Protokoll:
5042

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 5

  • date_rangeSitzungsnummer: 42

  • date_rangeDatum: 18. Mai 1966

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:03 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 18:41 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 42. Sitzung Bonn, den 18. Mai 1966 Inhalt: Überweisung von Vorlagen 1883 A Wahl des Abg. Springorum als Mitglied des Europäischen Parlaments . . . . 1883 B Einzelplan 02 Deutscher Bundestag (Drucksache V/571) . . . . . . . . . . . 1883 B Fragestunde (Drucksachen V/614, zu V/614) Frage des Abg. Fritsch (Deggendorf) : Erforschung von körperlichen Spätschäden nach Kriegsgefangenschaftszeiten Katzer, Bundesminister . . . . . 1883 C Fritsch (Deggendorf) (SPD) . . . . 1884 A Fragen des Abg. Geiger: Finanzierung der Rentnerkrankenversicherung Katzer, Bundesminister . . . . . 1884 B Geiger (SPD) . . . . . . . . . 1884 C Frage des Abg. Schmidt (Kempten) : Steuerausfälle durch das Gesetz zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer Katzer, Bundesminister . . . . 1884 D Mertes (FDP) 1884 D Frage des Abg. Schmidt (Kempten) : Begleichung der durch die Änderung des Reichsknappschaftsgesetzes entstehenden Kosten Katzer, Bundesminister 1885 A Mertes (FDP) 1885 B Stingl (CDU/CSU) 1885 C Fragen des Abg. Felder: Vereinbarung mit der Zigarettenindustrie über Werbebeschränkungen Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister 1885 D Felder (SPD) 1885 D Fragen der Abg. Frau Meermann: Pflanzenschutzmittelrückstände in holländischem Kopfsalat Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister 1886 B Frau Meermann (SPD) 1886 C Dr. Bechert (Gau-Algesheim) (SPD) 1886 D Dr. Schäfer (SPD) 1887 C Haar (Stuttgart) (SPD) 1887 D Kühn (Hildesheim) (CDU/CSU) . 1888 A II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Mai 1966 Frage des Abg. Dr. Lohmar: Auswirkungen der Kapitalerhöhung des Volkswagenwerkes auf die VW- Stiftung zur Förderung der Wissenschaft Dr. Stoltenberg, Bundesminister . . 1888 C Frage des Abg. Dr. Schmidt (Offenbach) : Neuordnung des Medizinstudiums Dr. Stoltenberg, Bundesminister . . 1888 D Dr. Schmidt (Offenbach) (SPD) . . . 1889 A Dr. Meinecke (SPD) 1889 B Fragen des Abg. Welslau: Siedlungskredite für den Neubau von Nebenerwerbsstellen Höcherl, Bundesminister . . . . . 1889 D Welslau (SPD) . . . . . . . . 1890 A Fragen des Abg. Dr. Giulini: Schaffung von Nationalparks oder großen Naturschutzgebieten . . . . . 1890 A Frage des Abg. Röhner: Neue Richtlinien für die Förderungsmaßnahmen des Grünen Planes und der Anpassungshilfe 1966 Höcherl, Bundesminister 1890 B Frage des Abg. Röhner: Neue Richtlinien für das Bäuerinnenprogramm Höcherl, Bundesminister 1890 B Ertl (FDP) 1890 C Fragen des Abg. Röhner: Ablehnung von Anträgen auf Althofsanierung und Aussiedlung Höcherl, Bundesminister 1890 C Röhner (CDU/CSU) 1891 A Ertl (FDP) 1891 B Peters (Popenbüll) (FDP) 1891 C Fragen des Abg. Wächter: Umsätze der Seefischmärkte Bremerhaven, Cuxhaven, Hamburg und Kiel 1891 D Fragen des Abg. Rehs: Finanzierungsrahmen des Siedlungstitels für 1966 — Sicherstellung der Auszahlung von Siedlungsmitteln Höcherl, Bundesminister . . . . . 1891 D Fragen der Abg. Berkhan und Wienand: Zuschüsse des Bundesverteidigungsministeriums für eine Militärzeitschrift von Hassel, Bundesminister . 1892 A Dr. Schäfer (SPD) 1892 C Felder (SPD) . . . . . . . . 1892 C Wienand (SPD) . . . . . . . 1893 A Berkhan (SPD) 1893 B Frage des Abg. Felder: Entsendung von Bundeswehrdelegationen zu Gedenkfeiern des „Stahlhelms" von Hassel, Bundesminister . . 1893 C Felder (SPD) 1893 D Frage des Abg. Dr. Schmidt (Offenbach) : Ausbau der Anschlußstelle Egelsbach im Nordabschnitt des Main-NeckarSchnellweges . . . . . . . . . 1893 D Frage des Abg. Müller (Mülheim) : Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit für Wassersportler Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 1894 A Müller (Mülheim) (SPD) . . . . . 1894 B Frage des Abg. Müller (Mülheim) : Kennzeichnungspflicht für Motorboote Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 1894 C Fragen des Abg. Baron von Wrangel: Beseitigung der Frostschäden im Zonenrandgebiet von Schleswig-Holstein Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 1894 D Baron von Wrangel (CDU/CSU) . . 1895 A Fragen des Abg. Dorn: Bonner Südbrücke — Fahrspur für den öffentlichen Nahverkehr Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 1895 B Frage des Abg. Strohmayr: Beförderungspreise für Autoreisezüge Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 1895 C Strohmayr (SPD) . . . . . . . 1895 C Frage des Abg. Schmidt (Kempten) : Niederländisches Gesetz betr. Erstattung der Kraftfahrzeugsteuer für LkwUnternehmer Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 1896 A Mertes (FDP) 1896 B Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Mai 1966 III Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1966 (Haushaltsgesetz 1966) (Drucksache V/250) — Fortsetzung der zweiten Beratung Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen (Drucksachen V/577, zu V/577) in Verbindung mit Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft (Drucksache V/578) Westphal (SPD) 1896 D Gewandt (CDU/CSU) . ... . . 1901 C Dr. Friderichs (FDP) 1904 C Dr. Schiller (SPD) 1905 C Dr. Erhard, Bundeskanzler . . . 1914 C Schmücker, Bundesminister . . . 1917 B Dr. Pohle (CDU/CSU) . . . . . 1923 A, 1944 A Dr. h. c. Menne (Frankfurt) (FDP) . 1927 B Frau Dr. Krips (SPD) 1930 C Stein (Honrath) (CDU/CSU) . . . 1934 B Dr. Staratzke (FDP) . . . . . 1938 B Dr. Arndt (Berlin) (SPD) . . . . 1940 C Dr. Starke (Franken) (FDP) . . . 1942 D Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . 1944 B Einzelplan 03 Bundesrat (Drucksache V/572) 1946 B Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wohnungswesen und Städtebau (Drucksache V/589) Seidel (SPD) . . . . . . . . . 1946 C Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz (Drucksache V/576) Dr. Haas (FDP) 1946 D Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen V/579, zu V/579, Nachtrag zu V/579) ; dazu: Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses über den Antrag betr. Verbleib der Bundesanstalt für Fleischforschung in Kulmbach (Abg. Herold, Seidel, Freiherr von und zu Guttenberg, Röhner, Dr. Starke [Franken], Geldner und Gen.) (Drucksachen V/262, V/568) Saxowski (SPD) 1948 C Röhner (CDU/CSU) 1950 A Peters (Poppenbüll) (FDP) . . . 1952 B Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (Drucksachen V/580, zu V/580) Hörmann (Freiburg) (SPD) . . . . 1954 B Dr. Götz (CDU/CSU) . 1955 A Einzelplan 29 Geschäftsbereich des Bundesministers für Familie und Jugend (Drucksache V/593) Westphal (SPD) 1955 D Baier (CDU/CSU) . . . . . . 1956 B Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für wissenschaftliche Forschung (Drucksachen V/595, zu V/595) Dr. Rau (SPD) . . . . . . . . 1957 B Dr. Abelein (CDU/CSU) . . . . . 1959 B Dr. Stoltenberg, Bundesminister . . 1961 B Moersch (FDP) . . . . . . . . 1964 A Hermsdorf (SPD) . . . . . . . 1965 D Dichgans (CDU/CSU) . . . . . 1966 A Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen (Drucksache V/582) . . . 1967 C Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht (Drucksache V/585) 1967 D Einzelplan 20 Bundesrechnungshof (Drucksache V/586) 1967 D Einzelplan 24 Geschäftsbereich des Bundesschatzministers (Drucksache V/ 588) . 1968 A Einzelplan 26 Geschäftsbereich des Bundesministers für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte (Drucksache V/590) 1968 A Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für die Angelegenheiten des Bundesverteidigungsrates (Drucksache V/594) 1968 B Einzelplan 33 Versorgung (Drucksache V/597) 1968 C Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte (Drucksache V/598) 1968 C Nächste Sitzung 1968 D Anlagen 1969 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Mai 1966 1883 42. Sitzung Bonn, den 18. Mai 1966 Stenographischer Bericht Beginn: 9.03 Uhr
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    Berichtigung Es ist zu lesen: 41. Sitzung, Seite 1868 D, Zeite 22 von unten statt 246 Abgeordneten-Arbeitszimmern, 446 Abgeordneten-Arbeitszimmern. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Beurlaubungen Frau Albertz 18. 5. Dr. Arndt (Berlin /Köln) 18. 5. Bading *) 18. 5. Dr. Barzel 31. 5. Prinz von Bayern 21. 5. Berger 18. 5. Borm 18. 5. Brünen 27. 5. Burgemeister 18. 5. van Delden 18. 5. Diekmann 18. 5. .Dr. Dittrich *) 18. 5. Frieler 2. 7. Frau Funcke 18. 5. Dr. Furler 29. 5. Geldner 18. 5. Gerlach *) 18. 5. Gibbert 27. 5. Frau Griesinger 18. 5. Hahn (Bielefeld) 27. 5. Dr. Hammans 18. 5. Frau Jacobi (Marl) 27. 5. Dr. h. c. Jaksch 13. 6. Dr. Jungmann 30. 6. Frau Kalinke 18. 5. Dr. Kempfler 18. 5. Klinker *) 18. 5. Mauk *) 18. 5. Dr. von Merkatz 31.5. Metzger *) 18. 5. Michels 18. 5. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 30. 6. Dr. Morgenstern 30. 6. Müller (Aachen-Land) *) 18. 5. Dr. Müller (München) 18. 5. Dr. Prassler 18. 5. Schmidhuber 28. 5. Dr. Schober 18. 5. Schwabe 22. 5. Seither 31. 5. Seuffert 28. 5. Stahlberg 31. 6. Stein (Mainz) 18. 5. Teriete 2. 7. Tobaben 18. 5. Unertl 18. 5. Dr. Wilhelmi 18. 5. Zerbe 27. 5. *) Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Umdruck 49 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1966 hier: Einzelplan 09 - Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft - (Drucksachen V/250 Anlage, V/578). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 09 02 - Allgemeine Bewilligungen - 1. In Tit. 966 - Energiepolitische Maßnahmen, die dem Kohleabsatz dienen - wird folgender Buchstabe c angefügt: c) Einmalige Ausgabe für energiepolitische Maßnahmen, die dem Kokskohleeinsatz in der eisenschaffenden Industrie dienen 100 000 000 DM. Zu Tit. 966 c) wird eine Erläuterung folgenden Inhalts aufgenommen: „Zu Tit. 966 c) Im Zuge der energiepolitischen Maßnahmen zur Sicherung des Absatzes von Gemeinschaftskohle erhalten Unternehmen der eisenschaffenden Industrie für die Verwendung von Hüttenkoks, der aus Gemeinschafts-Kokskohle erzeugt wird, ab 1. Juli 1966 je Tonne verbrauchter Kokskohle 8 DM als laufende Beihilfe. Die Beihilfe dient dem Ausgleich der sich für die Unternehmen der eisenschaffenden Industrie bei der Verwendung von Hüttenkoks, der aus GemeinschaftsKokskohle erzeugt wird, ergebenden Nachteile. Das Nähere ist bis zum Erlaß der gesetzlichen Regelung durch Richtlinien des Bundeswirtschaftsministeriums zu regeln." 2. In Tit. 968 b) - Darlehen für die Aufsuchung oder Ausbeutung von außerhalb des Bundesgebietes gelegenen Erdöl- oder Erdgaslagerstätten - wird der Ansatz um 62 500 000 DM auf 57 500 000 DM gekürzt. Im Haushaltsvermerk wird Absatz 2 gestrichen. 3. Tit. 969 - Darlehen für Unternehmen des Steinkohlenbergbaus für die Aussuchung und Ausbeutung von Erdgaslagerstätten - (Drucksache V/578 S. 4) wird gestrichen. 4. Tit. 972 - Leistungen des Bundes zur dezentralen Einlagerung von Kohlen 30 000 000 DM - wird gestrichen. Bonn, den 17. Mai 1966 Erler und Fraktion 1970 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Mai 1966 Anlage 3 Umdruck 60 Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1966 hier: Einzelplan 25 -- Geschäftsbereich des Bundesministers für Wohnungswesen und Städtebau — (Drucksachen V/250 Anlage, V/589). Der Bundestag wolle beschließen: Bei Kap. 25 02 Tit. 585 wird in den Erläuterungen hinter dem bisherigen Absatz 1 ein neuer Absatz 2 mit folgendem Wortlaut eingefügt: „Von der Bindungsermächtigung entfallen auf Wohnungsbaumaßnahmen für Facharbeiter und Schlüsselkräfte im Zonenrandgebiet 14 000 00.0 DM." Der bisherige Absatz 2 wird Absatz 3. Bonn, den 17. Mai 1966 Dr. Barzel und Fraktion Erler und Fraktion Freiherr von Kühlmann-Stumm und Fraktion Anlage 4 Umdruck 42 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1966 hier: Einzelplan 10 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — (Drucksachen V/250 Anlage, V/579). Der Bundestag wolle beschließen: 1. In Kap. 10 02 — Allgemeine Bewilligungen —wird in Tit. 959 — Investitionsbeihilfen für landwirtschaftliche Betriebe (Anpassungshilfe 1966) — (Drucksache V/579 S. 5) der Ansatz um 40 000 000 DM auf 37 600 000 DM gekürzt. 2. In Kap. 10 03 — Marktordnung wird in Tit. 620 — Zuschüsse an die Einfuhr- und Vorratsstellen für Getreide und Futtermittel, für Fette, für Schlachtvieh, Fleisch und Fleischerzeugnisse und an die Einfuhrstelle für Zucker — (Drucksachen V/579 S. 6, V/250 Anlage S. 69) der Ansatz um 55 000 000 DM auf 310 479 800 DM gekürzt. Bonn, den 16. Mai 1966 Erler und Fraktion Anlage 5 Umdruck 50 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1966 hier: Einzelplan 11 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (Drucksachen V/250 Anlage, V/580). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 11 13 — Sozialversicherung — In Tit. 602 — Zuschuß des Bundes an die knappschaftliche Rentenversicherung — wird der Ansatz von 2 240 000 000 DM um 56 000 000 DM auf 2 296 000 000 DM erhöht. In den Erläuterungen wird in Absatz 2 a) in Nr. 1 — Rentenleistungen — der Ansatz von 3 152 000 000 DM um 35 000 000 DM auf 3 187 000 000 DM, b) in Nr. 6 — Knappschaftsausgleichsleistung — der Ansatz von 16 000 000 DM um 21 000 000 DM auf 37 000 000 DM erhöht. Bonn, den 17. Mai 1966 Erler und Fraktion Anlage 6 Umdruck 53 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1966 hier: Einzelplan 29 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Familie und Jugend — (Drucksachen V/250 Anlage, V/593). Der Bundestag wolle beschließen: In Kap. 29 02 — Allgemeine Bewilligung — wird in Tit. 571 — Bundesjugendplan a) Allgemeiner Bundesjugendplan (ausgenommen Baumaßnahmen) — (Drucksache V/593 S. 3) der Ansatz um 940 000 DM auf 44 730 000 DM erhöht. In den Erläuterungen zu Tit. 571 a (Drucksache V/250 Anlage) wird damit der Ansatz des Regierungsentwurfs bei folgenden Positionen wie folgt wiederhergestellt: A. I. Politische Bildung der Jugend 6 520 000 DM B. I. bis III. Internationale Jugendarbeit 9 200 000 DM E. II. Victor-Gollancz-Stif- tung einschließlich Aka- demie-Lehrgänge 1 250 000 DM. Bonn, den 17. Mai 1966 Erler und Fraktion Anlage 7 Umdruck 54 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1966 hier: Einzelplan 31 — Geschäftsbereich des Bundesministers für wissenschaftliche Forschung — (Drucksachen V/250 Anlage, V/595). Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 42, Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Mai 1966 1971 Der Bundestag wolle beschließen: In Kap. 31 02 — Bewilligungen für die allgemeine Wissenschaftsforschung — wird in Tit. 600 — Förderung des Ausbaus bestehender Hochschulen und sonstiger Wissenschaftseinrichtungen — (Drucksachen V/595 S. 3) der Ansatz um 101 295 100 DM auf 530 000 000 DM erhöht. Bonn, den 17. Mai 1966 Erler und Fraktion Anlage 8 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Seidel für die Fraktion der SPD zu Punkt III/ 6 der Tagesordnung (Drucksache V/589). Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion sieht sich nicht in der Lage, dem Einzelplan für den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wohnungswesen und Städtebau zuzustimmen. Der Grund für diese Haltung liegt in der Wohnungspolitik der Bundesregierung, die den Erfordernissen des Alltags nicht Rechnung trägt. In Stichworten sei das kurz begründet: 1. ,der Rückgang der Förderung des sozialen Wohnungsbaus, 2. die noch weitgehende Unterversorgung breiter Volksschichten, vor allem kinderreicher Familien, alter und alleinstehender Menschen und der jungen Familien. Das sind die Punkte, die uns zur Kritik an der Wohnungspolitik der Bundesregierung Veranlassung geben. In allernächster Zeit besteht die Möglichkeit, aus Anlaß der ersten Lesung des sozialdemokratischen Gesetzentwurfes zur Behebung sozialer Notstände auf dem Gebiete des Mietrechts den umfangreichen Komplex der Wohnungspolitik ohne Zeitdruck zu erörtern. Wir können nicht auf den Hinweis verzichten, daß die Erklärung der Bundesregierung aus dem Herbst des vergangenen Jahres, der soziale Wohnungsbau werde unvermindert fortgesetzt, mit den Tatsachen in Widerspruch steht. Auf Grund des Haushaltssicherungsgesetzes sind dem sozialen Wohnungsbau im Haushalt 1965 insgesamt 70 Millionen DM und im Haushalt 1966 sogar 202 Millionen DM entzogen worden. Diese großen Millionenbeträge können die Länder aus eigenen Mitteln zugunsten des sozialen Wohnungsbaus nicht ausgleichen. Diese Minderung der Förderung des sozialen Wohnungsbaus läßt sich auch durch die Bindungsermächtigungen im Bundeshaushalt in Höhe von 210 Millionen DM als Vorgriff auf das Haushaltsjahr 1967 keineswegs ungeschehen machen. Als bedenklichste haushaltspolitische Manipulation muß die Inanspruchnahme der Rückflußmittel aus den Darlehen für den sozialen Wohnungsbau in Höhe von 62 Millionen DM zur Abdeckung des Bundeshaushaltes angesehen werden. Wir verlangen, daß in Zukunft die Rückflußmittel aus dem Wohnungsbaudarlehen ausschließlich der Förderung des sozialen Wohnungsbaus zur Verfügung stehen, wie es im Zweiten Wohnungsbaugesetz vorgesehen ist. Das sind nur einige 'der Gründe, die die sozialdemokratische Bundestagsfraktion veranlassen, ihre Zustimmung zu dem Haushalt Wohnungswesen und Städtebau zu versagen. Die Fraktion wird deshalb Stimmenthaltung üben. Anlage 9 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Dr. Götz für die Fraktion der CDU/CSU zu Punkt III/ 11 der Tagesordnung (Drucksache V/580, zu V/580). Dem Hohen Haus liegt ein Schriftlicher Bericht zum Einzelplan 11 vor. Wenn ich trotzdem als Berichterstatter um das Wort zu einem kurzen mündlichen Bericht gebeten habe, so deshalb, weil ich es bei der Bedeutung des Sozialhaushalts innerhalb des Gesamthaushalts des Bundes für angebracht und zweckmäßig halte, zu den Allgemeinen Bemerkungen des „Schriftlichen Berichts" noch einige ergänzende Erläuterungen zu geben. Das dringendste Problem, vor das sich der Haushaltsausschuß gestellt sah, war die Festigung der Finanz- und Haushaltslage des Bundes im Interesse der Stabilität der Währung. Unter diesem Gesichtspunkt mußte der Haushaltsausschuß auch den Sozialhaushalt und seine Positionen prüfen und beraten, von der allgemein anerkannten Erkenntnis ausgehend, daß die Erhaltung der Geldwertstabilität die Grundvoraussetzung für eine fortschrittliche Sozialpolitik ist. Der Entwurf der Bundesregierung zum Einzelplan 11 hat diesen Gesichtspunkten bereits weitgehend entsprochen. So wurden z. B. in Auswirkung des Hauhaltssicherungsgesetzes im Haushaltsplan 1966 berücksichtigt: die Verlagerung von Lasten nach dem Mutterschutzgesetz in Höhe von 260 Millionen DM und das zeitliche Hinausschieben der Nachzahlung von Zuschüssen zur Familienwochenhilfe an die Träger der Krankenversicherung in Höhe von 264 Millionen DM. Außerdem wurde auch in diesem Jahr eine Minderausgabe von 750 Millionen DM durch Zuteilung von Schuldbuchforderungen an die Träger der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten ausgebracht. Darüber hinaus hat die Bundesregierung in Verhandlungen mit der Bergbauberufsgenossenschaft erreicht, daß die Erstattungszahlungen in Höhe von 100 Millionen DM unter Übernahme des Zinsendienstes bis zum Jahre 1968 ausgesetzt werden. Damit wurde auch im Sozialhaushalt ein Beitrag zur Stabilerhaltung der Währung geleistet, ohne dadurch das bestehende Leistungssystem zu verschlechtern. Auch beim Mutterschutz sind durch 1972 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Mai 1966 eine vorübergehende Umlastung der Finanzierung die sozial- und gesundheitspolitischen Fortschritte wirksam geworden. Der Haushaltsausschuß hat bei der Beratung des Einzelplans 11 das im Regierungsentwurf vorgesehene Ausgabenvolumen von rund 13,3 Milliarden DM um rund 5,75 Millionen DM gekürzt. Aber auch durch diese Einsparungen tritt keine Kürzung der gesetzlichen Sozialleistungen ein. Der Hauptanteil der vorgenommenen Einsparungen entfällt auf das Gebiet der Arbeitslosenhilfe. Dort war auf Grund der günstigen wirtschaftlichen Entwicklung eine Kürzung um 4,9 Millionen DM möglich, ohne die Leistungsempfänger zu benachteiligen. Es muß aber dazu bemerkt werden, daß eine weitere Verminderung dieses immer noch beachtlichen Ansatzes von 42,5 Millionen DM ohne Änderung des Gesetzes über die Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung nicht möglich ist. Es ist festzustellen, daß trotz der Auswirkungen des Haushaltssicherungsgesetzes und der vom Haushaltsausschuß vorgenommenen Kürzungen die im Einzelplan 11 veranschlagten Ausgaben um 264 Millionen DM höher sind als im Vorjahr. Das ist ein Anstieg um rund 2 %. Der Haushaltsausschuß war bei seinen Beratungen bemüht, den sozial- und konjunkturpolitischen Erfordernissen gerecht zu werden. Bei dem mit 13,3 Milliarden DM veranschlagten Ausgabevolumen handelt es sich nur um die im Einzelplan 11 ausgewiesenen Sozialleistungen. Berücksichtigt man alle Sozialleistungen des Bundes, so ergibt dies für das Jahr 1966 einen Mehraufwand von rund 0,5 Milliarden DM auf 18,2 Milliarden DM. Damit beträgt der Anteil der gesetzlichen Sozialleistungen an den Gesamtausgaben des Bundes rund 27,2 %. Aber auch diese Summe bezieht sich nur auf einen Teil des Gesamtkomplexes unseres Sozialleistungssystems. Die Nettoaufwendungen für alle öffentlichen Sozialleistungen in der Bundesrepublik werden sich im Jahre 1966 voraussichtlich auf 68 bis 70 Milliarden DM belaufen. Eine genaue Zahl läßt sich zur Zeit noch nicht feststellen. 1965 beliefen sich alle öffentlichen Sozialleistungen auf 62,6 Milliarden DM. Sie lagen damit um 13 % über den Aufwendungen des Jahres 1964. Die Steigerungsrate von 1965 auf 1966 dürfte sich im ähnlichen Rahmen bewegen. Der finanzielle Schwerpunkt des Einzelplans 11 liegt bei den Bundeszuschüssen zur Sozialversicherung. Sie betragen für das Haushaltsjahr 1966 8,6 Milliarden DM, das ist gegenüber dem Jahre 1965 ein Mehrbedarf von rund 617 Millionen DM. Davon entfallen 470,7 Millionen DM auf die Rentenversicherungen der Arbeiter und der Angestellten und 146,0 Millionen DM auf die knappschaftliche Rentenversicherung. Wenn man die Höhe der Bundeszuschüsse im Vergleich zu der Zahl der Rentner setzt, dann kommt man zu der Feststellung, daß die Zahl der Rentner bei den Rentenversicherungen der Arbeiter und der Angestellten wesentlich höher liegt als bei der knappschaftlichen Rentenversicherung. Sie beträgt im ersten Fall bei einem Bundeszuschuß von 6,3 Milliarden DM 8 Millionen Rentner und bei der knappschaftlichen Rentenversicherung bei einem Zuschuß von 2,4 Milliarden DM nur 0,7 Millionen Leistungsempfänger. Es ist verständlich, daß die beachtliche Höhe der Bundeszuschüsse die Blicke kritischer Betrachter auf sich zieht und die Frage auftaucht, ob das so sein muß. Es wird aber dabei zu wenig oder gar nicht beachtet, daß die Rentenversicherungen durch die Folgen zweier Weltkriege in doppelter Hinsicht belastet sind. Einerseits sind ihr durch die Anrechnung der Zeiten des Wehrdienstes, des Kriegsdienstes und der Kriegsgefangenschaft auf die Renten zusätzliche Verpflichtungen erwachsen; andererseits hat sie durch den kriegsbedingten Verlust an Beitragszahlern und wegen der geburtenschwachen Jahrgänge erhebliche Einbußen auf der Einnahmeseite erlitten. Erörterungen über die Möglichkeit einer Kürzung der Bundeszuschüsse an die Sozialversicherung sind im Haushaltsausschuß nicht angestellt worden. Eine Kürzung erscheint auch nicht vertretbar. Die Zuschüsse zur Sozialversicherung sind zwar von Jahr zu Jahr absolut mit den Löhnen gestiegen, sie stehen aber in keinem direkten Verhältnis zu der zunehmenden Alterslast. Würde man auch diese berücksichtigen, ergäbe sich eine degressive Entwicklung der Zuschußleistung des Bundes. Keinesfalls kann man bei den Bundeszuschüssen von Subventionen sprechen. Sie kommen nicht einem bestimmten Wirtschaftsbereich, sondern fast der gesamten Bevölkerung zugute. Es handelt sich nicht um die Gewährung von Sondervorteilen an einzelne, sondern um eine Verteilung staatlicher Mittel von der erwerbstätigen Bevölkerung an die aus dem Erwerbsleben ausgeschiedenen Rentner. Die Bundeszuschüsse sind auch nicht zum Ausgleich eines vorübergehenden wirtschaftlichen Mißerfolges bestimmt, sondern eine auf Dauer gerichtete finanz- und sozialpolitische Maßnahme. Als Finanzhilfen im weitesten Sinne rechtfertigen sie sich sowohl als Ausgleich von Kriegsfolgen als auch durch die Beteiligung der Betroffenen an der Mehrung des Sozialprodukts und stellen die Solidarität der schaffenden Generation mit der Vorgeneration her. Im Zusammenhang mit der auch im Haushalt 1966 ausgebrachten Minderausgabe durch Zuteilung von Schuldbuchforderungen an die Träger der Rentenversicherungen der Arbeiter und der Angestellten steht das Problem der Rücklagen. Sie haben die beachtliche Höhe von über 26 Milliarden erreicht. Es besteht allgemeines Einvernehmen darüber, daß sie in Zukunft nicht weiter ansteigen sollen. Das bedeutet aber bei dem ungünstigen Altersaufbau unserer Bevölkerung, daß die nicht mehr anwachsende Rücklage einen ständig geringer werdenden Anteil der Rentenausgaben deckt. Daher muß auf alle Fälle dafür Sorge getragen werden, daß die Liquidität der Rentenversicherungen auch in Zukunft gesichert bleibt. In den nicht nur absolut, sondern auch relativ steigenden Bundeszuschüssen zur knappschaftlichen Rentenversicherung spiegelt sich die energiepolitische Entwicklung wieder. Im Zuge dieser Entwicklung wurde eine Reihe von Lasten auf diesen Versicherungszweig übertragen, die nicht im Zusam- Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Mai 1966 1973 menhang mit den eigentlichen Aufgaben der Knappschaften stehen. Es muß damit gerechnet werden, daß bei dieser Situation auch in Zukunft eine Steigerung der Bundeszuschüsse unvermeidlich ist. Neben den Sozialleistungen im klassischen Sinne nehmen die Kriegsfolgelasten im Sozialhaushalt einen beachtlichen Raum ein. An erster Stelle steht hier die Kriegsopferversorgung, die auch in ihrer Größenordnung unmittelbar auf die Leistungen des Bundes an die Sozialversicherung folgt. Die Verminderung der Versorgungsleistungen des Bundes für Kriegsopfer um 353,2 Millionen DM im Haushalt 1966 hat ihre Ursache nicht in Leistungsverkürzungen, sondern lediglich in dem Rückgang der Zahl der Leistungsberechtigten und in einer Verminderung der Nachzahlungen, die durch die Umrechnungsschwierigkeiten des Zweiten Neuordnungsgesetzes bedingt sind. Ein wirklichkeitsnahes Bild über die Entwicklung der Kriegsopferversorgung entsteht, wenn man berücksichtigt, daß sich der Durchschnittsbetrag für den Leistungsempfänger inzwischen verdreifacht hat. Der Haushaltsausschuß hat wegen der angespannten Haushaltslage den für die Kapitalabfindungen vorgesehenen Betrag nicht noch weiter erhöhen können; dafür aber eine Bindungsermächtigung in Höhe von 15 Millionen DM vorgesehen. Damit ist sichergestellt, daß die zu erwartenden Anträge auf Kapitalabfindungen befriedigt werden können. Eine erhebliche Erhöhung hat u. a. der Ansatz für die Kosten der Heilbehandlung erfahren. Der Haushaltsentwurf sieht keinen Ansatz für ein drittes Neuordnungsgesetz vor, weil über die Ausgestaltung und die Höhe der Leistungsverbesserungen noch Verhandlungen im Gange sind. Es wird erwartet, daß die Bundesregierung in absehbarer Zeit einen Gesetzentwurf dazu vorlegt. Neben den auf gesetzlichen Verpflichtungen beruhenden Sozialleistungen des Bundes, von denen ich nur diejenigen erwähnt habe, die den größten Finanzbedarf des Bundes erfordern, verdienen einige freiwillige Sozialleistungen wegen ihrer großen Bedeutung für das Arbeitsleben noch besonders hervorgehoben zu werden. Hier muß in erster Linie die Förderung der beruflichen Fortbildung genannt werden, ein Programm, das, 1959 mit der institutionellen Förderung begonnen und 1962 um die individuelle Förderung erweitert, unter den aufstiegswilligen Berufstätigen eine außerordentlich gute Resonanz gefunden hat. Die bis zum 31. 7. 1965 gewährten Beihilfen mit einer Gesamtsumme von rund 82 Millionen DM haben dazu beigetragen, etwa 44 000 Arbeitnehmern, insbesondere in technischen Berufen, den Aufstieg in eine mittlere oder gehobene Berufstätigkeit zu ermöglichen. Für das Rechnungsjahr 1966 mußte auf Grund der vorliegenden Anträge der zunächst vorgesehene Jahresansatz von 36,1 Millionen DM um 6,4 Millionen DM erhöht werden. Trotz der inzwischen enger gefaßten Richtlinien für die Gewährung der individuellen Beihilfen, durch die- einer unvertretbaren Ausweitung des Programms vorgebeugt werden soll, läßt das starke Interesse an diesen Berufsförderungshilfen erwarten, daß in diesem Jahr noch weitere Bundesmittel benötigt werden. Zu den wichtigsten freiwilligen Sozialleistungen ist außerdem die arbeitsmarktpolitisch bedeutsame Errichtung überregionaler Rehabilitationszentren für die Spezialbehandlung bestimmter Verletzten- und Krankengruppen zu rechnen. In den vergangenen Jahren wurde auf diesem Gebiet mit finanzieller Unterstützung des Bundes bereits Vorbildliches geleistet. Erwähnt sei hier nur das StöckerWerk in Heidelberg. Um auch hier dem weiteren Bedarf an ,derartigen Einrichtungen wenigstens einigermaßen gerecht werden zu können, wurde der Ansatz des Vorjahres um 300 000 DM auf 4,3 Millionen DM erhöht. Neben den vielfachen, für die Arbeitnehmerschaft bestimmten Maßnahmen darf auch die Hilfe für die freien Berufe nicht unerwähnt bleiben. Hier wurde in der Vergangenheit durch die Zinsverbilligungsaktion des Bundes manchem jungen Akademiker der Weg zu einer selbständigen freiberuflichen Existenzgeebnet. Der Haushaltsausschuß hat die Berechtigung und Notwendigkeit dieses Programms anerkannt. Wegen der angespannten Haushaltslage sah er sich aber leider nicht in der Lage, den Vorjahresansatz zu erhöhen. Es sollte jedoch angestrebt werden, in Zukunft die Mittel wieder in der Höhe des notwendigen Bedarfs zur Verfügung zu stellen. Im Haushalt 1966 wurden erstmals Mittel für den Bau von Familienwohnungen für ausländische Arbeitnehmer vorgesehen. Bei der inzwischen erreichten Zahl von 1,2 Millionen ausländischen. Arbeitnehmern in der Bundesrepublik ist es unausbleiblich, daß sich eine Reihe von zum Teil recht schwierigen Problemen ergeben. Nicht alle lassen sich durch die private Initiative der Arbeitgeber, der Gewerkschaften, der kirchlich-karitativen Organisationen oder der Verbände der freien Wohlfahrtspflege lösen. Durch sie geschieht auf dem Gebiet der Ausländerbetreuung sehr viel, und man sollte ihnen dafür danken. Der Haushaltsausschuß hat sich nur mit einer der vielen Fragen der Ausländerbetreuung beschäftigt, nämlich mit der Frage der sich aus der Familienzusammenführung notwendigerweise ergebenden Förderung .des Familienwohnungsbaues. Die bei uns beschäftigten Ausländer haben nach EWG-Bestimmungen oder auf Grund von Vereinbarungen mit den „Entsendeländern" einen Anspruch darauf, ihre Familien nachkommen zu lassen. Nach der EWG- Verordnung Nr. 38/64 ist den in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigten ausländischen Arbeitnehmern bei der Beschaffung ausreichenden Wohnraumes zu helfen. Nach Teilerhebungen, die vor einiger Zeit in den Schwerpunktgebieten der Ausländerbeschäftigung vorgenommen wurden, haben etwa 15 % der Gastarbeiter zumindest ihre Ehefrauen nachkommen lassen. Die Förderung der Familienzusammenführung und .des Familienwohnungsbaues liegt aber nicht nur im Interesse der ausländischen Arbeiter, sondern auch im Interesse der Betriebe und nicht zuletzt der Be- 1974 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Mai 1966 völkerung. Ich glaube, es ist unsere moralische und. soziale Pflicht, den ausländischen Arbeitskräften, auf die wir zur Erhaltung des Wirtschaftswachstums und zur Förderung des allgemeinen Wohlstandes angewiesen sind, auch ein menschenwürdiges Zuhause zu geben, in dem sie sich wohlfühlen können und weniger der Gefahr ausgesetzt werden, mit den Strafgesetzen in .Konflikt zu kommen. Die Bundesanstalt in Nürnberg hat dankenswerter Weise für die Förderung des Wohnungsbaues für ausländische Arbeitskräfte Darlehensmittel in Höhe von 50 Millionen DM bereitgestellt. Trotzdem konnte das damit angestrebte Ziel noch nicht erreicht werden, weil die Mittel zur Spitzenfinanzierung oder zur Tilgungsstreckung fehlten. Diese Lücke in der Finanzierung soll nunmehr durch die bei Tit. 950 veranschlagten Bundesmittel in Höhe von 3 Millionen DM und die Erteilung einer Bindungsermächtigung in Höhe von 7 Millionen DM geschlossen werden. Bei der vielseitigen Problematik der Ausländerbetreuung hat der Haushaltsausschuß angeregt, den Versuch einer Koordinierung aller Betreuungsmaßnahmen zu machen und eine Zusammenfassung der dafür vorgesehenen Mittel beim federführenden Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung herbeizuführen. Mit diesen meinen Schriftlichen Bericht in seinem Allgemeinen Teil noch ergänzenden und kommentierenden Bemerkungen kann ich meinen Mündlichen Bericht beenden. Im Haushaltsausschuß wurden alle Titel des Einzelplans 11 in der Ihnen vorliegenden Fassung einstimmig beschlossen. Anlage 10 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Jaeger vom 16. Mai 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Müller-Emmert (Drucksache V/614 Frage 1/2): Ist die Bundesregierung bereit, einen Gesetzentwurf zur Änderung des § 61 Konkursordnung dahin gehend vorzulegen, daß die rückständigen Forderungen aus Lohn, Kostgeld oder anderen Dienstbezügen den rückständigen Forderungen aus der Renten-, Arbeitslosen- und Krankenversicherung, der Berufsgenossenschaften und Familienausgleichskassen im Range vorgehen, wodurch eine Benachteiligung der Arbeitnehmer beseitigt würde, die darin liegt, daß die rückständigen Forderungen aus Sozialabgaben erfahrungsgemäß erheblich höher sind als die rückständigen Lohn- und Gehaltsforderungen, so daß die Arbeitnehmer als die sozial Schwächeren durchschnittlich nur geringe Restbeträge ausbezahlt erhalten? Im Konkurs über das Vermögen eines Arbeitgebers werden bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern wegen der für das letzte Jahr vor der Eröffnung des Konkursverfahrens rückständigen Lohnforderungen nach § 61 Nr. 1 KO vorzugsweise befriedigt. Ebenso genießen das Vorrecht des § 61 Nr. 1 KO nach § 28 Abs. 3 RVO und entsprechenden Bestimmungen anderer Versicherungsgesetze wegen rückständiger Beitragsforderungen auch die Sozialversicherungsträger. Soweit es sich um die Forderungen der Krankenkassen und der Versicherungsanstalten handelt, ist der Grund für die Gleichbehandlung die Erwägung, daß die vom Arbeitgeber gezahlten Beiträge rechtlich oder doch wenigstens wirtschaftlich einen Teil des vom Arbeitnehmer verdienten Lohnes darstellen und der Arbeitnehmer sich bei der Lohnzahlung Beitragsteile vom Lohn abziehen lassen muß (RGZ 102, 72 ff.; Jaeger-Lent, Konkursordnung § 61 Anm. 18). Die Forderungen der Berufsgenossenschaften sind den Forderungen der Krankenkassen und der Versicherungsanstalten gleichgestellt, um eine einheitliche Behandlung aller Arten von Versicherungsträgern zu erreichen (RG 102, 74) . Dem Bundesjustizministerium liegt kein Material vor, aus dem sich ergibt, daß in Konkursen Rückstände von Sozialversicherungsbeiträgen vielfach wesentlich höher sind als rückständige Lohnforderungen. Es ist mir bislang auch nicht bekanntgeworden, daß die gesetzliche Regelung zu einer erheblichen Benachteiligung der Arbeitnehmer geführt hat. Ein zu starkes Anwachsen der Vorrechtsforderungen von Sozialversicherungsträgern dürfte schon deswegen ausgeschlossen sein, weil nur die im letzten Jahr vor der Eröffnung des Konkurses entstandenen Beitragsforderungen der Sozialversicherungsträger unter das Vorrecht des § 61 Nr. 1 KO fallen (BGHZ 34, 294 ff.). Zur Zeit sehe ich daher keinen dringlichen Anlaß, die geltende Regelung zu ändern. Die Bundesregierung beabsichtigt aber, das Erste Buch der Reichsversicherungsordnung (Gemeinsame Vorschriften) neu zu gestalten. Bei dieser Gelegenheit wird auch geprüft werden, ob die Bestimmung des § 28 Abs. 3 RVO mit dem bisherigen Inhalt beibehalten werden kann. Anlage 11 Schriftliche Antwort des Bundesministers Höcherl vom 10. Mai 1966 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Giulini (Drucksache V/614 Fragen X/3 und X/4) : Gedenkt die Bundesregierung Nationalparks oder große zusammenhängende Naturschutzgebiete in Deutschland zu schaffen, in welchen alle deutschen Wildtiere geschützt sind und welche zur Erholung und Freude der Bevölkerung dienen, so wie das in fast allen anderen Kulturstaaten geschehen ist? Gedenkt die Bundesregierung dem Deutschen Naturschutzring, dem Dachverband aller Organisationen und Vereine, die mit der Erhaltung der Natur zu tun haben, ähnlich wie anderen Verbänden Geldmittel zur Verfügung zu stellen? Da dem Bund auf den Gebieten des Naturschutzes und der Jagd nur die Rahmengesetzgebung zusteht, ist er nicht in der Lage, selbst bestimmte Erholungsgebiete oder Wildreservate zu schaffen. Die Bundesregierung unterstützt jedoch seit 10 Jahren das in den meisten Ländern der Bundesrepublik durchgeführte Naturpark-Programm zum Schutz großräumiger, durch natürliche Schönheit und Eigenart ausgezeichneter Landschaften von übergebietlicher Bedeutung, in denen durch geeignete Maßnahmen die Natur vor Schädigungen bewahrt und den Menschen Erholung geboten wird. Was den Wildschutz angeht, genießen bei uns heimische, nicht jagdbare wildlebende Tiere den Schutz des in allen Ländern fortgeltenden Reichsnaturschutzgesetzes von 1935 und treffen für die jagdbaren Tiere die Bestimmungen des Bundesjagdgesetzes zu. Die Bundesregierung ist aus folgenden Gründen nicht in der Lage, dem Deutschen Naturschutzring einen laufenden Zuschuß zu gewähren: 1. Die vom Deutschen Naturschutzring wahrzunehmenden Aufgaben sind überwiegend Länderangelegenheit. 2. Verschiedene, dem Deutschen Naturschutzring als Dachverband angehörende Vereine erhalten bereits Zuschüsse des Bundes, die mehrere 100 000 DM betragen. Es ist daher aus haushaltsrechtlichen Gründen nicht möglich, auch dem Dachverband selbst noch Zuwendungen aus Bundesmitteln zukommen zu lassen. Anlage 12 Schriftliche Antwort des Bundesministers Höcherl vom 16. Mai 1966 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Wächter (Drucksache V/614 Fragen X/10 und X/11): Wie hoch waren in den Jahren 1962 bis 1965 die Umsätze der vier großen Seefischmärkte Bremerhaven, Cuxhaven, Hamburg und Kiel mengen- und wertmäßig? Wieviel Prozent der Menge und des Wertes entfallen auf die einzelnen in Frage X/10 genannten Häfen? Mengen- und wertmäßige Umsätze der vier Seefischmärkte 1962 1963 Menge Wert in Menge Wert in i. t. % 1000 DM % i. t. % 1000 DM % Bremerhaven Cuxhaven Hamburg 173 672 131 089 33 771 31 411 46,95 35,43 9,13 8,49 103 384 45,22 35,28 9,85 8,65 151 768 43,96 39,25 8,34 8,45 . 88 799 43,45 38,63 9,35 8,57 Kiel 78 931 135 482 78 948 22 025 28 799 19 104 19 353 29 156 17 502 Zusammen: 369 943 100 1 223 693 100 345 205 100 204 353 100 1964 1965 Menge Wert in Menge Wert in i. t. % 1000 DM % i. t. % 1000 DM % Bremerhaven Cuxhaven Hamburg 127 311 125 067 25 506 29 023 41,48 40,75 8,31 9,46 84 530 41,33 38,96 9,54 10,17 123 481 121 723 26 535 28 704 41,10 40;52 8,83 9,55 88 676 41,04 38,63 10,48 9,85 Kiel 79 665 83 471 19 512 22 647 20 793 21 299 Zusammen: 306 907 100 204 500 100 300 443 100 216 093 100
Gesamtes Protokol
Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504200000
Die Sitzung ist eröffnet.
Es liegt Ihnen eine Liste betr. Überweisung von Vorlagen der Bundesregierung, die keiner Beschlußfassung bedürfen, an die zuständigen Ausschüsse gemäß § 76 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung vor:
Vorlage des Bundeskanzlers
Betr.: Einrichtung einer „unabhängigen Forschungsstelle für Fragen der Strategie, der Abrüstung und der Rüstungskontrolle sowie verwandter Gebiete"
Bezug: Beschluß des Bundestages vom 21. Januar 1965
— Drucksache V/612 —zuständig: Auswärtiger Ausschuß (federführend), Verteidigungsausschuß, Haushaltsausschuß
Vorlage des Bundesministers der Finanzen
Betr.: Erhöhung der Pauschbeträge für die Lebenshaltungskosten bei den ErlaBverfahren nach den §§ 54 und 131 LAG
Bezug: Beschluß des Bundestages vom 1. Juli 1965
— Drucksache V/613 —zuständig: Ausschuß für Kriegs- und Verfolgungsschäden
— Gegen die Überweisung erhebt sich kein Widerspruch.
Die Fraktion der CDU/CSU hat mit Schreiben vom 16. Mai an Stelle des verstorbenen Herrn Kollegen Dr. Philipp den Abgeordneten Springorum als Mitglied des Europäischen Parlaments benannt.
— Das Haus ist einverstanden. Damit ist der Abgeordnete Springorum als Mitglied des Europäischen Parlaments gewählt. Ich hoffe, daß seine Wirksamkeit im Europäischen Parlament größer ist als die Zustimmung dieses augenblicklich schwach besetzten Hauses.
Wir haben noch eine Beschlußfassung nachzuholen. Bei der Beratung über den Einzelplan 02 ist gestern die Verabschiedung der Ziffer 2 des Antrages des Ausschusses unterblieben, die zu dem Einzelplan 02 eingegangenen Petitionen durch die Beschlußfassung zu Ziffer 1 für erledigt zu erklären.
—/Das Haus beschließt in diesem Sinne.
Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen hat am 12. Mai 1966 unter Bezugnahme auf § 17 Abs. 5 des Postverwaltungsgesetzes den Voranschlag der Deutschen Bundespost für das Rechnungsjahr 1966 übersandt. Der Voranschlag liegt im Archiv zur Einsichtnahme aus.
Wir kommen zum ersten Punkt der heutigen Tagesordnung:
Fragestunde
— Drucksachen V/614, zu V/614 —.
Wir sind beim Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Ich rufe die Frage XI/ 5 des Abgeordneten Fritsch (Deggendorf) auf:
Welches ist der derzeitige Stand der Erforschung von körperlichen Spätschäden nach Kriegsgefangenschaftszeiten unter besonderer Berücksichtigung der Dauer der Lebenserwartung bei ehemaligen Kriegsgefangenen? -
Bitte, Herr Minister!

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0504200100
Herr Kollege Fritsch, dem Problem, das Sie in Ihrer Frage angeschnitten haben, widme ich nach wie vor meine besondere Aufmerksamkeit. Neben den schon längere Zeit laufenden Forschungsaufträgen hat mein Haus vor etwa drei Wochen ein Gespräch mit namhaften Arteriosklerose-Forschern der Bundesrepublik geführt. Dabei ging es vor allem um die Frage, inwieweit durch die extremen Lebensbedingungen einer Gefangenschaft die Arteriosklerose mit ihren Komplikationen beeinflußt wird. Ich kann Ihnen heute das Ergebnis noch nicht darlegen, da die Sachverständigen noch abschließend Stellung nehmen werden.
Sie sprechen in Ihrer Frage außerdem die Lebenserwartung der ehemaligen Kriegsgefangenen an. Die Arbeiten von Herrn Professor Schenk sind Ihnen, wie ich aus einer Ihrer früheren Anfragen weiß, bekannt. Die Untersuchungen über die Lebenserwartung werden ebenfalls fortgeführt, einerseits von Herrn Professor Schenk, zum anderen auch von den Versorgungsbehörden, die ich gebeten habe, eine Sondererhebung über die Heimkehrer aus den Jahren 1955 und 1956 durchzuführen. Eine bereits beendete Erhebung der Versorgungsverwaltung Hamburg an einem relativ kleinen Personenkreis konnte die Ergebnisse von Herrn Professor Schenk nicht bestätigen. Mir scheint es jedoch verfrüht zu sein, Endgültiges bereits jetzt auszusagen. Die Untersuchungen werden auf jeden Fall weitergeführt, bis eine wissenschaftlich einwandfreie Klärung erreicht ist.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504200200
Eine Zusatzfrage.




Walter Fritsch (SPD):
Rede ID: ID0504200300
Herr Minister, wäre Ihr Haus bereit, internationale Erfahrungen auf diesem Gebiet und Forschungsergebnisse, insbesondere belgische, in Ihre Überlegungen einzubeziehen und bei dem, was Sie an Forschungsaufträgen zunächst einmal zu vergeben beabsichtigen oder bereits vergeben haben, zu berücksichtigen?

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0504200400
Dazu sind wir gern bereit, Herr Kollege.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504200500
Eine weitere Frage.

Walter Fritsch (SPD):
Rede ID: ID0504200600
Ich gestatte mir die Frage, ob der Ärztlich-Wissenschaftliche Beirat des Verbandes der Heimkehrer eingeschaltet, angemessen beteiligt oder gehört worden ist?

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0504200700
Zwischen dem Ärztlich-Wissenschaftlichen Beirat des Verbandes der Heimkehrer und meinem Hause besteht eine sehr enge Verbindung. Bei dem von mir erwähnten Sachverständigengespräch, das vor wenigen Wochen in meinem Hause stattgefunden hat, war der Ärztlich-Wissenschaftliche Beirat des Verbandes der Heimkehrer durch zwei Professoren maßgeblich beteiligt.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504200800
Dann rufe ich die Fragen XI/ 6 und XI/ 7 des Abgeordneten Geiger auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Beiträge zur Rentnerkrankenversicherung die Ausgaben für die versicherten Rentner nicht decken?
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die wegen des in Frage XI/6 erwähnten Problems immer bedrohlicher werdende Finanzsituation der Ortskrankenkassen zu erleichtern?
Bitte, Herr Minister!

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0504200900
Der Bundesregierung ist bekannt, daß die Beiträge zur Rentnerkrankenversicherung die Ausgaben für die versicherten Rentner nicht decken. Dies hat seinen Grund in der 1956 beschlossenen Neuregelung dieses Rechtsgebietes. Der Gesetzgeber war der Meinung, daß die aktiven Mitglieder jeder Krankenkasse an den Aufwendungen der Krankenversicherung der Rentner mit einer sogenannten Interessenquote beteiligt sein sollten. Inzwischen hat sich die Interessenquote bei den einzelnen Kassen sehr unterschiedlich entwickelt. Gegenwärtig führt sie teilweise zu einer Belastung, die über das hinausgeht, was der Gesetzgeber 1956 für vertretbar gehalten hat.
Die Bundesregierung beabsichtigt, dem Hohen Hause einen Gesetzentwurf zur Neuregelung des Rechts der Krankenversicherung vorzulegen. Dies wird geschehen, sobald die Ergebnisse der Sozialenquete-Kommission vorliegen und ausgewertet sind. Im Rahmen der beabsichtigten Neuregelung der Krankenversicherung insgesamt werden sich auch Auswirkungen auf die Finanzierung der Rentnerkrankenversicherung ergeben. Wegen dieses Zusammenhanges hält die Bundesregierung eine Vorwegregelung der Rentnerkrankenversicherung nicht für zweckmäßig.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504201000
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Geiger.

Hans Geiger (SPD):
Rede ID: ID0504201100
Herr Minister, sieht die Bundesregierung keine Möglichkeit, bis zur Neuordnung der Krankenversicherung einen Ausgleich der Lasten durch die Rentnerkrankenversicherung unter den verschiedenen Kassenarten herbeizuführen?

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0504201200
Man kann einen solchen Weg selbstverständlich prüfen, Herr Kollege Geiger. Ich persönlich möchte allerdings hoffen, daß der Terminplan, den ich mir für die Arbeit gestellt habe, eingehalten werden kann. Dieser Terminplan sieht so aus, daß wir spätestens Ende des Monats Juli die Sozialenquete vorliegen haben und daß uns dann die Sommermonate im Ministerium zur Verfügung stehen, um intensiv die Auswertung dieser Enquete zu betreiben, so daß wir nach den Herbstferien dem Hohen Hause einen Entwurf vorlegen können.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504201300
Eine zweite Frage des Herrn Abgeordneten Geiger.

Hans Geiger (SPD):
Rede ID: ID0504201400
Darf ich Sie bitten, Herr Minister, die Frage zu prüfen, ob nicht vor Verabschiedung des Gesetzes unter den Kassenarten ein Ausgleich durchgeführt werden könnte.

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0504201500
Ich sagte Ihnen schon, Herr Kollege Geiger, daß ich bereit bin, das zu prüfen.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504201600
Ich rufe dann aus der Drucksache zu V/614 die Frage I/1 des Abgeordneten Schmidt (Kempten) auf:
Kann die Bundesregierung darüber Auskunft geben, wie hoch die Ausfälle an Steuern in Bund und Land sowie an Sozialabgaben im 1. Vierteljahr 1966 waren, die durch das im Vorjahr beschlossene Änderungsgesetz zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer entstanden sind?
Die Frage wird von Herrn Abgeordneten Mertes übernommen.
Bitte, Herr Minister!

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0504201700
Herr Kollege Schmidt, ich muß Ihre Frage mit Nein beantworten. Erhebungen über die Anwendung des Vermögensbildungsgesetzes empfehlen sich nicht für ein Vierteljahr, sondern allenfalls für Kalenderjahre.

Dr. Werner Mertes (FDP):
Rede ID: ID0504201800
Herr Bundesminister, können Sie vielleicht heute schon übersehen, ob die Steuerausfälle auf Grund des 312-DM-Gesetzes dazu führen können, daß die Förderung des Bau- und Prämiensparens eingeschränkt werden muß?

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0504201900
Erhebungen über die Anwendung des Vermögensbildungsgesetzes durch das Statistische Bundesamt sind mit erheblichen Kosten sowie mit Verwaltungsarbeit für Wirtschaft und Verwaltung ver-



Bundesminister Katzer
bunden. Das Rumpfjahr 1965 ist für eine solche Regelung noch nicht geeignet. Wir werden uns bemühen, im Jahre 1967 eine Ubersicht zu bekommen.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504202000
Ich rufe die Frage I/2 des Abgeordneten Schmidt (Kempten) auf:
Aus welchem Haushaltstitel gedenkt die Bundesregierung die noch nicht abzusehenden, aber sicher weit über 50 Millionen DM liegenden Kosten für das mit Drucksache V/521 eingebrachte Änderungsgesetz des Reichsknappschaftsgesetzes und des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung entstehenden Kosten zu begleichen?

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0504202100
Die auf Grund der Änderung des Reichsknappschaftsgesetzes auf den Bund zukommende Mehrbelastung wird aus Kap. 11 13 Tit. 602 bestritten. Die Änderung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung belastet den Bund, wie Sie wissen, nicht.
Die Höhe der durch die Änderung des Reichsknappschaftsgesetzes für den Bund eintretende Mehrbelastung beträgt im Haushaltsjahr 1966 keine 50 Millionen DM. Eine solche Belastung ergäbe sich nur dann, wenn alle jetzt noch im Bergbau beschäftigten über 55 Jahre alten langjährigen Bergleute vom 1. Januar 1966 an Knappschaftsausgleichsleistung erhalten würden. Da der Gesetzentwurf nicht vor dem 1. Juli 1966 in Kraft treten wird, verringert sich der genannte Maximalbetrag schon um die Hälfte. Davon abgesehen entstehen durch den Entwurf nur insoweit Mehrkosten, als Leistungen an solche Bergleute zu erbringen sind, die ohne das Recht zum freiwilligen Abkehren weiter im Bergbau verblieben wären; denn bei einer aus Rationalisierungs- oder Stillegungsmaßnahmen vorgenommenen Entlassung ist die Knappschaftsausgleichsleistung auch jetzt schon zu erbringen. Ausgehend von der Situation im Steinkohlenbergbau würde auch ohne die Gesetzesänderung ein nicht unerheblicher Teil des von dem Regierungsentwurf angesprochenen Personenkreises in nächster Zeit aus dem Bergbau ausgeschieden sein. Die für diesen Personenkreis zu erbringenden Leistungen sind nicht als Mehrbelastung des Regierungsentwurfs anzusehen. Ferner kann nicht angenommen werden, daß alle anspruchsberechtigten Personen sofort aus dem Bergbau ausscheiden werden.
Nach sorgfältiger Abwägung aller dieser Umstände ist mein Haus zu der Auffassung gekommen, daß sich die aus der vorgesehenen Gesetzesänderung ergebende Mehrbelastung im Jahre 1966 im Rahmen der Fehlergrenzen bei der Ermittlung des Haushaltsansatzes hält. Einer Erhöhung dieses Ansatzes bedurfte es daher nicht.

Dr. Werner Mertes (FDP):
Rede ID: ID0504202200
Können Sie mir sagen, Herr Bundesminister, ob unabhängig von der Höhe der Mehrbelastung, die schließlich entstehen wird, bereits ein entsprechender Ansatz für den Haushalt 1967 vorgesehen ist?

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0504202300
Herr Kollege Mertes, die Beratungen des Haushalts 1967 sind innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen. Ich kann daher zu diesem Zeitpunkt die Frage nicht beantworten.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504202400
Eine weitere Frage.

Dr. Werner Mertes (FDP):
Rede ID: ID0504202500
Können Sie mir sagen, Herr Bundesminister, welche Gründe dafür maßgebend waren, daß dieser Entwurf das Kabinett passiert hat, ohne daß genaue Vorstellungen über die Höhe der zusätzlichen Kosten bestehen, die durch dieses Gesetz verursacht werden?

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0504202600
Herr Kollege Mertes, für das Jahr 1966 entstehen keine zusätzlichen Kosten. Die Kosten belaufen sich im Rahmen der 50 Millionen DM, die vorgesehen sind. Das habe ich vorhin eingehend dargestellt. Für das Jahr 1967 sind die Haushaltsvorberatungen noch nicht abgeschlossen. Dazu kann ich erst Stellung nehmen, wenn wir die Vorlage beraten.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504202700
Herr Abgeordneter Stingl, eine Zusatzfrage.

Josef Stingl (CDU):
Rede ID: ID0504202800
Herr Minister, ist es nicht wichtig, zuerst zu wissen, wie das Gesetz überhaupt aussieht, wenn es von Bundestag und Bundesrat endgültig beschlossen ist?

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0504202900
Selbstverständlich, Herr Kollege Stingl.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504203000
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für das Gesundheitswesen auf, zunächst die Frage VI/1 des Herrn Abgeordneten Felder:
Warum ist die vom Bundesgesundheitsministerium mit dem Verband der Zigarettenindustrie schon vor längerer Zeit abgesprochene Vereinbarung über Werbebeschränkungen dieser Industrie gegenüber Jugendlichen immer noch nicht in Kraft gesetzt?
Bitte, Frau Ministerin!

Dr. Elisabeth Schwarzhaupt (CDU):
Rede ID: ID0504203100
Bei der Vereinbarung über die Werbung auf dem Zigarettenmarkt handelt es sich um eine Maßnahme der freiwilligen Selbstbeschränkung des Verbandes der Zigarettenindustrie. Mein Haus hat zwar angeregt und sich darum bemüht, daß eine solche Vereinbarung zustande kommt, es kann jedoch nicht bestimmen, in welcher Form und zu welchem Zeitpunkt .der Verband, bei dem die Entscheidung liegt, die Vereinbarung in Kraft setzt.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504203200
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Felder.

Josef Felder (SPD):
Rede ID: ID0504203300
Frau Ministerin, ist es nicht so, daß hier Kartelleinflüsse maßgebend waren, daß also das Inkraftsetzen dieser Vereinbarung dadurch verhindert oder gestört wurde, daß man erklärt hat, es könne nach den Kartellbestimmungen nicht .geschehen?

Dr. Elisabeth Schwarzhaupt (CDU):
Rede ID: ID0504203400
Ich weiß nicht, wer das erklärt hat. Jedenfalls begrüßen sowohl das Wirtschaftsministerium wie das Kartellamt eine derartige Vereinbarung.




Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504203500
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Felder.

Josef Felder (SPD):
Rede ID: ID0504203600
Die Vereinbarung, die Sie getroffen haben, liegt doch schon längere Zeit zurück. Worin sehen Sie also die besonderen Schwierigkeiten, daß sie nicht in Kraft gesetzt wird?

Dr. Elisabeth Schwarzhaupt (CDU):
Rede ID: ID0504203700
Nach meiner Kenntnis der Dinge soll sie bei einer im Juni stattfindenden Tagung der Verbände der Zigarettenindustrie in Kraft gesetzt werden.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504203800
Dann kommen wir zur Frage VI/ 2 des Herrn Abgeordneten Felder:
Liegen für die in Frage VI/ 1 erwähnte Vereinbarung Schwierigkeiten vor, die andere behördliche Stellen bereitet haben?

Dr. Elisabeth Schwarzhaupt (CDU):
Rede ID: ID0504203900
Ist nicht die zweite Frage von Herrn Felder bereits beantwortet?

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504204000
Ich meine, sie ist dem Inhalt nach beantwortet.
Dann kommen wir zu der Frage VI/ 3 der Abgeordneten Frau Meermann:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die bagatellisierenden Äußerungen aus dem Bundesgesundheitsministerium über Pflanzenschutzmittelrückstände in holländischem Kopfsalat durch das Ergebnis der vom Bundesernährungsministerium vorgenommenen Überprüfung von Untersuchungskontrollen nicht gerechtfertigt
werden?

Dr. Elisabeth Schwarzhaupt (CDU):
Rede ID: ID0504204100
Frau Meermann, ich beantworte Ihre Frage im Einvernehmen mit dem Herrn Ernährungsminister.
Die schriftliche Antwort vom 7. Januar 1966 und die mündliche Antwort vom 3. März 1966 haben nichts bagatellisiert, sondern sie haben den bis dahin der Bundesregierung bekannten Sachverhalt richtig und sachlich dargestellt. Der Herr Bundesernährungsminister hat in seiner ergänzenden schriftlichen Antwort vom 18. April 1966 neben seinen eigenen Ermittlungen auch die Unterlagen aus der Lebensmittelüberwachung verwendet, die mir bis dahin die obersten Gesundheitsbehörden der Länder übersandt hatten; ich hatte sie ihm zur Verfügung gestellt. Er hat zutreffende Schlüsse daraus gezogen. Ich beziehe mich auf diese schriftliche Antwort, die Ihnen ja bekannt ist, und insbesondere auf den Schlußabsatz. Ich unterstreiche dazu: offenbar ist eine kleine Anzahl von Salatsendungen, vermutlich aus nur einem niederländischen Betrieb, zeitweilig in ein begrenztes Gebiet in Hessen gelangt; denn nur dort hat eine Untersuchungsanstalt unter 14 Proben 6 mit Rückstandswerten nahe oder über 0,25 ppm gefunden. Diese Nachricht des Hessischen Ministeriums für Arbeit, Volkswohlfahrt und Gesundheit vom 22. März 1966 habe ich am 24. März 1966 bekommen; sie stand mir also bei meinen Antworten vom Januar und März noch nicht zur Verfügung.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504204200
Eine Zusatzfrage, Frau Meermann.

Hedwig Meermann (SPD):
Rede ID: ID0504204300
Frau Ministerin, ist Ihnen nicht bekannt, daß, obwohl diese Mitteilungen des Ernährungsministeriums später erfolgt sind, die Untersuchungen in Geisenheim bereits zu dem Zeitpunkt Ihrer Antwort stattgefunden hatten und in verschiedenen Zeitschriften veröffentlicht waren? Ich muß mich also darüber wundern, daß alle Leute es wußten, nur das Bundesgesundheitsministerium nicht. Immerhin war doch die alarmierende Feststellung getroffen worden, daß von insgesamt 18 in 7 Wochen untersuchten holländischen Kopfsalatproben 8 mit hohen und 3 mit weniger hohen fliegenwirksamen Rückständen behaftet waren. Ich frage mich wirklich, Frau Ministerin, wie man angesichts dieser Tatsache zu Schlußfolgerungen kommen kann, daß keine gesundheitlich bedenklicher Rückstände nachgewiesen werden konnten.

Dr. Elisabeth Schwarzhaupt (CDU):
Rede ID: ID0504204400
Ich glaube, diese Schlußfolgerung habe ich nicht gezogen, sondern ich habe nur dasjenige mitteilen können, was bis dahin an uns gelangt war. Außerdem ist es so, verehrte Frau Meermann, daß die Untersuchungsmethoden, mit denen diese Untersuchungen zunächst einmal vorgenommen worden sind, umstritten waren und einer Nachprüfung bedurften. Wenn ich dem Bundestag auf Grund umstrittener Untersuchungen, die nur einen kleinen Teilbereich, unter Umständen nur Einzelfälle betreffen, eine allgemeingültige Aussage gemacht hätte, dann hätten Sie das ebenso mit Recht beanstandet.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504204500
Eine weitere Frage, Frau Abgeordnete Meermann.

Hedwig Meermann (SPD):
Rede ID: ID0504204600
Frau Ministerin, Ihnen war aber doch bekannt, daß z. B. die britische Regierung schon im September vergangenen Jahres eine ganze Schiffsladung holländischen Kopfsalates zurückgewiesen hat? So dürfte dem Untersuchungsergebnis einer Bundesanstalt — also nicht irgendeines Institutes — doch einige Bedeutung beizumessen gewesen sein.

Dr. Elisabeth Schwarzhaupt (CDU):
Rede ID: ID0504204700
Wir haben ihr die Bedeutung beigemessen — das hat der Herr Ernährungsminister Ihnen in seiner letzten Antwort gesagt —, daß wir die Länderbehörden aufgefordert haben, die Kontrollen zu verschärfen.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504204800
'Herr Abgeordneter Bechert zu einer Zusatzfrage.
Dr. Bechert (Gau-Algesheim) (SPD) : Frau Ministerin, darf ich Sie darauf aufmerksam machen, daß Sie in Ihrer Antwort vom 27. Januar dieses Jahres — abgedruckt im Protokoll über die 18. Sitzung, Seite 723 — auf eine Frage von Frau Meermann wörtlich folgendes gesagt haben — ich darf es ver-



Dr. Bechert (Gau-Algesheim)

lesen —: „Solange aber die Untersuchungen die in der Öffentlichkeit entstandenen Besorgnisse nicht bestätigen können, besteht kein Anlaß für eine Einschränkung von Salatimporten." Ich frage Sie: War Ihnen nicht bekannt, daß Mitte Januar — genau gesagt, am 15. Januar, also 12 Tage vor Ihrer Antwort — die Bundesanstalt in Geisenheim veröffentlicht hatte, daß beim Tierversuch beim Biotest das Fünfzigfache der nach amerikanischen Festsetzungen höchst zulässigen Menge im holländischen Treibsalat in einer ganzen Menge von Proben gefunden worden war, daß dann bei der dünnschichtchromatographischen Untersuchung Dieldrin festgestellt worden ist, daß die Bundesanstalt zum gleichen Zeitpukt — 12 Tage vor ihrer Antwort — veröffentlicht hatte, die stark giftige Wirkung auf Lebewesen komme wahrscheinlich daher, daß dieses Di-eldrin sich unterdessen in andere ebenfalls giftige Stoffe umgewandelt habe? Sehen Sie da keinen Anlaß, auf Grund einer solchen alarmierenden Feststellung Salatimporte einzuschränken?

Dr. Elisabeth Schwarzhaupt (CDU):
Rede ID: ID0504204900
Herr Kollege Bechert, die einmalige Feststellung bei einer einmaligen Untersuchung, die mit Methoden vorgenommen worden ist, deren Beweiskraft für den Nachweis von Dieldrin in diesen Salatsendungen bestritten ist, konnte uns nicht veranlassen, ganz generell alle holländischen Salatimporte zu stoppen. Die weiteren Untersuchungen haben nach den Auskünften des Landes Hessen, auf die wir angewiesen sind, ergeben, daß es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um eine einmalige Sendung handelt, die nur in einem ganz beschränkten Bereich in Hessen verkauft worden ist, und daß die Dinge inzwischen abgestellt worden sind.
Vizepräsident Dr. Dehler Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Bechert.
Dr. Bechert (Gau-Algesheim) (SPD) : Darf ich Sie auf zweierlei hinweisen, erstens darauf, daß die Untersuchungen von Geisenheim sich bereits Ende des Jahres 1965 über sieben Wochen erstreckt haben, und zweitens darauf, daß meine erste Frage auf folgendes abzielte — und ich darf Sie hiermit fragen —, ob Ihnen das nicht deutlich geworden ist: Es kommt auf die Wirksamkeit gegenüber Lebewesen an, also nicht so sehr darauf, ob gerade Di-eldrin nachgewiesen ist. Es kommt darauf an, wie sich dieser Stoff in Lebensmitteln verhält. Bei den Untersuchungen in Geisenheim ist nun gerade an Lebewesen festgestellt worden, daß der Kopfsalat viel giftiger ist, als es dem Di-eldrin-Gehalt entspricht.

Dr. Elisabeth Schwarzhaupt (CDU):
Rede ID: ID0504205000
Soviel ich weiß, ist dies an der Taufliege, die uns hier bereits öfters beschäftigt hat, erwiesen worden. Aus der einmaligen Feststellung von Wirkungen auf die Taufliege an einer Sendung von Salat die Konsequenz zu ziehen, den holländischen Salatimport insgesamt einzustellen, scheint mir unadäquat.
Zweitens darf ich noch eines dazu sagen: Ich glaube, wir sollten eine Überschreitung dieser sogenannten ppm-Grenze von 0,25, dem amerikanischen Grenzwert, wenn sie auf eine ganz bestimmte Ware und eine bestimmte Zeit beschränkt ist, nun nicht gleich so darstellen, als sei damit die Gesundheit der Bevölkerung gefährdet. Denn diese Grenze ist bekanntlich so bemessen, daß nur dann mit einer Gesundheitsschädlichkeit zu rechnen ist, wenn ein Mensch sein ganzes Leben lang täglich Salat oder andere Lebensmittel zu sich nimmt, bei denen diese Grenze überschritten ist.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504205100
Herr Kollege Schäfer, bitte!

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0504205200
Frau Ministerin, auf Grund welcher Tatsachen halten Sie sich für berechtigt, hier zu erklären, daß es sich um eine einmalige Sendung gehandelt hat?

Dr. Elisabeth Schwarzhaupt (CDU):
Rede ID: ID0504205300
Auf Grund der Untersuchungsberichte, die inzwischen von den Ländern eingegangen sind, haben wir — ich kann mich nur auf die Unterlagen der Länder berufen, die bei mir eingegangen sind — nur diesen einen Hinweis erhalten. Andere Länder haben nichts über gleiche Beobachtungen berichtet.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504205400
Herr Kollege Schäfer eine zweite Frage.

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0504205500
Haben Sie Vorsorge getroffen — und können Sie uns sagen in welcher Weise —, daß es bei diesem einmaligen Vorgang bleibt?

Dr. Elisabeth Schwarzhaupt (CDU):
Rede ID: ID0504205600
Der Herr Ernährungsminister hat in seiner Antwort aus April bereits gesagt, daß das Gesundheitsministerium Vorsorge getroffen hat, daß an der Grenze schärfere Kontrollen vorgenommen werden. Wir sind dabei auf die Behörden der Länder angewiesen.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504205700
Herr Abgeordneter Haar (Stuttgart) ! '

Ernst Haar (SPD):
Rede ID: ID0504205800
Frau Ministerin, halten Sie siebenwöchige Untersuchungen für einmalig und begrenzt im Sinne Ihrer Antwort?

Dr. Elisabeth Schwarzhaupt (CDU):
Rede ID: ID0504205900
Ich habe, offen gestanden, Ihre Frage nicht verstanden. Sicher sind Untersuchungen im Abstand von sieben Wochen dann, wenn eine ganz akute Gefahr und Notlage gegeben ist, etwas wenig. Aber ich kann nicht feststellen, ob überhaupt die notwendigen Behörden da sind, um häufigere Untersuchungen vorzunehmen. Ich will mich dieser Frage aber gern noch einmal annehmen.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504206000
Eine weitere Frage, Herrn Abgeordneter Haar.




Ernst Haar (SPD):
Rede ID: ID0504206100
Würden Sie bitte bestätigen, daß nach diesen siebenwöchigen stichprobenartigen Untersuchungen auch weitere Einkäufe und Untersuchungen erfolgt sind, die dem Ministerium doch bekannt sein müssen?

Dr. Elisabeth Schwarzhaupt (CDU):
Rede ID: ID0504206200
Ich kann mich nur auf die Antwort verlassen, die die Hessische Landesregierung in der Angelegenheit gegeben hat. Diese Antwort ist am 24. März bei uns eingegangen, und sie bezieht sich auf die Untersuchungen des Hessischen Staatlichen Chemischen Untersuchungsamtes. Sie würden sich, wenn ich mir einen Rat erlauben darf, überhaupt besser an die Länderbehörden, insbesondere an die hessischen Behörden wenden, bei denen ja diese Untersuchungen und die Nachprüfungen der Lebensmitteluntersuchungen liegen.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504206300
Herr Abgeordneter Kühn (Hildesheim).

Friedrich Kühn (CDU):
Rede ID: ID0504206400
Frau Ministerin, irre ich mich sehr, wenn ich annehme, daß auch in diesem Falle der gute alte Grundsatz gelten sollte: Prüfe deine Zuständigkeit, und du hast die Hälfte deiner Arbeit getan? Denn ich glaube, daß auch hier zunächst einmal die Verantwortung bei den durchführenden Landesbehörden und nicht bei den Bundesministerien liegt.

Dr. Elisabeth Schwarzhaupt (CDU):
Rede ID: ID0504206500
Herr Kollege, ich habe versucht, in den letzten Worten, die ich dem Kollegen von der SPD gesagt habe, darauf hinzuweisen.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504206600
Die Frage VI /4 der Abgeordneten Frau Meermann ist damit beantwortet. — Halten Sie Ihre Frage für beantwortet?

(Abg. Frau Meermann: Nein, Herr Präsident!)

— Dann rufe ich die Frage VI/ 4 der Abgeordneten Frau Meermann auf:
Sind in den letzten Monaten regelmäßig Salatkontrollen der amtlichen Lebensmittelüberwachungsbehörden vorgenommen worden?

Dr. Elisabeth Schwarzhaupt (CDU):
Rede ID: ID0504206700
Die amtliche Lebensmittelüberwachung ist durch die Hinweise seit Januar 1966 auf die niederländischen Salatimporte natürlich besonders eindringlich aufmerksam geworden. Wenn sich bei ihren Untersuchungen alarmierende Beobachtungen ergeben hätten, würden die obersten Gesundheitsbehörden der Länder, bei denen diese Prüfung liegt, sich gegenseitig und mich alsbald unterrichtet haben. Die obersten Gesundheitsbehörden der Länder wurden mit Fernschreiben kürzlich von uns nochmals um Mitteilung über den gegenwärtigen Stand gebeten. Die Antworten können in der kurzen Zeit noch nicht vorliegen. Ich werde mir erlauben, Ihre Frage im einzelnen schriftlich zu beantworten, sobald die neuen Nachrichten aus den Ländern vollständig vorliegen und ausgewertet sind.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504206800
Ich danke Ihnen, Frau Ministerin.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für wissenschaftliche Forschung. Zunächst die Frage V/1 des Herrn Abgeordneten Dr. Lohmar:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Kapitalerhöhung des VW-Werkes in ihren Auswirkungen auf die Möglichkeiten der VW-Stiftung zur Förderung der Wissenschaft?
Bitte, Herr Minister!

Dr. Gerhard Stoltenberg (CDU):
Rede ID: ID0504206900

(bekanntlich für wünschenswert, das auf den Aktienanteil des Bundes von 20 % entfallende Bezugsrecht im Interesse des Stiftungszwecks, der Förderung von Wissenschaft und Technik, unentgeltlich auf die Stiftung Volkswagenwerk zu übertragen. Eine abschließende Stellungnahme des Kabinetts soll in Kürze erfolgen. Die Stiftung Volkswagenwerk würde, wenn dieses Ergebnis erreicht wird, in ,die Lage versetzt, die Bezugsrechte im eigenen Namen aus ihren Mitteln auszuüben und sich damit auch die Dividende auf diese Aktien zu sichern. Ich glaube, daß hierdurch den Interessen der Stiftung und ihrer weiteren Tätigkeit gedient würde. Die Stiftung müßte für die Ausübung des Bezugsrechts 67,5 Millionen DM aufwenden. Sie verfügt über gewisse Rückstellungen für langfristige Forschungsvorhaben und über Rücklagen. Nach Mitteilung der Stiftung kann sie die jungen Aktien daher ohne Beeinträchtigung ihrer Förderungstätigkeit erwerben. Ich rufe jetzt die Frage V/2 des Herrn Abgeordneten Dr. Schmidt Teilt die Bundesregierung die in der Offentlichkeit bekanntgewordenen Überlegungen aus Kreisen des Wissenschaftsrats, den Studiengang für Mediziner in drei verschiedene Fachrichtungen mit verschiedenen Titeln und Berufsbezeichnungen zu unterteilen? Bitte, Herr Minister! Der Wissenschaftsrat hat am 14. Mai Empfehlungen zur Neuordnung des Studiums an den wissenschaftlichen Hochschulen verabschiedet, darunter auch Empfehlungen zur Neuordnung des Medizinstudiums. Die "Empfehlungen bedürfen noch der endgültigen Überarbeitung und sind noch nicht publiziert worden. Die Veröffentlichung ist vorgesehen, wenn die Empfehlungen am 10. Juni dem Herrn Bundespräsidenten überreicht worden sind. Bei dieser Sachlage bitte ich Sie um Verständnis, daß ich in eine Erörterung dieser Frage und in eine Würdigung dieser Empfehlungen erst nach der Übergabe an den Herrn Bundespräsidenten eintreten möchte. Eine Zusatzfrage. Herr Minister, sind Sie bereit, dann dem Bundestag eine Auskunft über die Stellungnahme der Bundesregierung zu diesem bedeutenden Fragenkomplex zu geben? Sobald diese Empfehlungen dem Herrn Bundespräsidenten überreicht wurden und veröffentlicht sind, bin ich sicher, daß eine eingehende Erörterung dieser bedeutenden Fragen im Deutschen Bundestag oder in seinen Ausschüssen notwendig ist. Eine weitere Zusatzfrage. Ist dann auch sichergestellt, daß die Stellungnahme Ihres Ministeriums mit dem Gesundheitsministerium, das ja für die Bestallungsordnung zuständig ist, abgestimmt wird? Da es sich um eine Verfahrensfrage handelt, kann ich gern dazu Stellung nehmen. Es ist grundsätzlich sichergestellt, daß die Stellungnahmen der Bundesregierung im Wissenschaftsrat zwischen den beteiligten Ressorts, in der Regel im sogenannten interministeriellen Ausschuß oder bei besonders bedeutenden Fragen auch im Kabinettsausschuß für wissenschaftliche Forschung, vorher abgesprochen werden. Das ist auch in diesem 1 Falle geschehen. Eine Zusatzfrage? Bitte, Herr Abgeordneter Meinecke! Herr Bundesminister, darf ich zusammenfassend Ihre Antworten so verstehen und danach fragen, ob es in Anbetracht der Tatsache, daß bereits der erste Referentenentwurf der Bestallungsordnung allen modernen hochschulpolitischen Tendenzen widersprach und es bei dem zweiten Referentenentwurf nicht möglich war, die jetzt geäußerten Vorschläge zu berücksichtigen, bei der Bearbeitung eines möglichen dritten Referentenentwurfs nun einmal möglich sein wird, durch sinnvolle Koordinierung alle diese Gesichtspunkte wie auch den Standpunkt der Ärzteschaft zu berücksichtigen und Nägel mit Köpfen zu machen? Ich darf feststellen, Herr Kollege, daß ich nicht zu der Frage der Bestallungsordnung Stellung genommen habe, 'sondern lediglich zu der mir gestellten Frage, wie die Bundesregierung im Rahmen der Beratungen des Wissenschaftsrates zur Neuordnung des Studiums, der Ausbildung der Mediziner Stellung genommen hat. Insofern glaube ich, daß Ihre Frage einen weiteren Komplex berührt, der mit der ersten Frage nicht unmittelbar — wohl mittelbar — zusammenhängt. Ich bitte nochmals um Verständnis, daß ich in Anbetracht der Tatsache, daß diese Vorschläge dem Herrn Bundespräsidenten noch nicht überreicht worden sind, die Diskussion für den Zeitpunkt nach der Überreichung der Vorschläge an den Herrn Bundespräsidenten verschieben möchte. Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Meinecke. Herr Minister, unter der Voraussetzung, daß wir dieses Verständnis für Ihre Stellungnahme aufbringen, teilen Sie unsere Auffassung, daß Studienordnung, Prüfungsordnung und Bestallungsordnung ein unteilbares Ganzes sind? Ich glaube, daß ein Zusammenhang zwischen ihnen besteht. Aber ich glaube doch, daß die Frage der Bestallungsordnung, wenn ich sie vorbereitet und richtig beantworten sollte, besonders gestellt werden muß. Ich bin darauf, offen gesagt, nicht vorbereitet. Ich möchte feststellen, daß diese Frage auch in die klare Zuständigkeit des Bundesministeriums für Gesundheitswesen fällt, während die Frage der Stellungnahme im Wissenschaftsrat in die Zuständigkeit meines Ministeriums fällt. Insofern bitte ich Sie um Verständnis, daß ich nicht die 'sachliche Kompetenz habe, Ihre neue Frage zu beantworten. Ich danke Ihnen, Herr Minister. Wir kommen nun zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Ich rufe die Frage X/1 des Herrn Abgeordneten Welslau auf. Ist der Bundesregierung bekannt, daß Auszahlungsanträge auf bewilligte Siedlungskredite für den Neubau von Nebenerwerbsstellen gegenwärtig nicht bedient werden? Bitte, Herr Minister! Ich darf die Frage folgendermaßen beantworten. Wenn es bisher Klagen gegeben haben sollte, dann wäre der Grund beseitigt, weil durch Erlaß vom 25. April den Ländern die erforderlichen Mittel in der Höhe von 417,5 Millionen DM zugewiesen worden sind. Darf ich gleich die Antwort auf die zweite Frage anschließen? Einverstanden. Ich rufe dann die Frage X/2 des Abgeordneten Welslau auf: Trifft es zu, daß die Siedler die Zinslasten für die erforderliche Zwischenfinanzierung tragen müssen? Die Siedlungsstellen werden durch öffentliche Mittel voll finanziert, so daß eine Zwischenfinanzierung an und für sich nicht notwendig ist. Wenn sie aus besonderen Umständen in Anspruch genommen wird, ist es natürlich Sache des Betreffenden, der sich um diese Kredite bemüht. Eine Entlastung von diesen Zinsverpflichtungen wäre nicht möglich. Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordeter Welslau. Wieviel einzelne Bauvorhaben sind hierdurch betroffen gewesen, Herr Minister? Diese Frage kann ich nicht beantworten. Ich werde sie prüfen und Sie schriftlich verständigen. Keine weitere Frage. Die Fragen X/3 und X/4 des Abgeordneten Dr. Giulini werden mit seinem Einverständnis schriftlich beantwortet. Gedenkt die Bundesregierung Nationalparks oder große zusammenhängende Naturschutzgebiete in Deutschland zu schaffen, in welchen alle deutschen Wildtiere geschützt sind und welche zur Erholung und Freude der Bevölkerung dienen, so wie das in fast allen anderen Kulturstaaten geschehen ist? Gedenkt die Bundesregierung dem Deutschen Naturschutzring, dem Dachverband aller Organisationen und Vereine, die mit der Erhaltung der Natur zu tun haben, ähnlich wie anderen Verbänden Geldmittel zur Verfügung zu stellen? Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt. Ich rufe dann die Frage X/5 des Abgeordneten Röhner auf: Ist die Bundesregierung bereit, dafür zu sorgen, daß nach Verabschiedung des Bundeshaushaltes die für die einzelnen Förderungsmaßnahmen des Grünen Planes und der Anpassungshilfe 1966 notwendigerweise zu erlassenden neuen Richtlinien in diesem Jahr so rechtzeitig fertiggestellt werden, daß die vorgesehenen Maßnahmen unverzüglich anlaufen und die dafür bereitgestellten Mittel im laufenden Haushaltsjahr den Antragstellern tatsächlich zukommen können? Ich darf die Frage X/5 wie folgt beantworten. Für alle Maßnahmen, die im Haushaltsjahr 1966 noch zur Ausführung kommen, gelten die alten Richtlinien mit einigen Änderungen, z. B. Änderungen über den Umfang und das Ausmaß von Erschließungskosten, die begrenzt werden mußten. Aber für alle anderen Vorhaben werden neue Richtlinien erstellt, und zwar Richtlinien, die am 1. Juli dieses Jahres bereits in Kraft treten und die für die Vorhaben des nächsten Jahres angewendet werden. Darf ich die nächste Frage gleich beantworten? Ich rufe dann die Frage X/6 des Abgeordneten Röhner auf: Wird die Bundesregierung insbesondere Vorsorge treffen, daß die neuen Richtlinien für die Verbesserung der arbeitswirtschaftlichen und hygienischen Bedingungen in den Wohnhäusern landwirtschaftlicher Betriebe unmittelbar nach Verabschiedung des Haushaltes 1966 veröffentlicht werden, damit diese für die Arbeitsentlastung der Bäuerinnen besonders wichtige Förderung ohne Zeitverlust wirksam werden kann? Höcherl, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Diese Frage darf ich dahin gehend beantworten, daß die Richtlinien für das Bäuerinnenprogramm, das der Bundestag wieder aufgenommen hat, bereits durch einen Vorbescheid den Ländern mitgeteilt sind, so daß keine Verzögerung eintreten kann. Vizepräsident, Dr. Dehler: Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ertl. Herr Minister, werden Sie hinsichtlich jener Maßnahmen, die nach den Richtlinien erst im nächsten Jahr in Kraft treten sollen, dem Ernährungsausschuß rechtzeitig die Möglichkeit zur Diskussion dieser Richtlinien geben? Wie bisher. Ich rufe dann die Frage X/7 des Abgeordneten Röhner auf: Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Landwirtschaftliche Rentenbank in Frankfurt Herr Kollege Röhner, ich darf vielleicht auf folgende Zusammenhänge hinweisen. Es gibt einen Bundesausschuß für die Verbesserung der Agrarstruktur, der aus den Siedlungsgesellschaften und Siedlungsträgern, aus Mitgliedern des Bundestages und aus dem Bereich der Siedlungsbanken zusammengesetzt ist. Dieser Bundesausschuß hat Richtlinien und Leitsätze erarbeitet, die von den Ländern in eine solche — wie Sie in Ihrer Frage schreiben — Betriebsgrößen-Listensammlung aufgenommen worden sind. Es ist richtig, daß an Hand dieser von den Ländern auf Grund dieser Leitsätze ausgearbeiteten Sammlung und Rahmenbestimmungen Anträge zurückgewiesen worden sind. Das ist auch der Bundesregierung bekannt. Darf ich gleich die Beantwortung der nächsten Frage anschließen? Ich rufe dann die Fragen X/8 und X/9 des Abgeordneten Röhner auf: Steht nach Auffassung der Bundesregierung das in Frage X/7 aufgezeigte Verfahren in Einklang mit den geltenden „Richtlinien für die Förderung von Aussiedlungen, baulichen Maßnahmen in Altgehöften und Aufstockungen aus Mitteln des Grünen Planes" und mit den darin angeführten Leitbildern für bäuerliche Familienbetriebe"? Ist die Bundesregierung bereit, nachhaltig darauf hinzuwirken, daß entsprechend ihren bisherigen agrarpolitischen Grundsätzen auch weiterhin alle bäuerlichen Familienbetriebe im Bedarfsfall in den Genuß der in Frage X/8 erwähnten Förderungsmaßnahmen kommen, ohne daß die mit der Durchführung der Förderung betrauten Verwaltungsstellen ihre Entscheidungen von starren und zu eng gefaßten Betriebsgrößen-Vorstellungen abhängig machen und damit weite Teile des kleinund mittelbäuerlichen Bereichs von dieser Förderung ausschließen? Es kann nicht bestritten werden, daß diese Handhabung mit den bisherigen Richtlinien in Einklang steht Die Bundesregierung wird sich bemühen, bis zum 1. .Juli dieses Jahres neue Richtlinien vorzulegen, die sich nicht mehr so eng an die Größenvorstellungen, sondern an mehrere Komponenten halten. Denn entscheidend ist ja nicht allein die Größe der Fläche, sondern es sind die innere Struktur und viele andere Komponenten, die zusammengefaßt werden. Die Richtlinien werden von der Bundesregierung bis zum 1. Juli vorgelegt Bundesminister Höcherl werden. Die Handhabung wird den obersten Landesbehörden übertragen und nicht mehr den Banken. Bitte, Herr Abgeordneter Röhner! — Sie sind ja sehr bevorzugt worden, Herr Abgeordneter Röhner. An sich darf ein Abgeordneter nur drei Fragen stellen, aber man hat Ihnen gleich fünf zugebilligt. Herr Präsident, vielleicht darf ich darauf hinweisen, daß es die Fragen von zwei Wochen sind, die wegen Abwesenheit des Herrn Ministers zusammengefaßt werden mußten. Darf ich mir eine Zusatzfrage erlauben: Herr Minister, sind Ihnen Fälle bekannt — ich denke an einen ganz konkreten, mir vorgelegten Fall.—, wonach die Landwirtschaftliche Rentenbank eine solche Antragstellung eines Betriebsinhabers, der über 13 ha landwirtschaftliche Nutzfläche zuzüglich 2 ha Pachtfläche verfügt, mit dem Hinweis abgelehnt hat, daß dieser Betriebsinhaber auf Grund der vorliegenden Listensammlungen, die nun mit herangezogen werden, die für diesen Landkreis erforderliche Betriebsgröße nicht habe? Ich kann eine solche Möglichkeit nicht ausschließen. Ich kenne den Fall nicht. Ich wäre dankbar für die Mitteilung, damit ich ihn überprüfen könnte. Er scheint mir überprüfungsbedürftig zu sein. Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Röhner. Herr Minister, darf ich Ihre Antwort so auslegen, daß Sie dafür sind, daß bei der Gewährung der landwirtschaftlichen Förderungsmittel in diesem Gebiet auch in Zukunft die Betriebsgröße nur e i n Bestimmungsgrund bei der Berechnung des Arbeitseinkommens ist, daß neben diesem einen Bestimmungsgrund mindestens gleichwertig auch die anderen Bestimmungsgründe — wie das von Ihnen erwähnte Betriebssystem, die natürlichen Ertragsvoraussetzungen, die Qualität des Betriebsinhabers — in gleichem Ausmaß mit berücksichtigt werden? Ich stimme Ihrer Verdeutlichung zu. Herr Abgeordneter Ertl, eine Zusatzfrage. Herr Minister, darf ich Ihre Antwort auf eine Zusatzfrage des Kollegen Röhner so deuten, daß Sie bereit sind, generell alle Fälle überprüfen zu lassen, die wegen der Flächengrenze abgelehnt worden sind? Die mir benannt sind! Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Ertl. Darf ich weiterhin Ihre Auskunft dahin gehend verstehen, daß Sie eine flächenmäßige Begrenzung der Förderung von Betrieben grundsätzlich ablehnen, weil das Ihren Intentionen bezüglich der Förderung von Kleinbauern widerspricht? Ich möchte so sagen: die Fläche allein ist kein Anhaltspunkt, sondern alle Betriebskomponenten müssen zusammen gesehen werden. Es dürfte aber sogar auch Fälle geben, in denen gewisse Flächenvoraussetzungen vielleicht auch einen Ablehnungsgrund darstellen. Aber das soll nicht die Regel sein, sondern wir wollen eine Gesamtbetrachtung haben. Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Peters. Herr Minister, sind Sie bereit, das, was Sie hier eben ausgeführt haben, in den neuen Richtlinien zu verdeutlichen, damit es Allgemeingut der landwirtschaftlichen Verwaltung wird? Ja. Keine weitere Frage. Die Fragen des Herrn Abgeordneten Wächter werden mit seinem Einverständnis schriftlich beantwortet: Wie hoch waren in den Jahren 1962 bis 1965 die Umsätze der vier großen Seefischmärkte Bremerhaven, Cuxhaven, Hamburg und Kiel mengenund wertmäßig? Wieviel Prozent der Menge und des Wertes entfallen auf die einzelnen in Frage X/10 genannten Häfen? Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt. Ich rufe die Fragen X/12 und X/13 des Herrn Abgeordneten Rehs auf: Wie hoch ist die Differenz zwischen dem im Zweiten Fünfjahresplan zur weiteren Eingliederung vertriebener und geflüchteter Bauern festgelegten Finanzierungsvolumen und dem im Siedlungstitel Welche Schritte werden von der Bundesregierung unternommen, um zu erreichen, daß die für das Haushaltsjahr 1966 verplanten Siedlungsmittel Bitte, Herr Minister! Herr Kollege Rehs, ich darf auf Ihre erste Frage antworten, daß nach der derzeitigen Lage der Haushaltsberatung der Differenzbetrag 62 bis 65 Millionen DM zum Soll nach dem zweiten Fünf-Jahres-Plan betragen wird. Das ist ein Ergebnis der bisherigen Beratungen. Das Endergebnis muß abgewartet werden. Bundesminister Höcherl Ihre zweite Frage möchte ich dahin gehend beantworten: es ist nicht notwendig, besondere Schritte für die Auszahlung zu unternehmen, sondern der bewilligte Betrag steht voll zur Barauszahlung zur Verfügung. Keine weitere Frage. — Ich danke Ihnen, Herr Minister. Dann die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung, zunächst die Frage XII/ 1 des Herrn Abgeordneten Berkhan: Ist es zutreffend, daß im Haushalt des Bundesverteidigungsministeriums Zuschüsse für eine Militärzeitschrift eingeplant sind? Bitte, Herr Minister! Herr Präsident! Ich möchte anregen, die Fragen der Herren Albgeordneten Berkhan und Wienand gemeinsam zu behandeln und mir zu gestatten, wegen des sachlichen Zusammenhangs zunächst die Fragen des Herrn Abgeordneten Wienand zu beantworten, weil sich die Fragen des Herrn Abgeordneten Berkhan anschließen. Sind alle Beteiligten einverstanden? — Das ist der Fall. Dann rufe ich ferner die Frage XII/ 2 des Herrn Abgeordneten Berkhan sowie die Fragen XII/ 3, XII/ 4 und XII/ 5 des Herrn Abgeordneten Wienand auf: Trifft es zu, daß die Verhandlungen über eine neue Militärzeitschrift mit dem Ziel geführt werden, den Verlegern einen Mindestabsatz zuzusichern? Sind Meldungen zutreffend, nach denen das Bundesverteidigungsministerium beabsichtigt, mit zwei Verlagen zusammen eine neue Militärzeitschrift herauszubringen? Trifft es zu, daß die in Frage XII/ 3 erwähnte Militärzeitschrift in Illustriertenform aus dem Verteidigungshaushalt subventioniert werden soll? Trifft es zu, daß durch die in Frage XII/4 erwähnten Subventionen Einfluß auf den redaktionellen Teil genommen werden soll? von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Die erste Frage des Herrn Abgeordneten Wienand darf ich wie folgt beantworten. Dem Bundesverteidigungsministerium ist bekanntgeworden, daß ein Verlag beabsichtigt, eine Wehrillustrierte herauszubringen. Der für das militärische Zeitschriftenwesen zuständige Referent hat sich über dieses Vorhaben informiert. Mehr als Informationsgespräche sind nicht geführt worden. Zur zweiten Frage: Da nur Informationsgespräche geführt worden sind, konnten auch keine Erklärungen über Subventionen aus dem Verteidigungshaushalt gegeben werden. Zur dritten Frage: Da keine Erklärungen über Subventionen aus dem Verteidigungshaushalt abgegeben wurden, erübrigt sich auch eine Antwort auf diese Frage. Ich komme zu den beiden Fragen des Herrn Abgeordneten Berkhan. Im Haushalt des Verteidigungsministeriums sind keine Zuschüsse für eine neue Militärzeitschrift eingeplant. Da keine Verhandlungen geführt wurden, wie ich soeben schon ausgeführt habe, konnte auch keine Zusicherung für einen Mindestabsatz gegeben werden. Herr Abgeordneter Dr. Schäfer zu einer Zusatzfrage. Herr Minister, können Sie dem Hause sagen, wie hoch insgesamt die Zuschüsse waren, die für die frühere Zeitschrift Visier vom Ministerium geleistet wurden? Die Frage kann ich Ihnen leider nicht beantworten, ich bin aber bereit, Ihnen schriftlich Auskunft zu geben. Herr Abgeordneter Felder zu einer Zusatzfrage. Herr Minister, gilt nach den Erklärungen, die Sie soeben auf die Fragen der Kollegen Wienand und Berkhan abgegeben haben, noch genau das, was Sie mir am 29. Juni 1965 geschrieben haben? Es heißt dort: Die eigene verlegerische Tätigkeit des Verteidigungsministeriums beschränkt sich auf solche Publikationen, die besondere Verhältnisse bei der Truppe berücksichtigen, die z. B. auf die Lehrpläne abgestimmt sein müssen. Eine Erweiterung der eigenen verlegerischen Tätigkeit des Ministeriums über das unbedingt notwendige Maß hinaus ist nicht beabsichtigt. Das trifft zu. Gilt das auch heute. noch? Das gilt heute noch genauso. Eine zweite Zusatzfrage. Herr Minister, in dem zitierten Schreiben steht ferner: Die Referate des Bundesverteidigungsministeriums, die mit Verlagen in Verbindung stehen, deren Publikationen für die Bundeswehr von Bedeutung sind, sind angewiesen, allen Verlagen gleiche Wettbewerbsbedingungen einzuräumen und, soweit sich die Leistung hierzu eignet, Ausschreibungen zu veranlassen. Darf ich im Zusammenhang mit dieser Ihrer Stellungnahme fragen, warum bis heute die Petition Muth, die wir schon im Januar 1964 im Verteidigungsausschuß behandelt haben, noch keine zufriedenstellende Regelung gefunden hat. Ich darf unterstreichen, daß diese Frage im Verteidigungsausschuß behandelt worden ist. Selbst Bundesminister von Hassel nach Abschluß der damals laufenden Gerichtsverfahren sieht das Verteidigungsministerium keinen Anlaß, von der bisherigen Auffassung abzugehen. Ich bin gern bereit, Herr Kollege Felder, dem Verteidigungsausschuß darüber zu berichten, darf aber darauf aufmerksam machen, daß der Herr Kollege Wienand einen Brief an den Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses geschrieben hat — mit Abschrift an mich — und daß er in den nächsten Tagen von mir eine Sachantwort bekommen wird. Herr Abgeordneter Wienand zu einer Zusatzfrage. Ist es zutreffend, Herr Minister, daß in jüngster Zeit von der Bundesregierung unter Mitwirkung Ihres Hauses ein Erlaß herausgegeben worden ist, mit dem der Versuch unternommen wird, das gesamte Informationswesen der Bundesregierung, speziell aber auch des Bundesverteidigungsministeriums, zu koordinieren und bestimmten Stellen zu unterstellen? Herr Kollege Wienand, ich kann Ihnen nicht sagen, was von der Bundesregierung herausgegeben worden ist. In meinem Hause ist lediglich das Pressereferat zu einem Presseund Informationszentrum umorganisiert worden. Das hat aber wohl mit Ihrer Frage unmittelbar nichts zu tun. I Vizepräsident Dr. Dehler: Eine weitere Frage des Herrn Abgeordneten Wienand. Haben Sie, Herr Minister, die vielen Publikationen, die subventioniert werden und bei denen ohne Zweifel eine Überlappung gegeben ist, einmal auf ihre Zweckmäßigkeit und daraufhin überprüfen lassen, ob nicht Einsparungen erzielt werden können und ein größerer Nutzeffekt zu erreichen ist? Sind dazu bereit, falls das bisher noch nicht geschehen ist? Die Frage ist durchaus berechtigt, Herr Kollege Wienand. Ich habe mich persönlich laufend damit beschäftigt, weil ich eine ausreichende Informationsmöglichkeit für alle Angehörigen der Bundeswehr sicherstellen will. Auf der anderen Seite darf keine Doppelarbeit, keine Überlappung erfolgen. Die Gefahr besteht durchaus. Das wird aber von uns aus laufend überprüft. Herr Abgeordneter Berkhan zu einer Zusatzfrage. Herr Minister, sind Sie bereit, bei der Bundesregierung nachzufragen, ob der Erlaß existiert, von dem Herr Wienand soeben gesprochen hat, und wären Sie dann bereit, dem Hause Mitteilung darüber zu machen, was in dem Erlaß steht und was die Meinung Ihres Hauses zu diesem Erlaß ist? Ich bin gern bereit, das zu klären. Ich rufe die Frage XII/ 6 des Abgeordneten Felder auf: Billigt der Bundesverteidigungsminister auch künftig die Entsendung einer Bundeswehrdelegation zu Gedenkfeiern des Stahlhelms, wie dies z. B. im Vorjahre in Hechingen geschehen ist? Bitte, Herr Minister! Herr Präsident! Ich beabsichtigte nicht, die Bundeswehr durch offizielle Delegationen an Veranstaltungen des „Stahlhelms" teilnehmen zu lassen. In der Fragestunde am 11. Februar dieses Jahres sagte ich im Zusammenhang mit dem Vorfall in Bergzabern, man sollte diesen Vorfall nicht dramatisieren. Ich sagte aber auch, daß ich hart reagiere, wenn in der Bundeswehr Rechtsradikalismus oder Linksradikalismus auftaucht. Um auch nur den Verdacht auszuschließen, daß die Bundeswehr Strömungen, wie sie in ,Bergzabern sichtbar wurden, fördern könnte oder mit derartigen Vorstellungen sympathisiere, muß hier hart reagiert werden. Ich meine aber, daß mit Geboten und Verboten, mit Teilnahme oder Nichtteilnahme an derartigen Veranstaltungen das eigentliche Problem im Grunde nur wenig angegangen wird. Ich habe dem Verteidigungsausschuß einen ausführlichen Bericht über den Vorfall in Bergzabern zugeleitet und meine, daß dort, im Verteidigungsausschuß, dieser Komplex und alle damit zusammenhängenden Fragen behandelt werden sollten. Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Felder. Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß im Vorjahre bei einer Veranstaltung in Hechingen eine Delegation der Bundeswehr erschien, daß sie einen Kranz niederlegte und daß ein Bundeswehrmajor bei dieser Gelegenheit bedauerte, daß es in den Garnisonen noch keine „Stahlhelm"-Ortsgruppen gebe? Ich habe deshalb die Frage gestellt, ob der Bundesverteidigungsminister so etwas auch künftig billige. Sie haben gesagt, es werde nicht mehr geschehen. Damals ist es geschehen. Ich darf noch einmal sagen, Herr Kollege Felder, daß ich derartige Dinge nicht billige. Ich danke Ihnen, Herr Minister. Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr, zunächst zu der Frage XIII/ 1 des Abgeordneten Dr. Schmidt Aus welchen Gründen versagt die Bundesregierung trotz vorheriger anderer Planung jetzt die Zustimmung zum Ausbau der Anschlußstelle Egelsbach im Nordabschnitt des Main-NeckarSchnellweges, obwohl den bisherigen Erfahrungen nach diesem Plan eine gewisse Verkehrsbedeutung nicht abzusprechen ist? Vizepräsident Dr. Dehler )

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504207000
Dr. Gerhard Stoltenberg (CDU):
Rede ID: ID0504207100
Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504207200



Dr. Horst Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0504207300
Dr. Gerhard Stoltenberg (CDU):
Rede ID: ID0504207400
Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504207500
Dr. Horst Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0504207600
Dr. Gerhard Stoltenberg (CDU):
Rede ID: ID0504207700
Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504207800
Dr. Rolf Meinecke (SPD):
Rede ID: ID0504207900
Dr. Gerhard Stoltenberg (CDU):
Rede ID: ID0504208000
Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504208100
Dr. Rolf Meinecke (SPD):
Rede ID: ID0504208200
Dr. Gerhard Stoltenberg (CDU):
Rede ID: ID0504208300
Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504208400
Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0504208500
Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504208600
Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0504208700



Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504208800
Heinrich Welslau (SPD):
Rede ID: ID0504208900
Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0504209000
Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504209100
Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0504209200
Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504209300
Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0504209400
Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0504209500
Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504209600
Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0504209700
Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504209800
Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0504209900



Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504210000
Paul Röhner (CSU):
Rede ID: ID0504210100
Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0504210200
Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504210300
Paul Röhner (CSU):
Rede ID: ID0504210400
Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0504210500
Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504210600
Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0504210700
Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0504210800
Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504210900
Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0504211000
Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0504211100
Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504211200
Walter Peters (FDP):
Rede ID: ID0504211300
Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0504211400
Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504211500
Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0504211600



Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504211700
Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0504211800
Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504211900
Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504212000
Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0504212100
Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0504212200
Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504212300
Josef Felder (SPD):
Rede ID: ID0504212400
Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0504212500
Josef Felder (SPD):
Rede ID: ID0504212600
Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0504212700
Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504212800
Josef Felder (SPD):
Rede ID: ID0504212900
Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0504213000



Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504213100
Karl Wienand (SPD):
Rede ID: ID0504213200
Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0504213300
Karl Wienand (SPD):
Rede ID: ID0504213400
Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0504213500
Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504213600
Karl Wilhelm Berkhan (SPD):
Rede ID: ID0504213700
Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0504213800
Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504213900
Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0504214000
Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504214100
Josef Felder (SPD):
Rede ID: ID0504214200
Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0504214300
Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504214400



Nach der ursprünglichen Planung war wegen seiner Verkehrsbedeutung zunächst der Bau des nördlichen Abschnittes des Main-Neckar-Schnellweges zwischen Neu-Isenburg und Langen vorgesehen, weil mit der Fertigstellung des gesamten Streckenabschnittes zwischen Frankfurt und Darmstadt aus finanziellen . Gründen in absehbarer Zeit noch nicht gerechnet werden konnte. Südlich Egelsbach sollte dieser Abschnitt vorläufig an die alte B 3 angeschlossen werden, um einen Verkehrswert zu erreichen, ohne daß damit hier eine Anschlußstelle für die Dauer entstehen sollte. Der Bau des Abschnittes südlich Egelsbach sollte zunächst zurückgestellt bleiben.
In dem Bemühen, den Bau dieser auch für den Fernverkehr sehr wichtigen neuen Straßenverbindung stärker zu fördern, haben sich erfreulicherweise der Bundesminister für Verkehr und der Bundesminister der Finanzen darüber geeinigt, den Bau des Main-Neckar-Schnellweges auch zwischen Frankfurt und Darmstadt mit Beginn des 3. Vierjahresplanes — also ab 1967 — in das Neubauprogramm der Bundesautobahnen aufzunehmen.
Damit sind die Aussichten für die Realisierung des Abschnittes zwischen Langen und Darmstadt in einem kürzeren Zeitraum gegeben. Insofern kommt einem Anschluß bei Egelsbach — wie dies auch in dem Gutachten von Prof. Schaechterle zur „Verkehrsuntersuchung zur B 3" bestätigt wird — z. Z. nur noch so untergeordnete Verkehrsbedeutung zu, daß der dafür erforderliche hohe finanzielle Aufwand für den Bau einer Anschlußstelle. und des Zubringers zur B 3 nicht gerechtfertigt erscheint.
Ich rufe die Frage XIII/ 2 des Herrn Abgeordneten Müller (Mülheim) auf:
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung außer der Einführung des Führerscheins für Motorboote auf Seeschiffahrtstraßen und in Küstengewässern, um die Sicherheit für alle Wassersportler auf allen Gewässern zu verbessern?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0504214500
Herr Kollege, die Bundesregierung kann auf die Sportschiffahrt nur insoweit Einfluß nehmen, als sie auf den Bundeswasserstraßen betrieben wird. Diese dienen vorwiegend den Zwecken der Großschiffahrt. Soweit neben der Großschiffahrt Sportschiffahrt betrieben wird, überwacht die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes in Zusammenarbeit mit der Wasserschutzpolizei der Länder ständig die Entwicklung und greift, wenn es notwendig erscheint, mit örtlichen Maßnahmen wie z. B. Verkehrsverboten, Geschwindigkeitsbeschränkung, Zuweisung von Sonderstrecken an den Wasserskisport u. ä. ein. Die Zahl der Unfälle beim Wassersport auf den Bundeswasserstraßen im Binnenbereich hält sich in so engen Grenzen, daß sie durch Maßnahmen allgemeiner Art kaum vermindert werden kann.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504214600
Herr Abgeordneter Müller zu einer Zusatzfrage.

Willi Müller (SPD):
Rede ID: ID0504214700
Herr Minister, sind Sie der Auffassung, daß es notwendig ist, generelle Erhebungen .darüber anzustellen, wie die durch die Konzentrierung von Motorbooten auf allen Wasserstraßen hervorgerufenen Schäden erfaßt werden können?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0504214800
Herr Kollege, ich bin nicht der Meinung, daß das generell möglich ist, weil die Verhältnisse auf den einzelnen Wasserstraßen durchaus verschieden sind. Sie wissen ja, daß bei allen Binnengewässern, die nicht dem Bund unterstehen, die Länder die entsprechenden Maßnahmen treffen, wie das z. B. bei den Seen im Voralpengebiet geschieht.

Willi Müller (SPD):
Rede ID: ID0504214900
Sie sehen also keine Möglichkeit, zu einer zusammenfassenden Gestaltung des Rechts auf allen Wasserstraßen zu kommen?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0504215000
Nein, denn das andere Recht fällt ja als Aufgabengebiet der Polizei nach dem Grundgesetz in die Zuständigkeit der Länder.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504215100
Ich rufe die Frage XIII/3 des Abgeordneten Müller (Mülheim) auf:
Hält die Bundesregierung es nicht für sinnvoll, zu einer generellen Kennzeichnungspflicht von Motorbooten überzugehen?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0504215200
Herr Kollege, bei der Kennzeichnung sind die Möglichkeiten der Bundesregierung ebenfalls auf die Binnenschiffahrtsstraßen des Bundes, im Küstenbereich auf die sogenannten seegängigen Fahrzeuge beschränkt. Auf Grund des Flaggenrechtsgesetzes und der Schiffahrtspolizeiverordnungen besteht eine Kennzeichnungspflicht auch für Kleinfahrzeuge, allerdings nicht überall die Pflicht zur amtlichen Kennzeichnung. Die allgemeine Einführung amtlicher Kennzeichen, insbesondere für Motorboote, erscheint nur dann sinnvoll, wenn ein einheitliches System für Bundes- und Landeswasserstraßen gefunden werden kann. Dahin zielende Verhandlungen mit den Ländern sind im Gange. Hierbei wird für den Binnenbereich auch auf internationale Empfehlungen Rücksicht zu nehmen sein.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504215300
Ich rufe die Frage XIII/ 4 des Abgeordneten von Wrangel auf:
Kann die Bundesregierung Auskunft darüber geben, ob die Beseitigung der schweren Frostschäden im Zonenrandgebiet von Schleswig-Holstein gewährleistet ist?
Bitte, Herr Minister!

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0504215400
Herr Präsident, ich würde die beiden Fragen des Herrn Abgeordneten gerne zusammen beantworten, wenn er damit einverstanden ist.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504215500
Das ist der Fall. Ich rufe also auch die Frage XIII/ 5 auf:
Werden durch die Beseitigung der in Frage XIII/ 4 erwähnten Frostschäden die laufenden Straßenbaupläne und Straßenbauarbeiten verzögert oder gar erheblich beeinträchtigt?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0504215600
Danke sehr. — Die Beseitigung der im Winter 1965/66 an den Bundesstraßen im schleswig-holsteinischen Zonenrandgebiet entstandenen Frostschäden ist nach den Angaben des Schleswig-Holsteinischen Ministeriums für Wirtschaft und Verkehr als der Auftragsverwaltung des Bundes 1966 gewährleistet; dasselbe gilt für Frostschäden an Bundesstraßen außerhalb des Zonenrandgebietes.
Die laufenden Maßnahmen und Pläne werden nicht verzögert oder beeinträchtigt, weil diejenigen Teilstrecken, auf denen bemerkenswerte Frostschäden aufgetreten sind, ohnehin 1966 ausgebaut werden sollten; kleinere Schäden werden,, wie üblich, im Wege der Unterhaltung reguliert.




Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504215700
Eine Zusatzfrage? — Bitte.

Baron Olaf von Wrangel (CDU):
Rede ID: ID0504215800
Herr Minister, wenn es auch erfreulich ist, daß die Frostschäden vorauskalkulierbar waren, könnten Sie sagen, an welchen Schwerpunkten die Reparaturarbeiten bei Bundesstraßen vorgenommen werden?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0504215900
Herr Kollege, der Schwerpunkt der Frostschäden liegt im südöstlichen Holstein in Angeln und zwischen Flensburg und Husum. Art und Umfang der Frostschäden sind am stärksten bei den Bundesstraßen 200 zwischen Wanderup und Haselund, 201 zwischen Schleswig und Kappeln, 207 zwischen Buchholz und Fredeburg, 208 zwischen Altenweide und Berkenthin und 209 zwischen Lütau und Schwarzenbek. Hier werden also die Arbeiten zuerst anzusetzen haben.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504216000
Keine weitere Frage? — Dann rufe ich die Fragen XIII/ 6 und XIII/ 7 des Herrn Abgeordneten Dorn auf, übernommen vom Abgeordneten Mertes:
Hält die Bundesregierung nach wie vor daran fest, daß die geplante Bonner Südbrücke eine besondere Fahrspur für den öffentlichen Nahverkehr nicht erhalten soll?
Ist der Bundesregierung bekannt, daß der Verkehrsminister des Landes Nordrhein-Westfalen und die Stadt Bonn der Meinung sind, daß dem öffentlichen Personennahverkehr im Raum Bonn-Siegburg großer Schaden zugefügt würde, wenn die in Frage XIII/6 erwähnte besondere Trasse nicht mitgebaut würde?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0504216100
Die zur Zeit laufenden Planungen für die Südbrücke Bonn berücksichtigen zwei Brückenquerschnitte. Der eine Querschnitt sieht die Mitüberführung eines öffentlichen Verkehrsmittels vor. Eine Entscheidung über den Querschnitt kann erst getroffen werden, wenn das vom Herrn Minister für Wirtschaft und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen in Auftrag gegebene Gutachten über den öffentlichen Nahverkehr vorliegt, das im Herbst 1966 erwartet wird. Falls sich dieses Gutachten für eine zusätzliche Brückenbreite zur Aufnahme des öffentlichen Nahverkehrs aussprechen sollte, bedarf es dann der Finanzierung der dadurch entstehenden Mehrkosten.
Es ist der Bundesregierung bekannt, daß die Stadtwerke Bonn die Mitüberführung eines öffentlichen Nahverkehrsmittels auf eigener Zone über die Südbrücke für erforderlich halten. Ob auf Grund der vor dem Abschluß stehenden Generalverkehrsplanung der Stadt Bonn eine verbindliche Aussage zu dieser Frage gegeben werden kann, muß ebenfalls noch abgewartet werden.
Vizepräsident Dr. Dehler: Keine Zusatzfragen? — Dann die Frage XIII/ 8 des Herrn Abgeordneten Strohmayr:
Treffen Presseberichte zu, wonach die Bundesbahn für die Beförderung von drei Personen einschließlich Auto z. B. auf der Strecke Köln—München für Hin- und Rückfahrt 300 DM erhebt, während der Fahrpreis für ein Ehepaar mit einem Kind über 10 Jahren auf der gleichen Strecke 408 DM beträgt?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0504216200
Herr Kollege Strohmayr, in den bekannten Autoreisezügen der Deutschen Bundesbahn, die im allgemeinen als grenzüberschreitende Züge nachts mit Schlafwagen verkehren, erhebt die Bundesbahn die normalen vollen Fahrpreise einschließlich einer Sondergebühr für die Beförderung des Autos. Daneben sollen im Sommer dieses Jahres zusätzlich wie schon 1964 und 1965 Tages-Auto-Reise- und Gesellschaftssonderzüge des Deutschen Reisebüros (DER) bei der Deutschen Bundesbahn zu den für Gesellschaftsreisen üblichen Tarifbestimmungen bestellt werden, für die das Deutsche Reisebüro eine Einnahmegarantie gibt; sie verkehren z. B. an insgesamt neun Tagen zwischen Düsseldorf/ Köln und München-Ost. Hier beträgt der Beförderungspreis für Hin- und Rückfahrt für ein Auto und drei Reisende 300 DM. Dieser Preis ist auch dann in voller Höhe zu entrichten, wenn weniger als drei Reisende mitfahren. Wie mir die Deutsche Bundesbahn dazu mitteilt, halten sich die gegenüber dem Regelfahrpreis für diese DER-Gesellschafts-Sonderautoreisezüge erhobenen Gebühren im Rahmen der genehmigten Tarifbestimmungen.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504216300
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Strohmayr.

Alois Strohmayr (SPD):
Rede ID: ID0504216400
Herr Bundesverkehrsminister, halten Sie es für richtig, daß beispielsweise ärmere Familien, die keinen Wagen haben, 403 DM für drei Personen bezahlen müssen, während derjenige, der in der Lage ist, sich einen Wagen zu halten, nur 300 DM für die gleiche Reise zu bezahlen hat?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0504216500
Ich glaube, Herr Kollege Strohmayr, die Frage ist ein wenig mißverständlich gestellt. Wenn diese Familien an Reisen des DER oder anderen Gesellschaftsreisen teilnehmen, zahlen sie ja auch nicht diesen Preis, sondern einen stark ermäßigten Preis, der diesen 300 DM entspricht. Es wird also den Familien zu empfehlen sein, daß sie sich einer derartigen Sonderreise anschließen, falls sie eine entsprechende Fahrpreisverbilligung wünschen.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504216600
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Strohmayr.

Alois Strohmayr (SPD):
Rede ID: ID0504216700
Herr Bundesverkehrsminister, wären Sie in der Lage, auf die Bundesbahn dahin gehend einzuwirken, daß auch solche Familienreisen in der Ferienzeit zu den gleichen Preisen möglich sind?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0504216800
Wir haben, wie Sie wissen, schon gewisse Familienermäßigungen, und die Möglichkeiten, Gemeinschaftsreisen durchzuführen, sind heute derart umfangreich, 'daß man durch die Prospekte schon gar nicht mehr durchkommt. Es bietet sich also für jede Familie auf allen Gebieten die Chance, sehr billig zu reisen und damit natürlich auch die 50% ige Ermäßigung der Bundesbahn für Gesellschaftssonder-



Bundesminister Dr.-Ing. Seebohm
züge in Anspruch zu nehmen. Aber gesondert für die Familie allein kann man es, glaube ich, kaum.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504216900
Die Frage des Abgeordneten Schmidt (Kempten) aus der Drucksache zu Drucksache V/614 wird von Herrn Abg. Mertes übernommen:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß das am 1. April in den Niederlanden in Kraft getretene Gesetz für holländische Lkw-Unternehmer, das eine teilweise Rückerstattung der Kraftfahrzeugsteuer für Dieselfahrzeuge dann vorsieht, wenn diese über 100 km ins Ausland fahren, im Widerspruch zu den EWG-Richtlinien für die gemeinsame Verkehrspolitik steht und somit eine Anrufung der EWG-Kommission in Erwägung gezogen werden muß?
Bitte, Herr Minister.

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0504217000
Herr Kollege, die Bundesregierung teilt diese Auffassung. Sie hat die EWG-Kommission bereits mit der Angelegenheit befaßt. Außerdem hat die Bundesregierung in einer an die niederländische Regierung gerichteten Empfehlung vom 9. Februar 1966 zum Ausdruck gebracht, daß sie das Rückerstattungsverfahren als ein Hemmnis bei der Verwirklichung der gemeinsamen Verkehrspolitik ansieht. Ich bin darüber hinaus der Auffassung, daß diese Rückerstattung als unzulässige Beihilfe im Sinne der Artikel 92 ff. des EWG-Vertrages anzusehen ist.
Ich habe daher die Kommission mit Schreiben vom 7. April 1966 gebeten, die niederländische Regelung auch unter diesem Gesichtspunkt zu prüfen. Eine Entscheidung der Kommission liegt noch nicht vor.

Dr. Werner Mertes (FDP):
Rede ID: ID0504217100
Herr Bundesminister, sind Sie der Meinung, daß man berechtigte Hoffnung haben kann, daß diese Wettbewerbsverzerrungen auf Grund der von Ihnen eingeleiteten Schritte beseitigt werden können?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0504217200
Es sind zunächst Verhandlungen mit der niederländischen Regierung selbst geführt worden. Diese hat die Sache sehr eingehend geprüft, aber festgestellt, daß sie sich nicht in der Lage sieht, von sich aus diese Ermäßigung, die im Haushaltsgesetz der Niederlande verankert ist, aufzuheben. Dies könnte also nur durch Einwirkung der EWG-Kommission auf die Niederlande erreicht werden. Solche Wege sind im allgemeinen recht gewunden und nehmen auch lange Zeit in Anspruch. Zunächst ist das Konsultationsverfahren mit einer Empfehlung an die niederländische Regierung in Gang gebracht. Aber mein Kollege hat mir gesagt, daß die Regierung nicht geneigt sei, diese Empfehlung anzunehmen. Es wird also unter Umständen sogar noch auf eine Klage vor dem Gericht ankommen.

Dr. Werner Mertes (FDP):
Rede ID: ID0504217300
Herr Bundesminister, bis diese Klage entschieden werden würde, könnte sehr viel Zeit verstreichen. Sind Sie der Meinung, daß dann für die entsprechenden deutschen Unternehmungen von diesem Hause her gleiche Vorteile eingeräumt werden sollten, wie sie jetzt niederländische Unternehmungen haben?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0504217400
Herr Kollege, wenn ich eine befreundete Regierung einer nicht richtigen Auslegung des EWG-Vertrages zeihe — ich will mich vorsichtig ausdrücken —, kann ich ja unmöglich meinerseits den gleichen Weg beschreiten.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504217500
Damit sind alle Fragen, die gestellt worden sind, beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Minister.
Wir fahren fort in der
Zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1966 (Haushaltsgesetz 1966)

— Drucksache V/250 —
Berichte des Haushaltsausschusses (13. Ausschuß)

Ich rufe zunächst auf den Einzelplan 08
Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen
— Drucksachen V/577, zu V/577 — Berichterstatter: Abgeordneter Jürgensen und den
Einzelplan 09
Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft
— Drucksache V/578 —
Berichterstatter: Abgeordneter Westphal
Ich danke den Herren Berichterstattern. Wünschen sie das Wort? — Das ist- nicht der Fall.
Zu Einzelplan 09 liegt der Umdruck 49 — Änderungsantrag der Fraktion der SPD — vor. Wird er gesondert begründet? — Bitte, Herr Abgeordneter Westphal zur Begründung des Änderungsantrages der Fraktion der SPD — Umdruck 49 — zu Einzelplan 09, Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft.

Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID0504217600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion legt Ihnen auf dem Umdruck 49 vier verschiedene Anträge vor, die in einem inneren Zusammenhang miteinander stehen. Man muß sagen, daß der Rahmen, der durch diese vier Anträge gesetzt wird, sogar noch weiter gefaßt gesehen werden muß. Praktisch beziehen unsere Anträge alles das ein, was man als die notwendigen Auswirkungen der energiepolitischen Debatte dieses Hohen Hauses vom 16. März 1966 ansehen kann. Damals — das darf ich in Erinnerung rufen — war die Einsicht groß; vieles wurde hier angeregt und vorgeschlagen, was getan werden sollte, um mit unseren energiepolitischen Problemen in der Bundesrepublik fertig zu werden. Das war schon öfter so in diesem Hause. Ich erinnere nur an die große



Westphal
vorhergehende energiepolitische Debatte vom November/ Dezember 1964.
Man sprach im März 1966 von der Verbesserung der Maßnahmen für die soziale Sicherheit der Bergarbeiter, von der Änderung der knappschaftlichen Rentenversicherung. Eine neue Stillegungsprämie wurde angekündigt und damit verbunden auch die Gründung einer Aktionsgemeinschaft, die die Aufgabe haben soll, eine Umstrukturierung in unseren großen Industriegebieten, die bisher von der Kohle her bestimmt waren, einzuleiten. Angekündigt wurde eine „Verbesserung bei der verwaltungsmäßigen Handhabung der Selbstbeschränkung bei der Ausweitung des Heizölabsatzes" — das ist der etwas kaschierende Ausdruck, der im Bundesrat verwendet wurde —, um dem schwierigen Problem der Selbstbeschränkung ein wenig mehr auf die Sprünge zu helfen. Angekündigt wurden eine neue Initiative für eine europäische Lösung des Kohle-problems, ein Rohrleitungsgesetz für Mineralöl und Erdgas, die Beseitigung der Degression und Verlängerung der Heizölsteuer bis zum April des Jahres 1971 und auch die Sicherung des Steinkohleabsatzes in der Elektrizitätswirtschaft.
Mit Spannung — so könnte man sagen — erwarten wir die Ausführung dieser Pläne. Einige Gesetzentwürfe liegen vor, andere sind im Anrollen. Ich erinnere daran, daß dem Hause ein Entwurf der Regierung zur Änderung der knappschaftlichen Rentenversicherung vorliegt. Es liegt aber auch ein sozialdemokratischer Antrag zu diesem Bereich vor, der weitergeht. Ein Verstromungsgesetz hat gerade den Bundestag passiert. Ein Gesetzentwurf über die Verlängerung der Heizölsteuer wird in den nächsten Wochen zu uns kommen.
Welches sind nun aber — das ist die Frage, die heute hier im Zusammenhang mit dem Haushaltsplan gestellt ist — die Auswirkungen der energiepolitischen Überlegungen und Maßnahmen auf den Haushalt, zunächst auf den Haushalt des Jahres 1966? Man hätte erwarten können, daß die Bundesregierung, nachdem sie die Wichtigkeit dieser Maßnahmen in der Beantwortung der damaligen Großen Anfragen so stark unterstrichen hatte, uns nun von sich aus die finanziellen Auswirkungen der Maßnahmen, soweit sie schon dieses Jahr betreffen, hier zu Gesicht gebracht hätte. Man hätte erwarten können, daß diejenigen, die die Anfragen wegen der Entwicklung der Energiepolitik an den Bundeswirtschaftsminister, an die Bundesregierung, gestellt hatten, nun von sich aus durch Anträge, durch neue Vorschläge zum Haushalt für alle Öffentlichkeit deutlich gemacht hätten, welche Änderungen und Ergänzungen sie als Auswirkung der energiepolitischen Debatten für den Haushalt sehen. Ich selbst habe in den Beratungen des Haushaltsausschusses über den Einzelplan 09 — über den wir jetzt hier sprechen — mehr als dreimal danach gefragt, wann nun solche Vorschläge kommen würden.
Sehen Sie den Haushalt von Anfang bis zu Ende durch — Sie werden weder in dem Einzelplan 11 noch in dem Einzelplan 09 irgendwelche solche Auswirkungen finden. Gewiß sind im Einzelplan 09, der den Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft betrifft, noch die Auswirkungen aus den früheren energiepolitischen Debatten zu sehen. Dort sind 50 Millionen DM für die Stillegungsaktion Nr. 1, dort sind 72 Millionen DM für die Frachtenbeihilfen eingesetzt. — Ich darf in diesem Zusammenhang daran erinnern, daß wir Mitte März die energiepolitische Debatte hatten und daß Anfang April — 14 Tage später — eine Ankündigung oder sogar Festlegung vorlag, daß die Frachttarife der Bundesbahn erhöht würden. Zu der Frage, ob die Steinkohle etwa von den Frachtkostenerhöhungen ausgenommen würde, haben wir aber keine Äußerung von der Regierungsseite zu hören bekommen. Nun, wir konnten inzwischen feststellen, daß die Frachtenerhöhungen schon bei den Vorbereitungen des Haushalts 1966 eingeplant worden waren, daß also die Regierung offensichtlich wußte, was ihr hier bevorstand. Als eine der Auswirkungen älterer Maßnahmen auf energiepolitischem Gebiet ist auch eine Förderung für Blockheizwerke vorgesehen. Dafür ist ein Ansatz von 6 Millionen DM vorhanden.
Das einzige Neue im Einzelplan 09 ist diese ominöse Aktion des Transports von 4 Millionen t Steinkohle oder Koks in revierferne Gebiete, etwas, was andere, die sich mit diesem Fragenpreis beschäftigt haben, etwas scherzhaft, aber wohl auch deutlich als das Spazierenfahren der Halden in revierferne Gebiete bezeichnet haben. 30 Millionen DM soll diese Aktion den deutschen Steuerzahler kosten. Mit ihr wird ein Vertrag erfüllt, der im Dezember 1965 mit der Notgemeinschaft Deutscher Steinkohlen-Bergbau geschlossen worden ist. Wir stellen mit Interesse fest, daß für diese Aktion, die bisher nie in diesem Parlament behandelt worden ist und die auch nicht vorher den Haushaltsausschuß berührt hat, schon im Jahre 1965 glatte 14,8 Millionen DM außerplanmäßig ausgegeben worden sind, und zwar bei Tit. 972 des Kap. 09 02. Die Mittel, die für diese Haldentransportunternehmung schon im vergangenen Jahr verwendet wurden und über die in diesem Hause vorher nicht beraten wurde, wurden ausgerechnet aus einem Titel genommen, den man nicht voll ausgebraucht hat und über den ich nachher noch ein paar Worte mehr zu sagen habe, weil er mit unserem Antrag zu tun hat. Sie wurden aus Resten des Tit. 968 b entnommen, wo es um die Darlehen für die Erdölindustrie geht. Diese Mittel, die hier umstritten sind und zu denen wir einen Antrag stellen, sind also bereits im vergangenen Jahr nicht aufgebraucht worden.
Ich sagte bereits, daß Sie auch in anderen Einzelplänen keinen Hinweis darauf finden, wie sich die energiepolitischen Aussagen finanziell auswirken werden. Es findet sich kein Ansatz für die Knappschaftsausgleichszahlungen, die der Regierungsentwurf ja empfiehlt. Wir haben ein CDU-Papier gesehen — ich weiß nicht, ob es für unsere Augen bestimmt war —, aus dem wir entnehmen konnten, daß dafür kein Ansatz gebraucht werde, ganz einfach deshalb, weil die Beträge in den Zahlungen des Bundes an die knappschaftliche Rentenversicherung aufgefangen werden könnten. So klein wird also das Problem offensichtlich behandelt, wenn es
1898 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Mai. 1966
Westphal
darum geht, den Bergarbeitern unter die Arme zu greifen. Mein Kollege Hörmann wird an der gegebenen Stelle zu diesem Thema weitere Ausführungen machen, um das Ganze klarzulegen.
Das einzige, was Sie in diesem Bundeshaushalt 1966 als zusätzliche Auswirkung energiepolitischer Überlegungen finden, sind ganze 8 Millionen DM, die in Kap. 60 02 Tit. 955 hinzugefügt worden sind zu den dort schon vorhandenen 8 Millionen DM zum Bundesanteil für die Anpassungsbeihilfen nach dem Montanunionsvertrag, und dann natürlich auch noch den Betrag von 480 000 DM als Verwaltungskostenanteil für die Durchführung dieser Maßnahmen bei der Bundesanstalt in Nürnberg. Das ist alles. Da man hier nicht von Tigern sprechen kann, würde ich sagen: Ein Mäuschen wurde geboren. Kein Ansatz für die Knappschaft! Kein Ansatz für die Stillegungsaktion Nr. 2! Auch die Verstromung, die in dem Gesetzentwurf der Bundesregierung mit Kosten von 30 Millionen DM für dieses Jahr ausgewiesen ist, findet keinen Ansatz in dem Haushalt, der uns hier zur Beratung vorliegt. Gewiß, man findet den Weg, diese Kosten auf das nächste Jahr zu verlagern, obwohl das im ersten Jahr 30 Millionen DM oder, wenn man von dem ausgeht, was im Bundesrat in der Diskussion zu diesem Thema gesagt worden ist, . sogar 45 Millionen DM kosten wird. Ich will mich zu der Frage der Verstromung und dem dazu vorliegenden Gesetzentwurf nicht äußern und auch keinen Antrag dazu stellen. Die Debatte im Bundesrat hat die Schwierigkeiten gezeigt, die auf diesem Gebiet vorhanden sind. Das Ganze wird ins nächste Jahr kommen. Wir werden den Gesetzentwurf bald vor uns haben. Die Maßnahme ist jedenfalls erforderlich. Einzelheiten können dann hier beredet werden.
Das alles aber zeigt uns, daß wir mit dem, was vorgelegt worden ist, nicht zufrieden sein können. Die Bundesregierung und der Herr Bundeswirtschaftsminister haben geschwiegen zu dem Problem der Kokskohleabnahme für die eisenschaffende Industrie. Wir Sozialdemokraten dagegen haben dazu bereits am 16. März in der energiepolitischen Debatte gesprochen und Forderungen in einem Antrag eingebracht. Inzwischen haben in Luxemburg Verhandlungen stattgefunden. Erfolge scheinen leider — so muß man wohl sagen — nicht in Sicht zu sein.
Ich darf hier das Bulletin der Bundesregierung anführen, das uns .gerade jetzt am 17. Mai von der 104. Tagung des Besonderen Ministerrates der Montanunion zu diesem Thema die Ergebnisse brachte, die nun formuliert worden sind. Es geht dort um die Frage, wie in der Gemeinschaft dafür Sorge getragen werden kann, daß die Kohle in dem Bereich einen breiten Absatz gesichert erhält, in dem Eisen geschaffen, in dem Stahl hergestellt wird. Der Ad-hoc-Ausschuß Kohleprobleme hat nach dem 3. Mai, nach den Beratungen, folgende neue Aufträge bekommen:
1. die in Angriff genommenen Arbeiten über die Frage der langfristigen Koks-Kohle-Versorgung der Gemeinschaft fortzusetzen,
2. folgendes zu prüfen:
a) die Verfahren für die Gegenüberstellung der Förderziele und der Absatzmöglichkeiten,
b) die Möglichkeiten der Koordinierung der Förderziele,
c) die Zweckmäßigkeit einer Erleichterung des Binnenaustausches von Gemeinschaftskohle und insbesondere die gemeinschaftlichen Maßnahmen zur Erreichung dieses Zieles.
Diesen. letzten Absatz muß man langsam nochmals lesen, um ihn zu verstehen. Dort wird also deutlich, daß unsere Regierung nun zwar sehr spät den Versuch unternommen hat, etwas zu tun, um den Absatz der Gemeinschaftskohle in den Bereich Stahl hinein sicherzustellen, daß aber Erfolge — und ich möchte erneut hinzufügen: leider — nicht erzielt worden sind. Und dann kommt die Mitteilung: Die Beratungen werden am 12. Juli dieses Jahres fortgesetzt. Wer Ohren hat zu hören, der weiß jetzt, daß zwar die Verschiebung dieser Sitzung sicher auch auf Terminproblemen der verschiedenen Minister beruht und daß es sehr lange Zeit dauern wird, bis wir zu diesem Thema Neues hören. Aber wir werden das Neue eben erst hören, wenn die nordrhein-westfälischen Wahlen vorbei sind. Das, was also dahintersteckt, was uns an Sorgen aufgeladen wird, was in besonderer Weise die arbeitenden Menschen im Ruhrgebiet und auch an der Saar betrifft, was an Lasten entstehen wird, wird vorher nicht zum Thema der öffentlichen Debatte werden, sondern vielleicht danach.

(bei unseren Haushaltsberatungen mit neuen Ansätzen in diesen Haushalt einbringen, d. h. mit zusätzlichen, erhöhten Schätzungen. Es hat sich gezeigt, daß nur die Körperschaftsteuer den Trend nach oben nicht mitgemacht hat. Das ist ein deutliches Zeichen. Sehen Sie sich das etwas näher an, untersuchen Sie, was dahinter steckt, dann finden Sie, daß der Mangel an zusätzlichen Körperschaftsteuern fast ausschließlich auf nicht eingegangenen Vorauszahlungen für diese Steuer aus dem Bereich der eisenschaffenden Industrie im Lande Nordrhein-Westfalen beruht. Die Finanzämter halben großen Teilen der Stahlindustrie genehmigt, die Vorauszahlung von Körperschaftsteuer für 1966 einzustellen. Wenn das kein deutliches Zeichen ist, dann blicken wir an den eigentlichen Tatsachen vorbei. Wenn wir nichts tun, verlieren wir einen potenten Steuerzahler, gefährden die Aufwärtsentwicklung eines Basiswirtschaftszweiges, bringen das Ruhrgebiet in neue Bedrängnis und haben einen Einnahmeverlust für den Staat. Gewiß, man könnte auch einen Einnahmeverlust Westphal für den Staat als eine seltsame Form der Subvention bezeichnen; aber das ist sicher die schlechteste der Formen. Es gilt, zwei Dinge gleichzeitig zu tun: den Absatz der Kohle sicherzustellen — gemeint ist in diesem besonderen Falle die Kokskohle, aus der der Hüttenkoks für die eisenschaffende Industrie gewonnen wird; das sind immerhin 25 bis vielleicht 28 Millionen Tonnen im Jahr und die Abwanderung der Hüttenwerke an die europäischen Küsten zu vermeiden. Über solche langfristigen Investitionen, die der Neubau von Hüttenwerken erfordert, wird jetzt entschieden. Wenn wir nicht jetzt Maßnahmen treffen, werden wir Entwicklungen sich anbahnen sehen, die wir alle später nicht gewollt haben. Die Investitionen, die erforderlich und wünschenswert sind, sollten hier, bei unserer Kohle, erfolgen. Wir empfehlen deshalb zunächst für dieses Jahr eine einmalige Ausgabe vom 1. Juli 1966 an, und zwar gerichtet an die eisenschaffende Industrie nach Richtlinien, die das Bundeswirtschaftsministerium, sicher in Zusammenarbeit mit dem Finanzministerium, zu entwerfen hätte. Dann fordern wir die Regierung auf — das werden Sie in den Vorlagen für die dritte Lesung des Haushaltes finden —, um diese besondere Hilfeleistung zu regeln, ein Gesetz vorzulegen, das diesen Problemkreis anfaßt. Also: Maßnahmen sofort und direkt mit einem Ansatz, wie Sie aus dem Umdruck ersehen können, von 100 Millionen DM und danach eine Regelung des Gesamtproblems auf Dauer durch ein Gesetz, das vom Januar 1967 an gültig werden soll. Was soll hier geschehen? Es gilt, die Nachteile für die Stahlindustrie, für die eisenschaffende Industrie, zu überwinden. Es gilt, den Vergleich zu sehen, der für diese Industrie in ganz besonderer Weise gilt, daß die aus Amerika zu uns kommende Kohle erheblich billiger ist und sich an den Küsten Europas Standortvorteile ergeben würden, die es zu vermeiden gilt; dabei wollen wir gleichzeitig sicherstellen, daß unsere Kohleindustrie ihren Anteil am Energiemarkt behält. Diese Unterschiede gilt es durch Verbilligung der Kokskohle für den Hüttenkoks aufzuheben. Es gibt unterschiedliche Berechnungen, was dafür sinnvoll wäre. Die Stahlindustrie hat von 15 DM je Tonne gesprochen. Es gibt andere Berechnungen, die wesentlich darunter liegen. Man muß bei den Berechnungen nicht nur auf der Basis der Frachtkosten rechnen, sondern auch andere Dinge berücksichtigen. So gibt es z. B. Zechen, die Hüttenwerken gehören und demgemäß die Kohle billiger an die Hüttenwerke liefern können. Es gibt Standortunterschiede, und es gibt Vorteile, die sich gerade dann, wenn Zechen zu Hüttenwerken gehören, aus den Stillegungsaktionen ergeben; man kann die dort enthaltenen stillen Reserven realisieren, indem man sie auf die Stahlwerke überträgt. Neue Kosten bei der Umstellung würden auch entstehen, wenn man auf andere Kohlearten — z. B. US-Kohle — überginge. Ich erwähne dies alles nur, um deutlich zu machen, daß der Ansatz von 15 DM je Tonne offensichtlich zu hoch ist und daß es notwendig ist, sich auf die Schätzungen von Fachleuten zu verlassen, die zeigen: es geht natürlich auch billiger. Wir schlagen Ihnen vor, bei den Berechnungen von 8 DM pro Tonne auszugehen, und halten das für eine realistische Zahl. Bei, sagen wir, 25 Millionen Tonnen Verbrauch für das Jahr bedeutet das für ein halbes Jahr — wir haben unseren Antrag für ein halbes Jahr gestellt, dann soll die gesetzliche Regelung kommen — etwa 100 Millionen DM; diese Summe steht in unserem Antrag. Nur eine Bemerkung zur Frage des auch in Rede stehenden Themas der Umsatzausgleichsteuer und ihrer Erhöhung. Wir werden zu diesem Thema heute nicht sprechen; wir werden darüber reden müssen, wenn es entsprechende Vorlagen und weitere Überlegungen gibt. Mir scheint nur, eine Lösung des Gesamtproblems, von dem ich hier gesprochen habe, ist das offensichtlich nicht. Es müssen ernst auch alle die Dinge dabei bedacht werden, die unsere Währung und die Preise betreffen. Entsprechend unserer Konzeption war es nun erforderlich, für die Ausgabenerhöhungen, die wir Ihnen aus den eben genannten Gründen vorschlagen, an anderer Stelle einen Ausgleich zu schaffen. Der Ausgleich ergibt sich nicht nur bei den hier von mir im Umdruck vorgelegten anderen Herabsetzungsanträgen, sondern er ist in dem Gesamtplafond zu sehen, von dem mein Kollege Hermsdorf gestern hier gesprochen hat. Ein Teil davon ist eben aber auch aufzubringen durch Nichtbewilligung von Geldern für die — lassen Sie es mich so sagen — unsinnigen oder zwecklosen oder auch unzureichenden Maßnahmen in diesem Bereich. Ich meine damit die Streichung des Tit. 972 in Kap. 09 02 von 30 Millionen DM für dieses „Haldenspazierenfahren"; ich habe Ihnen die Gründe vorhin bereits dargelegt. Der Vertrag, auf Grund dessen die Gelder gezahlt werden sollen, hat bisher nicht dem Parlament vorgelegen, außer in den jetzigen Haushaltsberatungen. Das Geld wird gezahlt seit dem Dezember vergangenen Jahres, ohne daß dieses Haus vorher durch Verhandlungen seine Zustimmung oder Ablehnung hätte deutlich werden lassen können. Zweitens möchten wir die Kürzung des Ansatzes für die Erdöldarlehen in Tit. 968 b, und zwar von den jetzt vorgesehenen 120 Millionen DM um 62,5 Millionen DM auf 57,5 Millionen DM. Außerdem wäre damit verbunden die Streichung der Bindungsermächtigungen für die zukünftige Regelung und gleichzeitig auch die Aufforderung an die Bundesregierung, sich dafür ein Bürgschaftsprogramm zu überlegen und entsprechend die Richtlinien für die Vergabe von Darlehen zu ändern. Warum ist nach unserer Auffassung diese Kürzung möglich? Ich will Ihnen das in ein paar Stichworten deutlich machen. Erstens: Der vorgesehene Ansatz für 1966 bei dem Darlehensprogramm für Erdöl war 190 Millionen DM. Er ist nie in unsere Haushaltsentwürfe hineingekommen. Dort stehen 150 Millionen im Entwurf der Regierung. Die ersten 40 Millionen von diesen Mitteln sind also bereits in der ersten Runde der Kürzungen der Regierung weggenommen worden, bevor sie den Haushaltsplan vorgelegt hat. Es ist also möglich, an diesem Titel zu kürzen. Westphal Zweitens ist die weitere Herabsetzung so, wie Sie sie in Ihrer neuen Vorlage über Einzelplan 09 vorfinden, durch einen Mehrheitsentscheid der Fraktionen der Regierungskoalition von 150 Millionen um 30 Millionen auf 120 Millionen DM erfolgt. An einem Tage unserer Verhandlungen im Haushaltsausschuß war von 20 Millionen Herabsetzung die Rede, am nächsten Tage schon von 30 Millionen DM. Ich will Ihnen an dieser Stelle nur deutlich machen, daß nicht wir es sind, die als die einzigen einen Titel gefunden haben, an dem es aus politischen und haushaltsmäßigen Überlegungen möglich ist, kräftig zugunsten sinnvoller anderer Maßnahmen zu kürzen, sondern ich will Ihnen zeigen, daß auch andere diesen Titel genauso gefunden haben. Denn das, was ich Ihnen deutlich gemacht habe, bedeutet auf der Seite der Regierungskoalition bereits eine Kürzung gegenüber den Vorstellungen für 1966 von 190 Millionen um 70 Millionen auf 120 Millionen DM. Wenn ich Ihnen noch in Erinnerung rufe, daß der Titel voriges Jahr nicht aufgebraucht und für andere energiepolitische Maßnahmen mit in Anspruch genommen wurde, wird Ihnen klar, daß es möglich ist, an diese Stelle ein wenig stärker heranzugehen. Ich will Ihnen die Bindungen, die dort erforderlich sind oder von der Regierung eingegangen wurden, nicht in Einzelheiten darlegen. Wir kommen auf die Summe von 57,5 Millionen DM als aufrechtzuerhaltenden Ansatz aus der Überlegung heraus, daß es vom vorigen Jahr her noch 17,5 Millionen DM zu zahlen gilt — oder sie sind inzwischen im Laufe des Jahres 1966 bereits gezahlt worden — und daß weitere 40 Millionen DM sich aus den Bindungsermächtigungen des vergangenen Jahres ergeben. Die neuen Verpflichtungen werden sowieso geringer; denn die 34 Millionen DM, die der uns so bekannten Erdölgesellschaft DEA zugesagt worden sind, werden ja wohl doch für die Jahre 1966 bis 1968 nicht mehr zugesagt werden können, zumal das mit den Richtlinien, die für die Vergabe der Darlehen aufgestellt worden sind, nicht mehr in Einklang zu bringen ist. Ein Wort, meine Damen und Herren, zur Erdölpolitik auf diesem Gebiet. Herr Staatssekretär Neef und auch andere haben bei den Haushaltsberatungen uns von der Opposition aufgefordert, bei diesem Thema nicht zu resignieren. Vielmehr sollten wir weitersuchen und durch Darlehen anderen bei der Aufsuchung neuer Erdölfelder außerhalb der Bundesrepublik helfen, sei es auf dem Festlandsockel in der Nordsee, sei es in außereuropäischen Gebieten. Wir müßten dabei natürlich auf das Glück hoffen, das für Prospektoren immer erforderlich ist. Die Möglichkeit, bei einer Bohrung fündig zu werden, ist ja nur im Verhältnis 1 : 10 gegeben. Dahinter stand die Vorstellung, daß sich durch die Unterstützung mit Darlehen beim Aufsuchen neuer Felder die deutschen Erdölfirmen zu sogenannten integrierten Gesellschaften entwickeln würden, bei denen sowohl die Urproduktion, das Auffinden und Herausholen des Erdöls, als auch der Transport, die Raffinierung und schließlich auch die Verteilung in einer Zusammenfassung funktionieren. Man hoffte, daß dadurch in Deutschland der 40%ige Marktanteil deutscher Firmen erhalten werden könnte. Gleichzeitig aber stand dahinter die Vorstellung, daß diese deutschen „integrierten" Gesellschaften stark genug werden würden, um neben den großen internationalen Konzernen bestehen zu können. Wir haben das schon immer bezweifelt. Ich darf den Hinweis geben, daß meine politischen Freunde in früheren Beratungen über dieses Thema deutlich gemacht haben, es sei sinnvoller, für eine Zusammenfassung der deutschen Erdölfirmen Sorge zu tragen. In einigen dieser Erdölfirmen gibt es Bundesanteile. Sie hätten aktiviert werden können im Sinne der Integration dieser Firmen zu einer kräftigen Gestalt. Es ist daran zu erinnern, daß im Zuge der Überlegung, was mit der VEBA geschehen sollte, daran gedacht worden ist, sie eventuell als Ansatz zu benutzen für die Schaffung einer solchen starken deutschen Gesellschaft im Energiebereich mit ausreichend großer Eigenkapitalbasis. Durch Darlehen allein ist es doch nicht zu schaffen; vielmehr muß eine solche Gesellschaft auch eine breite eigene Plattform haben. Alles das ist nun eine Politik, die sich an dem Tag für Tag durch unsere Zeitungen gehenden Beispiel der DEA leider als erfolglos gezeigt hat. Es gilt doch, sich auf einen europäischen Markt vorzubereiten. Die anderen Länder der EWG haben sich Instrumente geschaffen, durch die sie in der Erdölpolitik mitreden können. Ich denke an die ENI in Italien, an die CFP und die REAP in Frankreich oder an die große BP in England. Das Klekkern ohne Einflußnahme auf Zusammenfassung ist nun gescheitert. Die Regierung hat, so muß man nun wohl sagen, überhaupt kein Konzept mehr in dieser Frage. Man hätte doch gerade hier neue Vorstellungen entwickeln können, und es ist wohl die Empfehlung, die man für die Zukunft geben muß, den Bundesbesitz neu zu ordnen und sinnvolle Zusammenfassungen zu konstruieren, die uns helfen können, dieses Problem zu lösen. Da sollte es doch wohl besser sein, kein Geld mehr für eine gescheiterte Politik zu bewilligen. Herr Windelen, Kollege aus dem Haushaltsausschuß, war ja schon bereit, eine Überprüfung dieser Politik für das nächste Jahr vorzuschlagen. Aber bis dahin möchte er doch immerhin noch 120 Millionen DM „ins Geschäft stecken". Wir nicht! Das Beispiel DEA zeigt das Zusammenklappen der Erdölpolitik der Bundesregierung. Nicht nur 67,3 Millionen DM Subventionen sind im Jahre 1965 für diese eine der subventionierten Firmen — das war der zweitgrößteAnteil, den es gegeben hat — für Zwecke der Erdölförderung in Deutschland gegeben worden. In den Jahren 1964 und 1965 waren es darüber hinaus Darlehen in Höhe von zusammen 35,4 Millionen DM. Trotzdem hat dieser Konzern die Anlehnung an einen der Großen aus Amerika suchen müssen. Aber der ist so stark, daß er die Mehrheit oder sogar das Ganze aus dem Reingewinn eines Jahres erwerben kann. Nachdem ein freundliches Schicksal unsere Beamten so Westphal klug sein ließ, eine Rückzahlungsklausel in die Darlehensverträge einzubauen, schlagen wir vor, Herr Minister, diese Chance zu nutzen und das Steuergeld zurückzuholen. Es sind immerhin 35,4 Millionen DM, die dort aus unseren Steuermitteln gegeben worden sind und die nun ein Reicher bei der Bezahlung unserer größten Erdölfirma wohl noch aus der Tasche hinzulegen kann. Es bleibt noch — ich bitte Sie um Entschuldigung für diese langen Ausführungen — ein Punkt zu erörtern. Unsere Freunde von der Seite der Regierungskoalition konnten sich zwar trotz ihres Drängens am 16. März bei der großen energiepolitischen Debatte nicht entschließen, Ansätze zur Überwindung der Krise im Steinkohlenbergbau in den Etat einzubringen in dem Sinne, wie ich es vorhin geschildert habe. Aber „aus der la-main", möchte ich sagen, wurde ein neuer Titel geboren: 09 02/969 — so heißt er in Ihrer Unterlage — Darlehen an Zechengesellschaften für Erdölund Erdgassuche. Es ist noch kein Baransatz ausgebracht; aber in den Begründungen wird deutlich, daß 7 oder gar 8 Millionen DM für das Jahr 1967 gebraucht werden. Über später schweigt die Höflichkeit der Zechenbesitzer noch. Der Eindruck, den wir dabei gewonnen haben, ist: wenn die Zechengesellschaften schon keine Tiger sein können, dann möchten sie wenigstens ein Zebra werden. Da aber viele von diesen, die dort auf eine neue Art an Darlehen beteiligt sein möchten, schon Zebras sind, kann es sich doch offensichtlich nur darum handeln, zu einem doppelt gestreiften Zebra zu werden, damit man nun auch noch Erdgas an anderer Stelle und mit Unterstützung durch den deutschen Steuerzahler suchen kann. Ich habe nichts dagegen, daß wir helfend eingreifen, wenn eine Industrie in besonderen Sorgen ist. Darauf zielt ja auch unser Antrag ab. Aber denken Sie daran, daß das Konsortium, das hinter diesem Plan steht und seine Wünsche auf einen solchen neuen Titel geäußert hat, aus der Ruhrgas AG, gekoppelt mit BP aus Großbritannien, besteht. Ein riesiger Konzern ist also beteiligt, dem es sicher nicht schwerfallen würde, außer dem know-how, für das er in das Geschäft eingestiegen ist, auch die 7 Millionen DM, die hier fehlen, mitzubringen und uns damit hier nicht zusätzlich zu belasten. Mir scheint, es ist eine Konsequenz unserer Kritik an der gesamten Erdölpolitik der Regierung, hier zu sagen, daß man nun nicht zusätzlich auf ein neues Gebiet umsteigen kann. Mit dem Hinweis auf die Begründung, die schon fast makaber erscheint, wenn man an die Steinkohle denkt, um die es in besonderer Weise geht, empfehlen wir Ihnen die Ablehnung dieses Titels. Die Erläuterung zu diesem Titel soll nämlich den Satz enthalten: Hierzu — zu den notwendigen energiepolitischen Maßnahmen — gehört auch die Ausdehnung der Tätigkeit der Unternehmen des Steinkohlenbergbaues auf andere aussichtsreiche Zweige der Energiewirtschaft. Mir scheint, wir würden ein Pferd von hinten aufzäumen, wenn wir in dieser Richtung Politik machen wollten. Ich bitte Sie im Namen der sozialdemokratischen Fraktion herzlich, den Anträgen, die wir Ihnen auf dem Umdruck 49 vorgelegt haben, Ihre Zustimmung zu geben. Wir wollen zunächst die Aussprache über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 49 zu Ende führen. Daran soll sich dann die allgemeine Aussprache über die beiden aufgerufenen Einzelpläne des Bundesministeriums der Finanzen und des Bundesministeriums für Wirtschaft anschließen. Zunächst hat das Wort der Abgeordnete Gewandt. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich die Gründe darlegen möchte, die uns dazu bestimmen, den Anträgen, die hier der Kollege Westphal begründet hat, unsere Zustimmung zu versagen, möchte ich mir erlauben, zum Haushalt selbst noch einige Bemerkungen zu machen, nachdem der Herr Hauptberichterstatter darauf verzichtet hat. Ich glaube, es sind eine Reihe positiver Bemerkungen zu diesem Haushalt zu machen. Trotz neuer Maßnahmen, die im Haushalt des Bundeswirtschaftsministers ausgewiesen sind, hat sich das Bundeswirtschaftsministerium konjunkturgerecht verhalten und seinen Ausgabeansatz um über 21 Millionen DM reduziert. Der Haushaltsausschuß hat darüber hinaus Kürzungen in einer Größenordnung von 32 Millionen DM vorgenommen. Obwohl im Vordergrund der Erörterungen, die wir jetzt anzustellen haben, die energiepolitischen Maßnahmen stehen werden, möchte ich doch noch einmal auf eine Reihe von Einzelproblemen hinweisen, die wir in diesem Haushalt zu behandeln hatten. Ich möchte unterstreichen, daß die seit Jahren mit Erfolg durchgeführten Gewerbeförderungsmaßnahmen im Handel, im Handwerk und im Gaststättengewerbe in diesem Jahre nicht nur unverändert fortgesetzt werden können, sondern daß es darüber hinaus möglich war, trotz der angespannten Haushaltslage eine Erhöhung vorzunehmen. Ich möchte weiter darauf hinweisen, daß wir auch in diesem Jahr die Arbeit der Auslandshandelskammern erneut gewürdigt und eine Erhöhung des Ansatzes vorgenommen haben. Es hat vor kurzer Zeit eine Tagung aller deutschen Auslandshandelskammern in Anwesenheit des Herrn Bundespräsidenten stattgefunden. Alle Teilnehmer waren tief 'beeindruckt von der Leistung dieser Auslandshandelskammern, von dem Opfermut ihrer Mitarbeiter im Ausland, die zum Teil mit geringen Gehältern auskommen müssen. Wir freuen uns, daß es möglich ist, durch eine Erhöhung der Ansätze die Pflege Gewandt des deutschen Außenhandels durch die Auslandshandelskammern weiter zu intensivieren. Man sollte aber eine Beratung des Einzelplans 09 nicht vorübergehen lassen, ohne etwas zu den technisch-wissenschaftlichen Anstalten des Bundesministers für Wirtschaft zu sagen. Die für unsere wirtschaftliche Entwicklung bedeutende Arbeit der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt, der Bundesanstalt für Materialprüfung, der Bundesanstalt für Bodenforschung sollte bei uns die gleiche Anerkennung und Würdigung finden, wie sie ihr im Ausland zuteil wird. Sicher ist es richtig, daß wir uns bemühen, die Universitäten zu fördern und auszubauen. Wir sollten aber darüber nicht einen angemessenen Ausbau der Anstalten des Bundes vergessen. Bevor ich zu den Anträgen der sozialdemokratischen Fraktion komme, möchte ich mir noch eine Bemerkung erlauben, weil der Herr Bundeswirtschaftsminister sicher in die Debatte eingreifen wird und ich an Sie, Herr Bundeswirtschaftsminister, eine Frage richten möchte. Bekanntlich haben wir auf dem Kapitalmarkt eine Reihe von Schwierigkeiten. Wir wissen, daß trotz der Erhöhung der Ersparnisbildung der deutsche Kapitalmarkt seit Mitte des vergangenen Jahres überfordert ist. Die Kurse der Rentenpapiere sind seit Mitte des vergangenen Jahres im Schnitt um 10 bis 12 % gesunken, und der Effektivzins ist auf mehr als 8 % gestiegen. Wir wissen, daß der Absatz festverzinslicher Wertpapiere im ersten Quartal dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahr um 55 % zurückgegangen ist. Die Mehranforderungen an den Kapitalmarkt sowohl aus der Wirtschaft als auch der öffentlichen Hand betrugen im vergangenen Jahre 12 Milliarden DM. Die Bundesregierung hat eine Reihe von Maßnahmen getroffen, die man würdigen sollte. Sie hat zur Schonung des Rentenmarktes durch eine Verringerung der Emissionsgenehmigungen für Realkreditinstitute und durch die Drosselung der Emission von Pfandbriefen und kommunalen Schuldverschreibungen beigetragen. Wir wissen, daß sich die Bundesregierung bemüht, mit den Ländern und den großen Gemeinden zu einer Übereinkunft zu kommen. Ich möchte hier aber die Frage stellen, ob für den Fall, daß diese Einigung nicht erfolgt, die Bundesregierung bereit ist, von einer Anregung Gebrauch zu machen, die die Finanzreform-Kommission vorgeschlagen hat, nämlich das Grundgesetz dahin zu ergänzen, daß in Art. 109 ein Abs. 3 eingefügt wird, der die Bundesregierung ermächtigt, auf dem Verordnungswege für eine bestimmte Zeit die Kreditaufnahme der öffentlichen Haushalte zur Sicherung des wirtschaftlichen Gleichgewichts zu drosseln. Ich sagte bereits, daß im Vordergrund der Erörterung dieses Haushalts die energiepolitischen Maßnahmen der Bundesregierung stehen, die Herr Kollege Westphal hier kritisiert hat, ohne jedoch Alternativen anzubieten. Ich möchte zunächst einmal ganz klar und deutlich herausstellen, daß die Bundesregierung zusätzlich zu den laufenden Maßnahmen Stillegungsmaßnahmen, Zuschüsse zu Sicherungsvorkehrungen gegen Bergschäden und den Steinkohleneinsatz in der Elektrizitätswirtschaft beschlossen hat. Das einzige, was Sie beklagen können, ist, daß in diesem Haushalt diese Maßnahmen noch nicht zu Folgerungen führen. Aber Sie wissen genau, daß es sich hier im Grunde genommen nur um technische Fragen handelt. Bei den alten Titeln, die die Bundesregierung wieder vorgesehen hat, ist zunächst einmal die Bundesleistung zur Förderung der Rationalisierung im Steinkohlenbergbau zu erwähnen. Zu diesem Zwecke sind 50 Millionen DM veranschlagt. Aus dem Titel werden, wie in der Vergangenheit, der Anteil des Bundes an den Stillegungsprämien und die Ablösung der Lastenausgleichsverpflichtungen geleistet. Zu den alten Titeln gehören weiter die Frachthilfe und die Beihilfe zum Bau von Blockund Fernheizwerken auf Kohlebasis. Diese sehr positive Maßnahme sollte besonders hervorgehoben werden. Zu einem neuen Titel haben nun die von Ihnen, Herr Westphal, kritisierten Maßnahmen des Bundes zur dezentralen Einlagerung von Kohle geführt. Zu den neuen Maßnahmen gehört auch ein neuer Titel, der auf Initiative der Koalitionsfraktionen eingeführt worden ist, nämlich die Beteiligung des Steinkohlenbergbaus an der Ausbeutung von Erdölund Erdgaslagerstätten. Bei der Haldenverlagerung handelt es sich in der Tat um eine Maßnahme, die der kurzfristigen Erleichterung des Kohlenbergbaus dient. Es ist vorgesehen, daß 4 Millionen t von der Notgemeinschaft Deutscher Steinkohlenbergbau GmbH in Essen angekauft, für die Dauer von vier Jahren dezentral gelagert werden und alsdann zum Verkauf kommen. Das bedeutet also eine vorübergehende Erleichterung, die ebenso zu einer vorübergehenden Entspannung beitragen soll wie die außerplanmäßig gezahlten 14,4 Millionen DM zur Begleichung der Feierschichten. Nun haben Sie kritisiert, daß in Erwägung gezogen worden ist, dem Steinkohlenbergbau auch die Möglichkeit zu geben, sein wirtschaftliches Fundament zu verbreitern. Wir haben einen Leertitel eingeführt, der die Beteiligung des deutschen Steinkohlenbergbaus an der Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas im Festlandsockel der Nordsee vorsieht. Zur Vorgeschichte muß einiges bemerkt werden. Der deutsche Steinkohlenbergbau hatte sich in Übereinstimmung mit der energiepolitischen Konzeption der Bundesregierung nach Konsultation und auf Anregung des Bundeswirtschaftsministeriums im Jahre 1964 bemüht, eine Konzession im Bereich des deutschen Festlandsockels der Nordsee zu erhalten mit dem Ziel, sich an der Aufsuchung von Erdgas zu beteiligen. Anfang 1965 erhielten 18 Gesellschaften dieses Wirtschaftszweiges an Ruhr, Saar und aus dem Aachener Revier drei Konzessionen, die treuhänderisch von der Ruhrgas AG und einigen anderen Firmen übernommen worden sind. Ich möchte hier einschalten: Herr Kollege Westphal, Sie haben sich zwar in einem anderen Zusammenhang für eine enge europäische Zusammenarbeit eingesetzt, haben aber in diesem Zusammenhang die Zusammenarbeit mit der BP kritisiert. Sie werGewandt den verstehen, daß ich darin keinen logischen Zusammenhang zu erblicken vermag. Im Konzessionsgebiet wurden umfangreiche geophysikalische Untersuchungen vorgenommen, für die das Konsortium des Steinkohlenbergbaus in Vorlage treten mußte. Die Gesellschaft ist nun verpflichtet, diese Aufschlußarbeiten weiterzuführen. Das Oberbergamt ist sogar in der Lage, auf Anschlußbohrungen zu bestehen. Für die Finanzierung derartiger Arbeiten sind staatliche Darlehen nun einmal unerläßlich; denn wenn es den Ölfirmen, die ja wesentlich potenter sind und auf die wir noch zu sprechen kommen werden, nicht möglich ist, auf dem Kreditwege zu einer Lösung zu kommen, dann sind auch die wesentlich schlechtergestellten Steinkohlenwerke nicht in der Lage, diese Arbeit aus eigener Kraft zu übernehmen. Ich glaube, es ist im Interesse des Steinkohlenbergbaues erwünscht, daß er ein solideres und breiteres Fundament hat. Wenn wir ihm dieses dadurch ermöglichen können, daß er im Erdgasgeschäft Fuß faßt, dann ist das eine durchaus förderungswürdige Maßnahme. Herr Abgeordneter Gewandt, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Westphal? Bitte sehr! Herr Gewandt, können Sie bestätigen, daß der Vorschlag für einen neuen Titel, den Sie soeben erläutert haben, nicht die Zustimmung der Regierung, insbesondere nicht von seiten des Finanzministeriums gefunden hat? Über die Haltung des Finanzministeriums bin ich mir nicht im klaren. Im übrigen entspricht es einem Brauch jenes Hauses, zunächst einmal nein zu sagen. Ich weiß aber, daß das für die Energiepolitik zuständige Ressort diese Maßnahme für richtig hält. (Abg. Leicht: Außerdem können wir doch auch etwas machen, dem die Bundesregierung nicht zugestimmt hat!)











(Beifall bei der SPD.)

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504217700
Heinrich Gewandt (CDU):
Rede ID: ID0504217800




(Sehr gutl bei der CDU/CSU.)





(Sehr gut! in der Mitte.)

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0504217900
Heinrich Gewandt (CDU):
Rede ID: ID0504218000
Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID0504218100
Heinrich Gewandt (CDU):
Rede ID: ID0504218200
— Dieser Einwand des Kollegen Leicht ist sehr richtig: wir sind ja in dieses Haus nicht nur dazu gewählt, um das zu vollziehen, was die Regierung wünscht. Aus diesem Hause sollten durchaus auch Initiativen und Anregungen kommen, die ihre Verwirklichung finden.

(Beifall in der Mitte — Zuruf rechts.)

— Ja, die Herren auf der rechten Seite haben recht: das ist im Grunde genommen eine Aufgabe der Opposition.
Im Zusammenhang mit der Situation der Kohlewirtschaft muß etwas zur Situation der Stahlindustrie gesagt werden. In Ihrem Bukett von Anträgen befindet sich auch hierzu ein Antrag. Wir wissen, daß bei der Stahlindustrie die Schwierigkeiten nicht im Absatz, sondern in der Erlössituation liegen. Entscheidend für die Schwierigkeiten ist der Preis der deutschen Kokskohle. Leider hat die unterschiedliche Kohlepolitik der EWG-Länder, vor allen Dingen ihre Einfuhrpolitik gegenüber Drittländern, zu Wettbewerbungsungleichheiten geführt. Diese Gefahren kann niemand übersehen, und sie sollen hier auch nicht unterschätzt werden. Es muß natürlich alles getan werden, um zu verhindern, daß dieser wichtige Industriezweig gezwungen sein könnte, abzuwandern.
Wenn wir uns aber zu einer europäischen Zusammenarbeit bekennen, dann sollten wir zunächst einmal den Versuch machen, eine europäische Lösung zu erreichen, bevor wir zu dem Notbehelf nationaler Maßnahmen Zuflucht nehmen. Es ist hier bekannt, daß der Bundeswirtschaftsminister die Frage einer gemeinsamen Politik in Luxemburg zur Sprache gebracht hat und daß ihm ein Entscheid für Juli dieses Jahres in Aussicht gestellt worden ist. Wenn es möglich ist, auf dem sehr diffizilen Gebiet der Agrarpolitik und auch in anderen Bereichen der Wirtschaft zu einer gemeinsamen Politik zu kommen, sollten wir alles unternehmen, um auch hier zu einer gemeinsamen europäischen Politik zu kommen, wie wir sie anstreben und unterstützen. Wir halten deshalb den Antrag der sozialdemokratischen Fraktion für verfrüht; denn wir wollen uns nicht durch nationale Maßnahmen präjudizieren. Zunächst einmal sollte abgewartet werden, was im Juli aus Brüssel dem Bundeswirtschaftsministerium mitgeteilt wird. Erst dann könnten wir uns, im Falle eines negativen Bescheids, nationale Maßnahmen überlegen.
Ein besonders umstrittener Punkt waren ja die im Haushalt vorgesehenen Maßnahmen zugunsten der Aufsuchung und Ausbeutung von Erdöl- und Erdgaslagerstätten. Die jüngste Entwicklung hat gezeigt, daß eine noch so bedeutende Tankstellenkette eine eigenständige Politik eines Unternehmens nicht ermöglicht. Für die Fortführung eines unabhängigen Geschäfts ist der Zugang zu eigenen Rohstoffquellen unerläßlich.

(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)

Wir haben auch in anderen Bereichen der deutschen Wirtschaft festzustellen, daß wir durch die Verluste von zwei Kriegen von dem direkten Zugang zu Rohstoffquellen abgeschnitten sind. Ich denke in diesem Zusammenhang beispielsweise an die kupferverarbeitende Industrie.
Seit zwei Jahren hat nun hier dieses Haus versucht, einen Weg zu finden, um den noch bestehenden deutschen Unternehmungen einen Anschluß an eigene Erdölbasen zu geben. Wir haben dafür ein 2-Milliarden-Programm vorgesehen. Dieses Programm war gedacht als eine Entschädigung für den Abbau des Zollschutzes für heimisches Erdöl. Hierzu waren wir seinerzeit auf Grund der EWG-Maßnahmen gezwungen.
Nun haben die sozialdemokratischen Kollegen im Haushaltsausschuß einen relativ kühnen Vorschlag gemacht. Sie haben nämlich angeregt, daß sich die Firmen für dieses risikoreiche Geschäft um einen normalen Bankkredit bewerben mögen. Einer der Kollegen hat darauf hingewiesen, daß diese



Gewandt
Idee ebenso kühn sei wie die Idee eines Privatmannes, der zu einer Bank gehe, um sich einen Kredit zu beschaffen, um in Travemünde oder in Bad Neuenahr entsprechende Einsätze beim Roulette zu riskieren. Wir wissen, es handelt sich hier um ein risikoreiches Geschäft, das nur mit Staatsdarlehen, die notfalls in Zuschüsse umgewandelt werden, wie es hier vorgesehen ist, möglich ist.
Es ist bekannt, daß heute eine Reihe deutscher Firmen Konzessionen erhalten können, um die man uns in der gesamten Welt beneiden würde. Ich habe mir bereits erlaubt, im Haushaltsausschuß darauf hinzuweisen, daß man in den Fachkreisen der Ölwirtschaft in der ganzen Welt, ich habe den Ausdruck gebraucht: in ein schallendes Gelächter ausbrechen würde, wenn wir heute, da wir den Zugang zu günstigen Konzessionen haben, darauf verzichteten. Ihre Rechnung, verehrter Herr Kollege Westphal — wir haben zwar alle nach dem gleichen System in der Schule rechnen gelernt —, ist eben eine andere als die unsere. Wir kommen zu dem Ergebnis, daß eine Kürzung in dem Umfang, die Sie hier vorschlagen, es den deutschen Firmen nicht ermöglichte, von den Konzessionen Gebrauch zu machen, die angeboten worden sind. Im übrigen muß gesagt werden — und das wissen Sie —, daß Verpflichtungen in einer Größenordnung von über 100 Millionen DM bereits bestehen.
Sie haben vollkommen recht, daß Besitzveränderungen zu Überlegungen Anlaß geben könnten, ob man Darlehen zurückfordern sollte. Das ist eine
Frage, die zu prüfen ist. Ich bin ganz sicher, daß diese Frage auch vom Bundeswirtschaftsministerium geprüft wird. Aber eines möchte ich hier einmal ganz klar feststellen. Es geht nicht um die Frage, Kollege Westphal, der Neuorganisation im Bereich staatlicher, halbstaatlicher und privater Firmen. Das sind Fragen, die leicht zu lösen sind. Die Umorganisation allein führt uns nicht weiter. Einen eigenen Anteil am deutschen Mineralölmarkt werden deutsche Firmen nur dann haben, wenn sie in der Lage sind, über eigene Rohstoffquellen zu verfügen.
Wenn Sie einen Schritt weiter gehen und einmal für die Zukunft an eine europäische Lösung denken, dann werden Sie feststellen, daß diese europäische Lösung nur dann möglich ist, wenn unsere Firmen etwas einbringen. Denn sonst wird eine Zusammenarbeit immer dazu führen, daß das deutsche Tankstellennetz nicht in- amerikanische, sondern in andere ausländische Hände übergeht.
Eines sollte hier lobend erwähnt werden: daß die Bundesregierung im Zusammenhang mit den Verhandlungen über die Änderung von Besitzverhältnissen einer großen und bedeutenden Firma von den Prinzipien der liberalen Wirtschaft nicht abgegangen ist und sich nach wie vor zu einer freien Weltwirtschaft auch auf dem Energiesektor bekannt hat. Ich glaube, das ist außerordentlich begrüßenswert.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte zusammenfassen. Die Bundesregierung hat eine Reihe von neuen Maßnahmen bereits beschlossen. Diese Maßnahmen finden die Billigung unserer Fraktion. Sie wirken sich zum Teil in diesem Haushalt noch nicht aus. Die Bundesregierung hat die bewährten Maßnahmen der Energiepolitik der Vergangenheit in diesem Jahr fortgesetzt. Es sind zwei neue Titel in den Haushalt eingeführt worden, um die energiepolitischen Maßnahmen der Bundesregierung fortzusetzen.
Die von der sozialdemokratischen Fraktion in Umdruck 49 gestellten Änderungsanträge zeigen keine neuen Wege, sie zeigen keine neuen Ideen, und sie sind in weiten Teilen bedenklich. Denn einmal würde die Annahme des unter Ziffer 1 aufgeführten Titels eine europäische Lösung verhindern — durch Präjudizierung durch eine nationale Maßnahme —, und zum anderen würde die Annahme des Antrages auf Kürzung des Ansatzes für Darlehen für Aufsuchung von Erdgas und Erdöl verhindern, daß die deutsche Mineralölindustrie endlich den erwünschten Zugang zu eigenen Basen findet. Der letzte Antrag ist nicht dazu geeignet, dem Steinkohlenbergbau das breitere wirtschaftliche Fundament zu sichern, das wir ihm wünschen.
Deshalb bitte ich das Hohe Haus, die Änderungsanträge abzulehnen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0504218300
Das Wort zu Umdruck 49 hat der Abgeordnete Dr. Friderichs.

Dr. Hans Friderichs (FDP):
Rede ID: ID0504218400
Herr Präsident! Verehrte Damen, meine Herren! Ich möchte kurz zu dem von der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei vorgelegten Änderungsantrag Stellung nehmen.
Ich bedauere es ein wenig, daß, zwar im Rahmen einer Haushaltsdebatte, aber doch mehr oder weniger nebenbei, über eine neue Subvention in Höhe von 100 Millionen DM gesprochen wird in einer Zeit, in der wir an sich Anlaß hätten, die Subventionsfragen noch einmal vom Grundsatz her zu diskutieren, aber nicht mit dem Ziel, den Anteil der Subventionen am Haushalt auszuweiten, sondern — ich glaube, in 'Übereinstimmung mit der Bundesregierung — mit dem Ziel, ihn einzuschränken. Wir wissen, daß rund 28 Milliarden DM direkte Subventionen oder Subventionen durch Steuervergünstigungen gewährt werden.
Ich möchte zu dem Grundsatz ganz kurz nur sagen, daß wir die Subventionen, die wir ja generell in drei Arten unterteilen können, nach ihren Arten, nämlich qualitativ, sehen sollten. a) Wir sollten uns bei den Stillegungssubventionen, die wir im Rahmen der Energiedebatte ja hier ausdiskutiert haben, weiterhin so verhalten, daß sie ein marktkonformes Mittel sind, wenn es am richtigen Platz eingesetzt wird. b) Bei den Subventionen für Maßnahmen zur Strukturverbesserung sollten wir, wenn es erstens echte Strukturverbesserungsmaßnahmen sind und wenn sie zweitens gegeben werden, weil die Lage des betreffenden Zweiges aus nicht eigenem Verschulden so geworden ist, ja sagen. c) Schließlich gibt es die Möglichkeit der Erhaltungssubventionen. Sie machen den größten Anteil der 28 Milliarden DM aus. Bei diesen Subventionen sollten wir aller-



Dr. Friderichs
dings meiner Meinung nach mit dem Rechenstift rangehen und sagen: Nein. Denn eine weitere Ausdehnung des Haushalts durch Erhaltungssubventionen kann nicht der Sinn einer marktwirtschaftlichen Ordnung sein.
Lassen Sie mich noch ein Wort zu den sogenannten Strukturverbesserungssubventionen sagen. Sie haben die Angewohnheit, einmal gewährt, sich zu Erhaltungssubventionen und damit zu Dauersubventionen zu entwickeln. Deswegen sollten wir hier ständig, und zwar jedes Jahr, überprüfen, ob sie weiter gewährt werden sollen.
Was ich bei dem Antrag der sozialdemokratischen Partei besonders bedauere, ist, daß man glaubt, ohne die Ursachen erhellen und offenlegen zu müssen, ganz einfach mittels der Subventionen einen Kostenunterschied ausgleichen zu können. Der liegt nicht daran — das sollte hier auch in der Debatte zur Sprache gebracht werden —, daß die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen etwa deswegen schlechter wäre, weil sie in einem schlechteren technischen, wissenschaftlichen oder organisatorischen Zustand wären. Im Gegenteil, unsere Hüttenwerke sind gegenüber den vergleichbaren Hüttenwerken innerhalb der Gemeinschaft durchaus konkurrenzfähig. Sie leiden aber unter anderen, nämlich ungleichen Bedingungen.
Hier müssen wir als Kostenfaktor einmal die Frage der Arbeitskosten erwähnen. Die Nominallöhne liegen zwar beispielsweise in Luxemburg etwas höher. Verglichen mit der Arbeitszeit, die
3) in Deutschland kürzer ist, ist die Lohnkostenbelastung der deutschen Stahlindustrie etwas größer als die Lohnkostenbelastung innerhalb der Gemeinschaft. Wir müssen uns also darüber klar sein, daß hier eine der Ursachen liegt.
Die zweite Ursache ist die Manipulierung der Franzosen durch recht hohe Steuerrückvergütungen beim Stahlexport, beispielsweise bei dem Export nach Deutschland etwa 100 DM Prämie seitens des französischen Finanzministers, denen nur 25 DM Prämie bei uns gegenüberstehen.
Lassen Sie mich noch zu einem. weiteren Punkt, der ebenfalls zu den Ursachen gehört, etwas sagen. Das ist die Frage der Kapitaldienstbelastung (Zinsen Steuern, Abschreibungen) der deutschen Hüttenwerke. Hier wiederum zeigt sich, daß Arbeitszeit und Lohnkosten, Sozialpolitik und Wirtschaftspolitik eben untrennbar verbunden sind, und zwar aus folgendem Grunde. Die Kapitaldienstbelastung ist wegen der unterschiedlichen Arbeitszeitwoche verschieden hoch; sie beträgt für 100 Millionen DM Investitionen 41 000 DM bei einer Siebentagewoche, 48 000 DM bei einer Sechstagewoche und schließlich 58 000 DM bei einer Fünftagewoche, wie wir sie in Deutschland haben. In allen Konkurrenzländern ist die Siebentagewoche üblich.
Lassen Sie mich eine letzte Wettbewerbsverzerrung aufzeigen: das ist die Verbilligung des Kokses für die Küstenwerke in Holland und Frankreich um ca. 10 DM.
Ich weiß nicht, ob es richtig ist, unter bewußter Aufrechterhaltung oder Hinnahme der Ursachen den
Versuch zu unternehmen, einfach mittels Subventionen den Ausgleich zu finden. Das ist nicht der richtige Weg. Ich bin vielmehr der Meinung, daß es sich bei der Frage der Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Stahls letztlich um ein Problem der Gemeinschaft handelt, weil es nämlich um ein Problem der Kokskosten innerhalb der Gemeinschaft geht. Deswegen sollten wir, bevor wir uns hier in diesem Hause mit der Frage auseinandersetzen, die Frage bei den zuständigen Stellen, insbesondere in Luxemburg, bzw. auch in Brüssel, zur Sprache bringen. Ich glaube, wenn wir heute und hier eine Subvention in Höhe von 100 Millionen DM, wie beantragt, beschließen würden, dann würden wir unseren Vertragspartnern ein sehr willkommenes Alibi bieten, sich ihrerseits an der Entzerrung dieser Bedingungen und an den entsprechenden Maßnahmen nicht zu beteiligen. Daher das Anliegen meiner Fraktion, die Ursachen zu untersuchen, ,das Problem innerhalb der Gemeinschaft auszudiskutieren und erst dann dieses Hohe Haus wieder damit zu befassen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0504218500
Meine Damen und Herren, ich lasse über den Antrag jetzt noch nicht abstimmen, sondern erst nach der allgemeinen Aussprache über die beiden verbundenen Haushaltspläne 08 und 09.
In der allgemeinen Aussprache hat das Wort Herr Abgeordneter Professor Dr. Schiller.

Dr. Karl Schiller (SPD):
Rede ID: ID0504218600
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestern wurde von einem Vertreter der Regierungsseite in etwa gesagt, man könne von, einer Regierung, die erst sieben Monate im Amt sei, noch nicht fertige Arbeitsergebnisse in allen Bereichen erwarten. Dem stimme ich zu. Aber man kann doch wohl sagen, nach diesen sieben Monaten sollte die Anlaufzeit der Regierung abgeschlossen sein. Mit der Verabschiedung des Haushalts 1966 sollte — so möchte ich sagen — das take-off der Regierungsmaschine beendet sein; das take-off sollte stattgefunden haben. Höhenlage und Kurs der Regierungsmaschine sollten jetzt klar erkennbar sein. Mehr wollen wir eigentlich gar nicht. Oder um es noch anders zu sagen: Ist nach sieben Monaten der Kurs der Regierungsmaschine klar erkennbar, oder verliert er sich in der dunstigen Abenddämmerung der formierten Gesellschaft ? Das ist die Frage.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD.)

Meine Damen und Herren, die Regierung hat am 10. November ihren Prospekt auf den Markt gebracht. Sie hatte dann bei späteren Gelegenheiten — bei der Debatte über die Regierungserklärung, bei der Debatte über das Gutachten des Sachverständigenrates, in der Energiedebatte, bei der ersten Lesung des Haushalts und bei manchen anderen Gelegenheiten — die Chance, ihre Absichten in der Wirtschafts- und Finanzpolitik zu verdeutlichen. Wir fragen nach Ende dieser Siebenmonatsfrist: Was ist in dieser Zeit nun wirklich beabsichtigt, was sind die klaren Aufgaben und Aufgabenstellungen, und was ist womöglich geschehen?



Dr. Schiller
Meine Damen und Herren, eine solche Zwischenbilanz über die politische Planung -- so möchte ich ruhig sagen — im Bereiche von Wirtschaft und Finanzen muß aus vielerlei Gründen gefordert werden. Einmal angesichts der in Bewegung geratenen Fronten zwischen Ost und West. Unser Interesse an dieser Bewegung, unser gleichzeitiges tiefes Engagement im europäischen Integrationsprozeß, alles das ist so weitgehend und wichtig, daß wir uns labile und unstete wirtschaftliche Verhältnisse schon allein unter diesem Aspekt nicht leisten können. Unser Haus muß in Ordnung sein, damit wir den von außen an uns gerichteten Herausforderungen gerecht werden.
Die Regierung — und das ist der weitere Grund, weshalb wir jetzt nach sechs Monaten, von dem Datum des Prospektes an gerechnet, eine solche Zwischenbilanz der politischen Planung machen — ist mit dem Anspruch aufgetreten, die Nachkriegszeit sei zu Ende. Diese Feststellung war unrichtig im Hinblick auf unsere gesamtdeutsche Situation. Das haben wir gestern wieder gemerkt. Da befinden wir uns immer noch, meine Damen und Herren, im tiefsten Nachkriegselend.
In diesem Zusammenhang darf ich daran erinnern, daß ich in meinem Beitrag zur Debatte über die Regierungserklärung, also am Beginn des take-off, angeregt habe, daß die Bundesregierung im Sinne ihres Alleinvertretungsrechtes einen „Bericht über die Lage der Nation" als Bestandteil in eine weitere und neue Regierungserklärung einbauen solle. Meine Frage geht heute dahin: Was ist eigentlich aus dieser Anregung geworden? Das Weißbuch der Bundesregierung ist eine nützliche Sache, trifft aber doch nicht das Anliegen, das hier gemeint ist: den geforderten Zustandsbericht über die Lage im anderen Teil Deutschlands.
Ich spreche das auch deswegen an, weil der Bundeswirtschaftsminister ja auch für den Interzonenhandel zuständig ist und sich, soweit ich das erkennen kann, um Ausweitung des innerdeutschen Handels bemüht. Meine Frage geht jetzt noch einmal dahin: Wie ist nun Ihre Konzeption in dieser Richtung? Ich möchte noch mehr sagen: Haben Sie jetzt freie Hand? Wir alle haben doch in diesen Monaten erlebt, daß durch die Offensive, die aus dem freien Teil Deutschlands gekommen ist, eine tiefgreifende Bewegung im öffentlichen Bewußtsein eingetreten ist. Diese tiefgreifende Bewegung, diese Veränderung im öffentlichen Bewußtsein in Gesamtdeutschland, sollte sich doch auch — so glaube ich und hoffe ich — auf die Absichten des für den innerdeutschen Handel zuständigen Bundesministers auswirken.
Wenn ich dies allerdings auf dem Hintergrund einiger Äußerungen in der gestrigen Debatte sehe, so komme ich zu dem Schluß: diese tiefgreifende Veränderung im gesamtdeutschen Bewußtsein durch die Offensive der letzten Monate wird von einem Teil der Bundesregierung und einem Teil der CDU/ CSU-Fraktion immer noch mit größter Reserve registriert.
Meine Damen und Herren, wenn wir die Summe Ihrer Äußerungen, auch Ihrer gestrigen, zu diesem Thema ziehen, können wir sagen: wie auf anderen
Gebieten unseres politischen Lebens sitzen Teile der Regierung und Teile der CDU/CSU-Fraktion in dieser wichtigen Frage leider immer noch auf dem Zaun, und sie wissen immer noch nicht, auf welche Seite sie in dieser gesamtdeutschen Frage hinunterspringen sollen, ob sie nämlich ins Spielfeld oder endgültig in den Zuschauerraum hinunterspringen sollen. Wir bitten Sie sehr herzlich: Machen Sie mit auf dem gesamtdeutschen Feld der Auseinandersetzung!
Zum anderen war das Wort vom Ende der Nachkriegszeit in gesellschaftspolitischer Hinsicht sicherlich so gemeint, daß die bisherigen Mittel und Wege der Wirtschafts- und Finanzpolitik nicht mehr vollkommen ausreichen, daß die neuen Aufgaben neue Wege und eine neue Politik verlangen. Was hat die Bundesregierung dazu beigesteuert? Ich möchte diese kurze Zwischenprüfung — so ist es ja gedacht — an Hand dreier Themen vornehmen. Erstens: Was hat die Regierung — dies in Fortsetzung der gestrigen Debatte — gegen die Preissteigerungen geplant, getan und erreicht? Zweitens: Welche Fortschritte wurden in Richtung auf eine moderne Finanzpolitik, besonders in Richtung auf die mittelfristige Finanzplanung, gemacht? Drittens: Was verbirgt sich hinter den Absichten, das konjunkturpolitische Instrumentarium auszubauen? Das sind die drei Themen. Alle drei Themen fallen in die Zuständigkeit zweier Ministerien; sie liegen zum Teil auf der Nahtstelle dieser beiden Ministerien, und damit wird ja diese Zusammenarbeit besonders interessant; übrigens in jedem Kabinett, das ist ganz klar. Gleichzeitig fallen alle drei Themen in der augenblicklichen Lage sicherlich unter die Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers.
Meine Damen und Herren, ich komme jetzt zu den Preisen. Seit der letzten großen Auseinandersetzung in diesem Hause um die Preissteigerungen sind drei volle Monate vergangen, Zeit genug, um zu konstatieren, daß die Bundesregierung in der Zwischenzeit nichts erreicht hat, um die Preisstabilität herbeizuführen. Ja, sie hat noch nicht einmal erreicht, daß wir der Preisstabilität näherkommen. Wir haben vor einem Vierteljahr in der Debatte auf der Basis einer Preissteigerungsrate von 4,2 % gegenüber dem Vorjahr — das war etwa Dezember/ Januar — verhandelt. Die letzte Zahl vom März 1966 beträgt gegenüber dem Vorjahrsstand 4,3%. Wir sind also auf dem gleichen hohen Niveau einer mehr als schleichenden Inflation, und für den April werden weitere Preissteigerungen erwartet. Diese Preisbewegung zeigt sich trotz der konjunkturellen Abflachung, die sich fortgesetzt hat.
Wir haben das gestern durch den Herrn Bundeskanzler sehr anschaulich geschildert und bestätigt bekommen mit dem Beispiel der abfallenden Zuwachsraten der Industrieproduktion. Das ist ein deutlicher Beweis, daß die konjunkturelle Entwicklung nicht mehr so temperamentvoll. ist, sondern daß wir uns in einem abschwellenden und abfallenden Boom befinden. Wir haben also im Moment nicht eine Kombination der besten Dinge aus beiden Welten, der Preise und der Güterproduktion, sondern wir haben im Moment eine schlechte Kombination: sin-

Dr. Schiller
kende Zuwachsraten der Industrieproduktion und steigende Preise.
Im Anschluß an die Äußerung des Herrn Bundeskanzlers von gestern eine Richtigstellung. Herr Bundeskanzler, niemand von uns ist so simpel, zu behaupten, in einer freien und offenen Gesellschaft seien Sie als Bundeskanzler für die Preisbewegung allein haftbar. Wir alle wissen sehr genau: die Preise werden nicht im Palais Schaumburg gebildet, sondern auf den Märkten. Selbst einem Volkskanzler lasten wir das in dieser Weise nicht an.

(Heiterkeit bei der SPD.)

Aber wir wissen doch, daß es Wirtschafts- und Finanzpolitik gibt und daß man mit der Wirtschafts- und Finanzpolitik einiges gegen diese Dinge machen kann. Da wissen wir nun, daß die oberste Verantwortung — da ist doch in diesem Hause kein Zweifel — für die Finanz- und Wirtschaftspolitik bei der Bundesregierung und in der Richtlinienkompetenz beim Bundeskanzler liegt, und wir wissen, daß die Verantwortung für die Wirtschaftspolitik, Herr Bundeskanzler, nun wirklich nicht beim BDI, auch nicht beim DGB, auch nicht beim Bauernverband und auch nicht bei der moralischen Aufrüstung liegt.

(Heiterkeit bei der SPD.)

Herr Bundeskanzler, alle diese Kräfte beeinflussen die Wirtschaftspolitik und beeinflussen den wirtschaftlichen Prozeß, und sie wollen sogar Einfluß auf die großen Entscheidungen nehmen. Aber hier fängt doch erst das Problem an, und hier fängt doch
B) erst die Aufgabe einer tatkräftigen Finanz- und Wirtschaftspolitik an, wie man sich nämlich dort mit einem bestimmten Konzept durchsetzt.
Der Sachverständigenrat hatte um die Jahreswende bekanntlich mit seinem Gutachten zu einer großen Aktion mit dem Ziel aufgerufen, Stabilisierung ohne Stagnation" herbeizuführen. Wie der Volkswirt jetzt am 1. April richtig bemerkt, sind wir heute dem umgekehrten Zustand näher, nämlich einer Stagnation ohne Stabilität, und zwar weit mehr, als man es vielleicht vor einigen Monaten ,gedacht hat. Die Verantwortlichkeit der Regierung geht nach Meinung dieser Zeitschrift ein bißchen weiter. Es wird darauf hingewiesen, daß die Bundesregierung psychologisch unklug gehandelt habe, als sie eine Fülle von Preisanpassungen, über die man reden könne, gerade in diese entscheidende Phase der ersten Jahreshälfte 1966 legte. Der Volkswirt geht sehr weit; ich darf wörtlich zitieren:
Die Bundesregierung ist für 80 % der Preiserhöhungen direkt verantwortlich.... Es handelt sich nicht darum, ob jene Maßnahmen im einzelnen sinnvoll sind oder nicht, sondern es handelt sich um das ...
— nun kommt wieder so ein Neulatein —
timing.
So schreibt der „Volkswirt". Das sind die Fakten.
Für den Rest des Jahres 1966 wird weiterhin eine beachtliche Preissteigerungsrate — wenn auch mit einem leichten Abflauen — erwartet. Keines der deutschen Institute und keines der Ministerien wagt heute eine Preissteigerungsprognose für das ganze Jahr 1966, die unter 3 % geht; niemand wagt das heute. Ich frage nun Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, und besonders Sie von der CDU/CSU: Wer von Ihnen glaubt nun eigentlich noch an das Wort des Bundeskanzlers, das er bei der Debatte über das Sachverständigengutachten ausgesprochen hat, nämlich die Preisstabilität — wörtlich — „schneller, als der Stufenplan es will, zu erreichen", d. h. an das Wort des Bundeskanzlers, in diesem Jahr sichtbar und deutlich unter 2 % zu kommen? Wer von Ihnen — ich frage Sie — riskiert es noch, für diesen Wechsel auf den Jahresultimo Deckung zu geben?
Wir alle wissen in diesem Hause jetzt, wie es zu dieser Entwicklung gekommen ist. Die Deutsche Bundesbank hat in ihrem Geschäftsbericht für das Jahr 1965, der nun vorliegt, gesagt: Die staatliche Finanzpolitik verhielt sich im Jahre 1965 eindeutig prozyklisch, und zwar nicht nur prozyklisch bei der Ausgabenplanung, sondern erst recht beim Vollzug des Haushalts. Diese Bemerkung der Deutschen Bundesbank, daß die meisten Verstöße gegen konjunkturgerechtes Verhalten im Jahre 1965 nicht bei der Ausgabenplanung, sondern beim Vollzug des Haushalts lagen, sollte diesem Parlament zu denken geben, da in der Öffentlichkeit gerade in bezug auf das Jahr 1965 dieses Parlament mit seinen Bewilligungen in eine Art Kollektivschuld genommen wird, wer auch immer sie beschlossen haben mag. Hier wird von der Bundesbank etwas anders zugerechnet. Fundamentale Verstöße gegen das konjunkturpolitisch gebotene Verhalten, so lautet das Verdikt im ganzen. Ich will hinzufügen, um auch diese Frage nun vom Tisch zu bringen: natürlich ist hier mit den öffentlichen Haushalten selbstverständlich der Bund nicht allein gemeint. Aber ich bin, glaube ich, mit Ihnen allen einig, daß der Bund unter den Gebietskörperschaften die Nummer eins spielt, daß der Bund in etwa 50 °/o des öffentlichen Kuchens politisch zu bestimmen hat und daß damit der Bund doch derjenige ist, der Takt und Melodie in der gesamten öffentlichen Haushaltsgebarung angibt.

(Zustimmung bei der SPD.) Das zu diesem Thema!

Wir stehen gleichzeitig vor einer nachlassenden Investitionsgüternachfrage, einer weiteren Differenzierung der Investitionsneigung innerhalb der Gesamtwirtschaft. Wir stellen gleichzeitig fest, daß die Notenbankpolitik gerade dort greift, wo die Aufgaben dringlich sind und der Preisauftrieb ohnehin nachgelassen hat, nämlich bei Bauten und bei Ausrüstungen, die zur weiteren Förderung des Produktivitätsfortschritts dringend erforderlich sind. Das ist das Dilemma, in dem wir stehen, und das ist die- Situation, in der wir uns befinden.
Nun hatte in bezug auf die drohende Lage in diesem Jahr neben den öffentlichen Haushalten insgesamt ein anderer Faktor eine besondere Bedeutung, nämlich die Lohnbildung, die Tarifbildung. Gerade in einer Zeit der abschwellenden Konjunk-



Dr. Schiller
tur — das will ich Ihnen ganz objektiv sagen — kommt der Lohnbildung bei rückgehendem realem Wachstum, das ich eben geschildert habe, eine ganz besondere Bedeutung zu. Da muß ich nun sagen, Herr Bundeskanzler, gerade auf diese gefährliche Situation, auf diese Konstellation des Jahresanfangs 1966 zielte das Gutachten ab. Es wollte mit seiner konzertierten Aktion und seinen Orientierungshilfen erreichen, daß wesentliche Bestimmungsgrößen für den weiteren Ablauf im Sinne der stufenweisen Stabilisierung beeinflußt würden. Es war der Aufruf, in einer nicht ungefährlichen Situation zu Jahresanfang ein Experiment durchzuführen, nämlich Orientierungshilfen zu verbinden mit dem Grundsatz der Autonomie der Tarifparteien. Das war der Aufruf zum Experiment. Das sage ich auch dem Abgeordneten Strauß, der heute nicht hier ist, dem ich das für seine weiteren Fortschritte auf dem Gebiete der politischen Ökonomie gern mitgegeben hätte,

(Heiterkeit)

daß man in der modernen Ökonomie sehr wohl versucht, derartige marktkonforme Mittel zu schaffen, die die gesamtwirtschaftliche Orientierung der Lohnbildung verbinden, versöhnen mit dem Prinzip der Autonomie der Tarifparteien. Das war der Aufruf, und das war das Experiment.
Aber die ersten zarten Ansätze einer gesamtwirtschaftlichen Orientierung waren ja in den Wochen zu Beginn des Jahres festzustellen. Sie zeichneten sich ab. Wir waren alle froh, daß Tarifverhandlungen und Tarifabschlüsse und auch Meinungen gerade der Gewerkschaften in etwa auf die 6 % gingen. Die pädagogische Kraft der magischen Zahl begann sich auszuwirken. Aber dieses Konzept, meine Damen und Herren, wurde Mitte Februar, in der Debatte um das Gutachten, vom Kanzler vom Tisch gefegt. Ich frage: wer kann sich da noch wundern, daß seitdem preispolitischer Wildwuchs herrscht?
Meine Damen und Herren, der Bundeskanzler hat uns gestern in der kurzen Preisdebatte in seinem Exkurs gesagt, die Einkommen in der Bundesrepublik würden im Jahre 1966 um 7,5 % ansteigen. Ich frage erstens: was soll dieser Hinweis, Herr Bundeskanzler? Sie wollen doch damit nicht den offenen Wettlauf von Einkommen und Preisen legalisieren? Hier fängt doch das Problem erst an. Der einfache Hinweis auf die 7,5 % Steigerung des Nominaleinkommens genügt doch nicht. Zweitens: Sie haben gestern wieder die alte Wunde aufgerissen, die da mit dem Gutachten hinsichtlich der 6 % entstanden ist. Sie wissen doch ganz genau, daß die Orientierungszahl des Sachverständigenrates für dieses Jahr — 4 % Produktivitätsfortschritt plus 2 % Preissteigerungsrate — gefolgt wurde von einer weiteren für das nächste Jahr: 4 % plus 1 %. Sie selber plädieren nun wieder für 4 % allein, d. h. eine sofortige Preissteigerungsrate ab Februar — oder von dieser Debatte und dieser Stellungnahme an — von Null.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0504218700
Wenn Sie diese Zahl vielleicht ernst meinen, wenn Sie meinen, daß Sie die in einem dynamischen Prozeß der Expansion befindliche Volkswirtschaft dahin bringen können, sofort, mit dem Glockenschlag, für den Rest des Jahres auf eine Preissteigerungsrate von 0 % zu kommen, was haben Sie dazu getan? Welche Maßnahmen haben Sie zu einer solchen „Roßkur" nun konzipiert und dem deutschen Volk vorgelegt? Ich darf noch hinzufügen: die bloße Äußerung, 0 % Preissteigerung wäre besser als 2 %, ist natürlich entwaffnend. Das ist eine banale Feststellung, eine Feststellung, die nicht weiterhilft, wenn man nicht gleichzeitig die Maßnahmen nennt. Diese Äußerung: eine Preissteigerung von 0 % ist besser als eine solche von 2 %, ist genauso viel wert wie etwa die Äußerung: es wäre besser, wenn im Kreml nicht Herr Kossygin herrschte, sondern Marc Aurel oder der Heilige Franziskus.

(Heiterkeit bei der SPD. — Zuruf von der CDU/CSU: Das ist billig, was Sie sagen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

Herr Bundeskanzler, ich meine das sehr ernst. Einfach 4 % zu nennen und zu sagen: keine Preissteigerung ist besser als eine solche von 2 %, das kann ein Gelehrter wie Karl Jaspers in Basel tun — natürlich —, aber Sie in Ihrer Funktion müssen doch selber, wenn Sie eine solch große Forderung stellen, mit den nötigen politischen Plänen und Konzeptionen kommen. Der Bundeshaushalt mit einer Zuwachsrate von etwa 5 % — wir wollen uns nicht über die Zuwachsrate streiten — ist in dieser Bemessung sicherlich kein Mittel, um sofort auf 0 % Preissteigerung zu kommen. Herr Bundeskanzler, dann hätten wir viel mehr streichen müssen. Dann hätten wir nicht 5 % oder 4 % Zuwachsrate für den Bundeshaushalt.

(Zuruf des Abg. Dr. Burgbacher.)

— Herr Burgbacher, wir haben ja auch die Forderung auf 0 % nicht aufgestellt. Die ist hier gekommen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Aber das Sachverständigengutachten sagt auch etwas zu Preissteigerungen!)

Wir versuchen auf der Basis des Bundeskanzlers zu debattieren. Nicht wahr, das ist nicht ganz einfach. Das haben Sie nicht verstanden.
Ich wollte Ihnen nur klarmachen, daß man, wenn man wirklich von Beginn dieses Jahres oder ab heute eine Preissteigerungsrate von 0 % herbeizwingen wollte, nicht einen Bundeshaushalt verabschieden dürfte, der eine Zuwachsrate von 4 oder 5 % hat. Dann muß man sehr viel mehr gegenhalten, sehr viel restriktiver gegenhalten, um mit einem Male auf volle Preisstabilität zu kommen. Aber lassen wir den theoretischen Streit.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

— Ja, ich weiß, es ist ein bißchen viel verlangt.

(Abg. Dr. Stecker: Das ist die professorale Arroganz!)

Aber eines ist doch klar: 6 %, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, ist weniger als 7,5 %; darüber besteht kein Streit. Das Sachverständigengut-



Dr. Schiller
achten hat als Zielgröße die 6 % gesetzt, urbi et orbi verkündet. Das können Sie immer nachlesen.
Der Herr Bundeskanzler hat gestern gesagt, wir würden am Ende des Jahres auf 7,5 % Einkommensteigerung kommen. Er selber hat das Gutachten vom Tisch gefegt. Ich frage Sie nur: was war das bessere Rezept, und was war die bessere Richtzahl — weiter nichts —, 6 % oder jetzt 7,5 %, wie sie der Bundeskanzler für das ganze Jahr prophezeit hat?
Im übrigen habe ich wirklich den Eindruck, Herr Bundeskanzler, daß Sie das Gutachten — und das wollen wir damit abschließen — immer noch nicht ganz verstanden haben

(Lachen und Zurufe von der CDU/CSU. — Zuruf von der CDU/CSU: Das ist wohl das Allerletzte!)

— nein, nicht verstanden haben; natürlich, haben Sie es denn verstanden? — als einen Versuch, die marktwirtschaftliche Ordnung in einer Zeit der schleichenden Inflation zu sanieren, und zwar nicht sofort, sondern in zwei Raten wie eine Entwöhnungskur. Das ist der Sinn des ganzen Gutachtens.

(Zurufe von der CDU/CSU.)

Der Bundeskanzler ist nach der Methode verfahren: Alles oder nichts. Und was ist übriggeblieben? Nichts! Denn wir haben jetzt die ungezügelte Preissteigerung.

(Beifall bei der SPD.)

Wir stehen vor der Tatsache, daß wir im Moment
eine Finanz- und Wirtschaftspolitik haben, die die
Preissteigerungen nur noch konstatieren kann. Ändern können die Minister im Moment nichts daran
— das wird von allen Seiten gutachtlich festgestellt —, es sei denn, man wollte das Wachstum von heute auf morgen zusammenschlagen. Die Sache ist in Gang gebracht — wir haben es dargestellt — durch das prozyklische Verhalten im letzten Jahr und durch das amtliche Zögern und Zaudern vor einer konzertierten Aktion in diesem Jahr, die sozusagen in letzter Minute, im Februar, hätte eingreifen können. Die große Chance, durch eine gemeinsame Anstrengung alle für die Preisbildung verantwortlichen Faktoren zusammenzufassen, wurde vertan. Seitdem — so ist es jetzt in der deutschen Wirtschafts- und Finanzpolitik und in der Tarifbildung und in der Geldpolitik — hackt jeder in splendid isolation sein eignes Kleinholz, auch die Bundesbank. Das ist nicht der Bundesbank allein anzulasten, sondern vielmehr darauf zurückzuführen, daß der Versuch einer Zusammenfassung der Kräfte durch eine gesamtwirtschaftliche Rahmenplanung unterlassen wurde. Seitdem haben wir eine zersplitterte, eine parzellierte Geld-, Wirtschafts-, Finanz-, Lohn- usw. -politik.
Die Aufgabe dieser Monate besteht nun aber darin, wenigstens Finanzpolitik, Wirtschafts- und Geldpolitik wieder zusammenzuführen. Deswegen darf ich als nächstes kurz zum Thema mittelfristige Finanzplanung etwas sagen. Noch in der Debatte über dieses ominöse Sachverständigengutachten, das einige von Ihnen so sehr aufregt, hatte der Bundeskanzler sich mit Verve gegen eine quantifizierbare Wirtschafts- und Finanzpolitik ausgesprochen.
Wir haben alle noch die goldenen Worte in Erinnerung: mechanistisch, „planwirtschaftlich" usw. und das, was über Zahlen gesagt wurde. Das alles wissen wir noch.
Aber wir müssen anerkennen — das muß hier beim Thema Finanzplanung zugestanden und gesagt werden —, 14 Tage später, am 3. März, waren wir alle in diesem Hause Zeuge, daß der Bundeskanzler auf einem bestimmten Gebiet ein Damaskus erlebt hatte: aus dem Saulus war ein Paulus geworden. Der Bundeskanzler verkündete uns:
Die Bundesregierung wird über eine mittelfristige Vorausschau hinaus einen mehrjährigen Finanzplan mit Schwerpunkten und Prioritäten vorlegen.
Es wurde von der Programmierung von Reformen hinsichtlich der Ausgabeverpflichtungen des Bundes gesprochen, und schließlich wurde die schlichte und richtige Wahrheit ausgesprochen:
Eine antizyklische Haushaltspolitik als wirksames konjunkturpolitisches Instrument ist ohne langfristigen Haushaltsrahmen
— später wurde auch von „langfristiger Haushaltsplanung" gesprochen —
kaum denkbar.
Wir können nur sagen: wir freuen uns über diesen „Wandel durch Annäherung". Noch zwei Tage vorher hatte der „Industrie-Kurier" geschrieben:
Die Abneigung des Bundeskanzlers gegen jede Art von quantifizierbarer Wirtschafts- und Finanzpolitik ist bekannt. Wirtschaftspolitik in Bonn wird von freischaffenden Künstlern
— immer noch das Zitat — (Heiterkeit bei der SPD)

gemacht, denen Zahlen und Prognosen ein Greuel sind.
Nun, hier hat inzwischen eine schmerzhafte Überprüfung stattgefunden. Das soll seit dem März nun anders werden. Der Vormärz gilt nicht mehr. Allerdings, nach den gestrigen Worten sind wir wieder ein bißchen stutzig geworden. Aber wir hoffen doch und glauben: der wahre Paulus sollte ein Paulus 'bleiben und bei diesem Entschluß verharren.
Inzwischen hören wir, daß das Streichquintett sich mit diesen Fragen befaßt. Ein paar Punkte möchte ich dazu präzise aufzählen und besonders dem Herrn Bundesfinanzminister vor die Haustür legen.
Erstens. Wir sind uns, glaube ich, darüber alle einig: eine mittelfristige Haushaltsplanung ohne gesamtwirtschaftliche Vorausschau — auch quantitativ — wäre völlig nutzlos, so nutzlos wie ein Wagen ohne Räder. Eine finanzwirtschaftliche mittelfristige Planung muß hineingestellt sein in die Rahmenbedingungen der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Sie hat auch nur Sinn und sie hat auch nur Aussagekraft, wenn sich gewisse quantitative Ziele der Wirtschaftspolitik in diesem Rahmen ausdrücken. Es würde uns herzlich freuen, wenn die Regierung das akzeptierte und dann zu dem Kon-



Dr. Schiller
zept zurückkehrte, das dem zweiten Sachverständigengutachten zugrunde lag und das sie damals abgelehnt hat. Das wäre dann zwar ein Umweg gewesen, aber immerhin eine gute Politik kleiner Schritte, die die Bundesregierung auf diesem Gebiet unternommen hätte. Bleibt aber die Bundesregierung bei der Ablehnung des Grundkonzeptes des Sachverständigenrates — mit dieser Prognose, mit dieser Projektion über zwei Jahre, mit dieser Zielgebung — und will sie gleichzeitig dennoch eine mittelfristige Finanzplanung, die aussagekräftig sein soll, dann bleibt ein großer unerklärbarer Widerspruch, und zu diesem sachlichen Widerspruch innerhalb der Bundesregierung können wir dann nur bescheiden sagen: da brauchen wir Orientierungshilfe.
Zweitens ist gesagt worden: Wir haben diese Vorausschau im Finanzbericht 1966. Nun, Herr Bundesfinanzminister, das ist nur eine rein additive Zusammenstellung von voraussichtlichen Einnahmen und einem Ausgabenbedarf, die im wesentlichen auf einer Fortschreibung bestehender Ausgabepositionen beruht. So wie sie bisher im Finanzbericht 1966 gegeben ist, ist diese Vorausschau eine Unterlage, auf der eine konstruktive Politik nicht entwickelt werden kann. Wenn die Bundesregierung mittelfristige Finanzplanung im eigentlichen Sinne wirklich will, muß sie in Zukunft konkret und exakt —exakt, meine Damen und Herren; man verzeihe mir das anstößige Wort — darlegen, welche Rangordnungen für die kommenden Jahre gelten sollen, was quantitativ verstärkt, was und wieviel über vier Jahre hinweg gekürzt werden soll. Ich glaube, auch bei Ihnen breitet sich die Erkenntnis aus, daß mit der Methode des Haushaltssicherungsgesetzes noch keine solide und moderne Etatpolitik auf mittlere Frist betrieben werden kann.

(Abg. Dr. Conring: Das hat auch niemand behauptet!)

— Doch, doch! Es kommt in Ihren Reden doch immer als erstes.

(Abg. Dr. Conring: Erster Schritt!)

— Ich würde sagen: in Wahrheit ist das noch nicht einmal das. Das Haushaltssicherungsgesetz

(Abg. Dr. Conring: Das haben Sie sogar abgelehnt!)

— ich will gerade dazu etwas sagen — ist doch weiter nichts als die Methode — die in anderen Bereichen gut sein mag — der Echternacher Springprozession, weiter nichts als zuerst drei Schritte vor und dann zwei zurück. Das ist das Haushaltssicherungsgesetz!

(Beifall bei der SPD. — Zurufe von der Mitte.)

Wenn Sie so wollen, ist das Haushaltssicherungsgesetz eine einmalige deutsche Ausgabe der „stopand go"-Politik gewesen, mit der die konservative Regierung in Großbritannien so augenfällig scheiterte. Das ist nämlich genau dasselbe: erst go, dann stop.

(Widerspruch bei der CDU/CSU.)

Ich sage Ihnen nur: das ist nicht die richtige Methode. Erst wenn für vier Jahre die sagenhaften und immer wieder beschworenen Prioritäten quantifiziert werden, wird der Augenblick der Wahrheit gekommen sein, und zwar — das wird Sie freuen — natürlich für uns alle hier im Hause.
Wir hören, daß. das Streichquintett Schwierigkeiten mit dem Haushalt 1967 hat. Herr Bundeskanzler und Herr Bundesfinanzminister, wir warnen vor einer Fortsetzung dieser Finanzpolitik auf Raten, wir warnen davor, daß man nun wieder anfängt, mit Hängen und Würgen den Haushalt 1967 hinzubekommen, etwa gar ein weiteres Haushaltssicherungsgesetz einzubringen und im übrigen den Rest über die Barriere des Jahres 1967/68 hinauszuschieben. Bloßer Aufschub, bloße Finanzpolitik auf Raten, meine Damen und Herren, das ist keine Lösung. Legen Sie uns mit dem Haushalt 1967 eine Gesamtrechnung bis 1969/70 vor, geben Sie an, auf welche Jahre die einzelnen Schwerpunkte der öffentlichen Aufgaben verlegt werden müssen, und bezeichnen Sie in diesem Vierjahresprogramm quantitativ, wo gekürzt werden muß. Ich sage Ihnen dazu mit allem Ernst — Sie lachen darüber, Sie empfinden das vielleicht alles als Hekuba oder irgend etwas —: wenn Sie das tun, sind wir als sozialdemokratische Fraktion bereit, über den Gesamtplan bis 1969/70 zu sprechen und unsere Beiträge zu leisten, auch bei unpopulären Beschlüssen.

(Beifall bei der SPD.)

Aber wir sind nicht bereit, noch einmal diese Salamitaktik — um wieder ein anderes Bild zu gebrauchen — einer Haushaltspolitik auf Stottern. zu beginnen oder gar mitzumachen, nämlich einen für sich stehenden Haushalt 1967 mit Haushaltssicherungsgesetz und Resten für die kommenden Jahre.
Herr Bundesfinanzminister, ich glaube, auch der andere Punkt, der zwischen uns eine Rolle gespielt hat, ist inzwischen geklärt. Daß die prozyklische Verhaltensweise der öffentlichen Hand, und zwar quantitativ gleichrangig des Bundes und der Länder, im Jahre 1965 eine erhebliche Inflationsquelle gewesen war, ist nun unstreitig. Die Bundesbank hat ja gesprochen, und auf Grund dieser Autorität sollten wir beide anerkennen, daß das im Jahre 1965 so war. Ich hoffe, Herr Dahlgrün, daß damit dieser „Evergreen" zwischen uns beiden abgeschlossen und bestätigt ist.
Ein drittes. Inzwischen liegt ein weiteres Gutachten vor, das Gutachten der Troeger-Kommission zur Finanzreform. Es macht auch zum Thema mittelfristige Finanzplanung konkrete Vorschläge. Ich kann nur sagen: die Gutachter haben gesprochen, nun hat sich die Politik zu äußern. Da muß ich feststellen, daß bis auf einige sehr wenige und zaghafte Andeutungen des Bundeskanzlers und des Bundesfinanzministers — auch am 3. März ist ein bißchen gesagt worden — weder die Bundesregierung noch die sie tragenden Parteien ihre grundsätzliche Stellungnahme zu der Vielfalt der Gedanken des Finanzreform-Gutachtens bekanntgegeben haben. Wir haben vielmehr den Eindruck, daß die Bundesregierung in Richtung auf dieses Finanzreform-Gutachten

Dr. Schiller
I das Fehlen eines eigenen finanzpolitischen Konzepts durch geschäftige Aktivität in Nebenpunkten zu verdecken sucht. Soll auch hier, so fragen wir, die lange Bank, auf die man alles mit Fleiß schiebt, zum Symbol der Regierungspolitik werden? Manchmal — heute nicht — ist es sogar die leere Bank.
Der Bundesfinanzminister hat gestern gesagt, es sei eine Kommission eingesetzt worden, die mit den Ländern verhandeln solle. Schön und gut! Aber, Herr Bundesfinanzminister und Herr Bundeskanzler, diese Kommission muß doch nun eine Richtlinie, eine Fülle von Richtlinien haben, z. B. zu dem ganz besonders heiklen Thema, wie es denn nun mit dem Gemeinschaftswerk steht. Sie wissen, der Ausdruck „Gemeinschaftswerk" kommt da nicht vor; die Lösung der Gemeinschaftsaufgaben ist in dem Gutachten auf ganz andere Weise vorgeschlagen als von Ihnen. Da kann man doch nicht sagen, Herr Bundesfinanzminister: wir machen eine Kommission, die wir zu den Ländern schicken und die nun mal schön kommissionieren soll! Es muß diesem Hohen Hause heute oder in absehbarer Zeit ein Konzept der Bundesregierung zu diesem Troeger-Gutachten vermittelt werden. Nur das fordern wir von Ihnen.

(Beifall bei der SPD.)

Meine Damen und Herren, das ist das, was ich im Moment als Anliegen zur mittelfristigen Finanzplanung vorzutragen habe: klare Aussagen, auch zu den neuen Vorschlägen, die jetzt vorliegen. Wir selber — Herr Bundesfinanzminister Dahlgrün, Sie haben sich eben etwas ereifert; Sie können das nachlesen — haben eine subtantiierte Stellungnahme — natürlich auch keine endgültige, aber eine Stellungnahme der Partei — nach internen Beratungen zu diesem Gutachten und der Finanzreform beschlossen und publiziert. Sie können sie seit Montag dieser Woche in einer angesehenen Zeitung, genannt Vorwärts, nachlesen.
Nun zum vierten und letzten Thema, dem Konjunkturrahmengesetz. Am 16. März hat Bundesminister Schmücker uns unter dem Titel „Ausbau des Instrumentariums" einen Katalog von Möglichkeiten aufgezählt. Es war wirklich nur ein Katalog. Man kann sagen, es war das Schlagwortregister eines Lehrbuchs über moderne Wirtschaftspolitik. Man kann auch sagen, es war so ein Register wie das Telefonbuch von Bonn oder so etwas. Es wurde einfach aufgezählt, nichts weiter. Zum Inhaltlichen haben Sie sich, Herr Bundesminister — und das ist gar kein Vorwurf — damals in weiser Beschränkung noch nicht geäußert.
Jetzt wird seit Monaten in den Ministerien, zwischen den Ministerien und dann mit der Bundesbank an diesem sagenhaften Ausbau eines sagenhaften Instrumentariums gearbeitet. Auf jeden Fall ist der Terminkalender ins Rutschen gekommen. Das passiert, und das ist auch keine so furchtbar wichtige Sache, obgleich der Zeitverlust immer bedauerlich ist. Sie wollten ja am 31. März mit dem fertigen Konjunkturrahmengesetz ins Kabinett gehen. Jetzt hören wir aus der Presse — ich weiß nicht, ob es stimmt —, daß das Gesetz — jetzt hat es den Namen „zur Förderung der wirtschaftlichen Stabilität" -- noch vor den Parlamentsferien an den Bundesrat gehen soll. Das heißt mit dürren Worten: Beschlußfassung über dieses Gesetz im Deutschen Bundestag erst zu Anfang des Winters. Auf jeden Fall steht damit nach dem Gregorianischen Kalender fest: dieses von der Bundesregierung angekündigte Konjunkturrahmengesetz kann zur Bekämpfung der Preissteigerung in diesem Jahre, 1966, keinen Deut mehr beitragen.

(Abg. Wehner: Hört! Hört!)

Dieses Jahr ist vergangen, wenn Sie erst im Winter zum Beschluß kommen. Dazu ist es dann zu spät.
Ich möchte hinzufügen, seit den Ereignissen des letzten Jahres ist dazu auch jetzt noch zuviel Inflationsdruck im Gartenschlauch. Der muß in diesem Jahr erst mal auslaufen. So haben wir es also mit dieser Vorlage, die wir noch nicht kennen, mit einem Nasciturus zu tun. Darüber können wir wirtschaftspolitisch nicht viel sprechen. Das einzige, was in dieser Sache bisher positiv ist, was den Kalender für den Nasciturus betrifft, ist: er soll vor dem mehrjährigen Werk der eigentlichen Finanzreform das Licht der Welt erblicken. Ich glaube, das ist richtig interpretiert. Sie haben die Absicht, diese Geschichte vor der Finanzreform zu machen.
Aber, meine Damen und Herren — nun kommt das Bedauern —, wir bedauern es, daß mit dem. Pläneschmieden über neue konjunkturpolitische Instrumente zwischen den Ministerien und innerhalb der Ministerien soviel Zeit vergangen ist. Über dem Pläneschmieden, über dem phantasiereichen SichAusdenken neuer Instrumente hat die Regierung anscheinend die Verpflichtung vergessen — und die ist wichtig —, unmittelbar heute und hier im Tagesgeschehen mit den vorhandenen Instrumenten zu handeln. Ich habe so den Eindruck, in einem Ministerium sind die Beamten unter dem Thema „Konjunkturrahmengesetz" zum erstenmal in ein bis dahin verschlossenes Zimmer gekommen. Vor dem Zimmer stand ein Schild: Tabu, Eintritt verboten — Dirigismus, noch mit der Unterschrift Ludwig Erhard. Ich stimme ihm ganz zu mit diesem Schild vor diesem Zimmer. Sie sind da eingedrungen und haben eine Serie schicker Instrumente vorgefunden, neue Werkzeuge, die sie gar nicht kannten, und jetzt haben Sie angefangen, damit zu spielen — da noch ein Werkzeug, hier noch ein neues Instrument, da noch etwas. Das zieht sich nun Monate hin.
Meine Damen und Herren, machen Sie ein Ende mit dem Pläneschmieden, kommen Sie uns bald mit einem Vorschlag. Wir sind nicht voreingenommen, Herr Bundesminister Schmücker; wir sind bereit zu einem baldigen Sachgespräch über den Ausbau des Instrumentariums, wenn er richtig ist.
Aber nun ein paar weitere Vorbemerkungen dazu. Ich möchte hier in aller Öffentlichkeit — gerade durch die lange Pläneschmiederei ist da schon Schaden angerichtet — vor einer Dogmatisierung gewisser in der Öffentlichkeit oder Halböffentlichkeit diskutierter Instrumente warnen. Bei manchen Befürwortern etwa des Systems der Variierung der steuerlichen Abschreibungen — das ist eines der vielen Instrumente, die diskutiert werden — und
1912 Deutscher Bundestag — 5, Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Mai 1966
Dr. Schiller
der Kreditplafondierung ist deutlich zu verspüren, daß da eine Dogmatisierung eingetreten ist, bevor diese Instrumente überhaupt das Licht der Welt erblickt haben.
Mit dieser Warnung meine ich nicht allein und vielleicht nicht einmal zu allererst die Bundesregierung, sondern andere Stellen, die an dieser Debatte auch beteiligt sind und die nun auf dem besten Wege sind, nachdem die Tür in diese dirigistische Rüstkammer einmal aufgestoßen ist, sich in einige Instrumente zu verlieben. Wir sollten nicht dem Wunderglauben an neue Instrumente verfallen. Wenn der Bundeswirtschaftsminister da, wie ich in einer Zeitung las, in letzter Zeit gezögert hat, so achte ich, daß Sie das nicht alles gleich schlucken. Wir sollten in der Tat allesamt in diesem Hause wirtschaftspolitische Instrumente ganz kühl als Werkzeuge der Wirtschaftspolitik betrachten. Wichtiger als die Werkzeuge, meine Damen und Herren, das muß ich wieder und immer wieder sagen, sind politischer Entschluß und entschlossener Gebrauch der vorhandenen Möglichkeiten.
Nun zu den beiden diskutierten Punkten. Bei der Variierung der steuerlichen Abschreibung — wir sind ja zu einem Gespräch bereit; eines muß ich Ihnen nur immer wieder vorweg sagen, damit die Dogmatisierung in der Öffentlichkeit bei einigen einmal aufhört — müssen Sie ein Problem lösen: Sie müssen mit dem schweren Problem der Ankündigungseffekte fertig werden. Wenn sich die unternehmerischen Erwartungen im Boom mechanisch auf drohende Verkürzung der Abschreibungssätze und in der Rezession -- die deutschen Unternehmer lesen doch auch die Zeitung — auf bevorstehende Erweiterung der Abschreibungssätze einstellen, dann wird im realen Investitionsverhalten der Unternehmer jedes Mal ein prozyklischer Einfluß eintreten. Sie werden im ersten Falle mehr und schnell investieren, und sie werden sich im zweiten Falle, in der Rezession, in Erwartung der Dinge zurückhalten und die Rezession verschlimmern. Damit müssen Sie fertig werden.
Nun zu dem anderen, letzten Thema, der berühmten Kreditplafondierung. Das ist ein furchtbar vornehmes Wort. Im guten alten Behördendeutsch ist es weiter nichts als der Plan einer Kreditkontingentierung. Weiter ist es nichts; nur ein bißchen feiner ausgedrückt.
Ich möchte zu diesem Fragenkreis vorweg folgende grundsätzliche Feststellung treffen. Wir Sozialdemokraten geben, das haben wir in mehreren Dokumenten niedergelegt, den Maßnahmen der globalen Beeinflussung und der globalen Steuerung prinzipiell den Vorzug vor punktuellen, vor dirigistischen Eingriffen. Das ist unsere Grundhaltung. Um es auf die aktuelle Situation anzuwenden — und ich muß es Ihnen noch einmal von dieser Seite her sagen —: die Regierung hat im letzten Jahr in der Haushaltsgebarung und im Haushaltsvollzug und zu Beginn dieses Jahres sozusagen die Chance einer globalen Steuerung und Beeinflussung in Richtung auf das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht verpaßt durch die Ablehnung des Sachverständigengutachtens. Es ist der übliche Lauf der
Dinge, daß man sich, wenn man die Chance für globale, umfassende Mittel, die den einzelnen nicht so dirigistisch treffen, verpaßt hat, anschließend der Not folgend mit punktuellen und dirigistischen Eingriffen befaßt. Genau in diese Situation ist die Bundesregierung leider hineingekommen.
Wie sehr sich die Bundesregierung in diesem Verpassen des richtigen Zeitpunktes und in der Abschätzung der Lage geirrt hat, dafür noch ein Beispiel. Der Sachverständigenrat hatte — jetzt geht es nicht um sein Programm, sondern um die Analyse — vor einem ernsthaften Zielkonflikt gewarnt, in den im Jahre 1966 die Deutsche Bundesbank kommen würde, und zwar dem Zielkonflikt zwischen Geldwertstabilität oder Minderung des Wachstums. Die Bundesregierung hat damals auf diese Warnung vor dem kommenden Zielkonflikt in der gedruckten Stellungnahme, wohl schon im November gefertigt, frei nach Palmström geantwortet: Die Bundesregierung ist nicht der Ansicht, daß die Kreditpolitik in näherer Zukunft in einen Zielkonflikt geraten könnte. Nun, im Bericht der Bundesbank für 1965, in diesem Frühjahr erschienen, kann jeder nachlesen, daß die Deutsche Bundesbank selbst nun von einem Gegensatz oder einem Dilemma „zwischen konjunkturpolitischen und kapitalmarktpolitischen Zielen" spricht, — und die kapitalmarktpolitischen Ziele sind die Ziele des Wachstums.
In der Tat, meine Damen und Herren, sind wir mit der restriktiven Politik der Bundesbank jetzt in diesen Konflikt hineingekommen. Der Kapitalmarkt — ich glaube, das ist keine Dramatisierung — befindet sich zur Zeit auf seinem Sterbelager. Der sanfte Tod des Besitzers von festverzinslichen Papieren, den ein Mann wie Keynes vor dreißig Jahren einmal prophezeit hat, der sanfte Tod des Rentners, die Euthanasie des Kapitalmarkts, ist herbeigeführt worden durch eine Politik von Männern, die nicht Keynesianer sind; aber das ist gleich, der Zielkonflikt ist jedenfalls heute da — in der Klassik des Gürzenich würde man sagen: die Situation ist da —, der Kapitalmarkt liegt im Sterben. Dafür ist nicht nur die Restriktionspolitik verantwortlich, sondern natürlich auch der übermäßige Appetit der öffentlichen Hände. Aber es erhebt sich die Frage, ob die Politik der Zinssteigerung da überhaupt helfen kann. Hat sich nicht herausgestellt, daß die meisten und größten Kreditnachfrager sich überhaupt nicht zinsreagibel verhalten? Wir haben ein Zinsniveau — das muß heute doch wohl gesagt werden —, das über 8% hinausgeht, ein Zinsniveau, das dem eines Entwicklungslandes entspricht, und dieses Zinsniveau haben wir dazu noch in einer Phase abfallender, sich abflachender Konjunktur.

(Abg. Dr. Starke [Franken] : Abfallender?)

— Was die Konjunktur im eigentlichen Sinne betrifft, Herr Starke, darüber sind wir uns doch wohl klar. Die Frage, ob man das mit dem Zins in Ordnung bringen kann, und die Erkenntnis, daß man es damit nicht machen kann, hat nun die für manchen bequeme Lösung nahegelegt, daß nur die quantitative Begrenzung des Kredits für die öffentliche wie die private Hand zu einer Lösung des Kapital-



Dr. Schiller
marktproblems tauge. Aber, meine Damen und Herren, der graue Kapitalmarkt, von dem jetzt schon die Rede ist, wird dann nicht auf sich warten lassen. Das müssen wir wissen.
Es sind andere Vorschläge gemacht — ich will sie nicht diskutieren —: Aufhebung der Habenzinsbindung, damit eine Ausdehnung des Angebots stattfindet. Natürlich müssen wir dem Sparer einen Anreiz geben. Es ist ja fast ein Wunder, daß der deutsche Sparer so lange durchgehalten hat, obgleich die Zinssätze praktisch der Inflationsrate in diesem Jahr entsprachen. Es kommt also darauf an, dieses Vertrauen zu erhalten.
Die eine Konsequenz lautet politisch — sie geht dieses Haus an, sie geht also auch gerade die Fraktion von Herrn Dahlgrün und Herrn Starke an —: auf jeden Fall spricht in dieser Situation alles gegen den Abbau von Sparförderungen. Das wäre jetzt der allerschlechteste Augenblick, wenn man überhaupt so etwas machen will.

(Beifall bei der SPD.)

Was nun die Freigabe der Habenzinsen betrifft, meine Damen und Herren: Wenn man der Meinung ist, daß im Bereich der Sparzinsen eine „Ordnung" weiter sein soll, dann bleibt nur die Freigabe der Zinsen für Termineinlagen. Da würden wir, glaube ich, nur einen faktisch vorhandenen Zustand legalisieren.
Meine Damen und Herren, wenn so oft betont wird, die Kreditplafondierung sei die Ultima ratio der Kreditpolitik, sie sei sozusagen das letzte Mittel, weil alle anderen sich als unzulänglich erwiesen hätten, so ist dazu zu sagen: Sicherlich können Sie mit einer solchen Kreditplafondierung, die nur in einer Richtung wirkt, keine Konjunktur- oder Wachstumspolitik betreiben. Eine Kreditplafondierung wird sicherlich Kontrollen, Sanktionen und auch Beschränkungen des Kapitalverkehrs mit sich bringen. Ich möchte aber davor warnen, die Kreditplafondierung jetzt schon zum Idol zu erheben, bevor sie überhaupt in diesem Parlament diskutiert ist, bevor eine Vorlage eingebracht ist und bevor sie — wenn überhaupt — geschaffen ist.
In Wirklichkeit ist es doch viel wichtiger, Herr Bundeskanzler und Herr Bundeswirtschaftsminister, daß wir uns fragen, ob wir nicht mit den bisherigen Instrumenten auch der Notenbankpolitik den deutschen Kapitalmarkt von seinem Sterbelager herunterbringen können. Nach meiner Ansicht muß man sich ernstlich fragen, ob nicht mit den vorhandenen Instrumenten ein Wandel herbeigeführt werden kann durch einen Umschwung in der Liquiditätspolitik der Bundesbank, und zwar einen Umschwung, eine Veränderung bei der Liquiditätspolitik der Bundesbank analog der Operation Twist, wie sie in Amerika seit vier, fünf Jahren durchgeführt wird. Die Operation Twist hat es möglich gemacht, die wachstumspolitischen Gesichtspunkte des Kapitalmarktes und der Investitionsfinanzierung mit den Gesichtspunkten der Geldwertstabilität zu versöhnen. Das ist der Sinn der Sache. Praktisch würde das im konkreten deutschen Fall einer solchen Operation „Twist" bedeuten: Herabsetzung der Mindestreservesätze, wodurch liquide Mittel bei den Banken indirekt oder direkt auch für den Kapitalmarkt frei würden, aber gleichzeitige Heraufsetzung des Diskontsatzes. Die Herabsetzung der Mindestreservesätze ist nicht Sache der Regierung, das wissen wir ganz genau. Sie sind da nur koordinierend, bei der autonomen Bundesbank und im Zentralbankrat tätig. Die Freisetzung der Mittel würde die Zinserwartungen im Kapitalmarkt günstig beeinflussen, nämlich nach unten, und sie würde den Attentismus beenden helfen. Eine solche Operation Twist wäre der Versuch, das herkömmliche Instrumentarium unserer Geldpolitik weiterzuentwickeln, bevor man noch nicht entwickelte Instrumente in die. Debatte wirft.
Meine Damen und Herren, die Debatte über die mittelfristige Finanzplanung, über die Finanzreform, über den Ausbau des Instrumentariums, darf nicht zum Alibi wirtschaftlicher Tatenlosigkeit der Regierung werden. Außerdem wissen wir doch, daß alle diese Fragen nicht erst seit gestern oder vorgestern diskutiert werden. Es fehlt nicht an wissenschaftlichen Erörterungen, nicht an gutachtlichen Anregungen — sie alle liegen seit Monaten vor —, nicht an ausländischen Beispielen, und — last not least —, Herr Bundeskanzler, es fehlt auch nicht an politischen Vorschlägen und Empfehlungen der SPD. Über einen Mangel an Vorschlägen von unserer Seite in diesem letzten halben Jahr, in dem wir ja gemeinsam versucht haben, die deutsche Volkswirtschaft wieder ins Gleichgewicht zu bringen, können Sie sich nicht beklagen. Ich glaube, es fehlt in den Ministerien an der Bereitschaft, erst einmal hier und heute allfällige Entscheidungen mit den gegebenen Instrumenten zu treffen oder aber eine moderne Politik, die die politische Bedeutung neuer Instrumente erkennt, rasch auf ihre Anwendbarkeit zu prüfen und sie entschlossen in konkrete Maßnahmen umzumünzen. Die Konjunkturen warten doch nicht auf Ministerien im Kriechgang!
Ich will hier nur aufzählen, daß ein Mangel an Vorschlägen wirklich nicht besteht.
Erstens. Wir haben Ihnen hier anläßlich der Debatte über die Regierungserklärung ein kurzfristiges Programm von 8 Punkten zur Bekämpfung der schleichenden Inflation vorgeschlagen. Die Antwort von der Regierung und von den Koalitionsfraktionen war: Nein.
Zweitens. In derselben Debatte haben wir ein mittelfristiges Programm zur Finanzplanung gefordert und in Grundzügen dargelegt. Bei diesem einzigen Punkt, Herr Bundeskanzler, haben Sie uns am 3. März einen Besserungsschein ausgestellt. Das ist aber der einzige.
Drittens. Gleichzeitig haben wir ein langfristiges Programm zur Entwicklung der produktiven Kräfte unserer Gesellschaft vorgeschlagen. Dabei wurden Beiträge von verschiedenen Seiten dieses Hauses aufgenommen. Ihre Antwort war wieder: Nein.
Ich erinnere an das Sticknadelbeispiel, das man damals brachte: einmal kurz, einmal lang, mit dem das Nein zu diesen drei Vorschlägen anschaulich dargestellt wurde.



Dr. Schiller
Viertens. Wir haben Mitte Februar den bekannten Stufenplan zur konzertierten Aktion unterstützt. Ihre Antwort war wieder Nein.
Im Sinne der langfristigen Entwicklung unserer produktiven Kräfte haben wir Sie in der Kulturdebatte aufgefordert, die fehlenden Mittel für den Wissenschaftsrat als politische Willensäußerung dem Haushaltsausschuß aufzugeben. Ihre Antwort war: Nein.
Wir haben schließlich sehr viel weitergehende Hilfen für die ausscheidenden Bergarbeiter in der Energiedebatte vorgeschlagen, und wir haben heute durch Herrn Westphal eine weitergehende Strukturhilfe für den deutschen Steinkohlenbergbau vorgeschlagen, um dem deutschen Steinkohlenbergbau in der Phase der Anpassung an die veränderten Verhältnisse einen wichtigen Absatzbereich im Stahlsektor zu sichern. Dieser Vorschlag ist heute gemacht worden. Und Ihre bisherigen Redner haben wieder — sowohl zu den neulich vorgeschlagenen weitergehenden sozialpolitischen Hilfen wie auch heute — die Antwort gegeben: Nein!
Meine Damen und Herren, die Summe aus allen diesen Äußerungen der Regierungskoalition kann nur lauten: Sie haben sich hier zu einer beachtlichen, zu der eigentlichen Koalition der Neinsager in diesem Hause entwickelt.

(Beifall bei der SPD. — Lachen und Zurufe bei der CDU/CSU.)

— Doch, das haben Sie.
Aber wir lassen uns nicht entmutigen. Vielleicht ist hinter der Mauer des Neins doch noch etwas mehr vorhanden. Bisher konnten wir durch die Mauer nur die Musik des Streichquintetts vernehmen, und die war ritardando, nichts weiter. Aber vielleicht ist mehr dahinter.
Der Herr Bundeskanzler hat — in Aufnahme der Worte des Gutachtens — die Kunst der Wirtschaftspolitik, die Regierungskunst, die „Führungskunst" folgendermaßen bezeichnet — und das ist eine Definition, die ich zitieren möchte —: „das Instrumentarium der Konjunktur- und Wirtschaftspolitik so anzuwenden, daß man auf alle Ereignisse, auf alle Wendungen und Wandlungen möglichst schnell und reagibel antworten kann." Dieser Weisheit, dieser Definition beugen wir uns. Dazu ist nichts zu sagen; sie ist vollkommen richtig. Nur, nach sieben Monaten Anlaufzeit erwarten wir jetzt ungeduldig den praktischen Beweis dieser eben vom Bundeskanzler durch seine Definition geschilderten künstlerischen Fähigkeiten. Wir erwarten konkrete Maßnahmen, die uns zeigen, erstens wie die Regierung ihre preispolitischen Ziele für dieses Jahr einschätzt und erreichen will, zweitens wie sie sich die Neuordnung der öffentlichen Finanzen besonders im Sinne mittelfristiger Finanzpolitik vorstellt und drittens wie sie den deutschen Kapitalmarkt schnell von seinem Sterbelager runterbringen will. Wir wollen im Augenblick gar nicht mehr. Wir wären ganz einfach froh, von Ihnen zu hören, daß man auf diesen drei Bereichen nicht mehr vor sich hin verwaltet. Wir wären ganz einfach froh, von Ihnen konkret zu hören, daß in diesen drei Bereichen nach sieben Monaten Anlaufzeit das Regieren nun begonnen hat; das ist alles.

(Lebhafter Beifall bei der SPD.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0504218800
Das Wort hat der Herr Bundeskanzler.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0504218900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht die Absicht, hier für den Wirtschafts- oder für den Finanzminister zu sprechen, sondern möchte nur die unmittelbar an mich persönlich gerichtete Ansprache beantworten. Ich muß mich also auf einige Schwerpunkte beschränken.
Professor Schiller sagte, die Bundesbank habe die Bundesregierung — die öffentliche Hand im ganzen und nicht allein die Bundesregierung — angeklagt, daß sie im Jahre 1965 keine antizyklische Politik getrieben habe. Professor Schiller hat sich dieser Kritik angeschlossen. Darf ich nun fragen: Wenn der Bund schon die Aufgabe hat, führend voranzugehen, sind Sie dann nicht auch der Meinung, daß in diesem Jahre 1966 das disziplinierte Verhalten des Bundes mit dieser Erhöhung des Haushaltsansatzes und dem Verzicht auf die weitere Beanspruchung des Kapitalmarktes als beispielgebend angesehen und anerkannt werden sollte? Gilt das dann nicht insbesondere auch für die Gebietskörperschaften, in denen Sie bzw. Ihre Partei wesentlich zu bestimmen hat?
Wenn Sie sagen, die Preisstabilität hänge auch von einer antizyklischen Haushaltspolitik ab, dann widersprechen Sie sich ja selber. Sie sagen nämlich, wir hätten überhaupt keine Zuwachsrate in unseren Haushalt einsetzen dürfen, eine Mehrung um 5 % sei keine antizyklische Politik. Was die Einkommen anlangt, so halben Sie auf einmal eine schreckliche Angst. Sie meinen, daß ein geringeres Ansteigen der Einkommen, der Löhne und Gehälter, eine schreckliche Wirkung auf die deutsche Volkswirtschaft haben könnte. Wenn ich auf der einen Seite für eine antizyklische Politik eintrete und sie unter konjunkturpolitischen Gesichtspunkten entweder als Motor oder auch als Bremse der Konjunktur und auch der Preisentwicklung anerkenne, dann muß ich auch bereit sein, in bezug auf die Einkommensbildung, d. h. die Setzung von Löhnen und Gehältern, Renten und dergleichen das gleiche Prinzip gelten zu lassen. Antizyklische Haushaltspolitik im Sinne einer Einengung verträgt sich mit einer Politik der Einkommensexpansion. Im übrigen würde ich empfehlen, sich einmal mit dem Präsidenten der Deutschen Bundesbank zu unterhalten. Der wird Ihnen einiges von seinen Sorgen erzählen können, die auch die meinen sind. Ich kann Ihnen sagen, er stimmt mit meiner Auffassung in der volkswirtschaftlichen Wertung vollkommen überein.
Sie haben eine gewagte Aussage gemacht: Bei absinkender Konjunktur kommt der Tarifbildung eine besondere Rolle zu. Ich finde überhaupt, Sie bewegen sich immer sehr in Extremen und sprechen in Extase.

(Widerspruch bei der SPD.)




Bundeskanzler Dr. Erhard
— Na, bitte sehr: Der Kapitalmarkt liegt im Sterben. — Der Kapitalmarkt wird nicht sterben; davon können Sie überzeugt sein. Aber ich warne doch davor, allzu schnell von einer absinkenden Konjuntur zu sprechen. Daß sie sehr viel differenzierter ist, wissen wir alle. Wenn wir aber 1 1/4 Million Fremdarbeiter beschäftigen, dazu 750 000 offene Stellen haben und noch mit Steigerungsraten des Bruttosozialprodukts von 4 % rechnen, dann lasse ich die Überschrift „absinkende Konjunktur" nicht so schlechthin passieren, um eine solche Betrachtung als Beweismaterial für Ihre Schlußfolgerungen heranzuziehen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Dann habe ich herausgehört, daß man im Augenblick, d. h. eben bei dieser absinkenden Konjunktur in bezug auf die Einkommensvermehrung des deutschen Volkes — Sie sprachen insbesondere von der Tarifbildung — etwas großzügiger sein könnte; denn durch ein Mehr an Kaufkraft könnte man vielleicht eine drohende Einbuchtung auffangen oder überhaupt verhindern. Meine Damen und Herren, es wäre die schlechteste Politik, wenn wir in diesem Augenblick damit anfangen wollten, die vielleicht manchmal nicht so ganz klare Konjunktur durch vermehrte Nachfrage auf dem Markt, ohne güterwirtschaftliche Gegenleistung, ohne Vermehrung des Sozialprodukts zu festigen;

(Sehr gut! bei der CDU/CSU)

denn gerade damit würde unsere gute Konjunktur ganz bestimmt gestört, wenn am Ende nicht gar zerstört werden. Dieses Experiment in dieser unserer Konjunkturlage zu machen wäre ein lebensgefährliches Abenteuer. Dann würden wir durch weitere Kostensteigerungen die Wettbewerbskraft unserer Wirtschaft noch einmal schmälern. Das heißt aber, die Konjunktur würde noch weiter absinken, und dann folgt das Unglück nach.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Ich weiß nicht, wie Sie im Zusammenhang mit dem Sachverständigengutachten immer wieder von einem Aufruf, von einer Herausforderung sprechen können. Ich empfinde es allmählich wirklich als eine Herausforderung, wenn man es so hinstellt, als ob das Gutachten die absolute Wahrheit wäre, über die man nicht mehr reden dürfe.

(Sehr gut! bei der CDU/CSU — Widerspruch bei der SPD.)

Meine Damen und Herren, das Große und Neue, das Sie da preisen, ist die gesamtwirtschaftliche Orientierung der Lohnsätze. Ja, wie lange unterhalten wir uns schon über die gesamtwirtschaftliche Orientierung? In allen Gesprächen, die ich mit den Gewerkschaften hatte, verlangte ich diese gesamtwirtschaftliche Orientierung. Und die Weisheit, daß die Zunahme des Bruttosozialprodukts, die Erhöhung der Produktivität brauchbare Maßstäbe wären, ist auch mir schon lange eingefallen. Das aber ist rundweg abgelehnt worden! Wenn ich auch hier in diesem Hohen Hause davon sprach, daß es eine verderbliche Entwicklung bedeute, wenn wir die Einkommen über die Produktivität und über das Sozialprodukt hinaus steigern möchten, dann ist dem von der Opposition lebhaft widersprochen worden. Bitte, lesen Sie es in den Drucksachen des Bundestages nach!

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Es ist also kein neuer Gedanke, daß eine gesamtwirtschaftliche Orientierung notwendig wäre; das steht vom Anfang an im Raum. Die magische Kraft des Gutachtens sehe ich darin, daß, wenn Sachverständige von Rang Lohnerhöhungen von 6 % für richtig halten, die effektive Lösung auf noch höherem Niveau erfolgt. Das war noch immer so. Das ist die magische Kraft des Gutachtens gewesen, daß wir tatsächlich die zu vertretenden Sätze und Maße für das Jahr 1966 überschritten haben. Ich habe mit Gutachtern gesprochen, die sagen: im Jahre 1966 werden wir das nicht mehr einfangen; die fühlen sich in ihrem Gutachten mißverstanden — nicht alle, aber immerhin einige.
Meine Damen und Herren, ich habe auch nie gesagt, daß wir bei einer Erhöhung des Volkseinkommens um 4 % eine Preissteigerung von 0 % hätten. Ich weiß genau, daß in einer so differenzierten Wirtschaft, in der relativ immer mehr Menschen im Dienstleistungsgewerbe tätig sind, in dem die Produktionssteigerungen gar nicht so ohne weiteres gegeben sind — oft durch kein Mittel der Rationalisierung erreichbar —, ein allgemeiner Einkommenszuwachs von 4 % kein absolut stabiles Preisniveau auf der Basis Null gewährleistet.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

Es wäre vermessen, das anzunehmen. Ich habe es auch nicht getan.
Darum ist es auch nicht richtig, zu sagen, ich mutete der deutschen Wirtschaft oder dem deutschen Volk eine „Roßkur" zu, wenn ich nach wie vor glaube, daß 4 % richtiger gewesen wären als 6 %. Das wäre noch lange keine „Roßkur", sondern es wäre sinnvoll gewesen, sich endlich zu besinnen, — eine Mahnung, die ich gestern auch ausgesprochen habe.
Wenn Sie mich im übrigen fragen, was mir im Augenblick wichtiger oder richtiger erschiene, die Förderung der Expansion oder das Verbleiben auf dem Boden der Stabilität, dann würde ich nicht zögern, ehrlich zu sagen: ich würde im Augenblick der Wahrung der Stabilität — das heißt nicht der Preisstand Null, sondern Stabilität, sie aber wieder als völlige Starrheit begriffen — den Vorrang geben. Denn alle Malaise, die bei uns auftritt, nicht zuletzt auch die des Kapitalmarkts, rührt davon her, daß das Vertrauen in unsere deutsche Wirtschaft, in unsere Währung, in unseren Kapitalmarkt nachläßt. Dieses Vertrauen muß wieder gestärkt werden.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Deshalb brauchen wir Stabilität vor Expansion.
Sie haben zitiert, daß ich gestern gesagt habe, man rechne im Jahre 1966 mit einer Einkommensmehrung je Erwerbstätigen um 7 1/2 %. Sie sagten dazu: 6 % sind nicht 7 1/2 %. Ich sage dazu ja. Aber die 6 % waren, ich wiederhole es, ein Signal. Sie haben für dieses Jahr 1966 die Marke gesetzt. Und Sie wissen aus allen Tarifverhandlungen: Wenn man soundsoviel als richtig anerkennt, dann wird es



Bundeskanzler Dr. Erhard
immer noch etwas mehr, weil die eine oder andere Forderung — sei es nach Verkürzung der Arbeitszeit, sei es nach längerem Urlaub — noch dazukommt. Insofern sind mit den 6 % indirekt, für den Wissenden jedenfalls, die 7 1/2 % gesetzt worden, und darin erblicke ich allerdings ein Signal. Wenn wir bei 4 % geblieben wären, so bin ich natürlich auch skeptisch, ob am Ende wirklich 4 % herausgekommen wären; jedenfalls aber wären es weniger als 7 1/2% gewesen. Sie stellen doch den gesunden Menschenverstand auf den Kopf, wenn Sie hier weismachen wollen, daß sich alles zum Guten ausgewirkt hätte, wenn wir nur die 6 % anerkannt hätten.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Herr Kollege Schiller, ich bin etwas enttäuscht, daß Sie hier über solche Fragen nur mit saloppen Redensarten und Banalitäten hinweggehen wollen.

(Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

Ich habe auch nie gesagt: alles oder nichts! Niemals ist das über meine Lippen gekommen. Dann fügten Sie hinzu: es sei denn, daß man das Wachstum unterbinden wolle. Meine Damen und Herren, ich will weder das Wachstum unterbinden, noch möchte ich unsere Konjunktur zerschlagen. Aber: alles oder nichts? Was soll das in einer Diskussion, die Anspruch erhebt, einigermaßen sachlich geführt zu werden?

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Wer hat denn alles gewollt? Und wer hat denn nichts gewollt? Das möchte ich Sie einmal fragen.
Nur noch ganz wenige Punkte. Sie glaubten, mich immer wieder angreifen zu können, weil ich in der letzten Debatte angeküdigt habe, daß wir einen längerfristigen Finanzplan vorlegen wollen. Da kommt dann immer wieder der hämische Vorwurf: Ja, der Erhard hat sich grundsätzlich gewandelt, denn er ist doch immer gegen die Planung aufgetreten. Jetzt muß ich Sie fragen: verstehen Sie nicht, daß die Planung der öffentlichen Hand, so z. B. wenn wir Straßen bauen wollen oder über Gesundheitswesen u. a. diskutieren, etwas völlig anderes ist als jene Planung, die ich bekämpft habe, nämlich den Eingriff des Staates in die Wirtschaft selbst!

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0504219000
Herr Bundeskanzler, erlauben Sie eine Zwischenfrage?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0504219100
Ja, bitte!

Dr. Karl Schiller (SPD):
Rede ID: ID0504219200
Herr Bundeskanzler, Sie sind doch mit mir der Meinung, daß wir hier keine Debatte über zentrale Planwirtschaft im Sinne des Dirigismus führen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0504219300
Aber dann sollen Sie mir auch nicht unterstellen, daß ich, wenn ich in der Anerkennung der Möglichkeit oder der Nützlichkeit, Planungen für die öffentliche Hand aufzustellen, meinem Prinzip untreu geworden wäre, der
Überzeugung nämlich, daß ich von Planwirtschaft im vorher bezeichneten Sinne nichts wissen will, nach wie vor nichts wissen will.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD: Sie sind untreu geworden in Ihren Grundsätzen!)


Dr. Karl Schiller (SPD):
Rede ID: ID0504219400
Darf ich eine Frage stellen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0504219500
Lassen Sie mich zuerst ausreden. Sie können dann noch darüber sprechen.
Wenn Sie sagen — und Sie stimmten mir darin zu —, die Wirtschaftspolitik müsse schnell und reagibel handeln können, der Staat müsse sein Instrumentarium jederzeit anwenden, dann machen Sie ja selber schon die Konzession, daß es trotz aller vom Staat geübten Wirtschafts- und Finanzpolitik langfristiger, quantifizierbarer Art, doch immer Ereignisse geben kann, bei denen der Staat entgegen aller Vorausschau schnell und reagibel eingreifen muß. Das beweist doch, daß es eine absolute quantitative Festlegung gar nicht geben kann. Wir leben doch nicht in der reinen Ökonomie, sondern in der politischen Ökonomie. Das wissen wir doch alle!

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0504219600
Gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage?

Dr. Karl Schiller (SPD):
Rede ID: ID0504219700
Herr Bundeskanzler, sind Sie der Meinung, daß eine mittelfristige Finanzplanung möglich wäre ohne eine gleichzeitige mittelfristige gesamtwirtschaftliche Vorausschau?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0504219800
Die Vorausschau wird am Anfang stehen, aber sie ist problematisch genug. Wenn wir die Jahre 1967, 1968 und 1969 hinsichtlich der finanziellen Einnahmen und Ausgaben überblicken, gehen wir selbstverständlich von einem Zuwachs des Bruttosozialprodukts aus, also von einer Bewegung, die in der Wirtschaft Platz greift. Aber wenn Sie mich fragen, ob wir das exakt bestimmen können, dann muß ich Ihnen sagen, daß das nicht mehr als eine Annahme ist, von der man ausgeht und die im Laufe der drei Jahre ganz bestimmt korrigiert werden muß.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf von der CDU/CSU: Mit Sicherheit!)

Wenn man mit dieser Einschränkung an das Problem herangeht, möchte ich sagen: Natürlich kann ich mich nicht im luftleeren Raum bewegen. Ich kann nicht an das nächste Jahr denken, ohne mir Gedanken darüber zu machen, wie die Wirtschaft wohl aussehen wird. Aber ich bin mir darüber klar, daß das dann eben nur Annahmen sind und nicht die Wirklichkeit ist. Sicher kann man aus gewisser Erfahrung schließen, wenn man nicht völlig blind ist: ich schätze, daß es so kommen mag; aber die Sicherheit habe ich nicht.



Bundeskanzler Dr. Erhard
) Denken Sie doch an die Gespräche, die in den letzten 10, 15 Jahren geführt worden sind. Wie war das denn mit der Dollarlücke als einer ewigen europäischen Krankheit? Die besten Sachverständigen, die Ökonometriker aller Sorten, haben sich zusammengesetzt und das ausgerechnet. Und wie war es denn mit der europäischen unlösbaren Energienot? Da haben gewiß gute Volkswirtschaftler mitgearbeitet, aber sie haben sich geirrt, grundsätzlich geirrt. Das waren aber immerhin noch Bereiche, in denen man vielleicht mit einiger Sicherheit hätte spekulieren und die Dinge rechnerisch erfassen können. Aber wenn ich den Gesamtbereich der Wirtschaft überblicke, dann muß ich sagen: da planen Sie einmal! Sie wollen es gar nicht, ich unterstelle es Ihnen auch nicht; aber dann unterschieben Sie mir bitte nicht, daß ich mir untreu geworden wäre, wenn ich bereit bin, im Bereich der öffentlichen Hand auch solchen Überlegungen zuzustimmen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Im übrigen — das wird Ihnen auch Kollege Schmücker sagen, mit dem ich darin durchaus einig bin —: wir stehen zu dem Finanzsachverständigengutachten durchaus positiv. Ich habe das auch schon wiederholt zum Ausdruck gebracht. Aber dieses Finanzgutachten besagt z. B. auch in bezug auf den Kapitalmarkt, daß eben eine Straffung erfolgen müsse und daß hier mehr Konzentration unter allen Umständen erforderlich ist. Da wird also nicht nur der Bund angesprochen, sondern da werden die Dinge auf das rechte Maß zurechtgerückt. Es wird darin eine Gesamtverantwortung und ein gemeinverbindliches Handeln für Bund, Länder und Gemeinden aufgezeigt.
Zum Schluß! Wenn Sie den Bergbau nennen, dann darf ich Sie fragen: wie sähe es wohl heute im Bergbau aus, wenn wir Ihre Linie, der Linie der Opposition, gefolgt wären? Die Kohle wäre dann so teuer geworden, daß sie überhaupt nicht mehr zu retten gewesen wäre. Unsere Energiepolitik — das betone ich hier mit allem Nachdruck — hat durch die unerhörte Produktivitätssteigerung jedenfalls die Voraussetzungen ermöglicht, daß wir uns heute noch fruchtbar über die Zukunft der deutschen Kohle unterhalten können. Aber wenn eingetreten wäre, was Sie gefordert haben und was — von vielen Seiten — an uns herangetragen worden ist, dann gäbe es heute keine deutsche Kohle mehr, dann könnten wir die Schächte zuschütten.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0504219900
Das Wort hat der Herr Bundeswirtschaftsminister.

Dr. Kurt Schmücker (CDU):
Rede ID: ID0504220000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich halte sehr viel davon, wenn man in allgemeiner Grundsatzaussprache alle wirtschaftspolitischen Themen anspricht und sich mit dem auseinandersetzt, was gestern gewesen ist und was morgen möglicherweise geschehen kann. Das ist auch einfacher, als die Fragen des Tages anzuschneiden. Bei den Tagesfragen steht man in der Verbindlichkeit, eine Aussage treffen zu müssen, die jeder kontrollieren kann.
Ich möchte mit den Darlegungen des Kollegen Westphal beginnen, mit dem Antrag der SPD zur Kohlepolitik. Ich begrüße die Bereitschaft, der Bundesregierung offenbar eine noch größere Unterstützung zu geben. Herr Westphal, wissen Sie, warum ich das begrüße? Weil ich in der Öffentlichkeit mehr mit denen zu tun habe, die sich darüber aufregen, daß die Bundesregierung in einem unbegreiflichen Ausmaße in einen strukturpolitischen Prozeß eingreift, von dem man sagt, daß er unabwendbar sei. Ich bin der Meinung, daß diese Argumentation, die seltsamerweise hier im Hause kaum hochkommt, die aber draußen die öffentliche Meinung stärker beherrscht als die Darstellung, die Sie gegeben haben, falsch ist. Darum möchte ich wiederholen, daß es das Ziel der Bundesregierung ist, den Bergbau zu konsolidieren, ihn aber auch der Marktwirtschaft wieder näherzubringen, — ich sage ja gar nicht: ihn unterzuordnen, aber: ihn näherzubringen. Das wäre möglich, indem wir uns auf Sozialmaßnahmen für die Arbeitnehmer beschränkten. Ich darf sagen, daß es ein großzügigeres Programm — Herr Katzer wird dazu noch einiges ausführen — für die Bergleute bisher in der deutschen Arbeits- und Sozialgeschichte kaum gegeben hat. Wir greifen nicht zurück auf die bestehenden Einrichtungen, sondern tun ein Zusätzliches. Ich möchte hinzufügen: es wäre möglich, diese Seite des Problems voll zu lösen. Ich glaube aber nicht, daß das gerechtfertigt wäre. Denn die Unternehmen haben zu Zeiten der Unterversorgung in einer bewundernswerten Art und Weise, sicherlich auch dank der Führungskunst der Regie: rung, maßgehalten. Sie hätten damals Gewinne erwirtschaften können, die sie heute in die Lage versetzen würden, alle Sorgen rein unternehmerisch abzuwickeln. Das haben sie nicht getan. Sie durften es nicht tun. Also glaube ich, daß wir gehalten sind, jetzt von Staats wegen, da die' Verhältnisse genau umgekehrt liegen, auch zu helfen.
Weiterhin ist zu sagen, daß wir durch ein Stillhalten soziologische und vor allen Dingen regionalpolitische Folgerungen heraufbeschwören würden, die niemand — ich glaube, auch keiner von denen, die uns vorwerfen, wir täten hier zuviel — sich wünschen kann. Die Gefahr der Ausnutzung besteht. Sie besteht überall, sie besteht bei den besten Gesetzen. Es gibt überhaupt kein Gesetz, das Sie lückenlos gestalten können.
Aber wie ist zu helfen? Sicherlich auf Grund der Gegebenheiten — der Daten, also 12. Juli — haben Sie von der SPD so getan, als ob die Bundesregierung nichts unternähme. Ich verzichte darauf, noch einmal den ganzen Katalog vorzulesen. Er ist ja den meisten bekannt. Das Wesentliche möchte ich aber noch einmal hervorheben. Wir sind bemüht, die Verhältnisse zu konsolidieren, Daten zu setzen, nach denen sich die Bergbauunternehmer richten können. Aber wir werden ihnen keine Absatzgarantiezahl geben, wie dies vor kurzem im Bundesrat vorgeschlagen wurde. Darin sehe ich einen politischen Meinungsunterschied. Der Staat ist nicht gehalten, in die unternehmerische Tätigkeit der Firmen einzu-



Bundesminister Schmücker
greifen. Er ist allerdings wohl gehalten, den Firmen eine bessere Marktübersicht und eine Marktstützung zu ermöglichen. Darum lehnen wir eine Garantiezahl als solche ab. Wir haben jedoch, wie gesagt, einen Datenkranz gesetzt, — einen Datenkranz, der recht bemerkenswert ist, so bemerkenswert, daß ihn viele ablehnen.
Nun sind Sie auf einen heiklen Punkt gekommen. Ich begrüße das sehr. Daß Sie ihn mit einer Vielzahl von Vorwürfen verbinden, ist Ihr gutes Recht. Sie wissen wie ich, daß es vor zwei oder drei Jahren noch völlig aussichtslos gewesen wäre, im Montanbereich die Integration durchzuführen, die sich jetzt in Brüssel anbahnt. Die Interessenlage war einfach zu unterschiedlich. Jetzt kann es gelingen, durch die Gegenüberstellung der Positionen zu einer besseren Lösung zu gelangen. Ich wiederhole, was ich häufig gesagt habe: ich vermag nicht einzusehen, daß man sich über Marktordnungen für nicht eßbare Zierpflanzen oder Orangen unterhält, aber das Problem der Kohle nicht lösen will.
Der geeignete Zeitpunkt ist genutzt worden. Wir werden in Luxemburg im Juli über diese Dinge sprechen. Sie sagen, das sei ein sehr geschickt gewählter Termin. Ich danke Ihnen dafür, daß Sie mir die Fähigkeit unterstellen, so die Termine mit den anderen fünf Partnern abzusprechen.
Aber der Zusammenhang ist tatsächlich in anderer Beziehung bemerkenswert. Sie wissen, daß wir für Juli das Schlußpaket erwarten, und nun meine Bitte an Sie: ich glaube nicht, daß es im Interesse einer Stärkung der deutschen Verhandlungsposition liegt, die von Ihnen angeregten Änderungen im Haushalt vorzunehmen. Ich will Ihnen, Herr Westphal, gern zugestehen, daß das möglicherweise der Weg sein wird, den wir gehen müssen. Aber dann wählen Sie doch den richtigen Zeitpunkt und überlegen Sie mit den Kollegen der anderen Fraktionen, ob es nicht doch besser wäre, das in einem Entschließungsantrag auszudrücken!

(Zustimmung in der Mitte.)

Ich glaube auch nicht, daß es richtig ist — ich wollte mich nicht nur auf die Kokskohle beziehen —, jetzt das Problem der Erdöldarlehen und -zuschösse so einfach vom Tisch zu fegen. Es ging doch nicht nur darum, die Rohstoffbasis dieser Industrie zu erweitern. Ihr sollte auch eine Ablösung für die ausgefallene Zollpräferenz gegeben werden. Wir stehen doch in Treu und -Glauben, und Sie sollten der überbeschäftigten Regierung — das ist ja nicht eine Person, sondern eine Vielzahl von Beamten — die Möglichkeit geben, einmal mit den betroffenen Wirtschaftskreisen zu überlegen, welche Konsequenzen aus einem Ereignis dieser Tage zu ziehen sind. Auch das habe ich Ihnen nicht bestritten. Ich wäre sehr dankbar, wenn alle Wirtschaftspolitiker diese Zusammenhänge einmal offen diskutierten und bei künftigen Maßnahmen auch berücksichtigten. Auch aus wirtschaftspolitischen Überlegungen sollten wir uns bemühen, etwas manövrierfähiger zu werden, etwas mehr disponible Masse zu gewinnen und das eine oder andere zu tun. — Sie nicken mir freundlicherweise zu, Herr Schiller.
Dann dürften wir aber auf anderen Gebieten nicht so spendabel sein. Wenn wir in der Wirtschaftspolitik Mittel haben wollen, um etwas zu tun, müssen wir in anderen Bereichen etwas vorsichtiger sein. Wir dürfen nicht so spendabel sein — ich wiederhole es.
Nun zu den Ausführungen des Kollegen Gewandt, und damit komme ich auch zu Ihren Ausführungen, Herr Schiller.

Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0504220100
Gestatten Sie eine Frage?

Dr. Kurt Schmücker (CDU):
Rede ID: ID0504220200
Ja, sicher.

Dr. Karl Schiller (SPD):
Rede ID: ID0504220300
Darf ich eine Frage zur Verdeutlichung stellen: Herr Minister, welche anderen Bereiche, die zu spendabel bedacht würden, meinen Sie?

Dr. Kurt Schmücker (CDU):
Rede ID: ID0504220400
Herr Schiller, ich will das gerade erklären. Ich halte es zum Beispiel für die Dauer und schon für diesen Bundeshaushalt für wenig glücklich, daß wir Zinssubventionen in der Höhe von 650 Millionen DM haben. Ich komme gleich noch auf dieses Streichquartett, wie ,Sie es hinter der Mauer belauscht haben. Vielleicht kann ich Ihnen auch dann einiges Erfreuliche über das Ritardando hinaus sagen. Vielleicht gibt es dort ein Forte; vielleicht gibt es auch etwas mehr.
Herr Kollege Gewandt hat eine Frage angeschnitten, die auch Herr Schiller noch sehr ausführlich behandelt hat, die Frage, wie es nun mit dem Stabilisierungsgesetz stehe. Darf ich die beiden Fragen zusammenfassen. Der Herr Bundeskanzler und Herr Kollege Dahlgrün haben gestern darauf hingewiesen, daß wir um eine Finanzverfassungsreform nicht nur nicht herumkommen, sondern uns noch in diesem Jahre mit den ersten Teilen werden befassen müssen. Ich möchte es noch einmal wiederholen. Die gesamte Wirtschaftspolitik ist ja viel mehr von der Finanzpolitik abhängig als von dem bißchen Gewerbe- und Wettbewerbsrecht, was noch übrigbleibt —, vom Außenhandel ganz zu schweigen, der uns kaum noch Einwirkungsmöglichkeiten gibt. Die wesentliche Einwirkung also können wir über die Finanzpolitik nehmen, alber auch nur dann, wenn wir eine Koordinierung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden durchführen. Wenn Herr Schiller immer wieder im Nebensatz darauf hinweist, daß natürlich nicht nur der Bund gemeint ist, aber eben diesen angreift, so wäre es mir doch lieb, wenn der Ton einmal etwas verlagert würde, denn die Ansprache, die notwendig ist, muß an die Länder und Gemeinden gehen. Dieses Haus beweist ja durch diesen Haushalt, daß es willens ist, sich im Rahmen der konjunkturpolitischen Möglichkeiten zu bewegen und nicht darüber hinauszugehen. Es wäre sehr schön, meine Damen und Herren, wenn alle diese Dinge freiwillig erzielt werden könnten. Ich glaube nicht, daß das auf die




Bundesminister Schmücker
Dauer erreichbar ist. Darum sollte durch eine Änderung der Verfassung sichergestellt werden, daß eine gemeinsame Finanzpolitik zwischen Bund, Ländern und Gemeinden gewährleistet ist, und dazu gehört auch — ich möchte das ausdrücklich sagen, Herr Schiller —, daß wir, wenn wir über Kreditbegrenzungen sprechen, niemals über eine Kreditbeschränkung für einen einzelnen Teilnehmer an der Wirtschaft reden. Wenn, dann für alle. Und da alle nur können, wenn die Verfassungsänderung vorliegt, halbe ich Ihre Frage wohl beantwortet. Wenn, dann alle.
Meine Damen und Herren, Herr Schiller hat eine Vielzahl von Gedanken vorgetragen. Er hat den Vorzug, daß er unbeschwert über gestern und über morgen reden und damit die aktuellen Dinge überspringen kann. Ich möchte mich bemühen, alles immer wieder auf den Gegenstand der Verhandlung, auf den Haushalt zurückzuführen. Ich kann das am besten dadurch, daß ich seine erste Frage nach dem klaren Kurs beantworte. Dieser klare Kurs hat doch immerhin bewirkt, daß Sie sich nach anfänglichem Zögern beim Haushaltssicherungsgesetz zu den 69 Milliarden bekannt haben und dies auch jetzt durchgehalten haben. Ich finde, dies ist ein Beweis für einen klaren Kurs der Regierung, der sich sogar soweit hat durchsetzen können, daß das Volumen des Haushalts von der Opposition mit anerkannt worden ist, allerdings mit einem sehr erheblichen Schönheitsfehler, Herr Schiller. Sie haben in Ihrer Pressemitteilung gegenübergestellt, was Sie an Mehrausgaben beantragen, und haben gesagt, wie Sie die I Dinge finanzieren wollen. Da steht unter Punkt 9: Defizitabdeckung. Herr Kollege Schiller, das ist aber konjunkturpolitisch eine ganz schlechte Sache.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Ich habe immer Wert darauf gelegt, nicht einfach von den 69 Milliarden DM auszugehen, sondern die einzelnen Positionen zu nehmen, d. h. zu sehen, wie der Haushalt gefahren wird. — Dazu kommt gleich noch einiges; Sie haben einige Anmerkungen dazu gemacht. — Wenn Sie jetzt aber diese Änderung vornehmen, ist das eine Änderung zu Lasten der konjunkturpolitischen Situation, zu Lasten der Stabilität.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Sie haben unter Punkt 10 die Erhöhung des Anleihebedarfs vorgeschlagen. Nun, es hat eine gute, heilsame Wirkung gehabt — auf Ihren Ankündigungseffekt komme ich später noch; auch Ihre Reden haben Effekte, Sie haschen manchmal danach, und sie gelingen Ihnen dann, aber wir müssen sie alle bezahlen —, daß wir gesagt haben: Wir werden nicht mehr an den Anleihemarkt herangehen. Nun aber kommen Sie mit einem neuen Titel. Das geht zu Lasten aller. Ich würde doch sehr darum bitten, daß man sich entweder statt der Punkte 9 und 10 etwas anderes einfallen läßt oder die entsprechenden Kürzungen oben vornimmt.

Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0504220500
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Dr. Kurt Schmücker (CDU):
Rede ID: ID0504220600
Ja, gern.

Dr. Karl Schiller (SPD):
Rede ID: ID0504220700
Herr Minister, wieder eine Verdeutlichungsfrage: Was meinen Sie mit den Effekten, die wir alle bezahlen müssen?

Dr. Kurt Schmücker (CDU):
Rede ID: ID0504220800
Sie haben von dem Ankündigungseffekt gesprochen. Ihre Reden lösen doch gewisse Effekte aus, was Sie sehr wohl wissen. Sie beherrschen doch dieses Spiel. Darauf habe ich angespielt. Ich werde gleich in anderem Zusammenhang noch einmal darauf zurückkommen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das beherrscht er sehr gut! Das spielt er ja nur!)

— Das haben Sie gesagt, nicht ich.

Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID0504220900
Eine Zwischenfrage bitte! Herr Minister, sind Sie sich darüber im klaren, daß das Volumen des Haushalts auch mit den 200 Millionen DM, die Sie eben erwähnt haben, nach den Beschlüssen des Haushaltsausschusses und nach dem Plafond der Veränderungen, die die SPD vorschlägt, immer noch unter dem Volumen liegt, das die Regierung vorgeschlagen hat?

Dr. Kurt Schmücker (CDU):
Rede ID: ID0504221000
Lieber Herr Westphal, das ist es doch gerade, die verflixten magischen Zahlen! Da redet man über 69 Milliarden. Ich kann eine Kürzung um eine oder zwei Milliarden vornehmen und durch Einstellung von Zinssubventionen oder Ausweichen auf den Kapitalmarkt oder ähnliche Dinge die Lage verschlimmern, und das geschieht hier. Darauf kommt es doch an. Wir wollen doch nicht nur vom Volumen ausgehen, sondern wollen uns die Einzelheiten ansehen und das Fahren des Haushalts, wie Herr Schiller es will, näher unter die Lupe nehmen. Das müssen Sie selber auch. Sie wissen, wer im Glashaus sitzt, — —!
Nun, Herr Schiller, haben Sie dankenswerterweise die Frage des Interzonenhandels angesprochen. Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mit mir darin übereinstimmen könnten, daß die Besprechung dieser Probleme sehr vorsichtig vorgenommen werden sollte. Denn ich lege Wert darauf, daß man diesen Interzonenhandel nicht allzusehr mit der Politik verquickt. Ich weiß. sehr wohl, daß die Wirtschaft Tatbestände schafft, nach denen die Politik nachher lechzen kann. Aber man sollte bei der Erörterung sehr vorsichtig sein. Darum gestatten Sie mir eine allgemeine Erklärung, die dahin geht, daß wir eine Ausweitung des Interzonenhandels, des innerdeutschen Handels nach beiden Richtungen befürworten. Das Kabinett hat mich ermächtigt, entsprechende Maßnahmen zu treffen. Dank der komplizierten Konstruktion ist das ohne viel Aufhebens möglich.
Ich lege Wert darauf, daß wir den Interzonenhandel als innerdeutschen Handel bezeichnen und lehne es hier wie in Brüssel und an jedem anderen



Bundesminister Schmücker
Ort ab, aus dem Interzonenhandel eine Art Außenhandel zu machen.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

Wenn dieser Interzonenhandel ein innerdeutscher Handel ist, dann muß auch die deutsche Wirtschaft die Waren aus der Zone als deutsche Waren akzeptieren und ihnen gegenüber nicht Vorbehalte äußern wie gegenüber Billigländern oder was weiß ich für Gebieten, denen gegenüber man auf Grund der dort herrschenden Verhältnisse Vorbehalte haben kann.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Es müssen also diese Waren als deutsche Waren auch akzeptiert und anerkannt werden.
Ich möchte noch hinzufügen, daß wir hoffen, vor allen Dingen im Anlagengeschäft — eigentlich ein häßliches Wort in diesem Zusammenhang —, also im Bereich der Investitionsgüter zu einer Ausweitung zu kommen. Nun ist das gar nicht so einfach, weil die Konsequenzen natürlich nicht nur von uns, sondern auch von Pankow gesehen werden. Alle die Hinderungen, die bisher bestehen, sind ja nicht von unserer Seite gesetzt worden, sondern sind aus politischen Gründen von der anderen Seite gesetzt worden. Wir müssen versuchen, trotzdem eine Ausweitung zu ermöglichen. Das wird nur Schritt für Schritt denkbar sein. Wir haben die Vollmachten vom Kabinett erhalten, und die entsprechenden Instanzen werden entsprechend verfahren. Ich bin gern bereit, in den Ausschüssen darüber in allen Einzelheiten zu berichten.
Nun kämen wir zu den drei Punkten. Ich bin nicht der Meinung von Herrn Schiller, daß wir uns in einer so schwierigen Situation befinden, wie er es dargestellt hat. Von einer Stagnation kann keine Rede sein. Wenn man die wirtschaftlichen Verhältnisse in den Nachbarländern betrachtet, Herr Schiller, dann kann man sich ungefähr ausrechnen — auch wenn man bei mittelfristigen Planungen vorsichtig ist —, wie die wirtschaftspolitischen Debatten im nächsten Jahr aussehen werden.
In einem Punkte muß ich Ihnen — auch der Herr Bundeskanzler hat es getan — sehr nachdrücklich widersprechen. Sie gestehen zwar in Nebensätzen und in ruhigen Passagen immer wieder zu, daß die Bundesregierung nicht die allein zuständige und verantwortliche Instanz sei. Aber darauf kommt es doch in diesem Augenblick nicht an. Es kommt darauf an, daß man den Appell gleichzeitig und gleichmäßig an alle richtet. Wenn Sie appellieren, dann sprechen Sie nur zur Regierungsbank und zu den Regierungsparteien, aber Sie nehmen sich sehr wohl in acht, abgesehen von einigen Verbänden, von denen Sie sich offenbar nicht so sehr viel versprechen, alle Teile hier anzusprechen. Herr Schiller, es läßt sich doch nicht bestreiten, daß — wie Sie es selber auch gesagt haben — das Gelingen dieser Politik davon abhängig ist, daß alle an der Wirtschaft Beteiligten sich hier engagieren. Dann muß man auch den Appell entsprechend aussprechen und darf nicht fortgesetzt sagen: „Nun, die Gewerkschaften durften, sie mußten sogar angesichts einer zurückliegenden Konjunktur. Nein, es ist in der Tat so: das, was wir uns bisher geleistet haben, geht bereits über das hinaus, was das ganze Jahr zur Verfügung steht. Der Herr Bundeskanzler hat die Rechnung aufgemacht. Runden wir sie ab: 20 Milliarden stehen zur Verfügung. Die sind praktisch schon konsumiert, und wir haben für die übrigen Bereiche nichts mehr zur Verfügung. Das muß doch gesagt werden. Man kann das doch nicht aus irgendwelchen Überlegungen heraus immer wieder verniedlichen, und ich bitte Sie, das künftig etwas mehr zu berücksichtigen.

(Abg. Dr. Schiller: Darf ich eine Frage stellen?)

— Ja!

Dr. Karl Schiller (SPD):
Rede ID: ID0504221100
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß mehrere Mitglieder des Vorstandes der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands sich zu Anfang dieses Jahres mehrere Male im Sinne des Sachverständigengutachtens, im Sinne einer gesamtwirtschaftlichen Orientierung, auch an die verschiedenen Gewerkschaften gewandt haben?

Dr. Kurt Schmücker (CDU):
Rede ID: ID0504221200
Herr Kollege Schiller, auch das wird in hübschen Nebensätzen sehr leise geschehen sein.

(Zurufe von der SPD: Na, na!)

Ich will nicht bestreiten, daß es geschehen ist. Ich kann es auch nicht bestätigen.
Aber die Kernfrage, die hier gestellt wird, ist doch einfach folgende: Wir haben einen Zuwachs, wenn wir über ihn hinausgehen, dann inflationieren wir.
Das weitere Problem ist dies: daß das Arbeitsleben sich dadurch verkürzt, daß die Ausbildungen länger werden, und daß Gott sei Dank die Lebenserwartungen größer werden. Hier ist also immer die Frage der Arbeitsleistung angesprochen. Dieser Frage weichen Sie aus, das überlassen Sie immer wieder uns, das überlassen Sie dem Herrn Bundeskanzler; und wenn er das sehr deutlich ausspricht, dann wird er von allen Seiten kritisiert.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Wir werden, wenn wir alles das, was wir uns vorgenommen haben, erfüllen wollen, dieser Tatsache Rechnung tragen müssen. Die Tatsache ist ganz einfach, daß wir mit der gegenwärtigen Produktivität, oder sagen wir es einfach auf deutsch: Arbeitsleistung nicht ausreichen, um all das zu vollbringen, was wir uns vorgenommen haben oder was parteipolitische Programme ankündigen.
Nun — ich möchte es nicht allzusehr ausdehnen — zur mittelfristigen Finanzpolitik. Herr Schiller, ich habe in der Tat den Eindruck, daß man hier nach wie vor etwas aneinander vorbeiredet. Natürlich sind mittelfristige Planungen nötig. Als ich dies in Brüssel ausführte, habe ich großen Wert darauf gelegt, immer wieder zu betonen, daß die mittelfristige Planung einfacher ist als die ständige Anpassung an die Veränderung der Verhältnisse. Und darin liegt doch die große Gefahr. Haben Sie einmal eine mittelfristige Planung aufgestellt, haben Sie gewisse



Bundesminister Schmücker
Zahlen genannt, dann stehen diese Zahlen magisch im Raum, und die Leute richten sich nach ihnen fast ohne Nachdenken. Das war der Fehler mit den 6 01o, das war der Fehler mit den 140 Millionen t, und das wird immer der Fehler sein, wenn man solche Zahlen aufstellt. Darum ist es viel vernünftiger, daß man die Notwendigkeit der Anpassung deutlicher herausstellt, und nicht so tut, als könnte man sich in einer Rahmenplanung absolut sicher bewegen. Das ist nicht der Fall, und darum sollten wir diese Dinge nicht falsch bewerten.
Natürlich müssen Vorstellungen erarbeitet werden, und auch die Kabinettskommission hat solche Vorstellungen erarbeitet. Sie haben gesagt, Sie hätten hinter der Mauer etwas von der Musik gehört. Nun, Herr Schiller, ich komme da wieder auf Ihren Ankündigungseffekt. Die Mitteilung über die Aufgaben dieser Kommission und die freimütige Darstellung der finanziellen Verhältnisse hat sich nachteilig ausgewirkt. Denn während wir hier über einen soliden Haushalt beraten, der von Ihnen, meine Damen und Herren, auf 69 Milliarden DM beschränkt worden ist, kümmern wir uns um die Möglichkeiten der nächsten Jahre und nennen dabei Zahlen, die natürlich beängstigend sind, die aber in den endgültigen Haushalt auf keinen Fall eingehen werden. Durch die öffentliche Darstellung entsteht jedoch der Eindruck, daß eine Unentschlossenheit bestehe, und Sie, meine Herren von der SPD,' nehmen ja auch gern die Gelegenheit wahr, einen solchen Eindruck zu verstärken. In Wahrheit geht es jetzt um diesen Haushalt, aber doch nicht um die Arbeiten, über die Ihnen dann in der entsprechenden Debatte berichtet werden wird. Die Dinge werden durcheinandergeworfen, und so entsteht der Eindruck, als sei keine klare Konzeption vorhanden. Natürlich, Herr Schiller, ist eine Prioritätenliste vorhanden; aber ich kann doch nicht heute über die Dinge sprechen, die Ihnen morgen vorgelegt werden. Und das ist es, was ich Ihnen vorwerfe — ich wiederhole: vorwerfe —, daß Sie selten über die Dinge sprechen, die zur Debatte stehen, und sich für Ihre Vorwürfe immer Gegenstände aussuchen, die Ihnen erst morgen vorgelegt werden sollen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Natürlich ist eine Prioritätenliste vorhanden, und wir werden uns dabei sicher noch manches Wort zu sagen haben, Herr Schiller. Wenn wir uns in dieser Kommisison — die natürlich, das ist bei uns so Brauch, eine saloppen Namen bekommt, „Streichquintett" — auch mit dem Streichen befassen, so wird das Wesentliche doch sein, Ihnen darzutun, was wir mit den 3 oder 4 Milliarden DM, die mehr aufgebracht werden sollen, tun wollen. Ich muß Ihnen sagen: Die Summe all der Dinge, die wir uns vorgenommen haben, ist größer als die Mittel, die zur Verfügung stehen; wir müssen also über den Zuwachs hinaus noch etliches streichen. Das ist die zweite, und ich gebe gern zu: die schwierigste Tätigkeit. Die Vorlage darüber werden Sie bekommen.
Nun haben Sie noch einiges zur Kreditpolitik gesagt. Es läßt sich nicht bestreiten, daß diese Restriktionspolitik mit höheren Zinsen kostensteigernd wirkt, und es ist richtig, daß man sich zu überlegen hat, wann der geeignete Augenblick der Umstellung gekommen ist. Ich bin nicht der Auffassung, daß dieser Augenblick schon gekommen ist; denn der Rückgang, die Rezession in der Wirtschaft ist ja keineswegs so groß, wie das in einem gewissen Zweckpessimismus dargestellt wird. Ich verzichte wegen der fortgeschrittenen Zeit darauf, .das mit Zahlen zu belegen. Ich glaube, daß wir gehalten sind, die Restriktionspolitik noch eine Weile weiterzuführen, daß wir aber selbstverständlich — Sie haben selber, Herr Schiller, das Wort vom Ankündigungseffekt gesprochen, bedenken Sie das doch einmal — auch gehalten sind, im geeigneten Augenblick die Umstellungen zu besorgen. Ich glaube, daß Sie darauf rechnen dürfen, daß dies geschehen wird. Wenn schon bei Ihnen das Vertrauen zur Bundesregierung nicht so groß ist — das nehme ich Ihnen nicht übel —, so haben Sie doch so viele Beteuerungen zur Bundesbank hier abgelegt, daß Sie vielleicht von dort her das Vertrauen schöpfen können.
Ich möchte zum Schluß kommen und möchte noch einmal sagen, daß bei all den wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die angekündigt und ergriffen werden, natürlich berücksichtigt werden muß, wie sie auf die Offentlichkeit wirken. Ich muß Ihnen sagen, Herr Schiller, diese Schwarzmalerei,

(Zuruf des Abg. Dr. Schiller)

— nun, ist der Ausdruck „Sterbelager des Kapitalmarkts" etwa keine Schwarzmalerei; mir fällt kein noch weitergehender Ausdruck ein — ist gefährlich und löst Effekte aus, unter denen Sie selber zu leiden haben werden. Dabei nützt es gar nichts, sondern, im Gegenteil, verschlimmert es noch, daß Sie an Stelle von Argumenten viele Zahlen bringen, — auf jeden Fall Hinweise, mit denen keiner etwas anfangen kann, aus denen man keine Besserung herauslesen . kann. Ich möchte Sie herzlich bitten, auch Ihre Verantwortlichkeit mit zu sehen; denn jede Rede, die Sie hier halten, hat eine wirtschaftspolitische Auswirkung. Ihre letzten Ausführungen hier gingen nach meiner Meinung etwas über das hinaus, was man in diesem Zeitpunkt riskieren kann.
Zusammenfassend darf ich sagen, daß es gerade das eigentliche Problem unserer gegenwärtigen Wirtschaftspolitik ist, daß unsere Auseinandersetzung zu inkonsequent geworden ist. Man nörgelt immer nur am andern herum, statt selbst zur Stabilität beizutragen. Jeder tut so, als wäre er nur derjenige, der sich an die Entwicklung der Preise anpaßt, und als wäre er nicht zugleich auch derjenige, der durch sein eigenes Verhalten kräftig mithilft, die Ausgaben der öffentlichen Haushalte aufzublähen, die Lohnkosten zu steigern, die Preise hochzutreiben oder sie künstlich hochzuhalten. Wir sollten doch endlich fortkommen von dieser, wie ich meine, nicht ganz ehrlichen Diskussion und den Tatsachen mehr ins Gesicht schauen.
Die öffentlichen Haushalte in Bund, Ländern und Gemeinden müssen auf der Ausgabenseite auch künftig gekürzt werden. Ich werte es als ein gutes Zeichen, daß der Ansatz der Regierungsvorlage für den Haushalt 1966 noch gekürzt werden konnte, und ich hoffe auf die gleiche Bereitschaft dieses Hohen



Bundesminister Schmücker
Hauses für den schwierigen Ausgleich in den kommenden Jahren. Ich appelliere zugleich an alle Verantwortlichen in den Ländern und Gemeinden, diesem Beispiel zu folgen und beim Vollzug der Haus. halte noch weiter zu bremsen und den Kapitalmarkt zu schonen.
Ich appelliere aber in gleicher Weise auch an die Tarifpartner, den Kostendruck in der deutschen Wirtschaft nicht durch übermäßige Lohn- und Arbeitszeitforderungen zu verstärken. Gerade weil wir uns in einer abschwächenden Konjunktur befinden und die Kreditpolitik noch weiter bremsen muß, ist die Kostenentwicklung jetzt ein Zentralpunkt der Stabilisierungsbemühungen. Ich appelliere aber nicht zuletzt auch an die Unternehmer, nicht rigoros alle kurzfristigen Chancen zu Preissteigerungen am Markt auszunutzen. Es ist ein gefährliches Zeichen und nicht nur mit dem Kostendruck zu begründen, daß im ersten Quartal 1966 die industriellen Erzeugerpreise um 1 % gestiegen sind. So wichtig ein gewisses Maß an Selbstfinanzierung auch ist, die deutsche Wirtschaft muß sich daran gewöhnen, daß die Zeit der hohen Selbstfinanzierungsraten vorbei ist.
Meine Damen und Herren, wir werden die Aussprache am runden Tisch, die wir mit den Repräsentanten der großen Gruppen begonnen haben, fortsetzen, weil das die einzige Möglichkeit zu einer Koordinierung und damit zu einer wirksamen Stabilisierung ist. Ich hoffe, daß Sie diese Bemühungen durch Ihre Entscheidungen und Ihre Diskussionsbeiträge unterstützen werden. Ich hoffe das insbesondere, weil die Bundesregierung Ihnen in den nächsten Wochen das angekündigte Stabilisierungsgesetz vorlegen wird.
Die bisherige Diskussion in der Öffentlichkeit hat gezeigt, daß wir auch hier wieder viele Grundsatzfreunde haben, die im Grundsatz zustimmen, die aber den sie selbst betreffenden Teil dann ablehnen. Wir müssen weg von dieser selbsttrügerischen Einstellung, die da ständig von der Bundesregierung Maßnahmen fordert, aber wenn es konkret wird, sich immer wieder auf ein ja aber zurückzieht. Was wir brauchen, ist nach beiden Seiten hin ein wirksames konjunkturpolitisches Instrumentarium, das der Bundesregierung und der Bundesbank die Möglichkeit für ein schnelles und rasches Handeln gibt. Wer sich diesem Weg widersetzt, dessen Forderungen nach Stabilität können nicht ernst genommen werden. Ich will mit diesem Appell an die Rückkehr zur ehrlichen Auseinandersetzung und zur ernsthaften Mitarbeit auf allen Seiten keineswegs von der Verantwortung der Bundesregierung ablenken, im Gegenteil, sie dadurch unterstreichen. Aber wir können die Stabilität in unserer freiheitlichen Wirtschafts- und Sozialordnung nur sichern, wenn mit redlichen Argumenten gefochten wird und wenn auf allen Seiten ein Mindestmaß an eigenem Opfer und eigenem Beitrag erbracht wird. Das sollten wir hier in diesem Hohen Hause für uns alle gelten lassen, das sollten wir aber auch der Bevölkerung sagen, statt ihr mit unehrlichen Vorwürfen wie dem Vorwurf des Mangels an wirtschaftspolitischer Führung und Untätigkeit der Bundesregierung vorzugaukeln, es gebe ein Patentrezept, wenn es die Bundesregierung nur wolle.

(Abg. Wehner: Was heißt unehrlichen? — Sie könnnen sagen „unsachlichen", aber nicht unehrlichen! — Abg. Hermsdorf: Das dürfen Sie sich alles erlauben! — Abg. Erler: Das nennen Sie dann eine redliche Debatte? — Weiterer Zuruf von der SPD: Hüter der Redlichkeit!)

— Ach, Herr Hermsdorf, ich will Ihnen mal was sagen.

(Zuruf des Abg. Hermsdorf und weitere Zurufe von der SPD.)

— Sie lassen mich ja gar nicht zu Worte kommen; ich will Ihnen ja darauf antworten. Ich halte es für nicht ehrlich, wenn man immer nur auf eine Seite einwirkt und wenn man zwar in Nebensätzen betont, alle seien verantwortlich, aber dann, wenn der Appell kommt, sich in Angriffen nur gegen den Bundeskanzler richtet.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Meine Herren, was die Ausdrucksformen angeht, bin ich doch recht bescheiden gegenüber dem, was ich mir von Ihrer Seite hier bisher schon habe bieten lassen müssen.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD: Was heißt denn das? — Weitere Zurufe von der SPD.)

Aber es gibt nur ein Patentrezept, und das heißt, sowohl vor der Öffentlichkeit — —

(Abg. Hermsdorf: Sie sind regelrecht unverschämt, das muß ich Ihnen doch jetzt einmal sagen! — Abg. Erler: „Unehrlich" ist von uns noch nie behauptet worden!)

— Herr Kollege Erler, es gibt sogar einen Fall, daß ich dreimal hier aufs Podium gehen mußte, bis ich erreichen konnte, daß der betreffende Kollege von Ihnen den Vorwurf der Lüge zurücknahm.

(Abg. Hermsdorf: Vielleicht nehmen Sie dann auch den Vorwurf der Unehrlichkeit zurück!)

— Jawohl, dreimal so lange hat es gedauert, und ich mußte erst hingehen.

(Abg. Hermsdorf: Sie haben doch nicht das Privileg, hier in diesem Hause allein gemein zu werden!)

— Das Privileg habe ich überhaupt nicht, weder ich noch Sie.

(Abg. Hermsdorf: Aber Sie tun es am laufenden Band!)

Ich sage es Ihnen noch einmal: ich halte es nicht für ehrlich, wenn man in Nebensätzen alle anspricht, sich aber in dem direkten Appell nur an die Regierung wendet. Es kommt darauf an, daß man alle anspricht.

(Abg. Hermsdorf: Wenn das Ihre Art ist, dann halte ich, muß ich Ihnen sagen, Ihre ganze Rede für unehrlich!)




Bundesminister Schmücker
— Das können Sie mir ruhig sagen, Herr Hermsdorf.

(Abg. Hermsdorf: Die Art, wie Sie hier diskutieren, ist eines Ministers unwürdig!)

— Herr Hermsdorf, Sie haben gestern unter dem Beifall meiner Freunde gelitten; revanchieren Sie sich heute damit, daß Sie mich scharf angreifen.
Ich möchte noch einmal sagen, daß es kein Patentrezept gibt, sondern daß man sowohl bei der öffentlichen Hand als auch bei den Gewerkschaften und der unternehmerischen Wirtschaft größere Zurückhaltung bei den Ausgaben und den Forderungen üben muß. Wenn wir das nicht tun, meine Damen und Herren, wird es niemand schaffen. Die Bundesregierung kann es nicht allein. Alle müssen mitwirken, und nur wer sich dazu bekennt, der sagt ehrlich, was die Wahrheit ist.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0504221300
Es gab zwar gelegentlich scharfe Zwischenrufe und scharfe Repliken, aber ich habe keinen Grund gesehen, irgend etwas zu rügen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Pohle.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0504221400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Herren Sprecher der Opposition haben hier gestern und heute die Regierung zu einer Art Rechenschaftsbericht aufgefordert. Es ist das gute Recht der Opposition, die zweite Lesung des Bundeshaltsgesetzes zu einer derartigen Betrachtung zu benutzen. Immerhin müssen die Ausführungen in einem gewissen Zusammenhang mit der zur Verabschiedung anstehenden Materie stehen. Ich finde, gestern ist es, zwar auch erst nach etwas Mühe, wenn auch auf einem kürzeren Weg als dem heutigen dem Herrn Kollegen Erler gelungen, den Anschluß an den Spezialhaushalt des Bundeskanzlers und des Auswärtigen Amtes zu finden. Der Weg, den der Herr Kollege Schiller heute eingeschlagen hat, war etwas länger, denn er kam erst nach etwa einer Stunde auf den Einzelplan des Bundeswirtschaftsministers zu sprechen. Ich möchte aber zu seinen Ausführungen und denen der übrigen Herren, die für die Opposition gesprochen haben, einiges bemerken. Ein anderer Sprecher meiner Fraktion wird noch auf die wirtschaftspolitischen Daten näher eingehen.
Die wirtschaftspolitischen Daten, die von der Opposition gesetzt wurden, rankten im wesentlichen um die Erhöhung des Preisniveaus. Diese Erhöhung ist unbestreitbar. Nicht richtig aber ist es — und ich schließe mich den Worten des Herrn Bundeskanzlers und auch des Herrn Bundeswirtschaftsministers an —, in diesem Zusammenhang die Bundesregierung als hilflos oder gar als mitschuldig zu bezeichnen. Die großen preiserhöhenden Blöcke sind von den Sprechern der Opposition selber genannt worden; sie liegen nicht oder nur zum kleinsten Teil auf dem industriellen Sektor. Es handelt sich insbesondere um Mieten, Ernährungskosten und Kapitalzins. Die Gründe, die dafür maßgebend waren, daß sich gerade in diesen Bereichen Preiserhöhungen ergeben haben, sind uns allen bekannt. Ich brauche darauf nicht näher einzugehen. Wenn man diese drei Blöcke für sich betrachtet, wird man sagen müssen, daß die Regierung an der Erhöhung dieser Blöcke die wenigste Schuld trifft.
Daß dabei das Lohnproblem angesprochen werden muß, hat soeben der Herr Bundeswirtschaftsminister zum Ausdruck gebracht. Ich kann mir nicht versagen, an dieser Stelle darauf hinzuweisen, daß in dem Augenblick, als wir hier am Ende der letzten großen Debatte über das Sachverständigengutachten standen und weite Kreise meiner Fraktion geneigt waren, dem Bundeskanzler bei seiner These zu folgen, 4 % seien besser als 6, in Reinhardtshausen von den Tarifpartnern die Vereinbarung unterzeichnet wurde, in der eine 6 % ige Lohnerhöhung für die Metallindustrie festgesetz wurde, also mehr als die Erhöhung des Bundeshaushalts 1966 im Verhältnis zu den Istausgaben des Bundeshaushalts 1965 darstellt.
Die Bundesrepublik verdankt ihre innerpolitische Festigkeit in erster Linie der Tatsache, daß es in den vergangenen 18 Jahren keine ernsthafte konjunkturelle Störung oder gar einen länger anhaltenden Wachstumsstillstand gegeben hat. Ich will auf das, was in den letzten 18 Jahren geleistet worden ist, nicht näher eingehen. Es wäre nicht möglich gewesen, ein System sozialer Sicherheit aufzubauen, dessen Leistungen in der Welt einzigartig dastehen, 12 Millionen Vertriebene und Flüchtlinge aufzunehmen, den revolutionären Schrumpfungsprozeß in der Landwirtschaft durchzuführen, den Wandlungen auf dem Energiemarkt zu begegnen, wenn nicht in dieser gleichen Zeit ein erhebliches Wachstum vorhanden gewesen wäre. Verglichen mit diesen großen Leistungen der deutschen Volkswirtschaft — nehmen wir den Wiederaufbau der deutschen Städte und den Ausbau der Bundeswehr hinzu — sind die Preiserhöhungen, die jetzt der Regierung angekreidet werden sollen, das kleinere oder überhaupt kein Übel. Die Preiserhöhungen haben im übrigen, wenn man die Lage realistisch betrachtet, bisher — ich sage nicht, daß sie für die Zukunft nicht ernst zu nehmen sind — weder die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie auf den Auslandsmärkten erheblich beeinträchtigt noch — das ist sicherlich richtig, die Zahlen sprechen dafür — den Sparwillen des deutschen Volkes geschmälert.
Nach unserer Ansicht ist die Aufrechterhaltung eines stetigen Wirtschaftswachstums absolut wesentlich; sie ist ebenso wesentlich wie die Aufrechterhaltung der Stabilität. Aber die Stabilität ist nicht deshalb gefährdet, weil die Preise der Industrieerzeugnisse um 1 % und Mieten sowie die Preise der Agrarerzeugnisse und anderer Erzeugnisse um 4,3 % gestiegen sind. Natürlich wissen wir, daß unser Arbeitskräftereservoir praktisch ausgeschöpft ist und daß dem Produktionszuwachs durch technischen Fortschritt wegen des Kapitalmangels Grenzen gesetzt sind. Auf der anderen Seite werden höhere Investitionen für die Infrastruktur verlangt; es wird ein höherer Konsum und ein steigender allgemeiner Wohlstand verlangt. All



Dr. Pohle
dies wird — das wissen wir auch, und das ist unsere These — nur dann zum Wohl des Ganzen realisiert werden, wenn wir vernünftig genug sind, eine Aufgabe nach der anderen anzupacken, und wenn wir uns dabei auch gewisse Selbstbeschränkungen auferlegen.
Ich bin hinsichtlich der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung durchaus nicht pessimistisch. Wir sollten aber die Dinge realistisch sehen. Wir haben Sorgen, und wir müssen aufpassen. Aber das bedeutet nach dem Befund, der uns vorliegt, durchaus nicht, daß wir auf einer absteigenden Linie sind. Es ist richtig, daß es im Augenblick in erster Linie der private Verbrauch ist, der verhindert, daß von einer Stagnation unserer Wirtschaft gesprochen werden kann. Ich nenne nur die Daten: schwächer werdende Investitionsneigung — das ist ein Negativum —, gewisse Belebung in der Auslandsnachfrage, Außenhandel vielleicht im Umschwung durch Exporte nach Italien und Frankreich — das ist ein Positivum —, und .ein zu verzeichnender weiterer kräftiger Anstieg der Einkommen als weiteres positives Element. Das Pendant dazu als Negativum ist, daß die Lebenshaltung spürbar verteuert wurde. In dieser Lage, die nicht als absolut zukunftssicher bezeichnet werden kann, sollte es unser gemeinsames Bemühen, das der Regierung, dieses Hohen Hauses und aller übrigen Volkskräfte sein, in erster Linie die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen industriellen Werke aufrechtzuerhalten, von der die Sicherheit, die Stabilität und das weitere Wachstum, d. h. das weitere Ansteigen des Wohlstandes, abhängt.
Daß die Dinge sehr komplexer Natur sind, geht auch aus den Ausführungen des Kollegen Schiller hervor, der am Anfang seiner Rede von einer abflauenden Konjunktur und hinterher von einer expansiven Wirtschaft sprach und versuchte, seinerseits diese verschiedenen Momente miteinander in Einklang zu bringen.
Ich könnte auch noch auf die von Kollegen Erler hier erneut in die Debatte geworfene Frage der Wahlgeschenke eingehen. Lassen Sie mich das aussparen. Es läßt sich aber gar nicht leugnen, daß unmittelbar nach Beginn der neuen Legislaturperiode und nach der Amtsübernahme der neuen Regierung das Haushaltssicherungsgesetz gemacht wurde, selbst wenn von der Seite der Opposition gesagt wird, das sei eigentlich gar nichts Besonderes gewesen. Natürlich wissen wir das. Es ist kein epochales Werk. Das ist uns bestens bekannt. Aber es war ein erster Schritt und die Voraussetzung für die Ausgleichung des Haushalts 1966, der heute hier zur Debatte steht.

(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)

Dieser Haushalt 1966 ist vollkommen ausgeglichen. Auch die verschiedenen Vorschläge der Opposition, an diesem oder jenem Punkte dieses oder jenes wegzunehmen und es diesem oder jenem Punkte zuzuschlagen, noch dazu unter Wiederhereinnahme der 200 Millionen aus 1965, ändern nichts an dem Grundsatz, daß erstens die Regierung einen ausgeglichenen Haushalt vorgelegt hat und daß sich zweitens darüber hinaus Regierungsparteien und Opposition — das muß durchaus anerkannt werden — im Haushaltsausschuß bemüht haben, unter dem Ansatz der Regierung zu bleiben. Es wäre besser gewesen, wenn die jetzigen Anträge unterblieben wären. Dann hätten wir das Gefühl, im Haushaltsausschuß auch mit der Opposition eine nützliche Arbeit geleistet zu haben. Wenn einzelne -Positionen nach den Vorschlägen des Herrn Kollegen Hermsdorf ausgewechselt werden sollen, so ändert das gar nichts daran, daß der Haushalt als ganzer wohlerwogen ist. Deshalb sollte man ihn so verabschieden, wie er ist, ohne in eine langwierige Debatte über Prioritäten zu geraten, die sich unweigerlich selbst bei kleinen und kleinsten Positionen anschließen müßten. Das wäre ein nutzloses Unterfangen.
Ich bin deshalb der Ansicht — und ich spreche für die CDU/CSU-Fraktion —, daß der Haushalt so, wie er von der Regierung vorgelegt ist, von uns zu begrüßen ist und daß die Verabschiedung des Haushalts nicht nur als Erfolg des Parlaments, sondern auch als Erfolg der Regierung zu buchen ist. Sie hat schließlich das Haushaltsgesetz eingebracht. Sie ist auf die Vorstellungen der Parteien im Haushaltsausschuß eingegangen. Sie hat sich in ehrlichem Bemühen um die Streichung weiterer Ansätze mitbekümmert. Er scheint mir deshalb fehl am Platze, gerade den Haushalt 1966 zum Gegenstand eines Generalangriffs auf die Regierung in wirtschafts- und finanzpolitischer Hinsicht zu machen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Ich wiederhole, das Haushaltssicherungsgesetz war nur ein erster Schritt. Das Haushaltsgesetz 1966, das die Regierung einbrachte, war der zweite. Wir sind selbstverständlich mit allen Kollegen der Opposition, die hier gesprochen haben, darüber einig, daß weitere Schritte folgen müssen. Wir sind uns darüber klar, daß wir noch lange nicht am Ende der Entwicklungskette stehen, insbesondere nach den kurzen wirtschaftlichen Daten, die ich hier gesetzt habe. Die weiteren Schritte müssen folgen, um die Erhaltung unseres Wohlstands im Griff zu behalten.
Dazu gehören erstens sehr bald einsetzende, eigentlich schon längst im Fluß befindliche Erwägungen darüber — diese Bemerkung möchte ich auch an die Adresse des Herrn Kollegen Schiller richten —, in welcher Form die Haushalte 1967, 1968, 1969 und die öffentlichen Haushalte dieser Jahre insgesamt ausglichen werden können. Zweitens geht es um die Frage, wie wir dennoch nicht zu einer Einschränkung des Wirtschaftswachstums unter Aufrechterhaltung der Stabilität kommen. Drittens — und das ist eine Grundvoraussetzung auch für die beiden anderen Punkte — steht die Frage an, wie eine Gesundung des Kapitalmarkts aussehen könnte.
Herr Kollege Schiller hat in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, daß das Gutachten über die Finanzreform vorgelegt worden sei, und daß die Regierung es bisher versäumt habe, sich zu dieser Frage zu äußern. Hierzu stelle ich fest, daß



Dr. Pohle
bei der ersten Lesung des Haushalts in diesem Hause sehr ausführlich über dieses Gutachten, insbesondere von meinem Kollegen Althammer, gesprochen worden ist. Ich glaube mich zu erinnern, daß sich auch der Herr Bundeskanzler oder der Herr Bundesfinanzminister zu diesem Gutachten geäußert haben.
Meine Damen und Herren! Dieses Gutachten ist in immerhin jahrelanger Arbeit entstanden. Es schlägt eine Reihe sehr schwerwiegender Verfassungsänderungen vor. Daß dieses Gutachten nicht von heute auf morgen hier im Plenum ohne gründliches Studium auch innerhalb der Fraktionen und innerhalb der Regierung diskutiert werden kann, ist ebenso klar. Deswegen muß ich die als Vorwurf geäußerte Behauptung zurückweisen, daß heute und hier der richtige Platz sei, über das Finanzgutachten, das auch Troeger-Gutachten genannt wird, zu sprechen. Wir entziehen uns als Regierungspartei unserer Verantwortung nicht und wünschen, die weitere wirtschaftliche Entwicklung — ich sagte es schon — im Griff zu behalten.
Gewicht und Einfluß, die die heutigen öffentlichen Haushalte auf Struktur und Entwicklung der Wirtschaft halben, werden schlagartig beleuchtet durch die Tatsache, daß 40 % des Sozialprodukts durch die öffentlichen Haushalte laufen. Davon wird für den Staatsverbrauch selbst nur der kleinere Teil, nämlich 15 % des Sozialprodukts, in Anspruch genommen. Die übrigen 25 % entfallen zu einem geringen Teil — nämlich keine 8 % — auf die Investitionen der öffentlichen Hand und zum weitaus größten Teil auf Zuschüsse, Subventionen, andersartige Umverteilung des Sozialprodukts, wozu sich der Staat aus diesem oder jenem Grunde verpflichtet fühlt. Wenn deshalb immer wieder lebhaft Klage über die Aufgliederung der staatlichen Haushalte geführt wird sowie über die Störungen, die davon auf die Wirtschaft ausgehen, und wenn die Forderung erhoben wird, die Ausgabenseite der Haushalte in Grenzen zu halten, so hat das seinen guten Sinn. Die Grenze stellt das Ausmaß des Zuwachses des realen Bruttosozialprodukts dar; aber ich denke dabei auch an die Verwirklichung der Forderung nach Begrenzung des akuten Staatsverbrauches und der staatlichen Investitionen, darüber hinaus an den Einfluß, der von den Subventionsgeldern und der Einkommensverteilung der öffentlichen Haushalte auf die Wirtschaft ausgeht. Dabei kann nicht geleugnet werden, daß die öffentliche Hand mit ihren eigenen Ausgaben — Lohn- und Gehaltspolitik, Investitionspolitik — einen erheblichen Faktor auch im gesamtwirtschaftlichen Geschehen unseres Volkes darstellt.
Niemand kann mehr verteilen, als er hat. Gehen wir von einem Bruttosozialprodukt von 440 Milliarden DM aus und beträgt der reale Zuwachs nach dem, was wir hier von allen Seiten gehört haben, auch von den Sachverständigen, 4,4 oder 4 %, so ist das ein Zuwachs von 18 Milliarden DM jährlich. Bei einer Lohn- und Gehaltssumme von insgesamt 250 Milliarden DM würde also eine 6%ige Lohnerhöhung und Einkommenssteigerung eine Erhöhung um insgesamt 15 Milliarden DM ausmachen. Dann bleiben aus dem Zuwachs für die Investitionen, auch für die privaten — und sie sind die wichtigsten Bestandteile anhaltender Konjunktur — nur 3 Milliarden DM übrig. Ich nenne .diese Zahl, um zu betonen, daß wir uns der Tragweite der Situation, in der wir uns 'befinden, voll bewußt sind.
Man muß sich dieser Situation besonders bewußt sein, wenn man die Tatsache hinzunimmt, daß sich von 1962 bis 1964 zwar die deutschen Anlageinvestitionen insgesamt von 90 Milliarden DM auf 109 Milliarden DM erhöht haben, die reinen Industrieinvestitionen — das sind aber gerade die, die Arbeitsplätze ,garantieren, die den Zuwachs und den weiteren wirtschaftlichen Fortschritt garantieren — aber in der gleichen Zeit sogar um durchschnittlich 1 0/o zurückgegangen sind. Der Zugang setzt sich also nur aus den Investitionen für die Landwirtschaft, den Energiebereich, Verkehr, Nachrichtenwesen und dergleichen zusammen.
In diesem Zusamenhang ein Wort über den hier mehrfach angesprochenen Kapitalmarkt. Wir wissen alle, daß der Kapitalmarkt gesunden muß. Ich würde ihn mit dem Bundeskanzler nicht als auf dem Totenbett befindlich bezeichnen, denn es ist praktisch nicht vorstellbar, daß es überhaupt keinen Kapitalmarkt mehr gibt. Aber wir wissen alle, daß hier die Dinge eines gründlichen Wandels bedürfen. Ich habe bereits darauf hingewiesen, daß das Konjunkturbarometer im Augenblick der Verbrauchsgüterstrom ist. Das hat uns auch die Hannover-Messe gezeigt. Dort hat die Konsumgüterindustrie ein gutes Geschäft gemacht, während die Investitionsgüterindustrie bei weitem nicht so gut zum Zuge gekommen ist.
Die Bundesbank wird gerade im Hinblick auf die durch den Konsum bedingte konjunkturelle Situation — es gibt immer noch insgesamt gesehen keine Entlastung auf dem Arbeitsmarkt, in einzelnen Branchen ist das verschieden — bei einer konjunkturellen Belebung der Konsumgüterindustrie im Augenblick keine Veranlassung haben, die Liquiditätsbremse zu lockern. Wir müssen also damit rechnen, daß das Geld in den nächsten Wochen teuer bleibt, wobei 8 1/2 bis über 9 % Zinssätze sind, die nicht mehr hingenommen werden können. Es trifft sicherlich auch zu, daß sich die Großfirmen das Geld möglicherweise in Ländern mit niedrigerem Zinssatz besorgen können, während die kleinen angesichts der Funktionsunfähigkeit des Kapitalmarktes hängenbleiben. Es sind Anzeichen dafür vorhanden, daß viel heißes Geld hereinkommt, ja, daß z. B. aus kurz „lang" gemacht wird. Das ist ein äußerst gefährlicher Weg für die Existenz des kleinen Unternehmers. Die Gefährlichkeit dieser Situation wird von uns durchaus erkannt. Gerade aus diesem Grunde sind ja der Bundeswirtschaftsminister und die anderen Ressorts damit beschäftigt, sich über das Konjunkturrahmengesetz ernste Gedanken zu machen und es zu gegebener Zeit vorzulegen.
Wenn aber eines nicht der Fall ist, wenn nämlich die öffentliche Hand sich nicht selbst Beschränkungen auferlegt, dann wird aus der Gesundung des Kapitalmarktes nur ein gutes Gerede, der Effekt wird jedoch nicht eintreten. Ich finde, daß der Bund



Dr. Pohle
gerade bei der Verabschiedung des Haushaltsgesetzes 1966 ein Beispiel dafür gegeben hat. Es ist erklärt worden, daß der Bund 1966 nicht auf den Kapitalmarkt gehen wird. Wir hoffen, daß das auch bei den Ländern der Fall ist. Das allein genügt zwar nicht, aber es ist eines der wesentlichsten Momente für eine Gesundung des Kapitalmarktes.
Dabei möchte ich auf die öffentliche Verschuldung im Rahmen dieses kurzen Beitrages in der Haushaltsdebatte nicht eingehen. Ich möchte nur einige gravierende Beispiele dafür nennen, wie weit wir noch davon entfernt sind, daß die öffentliche Hand sich auf dem Kapitalmarkt einer gewissen Zurückhaltung, einer gewissen Beschränkung befleißigt. Die Gemeinden und Landkreise, die ihre Mittel für andere Projekte ausgegeben haben, wollen z. B. unbedingt ein neues, durchaus wichtiges Gebäude, sagen wir eine Schule, errichten. Geld steht nicht zur Verfügung. Man baut also die Schule im LeasingVerfahren, so daß im Haushaltsplan nur die jährliche Miete erscheint. Solche Leasing-Gesellschaften — sind bereits bei verschiedenen Girozentralen im besten Geschäft — ein gefährlicher Weg für die öffentliche Hand. Oder: ein Bundesland möchte sich diskret Geld besorgen und tritt zu diesem Zweck an eine Geschäftsbank heran. Ich weiß, daß mehrere Banken es strikt abgelehnt haben. Ob das Land aber dann noch das Darlehen erhält, ist nicht bekannt.
Die immer noch hohe Sparrate schlägt sich in erster Linie bei den Sparkassen nieder und versetzt diese in die Lage, ihren Gewährsträgern — das sind wiederum Kreise und Gemeinden — laut Satzung günstige Kredite einzuräumen. Das sind alles Dinge, die sorgsam im Auge behalten und in den Gesamtplan eingebettet werden müssen, wenn der Kapitalmarkt gesunden soll. Dazu gehört auch, daß es nicht verständlich ist, wenn ein finanzschwaches Land, das vom Bund Ergänzungszuweisungen beansprucht, gleichzeitig unbedingt — im Gegensatz zum Bund — eine Kapitalerhöhung beim Volkswagenwerk glaubt mitmachen zu müssen.
Ich möchte mich bei den Fragen, die bezüglich des Kapitalmarkts behandelt wurden, auf diese Hinweise beschränken.
Aber noch ein Wort zu dem hier mehrfach angesprochenen Problem der Subventionen. Das ist ein äußerst schwieriges Gebiet. Es sind Vorschläge gemacht, es ist von Prioritäten gesprochen worden. Wir werden das Problem heute und beim Haushalt 1966 auf keinen Fall lösen- können, abgesehen davon, daß es für meine Begriffe sehr schwierig ist, zunächst einmal eine Definition für das Wort „Subventionen" zu finden. Auf alle Fälle kommen wir nicht darum herum — das ist auch der Standpunkt meiner Fraktion —, die ausgabewirksamen und die einnahmebeschränkenden Sachverhalte zu durchforsten mit dem Ziel, festzustellen, ob die Finanzmasse des Bundeshaushalts beschränkt werden kann.
Die Subventionen werden von Bund, Ländern und Gemeinden gleichermaßen gewährt. Ein Appell zum Abbau der Subventionen sollte sich deshalb an diese drei staatlichen Ebenen richten. Dabei kann man bestimmte Maximen aufstellen, z. B. die: keine Erhaltungssubventionen, sondern nur Anpassungsbeihilfen, keinen allzu großen Respekt vor Besitzständen an Staatsgeschenken, Klarstellung, daß in allen Bereichen Kürzungen vorgenommen werden müssen, daß das nicht einseitig zu Lasten eines Bereichs gehen darf.
Dann ist die Frage, ob es nicht zweckmäßig ist, künftig in die Finanzberichte Subventionsberichte aufzunehmen, die bei Beginn der Haushaltsberatungen vorliegen könnten. Diese Subventionsberichte könnten jeweils den Versuch unternehmen, die Subventionen für das laufende Haushaltsjahr dem Umfang nach zu berechnen. Sie wären mit entsprechenden Erläuterungen zu versehen, damit man einen besseren Überblick gewinnt, als ihn die Subventionsliste bietet, die sich jetzt im Finanzbericht des Bundesfinanzministers befindet.
Dazu gehören natürlich auch die unsichtbaren Begünstigungen im Rahmen des Steuerrechts, die zu überprüfen wären, auch im Rahmen der neuen Beratungen über das Mehrwertsteuergesetz. Aber man muß auch berücksichtigen, daß diese Überprüfung von unsichtbaren Begünstigungen im Rahmen des Steuerrechts und ihre etwaige Streichung zu einer Aufkommenserhöhung führt. Wir befinden uns also hier in einer gewissen Klemme bei unserem Bemühen um Ausgleich des Bundeshaushalts. Streichungen könnten bei den betreffenden Steuerarten im allgemeinen wie Steuererhöhungen wirken.
Auf alle Fälle scheint es mir richtig zu sein, in Anbetracht der starken Aufgabenüberlappung und -vermengung zwischen den drei staatlichen Ebenen die Subventionspolitik möglichst transparent zu machen. Man müßte deshalb fordern, daß alle Bereiche ihre offenen und verdeckten Subventionen in den Haushaltsplänen klar erkennbar machen. Darüber hinaus sollte zur Eindämmung von Maßnahmen, die der staatlichen Wirtschaftspolitik entgegenlaufen — verhindert werden, daß in bestimmten Bereichen Ersatzsubventionen vorgenommen werden, um Ausfälle in einer anderen staatlichen Ebene auszugleichen. Zudem darf eine Kumulation von Subventionen aus verschiedenen Zielsetzungen bei den einzelnen Empfängergruppen nicht eintreten. Deshalb müßte eine Koordinierung der Subventionspolitik aller drei staatlichen Ebenen sichergestellt werden. Ich erwähne dies, weil Herr Kollege Schiller und andere Sprecher der Opposition ausführlich auf die kommenden Dinge eingegangen sind, obwohl diese Frage nicht unmittelbar zum Haushalt 1966 gehört.
Ich komme zum Schluß. Wir haben in dieser Haushaltsdebatte und auch sonst — ich möchte da an etwas anschließen, was sowohl vom Kollegen Schiller wie von der Regierungsbank gesagt worden ist -gehört, daß die Weltpolitik nach wie vor voll immenser Spannungen ist. Was können wir angesichts dieser Spannungen in die Waagschale werfen? Das ist sicher einmal die Stabilität unseres politischen Gemeinwesens, unsere auf dem Grundgesetz basierende und eine gewisse Dauer verbürgende Regierung, ein fruchtbares Zusammenspiel zwischen Regierungsparteien und Opposition und der Aufbau unserer Verteidigung als Schild dafür, daß die Staatsbürger ihrer geordneten Arbeit nachgehen



Dr. Pohle
können. Das ist ferner unbestreitbar seit 20 Jahren in der Bundesrepublik die parlamentarische und demokratische Staatsordnung. Aber der dritte Pfeiler ist und bleibt die Sicherheit und Stabilität unserer Währung, gepaart mit einem vernünftigen Wirtschaftswachstum, das dringend notwendige Rüstzeug für unser Ansehen in der Welt.
Mit einem gewissen berechtigten oder unberechtigten Stolz pflegen wir immer zu sagen, daß die Bundesrepublik die drittgrößte Industriemacht und die zweitgrößte Handelsmacht der Welt sei. Auch wenn wir für meine Begriffe gut daran täten, dies bisweilen etwas weniger laut zu betonen, so steckt darin doch ein richtiger Kern, nämlich der, daß das Wirtschaftspotential ein politisches Instrument ist, das nicht nur für unser Ansehen in der Welt mit von entscheidender Bedeutung ist, sondern obendrein eine der Grundlagen — ich will wiederum nicht sagen: die alleinige — für die ideologische Auseinandersetzung mit den Thesen des Ostens. Denn diese Thesen gehen bekanntlich von Haus aus von einer ökonomischen Betrachtungsweise aus und orientieren sich an ökonomischen Prinzipien. Gerade für diese ideologische Auseinandersetzung und für unser Ansehen in der Welt wäre es verhängnisvoll, wenn wir den einzigen sicheren Pfeiler, den wir erarbeitet haben, nämlich das große deutsche Wirtschaftspotential, in irgendeiner Weise dadurch gefährdeten, daß wir mit dem Wachstum nicht die Stabilität in Einklang brächten. Insofern begegnen sich wohl alle Wünsche in diesem Hause.
Uns erwächst deshalb die vordringliche Aufgabe, alles zu vermeiden, was die Stabilität und dieses Wachstum gefährdet, und alles zu begünstigen, was der Stabilität und der Aufrechterhaltung der ökonomischen Entwicklung dient. Das war auch die Bemühung des Haushaltsausschusses, der heute zusammen mit der Regierung diesen Haushalt unter weiterer Kürzung der Regierungsvorlage zur Verabschiedung vorschlägt. Wirtschaftliche Entwicklung und wirtschaftliche Stabilität einerseits sowie Haushaltspolitik und Finanzpolitik der öffentlichen Hand andererseits gehören nun einmal unabdingbar zusammen. Ohne sie kann keine andere Art der Politik durchgeführt oder gesteigert werden. Das ist freilich eine Aufgabe, die nicht allein die Regierung betrifft, sondern auch den Gesetzgeber; sie betrifft auch nicht allein den Gesetzgeber, sondern alle gesellschaftlichen Gruppen, ja jeden einzelnen von uns. Ohne die Bereitschaft des einzelnen, sich mit seinen Ansprüchen und Wünschen in den Rahmen des Ganzen einzufügen, kann weder Wirtschaftspolitik noch große Politik gemacht werden.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0504221500
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Menne.

W. Alexander Menne (FDP):
Rede ID: ID0504221600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit den Tagen der Vorlage des Sachverständigengutachtens im Parlament und der Beratung des Bundeshaushalts im Kabinett wird eine intensive Diskussion über die Stabilität der Währung, das Wachstum der deutschen Volkswirtschaft und ihre Vollbeschäftigung in vielen Teilen unserer Bevölkerung geführt. Diese Diskussion hat leider mit sich gebracht, daß weite Kreise die Entwicklung skeptisch betrachten. In Amerika sagt man, daß man eine Konjunktur auch zerreden kann. Völlig unbegründet haben weite Kreise Mißtrauen in den Trend unserer Wirtschaft und Politik bekommen. Das beginnt sich sogar auf die Spartätigkeit auszuwirken.
Hier sollten wir unser Volk lieber aufklären und beruhigen, als durch übertriebene Behauptungen in unserer Debatte 01 ins Feuer zu gießen. Die Konjunktur ist nach wie vor in den meisten Branchen zufriedenstellend und der Übergang zu einer ruhigeren Entwicklung ist bei unserem Menschenmangel zu begrüßen.
Dies zwingt aber auch dazu, daß sich das deutsche Volk und ganz besonders die Sozialpartner dazu bereit finden, ihre Ansprüche der Verlangsamung des wirtschaftlichen Wachstums anzupassen. Das scheint mir eine wichtige Voraussetzung für eine gesunde Weiterentwicklung unserer Volkswirtschaft zu sein und ist sicher von größerer Bedeutung als die volkswirtschaftliche Gesamtplanung, die Kollege Schiller immer wieder fordert. Es kommt nur darauf an, daß die Wirtschaft weiter wächst und dabei der Geldwert stabilisiert wird.
Ich möchte mich zunächst mit dem Problem der Stabilität der Währung befassen. Unser Bundesfinanzminister hat die ihm vom Kollegen Schiller großzügig genehmigten 7 Monate nach meiner Auffassung fleißig genutzt. Der Bundeshaushalt ist nämlich auf 68,9 Milliarden begrenzt worden. Das ist ein gutes Beginnen für das Ziel, das wir alle anstreben, nämlich die Deutsche Mark zu stärken. Das Haushaltssicherungsgesetz, das die Opposition bedauerlicherweise nicht unterstützt hat, wirkt ebenfalls in diese Richtung. Das gleiche sollten aber auch die Länder und Gemeinden tun. Zur Zeit muß man noch mit Bedauern feststellen, daß die Mehrzahl dieser öffentlichen Körperschaften eine weitaus größere Steigerungsrate im laufenden Haushaltsjahr zu verzeichnen hat als der Bund. So haben die Gemeinden 6 Milliarden Kredite gegen 5 Milliarden der Wirtschaft aufgenommen. Der jetzt vom Bund langsam befolgte Grundsatz „Man kann nicht mehr ausgeben, als man einnimmt" sollte auch für Länder und Gemeinden gelten. Hier macht sich meiner Ansicht nach die durch die Besatzungsmächte bewirkte übertriebene föderative Struktur unseres Staatsaufbaues nachteilig bemerkbar. Wir erfahren dies nicht nur auf dem Gebiete der Kultur und Wissenschaft sondern besonders auch auf dem Gebiet der Finanz- und Haushaltspolitik.
Wir von der FDP fordern nicht nur ein Halt der öffentlichen Ausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden, sondern auch eine Regelung, um die Gesamtausgaben der öffentlichen Hand miteinander abzustimmen. Hier sollte man dem Gutachten über die Finanzreform möglichst rasch folgen und langfristige Finanzpläne für Bund, Länder und Gemeinden aufstellen. Dabei müssen Schwerpunkte gebildet werden — wie z. B. Wissenschaftsförderung. Das



Dr. h. c. Menne (Frankfurt)

wäre der Anfang einer konkreten Stabilisierungspolitik.
Ebenso wichtig wie die Eindämmung und bessere Verteilung der öffentlichen Ausgaben ist es aber, die Forderungen an das Sozialprodukt nicht mehr höherzuschrauben. Man wendet sich zwar mit aller Schärfe gegen Preissteigerungen, ist aber nicht bereit, sich in seinen eigenen Ansprüchen zu begrenzen. Im Haushalt 1965 sind bereits 29 Milliarden sichtbare und unsichtbare Subventionen enthalten. Alle diese Subventionen — das fordern wir — sind nach strengen Maßstäben auf ihre Berechtigung hin zu überprüfen, und vermeidbare Finanzhilfen sollten schnellstens abgebaut werden. Wir denken dabei auch an die vielen Zinssubventionen. Die Stilllegungsprämien im Bergbau dagegen unterstützen wir, um die notwendige Strukturverbesserung zu erreichen.
Unabhängig davon melden die verschiedensten Gruppen unserer Gesellschaft ständig erhöhte Ansprüche an den Staat und an das Sozialprodukt an, so daß sich das Kosten- und Preiskarussell weiterdrehen muß. Die Lohn- und Gehaltsfestsetzungen — unbestritten einer der größten Kostenfaktoren — haben den durchschnittlichen Produktivitätszuwachs von 1960 bis 1965 um fast das Dreifache überschritten. Dazu werden auf dem Gebiet der Sozialpolitik Forderungen erhoben, die erheblich über unseren finanziellen Möglichkeiten liegen.

(Abg. Dr. Schäfer: Können Sie das nicht zu Protokoll geben oder wollen Sie das alles vorlesen?)

— Ich werde es doch vorlesen! Wenn es Ihnen nicht recht ist, wenn es Ihnen nicht gefällt, gehen Sie doch hinaus, Herr Kollege.

(Abg. Dr. Schäfer: Entschuldigen Sie, nach der Geschäftsordnung sollen Sie frei sprechen und nicht vorlesen!)

— Ich kann vorlesen oder frei sprechen!

(Abg. Dr. Schäfer: Nein, eben nicht! Die Geschäftsordnung sagt es anders!)

— Ich habe sehr sorgfältig darauf geachtet, was die übrigen Herren taten.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Da muß ich sagen, daß ich auch bei dem Kollegen Schiller lange Vorlesungen gehört habe.

(Beifall bei der FDP. — Zuruf von der SPD: Stimmt nicht!)

Im übrigen ist ja jetzt Mittagspause, und es werden je wenige Kollegen durch meine Ausführungen belästigt.

(Zustimmung und Heiterkeit bei den Regierungsparteien.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0504221700
Meine Damen und Herren, wir sind allzumal Sünder und mangeln des Ruhms.
Fahren Sie fort!

W. Alexander Menne (FDP):
Rede ID: ID0504221800
Wenn Herr Kollege Schiller immer wieder auf den 6 % des Sachverständigengutachtens herumreitet, so möchte ich ihm entgegnen, daß die 6 % in vielen Zweigen der Industrie — nehmen Sie nur den Bergbau, nehmen Sie die Stahlindustrie — schon heute viel zu hoch sind. Man kann die Dinge nicht so vereinfachen. Aber selbst Herr Kollege Schiller sagte ja: Lassen wir den theoretischen Streit!
Wenn unsere Preise wieder stabiler werden sollen, müssen wir uns in unseren Ansprüchen beschränken. Wir müssen zu dem Grundsatz zurückgehen, daß wir uns nicht mehr leisten können, als wir verdienen. Da appelliere ich auch an die Sozialpartner, einen entscheidenden Beitrag dazu zu leisten. Wir können nur Lohnsteigerungen zugeben, die ohne Preiserhöhungen tragbar sind. Unsere Wirtschaft ist schon jetzt innerhalb der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft in einer diffizilen Lage, weil sie die höchsten Arbeitskosten und die kürzesten Arbeitszeiten hat. Wir müssen sie davor schützen, daß sie im internationalen Wettbewerb ihre führende Stellung einbüßt. Unser Export bestimmt nämlich den Wert unserer Währung.
Ich möchte aber einmal deutlich sagen, daß trotz allem Gerede von Inflation die D-Mark dank der Politik der Bundesregierung, des Bundesfinanzministers, des Bundeswirtschaftsministers und der Bundesbank international seit 1948 ihren Wert behalten hat. Davon redet kein Mensch! Im Gegenteil, die Mark ist vor einigen Jahren um 5 % aufgewertet worden, während einige andere europäische Währungen sehr stark zurückgegangen sind. Die D-Mark, die immer wieder angegriffen wird, ist eine der härtesten Währungen der Welt.
Unter Berücksichtigung aller übrigen Einnahmen und Ausgaben ist festzustellen, daß wir unbedingt einen jährlichen Exportüberschuß von etwa 6 Milliarden DM benötigen. Dieser Exportüberschuß wurde 1965 nicht erreicht. Warum wurde er nicht erreicht? Es liegt daran, daß zuviel importiert worden ist. Der Export ist nämlich weiter gestiegen. Die höheren Importe sind zum Teil entstanden, weil unsere Produktion dem erhöhten Verbrauch, der durch das Masseneinkommen entstanden ist, nicht ganz folgen kann. Ich bin der Meinung, daß dies eine vorübergehende Phase ist, daß der Ausbau unseres Produktionsapparats, der trotz des hohen Kapitalzinsfußes noch im Gange ist, weitgehend zu einem Ausgleich führen wird. Ich möchte hier einmal eine Zahl nennen: Unser Export ist von 47,9 Milliarden DM im Jahre 1960 auf 71,7 Milliarden DM im Jahre 1965 gestiegen. Das ist schließlich kein schlechtes Resultat.
Ich möchte aber auch ein paar Worte über den Osthandel sagen, der jetzt nur 3,9 % unseres Außenhandels ausmacht, vor dem Kriege dagegen 15 %. Wir sollten diesen Osthandel fördern, und zwar nicht nur aus politischen Gründen, sondern auch aus wirtschaftlichen Gründen. Die politischen Gründe brauche ich wohl nicht auseinanderzusetzen. Die wirtschaftlichen liegen zum Teil auch darin, daß diejenigen Werke in Deutschland, die Großanlagen bauen, nicht mehr voll beschäftigt sind. Da sollte man auf die Kreditgewährung unserer westlichen



Dr. h. c. Menne (Frankfurt)

Partner achten, denn leider wird das Berner Abkommen nicht mehr von allen eingehalten. Ich begrüße die Erklärung, die der Bundeswirtschaftsminister vor einiger Zeit abgegeben hat, daß er sich den Kreditangeboten der übrigen Partner anpassen wird. Trotzdem ist natürlich die Möglichkeit des Ostgeschäfts wegen der mangelnden Gegenwerte beschränkt.
Wenn ich nun noch ein paar Worte über den Kapitalmarkt sagen darf, so möchte ich feststellen, daß er gegenwärtig nur sehr mangelhaft funktioniert. Zinsen von über 8% sind zu hoch für Investitionen!

(Abg. Dr. Schäfer: Sehr richtig!)

Allerdings sind die Zinsen auch in den USA gestiegen, nämlich von etwa 4 1/2% auf jetzt 6 1/4 %. Aber ich muß Ihnen sagen, daß ich trotz dieser Steigerung die harte Politik der Bundesbank für notwendig halte. Denn sonst könnten wir wirklich in eine Inflation geraten, von der im Augenblick gar keine Rede sein kann. Die Ausgabenpolitik der öffentlichen Hand hat nämlich zur Überbeanspruchung des Kapitalmarkts und damit zur Verknappung des Geldes geführt. Das war auch der Grund der Restriktionsmaßnahmen der Deutschen Bundesbank.
Wir von der FDP begrüßen es, daß unser Bundesfinanzminister Dahlgrün dafür gesorgt hat, daß Vertreter des Bundes, der Länder und der Gemeinden Anfang des Monats übereingekommen sind, bis 30. Juni keine Anleihen mehr aufzunehmen — der Bund sogar bis Ende des Jahres —, wobei wir die Hoffnung aussprechen, daß diese Zurückhaltung zu einer mehr oder weniger ständigen Einrichtung wird.
Ich meine, man sollte diesen Runden Tisch zwischen Bund, Ländern und Gemeinden über Kreditfragen zu einem Instrument der Zusammenarbeit für Investitionen der öffentlichen Hand machen. Später wird dann hoffentlich die Finanzreform ein festeres Gebilde ergeben. Bis dahin, meine ich, müßte es möglich sein, aus dem Runden Tisch eine Art Zwischeneinrichtung zu machen, in der Bund, Länder und Gemeinden die Ausgaben abstimmen können. Hier können Sie von der Opposition ganz besonders in bezug auf die Länderfinanzen und die häufig von Ihnen verwalteten großen Städte helfen.
Eine Aufhebung der Bundesbankrestriktionen kann meiner Auffassung nach nur erfolgen, wenn nicht wieder ein großes Rennen nach Anleihen für die öffentliche Hand entsteht. Die Herabsetzung der Mindestreserven, gekoppelt mit der Heraufsetzung des Diskonts, was Herr Schiller als seine Operation Twist anpreist, ist zwar möglich, aber nur dann tragbar, wenn der Bundesbank andere Mittel an .die Hand gegeben werden, um die öffentliche Hand zu kontrollieren. Der graue Kapitalmarkt wickelt sich momentan hauptsächlich auf kommunaler Ebene ab, und zwar gerade in den häufig von der SPD kontrollierten Großstädten. Ich sagte vorhin schon: die Gemeinden haben 6 Milliarden DM aufgenommen, gegen 5 Milliarden DM der Wirtschaft. Das ist sicher nicht richtig! Ob da ein Kreditplafond helfen kann, wird sicher von Bundesbank,
Bundeswirtschaftsminister und Bundesfinanzminister geprüft werden. Der Kreditplafond darf aber nicht zur Verknappung der Kredite der Wirtschaft führen; denn wenn wir in der Wirtschaft die Investitionen infolge der Anforderungen der öffentlichen Hand einschränken müßten, dann würde das weitere Wachstum des Sozialprodukts und das Auffangen der Kosteninflation gefährdet werden.
Sie sehen also, daß die Sicherung des Wachstums unserer Wirtschaft ,ein wesentlicher Bestandteil unserer Gesamtpolitik sein muß. Deshalb sollte jede Maßnahme, die dieses Hohe Haus auf dem Gebiet der Wirtschaftspolitik trifft, ohne ideologische Scheuklappen darauf geprüft werden, ob sie dem gesunden Wachstum der Volkswirtschaft dient.
Wie ich schon sagte, müssen sich die Löhne und Gehälter • an der Produktivitätssteigerung orientieren. Bis Ende 1963 konnten fast alle Lohnsteigerungen durch Produktivitätsanhebung oder Produktionssteigerungen aufgefangen werden. Heute ist das aber nur noch ausnahmsweise der Fall. Es gibt eine ganze Anzahl von Wirtschaftszweigen, die die Lohnerhöhungen fast vollständig als Preiserhöhung weitergeben müssen. Dabei denke ich besonders an die Dienstleistungsbetriebe, an die Sparten Verkehr, Handwerk und Handel.
In dieser Situation möchte ich auch vor weiteren Arbeitszeitverkürzungen warnen. Bei der angespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt sollten wir alle Anstrengungen unternehmen, die individuelle Arbeitsleistung zu steigern. Schon vor Jahren haben die Freien Demokraten einen Lösungsvorschlag zur Diskussion gestellt, der leider von der Mehrheit dieses Hauses abgelehnt worden ist. Er lautete: Befreiung der Überstundenbezahlung von Lohnsteuer und Sozialabgaben. Diesen Antrag haben wir jetzt mit Kollegen von der CDU/CSU dem Hohen Hause wieder vorgelegt, und wir hoffen, daß Sie ihm diesmal zustimmen werden. Wenn unser Vorschlag verwirklicht wird, dann wird das für manchen Arbeiter und Angestellten ein Anreiz sein, länger zu arbeiten, weil der materielle Gewinn aus der Mehrarbeit größer wird.
Was das Konjunkturrahmengesetz angeht, so weiß jeder — ich glaube, darin werden Sie mir zustimmen, Herr Kollege Schiller —, daß diese Maßnahmen sehr sorgfältig geprüft werden müssen. Ich bin der Meinung, daß man hier die Dinge nicht überstürzen soll, und ich bin Ihnen eigentlich dankbar für die sieben Monate Pause, die Sie der Bundesregierung zugebilligt haben. Ich darf daran erinnern, daß wir Freien Demokraten schon seit längerem eine langfristige Haushaltspolitik wünschen. Wir begrüßen es daher außerordentlich, daß unser Bundesfinanzminister Dr. Dahlgrün für die kommenden fünf Jahre alle Ausgabenverpflichtungen und sonst vorgesehenen Ausgaben sowie die voraussichtlichen Deckungsmittel in großen Zügen festgelegt hat. Es ist aber auch notwendig, daß alle Bundesminister mehrjährige Investitionsprogramme für ihre Ressorts aufstellen, die mit dem Finanzplan abzustimmen sind.



Dr. h. c. Menne (Frankfurt)

Was die Maßnahmen für die Wirtschaft anlangt, die in diesem Konjunkturrahmengesetz wahrscheinlich kommen werden, so muß man vermeiden, daß die Wirtschaft geknebelt wird. Denn wir können mit Recht behaupten — und ich glaube, dem stimmen Sie alle zu —, daß die Erfolge unserer Wirtschaft nur deshalb eingetreten sind, weil wir eine liberale Wirtschaftspolitik betrieben haben. Wir möchten deshalb davor warnen, ihr durch variable Abschreibungen und ähnliche Maßnahmen die Handlungsfreiheit zu nehmen. Schon heute sind die deutschen Abschreibungssätze ungünstiger als in den USA, Frankreich und England, wo man 20 bis 30 % über den Anschaffungspreisen abschreiben kann. Im übrigen möchten wir von der FDP fordern, daß alle konjunkturellen Maßnahmen in diesem Gesetz der ständigen Kontrolle des Bundestages unterliegen und jederzeit ohne Gesetzesänderung vom Bundestag aufgehoben werden können.
Meine Damen und Herren, die Stabilität der Währung und der Preise, das Wachstum der Wirtschaft und die Vollbeschäftigung sind nach wie vor das Ziel der Freien Demokraten. Dazu gehören aber einige Voraussetzungen:
1. Keine Mehrausgaben des Staates.
2. Keine höheren Steuern; denn wir haben schon jetzt die höchste Steuerbelastung in der Welt.
3. Keine Belastungen der Wirtschaft durch Maßnahmen, die bei der jetzigen Kosteninflation weitere Belastungen bringen. — Da ist, glaube ich, die einzige Stelle, an der das Wort Inflation angebracht
ist. —
4. Keine Lohn- und Gehaltssteigerungen, die über den Produktivitätsfortschritt hinausgehen. Dies kann natürlich nur ein Appell an die Sozialpartner sein.
5. Etwas mehr Zurückhaltung auch in den Sozialleistungen; denn wir haben schon heute die höchsten Sozialleistungen der Welt.
6. Kein Dirigismus, sondern Erhaltung der von uns allen gewünschten freien Marktwirtschaft.
Nur wenn wir alle zusammen — Bundesregierung, Bundestag, Arbeitnehmer und Unternehmer, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände — eine verantwortungsbewußte, die Leistungkraft der Wirtschaft nicht überfordernde Politik betreiben, werden wir unseren nationalen und internationalen Aufgaben nachkommen und sie lösen können.
Zum Schluß möchte ich Ihnen noch eine große Sorge vortragen: Es gibt leider immer mehr Unternehmer, die sich veranlaßt sehen, sich von ihren Betrieben zu trennen, weil sie zu viele Lasten zu tragen haben oder neue befürchten. Ich beobachte mit großer Sorgfalt die Entwicklung auf diesem Gebiet; denn es ist das erklärte Ziel meiner Partei, den Mittelstand zu fördern. Wir müssen durch unsere Wirtschaftspolitik dazu beitragen, daß den ideenreichen Unternehmern in mittleren Industriebetrieben, im Handwerk und im Handel nicht die Freude an der Selbständigkeit genommen wird. Wir müssen im Gegenteil dafür sorgen, daß auch unser Nachwuchs, unsere jungen Leute nicht nur in Großbetrieben, sondern auch in den Betrieben des Mittelstandes ihre Zukunft suchen. Hierfür wird sich die FDP einsetzen.
Ich danke Ihnen. Ich werde Ihren Hinweis, nächstens frei vorzutragen, gern berücksichtigen — wenn man nicht so viele Fakten vorzutragen hat.

(Beifall bei der FDP.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0504221900
Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Krips.

Dr. Ursula Krips (SPD):
Rede ID: ID0504222000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Etwas hat mich jetzt überrascht. Ich dachte, wir wären in einem Punkt einig, und zwar zumindest über die Analyse der gegenwärtigen Konjunktursituation. Man kann sich über die Prognose bestimmt streiten. Aber ich glaube, bei der Analyse sind sich die Wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstitute und auch die wichtigsten Ministerien einig. Da brauche ich mir nur den Konjunkturbericht des Bundeswirtschaftsministeriums von gestern vorzunehmen: „Die Produktionsentwicklung blieb verhalten, der Arbeitsmarkt zeigte Ansätze zu einer leichten konjunkturellen Entspannung", die Auftragseingänge bei Importen und Exporten haben sich insgesamt gerade etwa ausgeglichen. Wenn man von den Zahlen der Gesamtrechnung ausgeht, dann hatte das Bruttosozialprodukt im letzten Jahr Zuwachsraten von 8,5 %, und in diesem Jahr werden es wahrscheinlich etwa 7 % sein. Bei den Investitionen waren es 9 %, und wir werden jetzt nur noch solche von 5 %haben. Das schönste ist aber die Überschrift in der Welt von heute früh. Da wird Herr Bundeskanzler Erhard zitiert und die echte Sorge, die Herr Erhard um die Erhaltung der Stabilität unserer Wirtschaft hat. Ich meine, das sind Dinge, die vielleicht nicht ganz zusammenpassen.
Herr Kollege Menne hat soeben gesagt, daß die Branchen mit der Wirtschaftsentwicklung durchaus zufrieden seien. Das mag für die Chemie zutreffen. Aber selbst nach der Hannover-Messe sind die Unternehmer im Maschinenbau von der Auftragsentwicklung gar nicht so angetan.
Mein Kollege Schiller hat gesagt: Sieben Monate haben wir der Bundesregierung gegeben. Ich möchte hinzufügen — und das im Unterschied auch zu Herrn Menne —: Sieben Monate sind genug. Denn es waren ja bereits wesentlich mehr als sieben Monate. Der Herr Bundeskanzler hat uns in der Regierungserklärung aus dem Jahre 1963 große Versprechungen über die zukünftige Finanz- und Konjunkturpolitik gemacht.
Wenn ich in der Geschichte noch weiter zurückgehe, dann darf ich den Herrn Bundesfinanzminister zitieren. Er hat mir eine schöne Gelegenheit dazu gegeben. Nach der Debatte, die wir hier um das Sachverständigengremium und um den Haushalt geführt haben, hat er nochmals seine antizyklische Finanzpolitik verteidigt, und zwar am 10. März im „Bulletin" der Bundesregierung. Er hat dort ausgeführt, bereits seit dem Ende der 50er Jahre, als es klar gewesen sei, daß die Hochkonjunktur real nicht mehr so weiterwachsen könne, habe er die Not-



Frau Dr. Krips
wendigkeit antizyklischer finanzpolitischer Maßnahmen erkannt und auch etwas dafür getan. Ich möchte gerne einmal wissen, was er denn eigentlich seit diesem Zeitpunkt getan hat und was das Bundeswirtschaftsministerium dazu getan hat.
Man spricht heute allgemein davon, daß sich der Sparwille nicht verschlechtert habe. Warum haben Sie dann eigentlich so große Befürchtungen, wenn wir uns hier über die Labilität der Wirtschaftlage unterhalten? Wenn Sie mir recht geben, daß die Wirtschaftlage vielleicht doch labil ist, dann möchte ich hierüber jetzt den Mantel des Schweigens hüllen. Aber ich möchte Sie bitten: Schauen Sie sich nicht nur den Jahresbericht der Bundesbank an, der eine marginale Sparquote von 12 % für 1965 ausweist, sondern schauen Sie sich bitte auch die neuesten Berichte über das Kontensparen in den ersten drei Monaten und dazu die Berichte, die z. B. der Spar-und Girokassenverband herausgibt, daraufhin an, ob da immer noch von dem ungebrochenen Sparwillen die Rede ist.
Es ist mir vorhin zweierlei aufgefallen, und zwar zweierlei Unterschiede in den Ausführungen des Herrn Bundeswirtschaftsministers und des Herrn Bundeskanzlers. Der Herr Bundeskanzler war der Meinung, daß man auf vier bis fünf Jahre im voraus nicht planen könne, das würde der wirtschaftlichen Wahrscheinlichkeit widersprechen. Also meinte der Herr Bundeskanzler, man müßte für vier bis fünf Jahre ein Wahrscheinlichkeitsbudget aufstellen. Der Herr Bundeswirtschaftsminister sprach davon, daß Prioritäten gesetzt werden müßten und diese Prioritäten uns auch bekanntgegeben würden. Das setzt voraus, daß das Bundeswirtschaftsministerium für ein Zielsetzungsbudget plädiert. Nun würde ich eigentlich doch gern einmal wissen, wie eine derartige mittelfristige Vorausschau aussehen wird — ich hoffe, daß die Vorbereitungen nun wirklich abgeschlossen sein werden, wenn uns dieses Budget auf den Tisch gelegt wird — und was es dann eigentlich für ein Budget sein soll.
Aber ehe uns diese Vorausschau auf den Tisch gelegt wird, habe ich für die Erstellung dieses Budgets noch einige Bemerkungen anzufügen. Ich möchte Sie wirklich bitten, nicht den Finanzbericht des Jahres 1966 als ein Musterbeispiel für eine derartige Vorausschau zu betrachten. Sie liefern uns dort bis 1970 im Durchschnitt ein Defizit von 4 Milliarden. Wenn wir uns nun einmal die Ausgabensteigerungen in den einzelnen Jahren anschauen, stellen wir fest, daß sich die Zuwachsraten bei den Gesamtausgaben im Jahre 1967 auf etwa 11,5%, dann auf etwa 6% und auf 5% und im letzten Jahr auf 0,8%, sagen wir: rund 1 % belaufen. Das bedeutet eigentlich, daß das nur sinnvoll wäre, wenn wir im nächsten Jahr eine wirtschaftliche Stagnation hätten und 1970 ein Boom einträte. Ich glaube, das wäre kein Markstein, wie man in eine antizyklische Finanzpolitik hineingehen kann.
Ich habe mir auch überlegt, warum sich die Bundesregierung eigentlich immer so dagegen wehrt, derartige Vorausschätzungen anzustellen. Das liegt einfach daran, daß sie nunmehr die von Herrn Bundesminister Schmücker angeschnittenen Prioritäten setzen müßte; dazu braucht man nämlich Zielsetzungen, anders kann man eine derartige Vorausschau für vier bis fünf Jahre nicht hinbekommen. Dann muß man sich überlegen, wie man die Preisentwicklung oder auch wie man die Ausgaben der öffentlichen Hand steuern will. Man braucht dazu wahrscheinlich etwas mehr Bekennermut, als ihn die Ministerien und die Bundesregierung bisher entwickelt haben.
Deshalb ist es eigentlich auch symptomatisch — da möchte ich auf mein Lieblingskind zurückkommen —, daß die Bundesregierung die Wirtschaftsberichte eingestellt hat. Das wäre ein so schönes Instrument, um einmal die Vorstellungen der Regierung zu entwickeln und sich nicht immer nur hinter die Sachverständigen zurückzuziehen

(Zuruf von der CDU/CSU: Das haben Sie doch verlangt!)

oder allenfalls dazu eine Stellungnahme abzugeben.
Es wird immer von Reformen gesprochen, und wir werden vertröstet, daß für eine Vorausschau zunächst die Finanzreform eingeleitet werden müßte. Bei mir erhebt sich dann immer der Verdacht, daß nur von Reformen gesprochen wird, um ein Argument zu haben, die Zeit wieder ein paar Jahre vor sich herschieben zu können. In Wirklichkeit müßte das Haushaltsrecht reformiert werden. Es geht nicht an, daß es bei der jährlichen Veranschlagung von Ausgaben bleibt. Aber man behauptet, daß diese jetzt bestehende jährliche Veranschlagung die Rahmenplanung behindert und deshalb keinen Spielraum für eine Konjunkturpolitik bietet. Ich bin mit Ihnen der Meinung, daß die Reichshaushaltsordnung reformbedürftig ist; aber selbst der gegenwärtige Stand würde eine wesentlich bessere Handhabung erlauben, als sie bisher praktiziert wird.

(Zuruf von der Mitte.)

— Das werde ich gleich tun. Ich meine, daß vor allem 1965 alles andere als eine antizyklische Finanzpolitik praktiziert worden ist. Das liegt weniger daran, daß das juristisch unmöglich war. Man hat vielmehr immer noch die längst überholten Vorstellungen des formalen Haushaltsausgleichs in den Vordergrund gestellt. Dabei wäre es weit wichtiger gewesen, daß man an die Konjunktur und an die Geldwertstabilität gedacht hätte.
Ich bin der Meinung, daß man für eine modern ausgerichtete Fiskalpolitik keine neuen Gesetze braucht, sondern zunächst nur einmal eine moderne Haushaltsführung. Es ist bezeichnend, daß die Probleme, die sich mit der modernen Stabilitätspolitik in unserer Wirtschaft befassen, eigentlich ausschließlich von dem Herrn Bundeswirtschaftsminister und seinem Hause und nicht vom Bundesfinanzministerium entwickelt und betrieben worden sind. Soweit ich über die Verhältnisse im Bundesfinanzministerium unterrichtet bin, sind dort die Ansätze zur antizyklischen Finanzpolitik und zur methodischen Erarbeitung von Rahmenplänen noch reichlich unterentwickelt.



Frau Dr. Krips
Dabei fehlt es keineswegs an Möglichkeiten, die Steuerung eines Haushalts auch noch im Jahresverlauf vorzunehmen. Der Herr Bundesfinanzminister hat in seinen Haushaltsgesetzen — zum Teil im Zusammenwirken mit dem Wirtschaftsminister — durchaus die Möglichkeit, Instrumente einzusetzen, mit denen man etwas leisten kann; ich denke z. B. an den § 7 des Haushaltsgesetzes. Der Finanzminister kann danach die Inanspruchnahme von Mitteln von seiner Zustimmung abhängig machen, wenn die Einnahmen- und Ausgabenentwicklung das erfordert.
Ich möchte an dieser Stelle einmal die Bundesbank zitieren. Sie hat in ihrem Geschäftsbericht gesagt:
Es wäre verfehlt, wollte man den Grund für die finanzpolitische Fehlentwicklung im Jahre 1965 in erster Linie darin suchen, daß die öffentliche Finanzpolitik nicht über konjunkturpolitisch variierbare Instrumente verfügt. Entscheidend war vielmehr, daß bei einigen grundlegenden Entschlüssen deren — an sich absehbare — konjunkturelle Konsequenzen nicht genügend berücksichtigt wurden.
Ich glaube, hier liegt der Hund begraben.
Ausgangspunkt für eine erfolgreiche Vorausschau ist zunächst einmal die Prognose des Arbeitsvolumens und die Entscheidung darüber, welche Haushaltspolitik man im Rahmen der nächsten Jahre betreiben will. Hier liegt der echte Ansatz für die Finanzpolitik. Ich bin der Meinung, sie darf nicht mehr wie bisher ein Zufallsergebnis sein, das man am Ende eines Jahres mehr oder 'weniger erstaunt feststellt. Deshalb sind wir der Ansicht, daß der mehrjährige Rahmenhaushalt, der mehrjährige Rahmenplan, in die Gesamtentwicklung eingepaßt werden muß. Zunächst ist es dazu nötig, daß zur Haushaltsvorausschau die Vorausberechnung der wichtigsten Aggregate des Sozialproduktes kommt. Andernfalls ist sie unrealistisch und steht im luftleeren Raum.
Hier möchte ich noch auf ein Wort des Herrn Bundeskanzlers eingehen. Er war vorhin der Meinung, wir könnten da so irgendwie einen Plan für den Straßenbau entwickeln. Das ist genau das, was wir für uns allein nicht können. Ich darf hier einmal an ihr schönes Wahlinserat erinnern. Da ging es zunächst um ganz andere Dinge; Sie haben die 7,84 DM Lohn versprochen. Aber auf der Seite, die danach kam, haben Sie die verschiedenen Investitionsprogramme aufgezählt, die der Städtetag und andere Institutionen aufgestellt haben. Dann haben Sie angegeben, was der Bund bereit war, auszugeben. Wenn Sie die ganzen Zahlen addieren, gab das überhaupt keine Summe. Sie haben Investitionspläne für sich betrachtet, die von unterschiedlichen Institutionen und Gremien übernommen worden waren, die aber mit der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung nicht in Einklang gebracht werden konnten. Das ist kein Wunder; denn zunächst muß man die gesamtwirtschaftliche Entwicklung vorausgeben, und dann kann man die Investitionspläne in diesen Plan einbauen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Dazu müßte man ja Hellseher sein!)

— Dazu brauchen Sie kein Hellseher zu sein. Sie brauchen lediglich das zu tun, was die Beamten in den Ressorts bereits praktizieren. Nur müßte die Bundesregierung den Mut haben, diese Dinge zu veröffentlichen; denn man macht sie ja.

(Abg. Erler: Hört! Hört!)

Ich möchte doch noch einmal auf den Straßenbau zurückkommen. Er sollte auf Programmen beruhen, die aufeinander abgestimmt sind, gerade dann, wenn die Gesamtausgaben des Etats mit den Möglichkeiten der Volkswirtschaft in Übereinstimmung gebracht werden sollen. Das bekommen wir ständig hier zu hören, und es ist auch unser Anliegen, daß das geschieht. Deshalb noch einmal: Ein Investitionsplan für die öffentliche Hand allein genügt nicht. Wie brauchen eine gesamtwirtschaftliche Vorausschau. Diese mehrjährige Vorausplanung — —

(Abg. Rösing: Schafft auch keine Wunder!)

— Warten Sie ab.

(Zuruf von der CDU/CSU: Und wie ist es mit den SPD-Gemeinden?)

— Mit den SPD-Gemeinden? Das hätten wir schon längst erreicht, wenn von Ihnen dazu beigetragen worden wäre, daß die Finanzreform ein bißchen früher gekommen wäre.

(Beifall bei der SPD.)

Vielleicht darf ich jetzt doch noch etwas zur Vorausplanung sagen. Ein derartiger mehrjähriger Plan enthält staatliche Ausgaben.

(Zurufe von der CDU/CSU.)

— Sie wollten ja von mir ein Rezept haben, wie man das machen kann. Das möchte ich Ihnen jetzt liefern. Dieser mehrjährige Rahmenplan enthält Ausgaben, die teilweise variabel sind oder variabel gestaltet werden können, z. B. der Straßenbau. Deshalb könnte man hier ansetzen, über den einjährigen Haushalt hinaus zu mehrjährigen Vorstellungen zu kommen. Der mehrjährige Plan soll die variablen und auch die variabel zu gestaltenden Ausgaben und die längerfristige Einnahmenentwicklung, vor allem auch die progressiv wirkenden Steuereinnahmen des Staates, in den Mittelpunkt der Betrachtung stellen, damit sich nicht, wie bisher immer geschehen, im Konjunkturhoch zusätzliche Ausgabenkumulationen beim Staat ergeben.
Sie können sich nun nicht darauf zurückziehen, daß Sie dazu ein neues Gesetz brauchen . Diese Illusion muß ich Ihnen leider nehmen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Wir bekommen jetzt den dritten Vierjahresplan im Straßenbau!)

— Wir möchten das aber gern innerhalb eines Gesamtplans, innerhalb einer gesamtwirtschaftlichen Vorausschau haben, die keinerlei Verbindlichkeitscharakter für die private Wirtschaft hat; ich will



Frau Dr. Krips
auch gleich diesen Einwand, der von Ihnen kommen könnte, vorwegnehmen.
Für einen derartigen Rahmenplan benötigen wir also noch nicht einmal einen Gesetzentwurf, wenn die Bundesregierung diese Vorausschau allein erstellt — und das ist durchaus möglich —, obwohl, wenn dieser Rahmenplan seine Funktionen erfüllen soll, auch die Daten für die Länder und Gemeinden in den Rahmenhaushalt eingehen sollen. Das wäre zumindest ein erster Ansatzpunkt. Wie weit man darüber hinausgehen will, kann man sich überlegen. Ich möchte hier den Ministerien und der Bundesregierung das Argument entziehen, daß man einen derartigen Plan nicht bereits jetzt aufstellen könne.
Außerdem kommt eines hinzu, und das sind die politischen Notwendigkeiten von Brüssel. Es wäre sehr viel schöner gewesen, wenn die Bundesregierung schon für den Ausschuß für Konjunkturpolitik in Brüssel eine mittelfristige Vorausschau aufgestellt hätte, anstatt eine derartige Vorausschau unabhängigen Gutachtern zu überlassen. Ich möchte mich nicht zu dem Problem dieses Gutachtens äußern. Aber wenn man Wirtschaftspolitik im internationalen Rahmen treiben will, kann man sich nicht auf unabhängige Experten verlassen, sondern muß selbst in einer solchen Vorausplanung sagen, was man als Regierung tun will und wie man die Entwicklung für die nächsten Jahre beurteilt.
Jedes Großunternehmen, das auf seine Wirtschaftlichkeit bedacht sein muß, stellt heute derartige Planungen auf. Sie alle würden einem Unternehmer die Geschäftsfähigkeit absprechen, wenn er auf solche vorausschauenden Übersichten verzichtete. Jedes Großunternehmen besitzt auch Großrechenanlagen. Die Haushaltsabrechnung des Bundesfinanzministers beruht aber noch auf Methoden aus der Zeit des Alten Fritz. Damals kam man mit dem Federkiel aus. Wir sind deshalb der Meinung, daß der Übergang zur elektronischen Datenverarbeitung eine unabdingbare Notwendigkeit ist.

(Anhaltende Unruhe bei der CDU/CSU.)

— Wenn Sie nacheinander reden, kann ich Ihnen antworten, aber wenn Sie alle zugleich reden, kann ich Sie leider nicht verstehen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Die Mittel haben wir schon zur Verfügung gestellt!)

In der Industrie sind viele Milliarden für die Neuorientierung des Organisations-, Buchhaltungs- und Informationswesens ausgegeben worden.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das sind alte Zöpfe!)

An wirtschaftstheoretischen Überlegungen dieser Art herrscht kein Mangel. Aber in der Finanzverwaltung gibt es keinen wirtschaftlichen Druck wie in der Industrie, der eine derartig rationelle Haushaltsgebarung notwendig macht. Wenn ich aber be; denke, daß in der Bundesrepublik für die Anwendung von Waffen diese Elektronenrechner benutzt werden, dann bin ich der Meinung, daß man dies erst recht tun sollte, wenn es sich um die friedlichen Zwecke der Haushaltsgebarung handelt.
Nun wird der Bundesfinanzminister sagen, daß er dafür kein Geld hat. Ich darf vielleicht daran erinnern, daß die Bundesbank Elektronenrechner besitzt. Das Statistische Bundesamt, das einem der Ressorts der Bundesregierung untersteht, hat diese Elektronenrechner ebenfalls. Wie ich mir habe sagen lassen, sind diese Anlagen durchaus nicht immer voll ausgelastet.
In diesem Hause wird über Konjunkturpolitik und über neue konjunkturpolitische Gesetze gesprochen, die im Augenblick überhaupt nur Vorsorgecharakter haben können, denn für die Wirtschafts- und Finanzpolitik in diesem Jahr ist es zu spät. Wir können nur noch einfach hinnehmen, was an Preissteigerungen da ist. So muß ich das hier kurz zusammenfassen, was aus den Ausführungen der Redner der Regierungskoalition und der Minister hervorgegangen ist. Wir sprechen über Konjunkturpolitik und über Konjunkturrahmengesetze, und dabei fehlt uns jegliche Möglichkeit, uns über die ökonomische Transparenz dieses Haushalts, über den hier verhandelt wird, zu unterhalten, obwohl dieser Haushalt zusammen mit den anderen öffentlichen Haushalten in der Bundesrepublik etwa 40 % des Sozialprodukts ausmacht.
Dieses Haushaltsvolumen ist kein Maßstab für die wirtschaftlichen Beurteilungen einschließlich der Beurteilung der Geldwertentwicklung. In diesem Zusammenhang, Herr Bundesfinanzminister, ist das Kassenprinzip falsch, denn die Kassenabschlüsse besagen nichts über öffentliche Auftragsvergabe; deren ökonomische Wirkungen lassen sich nämlich nun einmal nicht an das Kalenderjahr binden. Und hinsichtlich der zeitlichen Abgrenzung sind nicht die Kassenein- und -ausgänge von Bedeutung, sondern das Entstehen von Forderungen und Verbindlichkeiten.
Der Herr Bundesfinanzminister war Ende des Jahres so stolz über das angeblich kleine Defizit. In Wirklichkeit sind hier Zahlungen manipuliert worden, d. h. Zahlungsverpflichtungen sind in das Jahr 1966 verlagert worden, oder man hat längere Zahlungsziele in Anspruch genommen. Das alles hat mit konjunkturgerechtem Verhalten sehr wenig zu tun. Deshalb erwarten wir auch von dieser Bundesregierung, daß von der Buchhaltungs- und Verrechnungstechnik, der Haushaltsführung alter Prägung, endlich einmal abgegangen wird. Das ist etwas, was man durchaus kurzfristig tun kann; dazu braucht man keine Rahmenplanung — noch nicht einmal das.

(Abg. Leicht: Ist ja auch schon angelaufen!)

Zum ersten: Das Jahresprinzip der Haushaltsabrechnung ist überholt. Wir sind der Meinung, daß beim Etat Zwischenabschlüsse — zunächst vierteljährlich, dann aber auch monatlich — notwendig und durchführbar sind. Diese müssen dann aber auch dem Parlament zugeleitet werden, und zwar nicht mit dem üblichen time lag, der sich in der Bürokratie so eingebürgert hat.
Zum zweiten. Die Devise für eine neuzeitliche Finanzpolitik muß lauten: längerfristig planen, aber



Frau Dr. Krips
kurzfristig abrechnen, und zwar nach ökonomischen und nicht nach fiskalischen Prinzipien.
Zum dritten möchte ich wiederholen, daß man hierzu noch nicht einmal neue gesetzliche Regelungen benötigt. Das Bundeskabinett kann allein entscheiden, ob es neue Wege gehen will oder ob sich der Bundeshaushalt, wie bisher, auf das Liquiditätsgeschehen oder aber zumindest auch auf ökonomische Realitäten konzentrieren will. Jedermann redet heute von dem Ausbau des konjunktur- und fiskalpolitischen Instrumentariums, aber was die Bundesregierung in eigener Regie ohne neue Gesetze tun könnte, das wird nicht in Angriff genommen. Mit den bisherigen Deckungsprinzipien und Grundsätzen der Haushaltsgestaltung läßt sich die ökonomische Wirkung dieses Etats nicht erfassen. Es wäre viel erreicht — da bin ich ganz sicher —, wenn durch eine ökonomisch ausgerichtete Budgetorientierung und -gestaltung im Rahmen gesamtwirtschaftlicher Maßstäbe eine Orientierungsgröße geschaffen würde, die dann auch auf die Verhaltensweise unserer pluralistischen Gesellschaft einwirken könnte.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das wäre schön! — Weitere Zurufe.)

— Lassen Sie mich gerade noch meinen Schlußsatz sagen.
Ich möchte Ihnen jetzt noch sagen, was der Staat dazu tun kann. Der Staat könnte auf diese Weise nämlich, wenn er Initiator dieser von den Gutachtern geforderten konzentrierten Verhaltensänderung würde, sehr viel dazu beitragen. Ich möchte die Bundesregierung eigentlich bitten, daß sie sich ihren Standpunkt und ihre Stellungnahmen, die sie zu allen Gutachten zum Ausdruck bringt, doch noch einmal überlegt, daß sie mehr auf die Gutachten hört und auch selbst etwas mehr initiativ wird. Siehe Wirtschaftsbericht alter Prägung!

(Beifall bei der SPD.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0504222100
Das Wort hat der Abgeordnete Professor Stein.

Gustav Stein (CDU):
Rede ID: ID0504222200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Originelle unserer alljährlichen Diskussion um den Etat des Wirtschaftsministeriums besteht darin, daß wir uns eigentlich mit diesem Etat kaum befassen. Ich finde das im Grunde genommen auch gut; denn in einem Land der freien Marktwirtschaft sollte der Etat des Wirtschaftsministeriums etwas ganz Selbstverständliches sein. Wir erörtern traditionell alles das, was in der Wirtschaftspolitik anfällt. Wir stellen fest, wie auch in der heutigen Debatte, daß der Herr Wirtschaftsminister für viele Sachen nicht zuständig, am wenigstens aber verantwortlich ist.
Ich erlaube mir, diese Bemerkungen zu machen, weil ich mir die Zeit genommen habe, einmal die Berichte der letzten Jahre über Haushaltsbesprechungen durchzulesen, nicht, weil ich diesem oder jenem Kollegen oder Redner etwas ins Stammbuch schreiben möchte, sondern weil mir klargeworden ist und es dabei sehr beruhigend wirkt, nachzulesen, welch gefährliche und angeblich hoffnungslose Wirtschaftslagen in der Bundesrepublik und durch die Bundesregierung schon gemeistert worden sind.

(Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

Ich bin natürlich weit davon entfernt, diese Schwierigkeiten zu bagatellisieren — ich komme auf die einzelnen Punkte selbstverständlich noch zurück —, aber ich möchte doch davor warnen, auch als ein Mann der Wirtschaft, daß wir die Entwicklung, die wir heute beraten haben, unnötig dramatisieren.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

Ich bin der Ansicht, daß mit dieser Dramatisierung zunächst einmal im wesentlichen nichts erreicht wird und daß ferner die wirkliche Wirtschaftslage eine solche Dramatisierung nicht verträgt und auch nicht verdient.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Wenn wir die Dinge einmal in einer, fast möchte ich sagen, philosophischen Distanz 'betrachten können, dann werden auch Sie mir zugeben, daß wir nach dem Kriege mit noch viel schwierigeren Fragen fertig geworden sind. Meine Herren von der Opposition, Sie brauchen nicht besorgt zu sein, daß es uns jetzt plötzlich im 17. Jahre unserer Regierung widerfährt, daß wir es an dem notwendigen Verstand und an der wirtschaftspolitischen Befähigung fehlen lassen. Auch der Haushalt 1966 ist dafür ein Beispiel. Niemand wird bestreiten, daß es uns unter großen Mühen letztlich gelungen ist, einen befriedigenden und, wenn Sie wollen, einen appetitlichen Abschluß des letzten Rechnungsjahres und einen soliden Voranschlag für das kommende Rechnungsjahr vorzulegen. Deshalb sollten wir aufhören, uns gegenseitig vorzuwerfen, daß wir es mit der Verantwortung für eine vernünftige Haushaltspolitik nicht ernst nähmen. Die Tatsachen beweisen unsere Entschlossenheit zum Handeln, und an dieser Entschlossenheit werden wir es auch in der Bewältigung der Wirtschaftspolitik nicht fehlen lassen.
Nun habe ich die Ehre, als letzter Redner meiner Fraktion zum Wirtschaftshaushalt zu sprechen. Es ist mir ein Bedürfnis, Herr Wirtschaftsminister, Ihnen zunächst einmal den Dank auszusprechen für Ihre ausgezeichnete und entschlossene Verhandlungsführung in Brüssel.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Ich bin der Ansicht, daß das auch im Rahmen des Etats und heute gesagt werden muß. Durch die vielen Klippen von der ganz großen Politik, fast möchte man sagen, von der Weltpolitik bis zu detaillierten Finanzfragen hat sich unsere Delegation mit Verhandlungsgeschick, Festigkeit und Würde hindurchmanövriert. Sie hat damit der Sache der europäischen Zusammenarbeit einen sehr großen Dienst erwiesen. Besonders gut und geschickt fand ich die Bereitschaft zu allen Einzelabschlüssen unter dem Generalvorbehalt, daß das fertige Paket dann auch insgesamt passen müsse, unter dem Vorbehalt, es insgesamt prüfen zu können. Natürlich wissen wir wie Sie, daß man unter Umständen unter einen allzu großen Druck geraten und am Ende jeden



Stein (Honrath)

Schwarzen Peter in der Hand haben kann. Aber ich stehe auf dem Standpunkt, daß in dieser Situation der europäischen Politik auch der Grundsatz gilt: Wer nichts wagt, gewinnt nichts. Ich bin Ihnen sehr dankbar für die Entwicklung der flexiblen Verhandslungsführung, die Sie und Ihre Herren Staatssekretäre an den Tag gelegt haben.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Die finanziellen Lasten, die wir auf uns nehmen, sind hoch; das wissen wir. Wir sind, wie ich glaube, letztlich an das überhaupt noch Vertretbare herangegangen. Jetzt scheint mir die Grenze erreicht, die man nicht mehr überschreiten darf. Das gilt auch für die Abschirmung unseres eigenen Agrarbereichs. Ich tröste mich in dieser Hinsicht wie auf manchen anderen Gebieten der wirtschaftlichen Integration mit dem Gedanken, daß mit dem Entstehen eines wirklichen Gemeinsamen Marktes die Partner auch später noch bereit sein werden, über dringende Erfordernisse, Korrekturen und Anpassungen mit sich reden zu lassen. Jedenfalls: Dank für die bisherige Haltung der deutschen Delegation. Ich möchte es so formulieren: Sie hat Härte am rechten Ort und Geschmeidigkeit zur rechten Zeit bewiesen und das Brüsseler Barometer aus dem Tief herausgeholt, ohne daß wir die ganze Zeche allein bezahlen.
Noch ein grundsätzliches Wort zu der Haushaltsdebatte. Die letztjährige Debatte — fast um dieselbe Zeit, etwas früher — stand schon unter dem Donner des Wahlkampfes. Dies hat dem Herrn Wirtschaftsminister seine Aufgabe nicht gerade erleichtert. Aber ich glaube, wird sind es seinem Hause und auch dem Hause des Finanzministers schuldig, einmal auszusprechen, daß in dieser Zeit, in diesem Jahr ein großes Arbeitspensum mit respektabler Sachkenntnis und großer Unverdrossenheit geleistet worden ist. Viele Beispiele könnte ich anführen, insbesondere viele Beispiele, wo im Rahmen der Koordinierung und der Einzelausarbeitung Ausgezeichnetes geleistet worden ist. Auch hierfür möchte ich Ihnen danken, wissend, daß ohnehin der Dank des Vaterlandes dünn zu sein pflegt. Wie dieses Ministerium zwischen den Polen einer innerstaatlichen föderativen Struktur und der europäischen Integration, zwischen Produzenten und Konsumenten, zwischen Steuerpflichtigen und Subventionsempfängern, zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern seinen Kurs verfolgt hat, verdient eine anerkennende Bemerkung. Wir wissen natürlich, daß noch eine Reihe großer Blöcke auf dem Wege liegen, vorhersehbare und nicht vorhersehbare, auch solche, die Ihnen, um das Wort des Kollegen Schiller zu gebrauchen, sozusagen vor die Haustür gelegt oder gespielt werden. Ich denke vor allem an die Schwierigkeiten, die sich aus dem föderativen Aufbau unseres Landes ergeben und eine Wirtschaftspolitik aus einem Guß sehr erschweren. Bis heute ist es uns nicht gelungen, zu einer vernünftigen Abstimmung in der öffentlichen Ausgabenpolitik zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zu kommen. Das soll kein Vorwurf etwa an die Adresse derjenigen Länder sein, die von sozialdemokratischen Ministerpräsidenten geführt werden, sondern das gilt für alle. Wir habe es hier mit bestimmten föderativen Auswüchsen unseres Systems zu tun, die sich gerade dem Wirtschaftler entgegenstellen, der sich natürlich seiner Natur nach mehr von unitarischen Gesichtspunkten leiten läßt. Ohne eine Änderung des Grundgesetzes ist meines Erachtens eine befriedigende Regelung kaum zu erreichen. Ich möchte deshalb die Bundesregierung ermuntern, die notwendig erscheinenden Überlegungen bald anzustellen und zu konkretisieren. Eine solide Wirtschaftspolitik ohne eine straff koordinierte öffentliche Finanzpolitik ist einfach nicht möglich. Wenn wir dafür eine vernünftige Lösung finden, lassen sich auch die akuten wirtschaftspolitischen Probleme unserer Zeit sehr viel leichter lösen. Vielleicht werden wir in einigen Jahren über unseren Kleinmut in dieser Frage lächeln.
Sicherlich ist die vor uns stehende Aufgabe nicht leicht. Es gibt eine Reihe von Sorgen, die uns bedrücken. Sie sind gestern und heute schon angesprochen worden. Ich darf mich auf einige Stichworte beschränken: die Lohn-Preis-Entwicklung, die defizitäre Entwicklung unserer Zahlungsbilanz, die Kohleproblematik, die besonderen Schwierigkeiten der Stahlindustrie und der Kapitalmarkt. Alle diese Dinge bedrücken uns. Wir sollten dabei nicht vergessen, daß wir es heute — das gilt als Obersatz — nicht mehr allein mit einer nationalen Wirtschaftspolitik zu tun haben. Im Zeichen der Integration der Märkte und der weltweiten Konvertibilität, an der wir nicht rütteln lassen wollen, wird unser eigener wirtschaftspolitischer Spielraum zwangsläufig eingeengt. Darunter hat auch unsere Wirtschaftspolitik zu leiden; sie hat dieser Tatsache ihren Zoll zu zahlen.
Die Lage ist keineswegs so ernst und hoffnungslos, wie sie nach der öffentlichen Diskussion in unserem Lande manchmal zu sein scheint. In der Frage der Preispolitik sehen wir sehr wohl die Verantwortung des Herrn Bundeswirtschaftsministers am unmittelbarsten vor uns. Herr Schmücker hat in seiner Rede schon darauf hingewiesen, daß im vergangenen Jahre eine Reihe von kumulierenden Faktoren zusammengefallen sind, die den Anstieg der Lebenshaltungskosten um 4,3% verursacht haben. Er nannte dabei insbesondere die Erhöhung der Nahrungsmittelpreise als Folge der ungünstigen Witterungseinflüsse und die Maßnahmen zur Entzerrung des Preisgefüges in Anpassung wichtiger Bereiche der Marktwirtschaft. Bei der Debatte über die Preise wird nach meiner Ansicht auch der Gesichtspunkt der Qualitätsverbesserung etwas zuwenig berücksichtigt. Ich bin mir überhaupt nicht klar, ob wir die Indexberechnung des Warenkorbes für eine vierköpfige Familie so in der Wertung bestehen lassen können. Ich bezweifle, daß sie eine solche Beweiskraft hat, daß wir daran eine Diskussion von dieser politischen Bedeutung aufhängen können. Natürlich will ich damit die Preissituation keineswegs bagatellisieren. Aber ich bin nicht sehr glücklich über den Trend der Ausführungen des Herrn Professor Schiller gewesen; denn daraus klang, ich möchte sagen, die Besorgnis einer inflationistischen Entwicklung hervor, wobei meines



Stein (Honrath)

Erachtens einiges völlig außer acht gelassen wird. Wenn man in diesem Tonfall spricht, muß man auch andere Symptome erwähnen und berücksichtigen wie beispielsweise, daß die reale Kaufkraftsteigerung der Einkommen aus unselbständiger Arbeit seit Jahren ca. 5% beträgt. Das geht eigentlich schon seit 1952 so und noch etwas früher. Das sind doch Fakten, die man, wenn man so diskutiert, wie es heute morgen geschehen ist, berücksichtigen muß.
Natürlich weiß auch ich, daß in unserem Volk eine gewisse große Unruhe besteht und daß die Erhaltung der Kaufkraft das wichtigste Ziel der Wirtschaftspolitik sein und bleiben muß. Aber ich glaube, wir sollten vom Parlament aus nichts tun, was diese Unruhe in der politischen Diskussion verstärken könnte. Ich bin vielmehr der Auffassung, daß dieses Hohe Haus dazu berufen ist, zu erkennen zu geben, daß es die Problematik erkannt hat und gewillt ist, dieser Problematik gerecht zu werden. Das ist die politische Situation, die sich aus der Entwicklung wirtschaftspolitisch ergibt.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Ich muß noch einmal die Rolle des Etats im Rahmen der sogenannten antizyklischen Haushaltsgebarung erwähnen. Sie ist so wichtig, daß man sie bei der Diskussion der Gesamtleistung des Bundeswirtschaftsministeriums nicht übersehen kann. Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat heute erneut die baldige Vorlage eines Stabilisierungsgesetzes angekündigt. Was ich darüber gelesen habe, berechtigt zu der Hoffnung, daß die öffentliche Haushaltspolitik im Rahmen dieses Gesetzes eine vorrangige Bedeutung erhält und daß dieses Problem in dem Gesetz mit aller Entschiedenheit angegangen wird. Denn das ist das wesentliche Element für die Sicherung eines weiteren wirtschaftlichen Wachstums bei Erhaltung der Vollbeschäftigung und stabilen Preisen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, da ich gerade dabei bin, möchte ich vor der Aufstellung von Alternativen warnen: Wachstum oder Stabilität, Stabilität oder Wachstum. Das Problem liegt darin, daß wir zu beidem kommen und daß wir beide in den Griff bekommen und bewältigen. Dazu darf ich hier mit allem Freimut sagen: ein noch so gutes Gesetz wird dieses Hohe Haus nicht aus seiner Verantwortung entlassen, die notwendigen politischen Entscheidungen zu treffen, die im Rahmen der gesamten Wirtschaftspolitik heute angesprochen und von der Regierung auch skizziert worden sind.
Die Forderung nach einem starken antizyklischen Verhalten des Haushalts darf und kann natürlich nicht die überragende Wirkung der Tarifpolitik auf die entscheidenden preisbildenden Faktoren übersehen. Mit allem Ernst sei auch bei diesem Anlaß gesagt, daß mir auf weite Sicht die Tarifautonomie gefährdet erscheint, wenn ihr negativer Einfluß auf Kaufkraft und Preise nicht nachläßt. Ich bin sicher, daß niemand in diesem Hohen Hause eine solche Einschränkung der Tarifautonomie ernstlich wünschen kann; denn sie ist und bleibt ein Grundelement unserer freiheitlichen Ordnung.
Meine Herren von der Opposition, Sie sind sehr leicht geneigt, für die Entwicklung der Preise und der Stabilität der Kaufkraft die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung verantwortlich zu machen. Ich habe den Eindruck, daß Sie es sich damit etwas zu einfach machen. Die Ursachen liegen tiefer. Sie sind im wesentlichen darin begründet, daß sich unsere Wirtschaft auf nahezu allen wichtigen Teilgebieten in einem Stadium der Überforderung befindet. Der Arbeitsmarkt ist leergefegt. Zu dem unglücklichen Aufbau der Bevölkerungspyramide, den die zwei Weltkriege verschuldet haben, kommt eine künstliche Verknappung hinzu, die ich persönlich nur als mutwillig bezeichnen kann. Ich meine die ständige Verknappung der Arbeitszeit, die die Gewerkschaften zum Teil auf Grund ihrer monopolartigen Machtstellung erzwungen haben und deren zeitweilige Hinausschiebung sie sich mit hohen Lohnzuschlägen haben bezahlen lassen. Mehr Freizeit, meine Damen und Herren, ist ein großer sozialer Fortschritt. Aber er setzt voraus, daß sich der Produktionsablauf nicht stören läßt und daß die Arbeitszeitverkürzung innerhalb des allgemeinen Produktivitätszuwachses bleibt. Ich kann die beschwörenden Worte, die der Herr Bundeskanzler in letzter Zeit mehrfach ausgesprochen hat, nur unterstreichen. Ich bin nicht sehr glücklich darüber, daß sie gelegentlich mit Hohn und Gelächter beantwortet worden sind. Die Erhaltung einer leistungsfähigen Wirtschaft, auf die wir nicht zuletzt auch aus außenpolitischen Gründen heute mehr als sonst angewiesen sind, muß die Maxime unseres wirtschaftlichen Handelns und unseres Verhaltens bleiben. Wir laufen sonst Gefahr, in eine Wachstumskrise ohne Stabilität hineinzugeraten. Wer in unserer Situation für eine weitere Arbeitszeitverkürzung eintritt, der muß wissen, daß er damit einer Verlangsamung des Produktionszuwachses und einer Schmälerung der Konsumsteigerung das Wort redet.
Meine Damen und Herren, sagen Sie nicht, die Wirtschaft könne die ständige Erhöhung der Arbeitskosten in ihren Gewinnen auffangen. Ich will hierzu — es sind soviel Zahlen heute genannt worden — nur eine noch hinzufügen. Die nicht entnommenen Gewinne der Unternehmungen sind laut Ausweis der Bundesbank von 14,3 Milliarden DM im Jahre 1964 auf 11,3 Milliarden DM im Jahre 1965 zurückgegangen. Das war also ein Rückgang um mehr als 20, fast 23 %. Nach allen mir zugegangenen Informationen ist damit zu rechnen, daß sich dieser Trend eher noch verstärkt.
Sie werden es mir als einem Mann der Wirtschaft auch nicht verdenken, wenn ich an dieser Stelle auch eine deutliche Warnung vor einem zu hohen Konsum zu Lasten der notwendigen Investitionen ausspreche. Wir haben gehört, daß der Konsumzuwachs im letzten Jahre noch 9,2 % betragen hat bei einem gleichzeitigen Rückgang der Sparquoten. Ich möchte ausdrücklich hervorheben, daß die Unternehmer die Gewinne nicht zur Anreicherung von Konsumfonds verwenden, sondern sie natürlich in die notwendigen Investitionen stecken. Werden diese Investitionsfonds von der Kostenseite her geschmälert, dann geht das zu Lasten der Investitionsrate und damit zu Lasten des technischen Fortschritts und unseres Lebensstandards von morgen.




Stein (Honrath)

Ich brauche in diesem Zusammenhang nicht auf die schwierige und verteuerte Inanspruchnahme des Fremdkapitals einzugehen. Darüber ist hier genügend gesagt worden. Wir wissen alle, mit welcher Sorge uns der Kapitalmarkt erfüllt. Aber auch zur Aufbesserung des Kapitalmarkts gehört etwas, was ich in diesem Hause in dieser Diskussion heute teilweise vermißt habe. Es ist nicht möglich, ihn wieder zu gesunden, wenn wir nicht aus uns selbst, aus dem Parlament heraus Vertrauen ausströmen lassen, daß nämlich diese Wirtschaftspolitik, die wir betreiben, auch zum Tragen kommt und daß alle diejenigen, die an dieser Wirtschaftspolitik beteiligt sind, sich ihrer Verantwortung bewußt sind.
Ich möchte in diesem Zusammenhang nach dem vielen, was heute schon gesagt worden ist, noch ein paar Worte über die Stahlindustrie sagen. Sie ist Anlaß ernster Sorgen, und zwar vor allem deswegen, weil nun ein zweiter Grundstoffbereich in eine Entwicklung zu geraten droht, aus der sich erhebliche Störungen unserer Gesamtwirtschaft ergeben können, insbesondere in Kumulation mit der Lage der benachbarten Kohle. Die Lage der Stahlindustrie ist gekennzeichnet durch einen alarmierenden Erlösverfall bei gleichzeitigem Kostenanstieg. Die Gründe der Erlösminderung sind bekannt. Die sinkende Nachfrage führt zum Abbröckeln der Preise, wozu insbesondere der zwangsläufige Eintritt in die Konkurrenzangebote mit niedrigen Importpreisen beiträgt. Die Importmengen besonders aus den Ländern der Montanunion steigen ständig. Die Beseitigung der Zölle hat die Position der Nachbarn verbessert. Ein wesentlicher Grund sind die Steuerfrage und die 1 in diesem Zusammenhang bestehenden Wettbewerbsverzerrungen. Die Wettbewerbsposition der deutschen Eisen- und Stahlindustrie wird einmal dadurch beeinträchtigt, daß bei dem gegenwärtigen kumulativen Allphasen-Umsatzsteuersystem kein exakter umsatzsteuerlicher Grenzausgleich stattfindet. Die Sätze für die Umsatzausgleichsteuer und für die Ausfuhrvergütung sind vielfach zu niedrig. Sie bleiben bei zahlreichen Produkten weit hinter der inländischen Umsatzsteuervorbelastung zurück. Die Folge ist, daß die ausgeführten Erzeugnisse unzulänglich entlastet und die eingeführten Produkte mit einer Ausgleichsabgabe belegt werden, die unter der Belastung vergleichbarer inländischer Produkte liegt. Eine Anhebung der Ausgleichs- und Rückvergütungssätze ist für den Eisen- und Stahlbereich dringend erforderlich, und wir sollten deshalb gemeinsam Mittel und Wege finden, doch noch im Rahmen der 17. Umsatzsteuernovelle diese Frage — zum Teil auch in anderen Produktionsgebieten — zu bereinigen. Wie auch anderen Bereichen wäre der Eisen- und Stahlindustrie geholfen, wenn die Mehrwertsteuer eingeführt würde, weil dieses nicht kumulative System einen exakten umsatzsteuerlichen Grenzausgleich ermöglicht.
Eine weitere, bisher leider vernachlässigte Frage, die für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Stahlindustrie ganz entscheidende Bedeutung hat, ist die Frage des Kokskohlepreises. Unsere Stahlindustrie ist dadurch benachteiligt, daß ihr nicht, wie der Stahlindustrie unserer Nachbarländer, die preisgünstige Kokskohle aus den USA zur Verfügung steht, und die Situation ist insofern eigentlich sogar grotesk, als die Kohleverbraucher in der Gemeinschaft, die jetzt die Preisvorteile amerikanischer Kohle wahrnehmen, für den Fall, daß die US-Kohle einmal teurer und knapper sein sollte, die Möglichkeit haben, auf die deutsche Kohle zurückzugreifen; denn wie Sie wissen, ist in Art. 59 des MontanunionVertrages eine Lieferverpflichtung der Bundesrepublik an die Länder der Gemeinschaft im Falle einer Mangellage festgelegt. Dieser Lieferpflicht steht keine Abnahmepflicht gegenüber. Der Ministerrat hat sich in seiner letzten Sitzung vom 3. Mai noch nicht zu einer Lösung durchringen können. Es bleibt dringend zu hoffen, daß seine nächste Sitzung am 12. Juli Fortschritte in dieser Frage zeitigt, und wir vertrauen erneut auf das Verhandlungsgeschick des Herrn Wirtschaftsministers und hoffen, daß er zum Erfolg kommt. Wenn nämlich eine Verbilligung der Kokskohle der Gemeinschaft aus dem Wettbewerbspreis der US-Kohle durch gemeinschaftliche Maßnahmen nicht gelänge, ständen wir tatsächlich unter Umständen vor der Frage einer nationalen Ersatzlösung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme zum Schluß. Ich darf noch einmal kurz zusammenfassen. Es ist eine volkswirtschaftliche Binsenwahrheit, daß wir nicht gleichzeitig hohen Konsum und hohe Investitionen haben können. Dies gilt für die ganze Volkswirtschaft ebenso wie für die einzelnen Gruppen. Wir haben beides versucht. Dafür haben wir teilweise durch Zwangssparen in Form steigender Preise bezahlt. Diesen Weg können wir nicht fortsetzen. Was jetzt not tut, ist eine stärkere Rückbesinnung darauf, daß wir unsere Investitionen nicht weiter vernachlässigen dürfen. Denn allein sie garantieren unseren Platz im Konzert der Industrienationen, und jede Pause im Fortschritt bedeutet in Wirklichkeit einen Rückschritt. Ich glaube, darüber besteht zwischen der Opposition und uns keinerlei Dissens.
Mit einem Wort möchte ich noch auf das Gutachten und auf die sogenannte magische Richtzahl von 4 bzw. 6% eingehen. Herr Kollege Schiller hat diese Zahl eine „erzieherische Richtzahl" genannt. Meine Damen und Herren, das, was Herr Schmücker hierzu ausgeführt hat, trifft den Nagel auf den Kopf. Es handelt sich nicht um eine erzieherische Richtzahl, sondern um einen psycho-edukatorischen Richtpreis, an dem sich dann die politische und Tarifdiskussion entzündet hat, ohne die Möglichkeiten, darunterzubleiben, in vollem Umfange auszunutzen. Darin liegt die große Gefahr dieses Gutachtens, und darin liegt auch das, was wir aus unserer Sicht an dem Gutachten zu kritisieren haben, sosehr wir anerkennen mögen, daß die Qualität im einzelnen uns Gelegenheit zu anhaltendem Nachdenken gegeben hat.
Wenn ich die heutige Debatte überschaue, so ist mir etwas aufgefallen, was ich mit einer gewissen Hektik vergleichen möchte. Es ist uns vorgeworfen worden, in den ersten sieben oder acht Monaten hätten wir nicht genügend Anstalten gemacht, um die Dinge in den Griff zu bekommen. Die Opposition wirft uns vor, nicht energisch genug das Ziel ange-
1938 Deutscher Bundestag --- 5. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Mai 1966
Stein (Honrath)

strebt zu haben. Ich bin in dieser Hinsicht nicht so pessimistisch wie die Opposition. Das werden Sie mir nicht verdenken. Der Kollege Schiller hat einen Vergleich aus dem Sport gebracht; ich darf auch einen solchen Vergleich auf meine Art bringen. Ich möchte sagen: eine Legislaturperiode gleicht einer 4 X 100-m-Staffel — jedes Jahr einhundert Meter. Wir sind bis jetzt also auf dem Wege zu der großen, entscheidenden Auseinandersetzung, vor der wir 1969 wieder stehen, siebzig Meter gelaufen. Meine Herren, lassen Sie sich von mir als einem alten Sprinter — meine Figur erlaubt vielleicht nicht diesen Schluß, aber ich bin es gewesen — sagen: Die letzten einhundert Meter entscheiden darüber, wer die Staffel gewinnt, die letzten einhundert Meter entscheiden darüber, wer den Erfolg nach Hause trägt, und es kommt darauf an, daß man nicht zwischendurch den Stab verliert. Auch in dieser Auseinandersetzung heute und in den letzten Wochen sind manche Stäbe verloren worden — auch solche Stäbe, die sich sozusagen in dem Tornister eines zukünftigen Marschalls befunden haben. Ich glaube, wir können mit großer Ruhe diesem Wettlauf um die Entscheidung des Volkes entgegensehen. Denn die Initiative, die heute und in den letzten Diskussionen und auch in dem, was der Herr Wirtschaftsminister hier für die Zukunft entwickelt hat, sichtbar geworden ist, berechtigt durchaus zu dem Schluß, daß wir auch schon beim ersten Stabwechsel nicht die Letzten sein werden.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0504222300
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Staratzke.

Dr. Hans-Werner Staratzke (FDP):
Rede ID: ID0504222400
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In dieser wirtschafts- und finanzpolitischen Debatte anläßlich der zweiten Lesung den Bundeshaushalts ist, wie es nicht anders zu erwarten war, die Frage der Stabilität unserer Währung und unserer Wirtschaft in den Mittelpunkt gerückt worden, und das zu Recht, denn es ist nun einmal die entscheidende Frage für unsere Wirtschafts- und unsere Gesellschaftspolitik. Erlauben Sie mir, dazu einige wenige Grundsatzausführungen zu machen, und zwar nur Akzente zu setzen, denn es ist heute wahrlich schon ausreichend darüber gesprochen worden.
Zunächst einmal: Nur Stabilität bringt Wachstum. Der Bundeskanzler hat heute diese Formulierung sogar verschärft und gesagt, Stabilität gehe ihm vor Wachstum. Wir sind sehr froh darüber, daß diese Formel mit der Stabilität im Vordergrund wohl von allen vertreten wird.
Zweitens ist wiederholt angeklungen: Keine Dramatisierung der Lage! Es ist in der Tat so, daß man Konjunkturen sehr schnell zerreden kann.
Nun haben die Sachverständigen in ihrem Gutachten besonders die öffentliche Hand und deren Ausgabenpolitik attackiert. Natürlich haben sie dabei das Ziel verfolgt, daß hinsichtlich der Ausgabenpolitik der Staat zum Vorbild für alle anderen Bereiche gemacht werden soll, was ich für voll und ganz gerechtfertigt halte. Sicherlich kann man darüber streiten — wir sprechen hier ja über den Haushalt 1966 —, ob nicht bei manchen Budgetpositionen in diesem Haushalt weitere Abstriche zu machen wären. Wir können aber, so meine ich, feststellen, daß es ohne gröbliche Vernachlässigung der Pflichten, die der Bundesregierung übertragen worden sind, im Augenblick — im Augenblick! — kaum möglich wäre, weitere fühlbare Einschränkungen der Bundesaufgaben und damit der Bundesausgaben vorzunehmen. Es muß wohl festgestellt werden, daß der Bundesfinanzminister mit Unterstützung des Haushaltsausschusses und dieses Hohen Hauses alles getan hat, was zu tun ist und was man ihm im Rahmen der konzertierten Aktion, wie es die Sachverständigen genannt haben, abgefordert hat. Dafür, so meine ich, gehört dem Bundesfinanzminister unser Dank.
Es ist falsch, meine Damen und Herren, nur die Preisentwicklung aufzuzeigen, ohne parallel dazu die Einkommensentwicklung zu betrachten, wie es gestern leider von seiten der Opposition geschehen ist. Es ist auch nicht richtig, nur bei einigen Faktoren oder in einigen Bereichen die Frage nach der Schuld an der Preisentwicklung — sprich: Preissteigerung — su stellen. Die Sachverständigen — ich komme deshalb darauf zurück, weil dieses Gutachten zu Recht so besonders hervorgehoben worden ist — haben immer wieder von einer konzertierten Aktion gesprochen, d. h. von einer Gemeinschaftsaktion, die nur dann Erfolgsaussichten hat, wenn sich alle Gruppen in unserer Gesellschaft danach verhalten.
Auf der staatlichen Ebene gilt die darin enthaltene Mahnung jetzt nicht so sehr dem Bundesetat, sondern in erster Linie den Etats der Bundesländer und ebensosehr den Haushalten der Kommunen. Meine Damen und Herren, in bezug auf die kommenden Haushalte — das ist heute wiederholt angeschnitten worden — werden wir ganz sicher noch sehr viel zu tun haben, werden wir sehr viele Ausgabepositionen und auch Tabus — auch Tabus! — anzugreifen haben. Die Freien Demokraten werden ihr Teil bei den kommenden Haushalten dazu beitragen.
Ich wiederhole noch einmal: Man kann diese ganze Frage der Währungs- und der Wirtschaftsstabilität nur im Zusammenhang mit allen Fragen und allen Faktoren betrachten. Auf einem zweiten sehr großen Gebiet, dem Gebiet der Bundesnotenbankpolitik, sind — ich darf das einmal ganz kraß aussprechen — die Bremsen sehr scharf angezogen worden, so daß heute vielfach schon die Frage gestellt wird, ob aus dem langen Bremsweg eine schädliche Wachstumsbremse wird oder in absehbarer Zeit werden kann. Ich meine also, daß kein Kritiker in der ganzen Frage der Stabilität an dieser Stelle angreifen kann. Die Restriktionen der Bundesbank — dieses zweite Mittel zur Stabilisierung — waren in dem Zeitpunkt, in dem sie vorgenommen wurden, berechtigt und sind auch heute noch berechtigt. Wir unterstützen diese Bundesnotenbankpolitik des Präsidenten Blessing.
Meine Damen und Herren, man braucht kein Wachstumsfetischist zu sein, um zu erkennen, daß



Dr. Staratzke
unsere wirtschaftliche, soziale und, ich meine, auch politische Entwicklung davon abhängt, daß die Wirtschaft möglichst stetig wächst. Ich sagte vorhin: Nur Stabilität bringt Wachstum. Nun wäre es ebenso verkehrt, eine Konjunkturpolitik zu betreiben, wie es schon einmal vor einiger Zeit gefordert wurde, die zu einer starken Dämpfung der Investitionsneigung führen würde. Meine Damen und Herren, das würde das Übel nicht beseitigen, sondern möglicherweise würde man damit ein weiteres Übel hinzufügen, nämlich die Verminderung des Wachstums oder die Stagnation. Das heißt wiederum nicht — damit ich das ganz klar sage —, daß die Investitionsausgaben von dieser konzertierten Aktion völlig ausgenommen werden sollten. Es ist aber an der Zeit — und hier erlaube ich mir einen Akzent zu setzen —, einerseits einen Unterschied zwischen unmittelbar produktiven und nicht produktiven Investitionen zu machen und andererseits einen Unterschied zwischen den Investitionen der öffentlichen Hand und den Investitionen der privaten Wirtschaft.
Natürlich ist es ein bedauerliches Nebenergebnis der restriktiven Kreditpolitik, daß der Kapitalmarkt weniger funktionsfähig gemacht worden ist. Aber ich frage Sie: War das nicht die Folge der notwendigen Härte des Eingriffs? Selbstverständlich müssen wir alles, aber auch alles tun, um hier wieder zu einem Normalzustand zu kommen. Ich meine, daß wir uns darin einig sind, daß der Kapitalmarkt bis dahin nicht weiter durch öffentliche Anleihen strapaziert werden darf. Ausdrücke wie: der Kapitalmarkt liege auf dem Sterbebett oder auf dem Totenbett halte ich wirklich nicht für vertretbar; wenn man Krankenbett gesagt hätte, hätte ich das noch verstehen können.
Meine Damen und Herren, sowohl im Bundeshaushalt — ich wiederhole: wir sprechen von 1966 — wie auch auf dem Gebiet der Notenbankpolitik ist also vieles geschehen, was notwendig war. Ich darf mir erlauben, auf einen dritten Faktor in dieser ganzen Frage der Stabilität der Preisentwicklung und Preiserhöhung hinzuweisen, einen Faktor, der in der ganzen Diskussion noch nicht genannt worden ist. Es handelt sich hier um die Preisentwicklung auf dem Weltmarkt. Wir haben ja in unserer freien Wirtschaft auch mit diesen Dingen zu rechnen, denn wir befinden uns mit unserer Wirtschaft nicht auf einer Insel, sondern sind eingegliedert in den Weltmarkt. Es ist sogar expressis verbis in der Zeitung des Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts der Gewerkschaften zu lesen, daß die Einkaufspreise für Rohstoffe und Halbwaren aus dem Ausland vom Februar 1965 zum Februar 1966 um 4,3 % gestiegen sind, also mit einer Steigerungsrate, wie wir sie leider auch bei den Endpreisen zu verzeichnen haben.
Meine Damen und Herren, entscheidende Einflüsse — und ich weise immer wieder auf die gemeinsame Aktion, auf diese konzertierte Aktion hin — auf das Preisniveau sind in der letzten Zeit ausgegangen und werden auch in den nächsten Monaten — daran ist gar nicht zu zweifeln — von der Einkommensentwicklung und von der Einkommenspolitik ausgehen. Im letzten Lagebericht des Bundeswirtschaftsministeriums lese ich, daß wir wiederum befürchten müssen, daß im Jahre 1966 die Zunahme des nominellen Volkseinkommens doppelt so hoch sein wird wie die Produktivitätszunahme. Diese Diskrepanz muß von zwei Seiten — ich betone ausdrücklich: von zwei Seiten — auf den Geldwert einwirken. Für einen Nationalökonomen ist das nichts Neues. Erstens wird dadurch eine weitere Nachfrageinflation ausgelöst, und zweitens werden die Arbeitskosten noch erhöht. Mit anderen Worten: wir haben es hier, wenn wir das Ganze betrachten, mehr mit einer Konsumkonjunktur und nicht mit einer Investitionskonjunktur zu tun. Die Investitionsneigung ist in großen Bereichen längst gedrosselt. Das schein mir bei einem Rückblick auf die Erörterungen, die wir im Zeitpunkt der Beratung des Sachverständigengutachtens gehabt haben, der entscheidende Aspekt zu sein.
Die erhöhten .Arbeitskosten — also die Folgen dieser Kosteninflation — werfen wieder neue Probleme in bezug auf unsere Leistungsfähigkeit gegenüber dem Ausland auf. Es ist schon angesprochen worden, daß wir mit unserem Export Sorgen haben; ich will nicht sagen, er sei gefährdet. Wir wissen alle, daß wir sechs bis acht Milliarden DM Exportüberschüsse erzielen müssen, wenn unsere Zahlungsbilanz mit den bekannten zusätzlichen Devisenleistungen für das Ausland im Gleichgewicht gehalten werden soll. Ich bin kein Pessimist, ich bin kein Optimist, sondern ich bin Realist. Es geht nicht darum, daß wir Angst haben müssen, wir würden es mit unserem Export, mit unserer Bilanz gegenüber dem Ausland nicht schaffen. Wenn wir aber auf diesem Wege nicht umkehren, d. h. wenn wir weiter die Deckung für die Zahlungsbilanz nicht aus der Handelsbilanz und den Überschüssen haben und wenn das Jahr für Jahr so weitergeht, sind allerdings, langfristig betrachtet, große Sorgen anzumelden.
Ich habe hier betont noch einmal die Einkommensentwicklung und die Kostenfrage schlechthin angesprochen. Dabei meine ich nicht nur oder nicht allein die Zuwachsrate der Löhne, über die wir heute wiederholt gesprochen haben. Ich meine vielmehr alles das, was im Bereich der Tarifpartner liegt, in deren Tarifautonomie die Regierung nicht eingreifen darf und auch nicht soll. Ich denke dabei natürlich an die unvertretbaren Arbeitszeitverkürzungen. Ich denke aber auch an die in der Bundesrepublik leider immer noch geübte Praxis der relativ kurzfristigen Tarifverträge im Gegensatz zu den längerfristigen und langfristigen, zum Teil mehrjährigen Tarifverträgen in anderen Ländern, insbesondere in Ländern der EWG.

(Abg. Matthöfer meldet sich zu einer Zwischenfrage.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0504222500
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Dr. Hans-Werner Staratzke (FDP):
Rede ID: ID0504222600
Bitte sehr.




Hans Matthöfer (SPD):
Rede ID: ID0504222700
Der Tarifvertrag über die Arbeitszeitverkürzung war doch sehr langfristig. Offenbar sind Sie mit dem auch nicht einverstanden, oder doch?

Dr. Hans-Werner Staratzke (FDP):
Rede ID: ID0504222800
Doch, Herr Kollege Matthöfer; ich bin sehr genau unterrichtet. Ich meine aber nicht die Arbeitszeitverkürzung allein, sondern ich meine die Tarifverträge generell. Da werden Sie mir recht geben, daß es sich bei uns — im Verhältnis zu anderen Ländern — um sehr kurzfristige Tarifverträge handelt. Sie wissen selber, daß man allmählich von einem Jahr auf eineinviertel Jahr übergegangen ist. Aber diese Frist scheint für den Stabilisierungseffekt noch immer zu kurz zu sein, Wenn also der Aufruf zur konzertierten Aktion einen Sinn haben soll, dann nur unter Einschluß auch dieser Lohn- und Tarifpolitik und — wie ich wiederholen darf — auf dem staatlichen Sektor unter Einschluß von Ausgabenminderungen aller Gebietskörperschaften, d. h. der Koordinierung der Ausgabenpolitik von Bund, Ländern und Gemeinden.
In dieses Kapitel gehört natürlich auch all das hinein — ich will nicht versäumen, das noch einmal zu sagen —, was dazu beiträgt, den Arbeitsmarkt zu entlasten. Die Freien Demokraten haben dazu wiederum — ich glaube, es ist das dritte Mal; diesmal mit einer Reihe von Kollegen der CDU/CSU — einen Gesetzentwurf über die Steuerfreiheit von Überstunden und zur Begünstigung der Teilarbeitszeit eingebracht, um diejenigen anzureizen zu arbeiten, die bereit sind, halbtägig, stundenweise oder zeitweilig in den Arbeitspiozeß eingeschaltet zu werden. Hoffentlich wird diese zwar kleine, aber immerhin notwendige Maßnahme zur Entlastung des Arbeitsmarktes nun endlich auch eine Mehrheit in diesem Hohen Hause bekommen.
Die Bundesregierung wird, möglicherweise in einem Rahmengesetz, ein konjunkturpolitisches Instrumentarium vorlegen. Wir wissen einiges, wir wissen sicher noch nicht alles. Wir werden hier allerdings — das darf ich besonders betonen — sehr genau überlegen müssen, inwieweit zum schnelleren Wirksamwerden Ermächtigungen an die Bundesregierung gegeben werden können und inwieweit sich das Parlament die Dinge vorbehalten muß.
Zum Schluß: Ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen in der heutigen Konjunktursituation noch zu ergreifen sind, wird sich zeigen. Es ist jedenfalls nicht von den Tatbeständen auszugehen, die noch vor wenigen Wochen oder Monaten gegeben waren. Daten und Tendenzen, die im Zusammenhang mit Stabilität von Währung und Wirtschaft stehen, haben sich in dieser Zeit zum wesentlichen Teil geändert. Ein Beweis übrigens dafür, daß es eben mit allgemeinen Planungen oder Planifikation — um mit diesem scheußlichen Wort zu operieren — nicht getan ist, wie das von den Kollegen der Opposition immer wieder vertreten wird. Wir sollten endlich verstehen, daß die freie Marktwirtschaft sehr dynamisch ist und daß sich Daten und Tendenzen sehr schnell ändern.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0504222900
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Klaus Arndt (Berlin).

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0504223000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat vorhin dem Kollegen Herrn Professor Dr. Schiller vorgeworfen, er sei in seinen Ausführungen nicht aktuell, er rede von der Vergangenheit und von der Zukunft, aber wenig von der Gegenwart. Die Herren Kollegen Menne und Staratzke haben gesagt, man solle die Konjunktur nicht zerreden. Herr Abgeordneter Stein hat einen Appell an uns gerichtet, die Lage nicht zu dramatisieren. Ich gehe wohl nicht fehl, wenn ich diese vier Äußerungen — Nichtaktualität, die Konjunktur zerreden, die Lage dramatisieren — als eine einheitliche Linie betrachte, wie man mit den Anliegen der Opposition zur Wirtschafts- und Finanzpolitik fertigzuwerden gedenkt.
Was heißt denn „nicht dramatisieren" — wenn ich jetzt die Vokabel von Herrn Stein stellvertretend für alle vier aufgreife? Wir sollen nicht dramatisieren, daß seit einigen Monaten die Lebenshaltungskosten um 4,3% steigen? Wir sollen nicht dramatisieren, daß die Industrieproduktion in der Bundesrepublik an der Stagnationsgrenze pendelt? Wir sollen nicht dramatisieren, daß die Sparfreudigkeit nachläßt?
Was heißt: nicht dramatisieren? Soll das heißen: wir sollten nicht zu sehr kritisieren, wir sollten am besten von der Sache nicht reden? Möglicherweise gäbe es noch Bürger, die die Preissteigerung bisher noch nicht bemerkt haben. Möglicherweise gäbe es noch Unternehmer, die so wenig Zeitung lesen, daß sie nicht bemerkt haben, wie traurig es in benachbarten Branchen aussieht. „Nicht dramatisieren", meine Damen und Herren, heißt doch wohl, wenn ich Sie recht verstanden habe, unangenehme Dinge in ein freundlicheres Licht setzen.

(Abg. Matthöfer: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht!)

Es heißt weiter, den Sozialpartnern 4 % als Leitlinie zu nennen, aber in Wirklichkeit 5 1/2 % zu meinen. Es heißt — wenn ich das alles einmal zusammen nehme —, zu versuchen, den Bürger und wichtige soziale Gruppen in unserem Volk über die Lage und Zielsetzung der Regierung hinwegzutäuschen, weil man glaubt — ich weiß nicht, ob es ehrlich geglaubt wird —, auf diese Art und Weise zu einer besseren Wirtschaftspolitik im Sinne der das ganze Haus verbindenden Zielsetzungen zu kommen. Aber gerade das, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ist meines Erachtens eine Fehleinschätzung. Dies ist meines Erachtens der Krebsschaden, an .dem wir in der Bundesrepublik, und zwar nicht nur in der Wirtschafts- und Finanzpolitik, leiden. Es ist der Versuch, mit Tricks zu einem Ziel zu kommen, das wir alle unterschreiben.
Aber, wie wir das nun schon seit einigen Jahren sehen —: ohne Dramatisierung keine Stabilisierung. Warum? Meine Damen und Herren, wir können nicht im Grundgesetz eine Demokratie konstitu-



Dr. Arndt (Berlin)

fieren, wir können nicht an den Bürger appellieren, zu allen Fragen, bei denen er mitwirken will, über die er entscheiden will, sein Votum abzugeben, und andererseits in der praktischen Politik glauben, daß man diesem Bürger nicht jeweils die volle Wahrheit sagen kann.

(Sehr richtig! bei der SPD.)

Das ist eine Fehlrechnung, die auch von anderen Regierungen in dieser Welt gemacht worden ist. So z. B. in den Vereinigten Staaten, bis der junge Senator aus Massachusetts kam und eine andere Politik gemacht hat: „get the country moving again" mit der vollen Wahrheit. Und warum geht das? — Weil man nur dann die Kräfte für die Bewältigung einer schwierigen Aufgabe freisetzt — und es handelt sich bei der Anstrebung des Zieles „Wachstum und Stabilisierung" um eine sehr schwierige Aufgabe, wenn der Bürger nicht im unklaren über die Lage bleibt, wenn man ihn aufklärt über die Möglichkeiten, die die Regierung, die das Parlament, die alle Verantwortlichen in dieser Frage sehen.
Wenn aber dramatisieren, wie dramatisieren? Meine Damen und Herren, es tut mir leid, noch einmal auf den Sachverständigenrat zurückkommen zu müssen. Als Herr Professor Giersch, einer der fünf Mitglieder des Sachverständigenrates, das letzte Gutachten in einem Kreis von Wissenschaftlern erklärte, sagte er — ich glaube, ihn zitieren zu dürfen —: Es gab mehrere Chancen in den letzten zwei Jahren, den Preisauftrieb abzufangen. Die erste war im Frühjahr 1964, als es darum ging, die
vom Ausland herrührenden Preissteigerungen an den Landesgrenzen abzustoppen. Der Sachverständigenrat hatte damals einen sehr extremen Vorschlag gemacht. Die sozialdemokratische Opposition hatte den Antrag gestellt, die Regierung zu ermächtigen, mit steuerpolitischen Kunstgriffen die Welle aus dem Ausland abzufangen. Die Regierung hat sich nicht ermächtigen lassen, die Preiswelle aus dem Ausland kam, die Lohnwelle schloß sich zwangsläufig an.
Die zweite Chance gab es im Jahre 1965. Damals kam es darauf an, die Binnenwirtschaft zu stabilisieren und vor allen Dingen die öffentlichen Ausgaben in ihrem Wachstum zu begrenzen — zu einer Zeit, als auch die gesamte Wirtschaft Hochkonjunktur hatte und auf vollen Touren lief. Auch diese Chance wurde vertan. Man sagt heute, vor allen Dingen wegen des 4. Bundestages. Aber das ist schon wieder ein Punkt, in dem man nicht offen ist und in dem die Wahrheit nicht so gesagt wird, wie sie zu sagen ist. Es war nicht der 4. Bundestag: Er hatte einen Etat mit einer Zuwachsrate von 6 '°/o beschlossen. Daß viel mehr herausgekommen ist, lag am Haushaltsvollzug und damit in erster Linie an der Regierung im Laufe des Jahres 1965, nicht am Bundestag.

(Abg. Dr. Conring: Es lag an der Deuschen Bundesbahn!)

Die dritte Chance gab es in diesem Jahr, und zwar auf Grund des Stufenplanes des Sachverständigenrates. Herr Professor Giersch hat damals keinen Zweifel darüber gelassen, daß es in einer Spätkonjunktur — das wissen Sie wie ich — viel schwieriger ist, eine Preisstabilisierung herbeizuführen, ohne das noch verbliebene Wachstum zu beeinträchtigen. Aber dennoch geht es auch dann. Es geht auch dann, wenn man den zentralen Punkt, nämlich die Lohnentwicklung, in dieser Zeit in den Griff bekommt.
Meine Damen und Herren, es ist vielleicht nicht selbstverständlich, daß Sie das von jemandem hören, der den Gewerkschaften nahesteht. Aber im augenblicklichen Stadium der wirtschaftlichen Entwicklung ist tatsächlich die Steuerung der Lohnentwicklung der zentrale Punkt. Wie bekommt man ihn in den Griff? Mit Einkommenspolitik und mit Rahmenplanung, d. h. mit einer Konkretisierung der aktuellen Lage und mit einer gemeinsamen Beratung über Zielsetzungen für alle Punkte, nicht nur für die Lohnpolitik, sondern auch für die Agrarpolitik, nicht nur für die öffentlichen Finanzen, sondern auch für die gewerblichen Investitionen und für die Unternehmergewinne. Die Gewerkschaften haben sich bereit erklärt, dabei mitzuwirken. Hier lag die Führungschance der Regierung, und hier liegt sie immer noch.
Aber — und das ist eben das, was man Versagen der Regierung nennen kann und was ich auch Versagen der Regierung nenne — sie ist nicht bereit, diese Führungschance zu nutzen. Sie will das nicht, sie ist gegen Konkretisierungen, sie ist gegen Rahmenplanung. Sie ist damit gegen die wichtigste Voraussetzung für eine derartige Einkommenspolitik und damit für eine Stabilisierung ohne Stagnation. Meine Damen und Herren, niemand kann die Regierung davon freisprechen, daß sie diese Chance nicht nutzt, sondern daß es ihr lieber ist, einen Schuldigen zu haben, dem sie mit vagen Worten, mit vagen Ausführungen — mehr arbeiten, weniger Löhne, usw. — die Schuld an der gegenwärtigen Lage zuerkennen kann. Auf diese Art und Weise werden Sie nicht zur Stabilisierung kommen und wird die Wirtschaft nicht zur Stabilisierung kommen.
Ich bedaure, daß der Herr Bundeswirtschaftsminister im Augenblick nicht zugegen sein kann. Gerade ihm und dem Herrn Bundesfinanzminister sollten meine Worte gelten. Wir wollen diesen beiden Ministern helfen, eine derartige Stabilisierung herbeizuführen. Es muß in ihrem Interesse liegen, die allgemeinen Tiraden über Maßhalten, über Versagen und unverantwortliches Verhalten von Interessengruppen einmal beiseite zu lassen und konkret am Runden Tisch über Einkommenspolitik und über gesamtwirtschaftliche Zielsetzungen, zunächst auf kurze Frist, zu sprechen. Dieses Experiment muß gemacht werden. Erst dann kann die Schuldfrage wieder aufgerollt werden.
Es ist aber leider nicht die Politik dieses Kabinetts, so zu verfahren. Ihm ist dieser Weg unmißverständlich vom Sachverständigenrat und von der SPD empfohlen worden. Sie geht einen anderen Weg. Sie verlangt z. B. von der Opposition ständig neue Vorschläge: „Wie denkt ihr euch das, wie wollt ihr das machen?" Wir kommen mit Vorschlägen. Diese Vorschläge werden dann kritisiert.



Dr. Arndt (Berlin)


(bevor man die alten benutzt? Warum Aktionen durch Geschäftigkeit ersetzen? Das kann nur den Zweck haben, die 'gegenwärtige Situation aufrechtzuerhalten: 1. dem deutschen Volk die Stabilisierung nicht zu gewähren, 2. die Opposition in eine Lage zu bringen, in der sie laufend diese und jene Vorschläge produzieren soll, diese Vorschläge dann zu verwerfen, zu kritisieren mit dem Maßstab der Obrigkeit, die alles besser wissen will. Ich mache dafür nicht die beiden Minister, die Herren Kollegen Schmücker und Dahlgrün, verantwortlich. Diese Verantwortlichkeit liegt beim Kabinett. Dieser Stil ist, genauer gesagt, eine Eigenart des Kabinettschefs. Wie eine .Spinne sitzt dieser Kabinettschef im Netz der deutschen Politik, hat seine Leimfäden ausgeworfen und wartet — ohne eigene Aktivität — darauf, daß wir in diesen Fäden zappeln. Das kann ich von dem Gebiet der Wirtschaftspolitik sagen, das ich beruflich einigermaßen beurteilen kann. Ich bin überzeugt, daß andere Kollegen von anderen Gebieten der deutschen Politik das gleiche sagen können. (Abg. van Delden: Nicht einmal Ihre eigene Fraktion klascht Beifall! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

— Ich rede hier nicht, um Beifall zu bekommen, Herr van Delden. Sehen Sie, das ist wieder der Stil, der Ihnen eigen ist.

(Abg. Leicht: Was war denn das, was Sie machen? — Fortgesetzte Zurufe von der Mitte. — Unruhe.)

Hier geht es darum, Schaden vom deutschen Volk abzuwehren und seinen Wohlstand zu mehren, seine Stärke zu mehren. Das hat die Opposition in diesem Parlament seit dem Tage der Regierungserklärung versucht.

(Zurufe von der Mitte.)

Sie steht unter diesem Gesetz und wird es weiter beachten, ob Ihnen das paßt oder nicht.
Ich habe hier gesprochen, um Ihnen und insbesondere um zwei Ministern bei der Lösung ihrer Aufgabe zu helfen. Diese beiden Minister werden nämlich an dem gemessen werden, was effektiv an Wirtschaftswachstum und an Preissteigerungen in diesem Jahr herauskommen wird. Meines Erachtens wird das Resultat für sie unfair sein. Denn nicht sie sind die eigentlich Schuldigen. Ich habe das Gefühl, daß sowohl der Herr Bundesfinanzminister als auch der Herr Bundeswirtschaftsminister bereit wären, im Rahmen der marktwirtschaftlichen Ordnung neue Wege zu gehen, Wege zur Änderung gewisser Verhaltensweisen. Aber ich habe die Gewißheit, daß der Mann an der Spitze das nicht will. Warum? Das ist seine Frage. Diese Antwort muß er selbst 'geben. Sie dürfen sich aber nicht wundern, wenn wir dieses Politik des Kabinettschefs in Zukunft immer stärker dem Licht der Öffentlichkeit aussetzen werden. Wir werden differenzieren müssen zwischen seinen Ministern, die versuchen, den ihnen gestellten Aufgaben recht und schlecht nachzukommen, und dem Mann an der Spitze, der verhindert, daß diese Minister ihre Aufgabe lösen können.

(Zurufe von der CDU/CSU: Unerhört!)

Das ist die Überzeugung, die wir alle in bezug auf die Wirtschafts- und Finanzpolitik gewonnen haben, also in einem Fach, in dem der Kanzler zu Hause sein sollte.

(Abg. Leicht: Ihre Weisheiten haben Sie doch von ihm übernommen! — Weitere Zurufe von der Mitte.)

In der Zeit, als er Wirtschaftsminister war, wurde gesagt: Der frühere Bundeskanzler habe ihn natürlich daran gehindert, das eine oder andere besser zu machen. Heute hindert ihn niemand daran. Heute ist er selber Kanzler. Heute ist die wirtschaftliche Lage wesentlich schlechter als in der Zeit des Regierungschefs Adenauer. Das sollte Ihnen doch zu denken geben.

(Beifall bei der SPD. — Zuruf von der CDU/CSU: Ihnen! Was soll denn das bedeuten?!)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0504223100
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Starke.

Dr. Heinz Starke (CSU):
Rede ID: ID0504223200
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich werde Ihre Aufmerksamkeit nur kurz in Anspruch nehmen. Auf die von meinen Vorrednern behandelten Themen werde ich nicht eingehen, sondern meinen politischen Freunden und mir liegt daran, bei der Beratung dieses Haushalts ein Wort zu den Beschlüssen von Brüssel zu sagen.
Wir möchten auf die Standfestigkeit und Hartnäckigkeit der deutschen Unterhändler ganz besonders hinweisen. Wir erkennen auch an, daß gewisse Forderungen unserer Partner abgewehrt worden sind, die wir immer für unzumutbar gehalten haben; ich denke insbesondere an die Anerkennung der Sowjetzone als Drittland mit der Folge der Zahlung von Exportsubventionen für unsere Partner, dann an die Nichtanwendung des Bruttoprinzips mit der Folge, daß deutsche Agrarexporte nicht in die Leistungen des Agrarfonds einbezogen wurden. Wir möchten ferner ausdrücklich auf die Begrenzung des Ausrichtungsfonds hinweisen. Schließlich begrüßen wir, daß es gelungen ist, den Beginn des Gemeinsamen Marktes für gewerbliche Güter vom 31. Dezember 1969 auf den 1. Juli 1968 vorzuverlegen.



Dr. Starke (Franken)

Wir sollten aber vermeiden, bei der Betrachtung dieser Beschlüsse in eine Art Euphorie zu verfallen. Bisher haben wir uns in Brüssel auf einem Gebiet geeinigt, nämlich auf dem Gebiet der Agrarfinanzierung, auf dem es im Prinzip auf das Ausmaß des deutschen Nachgebens ankam. Wir alle wissen, daß wir politische Fortschritte in Europa nicht mit wirtschaftlichen und finanziellen Opfern erreichen. Das hat sich inzwischen nach der Verhandlung über den Getreidepreis nicht nur herumgesprochen, sondern auch erwiesen. Die Bundesregierung hat deshalb mit Recht in Brüssel Vorbehalte angemeldet mit der Wirkung, daß die Finanzierungsbeschlüsse vorläufig nicht in Kraft getreten sind.
Zunächst möchte ich aber auf folgendes hinweisen. Die Freien Demokraten hatten sich immer erneut bemüht, zu einer Überschaubarkeit und einer Begrenzung der Ausgaben des Gesamtagrarfonds in Brüssel zu kommen. Das ist nicht gelungen.
Wir erschrecken ein wenig, ja, wir erschrecken sogar sehr, wenn wir an die jährliche Nettozahlung nach Brüssel in Höhe von 1 Milliarde DM denken, eine Zahlung, die zugleich auch noch eine Devisenzahlung an Nachbarn ist, die mit uns in der EWG Partner sind, deren Lebens- und Einkommensverhältnisse sich von den unsrigen aber im großen und ganzen nicht unterscheiden. Wir fragen uns, wie das bei unserer Haushaltlage finanziell zu tragen sein wird, und vor allem, wie wir das neben all den anderen Auslandsverpflichtungen in Milliardenhöhe, die wir bereits zu tragen haben, vor uns verantworten wollen. Dabei sehe ich ganz davon ab, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß wir keine Endbelastung absehen können, sondern daß jederzeit — so ist das Ganze konstruiert — Beschlüsse auch ohne unsere Stimme die Lasten noch erhöhen können. So möchte ich denn diese 1 Milliarde DM im Jahr als eine Mindestzahlung bezeichnen.
Nun komme ich noch zu den Vorbehalten der Bundesregierung. Sie betreffen einmal die Agrarpreise, dann die Marktorganisation, die Kennedy-Runde und die Osthandelskredite. Wir begrüßen, wie gesagt, diese Vorbehalte; denn nur durch sie können wir noch auf eine gleichgewichtige Entwicklung der Gemeinschaft auf allen Gebieten zum Nutzen aller Partner und im Interesse eines gesunden Verhältnisses auch zu den Drittländern Einfluß nehmen. Wir möchten bemerken: gerade diese Vorbehalte zeigen, daß auf wichtigsten Gebieten 'noch keine Einigung erzielt worden ist.
Es kommt uns an dieser Stelle darauf an, folgendes festzuhalten: nach unserer Auffassung können die Agrarmärkte in der EWG auf die Dauer nicht allein über den Preis gesteuert werden. Ich weiß, daß wir Freien Demokraten in diesem Punkte innerhalb der Koalition und der Regierung mit unserer Auffassung nicht allein stehen. -Wir werden es, nachdem jetzt dieser unbegrenzte Agrarfonds beschlossen worden ist, ablehnen, eine Begrenzung durch einen Druck auf die gemeinschaftlichen EWG-Agrarpreise herbeizuführen.

(Beifall bei der FDP.) Wie jeder braucht auch — unabhängig von diesen Erwägungen — innerhalb der Gemeinschaft der Bauer seinen Preis für seine Arbeit. Außerdem beabsichtigen wir nicht, zuzulassen, daß der deutsche Bauer auf ein niedrigeres Einkommensniveau herabgedrückt wird, was in unserem System steigender Einkommen eine sehr große Ungerechtigkeit und gesellschaftspolitisch falsch wäre. Die sozialistische Fraktion in Straßburg hat auf die Zusammenhänge zwischen den künftigen gemeinschaftlichen Agrarpreisen in der EWG und den Handelsbeziehungen zu den Drittländern hingewiesen. Dieser Hinweis ist richtig. Das ist gerade eine Frage der alleinigen Steuerung der Agrarmärkte über den Preis. Wir halten das, wie bereits gesagt, für undurchführbar.

Wir treten also überall, wo es irgend geht, für zusätzliche Maßnahmen ein, u. a. für die Ihnen bekannten nationalen Produktionsziele. Hier liegt eine Lösung. Wir wünschen uns, daß diese Frage zu Ende studiert wird, bevor wir uns in Brüssel nunmehr endgültig festlegen.

(Beifall bei der FDP.)

Es gibt also vom deutschen Standpunkt aus keinen Ausweg über den Druck auf die Agrarpreise. Das hätte nur zur Folge, daß wir schließlich mit Preisen arbeiten würden, die für andere unter günstigeren Bedingungen gerade noch erträglich, für unsere Landwirtschaft aber bei unserem Klima, auf unseren schlechteren Böden, im Mittelgebirge, unter unseren Lebens- und Kostenbedingungen nicht mehr erträglich wären. Wir lehnen dieses gesellschaftspolitische Experiment bewußt ab. Es widerspräche unseren Grundsätzen. Für uns gilt der Satz, daß in einer gesunden Gemeinschaft auch eine gesunde deutsche Landwirtschaft notwendig ist.

(Beifall bei der FDP.)

Aber wir warnen auch vor den Folgen einer Steuerung der Agrarpolitik nur über den Preis, vor den Folgen für unser Verhältnis zu den dritten Ländern. Wir möchten ausdrücklich darauf hinweisen, daß wir diese Märkte brauchen. Noch immer gehen, wie Sie alle wissen, zwei Drittel unseres Exports in diese dritten Märkte außerhalb der EWG. Daher fordern wir die genannten zusätzlichen Maßnahmen.
Wir begrüßen den Vorbehalt der Bundesregierung bezüglich der Kennedy-Runde. Aber wir wissen, es gibt hier nur sehr schwer eine Lösung. Wie wollen Sie denn auf den Abschluß der Kennedy-Runde, der in ein bis zwei Jahren stattfinden wird, jetzt einen entscheidenden Einfluß ausüben, bevor wir uns in der Agrarfinanzierung endgültig verpflichten und festlegen? Eine Abschlußvollmacht an die Kommission wird nicht erteilt werden, und nur sie wäre nach den bisherigen Erfahrungen— allerdings auch nur annähernd — eine Sicherung. So schwebt dieser Vorbehalt etwas in der Luft. Um so nachdenklicher müssen wir den Inhalt, den er betrifft, betrachten.
Es bleibt dann noch der Vorbehalt hinsichtlich der Osthandelskredite. Wir fragen uns: Ist das nun eine Souveränitätsfrage für unseren Nachbarn? Wird das dann auch so sein bezüglich der gemeinsamen Handelspolitik, die nach dem Vertrag bis 1970 ein-



Dr. Starke (Franken)

zuführen wäre? Es bleibt außerdem die Frage, wie hoch der Außenzoll nach allem am 1. Juli 1968 sein wird. Alles offene Fragen, die für unser hochindustrialisiertes und hoch exportintensives Land und damit zugleich für die Gemeinschaft im ganzen von entscheidender Bedeutung sind.
Ich schließe ab. Für eine Euphorie ist zur Zeit kein Platz. Eine nüchterne Betrachtung ziemt sich eher, bei aller Würdigung der gerade diesmal geleisteten Arbeit unserer Unterhändler. Ich möchte am Schluß Herrn Hallstein zustimmen, der in Brüssel nicht anwesend sein konnte und der in den letzten acht Jahren manche Erfahrungen mit der EWG gesammelt hat. Die Einigung in Brüssel, wie sie jetzt vorliegt, ist keine endgültige Einigung und deshalb auch noch kein endgültiger Erfolg. Hallstein hat gesagt: Es kann aber ein gutes Omen sein für die schwierigen Verhandlungen, die noch vor uns liegen. Ein gutes Omen hoffentlich, nicht aber schon der Erfolg.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0504223300
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Pohle.

Dr. Wolfgang Pohle (CSU):
Rede ID: ID0504223400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß namens der CDU/ CSU-Fraktion die persönlichen Bemerkungen, die der Kollege Arndt hier soeben gegen den Herrn Bundeskanzler vorgetragen hat, mit aller Energie zurückweisen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Darunter leidet die Sachlichkeit der bisher sachlich geführten Debatte.

(Sehr wahr! bei der CDU/CSU.)

Kein geringerer als der Fraktionsvorsitzende der Opposition, Herr Kollege Erler, hat gestern hier anerkannt, welche Verdienste der Bundeskanzler sich gerade bei der Schaffung der sozialen Marktwirtschaft erworben hat, gerade in den ökonomischen Punkten, die Sie ihm jetzt zum Vorwurf machen. Diese Verdienste bleiben bestehen. Der Herr Bundeskanzler hat in dieser Debatte heute in ökonomischer Hinsicht Rede und Antwort gestanden. Er hat also das getan, was Sie von ihm erwartet haben, und wir weisen die persönlichen Angriffe zurück.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0504223500
Meine Damen und Herren, keine weiteren Wortmeldungen zu diesen Einzelplänen. — Der Herr Bundesfinanzminister wünscht noch das Wort. Bitte sehr!

Dr. Rolf Dahlgrün (FDP):
Rede ID: ID0504223600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am Schluß dieser Auseinandersetzung über die beiden Einzelpläne erlaube ich mir, noch einmal ganz kurz auf die Ausführungen von Frau Dr. Krips einzugehen. Ich glaube, es hat sich selten jemand in diesem Hause die Sache so einfach gemacht wie Frau Dr. Krips.

(Zustimmung bei der CDU/CSU.)

Ich möchte in Zusammenhang mit ihren Bemerkungen, der Finanzminister habe kein Verständnis für Finanzpolitik, und seine Aktivität in der Durchsetzung einer modernen Finanzpolitik sei unterentwickelt, gleich auch auf die Ausführungen von Herrn Kollegen Schiller kommen.
Es ist sehr richtig, daß der Finanzbericht 1966 erstmals für vier Jahre in die Zukunft hinein Daten veröffentlicht und daß diese Vorausschau letzten Endes nichts weiter ist als die Projektion des gegenwärtigen Rechtszustandes unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Weiterentwicklung in der Zukunft. Aber im Gegensatz zu Herrn Professor Schiller bin ich durchaus bereit — ich habe es in der letzten Zeit verschiedentlich getan —, aus diesen Daten Schlüsse zu ziehen, und ich wundere mich, daß das der Kollege Schiller nicht getan. hat.
Die Vorausschau zeigt doch ganz deutlich, daß eine unveränderte Fortführung aller laufenden Maßnahmen, Gesetze, Planungen und Überlegungen alle notwendigen neuen Maßnahmen für die Zukunftsicherung blockieren würde. Daraus müssen wir Schlußfolgerungen ziehen. Frau Dr. Krips, Sie können sich fest darauf verlassen — Herr Professor Schiller kann das tun, und Herr Kollege Erler kann das tun —: wir werden mit Vorschlägen und Maßnahmen kommen, und es würde mich sehr freuen, wenn die Ankündigungen der Opposition, daß sie überall mitmachen werde, dann auch Wirklichkeit würden.
.(Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

Ich fürchte aber, daß es wieder genauso werden wird wie bei dem von Ihnen, Herr Professor Schiller, kritisierten Haushaltssicherungsgesetz, wo Sie keine anderen Vorschläge gemacht haben,

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU) aber Ihr Ja dazu angeblich nicht geben konnten.


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0504223700
Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Minister?

Dr. Rolf Dahlgrün (FDP):
Rede ID: ID0504223800
Aber bitte!

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0504223900
Frau Abgeordnete Dr. Krips!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0504224000
Herr Minister, darf ich daraus schließen, daß Sie gewillt sind, Ihre volkswirtschaftliche Abteilung im Sinne der Rahmenplanung und der volkswirtschaftlichen Planung so aufzuwerten, wie es Ihre juristischen Abteilungen sind?

Dr. Rolf Dahlgrün (FDP):
Rede ID: ID0504224100
Gnädige Frau, ich glaube, es ist richtiger, wir unterhalten uns im Haushaltsausschuß bei meinem Haushaltsplan über die organisatorischen und personellen Maßnahmen, die ich nötig habe — ich habe davon gestern gesprochen —, um z. B. die Finanzreform voranzutreiben. Ich habe Ihnen gestern ge-



Bundesminister Dr. Dahlgrün
sagt — aber das nehmen Sie einfach nicht zur Kenntnis, weil Sie hier die vorbereiteten Reden vortragen —,

(Beifall bei den Regierungsparteien)

daß meine Vorlage für die personelle Gestaltung des Finanzministeriums seit längerer Zeit im Haushaltsausschuß liegt. Ich habe an Herrn Kollegen Schoettle den dringenden Wunsch gerichtet, diese Vorlage möglichst in der nächsten Sitzung des Haushaltsausschusses zu behandeln.
Aber, Frau Dr. Krips, ich möchte auf etwas anderes zu sprechen kommen. Sie haben an der Vorausschau bemängelt, daß sie sich nur auf den Bund beziehe und nicht auf die beiden anderen Ebenen, auf die Länder und Gemeinden. Gnädige Frau, da können Sie dem Bundesminister der Finanzen und uns allen keinen Vorwurf machen; das ist die grundgesetzliche Regelung. Mit den Ebenen Länder und Gemeinden haben wir nichts zu tun, sie sind in ihrer Haushaltspolitik unabhängig. Das ist eine Folge des föderativen Aufbaus der Bundesrepublik, und daran ändert es gar nichts, wenn Sie in der Offentlichkeit durch Ihre Kritik und Ihre genüßlichen Vorwürfe in Richtung Bundesregierung den Eindruck erwecken wollen oder erwecken, daß Versäumnisse vorlägen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0504224200
Herr Minister, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Dr. Krips?

Dr. Rolf Dahlgrün (FDP):
Rede ID: ID0504224300
Selbstverständlich, immer!

Dr. Ursula Krips (SPD):
Rede ID: ID0504224400
Darf ich Sie bitten, Herr Minister, zu diesem Punkt einmal das Stenographische Protokoll nachzulesen. Ich glaube, dann würden sich manche Mißverständnisse klären.

Dr. Rolf Dahlgrün (FDP):
Rede ID: ID0504224500
Das werde ich gern tun, gnädige Frau, das hätte ich sowieso getan.

(Heiterkeit und Beifall bei den Regierungsparteien.)

Ich bin immer noch mit Ihnen beschäftigt, Frau Dr. Krips.

(Heiterkeit.)

Mit Ihren Vorstellungen, der Finanzminister — so habe ich Sie wenigstens verstanden; vielleicht vermittelt mir das Studium des Protokolls eine andere Meinung, aber wenn ich es so falsch verstanden habe, könnte ich mir vorstellen, daß Zuhörer draußen im Lande auch den Eindruck gewonnen haben, daß Sie der Meinung seien — könne beliebig in den laufenden Haushalt eingreifen, könne je nach den Erfordernissen des Wirtschaftsablaufs Mittel freigeben oder sie zurückhalten, haben Sie einen bedenklichen Mangel an Vertrautheit mit der tatsächlichen Wirklichkeit gezeigt, einer tatsächlichen Wirklichkeit, mit der Sie möglicherweise noch nicht konfrontiert gewesen sind. Es darf Ihnen eigentlich nicht entgehen, wenn Sie länger in diesem Hause sind, daß gerade der Finanzminister die Unbeweglichkeit
in seinem Haushalt bedauert, die es ihm nur in beschränktem Umfange möglich macht, entsprechend den jeweiligen konjunkturpolitischen Erfordernissen notwendige Finanzdispositionen zu treffen.
Die Neuordnung unserer öffentlichen Finanzwirtschaft muß deshalb in drei Richtungen angestrebt werden und wird in drei Richtungen angestrebt. Auch das habe ich gestern vorgetragen. Wir müssen ein zeitgemäßes konjunktur- und kreditpolitisches Instrumentarium schaffen, wir müssen die Neuordnung des Verhältnisses zwischen Bund und Ländern — in Klammern: mit Gemeinden — erreichen, und wir müssen im weiteren Verlauf dieser Arbeit dann auch eine Reform der Gemeindefinanzen vornehmen. Denn das ist doch eine Binsenweisheit: der Bundesfinanzminister allein, ohne Länder und Gemeinden, wird niemals in der Lage sein, eine ungesunde Entwicklung in der Wirtschaft zu verhindern.
Übrigens veranlassen mich Ihre Ausführungen dazu, schon jetzt vor meinem Schlußwort zu den Beratungen der zweiten Lesung doch darauf hinzuweisen, daß sich die Vorstellungen der Opposition, soweit sie bisher konkretisiert worden sind, durchaus nicht nach diesen Grundsätzen richten. Wenigstens scheint mir das so zu sein. Denn nach den vorliegenden Anträgen, die ich soeben einmal zusammengerechnet habe, sollen insgesamt 519 Millionen DM, d. h. etwas mehr als eine halbe Milliarde, umgeschichtet werden. Davon bieten Sie als Deckung 240 Millionen DM durch echte Kürzung an, im übrigen aber eine Ausweitung des Ausgaberahmens in Höhe von 200 Millionen DM, weil Sie die Defizitdeckung auf das Jahr 1967 verschieben wollen, und dann wollen Sie auch noch den Anleiherahmen um 80 Millionen DM erhöhen. Das scheint mir auch nicht das nach diesen Grundsätzen konjunkturgerechteste Rezept zu sein, das von der gleichen Opposition verordnet wird, die hier kritisiert.
Schnell noch einen anderen Punkt; ich will nicht länger aufhalten. Herr Professor Schiller hat immer wieder nach der Beurteilung der Schwerpunkte gerufen. Wenn ich mir diese Anträge ansehe, Herr Kollege Schiller, dann stelle ich fest, daß sich die Vorstellungen der Opposition mit den Planungen der Bundesregierung decken. Erhöhungen verlangen Sie beim Straßenbau, beim Steinkohlenbergbau und beim Hochschulbau, alles Vorhaben, die auch die Bundesregierung als vordringlich ansieht, wo sie aber nicht unter Aufgabe einer konjunkturgerechten Finanzpolitik eine höhere Dotierung hat herausholen können, als es der Haushaltsplanentwurf vorgesehen hat.
Zum Abschluß — das möchte ich einmal zusammenfassen — kann ich nur noch eindringlich davor warnen, zu glauben, daß man durch Reformen und Pläne langfristiger, mittelfristiger oder kurzfristiger Art bestehende Schwierigkeiten beheben könne. Man kann sie höchstens sichtbar machen. Das Gleichgewicht bleibt nur erhalten, wenn wir uns allen Beschränkungen auferlegen und bereit sind, auf Wünsche zu verzichten, uns mit dem Verfügbaren zu begnügen. Das Hohe Haus täte gut daran, sich darauf einzustellen, daß wir uns angesichts des Anwachsens unserer internationalen Verpflich-



Bundesminister Dr. Dahlgrün
tungen und für unsere innerdeutschen Ausgaben größere Beschränkungen auferlegen müssen, als das in den vergangenen Jahren der Fall war.
Wenn ich mir, wie gesagt, .die Anträge ansehe, so habe ich doch etwas Zweifel, ob die Opposition wirklich voll schon diese Erkenntnis gewonnen hat. Es scheint mir hohe Zeit zu sein, daß sie sich darum bemüht.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0504224600
Liegen weitere Wortmeldungen vor? — Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Einzelplan 08 in zweiter Lesung. Wer ihm zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Nein-Stimmen ist der Einzelplan 08 — Bundesminister der Finanzen — angenommen.
Zu Einzelplan 09 liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD vor. Er ist begründet und diskutiert worden. Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der ,SPD auf Umdruck 491 abstimmen. Sind Sie damit einverstanden, daß über alle Ziffern zur gleichen Zeit abgestimmt wird?

(Zustimmung.)

Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! —

(Zurufe.)

— Meine Herren, wer für diesen Änderungsantrag ist, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! —(Zurufe: Hammelsprung!)

— Meiner Ansicht nach zahlt sich der Hammelsprung nicht aus. Es wird das gleiche bleiben. — Jetzt hat es noch Zuzug gegeben. Die Mehrheit ist klar: Das letztere ist die Mehrheit; der Antrag Umdruck 49 ist abgelehnt.
Wir stimmen nun über den Einzelplan 09 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — ab. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Bei zahlreichen Gegenstimmen ist der Einzelplan 09 des Bundesministers für Wirtschaft angenommen.
Wir kommen jetzt zunächst zu . Einzelplan 03
Bundesrat
— Drucksache V/572 —
Berichterstatter: Abgeordneter Hauser (Bad Godesberg)

Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er dazu das Wort wünscht. — Der Herr Berichterstatter verzichtet.
Ich frage, ob sonst das Wort zu Einzelplan 03 gewünscht wird. — Das ist nicht der Fall.
Wer dem Einzelplan 03 in zweiter Lesung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen.
*) siehe Anlage 2 — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Einzelplan 03 des Bundesrates ist einstimmig angenommen.
Ich rufe auf: Einzelplan 25
Geschäftsbereich des Bundesministers für Wohnungswesen und Städtebau
— Drucksache V/589 — Berichterstatter: Abgeordneter Seidel
Hier liegt ein Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP vor *). Ich frage, ob dieser Änderungsantrag begründet wird? — Keine Begründung. Wird eine Aussprache über diesen Änderungsantrag gewünscht? - Keine Aussprache. Wird zum. Einzelplan 25 im ganzen das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter Seidel, bitte sehr.

Max Seidel (SPD):
Rede ID: ID0504224700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion wird sich bei diesem Einzelplan der Stimme enthalten. Ich gebe die Begründung infolge unserer Zeitnot zu Protokoll.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0504224800
Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter.
Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über den interfraktionellen Änderungsantrag auf Umdruck 60. Wer ihm zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Er ist einstimmig angenommen.
Einzelplan 25! Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen ist der Einzelplan 25 angenommen.
Wir kommen zu Einzelplan 07
Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz
— Drucksache V/576 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Tamble
Änderungsanträge liegen nicht vor. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Haas.

Dr. Christian Albrecht Haas (FDP):
Rede ID: ID0504224900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach der Meinung meiner Fraktion sollte der Einzelplan 07 nicht ganz ungeküßt von dannen gehen. Es liegt mir daran, einige wenige Probleme anzusprechen, über die man meines Erachtens ein wenig nachdenken sollte. Da ist einmal die Frage des richterlichen Nachwuchses, die uns bewegt. Aus einer Reihe von Gründen ist der richterliche Nachwuchs im Augenblick sehr gefragt, und die offenen Planstellen sind zahlreicher denn je. Ich will die Gründe nicht im einzelnen untersuchen. Das geisteswissenschaftliche Studium ist nicht mehr in dem Maße wie früher gefragt, und diejenigen
*) Siehe Anlage 3



Dr. Haas
Examenskandidaten, die dieses Studium mit gutem oder bestem Erfolge absolvieren, kommen nicht mehr in dem Umfange wie früher in die richterliche bzw. Beamtenlaufbahn. Immerhin ist es so, daß wir, um überhaupt den Fehlbedarf in der Besetzung der Planstellen decken zu können, mit unseren Anforderungen heruntergehen mußten, d. h. wir mußten die Notengrenze herabsetzen. Dadurch wurden qualitative Verschlechterungen unvermeidlich. Angesichts dieser Tatsache sollte man doch wohl noch eine weitere Überlegung anstellen. Wir meinen nämlich, man sollte doch — wie das auch früher beim Richter der Fall gewesen ist — die Altersgrenze von 65 auf 68 Jahre heraufsetzen, natürlich unter bestimmten Kautelen. Unter allen Umständen müßte der Amtsarzt zustimmen, gegebenenfalls mit jährlich zu wiederholenden Gutachten, es müßte der Präsidialrat zustimmen und selbstverständlich die zuständige Justizverwaltung. Man sollte also über eine Kann-Bestimmung nicht hinausgehen.

(Anhaltende Unruhe.)

Zum guten Richter gehört nicht nur eine große Lebenserfahrung, sondern auch etwas, was man richterliche Weisheit nennt. Diese Weisheit des guten Richters kommt in der Regel erst in späteren Jahren, nach langer richterlicher Erfahrung. Richterliche Erfahrung gehört z. B. dazu, den Wahrheitsgehalt einer Zeugen- oder einer Parteiaussage herauszufinden, richtig zu ermessen. Ich bitte daher, darüber nachzudenken; gegebenenfalls könnte der Herr Bundesjustizminister auf einer Justizminister) konferenz der Länder diese Frage noch einmal anschneiden. Ich glaube, daß das mit ein Weg wäre, um einen in vielen Länderjustizverwaltungen tatsächlich bestehenden personellen Notstand steuern zu können.
Einen zweiten Gesichtspunkt, der mit dem Strafvollzug zu tun hat, möchte ich ebenfalls ansprechen. Es handelt sich um die sehr brennende Frage, in welchem Umfange Verurteilte resozialisierbar sind. Die berühmte Drittelstheorie — ein Drittel schlankweg resozialisierbar, ein weiteres Drittel bestimmt nicht resozialisierbar, und bei einem letzten Drittel komme es darauf an, in welche Umwelt der aus der Strafhaft Entlassene gerate — hat mich nicht befriedigt. Ich habe daher einmal für das Gebiet des Landes Bayern eine Statistik anfertigen lassen. Diese Statistik scheint mir bedeutsam zu sein. Die Theorie, die da verbreitet wurde, stimmt nicht. Die Quote der wirklich Resozialisierbaren ist leider sehr viel geringer. Das sollte uns sehr zu denken geben. Wenn man von denen ausgeht, die eine zudiktierte Strafe entweder ganz oder zum Teil in Strafanstalten verbüßt haben — ich will diejenigen außer acht lassen, die einen bedingten Straferlaß bekommen haben —, und wenn man sie vom Tage der Entlassung an noch zehn Jahre verfolgt, dann muß man feststellen, daß innerhalb dieser zehn Jahre fünf Sechstel der Verurteilten wiederkommt und nur ein Sechstel draußen bleibt. Dabei haben sich dieser von mir veranlaßten Statistik jene entzogen, die innerhalb der Zehnjahresfrist außerhalb des Landes Bayern in Strafanstalten eingeliefert wurden. Aber nehmen wir einmal an, es würde tatsächlich ein
Sechstel der Verurteilten endgültig wieder in die menschliche Gemeinschaft eingeordnet werden, dann ist das doch ein erstaunlich niedriger Bruchteil. Wir müssen zugeben, daß die Besserungstheorie, die sich so schön anhört, an den tatsächlichen Gegebenheiten weitgehend vorbeigeht.
Wir sollten uns mit diesem Problem näher befassen. Ich glaube, daß man es, so merkwürdig sich das anhört, zunächst einmal von der rein materiellen Seite angehen kann. Ich bin der Meinung, daß wir größere und modernere Strafanstalten brauchen, bei denen die Möglichkeit gegeben ist, dem Verurteilten im ersten Strafdrittel die Einzelzelle zu gewährleisten, für den Rest der Strafzeit kann er dann in die kleine Gemeinschaftszelle kommen. Dabei muß man die Leute, die man in dieser Zelle zusammenlegt, sorgfältig auswählen. Es muß vermieden werden, daß der erstmals straffällig Gewordene mit Menschen zusammengesperrt wird, die alte Kriminelle sind. Wenn man sich also so viel räumlichen „Luxus" leisten könnte — der Strafvollzug ist bisher immer das Stiefkind der Strafrechtspflege gewesen —, würde man vieles tatsächlich bessern und ändern können. Man würde der Besserungstheorie tatsächlich eine Chance einräumen, die sie bisher de facto nicht hat; das beweisen die aus der Praxis vorliegenden Zahlen.
Man sollte vielleicht auch dahin gelangen — wozu aber ein bißchen mehr Zeit gehört —, sich im Strafprozeß den einzelnen Verurteilten etwas näher anzusehen und seine Persönlichkeit, seine Neigungen, seine Fähigkeiten, auch seine Neigungen zum kriminellen Tun mehr unter die Lupe zu nehmen. Man sollte schärfere Strafen dann aussprechen, wenn es nötig ist, aber auch mildere Strafen, wenn es irgendwie vertretbar ist. Man sollte auch von gewissen Grundsätzen abrücken, z. B. davon, daß man den Sittlichkeitsverbrechern grundsätzlich keinen bedingten Straferlaß einräumt. Wenn schon Grundsatz, dann sollte man sich auch daran erinnern, daß Grundsätze Ausnahmen zulassen. Jedenfalls sollte man bei einem so geringen Besserungserfolg der Verurteilten, wie er zur Zeit noch in unseren Strafvollzugsanstalten feststellbar ist, dem Institut des bedingten Straferlasses gegebenenfalls noch größeren Raum geben. Aber auch darüber sollte man nachdenken und in Länderjustizministerkonferenzen sprechen.
Ich möchte noch ein drittes Problem ansprechen. Sie wissen, wie sehr die Verkehrsunfallhäufigkeit zugenommen hat. Es gibt Gerichte draußen im Lande, bei denen die Terminzettel zu 75 oder 80 % mit Verkehrsstraftaten belegt sind. Sie wissen, in welchem Umfang der Verkehrstod seine Opfer fordert; es gibt ungefähr 16 000 Verkehrstote und ungefähr 350 000 Verkehrsverletzte im Jahr in der Bundesrepublik. Bei diesem Sachverhalt war es wohl naheliegend, sich einmal Gedanken darüber zu machen, inwieweit das Alter des Führerscheininhabers eine Rolle spielt, der einen Verkehrsunfall verschuldet hat.
Auch hier will ich Ihnen das Ergebnis einer statistischen Untersuchung mitteilen. Man kann sich von
1948 Deutscher Bundestag — 5, Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Mai 1966
Dr. Haas
vornherein vorstellen, daß der jüngere Führerscheininhaber wahrscheinlich in einem größeren Umfang Verkehrsunfälle verschuldet als der ältere; denn die Verkehrsgesinnung, häufig auch der Verkehrssinn, d. h. das Gespür, Unfälle vorauszusehen, wird dem jüngeren, unerfahrenen Kraftfahrer in der Regel nicht in dem Maße zu eigen sein wie dem älteren. Eine Statistik, die ich mir beschafft habe, hat meine Erwartungen sehr stark übertroffen. Es ist so, daß der einundzwanzigjährige Führerscheininhaber, soweit er Straftäter geworden ist, sechszehnmal öfter in dieser Statistik vertreten ist als etwa der einundfünfzigjährige. Das ist ein gewaltiger Unterschied, und man sollte auch hier Überlegungen anstellen, was man tun kann und tun muß; denn der Verkehrstod ist eine Sache, die ungeheure Folgen hat. Die Zahl der jährlichen Verkehrstoten entspricht heute ungefähr der Zahl der Kriegstoten im deutsch-französischen Krieg von 1870.
Ich bin der Meinung, daß man sich die Frage überlegen müßte, ob man nicht in puncto Verkehrserziehung sehr viel mehr tun müßte, ob wir nicht die Prüfung, die zur Erteilung des Führerscheins führt, mehr differenzieren, unter Umständen auch mehr erschweren sollten, ob wir nicht durch Einschaltung von Verkehrspsychologen in die Prüfung versuchen sollten, rechtzeitig, nämlich bevor der Führerschein erteilt wird, den sogenannten aggressiven Fahrer, den Fahrer ohne Verkehrsgesinnung, auszuschalten.

(Anhaltende Unruhe.)

Ist einmal der Führerschein erteilt, so ist es sehr schwierig, ihn wieder einzuziehen. Immerhin ist von der Möglichkeit der Wiedereinziehung eines Führerscheins in der letzten Zeit in weit höherem Umfang Gebrauch gemacht worden als früher. Man sollte diese Möglichkeiten unter Umständen noch weiter ausbauen. Auch das sind Überlegungen, die hier in einem besonderen Maße angestellt werden und unter Umständen dazu führen sollten, bestehende gesetzliche Regelungen zu ändern oder zu ergänzen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0504225000
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung über Einzelplan 07. Wer Einzelplan 07 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen ist der Einzelplan 07 — Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz — angenommen.
Ich rufe nunmehr auf:
Einzelplan 10
Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
— Drucksachen V/579, zu V/579, Nachtrag zu V/579 —Berichterstatter: Abgeordneter Brese
Abgeordneter Röhner
dazu:
Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses (13. Ausschuß) über den Antrag der Abgeordneten Herold, Seidel, Freiherr von und zu Guttenberg, Röhner, Dr. Starke (Franken), Geldner und Genossen und der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP
betr. Verbleib der Bundesanstalt für Fleischforschung in Kulmbach
— Drucksachen V/262, V/568 — Berichterstatter: Abgeordneter Röhner
Ich frage die Herren Berichterstatter, ob sie das Wort wünschen. — Die Herren Berichterstatter verzichten.
Es liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD vor. Zur Begründung hat Herr Abgeordneter Saxowski das Wort.

Karl-Heinz Saxowski (SPD):
Rede ID: ID0504225100
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die SPD hat auf Umdruck 42 Anträge auf Kürzung der Haushaltspositionen Kap. 02 Tit. 959 und Kap. 03 Tit. 620 vorgelegt. Die dadurch freigesetzten Mittel sollen für von uns als vordringlich erachtete Aufgaben Verwendung finden.
Die Regierung selbst hat den Haushalt des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten schon häufig zur Deckung fehlender Mittel herangezogen. Bei Globalkürzungen des Haushalts hatte der Einzelplan 10 bekanntlich immer die größten Streichungen aufzuweisen. So mußte er im Jahre 1965 auf Grund der 7%igen Haushaltskürzung und der 20%igen Bausperre insgesamt eine Kürzung um 267 Millionen DM hinnehmen. Und selbst die gekürzten Ansätze wurden in manchen Fällen nicht ausgegeben. Ein Beispiel dafür sind die Maßnahmen für die Verbesserung der Marktstruktur, die wir für vordringlich erachten, für die nach der Haushaltskürzung und der Bausperre noch 135,2 Millionen DM zur Verfügung standen und am Jahresende eine Ist-Ausgabe von nur 100 Millionen DM zu verzeichnen war. Ähnlich verhielt es sich mit der sogenannten Investitionshilfe 1965. Hierfür waren im Haushalt zunächst 380 Millionen DM angesetzt. Nach der Kürzung verblieben noch 353 Millionen DM, und nach Beendigung des "Gießkannenverfahrens" ergab sich eine Ist-Ausgabe von 321,7 Millionen DM. Auch bei dieser so viel propagierten Hilfe für de Landwirtschaft zur Anpassung an die EWG wurden somit rund 32 Millionen DM nicht verausgabt. So erweckt der Einzelplan 10 in vielen Teilen den Anschein, daß hier zum Jahresbeginn verschiedene Ansätze in einer Höhe festgelegt werden, die auf Grund der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit in dieser Höhe nicht gebraucht werden und im Laufe des Rechnungsjahres nur als Polster für andere Maßnahmen dienen.
Der Haushaltsausschuß und der Ernährungsausschuß haben — vor allem mit Unterstützung der Koalitionsparteien — auch in diesem Jahr Kürzungen einzelner Positionen im Agrarhaushalt vorgenommen, und zwar in erster Linie bei der Investi-



Saxowski
tionshilfe — um 55,9 Millionen DM — und der vertikalen Verbundwirtschaft — um 5 Millionen DM. Die freigesetzten Mittel wurden allerdings sogleich wieder in die sattsam bekannten Töpfchen umgesetzt, nicht gerade zur Freude des Herrn Ernährungsministers, der sich auch gegen diese Form der Bewirtschaftung gewandt hat. Hiermit werden nun die alten Maßnahmen konsequent in alter Form munter fortgesetzt. Die Koalitionsparteien geben damit zu, daß die Ansätze, die ich genannt habe, nicht wie vorgesehen benötigt werden und von vornherein als Deckung für andere Ausgaben gedacht sind. Als wir für die bereits genannten vordringlichen neuen Aufgaben Deckung anbieten wollten, wurde auch der Agrarhaushalt kritisch durchleuchtet, um festzustellen, wo Ansätze vorhanden sind, die zwar für wichtige Aufgaben vorgesehen, aber voraussichtlich durch die Handhabung der sattsam bekannten Bewirtschaftung der Regierung am Jahresende wieder Minderausgaben aufzuweisen haben.
Hier bot sich in Kap. 10 02 der Tit. 959 besonders an; denn auch die Regierungsparteien hatten bei dieser Position mit 55,6 Millionen DM bereits kräftig gekürzt. Der ursprüngliche Ansatz von 133,5 Millionen DM stellt im übrigen keine Schätzungsgröße für den Bedarf der sogenannten Investitionshilfe dar, vielmehr ergibt sich diese Summe nach Abzug der Beträge für andere Aufgaben von der Anpassungshilfe in Höhe von 770 Millionen DM. Von der Regierung sind für die Investitionshilfe besondere Richtlinien angekündigt worden. Ein erster Entwurf liegt bereits vor und ist auch in die Erläuterungen zu dieser Position im Entwurf des Einzelplans 10 mitaufgenommen worden. Wie die Beratungen im Ernährungsausschuß gezeigt haben, ist die jetzige Fassung des Richtlinienvorschlages nicht in allen Teilen geeignet, dieser neuen Form der Investitionsförderung zu einem erfolgreichen Start zu verhelfen. Die Regierung hat die Umarbeitung und Überprüfung des ersten Richtlinienvorschlages zugesagt und selbst eingeräumt, daß für diese neue Förderungsmaßnahme noch ausreichende Erfahrungen fehlen. Das dürfte bei jeder Maßnahme, die erstmalig zum Anlaufen kommt, der Fall sein. Das Anlaufjahr 1966 muß also für die Durchführung der sogenannten Investitionshilfe Hinweise für eine zweckmäßige Anwendung dieser Mittel erst einmal geben. Auf Grund der bisherigen Praxis muß mit Sicherheit angenommen werden, daß die Richtlinien für die Investitionshilfe schließlich zu spät veröffentlicht werden, um die noch verbliebenen Mittel dann wie vorgesehen verwenden zu können. Die Schwierigkeiten und damit die Verzögerungen bei der Vergabe der Investitionshilfe vergrößern sich noch deshalb, weil nach den Richtlinien vom Antragsteller ein Betriebsentwicklungsplan vorzulegen oder bei einer Kreditsumme ab 100 000 DM die Verpflichtung zur Buchführung vorgesehen ist.
Der nach unserem Kürzungsvorschlag in Höhe von 40 Millionen DM verbleibende Rest von 37,6 Millionen DM wird aller Wahrscheinlichkeit nach ausreichen, das Anlaufen der Investitionshilfe und auch die Bedienung der Überhanganträge für technische Anlagen sicherzustellen. Ich möchte ausdrücklich betonen, daß die SPD die Förderung der Investitionen in bäuerlichen Betrieben über den Tit. 959 gegenüber den bisherigen Verfahren für sehr vorteilhaft und ausbaufähig hält und sich dafür stark einsetzen wird. Die bereits von den Koalitionsparteien durchgeführten Kürzungen bei der Position 959 und die bisher feststellbaren Bemühungen bei der Vorlage brauchbarer Richtlinien für diese Maßnahmen lassen die von uns vorgeschlagenen weiteren Kürzungen gerechtfertigt erscheinen. Für das nächste Jahr wird es unsere vordringliche Aufgabe sein, auf Grund der 1966 noch zu sammelnden Erfahrungen eine ausreichende Dotation der Position 959 durchzusetzen. Ich darf darauf hinweisen, daß mit diesen Mitteln nach den bisherigen Praktiken höchstens noch ein Vierteljahr im laufenden Rechnungsjahr gearbeitet werden kann. Es ist ein neuer Versuch, eine echte Hilfe für die Landwirtschaft zu bringen. Wir können erst einmal diese Erfahrungen mit den Versuchen abwarten.
Ein weiterer Pufferposten im Einzelplan 10 ist der Tit. 620 des Kap. 10 03, Zuschüsse für die Einfuhr- und Vorratsstellen. Der Ansatz für 1966 liegt rund 40 Millionen DM über der Ist-Ausgabe von 1965. Die Aufwendungen der Regierung für die Vorratshaltung sind von einer bestimmten Summe an aufwärts ein Gradmesser für die Richtigkeit der durchgeführten Agrarpolitik. Vorratshaltung bei Lebensmitteln über eine vertretbare Menge hinaus ist das Zeichen für eine falsche Steuerung der Agrarproduktion und die ungenügenden Maßnahmen zur Verbesserung des Absatzes im In- und Ausland. Wie ernst es der Regierung mit der Förderung des Agrarexports ist, beweist die Bewirtschaftung der Position „Ausfuhrerstattung". Von dem gekürzten Soll für diese Maßnahme wurden 1965 7 Millionen DM nicht verausgabt, und nicht etwa deshalb, weil die vorgesehenen Mittel nicht gebraucht wurden, sondern weil auch hier die Versprechungen der Regierung wie in vielen Fällen nur Lippenbekenntnisse geblieben sind.
Die Mittel für die Vorratshaltung dienen also in erster Linie der Retuschierung einer verfehlten Agrarpolitik, die wir nicht billigen können. Die Überschüsse z. B. der Butterproduktion müssen durch eine anders gerichtete Verwertung der Milch kompensiert werden. Durch die EWG-Marktordnung muß nun zwangsweise und kurzfristig bei der Verwertung der Milch umgeschaltet werden. Dies hätte schon vor Jahren geschehen können, wenn man es gewollt hätte. Bei einer realistischen Steuerung der Milchpolitik und Nutzung der gegebenen Möglichkeiten des Exports ist die Erhöhung der Position für Vorratshaltung nicht erforderlich. Denn Vorratshaltung ist nicht der richtige Ersatz für Schwächen in der Agrarpolitik.
Aus den genannten Gründen halten wir daher die Kürzung des Tit. 620 in Kap. 10 03 für vertretbar. Die von der SPD beantragten Kürzungsvorschläge werden keine Auswirkungen auf die Maßnahmen einer vernünftigen Agrarpolitik haben. Sie können dagegen als Aufforderung oder Ansporn, wenn Ihnen diese Formulierung lieber ist, aufgefaßt werden, den Entwurf des Einzelplans 10 in Zukunft realistischer den tatsächlichen Erfordernis-



Saxowski
sen entsprechend aufzustellen, damit nicht im Laufe des Jahres ohne Einschaltung des Parlaments eine Agrarpolitik ohne Kontrolle der Volksvertretung Platz greift.
Ich bitte Sie, den von mir begründeten Anträgen zuzustimmen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0504225200
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Röhner.

Paul Röhner (CSU):
Rede ID: ID0504225300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich zum Änderungsantrag der SPD auf Umdruck 42 zum Einzelplan 10 Stellung nehme, seien mir einige kurze Bemerkungen zu den gestrigen Ausführungen des Herrn Kollegen Hermsdorf und den eben gehörten Ausführungen zur Begründung des Antrags durch Herrn Kollegen Saxowski gestattet.
Herr Kollege Hermsdorf informierte gestern das Hohe Haus, daß seine Gruppe im Haushaltsausschuß bei der Behandlung des Ernährungshaushalts Kürzungsanträge in Höhe von insgesamt 165 Millionen DM gestellt hatte. Eine, wenn ich so sagen darf, zusätzliche Rechtfertigung für diese Kürzungsanträge sieht die SPD nach den Ausführungen des Herrn Kollegen Hermsdorf darin, daß die Koalition selbst nach Ablehnung dieser Anträge die zur Kürzung vorgeschlagenen Haushaltstitel für Umgruppierungen innerhalb des Einzelplans 10 ihrerseits verwendet hat.
Was haben wir dazu zu sagen? Nun, es trifft zu, daß bei den etwas schwierigen Beratungen des Einzelplans 10 eine Reihe von Umgruppierungen von den Berichterstattern der Koalition vorgeschlagen und von der Mehrheit des Ausschusses angenommen worden ist. Insbesondere geschah dies bei der Behandlung der in Kap. 10 02 Tit. 959 ausgewiesenen Investitionsbeihilfen für landwirtschaftliche Betriebe. Dieser Titel wurde bekanntlich auf Grund des EWG-Anpassungsgesetzes eingeführt und bezweckt, wie ebenso bekannt sein dürfte, durch Investitionsbeihilfen eine beschleunigte Eingliederung unserer landwirtschaftlichen Betriebe in den Gemeinsamen Markt. Im Vorjahr, also im Haushalt 1965, entstanden gerade bei diesem Titel nicht zuletzt deshalb besondere Kontroversen, weil das Verteilungs- und Verwendungssystem auch von der SPD besonders scharf attackiert und kritisiert worden ist.
In diesem Zusammenhang möchte ich nur an das auch von Herrn Saxowski soeben genannte Stichwort "Gießkannenprinzip" erinnern. Gerade durch die von mir erwähnten Koalitionsanträge und Beschlüsse zum Einzelplan 10 kann diese Kritik in diesem Jahr erst gar nicht in dem Ausmaß entstehen, und zwar deshalb nicht, weil die Mittel für 1966 im Haushaltsausschuß schon weitgehend für ganz bestimmte Maßnahmen und Verwendungszwecke fixiert worden sind und also, wie ich meine, sinnvoll und gezielt zur Wirkung gebracht werden können. Diese Arbeitsweise der Koalitionsgruppe im Haushaltsausschuß hier so auszulegen, als ob damit zusätzliche „Luft" in diesem Einzelplan erwiesen sei, scheint mir deshalb an den Tatsachen einfach vorbeizugehen.
Auch der Hinweis des Herrn Kollegen Hermsdorf in diesem Zusammenhang, daß der Einzelplan 10 sowohl 1964 als auch 1965 größere Reste aufgewiesen habe, überzeugt im letzten nicht. Diese Restmittel entstanden — Herr Saxowski hat es soeben zugegeben — vorwiegend bei den Strukturmaßnahmen, also bei Maßnahmen, deren oft langfristige Projektierung und Ausführung — erinnert sei z. B. nur an die Deichbaumaßnahmen — es zwangsläufig mit sich bringen, daß zum Jahresende Restmittel vorhanden sein können, dies um so mehr, als das zuständige Bundesministerium — das dürfte auch Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition bekannt sein — nur zum Teil, nur bedingt und nur indirekt bei einigen Maßnahmen auf die mit den einschlägigen Arbeiten befaßten Institutionen ebenso wie auf die Arbeiten der Träger der Maßnahmen Einfluß nehmen kann.
Nach dieser Vorbemerkung ein paar Worte zu dem Änderungsantrag der Fraktion der SPD Umdruck 42. Unter Ziffer 1 ihres Antrags schlägt die SPD-Fraktion vor, in Kap. 10 02 den Ansatz des Tit. 959 um 40 Millionen DM auf 37,6 Millionen DM zu kürzen.
Ein kurzes Wort über die Vorstellungen der CDU/ CSU zu diesen Investitionsbeihilfen. Wir sind der Auffassung, daß die Erhaltung und Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft im Gemeinsamen Markt auch in den ferneren Jahren noch große Investitionen erfordern wird. Dieser Investitionsbedarf übersteigt vielfach die Kapitalkraft der einzelnen Betriebe unserer Landwirtschaft. Und die dadurch hervorgerufenen Anpassungsschwierigkeiten sollen eben durch diese Investitionsbeihilfen zumindest abgemildert werden. Zum anderen erscheint uns das hier vorgesehene Investitionshilfeprogramm im Gegensatz zu einigen in der zurückliegenden Zeit geförderten Einzelmaßnahmen durchaus EWG-konform. Wir betrachten es als besonders sinnvoll und gezielt. Ferner bin ich der Auffassung, daß hier die Mittel so eingesetzt werden, daß die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit unserer Betriebe nachhaltig gefördert wird. Sie mögen das daraus schließen, daß in den Erläuterungen zu diesem Titel die Gewährung der Investitionsbeihilfe ausdrücklich in Zusammenhang mit der Vorlage eines Betriebsentwicklungsplans gebracht wird. Außerdem haben auch Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, sich bei den Beratungen im Ernährungsausschuß ausdrücklich für das Investitionsbeihilfeprogramm ausgesprochen. Sie haben es darüber hinaus noch bedauert, daß wir hierfür nicht mehr Mittel zur Verfügung stellen können.
Die Kürzung dieses Titels um weitere 40 Millionen DM, wie Sie es in Ihrem Antrag vorschlagen, hätte zur Folge, daß im Jahre 1966 aus Tit. 959 nur die Überhänge aus dem Jahre 1965 bedient werden könnten und im Sinne des Programms eigentlich nichts Neues geschehen könnte.
Herr Saxowski, Sie haben eben gesagt, daß erst einmal der Beweis erbracht werden müßte, inwie-



Röhner
weit hier Wirksamkeiten erzielt werden können. Ich darf darauf hinweisen, daß das EWG-Anpassungsgesetz als Rechtsgrundlage des Investitionsbeihilfeprogrammes dieses bis zum 31. Dezember 1969 befristet. Das heißt doch, daß es, wenn wir dieses Programm in diesem Jahr aussetzten bzw. hinsichtlich der neuen Maßnahmen nicht zum Anlaufen bringen könnten, nahezu sinnlos wäre, zu hoffen, daß wir mit diesem Programm für den Rest der bis 1969 noch verbleibenden Zeit tatsächlich noch etwas erfolgreich gestalten könnten.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0504225400
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Paul Röhner (CSU):
Rede ID: ID0504225500
Bitte sehr!

Ludwig Fellermaier (SPD):
Rede ID: ID0504225600
Herr Kollege, darf ich Sie fragen, ob Ihnen noch in Erinnerung ist, was der Herr Bundesminister bei der Vorlage des Grünen Berichts dazu gesagt hat. Er hat laut Protokoll gesagt, daß es mit der zunehmenden Entfaltung der Wirtschaft für die Landwirtschaft jetzt darauf ankomme, sich stärker den Verhältnissen des Marktes anzupassen, und daß er deshalb den neuen Weg des Investitionshilfeprogramms beschreiten wolle, während Sie jetzt bereits von einer Begrenzung sprechen. Ist das nicht ein Widerspruch zu den Ausführungen des Ministers?

Paul Röhner (CSU):
Rede ID: ID0504225700
Herr Kollege, ganz im Gegenteil! Die Maßnahme, die von uns im Rahmen der Investitionsbeihilfe vorgesehen und im Haushaltsausschuß entsprechend beraten und beschlossen worden ist, liegt nach meiner Meinung genau auf dieser Linie, die Sie eben durch das Zitat der Ausführungen des Herrn Ministers zum Ausdruck gebracht haben. Ich sehe absolut keinen Widerspruch zu diesen Maßnahmen und zu diesen Vorhaben.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0504225800
Noch eine Frage.

Ludwig Fellermaier (SPD):
Rede ID: ID0504225900
Herr Kollege, sind Sie nicht der Meinung, daß die Umstellung der Gewährung von Investitionsbeihilfen auf die Vorlage eines Betriebsentwicklungsplans dazu führt, daß die Anträge 1965 abgedeckt werden können, während die Anträge 1966 durch dieses neue, vielleicht etwas bürokratische, aber notwendige Verfahren insofern in diesem Jahr gar nicht zum Tragen kommen?

Paul Röhner (CSU):
Rede ID: ID0504226000
Ich bin anderer Auffassung. Ich bin durchaus der Meinung — und seitens des Herrn Bundeslandwirtschaftsministers liegen hier auch die entsprechenden Zusicherungen vor —, daß wir die notwendigen neuen Richtlinien so rechtzeitig erhalten werden, daß im Rahmen dieser Investitionsbeihilfe, so hoffen wir doch alle, noch in diesem Jahr die entsprechenden Maßnahmen in dem Umfang der zur Verfügung stehenden Mittel möglich sein werden.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0504226100
Zu einer Zwischenfrage Herr Abgeordneter Saxowski.

Karl-Heinz Saxowski (SPD):
Rede ID: ID0504226200
Herr Kollege, glauben Sie allen Ernstes, daß durch die Kürzung der 40 Millionen DM bei der Investitionshilfe Ihre Agrarpolitik zum Scheitern verurteilt ist?

Paul Röhner (CSU):
Rede ID: ID0504226300
Herr Saxowski, ich glaube, diese Frage ist insofern falsch, um nicht zu sagen.: schief gestellt, als, wie ich vorhin schon zum Ausdruck brachte, dieses Programm, wenn von den jetzt im Ansatz befindlichen 77,6 Millionen DM Anpassungsbeihilfe Ihrem Antrag entsprechend noch einmal 40 Millionen DM für dieses Jahr in Wegfall kämen, tot wäre. Und das wollen wir verhindert wissen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Ich komme jetzt zu Ziffer 2 des Änderungsantrags der SPD. Die Fraktion der SPD stellt auf Umdruck 42 Ziffer 2 den Antrag:
In Kap. 10 03 — Marktordnung — wird in Tit. 620 — Zuschüsse an die Einfuhr- und Vorratsstellen für Getreide- und Futtermittel, für Fette, für Schlachtvieh, Fleisch und Fleischerzeugnisse und an die Einfuhrstelle für Zucker — ... der Ansatz um 55 000 000 DM auf 310 479 800 DM gekürzt.
Dazu darf ich namens der CDU/CSU-Fraktion folgendes feststellen. Die Kosten für die Vorratshaltung sind im wesentlichen — das muß auch Ihnen bekannt sein — auf Grund bestehender rechtlicher Verpflichtungen veranschlagt worden. Diese rechtlichen Verpflichtungen bestehen, wie ich hier in Erinnerung bringen darf, durch die Interventionspflicht bei Getreide und Butter, infolge des Abkommens mit den Alliierten hinsichtlich der Berlin-Reserve und auf Grund einer Verpflichtung gegenüber der NATO, wonach wir uns — aus gutem Grund — verpflichtet haben, jährlich 25 % des Marktbedarfs an Getreide — das wären zur Zeit etwa 2,3 Millionen t — im Bundesgebiet als Dauerreserve zu halten. Eine Kürzung der hier veranschlagten Mittel hätte nach unserer Auffassung zur Folge, daß diese Interventionsverpflichtungen und die sowohl gegenüber den Alliierten wie gegenüber der NATO eingegangenen Verpflichtungen einfach nicht in vollem Umfang erfüllt werden könnten.

(Abg. Leicht: Das haben wir schon in den letzten Jahren erlebt.)

Bei diesem Titel sind außerdem — ich darf das vielleicht hinzufügen — gegenüber dem Ist-Ergebnis für das Rechnungsjahr 1965 eben aus diesen Gründen Mehranforderungen in Höhe von 44,9 Millionen DM notwendig geworden. Diese Mehranforderungen sind notwendig — Herr Saxowski, damit gehe ich auf Ihr Vorbringen insbesondere zu diesem Änderungsantrag ein — durch höhere Finanzierungs-



Röhner
kosten, durch höhere Frachttarife, durch eine zu erwartende höhere Rinderintervention, durch eine Anhebung der Lagergeldsätze insbesondere bei Getreide. Sie sind vor allem auch notwendig geworden — eine Sache, die wir einfach nicht in der Hand haben — durch die in diesem Jahr notwendig werdende verstärkte Wälzung bei Getreide. Wir haben in den Einfuhr- und Vorratsstellen im vergangenen Jahr 280 000 t Getreide wälzen müssen. Es werden in diesem Jahr auf Grund des Zeitplans über 500 000 t sein. Das bedeutet mehr Geld, das bedeutet mehr Aufwand, und deshalb hier eine Mehranforderung, die uns gerechtfertigt erscheint und für die wir uns entschieden haben.
Ich darf abschließend feststellen, daß nach unserer Auffassung die Durchführung der von der SPD-Fraktion unter Ziffer 2 beantragten Kürzung mit Sicherheit im laufenden Haushaltsjahr Nachforderungen auslösen würde. Das wollen wir alle nicht.
Aus diesem Grunde beantrage ich namens der CDU/CSU-Fraktion, den Änderungsantrag der SPD Umdruck 42 abzulehnen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Ich darf vielleicht, Herr Präsident, noch um eine Berichtigung des Schriftlichen Berichts zum Einzelplan 10 bitten, in den sich zwei Druckfehler eingeschlichen haben.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0504226400
Einen Augenblick. Bis jetzt, Herr Kollege, haben Sie nicht als Berichterstatter gesprochen. Aber jetzt verwandeln Sie sich in den Berichterstatter und korrigieren etwas?

Paul Röhner (CSU):
Rede ID: ID0504226500
Den Schriftlichen Bericht über den Einzelplan 10, zu Drucksache V/579. Auf Seite 2 bei Tit. 623 (Vertikale Verbundwirtschaft) muß es heißen:
um die Mittel für die Absatzförderung ... und
für Messen und Ausfuhrwerbung ... um je
2 500 000 DM
und nicht, wie es in der Drucksache heißt, 2 500 00 DM. Bei Tit. 959 ist insofern ein Druckfehler zu beseitigen, als der endgültige Ansatz von 77 600 000 DM berichtigt werden muß.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0504226600
Ich bedanke mich. Das wird entsprechend korrigiert.
Weitere Wortmeldungen? — Das Wort hat der Herr Abgeordnete Peters.

Walter Peters (FDP):
Rede ID: ID0504226700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst ganz kurz mit der Frage des Abbaus der Subventionen beschäftigen. Herr Hermsdorf hat mich gestern morgen in seiner Haushaltsrede zitiert. Ich möchte heute wiederholen, was ich in der ersten Lesung gesagt habe. Wir sind bereit, sowohl die Subventionen als auch die Steuervergünstigungen zu überprüfen und abzubauen. Ich habe aber schon damals erklärt, daß wir dieses Verfahren nur nach genauer Prüfung durchführen könnten. Der Abbau von Subventionen wird in der Regel mit Preiserhöhungen verbunden sein. Der Abbau der Steuervergünstigungen, die mit in den Subventionsbereich hineingehören, wird voraussichtlich ein größeres Geldvolumen erbringen. Aber bei diesem Abbau muß zusätzlich geprüft werden, ob unsere Volkswirtschaft in der Konkurrenz zum Ausland den Abbau von Steuervergünstigungen verkraften kann. Wir erwarten Vorschläge der Bundesregierung für das nächste Haushaltsjahr.
Den allzu einfachen Vorschlag der SPD-Fraktion, jetzt schon 10 % aller sogenannten engeren Subventionen in Höhe von 5 Milliarden DM zu kürzen, lehnen wir ab, weil wir dieses Verfahren für zu global und auch für ungerecht halten.
Der Einzelplan des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ist im Zuge der Ausschußberatung nicht gekürzt worden, und zwar nicht etwa, weil wir diesen Etat für tabu gehalten hätten, wie von mancher Seite angenommen wird und wie es auch hier schon ausgesprochen worden ist, sondern weil bei diesem Einzelplan vorher durch das Haushaltssicherungsgesetz und durch Kabinettsbeschlüsse Kürzungen in stärkerem Maße als bei anderen Ressorts vorgenommen wurden.
Der Ausgangspunkt für das Volumen dieses Etats ist die Zusage des Herrn Bundeskanzlers und der Bundesregierung an die Landwirtschaft anläßlich des Getreidepreisbeschlusses in der EWG vom 15. Dezember 1964, bis 1970 eine Anpassungshilfe für die deutsche Landwirtschaft zu gewähren, die 1965 770 Millionen DM und ab 1966 1030 Millionen DM plus Erlaß eines Teiles der Zuckersteuer betragen sollte. Das konnte selbstverständlich nur so verstanden werden, daß diese zugesagten Beträge auf das Haushaltsvolumen von 1964, also auf den Vorjahrsbetrag, aufgestockt werden sollten. Was hätte die Landwirtschaft sonst von der weiteren Zusage des Getreidepreisausgleichs ab 1967 zu halten?
Auf Grund der schwierigen Haushaltslage im Jahre 1965 wurden von der Zusage 355 Millionen DM nicht eingehalten. Beim Haushalt 1966 werden es 470 Millionen DM sein. Rechnet man die Kürzung der Kapitalmarktmittel hinzu, dann sind es sogar 635 Millionen DM. Damit bleibt mehr als die Hälfte der Regierungszusage unerfüllt. Die Koalition hat aus diesem Grunde im Einzelplan 10 keine Kürzungen, keine Einsparungen von Bedeutung vorgenommen. Es sind allerdings, wie hier schon erwähnt wurde, Umschichtungen beschlossen worden zugunsten der bäuerlichen Hauswirtschaft, der Zinsverbilligung, der Bezuschussung von Silobau und Unterdachtrocknung, der Ausfuhrwerbung, der Auslandsmessen, des Landarbeiterwohnungsbaus und der Tierseuchenbekämpfung.
Die Kollegen der SPD haben im Haushaltsausschuß Kürzungen in Höhe von 165 Millionen DM vorgeschlagen, und zwar erstaunlicherweise bei agrarstrukturellen und marktstrukturellen Maßnahmen: bei der Position Aufstockung und Aussiedlung um 20 Millionen DM, beim Programm Emsland um 2,5 Millionen DM, beim Programm Nord um 3 Millionen DM, bei marktstrukturellen Maßnahmen um 8 Millionen DM,

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)




Peters (Poppenbüll)

bei den Investitionsbeihilfen um 65 Millionen DM und bei der Vorratshaltung um 40 Millionen DM. Meine Damen und Herren, bis zum Vorjahr. war die SPD, wenn ich richtig orientiert bin, für eine Verstärkung von agrar- und marktstrukturellen Positionen. Bis dahin waren die Milchpfennige stärker im Blickfeld der Kritik der Opposition, als das heute der Fall zu sein scheint.
Auf den Umdruck 42 komme ich gleich zurück. Ich bin der Meinung, daß diesen Kürzungsvorschlägen widersprochen werden muß. Zum Teil waren sie ja schon in den im Haushaltsausschuß gemachten Kürzungsvorschlägen enthalten.
Der Einzelplan ist in diesem Jahr erstmalig nach Normalhaushalt, Grüner Plan, EWG-Anpassung und Marktordnung gegliedert. Die vom Ministerium vorgenommenen Umstellungen, so z. B. die Umbuchung der Marktstrukturmaßnahmen vom Grünen Plan in die EWG-Anpassungshilfe, vermögen natürlich nicht zu verdecken, daß die Anpassungshilfe effektiv nur zur Hälfte bedient wird.
Die Freien Demokraten haben seit vielen Jahren vergeblich eine klare Aufteilung des Haushaltsplans gefordert, und zwar nach den Hauptgesichtspunkten: 1. Preisverbessernde und unkostensenkende Maßnahmen, 2. Agrar-, Betriebs- und Marktstrukturvorhaben, 3. Sozialmaßnahmen, 4. Marktordnung. Wir sind mit dieser unserer Forderung nicht durchgedrungen, und das Ergebnis ist praktisch gewesen, daß der gesamte Agrarhaushalt der Landwirtschaft als Subventionsbetrag angelastet wurde. Nach der
3) jetzigen Aufgliederung sind im Grünen Plan preisverbessernde und unkostensenkende Maßnahmen, Agrarstrukturvorhaben und sogar Sozialmaßnahmen enthalten. Ähnlich ist es bei der EWG-Anpassungshilfe. Die Gliederung des Haushalts sollte sich ganz einfach nach Aufgabenbereichen richten, wie wir es vorgeschlagen haben.
Bei den preisverbessernden und unkostensenkenden Maßnahmen wie bei den Milchpfennigen und der Dieselverbilligung werden in den nächsten Jahren im Zuge des Übergangs zur EWG Umstellungen nötig sein. Die Beträge für die Milch werden vom EWG-Agrarfonds übernommen werden, wenn auch eine andere Berechnung stattfinden mag, wenn die Grundlage der Ausgleichsrechnung nicht mehr die gesamte angelieferte Vollmilchmenge, sondern die rückgelieferte Magermilch bilden wird. Beim Betriebsstoff sollte man möglichst schnell vom System der Rückvergütung der im Gasölpreis enthaltenen Steuern auf den Wegfall aller fiskalischen Belastungen beim Gasölbezug für die Landwirtschaft übergehen, wie es in den Nachbarländern seit vielen Jahren gehandhabt wird.
Das Kapitel Marktordnung mit Vorratshaltung und Ausfuhrerstattung wird ab 1967 praktisch ebenfalls vom Agrarfonds übernommen werden. Wir wollen uns aber darüber im klaren sein, daß unsere Institutionen, die Vorratsstellen, als eigenstaatliche Einrichtungen erhalten bleiben müssen, um an Ort und Stelle die Aufgaben des Fonds zur Durchführung zu bringen. Außerdem erstattet der EWG-Fonds bisher erst nach zwei Jahren seine Förderungsbeträge an die Mitgliedstaaten der EWG.
Alle Vorhaben der sozialen Sicherheit für die landwirtschaftliche Bevölkerung, alle Maßnahmen der Agrar-, Betriebs- und Marktstruktur werden ganz oder überwiegend in eigenstaatlicher Kompetenz bleiben. Es muß hier heute ausgesprochen werden, daß diese Förderungsmittel sehr wenig mit Subventionen zu tun haben. Der wesentliche Teil aller Agrarstrukturmaßnahmen einschließlich der Regionalprogramme fällt in den Bereich öffentlicher Aufgaben: Straßen- und Wegebau, Küstenschutz, Flußregulierung und Großwasserwirtschaft. Die Förderung dieser Aufgaben durch den Bund ist begrüßenswert. Sie entlastet Länder und Kommunen, die ohne Bundeshilfe diese Aufgaben nur zu einem geringen Teil durchführen könnten. Die Förderung geschieht für die ländlichen Bereiche, für die gesamte Wohnbevölkerung in diesen Gebieten. Es handelt sich damit nicht um eine Agrarförderung oder gar um eine Landwirtschaftssubvention. Ich sage das nicht, um gegen diese Vorhaben zu sprechen. Im Gegenteil, wir unterstützen sie und möchten sie noch verstärkt sehen. Ich wiederhole unsere alte Forderung, die Programme langfristig zu planen, um ihre Durchführung von der jeweiligen Verabschiedung des Haushalts unabhängig zu machen.
Es ist selbstverständlich, daß wir auch die Vorhaben agrar-, betriebs- und marktstruktureller Art gefördert sehen wollen, die den einzelnen landwirtschaftlichen Betrieben durch Aussiedlung, Althofsanierung, Flächenbereinigung, Aufstockung, Investitionshilfen und Verbesserungen der Verarbeitungs- und Vermarktungseinrichtungen zugute kommen. Die hier gegebenen Hilfen bleiben vergleichsweise hinter dem zurück, was anderen Bereichen unserer Wirtschaft als Förderungsbeträge gewährt worden ist. Aber ich betone, die Landwirtschaft kann auch in Zukunft auf diese Hilfen nicht verzichten. Auch diese Vorhaben sollten in mittelfristige Programme eingefügt werden.
Wir stimmen dem Einzelplan 10 zu, weil wir die im Haushalt finanzierten Vorhaben für richtig halten. Ich betone aber nochmals, daß wir die Gliederung im Normalhaushalt, Grünen Plan und EWG- Anpassung und die darin enthaltene Aufgabenzuteilung für nicht sinnvoll halten. Es ergibt sich daraus eine falsche Optik für die Landwirtschaft in der Offentlichkeit, indem der Landwirtschaft weit überhöhte Beträge als Subventionen zugerechnet werden. Bei gutem Willen ließe sich das vermeiden. Auch soll an dieser Stelle gesagt werden, daß der Begriff des Grünen Plans nicht dazu beigetragen hat, Verständnis zwischen Stadt und Land, zwischen Erzeuger und Verbraucher zu wecken. Wir sollten ihn deshalb nicht mehr für agrarpolitisch wichtige Vorhaben gebrauchen.
Ich komme zum Schluß. Ich bitte, den Antrag der SPD-Fraktion auf Umdruck 42, 40 Millionen DM bei den Investitionsbeihilfen und 55 Millionen DM bei den Einfuhr- und Vorratsstellen zu streichen, abzulehnen.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0504226800
Keine weiteren Wortmeldungen.



Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 42*). Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das zweite ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich rufe auf den Einzelplan 10. Wer diesem Einzelplan zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Bei zahlreichen Gegenstimmen ist der Einzelplan 10 des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in zweiter Lesung angenommen.
Meine Damen und Herren, auf unserer Tagesordnung steht noch:
Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses (13. Ausschuß) über den Antrag der Abgeordneten Herold, Seidel, Freiher von und zu Guttenberg, Röhner, Dr. Starke (Franken), Geldner und Genossen und der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP
betr. Verbleib der Bundesanstalt für Fleischforschung in Kulmbach
— Drucksachen V/262, V/568 —
Berichterstatter: Abgeordneter Röhner
Ich frage den Berichterstatter, den Herrn Abgeordneten Röhner, ob er dazu das Wort zu nehmen wünscht. — Der Herr Berichterstatter verzichtet.
Ich stelle den Antrag zur ,Abstimmung. Wer ihm zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der ) Antrag ist bei einer Enthaltung angenommen.
Nun rufe ich auf den Einzelplan 11: Einzelplan 11
Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung
— Drucksachen V/580, zu V/580 — Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Götz
Ich frage den Berichterstatter, den Herrn Abgeordneten Dr. Götz, ob er das Wort wünscht.

(Abg. Dr. Götz: Ich bitte, das zu Protokoll geben zu dürfen!)

— Der Herr Abgeordnete verzichtet; der Bericht wird zu Protokoll gegeben.
Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 50 vor. Ich frage, ob zur Begründung das Wort gewünscht wird. — Bitte, Herr Abgeordneter Hörmann!

Hans Hörmann (SPD):
Rede ID: ID0504226900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine kurze Begründung zum Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 50. Es handelt sich um eine Aufstockung des Tit. 602 um 56 Millionen DM zur Finanzierung unserer Anträge, die dem Sozialpolitischen Ausschuß schon vorliegen.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat anläßlich der Energiedebatte des Deutschen Bundestages am
s) Siehe Anlage 5 16. März 1966 zur sozialen Sicherung des Bergmann einen Antrag zur Änderung des Reichsknappschaftsgesetzes eingebracht. Nach diesem Antrag sollen a) die Altersgrenzen für das vorgezogene Altersruhegeld bei Vorliegen der bekannten Voraussetzungen, wie sie jetzt schon gelten, vom 60. auf das 55. Lebensjahr herabgesetzt werden. Es sollen b) die Bedingungen für den Bezug der Knappschaftsausgleichsleistung wesentlich verbessert werden. Die Knappschaftsausgleichsleistung soll schon vom 50. Lebensjahr an gewährt werden statt bisher erst ab 55. Lebensjahr. Die Versicherungszeit soll auf 180 Kalendermonate, die Untertagetätigkeit auf 120 Kalendermonate festgelegt werden. Wir wollen damit langjährigen Wünschen und Forderungen der Bergarbeiter nachkommen, die sie mit Recht stellen und wollen die schwierigen sozialen Auswirkungen, die sich durch die Strukturkrise im Bergbau ergeben haben und die die älteren Bergleute ganz besonders hart treffen, auf richtige Weise in den Griff bekommen.
Bei dieser zweiten Beratung des Einzelplans 11 geht es darum, die notwendigen Finanzierungsmittel für dieses Sozialprogramm einzustellen. 56 Millionen DM haben wir für den Anteil des Jahres 1966 aus den bisherigen Erfahrungswerten ermittelt. Zugrunde liegen dabei u. a. auch die Kostenberechnungen der Bundesregierung, die dem Sozialpolitischen Ausschuß vorgelegt wurden. Damit ist gleichzeitig schon klargestellt, daß die von Herrn Kollegen Russe bei der Energiedebatte mit 250 bis 350 Millionen DM veranschlagten Kosten pro Jahr den wirklichen Verhältnissen nicht nahekommen. Sie waren wohl eher ein Schreckgespenst, das an die Wand gemalt wurde, es sei denn, man geht davon aus, daß der gesamte Bergbau stillgelegt wird.
Auch die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf zur Änderung des Reichsknappschaftsgesetzes und des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vorgelegt. Nach diesem Entwurf soll der § 98 a nur insoweit geändert werden, als der 55jährige Bergmann, der die genannten Voraussetzungen erfüllt, auf eigenen Antrag ausscheiden kann, während ihm bisher das Ausscheiden nur wegen Rationalisierung oder Stillegung möglich war.
Dieser Vorschlag scheint uns zur sozialen Sicherung des von der Krise im Steinkohlenbergbau bedrohten Bergmannes nicht ausreichend. So wird z. B. im Jahre 1966 dafür im Haushalt kein Ansatz für notwendig gehalten, denn sinngemäß lautete die Antwort des Herrn Bundesarbeitsministers heute morgen in der Fragestunde so: Die zu erwartenden geringen Belastungen bleiben im Rahmen der Fehlergrenze des diesjährigen Haushaltsansatzes. Das bedeutet doch aber umgekehrt auch, daß wir mit einer wesentlichen Hilfe zumindest in diesem Jahr 1966 nicht rechnen können. Es kommt uns aber auf eine solche wesentliche Hilfe an, damit das dem Bergmann gegebene Versprechen der sozialen Sicherung auch eingelöst wird. Wir sollten jetzt durch Taten beweisen, daß es uns ernst ist, dort, wo der Bundestag durch gesetzliche Regelungen zuständig ist, die langjährigen berechtigten



Hörmann (Freiburg)

sozialpolitischen Forderungen des Bergmannes zu erfüllen. Wir haben für unseren Kostenvoranschlag von 56 Millionen DM bereits einen entsprechenden Deckungsvorschlag unterbreitet.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0504227000
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Götz.

Dr. Hermann Götz (CDU):
Rede ID: ID0504227100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein verehrter Vorredner hat sich bei der Begründung des Antrages seiner Fraktion auf den Gesetzentwurf der SPD zur Änderung des Reichsknappschaftsgesetzes bezogen und den Inhalt dieses Gesetzentwurfs hier kurz angeführt. Ich brauche darauf nicht weiter einzugehen. Ich möchte nichts wiederholen, wir brauchen uns auch nicht über den sachlichen Inhalt des Gesetzentwurfs seiner Fraktion oder den sachlichen Inhalt des Gesetzentwurfs der Regierung zu unterhalten, denn es geht hier und heute nur um die voraussichtlichen finanziell en Auswirkungen dieser beiden Gesetzentwürfe.
Der Herr Kollege hat darauf hingewiesen, daß beide Gesetzentwürfe dem sozialpolitischen Ausschuß überwiesen worden sind. Meines Wissens sind sie dort noch nicht behandelt, jedenfalls nicht abschließend behandelt worden. Man muß wohl auch beide Gesetzentwürfe im Zusammenhang mit den energiepolitischen Maßnahmen für den Kohlenbergbau sehen. Man kann die Behandlung dieser beiden Gesetzentwürfe nicht von dem Gesamtkomplex „Energiepolitik" trennen.
Nun, ich sagte schon, es geht hier und heute um die finanziellen Auswirkungen, und hier sind natürlich die Meinungen über die finanziellen Auswirkungen noch kontrovers. Es steht fest, daß die finanziellen Auswirkungen des SPD-Entwurfs viel weiter gehen als die des Regierungsentwurfs. Durch diesen Gesetzentwurf sollen für den Fall, daß der SPD- Entwurf überhaupt wirksam wird, die haushaltsmäßigen Voraussetzungen für die Mehrleistungen geschaffen werden. Nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, im Einzelplan 11 Kap. 13 — das ist das Kapitel über die Sozialversicherung — ist für 1966 ein Betrag von 2240 Millionen DM vorgesehen. Dieser Betrag liegt um 146 Millionen über dem Ansatz des Vorjahres. Nach der bisherigen Ausgabenentwicklung kann damit gerechnet werden, daß dieser Betrag ohne weiteres ausreicht, um in diesem Bereich alle gesetzlich begründeten Ausgaben zu decken, diejenigen eingeschlossen, die sich aus dem Gesetzentwurf der Bundesregierung ergeben werden, sicherlich aber nicht die Auswirkungen aus dem SPD-Entwurf. Ich meine, daß der Entwurf der SPD- Fraktion, der ein Ausgabevolumen von 56 Millionen DM vorsieht, doch auf materiellen Vorschlägen beruht, die wegen ihrer stark präjudizierenden Wirkung auf die gesamte Rentenversicherung und wegen ihrer — wie ich meine — bedenklichen sozialpolitischen Auswirkungen doch noch eine sehr eingehende Prüfung im Sozialpolitischen Ausschuß erfordern. Und ich meine auch — hier spreche ich als Mitglied des Haushaltsausschusses —, solange diese nicht erfolgt ist und solange das Parlament noch keine gesetzlichen Änderungen beschlossen hat, ist die ganze Sache noch nicht etatreif. Wenn das Parlament zu gesetzlichen Änderungen kommen sollte, die im Jahre 1966 einen über den Ansatz hinausgehenden Aufwand erforderlich machen, können wir nach der Übung des Haushaltsausschusses verfahren und die Mittel für diesen Mehraufwand überplanmäßig bereitstellen.
Aus diesen Gründen möchte ich Sie bitten — ich kann wohl auch für die Koalitionsfraktion sprechen —, den Antrag der SPD abzulehnen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0504227200
Keine weiteren Wortmeldungen. Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 50 *). Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das zweite war die Mehrheit; der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Abstimmung über den Einzelplan 11 im ganzen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei Enthaltungen ist der Einzelplan 11 angenommen.
Ich rufe auf: Einzelplan 29
Geschäftsbereich des Bundesministers für Familie und Jugend
— Drucksache V/593 —Berichterstatter: Abgeordneter Hörmann (Freiburg)

Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er das Wort wünscht. — Der Herr Abgeordnete verzichtet.
Änderungsantrag Umdruck 53 **) von der Fraktion der SPD! Wird zur Begründung das Wort gewünscht? — Bitte sehr, Herr Abgeordneter Westphal.

Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID0504227300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur weil ich hoffe, daß es gelingt, hier gemeinsam eine Scharte auszuwetzen, die im Zuge der Streichungen und Erhöhungen des Haushaltsausschusses vorgekommen ist, bei denen es um Millionen ging und zwar dicke Millionenbeträge, spreche ich zum Einzelplan 29. Wir haben Ihnen dazu den Änderungsantrag Umdruck 53 vorgelegt, in dem vorgeschlagen wird, eine Reihe von Dingen zu korrigieren, die im Haushaltsausschuß in einer Weise entschieden worden sind, die nach unserer Meinung der Jugendarbeit nicht hilft.
Wir haben im Haushaltsausschuß interessanterweise — sagen wir — mit verkehrten Fronten gekämpft. Meine sozialdemokratischen Freunde haben zusammen mit der Regierung sich darum bemüht, den Ansatz des Regierungsentwurfs für den Bundesjugendplan zu erhalten, während die Mehrheits-
*) Siehe Anlage 6 **) Siehe Anlage 7



Westphal
fraktionen Streichungen an mehreren Stellen vornahmen. Ich hoffe, daß es gelingt, Sie umzustimmen und die alten Ansätze in 3 bestimmten Fällen wiederherzustellen.
Lassen Sie mich in ein paar Stichworten sagen, worum es geht. Erstens sind 140 000 DM von dem Ansatz des Regierungsentwurfs für die politische Bildung der Jugend gestrichen worden. Es geht um die Bildungsarbeit der nicht organisierten Jugend. Hiermit ist keine Arbeit der Verbände, sondern der verschiedenen Akademien, freier Bildungsstätten und auch Arbeit und Leben anderer Stellen gemeint, in denen für und mit der jungen Generation politische Bildungsarbeit geleistet wird. Wir bitten Sie, diese Scharte auszuwetzen und 140 000 DM wieder hinzuzufügen, so daß der alte Ansatz von 6 520 000 DM wiederhergestellt wird.
Zweitens. Wir haben uns darüber gefreut, daß es gelungen ist, bei den Ansätzen für die internationale Jugendarbeit in ihren vielfältigen Bereichen in diesem Jahr wieder ein Stück Erhöhung in den Haushalt hineinzubauen. Die Mehrheit im Haushaltsausschuß hat den Ansatz jedoch um 600 000 DM gekürzt. Ich möchte Ihnen ohne lange Begründung vorschlagen, daß wir in unserem Bemühen um die vielfältige internationale Jugendarbeit fortfahren sollten. Sie steht neben dem bilateralen Förderungswerk, dem deutsch-französischen Jugendwerk, das bekanntlich von unserer Seite mit 20 Millionen DM gefördert wird. Deshalb sollten wir hier den Ansatz für die internationale Jugendarbeit wieder auf 9 200 000 DM festsetzen.
Drittens: Victor-Gollancz-Stiftung einschließlich Akademie-Lehrgänge; das ist nach meiner Meinung die schmerzlichste Kürzung im Bundesjugendplan. Hier geht es um die Förderung der Fortbildung von Mitarbeitern in der Sozialarbeit und in der Jugendhilfe, d. h. um wissenschaftliche Fortbildung, Stipendien und Akademie-Lehrgänge. Hier werden Kräfte gefördert, die für die Jugendarbeit in unserem Lande von außerordentlicher Wichtigkeit sind. Die Ist-Ausgabe des vergangenen Jahres war bereits höher als der Ansatz für dieses Jahr. Es gilt, diese Arbeit nicht zu unterbrechen, sondern weiter zu fördern und mindestens den Ansatz des Regierungsentwurfs wiederherzustellen, der 1 250 000 DM betrug.
Ich hoffe, es ist mir gelungen, auch die anwesenden Kollegen der Fraktionen von FDP und CDU zu überzeugen, unserem Umdruck 53 und den darin enthaltenen drei Änderungsanträgen zum Bundesjugendplan ihre Zustimmung zu geben.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0504227400
Wird dazu weiter das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter Baier!

Fritz Baier (CDU):
Rede ID: ID0504227500
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was der Kollege Westphal sagte, war sicherlich sehr eindrucksvoll. Herr Kollege, ich wußte ohnehin auch um die Bedeutung. Wenn es gälte, Scharten auszuwetzen, so ginge es heute noch um viel größere Beträge, wo wir Ihre Hilfe brauchten, um diese Scharten auszuwetzen. Aber es ist leider nicht möglich. — Lassen Sie mich zu Ihrem Antrag folgendes sagen.
Die Bedeutung dieser drei Positionen im Bundesjugendplan wird von allen Seiten des Hauses gleichmäßig gesehen. Natürlich wollen alle die politische Bildung, die internationale Jugendarbeit und auch das, was Victor-Gollancz-Stiftung heißt und vieles andere. Sie haben ja nur einige Positionen genannt, an denen Kürzungen vorgenommen wurden. Sie wissen, daß wir weit mehr Kürzungen innerhalb des Bundesjugendplans vornehmen mußten, weil wir einfach meinten, daß wir im Haushaltsjahr 1966 gezwungen waren, da und dort vorgesehene Ausweitungen auf ein geringeres Maß zu beschränken. Daß wir das nicht aus der hohlen Hand getan haben, will ich Ihnen nun begründen.
Bei der politischen Bildung haben wir den Vorjahresansatz mit dem Hinweis hergestellt, das solle nicht bedeuten, daß die Bundesregierung nun bei allen Zuschußempfängern linear wieder den Vorjahresansatz herstellt, sondern daß sie sich eine individuelle Prüfung angelegen sein läßt und feststellt, wo eine besondere Förderungswürdigkeit vorliegt und wo sie weniger vorliegt, also die Förderung stärker punktuell vornimmt. Gleichzeitig haben wir die Regierung gebeten, zum kommenden Haushaltsjahr einen Bericht über eine eingehende Prüfung aller Zuwendungsempfänger vorzulegen, und meinen, daß für dieses Jahr der Vorjahresansatz ausreicht. Im übrigen ist das ja kein geringer Betrag. 1960 haben wir 5 Millionen DM für die politische Bildung ausgegeben. Im Jahre 1964 waren es 5'770 000 DM, im Jahre 1965 6 380 000 DM, und dabei wollen wir es für dieses Jahr belassen.
Wir sind uns einig, Herr Kollege Westphal, daß bei der internationalen Jugendarbeit ein Nachholbedarf vorhanden ist, gerade auch im Blick auf das, was an besonderer und guter Förderung im Rahmen des Deutsch-Französischen Jugendwerks getan wird. Wie sehr auch uns in der Regierungskoalition die internationale Jugendarbeit am Herzen liegt, sehen Sie daran, daß der Haushaltsansatz 1961 1 Million betrug, daß im vergangenen Jahr auf einen Antrag der Regierungskoalition eine Erhöhung auf 7 Millionen DM stattfand und daß in diesem Jahr die Bundesregierung den Ansatz kräftig erhöhte. Wir hätten es bei der Erhöhung gelassen, meine Damen und Herren, wenn wir nicht festgestellt hätten, daß ein Projekt der internationalen Jugendarbeit in diesem Jahr ausfällt, nämlich der beabsichtigte Jugendaustausch mit Japan. Der dafür vorgesehene Betrag von 600 000 DM wird für diesen speziellen Zweck nicht benötigt. Wir haben 100 000 DM für die Planung stehenlassen und meinen, daß es ohne Schaden für die anderen wichtigen Maßnahmen möglich ist, nun mit diesem Betrag auszukommen.
Bei der Victor-Gollancz-Stiftung haben wir im Jahre 1961 700 000 DM gegeben, im Jahre 1964 950 000 DM. Wir halben im vergangenen Jahr wiederum um 100 000 DM aufgestockt, und wir meinen, angesichts der Haushaltslage dieses Jahres sollten wir bei dem Vorjahresansatz bleiben.



Baier
Alles in allem, meine Damen und Herren, kann sich der Bundesjugendplan auch in diesem Jahre sehen lassen. Im Jahre 1950 gaben wir 17,5 Millionen DM im Rahmen des Bundesjugendplans für .die Jugendarbeit aus, im Jahre 1953 30 Millionen DM, im Jahre 1959 49,7 Millionen DM, im Jahre 1964 waren es 60,5 Millionen DM und netto auf Grund der Kürzungen und Sperren 55,5 Millionen DM. Es sind im Jahre 1966 alles in allem 65 190 000 DM, die im Rahmen des Bundesjugendplans zur Verfügung gestellt werden. Ich glaube, .daß das insgesamt gesehen ein Beweis dafür ist, daß sich die Bundesregierung und die sie tragenden Parteien die Jugendarbeit nach wie vor angelegen sein lassen. Wir sehen uns aber angesichts der Haushaltslage nicht in der Lage, Ihrem Antrag zuzustimmen. Ich bitte daher, ihn abzulehnen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0504227600
Keine weiteren Wortmeldungen.
Wir stimmen ab über ,den Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 53 *). Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. —Gegenprobe! — Das zweite ist die Mehrheit; der Änderungsantrag auf Umdruck 53 ist abgelehnt.
Einzelplan 29 im ganzen! Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Einzelplan ist bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe nunmehr auf:
Einzelplan 31
Geschäftsbereich des Bundesministers für wissenschaftliche Forschung
Drucksachen V/595, zu V/595 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Althammer
Ich frage den Herrn Berichterstatter ob er das Wort wünscht. — Der Herr Berichterstatter verzichtet.
Es liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 54 **) vor. Ich frage, ob dieser Änderungsantrag begründet wird. — Bitte sehr, Herr Abgeordneter Rau!

Dr. Friedrich Rau (SPD):
Rede ID: ID0504227700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Vorrang der Förderung der Wissenschaften durch Bund und Länder ist in diesem Hause erfreulicherweise unbestritten. Um so mehr ist es verwunderlich, daß bei einer bestimmten Stelle im Einzelplan 31, nämlich gerade da, wo die elementaren Grundlagen für jede wissenschaftliche Weiterentwicklung gelegt werden, dieser Priorität nicht ausreichend Rechnung getragen worden ist. Ich meine Kap. 31 02 Tit. 600 — Ausbau der wissenschaftlichen Hochschulen —.
Die Regierungsvorlage sah an dieser Stelle einen Betrag von 350 Millionen DM vor. Das war gegenüber dem ungekürzten Vorjahressoll ein Mehr von 50 Millionen DM oder 15 % und ein Mehr von fast 25 % gegenüber dem Vorjahres-Ist. Das klingt gewaltig, aber der Schein trügt.
Die Beteiligung des Bundes am Ausbau der Hochschulen wurde vor 10 Jahren konzipiert. Im Wissenschaftsrat schufen sich Bund und Länder ein Instrument planender Kooperation — ich könnte auch sagen: kooperativer Planung, wenn das Wort „Planung" nicht etwas verdächtig wäre. Der Ausbau der wissenschaftlichen Hochschulen sollte ,gemeinsam von Bund und Ländern finanziert werden. Den Beratungen über diesen Gegenstand lag die allgemeine Vorstellung zugrunde, daß das Beteiligungsverhältnis zwischen Bund und Ländern 1 : 1 sein soll. Im Finanzierungsabkommen vom Juni 1964 wird für Bund und Länder zwar keine Verhältniszahl genannt, aber für beide Partner die gleiche Summe, nämlich mindestens 250 Millionen DM jährlich. Diese Zahl war aber aus den ersten Verhandlungen mitgeschleppt worden, die viele Jahre zurücklagen. Sie ist längst unrealistisch geworden und war es auch damals schon.
Inzwischen hat ein Ausweitungsprozeß stattgefunden, der die vielfältigsten Ursachen hatte. Ich nenne nur den großen Bedarf an Akademikern, der mit der ganzen Verwissenschaftlichung unseres Staates und öffentlichen Lebens zusammenhängt. Aber ich nenne auch die gewaltige Ausweitung, die mit zunehmender wissenschaftlicher Kenntnis in den Apparaturen stattfindet, was auch eine preissteigernde Wirkung hat. Nicht zu vergessen ist schließlich die Geldentwertung, die zumindest nominal kostensteigernde Wirkungen hat.
Der Investitionsbedarf, den der Wissenschaftsrat in seinem 1960 erschienenen ersten Band von Empfehlungen für die Zeit von 1960 bis 1964 vorausschätzte, war auf 2,6 Milliarden DM beziffert. Der Bundesbericht Forschung I stellt fest, daß der Gesamtinvestitionsbedarf nach dem Stand von 1964 — Preisindex von 1963 — rund 21 Milliarden DM beträgt. Die Stellungnahme des Wissenschaftsrats zu diesem erweiterten Ausbauprogramm ist in Arbeit. Es ist aber unmöglich, den Ausbau so lange zu vertagen, bis der erweiterte Gesamtplan des Wissenschaftsrats vorliegt, zumal noch nicht einmal das vom Wissenschaftsrat erarbeitete Programm für die Zeit von 1960 bis 1964 erfüllt ist.
So enthält z. B. die sogenannte Negativliste, d. h. die Liste, in der diejenigen Institute und Bauvorhaben genannt sind, die auf der Basis von 350 Millionen DM nicht durchgeführt werden können, zu 75 % Maßnahmen, die schon zwischen 1960 und 1964 hätten durchgeführt werden sollen.
Wir sind also erheblich im Verzug. Dies ist zum allergeringsten Teil die Schuld der Länder. Es ist unfair den Ländern gegenüber und politisch kurzsichtig zugleich, wenn sich die Bundesregierung darauf beruft, daß sie dem Buchstaben nach eine Verpflichtung, sich mit der Hälfte des Investitionsaufwandes am Ausbau der Hochschulen zu beteiligen, nicht übernommen habe. Niemand, der an den BundLänder-Verhandlungen teilgenommen hat, war von
*) Siehe Anlage 7
**) Siehe Anlage 8



Dr. Rau
einem anderen Beteiligungsverhältnis ausgegangen als dem Verhältnis 1 : 1. Das zeigt schon die Tatsache, daß später wegen der Kliniken eine Sonderregelung getroffen worden ist, nämlich im Verhältnis 1 :2 vorzugehen. Auch die Vertreter des Bundes gingen von dieser Vorstellung aus. Trotzdem blieb der Bund von Jahr zu Jahr in immer größerem Abstand hinter den Ländern zurück, so daß der Bund im vergangenen Jahr von dem Gesamtaufwand von 1,4 Milliarden DM noch ein ganzes Fünftel aufbrachte. Keiner hat diese Politik des Bundes so eindeutig gerügt wie der bayerische Kultusminister Huber (CSU).
Für 1966 hatten die Länder von sich aus schon nach den Erfahrungen der zurückliegenden Jahre vom Bund nur 692 Millionen DM erbeten, obwohl sie in ihren Haushaltsplänen weit mehr veranschlagt hatten. Unter Mitwirkung von Vertretern der Bundesregierung hat der Finanzierungsausschuß des Wissenschaftsrates an dieser Summe schon so erhebliche Abstriche vorgenommen, wie er gerade noch glaubte verantworten zu können. Das Ergebnis war die bekannte Summe von 530 Millionen DM. Die Bundesregierung aber setzte sich auch hierüber hinweg und veranschlagte 350 Millionen DM, also um weitere 180 Millionen DM weniger. Das war nicht nur eine Mißachtung der Empfehlungen des fachlich kompetenten Wissenschaftsrates. Es steht auch im Widerspruch zum zweiten Jahresgutachten über die gesamtwirtschaftliche Entwicklung, wo es u. a. heißt — ich darf zitieren —:
Die Finanzprobleme aber auf Kosten der Bildungsinvestitionen lösen zu wollen, wäre sicher kein guter Beginn für eine am Ziele des angemessenen Wachstums orientierte, vorausschauende Finanzpolitik.
Zur Frage des Beteiligungsverhältnisses nimmt aber auch das Gutachten zur Finanzreform Stellung, und zwar im Sinne der 5%igen Bundesbeteiligung. Man fragt sich, welchen Sinn es hat, höchstqualifizierte Gutachtergremien zu schaffen, an deren Sachverstand niemand zweifelt, wenn ihr Rat derart in den Wind geschlagen und damit zugleich mindestens gegen den Geist der einschlägigen BundLänder-Abkommen verstoßen wird. So geriet denn auch die Hochschulbauplanung in einigen Ländern in heillose Unordnung. Ich nenne nur ein Beispiel zur Illustration. Die Erweiterung eines Fernheizwerkes wird gestrichen, obwohl die Institute, die davon beheizt werden sollten, längst in Bau sind. Es gibt noch vieles andere, was noch viel gravierender ist.
Diese Zusammenhänge muß man sehen, und man muß feststellen, daß der Ansatz im Regierungsentwurf nur scheinbar eine beachtliche Mehrleistung darstellt, in Wahrheit aber ein erhebliches und dazu völlig unzulängliches Hinterherhinken hinter zwangsläufigen Entwicklungen.
Auch die Mehrheitsfraktionen im Haushaltsausschuß haben das gesehen. Aber sie rangen sich nicht dazu durch, die notwendige Korrektur in der erforderlichen Höhe vorzunehmen. Mit Mehrheit beschloß der Ausschuß, wie Sie dem Schriftlichen
Bericht des Herrn Berichterstatters entnehmen können, gegen die Stimmen meiner Fraktion, den Ansatz nicht um die erforderlichen 180 Millionen DM aufzustocken, sondern nur um etwa 78 Millionen. Dabei hätte, wie Sie in dieser Debatte schon hörten, der Mehrbedarf nicht nur nach den Vorstellungen meiner politischen Freunde voll durch Einsparungen gedeckt werden können. Eine konjunkturpolitisch zwingende Notwendigkeit, das Gesamtvolumen gegenüber der Regierungsvorlage um eine Viertelmilliarde, wie es geschehen ist, zu verringern, besteht nicht.
Auf die Frage der konjunkturpolitischen Indikation möchte ich hier nicht eingehen. Darüber ist heute morgen und am frühen Nachmittag genug gesagt worden. Es sind im Gegenteil gerade konjunkturpolitische Erwägungen, um deretwillen die Verfasser des Jahresgutachtens zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung empfehlen, die Ausgaben für Bildung und Wissenschaft zu forcieren. Ich möchte nur einen Satz aus den sehr eingehenden Ausführungen zu diesem Thema zitieren:
Hieran ist ersichtlich, wie sehr die Produktivität der Investitionen in Sachkapital davon abhängt, ob zuvor genügend Mittel für Ausbildung, Forschung und technische Entwicklung eingesetzt wurden.
Zu einem guten Teil geht also diese Einengung des von der Bundesregierung gesteckten Haushaltsrahmens im Ergebnis zu Lasten der Wissenschaftsförderung, der Förderung der Ausbildung unserer Studenten und zu Lasten der technischen Entwicklung, soweit sie an unseren Technischen Hochschulen und anderen wissenschaftlichen Hochschulen stattfindet.

(Zuruf von der CDU/CSU: Reden, nicht lesen!)

Und dies, obwohl der Herr Bundeskanzler in seinen Regierungserklärungen sowohl 1963 wie auch 1965 genauso wie das Jahresgutachten diesen Gebieten die höchste Priorität zuerkannt hat. Dies geschah mit vollem Recht. Denn die Zukunft meistern wir nur mit Hilfe einer hochgezüchteten Wissenschaft und Technik. Das Forschungspotential ist, bildlich gesprochen, im Organismus der menschlichen Gesellschaft das Gehirn. Die Menschheit wächst explosiv. Wenn das „Gehirn" nicht Schritt hält, könnte dem Menschengeschlecht das gleiche Schicksal beschieden sein wie in grauer Vorzeit den Ichtyosauriern, die ins Gigantische wuchsen und schließlich ausstarben, weil ihr Gehirn nicht mitgewachsen war und nicht mehr ausreichte, um das Lebensnotwendige zu erkennen.
Wir beantragen, den Ansatz bei Kap. 3102 Tit. 600 entsprechend den ursprünglichen Empfehlungen der zuständigen Gremien des Wissenschaftsrates auf 530 Millionen DM zu erhöhen, dem Beschluß des Haushaltsausschusses gegenüber also eine Erhöhung um 101 295 100 DM vorzunehmen. Mit diesem Antrag befinden wir uns in Übereinstimmung mit den Erklärungen bzw. Petitionen der Westdeutschen Rektorenkonferenz, der Max-Planck-Gesellschaft, der Deutschen Forschungsgemeinschaft, des Stifterver-



Dr. Rau
bandes für die deutsche Wissenschaft, des Verbandes Deutscher Studentenschaften und des Deutschen Gewerkschaftsbundes,

(Lachen in der Mitte)

der hier nicht, vielleicht nicht einmal in den Augen des Herrn Bundeskanzlers, das Odium des Interessenverbandes verdient.
Darüber hinaus müssen wir darauf hinweisen, daß wir hier auch ein eklatantes Beispiel dafür vor uns haben, welche Folgen es haben kann, wenn weiterhin auf eine vorausschauende längerfristige Haushaltsplanung verzichtet wird. Es wäre bitter nötig, heute schon zu wissen, wie hoch der Bundeszuschuß für diese Aufgaben und für die Neugründung der Hochschulen im Jahre 1967 bemessen sein wird. Das bisherige Von-der-Hand-in-den-Mund-Leben ist für alle Beteiligten unerträglich. Die Folgen sind unnütze Verzögerungen und Überstürzungen zugleich und damit Fehlplanungen und letztlich eine nicht unerhebliche Vergeudung der Steuergelder. Und dies alles nur, weil sich auch heute noch die Bundesregierung nicht dazu durchgerungen hat, tatsächlich zu planen und in der Tat rechtzeitige Vorausschau zu treiben. „Sehet die Vögel unter dem Himmel an! Sie säen nicht, sie ernten nicht ... predigte der Namenspatron Ihrer Partei.

(Zurufe von der Mitte.)

Ich bin froh, zu sehen, daß es sich endlich auch bei Ihnen, meine Herren Kollegen von der CDU, herumgesprochen zu haben scheint, daß diesen Satz der Bergpredigt allzu wörtlich und gründlich mißversteht, wer glaubt, vorausdenkende Planung sei gegen den Katechismus. Wenn Christus die „Vögel unter dem Himmel" als unser Vorbild pries, dann meinte er ganz sicher nicht den Vogel Strauß!

(Beifall bei der SPD. — Oh-Rufe von der Mitte.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0504227800
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Abelein.

Dr. Manfred Abelein (CDU):
Rede ID: ID0504227900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte in aller Kürze zu diesem Antrag und zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Rau Stellung nehmen. Lassen Sie mich zunächst etwas Prinzipielles dazu sagen.
Hin und wieder klang in Ihren Worten der Vorwurf durch, als ob wir wissenschaftsfeindlich oder bildungsfeindlich seien. Davon kann überhaupt keine Rede sein.

(Beifall in der Mitte.)

Das möchte ich gleich vorweg einmal festgestellt haben. Über Ihre prinziziellen Ausführungen zum Schluß, nämlich über die Bedeutung der wissenschaftlichen Forschung und ihrer Förderung, sind wir uns völlig einig. Da kann ich mir jede weitere Ausführung ersparen. Es gibt derart viele Erklärungen sowohl im gesellschaftlichen Raum als auch von unserer Seite in der Politik, daß die Debatte auf eine gegenseitige Selbstbestätigung hinauslaufen würde.

(Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

Lassen Sie mich dort anknüpfen, wo Sie geendigt haben, nämlich bei der Frage der Priorität der Ausgaben. Auch da sind wir uns völlig einig. Wir haben genau die entsprechende Konsequenz gezogen Wir haben uns um energische Einsparungen bemüht und in diesem Haushalt überall Kürzungen vorgenommen. Aber in einem Einzelplan haben wir eine große Ausnahme gemacht: gerade den Einzelplan für Wissenschaft und Forschung haben wir um rund 30 % erhöht.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf: 34 %) — Genau sogar um 34 %.

Man kann diese Probleme nicht einfach so behandeln, als ob Wissenschaft und Forschung völlig im luftleeren Raum schwebten. Gerade im Rahmen von Etatberatungen muß man darauf hinweisen, daß die Wissenschaft als eine wichtige Position in der Prioritätenskala ganz vorn steht. Aber man kann nicht einfach so tun, als ob sich dieses Thema völlig losgelöst von anderen Überlegungen behandeln ließe.

(Beifall in der Mitte.)

Verstehen Sie mich bitte richtig. Ich sage das schweren Herzens. Ich muß hier meine ganze innere Neigung und auch berufliche Bindung überwinden, wenn ich versuche, diese Dinge zurechtzurücken. Dennoch stelle ich sie richtig; denn man erweist der Wissenschaft und der Forschung keinen Dienst, wenn man bei ihnen Illusionen erzeugt.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Es gehört mit zu einer klaren und fairen Behandlung — die ich Ihnen gar nicht abstreite —, sich mit dem Thema Wissenschaft und Forschung auf der Grundlage der finanziellen und materiellen Möglichkeiten zu beschäftigen.
Wir haben. hier im Rahmen unserer Gesamtkonzeption sehr viel geleistet. Wir haben noch zusätzliche Mittel für eine Reihe von Dingen zur Verfügung gestellt. Im Zusammenhang damit muß man aber auch die zusätzlichen Mittel, die wir für die Länder, für Berlin, für den Straßenbau und die Kohle geben werden, berücksichtigen.
Ich werde nachher, wenn ich einiges zu Ihren Ausführungen über die Negativliste sage, darauf eingehen; denn dort liegen einige Möglichkeiten, um den Ländern zu helfen, einige Lücken, die sie haben, zu schließen.
Ganz kurz zurück zu den nüchternen Zahlen! Stimmt es denn, daß wir uns hier bei diesem Wissenschaftsetat so wenig progressiv verhalten haben, daß wir uns gegen angeblich bessere Erkenntnisse gesperrt haben? Wir haben den Ansatz, der, wie Sie selber ausgeführt haben, rund 25 % über dem des Vorjahres liegt — dabei gehe ich von den Ist-Zahlen aus —, noch einmal, über die 50 Millionen DM hinaus, die zusätzlich als Mehrbetrag in diesem Haushalt sind, um rund 80 Millionen erhöht, nämlich um 18,7 Millionen DM, die wir im Rahmen des gleichen Einzelplans eingespart haben, und um weitere 60 Millionen DM. Wir sind alle dafür. Nur sollte man nicht so tun, als habe man für diese



Dr. Abelein
Dinge nichts getan. Wir haben uns in der Tat angestrengt.
Wenn Sie noch bedenken, daß wir die Bindungsermächtigung — das kann man in dieser Betrachtung nicht völlig beiseite lassen — ebenfalls um 100 Millionen DM erhöht haben mit der Möglichkeit, daß damit die Kultusverwaltungen ebenfalls Projekte in Angriff nehmen können, so kommen Sie etwa zu der Zahl, die der Wissenschaftsrat gefordert hat. Damit ist den Anforderungen des Wissenschaftsrats, die sicher von einer gewissen optimalen und von mir wenigstens konzedierten Vorstellung ausgehen, bereits jetzt weitgehend tatsächlich Rechnung getragen.
Nun noch einiges zu dieser sogenannten Negativliste. Der Wissenschaftsrat hat, nachdem bekannt wurde, daß sich diese Mehranforderungen bis zu der verlangten Höhe von 530 Millionen DM wahrscheinlich nicht werden verwirklichen lassen, eine Liste über die Prioritäten aufgestellt. Die Bezeichnung „Negativliste" hat man vielleicht mit Absicht gewählt, um damit in der Öffentlichkeit die Assoziation auszulösen, als ob man hier nicht genügend tue.
Lassen Sie mich dazu ebenfalls ein ganz prinzipielles Wort sagen. Es gehört zum guten Ton, daß die verschiedenen Gruppen, die von uns etwas wollen, entsprechende Pressionen ausüben. Man spricht von pressure groups. Eine Gruppe, die Wissenschaft, die von uns ebenfalls zu Recht Mittel für diese wichtigen Aufgaben haben will, hat sich davon bisher immer vornehm distanziert. Ich bin der Ansicht, daß man das nicht negativ honorieren sollte. Aber gleichzeitig möchte ich an dieser Stelle sagen: Die Vertreter der Wissenschaft wären schlecht beraten, wenn sie sich generell in die Lobby einreihten. Dadurch wäre nicht viel zu holen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Deshalb sollte man statt der Bezeichnung „Negativliste" eine andere nehmen und sagen: Hier handelt es sich um die Aufzählung der Prioritäten für die Durchführung der Projekte, um nichts anderes. In der Prioritätenliste steht, was man alles mit den Mitteln, die zur Verfügung stehen, durchführen kann, wenn man nur 50 Millionen DM mehr gegenüber dem Vorjahres-Soll-Ansatz drinnen stehen hätte. Wir sind in der Zwischenzeit längst darüber hinaus. Auch die Negativliste des Wissenschaftsrats ist deswegen weitgehend überholt.
Aber weil Sie jetzt einen Kultusminister aus unseren Reihen zitiert haben — ich habe es irgendwo in meinem Papierkram, aber ich bin nicht in der Lage, dieses Zitat hervorzuholen —: Der Kultusminister Hub er hat gesagt, daß in seinem Land überhaupt kein Projekt unter der Negativliste des Wissenschaftsrats leiden müsse, weil man in einer sehr realistischen Einschätzung der finanziellen Positionen auch des Bundes diese Dinge bereits so berücksichtigt habe, daß nichts darunter zu leiden brauche.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang nur auf ein Beispiel eingehen. Das kommt nun nicht von Ihnen, aber man muß auch gewisse falsche Vorstellungen in der Öffentlichkeit korrigieren. Viel Wirbel wurde gemacht um ein Projekt an der Universität Würzburg — der ich zufällig ein bißchen näher stehe —, weil hier ein wichtiges Institut der sogenannten Negativliste zum Opfer falle. Es hat sich dann herausgestellt, daß dieses Institut nicht nur bereits gebaut, sondern schon bezogen ist.

(Lachen bei der CDU/CSU.)

Man muß diese Dinge ganz nüchtern sehen. Es wird in der Tat dazu kommen, daß man auch im Bereich der Wissenschaft das eine oder das andere Projekt zurückstellen muß. Lassen Sie mich Ihnen, ohne die Dinge auszuwalzen, sagen, was die Hochschulen zu dieser Negativliste erklärt haben. Man hat eine Umfrage an den Hochschulen dazu gemacht, man hat die Rektoren um Äußerungen gebeten. Die Rektoren von 18 der 30 Universitäten und Hochschulen haben erklärt, daß sie von diesem Ergebnis überhaupt nicht betroffen werden, vier haben die Frage als noch offen, aber zu regelnd bezeichnet, und acht Universitäten haben gesagt, bei ihnen würde es tatsächlich zu ernsthaften Beeinträchtigungen kommen. Ich will nun nicht sagen: Diese acht Universitäten, was ist das für eine Kleinigkeit! Darauf kommt es gar nicht an; beileibe nicht. Auch diese acht Universitäten und deren Institute sind sehr wichtig. Aber man kann dann nicht so tun, als ob die ganze Wissenschaft bereits im Zusammenbrechen wäre. So ist es glücklicherweise denn doch nicht.
In den Stellungnahmen der Kultusministerien zur Negativliste des Wissenschaftsrates zeichnen sich ebenfalls sehr unterschiedliche, keineswegs einhellige Reaktionen ab. Ich sehe hier in meinen Unterlagen, daß z. B. Nordrhein-Westfalen alle Projekte auf dem Gebiet der Hochschulen planmäßig zu Ende führen will. Auch Baden-Württemberg und Niedersachsen denken keineswegs daran, alle Projekte, die der Wissenschaftsrat in seiner Liste aufgeführt hat, jetzt nicht durchzuführen. Es gibt eine Reihe von Ländern, die sich pessimistischer äußern, Hamburg, Hessen und Berlin. Um es noch einmal zu sagen: Man sollte eine Möglichkeit finden, auch denen noch zu helfen. Nicht zuletzt hier liegt auch die Überlegung für die Ergänzungszuweisungen, die wir den finanzschwachen Ländern noch geben wollen. Denn gerade die genannten sind finanzschwache Länder, die hier noch rund 150 Millionen DM erhalten sollen, wenn diese Sache endgültig beschlossen wird. Diese 150 Millionen DM sollen von den Ländern zum Teil für diese Aufgaben verwandt werden.
Nun noch ganz kurz etwas zu einigen anderen Punkten. Lassen Sie mich, Herr Rau, noch einmal einige Dinge herausstellen, die Sie gesagt haben, und sie vielleicht noch von einer zusätzlichen Seite beleuchten.
Als man sich damals mit den Ländern über eine gemeinsame Finanzierung von Vorhaben der Wissenschaft und Forschung einigte, ging man zwar nicht ursprünglich, aber dann im Laufe der Zeit von



Dr. Abelein
einem Beteiligungsverhältnis fifty : fifty aus. Aber vielleicht lassen Sie mich an dieser Stelle einmal ganz schüchtern daran erinnern — die Entwicklung ist Gott sei Dank darüber hinweggeschritten —, daß die Länder ursprünglich den Bund aus diesen Dingen völlig draußen haben wollten. Die Länder haben sich viele Jahre dagegen gewehrt, daß der Bund auf diesem Gebiet überhaupt tätig werde. Man muß diese Dinge deswegen berücksichtigen, weil man dann angesichts des verhältnismäßig kurzen Anlaufs die Zahlen zweifellos etwas anders sieht. Und dann war bei diesem Beteiligungsverhältnis — das ist aber wichtig; ich möchte noch einmal unterstreichen, was Sie sagten — von einer Gesamtprojektion von rund 2,6 Milliarden DM ausgegangen worden, wobei in dem Verwaltungsabkommen vom 4. Juni 1964 — ich nehme an, darüber wird Herr Bundesminister Stoltenberg nachher noch einiges sagen — davon ausgegangen wurde, daß die Bundesleistungen auf 250 Millionen DM begrenzt werden sollten. Nun vergleichen Sie einmal die Zahlen! Mitsamt der Bindungsermächtigung sind wir nicht weit von 500 Millionen DM entfernt.
Lassen Sie mich Ihnen zum Schluß noch einmal sagen: Wir sind uns über die Bedeutung dieser Dinge völlig einig, und ich glaube, wir alle sind uns auch darüber einig, daß man gerade auf diesem wichtigen Gebiet in Zukunft noch einiges mehr wird leisten müssen. Wir haben aber auch die Absicht, das zu tun, und ich hoffe, daß wir alle in gemeinsamer Arbeit es schaffen werden, diesem wichtigen Ziel näherzukommen. Denn der Wissenschaft gebührt in der Tat bei all den Aufgaben, die wir haben, eine Priorität ersten Ranges.
Nachdem ich das gesagt habe, möchte ich Sie dennoch bitten, unter Berücksichtigung all dieser Umstände bei dem Ansatz zu bleiben und den Änderungsantrag abzulehnen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0504228000
Das Wort hat der Herr Bundesminister für wissenschaftliche Forschung.

Dr. Gerhard Stoltenberg (CDU):
Rede ID: ID0504228100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist sicherlich nicht die Aufgabe. der Bundesregierung, in die Debatte über die definitive Höhe des Ansatzes einzugreifen. Sie hat ihre Vorlage gemacht, und die Entscheidung darüber liegt beim Bundestag.
Die Regierungsvorlage hat mit der Ausweitung der Mittel für Wissenschaft und Forschung um etwa 30 0/o einen ganz großen Schritt nach vorn gebracht, und der Bundestag entscheidet jetzt, ob und in welchem Umfang er einen weiteren Schritt tun will.
Aber, meine Damen und Herren, diese Diskussion berührt erneut einige Grundsatzfragen der Beteiligung des Bundes, über die wir in den letzten Wochen so vieles, zum Teil auch sehr viel Falsches in der Offentlichkeit gehört haben,

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

daß es doch notwendig ist, nach den sehr kritischen Bemerkungen, die Kollege Rau hier vorgetragen hat, die Dinge noch einmal kurz zu umreißen.
Die eine Streitfrage, die er hier behandelt hat — in einer meines Erachtens nicht zutreffenden Schilderung —, ist die der jetzigen Verpflichtungen des Bundes. Die zweite, die noch viel wichtigere Frage, die beide Vorredner gestreift haben, ist die, was in Zukunft geschehen soll, um eine noch wirksamere Förderung zu erreichen und bestimmte Mängel, die sich im Gesamtsystem herausgestellt haben, zu beseitigen oder zu vermeiden.
Die jetzigen Verpflichtungen wurden in der Darstellung hier nicht richtig geschildert. Der Text des Verwaltungsabkommens vom 4. Juni 1964 ist die Grundlage für die Finanzierung der drei Jahre 1964 bis 1966. Da heißt es:
Bund und Länder treffen Vorsorge, für diesen Zweck in der Zeit von 1964 bis 1966 jährlich je 250 Millionen DM bereitzustellen.
Es gibt dann — was hier nun verschwiegen wird und auch in der Öffentlichkeit nicht berücksichtigt wird — eine klare Äußerung über den weitergehenden Bedarf. Diese klare Äußerung ist im Schlußprotokoll des Vertrages enthalten, in dem es wörtlich heißt:
Es wird festgestellt, daß die Länder über den gemeinsam aufzubringenden Betrag hinaus weitere Ausgaben für den Ausbau der wissenschaftlichen Hochschulen tragen, ihre Gesamtleistung also die des Bundes übersteigt.
Das ist die 1964 getroffene Vereinbarung, die man hier als rechtliche Grundlage zugrunde legen muß.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0504228200
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage? — Herr Abgeordneter Dr. Rau.

Dr. Friedrich Rau (SPD):
Rede ID: ID0504228300
Herr Minister, haben Sie meine Worte nicht richtig verstanden? Ich sagte wörtlich, daß dem Buchstaben nach eine Verpflichtung des Bundes, das im Verhältnis 1 : 1 gezahlt werden soll, nicht bestand. Trotzdem war doch — das werden Sie genauso sehen wie ich — ursprünglich von nichts anderem ausgegangen worden als von diesem Beteiligungsverhältnis 1 : 1.

Dr. Gerhard Stoltenberg (CDU):
Rede ID: ID0504228400
Ich wollte zu dieser Frage im weiteren Verlauf meiner hoffentlich nicht zu langen Ausführungen ohnehin noch Stellung nehmen. — Was folgert hieraus auch im Sinne Ihrer Frage? Vertraglich gilt die 50% ige Beteiligung — 1 : 1 — bis 250 Millionen DM. Das war die Situation bis vor zwei Jahren, in denen die Anforderungen diesen Betrag nicht überschritten. Der Mehraufwand ist nach der von mir verlesenen Schlußformel prinzipiell eine Sache der Länder, mit einer allgemeinen Bereitschaftserklärung des Bundes, die damals mündlich abgegeben wurde, auch hier durch meinen Amtsvorgänger Minister Lenz, sich im Rahmen des finanziell Möglichen auch an einem Mehraufwand zu



Bundesminister Dr. Stoltenberg
beteiligen. Ich glaube aber nicht, daß es bei diesem Sachverhalt — und er mußte doch wohl einmal klargestellt werden, auch in dieser bisher immer unterschlagenen Formulierung des Schlußprotokolls — möglich ist, in der Art, wie es immer wieder geschieht und zum mindesten mit zwei, drei Sätzen auch von Ihnen heute geschehen ist, die Verantwortung für diese Dinge ganz einseitig auf die Bundesregierung zu laden, obwohl es in dem Schlußprotokoll ausdrücklich heißt, daß die Länder sich verpflichtet haben, einen entstehenden Mehrbedarf in erster Linie selbst zu decken.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Wir sagen das nicht, um frühere Erklärungen aufzuheben; aber wir sagen es, um endlich einmal die Debatte in die Relation zu bringen, in die sie für die Zukunft gehört.
Ein Mehrbedarf besteht. Wir haben dieses gewaltige Planungsvolumen von über 10 Milliarden DM, und es ist unstrittig, wie auch nach der Regierungsvorlage, daß wir über die 250 Millionen DM hinauskommen müssen und daß wir die Leistungen weiter zu steigern haben. Aber dazu brauchen wir zunächst einmal neue klare vertragliche Grundlagen — wir brauchen sie schon deshalb, weil dieses Verwaltungsabkommen ausläuft —, und wir brauchen auch ein verbessertes Verfahren in der Erstellung der Planung der Beteiligung des Bundes.

(Beifall bei der CDU/CSU.) Was ergibt sich daraus?

Erstens: Es genügt nicht, wie Sie es seit Monaten tun, nur über die Bundesleistungen zu reden und alle anderen Probleme zu negieren. Eine solche isolierte Betrachtung ist parteiisch und nicht sachgerecht.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

Ich will Ihnen das noch an einem zweiten Tatbestand erläutern. Der Regierungsentwurf des Bundes — das haben auch Sie gewürdigt — sieht eine Steigerung der Leistungen vor, genau genommen noch um 22 Millionen DM mehr, als Sie sagten, weil wir die neuen Hochschulen erstmals bedenken. Die müssen Sie noch zu Ihren Zahlen dazurechnen. Die Regierungsentwürfe der Länder für dieses Jahr sind unterschiedlich. Wir haben mittlerweile die Zahlen vorliegen. Ich bedauere, daß wir sie nicht zu der Debatte am 10. Februar hier hatten, als wir hier sehr einseitige Ausführungen auch von der Bundesratsbank zu diesem Thema hörten. Es gibt zum Teil sehr wesentliche Steigerungen auch in den Länderentwürfen, es gibt bei einigen Ländern eine ganz beträchtlich rückläufige Tendenz gegenüber dem Vorjahr, und insgesamt ist im Saldo bei den Leistungen der Länder ein leichter Rückgang gegenüber 1965 festzustellen. Dabei ist leider die Frage noch offen nach den Gesprächen, die ich mit den Kultusministern einiger finanzschwacher Länder hatte, ob auch sie in der Lage sein werden, die vorgesehenen Etatansätze wirklich zu vollziehen. Darüber wird aber kein Wort gesprochen, weder von Ihnen noch in der gesamten bisherigen publizistischen Diskussion, obwohl das natürlich für das Weitere ein entscheidender Punkt ist.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Jede Steigerung der Bundesleistung, ob jetzt nach dem Vorschlag des Haushaltsausschusses auf 430 Millionen DM oder nach Ihrem Vorschlag auf 530 Millionen DM, wird natürlich in dem sachlichen Ergebnis gefährdet, wenn ein Großteil dieser Leistungssteigerung durch eine im Ergebnis rückläufige Tendenz der Länderleistungen entfällt und damit im Grunde nur ein Teil dieser Dinge zum Tragen kommt.
Es ist Ihnen gelungen — ich konzediere Ihnen das gern —, bisher die Diskussion von diesen Dingen völlig abzulenken; es ist Ihnen weitgehend gelungen, ausschließlich den Bund in die Rolle des Angeklagten zu bringen. Das entspricht weder dem damals abgeschlossenen Verwaltungsabkommen, noch entspricht es den Interessen der Hochschulen, wie die mittlerweile vorliegenden Zahlen zeigen. Deshalb müssen wir bei der Neuregelung neben der wesentlichen Steigerung der Bundesleistung, von der wir ausgehen, erreichen, daß der jetzige anerkennenswert hohe Stand der Länderleistungen — der über einer Milliarde liegt, ich möchte das ausdrücklich würdigen — auf jeden Fall erhalten bleibt, weil sonst das Ergebnis aller unserer Bemühungen illusorisch wird.
Eine zweite Feststellung: Eine umfassende Mehrjahresplanung ist notwendig, sowohl von der gesamten zusammengefaßten Bauplanung her als auch von der Festlegung der Mittel her. Wir haben immer wieder die Forderung nach einer mehrjährigen Haushaltsplanung gehört, ganz allgemein, besonders auch in diesem Bereich. Das war eine dringende Forderung des Bundestages in der Entschließung vom 10. Februar, auch Ihrer Sprecher, der Kollegen Schiller und Lohmar und gestern auch des Kollegen Erler. Ich halte es deshalb für einen ganz großen Fortschritt, meine Damen und Herren, daß die Zustimmung der Bundesregierung gegeben wurde — auch die Zustimmung des Bundesfinanzministers —, in der Vorbereitung des neuen Verwaltungsabkommens von einer mehrjährigen Festlegung der Bundesmittel mit einer beträchtlichen jährlichen Steigerungsrate auszugehen.
Ich bin betroffen darüber — ich sage das zu der öffentlichen Diskussion —, daß diese neuen und konstruktiven Überlegungen von Ihnen in der Öffentlichkeit leider in einer Form der Kritik und Interpretation begleitet wurden, die der Sache nicht gerecht werden und im Grund der Sache schädlich sind. Es ist ein für mich unbegreiflicher Widerspruch, und ich glaube, daß man ihn auch im Grunde nicht erklären kann.
Wir bedauern, daß es einen Generalbauplan zur Zeit nicht gibt. Wir bedauern das sehr nachdrücklich. Ich habe seit meinem Amtsantritt im November darauf hingewiesen, und wir haben in diesem Punkt sehr stark die Initiative ergriffen. Aber das ist nicht in der Verantwortung der Bundesregierung. Noch im Februar ist dieser Hinweis auf das Fehlen eines Generalbauplans als eine Ausrede abgetan worden.



Bundesminister Dr. Stoltenberg
Man hat gesagt, es funktioniere auch so. Nein, meine Damen und Herren, es funktioniert so nicht. Wir können nun das Vorliegen des neuen Generalbauplans nicht abwarten. Einmal läuft das Verwaltungsabkommen Ende 1966 aus. Deswegen müssen wir jetzt Vorschläge mit realistischen Zahlen machen.
Zweitens beschäftigt sich die Bundesregierung, wie Sie wissen, in diesen Wochen mit einer mittelfristigen Haushaltsplanung, die von allen Seiten des Bundestages immer wieder gefordert wurde. Da können wir nicht bei den Mitteln für Wissenschaft und Hochschulen einen Leertitel einsetzen, bis es einen neuen Generalbauplan im nächsten Sommer für 15 oder 18 Monate .gibt. Der Zwang der Sache erfordert, daß wir jetzt über diese Dinge entscheiden.
Ich muß noch ein Zweites zu der öffentlichen Diskussion über diese Dinge und zu der Kritik, der wir begegnet sind, sagen. Sie selbst haben doch am 10. Februar nichts anderes gefordert. Herr Kollege Lohmar, der jetzt leider nicht im Saal ist, nachdem er die öffentliche Debatte sehr lebhaft bestritten hat, hat am 10. Februar wörtlich folgendes gesagt:
Wir werden beim Ausbau der bestehenden und der neuen Hochschulen auch nicht übersehen dürfen, was Professor Raiser ... zu diesem Thema bemerkt hat. Er hat zu Recht auf die Tatsache aufmerksam gemacht, daß der Wissenschaftsrat bisher ja gar nicht in der Lage gewesen sei, seinen Auftrag zu erfüllen und jährliche Dringlichkeitsprogramme aufzustellen. Dazu braucht er verläßliche und langfristige Haushaltsplanungen nicht nur der Länder, sondern auch des Bundes.
Der Kollege Lohmar hat also am 10. Februar erklärt: Die Voraussetzung für eine neue Planung ist eine Haushaltsplanung des Bundes. Jetzt, wo wir sie machen, heißt es plötzlich: Der Wissenschaftsrat wird geknebelt, die Dinge werden präjudiziert, man muß noch 15 Monate warten, bis der Generalbauplan vorliegt. Meine Damen und Herren, das ist Polemik um der Polemik willen, die ich nur bedauern kann. Ein ständiger Widerspruch in so fundamentalen Dingen ist nicht tragbar und fördert die Debatte nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0504228500
Herr Minister, gestatten Sie eine Frage?

Dr. Gerhard Stoltenberg (CDU):
Rede ID: ID0504228600
Bitte sehr, Frau Kollegin!

Brigitte Freyh (SPD):
Rede ID: ID0504228700
Herr Minister, ist Ihnen entgangen, daß es sich bei dieser, wie Sie sagen, sogenannten öffentlichen Diskussion nicht um eine Ablehnung einer mehrjährigen Haushaltsplanung auch auf diesem Gebiet handelt, sondern daß lediglich die Mahnung an den Wissenschaftsrat, sich in seinen Empfehlungen am tatsächlichen Bedarf zu orientieren, Gegenstand dieser Diskussion ist?

Dr. Gerhard Stoltenberg (CDU):
Rede ID: ID0504228800
Wenn alle Äußerungen, die ich gehört habe, in eine so sachliche Fragestellung gekleidet wären, hätte ich mir diese Bemerkung sparen können. Hier steckt ein Problem; das konzediere ich gern. Aber wir haben etwas anderes dazu gehört. Ich glaube, beides ist notwendig.
Der Wissenschaftsrat soll und muß in voller Freiheit seine mehrjährige Bedarfsplanung machen, das ist unbestritten. Er wird sie für fünf, sechs Jahre machen. Das schließt aber nicht aus, sondern setzt nach dem Zitat des Kollegen Lohmar vom 10. Februar sogar voraus, daß eine gewisse Klarheit da ist, was in den nächsten drei bis vier Jahren zur Verfügung steht. Beim Bund werden wir diese Klarheit schaffen. Inwieweit die Länder dazu bereit sind, werden die Verhandlungen der nächsten Monate ergeben. Ich glaube aber, daß der Wissenschaftsrat auch bei einer dreijährigen Festlegung der Bundesmittel durchaus eine Planung für sechs Jahre in voller Freiheit machen kann.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluß und sage folgendes. Nicht eine Schwächung, sondern eine Kräftigung der Funktion des Wissenschaftsrates ist unser Ziel und auch unser sachliches Interesse, weil wir ja über den Wissenschaftsrat an diesen Dingen mitwirken und keine direkten administrativen Kompetenzen haben. Der Wissenschaftsrat soll jährliche Empfehlungen für die Bundes- und Ländermittel — er gab sie bisher nur für die Bundesmittel — geben. Er soll einen neuen Generalbauplan aufstellen, er soll vor allem auch in seiner Prüfungsfunktion dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit stärker Rechnung tragen als bisher. Schließlich wollen wir neue Projekte aus Bundesmitteln nur dann fördern, wenn sie vor Baubeginn vom Wissenschaftsrat genehmigt wurden.
Meine Damen und Herren, das Beispiel, das Herr Kollege Abelein hier aus der Negativliste genannt hat, ist wirklich interessant. Ein Gebäude ist fertiggestellt, bevor der Antrag auf Gewährung von Bundesmitteln dem Wissenschaftsrat überhaupt vorgelegt wurde. Das ist ein Beispiel aus Würzburg für viele. Sie können hier die Behauptung vom 10. Februar nicht aufrechterhalten, daß dieses Verfahren bindend oder für die Bundesregierung oder den Bundestag tragbar sei. So kommt ein Projekt auf die Negativliste. Wenn es fertig ist, dann fordert man die Mittel des Bundes an und befaßt den Wissenschaftsrat damit.
Meine Damen und Herren, ich habe hier Zahlen über die Kostensteigerungen bei einzelnen Projekten. Wenn die Debatte nicht zu so später Stunde wäre, würde ich Ihnen das gerne einmal vortragen. Ich könnte Ihnen die Dinge hier Punkt für Punkt nennen. Ich tue das auch im Anschluß an das Abstreiten der Tatsache, in welchem Umfang hier Projekte auf das Doppelte und Dreifache der Ausgangsplanung ohne jede erneute Mitwirkung des Wissenschaftsrates und der Bundesregierung gesteigert wurden. Dieses Verfahren halten wir nicht für tragbar.



Bundesminister Dr. Stoltenberg
Ich komme zum Schluß. Ich glaube, daß Überlegungen, die die Bundesregierung entwickelt hat und die dieses Hohe Haus sicher noch beschäftigen werden, die wir auch den Ländern vortragen werden, geeignet sind, die großen und drängenden Probleme der Förderung von Wissenschaft und Forschung auf dem Gebiet der Hochschulen zu lösen, wenn wir uns frei machen von einer isolierten und polemischen Betrachtung nur eines der Beteiligten, der in diesem Falle noch der Schwächere ist, wenn wir wirklich alle bereit sind, den Gesamtzusammenhang der Dinge, auch die Gesamtursachen für das bisher nicht voll befriedigende Verfahren zu erkennen und daraus die nötigen Folgerungen zu ziehen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0504228900
Das Wort hat der Abgeordnete Moersch.

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0504229000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der bisherige Verlauf der Debatte zeigt, wie man sich täuschen kann, wenn man Geschäftsführer ist. Es ist angekündigt gewesen, daß die Debatte etwa nur 10 Minuten dauern würde. Es war aber doch nötig, die Sache selbst noch einmal zu vertiefen.
Herr Dr. Rau, Sie haben für eine gute Sache plädiert, aber ich hätte eigentlich erwartet, daß Sie ein bißchen stärker dafür plädieren; Ihr Plädoyer war meiner Meinung nach nicht in allen Teilen ganz überzeugend. Das bedaure ich deswegen, weil ich in der Sache Ihrem Antrag außerordentlich sympathisch gegenüberstehe.

(Abg. Dr. Frede: Dann stimmen Sie ihm doch zu! — Abg. Schmitt-Vockenhausen: Es ist doch nicht das Plädoyer maßgeblich, Sie können doch auch so zustimmen!)

— Ja, normalerweise ist eine gute Sache auch relativ leicht zu vertreten, aber wenn dabei einige Zungenschläge unterlaufen, die ich einfach nicht ganz verstehe und wenn Sie dabei auch so eine kleine Vorlesung aus „Herders Bildungsbuch" bieten, dann ist das meiner Ansicht nach nicht so recht überzeugend. Sie haben hier zwei sehr widersprüchliche Thesen aufgestellt, Herr Dr. Rau. Sie haben gesagt, man hätte den Haushalt ohne weiteres noch etwas erhöhen können; denn Sie machen ja tatsächlich keinen Deckungsvorschlag für Ihren Erhöhungsantrag. Sie haben aus dem Gutachten geschlossen, daß man nicht aus konjunkturpolitischen Gründen den Haushalt hätte herunterdrücken müssen. Nun, das Gegenteil ist richtig. In diesem Gutachten wird nämlich immer auf die nachteilige konjunkturelle Wirkung eines überdimensionalen Bundeshaushalts hingewiesen. Ihre Folgerung stimmt also schon nicht. Das andere dagegen stimmt sehr wohl, daß nämlich im Gutachten der Schwerpunkt — oder, wie Dr. Abelein sich in Form eine „weißen Schimmels" auszudrücken beliebte, „eine Priorität ersten Randes" — festgelegt werden solle, insbesondere der Schwerpunkt für die Bildungs-, Forschungs- und Wissenschaftsausgaben. Das heißt aber doch nichts anderes, als daß das Gutachten nicht eine Ausweitung befürwortet, sondern eine stärkere Verlagerung innerhalb des Etats zugunsten anderer Ausgaben. In diesem Punkte stimme ich völlig zu, aber jedenfalls nicht hinsichtlich einer Ausweitung des Haushalts über die 69 Milliarden DM hinaus. Es ist, meine ich, auch psychologisch wirkungsvoll und wichtig, daß man unter die 69-Milliarden-Grenze kommt. Nun, wir werden sehen, wie das geht. Zunächst haben wir uns nach den Beratungen im Haushaltsausschuß darauf einzurichten — ich glaube, auch nach dem, was der Herr Minister eben gesagt hat —, daß die sogenannte Negativliste durch das Mittel der Bindungsermächtigung wegfallen kann. Das ist — das sage ich offen — eine Hoffnung. Ich hoffe, daß sie sich in den nächsten Monaten verwirklichen läßt. Sollte sich diese Hoffnung nicht verwirklichen lassen, dann wird das Haus allerdings gezwungen sein — wir werden dann Anträge zu stellen haben —, durch einen Nachtragshaushalt die Situation zu ändern. Es wäre in der Tat unerträglich, wenn Bauvorhaben wichtigster Art steckenbleiben müßten, weil hier der Bund nicht mehr genügend Geld zur Verfügung stellen kann.
Es war immerhin sehr bemerkenswert, was der Herr Minister Dr. Stoltenberg hier von der neuesten Entwicklung in den Ländern gesagt hat. Ich möchte hinzufügen: ich halte ein neues Verwaltungsabkommen für außerordentlich nützlich; auch meine Freunde von der FDP werden das jederzeit unterstützen. Ich möchte den Sozialdemokraten hier aber doch sagen, daß mir ihre außerordentlich große Skepsis gegenüber der in den Gutachten zur Reform der Finanzverfassung vorgeschlagenen Verfassungsänderung, die klare gesetzgeberische Kompetenzen für eine Mitwirkung des Bundes geben soll, ganz und gar unverständlich erscheint. Sie wissen doch am allerbesten, wie mangelhaft solche Verwaltungsabkommen im Grunde funktionieren. Herr Minister Stoltenberg hat das eben an diesem Beispiel noch einmal dargelegt. Wenn man also wirklich klare Verhältnisse schaffen will, dann muß man auf Ihrer Seite auch den Mut haben, diese Skepsis zu überwinden, und man muß den Mut haben, das Finanzgutachten so zu nehmen, wie es ist, nämlich eine klare gesetzgeberische Kompetenz für die Mitwirkung des Bundes in dieser Frage schaffen. Dann allerdings kann man den Bund auch in einer anderen Weise verantwortlich machen, als das bisher geschehen ist.

(Beifall bei der FDP.)

Wir werden um diesen Punkt in diesem Hause nicht herumkommen. Diese Debatte mit den durchaus verschiedenartigen Darstellungen, die von Bund und Ländern gegeben werden, gibt erneut Anlaß, das noch einmal durchzudenken.
Ein Blick nach außen zeigt uns, daß es sich hier keineswegs um typische Bonner Schwierigkeiten oder typische deutsche Schwierigkeiten handelt. Eine Delegation dieses Hauses hat in der vergangenen Woche Gelegenheit gehabt, mit dem zuständigen Minister der britischen Regierung darüber ein — leider sehr kurzes — Gespräch zu führen. Wir können ja auch ein bißchen rechnen, und so viel haben wir verstanden, weil wir auch noch einen Dolmet-



Moersch
scher dabei hatten, daß dieser Minister außerordentlich große Schwierigkeiten hatte. Er war schon sehr optimistisch dabei, wenn er sagen konnte, daß man den Bildungsetat insgesamt — Schulen und Hochschulen; das ist ja bei der Verfassungsform in England sehr viel einfacher — in den nächsten fünf Jahren bis 1970 um 30% aufstocken will. Vergleichen wir diese 30 % Gesamtaufstockung in fünf Jahren mit dem, was wir hier getan haben, dann ist das weniger, als bei uns in einem Jahr gemacht wurde. Allerdings sind wir von einer anderen Ausgangsbasis ausgegangen; das weiß ich.

(Zuruf von der SPD.)

— Das ist aber nicht der Punkt; ich will Ihnen das gleich sagen. Der Punkt ist, daß das Gesamtwachstum in Großbritannien in der gleichen Zeit auf 25 % veranschlagt wird. Es ist also nur eine ganz gering darüber hinausgehende Zunahme der Wissenschaftsausgaben da. Ein sehr maßgeblicher Mann in der Wissenschaft, der der Labour-Regierung sehr nahesteht, befürchtet, es könne am Ende so kommen, daß man die Mittel für die Wissenschaft zugunsten anderer Bildungseinrichtungen kürzt, weil andere Bildungseinrichtungen im Unterhaus mehr Lobbyisten als die Wissenschaft haben. So ist das nämlich in England. Das eine ist die Theorie, und das andere ist die Praxis. Das muß hier auch einmal dazu gesagt werden.
Wie gesagt: wir sollten die Sache selbst, glaube ich, aus den Gründen, die jetzt im Etat vorliegen, zunächst einmal so passieren lassen. Wir müssen ) sie so passieren lassen. Ich sehe keine Möglichkeit, Ihrem Antrag zuzustimmen, ohne einen konkreten

(Abg. Wehner: Das hätten Sie gleich sagen können ohne den Quatsch!)

— Herr Wehner, was ich hier sage, bestimme ich selber; das müssen Sie mir nicht vorschreiben.

(Beifall bei der FDP.)

Das muß man hier ja ausführen dürfen, wenn Sie dazu vorher Vorlesungen veranstalten.
Wenn wir hier diesen Antrag passieren lassen
— — Bitte schön, Herr Hermsdorf.

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0504229100
Können Sie mir einmal Ihre Logik erklären: Sie haben ursprünglich gesagt, Sie hätten eigentlich gern diesem Antrag zugestimmt. Jetzt führen Sie aus, Sie könnten ihm nicht zustimmen. Ich habe nicht verstanden, warum Sie ihm nicht zustimmen können.

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0504229200
Weil Sie voreilig sind, Herr Hermsdorf; ganz einfach. Ich will Ihnen nämlich jetzt gerade erklären, daß Sie keinen Deckungsvorschlag gemacht haben und daß wir nicht mit Ihnen der Meinung sind, daß man das Haushaltsvolumen erhöhen sollte.

(Zuruf von der SPD.) Ich will Ihren Redefluß nicht unterbrechen; ich (I habe es nicht verstanden, Herr Schmitt-Vockenhausen.


(Abg. Schmitt-Vockenhausen: Das war ein freidemokratischer Balanceakt, den Sie veranstalteten!)

— Sehen Sie, ohne Netz!
Sie sehen also hier, daß Sie keinen Deckungsvorschlag in diesem konkreten Antrag gemacht haben. Herr Dr. Rau — Herr Hermsdorf, das werden Sie doch nicht bestreiten können — hat vorher erklärt — ich kann ja auch noch zuhören —, daß er das Haushaltsvolumen ausgeweitet haben will.

(Zuruf von der SPD: Das ist doch nicht wahr!)

— Entschuldigen Sie, dann müssen es hier alle Leute falsch gehört haben. Wenn das so wäre, nähme ich alles zurück. Was soll es denn sonst heißen — oder können Sie mir das vielleicht mal auseinandersetzen? —, wenn Herr Dr. Rau hier erklärt, nach Meinung der Gutachter hätte man ein größeres Haushaltsvolumen veranschlagen können? Das heißt doch, daß Sie das auch meinen; sonst hätten Sie das nicht vorgetragen. Wenn Sie mir das Gegenteil beweisen können, bis ich Ihnen sehr dankbar. Da Herr Dr. Rau es aufgeschrieben hatte, wird man es ja nachlesen können.

(Zuruf von der FDP:' Vorlesen lassen!)

— Vielleicht können wir das noch einmal vorgelesen bekommen, dann werden wir ja sehen. Jedenfalls sind Sie meiner Ansicht nach in dieser Frage nicht konsequent gewesen. Das ist der Grund für uns, daß wir es mit den Bindungsermächtigungen zunächst bewenden lassen müssen und wollen. Wir hoffen, daß mit diesen Bindungsermächtigungen die Negativliste praktisch gegenstandslos geworden ist; denn wir nehmen sie sehr ernst. Sollte das nicht der Fall sein, so erkläre ich für die Fraktion der Freien Demokraten, daß wir jederzeit bereit sind, in einem neuen Antrag zu einem Nachtragshaushalt diese Frage noch einmal zu beraten. Aber zunächst müssen wir uns einmal darauf verlassen, daß jetzt die Schwierigkeiten für die Neubauten der Wissenschaften mit diesen Entscheidungen behoben sind. Deshalb bitte ich das Hohe Haus, Ihrem Antrag nicht beizutreten.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0504229300
Herr Abgeordneter Hermsdorf, wollen Sie dazu etwas sagen?

(Abg. Hermsdorf: Jawohl!)

Ich habe nämlich noch eine andere Meldung. Aber bitte sehr, das Wort hat Herr Abgeordneter Hermsdorf.

(Zuruf von der CDU/CSU: Hau ihn!)


Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0504229400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht die Absicht, die Debatte groß auszuweiten. Ich möchte nur den Widerspruch zwischen Herrn Moersch und Herrn Emde hier kurz klarstellen.



Hermsdorf
Ich habe in der Generaldebatte der zweiten Lesung die sozialdemokratischen Anträge und die sozialdemokratischen Kürzungs- und Deckungsvorschläge dargelegt. Ich habe weiterhin dargelegt, daß wir, selbst wenn diese ganze sozialdemokratische Konzeption akzeptiert wird, trotzdem noch unter der Grenze-von 69,1 bleiben.

(Beifall bei der SPD.)

Wenn Sie, Herr Moersch, jetzt sagen, wir wollten das Volumen ausweiten, dann sind Sie entweder nicht dagewesen oder Sie verstehen nichts in diesem Hause.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0504229500
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dichgans.

Dr. Hans Dichgans (CDU):
Rede ID: ID0504229600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich sehe ein, daß ich jetzt nicht mehr reden sollte. Sie haben alle den Wunsch, rasch nach Hause zu kommen, und ich habe den gleichen Wunsch. Wenn ich mir trotzdem Ihr Mißfallen mit einer weiteren kurzen Rede zuziehe, so muß ich mit Beschämung gesehen, es geschieht mit Absicht. Ich möchte Ihnen nämlich die Frage vorlegen: Halten Sie es eigentlich für richtig, daß der Nichtfachmann, der zu Wort kommen will, der Abgeordnete, der aus Interesse an der Sache sich an einer Debatte beteiligen möchte, normalerweise hier nur zu Zeiten zu Wort kommt, in denen das Haus eigentlich nicht mehr bereit ist, ihn anzuhören, und zwar mit guten Gründen? Ich bin :der Meinung, wir sollten uns mit dieser Sache beschäftigen. Ein Antrag, das zu tun, liegt seit langem vor; er wird von Woche zu Woche vertagt. Ich kann nur hoffen, daß er hier einmal behandelt wird. Ich verspreche Ihnen: wenn das geschieht, werde ich mich auch nie mehr zu Wort melden, wenn die normale Debattenzeit überschritten ist.
Meine Damen und Herren! Wir haben uns in früheren Haushaltsdebatten die Frage vorgelegt, ob der Wirkungsgrad, mit dem unser Geld in Bildung umgesetzt ist, ausreichend ist. Wir haben das in den vergangenen Jahren bezweifelt. Unsere Zweifel richteten sich an die Konferenz der Kultusminister und an die Professoren.
Wie ist die Lage heute? Ich glaube, wir sind heute in der angenehmen Lage, daß wir unser Urteil nicht auf den Ton der Kritik stimmen sollten, sondern auf den Ton dankbarer Anerkennung. Es ist in den letzten Jahren sehr viel geschehen. Seitdem wir uns im Dezember 1964 in einer Entschließung dafür ausgesprochen haben, daß unsere jungen Akademiker mit 26 Jahren fertig sein sollen, hat die Konferenz der Kultusminister die Schulzeit bis zum Abitur von 13 auf 12 1/3 Jahre verkürzt; eine Leistung, die früher niemand für möglich gehalten hätte. Auf allen Universitäten ist eine Entwicklung zur Verkürzung der Studienzeit in Gang gekommen. Die Professoren sehen ein, daß eine längere Ausbildung nicht notwendig eine bessere, sondern zuweilen eine schlechtere Ausbildung ist. Wir sind dafür dankbar. Aber es bleibt noch viel zu tun.
Wir müssen uns erneut die Frage vorlegen: Was geschieht mit den Mitteln, die wir hier bewilligen? Hat es Sinn, neue Hochschulen zu bauen, wenn wir keine Professoren haben, die in diesen Hochschulen unterrichten? Ich möchte Sie, Herr Minister, bitten, sich dieses Punktes besonders anzunehmen. Offensichtlich sind unsere Habilitationsverfahren nicht in der Lage, in den Massenfakultäten die Zahl der Professoren zu produzieren, die wir brauchen. Das hat viele Gründe. Unser Habilitationsverfahren — —

(Zuruf von der SPD: Was soll denn das? — Haushaltsdebatte!)

— Es ist das Problem, ob wir uns in der Haushaltsdebatte auch mit dem Sachinhalt befassen sollen.

(Zuruf von der SPD: Sie können doch jetzt keine Kulturdebatte machen!)

— Ich glaube, das ist die Aufgabe der Haushaltsdebatte. Wir haben uns hier gestern vier volle Stunden über 8 Millionen DM unterhalten, die für den Neubau des Bundeshauses bestimmt waren. Wir haben gestern und heute sehr lange Debatten über andere Sachfragen geführt, und ich glaube, es gehört zu unseren Aufgaben, auch über die Sache kurz zu sprechen.
Meine Damen und Herren, ich möchte einige konkrete Vorschläge machen, um dafür zu sorgen, daß unsere Bewilligungen gute Wirkung tun.
Herr Minister, ich bin der Meinung, wir müssen die Schwierigkeit beseitigen, die darin besteht, daß unsere Unversitäten auch dem jüngsten Professor, der sich noch niemals in einer Professur bewährt hat, gleich einen lebenslänglichen Vertrag geben müssen. Dieses Verfahren, das es in der Welt sonst nirgendwo gibt, belastet die Fakultäten mit einem Risiko, das eigentlich unzumutbar ist. Ich möchte vorschlagen, daß Verhandlungen angeknüpft werden, um diese Bestimmungen etwa nach dem Vorbild des Richtergesetzes abzuändern. Auch die Richter werden bekanntlich auf Lebenszeit angestellt, aber erst nach einer' angemessenen Probezeit, in der sie die vollen Pflichten eines Richters haben erfüllen müssen. Das gleiche sollte meines Erachtens auch im Bereiche der Hochschulen geschehen.
Zum Schluß lassen Sie mich noch ein ganz anderes Thema ansprechen. Es ist das Thema des Ranges des Geistigen in unserer Welt. Ich habe den Eindruck, daß das Geistige in seinem Rang bei uns ständig zurücktritt, daß die Wertskala des materiellen Erfolges immer mehr vordringt, auch in der Wissenschaft selbst. Was können wir dagegen tun?
— Ich finde, wir sollten uns einmal überlegen, ob nicht auch der Bundestag etwas tun könnte, um den Rang des Geistigen zu heben.
Dazu möchte ich den Vorschlag machen zu überlegen, ob wir nicht im Rahmen unserer Baupläne etwa ein Gästehaus des Bundestages bauen sollten, um uns die Möglichkeit zu geben, Persönlichkeiten des Geisteslebens hierhin einzuladen und mit ihnen zu diskutieren. Ich könnte mir denken, daß diese Gespräche für uns sehr nützlich sein könnten.
Darüber hinaus bitte ich zu überlegen, ob wir nicht etwas für die Institutionen tun könnten, die



Dichgans
als Körperschaften die geistigen Verdienste pflegen. Ich denke etwa an die Friedensklasse des Ordens pour le mérite, eine bedeutende Körperschaft mit einer großen Tradition, die ein unverdientes Schattendasein führt. Könnten wir nicht Mittel finden, um den Rang derartiger Institutionen in der öffentlichen Meinung zu heben?
Meine Damen und Herren, das sind nur einige Anregungen. Ich würde es sehr begrüßen, wenn Sie weitere Überlegungen in dieser Richtung anstellten. Ich bin der Überzeugung, daß eine solche Aktion des Bundestages auf lange Sicht nicht weniger bedeutsam ist als die Bewilligung von Haushaltsmitteln beim Einzelplan 31.

(Beifall bei den Regierungsparteien und Abgeordneten der SPD.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0504229700
Ich habe keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Änderungsantrag und zu diesem Einzelplan.
Ehe wir zur Abstimmung kommen, möchte ich Ihnen, Herr Kollege Dichgans, sagen, daß Ihr Antrag nach einer Vereinbarung im Ältestenrat und nach den Gesprächen, die wir in Berlin im Ältestenrat in Ihrer Anwesenheit geführt haben, in der nächsten Woche hoffentlich vom Plenum wird behandelt werden können. Ob wir das tun können, hängt davon ab, wie wir mit der zweiten und dritten Lesung des Haushalts fertig werden. Wir sind — was unseren gesamten Geschäftsplan angeht — schwer in der Verdrückung. Wir stehen heute abend, obwohl wir
keine Mittagspause gehabt haben, vor einer Situation, die es notwendig macht, daß wir in der nächsten Woche am Mittwochvormittag beginnen und sicherlich den ganzen Mittwoch, möglicherweise sogar noch den Donnerstag für die zweite Lesung des Haushalts brauchen werden. Wir sind aber fest entschlossen, in der nächsten Woche auch noch die dritte Lesung durchzuführen. Herr Kollege Dichgans, ich sage Ihnen das jetzt offen, damit Sie nicht meinen, daß es irgendwelche anderen Motive gäbe, falls entgegen den Verabredungen im Ältestenrat die Geschäftsordnungsanträge — es ist ja nicht nur der Ihre — in der nächsten Woche nicht behandelt werden können. Unsere Absicht ist es noch immer, diese Dinge in der kommenden Woche zu behandeln.
Im übrigen möchte ich mir aus Respekt vor der Friedensklasse des Ordens pour le mérite als Präsident des Hauses die Bemerkung erlauben, daß ich die Feststellung nicht unwidersprochen lassen kann, daß diese bedeutende Klasse ein Schattendasein führe. Das bin ich auch dem Ansehen des Hauses schuldig.
Nun, meine Damen und Herren, kommen wir zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 54. Wer zuzustimmen wünscht, bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das letztere ist die Mehrheit. Der Änderungsantrag auf Umdruck 54 ist abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan 31, zweite Lesung. Wer zuzustimmen wünscht, bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen ist dieser Einzelplan 31 angenommen.
Ich muß abstimmen lassen über die Ziffern 2 und 3 des Antrages des Ausschusses auf Drucksache V/595, nämlich den Antrag, einige Eingaben für erledigt zu erklären. Wer zuzustimmen wünscht, bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das ist angenommen.
Damit, meine Damen und Herren, kommen wir zu folgender Behandlung der vorliegenden Einzelpläne. Ich werde jetzt nach einer interfraktionellen Vereinbarung die Einzelpläne in dieser Reihenfolge aufrufen — vielleicht sind .Sie so freundlich, sie anzustreichen—: 13, 19, 20, 24, 26, 30, 33 und 35. Von allen diesen Einzelplänen ist mir gesagt worden, daß voraussichtlich keine Debatten dazu stattfinden werden. Im übrigen soll dann die Verhandlung zur zweiten Lesung auf die nächste Woche vertagt werden. Ich unterstelle das Einverständnis des Hauses damit nach § 31 der Geschäftsordnung. — Kein Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Ich rufe auf: Einzelplan 13
Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen
-- Drucksache V/582 —
Berichterstatter: Abgeordneter Müller (Ravensburg)

Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er das Wort wünscht. — Das ist nicht der Fall. Wird sonst das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Wer zuzustimmen wünscht, bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Gegen zahlreiche NeinStimmen ist dieser Einzelplan in zweiter Lesung angenommen.
Ich rufe auf:
Einzelplan 19
Bundesverfassungsgericht
— Drucksache V/585 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Tamblé
Ich frage den Herrn Berichterstatter, Herrn Dr. Tamblé, ob er das Wort wünscht. — Der Herr Berichterstatter verzichtet. Wird das das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Wer diesem Einzelplan 19 zuzustimmen wünscht, bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das ist einstimmig angenommen.
Ich rufe auf:
Einzelplan 20
Bundesrechnungshof
— Drucksache V/586 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Abelein
Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er das Wort wünscht. — Der Herr Berichterstatter verzichtet.
Wer diesem Einzelplan 20 zuzustimmen wünscht, bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Ent-



Präsident D. Dr. Gerstenmaier
haltungen? — Dieser Einzelplan ist ebenfalls einstimmig angenommen.
Ich rufe auf:
Einzelplan 24
Geschäftsbereich des Bundesschatzministers
— Drucksache V/588 —Berichterstatter: Abgeordneter Windelen
Der Berichterstatter verzichtet. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer diesem Einzelplan 24 zuzustimmen wünscht, bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! - Gegen zahlreiche Nein-Stimmen ist dieser Einzelplan angenommen.
Ich rufe auf: Einzelplan 26
Geschäftsbereich des Bundesministers für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte
— Drucksache V/590 — Berichterstatter: Abgeordneter Baier
Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? — Er verzichtet. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Wer diesem Einzelplan zuzustimmen wünscht, bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Dieser Einzelplan ist einstimmig angenommen.
Ich rufe auf: Einzelplan 30
Geschäftsbereich des Bundesministers für die Angelegenheiten des Bundesverteidigungsrates
— Drucksache V/594 —Berichterstatter: Abgeordneter Hermsdorf
Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er das Wort wünscht.

(Abg. Hermsdorf: Nein!) — Verzichtet. Danke. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht.

Wer diesem Einzelplan zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Nein-Stimmen angenommen.
Ich rufe auf:
Einzelplan 33
Versorgung
— Drucksache V/597 —
Berichterstatter: Abgeordneter Hörmann (Freiburg)

Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er das Wort wünscht. — Er verzichtet. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer dem Einzelplan 33 — Versorgung — zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das ist einstimmig angenommen.
Ich rufe auf: Einzelplan 35
Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte
— Drucksache V/598 —Berichterstatter: Abgeordneter Wellmann
Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? — Er verzichtet; ich bedanke mich. Wird sonst das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Wer dem Einzelplan 35 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Einzelplan 35 ist ebenfalls einstimmig angenommen.
Damit brechen wir für heute ab. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages ein auf Mittwoch, den 25. Mai 1966, 9 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.