer auch von der Einsicht in Absicht, Willen und Kräfte geleitet sein sollten, über die der Gegner verfügt. Herr Kollege Berkhan, ich möchte gerne das aufnehmen, was Sie am Ende gesagt haben: Wir können in der Tat in Europa eine stabile Ordnung nur dann gewährleisten, wenn die Verteidigung dieses Europa in Ordnung ist, und wir können im Grunde genommen nur dann eine mit vielen Hoffnungen und mit vielen Erwartungen ausgestattete Entspannungspolitik in Europa treiben, wenn wir vorher wissen, daß die Verteidigung in Ordnung ist. Das eine bringt das andere hervor; das eine verlangt das andere.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Ollesch.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege Petersen hat in seinen Ausführungen als Antwort auf die Rede, die mein Kollege Schultz hier gehalten hat, darauf hingewiesen, daß die FDP ja eine kleine Partei sei. Er hat gesagt, er sei außerordentlich glücklich darüber, daß sie so klein sei, weil die krausen Gedankengänge dieser FDP geeignet seien, bei einer etwas stärkeren Präsenz hier im Hause und in der deutschen Demokratie das deutsche Volk ins Unglück zu stürzen, zumindest aber die Sicherheitsbestrebungen unseres Volkes in Frage zu stellen.
Herr Kollege Petersen, ich beklage, daß die Freien Demokraten nicht die Stärke der Christlichen Demokraten besitzen.
Ich beklage Ihre Stärke und Ihren Immobilismus, die eher als unsere angeblich krausen Gedanken in der Lage sind, unserem Volke bei seinen Verteidigungsanstrengungen und im Kampf um die Erhaltung des Friedens in der Welt zù schaden.
Denn es hat doch den Anschein — anderes kann ich Ihren Ausführen nicht entnehmen —, daß Sie sich nachhaltig weigern, die Veränderungen um Sie herum, die in der Vergangenheit eingetreten sind und auch noch heute vor sich gehen, zur Kenntnis zu nehmen und daß Sie bei den Wahlen der deutschen Bevölkerung das Rezept empfehlen: „Augen zu! — Wählt CDU!"
Ich möchte, damit hier kein Mißverständnis über die Ausführungen entsteht, dem Kollegen Petersen Erinnerungshilfen geben, indem ich mit Genehmigung des Präsidenten den Absatz aus der Rede des Kollegen Schultz vorlese, den Herr Kollege Petersen beanstandet hat. Ich darf ihn bitten, jetzt trotz der Einleitung — Herr Kollege Petersen, ich mache es ja jetzt nett — genau zuzuhören. Herr Kollege Schultz sagte — und das ist der wesentliche Absatz seiner Rede —:
Dr. Schröder meint, daß ein begrenzter konventioneller Angriff zunächst in einer konventionellen Kampfphase abgewehrt werden könne, die dann später in eine nukleare Kampfphase umschlage. Ich bedauere außerordentlich, daß auch der Herr Bundesverteidigungsminister hier von einem Prinzip der flexiblen Antwort ausgeht, das nur eine verbale Anpassung an die veränderte Haltung des NATO-Verteidigungsministerrats enthält. Im Gegensatz zur Auffassung des Verteidigungsministers bedeutet es unserer Auffassung nach keine glaubhafte Abschreckung, wenn gedroht wird, die Bundeswehr werde konventionelle Angriffe atomar abwehren. Die Frage des Zeitpunktes ist dabei meines Erachtens von völlig untergeordneter Bedeutung. Eine Abschreckung ist nur dann glaubhaft, wenn wir sie so, wie vorgesehen, auch im Ernstfall praktizieren können.
Das war der Absatz der Rede Schultz, den Sie beanstandet haben.
Herr Abgeordneter Petersen möchte eine Zwischenfrage stellen.
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967 5619
Herr Kollege Ollesch, ich bin Ihnen dankbar, daß Sie mir das noch einmal vorgelesen haben. Ist Ihnen nicht klar, daß die Tatsache der Nichtkalkulierbarkeit des Risikos eben darin besteht, daß der mögliche Angreifer nicht weiß, ob oder wann die Verteidigung vom konventionellen Bereich in den atomaren Bereich umschlägt? Genau das ist es doch, was der Minister gesagt hatte und was Herr Kollege Schultz nicht akzeptieren wollte.
Herr Kollege Petersen, ich werde jetzt — das hatte ich vorgehabt — auf diese Bedenken eingehen. Wir reden seit Jahr und Tag, seitdem die NATO besteht, von der glaubhaften Abschreckung, die den Frieden, in dem wir leben, nach Ihrer Meinung bisher allein garantiert hat. Nun, meine Damen und Herren, es ist merkwürdigerweise festzustellen, daß unter glaubwürdiger Abschreckung immer nur eine Komponente der Abschreckung gesehen wird, nämlich die atomare Komponente. Wir wissen doch alle, daß der Frieden in der Welt — es zeigt sich im Nahen Osten ganz deutlich — erhalten wird, weil ein atomares Gleichgewicht in der Welt herrscht. Herr Petersen, allein das atomare Gleichgewicht hat bisher diesen Friedenszustand, in dem wir leben, garantiert. Das atomare Gleichgewicht ist garantiert durch das atomare Potential der Vereinigten Staaten, die ja nicht von ungefähr durch ihren Atomwaffensperrvertrag, den sie uns anempfehlen, höllisch darauf aufpassen, daß dieses atomare Gleichgewicht nicht gestört wird, auch nicht durch uns, ihre Verbündeten.
Meine Damen und Herren, nehmen sie das doch endlich einmal bei der Betrachtung von Trägerwaffen zur Kenntnis!
Weil die glaubhafte Abschreckung auf nuklearem Gebiet durch das Potential der Amerikaner vorhanden ist, bedarf es keiner Verstärkung durch deutsche Trägerwaffen, zumal es äußerst fraglich ist — Gott sei Dank; hoffentlich wird es immer fraglich sein —, ob wir sie jemals einsetzen könnten. Selbst wenn wir dazu gezwungen würden, wäre es noch fraglich, ob wir die Sprengköpfe, die wir nicht besitzen, dafür erhielten. Im ständigen Starren auf die nukleare Komponente der glaubhaften Abschreckung verlieren wir den Blick für die Notwendigkeit der Abschreckung in konventioneller Hinsicht. Herr Birrenbach hat doch erklärt, daß uns die konventionelle Unterlegenheit verpflichte, unser Augenmerk eben nur auf die atomare Komponente der Abschreckung zu richten mit der Folge,
daß jede Auseinandersetzung im atomaren Weltkrieg mit der totalen Vernichtung unserer — zumindest unserer — Substanz enden würde.
Herr Abgeordneter Birrenbach möchte dazu eine Frage stellen.
Bitte sehr.
Ich habe seinerzeit in der Debatte am 27. April erklärt, die Abschrekkung beruhe auf dem Gesamtspektrum aller Waffen, beginnend bei konventionellen, über die taktischen zu den strategischen Waffen. Von einer rein atomaren Komponente war nicht die Rede.
Herr Kollege Birrenbach, Sie haben vor wenigen .Minuten die Beibehaltung der Atomträgerwaffen mit der konventionellen Unterlegenheit, in der wir uns befinden, begründet. Darauf habe ich mich gerade bezogen.
— Nein, nein, ich weiß — —
Darf ich noch folgende Zusatzfrage stellen, die schon vorhin nicht beantwortet wurde. Wenn die westlichen Kräfte auf überlegene konventionelle Kräfte auf östlicher Seite treffen, was tun sie dann? Der Hinweis auf den Titel des Buches von Herrn von Guttenberg ist doch keine Antwort!
Herr Kollege Birrenbach, ich kann die konventionelle Unterlegenheit nicht aus der Welt schaffen, wenn ich mich nicht bemühe, konventionell in der Wirkungskraft gleichzuziehen.
Meine Damen und Herren, ich möchte Sie vor einem warnen: vor dem Zahlendenken. Starren Sie nicht immer auf die Divisionen, und starren Sie nicht immer auf die Zahlen! Wir erlebten jüngst ein Beispiel dafür, daß ein Volk bei bevölkerungsmäßiger Unterlegenheit und bei Unterlegenheit in der Anzahl seiner Waffen und seiner Ausrüstung einen glänzenden Sieg über überlegene Streitkräfte davongetragen hat. Die Zahl allein ist nicht ausschlaggebend.Nun hat sich ja seit 1956 einiges ereignet. Es ist eben eine veränderte Auffassung über die Möglichkeit, sich auseinanderzusetzen, und über die Anwendung gewisser Waffen spürbar geworden. Wir machen dem Verteidigungsministerium den Vorwurf, daß es aus der veränderten Verteidigungskonzeption — diesen Ausdruck muß ich leider gebrauchen, Herr Petersen; sie ist schon seit Kennedy spürbar, und alle Welt um uns herum außer wir selbst hat davon Kenntnis genommen — eben keine Schlußfolgerung gezogen hat.Seit einigen Wochen ist überaus deutlich geworden, daß innerhalb der NATO-Paktmächte die Überlegung Platz gegriffen hat, daß eine Auseinandersetzung in Mitteleuropa durchaus auch in konventioneller Art denkbar ist. Auf diese Auseinandersetzung haben wir uns in der Bewaffnung, in der Ausrüstung und in der Konzipierung unserer Bundeswehr einzustellen.
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5620 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967
OlleschWir würden gerade die Glaubhaftigkeit der Abschreckung gefährden, wenn wir nicht versuchten, auf konventionellem Gebiet das Versäumte nachzuholen.
Herr Petersen möchte noch einmal eine Frage stellen.
Herr Kollege Ollesch, haben Sie übersehen, daß wir spätestens seit 1961, seitdem also, wie Sie ganz richtig sagten, die Strategie der massive retaliation im Denken der Allianz immer mehr abgelöst wurde durch die Notwendigkeit, flexibel zu reagieren, im konventionellen Bereich enorme Anstrengungen gemacht haben? Auf der einen Seiten sagen Sie, man sollte die konventionelle Rüstung stärken, auf der anderen Seite aber wollen Sie die Wehrdienstzeit herabsetzen. Wie wollen Sie eigentlich diesen Widerspruch auflösen?
Herr Kollege Petersen, auch in diesem Teil sind Sie wohl den Ausführungen meines Kollegen Schultz nicht ganz gefolgt.
Er hat versucht, Ihnen darzutun, daß die Verkürzung der Wehrdienstzeit nicht zwangsläufig zu einer Schwächung unserer Wehrkraft führen müsse, und ich pflichte ihm bei, Herr Kollege Petersen. Sind Sie nicht der Meinung, daß durch eine verbesserte Ausbildung und durch eine verbesserte Ausnutzung der möglichen Zeiten eine höhere Intensität erreicht und damit bei kürzerer Wehrdienstzeit dasselbe Ergebnis erzielt werden kann, das wir heute haben? Ich sage es ganz deutlich, selbst wenn ich damit bei einigen Soldaten Unwillen erregen sollte: Ist es unbedingt notwendig, daß der Soldat jedesmal zu einem verlängerten Wochenende nach Hause fährt? Ist es nicht möglich, auch diese Zeit zu einer intensiven Ausbildung zu nutzen? Wäre nicht der Soldat damit einverstanden, wenn er wüßte, daß sich seine Gesamtdienstzeit dadurch verkürzt?
Zum anderen, Herr Kollege Petersen, besteht unsere Bundeswehr nur noch zur Hälfte aus Wehrpflichtigen, für die dieser Antrag in Frage käme. Unsere Marine und unsere Luftwaffe, die in einer Auseinandersetzung eine hervorragende Rolle zu spielen hätte — ich bezweifle, ob sie das zur Zeit wegen der Besonderheit ihrer Ausrüstung in dem Maße kann, wie es wünschenswert wäre —, können nur mit einem über 90%igen Anteil von Längerdienenden betrieben werden. Gerade zum Problem der Längerdienenden werde ich nachher in der gebotenen Kürze noch einiges sagen.
Ich glaube, es ist an der Zeit, daß wir von der veränderten Situation, in der wir leben, Kenntnis nehmen. Lassen Sie mich, Herr Kollege Petersen, auf ein Erlebnis zurückkommen, das wir beide gemeinsam anläßlich unserer Reise in die Vereinigten Staaten hatten. Sie haben ja den Bericht gefertigt. Ihnen ist es nicht entgangen — der Bericht weist das aus —, daß der amerikanische Verteidigungsminister McNamara uns ausdrücklich darauf hingewiesen hat, daß der Starfighter durchaus auf den konventionellen Typ umzurüsten sei, sogar unter verhältnismäßig geringen Kosten.
Wenn er das so expressis verbis ausspricht, wenn er das so betont, dann verstehe ich nicht, warum Sie entgegen der Erkenntnis in der Welt um Sie herum den veränderten Auftrag in bezug auf Ausrüstung und Ausbildung unserer Bundeswehr nicht zur Kenntnis nehmen wollen.
Herr Petersen will noch eine Frage stellen.
Ich habe nichts dagegen.
Herr Ollesch, erinnern Sie sich nicht daran, daß gerade in diesem Gespräch der amerikanische Verteidigungsminister McNamara auf unsere Frage nach dem strike-Auftrag der deutschen Bundeswehr sagte, er sei mißverstanden und falsch zitiert worden, als man ihm unterstellt habe, er sei dafür, einen großen Teil der deutschen Starfighter aus der atomaren Aufgabe herauszuziehen, im Gegenteil, er habe lediglich auf eine „dual capacity" — ich erinnere mich genau an seinen Ausdruck — hinweisen wollen?
Herr Kollege Petersen, er hat aber auch darauf hingewiesen, daß das amerikanische Atomwaffenpotential in Europa mehr als ausreichend sei, um allen Erfordernissen begegnen zu können.Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, mich nunmehr einem anderen Problem zuwenden zu dürfen. Mein Kollege Jung wird durchaus bereit sein, über Potentiale und über Verteidigungskonzeptionen Ihnen noch ausführlich Antwort zu geben. Wir scheuen die Diskussion nicht. Das haben die letzten Tage der zweiten Beratung des Haushalts 1967 bewiesen.In der Debatte über den Einzelplan 04, Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes, hat unser Fraktionsvorsitzender, Herr .von Kühlmann-Stumm, am 7. Juni 1967 gefragt: Welche Vorstellungen hat die Bundesregierung bezüglich des Organisationsgesetzes über die Landesverteidigung? Seit der Verteidigungsdebatte — das fügte er hinzu — im Herbst letzten Jahres wartet die Bundeswehr auf ein klares Wort zur Spitzengliederung.
Nicht nur die Bundeswehr wartet auf ein klares Wort zur Spitzengliederung und auf die Vorlage eines Gesetzes zur Organisation unserer Landesverteidigung. Der ganze Bundestag wartet auf die Vorlage. Der Herr Kollege Berkhan hat in seiner Rede das Problem noch vor mir angesprochen. Es ist nicht nur ein Wunsch der Abgeordneten dieses Hauses und speziell der Abgeordneten im Verteidigungsausschuß. Die Vorlage des Gesetzes ist zwingend geboten durch das Gesetz über die Rechtsstellung der Soldaten. Dort heißt es im § 66, daß die Organisation der Verteidigung, insbesondere die Spitzen-
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967 5621
Olleschgliederung der Bundeswehr und die endgültige Organisation des Bundesministeriums der Verteidigung, einer besonderen gesetzlichen Regelung vorbehalten bleibt. Unsere Forderung nach Vorlage eines Organisationsgesetzes ist also nicht nur in den Erfordernissen der Zeit begründet, über die hier gleich noch etwas zu sagen ist, sondern auch durch zwingende gesetzliche Vorschriften geboten.
Nun hat es in der Vergangenheit schon zwei Gesetzentwürfe gegeben. Der erste wurde am 26. April 1956 vorgelegt. Er wurde nicht verabschiedet. Der zweite Entwurf wurde am 18. Juni 1965 vorgelegt. Auch er kam nicht zur Verabschiedung. Aber, meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf vom 18. Juni 1965 wurde nicht aus der Erkenntnis des ,damaligen Verteidigungsministers heraus vorgelegt, daß es nunmehr an der Zeit sei, die Spitzengliederung des Ministeriums und der Bundeswehr gesetzlich zu fixieren, sondern auf Grund langer Auseinandersetzungen hier im Hause und im Verteidigungsausschuß. Grundlage dieser Auseinandersetzungen war der Entschließungsantrag der Freien Demokraten, der bei der dritten Lesung des Haushaltsgesetzes 1964 eingebracht wurde und der abschließend am 20. und 21. Januar 1965 behandelt wurde.Sie erinnern sich sicherlich noch dieser Debatten. Es war der Tag, an dem sich der damalige Verteidigungsminister von Hassel lebhaft mit dem Kollegen Wienand wegen eines Artikels, der in einer Illustrierten erschienen war, über Probleme der Bundeswehr auseinandersetzte, die uns auch heute noch berühren. Als Fazit konnte man aus den Erklärungen des Bundesverteidigungsministers von Hassel entnehmen, daß er sich nunmehr Gedanken über eine ,zweckmäßige Organisation der Landesverteidigung machen wollte. Es kam zu einem einmaligen, einstimmigen Beschluß des Bundestages mit dem Ziel, ein Organisationsgesetz bis zum 1. 4. 1965 vorzulegen. Es kam dann zur Vorlage. Das Schicksal des Entwurfs ist bekannt.In der Zwischenzeit war der Minister auf dem Sektor Organisationsgesetz nicht mehr tätig, aber er war nicht untätig in der Herausgabe von Erlassen innerhalb des Ministeriums über zweckmäßige Organisationsformen. Wir kennen einige Erlasse, in denen das ursprüngliche Nebeneinander von selbständigen militärischen und zivilen Abteilungen —elf waren es insgesamt — beseitigt wurde. Es hat einen weiteren Erlaß gegeben, in dem die Abteilungen unter einer Spitze zusammengefaßt wurden, die militärischen Abteilungen unter dem Generalinspekteur und die zivilen Abteilungen unter einem benannten Stellvertreter des Staatssekretärs. Schließlich und endlich: Als es feststand, daß der letzte Gesetzentwurf vom 18. Juni 1965 nicht mehr zum Zuge kommen würde, hat er in einem Erlaß vom 29. Juli 1965 eine Organisationsform gefunden, die im Grunde genommen noch bis heute besteht, nämlich die Gliederung des Verteidigungsministeriums in drei Hauptabteilungen: eine militärsche unter einem Generalinspekteur und zwei zivile.So gingen die Dinge weiter. Die Diskussion kam erst wieder auf, als hier im Hause die Vorgänge, über die Generalsrücktritte in der Bundeswehr diskutiert wurden. Als Folge dieser harten Auseinandersetzungen schlug der damalige Verteidigungsminister von Hassel eine Weiterentwicklung seines ehemaligen Gesetzentwurfes mit dem Ziel vor, einen durchgehenden Befehls- und Kommandostrang vom Generalinspekteur bis zum Kompaniechef einzurichten, den die Politiker als Folge der damaligen Generalskrise gefordert hatten. Daneben sollte ein Personal-Board bei der Bundeswehr eingerichtet werden. Es wurde versprochen, daß die Haushaltstitel für Flugzeugerhaltung in die Verantwortung des Führungsstabs der Luftwaffe übergehen sollten. Es wurde ein Systembeauftragter mit besonderen Vollmachten bestellt, und es wurde uns versprochen, daß der Entwurf des Organisationsgesetzes vom Juni 1965 überprüft werde mit dem Ziel, den Wünschen der Politiker näherzukommen. Es hat zustimmende Erklärungen für die Notwendigkeit der Vorlage eines Organisationsgesetzes in Hülle und Fülle gegeben. Der Herr Bundeskanzler Erhard hat sich in dem Sinne geäußert. Der Kollege Schmidt hat sich in dem Sinne geäußert und darauf hingewiesen, daß die SPD ihrerseits seit längerem schon ein Organisationsgesetz gefordert habe.Inzwischen ist es still geworden um das Organisationsgesetz. Sicherlich, die Umbildung der Regierung, die Übernahme des Amtes durch einen neuen Minister mag eine gewisse Verzögerung erklären. Aber immerhin sind nunmehr fast sieben Monate ins Land gegangen, und wir waren auf die Vorlage eines solchen Gesetzes, nicht, weil wir der Auffassung sind, daß man alles, was es an Schwierigkeiten in der Bundeswehr bisher gegeben hat und was es demnächst sicher noch geben wird, mit einem Organisationsgesetz aus der Welt schaffen könne; nein, sondern weil wir an der Gestaltung einer zweckmäßigen Organisation unserer Bundeswehr beteiligt werden wollen.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dorn? — Bitte, Herr Dorn.
Herr Kollege Ollesch, sind Sie der Meinung, daß gerade das, was Sie vorgetragen haben, ein klassisches Beispiel für die Fortführung der alten Politik dieser Koalition ist?
Herr Kollege Dorn, ich will nicht ganz so weit gehen wie Sie. Ich verkenne nicht, daß einige Fortschritte gemacht worden sind.
— Na ja, Herr Kollege Damm, wir unterscheiden uns in unserer Fraktion noch in Nuancen. Das ist bei uns noch möglich. Bei Ihnen scheint das ja sehr fraglich zu sein.Nein, Herr Kollege Dorn, es sind Fortschritte gemacht worden.
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5622 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967
OlleschEs ist ein Parlamentarischer Staatssekretär beispielsweise in diesem Ministerium bestellt worden. Aber, meine Damen und Herren, ich fürchte, daß der Parlamentarische Staatssekretär die Schwierigkeiten der Organisation nicht überwinden kann. Ich habe hier nämlich eine Dienstanweisung über den Parlamentarischen Staatssekretär. Aus dieser Anweisung kann man auch mit der Lupe nicht erkennen, daß er jemals dazu von der Stellung her in der Lage sein könnte.
Wir warten also auf das Organisationsgesetz, weil, wie gesagt, die Bestellung des Parlamentarischen Staatssekretärs die Schwierigkeiten nicht überwinden kann. Die Notwendigkeit, ein solches Organisationsgesetz vorzulegen, zu beraten und zu verabschieden, wird uns in der nächsten Zeit noch einmal beschäftigen; denn in dem Bericht des Berichterstatters über die Untersuchungen des Verteidigungsausschusses über die sogenannten Vorgänge in der Bundeswehr werden die damals deutlich sichtbar gewordenen Schwierigkeiten mit der Bundeswehrführung nicht zuletzt auf das Fehlen einer vernünftigen, klar gegliederten Organisation innerhalb dieses Mammutministeriums zurückgeführt.Wir warten also, meine Damen und Herren; wir warten, Herr Minister. Wir haben noch zwei Jahre Zeit bis zum Ende der Legislaturperiode. Wir wollen nicht hoffen, daß uns Ihr Entwurf erst vier Wochen vor der Neuwahl dieses Bundestages erreicht, mit dem gleichen Ergebnis, das die alten Entwürfe erlitten haben.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zu einem anderen Problem übergehen. Wir haben Ihnen einige Entschließungen vorgelegt, die sicherlich erst in der dritten Lesung behandelt und abgeschlossen werden, die aber in der zweiten Lesung begründet werden. Unter diesen Entschließungen befindet sich neben dem Wunsch auf baldige Vorlage eines Organisationsgesetzes wieder einmal der Wunsch, die Bundesregierung möge sich um das Laufbahnrecht der Unteroffiziere kümmern und möge uns bis zum Ende des Jahres 1967 einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen.Es ist vorhin bei der Beantwortung der Rede unseres Kollegen Schultz und bei der Behandlung unserer Absicht, die Wehrdienstzeit zu verkürzen, darauf hingewiesen worden, daß eine Verkürzung eine Schwächung unserer Verteidigungskraft bedeute. Wir haben entgegnet, daß wir durch bessere Ausbildungsmethoden und Ausbildungsverfahren einer solcheen Wirkung der verkürzten Dienstzeit begegnen können, wenn wir nur die richtigen Maßnahmen dazu einleiten.Meine Damen und Herren, es ist Ihnen allen nicht unbekannt, daß die Stellung der heutigen Unteroffiziere äußerst unbefriedigend ist. Der zuständige Berufsverband, der Deutsche Bundeswehrverband, hat seit Jahr und Tag eine Änderung der Laufbahnvorschriften und die Einrichtung einerdritten oder vierten Laufbahn gefordert. Ich bin der Auffassung, daß das, was bei der Aufstellung der Bundeswehr vor zehn Jahren einmal richtig war, heute nicht mehr unbedingt der Weisheit letzter Schluß sein muß. Sicher, wir haben damals auf kriegsgediente Unteroffiziere zurückgreifen müssen, die gesetzteren Alters waren, und gerade diese Jahrgänge bereiten uns heute hinsichtlich einer gerechten Regelung dieser Laufbahn die größten Schwierigkeiten.Nun haben wir ebenso wie bei den Offizieren auch bei den Unteroffizieren neben dem Soldaten auf Zeit den Soldaten auf Lebenszeit. Je nachdem, welchen Dienstgrad er erreicht, dient ein Unteroffizier auf Lebenszeit bis zum 52. oder bis zum 60. Lebensjahr. Der Dienstgrad des Hauptfeldwebels, mit welchem ein Berufsunteroffizier normalerweise mit 52 Jahren ausscheidet, wird nach einer Gesamtdienstzeit von acht bis zwölf Jahren erreicht, der Dienstgrad eines Stabsoberfeldwebels nach einer Gesamtdienstzeit von 16 bis 20 Jahren. Ein Unteroffizier ist, wenn er diesen Dienstgrad erreicht, normalerweise 35 oder 40 Jahre alt. Er behält dann diesen Dienstgrad bis zum Ende seiner Laufbahn, ohne nochmals befördert zu werden. Es ist doch zu begreifen, daß ein solcher Mann dann nicht mehr der aufgeschlossenste sein kann, daß er sich hauptsächlich Gedanken über seine Versorgung, sein Gehalt, seine Familie und seine Familienheimfahrten macht, da diese Probleme in dem vorgerückten Alter für ihn doch im Vordergrund stehen.Ich meine, daß wir uns zu einer Änderung des Laufbahnrechtes entschließen müßten.
Es bieten sich verschiedene Wege an. Man kann natürlich den Vorstellungen des Bundeswehrverbandes folgen, der eine dritte oder vierte Sonderlaufbahn für diese Unteroffiziere vorsieht. Es hat ja auch eine Kabinettsvorlage gegeben, die auf diese Überlegungen aufbaute; auch sie ist leider ein Opfer des Regierungswechsels geworden und nicht mehr aufgetaucht.Auf unsere Kleine Anfrage vom 24. Mai 1967, ob eine Änderung des Laufbahnrechtes beabsichtigt sei, wurde geantwortet, daß die Erstellung einer solchen Vorlage wegen ihrer beamtenrechtlichen und finanziellen Auswirkungen recht schwierig sei und daß auch der Umfang des Gesetzgebungsvorhabens zu groß sei; deshalb sei eine Übereinstimmung unter den beteiligten Ressorts bisher nicht erzielt worden. Nun frage ich mich: Der vorige Verteidigungsminister hat eine kabinettsreife Vorlage gehabt. War denn da die Übereinstimmung schon erzielt? Und wenn ja, warum ist sie heute nicht zu erreichen?Wenn es so ist, wie allerorten festgestellt wird, daß die Stellung des Soldaten eine Stellung eigener Art und mit der Stellung des Beamten schlechthin nicht vergleichbar ist— und Äußerungen in dieser Hinsicht liegen von allen politisch Verantwortlichen vor, angefangen vom Bundeskanzler über die jeweiligen Verteidigungsminister bis hin zu den Abgeordneten, die bei den jeweiligen Fachtagungen sprechen —: warum findet dann diese nicht ver-
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Olleschgleichbare Stellung der Soldaten, speziell der Unteroffiziere, nicht ihren Niederschlag in einer geänderten Laufbahnordnung, die den Gegebenheiten der heutigen Zeit mit ihren veränderten technischen Anforderungen entspricht?
Wir meinen, daß die 150 000 Unteroffiziere, die wir ausweisen, Anspruch darauf haben, daß man ihre Leistung entsprechend wertet, dienstgradmäßig wie finanziell; wobei das Finanzielle durchaus nicht das Ausschlaggebende ist; das weiß ich als früherer Oberfeldwebel der früheren deutschen Wehrmacht aus Erfahrung. In jungen Jahren spielen die finanziellen Dinge, die Gebührnisse, nicht dieselbe Rolle wie der Aufgabenbereich und der Dienstgrad, den zu erreichen man in der Lage ist. Ich glaube, wir kämen aus dem Fehl an Unteroffizieren heraus, wenn wir uns ernsthaft Gedanken über ein verändertes Laufbahnrecht machten, die ihren Niederschlag in Gesetzesform fänden.Lassen Sie mich auf meinen Lieblingsvorschlag noch einmal zurückkommen. Wir haben am 12. Januar 1967 in einer Kleinen Anfrage danach gefragt, wieviele Offiziere und Unteroffiziere der Bundeswehr Antrag auf einen Zulassungsschein zur Übernahme in die bundeseigene Verwaltung gestellt haben, und wir haben darüber hinaus gefragt, ob die Einführung einer Maßnahme, wie sie etwa dem früheren Zivilversorgungsschein entspricht, notwendig ist. Wir haben zur Antwort erhalten, daß die ausgewiesenen Zahlen eine solche Notwendigkeit nicht als gegeben erscheinen lassen. Nun, das mag sein. Trotzdem bin ich der Meinung, daß wir den dienstfreudigsten Unteroffizier erhalten würden, wenn wir zu der Art des Berufsunteroffiziers früherer Zeiten zurückkehrten, zum zwölf oder fünfzehn Jahre dienenden Unteroffizier,
mit dem Abgang nach dieser Zeit, nach entsprechender Ausbildung, in die Bundeswehrverwaltung oder in die öffentliche Verwaltung.
Ich kann nicht glauben, daß die Abfindungen, die wir zahlen — die, das gebe ich zu, beträchtlich sind —, einen jungen Menschen veranlassen können, auf wesentliche Teile seines Lebens und der Ausbildung zu verzichten. Das kann ich mir einfach nicht vorstellen. Von da her mag es auch kommen, daß es so schwer ist, die nötige Zahl von Freiwilligen zu bekommen.Ich bin allerdings der Auffassung, daß die Anforderungen für den Beruf eines Unteroffiziers höher gesetzt sein müßten, als es heute der Fall ist. Kommen Sie mir nun nicht mit der Antwort: „Dann bekommen wir ja noch weniger!". Es ist in der Auseinandersetzung um den Lehrermangel immer der Wunsch beispielsweise der Gewerbelehrer gewesen, eine Universitätsausbildung zu erhalten und von da her in einen höheren sozialen Status zu kommen. Das Ziel, Gewerbeoberlehrer zu werden, wird natürlich, wenn Hochschulausbildung gefordert ist, erschwert. Trotz dieses Erschwernisses werden Sie, weil die Bewerber die höhere gesellschaftliche Einstufung erstreben, eine größere Zahl von Bewerbern bekommen als bei geringeren Anforderungen. Ich bitte den Bundesverteidigungsminister und auch die Damen und Herren hier im Hause, sich einmal über das Problem Gedanken zu machen.Ich darf Sie bitten, in der dritten Lesung unsere Entschließungsanträge, wie Herr Kollege Berkhan dankenswerterweise für seine Fraktion schon vorgeschlagen hat, dem Verteidigungsausschuß zur weiteren Beratung zu überweisen.
Das Wort hat der Abgeordnete Kiep.
Herr Präsident! Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir wenige kurze Bemerkungen zu einigen Ausführungen der Herren Vorredner.
Die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Schultz werden wir im Verteidigungsausschuß in aller Ausführlichkeit zu diskutieren Gelegenheit haben; Ausführungen dazu erübrigen sich daher an diesem Platz und zu dieser Stunde.
Wir haben in der vergangenen Woche im Übermaß Gelegenheit gehabt, hier in diesem Hause die Weisheiten und die Erfahrungen der FDP in geballter Form über uns niedergehen zu lassen. Ich möchte nur meinen, daß es manchmal etwas schwierig war, auf diese Fragen zu antworten. Denn sie erinnerten mich an den Typ von Fragen, der in der englischen Diskussion als ausgesprochen unfair gilt und nicht zugelassen wird, der Fragen nämlich, die man durch die Frage kennzeichnet: Haben Sie aufgehört, Ihre Frau zu schlagen? Wenn man darauf nämlich ja sagt, ist man dran; wenn man nein sagt, ist man auch dran. Hier hat nun die FDP gefragt: Habt ihr etwa noch die alte Politik weitergeführt? Wenn wir ja sagten, dann hieß es, wir sind unmodern, wir erkennen die Zeichen der Zeit nicht. Sagen wir, wir haben unsere Politik geändert, dann heißt es, damit haben wir den Beweis geliefert, daß wir jahrelang die falsche Politik getrieben haben.
Gestatten Sie eine Frage des Abgeordneten Dorn?
Sehr verehrter Herr Kollege, sollte Ihnen entgangen sein, daß diese Frage, ob Fortsetzung der alten Politik oder neue Politik, eigentlich auf Ihrem Parteitag in Braunschweig von Ihren eigenen Parteifreunden permanent gestellt worden ist?
Unser Parteitag hat sich bemüht, in einer Diskussion die bewährten Elemente der alten Politik zu überprüfen und neue zu diskutieren, und hat sich auf eine neue Linie geeinigt.
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5624 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967
KiepIch wünsche allen Ihren Parteitagen einen ähnlichen Erfolg.
Ich möchte im übrigen nur noch sagen, um auf die Bemerkung von Herrn Ollesch zurückzukommen, daß die FDP nur eine kleine Partei sei: Wenn man den Redeaufwand in der vergangenen Woche hier in diesem Hause einmal addieren würde, dann müßte nach dem Aufwand an Reden die FDP die absolute Mehrheit in diesem Hause haben.
Gestatten Sie eine Frage des Abgeordneten Genscher?
Herr Kollege, würden Sie mir zugeben, daß das Verhältnis der Redezeiten von Opposition einerseits und Regierungskoalition andererseits wohl auch damit zu erklären ist, daß die meisten Mitglieder der Bundesregierung für die Verlautbarung ihrer Auffassungen nicht das Parlament, sondern Pressekonferenzen, Rundfunk und Fernsehen bevorzugen?
Ich glaube, es ist überflüssig, Herr Kollege, daß Sie mir diese Frage stellen. Sie waren ja bis vor kurzem an der Regierung beteiligt und haben da diese Praxis wohl selber miterlebt.
Ich möchte aber noch ein ganz kurzes Wort zu den Ausführungen des Kollegen Schultz sagen, und zwar zu seinen Bemerkungen über die Möglichkeit einer Verkürzung des Wehrdienstes in der Bundeswehr. Ich glaube, es ist hier jetzt nicht der Platz, in aller Ausführlichkeit über die militärtechnischen Folgen eines solchen Schrittes zu reden. Ich möchte nur ganz kurz einmal auf die psychologische Situation hinweisen, in der wir heute hier einen solchen Schritt diskutieren.
Unsere amerikanischen Verbündeten, von denen ja ganz wesentlich die Stärke und die Zukunft unseres Bündnis abhängt, befinden sich durch die bekannte Situation in der Welt in einer außerordentlich schwierigen Lage mit einem starken Engagement in Europa und im Fernen Osten. Die Schwierigkeit dieser Situation hat sich ausgedrückt in den Verhandlungen zwischen der britischen, der deutschen und der amerikanischen Regierung in den Angelegenheiten des Devisenausgleichs. Sie wissen, daß hier ein Kompromiß gefunden worden ist, der es den Amerikanern ermöglicht, mit gewissen Einschränkungen ihr derzeitiges Engagement in Europa zu halten. Die Position des amerikanischen Dollars ist durch eine Auslandsverschuldung von 30 Milliarden bei einem Goldbestand von 14 Milliarden außerordentlich prekär. Die Amerikaner haben diese Situation nicht durch eine leichtsinnige Politik erreicht, sondern sind in Verfolg ihrer weltweiten Verpflichtungen in diese Lage gekommen. In einer
Situation, in der für Amerika das militärische Engagement an allen Stellen der Erde ständig größer wird und in der auch von uns ständig ein größeres Engagement gefordert wird, würde eine Verkürzung der deutschen Wehrdienstzeit mit Sicherheit die Diskussion über den Truppenabzug in aller Schärfe neu entbrennen lassen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß in einem Wahljahr ein amerikanischer Präsident diesem Druck noch widerstehen könnte, dem sich heute immerhin schon 43 Senatoren seiner eigenen Partei angeschlossen haben. Wir sollten schon aus diesem Grunde bei der Diskussion dieses Themas auch die psychologischen Momente nicht vergessen.
Der Kollege Berkhan hat — ich möchte das im Zusammenhang mit den Bemerkungen über Amerika erwähnen — davon gesprochen, daß wir im Rahmen der Rotation — ich glaube, die meinten Sie, als Sie von der Zukunft, von einer gewissen Verminderung der amerikanischen und britischen Truppen in der Bundesrepublik sprachen —, im Rahmen der Verminderung den Versuch machen sollten, eine gewisse Reziprozität vom Osten zu erzielen. Oder habe ich Sie da falsch verstanden, Herr Kollege Berkhan? — Bitte schön!
Eine Zwischenfrage.
Herr Kollege Kiep, darf ich Sie fragen, ob Sie bereit sind, zur Kenntnis zu nehmen, daß ich befürchte, daß neben der Rotation, die ich nicht als eine Verminderung, sondern als eine Umstationierung sehe, andere Rückzüge in kommenden Jahren zu erwarten sind?
Ich bin der Meinung, Herr Kollege Berkhan, daß ein weiterer Rückzug von USA-Truppen, der über diese Rotation, die ja kein Rückzug in dem Sinne ist, hinausgeht, sicherlich mit von unserem Verhalten in der Zukunft abhängen wird. Ich wollte nur darauf hinweisen — diese Mißverständnisse sind wohl gelegentlich entstanden —, daß diese Rotation als solche uns keine Gelegenheit gibt, hier Reziprozität von der Sowjetunion für diese Verminderung von Truppen zu fordern, wenn auch die Rotation in gewisser Beziehung den Charakter eines Abzuges von Truppen hat. Wir werden nämlich, wenn diese Rotation nicht sehr häufig stattfindet, doch gewisse Schwierigkeiten haben, im Falle einer Krise die .Rückführung dieser Truppen durchzuführen, weil der damit verbundene eskalierende Effekt sicherlich eine gewisse abschreckende Wirkung auf die westliche Verteidigungsplanung haben wird.Erlauben Sie mir noch, auf einige wenige Bemerkungen des Herrn Kollegen Ollesch einzugehen. Herr Kollege Ollesch, ich glaube, Sie haben Herrn Dr. Birrenbach grundsätzlich mißverstanden. Ich habe auch das Gefühl, Sie haben Herrn Petersen ebenfalls mißverstanden, und ich habe obendrein das Gefühl, daß Sie auch den Herrn Bundesverteidigungsminister mißverstanden haben. Was hier gesagt worden ist — und wiederholt gesagt worden
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967 5625
Kiepist —, ist doch folgendes. Die Abschreckungskraft des Bündnisses ist nach unserer Ansicht nur dann gegeben, wenn sie sowohl aus konventionellen als auch aus nuklearen Komponenten besteht. Es ist hier niemals gesagt worden, daß Abschreckung nur konventionell oder nur nuklear sein sollte. Ich möchte das, um Mißverständnisse zu vermeiden, doch einmal in aller Deutlichkeit klarstellen.Ich möchte weiterhin folgendes richtigstellen. Der Bundesverteidigungsminister und auch andere Redner meiner Fraktion, Herr Kollege Ollesch, haben niemals gesagt, daß die nukleare Steigerung bei einem konventionellen Angriff sofort eintreten muß. Sie haben das mißverstanden. Wir haben lediglich gesagt, daß, um das Risiko für den Gegner unkalkulierbar machen zu können, diese nukleare Möglichkeit im Hintergrund stehen muß. Der Vergleich, Herr Kollege, den Sie mit der Situation im Nahen Osten gefunden haben, zieht wohl nicht ganz. Sie gehen nämlich von einer ganz anderen Voraussetzung aus. Dort stehen sich zwei konventionell gerüstete Gegner gegenüber, von denen keiner über eine nukleare Kapazität verfügt.Zum Schluß noch eine letzte Bemerkung, Herr Kollege Ollesch. Sie zitierten eine Bemerkung des amerikanischen Verteidigungsministers McNamara über die nukleare bzw. konventionelle Kapabilität der F 104. Ich kann. Ihnen aus eigener Erfahrung und eigenen Gesprächen sagen: ,der Verteidigungsminister McNamara hat stets darauf hingewiesen, daß nach seiner Meinung ,die F 104 — ebenso wie andere zukünftige Waffensysteme der Bundeswehr — unter allen Umständen die Kapabilität für beides haben müsse. Er hat aber niemals gefordert, darauf hingewiesen oder angeregt, daß die Bundesluftwaffe eines der beiden ablegen soll und z. B. nur konventionell tätig sein soll.Ich glaube — und damit komme ich zum Schluß —, daß die Frage der Verteidigung und des Verteidigungshaushalts in unserem Lande in diesen Tagen und Wochen einmal mit aller Deutlichkeit dargestellt werden sollte. Man sollte meines Erachtens darauf hinweisen, daß unser Beitrag zum Nordatlantischen Bündnis im Augenblick an der unteren Grenze angekommen ist und daß eine weitere Kürzung dieses Etats nicht möglich erscheint. Ich glaube — das gilt jetzt nicht nur für den Verteidigungshaushalt, sondern das gilt für eine Reihe von anderen Titeln in unseren staatlichen Ausgaben —, daß sich bei uns durch bestimmte Entwicklungen der Vergangenheit eine Diskrepanz zwischen den politischen Zielen und den Mitteln, die wir dafür einzusetzen bereit sind, ergeben hat und daß diese Tatsache die Möglichkeiten der deutschen Politik auf allen Gebieten in der Zukunft außerordentlich erschweren wird.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Herold.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wollte eigentlich nur einige Bemerkungen zum gestellten Antrag machen. Aber gestatten Sie mir, daß ich zunächst noch etwas zu den letzten Ausführungen einiger Redner sage.Wenn es darum geht, festzustellen, ob die alte Politik fortgesetzt werde oder ob das schon eine neue sei, dann erheitert es meine 'Freunde und mich immer etwas, wenn man davon spricht. Denn wenn es noch die alte Politik wäre, wären Sie, meine sehr verehrten Kollegen der FDP, und die Kollegen der CDU/CSU ja immer noch in einer Regierung. Allein das zeigt doch — —
— Das ist schon ein Argument. Das wollte ich nur sagen. Dann brauchten wir uns keinerlei Gedanken darüber zu machen, warum sich der Planungsstab und die NATO-Ministerratskonferenz mit neuen Plänen befassen. Das allein zeigt doch, daß einiges im Fluß ist.Wir Sozialdemokraten waren immer der Auffassung, daß unsere Verteidigungspolitik nur eine Komponente unserer Außenpolitik der Entspannung in Europa ist und ihr dienen soll. Wir sind deshalb — das darf ich hier ganz offen sagen — gegen jedes Vorprellen auf Einzelgebieten. Wir müssen noch einmal feststellen, daß über wesentliche Verringerungen der Zahl unserer Streitkräfte nur im Rahmen von internationalen Verhandlungen gesprochen werden sollte. Ich darf auch in diesem Zusammenhang an den Punkt 2 c unserer sozialdemokratischen Leitsätze für die Koalitionsverhandlungen im vergangenen Jahr erinnern:Die Bundesregierung muß in konsequenter Fortsetzung der Friedensnote vom März 1966 Vorschläge für die Reduzierung der Streitkräfte in Ost und West auf der Basis von Gleichwertigkeit und Gleichartigkeit machen. Als Beginn eigener Vorschläge zur Rüstungsverminderung in Ost und West muß die Bundesregierung zum Einfrieren der Stärke der Bundeswehr auf den augenblicklichen Stand bereit sein.Der Ausbaustopp unserer Streitkräfte wurde inzwischen erreicht. Die Herabsetzung der Wehrpflichtzeit von 18 Monaten auf 12 Monate in der gegenwärtigen Situation bedeutet aber zweifellos eine risikoreiche Vorleistung. Wir müßten die Gesamtzahl der Bundeswehr sofort auf 400 000 Mann herabsetzen. Es gibt nach meiner Meinung einfach keinen anderen Weg. Wenn wir bei der gegenwärtigen Stärke der Truppe bleiben wollen, bedeutet das nämlich eine Erhöhung der Zahl der Wehrpflichtigen pro Jahrgang um etwa 60 000 Mann. Eine höhere Einziehungsquote würde uns im Augenblick vor kaum lösbare Probleme stellen. Die Jahrgangsstärke der neu zum Wehrdienst Heranstehenden ist jetzt schon gering. Sie geht in den nächsten beiden Jahren noch weiter zurück. Wahrscheinlich würde ein Rückgriff auf ältere Jahrgänge nötig werden. Gleichzeitig würde die Ausbildungsorganisation stark ausgeweitet werden müssen, damit sie dem schnellen Durchlauf der Wehrpflichtigen gewachsen ist. Wenn wir bedenken, daß der Bundeswehr noch immer 5000 Offiziere, 1600 Sanitätsoffiziere und 42 000 Unteroffiziere fehlen, ist leicht zu erkennen, woran eine Ausweitung der Ausbildungskapazität
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Heroldscheitern würde. Sehr geehrter Herr Kollege Ollesch, ich bin der Meinung — und auch Sie haben ja diese Erfahrungen im Verteidigungsausschuß gemacht —, daß diese Lücke nicht allein durch eine Laufbahnverordnung zu schließen ist.Ich wende mich auch in diesem Zusammenhang, Kollege Ollesch, gegen den Plan, eine Automatik des Versorgungsscheins von Anno dazumal in die Diskussion zu bringen. Ganz abgesehen von diesen Dingen glaube ich, daß es auch bedenklich wäre, die Überbeanspruchung des Ausbildungspersonals fortzusetzen. Weiter müßten neue Ausbildungseinheiten aufgestellt werden, für die eine Grundausstattung zusätzlich benötigt wird.Eine Erhöhung der Einziehungsquoten der Wehrpflichtigen verbietet sich somit aus manchen Gründen. Aber abgesehen von den außen- und sicherheitspolitischen Voraussetzungen, die gegen die zahlenmäßige Herabsetzung der Bundeswehr als isolierte Maßnahme sprechen, sollte folgendes bedacht werden. Wer die zahlenmäßige Herabsetzung der Truppenstärken über das Wehrpflichtgesetz anstrebt, muß gleichzeitig ausgereifte Vorschläge zur Strukturreform der gesamten Bundeswehr machen. Die gegenwärtige Gliederung mit 12 Heeresdivisionen, 7 Luftwaffendivisionen und zahlreichen Verfügungs- und Sondertruppen ist dann nicht aufrechtzuerhalten. Wir können es uns angesichts der militärischen Situation in Europa einfach nicht leisten, personell ungenügend ausgestattete Rahmenverbände zu unterhalten, die von der Einsatzbereitschaft weit entfernt sind.Es muß auch davon ausgegangen werden, daß alle Spezial- und hochtechnisierten Verbände in Zukunft ausschließlich aus Zeit- und Berufssoldaten bestehen müssen, da für den Dienst in ihnen eine zwölfmonatige Ausbildung nicht ausreicht.Zu beantworten ist ferner die Frage, welchen Rang die Territorialverteidigung bei der Verminderung stehender Truppen einnehmen soll und woher vor allen Dingen die Kader genommen werden sollen. Ich glaube, damit einige Probleme angesprochen zu haben, die zeigen, daß eine Herabsetzung der Wehrpflichtdauer in größeren Zusammenhängen gesehen und beraten werden muß. Die Diskussion darüber — das sagte mein Kollege Berkhan schon — ist für mich und für meine Fraktion kein Tabu und braucht es auch nicht zu bleiben. Aber durch sie werden Fragen aufgeworfen, die sich auf die gesamte Struktur und Gliederung der Bundeswehr be ziehen und die von außerordentlicher außenpolitischer Tragweite sind.Wir sind deshalb damit einverstanden, daß der Antrag nicht nur an den Verteidigungsausschuß, sondern auch an den Auswärtigen Ausschuß überwiesen wird; denn an diese Beratungen muß sich eine Diskussion anschließen; wir müssen diese Diskussion haben. Es geht vor allen Dingen darum, einige Hauptgesichtspunkte zu klären, nämlich 1. die Aufgaben der Bundeswehr und ihre Rolle im Rahmen der NATO-Gesamtverteidigung, 2. die Reform ihrer Gliederung, um eine rationelle und effektive Struktur zu erreichen, 3. die finanziellen Möglichkeiten unseres Staates bei sorgfältiger Durchleuchtung der Bundeswehrkosten nach modernen betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten und 4. die Funktion der Bundeswehr in einer Außenpolitik, die auf Entspannung, Rüstungsverminderung und ein europäisches Sicherheitssystem hinzielt.Wir sind allerdings der Meinung, daß uns die Bundesregierung und der verantwortliche Bundesminister ihre Vorstellungen so schnell wie möglich bekanntgeben sollten. Was heute gesagt worden ist, ist meinen Freunden und mir zu wenig, um die Diskussion in der Öffentlichkeit über eine neue Verteidigungskonzeption zu führen. Ein neues Durchdenken für die Bundeswehr ist notwendig. Welche Aufgaben die Bundeswehr in Zukunft zu erfüllen haben wird, ob sie hierzu umstrukturiert oder anders organisiert werden sollte, ob die Wehrpflicht herabzusetzen ist, ob sich neue rüstungstechnische oder ausbildungsmäßige Schwerpunkte ergeben müssen, kann nur im Dialog von Parlament und Regierung in sorgfältigen Ausschußberatungen geklärt werden.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Jung.
Herr Präsident! Meine sehr geehrehrten Damen und Herren! Der Kollege Schultz hat im Hinblick auf den nach dem derzeitigen Kriegsbild wahrscheinlichsten Fall das einzig richtige Konzept, nämlich die Stärkung der konventionellen Verteidigungskraft der Bundeswehr bei einer Arbeitsteilung im Bündnis, vor Ihnen entwickelt. Die Ergebnisse der NATO-Rats-Tagung am 9. Mai in Paris haben denn auch die Überlegungen der FDP in vollem Umfang bestätigt. Der Bundesverteidigungsminister und Teile der CDU/CSU erwecken zwar den Anschein, als ob sich an der alten Konzeption der nuklearen Abschreckung nichts geändert habe.Andererseits aber hat Herr Minister Schröder bereits zum Rückzug geblasen. Er -hat eine Überarbeitung, ein Überdenken der Konzeption, eine Umplanung und Umstrukturierung zumindest im Verteidigungsausschuß angekündigt. Warum sagt man denn hier nicht offen, daß die Theorie der atomaren Abschreckung in Europa nicht mehr glaubhaft ist
und daß der tatsächliche Abschreckungswert unserer Bundeswehr in einer konventionell guten Rüstung liegt? Es ist eine Utopie, die Verteidigungskonzeption im wesentlichen auf Waffensysteme abzustützen, deren Einsatz und Auslösung auch im Kriegsfall nicht von uns angeordnet werden kann. Gegenüber den Soldaten — und ich meine, auch gegenüber dem deutschen Volk —, die unter Umständen darauf vertrauen, unter solch einem eigenen Schild zu operieren, wäre die Aufrechterhaltung dieser Illusion nicht zu verantworten.Der Bundesminister der Verteidigung hat uns bisher auch noch nicht verraten können, woher er im Ernstfall atomare Sprengköpfe bekommen würde. Die Illusion jedenfalls, daß wir schon irgendwelche bekämen, wenn wir erst genügend Trägersysteme
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Jungbesitzen, hat sich in der Vergangenheit schon als trügerisch erwiesen.
Die Folge solcher politischen Fehlspekulationen sehen wir z. B. in der Starfighter-Misere. Die Entscheidung, die Luftwaffe im Eiltempo auf viel zu viele Maschinen des Typs F 104 G umzurüsten, hat die Bundesluftwaffe personell, technisch und infrastrukturell absolut überfordert und sie in eine ernste Krise geführt.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Entschuldigen Sie bitte, Herr Kollege, ich hatte vorhin versucht, Klarheit zu schaffen. Wollen Sie mit Ihren Ausführungen jetzt die vorhin gemachte Bemerkung wiederholen, daß sich diese und die vorige Bundesregierung um Atomwaffen in nationaler Verfügung bemüht hätten?
Ich habe eben dargelegt, daß die Spekulation darauf, daß man Trägersysteme anschaffen könne, um damit dann vielleicht doch eine gewisse Mitverantwortung in die Hand zu bekommen, illusorisch war.
Was verstehen Sie in diesem Zusammenhang unter „Mitverantwortung"? Wollen Sie damit doch unterstellen, daß die Bundesregierung die Hoffnung hat, daß wir, wenn wir möglichst viele Trägersysteme haben, schließlich auch den Schlüssel für die atomare Waffe, für die der Träger bestimmt ist, ohne Einspruchsrecht der Amerikaner kriegen? Ist das Ihre Absicht?
Nein, ich habe ja eben auch die Frage an den Bundesverteidigungsminister gestellt, woher er solche Systeme, solche Waffen im Ernstfall nehmen würde. Ich stelle das ja in Frage!
Entschuldigen Sie, der Herr Bundesverteidigungsminister weiß ganz genau, was in diesem Fall zu tun ist. Die Waffen befinden sich in der Bundesrepublik unter einem Zweischlüsselsystem. Ich frage Sie daher: Beabsichtigen Sie mit Ihren Äußerungen hier den Eindruck zu erwecken, als ob der Bundesverteidigungsminister über das Vorhandene hinaus einen atomaren Ehrgeiz entfaltet hätte?
Nein, ich habe gesagt — da haben Sie nicht genau zugehört —: in der Vergangenheit waren diese Überlegungen bereits trügerisch!
Ich kann es mir ersparen, auf Einzelheiten einzugehen, weil die Beschaffung dieses Waffensystems, die zum Teil mangelhafte Ausrüstung, die Ungenauigkeit der Navigationssysteme und die Fragwürdigkeit seiner konventionellen Einsatzfähigkeit in diesem Hause schon heftig diskutiert wurden.
Der Sache ist auch mehr gedient, wenn wir im dafür zuständigen Verteidigungsausschuß mit dem gebotenen Ernst die Ursachen dieser Misere untersuchen.
Der Absturz von über 70 Flugzeugen dieses Typs, zu dem noch der Verlust von mehr als 3 Dutzend Maschinen am Boden kommt, sollte uns eine Lehre sein, mit noch größerer Sorgfalt die Aufgaben der Luftwaffe in der neuen Verteidigungskonzeption zu überprüfen und die dafür notwendigen Waffensysteme für die 70er Jahre zu planen.
Es scheint mir eine Ironie des Schicksals zu sein, daß der Verteidigungsminister, unter dessen Federführung dieses teuerste unserer Waffensysteme beschafft wurde, heute als Finanzminister fast ebenso viele Milliarden aufnehmen muß, um den Gesamthaushalt auszugleichen, wie er seinerzeit für die Beschaffung der Starfighter benötigte.
Große finanzielle Sorgen bereitet uns auch die Bestellung einer viel zu großen Anzahl von Transportmaschinen des Typs Transall. Hier liegt ganz offensichtlich eine Fehlplanung größten Ausmaßes vor, die auf eben dem falschen Verteidigungskonzept der Regierung basiert. Um die Aufstellung von zwei Einheiten mit je 32 Flugzeugen durchzuführen, war doch die Stückzahl von 110 Maschinen nicht nötig. Die Kosten für dieses System scheint man auch nicht gerade sehr sorgfältig ermittelt zu haben. Wie könnte es denn sonst vorkommen, daß die Gesamtkosten innerhalb eines Jahres von den vertraglich festgelegten 1,75 Milliarden DM um nahezu 1 Milliarde DM auf 2,65 Milliarden DM angestiegen sind und der Stückpreis mit allem Drum und Dran nicht, wie seinerzeit in der Debatte in diesem Haus von Verteidigungsminister von Hassel angegeben, bei 16 Millionen DM, sondern jetzt bei 24 Millionen DM liegt? Es war für mich interessant, festzustellen, daß die Firma Hispano-Suiza an der Lieferung der Motoren dieser Flugzeuge einen außerordentlich großen Anteil hat. Bei der Lösung dieses Problems werden wir nicht umhin können, die Situation der deutschen Luftfahrtindustrie zu berücksichtigen, und nach einem Weg suchen, um die für die uns überzähligen Maschinen im Export abzugeben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich wollte diese beiden Punkte herausgreifen, um darzutun, wie Fehlplanungen auf Grund einer falschen Konzeption den Haushalt in einem Maße belasten, daß es der Freien Demokratischen Partei nicht möglich ist, dieser Etat-Konzeption zuzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Stahlberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will Sie nicht lange aufhalten, da im Grunde genommen diese Debatte — soweit das von der Opposition kommt — im wesentlichen aus Wiederholungen besteht. Ich muß aber hier auf etwas antworten, was der Herr Kollege Ollesch in bezug auf die Laufbahn für die Bundeswehr ausgesprochen hat.
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5628 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967
StahlbergEr hat gemeint, man brauche nur von der bisherigen Konzeption abzugehen und den Berufssoldaten jetziger Prägung abzuschaffen, und man könne dann den 12-Jahres-Diener, wie er ihn bezeichnete, in den öffentlichen Dienst überführen. Hier ist ein Widerspruch in sich; denn der Kollege Ollesch hat gleichzeitig gesagt, er sei davon überzeugt, daß ein Beamter nicht mit einem Soldaten und ein Soldat nicht mit einem Beamten zu vergleichen sei; mit anderen Worten: für diesen neuen Bereich, in den der Soldat hinein sollte, müßte er ganz zweifellos auch eine Prüfung machen.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Ollesch? — Bitte!
Herr Kollege Stahlberg, ist Ihnen entgangen, daß ich diesen Weg als den zweiten möglichen Weg neben den Vorschlägen des Bundeswehrverbandes aufgezeigt habe, und können Sie sich nicht der Tatsache erinnern, daß naturgemäß der 12 oder 15 Jahre dienende Unteroffizier am Ende seiner Dienstzeit nach dem dienstbegleitenden Unterricht eine Qualifikation für den anzustrebenden Beruf nachzuweisen gehabt hat und auch bei meiner Planung nachzuweisen haben würde?
Damit war man in .der Vergangenheit nicht so zufrieden, Herr Kollege Ollesch, wie Sie meinen, daß es die Bundeswehr heute wäre. Ich muß feststellen: das, was erreichbar ist, ist heute in der Konzeption schon enthalten. Der Mann, der 12 oder 15 Jahre dient, hat die Möglichkeit, mit entsprechenden Qualifikationen in die Bundeswehrverwaltung überführt zu werden. Niemand hindert ihn daran. Er kann die Garantieerklärung dafür bekommen. Was Sie vorschlagen — Sie haben das als Ihre Lieblingsidee bezeichnet und gesagt, man sollte das einführen —, ist gar nicht neu.
Herr Stahlberg, gestatten Sie eine zweite Zwischenfrage des Herrn Ollesch? — Bitte!
Herr Kollege Stahlberg, kann ich Ihre jetzigen Auslassungen so auffassen, daß Sie sich von den Vorschlägen des Bundeswehrverbandes, die ja aus der Unzulänglichkeit der jetzigen Regelung herrühren, distanzieren?
Herr Kollege Ollesch, ich glaube, daß es müßig wäre, die Gedanken, die von mir kommen, mit Ihnen unter dem Gesichtspunkt zu diskutieren, daß ich mich nunmehr von 'ihnen distanzieren will.
Ich will nur den Versuch unternehmen, Ihnen klarzumachen, was da eigentlich beabsichtigt ist.
Sie haben von einer notwendigen Verbesserung der Unteroffizierslage gesprochen. Sie haben davon gesprochen, daß dort etwas getan werden müsse.
Nun, Sie können nicht annehmen, daß ich anderer Meinung wäre.
Dazu ist nur folgendes zu sagen: der Ausgangspunkt einer Neuordnung der Laufbahn in der Bundeswehr ist ein völlig anderer. Der Ausgangspunkt ist der, daß wir heute einen Offizier neuen Typs brauchen mit einer Ausbildung auf wissenschaftlicher Grundlage. Hier muß man also einen Anschluß linden; hier muß man alles, was darunter kommt, näher heranrücken. Hier muß man, wenn man den Abiturienten in dieser Weise herausstellt, alle anderen Leute mit einer ähnlichen schulischen Ausbildung, mit einem ähnlichen Abschluß in eine neue Laufbahn überführen, die ranggleich mit der Offizierslaufbahn ist. Diesen Gedanken wollte ich. hier klar herausstellen.
Der Anstoß ist gegeben. Wenn das so sorgfältig gemacht wird und wenn es bei den Ressorts Schwierigkeiten gibt, so liegt das sicherlich nicht daran, daß bei meinen Freunden in dieser Sache der gute Wille fehlt. Es sind wahrscheinlich auch Schwierigkeiten mit den Ressorts auszuräumen, wenn wir einmal im parlamentarischen Gespräch über diese Sache sind. Wir setzen uns mit Nachdruck dafür ein, daß es zu einem parlamentarischen Gespräch darüber kommt. Wir wollen die Laufbahnordnung nicht verzögern, sondern forcieren.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Damm.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zum Ablauf der Debatte möchte ich sagen, daß ich in einem Punkt mit meinem Freund Petersen nicht übereinstimme. Er hat es vorhin begrüßt, daß die FDP so klein sei. Ich muß, was die heutige Debatte angeht, sagen, daß ich eigentlich traurig darüber bin, daß sie nicht viel stärker ist; denn dieses Wenige an Farbe und Opposition reicht eben nicht aus, um eine große Zahl von Kollegen hier zu fesseln und die Debatte über den Verteidigungsetat interessanter zu machen.
Nach dem Gesetz der Wahrscheinlichkeit, meine Damen und Herren von der FDP, würde ja, wären Sie größer an Zahl, damit zu rechnen sein, daß auch die Qualitätstupfer, die von Ihnen kämen, entsprechend stärker wären.
Es besteht keine Notwendigkeit, noch im einzelnen auf das einzugehen, was zu den Fragen der Konzeption und der richtigen Verteidigungspolitik der Regierung von Ihnen gesagt worden ist. Ich möchte ein einziges Thema aufgreifen, nämlich Transall. Zwei Kollegen haben es angesprochen, und ich möchte hier deutlich machen, wie der Standpunkt meiner Fraktion ist. Ich gebe damit insbesondere auch wieder, was mein Kollege Dr. Siemer, der im Bereich der Vereinigten Flugtechnischen Werke — also Bremen, Bremerhaven — ansässig ist, mir zu diesem Thema gesagt hat.
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967 5629
DammMeine Damen und Herren, das Transall-Thema, so wie es sich in der Öffentlichkeit darstellt, ist nicht dazu angetan, uns freudig zu erregen. Es besteht die Notwendigkeit, die Bundeswehr von der Übernahme von 50 von insgesamt 110 Maschinen zu entlasten; so will ich es einmal ausdrücken. Die Bundeswehr sei also nicht in der Lage, so wird argumentiert, mehr als 60 Maschinen zu übernehmen, und zwar aus zwei Gründen, einmal, weil für die zu streichenden 50 Maschinen kein Bedarf mehr bestehe, und zum anderen, weil die Luftwaffe nicht genügend Personal habe, um diese 50 Maschinen auch in die Luft zu bringen und zu warten. Daraus müsse nun der Schluß gezogen werden — so bisher die Diskussion —, daß 50 Maschinen weniger produziert würden.Der Verteidigungsausschuß, der sich vor einiger Zeit mit dieser Frage beschäftigt hat, hat kein Votum abgegeben, daß so verfahren werden solle. Ich meine es ist wichtig, das hier in der Öffentlichkeit festzustellen. Der Verteidigungsausschuß hat vielmehr gesagt, daß er das Ministerium zu diesem Thema noch einmal hören wolle, mit einer klareren Aussage als bisher, wie man nun tatsächlich am sinnvollsten verführe.Ich möchte hier — und ich bin sicher, daß ich da auch mit den übrigen Mitgliedern des Verteidigungsausschusses übereinstimme — deutlich machen, daß, wenn diese erneute Besprechung nicht mehr vor der Sommerpause stattfindet, wir erwarten, daß nicht während der Sommerpause von seiten des Ministeriums endgültige Entschlüsse gefaßt werden, daß wir also nicht mit einem Fait accompli zu rechnen haben, wenn wir aus der Sommerpause zurückkehren. Eine Entscheidung über Transall ohne den Verteidigungsausschuß halte ich für nicht denkbar. Dazu muß man auch sagen: Das Ministerium wird wiederum vom Verteidigungsausschuß kein Votum über die mittelschweren Hubschrauber kriegen, bevor nicht die Angelegenheit Transall mit dem Ausschuß zusammen geklärt ist. Ich denke, daß das deutlich genug ist, daß also in dieser Hinsicht keine Mißverständnisse auftreten können.Was ist möglicherweise zu tun, was sollte man prüfen, um besser, als bisher in Aussicht genommen, dieses Problem zu lösen? Meine Damen und Herren, ich will hier offen sagen, daß ich es für durchaus möglich halte, daß man seine Konzeption ändert und daß man auch zu Beginn einer anlaufenden Produktion zu der Vorstellung kommt, daß man weniger — in diesem Fall statt 110 nur 60 — solcher Maschinen braucht. Das halte ich für durchaus legitim. Ich finde es richtiger, daß man dann noch zu Anfang der Produktion sagt: Wir brauchen diese Maschinen nicht, als eine solche Produktion laufen zu lassen und nachher Maschinen zu haben und nicht zu wissen, was man mit ihnen anfängt.Aber man muß sich natürlich die Frage stellen, ob man denn nicht die Produktion beibehalten kann, ohne die Luftwaffe mit diesen 50 Maschinen zu belasten, etwa indem man die 50 Maschinen an anderer Stelle verwendet oder sie an interessierte Käufer verkauft. Warum, meine ich, sollte man sich nicht die Mühe machen, diese Frage sehr ernsthaft zu prüfen? Es handelt sich hier nämlich nicht einfach darum, 50 Stück einer Sache, die man mal in Aussicht genommen hat, nicht zu bestellen, Geld dafür einzusparen, und anzunehmen, alles andere sei dann in Ordnung.Es gibt zwei gewichtige Gründe, daß sich nicht nur das Verteidigungsministerium, sondern daß die ganze Regierung überlegt, wie sie dieses Problem in der von mir angedeuteten Richtung lösen kann: Erstens bedeutet natürlich — das ist hier vom Kollegen Berkhan schon angedeutet worden — eine Kürzung um 50 Maschinen eine gewisse Belastung des deutsch-französischen Verhältnisses. Das ist doch gar keine Frage! Zweitens muß man, insbesondere angesichts der kritischen Situation unserer Luftfahrtindustrie, natürlich sehen, welche Folgen die Kürzung dort hat. Ich habe hier nicht umsonst den Kollegen Dr. Siemer zitiert. Für meine Fraktion haben, er — für die Bremer — und ich — für die Hamburger — die Situation an Ort und Stelle studiert und haben feststellen können, daß an beiden Stellen jeweils mehr als 2000 Arbeitskräfte von der Transall-Produktion betroffen sind. Würde man um 50 Maschinen kürzen, würde das eine — —
Eine Zwischenfrage von Herrn Abgeordneten Berkhan.
Herr Kollege Damm, würden Sie in die Feststellung, daß Sie das Problem an Ort und Stelle studiert haben, die sozialdemokratischen Abgeordneten Schmidt und Berkhan einbeziehen.
Sehr verehrter Herr Berkhan, mir fällt es schon deswegen leicht, diese Feststellung, die Sie von mir erbitten, zu machen, weil ich in meinem Brief an den Herrn Verteidigungsminister eigens erwähnt habe, daß Sie und der Kollege Schmidt ebenfalls dort gewesen seien und die gleichen Erkenntnisse gewonnen hätten wie ich. Nur darf ich hier nicht für beide Fraktionen gleichzeitig sprechen, und da Sie zu dem Thema schon gesprochen haben, habe ich gemeint, ich müßte mich hier nun auf die CDU/CSU-Fraktion beschränken. Aber selbstverständlich, auch die Hamburger Kollegen der SPD haben sich über dieses Thema informiert, und — was mir daran sehr gefällt — wir sind zu ähnlichen Erkenntnissen gelangt.
Bei beiden Firmen sind jeweils mehr als 2000 Beschäftigte betroffen. Würde man die Produktion um einen so gewichtigen Betrag kürzen, so würde das natürlich für die Fortführung dieser Werke von ganz eminenter Bedeutung sein, und es ist natürlich — und das ist mir das Entscheidende, meine Damen und Herren — auch logisch, daß die übrigen Produktionen dieser Firmen nicht zu dem bisher kalkulierten Preis vorgenommen werden können, wenn man an einer anderen Stelle so immens die vorgesehene Produktion kürzt.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Müller-Hermann?
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5630 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967
Bitte sehr!
Herr Kollege Damm, sollte man nicht doch zur Klarstellung noch ausdrücklich festhalten, daß bei einer Reduzierung des Programms auf etwa 60 Maschinen diese 2000 Arbeitsplätze, von denen Sie sprechen, nicht etwa heute oder morgen fehlen würden, sondern eventuell 1969 oder 1970?
Herr Kollege Dr. MüllerHermann, Sie haben völlig recht. Das Programm zieht sich bis 1972/73 hin. Ich sage hier auch nicht — es ist gut, daß Sie mich noch einmal darauf aufmerksam machen; ich könnte mißverstanden worden sein —, daß morgen diese jeweils 2000 Arbeitsplätze nicht mehr vorhanden wären. Das ist nicht das Problem.
Das Problem ist, wie ich etwa die Lücke zwischen den Jahren 1969/70 und 1972/73 schließe, wenn ich keine Anschlußproduktion habe. Dann wären nämlich diese 2000 Fachkräfte auf der einen Seite und die 2000 Fachkräfte auf der anderen Seite in der Gefahr, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Das Problem stellt sich wahrscheinlich in erster Linie auch nicht so: Was machen diese 4000 Menschen dann? Das Problem ist vielmehr: Wie können wir diese Arbeitskräfte halten, um die von uns in Aussicht genommenen und erwünschten Anschlußaufträge dann auch tatsächlich aufzunehmen? Ich denke etwa an den Airbus, von dem doch jeder in diesem Hause hofft, daß er überhaupt als europäische Produktion zustande kommt, und von dem wir uns darüber hinaus wünschen, daß er in der Lage wäre, eine handfeste und wirtschaftlich auch wirklich ertragreiche Produktion für unsere Luftfahrtindustrie zu sein.
Meine Damen und Herren, ich möchte dieses Thema abschließen. Ich glaube, daß ich für die Mehrheit des Hauses sagen kann: wir erwarten allesamt, daß die Regierung ernsthaft prüft, wie sie möglicherweise die Produktion der Transall in dem bisher vorgesehenen Rahmen aufrechterhalten kann, indem sie nämlich die Transall in einer Zahl von etwa 50 Stück oder vielleicht sogar mehr an Interessenten verkauft.
Nun muß ich noch folgendes erwähnen. Ich sage das natürlich nicht einfach ins Blaue hinein, sondern ich habe Informationen darüber, daß es in der Tat ernsthafte Interessenten etwa in diesem Umfange für diese Maschine gibt, und zwar im europäischen Raum. Ich rede nicht von der Idee, Entwicklungsländer mit der Transall zu beglücken, sondern ich bin darüber unterrichtet, daß im europäischen Raum Interesse an etwa 50 bis 60 Maschinen besteht. Das muß man natürlich genau geprüft haben, bevor, man diese schwerwiegende Entscheidung trifft, ein Programm von 110 Maschinen auf 60 zu kürzen.
Ein allerletztes Wort dazu. Hier wird wieder einmal deutlich, wie notwendig es ist, daß Fragen, die die Luftfahrtindustrie betreffen, nicht nur einseitig von dem jeweilig zuständigen Ministerium behandelt werden, sondern daß es eine enge Verzahnung aller hier in Frage kommenden Ministerien gibt,
nämlich des Verteidigungsministeriums, des Wirtschaftsministeriums, des Verkehrsministeriums, und teilweise ist ja auch das Wissenschaftsministerium mit diesen Dingen befaßt.
— Der Finanzminister, der alles so umgreift und zu allem seinen Segen geben muß, ja sowieso.
Ich kann nur hoffen, daß dieser gemeinsame Appell dieses Hauses, der von allen drei Fraktionen gekommen ist, dazu beiträgt, daß das TransallProblem auf eine befriedigende Weise gelöst wird.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schultz .Schultz (FDP) : Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bedauere, daß ich hier noch einmal auf einige Dinge eingehen muß, die inzwischen gesagt worden sind. Sehr verehrter Herr Kollege Damm, ich hatte mir unter den Bemerkungen, die ich mir von Herrn Petersen aufgeschrieben hatte, schon die Bemerkung „FDP, kleine Partei" gestrichen. Da Sie auf diesen alten Hut zurückgekommen sind, muß ich leider doch etwas dazu sagen. Wenn Sie die in Ihren Augen miserable Argumentation der FDP dazu benutzen müssen, um das schlechtbesetzte Haus hier entschuldigen zu können, dann ist das, glaube ich, etwas weit hergeholt. Wir wissen, daß, wenn es um Fachfragen geht, das Haus immer eben in der Art besetzt ist, wie wir das auch hier feststellen können. Ich muß sagen, ich bin eigentlich noch ganz zufrieden damit, daß sich so viele Leute das hier heute noch anhören. Sicher ist das TransallProblem z. B. von Ihnen ausgezeichnet behandelt worden. Ich kann allerdings keinen großen Unterschied zwischen Ihren Ausführungen und denen meines Kollegen Jung feststellen. Sind die Ausführungen des Kollegen Jung dämlicher als Ihre, oder was soll ich davon halten? Mir scheint sehr viel mehr, sehr verehrter Herr Kollege Damm — und das gilt auch für die anderen Redner der CDU —, daß Sie nicht bereit und nicht in der Lage sind, über das, was hier von uns angesprochen worden ist, hier und heute zu diskutieren. Ich nehme Ihnen das gar nicht weiter übel.Sie haben darauf verwiesen — und die Kollegen der SPD haben das unterstützt —, daß man ja in den Ausschüssen darüber sprechen könne. Nun gut, wir wollen dann in den Ausschüssen darüber sprechen. Dann werden wir ja sehen, was letzten Endes dabei herauskommt.Wenn Sie, Herr Kollege Petersen, gesagt haben, ich hätte etwa hähmisch darüber gesprochen, daß sich die Welt geändert habe, und daß ich das praktisch der Bundesregierung zum Vorwurf gemacht hätte, so haben Sie mich, glaube ich, wissentlich falsch verstanden. Darum dreht es sich ja gar nicht, sondern es dreht sich darum, daß die Bundesregierung, das Bundesverteidigungsministerium nicht geruht hat, von dieser Veränderung in der Welt Kenntnis zu nehmen — darum geht es —, und daß
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Schultz
für' eine veränderte Konzeption innerhalb der NATO nicht der eigene deutsche Beitrag vorgelegt werden kann, sondern gesagt wird, daß wir uns das jetzt erst alles erarbeiten müßten.Das ist das, was ich kritisiert habe, nichts anderes. Und ich glaube, das, was ich gesagt habe, ist letzten Endes auch von dem Kollegen Berkhan, wenn ich ihn richtig verstanden habe, unterstrichen worden. Daß internationale Vereinbarungen selbstverständlich eingehalten werden müssen und daß wir, da wir in einem Bündnis sind, nicht eine Politik — eine Verteidigungspolitik, oder was es auch immer ist — an dem Bündnis vorbei machen können, ist ganz klar; darüber brauchen wir uns gar nicht zu unterhalten. Was aber notwendig ist, ist, daß wir in dieses Bündnis unsere eigenen Auffassungen hineingeben. Das ist das, was ich möchte.
Dann haben Sie wieder mit dem berühmten „un-kalkulierbaren Risiko" angefangen. Das Risiko für den Gegner scheint mir erst dann unkalkulierbar zu sein, wenn wir ihm auf konventioneller Basis gleich zu gleich begegnen können. Vorher ist dieses Risiko für den Gegner, so möchte ich fast sagen, kalkulierbar. Er kann das nämlich in die Politik hinein umsetzen und sich unter dem Mangel, den wir haben, politische Vorteile ergattern, weil wir in dem Fall dann nicht in der Lage wären, militärisch zu reagieren. Darum geht es doch, das ist doch das Entscheidende, worüber man sich Gedanken machen muß.
— Einen Moment, ich bin gleich so weit, daß ichIhre Frage gern höre, lieber Herr Kollege Berkhan.Ich darf Ihnen eines sagen. Über die Verteidigungskonzeption der FDP hat auf einer Tagung der Bundeswehr ein General gesprochen, ein General, den Sie zwischen ,den Zwei-Sterne-Generalen und dem Vier-Sterne-General suchen mögen; mehr möchte ich nicht sagen, sonst wissen Sie genau, wer das gewesen ist. Dieser General hat gesagt, die Verteidigungskonzeption der FDP sei etwas, was für den Krieg brauchbar, ja notwendig sei, bloß habe sie die Abschreckung dabei vergessen; auf die Abschreckung passe diese Konzeption nicht. Das scheint mir ein sehr beachtliches Wort zu sein, das Sie sich vielleicht auch einmal überlegen sollten. Es geht dann nämlich nur noch darum, ob ein Unterschied zwischen „abschrecken" und „verteidigen" besteht. Sie wissen, daß es Bücher darüber gibt, die überschrieben sind mit dem Titel „Abschreckung oder Verteidigung?", und es gibt Leute, die meinen in der Tat, man könne die beiden Begriffe voneinander trennen. Wer ein bißchen zurückliest, wird feststellen, daß schon der verehrte Kollege Erler in der Debatte des Jahres 1963, von der ich am Anfang gesprochen habe, gesagt hat, das könne man eben nicht. Das habe ich damals für richtig gehalten, und ich halte das auch heute noch für richtig.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Berkhan?
Schultz (FDP) : Bitte sehr!
Herr Kollege Schultz, nehmen Sie es mir bitte nicht übel, wenn ich zurückgreife. Ich darf Sie fragen, wie Sie in Übereinstimmung bringen wollen den Hinweis, daß wir bei einem eventuellen Angriff konventionell nicht genügend gerüstet, nicht genügend ausgebildet, nicht genügend bereit sind, und den Antrag, den Sie dem Hause vorlegen, den Grundwehrdienst von 18 auf 12 Monate zu verkürzen.
Schultz (FDP) : Herr Kollege Berkhan, diese Frage kann ich Ihnen gern beantworten. Ich bin eben der Meinung, daß die Dauer des Grundwehrdienstes an sich kein Kriterium für die Abwehrkraft ist. Auch da müssen Sie eine ganze Reihe von anderen Komponenten mit hineinnehmen. ich habe Ihnen vorhin schon dargelegt, daß eine der wesentlichsten Komponenten die bisher von der Bundeswehr ausgebildeten Reservisten sind. Es kommt nur darauf an, wie ich den ganzen Apparat organisiere und wie ich das in eine Verteidigungsanstrengung hineinlaufen lasse, so möchte ich einmal sagen. Man kann es sich nicht so einfach machen, wie Sie es sich mit Ihrer Frage gemacht haben; das tut mir schrecklich leid.
Noch eine Frage des Herrn Abgeordneten Berkhan.
Herr Schultz, sind Sie dann bereit, mir zuzustimmen, daß bei einer Änderung dieses Wehrsystems, wie Sie sie vorschlagen, die präsenten Kräfte der Bundeswehr um ein erhebliches Maß zurückgehen würden?Schultz (FDP) : Die präsenten Kräfte würden um etwa 60 000 Mann zurückgehen. Sie lägen dann immer noch bei 400 000. Deswegen würde also, glaube ich, die Welt noch nicht einstürzen. Auch der Bündnispartner, die USA, würde damit einverstanden sein, wenn man das mit ihm bespräche, dann aber auch mit der anderen Konzeption, die dazugehört und die man mit sehen muß. Denn letzten Endes geht es um die Effektivität der Kampfkraft überhaupt.Darf ich nun noch zu einigen Punkten etwas sagen; ich muß mich allerdings sehr beschränken, denn ich möchte Sie nicht zu lange aufhalten.Herr Kollege Petersen, Sie sagten, der Nahe Osten zeige, daß Fragen des Vorwarnens, der Warnzeit problematisch seien. Das kann ich nicht sehen. Daß sich dort etwas zusammenbraute, haben die Israelis bestimmt mindestens seit etwa dem 10. oder 12. Mai gemerkt und gesehen. Ich meine also, gerade das Beispiel Naher Osten zeigt, daß es Spannungszeiten gibt, aus denen sich dann etwas entwickeln kann. Ich kann Ihnen also dieses Argument nicht abnehmen.Sie sagten noch, meine Bemerkung über den Dank an den Vorgänger von Herrn Bundesminister Schröder — was ich Ihnen da zugerufen hätte — sei auch
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5632 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967
Schultz
etwas deplaciert gewesen. Da kann ich Ihnen nur eines sagen: Fragen Sie einmal Herrn von Hassel, was er nach jener Debatte im September vorigen Jahres zu mir gesagt hat — ich möchte nicht weiter darauf eingehen —, dann werden Sie sehen, wer wen wann wo verteidigt hat und wer hier geschwiegen hat.Lassen Sie mich noch eine Bemerkung zu Herrn Kollegen Marx machen. Herr Kollege Marx, Sie haben wieder das alte Beispiel gebracht: „Atomare Trägerwaffen — die Deutschen haben sie nicht, die anderen Verbündeten haben sie, dann greift der Feind doch natürlich dort an." Herr Kollege Marx, können wir uns nicht vielleicht darauf einigen, daß. wenn es sich um taktische nukleare Waffen handelt, nicht vorbereitete Zielräume da sind, sondern die Waffen, weil sie eben taktisch sind, beweglich sind und man sie deswegen da und dort einsetzen kann? Hier bin ich ja nicht ganz allein in diesem Hause. Ich bitte Sie, einmal den Artikel von dem Kollegen Wienand im „Vorwärts" zu lesen — er ist allerdings schon vor mindestens zwei oder drei Monaten erschienen —, in dem er von sich aus vorschlug, die atomaren Trägerwaffen in einem Sonderkommando zusammenzufassen und sie dem NATO-Kommando direkt zu unterstellen zu dem entsprechenden Einsatz. Man kann also über die Dinge reden, man kann es sich nicht so einfach machen und das beiseiteschieben, was ein anderer gesagt hat.Und nun zu Ihnen, sehr verehrter Herr Kollege Kiep. Zu der Frage, die Sie meinem Kollegen Jung gestellt haben: „Wollen Sie sagen, daß, weil wir 700 Starfighter haben, damit gemeint war, daß man an den atomaren Drücker heran wollte?" So war ungefähr die Frage gewesen. Wenn Herr Kiep mich gefragt hätte, dann hätte ich mit einem glatten Ja geantwortet. Ich kann das selbstverständlich nicht beweisen; das wird niemand können. Aber man mußte aus den Äußerungen in der damaligen Zeit, und wenn man die Dinge an sich mitgemacht hat, den Eindruck gewinnen, daß die große Zahl Atomträger nicht nur wegen der Verteidigung, sondern aus politischen Gründen gewünscht worden war: um über diese große Zahl einen größeren Einfluß im Bündnis zu bekommen. Das ist eine sehr legitime Sache. Nur ist die Frage, ob es der richtige Weg ist, um einen größeren Einfluß zu bekommen, ja ob es überhaupt notwendig ist, diesen Weg einzuschlagen.Daß diese Dinge nicht so ganz an den Haaren herbeigezogen sind, möchte ich Ihnen zum Schluß noch einmal darstellen. In den acht Punkten: „Aufgaben einer neuen Bundesregierung", die die SPD seinerzeit veröffentlicht hat, ist unter Punkt 2 gesagt:Um der Stabilität des Bündnisses willen und als Beitrag zur Entspannung muß die Bundesregierung den Ehrgeiz auf nuklearen Mitbesitz aufgeben.a) Jede Forderung auf nuklearen Mitbesitz oder nukleare Verfügungsgewalt der Bundesrepublik ist unrealistisch, verhindert die Verständigung und Entspannung und hat daher zu unterbleiben.
Der Herr Kollege Schmidt hat mir damals — am 27. April, glaube ich — hier gesagt, ich hätte von der MLF gesprochen, und das sei doch für alle ein alter Hut. Da möchte ich nur einmal fragen: Warum hat es denn vor der Neubildung der Bundesregierung die SPD für notwendig gehalten, einen solchen Punkt in ihr Programm aufzunehmen, wenn sie nicht gewisse Befürchtungen gehabt hätte?Zum Schluß noch einmal zu Ihnen, Herr Kollege Petersen. Ich möchte mich bei Ihnen dafür entschuldigen, daß ich Ihnen eine Zwischenfrage gestellt habe. Aber ich nehme dankbar das auf, was Kollege Berkhan gesagt hat: Sie sind mir durch unsere gemeinsame Arbeit schon so verwandt und bekannt, daß ich Sie wirklich so einschätze, daß man Ihnen Zwischenfragen stellen kann. Im übrigen trösten Sie sich: als ich meine erste Rede hier gehalten habe, ist es mir genauso gegangen, und zwar damals von der linken Seite des Hauses. Auf alle Fälle freue ich mich über das Diskutieren und möchte Ihnen ebenfalls meinen Glückwunsch zu Ihrer ersten Rede hier aussprechen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Josten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine vorgesehenen Ausführungen befassen sich mit dem Vorschlag der FDP, den Grundwehrdienst von 18 Monaten auf 12 Monate zu kürzen. Wegen der vorgeschrittenen Zeit gebe ich meine Ausführungen jedoch zu Protokoll. Ich möchte nur dem Kollegen der FDP drei Sätze sagen. Ich glaube, lieber Herr Kollege Schultz, wir werden .noch oft Gelegenheit haben, über all die vielen Themen, die heute hier angesprochen wurden, uns im Verteidigungsausschuß zu unterhalten. Die drei Sätze sind folgende.
Erstens. Der Grundwehrdienst in den NATO-Staaten ist kürzer als in den Ländern des Warschauer Paktes.
Zweitens. Amerika mit 24 Monaten Dienstzeit und Rußland mit 36 Monaten Dienstzeit machen durch den langen Grundwehrdienst deutlich, daß der Kern moderner Streitkräfte aus fertig ausgebildeten Soldaten besteht.
Drittens. Der längere Grundwehrdienst in den Ländern des Warschauer Paktes zeigt, daß diese nicht nur einen hohen Ausbildungsstand erreichen, sondern auch durch langes Verbleiben voll ausgebildeter Soldaten in den Verbänden die sofortige Einsatzbereitschaft gesichert wissen wollen.
Zum Grundwehrdienst müssen wir daher unserer Bevölkerung sagen, daß es notwendig ist, bei einer 18monatigen Dienstzeit zu bleiben.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dichgans.
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967 5633
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren. Nachdem Sie viereinhalb Stunden Mitglieder des Verteidigungsausschusses angehört haben, bitte ich als Nichtmitglied dieses Ausschusses noch für einige Minuten um Gehör.
Wir haben uns heute hier sehr eingehend darüber unterhalten, wie wir uns verteidigen, wir haben uns auch sehr eingehend darüber unterhalten, gegen was wir uns verteidigen; aber die Frage, was wir eigentlich verteidigen, ist nur in Nebensätzen angeklungen. Das 'ist aber ein sehr ernstes Problem.
Der Krieg in Nahost ist heute immer wieder erwähnt worden. Wir haben erlebt, wie die leidenschaftliche Identifizierung der israelischen Soldaten mit ihrem Staat eine der wichtigsten Ursachen des Erfolges war. Dürfen wir annehmen, daß sich unsere Bundeswehr, die gewiß sehr pflichttreu ist, so leidenschaftlich mit der Bundesrepublik identifiziert wie die israelischen Soldaten mit ihrem Staat? Dürfen wir annehmen, daß das Staatsbewußtsein unserer Soldaten auch nur so stark ist wie das der jungen Amerikaner und wie das der Franzosen? Ich würde gern etwas über diese Frage sagen; aber die Zeit ist fortgeschritten, und so möchte ich es nur als eine Anregung an den Herrn Bundesverteidigungsminister formulieren.
Ich glaube, daß das Staatsbewußtsein für die Leistungsfähigkeit und die Schlagkraft unserer Bundeswehr ebenso wichtig ist wie die Ausrüstung.
Herr Minister, die Anliegen, die in den Worten Staatsbewußtsein, Einsatz, Opfer, Leitbilder formuliert sind, sollten Anliegen auch der Bundeswehrführung sein.
Nun noch ein zweiter Gedanke. Der Soldat ist mehr als ein Instrument der Verteidigung; der Soldat ist zugleich Mensch und Bürger und muß auch so behandelt werden.
Für den Soldaten ist der Staat eine Einheit. Die Ausbildung bei der Bundeswehr fügt sich für ihn in eine Gesamtausbildung ein. Das ist ein Thema mit einer sehr unglücklichen Vorgeschichte. Viele von Ihnen wissen wahrscheinlich, daß im Jahre 1949, als man sich um die Schulzeit stritt, das Argument, es gebe jetzt keinen Wehrdienst mehr, und deshalb könnten die Schüler ruhig etwas länger zur Schule gehen, eine große Rolle gespielt hat. Teilnehmer an den damaligen Besprechungen haben mir das erzählt. Das Unglück war, daß das gleiche Argument auch bei der Verlängerung der Hochschulzeiten und ebenso bei der Neugestaltung der Referendarzeit verwendet wurde. Nachdem man mit Rücksicht auf die weggefallene Wehrpflicht bei drei verschiedenen Ausbildungen die Zeiten verlängert hatte, haben wir hinterher den Wehrdienst wieder eingeführt.
Das stellt uns auf allen Gebieten vor Probleme. Ich möchte auf die Einzelfragen nicht eingehen. Ich möchte nur sagen: für den jungen Mitbürger ist das ein Gesamtproblem, von dem wir den Wehrdienst
nicht völlig ausnehmen können. Herr Minister, ich bitte, nicht zu erschrecken. Ich will in keiner Weise den Antrag stellen, daß wir den Wehrdienst verkürzen sollen. Ihre Ausführungen, daß wir nach einer zwölfmonatigen Ausbildungszeit genügend Soldaten benötigen, die voll ausgebildet präsent sind, haben mich völlig überzeugt. Die Frage, die ich stelle, ist folgende: Können wir diese Präsenzzeit ausnutzen, um die Gesamtausbildung zu kürzen, indem wir Soldaten, die ihre zwölf Monate Ausbildung hinter sich haben und sich in dieser Ausbildung bewährt haben — das kann eine Prämie für gute Leistung und Haltung sein —, auf Antrag zu Studenteneinheiten in Universitätsstädten versetzen, wo sie in friedlichen Zeiten zwar präsent sind, aber doch tagsüber zum Studium beurlaubt werden?
Meine Damen und Herren, die Einwände kennen Sie. Der Einwand der Gleichheit überzeugt mich in keiner Weise. Selbstverständlich ist der Abiturient etwas anderes als der Volksschüler. Auch die Wehrmacht behandelt ihn anders, indem sie ihn in kürzeren Zeiten zum Offizier heranreifen läßt als den Volksschüler. Ich will dieses Thema, was wir vielleicht noch in anderem Kreise erörtern wollen, hier nicht im einzelnen vertiefen.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Funcke?
Ja, sicher.
Herr Kollege Dr. Dichgans, sind Sie nicht der Meinung, daß Ihr Antrag haargenau der beste Beweis für die Richtigkeit des FDP-Antrages ist, weil er doch bestätigt, daß offensichtlich im dritten Halbjahr in der Ausbildung der Bundeswehr allerhand Luft ist?
Gnädige Frau, es fällt mir schwer, einer Dame zu widersprechen. Aber ich kann Ihre Meinung in keiner Weise teilen. Denn es handelt sich darum, daß die Bundeswehr eine ausreichende Anzahl ausgebildeter Soldaten präsent verfügbar halten muß. In diesem Sinne ist ein Student, der in der Kaserne, in Uniform lebt, in ganz anderer Weise präsent als ein Reservist, den man erst einziehen muß. Ich glaube also, daß mein Vorschlag etwas anderes ist als der der FDP. Ich wäre Ihnen jedoch dankbar, wenn Sie meinen Vorschlag unterstützen würden.
— Herr Dorn, ich will den Kern Ihres Gedankens keineswegs rundweg ablehnen.Ich möchte den Herrn Bundesverteidigungsminister bitten, sich hier etwas einfallen zu lassen. Wenn das Gleichheitsprinzip Schwierigkeiten macht, dann hätte ich keine Bedenken, daß man für Soldaten, die in Studentenkompanien versetzt werden möchten, 24 Monate Wehrdienst einführt und das
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5634 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967
Dichganszweite Jahr dann als ganzes Jahr für die vorgesehene Studienmöglichkeit reserviert; in den Ferien können die Studenten dann noch Übungen machen. Es gibt auch andere Möglichkeiten, über die ich Ihnen, Herr Minister, noch im einzelnen schreiben werde. Ich glaube, daß eine intelligente und einfallsreiche Befassung mit den Möglichkeiten, hier individuell zu helfen, auch den Wehrwillen unserer jungen Akademiker stärken würde.
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Verteidigung.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir können ohne Übertreibung sagen, daß wir eine sehr interessante Debatte gehabt haben. Was mich angeht, werde ich viele der Fragestellungen, die entwickelt worden sind, sehr sorgfältig prüfen. Ich glaube, wir werden Gelegenheit haben, in den kommenden Monaten auf vieles zurückzukommen.Ich möchte jetzt mit Rücksicht auf die fortgeschrittene Zeit eigentlich nur zu sieben oder acht Punkten etwas sagen, die ich gleich vorher ankündigen will. Ich werde nochmals auf die Frage der nuklearen Komponente in Verbindung mit der Pariser NATO-Verteidigungsminister-Konferenz eingehen. Ich möchte etwas über die Wirtschaftlichkeit sagen. Ich möchte auf den Punkt des Organisationsgesetzes zurückkommen. Einige Bemerkungen werde ich zur vierten Laufbahn machen. Einige Anmerkungen sollen zu den Ausführungen über Panzerabwehr des Kollegen Schultz gemacht werden. Mit ein paar Sätzen werde ich auf die Transall eingehen. Die Fußballbeschaffung des Kollegen Berkhan werde ich mit den bestehenden Richtlinien in Verbindung bringen. Ich will auf einiges von dem eingehen, was Kollege Dichgans gesagt hat. Und dann will ich ein paar Schlußbemerkungen machen. Ich will das so kurz wie möglich tun.Ich wundere mich eigentlich — und aus dieser Verwunderung komme ich seit der Pariser Konferenz nicht heraus —, Herr Kollege Schultz, und das gilt auch für andere Ihrer Freunde, wieso sie auf den Gedanken kommen, daß wir — die Deutschen — in Paris vor ganz neue überraschende Tatbestände und Entwicklungen gestellt worden und entweder von einer Niederlage oder was immer begleitet, hierher zurückgekommen seien. Die Dinge sind wirklich sehr viel einfacher und harmloser und ganz anders als das, was Sie darstellen. Ich will es nicht in allen Einzelheiten wiederholen.Was ist geschehen? Man hat ein bißchen mit einer Menge Papiermaterial aufgeräumt — ich nenne jetzt einmal die ganze Konzeption der massiven Vergeltung Papiermaterial —, das mehr oder weniger schon in der Praxis überholt war. Man hat wirklich angefangen zu formulieren, was man schon durch Jahre hindurch mehr oder weniger betrieben hat, nämlich eine Verteidigungskonzeption der flexiblen Antwort, der flexiblen Reaktion. Ich glaube, daß wir nicht in eine ganz neue Lage hineingestellt worden sind, sondern daß sich die Bundeswehr im Grunde — das ist jedenfalls meine Aussage und Behauptung — seit langem auf dieses Konzept, wenn vielleicht noch nicht vollständig und vollkommen, eingestellt hat und weiter einstellen wird.Sie haben im Grunde drei Dinge hervorgehoben. Das ist einmal der Verzicht auf Atomträger, die Ausrüstung mit konventionellen Streitkräften sei nicht ausreichend, und Ersparnisse daraus könne man für die Reservistenausbildung verwenden. Was ist dazu zu sagen?Erstens: Die bisherige Ausrüstung der Bundeswehr entspricht den Forderungen der NATO. Sie ist also nicht etwa nur unsere eigene willkürliche Erfindung, sondern sie gehört seit Jahren in ein gemeinsames Konzept hinein.Der zweite Punkt: Bei dieser Ausrüstung der Bundeswehr muß klar unterschieden werden zwischen ausschließlich nuklear verwendbaren Systemen, also z. B. der Pershing und Sergeant, und den sowohl nuklear als auch konventionell einsetzbaren Systemen, also Honest John, F 104, Nike Herkules, 203 mm Haubitze.Dazu muß man ganz deutlich sagen, daß die Masse unserer Waffensysteme, dem heute möglicherweise für wahrscheinlich gehaltenen Bild eines begrenzten Krieges entsprechend nur konventionell einsetzbar ist. Ich zähle sie nochmals auf: Die Feldartillerie mit der oben genannten Ausnahme, sämtliche Panzer- und Panzerabwehrsysteme, die Rohrwaffenflak des Heeres, die G-91-Verbände, der Abfangjäger F 104, die Hawk-Bataillone, sämtliche Kampfschiffe der Marine und das Marinefliegergeschwader F 104. Ich glaube, daß diese beispielhafte Aufzählung tatsächlich die Ausgewogenheit der Bewaffnung unserer Streitkräfte im Hinblick auf ihre Doppelrolle zeigt, nämlich zur Abschreckung beizutragen und mit Schwerpunkt in einer konventionellen Abwehr wirken zu können. Dabei — das ist auch wichtig zu wissen — entspricht die Fähigkeit zur wechselweisen Verwendung in der einen oder anderen Rolle der ausdrücklichen Forderung der NATO und, wie ich schon sagte, auch der Ausrüstung der Armeen des Warschauer Pakts.Wenn man also in dieser Weise nun wirklich einmal realistisch die konventionelle und nukleare Kompenente der Bundeswehr ansieht, kommt man zu ganz anderen Ergebnissen als denen, die Sie glaubten entwickeln zu können. Ich scheue mich nun, noch etwas weiter in Zahlendetails zu gehen. Das würde, glaube ich, keinem guten Zweck dienen. Wir können aber sehr gern darüber im Ausschuß reden, und ich hoffe, Sie davon überzeugen zu können, daß wir in der Tat nicht ein Übermaß atomarer Komponente oder Trägerausstattung haben, sondern daß wir mit dem starken Übergewicht auf der konventionellen Komponente sehr wohl ausgewogen sind. Soviel zu Ihren Ausführungen.Ich darf mich dann den Ausführungen des Kollegen Berkhan zuwenden. Ich kann mich nicht mit Ihrer ganzen Rede beschäftigen, Herr Kollege Berkhan; aber das Leben wird noch ein bißchen länger
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967 5635
Bundesminister Dr. Schröderdauern, und auf viele interessante Punkte wird man zurückkommen können. Die Forderung nach einer verbesserten Beschaffungsplanung durch Mitbetrachten der Betriebskosten, kaufmännisches Denken, Wirtschaftsingenieure und Beachtung betriebswirtschaftlicher Grundsätze ist voll zu bejahen. Aber natürlich muß man diese Forderung auch im Zusammenhang sehen mit der weiteren Forderung nach einer realen mittelfristigen Finanzvorausschau. Ich freue mich sehr auf den Tag — und ich hoffe, daß wir ihn gemeinsam erleben werden —, an dem wir, wie das in einem Teil uns befreundeter Länder der Fall ist, ebenfalls langfristige, wohlabgestimmte Pläne und Programme vorlegen können. Wenn wir durch gemeinsame Arbeit wirklich dahin kommen sollten, würde das niemand mehr begrüßen als ich.Nun muß man folgendes sagen: Die Beschaffungsplanung ist ganz offensichtlich nur langfristig möglich. Wir gehen von einer Vorlaufzeit von sechs bis acht Jahren aus. Wir haben aber neulich festgestellt, daß von dem Entschluß an, eine bestimmte Sache zu machen, bis zu ihrer Verwirklichung in der Bundeswehr eher zehn als sechs bis acht Jahre anzusetzen sind, und das zeigt die Problematik. Deswegen ist das eine sicher: Kurzfristige und nachträgliche Eingriffe aus Finanzgründen führen zur Unwirtschaftlichkeit, und deswegen brauchen wir eine sehr, sehr sorgfältige Abstimmung.Bei Beschaffungsentschlüssen müssen und werden alle Kosten mitbetrachtet, sowohl die für Entwicklung wie für Beschaffung wie für den Betrieb. Auch darin stimmen wir überein.Kostenwirksamkeitsanalysen werden der Planung tatsächlich in zunehmendem Maße zugrunde gelegt. Sie wissen, daß sich unsere OR-Kapazitäten oder — übersetzen wir das einmal für .das Publikum genauso unverständlich: „Operations-Research"-Kapazitäten — in Ottobrunn und in Trier im Aufbau befinden. Wir haben bereits gewisse erste Ergebnisse erzielt. Ich glaube auch, daß dies etwas ist, was wir in Deutschland genausogut weiterentwickeln können, wie das andere Länder tun. Wir werden uns jedenfalls darum bemühen.Sie haben kaufmännisches Denken verlangt. Dieses findet seine Grenzen in 'der Reichshaushaltsordnung, wie Sie wissen, und hier wird es ja vielleicht auch sehr fortschrittliche Veränderungen geben. Aber auch hiernach ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der dominierende Grundsatz. Ich möchte mich auf diese Anmerkungen zu Ihren Ausführungen .beschränken. Ich glaube, wir stimmen darin doch weitgehend überein.Nun muß ich ein paar Worte zu dem Organisationsgesetz sagen. Herr Kollege Ollesch ist so gut gewesen, die lange Leidensgeschichte des Organisationsgesetzes vorzuführen.Ich bin noch gar nicht so lange Verteidigungsminister. Aber ich habe immer an der Weisheit gezweifelt, das zu tun, was man schon im Freiwilligengesetz — das ist noch in meiner Innenministerzeit beschlossen worden — und dann später im Soldatengesetz getan hat, nämlich eine gesetzgeberische Absicht zu erklären, ohne einen Gesetzesbefehl zuerteilen. Das hat man übrigens in vielen anderen Gesetzen getan, ohne daß je etwas daraus geworden ist.Aber was ist die Wirklichkeit? Sie haben die Wirklichkeit ganz schön beschrieben. Wir haben einen Entwurf von 1956 gehabt; er war der erste. Wir haben 1965 einen anderen Entwurf gehabt; er war der zweite. Wir könnten morgen einen neuen Entwurf haben; er wäre der dritte. Übermorgen sind wir so schlau, zu wissen, daß der dritte nicht mehr der richtige ist, sondern daß wir zu dem vierten übergehen können.Meine Damen und Herren, ich habe schon mit einigen Kollegen darüber gesprochen, wie wir mit diesem Problem fertig werden. Wen es wirklich sehr grämt, daß etwas unausgeführt im Soldatengesetz steht, dem sei gesagt: Das kann man viel leichter aus dem Gesetz herausbringen, als ein neues Organisationsgesetz .schaffen. Es geht nach meiner Überzeugung hier um die Sache und nicht um die Form eines Gesetzes.Jeder, der sich jetzt wie ich das Verteidigungsministerium mit einer gewissen Unbefangenheit ansieht, ist sich darüber klar, daß man sicherlich zu gewissen Änderungen kommen wird. Ich würde nicht so kühn oder so leichtsinnig sein, heute zu sagen, welches die Änderungen im einzelnen sein werden.Ich glaube, ich war schon ein Jahr Außenminister, als ich die Kühnheit hatte, das Auswärtige Amt wenigstens ein bißchen umzuorganisieren. So viel Zeit braucht man mindestens, um sich sicher zu fühlen, welches notwendige und mögliche Veränderungen in einer Organisation sind. Aber ich bin mir darüber klar, daß solche Organisationen etwas Lebendes darstellen und daß Fixierung im Gesetz der künftigen Entwicklung eher eine Schranke setzt, als wenn man sich hier an die Grundsätze des Lebens und der weiteren Entwicklung hält.
Zu einer Zwischenfrage Herr Abgeordneter Ollesch.
Herr Bundesminister, sind Sie bereit, mir zuzugeben, daß wir im vergangenen Sommer und im Frühherbst alle in diesem Hause durchaus bereit waren, der Bundeswehr eine Organisation zu geben, die der beabsichtigten Schlagkraft der Organisation in etwa entspricht, und daß der gute Wille des Hauses unter Umständen schwinden könnte, je länger wir damit warten, uns über die Zweckmäßigkeit einer Organisation zu unterhalten? Ob es Gesetz sein muß, Herr Minister, oder ob man es in einem Gespräch mit dem Verteidigungsausschuß regeln kann, lasse ich dahingestellt.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Ollesch, ich kann mich jetzt ganz kurz fassen. Ihre letzten Worte zeigen mir offensichtlich einen Weg der Lösung. Ich glaube, das ist etwas, was auch die anderen Kollegen, wie ich beinahe vermuten möchte, unterstützen werden. Wir wollen uns sehr gern darüber unterhalten, welches die nach sorgfältiger Überprüfung notwendigen organisato-
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5636 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967
Bundesminister Dr. Schröderrischen Veränderungen sind. Aber ich habe eine große und, wie ich glaube, berechtigte Scheu davor, daraus ein Gesetz zu machen, das uns selbst für morgen oder übermorgen bindet oder unter den Zwang stellt, neue gesetzliche Änderungen vorzunehmen. Die Gründe habe ich dargelegt. Es ändert sich so vieles unter unserer Hand, daß wir uns miteinander die freien Gestaltungsmöglichkeiten erhalten und uns nicht über das hinaus festlegen wollen, was wirklich absolut notwendig ist.Ich möchte nun ein paar Worte zu der sogenannten vierten Laufbahn sagen, über die eine ganze Reihe der Kollegen gesprochen haben. Meine Damen und Herren, wenn ich sicher wäre und sein könnte, daß das Hohe Haus in dieser Frage wirklich übereinstimmt — ich muß das zweimal sagen, damit der eine oder andere darüber vielleicht noch einmal nachdenkt —, wenn ich also wirklich sicher sein könnte, daß das Hohe Haus in dieser Frage übereinstimmt, dann könnten wir das vielleicht sehr schnell machen. Bisher sieht sich die Sache schlechter an, als es hier in der Debatte ausgedrückt worden ist. Ich habe das ja heute morgen vor dem Bundeswehrverband dargelegt. Zur Zeit befinden wir uns wirklich im Gestrüpp der Ressorts, und jemand, der das etwas miterlebt hat, weiß, was Gestrüpp der Ressorts bei solchen Sachen bedeuten kann und welche Konsequenzen es rein zeitlich hat. Sind wir aber — und es ist vielleicht ganz gut, dies zunächst einmal im Verteidigungsausschuß und dann über den Verteidigungsausschuß hinaus festzustellen — in dieser Sache wirklich einig und kann die Regierung sicher sein, hier festen Grund unter den Füßen zu haben, dann werden sich die Ressortschwierigkeiten sehr viel leichter geben, als es sich derzeit darstellt.Ich neige im Grunde dazu, obwohl ich auch eine ganze Reihe von Argumenten differenzierter Art sehe, an dem festzuhalten, was wir als einen ersten Entwurf aufgestellt haben. Wenn das die Billigung des Hohen Hauses findet, sollte eine solche Sache tatsächlich relativ schnell Gesetz werden können.Ich habe als nächsten Punkt die Panzerabwehrfähigkeit genannt, und ich möchte an die Adresse des Kollegen Schultz — das ist nicht nur für ihn, sondern auch für alle anderen interessant — sagen: Die Lücken in der Panzerabwehrbewaffnung sind im wesentlichen geschlossen. Die Verstärkung der Panzerabwehrfähigkeit ist nach weiterem Zulauf von Kanonen- und Raketenjagdpanzern sowie der Panzerabwehrmunition für den Infanteriebereich gegeben.Ich darf bei dieser Gelegenheit auch noch ein Wort über die Tieffliegerabwehr sagen. Im Heeresbereich stehen zur Zeit die veralteten Systeme Flakpanzer M 42 und Waffensystem L 70 zur Verfügung. Es ist vorgesehen, dieses System durch den Fla-Panzer Leopard abzulösen. Im Luftwaffenbereich ist die Einführung einer Fla-Kanone zur Zweitverwendung des anderweitig eingesetzten Luftwaffenpersonals vorgesehen. Das ist aber eine langfristige Planung. Im übrigen haben wir eine wichtige deutsch-französische Planung im Bereich der Tieffliegerabwehr, nämlich die Planung Roland.Nun bin ich bei Transall. In dieser Sache ist eine Kürzung noch nicht endgültig beschlossen. Der eigentliche Anstoß zur Prüfung ist bisher nicht erwähnt worden: die gewaltige Steigerung der Kosten von 1,78 Milliarden DM im Jahre 1964 auf 2,65 Milliarden DM im Jahre 1966. Daß das etwas ist, was uns — von einer Reihe anderer Gründe abgesehen -Anlaß zum Nachdenken gibt, ist ganz selbstverständlich. So unbequem das gerade auch für den Verteidigungsminister ist, wir würden nach meiner Meinung nicht pflichtbewußt handeln, wenn wir uns dieser Sache nicht ganz gründlich widmen wollten.Dabei wird selbstverständlich — ich sage das an die Adresse des Kollegen Damm — auch erwogen, ob es etwa einen anderweitigen Verkauf geben könnte. Aber hier möchte ich nachdrücklich — ich sage: nachdrücklich — vor Illusionen warnen. Ich habe die Liste anderer Interessenten gesehen. Ich muß mich jetzt ein bißchen diskret ausdrücken. Da war ein sehr großer Interessent genannt. Sein Interesse machte, wie Sie sich selbst erinnern, beinahe die Hälfte aus. Nun, ich habe mit dem maßgebenden Minister des betreffenden Landes gesprochen. Er sagte ungefähr, was ich erwartet hatte, es sei für ihn eine interessante Erwägung, aber eine Frage, die möglicherweise in der Zukunft liege. Insoweit ist eben zwischen „Interesse haben" und „Interessent sein" und „den Füllfederhalter ziehen und einen großen Abschluß tätigen" ein weiter, weiter Weg. Wir sollten uns hier also nichts vormachen, sonst könnten wir zu häßlichen Enttäuschungen kommen.Ich bin jetzt bei dem Fußball und kann mich wieder dem Kollegen Berkhan zuwenden, nämlich der Frage der Genehmigung des Kaufs eines Fußballs durch den Divisionskommandeur. Die Sache verhält sich wie folgt. An sich — wir wollen einmal dieses „an sich" als den Normalfall annehmen — hat die Truppe beim Sporttitel genügend Mittel, um Fußbälle zu kaufen. Solche Käufe erfolgen im Rahmen der Beschaffungsrichtlinien für den Sofort-bedarf der Truppe. Bis 200 DM kann das das Bataillon selbst beschaffen. Wenn über diesen Betrag hinaus ausnahmsweise zusätzliches Sportgerät erworben werden soll, kann dies aus einem anderen Titel, nämlich dem für die Freizeitgestaltung, beschafft werden. Dafür ist tatsächlich ,die Genehmigung des Divisionskommandeurs erforderlich. Das steht in den Richtlinien von 1964, VMBl Seite 401 ff. Ihnen mag das ein bißchen komisch vorkommen; es ist aber schon nicht mehr ganz so komisch, wenn man sich darüber klar ist, daß es sich dabei um sehr seltene Ausnahmen handelt. Darüber hinaus möchte ich noch sagen, Herr Kollege Berkhan: Wir sollten jetzt noch prüfen, ob solche Ausnahmen nicht einfacher behandelt werden können.An die Adresse des Kollegen Dichgans möchte ich zwei Bemerkungen machen. Ich danke ihm im Grunde für seine uneingeschränkte Zustimmung im Hinblick darauf, daß wir auf präsente Kräfte angewiesen sind. Das ist in der Tat so, und ,das ist uns heute vielleicht plastischer geworden, als es uns manchmal gewesen ist. Er hat mit Recht gesagt, daß wir weiter darüber nachdenken sollten, was wir tun können, um diese an sich notwendige
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967 5637
Bundesminister Dr. SchröderPräsenz auch im letzten Drittel der Wehrdienstzeit vielleicht noch fruchtbarer zu gestalten, als das zur Zeit vielleicht der Fall ist. Jede Anregung dazu ist wichtig und sollte ernst genommen werden.Was nun die Studentenkompanien angeht, so will ich in dieser Frage nicht etwa das letzte Wort sagen. Es ist aber vielleicht doch gut, wenn ich angesichts des öffentlichen Interesses, das diese Diskussion findet, darauf ein wenig eingehe. Ich möchte die Schwierigkeiten aufzeigen, die bei ,der Verwirklichung des Gedankens auftreten.Da gilt erstens ein bewährter Grundsatz deutscher militärischer Ausbildung. Spätestens nach der allgemeinen dreimonatigen Grundausbildung ist die Ausbildung in die Kompanien und Batterien zu verlegen, die gleichzeitig die Kampfgemeinschaft darstellen. Der Vorteil dieser Lösung liegt offenbar darin, daß durch ständiges Zusammenleben das gegenseitige Vertrauen von Offizieren, Unteroffizieren und Mannschaften gefördert wird. Wir sind uns darüber einig, daß Vertrauen und Kameradschaft die Grundlage für die Kampfmoral sind. Sie selber haben das vorhin eindringlich hervorgehoben.Der zweite Gesichtspunkt: Die Versetzung von Abiturienten in Studentenkompanien nach dem 12. Dienstmonat würde die Stammkompanien schwächen. Die Auffüllung mit jungen Soldaten aus Ausbildungskompanien oder aber eine Austauschversetzung gegen Nichtstudenten im Ausgleich würde notwendig werden. Das würde nun in der Tat Unruhe bedeuten und zu einem Fehl an Spezialisten in den einzelnen Einheiten, z. B. an Ladeschützen, Richtschützen, Funkern, Richtkanonieren usw. führen.Im übrigen wird die Zeit vom 13. bis 18. Dienstmonat bei vielen Abiturienten für die Ausbildung zum Unteroffizier der Reserve und zum Offizier der Reserve genutzt und benötigt. Das aber ist eine Ausbildung, die in Lehrgängen jeweils nach den Erfordernissen der Teilstreitkraft oder der Waffengattung erfolgen muß.Das, Herr Kollege Dichgans, sind einige der Probleme, die hier eine Rolle spielen und die uns Ihr Vorschlag einmal wieder vor Augen führt. Ich bin der Meinung, daß man Vorschläge dieser oder variierender Art getrost weiter prüfen und untersuchen sollte, schon um einmal zu zeigen — das ist vielleicht auch der Öffentlichkeit gegenüber ganz gut —, daß wir uns ernste Gedanken darüber machen, ob die volle Zeit nicht so ausgefüllt werden kann, daß wir uns irgendwelche Vorwürfe ersparen.Der Herr Kollege Dichgans hat einen weiteren Punkt angeschnitten, den ich für außerordentlich wichtig halte. Wir wollen jetzt nicht die Moral anderer Armeen untersuchen. Aber soviel ist sicher richtig, daß wir uns immer wieder die Frage stellen müssen: Was verteidigen wir denn? Darauf haben wir natürlich eine relativ einfache Antwort, wenn Sie so wollen. Die Antwort lautet: Wir verteidigen und erhalten den Frieden, wir verteidigen die Erhaltung unserer Sicherheit und verteidigen die Freiheit. Wenn wir sagen, daß wir die Freiheit verteidigen, ist das doch schon wesentlich differenzierter und verlangt schon sehr viel mehr Nachdenken als die beiden zuerst genannten Faktoren. Daß dies Probleme sind, die in einem geteilten Land, wie es Deutschland ist, zu den schwierigsten, geradezu herzzerreißenden Problemen gehören, liegt auf der Hand. Wir werden sehr sorgfältig darüber nachdenken und sehr vorsichtig darüber sprechen müssen, was denn nun wirklich ein gemeinsamer Inhalt, ein gemeinsames Bewußtsein der Verteidigungsaufgabe ist. Dies ist eine Sache, an die wir vielleicht durchaus eine neue Bemühung verwenden dürfen. Ich danke Ihnen aufrichtig dafür, daß Sie diesen Ton auch in dieser Debatte angeschlagen und zum Klingen gebracht haben.Meine Damen und Herren, ich komme mit ein paar Bemerkungen noch einmal auf etwas zurück, was von verschiedenen Rednern in der Debatte gesagt worden ist. Wir haben hier und in der Öffentlichkeit immer wieder die Frage nach dem Konzept. Darunter verstehen viele, daß es eigentlich wieder einmal oder nun endlich ein neues Konzept geben müsse. Ich verstehe die Diskussion und diese Fragestellung sehr wohl. In einem gewissen Rahmen findet die Diskussion ihre Befriedigung auch in der in der Allianz geführten Diskussion, an der Deutschland beteiligt ist.Aber 'ich möchte sagen — und ich habe das dem Verteidigungsausschuß an Hand der politischen NATO-Direktive zur Ausarbeitung eines neuen strategischen Konzepts eingehend auseinandergesetzt —, daß sich alle Vorstellungen über die deutschen strategischen Erfordernisse, die hier zum Tragen gebracht worden sind und gebracht werden und die in der über das Haus hinausgehenden militärpolitischen Diskussionen in Deutschland dargelegt werden, nach meiner Überzeugung jedenfalls heute im wesentlichen mit den Vorstellungen unserer Partner, mit den Vorstellungen der Allianz dekken. Wir werden das vielleicht in ein paar Monaten etwas deutlicher zeigen können, als das heute gelingen mag. Den Gedanken, darüber in einer kleineren Gruppe zu sprechen, greife ich sehr gern auf. Über das Konzept, über die Struktur, über Waffenprogramme werden wir weiter sprechen müssen, und ich hoffe, wir finden geeignete Wege, dies zu tun.Ich habe jetzt nur noch einen einzigen Gedanken, und das ist etwas, was in der Debatte angeklungen ist, nämlich das Verhältnis der Außenpolitik, die wir betreiben müssen, zu der Verteidigungspolitik. Ich habe es in dieser Frage ziemlich leicht; denn ich habe den Vorzug, in beiden Ressorts gewisse Erfahrungen gesammelt zu haben und zu sammeln. Ich bleibe bei dem, was ich als Außenminister gesagt habe, daß nämlich auswärtige Politik und Verteidigungspolitik in der engsten Weise, buchstäblich Arm in Arm miteinander gehen müssen und gehen sollen. Ich habe die feste Überzeugung, daß sowohl auswärtige Politik wie Verteidigungspolitik Aufgaben sind, die unter großer Anstrengung wirklich auf die allgemeine Unterstützung in der deutschen Politik gestellt werden müssen. Das ist etwas,
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5638 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967
Bundesminister Dr. Schröderworum wir gerungen haben und weiter ringen werden. Alle Fragen, die Sie in dieser Beziehung angeschnitten haben, finden bei mir ein durchaus offenes Ohr. Aber eins ist Voraussetzung dafür. Eine Voraussetzung ist die, daß wir das Ganze ohne irgendeine Illusion, ohne irgendein Wunschdenken betreiben, vielmehr mit dem klaren Blick auf die Tatsachen. Ich glaube daran, daß, wenn man sich erst einmal über die Tatsachen geeinigt hat, die Chance, sich über die Schlußfolgerungen zu einigen, schon sehr viel größer geworden ist. Dies ist eine Aufgabe, die wir weiter gemeinsam vor uns haben, und ich habe die Überzeugung, daß wir sie vielleicht nicht auf Anhieb befriedigend, aber schließlich doch wenigstens Schritt für Schritt zu einer guten Lösung bringen können.
Meine Damen und Herren, es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Änderungsanträge zum Einzelplan 14 liegen auch nicht vor.
Wir kommen dann zur Abstimmung über diesen Einzelplan 14 — Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung. Wer diesem Einzelplan zustimmen will, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Danke. — Enthaltungen? — Der Einzelplan ist mit großer Mehrheit angenommen.
Wir kommen dann zu Punkt 3 b der Tagesordnung:
Haushaltsgesetz 1967
Wir beraten auf Grund der Drucksache V/1800. Es liegen Änderungsanträge auf den Umdrucken 253 *) und 257 **) vor.
Ich rufe die §§ 1 bis 28 auf. Wer den §§ 1 bis 28 zustimmen will, gebe das Zeichen. — Danke. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Gegenstimmen angenommen.
Zu § 28 a liegt auf Umdruck 257 ein Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Schellenberg, Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller und Genossen vor. Wird das Wort zu diesem Antrag gewünscht?
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Götz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe in der zweiten Lesung zu diesen beiden Änderungsanträgen als Berichterstatter Stellung genommen und Sie darum gebeten, es bei der Vorlage des Haushaltsausschusses zu belassen. Ich möchte dazu jetzt noch einmal in aller Kürze nicht als Berichterstatter, sondern als Abgeordneter Stellung nehmen.
Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, daß der Vorschlag des Haushaltsausschusses, den Bundeszuschuß um 200 Millionen DM zu kürzen und Schuldbuchforderungen in Höhe von 1250 Millionen DM der Rentenversicherung zuzuteilen, ein einmütiger Beschluß des Haushaltsausschusses gewesen ist,
*) Siehe 112. Sitzung, Anlage 5 **) Siehe Anlage 2
der sich, wie ich wohl annehmen kann, einen einmütigen Beschluß des Kabinetts zu eigen gemacht hat. Wir haben im Haushaltsausschuß — Kollege Hermsdorf wird mir zustimmen — sehr eingehend nicht nur die Frage der Auswirkungen dieses Beschlusses auf die Finanzlage der Rentenversicherungsträger geprüft, sondern, wie es unsere Pflicht war, auch die finanz- und haushaltspolitischen Aspekte. Wir sind übereinstimmend zu dem Ergebnis gekommen, daß dieser vom Haushaltsausschuß dem Hohen Haus vorgeschlagene Weg zur Zeit der einzig mögliche und der einzig vertretbare Weg ist — unter Berücksichtigung aller, nicht nur der sozialpolitischen, sondern auch der haushalts-, der finanz-, der kredit- und der konjunkturpolitischen Gesichtspunkte.
Ich möchte mich mit zwei Punkten noch einmal gegen diesen Antrag aussprechen. Erstens bitte ich diejenigen, die dazu neigen, dem Antrag der SPD-Kollegen stattzugeben, zu bedenken, daß durch den Kürzungsvorschlag Ides Haushaltsausschusses kein Einfluß auf die Rentenleistungen und ihre Höhe genommen wird. Durch .diesen Kürzungsbeschluß wird keine Rentenleistung irgendwie verkürzt oder geschmälert. Ich bin darauf ausführlich in meinem Schriftlichen Bericht eingegangen.
Zum zweiten darf ich darauf hinweisen, daß durch eine Rückgängigmachung dieses Kürzungsbeschlusses im Augenblick die Liquiditätslage der Rentenversicherung in keiner Weise verbessert wird. Dies ist eine Problematik, die wir im Zusammenhang mit dem Rentenversicherungsänderungsgesetz lösen müssen. Hier und heute geht es um die Frage dies Haushaltsausgleichs. Ich meine, der Haushaltsausgleich ist gerade im Hinblick auf die Frage, wie wir unser Rentensystem und wie wir die finanzielle Sicherheit der Renten halten, nicht ahne Wichtigkeit; denn Sozialpolitik steht nun ,einmal in enger Verzahnung mit der Haushaltspolitik, mit der Finanzpolitik, mit der Wirtschaftspolitik. Wir sollten erst einmal den Haushalt in Ordnung bringen und dann die uns alle !auf den Nägeln brennende Frage im Zusammenhang mit idem Rentenversicherungsänderungsgesetz lösen.
Soviel heute und jetzt. Wir werden diesen Antrag ablehnen. Aber ich glaube, wir können erwarten —und ich möchte für meine Fraktion sagen, wir bitten sehr dringend darum —, daß der Herr Bundesfinanzminister morgen bei der dritten Lesung in der allgemeinen Aussprache oder bei der Beratung des Änderungsantrages zum Einzelplan 11 dazu noch einmal ausführlich aus der Sicht des Haushalts Stellung nimmt.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Spitzmüller.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Dieser Antrag ist die logische Konsequenz des Beschlusses, den die Mehrheit des Bundestages am Freitag gefaßt hat. Es ist aus all den Gründen, die wir bereits am
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967 5639
SpitzmüllerFreitag dargelegt haben, selbstverständlich, daß die Fraktion der Freien Demokratischen Partei auch diesem Antrag in logischer Konsequenz ihrer Entscheidung vom Freitag ihre Zustimmung gibt.
Es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Dann kommen wir zur Abstimmung über den Antrag auf Umdruck 257 *). Wer dem Antrag zustimmen will, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.
Wir haben dann über den § 28 a in der so geänderten Fassung abzustimmen. Wer dem so geänderten § 28 a zustimmen will, gebe das Handzeichen. — Danke. Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der § 28 a ist angenommen.
Ich rufe die §§ 28 b und 28 c auf. Wer diesen beiden Paragraphen zustimmen will, gebe das Zeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Die beiden Paragraphen sind angenommen.
Zu § 28 d liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck 253 vor. Wird das Wort zu diesem Änderungsantrag gewünscht? — Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Wuermeling.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der Entscheidung über diesen § 28 d soll über die Streichung des letzten Restes der Ausbildungszulage abgestimmt werden, der heute noch besteht.Ungeachtet der Zeitbedrängnis, in der wir uns befinden, bitte ich um Ihre Nachsicht, wenn ich hier für meine Person in wenigen Minuten einmal die ganz großen Sorgen zum Ausdruck bringe, die mich in diesem Zusammenhang seit langem bedrücken.Wenn ich immer wieder draußen im Lande über diese Sorgen spreche und feststelle, daß sie von breiten Kreisen, vor allem der Wählerschaft der CDU/CSU, geteilt werden, so meine ich, daß es meine Pflicht ist, auch hier im Bundestag für das zu stehen, was ich draußen sage, und das auszusprechen, um die Bundesregierung damit zu bitten, den familienpolitischen Weg, der in den letzten zwei Jahren gegangen wurde, nicht mehr fortzusetzen und die Signale wieder richtig zu stellen.Meine Damen und Herren, ich beschränke mich darauf, dazu nur ganz kurz wenige Tatsachen aufzuzählen, weil ich meine, daß sich die Schlußfolgerungen dann ganz von sich selbst ergeben.Erstens. In der ersten Regierungserklärung nach der Wahl am 10. November 1965 kündigte der damalige Bundeskanzler die Fortentwicklung des Familienlastenausgleichs an. Daraufhin forderte die Bundesregierung die Kürzung der Ausbildungszulage um 25% von 40 auf 30 DM.Zweitens. In der Aussprache über die Regierungserklärung am 29. November 1965 erklärte der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU wörtlich:*) Siehe Anlage 2Der sittliche Schutz und die materielle Förderung der Familie bleiben uns vorrangig.Dann folgte a) die überproportionale Erhöhung der Schülertarife der Bundesbahn, die weithin den gleichen Kreis traf, b) die Aussetzung des erhöhten Mutterschaftsgeldes für ein weiteres Jahr, c) die Kürzung der Mittel für den Familienwohnungsbau, d) die Einstellung der Aktion „große Familie" im Wohnungsbau, e) die Einstellung der Aktion „junge Paare" im Wohnungsbau und f) eine wesentliche Einschränkung der Mittel der Aktion „junge Familie" .Drittens. Bei der Haushaltsberatung im März 1966, als damals die Streichung der Ausbildungszulage aus dem Hause gefordert wurde, sagte unser Familienminister Dr. Heck wörtlich:Die Bundesregierung ist nicht bereit, den Familienlastenausgleich abzubauen.Er sagte das mit ausdrücklichem Bezug auf die Ausbildungszulage, und die Bundestagsfraktion der CDU/CSU unterstützte ihren Familienminister durch einstimmigen Beschluß vom 8. März 1966, der lautete:Einen Abbau familienpolitischer Leistungen, wie er während der Haushaltsdebatte empfohlen wurde,— also Streichung der Ausbildungszulage — lehnt die Fraktion der CDU/CSU strikt ab.Darauf forderte die Bundesregierung eine wesentliche Einschränkung des Kreises der ausbildungszulageberechtigten Eltern, die vom Bundestag wenigstens entscheidend abgemildert wurde. Ebenso hat der Bundestag die von der Regierung geforderte Einschränkung des familienpolitisch so wichtigen Wohngeldes verweigert, aber gleichzeitig die Umwandlung der befristeten Herabsetzung der Ausbildungszulage in eine dauernde beschlossen und schließlich die Hinausschiebung des erhöhten Mutterschaftsgeldes auf weitere Jahre festgelegt.Viertens. Am 21. April 1966 antwortete die Bundesregierung in der Fragestunde:Die Bundesregierung hält nach wie vor fest an der Zusage, daß der Familienlastenausgleich fortentwickelt werden muß.Dem folgte die Forderung der Bundesregierung auf völlige Streichung der Ausbildungszulage.Fünftens und letztens : Bundeskanzler Kiesinger erklärte im Bundestag am 20. Januar 1967:Der Wegfall dieser Ausbildungsbeihilfe bedeutet keineswegs ein Signal für die Veränderung unserer Familienpolitik. Er soll künftig wettgemacht werden— ich betone: wettgemacht —im Rahmen einer Reform des Familienlastenausgleichs, eingebettet in eine mittelfristige Finanzplanung.Der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU sprach auf dem Braunschweiger Parteitag am 22. Mai von "Prioritäten, die eine moderne Industriegesellschaft for-
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5640 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967
Dr. Wuermelingdert und bei denen es gerade für die CDU um den Menschen geht", und bei der Aufzählung dieser Prioritäten stand am ersten Platz „die Familie, in der der Mensch reift". Also die Familie als erste Priorität!Meine Damen und Herren, die Wirklichkeit ist folgende:a) Im gesamten Bereich regelmäßiger zum Lebensunterhalt bestimmter öffentlicher Leistungen sind die Familien mit Kindern in Ausbildung die einzigen, deren vorhandenes monatliches Einkommen wiederholt direkt gekürzt wird.b) Die Sätze des Kindergeldes sind im gesamten Bereich regelmäßiger zum Lebensunterhalt bestimmter Leistungen die einzigen, die seit nunmehr dreieinhalb Jahren weder der Preisentwicklung noch der allgemeinen Lohn- und Gehaltsentwicklung angepaßt wurden; und das, obschon der Lebenshaltungsindex von Januar 1964 bis April 1967 um 10% anstieg, bei Familien mit Kindern bekanntlich noch mehr, so daß schon eine materielle Verminderung eintrat, und zwar in einer Zeit, in der die Bruttostundenlöhne der Industriearbeiter von Januar 1964 bis Januar 1967 — letzte vorliegende Zahl — sich um 25 % erhöhten.c) Dazu kommt: Alle Opfer, die für die Stabilisierung bisher sonst gefordert wurden und werden, treffen in den jeweiligen Bereichen die Familien mit Kindern mindestens ebenso, wenn nicht natürlicherweise stärker als alle anderen davon Betroffenen. Die dargestellte Behandlung der Familien mit Kindern, also die ihnen als solchen zusätzlich abverlangten Sonderopfer bewirken also, daß unsere Familien mit Kindern deshalb stärker als alle anderen zu den Stabilisierungsopfern herangezogen werden, weil sie Kinder großziehen und ausbilden. Man kann doch unsere Haushaltungen mit Kindern wirklich nicht für belastungsfähiger halten als andere Haushalte,
zumal sie die letzten waren, die ihren Anteil am „Wirtschaftswunder" mitbekamen. Deswegen dürfen sie erst recht nicht die ersten sein, denen ständig weiter Sonderopfer auferlegt werden.Meine Damen und Herren, all dies scheint mir mit dem immer wieder verkündeten „Vorrang" der Familienpolitik ebensowenig vereinbar wie mit dem Grundgesetzartikel 6 Abs. 1, demzufolge die Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung steht.Wenn hier von familienpolitischer Signalstellung die Rede war, so scheinen mir die familienpolitischen Signale in den letzten Jahren nicht funktioniert zu haben. Die Ampeln waren offenbar ausgegangen. Sonst hätte all das, was ich hier schilderte, nicht in so ins Auge fallender Folge geschehen können.Ich habe die dringende Bitte an die Bundesregierung unter Hinweis auf ihre sich aus Art. 6 des Grundgesetzes ergebende verfassungsrechtlichePflicht, die familienpolitische Ampel nach mehr als zweijähriger Störung nun wenigstens wieder auf Gelb zu schalten, d. h. jedem weiteren Abbau unseres mühsam errungenen familienpolitischen Status ein Halt entgegenzusetzen, auf daß dann bei der in diesen Tagen vorbereiteten mittelfristigen Finanzplanung endlich die immer wieder versprochene Umschaltung auf Grün erfolgen kann und die Kanzlererklärung vom Januar, derzufolge die Kürzungsmaßnahmen wieder wettgemacht werden sollen, nicht desavouiert wird.Meine Damen und Herren, nachdem alle dargelegten Abbaumaßnahmen beim Familienlastenausgleich durch die Bundesregierung veranlaßt wurden und nur in wenigen Fällen vom Bundestag abgemildert werden konnten, weil die Signale einmal falsch gestellt waren, möchte ich auf das letzte vom Herrn Bundeskanzler gesprochene Wort doch bauen, das er in Braunschweig sagte und das lautete:Die Familienpolitik wird auch in Zukunft ein Kernbestandteil christlich-demokratischer Staats- und Gesellschaftspolitik bleiben.Ich will jetzt nicht über das „auch" streiten, sondern ich fasse das als ein Versprechen auf, daß jedenfalls in Zukunft die Familienpolitik wieder Kernbestandteil unserer Gesellschaftspolitik sein wird. Weil ich diese Hoffnung und dieses Vertrauen habe, lassen Sie mich sehr verbindlich und freundlich damit schließen, daß ich in Anlehnung an ein Schriftwort sage: Auch im Himmel wird mehr Freude sein über eine Bundesregierung, die hier Buße tut, als über 99 Familienpolitiker, die gewiß der Buße auch bedürfen.
Wird hierzu das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.Ich komme zur Abstimmung über den Antrag Umdruck 253*) der Abgeordneten Stingl, Dr. Schmidt , Frau Schroeder (Detmold) und Genossen. Wer dieser Neufassung des § 28 d zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das 'zweite war die große Mehrheit. Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen mit großer Mehrheit abgelehnt.Ich komme damit zur Abstimmung über den § 28 d in der Ausschußfassung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist zugestimmt.Ich rufe die §§ 29, — 30, — 31, — Einleitung und Überschrift .auf. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist zugestimmt.Damit stehen wir .am Ende der zweiten Beratung, in der eine Gesamtabstimmung nicht notwendig ist. Sie erfolgt erst in der dritten Beratung.*) Siehe 112. Sitzung, Anlage 5
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Vizepräsident Dr. JaegerIch rufe nunmehr den Punkt 2 der Tagesordnung auf:Beratung der Sammelübersicht 19 des Petitionsausschusses über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen— Drucksache V/1794 —Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.Ich rufe nunmehr Punkt 5 der Tagesordnung auf:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Patentgesetzes, des Warenzeichengesetzes und weiterer Gesetze— Drucksache V/714 —Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses
— Drucksachen V/1631, zu V/1631 — Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Reischl
Ich danke dem Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Dr. Reischl, für seinen Schriftlichen Bericht. Er will den Bericht aber offenbar noch ergänzen. Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will nicht den Bericht ergänzen, sondern ganz kurz den Änderungsantrag begründen, der von den Kollegen Deringer, Busse und mir vorgelegt worden ist.
In den Ziffern 1 und 2 dieses Antrages handelt es sich lediglich um eine technische Änderung, die sicherstellen soll, daß die Unterlagen, die in Zukunft nach 18 Monaten beim Patentamt offengelegt werden, auch durch das Patentamt veröffentlicht werden können. Wenn eine solche Bestimmung nicht im Gesetz enthalten wäre, bestünde die Gefahr, daß diese Unterlagen nicht als neuheitsschädlich vor allem im Ausland anerkannt werden.
Bei den Ziffern 3 und 4 handelt es sich ebenfalls nur um technische Änderungen und Anpassungen.
Der Einfachheit halber haben wir diese Änderungen zu dritt — die beiden Berichterstatter und der Kollege Busse von der FDP — eingebracht. Ich darf das Hohe Haus bitten, dem Antrag auf Umdruck 2641 zuzustimmen.
Wünscht zu diesem Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Reischl und Genossen noch jemand aus dem Hause das Wort? — Das ist nicht der Fall.Wir kommen zu Art. 1. Ich rufe die Nr. 001 auf. — Das Wort wird nicht begehrt. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.*) Siehe Anlage 3Nr. 01 ! Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe.— Es ist so beschlossen.Nr. 1! Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Es ist so beschlossen.Ich sehe eigentlich nicht ein, warum das so gemacht werden soll. Man könnte doch die Nummern 2, 3, 4, 5 und 5 a zusammennehmen.
Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe! — Es ist so beschlossen.Jetzt kommen wir zur Nr. 6. Dazu wird die von dem Abgeordneten Dr. Reischl und Genossen auf Umdruck 264 vorgeschlagene Neufassung zur Abstimmung gestellt. Wer der Neufassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe! — Es ist zugestimmt.Ich stelle die Nr. 6 mit der soeben beschlossenen Änderung zur Abstimmung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Es ist so beschlossen.Nr. 6 a und Nr. 6 b! Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe!— Es ist so beschlossen.Nr. 6 c! Hierzu wird auf Umdruck 264 unter Ziffer 2 der Antrag auf Streichung gestellt. Darüber kann ich nach dem Brauch dieses Hauses nicht abstimmen lassen. Wer die Streichung will, muß gegen die Nr. 6 c stimmen. Wer der Nr. 6 c in der Ausschußfassung — entgegen dem gestellten Antrag — zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Damit ist die Bestimmung gestrichen.Ich komme nun zu den Nrn. 7 bis 32. Das Wort wird nicht begehrt. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Es ist so beschlossen.Wer nunmehr diesem ganzen Artikel zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.Damit kommen wir zum Art. 2. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer 'dem Artikel zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.Wir kommen zu Art. 3. Hierzu liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck 264 Ziffer 3 vor. Wer diesem Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Reischl und Genossen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Es ist so beschlossen.Wer dem Art. 3 in der Ausschußfassung mit der soeben beschlossenen Änderung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.Art. 4, 5 und 5 a. — Das Wort wird nicht begehrt. Wer den aufgerufenen Artikeln zuzustimmen
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5642 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967
Vizepräsident Dr. Jaegerwünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Es ist so beschlossen.Wir kommen zu Art. 6. Hier ist für den § 6 auf Umdruck 264 — Ziffer 4 — eine Änderung vorgeschlagen. Wer diesem Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Reischl und Genossen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.Wer dem Art. 6 in der Ausschußfassung mit der soeben beschlossenen Änderung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.Wir kommen zur Einleitung und Überschrift. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Es ist so beschlossen.Wir kommen zurdritten Beratung.Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Reischl.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Angesichts ,des umfassenden Berichtes, der zu diesem Gesetzentwurf vorgelegt worden ist, glaube ich mich in der jetzigen Schlußerklärung verhältnismäßig kurz fassen zu können. Einige Bemerkungen müssen allerdings zu diesem Gesetzentwurf gemacht werden.Ich glaube, es hat bisher — jedenfalls in der Zeit, an die ich mich erinnern kann — in .diesem Hause noch keinen mehr oder minder rein technischen Gesetzentwurf gegeben, der in der Öffentlichkeit so viel Staub aufgewirbelt und zu so umfangreichen Äußerungen aller Kreise gegenüber den Abgeordneten des Rechtsausschusses geführt hat. Es waren Äußerungen höchst sachverständiger Art, die auch weitgehend berücksichtigt oder behandelt wurden; es waren aber auch — und vor allem in der allerletzten Zeit — zum Teil Äußerungen zu bemerken, vor allem in verschiedenen Presseartikeln, die -- das möchte ich hier in aller Offenheit sagen — eigentlich bar jeder Sachkenntnis waren.Im ganzen gesehen ist es verständlich, daß dieser Entwurf erheblichen Staub aufgewirbelt hat. Es ging darum, die Geschäftslage beim Deutschen Patentamt, die außerordentlich schwierig geworden war — die Erteilung von Patenten dauert in der Regel vier bis fünf Jahre, manchmal noch länger —, endlich einmal zu verbessern. Dies ging, wie sich der Rechtsausschuß überzeugt hat, nicht mehr mit den üblichen Mitteln des Aufstockens des Personals. So mußte sich der Ausschuß, obwohl zunächst erhebliche Bedenken bestanden, von dem geltenden Patenterteilungsverfahren abzugehen, doch dazu entschließen, Änderungen an dem Erteilungsverfahren vorzunehmen. Der Ausschuß ist aber zu einem Kompromiß gekommen, der alle Möglichkeiten für die Zukunft offenläßt, indem er nämlich das bewährte bisherige Patenterteilungsverfahren für diejenigen, die dringend und schnell zu einem Patent kommen wollen, aufrechterhält, und auf der anderen Seite vor allem der Industrie die Möglichkeit gibt, für diejenigen Patente, die sie wirtschaftlich imAugenblick nicht für so wichtig hält, bei der sie lediglich die Priorität wahren will, zunächst keinen Prüfungsantrag zu stellen, sondern das System der verschobenen Prüfung wahrzunehmen, das uns hier eine gewisse Erleichterung im Patenterteilungsverfahren bringen soll.Kern des Gesetzes ist es, daß in Zukunft diejenigen Patente, die dringend benötigt werden, schnell sollen erteilt werden können, während die anderen, die wir ja jetzt alle mitbehandelt haben und deren wirtschaftliche Bedeutungslosigkeit sich oft sehr viel später erst herausgestellt hat, nun nicht das Patentamt gleich belasten sollen, indem sie au fonds geprüft werden, sondern eben liegen bleiben sollen. Dem Patentsucher soll die Möglichkeit gegeben werden, sich sieben Jahre lang zu überlegen, ob er einen Prüfungsantrag stellen will. Das ist der Kern des Gesetzes, auf den ich noch einmal hinweisen wollte, weil aus der Öffentlichkeit so viele nicht sehr von Sachverstand getrübte Äußerungen gekommen sind.Wir haben in der ersten Lesung — ich habe das in erster Linie getan — eine Menge Bedenken erhoben, Bedenken vor allem wegen der Papierflut, die auf uns zukommen könnte, Bedenken auch wegen einer gewissen Benachteiligung, die vielleicht für die kleine und mittlere Industrie gegeben sein könnte. Der Gesetzentwurf, wie er jetzt verabschiedet werden soll und dem Hohen Hause in dritter Lesung vorliegt, vermeidet aber meines Erachtens gerade diese Gefahren, die wir damals in erster Lesung gerügt haben. Der Ausschuß hat nämlich an einigen sehr wichtigen Punkten Änderungen des Regierungsentwurfs vorgenommen, die einerseits zu einer Beschleunigung des Verfahrens beitragen, andererseits aber gerade die Schwierigkeiten, die wir in erster Lesung herausgestellt haben, für die Zukunft vermeiden. Vor allem ist durch die Änderungen, die im Ausschuß vorgenommen worden sind, erreicht worden, daß die ungeprüften Patente in Zukunft nicht alle bekanntgemacht, sondern lediglich nach 18 Monaten offengelegt werden sollen. Derjenige, der sich dafür interessiert, kann sich die Unterlagen bestellen. Richtig ist, daß der Prüfungsstoff damit größer wird. Aber durch die Erleichterungen des übrigen Verfahrens wird sich vermeiden lassen, daß dies zu Schwierigkeiten und Zeitverlusten führt. Wir haben also gerade mit dieser Änderung erreicht, daß vor allem der eine Vorwurf, der gegen den Regierungsentwurf erhoben worden war, daß nämlich durch den Druck dieser unzähligen Schriften eine außerordentliche räumliche und arbeitsmäßige Belastung des Amtes selber entstehen würde, entkräftet werden konnte.Ich glaube, eine Benachteiligung der Klein- und Mittelindustrie wird durch diesen Entwurf auch nicht herbeigeführt. Es stehen einander zwei Dinge gegenüber. Auf der einen Seite erfährt in Zukunft gerade auch die Klein- und Mittelindustrie, die sich nämlich die Unterlagen bisher nicht beschaffen konnte, was im Erfindungswesen an Neuem gekommen ist. Dadurch wird manche Fehlinvestition vermieden werden können. Natürlich erfordert ein solches Verfahren ein Mehr an Prüfungsarbeiten auch bei den kleinen und mittleren Unternehmen. Nur
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Dr. Reischldarf eins nicht übersehen werden: die Großbetriebe konnten das Neue auch bisher schon erfahren. Ihre Patentabteilungen besorgten sich nämlich aus Belgien und aus Frankreich die dortigen Registrierpatentschriften und erfuhren dadurch sehr viel eher als der kleine und mittlere Unternehmer, der das nicht konnte, was auf dem Patentmarkt, wenn ich einmal so sagen darf, auf sie zukommt. Hier wird also jetzt die Gleichheit erreicht. Es braucht sich jeder nur den kleinen Ausschnitt zu bestellen, auf den es ihm für seinen Betrieb ankommt. Hier wird also, glaube ich, erreicht, daß die kleinere und mittlere Industrie keine Schwierigkeiten haben wird. Überdies wird dadurch, daß wir einen schwächeren Schutz für die offengelegten, aber noch nicht geprüften Patente eingeführt haben, vor allem auch erreicht, daß das Risiko dessen, der die ungeprüften Anmeldungen nicht durchsehen und überprüfen zu können glaubt, sehr viel geringer wird, als das nach dem Regierungsentwurf mit dem vollen Schutz für die bekanntgemachten, aber ungeprüften Patentschriften der Fall gewesen wäre.Ich möchte nun noch eines ganz kurz zum Abschluß sagen, und zwar als Appell vor allem an den Herrn Bundesminister der Justiz und den leider nicht mehr anwesenden Bundesminister der Finanzen, der hier ja auch ein Wort mitsprechen muß, weil er das Geld zur Verfügung stellen muß. Dieses Gesetz ist jetzt so konzipiert, daß der Stau im Patentamt beseitigt und in Zukunft erreicht werden kann, daß die Patente in einer angemessenen Zeit erteilt werden. Das ist aber nur möglich, wenn gleichzeitig die organisatorischen, technischen und personellen Maßnahmen getroffen werden, die der Rechtsausschuß in seinem Entschließungsentwurf, der dem Hohen Hause ebenfalls zur Annahme vorliegt, vorgeschlagen hat.Ich möchte auf folgende drei Punkte hinweisen. Erstens: Es wird dringend notwendig sein, daß das Justizministerium durch Vereinbarungen mit Berlin die Treuhandstelle des Reichspatentamts in das Deutsche Patentamt übernimmt, damit diese Stelle — entsprechend ausgebaut und vor allem personell verstärkt — die isolierten Neuheitsrecherchen übernehmen kann. Nur wenn das nämlich in einer besonderen Stelle geschieht, wird eine übermäßige Belastung der Prüfer des Patentamts und damit eine neue Verstopfung des Patentamts in Zukunft vermieden.Zweitens: Es muß erreicht werden, daß dem Patentamt die technischen Mittel zur Verfügung gestellt werden, die notwendig sind, um einen rascheren Geschäftsablauf innerhalb des Amtes zu erreichen und vor allem die technischen Prüfer von der Kleinarbeit zu entlasten, für die sie eigentlich nicht da sind. Wir haben in Holland bei der Besichtigung des dortigen Patentamts eine Menge Anregungen bekommen. Ich konnte zu meiner Freude feststellen, daß in diesem jetzt gerade zur Verabschiedung anstehenden Haushalt schon Mittel für diesen technischen Ausbau bewilligt sind. Es wird aber noch einiges geschehen müssen. Wir können dies jedoch, wie ich glaube, ruhig von diesem Hause und vom Bundesfinanzminister erbitten, weil wir ja hier einefinanziell außerordentlich günstige Lage beim Patentamt haben. Durch die Änderung der Gebührenvorschriften werden nämlich beim Patentamt erheblich mehr Einnahmen erzielt werden. Es scheint mir nicht mehr als recht und billig zu sein, daß diese Einnahmen für eine Verbesserung der Situation im Patentamt verwendet werden. Das können diejenigen, die das bezahlen und die ja etwas von dem Patentamt haben wollen, auch von uns verlangen.Noch ein Letztes: Die Umorganisation innerhalb des Patentamts ist dringend notwendig. Es ist vor allem notwendig, die übergroßen Abteilungen des Patentamts so zu untergliedern — ohne daß man deswegen neue Abteilungen zu schaffen braucht —, daß eine kleinere Gruppe von jeweils fünf, sechs oder sieben Prüfern unter einer Art Gruppenleiter oder gruppenleitendem Prüfer zusammengefaßt werden, um eine bessere Koordinierung der Arbeit zu erreichen und um vor allem zu erreichen, daß neue Prüfer besser angelernt werden können. Das ist einfach unmöglich für einen Abteilungsleiter, der 25 Prüfer oder noch mehr unter sich hat.Damit soll noch eines erreicht werden — und ich bitte gerade die Kollegen des Haushaltsausschusses und die Bundesminister der Justiz und der Finanzen, dies zu bedenken —: die Stellung des Prüfers muß attraktiver gestaltet werden. Das läßt sich durch eine solche Neuorganisation mit erreichen. Denn es ist ganz selbstverständlich, daß dieser Gruppenleiter eine bessere Position, etwa in der Besoldungsgruppe A 15, bekommen muß. Auf diese Weise läßt sich auch erreichen, daß der Stand der Prüfer attraktiver wird, womit ja auch die Arbeitsfreude in dem Amt sicherlich erheblich gehoben wird und — ich sage es noch einmal — eine bessere Koordination bei der Prüfung bewirkt wird.Damit wäre ich am Ende meiner Ausführungen. Ich wollte gerade auf diesen letzten Punkt besonders hinweisen, weil es sich da um etwas handelt, was jetzt geschaffen werden muß, damit dieses Gesetz ein Erfolg wird. Die SPD-Fraktion stimmt dem Gesetz zu.
Das Wort hat der Abgeordnete Deringer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die Fraktion der CDU/CSU nur ganz wenige Bemerkungen. Dieses Gesetz ist, wie Sie alle an Ihrem Posteingang gemerkt haben, bei den betroffenen Kreisen zum Teil auf erhebliche Kritik gestoßen. Der Rechtsausschuß hat sich deshalb des Arbeit wahrlich nicht leicht gemacht. Wir sind alle mit erheblicher Skepsis darangegangen. Aber das klare Ergebnis war: Es gibt nur diesen einen Weg, um die Situation des Patentamts zu bessern. Alles, was uns an Alternativvorschlägen von Sachverständigen vorgelegt wurde, ist mit sorgfältigen Rechnungen des Herrn Präsidenten des Patentamts geprüft und als unzulänglich festgestellt worden.
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5644 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 13. Juni 1967
DeringerNoch zwei Bemerkungen zu der Kritik, die immer geübt wird. Erstens trifft es nicht zu, daß das neue Verfahren eine Gefährdung des Rufs des deutschen Patents bedeutet. Im Gegenteil, das neue Verfahren sorgt dafür, daß die Patente, die erteilt werden, wirklich sorgfältig überprüft werden und infolgedessen ihren alten Ruf behalten. Alternativlösungen mit Straffung des Verfahrens würden dagegen die Bedeutung des Patents gerade gefährden.Die zweite Bemerkung. Die Tatsache, daß die Anmeldungen nach 18 Monaten auch ungeprüft offengelegt werden, bedeutet nicht, wie vielfach behauptet wird, eine Belastung der Klein- und Mittelunternehmen, sondern das gibt ihnen, wie Herr Reischl eben schon ausgeführt hat, gerade die Möglichkeit, die technische Entwicklung bei den großen und ausländischen Konkurrenten zu erkennen. Das können sonst nur die großen Unternehmen. Jetzt können es auch die kleinen.Man kann natürlich eines nicht: kein Papier haben und doch informiert sein. Wenn man über das, was vor sich geht, informiert sein will, muß man das Papier in Kauf nehmen. Ich glaube, der Rechtsausschuß hat durch seine Änderungen an dem Gesetzentwurf das, was an Schwierigkeiten darin enthalten war, weitgehend erleichtert, insbesondere durch die Abschwächung des einstweiligen Schutzes.Die Fraktion der CDU/CSU stimmt deshalb diesem Gesetz zu, weil sie es für die bestmögliche Lösung der gegenwärtigen Situation ansieht.
Das Wort hat der Abgeordnete Busse.
Herr Präsident! Meine sehr verehrte Dame! Meine Herren Kollegen!
Im muß feststellen, daß zwei Damen da sind.
Dann bitte ich um Entschuldigung. Meine sehr verehrten Damen! Das Gesetz, das jetzt zur dritten Lesung ansteht und heute verabschiedet werden soll, ist wohl eines der kompliziertesten, das wir hier im Bundestag vorgelegt bekommen haben. Ich beneide keine der Kolleginnen und Kollegen, die sich mit der Vorlage selbst im Gesetzestechnischen einmal befassen müssen. Sie werden hinterher bestimmt nicht klüger, sondern dümmer geworden sein. So kompliziert ist das Gesetz eben geworden. Ich gestehe auch offen, daß wir nicht etwa der von Herrn Deringer hier geäußerten Meinung sind, die gefundene Lösung für die optimale zu halten. Es ist eben ein Kompromiß, wie auch Herr Kollege Reischl vorgetragen hat. Bereits in der ersten Lesung haben wir die Gründe dafür vorgetragen, warum wir diese Ansicht hatten.In der Tat: Das bisherige deutsche Patent war ein Patent von besonderer Qualität und hatte wirtschaftlich und in jeder Hinsicht seine besondere Bedeutung. Besonders die Rechtssicherheit, die es bot, war der entscheidende Gesichtspunkt, der uns veranlaßte, während der Beratungen dahin zu drängen, von dem bewährten bestehenden Verfahren nur insoweit abzuweichen, wie es unbedingt erforderlich war. Wir befanden uns streckenweise dabei in guter Gesellschaft. Herr Reischl, ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, daß wir weitestgehend an einem Strang gezogen haben, um so mehr, als der zusätzliche Vorschlag, der gerade von Ihnen kam und dahin ging, daß die Möglichkeit gegeben werden sollte, eine Aussetzung des Verfahrens nach Stellung des Patentantrages herbeizuführen, von uns begrüßt wurde. Darum haben wir ihm zugestimmt. Wir hätten es lieber gesehen, wenn wir auf dieser Basis weitergearbeitet hätten.Wir haben auch bereits in der ersten Lesung erklärt, daß die Problematik so umfassend und kompliziert ist, daß wir ohne Anhörung von Sachverständigen nicht auskommen konnten. Wir haben Sachverständige gehört. Ich glaube, wir waren alle nach der Anhörung dieser Sachverständigen nicht dümmer, sondern haben bessere Erkenntnisse gewonnen. Daher möchte ich auch heute — das sind wir schuldig — den Damen und Herren, die uns mitgeholfen haben, den Dank aussprechen. Ich glaube, daß es in Ihrem Sinne ist, wenn ich bei diesem Dank ganz besonders die außerordentliche Gastfreundschaft, aber auch sachliche Bereitschaft der Damen und Herren aus Holland erwähne, die uns bei der Beratung und Beschlußfassung über dieses Gesetz mitgeholfen haben.
Darf ich ganz kurz abschweifen? Gerade die Herren aus Holland, die zum Teil ein Deutschland ganz anderer Art kannten, sagten am Schluß unserer Beratungen zu mir — und andere werden es auch gehört haben —: Das waren erfreuliche Gespräche. Wir haben mit Ihnen und Sie haben auch unter sich eine sehr offene und freimütige Diskussion geführt. Diese Art der Beratung halten wir in einem demokratischen Staat für geradezu vorbildlich.Ich glaube, daß diese Erklärung hier ruhig registriert werden sollte. Vielleicht macht sie den einen oder anderen in diesem Hause doch noch einmal nachdenklich, ob wir dasselbe Verfahren nicht auch in anderen, wichtigeren Fällen, als es dieses Gesetz hier ist, besser praktizieren können, als es in den letzten Monaten geschehen ist.Das Resultat, das aus all diesen Erörterungen hervorgegangen ist, ist eigentlich das, daß keiner sagen kann, wie es mit Sicherheit kommen wird. Welche Lösung auch immer wir wählen und gewählt haben, jede enthält nur ein gewisses Maß von Wahrscheinlichkeit, daß es so, wie gewollt, verlaufen wird. Es wird hier wie in anderen Fällen entscheidend darauf ankommen, wie nun die Wirtschaft reagiert, wie sich das Patentamt auf die neuen Dinge einstellen kann, und auf ähnliche Fragen. Immerhin verkennen wir nicht nur nicht, sondern wir unterstreichen sogar, daß das Gesetz gegenüber dem Regierungsentwurf einige Änderungen erfahren hat, die wir nun freilich für sehr wesentlich halten. Darum werden wir trotz all dieser Bedenken diesem Gesetz zustimmen.
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Busse
Ich darf hier in erster Linie die Einführung des Stoffpatents erwähnen, das gegenüber dem bisherigen Gesetz nun doch ein wesentlicher Fortschritt ist, der, insbesondere auf internationalem Gebiet, die Stellung unserer Wirtschaft wesentlich fördern kann und wohl auch fördern wird.Meine beiden Herren Vorredner haben schon erwähnt — und ich möchte das unterstreichen —, daß auch in der Offenlegung der Patente ein Fortschritt von uns gesehen wird, und zwar gerade ein Fortschritt für die mittleren und kleineren Betriebe, die auf diese Weise über den Lauf und die Tendenzen der Entwicklung am besten informiert werden können.Ein Fortschritt ist auch die Ausgestaltung des Schutzes dieser offengelegten Patente. So wie sie jetzt erfolgt ist, begrüßen wir diese Regelung und . geben ihr aus den genannten Gründen unsere Zustimmung.Ich möchte aber nicht verhehlen, daß damit nur ein Schritt getan ist, um die Entlastung des Patentamts herbeizuführen. Es wird nunmehr in der Folgezeit des Bemühens und des Einsatzes aller Beteiligten bedürfen, um den Erfolg herbeizuführen, den wir gemeinsam wünschen und für notwendig halten. Wir werden freilich die tatsächliche Entwicklung sehr aufmerksam beobachten. Wenn die Entwicklung — was wir nicht hoffen, aber auch nicht ausschließen können — doch nicht so verlaufen sollte, wie es heute hier angeklungen ist, so werden wir, dann gestützt auf Tatsachenmaterial und auf praktische Erfahrungen, gegebenenfalls zu neuen Initiativen und zu Änderungsvorschlägen gelangen. Zunächst aber wünschen wir diesem Gesetz einen guten Weg, weil das, was beschlossen wird — und hier kann ich Herrn Deringer nun restlos zustimmen —, für unsere Wirtschaft von gar nicht zu unterschätzender Bedeutung ist.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Kuchtner.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Die Landesgruppe der CSU hat sich eingehend mit diesem wichtigen Gesetzentwurf befaßt. Sie hielt eine solche eingehende .Beratung vor allem deshalb für erforderlich, weil aus den Kreisen der Gegner der verschobenen Prüfung, des Hauptgrundes der Änderung des bisherigen Patentgesetzes, immer wieder behauptet worden ist, daß sich dieses Verfahren in erster Linie zuungunsten der kleinen und mittleren Unternehmen auswirken würde.
Die Erörterungen im Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages und in der Landesgruppe der CSU haben jedoch ergeben, daß diese Befürchtung nicht zutrifft. Dies gilt, wie schon meine Vorredner gesagt haben, insbesondere auch für die vorgesehene Offenlegung aller Patentanmeldungen nach 18 Monaten. Wir haben uns davon überzeugen können, daß gerade diese Maßnahme eine wesentliche Voraussetzung dafür schafft, daß große und kleinere
Unternehmen gleiche Informationsmöglichkeiten haben. Ich habe bereits in der ersten Lesung des Gesetzentwurfs darauf hingewiesen, daß die Großindustrie heute den Vorteil hat, sich durch Einsicht in die regelmäßig nach 18 Monaten nach dem Prioritätsdatum veröffentlichten französischen, englischen und belgischen Patentschriften über die jüngste technische Entwicklung der Konkurrenz zu informieren. Die nunmehr vorgesehene Offenlegung aller deutschen Patentanmeldungen nach 18 Monaten soll gerade den Wettbewerbsnachteil derjenigen Unternehmen, die nicht in der Lage sind, sich aus ausländischen Patentschriften zu informieren, beseitigen. Wenn deshalb noch in letzter Zeit wieder der Versuch gemacht worden ist, die Frist von 18 Monaten etwa auf 24 Monaten oder weiter hinauszuschieben, so würde sich dies wiederum einseitig zuungunsten der kleinen und mittleren Unternehmen auswirken.
Es ist nicht zu bestreiten, daß die Einführung der verschobenen Prüfung und die Offenlegung aller Patentanmeldungen für die Unternehmen mit gewissen Nachteilen verbunden ist. Diesen Nachteilen stehen aber ganz sicher entscheidende Vorteile und eine erhebliche Entlastung nicht nur des Patentamts, sondern gerade auch der Unternehmen der Industrie selbst gegenüber. Nach Überzeugung der Landesgruppe der CSU stellt der Entwurf in der vom Rechtsausschuß beschlossenen Fassung eine vernünftige und ausgewogene Lösung dar, die den berechtigten Interessen aller beteiligten Unternehmen, soweit wie dies überhaupt möglich ist, Rechnung trägt.
Ich bitte das Hohe Haus, dem Entwurf zuzustimmen.
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Justiz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung begrüßt das Zustandekommen dieses Gesetzes. Wir freuen uns, daß die deutschen Patente einen hohen internationalen Geltungsrang haben. Das ist die eine Seite. Wir beklagen, daß die Prülung der Anmeldungen außerordentlich lange dauert. Das ist die andere Seite. Es war die Aufgabe dieses Gesetzes, das Verfahren in dem Sinne zu verbessern, daß es schneller läuft, aber unter Wahrung des internationalen Geltungswerts deutscher Patente. Ich glaube, daß die Lösung, die der Ausschuß erarbeitet hat, daß die Verbesserungen, die er an der alten Regierungsvorlage angebracht hat, gut sind und daß infolgedessen dieses Gesetz allseitig akzeptiert werden könnte.Das Gesetz ist bis zur letzten Minute umstritten. Noch in der heutigen Ausgabe hat man in einer großen Frankfurter Tageszeitung dieses Gesetzesvorhaben angegriffen, leider aber auch mit unrichtigen Behauptungen.So wird z. B. behauptet, daß das Patentamt jährlich einen Gebührenüberschuß von 20 Millionen DM erbringe; dafür hätte man, so schreibt diese Zeitung,
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Bundesminister Dr. Dr. Heinemannlängst mehr Prüfer einstellen sollen. Diese Rechnung stimmt nicht. Denn viele Ausgaben, die mit dem Patentamt zusammenhängen, sind haushaltsmäßig so untergebracht, daß nicht ohne weiteres — jedenfalls nicht für den, der sich nicht in diese Materie hineinkniet —, ihr Zusammenhang mit dem Patentamt erkennbar ist.Außerdem wird in dieser Zeitung der Vorwurf erhoben, daß der Bundestag dieses Gesetz in überstürzter Eile behandelt habe. Damit wird den Mitgliedern des Rechtsausschusses und vor allem denen, die an diesem Gesetz sonderlich gearbeitet haben, ein völlig unbegründeter Vorwurf gemacht. Im Gegenteil, den Mitgliedern des Rechtsausschusses gebührt Dank dafür, daß sie sich mit dieser Genauigkeit den ganzen Widerstreit um dieses Gesetz angehört haben und es nicht leid geworden sind, alle Anreden entgegenzunehmen, um bei ihrer Arbeit zu bleiben.Ich unterstreiche auch namens der Bundesregierung den Dank, der hier schon ausgesprochen worden ist, an das holländische Patentamt, das uns eine hervorragende Möglichkeit gab, schon in der Praxis mitzuerleben, was wir mit diesem Gesetz anstreben.Die Apelle, die der Herr Kollege Reischl an das Justizministerium ausgesprochen hat, habe ich gehört. Ich nehme sie ernst. Seien Sie überzeugt, daß mit aller Bemühung die Verwirklichung auch dieser letzten zur Abrundung notwendigen Stücke betrieben werden wird!Ich danke Ihnen und hoffe, daß dieses Gesetz einen guten Weg nimmt.
Wortmeldungen liegen nicht mehr vor; ich schließe die Aussprache.
Einzelanträge liegen nicht vor. Wir kommen damit zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf in dritter Beratung seine Stimme geben will, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. — Enthaltungen? — Bei zwei Enthaltungen ohne Gegenstimmen angenommen.
Meine Damen und Herren, wir kommen nunmehr zum Ausschußantrag unter Nr. 2, der Entschließung. Wird hierzu das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Damit rufe ich Punkt 6 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD betr. betrieblicher Selbstschutz
— Drucksache V/1834 —
Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Schmitt-Vockenhausen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Öffentlichkeit sind Vorwürfe gegen Selbstschutzversuche in einzelnen
Betrieben erhoben worden. Im Zivilschutz soll es aber kein Zwielicht geben. Das Bundesinnenministerium und die Betriebsratsvorsitzenden der betroffenen Werke haben die Richtigkeit der Ausführungen in der Zeitschrift bestritten. Das Parlament und die deutsche Öffentlichkeit müssen aber die Möglichkeit der Transparenz in diese Vorgänge erhalten. Wir, die Koalitionsfraktionen, bitten daher, dem Antrag ohne Ausschußüberweisung zuzustimmen, damit noch vor der Sommerpause die Möglichkeit besteht, diese Dinge der Öffentlichkeit zuzuleiten und gegebenenfalls auch in dem Hohen Hause zu erörtern.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dorn.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir Freien Demokraten stimmen dem Antrag der Koalitionsfraktionen zu. Wir wären allerdings dankbar, wenn die Bundesregierung, von der ja jetzt niemand mehr anwesend ist, die dann aber hoffentlich von einer ihrer Pressereferenten oder Parlamentsreferenten wenigstens das Protokoll der heutigen Sitzung lesen läßt, nicht nur Überlegungen anstellte, ob sie dieses Hohe Haus nicht gleichzeitig nicht nur mit den Erfahrungen ausstatten will, oder sollte, die hier im Koalitionsantrag angesprochen sind, sondern sich vielleicht auch einmal Gedanken darüber machte, in welcher Form und zu welchem Zeitpunkt sie das Hohe Haus über die wirklichen Maßnahmen, die von der Bundesregierung im Rahmen der Zivilverteidigung geplant sind und ergriffen werden sollen, unterrichtet. Nach dem bisherigen Stand auf diesem Sektor können wir ja nur feststellen, daß das, was bisher von der Bundesregierung dem Hohen Hause im Rahmen von Gesetzentwürfen zugeleitet worden ist, im Hause selbst gar nicht mehr beraten werden soll, weil die letzten Gesetzentwürfe nach Ankündigung der Bundesregierung bereits überholt sind. Wir sollen diese Gesetzentwürfe gar nicht mehr beraten, sondern auf die Vorlage neuer Gesetzentwürfe warten. Vielleicht kann die Bundesregierung das als Anregung nehmen, uns hier gleichzeitig über ihre Vorstellungen zu informieren.
Wünscht noch jemand das Wort? — Das ist nicht der Fall.Wer ,dem Antrag zuzustimmen wünscht, 'den bitte ich um ,das Zeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.Ich rufe nunmehr Punkt 7 der Tagesordnung auf:Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Richtlinie des Rats zur Aufhebung der Be-
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Vizepräsident Dr. Jaegerschränkungen der Niederlassungsfreiheit auf dem Gebiet der Direktversicherung außer Lebensversicherung— Drucksachen V/1411, V/1847 —Berichterstatter: Abgeordneter van DeldenIch danke dem Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht.Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.Meine Damen und Herren, wir stehen im Ende der heutigen Beratung. Ich berufe die nächste Sitzung auf morgen, Mittwoch, den 14. Juni 1967, 9 Uhr, ein.Die Sitzung ist geschlossen.