Gesamtes Protokol
Guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sit-
zung ist eröffnet.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:
Befragung der Bundesregierung
Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-
binettssitzung mitgeteilt: Gesetzentwurf zu dem Euro-
päischen Übereinkommen über die internationale
Beförderung von gefährlichen Gütern auf Binnen-
wasserstraßen.
Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht
hat die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundes-
minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Karin
Roth.
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Vielen Dank, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnenund Kollegen! Das Gesetzesvorhaben dient der Ratifi-zierung des Europäischen Übereinkommens über die in-ternationale Beförderung von gefährlichen Gütern aufBinnenwasserstraßen, kurz ADN genannt. Durch dasADN soll ein einheitlicher Rechtsrahmen für diese Artder Gefahrgutbeförderung in Europa geschaffen werden.idsdehdLrfdfzRfaVBrzbdkRedetRegionale Vorschriften für die Beförderung mit Binnen-schiffen werden durch eine einheitliche europäischeRechtsvorschrift ersetzt. Auch der Bereich der Gefahr-gutbeförderung mit Binnenschiffen, für den es bisher nurunverbindliche Empfehlungen gab, wird verbindlichenVorschriften unterworfen.Mit der Ratifizierung des ADN-Übereinkommensschaffen wir erstens einen einheitlichen Rechtsrahmenfür die Beförderung gefährlicher Güter mit Binnenschif-fen auf europäischen Wasserstraßen. Zweitens erreichenwir die Konzentration der Vorschriften in einem Regel-werk, was bedeutet: Reduzierung der administrativenArbeit bei der Fortschreibung, Verhinderung von Feh-lern bei der Angleichung unterschiedlicher RBündelung der Expertenberatung in einem GrOrganisation der Gremienarbeit durch das Utariat, das auch für die anderen Verkehrsträge
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8790 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 87. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. März 2007
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
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8792 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 87. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. März 2007
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede von: Unbekanntinfo_outline
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich denke, es ist nicht üblich, hier über die Persona-
lien im Einzelnen zu berichten. Das sind schließlich ver-
trauliche Personalvorgänge.
Das ist richtig. Es ist nicht üblich, hier über Personal-
fragen zu berichten. – Vielen Dank, Herr Staatssekretär.
Gibt es weitere Fragen? – Das ist nicht der Fall. Dann
beende ich die Befragung der Bundesregierung.
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Die Fragestellerin ist noch nicht anwesend. Dann bitte
ch die Geschäftsführer zu mir. Weil wir etwas früh dran
ind, ist zu klären, ob wir die Sitzung unterbrechen und
ie zur angekündigten Zeit fortsetzen.
Wir sind übereingekommen, dass wir die Sitzung bis
3.35 Uhr unterbrechen. Die Sitzung ist unterbrochen.
Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
Zu Beginn der Fragestunde rufe ich gemäß Nr. 10 der
ichtlinien für die Fragestunde die dringliche Frage der
ollegin Sevim Dağdelen auf:
Sieht die Bundesregierung eine Mitverantwortung deut-
scher Behörden, Politikerinnen und Politiker für den Tod von
Herrn M. M., der zusammen mit seiner Familie – in Kenntnis
seiner verzweifelten persönlichen Lage, in Kenntnis der
schwierigen Lage der Roma in Rumänien und in Kenntnis des
circa zwölfjährigen Aufenthalts der Familie in Deutschland –
abgeschoben und damit in die Notlage gebracht wurde, die
schließlich zu seinem verzweifelten Suizid führte – bitte be-
gründen –, und plant die Bundesregierung vor diesem Hinter-
grund, den Hinterbliebenen von M. M. einen Aufenthalt zu
gewähren?
Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staats-
ekretär Peter Altmaier zur Verfügung. Bitte schön, Herr
ltmaier.
P
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bun-esregierung beantwortet beide Fragen mit Nein. Dierage von Frau Dağdelen bezieht sich auf den Tod eineshemaligen rumänischen Staatsbürgers, der sich die letz-en fünf Jahre in der sogenannten neutralen Zone des Bu-arester Flughafens aufgehalten hat. Dieser Tod machtetroffen, und die Bundesregierung bedauert ihn.Umso wichtiger ist es, dass man sich über die konkre-en Umstände dieses Falles noch einmal Klarheit ver-chafft. Herr M. M. war mit seiner vierköpfigen Familiem Jahre 1990, also vor 17 Jahren, nach Deutschlandingereist. Er hatte 1993 zusammen mit seiner Familieuf seinen eigenen Antrag die rumänische Staatsangehö-igkeit verloren. In Deutschland hatte er Asyl beantragt.ieses Asylverfahren und auch das folgende Klagever-ahren blieben erfolglos. Seit 1998 waren ihm und seiner
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 87. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. März 2007 8793
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Parl. Staatssekretär Peter AltmaierFamilie nur noch Duldungen erteilt worden. Eine Klagevor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechtehatte ebenfalls keinen Erfolg und wurde im Jahre 2004abgewiesen.Die Familie ist im Jahre 2002 nach Rumänien zurück-geführt worden, da sie ihrer Ausreiseverpflichtung nachAusschöpfung des Rechtsweges jahrelang nicht nachge-kommen war. Seit diesem Zeitpunkt, also seit 2002 – dassind nunmehr fünf Jahre –, hielt sich die Familie imTransitbereich des Flughafens in Bukarest auf und ver-weigerte die Einreise nach Rumänien. Seit ihrer Ankunftvor fünf Jahren hat die Familie von den durch die alleinzuständigen rumänischen Behörden aufgezeigten Optio-nen, zum Beispiel von der Einreise als Staatenlose, demAntrag auf Wiedereinbürgerung, der Weiterreise in einLand, das ihrer Aufnahme zustimmt, keinen Gebrauchgemacht. Aus all dem ergibt sich, dass eine Mitverant-wortung der Bundesrepublik Deutschland für den Suizidvon Herrn M. M. nicht begründet wird und dass es vordiesem Hintergrund auch keinen Anlass gibt, eine Auf-nahme der hinterbliebenen Familienangehörigen inDeutschland in Betracht zu ziehen.
Haben Sie eine Nachfrage? – Bitte schön, Frau
Dağdelen.
Ich möchte kurz Folgendes darstellen: 1993 legte die
Familie M. wie Hunderte andere Romafamilien die ru-
mänische Staatsangehörigkeit mit der Zustimmung der
rumänischen Behörden ab; sie wurde damit staatenlos.
Wegen tatsächlich bestehender Abschiebungshinder-
nisse wurde sie geduldet – wie Hunderte anderer Ro-
mafamilien. Im Frühjahr 2001 schlossen der damalige
Innenminister Schily und der rumänische Innenminister
Rus ein Rückübernahmeabkommen. Damit wurden die
Voraussetzungen dafür geschaffen, diese Abschiebungen
durchzuführen. Auch laut Medienberichten ist dies ein
beispielhafter Fall.
Plant die Bundesregierung vor dem Hintergrund die-
ses Suizids des verzweifelten Herrn M. M. und ange-
sichts der auf der Konferenz unter der Schirmherrschaft
der Kinderkommission des Deutschen Bundestages und
des UN-Kinderhilfswerks UNICEF zum Thema
„Roma-Kinder in Europa“ am 5. März 2007 im
Marie-Elisabeth-Lüders-Haus gewonnenen Erkenntnisse
eine aufenthaltsrechtliche Bleiberechtsregelung, insbe-
sondere für Roma aus Südosteuropa, um der Chancenlo-
sigkeit vieler Roma in ihren Herkunftsländern etwas ent-
gegenzusetzen und um ihnen damit natürlich auch eine
Chance in Deutschland zu gewähren?
P
Frau Kollegin Dağdelen, ich glaube, es handelt sich
hier um eine unzulässige Verknüpfung von zwei ver-
schiedenen Sachverhalten. Der Sachverhalt, dass sich
diese Familie seit fünf Jahren in der neutralen Zone im
Flughafen Bukarest aufgehalten hat, hat keinen unmittel-
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8794 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 87. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. März 2007
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Eine weitere Zusatzfrage von Frau Lötzsch.
Vielen Dank, Herr Präsident, auch dafür, dass Sie
einen Namen richtig aussprechen. Ein kleiner Wink
it dem Zaunpfahl an den Herrn Staatssekretär.
Herr Staatssekretär, Sie haben gerade die Frage der
eisetätigkeit angesprochen. Was hat die Bundesregie-
ung unternommen, um den sehr umfangreichen Flug-
erkehr, der sich infolge der Aufteilung der Ministerien
rgibt, auch im Lichte der Diskussion über den CO2-
usstoß zu reduzieren?
P
Die Bundesregierung hat seit dem Umzug nach Berlinafür Sorge getragen, dass Dienstreisen auch dadurchberflüssig werden, dass wir uns der modernen Tele-
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 87. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. März 2007 8795
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Parl. Staatssekretär Peter Altmaierkommunikationsmöglichkeiten bedienen. Das beginntbeim Telefax
und geht über E-Mails bis hin zu Videokonferenzen undKonferenzschaltungen. Ich gehe davon aus, dass die ein-zelnen Möglichkeiten auch Ihnen bekannt sind.
Danke schön, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesmi-
nisteriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-
cherschutz. Die Frage 2 soll schriftlich beantwortet wer-
den.
Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Bildung und Forschung. Zur Beant-
wortung steht der Parlamentarische Staatssekretär
Andreas Storm zur Verfügung.
Wir kommen zur Frage 3 der Kollegin Cornelia
Hirsch:
Mit welchen inhaltlichen Schwerpunkten und Zielen
bringt sich die Bundesregierung zurzeit in die weitere Gestal-
tung des Bolognaprozesses zur Schaffung eines einheitlichen
europäischen Hochschulraums ein, bei dem sie mit der EU-
Ratspräsidentschaft den Vorsitz in den entsprechenden Gre-
mien innehat?
A
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frage
der Abgeordneten Hirsch beantworte ich wie folgt:
Im Bolognaprozess hat Deutschland im ersten Halb-
jahr 2007 mit der EU-Ratspräsidentschaft auch den Vor-
sitz in der Bologna-Follow-up-Gruppe übernommen.
Das ist das Arbeitsgremium auf der hohen Beamten-
ebene. Den Vorsitz bei der Ministerkonferenz in London
in der Zeit vom 17. bis 19. Mai 2007 wird Großbritan-
nien als Ausrichter gemeinsam mit Deutschland über-
nehmen.
Die Bundesregierung setzt sich gemeinsam mit den
Ländern für die Fortführung der bereits eingeleiteten Re-
formen sowohl auf nationaler als auch auf internationa-
ler Ebene ein, damit der europäische Hochschulraum bis
zum Jahr 2010 so weit wie möglich verwirklicht werden
kann.
Inhaltliche Schwerpunkte in den Diskussionen der
Follow-up-Gruppe sind das Querschnittsthema Mobili-
tät, die soziale Dimension, die Qualitätssicherung sowie
die sogenannte externe Dimension; dabei geht es um die
Attraktivität des europäischen Hochschulraums nach au-
ßen.
Für den Zeitraum zwischen der Konferenz in London
und der darauf folgenden Konferenz im Jahr 2009 wird
auch eine stärkere Berücksichtigung des Themas Be-
schäftigungsfähigkeit angestrebt. Darüber hinaus wer-
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8796 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 87. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. März 2007
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Herr Staatsminister, ich teile ausdrücklich Ihre Ein-chätzung der momentan eingetretenen Situation. Ichreue mich auch über diese Beurteilung, weil daran nochinmal deutlich wird, welch enormer Schaden der ge-amten Bundesrepublik durch die eingetretene Situationntstehen kann. Sie haben eben mehrfach ausgeführt,ass Sie nicht abschließend beurteilen können, ob esoch eine Einflussmöglichkeit bezüglich der anstehen-en Entscheidung gibt, bzw. gesagt, dass die Bundesre-ierung keine direkte Einflussmöglichkeit habe. Jetztrage ich Sie: Werden Sie noch etwas unternehmen, um
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 87. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. März 2007 8797
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Undine Kurth
abschließend zu klären, ob es eine Einflussmöglichkeitgibt, bzw. indirekt handeln, um auf einen Kompromisshinzusteuern, der meines Erachtens nicht nur dadurch er-zielt werden kann, dass mit der UNESCO-Kommissionein Gespräch geführt wird? Die KMK hat sich bisher ja,wie ich finde, vornehm zurückgehalten.B
Gespräche zwischen Vertretern der Bundesregierung
und Beteiligten vor Ort hat es von Anfang an gegeben.
Ich füge hinzu: Die Bundesregierung wurde bei diesen
Gesprächen vor Ort, in Dresden, durch das in diesem
Fall federführende Auswärtige Amt vertreten. Es hat,
wie Sie wissen, eine lange Diskussion zwischen den Par-
teien gegeben, kontrovers auch innerhalb der Parteien,
da die einen die Streichung bedauern und die anderen
vor Ort in gewisser Weise anders handeln. Es hat auch
Versuche gegeben, an denen alle beteiligt waren, zu ei-
ner gütlichen Einigung zu kommen. Sie sind leider ge-
scheitert. Es gibt nun ein Urteil des Oberverwaltungsge-
richtes, das, solange keine anderen Urteile vorliegen,
bindend ist. Die geplante Maßnahme muss also vollzo-
gen werden.
Ich kann nur feststellen: Die Bundesregierung kann in
den Verlauf nicht eingreifen. Ich habe in meiner Antwort
auf die erste Frage gesagt, dass wir das Gerichtsurteil ak-
zeptieren müssen. Im Übrigen – das will ich hinzufü-
gen – kann man dem Gericht keine Vorwürfe machen. Es
hat auf Grundlage der ihm zugänglichen Fakten seine
Entscheidung getroffen.
Ich wiederhole: Was die Bundesregierung anbetrifft,
so sehe ich im Augenblick keine Möglichkeit, direkt
Einfluss zu nehmen.
Nun eine Frage des Kollegen Wolfgang Börnsen.
Herr Staatsminister, mit Erlaubnis des Präsidenten
möchte ich kurz auf eine Bemerkung des Kollegen Otto
eingehen, die möglicherweise zu Missverständnissen
führen könnte. Der Kollege Otto hat gemeint, dass die
Gefahr, dass das Weltkulturerbe aberkannt wird, abge-
wendet werden müsse. Darum ging es ihm.
Nun zu meiner Frage. Herr Staatsminister, es ist doch
zutreffend, dass sich fast 70 Prozent der betroffenen
Bürger für die Brücke ausgesprochen haben. Sie sind der
Meinung, dass die unauffällige Konstruktion der Brücke
ein Ansatzpunkt für eine Art Kompromiss sein könnte.
Um zukünftige Risiken zu vermeiden – im Augenblick
müssen elf Anträge vorliegen, um die weitere Anerken-
nung als UNESCO-Weltkulturerbe durchzusetzen –,
sollte sich neben den Ländern auch der Bund mitverant-
wortlich fühlen und ein Ausführungsgesetz verabschie-
den. Damit könnte man in Zukunft solche Konflikte, die
zum Schaden aller führen, vermeiden.
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ie laden deswegen zu Gesprächen ein, an denen der
und beteiligt ist. Entscheidend ist, dass man zu einem
rgebnis kommt. Darum werden wir uns bemühen; denn
er jetzige Zustand ist in der Tat höchst unbefriedigend –
uch im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit der Bundes-
epublik Deutschland bei der Einhaltung von einmal ab-
eschlossenen Verträgen.
Eine weitere Frage der Kollegin Luk Jochimsen.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Staatsminister,ch kann direkt an das anschließen, was Sie zuletzt ange-prochen haben: die Glaubwürdigkeit der Bundesrepu-lik Deutschland im Hinblick auf die Einhaltung der
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8798 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 87. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. März 2007
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Dr. Lukrezia JochimsenUNESCO-Konvention. Nun hat durchaus auch die Bun-desregierung eine Kompetenz in Bezug auf dieses völ-kerrechtliche Vertragsverhältnis. Die Länder nominie-ren bestimmte Stätten. Sie stellen dann einen Antrag andas Auswärtige Amt, und die Bundesregierung als Ver-treterin der Bundesrepublik leitet dann das Verfahrenein, da oder dort Weltkulturstätten zu ernennen.Brauchen wir nicht doch ganz dringlich ein nationalesAusführungsgesetz, um den Wiederholungsfall, den Sieselbst bedauern – ich begrüße sehr, dass Sie sagen: „Wirkönnen es uns eigentlich nicht leisten, dass sich so etwaswiederholt“ –, auszuschließen, also eine langwierige Ei-nigung der Länder zu verhindern, und eine Initiative derBundesregierung, die um die Zustimmung der Länderringt, zu ermöglichen?B
Bevor Sie Ihre Frage formuliert haben, haben Sie eine
Feststellung getroffen, was den Vorgang bis hin zur Ge-
nehmigung eines solchen Antrages auf Ernennung von
Weltkulturstätten betrifft. Es ist so, dass jeweils in den
Ländern diskutiert und entschieden wird, welche Stätten
man anmelden möchte. Über diese Anträge wird dann
im Rahmen der Kultusministerkonferenz beschieden,
und die Bundesregierung hat qua Auswärtiges Amt nach
außen hin praktisch nur die Funktion, diese Anträge wei-
terzuleiten. Es ist also nicht so, dass die Bundesregie-
rung über das AA Antragstellerin ist, sondern dass je-
weils die Länder, in der KMK abgestimmt, die
Antragsteller sind und das Auswärtige Amt diese An-
träge weiterreicht. Das ist die Lage.
Was Ihre Frage betrifft, habe ich eine Antwort schon
angedeutet. Ich glaube, dass wir für die Zukunft klarere
Regelungen brauchen und dass es da zwei Möglichkei-
ten gibt – diese habe ich genannt –: Entweder regeln die
Länder das selbst, oder der Bund sagt: Ich biete euch an,
im Rahmen eines Ausführungsgesetzes einen Vorschlag
zu machen, wie man die Verbindlichkeit unter den Län-
dern herstellt. – Darüber möchte ich mit den Ländern re-
den. In beiden Fällen sind die Länder in der Vorhand;
das muss ich so sagen. Wir können ja nicht auf der einen
Seite Kulturföderalismus predigen und auf der anderen
Seite dann, wenn er konkretisiert wird, sagen: Das wol-
len wir aber ganz anders. – Die Föderalismusreform ist
hier – zwar nicht einmütig, aber mit großer Mehrheit –
beschlossen worden. Das alles muss man sich vorher
überlegen. Ich habe das zu respektieren.
Wie gesagt, das Angebot des Bundes ist da. Wir sind
an einer Regelung interessiert, ohne jetzt den Vorgang in
Dresden als solchen zu bewerten. Er ist ja dadurch kom-
pliziert, dass wir ein verbindliches Gerichtsurteil vorlie-
gen haben. Ich kann ja nicht Gerichtsschelte betreiben
und sagen: Die sollen das Urteil zurücknehmen. – Dieses
Urteil – wie immer es auch zustande gekommen ist –
habe ich zu respektieren.
Ich kann nur sagen: Lasst uns darüber reden, wie wir
Regelungen treffen, dass das, was wir im Grunde alle
wollen, nämlich den Schutz kulturellen Erbes, in Zu-
kunft so verbindlich ist, dass kein Zweifel mehr im Hin-
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All das werden wir darstellen und bei den Vereinten Na-
tionen entsprechend vertreten.
Eine weitere Nachfrage?
Ja. – Eine weitere Forderung im Rahmen dieses Pak-
tes ist, das Hochschulstudium gebührenfrei zu halten
bzw. die Gebühren dort, wo es sie gibt, abzuschaffen,
also in die andere Richtung zu gehen. In diesem Punkt
können wir nicht erkennen, dass sich die Bundesregie-
rung da in irgendeiner Form bemüht bzw. in diese Rich-
tung arbeitet. Meine Nachfrage ist, ob die Bundesregie-
rung darüber diskutiert bzw. ob sie der Auffassung ist,
dass es reicht, die Verantwortung an die Länder abzu-
schieben.
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8802 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 87. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. März 2007
)
)
Es mag ja sein, dass sie sich verdoppelt hat, aber das
at erst einmal nichts mit den Argen zu tun.
Vielen Dank, Herr Staatssekretär.Wir kommen zum Geschäftsbereich des Auswärtigenmtes. Zur Beantwortung steht Herr Staatsministerernot Erler zur Verfügung.Die Fragen 9 und 10 des Kollegen Gehrke sollenchriftlich beantwortet werden.Wir kommen zur Frage 11 des Kollegen Volker Beck,er anwesend ist:Welche konkreten Maßnahmen hat die Bundesregierungbzw. die deutsche EU-Ratspräsidentschaft anlässlich derjüngsten schweren Menschenrechtsverletzungen durch Poli-zeikräfte gegen zahlreiche Mitglieder der Bewegung für de-mokratischen Wandel, MDC, und anderer Oppositionsgrup-pen gegenüber der Regierung von Simbabwe ergriffen?
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 87. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. März 2007 8803
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)
Herr Kollege Beck, am 18. März 2007 hat Deutsch-
land innerhalb seiner EU-Ratspräsidentschaft das Vorge-
hen simbabwischer Sicherheitskräfte gegen Oppositions-
politiker auf das Schärfste verurteilt und an die Regierung
von Simbabwe appelliert, alle inhaftierten Oppositions-
politiker sofort freizulassen, ihnen rechtlichen und medi-
zinischen Beistand zu ermöglichen und Vertretern der
EU-Ratspräsidentschaft Zugang zu den Inhaftierten zu
gewähren.
Die Ratspräsidentschaft fordert die Regierung von
Simbabwe auf, die Regeln der Rechtsstaatlichkeit zu re-
spektieren, die Menschenrechte zu achten und alles zu
unterlassen, was zu einer weiteren Eskalation der Lage
in Simbabwe führen kann. Ähnliche Erklärungen wur-
den bereits am 12., 13. und 14. März 2007 abgegeben.
Die deutsche Botschafterin hat die Verletzten am
14. März 2007 persönlich im Krankenhaus besucht und
ihre Solidarität mit den verletzten Kundgebungsteilneh-
mern ausgedrückt.
Zusatzfrage, Herr Kollege Beck.
Ich begrüße diese Initiative der EU-Ratspräsident-
schaft ausdrücklich, weil ich es für ganz entscheidend
halte, dass das deutlich wird.
Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, um
wie viele verhaftete Oppositionelle es sich gegenwärtig
handelt und wie viele Oppositionelle an der Ausreise ge-
hindert wurden? Einer der Oppositionspolitiker ist bei
dem Versuch der Ausreise ja durch Schläge erheblich ge-
sundheitlich beeinträchtigt worden, sodass er sogar ope-
riert werden musste.
Es ist nicht so ganz einfach mit den Zahlen. Die Zahl
der Verhafteten bei der Kundgebung am 11. März 2007
in Harare lag bei etwa 100, von denen der größte Teil
– sofern sie nicht krankenhausreif geschlagen wurden –
vom Gericht vorgeladen worden ist. Herr Beck, ich
glaube, Sie wissen, dass sich die Staatsanwaltschaft gar
nicht in der Lage gesehen hat, ein Verfahren zu eröffnen –
mit der Bemerkung: There is no case. Es gab also keine
Anklage. Sie sind dann wieder nach Hause gegangen.
Wir haben keine Erkenntnisse darüber, ob von den
Verhafteten überhaupt noch jemand in Haft ist; denn
nachträglich wurden dann auch diejenigen, die im Kran-
kenhaus waren – ich glaube, es handelte sich um zwölf
Personen –, wieder in die Freiheit entlassen, sofern sie
das Krankenhaus verlassen konnten.
Am 17. und 18. März 2007 gab es aber eine weitere
Verhaftungswelle, der auch eine ganze Reihe von Oppo-
sitionellen – darunter auch führende Vertreter der Oppo-
sition – zum Opfer gefallen sind. Hier sind uns die ge-
nauen Zahlen nicht bekannt, weil sich das nicht im
öffentlichen Raum abgespielt hat.
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8804 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 87. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. März 2007
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 87. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. März 2007 8805
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8806 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 87. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. März 2007
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 87. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. März 2007 8807
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Metadaten/Kopzeile:
8808 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 87. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. März 2007
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)
Eine weitere Frage hat der Kollege Volker Beck.
Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass das
Gaststättenrecht als Rechtsgrundlage für Regelungen in
diesem Bereich entfällt. Hat denn Ihr Haus geprüft, ob
bei diesen Flatrateangeboten womöglich aus wettbe-
werbsrechtlichen Gründen eingegriffen werden kann?
Es besteht ja der Verdacht – kürzlich wurde in einem
Fernsehbeitrag auch ein Beleg dafür erbracht –, dass die
Gaststätten in der Realität den Alkohol unter ihren
Selbstkosten abgeben, das mit Strategien der Kunden-
bindung verknüpfen und sagen: „In the long run“ rechnet
sich das für uns. – Eigentlich sind diese Flatrateangebote
Dumpingangebote und damit meines Erachtens wettbe-
werbsrechtlich nicht zulässig.
Hat die Bundesregierung also geprüft, ob ein wettbe-
werbsrechtliches Einschreiten möglich ist? Falls sie das
rechtlich nicht für möglich hält: Wird die Bundesregie-
rung gegenüber den Ländern mit Empfehlungen tätig,
und welcher Art sind diese dann?
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Sie wissen, dass das Wettbewerbsrecht nicht in die
Kompetenz des Gesundheitsministeriums fällt. Ich bin
aber sehr gern bereit, die Anregung aufzugreifen und mit
den Kollegen aus dem Wirtschaftsministerium zu disku-
tieren. Ich glaube, dass wir auf Bundesebene hier keine
Möglichkeiten haben, aber ich bin sehr gern bereit, eine
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gewonnen, und ist die Bundesregierung der Auffassung, dass
der von den Krankenkassen veranschlagte Festbetrag von
421,28 Euro ausreichend bemessen ist, damit alle Menschen
mit einer schwerwiegenden Hörbehinderung ein ihren indivi-
duellen Bedürfnissen entsprechendes Hörgerät erwerben kön-
nen, das ihnen die Teilhabe an allen Bereichen des gesell-
schaftlichen Lebens ermöglicht?
Bitte, Frau Staatssekretärin.
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Herr Kollege Rohde, zu Ihrer Frage darf ich Ihnen
olgendes sagen: Der für die Hilfsmittelversorgung fe-
erführende IKK-Bundesverband hat dem Bundesminis-
erium für Gesundheit mitgeteilt, dass im Rahmen der
orgenommenen Überprüfung der Festbeträge Nach-
eise weder über einen besonders hohen Dienstleis-
ungsanteil bei der Versorgung hochgradig schwerhöri-
er Menschen noch über besondere Anforderungen an
ie Hörgeräte erbracht werden konnten. Eine Erhöhung
er Festbeträge für diesen Personenkreis erfolgte des-
alb nicht.
Sie wissen, dass nicht das Gesundheitsministerium
ine Änderung vornimmt; die Einschätzung muss immer
on Kassenseite erfolgen. Hierbei ist der IKK-Bundes-
erband federführend.
Die Festbeträge für Hilfsmittel sind so festzusetzen,
ass sie im Allgemeinen eine ausreichende, zweckmä-
ige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte
ersorgung gewährleisten. Sie werden einmal im Jahr
berprüft und in geeigneten Zeitabständen an eine verän-
erte Marktlage angepasst.
Die Spitzenverbände der Krankenkassen haben die
estbeträge für Hilfsmittel überprüft und am 23. Oktober
eu beschlossen. Die neuen Festbeträge sind seit
anuar 2007 in Kraft. Deswegen gehen wir davon aus,
ass zeitnah überprüft worden ist, ob der Festbetrag das
arktgeschehen auch abbildet. Wir kommen zu dem Er-
ebnis, dass man hier derzeit keinen Nachsteuerungsbe-
arf vonseiten der Kassen sieht.
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 87. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. März 2007 8809
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Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Staatssekretä-
rin, ist sich die Bundesregierung denn im Klaren da-
rüber, dass Hörgerät nicht gleich Hörgerät ist und kom-
plexe Anforderungen, zum Beispiel im Beruf, bei der
Betreuung von Kindern oder im Straßenverkehr, kom-
plexe Lösungen notwendig machen, die in der Regel
deutlich teurer sind als einfache Hörgeräte?
M
Es ist gar nicht zu bestreiten, was Sie schildern, Herr
Kollege, aber ich will an dieser Stelle noch einmal sa-
gen: Man überlässt es den Praktikern aufseiten der Kas-
sen, jeweils zu entscheiden, ob ein Festbetrag eine aus-
reichende Versorgung ermöglicht. Nach derzeitiger
Rechtslage kann die Kasse dann, wenn ein besonders in-
tensiver Betreuungs- und Dienstleistungsteil enthalten
ist, schon jetzt einen erhöhten Betrag übernehmen.
Es gibt ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
vom 17. Dezember 2002, in dem deutlich gemacht wird,
dass sich Versicherte nicht mit einer Teilkostenerstattung
zufrieden geben müssen. Vielmehr muss die Versorgung
mit ausreichenden, zweckmäßigen und in der Qualität
gesicherten Hilfsmitteln als Sachleistung gewährleistet
sein. Deswegen schließt die Festsetzung von Festbeträ-
gen nicht aus, dass auf der Grundlage des Festbetrags
über die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln auch
Vereinbarungen zu höheren Preisen getroffen werden
können. Aber die Notwendigkeit muss dann im Einzel-
fall nachgewiesen werden.
Eine zweite Nachfrage?
Ich möchte zur nächsten Frage übergehen.
Sie verzichten.
Ich rufe die Frage 21 des Kollegen Jörg Rohde auf:
Wie bewertet die Bundesregierung vor dem Hintergrund
der Teilhabe hörbehinderter Menschen am Arbeitsleben die
Erwägungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrations-
ämter und Hauptfürsorgestellen, BIH, zukünftig keinen Bei-
trag mehr zur Finanzierung von Hörgeräten aus der Aus-
gleichsabgabe zu leisten, und welche Auswirkungen auf die
Versorgung Hörbehinderter mit Hörgeräten erwartet die Bun-
desregierung durch das Inkrafttreten des GKV-Wettbewerbs-
stärkungsgesetzes?
M
Herr Kollege, es ist zutreffend, dass die Bundesar-
beitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfür-
sorgestellen erwägt, künftig das Thema der Finanzierung
von Hörgeräten aufzugreifen. Es ist nicht zutreffend,
dass von vornherein feststeht, dass kein Beitrag mehr zur
Finanzierung geleistet wird. Das Thema befindet sich
dort vielmehr im Moment in einer Diskussionsphase.
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Vielen Dank, Herr Staatssekretär, für die interessante
eantwortung. Ich gebe Ihnen recht, dass es bei Techno-
ogieentwicklungen Spin-off-Effekte gibt, aber eben bei
er Technologieentwicklung. Ich kann mir selbst mit
roßer Fantasie – ich war im naturwissenschaftlichen
ereich einer universitären Einrichtung tätig – nicht
anz vorstellen, woher Spin-off-Effekte aus der Transra-
idtechnologie für den Schiffsbau kommen sollen, die
azu noch in einer Größenordnung von 5 Prozent liegen.
chon mit modernen Managementmethoden ist es
chwierig, bei dieser Technologie zu einer solchen Ein-
parung zu kommen. Das wollen Sie dann allein durch
ie Transrapidtechnologie schaffen?
Sie haben eines übersehen: Es geht bei dem Gutach-
en nicht um die Erforschung der Transrapidtechnologie
da mag es ja noch irgendwelche Spin-offs geben –,
ondern es geht hier um die Bewertung des volkswirt-
chaftlichen Nutzens des Baus der Münchner Strecke.
rläuterungen zu der Behauptung, dass ein volkswirt-
chaftlicher Nutzen in Höhe von fast 500 Millionen Euro
llein dadurch entsteht, dass die Transrapidstrecke in
ünchen gebaut wird, hätte ich eigentlich gerne bekom-
en. Ich wollte auch nicht hören, ob es so etwas prinzi-
iell gibt – das weiß ich nämlich –, sondern eine ganz
onkrete Antwort darauf, worin prinzipiell dieser Nut-
en beim Bau der Transrapidstrecke, also nicht bei der
rforschung des Transrapids, für den Schiffsbau besteht.
U
Eine ganz konkrete Antwort finden Sie in dem Ihnenorliegenden Gutachten, das Sie sicherlich sehr ausführ-ich studiert haben.
Ich will noch einmal auf den prinzipiellen Zusam-enhang hinweisen: Wir gehen davon aus, dass beimau der Transrapidstrecke und des Transrapids völligeue und erstmalig angewandte Fertigungsverfahren ein-esetzt werden, mit denen man überhaupt durch den Bauum ersten Mal Erfahrungen sammeln kann. Ich will Ih-en ein Beispiel aus einem anderen Technologiebereichennen, bei dem volkswirtschaftliche Gewinne in einerrößenordnung erzielt wurden, die am Anfang als völlignvorstellbar galten. Durch die Veränderung eines Pro-uktionsprozesses in der Gusstechnik – statt Bleche zualzen, wird die Spritzgusstechnik angewandt – kann iniesem Produktionsverfahren Energie in der Größenord-ung von 80 Prozent eingespart werden. Wenn Sie in ei-er Technologie ein neues Verfahren einsetzen, dannönnen Sie aufgrund einer solchen Erfahrung in anderenechnologiebereichen absehen, wie hoch die Einsparun-en sein werden. Bei den Produktionsverfahren, die wireim Transrapid im Bau – darauf bezieht sich ja Ihrerage – zum ersten Mal einsetzen wollen, ist nach demotum der Gutachter dieser volkswirtschaftliche Mehr-ert sehr begründet zu erwarten.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 87. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. März 2007 8811
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Sie haben die Möglichkeit zu einer Nachfrage.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Kasparick, ich
empfehle Ihnen das Lesen dieses Gutachtens. Darin steht
nämlich genau das nicht. Da steht nur, dass dieser Mehr-
wert nach Aussagen der Transrapidindustrie zu erwarten
ist und dass die Gutachter sich nicht in der Lage sehen,
das zu überprüfen, dass sie aber, da es keine weiteren
wissenschaftlichen Untersuchungen gibt, einfach davon
ausgehen, dass das stimmt. Das hohe Risiko, dass das
vielleicht nicht stimmen könnte, diskutieren sie im
Nachgang; denn es sind brave Wissenschaftler.
Aber aus Ihrer Antwort ergibt sich eine ganz span-
nende Nachfrage: Wenn beim Bau des Münchner Trans-
rapids ganz neue Produktionstechniken zur Anwendung
kommen, die hinsichtlich der Kosten usw. meistens sehr
schwer abzuschätzen sind, wie kann sich dann das Bun-
desministerium so sicher sein, dass der Bau nach Preisen
von 2004 1,85 Milliarden Euro kosten wird? Das würde
mich wirklich interessieren.
U
Herr Dr. Hofreiter, wenn Sie sich mit der Entwick-
lung von Hochtechnologieprodukten in einem Hochin-
dustrieland wie der Bundesrepublik Deutschland gründ-
lich beschäftigen,
dann werden Sie merken, dass bei dieser Entwicklung
Lernprozesse stattfinden. Das war bei der Erfindung des
Fernsehers genauso wie bei der Entwicklung hochmo-
derner Pkws. Bei einem Hochtechnologieprojekt wie
dem Transrapid wäre es geradezu unverantwortlich,
wenn man nicht mit Lernkurven in anderen Technologie-
bereichen rechnen würde. Die Erfahrungen, die wir in
Deutschland in der Vergangenheit mit Hochtechnologien
gemacht haben, zwingen uns geradezu zu der Annahme,
dass wir in ähnlichen Größenordnungen zu volkswirt-
schaftlichen Mehrwerten in anderen Branchen kommen.
Ich sage noch einmal: Die Schätzungen in dem Gutach-
ten sind eher konservativ; die Ergebnisse werden wahr-
scheinlich deutlich darüber liegen.
Sie können gern nachfragen; dazu müssen Sie aber
bitte das Mikrofon nehmen, Kollege Hofreiter.
Das war keine Antwort auf meine Frage. Ich habe
nach den 1,85 Milliarden Euro gefragt und nicht nach
Lernkurven. Dass es wunderschöne Lernkurven gibt,
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Herr Kollege, ich wollte nur wissen, ob Sie sich völlig
issverstanden fühlten, wenn man Ihre Aussagen so-
ohl zu der Frage der prognostizierten Kosten von
,85 Milliarden Euro vor dem Hintergrund der innova-
iven Produktionsmethoden als auch zum Zusammen-
ang zwischen Schiffbau und Transrapid so bewerten
ürde, dass Sie voller Hoffnung sind, aber keine konkre-
en Hinweise darauf haben, dass Ihre Hoffnung einen
ezug zur Realität hat.
U
Diese Annahme teilen wir überhaupt nicht.
err Kollege Beck, Sie wissen, dass ich lange im For-chungsministerium und im Forschungsausschuss deseutschen Bundestages gearbeitet habe. Wenn Sie sichit der Technologieentwicklung in der Bundesrepublikinmal wirklich gründlich beschäftigen, dann könnenie diese Zusammenhänge gar nicht bestreiten.
s ist nicht so, dass man auf irgendwelche Zusammen-änge seine blinde Hoffnung setzt. Vielmehr geht manon der gewonnenen Erfahrung auf dem Gebiet der
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Parl. Staatssekretär Ulrich KasparickHochtechnologieentwicklung aus. Das ist schlicht undeinfach der Sachverhalt.
Damit kommen wir zur Frage 25 des Kollegen
Dr. Anton Hofreiter:
Welche einheitliche Position vertritt die Bundesregierung
in der Frage der Einführung eines Tempolimits auf Bundes-
autobahnen, nachdem sich der Bundesminister für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit, Sigmar Gabriel, in der
„Welt am Sonntag“ für ein Tempolimit auf Autobahnen aus
Verkehrssicherheitsgründen ausgesprochen hat, der Bundes-
minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Wolfgang
Tiefensee, in einer Pressemitteilung seines Bundesministe-
riums aber gegen ein Tempolimit auf Bundesautobahnen zur
CO2-Reduzierung eingetreten ist, und von welchem Beitrag
zur Verkehrssicherheit geht die Bundesregierung bei der Ein-
führung eines Tempolimits auf Bundesautobahnen aus?
Bitte, Herr Staatssekretär.
U
Herr Dr. Hofreiter, ein generelles Tempolimit wird in
der öffentlichen Diskussion in der Regel zum einen we-
gen der CO2-Reduktion und zum anderen wegen der
erhöhten Verkehrssicherheit gefordert. Die Bundesregie-
rung sieht derzeit keine Notwendigkeit, eine allgemeine
Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen in
Deutschland einzuführen. Ich will das im Folgenden be-
gründen.
Der Beitrag, den eine allgemeine Geschwindigkeits-
begrenzung auf Autobahnen zum Klimaschutz leisten
würde, ist zu begrenzt. Wir brauchen viel größere An-
strengungen. Was mit einer allgemeinen Geschwindig-
keitsbegrenzung zum Klimaschutz beigetragen würde,
ist viel zu wenig. Wir brauchen ein umfassendes Paket.
Entsprechend verhandeln wir im Rahmen unserer Rats-
präsidentschaft mit den anderen europäischen Staaten.
Es geht dabei um die Grenzwerte von Emissionen für
Pkws. Es geht um die Umstellung der Kfz-Steuer auf
eine CO2-Abhängigkeit. Es geht um die Kennzeichnung
umweltverträglicher Pkws, mit der man dem Kunden
schon beim Kauf eine Hilfestellung geben kann, wie es
bei anderen technischen Produkten bereits jetzt der Fall
ist. Es geht weiterhin darum, den Verkehrsfluss zu opti-
mieren und Staus zu vermeiden. Sie wissen, dass auf-
grund von Staus besonders hohe Emissionen zu erwarten
sind.
Unsere Argumentation ist: Was wir durch eine gene-
relle Geschwindigkeitsbegrenzung zum Klimaschutz
beitragen können, ist so gering, dass eine entsprechende
ordnungspolitische Maßnahme nicht gerechtfertigt ist.
Wir brauchen deutlich größere Anstrengungen bei Kli-
maschutzmaßnahmen als die Einführung einer Ge-
schwindigkeitsbegrenzung.
Wenn Sie sich mit den Zahlen zur Verkehrssicherheit
beschäftigen, dann können Sie erkennen – das gilt auch
im internationalen Vergleich –, dass 30 Prozent des Stra-
ßenverkehrs in Deutschland auf den Autobahnen statt-
finden. Aber nur 6 Prozent der Unfälle mit Personen-
schäden passieren auf den Autobahnen. Im Vergleich zu
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Ich bin erstaunt über diese Geschwindigkeitsgläubig-
eit, die im Verkehrsministerium vorherrscht. Aber Fak-
en unterstützen diesen Glauben nicht.
Sie haben recht: Selbstverständlich sind die Autobah-
en die sichersten Straßen. Aber das war nicht die Frage.
eine Frage war vielmehr, ob die Autobahnen durch ein
empolimit sicherer würden. Ist Ihnen denn bekannt,
ass es Modellversuche gab, die gezeigt haben, dass,
enn man auf bestimmten Abschnitten ein allgemeines
empolimit von 120 oder 130 Kilometer pro Stunde ein-
ührt, die Sicherheit weiter steigt? Was spricht vor die-
em Hintergrund gegen ein Tempolimit? Soll ich Ihre
ussage so deuten, dass das Bundesverkehrsministe-
ium, da die Autobahnen die sichersten Straßen sind, ein
eringes Interesse hat, sie noch sicherer zu machen?
U
Die Bundesregierung hat erhebliche Anstrengungenei der Erhöhung der Verkehrssicherheit in Deutschlandnternommen.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 87. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. März 2007 8813
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Parl. Staatssekretär Ulrich Kasparick
Wenn Sie sich die Zahlen der Unfalltoten der Vergan-genheit ansehen, dann sehen Sie, dass wir bei der Ver-kehrssicherheit deutliche Fortschritte erzielen. Hier istdie Frage zu diskutieren: Rechtfertigt der Zugewinn anVerkehrssicherheit, der durch die Einführung eines gene-rellen Tempolimits zu erwarten ist, die Einführung einesgenerellen Tempolimits? Die Antwort der Bundesregie-rung lautet: Der Zugewinn ist so gering, dass dies dieEinführung eines generellen Tempolimits nicht rechtfer-tigt.
Kollege Hofreiter, Sie dürfen noch eine Frage stellen.
Dann frage ich einmal nach dem CO2-Ausstoß. Sie
haben gesagt, ein Tempolimit bringe in dieser Hinsicht
fast nichts. Ist Ihnen bekannt, dass im NAP I vorgesehen
ist, dass der Verkehr im Hinblick auf CO2-Einsparungen
einen Beitrag von jährlich 2 Millionen Tonnen liefern
soll und dass durch die Einführung eines Tempolimits
1,5 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden würden?
Welche genauso schnell im Verkehrsbereich einzufüh-
rende Maßnahme können Sie sich vorstellen, um das
gleiche Ergebnis zu erreichen? Ein Tempolimit bringt
zwar sicher nicht die Welt – da haben Sie recht –, aber
immerhin ein bisschen. Was ist Ihre Alternative, die ge-
nauso schnell einzuführen ist?
U
Die Alternativen habe ich eben skizziert; Sie haben
sie vermutlich aufmerksam registriert. Es geht darum,
dass wir uns während der Ratspräsidentschaft im europäi-
schen Konzert mit den Nachbarstaaten auf Grenzwerte
bei Emissionen von Pkws verständigen und uns massiv
für die Durchsetzung neuer Treibstoffe einsetzen.
Deutschland ist federführend, was die Treibstoffe aus
Biomasse anbetrifft. Wir sind dabei, die Kennzeichnung
von umweltfreundlicheren Pkws zügig nach vorne zu
bringen. Das alles bringt ein Vielfaches von dem, was
die Einführung eines generellen Tempolimits bringen
würde.
Deswegen sagen wir: Es ist nicht zwingend erforder-
lich, ein generelles Tempolimit einzuführen, wenn man
über den Klimaschutz redet, weil es bessere Maßnahmen
mit größeren Wirkungen gibt.
Die Frage 26 der Kollegin Dr. Gesine Lötzsch wird
schriftlich beantwortet.
Damit kommen wir zur Frage 27 der Kollegin
Cornelia Behm:
Inwieweit wird das 1992 durch den Bundesminister für
Verkehr, Günther Krause, herausgegebene Regelwerk „Merk-
blatt Alleen“ durch die „Empfehlungen zum Schutz vor Un-
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Abenteuerlich ist es auch, die Frage trilateral zu re-geln. Natürlich gehört diese Frage in die NATO, wennwir glauben, ein solches System zu brauchen. Es gehtnicht, dass NATO-Partner glauben, die Solidarität undder Schutz dieses Bündnisses reichten nicht aus, manmüsse mit den Vereinigten Staaten vielmehr zusätzlichbilaterale Sicherheitsvorkehrungen organisieren.Schließlich ist es auch abenteuerlich, die Frage nichtin der Europäischen Union zu diskutieren. Was ist denneigentlich die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspoli-tik, die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspoli-tik, wert – am nächsten Wochenende wird sie hier inBerlin wahrscheinlich wieder hochgelobt –, wenn wirnicht in diesem Rahmen darüber diskutieren, welchenBedrohungen wir uns gegebenenfalls ausgesetzt sehenkönnten und wie wir, vielleicht mit Schutzmaßnahmen,darauf reagieren könnten? Das sieht sehr nach einerSpaltung Europas aus. Eine neue europäische Spaltungdürfen wir uns weder von den Russen noch von unserenamerikanischen Freunden gefallen lassen; wir dürfenerst recht nicht zulassen, dass eine Spaltung Europas voninnen heraus zustande kommt.Deswegen muss die Bundesregierung hier handeln.Sie muss uns viel erklären. Sie muss dafür sorgen, dassdas Thema auf die Tagesordnung von EU und NATOkommt. Sie muss die notwendige Abstimmung herbei-führen und dringlich verhindern, dass es erneut zu einerSpaltung Europas in neues und altes Europa kommt. Daswürde der 50-Jahr-Feier der Europäischen Union einenganz gefährlichen Schatten verleihen.
Für die Unionsfraktion hat der Kollege Dr. Andreas
Schockenhoff das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! HerrKollege Hoyer, Sie haben sehr eloquent versucht, in die-stDkTszieDddtvlmPDkkvUadgvf1wlbdsgprGAttwmSdRtu
ass sich die FDP das als Oppositionsfraktion wünscht,ann ich nachvollziehen. Tatsache ist aber: Es gibt beimhema Raketenabwehr in manchen Fragen noch Diskus-ionsbedarf, zum Teil auch unterschiedliche Akzentset-ungen,
n allen substanziellen Fragen herrscht aber völlige Über-instimmung.
eswegen sollten wir den Bürgern in aller Sachlichkeitie Position der Koalition deutlich machen.Zur Frage der Bedrohung: Es ist eine Tatsache, dassie Verbreitung von Raketentechnologie trotz aller Rüs-ungskontrollbemühungen ungebremst weitergeht. Heuteerfügen schon mehr als 20 Staaten über Trägertechno-ogie. Die Anzahl steigt, sie wird weiter deutlich zuneh-en. Iranische Raketen können bereits heute NATO-artner in Südosteuropa erreichen, bald in ganz Europa.er Iran arbeitet daran, in 15 Jahren Interkontinentalra-eten zu besitzen, die amerikanisches Territorium treffenönnen. Deswegen stimmen wir mit dem Außenministeröllig überein, der in Washington das Vorhaben derSA, sich mit einem Raketenabwehrsystem zu schützen,ls legitim bezeichnet hat. Herr Hoyer, ich begrüße es,ass auch Sie diese Position vorhin vertreten haben.In der Koalition sind wir uns ferner völlig einig: Ge-en die Bedrohung, die sich aus der Weiterverbreitungon Raketentechnologien ergibt, muss Vorsorge getrof-en werden. Das zeigt sich daran, dass die NATO seit998 ein Abwehrsystem gegen Raketen mit einer Reich-eite von bis zu 3 000 Kilometern entwickelt. Deutsch-and finanziert dieses Abwehrsystem zu 18 Prozent,eteiligt sich mit der Bereitstellung von Simulationsmo-ellen und ab 2009 mit eigenen Waffensystemen. Ichage es ganz deutlich: Es war richtig, dass die Verteidi-ungsminister Scharping und Struck für dieses Schutz-rojekt der NATO Gelder freigegeben haben. Genausoichtig war es, dass der ehemalige Bundeskanzlererhard Schröder 2002 in Prag eine NATO-Studie mit inuftrag gegeben hat, wie Europa insgesamt gegen Rake-en geschützt werden kann.Das sind zwei Aufträge im Zusammenhang mit Rake-enabwehr, die von einer SPD-Regierung beschlossenurden und die von uns mitgetragen werden. Meine Da-en und Herren von der Opposition, Sie können derPD doch nicht ernsthaft unterstellen, sie vertrete in dererzeitigen Diskussion eine Position, wonach NATO-aketenabwehr etwas Gutes sei, amerikanische Rake-enabwehr aber etwas Schlechtes.Weil es diese zwei NATO-Raketenabwehrkonzeptend das amerikanische Konzept gibt, ist es notwendig,
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Dr. Andreas Schockenhoffüber all dies im NATO-Rat ausführlich zu diskutieren.Es gibt noch offene Fragen. Es muss darum gehen, dieseverschiedenen Konzepte miteinander kompatibel zu ma-chen, auch um Synergieeffekte zu erzielen und einenumfassenden Schutz für Europa zu erreichen. Auch da-rin sind wir uns völlig einig.
Das gilt auch für die Einschätzung, dass die USA ihrRaketenabwehrsystem bauen werden. Wenn das aber soist, sind wir doch klug beraten, Einfluss auf die USA zunehmen. Dass man einen solchen Einfluss nicht habenkann, wenn man die legitimen amerikanischen Überle-gungen von vornherein kategorisch ablehnt, auch da-rüber sind wir uns in der Koalition einig.
Schließlich zu Russland: Es herrscht auch völligeÜbereinstimmung darüber, dass dieses Thema weiterhinmit Russland im NATO-Russland-Rat diskutiert werdenmuss. Im Übrigen sieht auch Russland in der Weiterver-breitung von Raketentechnologie eine Bedrohung undarbeitet an eigenen Raketenabwehrprogrammen. Es gibteine Zusammenarbeit zwischen Russland und der NATOin Fragen der Raketenabwehr. Zehn in Polen stationierteAbwehrraketen bedrohen nicht die Abschreckungswir-kung von 1 600 russischen Interkontinentalraketen undverursachen kein Wettrüsten, wie manche behaupten.Die Russen wollen und müssen – auch darin sind wiruns einig – an einem strategischen Dialog über dieseFragen beteiligt sein, zumal sich die Raketenabwehrnicht gegen Russland richtet. Wir brauchen eine gemein-same Bedrohungsanalyse und dann, nach Möglichkeit,auch gemeinsame technologische Antworten.Das sind die Fragen, um die es geht, und darin be-steht, wie Sie gesehen haben, in der Koalition völligeEinmütigkeit.Vielen Dank.
Das Wort hat der Kollege Wolfgang Gehrcke für die
Fraktion Die Linke.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Nach der Rede von Kollege Schockenhoff weiß ich garnicht, warum wir noch diskutieren.
Alles sei geregelt. Es gebe keine Probleme. Alle seiensich mit allen einig. Alles, was in den Zeitungen steht,sei Unsinn. Die Zitate seien erfunden. Es gebe überhauptkeine Probleme und man könne straight vorwärtsschrei-tmiPRldhwckhdbisznkDlklgKgwgzgükuSvFutihtswwAKhkdb
öchst widersprüchlich sind. Ich finde es in Ordnung,enn aus der Regierung endlich – auch widersprüchli-he; das will ich überhaupt nicht kritisieren – Aussagenommen und ein Stück weit eine Debatte erfolgt. Ichabe ganz andere Probleme. Die möchte ich einmal aufen Punkt bringen.Das erste Problem, das ich benennen möchte, ist, dassereits der Name Raketenabwehrsystem eine Täuschungst. Es geht nicht um eine defensive Waffe, um ein defen-ives System, sondern die Philosophie der USA, die demugrunde liegt, ist, jeden Punkt auf der Erde waffentech-isch erreichen zu können bei eigener Unverwundbar-eit.
as ist die Philosophie der USA. Das kann man auch be-egen.Wenn man ernsthaft über Raketenabwehrsysteme dis-utieren will, dann muss man sie einordnen und mit vie-en anderen Schritten der Aufrüstung, die praktisch ge-angen werden, im Verbund sehen. Das fängt an bei deronzeption der USA hinsichtlich vorbeugender Kriege,eht über die Debatte über einen Neueinsatz von Atom-affen, die sogenannten Mini-Nukes, geht über eineanz neue Generation von Raketen und letztendlich bisu einer Militarisierung des Weltalls. Das sind die Fra-en, die sich uns stellen. In diesem Kontext muss manber dieses System diskutieren. Dann wird klar: Es istein Defensivsystem, sondern ein Offensivsystem. Dasnterscheidet es von vielen anderen.Wir, die Linke, lehnen eine Neuauflage des Kriegs derterne, des Star Wars, ab. Wir lehnen eine Zerstörungon Resten von Rüstungskontrolle ab. Denn das wird dieolge sein, wenn man sich auf dieses System einlässtnd die Debatte so weiterführt.Zweitens. Für uns ist die Frage, ob dieses Raketensys-em innerhalb der NATO verabredet und über die NATOnstalliert wird, nicht wichtig. Wir wollen, dass es über-aupt nicht installiert wird. Hier scheiden sich die Geis-er. Da waren die Argumente auch völlig anders. Ichehe das mit einem gewissen Amüsement. Der Linkenird immer vorgehalten, dass wir die NATO zerstörenollen. Wir wollen sie auflösen. Das leugne ich nicht.ber so viel Zerstörung in der NATO, wie Sie mit deroalition der Willigen, wie die USA mit ihrem Vorge-en, Debatten dort nicht einmal zu führen, anrichten,önnten wir gar nicht anrichten. Das haben Sie selbst aufie Tagesordnung gesetzt. Das muss ich neidvoll zuge-en.
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Wolfgang Gehrcke
Wenn einer die NATO zerstört, dann sind Sie es selber,vor allen Dingen dadurch, dass Sie aus der NATO, diesich einstmals als Verteidigungsbündnis verstanden hat,ein Angriffsbündnis gemacht haben.Dann würde ich gern einmal ein logisches Argumentzu Folgendem hören. Ich habe die Bundesregierung einpaar Mal gefragt: Warum wird diese Frage nicht inner-halb der Europäischen Union diskutiert, wenn manschon immer von einer Gemeinsamen Außen- und Si-cherheitspolitik redet? Warum sagt die Bundesregierungimmer, das sei keine Sache der Europäischen Union?Weil man sich nicht einig ist, weil es innerhalb der Euro-päischen Union Widersprüche gibt? Warum wird nichteinmal der Versuch gemacht, einen gemeinsamen Stand-punkt – ich hoffe, er wird eine ablehnender Standpunktsein – in der EU herbeizuführen? Auch dazu gibt eskeine plausible Begründung.Drittens. Selbstverständlich richtet sich das Systemnicht gegen den Iran. Das hat man jetzt wohlfeil in derDebatte aufgenommen; dazu wurde keine besondereLogik entwickelt. Ich finde, dass Putin Recht hat mit sei-ner Einschätzung, dass sich dieses System primär gegenRussland richtet und die Balance in Europa verschiebt.Wenn man abkehrt von der Philosophie, die wir einmalgemeinsam hatten, dass Sicherheit in Europa nur Sicher-heit miteinander und nicht Sicherheit gegeneinander seinkann, wenn man sich gegensätzlich zu dieser Philoso-phie verhält, dann wird man in Europa ein neues Wett-rüsten auslösen, ob man es will oder nicht. Das ist dieKonsequenz, die droht. Damit droht auch eine SpaltungEuropas in Zonen mit verschiedenen Sicherheitsniveausund in unterschiedliche Blocks. Wenn man das erreichenwill, dann muss man nur so weitermachen wie bisher.Die Bundesregierung wäre gut beraten, wenn sie ihrekritischen Töne und ihre ablehnende Haltung – wenn sieeine solche hat, was ich ja nicht glaube – hier im Parla-ment etwas deutlicher hörbar bzw. sichtbar macht.Bislang hat man das von den SPD-Vorsitzenden ge-hört – damit komme ich zum Schluss –, zum Beispielvon Kanzler Schröder: Wenn Wahlen anstehen und Stim-menverluste drohen, dann werden die SPD-Vorsitzendenimmer markiger und ihre Argumente werden ein Stückweit antiamerikanisch. Das überzeugt aber nicht.Schönen Dank.
Das Wort hat der Bundesminister des AuswärtigenDr. Frank-Walter Steinmeier.
Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister desAuswärtigen:Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es istlange her, dass die Abrüstung ein tagesaktuelles ThemahnsDihdgpdaagsldDdivrzleKdwsMnwueDeededgdgumwd
Leider werden sich nur wenige daran erinnern, aber esst noch nicht ganz vier Wochen her, dass ich hier im Ho-en Hause in einer Debatte über die Abrüstungspolitikarauf hingewiesen habe, dass wir vor einer notwendi-en, aber bevorstehenden Renaissance der Abrüstungs-olitik stehen. Die Bänke waren damals leider nur sehrünn besetzt. Im Übrigen hatte das Thema Abrüstunguch in den letzten Tagen bei öffentlichen Konferenzenußerhalb dieses Hauses keine Konjunktur. Darum ist esut, dass jetzt alle Parteien dem Thema die Aufmerk-amkeit schenken, die es nach meiner Auffassung schonänger verdient.Ich möchte deshalb hier noch einmal mit allem Nach-ruck sagen: Die Welt steht durchaus am Scheideweg.ie Zahl der Staaten, die Atomwaffen besitzen, ist seitem Kalten Kriege gestiegen. Immer mehr Staaten sindn der Lage, Atomwaffen zu bauen, und möglicherweiseersuchen auch terroristische Organisationen, sich Mate-ial für den Bau von sogenannten schmutzigen Waffenu besorgen. Manche Länder arbeiten an der Entwick-ung von Trägertechnologien, die auch in der Lage sind,uropäische Hauptstädte zu erreichen.Der entscheidende Unterschied zum Zeitalter desalten Krieges ist: Damals bedrohten sich praktisch nurie USA und die Sowjetunion mit solchen Waffen. Dasar vergleichsweise überschaubar. Vielleicht werdenich aber schon bald viel mehr Staaten in eine ähnlicheachtposition versetzen. Darin liegt die Gefahr einereuen Rüstungsspirale. Die Aussicht, dass dann irgend-ann einmal jemand auf den roten Knopf drückt, wärengleich größer als zur Zeit des Kalten Krieges. Darumrfüllt mich diese Entwicklung mit so großer Sorge.eshalb sage ich noch einmal: Wir brauchen dringendinen neuen Schwung für eine neue Abrüstungspolitik.
Das ist auch der Grund, weshalb ich mich seit demrsten Tage meines Amtes so dringend und intensiv umie Lösung des Irankonfliktes kümmere. Wenn der Iranines Tages in der Lage wäre, Atomwaffen zu besitzen,ann ginge die Gefahr nicht nur vom Iran aus. Im Ge-enteil: Das brächte viele der benachbarten Staaten iner Region in einen unmittelbaren Zugzwang. Das hätteanz unabsehbare Folgen für die Sicherheit in Europand auch für die Sicherheit in Deutschland. Deshalb darfan diese Büchse der Pandora nicht öffnen.
Wir erkennen am Beispiel Iran aber eben auch, dassir solchen großen Herausforderungen dieser Zeit wohloch nur gemeinsam werden begegnen können. Anders
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Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeiergesagt: Nicht nur beim Klimaschutz sitzen die Menschenvon Alaska bis Auckland und von Spitzbergen bis Süd-afrika in einem Boot. Darum noch einmal meine Posi-tion: Dauerhafter Friede in unserem Zeitalter basiert we-niger denn je auf militärischer Abschreckung, sondernauf der Bereitschaft zur Zusammenarbeit und zur Über-windung politischer Trennlinien. Darin liegt auch dertiefere Kern des Konflikts, über den wir heute reden.Die grundlegende Frage ist, mit welcher Strategie wiruns gegen neue Gefahren – etwa durch Raketentechnolo-gien oder Massenvernichtungsmittel – wappnen. DieUSA wollen dies im Kern wohl erreichen, indem sie ei-nen weltweiten Abwehrschirm errichten. In diesen Ta-gen wird in den Medien darüber berichtet, dass sie bereitsind, dafür beträchtliche Summen – bislang in der Grö-ßenordnung von mehr als 100 Milliarden Dollar – in dieHand zu nehmen.Oberstes Ziel unserer Anstrengungen hingegen warbisher, mit präventiver Diplomatie – das schließt Druckausdrücklich nicht aus – entsprechende Bedingungen zuschaffen, dass interessierte Staaten auf die Entwicklungvon Massenvernichtungsmitteln und möglichst auch Ra-ketentechnologien verzichten.
Das erfordert ohne Zweifel kluges und entschiedenesHandeln der Staatengemeinschaft, wie wir es im FallIran derzeit versuchen und wie es im Fall Nordkorea– Herr Hoyer hat darauf hingewiesen – vielleicht sogarzu ersten Erfolgen geführt hat.Das erfordert aber auch – ich beziehe mich ausdrück-lich auf den wegweisenden Artikel von George Shultz,William Perry, Henry Kissinger und Sam Nunn im „WallStreet Journal“ – klare Signale der Kernwaffenstaaten,dass sie es mit ihren Abrüstungsverpflichtungen aus demNichtverbreitungsvertrag ernst meinen,
statt durch unbedachtes Handeln die bestehende Abrüs-tungsarchitektur weiter erodieren zu lassen.Ich habe in der Tat nach der Münchner Sicherheits-konferenz festgestellt, dass die Zeit des Kalten Kriegesvorbei ist. Aber offenbar wirft er noch lange Schatten;sie tragen die Namen Misstrauen und manchmal auchSprachlosigkeit. Das zeigt der Streit um die geplante Sta-tionierung der amerikanischen Raketenabwehr in Polenund der Tschechischen Republik. Hier sehen wir, dassoffenbar alte Reflexe aus der Zeit des Kalten Krieges bisin unsere Zeit hinein Wirkung entfalten: in den USA, inRussland und auch in Polen. Ich empfehle in diesem Zu-sammenhang den Artikel von Henry Kissinger in derheutigen Ausgabe der „Herald Tribune“. Es ist, wie ichfinde, ein kluger Appell, sich in die jeweiligen Sicher-heitsinteressen und Bedrohungswahrnehmungen sowohlder russischen als auch der amerikanischen Seite einzu-fühlen. An diesem Verständnis, wie es in dem Artikelzum Ausdruck kommt, hat es, wie ich finde, in den letz-ten Wochen und Monaten gefehlt.knBDpgnGGRessatvAwbszdEdetsdasdnüzSnbDuwhWetPW–tt
Deutsche Außenpolitik zielt auf die Einheit Europas,ransatlantische Partnerschaft und strategische Partner-chaft mit Russland. Ein neuer Kalter Krieg zwischenen USA und Russland, auch wenn er nur mit Wortenusgetragen wird, schadet den Sicherheitsinteressen un-eres Landes. Darum appelliere ich auch an Russland,ie Gesprächsangebote aus Europa und den USA anzu-ehmen und wirkliches Interesse an dem Dialog auchber diese Frage zu zeigen.
Wir dürfen in einer solchen Situation natürlich nichtu optimistisch sein. Aber vielleicht kann aus einemtreit über die Raketenabwehr eine Chance werden,ämlich dann, wenn wir dieses Thema nicht zu isoliertetrachten, sondern in einen transatlantisch-russischenialog einbetten
nd im Rahmen dieses Dialoges ernsthaft darüber reden,ie wir mit den neuen Proliferationsbedrohungen umge-en sollen, die sich letztendlich nicht nur gegen denesten richten, sondern auch gegen Russland. Oder wies Hans-Dietrich Genscher schon vor 20 Jahren als Auf-rag der Außenpolitik verstanden hat: Arbeiten an einererspektive des Raums der Sicherheit von Vancouver bisladiwostok! Auf diese Perspektive weist Egon Bahrein anderes, in der Außenpolitik kaum minder bekann-es Geburtstagskind in diesen Tagen – in Reden und Ar-ikeln ebenso deutlich hin.
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Bundesminister Dr. Frank-Walter SteinmeierEine mögliche Antwort – ich betone: eine möglicheAntwort – könnte sein, dass wir erstens darüber nach-denken, ob ein gemeinsames System der Raketenabwehroder zumindest gemeinsame Anstrengungen – auch mitRussland – möglich und wünschenswert sind, dass wirzweitens gemeinsam und vor allem mit präventiverDiplomatie Proliferationsgefahren begegnen, wie in denFällen Iran und Nordkorea – auf die Anfangserfolgehabe ich bereits hingewiesen –, und dass wir uns drittensder Erkenntnis nicht verschließen, dass die Kernwaffen-besitzer eine Bringschuld haben, wenn die Zahl derKernwaffenstaaten nicht unkontrolliert ausufern soll.Der Nichtverbreitungsvertrag verpflichtet alle Kernwaf-fenbesitzer auf den Weg der Abrüstung. Jeder, der sichnicht daran hält, gefährdet den Nonproliferationsvertragin seiner Substanz.
Lassen Sie mich den letzten, den vierten Punkt erwäh-nen, der mir noch nicht hinreichend wahrgenommen zusein scheint. Die europäische Abrüstungsarchitektur, ander wir alle und unsere Vorgänger über Jahrzehnte gear-beitet haben, ist wohl ein wegweisendes Modell für an-dere Regionen auf dieser Welt. Wir dürfen dieses Er-folgsmodell nicht gefährden. Auch deshalb ist bei allenStationierungsentscheidungen besondere Sorgfalt amPlatz.Wir Deutsche haben ein strategisches Interesse daran,dass der Streit über die Raketenabwehr nicht eskaliert,sondern zum Ausgangspunkt für neues Vertrauen und ei-nen neuen Geist der Verständigung wird. Lassen Sie unsalso nicht um kleine innenpolitische Landgewinne strei-ten, sondern eine Diskussion führen, mit der die langfris-tige Sicherheit der Menschen in Europa und insbeson-dere in Deutschland gestärkt wird. Ich persönlich werdeim Streit über die Raketenabwehr alles für eine Lösungtun, mit der dieses Ziel erreicht wird.Vielen Dank.
Das Wort hat der Kollege Jürgen Trittin für die Frak-
tion des Bündnisses 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wirmüssen uns die Frage stellen: Worum geht es in dieserDebatte nicht? Es geht dezidiert nicht um die Frage, obüber die Raketenabwehr innerhalb der NATO diskutiertwerden soll. Das tut man, auch wenn man das vielleichtin der Pfalz erst in der letzten Woche bemerkt hat, schonseit Jahren, übrigens ohne Ergebnis, weil es keine Eini-gung in dieser Frage gibt.Wer heute sagt, dass wir darüber in den Gremien derNATO diskutieren müssten, hat sicherlich recht. Aber imKern ist das nichts anderes als ein Ablenkungsmanöver,das dazu dient, dass man in der konkreten Sache keinePosition beziehen muss. Zudem soll es ein Stück weitdavon ablenken, dass die Regierung bisher nicht denMGegUlas6eaSAbnsgvmUduhnguäveAUbAmrkOs–Akushtuu
Wir haben massive Zweifel an der Bedrohungsana-yse und große Bedenken, was die technischen Fragenngeht. Sie müssen sich einmal vorstellen: In Europaoll für einen dreistelligen Milliardenbetrag – die0 Milliarden Euro in den USA kommen noch hinzu –ine Raketenabwehr errichtet werden. Wenn aber mehrls zehn Raketen geschickt werden, dann ist es mit demchutz vorbei. Was ist das für ein Anreiz? Das ist einnreiz, aufzurüsten und sich mehr Raketen zuzulegen.Deswegen kann ich nur wiederholen: Die Nichtver-reitung von Atomwaffen und Raketentechnologie wirdur gelingen, wenn wir die legitimen Sicherheitsinteres-en der Staaten ernst nehmen und nach Wegen für eineemeinsame Sicherheit suchen. Das ist der Weg für eineerantwortliche Sicherheitspolitik. Angesichts dessenuss man sich natürlich die Frage stellen, warum dieSA beispielsweise den Iran – jenseits des Streits umie Urananreicherung – anders als Nordkorea behandelnnd warum es bis zum heutigen Tage über diese Sicher-eitsfragen keine direkten Verhandlungen gibt.Herr Außenminister, ich teile Ihr Plädoyer für eineeue Abrüstungspolitik, aber ich darf auch Folgendes sa-en: Sie hätten sich vielleicht ein bisschen deutlichernd ein bisschen eher zu der neuen Aufrüstungsrundeußern müssen, die gerade in Großbritannien – übrigenson einem Sozialdemokraten, nämlich von Tony Blair –ingeleitet worden ist.
uch hätten Sie anders und deutlicher zu der Frage desmgangs mit der atomaren Aufrüstung Indiens Positioneziehen müssen. Wer für Nichtverbreitung und mehrbrüstung anstatt Wiederaufrüstung ist, der darf die ato-are Aufrüstung Indiens nicht auch noch mit der Liefe-ung von Nukleartechnologie belohnen. An dieser Stelleönnen Sie Ihren Worten einmal Taten folgen lassen.der wie der Grieche zu sagen pflegte: Hic Rhodos, hicalta.
Wo Rhodos liegt, wissen Sie sicherlich.Es geht nicht um eine Neuauflage des Kalten Krieges.ber es ist klar, dass es über diese Frage eine lange Dis-ussion zwischen den USA und Russland gegeben hatnd Russland zu der Kündigung des ABM-Vertrags ge-chwiegen hat. Russland hat diese Kündigung faktischingenommen. Aber Sie können nicht ernsthaft behaup-en, dass die Entscheidungen der polnischen Regierungnd der tschechischen Regierung mit Blick auf den Irannd Nordkorea gefallen sind; natürlich sind sie mit Blick
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Jürgen Trittinauf Russland gefallen, was man im Hinblick auf die His-torie auch verstehen kann. So ist dies auch von Russlandempfunden worden. Hier ist Handlungsbedarf für Sie,Herr Außenminister, und für die Kanzlerin gegeben. Siekönnen nicht nach Polen fahren und diese Frage außenvor lassen. Welch ein Verständnis von gemeinsamerAußen- und Sicherheitspolitik ist es, wenn eine solcheFrage ausgeklammert wird?Die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik istdas Herzstück dessen, was wir mit dem europäischenVerfassungsvertrag gemeinsam erreichen wollen. AmWochenende werden wir den 50. Jahrestag der Römi-schen Verträge begehen. 50 Jahre Europäische Union be-deuten 50 Jahre Frieden. In dieser Zeit sind wir zu derErkenntnis gekommen, dass es Frieden und Sicherheit inEuropa nur in Zusammenarbeit gibt. Deswegen sind Sieaufgefordert, diese Frage mit allem Nachdruck auf dieTagesordnung der EU zu bringen. Anderenfalls wärenalle Bekenntnisse zu einer gemeinsamen Außen- undSicherheitspolitik Makulatur.Vielen Dank.
Das Wort hat die Kollegin Elke Hoff für die FDP-
Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undKollegen! Der Außenminister hat eben gesagt, er freuesich darüber, dass dieses Thema in diesem Hause mehrAufmerksamkeit gewinne. Nach meiner Auffassung,Herr Minister Steinmeier, hätten Sie diese Aufmerksam-keit auch schon im Jahre 2005 haben können, als die Er-gebnisse der von der NATO selbst in Auftrag gegebenenMissile Defence Feasibility Study vorgelegen haben, dieauf zwei Optionen abstellt. Heute diskutieren wir überetwas, was man als dritte Option bezeichnen könnte,nämlich das, was die Amerikaner mit ihrer eigenen Ra-ketenabwehr Europa und damit auch Deutschland anbie-ten.Eigentlich hätten Sie in Ihrer heutigen Darstellung derPosition der Bundesregierung auf konkrete Details ein-gehen müssen. Nach unseren Informationen wird es An-fang April ein Angebot der Vereinigten Staaten an dieNATO geben, sich an dem Raketenabwehrsystem zu be-teiligen. Der April steht schon vor der Haustür, und wirhätten heute erwarten können, dass hierzu eine Positio-nierung erfolgt.
Wir diskutieren heute über ein System, von dem ichnicht überzeugt bin, dass es schon heute technisch mach-bar ist. Ich bin auch der Überzeugung, dass wir bereitsim Jahre 2005 oder auch danach die Möglichkeit gehabthätten, uns in unseren Gremien, in den Fachgremien da-mit zu befassen, was letztendlich unsere Position undunsere Meinung zu einer Raketenabwehr ist, sei sie nuratgseFgTdVhkwmwnRAIwwpTEdnfdGNpeSwAcugtrEhdtsmfPt
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Ich darf Sie allerdings darauf hinweisen, dass die Posi-tion, die Kurt Beck zum Raketenabwehrsystem in derÖffentlichkeit vertreten hat, nicht meine Position, aberexakt die Position ist, die Ihr Bundesvorsitzender GuidoWesterwelle in dieser Frage eingenommen hat.
– Ich habe nicht gesagt, dass Sie weg sind, sondern ichhabe auf die Position verwiesen, die Sie in dieser Fragevertreten haben.
Ich teile auch das Bekenntnis zur Abrüstung und zurDiplomatie sowie das Bekenntnis, diese Frage in derNATO und in der Europäischen Union zu behandeln.Aber es ist falsch und zu Teilen bösartig, wenn man denVereinigten Staaten von Amerika unterstellt, es gebe indieser Frage zwischen ihnen und uns einen Dissens. DieVereinigten Staaten von Amerika haben diese Fragenämlich in der NATO behandelt. Wenn wir insbesondereunsere gemeinsamen Anstrengungen gegenüber demIran und Nordkorea betrachten, dann erkennen wir, dasses auch den Vereinigten Staaten von Amerika darauf an-kommt, weiteres Wettrüsten mit einer diplomatischenLösung zu verhindern.Hier geht doch einiges massiv durcheinander.
In Wirklichkeit haben wir es nicht mit einem, sondernmit drei verschiedenen Raketenabwehrsystemen zu tun:
mit zweien in der NATO, mit einem taktischen und miteinem strategischen – für das, wie die Kollegin Hoff zuRecht gesagt hat, bereits eine Machbarkeitsstudie vor-liegt –, und schließlich mit einem nationalen, dem derVereinigten Staaten von Amerika. Dieses Raketenab-wehrsystem der Vereinigten Staaten von Amerika sollzunächst einmal das amerikanische Festland schützen.Es kann deswegen nicht vollständig in die NATO inte-griert werden, weil die Vereinigten Staaten von Amerikaeben nicht nur NATO-Staat sind, sondern auch in ande-ren Regionen der Welt Sicherheitsgarantien übernom-men haben, zum Beispiel in Fernost.NdllsSrrgdnVdsdSsSlcIBgsdrszdacdgmksWvrkdnwisdAusSIb
n diesem Haus, auch seitens der Bundesregierung, istisher kein einziges Wort zu der massiven Bedrohung
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Eckart von Klaedender Tschechen und der Polen durch die russische Gene-ralität gesagt worden. Vielleicht begründet auch dieseBedrohung, warum die Loyalität der Polen und derTschechen gegenüber den Vereinigten Staaten von Ame-rika, von der der Kollege Trittin gesprochen hat, beson-ders groß ist. Wir sollten die Zone gemeinsamer Sicher-heit ernst nehmen und Drohungen, wie sie die russischeGeneralität gegenüber Tschechien und Polen ausgespro-chen hat, gemeinsam zurückweisen.
Das Wort hat der Kollege Paul Schäfer für die Frak-
tion Die Linke.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Au-ßenminister hat eine schöne Rede, eine eindringlicheRede gehalten.
Er hat gesagt, dass wir eine neue Abrüstungsdynamikbrauchen und dass wir keine neuen Spaltungen inEuropa gebrauchen können. Er hat von präventiver Kri-sendiplomatie gesprochen. Aber, Herr Außenminister,wir brauchen keine Abrüstungsrhetorik. Wir brauchenAbrüstungspolitik und konkrete Abrüstungsinitiativen;das ist der Punkt.
Sie haben von den Schatten des Kalten Krieges gere-det, mit denen wir es heute zu tun haben. Die taktischenAtomwaffen der USA auf deutschem Boden gehören ge-nauso wie die nukleare Teilhabe zu den Schatten desKalten Krieges.
Die Trident-Modernisierung, die die Briten jetzt vollzo-gen haben, ist eigentlich auch ein Relikt des Kalten Krie-ges. Hier müsste man doch gegenhalten. Die Bundesre-publik Deutschland hätte jeden Anlass, hierzu eineInitiative zu starten. Das vermisse ich bei Ihnen.Ich habe auch an anderer Stelle das Gefühl: Wir sindnicht in einem neuen Kalten Krieg, aber es gibt be-stimmte Dinge, die daran erinnern. Dazu gehört für michauch, dass wir schon fast wieder in einer fatalen Militär-logik zu sein scheinen, indem wir sagen: Es gibt die Ra-keten, es wird künftig noch viel mehr Staaten geben, dieRaketen, die Massenvernichtungswaffen haben; deswe-gen müssen wir dagegenrüsten. Es gibt diese Art Fatalis-mus schon fast wieder. Es gibt sozusagen Feindbildzu-schreibungen, sodass man von vornherein weiß, wer dieGuten und die Bösen sind.Wenn die USA eine Präventivkriegsdoktrin ent-wickeln und sagen, dass sie den Atomwaffeneinsatznicht ausschließen, dann ist das nach ihrer Auffassungnichts Bedrohliches. Aber vielleicht fühlen sich andereSrBgwzuwumssmwnkWk2scssAterGgumzddggtgsEstZbzDhgUtdM
Dass diese Logik nicht aufgeht, hat der amerikanischeeneral, der jetzt hier auf Werbetour war, auch deutlichemacht, indem er gesagt hat: Es geht darum, den Irannd andere Staaten im Vorhinein zu entmutigen, zu de-oralisieren, sodass sie sich überhaupt keine Raketenulegen. Das ist die naive Vorstellung, die dahinter steht,ie aber nicht aufgehen wird.Es geht nicht um die zehn Abfangraketen – dazu hater Kollege Gehrcke schon etwas gesagt –, sondern eseht darum, dass die USA mit Großbritannien, mit Geor-ien, möglicherweise mit einer Reihe von anderen Staa-en verhandeln. Der Vertreter des State Department hatesagt: Wir arbeiten mit einer Reihe von Staaten an die-em Raketenabwehrsystem; das ist ein globales Projekt.s geht also darum, Effektoren, Sensoren und Raketen-ysteme, gegebenenfalls auch weltraumgestützte Sys-eme, umfassend zu entwickeln. Ein Kommentator in dereitung hat zu Recht gesagt: Dahinter steht das Bestre-en der USA, ihre globale Rüstungsdominanz aufrecht-uerhalten, und nichts weiter.Das lassen sich die USA gegenwärtig 730 Milliardenollar kosten. Das ist ein Punkt, über den bislang über-aupt noch nicht diskutiert worden ist: Was kostet ei-entlich der Aufbau dieser Raketenabwehrsysteme? DieSA haben bislang 107 Milliarden Dollar darin inves-iert, allein für Forschung und Entwicklung. Was sollenie Installierung und der Betrieb dieser Systeme kosten?an geht von einem Mehrfachen dieses Betrages aus.
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Paul Schäfer
Das ist doch ein Wahnwitz. Man muss sich einmal vor-stellen, was mit dieser Summe für die Lösung der globa-len Probleme – von der Förderung regenerativer Ener-gien über vernünftige Wasserversorgung bis hin zurBekämpfung von Seuchen – geleistet werden könnte.Damit könnten auch Konfliktquellen ausgetrocknet oderKonflikte beseitigt werden.Ich finde, diese Rechnung muss in der Öffentlichkeitdeutlich gemacht werden. Wir müssen sagen, dass derEinstieg in ein solches Aufrüstungsprogramm Wahnsinnist. Wir raten Ihnen, deutlich zu sagen: Wir als Bundes-republik Deutschland machen hier nicht mit.Danke.
Das Wort hat der Kollege Walter Kolbow für die
SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Herr Kollege Trittin, die Bundeskanzlerin und auch derAußenminister haben dieses Thema bei ihren Visiten inPolen und in den Vereinigten Staaten von Amerika nichtausgeklammert. Sie haben es angesprochen. Sie haben esauch mit Kommentaren und Aufforderungen versehen.Wenn ich mich nicht täusche, ging eine der Aufforderun-gen dahin, dass man über dieses Thema diskutierenmuss, dass es in die Gremien der Bündnisse gehört unddass Alleingänge natürlich vermieden werden müssen.Der Außenminister hat betont, dass ungeachtet dergrundlegenden Akzeptanz von nationalen Verteidigungs-anstrengungen – diese Auffassung teile ich – Diskussio-nen erforderlich sind. Er hat dies ausgeführt und für dieBundesregierung begründet.Wir wissen aber auch, dass es, seitdem es Anstren-gungen gibt, den Traum der Unverwundbarkeit für Ame-rika zu verwirklichen und dabei auch anderen zu nützen,Fragestellungen gibt. Das ist seit SDI und seit der Natio-nal Missile Defense, NMD, der neuesten Initiative, be-kannt.Wir wissen, Herr Kollege Trittin, dass wir auch imZusammenhang mit der Debatte im Jahr 2001 – Sie anprominenter Stelle in der rot-grünen Bundesregierung,ich an nachgeordneter Stelle – unsere Anmerkungen hin-terlassen und gefragt haben, inwieweit Verteidigungsan-strengungen über ein Raketensystem wirksame vertragli-che Rüstungskontroll- und Abrüstungsregime tangieren,ob sie erhalten werden können, ob sie ausgebaut werdenmüssen. Und dies hat immer auch eine wirksame und ve-rifizierbare Verhinderung der Proliferation eingeschlos-sen.Wir haben damals wie heute darauf hingewiesen– diesbezüglich gibt es in diesem Hause sicherlich keineMeinungsverschiedenheit –, dass zur Vermeidung globa-ler und regionaler Rüstungswettläufe ein kooperativerAnsatz erforderlich ist, der Russland und, wenn man denglobalen Schirm in Betracht zieht, auch andere wie zumBeispiel China einbeziehen muss, dass die Pläne zu einermddtngdMicdbdswUirErsszlzAASabNtSeZfhamslnchdGamsdbwZeg
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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Teile dieser Debatte sind, wie die Frau KolleginHoff zu Recht festgestellt hat, tatsächlich ein wenig bi-zarr. Man fragt sich bei dem einen oder anderen Redner,was er uns heute eigentlich sagen wollte bzw. was derInhalt seiner Rede war. Das mag daran liegen, dass estatsächlich eine Menge offener Fragen zu diesem Pro-gramm, zur Zukunft dieses Programms und zur Gestal-tung dieses Programms gibt. Das mag möglicherweiseaber auch daran liegen, dass sich die eine oder andereFraktion, während von der Bundesregierung die Darle-gung eines klaren Meinungsbildes abgefordert wird, erstin einem so unbefriedigenden Maße eine eigene Mei-nung gebildet hat, dass dieses Bild insgesamt so entste-hen muss. Von daher geht es eher darum, eine Debatteanzustoßen, bei der wir uns noch einmal der grundsätzli-chen Frage annehmen, welche Gemeinsamkeiten beste-hen, und diese dann in der Debatte voranzutreiben.Andere Beiträge kamen in der Form eines leicht vor-gezogenen, bereits fleischgewordenen Ostermarschesdaher.
Herr Kollege Gehrcke und Herr Kollege Schäfer, esnutzt herzlich wenig, auf Diktionen und Begrifflichkei-ten zurückzugreifen, die in den 80er-Jahren eine Rollegespielt haben, und in dem Kontext von derzeit zur De-batte stehenden zehn defensiven Abwehrraketen vonRüstungswettlauf und Rüstungsspirale zu sprechen.
Man braucht schon sehr viel Fantasie, wenn man dieseDinge mit dem Volumen, das wir Anfang der 80er-Jahrehatten, in Zusammenhang bringt. Ich halte es für verant-wortungslos, in dieser Frage so vorzugehen.
Es ist zur guten Übung geworden, sich sehr undiffe-renziert gegenüber jeder Ausprägung amerikanischer Si-cherheitspolitik zu stellen. Es geht hier nicht darum, kri-tiklos zu sein. Es gibt auch für uns immer wieder Anlass,gegenüber außenpolitischen Entscheidungen der Verei-nigten Staaten Kritik zu üben. Das muss Teil unserer Po-litik und eigentlich auch unserer Außenpolitik bleiben.
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Ja, das mag wahr sein, Herr Gehrcke. – Aber dieseankbarkeit ist möglicherweise wechselseitig,
a auch Herr Putin Ihnen gegenüber Grund zur Dankbar-eit hat; denn Sie spielen jetzt exakt die Rolle, die Putinhnen zugedacht hat.
iese Rolle spielen Sie geschickt. Wir müssen sehr auf-assen – das sollten auch Sie beachten –, dass Sie nichturch Ihr Verhalten zum Vehikel russischer Spaltungsin-eressen in Bezug auf die europäische Geschlossenheiterden.
Das sagen Sie, Herr Schäfer. Ich bin nicht aufgerufen,as zu kommentieren. Aber so wichtig das deutsch-rus-ische Verhältnis, auch ein besonders ausgeprägtes,reundschaftliches deutsch-russisches Verhältnis, für unsst, so müssen wir doch alle sehr darauf achten, nicht nurm Rocksaum russischer Interessen zu hängen, sondernuch unsere eigenen, unsere europäischen Interessen zuefinieren. Da leisten Sie einen anderen Beitrag; dasestzustellen ist für uns sehr wichtig.Machen wir uns keine Illusionen: Wenn tatsächlichdas ist etwas, was wir von unseren russischen Freun-en durchaus einfordern dürfen – auch Wladimir Putinaran gelegen wäre, Aufrüstung zu vermeiden – das istin Ziel, das wir alle in diesem Hause teilen –, dannürde er konstruktiver auf bestehende Kooperationsan-ebote eingehen. Das dürfen wir nicht nur in Richtungereinigte Staaten einfordern, sondern auch gegenüberussland. Das fordere ich. Stattdessen werden Koopera-ionsangebote, die bestehen, auch seitens der USA,rüsk vom Tisch gewischt. Es werden Fantasiegebilde
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Karl-Theodor Freiherr zu Guttenbergüber mangelnde Konsultationen und Ähnliches aufge-baut, obwohl solche seit Jahren stattgefunden haben.Herr Trittin hat darauf hingewiesen.Herr Trittin, dabei ist mir auch noch wichtig: Ein Ab-lenkungsmanöver ist der Gang in die NATO derzeit mitSicherheit nicht. Er wird seit Jahren praktiziert und mussaufrechterhalten bleiben, da er weiterhin notwendig ist.Aber es geht darum, dass man die Konzepte zielführendmiteinander koppelt. Das wird Zeit brauchen, auch weilhier möglicherweise schon viele Chancen verpasst wor-den sind. Aber unser überragendes Interesse ist undbleibt, über Kooperation ein gemeinsames Sicherheitsin-teresse zu bedienen und die Partner einzubinden, diemöglicherweise Bedenken haben. Da sind die USA,Russland und alle europäischen Staaten gefordert. DieseKooperation kann durch eine Anbindung an die NATOund durch eine Koppelung unterschiedlicher Modelle er-folgen. Deswegen muss uns grundsätzlich nicht bangesein. Das Thema sollte kein innenpolitisches werden.Insbesondere sollte es nicht einseitig betrieben werden;denn so werden wir unserer Verantwortung nicht ge-recht.Herzlichen Dank.
Das Wort hat der Kollege Dr. Rolf Mützenich für die
SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Ich fände es gut, wenn wir bei dieser Debatte eine ge-wisse Gelassenheit zeigen würden; denn es ist wichtig,vernünftig zu überlegen. Es wäre auch gut, wenn dieseDebatte letztlich dazu beitragen könnte, dass auf der ei-nen Seite mehr Sachlichkeit erreicht wird, aber auf deranderen Seite auch die Sorgen betont werden.
Deswegen ist es richtig, sich zu fragen, worum esgeht, ob die europäische Sicherheit oder vielleicht sogardie strategische Stabilität tangiert ist und welche diplo-matischen Alternativen möglich sind. Ich denke, nie-mand hier im Saal glaubt ehrlich, dass die Raketenab-wehr, begrenzt auf Polen und Tschechien, wie sie zurzeitdiskutiert wird, die russischen Atomstreitkräfte bedro-hen würde. Das glaubt sicher auch Präsident Putin nicht.Andererseits muss man darüber nachdenken, dassdiese Raketenabwehr nur ein Teil ist; sie soll ja weltum-spannend sein. Deshalb sollte man durchaus, wie wir esvon Egon Bahr, aber auch von Hans-Dietrich Genschergelernt haben, mit Empathie versuchen, diplomatischeAktivitäten anzugehen. Das Bestreben der USA ist seitvielen Jahren, im Grunde seit dem Sputnik-Schock bzw.seit der Herausforderung durch die Kubakrise, unver-wundbar zu sein, ihr Territorium unverwundbar zu hal-ten. Das ist aber nicht das herausragende Problem. Dasherausragende Problem ist etwas anderes, nämlich dassdieses Bestreben zurzeit mit einer Militärdoktrin kombi-nwhPsamLAWMdsIdWhssfnimlTkwDsnmg–hvSTddwh
ir sollten darüber nachdenken, was wir dieser neuenilitärdoktrin entgegensetzen können.Sie haben eben behauptet, dass der Außenminister inen vergangenen Monaten zu wenig über Abrüstung ge-prochen hat und zu wenig auf diesem Gebiet getan hat.ch erinnere Sie in diesem Zusammenhang daran, dassiese Bundesregierung in Oslo einen Vertrag auf deneg bringen will, der ein Verbot von Streubomben bein-altet. Das ist eine gute Initiative.
Diese Bundesregierung hat es im letzten Jahr ge-chafft, dass alle – damals noch 25 – Staaten der Europäi-chen Union eine gemeinsame Position zum Atomwaf-ensperrvertrag eingenommen haben. Der Außenministerutzt die Präsidentschaft in der Europäischen Union undn der G 8, um auf das Thema Abrüstung aufmerksam zuachen. Ich gehe davon aus, dass wir in diesem Jahr Ge-egenheit haben, mit den betreffenden Staaten über dieseshema zu reden.Ich glaube also, wir tun gut daran, eine sachliche Dis-ussion zu führen. Wir sollten dabei nicht in die Wort-ahl des Kalten Krieges zurückfallen.
ie Antwort auf die Frage, ob ein Waffensystem offen-iv oder defensiv ist, bringt an dieser Stelle überhauptichts. Es kommt nämlich darauf an, auf welcher Seitean steht und wie man die Bedrohung wahrnimmt. Ichlaube, das ist die Herausforderung, die Präsident Putin vielleicht auch im eigenen Interesse – angesprochenat. Aber auch Akteure wie die Volksrepublik China undielleicht auch Indien und andere haben eine ähnlicheichtweise.
Entscheidend ist, dass sich der Bundestag mit diesemhema beschäftigt. Deshalb finde ich es gut, dass sichie Bundesregierung bereit erklärt hat, dafür zu sorgen,ass darüber in verschiedenen Gremien gesprochenird, nicht nur im Deutschen Bundestag, sondern inner-alb der NATO und auch innerhalb der Europäischen
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Dr. Rolf MützenichUnion. Warum nicht? Es sind ja nicht alle europäischenStaaten, die davon betroffen sind, Mitglied der NATO.Was ist die entscheidende Herausforderung? Der HerrBundesaußenminister hat in seiner Rede prominent an-gemerkt, dass der Atomwaffensperrvertrag stärker be-achtet werden muss. Es ist in diesem Zusammenhangwichtig, dass wir auf der Überprüfungskonferenz imJahre 2010 zu Fortschritten kommen. Der Bundesaußen-minister will ferner die Verbreitung von Raketen, wovonmittlerweile – das ist vorhin zu Recht angesprochen wor-den – 25 Staaten tangiert sind, durch ein neues Vertrags-regime verhindern. Außerdem fordern wir den Iran auf,seine militärischen Ambitionen im Rahmen seinesAtomprogramms aufzugeben.Wir Sozialdemokraten nehmen den Koalitionsvertragernst. Dort heißt es:Vertraglich abgesicherte Nichtverbreitung, Abrüs-tung und Rüstungskontrolle sind zentrale Anliegender deutschen Außen- und Sicherheitspolitik.Ich denke daher, Abrüstung ist die beste Raketenabwehr.Vielen Dank.
Das Wort hat der Kollege Hans Raidel für die Unions-
fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Angesichts Ihrer hervorragenden Rede, HerrBundesaußenminister, kann man sagen: Dies ist ein gu-ter Tag für die Abrüstung. Viele Irritationen wären viel-leicht vermeidbar gewesen, wenn diese Rede schon frü-her hätte gehalten werden können.Lieber Herr Mützenich, Sie kennen die Gedanken desHerrn Außenministers sehr genau. Es wäre sicherlichhilfreich gewesen, wenn dieses Gedankengut auch vonIhrer Partei hätte unterstützt werden können und wennmanche Irritationen der letzten Zeit außerhalb des Bun-destages hätten kanalisiert werden können.Aber das ist alles Schnee von gestern. Wir befindenuns auf einem hervorragenden Wege. Wir sollten die Ge-danken des Außenministers aufnehmen und sie in ent-sprechende Aktionen umsetzen. Ich empfehle – Einzel-heiten will ich mir ersparen – zwei hervorragendetechnische Ausarbeitungen Ihres Hauses, Herr Bundes-verteidigungsminister, die verteilt worden sind. Darinsind alle Einzelheiten über die jeweiligen Systeme dar-gestellt. Es gibt darin eine hervorragende Beschreibungder Missile-Defense-Flugkörperabwehrsysteme.Im Weißbuch, das herausgebracht worden ist, werdendie Sicherheitsinteressen Deutschlands beschrieben. Indiesem Zusammenhang ist die Sicherheitsvorsorge einganz wesentliches Element. Angesichts dessen, dass wirim Bereich der Flugkörperabwehr zum Handeln kom-men wollen, weil aufgrund von Machbarkeitsstudien dienztnRsssekbsEaSdWnBüitmmmSnga„didutcrwslgIshtüüdutnfdhsb
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Das Wort hat die Kollegin Ursula Mogg für die SPD-
Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Bei manchem Redebeitrag heute Nachmittag darf man
sich schon etwas verwundert die Augen reiben bzw. die
Ohren putzen, weil es sich doch tatsächlich um eine De-
batte handelt, die wir als Außen- und Sicherheitspoliti-
ker schon seit längerer Zeit führen, nämlich die Debatte
um die internationalen Abrüstungsbemühungen bzw.
über das Thema Raketenabwehr.
Ich gebe zu, dass es jetzt im Blätterwald ganz gewal-
tig rauscht. Dieses Rauschen im Blätterwald hat natür-
lich Auslöser, und zwar die Stationierungsentscheidun-
gen in Polen und Tschechien. Die Debatte ist zu sehen
im Kontext einer neu wahrgenommenen Bedrohung,
nämlich der Bedrohung aus dem Iran. Natürlich – das ist
schon mehrfach zitiert worden – wurde sie auch ausge-
löst durch die Rede von Präsident Putin in München. Wir
haben vor diesem Hintergrund aber auch jeden Grund,
die Aufgeregtheit wieder herunterzufahren und zum
Kern der Debatte zurückzukommen. Der Außenminister
hat sehr zu Recht darauf hingewiesen, dass darin auch
eine große Chance für die Themen, die wir miteinander
zu bereden haben, liegt. Worüber also müssen wir spre-
chen?
Wir müssen reden über Bedrohungsanalysen der USA
und über US-Interesse – das ist selbstverständlich. Wir
müssen sprechen über russische Perzeption und russi-
sche Interessen sowie natürlich auch über Auswirkungen
des Themas auf die strategische Stabilität. Wir müssen
miteinander sprechen über die Positionierung der NATO,
im Übrigen inklusive der politischen Zusage, die die
NATO Anfang der 90er-Jahre gemacht hat, keine Atom-
waffen und anderen strategischen Systeme in den ehe-
maligen Warschauer-Pakt-Staaten zu installieren. Wir
haben zu sprechen über die Korrelation zwischen US-
Projekten und den Arbeiten der NATO. Es ist noch völ-
lig unklar, wie wir das alles zusammenbringen können.
Wir haben zu sprechen über den Kontext der EU;
auch darauf ist hingewiesen worden. Wer wird die deut-
sche Verantwortung zurückweisen wollen, gerade vor
dem Hintergrund unserer aktuellen EU-Präsidentschaft
und darüber hinaus der Debatten, die wir im herausgeho-
benen deutschen und europäischen Interesse zu führen
haben? Es geht um eine gemeinsame Außen- und Sicher-
heitspolitik; auch das ist heute Nachmittag schon mehr-
fach unterstrichen worden.
Es geht um eine ehrliche Positionierung in der sicher-
heitspolitischen Welt des 21. Jahrhunderts. Wir leben
ganz offensichtlich unter anderen Bedingungen. Es geht
um die technische Machbarkeit; die Experten streiten be-
kanntlich darüber. Es geht um Abrüstung und darum,
eine neue Rüstungsspirale zu verhindern. Es geht im
Kern auch wieder um die Debatte, mehr Frieden mit we-
niger oder keinen Waffen – eine schöne Idee – zu för-
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Metadaten/Kopzeile:
8828 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 87. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. März 2007
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Das Wort hat der Kollege Jörn Thießen für die SPD-
Fraktion.
Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! 100 Prozent der Menschen in Europa sind auf
einen Schirm vorsorgender Sicherheit angewiesen; be-
dauerlicherweise interessieren sich 99 Prozent der Men-
schen nicht dafür, wie dieser Schirm hergestellt wird. Er
wird auf der einen Seite sicherlich militärisch herge-
stellt, mit viel Geld, mit viel Engagement. Auf der ande-
ren Seite wird ein Schirm von Sicherheit in unseren Ge-
sellschaften immer nur dann tragbar und sinnvoll sein,
wenn er die Mischung aus ziviler Entwicklung und mili-
tärischer Schutzfunktion erfüllt.
Wir, die SPD-Fraktion, begrüßen die Initiative unse-
res Außenministers Steinmeier, aus der Debatte um die
amerikanische Raketenabwehr eine gemeinsame sicher-
heitspolitische Position der NATO und damit eine leben-
digere NATO entstehen zu lassen. Die NATO ist eben
nicht – manche hätten das gerne – eine ältere Tante, de-
ren Stuhl man bei Familienfeierlichkeiten lieber auf die
Veranda stellen möchte.
Die NATO gehört in die Mitte der Diskussion. Die
NATO muss sich so fortentwickeln, dass sie – wie die
traditionelle deutsche Außen- und Sicherheitspolitik –
einen kooperativen, dialogorientierten Ansatz verfolgt.
Der Außenminister setzt sein ganzes, relativ ubipräsen-
tes Gewicht dafür ein,
dass dieser Ansatz auch im Zusammenhang mit der Ra-
ketenabwehr verfolgt wird. Wie ich höre, unterstützen
ihn dabei jetzt auch die Freien Demokraten nach Kräf-
ten. Dafür danken wir; denn das ist im deutschen Inte-
resse und zugleich eine globale Notwendigkeit.
Unsere gemeinsamen Bedürfnisse verlangen, dass die
Rüstungskontrolle weitergeht. Sie sollte im Sinne der ge-
meinsamen Sicherheit gemeinsam entwickelt und nicht
konfrontativ gegeneinander betrieben werden. Deswegen
begrüßen wir den jüngsten Beschluss des NATO-Russ-
land-Rates, bündnisübergreifende Gespräche über die
Raketenabwehr intensiv fortzusetzen. Der nächste Schritt
ist vereinbart: der Meinungsaustausch im NATO-Russ-
land-Rat unter Hinzuziehung von Experten aus den
Hauptstädten. Das ist richtig so.
Frau Kollegin Hoff, ich stimme Ihnen zu: Entweder
ist die Sicherheit Europas unteilbar oder sie besteht
nicht. Dass die Türkei, Griechenland, Italien, Südosteu-
ropa von dem geplanten Schirm nicht abgedeckt würden
– darum dreht sich die Diskussion –, ist nur die Hälfte
der Wahrheit. Die andere Hälfte der Wahrheit ist näm-
lich: Wir müssen uns darüber Gedanken machen, woraus
ein solcher effektiver Schirm besteht und wie wir ge-
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ass diese komplizierten Fragen in einem ruhigen und
ffenen Beratungsprozess erörtert werden müssen. Das
st Europas Stärke, und diese Stärke wenden wir an. Ein
unnelblick nach Osten oder ein Tunnelblick nach Wes-
en sind Reflexe des Kalten Krieges und in diesem Sinne
uch diesem Hause nicht angemessen.
Es wird unsere Aufgabe sein, alle Beteiligten im
uge zu behalten und, wenn es geht, gemeinsam an ei-
en Tisch zu bekommen, bis die Fragen geklärt sind. Wir
aben die Stärke, vermittelnd zu wirken, und zwar zwi-
chen dem Wunsch der Russen, an einem Abwehrschirm
eteiligt zu werden, und den amerikanischen Versuchen,
s doch lieber alleine zu machen, auch aufgrund des un-
er Umständen vorhandenen Misstrauens gegenüber
oskau. Das halte ich für unsere zentrale Aufgabe.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Die Aktuelle Stunde ist beendet.
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
rdnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf morgen, Donnerstag, den 22. März 2007,
Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen. Ich wünsche Ihnen noch
inen erfolgreichen Abend.