Gesamtes Protokol
Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die
Sitzung ist eröffnet.
Der Kollege Dr. Wolfgang Wodarg feiert heute sei-
nen 60. Geburtstag. Im Namen des ganzen Hauses gratu-
liere ich sehr herzlich und wünsche alles, alles Gute.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 24 a und 24 b auf:
a) Erste Beratung des von den Abgeordneten
Laurenz Meyer , Veronika Bellmann,
Klaus Brähmig, weiteren Abgeordneten und der
Fraktion der CDU/CSU sowie den Abgeordneten
Dr. Rainer Wend, Ludwig Stiegler, Christian
Lange , weiteren Abgeordneten und
der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs ei-
nes Zweiten Gesetzes zum Abbau bürokra-
tischer Hemmnisse in der mittelständischen
Wirtschaft
– Drucksache 16/4391 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
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Redet
Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss
b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wirtschaft und Tech-
nologie
– zu dem Antrag der Abgeordneten Laurenz
Meyer , Ilse Aigner,
Bellmann, weiterer Abgeordneter un
tion der CDU/CSU sowie der Ab
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Guten Morgen, Frau Präsidentin! Meine sehr geehrtenKolleginnen und Kollegen! Der Abbau von Bürokratieund die Suche nach besserer Regulierung da, wo sie nö-tig ist, ist einer der wichtigen Programmpunkte der Gro-ßen Koalition und der Bundesregierung. Jedes Übermaßan Bürokratie ist schädlich:
ntscheidungen werden verhindert oderit und Geld von Verwaltungen, von For-iberuflern, von Arbeitnehmern, von Un-den vergeudet.Veronikad der Frak-geordnetenacknang),Notwendige Everlangsamt. Zeschern, von Freternehmern wer
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8366 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 83. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. März 2007
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Parl. Staatssekretär Hartmut Schauerte
Bürokratie belastet mehr oder weniger, immer odermanchmal jeden Bürger.Politik, aber auch Wirtschaft und Gesellschaft sinddringend aufgefordert, alte bürokratische Zöpfe zurück-zuschneiden und neu entstehende, wo immer möglich,zu vermeiden. Über dieses Programm sind wir uns hierim Parlament im Prinzip einig. Ich denke, wir könnenauch angesichts der heutigen Debatte mit einigem Stolzsagen: Noch nie hat sich eine Bundesregierung so inten-siv von Beginn an mit diesem Thema beschäftigt wie diejetzige, von der Großen Koalition getragene Bundesre-gierung.
Wir sind systematisch an dieses Thema herangegan-gen: Wir haben das von vornherein im Koalitionsvertragverabredet und dann viele Baustellen gleichzeitig eröff-net. Wir haben das Standardkostenmodell entwickelt undmessen erstmals Bürokratiekosten. Wir evaluieren erst-mals, wie viel bürokratischer Aufwand und welche Kos-ten durch neue Gesetze entstehen. – Unser Vorgehen– das ist auch zwingend nötig – ist ganz praktisch ausge-richtet: Der Normenkontrollrat, der mittlerweile einge-richtet wurde, erklärt bereits vor der parlamentarischenBeratung eines jeden Gesetzes öffentlich, wie viel Büro-kratie damit verbunden sein wird. So können wir einequalifizierte Debatte über drohende neue Bürokratie undVermeidungsstrategien führen, weil wir wissen, worüberwir reden, weil wir etwas Handfestes auf dem Tisch ha-ben.Wir haben in der letzten Woche Abbauziele verabre-det: 25 Prozent bis zum 31. Dezember 2011. Das ist einmutiges Unterfangen; damit handeln wir sehr konse-quent. Wir bewegen uns mit diesem Zeitrahmen in demgleichen Rahmen, den beispielsweise die Engländer undHolländer in ähnlicher Situation gebraucht haben. Hierdarf es keine Schnellschüsse geben. Es handelt sich viel-mehr um einen kontinuierlichen, auch Zeit brauchendenProzess. Ich denke, dass wir damit gut aufgestellt sind.Dass sich Deutschland so intensiv mit dieser Fragebeschäftigt, hat auch Auswirkungen auf die Europäi-sche Union; denn auch da nimmt die Bereitschaft zu,das Thema ernst zu nehmen.
Von dort können wir in Zukunft ebenfalls mit festen Vor-gaben rechnen. Hier hat man sich das Ziel gesetzt, einenAbbau von 25 Prozent der Bürokratiekosten zu errei-chen, allerdings bis zum 31. Dezember 2012. Auch in al-len 16 Bundesländern wird sehr intensiv über die Fragedes Bürokratieabbaus in der jeweiligen Zuständigkeitgeredet und entsprechend gehandelt.Ich komme zu meiner Eingangsbemerkung zurück:Noch nie ist auf der politischen Ebene der Bürokratieab-bau so ernst genommen, so breit angelegt und so intensivvwfleBtsnFesmgs7swJkwdtnfdenttr5shenSisivhng1RzndwF
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8368 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 83. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. März 2007
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Sie stehen damit unter verschärfter Beobachtung. AberGlückwunsch zur neuen Funktion, die Ihnen übertragenwurde!Seit Jahren hat der Bürokratiewust zugenommen.Auch die sogenannte Große Koalition, die schwarz-roteRegierung, hat dem Mittelstand zunächst einmal kräftigeiniges übergestülpt: Bei den Betrieben wurden die So-zialabgaben 13-mal abkassiert. Mit dem Antidiskrimi-nierungsgesetz, das weiter gefasst wurde, als es die EUverlangt, wurden Bürokratie und Schwierigkeiten drauf-geknallt, und die Steuern wurden kräftig erhöht. – Dasalles sind keine Beiträge, es dem Mittelstand in Deutsch-land leichter zu machen.
Wenn Sie jetzt den Hebel umlegen und den Rück-wärtsgang im Hinblick auf die Bürokratie einlegen wol-len, ist das richtig und begrüßenswert. Was Sie aber bis-her vorlegen, kann man bestenfalls unter dem Motto„Kleinvieh macht auch Mist“ zusammenfassen. Die Bü-rokratielasten werden auf rund 50 Milliarden Euro ge-schätzt. Wenn man das, was Sie hier auf den Weg brin-gen, wohlwollend hochrechnet, macht das maximal60 Millionen Euro aus. Das ist etwa 1 Promille der Bü-rokratielasten, die die Fachleute, die Sachverständigenfeststellen. Das ist zwar relativ wenig; aber zumindestdie Richtung stimmt.
Ich empfehle Ihnen sehr, auch die Themen der Gene-ralunternehmerhaftung und der Bauabzugsteuer auf denWeg zu bringen. Die damit verbundenen Ziele warendurchaus ernst zu nehmen. Aber es hat sich herausge-stellt, dass eine Riesenbürokratie und wenig Effekte ent-standen sind. Schaffen Sie diese Steuer doch einfach ab!Wenn man merkt, man hat etwas falsch gemacht, dannsollte man es abschaffen und den Mittelstand nicht wei-tvMsedvzbBpIssdeswms–dfWdsElEbcvMtMsWSlsWwbbDJtd
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eswegen empfehle ich der FDP, in dem Prozess, in demir uns jetzt befinden, ein wenig mehr Demut zu zeigen.Ich finde, dass die Große Koalition in Sachen Büro-ratieabbau einen guten Prozess begonnen hat. Wir ha-en im letzten Jahr – Herr Schauerte hat darauf hinge-iesen – das erste Mittelstandsentlastungsgesetzerabschiedet. Damit haben wir eine Reihe von bürokra-ischen Regelungen, die gerade Kleinunternehmen undittelstand belasten, abgeschafft. Wir haben beispiels-eise die Grenze für die Bilanzierungspflicht von Unter-ehmen angehoben, und zwar von einem Umsatz von50 000 Euro auf einen Umsatz von 500 000 Euro.Nach dem ersten Mittelstandsentlastungsgesetz habenir etwas gemacht, wovon wir uns die größte Wirkungersprechen; das hat gerade der Staatssekretär angespro-hen. Es geht darum, dass wir die Bürokratiekosten dernternehmen, die aus ihren Berichts- und Dokumenta-ionspflichten gegenüber staatlichen Stellen entstehen,n Geld messen und anschließend mit klaren Zielvorga-en reduzieren wollen. Die Bundesregierung hat amittwoch beschlossen, diese Bürokratiekosten bis zumahr 2011 um 25 Prozent zu reduzieren. Es sind inzwi-chen über 11 000 Vorschriften identifiziert, die auf ihreosten hin zu untersuchen und anschließend zu reduzie-en sind.Ich habe eine freundschaftliche Bitte an die Bundes-egierung – alle Sozialdemokraten gehen freundschaft-ich mit der Bundesregierung um –:
ine Reduktion um 25 Prozent bis 2011 ist gut. Ichände es aber schön, wenn es uns gelingen würde, einiel bis zu den nächsten Wahlen in 2009 festzulegen. Esst immer leicht, etwas auf Kosten künftiger Bundesre-ierungen – wenngleich sie möglicherweise so aussehenie die jetzige; jedenfalls sollten die Sozialdemokratenaran beteiligt sein –
u machen. Noch besser aber fände ich es, wenn es unselingen würde, für diese Legislaturperiode ein festesiel zu vereinbaren.
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Dr. Rainer WendDas erste Mittelstandsentlastungsgesetz und der Nor-menkontrollrat, der die Umsetzung des Standardkosten-modells überprüfen soll, waren die ersten Schritte. Daszweite Mittelstandsentlastungsgesetz – der Staatssekre-tär hat bereits einige Punkte daraus genannt –, mit demwir noch einmal Erleichterungen bei der Bilanzierungs-pflicht vornehmen und Existenzgründern durch denWegfall von Dokumentations- und Berichtspflichten hel-fen, ist der dritte Schritt beim Bürokratieabbau.Nun kommt von der Opposition die Kritik – das ist,wie ich finde, auch ihre Aufgabe –, dies sei zu wenig.Ich finde, wir sollten uns im parlamentarischen Prozessoffen zeigen, an dem einen oder anderen Punkt weiterzu-arbeiten. Das Stichwort Generalunternehmerhaftungist genannt worden. Aber es ist ein bisschen komplizier-ter, Herr Kollege Brüderle, als Sie es dargestellt haben.Wahr ist, dass auf der einen Seite für die Generalunter-nehmer zusätzliche Belastungen entstehen, wenn sie fürSubunternehmer, die sie beauftragen, haften müssen.Auf der anderen Seite kann dieses Verfahren dazu beitra-gen, dass Versicherungsbeiträge von Subunternehmernregulär gezahlt werden und somit Schwarzarbeit be-kämpft wird. Das ist das Ziel dieses Gesetzes.Unsere Aufgabe ist es, zwischen den Zielen des Ge-setzes und den Maßnahmen, die wir eingeleitet haben,abzuwägen und zu beurteilen, ob sie in einem klugenVerhältnis zueinander stehen. Das müssen wir jetzt sorg-fältig prüfen. Anschließend müssen wir zu einer Ent-scheidung kommen, wie damit zu verfahren ist.Die SPD ist im parlamentarischen Prozess offen be-züglich möglicher Verbesserungen und Erweiterungendes zweiten Mittelstandsentlastungsgesetzes. Es gibtaber ein klares Nein der SPD zu vielen Dingen, die Siehier formuliert haben, Herr Kollege Brüderle, zum Bei-spiel zu dem, was Sie in Ihrem Antrag zu Kündigungs-schutz und betrieblichen Bündnissen geschrieben haben.Ich will Ihnen das einmal ohne Wenn und Aber sagen:Die SPD steht für bestimmte Regeln und will bestimmteRegeln in unserer Gesellschaft aufrechterhalten.
Wir sind vor 140 Jahren aufgrund ganz bestimmter Er-wägungen gegründet worden. Es gab damals den freienKapitalismus mit Kinderarbeit, ohne Kündigungsschutzund mit 60-Stunden-Woche. Jahr für Jahr, Jahrzehnt fürJahrzehnt wurden durch SPD und Gewerkschaften Re-geln geschaffen, die den freien Kapitalismus einge-schränkt haben, durch Kündigungsschutz und Tarifauto-nomie. Wir wollen, dass er in dieser Weise eingeschränktbleibt.
Ein Kernbestandteil unserer Programmatik ist dieTarifautonomie. Bevor es sie gab, wurden die Arbeits-bedingungen zwischen Unternehmern und einzelnen Ar-beitnehmern verhandelt; die Arbeitnehmer waren denUnternehmern faktisch ausgeliefert. Erst durch Grün-dung der Gewerkschaften und die Einführung der Tarif-autonomie gab es in etwa eine Gleichberechtigung zwi-schen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite bei derAushandlung von Arbeitsbedingungen.DsTgmfsaSzAedwSDMhrdrwgMnWlsdTdilbmbdKekLMe
eswegen war das, was wir in den letzten Wochen undonaten getan haben, richtig. Wir stehen dazu.Ich möchte etwas zum Briefmonopol sagen. Auchier teile ich Ihre Ausgangsposition, dass es gut undichtig wäre, auf europäischer Ebene einen Weg zu fin-en, um mehr Wettbewerb und eine stärkere Liberalisie-ung zuzulassen. Aber ich muss auf etwas hinweisen,orauf ich auch beim Thema Airbus schon zu sprechenekommen bin: Wenn einige Länder in Europa ihrenarkt geschlossen halten, dann kann es doch nicht ver-ünftig sein, dass wir sie einladen, in unserem Land amettbewerb teilzunehmen, solange wir nicht die Mög-ichkeit bekommen, unsererseits am Wettbewerb in die-en Ländern teilzunehmen. Diese Ungleichbehandlungürfen wir nicht zulassen.
Ich will in diesem Zusammenhang auch etwas zumhema Mindestlöhne sagen. Zunächst einmal danke ichem Minister; Herr Staatssekretär, vielleicht können Siehm das ausrichten. Ich habe nämlich in der Zeitung ge-esen, dass sich der Minister offen dafür zeigt, im Hin-lick auf die Entlohnung eine Untergrenze zu setzen – esuss ja nicht „Mindestlohn“ heißen; über Begrifferaucht man mit mir nicht zu streiten –, weil ansonstenie Unternehmen, wenn wir Langzeitarbeitslosen überombilöhne oder Ähnliches helfen wollen, Mitnahme-ffekte ohne Ende haben, weil sie die Löhne stark sen-en können, da sie damit rechnen können, dass dieöhne ohnehin staatlicherseits aufgestockt werden. Ihrinister ist auf dem richtigen Weg. Ich finde es gut, dassr das so formuliert hat.
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Dr. Rainer WendEs ist nicht richtig, dass sich der Wettbewerb im Post-bereich fast nur noch darum dreht, welches Unterneh-men die niedrigsten Löhne zahlt und die Postzustellun-gen in unserem Land unter den schlechtestenArbeitsbedingungen erledigt.
Wettbewerb finde ich gut. Aber ein Wettbewerb, der aus-schließlich um Dumpinglöhne und schlechte Arbeitsbe-dingungen geführt wird, ist für uns nicht akzeptabel. Wirwollen einen Wettbewerb um die Qualität von Leistun-gen.
Deswegen habe ich insbesondere an die FDP dieBitte: Lassen Sie uns den Bürokratieabbau gemeinsam inAngriff nehmen. Sie sollten aber nicht die Überschrift„Bürokratieabbau“ wählen und sie dann als „Abschaf-fung von Arbeitnehmerrechten“ buchstabieren. Dass wirin diesem Fall Ihr Gegner wären, muss Sie nicht betrü-ben. Aber dies würde auch dazu führen, dass Sie dasThema Bürokratieabbau diskreditieren und es in unsererGesellschaft nicht mehr mehrheitsfähig wäre. Deshalbsagt die SPD mit aller Kraft Ja zum Bürokratieabbau,aber genauso deutlich und mit aller Kraft Nein zum Ab-bau von Arbeitnehmerschutzrechten unter dem Deck-mantel des Bürokratieabbaus.
Das Wort hat die Kollegin Sabine Zimmermann,
Fraktion Die Linke.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Meine Damen und Herren! Erst einmal zu Herrn Wend:Herr Dr. Wend, ich fand es sehr wohltuend, von Ihnen zuhören, wie die Wurzeln der SPD einmal entstanden sind.
– Nein, Sie stehen nicht dazu, leider. Das Verhältnis zwi-schen der SPD und den Gewerkschaften ist sehr gestört.Das kann ich Ihnen sagen. Ich bin nämlich DGB-Vorsit-zende in der Region Vogtland-Zwickau.Uns alle – das verstehen Sie jetzt vielleicht nicht –verbindet einiges. Wir alle waren nämlich einmal Kin-der. Vielleicht kennen Sie noch die Geschichte von JimKnopf und dem Scheinriesen.
– Genau. – Je näher man dem Riesen entgegenkommt,desto kleiner wird er. Genauso verhält es sich mit demvorliegenden Gesetzentwurf der Großen Koalition. LautBundesminister Glos ist dieses Gesetz ein „Leuchtturm-projekt“ der Bundesregierung auf dem Gebiet des Büro-kratieabbaus. Schaut man sich das Zweite Mittelstands-ehkNsmeu1iUgskrrUdsDUEsmf3DSössZsssn32gnmDss
,7 Prozent Wachstum, seit Jahren nicht gehabt. Das istut und schön. Aber was nützt ein Wachstum, das immeroch an vielen kleinen und mittelständischen Unterneh-en vorbeigeht?
ieses Problem betrifft vor allen Dingen den ostdeut-chen Mittelstand. Ich zitiere den ostdeutschen Sparkas-enverband von letzter Woche:
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8372 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 83. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. März 2007
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Sabine ZimmermannDer wirtschaftliche Aufschwung ist noch nichtbeim ostdeutschen Mittelstand angekommen. Dasdurchschnittliche Wirtschaftswachstum von rund2,8 Prozent im Osten Deutschlands beschränkt sichauf die industriellen Kerne.Die jüngste Erholung, die die neuen Zahlen der KfW-Bankengruppe zeigen, erfolgt vor dem Hintergrund einerlangen Durststrecke. Und es ist keineswegs ausgemacht,dass diese Erholung anhält. Zum Beispiel stellt sich derZentralverband des Deutschen Handwerks für diesesJahr auf einen Wachstumsrückschlag ein.
Meine Damen und Herren der Großen Koalition, Sieveranstalten viel Brimborium um das Zweite Mittel-standsentlastungsgesetz. Anscheinend soll damit ver-deckt werden, dass diese Koalition auf die wirtschaftli-chen Probleme des Mittelstandes keine Antwort weiß.
Um den mittelständischen Unternehmen zu helfen,braucht es keine weitere Kostenentlastung und schon garkeine Steuerreformen, wie sie die Bundesregierung ge-macht hat und ankündigt. Der Mehrzahl der kleinerenund mittleren Unternehmen fehlen schlicht die Aufträge;das müssten Sie eigentlich wissen. Deswegen setzt sichDie Linke für eine Stärkung der Binnennachfrage ein.Dazu gehören auch ordentliche Lohnsteigerungen.
Herr Wend, wenn Sie so die Wurzeln der Arbeiterbewe-gung suchen, dann unterstützen Sie sicherlich auch dieLohnforderungen der Gewerkschaften.
– Das ist schön. – Denn höhere Löhne und damit mehrKaufkraft kommen vor allem den kleineren und mittle-ren Unternehmen zugute. Profitieren würde insbeson-dere der Einzelhandel, der – darüber haben wir noch garnicht geredet – völlig am Boden liegt.Ich fasse zusammen: Diese Große Koalition geht mitdem vorliegenden Gesetz das zentrale Problem des Mit-telstandes überhaupt nicht an. Denn die fehlenden Auf-träge werden hiermit nicht kompensiert. Die Linke for-dert ein umfassendes öffentliches Investitionsprogrammvon mindestens 30 Milliarden Euro
für die Zukunftsbereiche Energie, Bildung und kommu-nale Infrastruktur. – Es steht Ihnen frei, sich darüber auf-zuregen. Wir können gerne in kleiner Runde darüber dis-kutieren.Die von Ihnen vorgelegten Maßnahmen helfen denHunderttausenden KMUs in Deutschland nicht. DasMittelstandsentlastungsgesetz bleibt letztlich ein Schein-riese.Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 83. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. März 2007 8373
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Wir fordern deswegen, dass alle Gesetze überprüft wer-den und dass alle Bürokratiekosten auf den Prüfstand ge-stellt werden, nicht nur ein ganz kleiner Teil.Das Problem ist, dass Sie zwar groß blinken – es istChefsache –, sich aber nicht wirklich an den Bürokratie-abbau heranwagen. Ich nenne Ihnen ein anderes Beispielaus der letzten Zeit. Dieses Bürokratiemonster einesGesundheitsfonds ist von Ihnen selber an keiner Stellezur Debatte gestellt worden.DmsdBlSddllLhntdvrdcsSeazkWajlSdwAdSDibdtDn
eswegen fordert meine Fraktion im Zusammenhangit dem Bürokratieabbau einen parlamentarischen Aus-chuss – ähnlich dem Haushaltsausschuss –, der sich je-es Gesetz vornimmt und es nicht zulässt, dass sich dieundesregierung die Rosinen herauspickt und letztend-ich um die große Aufgabe drückt.
Die Arbeitsgemeinschaft Mittelstand hat Ihnen instammbuch geschrieben, dass es sich hier eher um re-aktionelle Änderungen handelt. Ich will nicht sagen,ass die einzelnen Änderungen überflüssig sind; natür-ich brauchen wir sie. Aber sie bringen uns nicht wirk-ich voran. Herr Glos hat gesagt, das Vorhaben sei eineuchtturm der Regierungstätigkeit. 0,075 Prozent – ichabe diese Zahl vorhin genannt –, das ist meiner Ansichtach ein ziemlich schwaches Licht für einen Leucht-urm. Ich befürchte, dass Ihr Projekt Bürokratieabbau anen Klippen zerschellt, wenn Sie so weitermachen.Schauen wir uns einmal genau an, was Sie uns allesorgelegt haben. Herr Wend, Sie selbst haben einge-äumt – das finde ich gut –, es fehle einiges. Sie habenas Problem der Generalunternehmerhaftung angespro-hen. Gestern haben wir über die Bauabzugsteuer ge-prochen. Im Hinblick auf das Erreichen des Ziels, diechwarzarbeit am Bau einzudämmen, müssen wir dientsprechenden Gesetze auf den Prüfstand stellen; dennnstatt Schwarzarbeit zu verhindern und Effekte zu er-ielen, sorgen sie in der Praxis offenbar für mehr Büro-ratie.
ir müssen mehr und umfassend über den Bürokratie-bbau nachdenken, und zwar auch über die großen Pro-ekte, die Sie still und heimlich unter den Tisch fallenassen wollen.An die Adresse der FDP, die sich immer wieder an diepitze der Bewegung stellen will, sage ich: Machen Sieoch mit bei der endgültigen Entschlackung der Hand-erksordnung! Wir waren hier schon weiter.
n die Adresse der Regierung sage ich: Machen Sieoch mit bei der modernen rechtlichen Gestaltung deschornsteinfegerwesens, anstatt das Gebietsmonopol ineutschland – ein Schornsteinfeger für eine Region, dasst vorsintflutlich – fortzuschreiben, sodass sich die Ver-raucherinnen und Verbraucher heute noch immer nichten Schornsteinfeger aussuchen können, den sie beauf-ragen wollen!
Das alles führt nur zu mehr unsinniger Bürokratie.as ist auch kein Verbraucherschutz, und das ist auchicht ökologisch, sondern das Gegenteil von all dem.
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8374 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 83. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. März 2007
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Frau Kollegin, Herr Kollege Hinsken würde gerne
eine Zwischenfrage stellen.
Ja, gerne.
Frau Kollegin Dr. Dückert, Sie gehören einer Fraktion
an, die von 1998 bis 2005 an der Regierung war. Würden
Sie mir bitte sagen, was speziell in dieser Zeit zur Ent-
lastung insbesondere des Mittelstandes von Bürokratie
unternommen wurde? Ich sage Ihnen gleich, wie ich es
empfinde: Es ist fast nichts geschehen. Jetzt geißeln Sie
– zu Recht – diese Bürokratiebelastung; aber wenn Sie
damals schon etwas in die Wege geleitet hätten, dann
hätte das dem Bürokratieabbau mehr gedient, und Sie
könnten etwas glaubwürdiger vor uns reden.
Lieber Kollege Hinsken, ich habe gedacht, dass Sie,
wie sonst üblich, nach der Handwerksordnung fragen.
Ich kann aufgrund Ihrer Geschichte verstehen, dass Sie
genau dieses große Projekt des Bürokratieabbaus nicht
geschätzt haben,
aber es war eines der größten Projekte zum Bürokratie-
abbau, die dem Mittelstand genutzt haben. Wir haben in-
folge dieser Verschlankung der Handwerksordnung er-
lebt, dass der Mittelstand mit Existenzgründungen und
einem Boom von Neugründungen reagiert hat. Ich
denke, etwas Besseres konnte man gar nicht tun.
Ich möchte zum Schluss kommen. Es ist sicher ver-
dienstvoll, dass das Thema jetzt in den Überschriften
steht. Es gibt einen irrsinnigen, historisch gewachsenen
Dschungel von Vorschriften, an die wir heranmüssen.
Die Strukturen müssen geändert werden. Ich habe die
Stichworte genannt: Der Bürokratie-TÜV, der Normen-
kontrollrat, muss sich um alles kümmern, um alle Ge-
setze, die hier diskutiert werden. Wir brauchen einen
Ausschuss im Parlament, der sich originär damit befasst.
Es ist wichtig, alle Kosten der Bürokratie auf den Prüf-
stand zu stellen und alle unsinnigen Auswüchse zu be-
seitigen.
Wir brauchen ein Arbeitsgesetzbuch, um den kleinen
und mittleren Betrieben in dem Dschungel der verschie-
denen Gesetze einen Wegweiser an die Hand zu geben.
Damit meine ich nicht – das sage ich auch in Richtung
FDP – den Abbau von Arbeitnehmerschutzrechten. Das
ist bei Ihnen immer das trojanische Pferd. Wir brauchen,
gerade was das Steuerrecht anbelangt, auf EU-Ebene
eine Vereinheitlichung der Bemessungsgrundlage. Das
würde uns viel bei der unübersichtlichen Steuergesetzge-
bung helfen. Meine Redezeit reicht jetzt nicht aus, um
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 83. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. März 2007 8375
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Diese Maßnahme hat also geholfen, und wir sollten da-rüber nachdenken, ob es nicht sinnvoll ist, diesen Wegweiterzugehen.Das CO2-Gebäudesanierungsprogramm bringt et-was. Es gibt schon heute in Deutschland große Pro-bleme, Sanierungsmaterialien zu bekommen. Beispiels-weise sind Dachlatten mittlerweile ein Mangelprodukt– ich kann das nicht nachvollziehen –; sie werden jetztaus Litauen importiert. Anscheinend funktioniert das sogut. Frau Zimmermann, das, was Sie gerade von sich ge-geben haben, waren die üblichen Sprüche, die man vonder Linken hört. Dies entbehrt jeglicher gründlicher Re-cherche. Gerade den mittelständischen Handwerksbe-trieben geht es aufgrund der Maßnahmen dieser Bundes-regierung so gut wie seit langer Zeit nicht mehr.
Die Existenzgründungsoffensive hat etwas gebracht.Wir haben die Förderungen neu gestaltet. Auch das istrichtig. Wir haben die Internetplattform Startothek ge-schaffen. Frau Dückert, all das hätten Sie ebenfalls ma-chen können.Wir straffen jetzt das Außenwirtschaftsgesetz, undwir werden dafür sorgen, dass die Mittelständler ver-mehrt in Auslandsmärkte eintreten. Genau das ist not-wendig; denn der heimische Markt allein ist auch fürviele Mittelständler mittlerweile zu klein.Wir haben eine Hightech-Strategie entwickelt, diebis zum Jahre 2009 mit immerhin 15 Milliarden Eurounterlegt ist. Wir müssen versuchen, dafür zu sorgen,dass in Deutschland neue Produkte auf den Markt kom-men. Diese Produkte müssen hier also nicht nur erdacht,sondern auch hergestellt werden.
Das ist eine Strategie dieser Bundesregierung. Ich haltesie für sehr richtig.Last, but not least: zwei ganz wichtige Reformen. Wirwerden eine Unternehmensteuerreform durchsetzen.
Ich hoffe, wir sind uns darüber einig, dass es darüberkeine Diskussionen geben sollte. Das gehört zur Glaub-würdigkeit unserer Politik.Genau so gehört es zur Glaubwürdigkeit unserer Poli-tik, dafür zu sorgen, dass der Unternehmensübergang imErbfall vernünftig geregelt wird. Wir haben den Entwurfeines Unternehmensnachfolgegesetzes in der Pipeline.Dieser Entwurf muss schnellstmöglich ins Parlament.WsuwEusbJednnvkIhKDbdgRZünwLsBmsgsDKvwpvddbBMFwwd
er Chef der Bundesagentur spricht von einem „Bilder-uchaufschwung“. Er sagt auch, dass das nicht nur miter milden Klimasituation zu tun hat, sondern dass dasanz klar Folgen des Wirtschaftsaufschwungs sind.Deswegen möchte ich eine Forderung an uns, an dieegierungsfraktionen, stellen. Bei diesen exzellentenahlen, die wir aus Nürnberg bekommen, sollten wirberprüfen, damit das nämlich so weitergeht, ob wiricht den Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherungeiter senken können. Für uns muss das Ziel sein, dieohnzusatzkosten weiter zu senken. Wir können wahr-cheinlich sehr bald – der Meinung bin ich – auf eineneitragsatz von 3,5 Prozent kommen; das sollten wir zu-indest anstreben.Herr Kollege Wend, es gibt ja in vielerlei Hinsicht zu-ätzliche Belastungen. Diese haben nichts mit der jetzi-en Situation, mit der Gesundheitsreform zu tun; sie re-ultieren aus den Altlasten. Die Belastungen sind groß.ie AOK Rheinland-Pfalz hat den Beitragssatz zurrankenversicherung um 2,2 Punkte erhöht. Wir müssenersuchen, meine ich, jeden Freiraum zu nutzen, um zueiteren Absenkungen zu kommen. Deswegen muss dieolitische Forderung hier ins Haus, in der Arbeitslosen-ersicherung jeden Spielraum zu nutzen, um das Geldenjenigen zurückzugeben, die gezahlt haben, nämlichen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und den Ar-eitgebern.
Ich halte es für notwendig, dass wir auf dem Weg desürokratieabbaus weitermachen. Wir werden ein drittesittelstandsentlastungsgesetz brauchen. Wir alle, allerauen und alle Männer, sollten darüber nachdenken,as dort zusätzlich aufgenommen werden kann; dennir können nicht warten, bis der Normenkontrollrat alleiese einzelnen Punkte abgearbeitet hat.
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8376 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 83. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. März 2007
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Dr. Michael FuchsFür mich gehört auch dazu, dass wir dem MittelstandGlaubwürdigkeit vermitteln – Glaubwürdigkeit durcheine vernünftige Steuerreform, Glaubwürdigkeit durcheine vernünftige Erbschaftsteuerreform, aber auchGlaubwürdigkeit, was die Diskussion über das berühmteThema Mindestlöhne angeht. Ich halte den Ansatz vonBundeswirtschaftsminister Glos genauso wie Sie, HerrKollege Wend, für richtig. Ich ärgere mich darüber, dassbeispielsweise Gewerkschaften so tun, als wäre es einSkandal, wenn da so geringe Mindestlöhne vereinbartwerden. Ich habe mir die Mühe gemacht, einmal heraus-zusuchen, wer denn diese Löhne vereinbart hat. Bei derFriseurinnung in Sachsen war es die GewerkschaftVerdi, die den Tarifvertrag mit 3,82 Euro abgeschlossenhat – ich habe den Tarifvertrag dabei und kann Ihnen daszeigen, wenn Sie mir nicht glauben – und ihn obendreinauch noch für allgemeinverbindlich in Sachsen hat erklä-ren lassen. Ich spreche Herrn Bsirske die Berechtigungfür sein permanentes Gejaule ab. Das kann nicht ange-hen.
Auf der einen Seite zu sagen, das würde man nicht zulas-sen, und auf der anderen Seite solche Tarifverträge abzu-schließen, das halte ich schon für sittenwidrig.
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
Kollegen Wend?
Aber selbstverständlich.
Herr Kollege Fuchs, stimmen Sie mit mir darin über-
ein, dass die Gewerkschaft Verdi den Tarifabschluss, den
Sie kritisieren, möglicherweise nicht deshalb getätigt
hat, weil sie glücklich darüber war, zu nur gut 3,80 Euro
abschließen zu können, sondern deshalb, weil die Kräf-
teverhältnisse so waren, dass es ihr nicht möglich war,
zu anderen Abschlüssen zu kommen? Solche Abschlüsse
sind ja immerhin noch besser, als wenn die Lohngestal-
tung völlig ungeregelt bleibt. Wäre das nicht ein gutes
Argument dafür, dass sich der Gesetzgeber fragen muss,
ob er bei der Entlohnung gerade im unteren Lohnbereich
nicht hilfreich sein muss?
Lieber Herr Kollege Wend, wenn eine Gewerkschaft
einen Tarifvertrag abschließt – ich habe selber über viele
Jahre Tarifpolitik gemacht und viele Tarifverträge per-
sönlich unterschrieben –, dann ist das immer ein Ausba-
lancieren der Situation, dann hat das immer auch etwas
mit der Produktivität in den einzelnen Bereichen zu tun.
Wenn man sagt, dies sei als Tariflohn nicht in Ordnung,
ist es meines Erachtens angezeigt, nicht zu unterschrei-
ben.
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arifverträge sind keine Versailler Verträge, sondern
erden ausgehandelt.
enn die Gewerkschaft das unterschreibt, dann hat sie
s auch zu verantworten. Diese Verantwortung erfordert
s dann auch, dazu zu stehen und nicht so zu tun, als
äbe es das nicht.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, lassen Sie uns
itte gemeinsam auf diesem Sektor weitermachen! Las-
en Sie uns bitte gemeinsam weiter versuchen, Bürokra-
ie abzubauen und den Mittelstand zu entfesseln! Er
ankt es uns, und er wird uns zusätzliche Arbeitsplätze
escheren; denn er ist der Jobmotor Nummer eins in
eutschland.
Vielen Dank.
Das Wort hat der Kollege Martin Zeil, FDP-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zum ei-en ist von der Machete für den Dschungel die Rede, dienderen sprechen von Leuchttürmen. Herr Staatssekretärchauerte, es ist sehr interessant, dass Sie verbal etwasbgerüstet und uns auf die ganz kleinen und zaghaftenchritte in diesem Gesetz eingeschworen haben. Ichlaube, damit haben Sie die Wahrheit besser getroffenls mit den ewigen großen Worten und Ankündigungen.Es ist gut, dass nach der Vorgabe der Trippelschrittpo-itik jetzt wenigstens einige von meiner Fraktion seitahren geforderte Schritte in dem Gesetz enthalten sind:ntlastung der Existenzgründer, Vereinfachung der Bi-anzierungspflichten und die Einführung der Datenüber-ragung für Arbeitgeberbescheinigungen. Das alles sindute Beispiele für kleine Schritte, die Sie wegen des of-enbar vorhandenen geistigen Tempolimits in der Koali-ion vor Kurzem aber noch abgelehnt haben.
Werfen wir doch einmal einen Blick auf die nüchter-en Zahlen: Eine Entlastung in Höhe von0 Millionen Euro ist schon genannt worden. Die Ge-amtbelastung liegt bei etwa 50 Milliarden Euro. Wennie in diesem Tempo pro Gesetz weitermachen und manerücksichtigt, dass Sie eine Kostensenkung von5 Prozent erreichen wollen, dann erkennt man, dass Sie
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Martin Zeilmöglicherweise mit dem 125. Mittelstandsentlastungs-gesetz am Ziel sein werden.
Sie schreiben schöne Worte:Unnötige Bürokratie und Überregulierung behin-dern unternehmerisches Engagement und wirt-schaftliche Dynamik.Niemand würde Ihnen da widersprechen. Im konkretenTeil machen Sie aber nicht entschlossen weiter. Dadurcherzielen Sie auch keinen spürbaren Effekt. Die Vor-schläge liegen ja vor. Sie sprechen von Offenheit imVerfahren. Allein der DIHK hat 66 Vorschläge vorge-legt, die erneut weitgehend unberücksichtigt bleiben. Ichwill einige Beispiele nennen:Erstens. Warum führen Sie bei der Buchführungs-pflicht denn nicht die Millionengrenze ein?Zweitens. Die Unternehmens- und die Erbschaftsteu-erreform sind schon genannt worden. Hier deutet sichan, dass alle Grundsätze der Steuervereinfachung undder Entbürokratisierung über Bord gehen werden. Eszeichnet sich ab, dass gerade die Personengesellschaftenzwar ihren Beitrag zur Gegenfinanzierung leisten, vonden tollen steuerbegünstigten Gewinnrücklagen und denAnsparabschreibungen aber kaum profitieren werden.Hier gibt es keine Planungssicherheit, und hier fehlt derImpuls für unternehmerisches Engagement und wirt-schaftliche Dynamik.Drittens. Herr Kollege Wend, ich will auch noch et-was zum Arbeitsmarkt sagen. Es ist immer schön, wennman sich die Pappkameraden gegenseitig vorhält. Siewerfen uns immer vor, wir wollten die Tarifautonomieund die Arbeitnehmerrechte abschaffen.
Finden Sie es denn wirklich richtig – wie neulich in Bay-ern wieder geschehen –, dass 230 Arbeitsplätze nicht ge-sichert werden konnten, weil es den Arbeitnehmern, dieeiner Vereinbarung mit 98 Prozent zugestimmt haben,nicht möglich war, ihre Rechte in die eigenen Hände zunehmen?
Viertens. Auch hinsichtlich einer durchgreifenden Re-duzierung der Statistikpflichten im Arbeits- und Sozial-recht herrscht Fehlanzeige. Sie begnügen sich letztlichmit einer Bonsai-Politik. Die Dinge werden nicht weiter-getrieben.Sie haben die 11 000 Informationspflichten genannt,und Sie schaffen neue. Zwischen dem Inkrafttreten desersten Mittelstandsentlastungsgesetzes und dem deszweiten heute haben Sie allein mit dem AllgemeinenGleichbehandlungsgesetz und der Gesundheitsreformwieder einen derartigen Bürokratieschub ausgelöst,dass Sie selbst das unternehmerische Engagement unddamtaugwsmgtDSKmkVwsndDWddgdddsaNwnBIe
enn man das in der Tarifautonomie nicht mehr aushan-eln kann, dann stellt sich in der Tat die Frage, ob wirieses System um das Instrument des Mindestlohns er-änzen müssen.Ich glaube, wir alle haben das Spektrum, in dem wiriese Bürokratiekostendebatte führen, hier erlebt. Aufer einen Seite ist da Die Linke. Ich war sehr überraschtarüber, was Sie hier gesagt haben. Sie haben die Ab-chaffung der Statistikpflichten für kleine Unternehmenls einen Angriff auf diese Unternehmen bezeichnet.ehmen Sie eigentlich nicht zur Kenntnis, dass mittler-eile 4 bis 6 Prozent des gesamten Umsatzes von klei-en und mittleren Unternehmen in Bürokratie fließen?ehaupten Sie, das würde diese Unternehmen freuen?ch kann mich nur darüber wundern, wie Sie sich hieringelassen haben.
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Christian Lange
Auf der anderen Seite ist da die FDP, die nach wie vorauf klassischen Manchesterkapitalismus setzt und diesein bisschen mit dem Thema Bürokratie bemäntelt.
Gerade Ihnen von der FDP sage ich noch einmal:Wissen Sie, was die Vorteile des Standardkostenmo-dells und des Normenkontrollrats auf diesem Weg, aufden wir uns jetzt begeben haben, sind? Wir sind aus deralten Diskussion heraus getreten, die aus den Schützen-gräben geführt wurde. Bei dieser Diskussion standen aufder einen Seite diejenigen, die die Arbeitnehmerrechteund die Tarifautonomie schleifen wollen. Auf der ande-ren Seite standen diejenigen, die deregulieren wollen.Ein Grund dafür, dass Sie von der FDP in den vergange-nen Jahren und Jahrzehnten gerade bei diesem Themaversagt haben, war der, dass wir uns in dieser Auseinan-dersetzung festgehakt haben. Erstmals gehen wir einenWeg dazwischen. Wir messen, was Dokumentations-pflicht und was Berichtspflicht ist. Wir messen, wasdiese jeweils kosten. Dieses Thema anzugehen und hieretwas abzuschaffen, ist das Ziel. Zugegeben, wir machenkleine Schritte, aber wir machen die ersten Schritte, unddas ist gut so. Diesen Weg werden wir fortsetzen.
Wir wissen, dass Bürokratieabbau mühsam ist. Mitdiesem zweiten Bürokratieentlastungsgesetz haben wirfür die Unternehmen 58 Millionen Euro und für die Ver-waltungen 5 Millionen Euro freigesetzt. Das ist schon et-was!Wir haben nun schon über vieles gesprochen. Jetztwill ich noch einmal den Fokus auf das Gesetzgebungs-vorhaben selbst lenken. Ich meine, das lohnt sich. Ichwill Ihnen sieben Beispiele dafür geben.Erstens zu den Existenzgründungen. Wir haben Exis-tenzgründer in den ersten drei Jahren von den statisti-schen Meldepflichten befreit. Davon sind 7 100 Exis-tenzgründerinnen und Existenzgründer in Deutschlandbetroffen. Für diese Unternehmen bedeutet das eine ge-schätzte Entlastung von 1,2 Millionen Euro.Zweitens zu den statistischen Erhebungen. Bei klei-nen Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten wer-den statistische Erhebungen auf drei Stichproben proJahr beschränkt. Davon sind 625 Unternehmen betrof-fen. Das sind nicht viele, aber es geht in die richtigeRichtung.Drittens. Für 33 000 kleinere Dienstleistungsunter-nehmen wird die vierteljährliche Befragung entfallen.Das bedeutet für diese Unternehmen eine Kostenerspar-nis von 3,5 Millionen Euro pro Jahr.Viertens zu einer besseren Strukturierung der Zusam-menarbeit. Die Zusammenarbeit von Bund und Ländernwird so bei der Förderung der regionalen Wirtschafts-struktur vereinfacht. Der Verwaltungsaufwand reduziertsich enorm. Davon sind jährlich rund 2 000 Förderfällebetroffen, bei denen die KMU-Betriebe zuletzt Investi-tionen in Höhe von insgesamt 2,7 Milliarden Euro aus-gsRmüdFsk2bmesn8rHddbgguDtizfHzZbrdihditowsFddHskb
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Lassen Sie uns den Weg weitergehen, Mittelstand undHandwerk zu entlasten, an den Zielsetzungen festzuhal-ten und zu überlegen, wie wir bessere Wege finden kön-nen, um es Handwerk und Mittelstand in Deutschlandleichter zu machen, dadurch Existenzgründungen zu för-dern, statt sie zu behindern. Ich denke, dann sind wir aufeinem guten Weg.Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Nächster Redner ist der Kollege Dr. Diether Dehm,
Fraktion Die Linke.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Herr Brüderle, bei Ihnen habe ich manchmal den Ein-druck, dass Sie zwar „Mittelstand“ sagen, aber eigentlichimmer nur die Konzerne und Großbanken meinen.
Das zeigt sich darin, dass Sie die Erbschaftsteuer ab-schaffen wollen. Wir als Linke sagen: Setzen Sie dieErbschaftsteuer rauf, aber erhöhen Sie den Freibetrag,damit es die Kleinen nicht und die Mittleren wenigertrifft.
Sie aber wollen die Erbschaftsteuer ganz abschaffen unddamit den Milliardären und Konzernen, den Großaktio-nären helfen. Dafür nehmen Sie das schön klingendeWort „Mittelstand“.
Weder in der EU noch in Deutschland gibt es eineneinheitlichen Mittelstand. 1 Prozent der Unternehmensind Großunternehmen, 1 Prozent sind mittelständischeUnternehmen. 7 Prozent der Unternehmen haben bis zu49 Beschäftigte. 91 Prozent sind Kleinstunternehmenmit bis zu 9 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Es gehtum diese Klein- und Kleinstunternehmen. Herr Fuchs,ich weiß manchmal nicht, ob Sie nicht sehr einseitig nurmit einer bestimmten Kategorie von Unternehmern ver-kehren, wenn Sie sagen: Denen geht es so gut wie nie. –Haben Sie noch nicht erlebt, dass es vielen Unternehme-rinnen und Unternehmern im Handwerksbereich inDmdwBbAgzkifSzdWHWKhbmwaDdkdmnvkcsnfFzdd
Haben Sie die Menschen noch nicht kennengelernt,ie überschuldet sind, dann ein Unternehmen haltenollen? Das ist ein entscheidender Punkt, mit dem sichürokratieabbau auseinandersetzen muss. Bürokratieab-au darf nicht zum Wortnebel werden, hinter dem diebhängigkeit der Kleinunternehmen von Konzernen un-ehemmt noch weiter verschärft wird.
Nehmen Sie einmal die Auto- und Elektronikkon-erne. Wo bleibt die Reparaturfreundlichkeit? Es gibtaum noch Reparaturmöglichkeiten. Fertigteile werdenrgendwo hergestellt, über Autobahnen oder Schiff-ahrtswege ins regionale Handwerk gebracht. Versuchenie einmal, einen elektrischen Fensterheber reparierenu lassen. Sie müssen gleich die Zentralverriegelung undie drei anderen Fensterheber mitreparieren lassen.
ir müssen per Gesetz die Konzerne zwingen, damit dasandwerk mehr Freiheiten hat.
er den Konzernen nicht Freiheiten nimmt, kann denleinunternehmerinnen und -unternehmern nicht Frei-eiten geben.
Nehmen Sie einmal die Abhängigkeit von den Groß-anken. Haben Sie jemals versucht, als Kleinunterneh-er ein Darlehen zu bekommen? Sie hätten da eine ent-ürdigende Bürokratie bei den Banken erleben können,uch bei den Sparkassen; denn auch diese stehen unterruck, zum einen weil die öffentliche Hand dadurch,ass sich die Großbanken der Steuerpflicht entziehen,aum Gelder mehr zur Verfügung stellen kann, zum an-eren weil durch Basel II die Kreditvergabe so regle-entiert wurde, dass man sagen kann: Ein Kleinunter-ehmer in Deutschland bekommt nur dann einen Krediton einer Bank, wenn er ihr lückenlos nachweist, dass ereinen braucht.Gerade die Kleinstunternehmer haben in den Berei-hen der sozialen Sicherung ähnliche oder sogar identi-che Probleme und Interessen wie die Arbeitnehmerin-en und Arbeitnehmer. Das gilt für die Alterssicherung,ür die Krankenversicherung und für die Absicherung imall der Arbeitsunfähigkeit.Die FDP hat zehn Punkte aufgeschrieben. Diese nüt-en nicht den Interessen des Mittelstands, sondern zielenarauf, den abhängig Beschäftigten zu schaden: Die For-erungen nach betrieblichen Bündnissen, nach Abbau
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Dr. Diether Dehmdes Kündigungsschutzes und nach dem Verzicht auf ge-setzliche Mindestlöhne wenden sich direkt gegen die In-teressen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer undihrer Gewerkschaften. Die Forderungen nach Privatisie-rung der Daseinsvorsorge und dem als Reform bezeich-neten Abbau der öffentlichen Sozialversicherungen ha-ben mittelbar dieselbe Stoßrichtung.Als Unternehmer weiß ich: Nicht ideologische Sprü-che und blumige Sonntagsreden helfen den Kleinunter-nehmen aus dem Joch der Energiekonzerne, der Groß-banken und der turbokapitalistischen EU-Pleitemaschinenamens Dienstleistungsrichtlinie und Neoliberalismus.
– Selbstverständlich hat auch in folgendem Punkt derKollege Wend recht; ihm habe ich schon vorhin im Zu-sammenhang mit den Monopolen zugestimmt: Die großeMehrheit derjenigen, die zum Mittelstand gezählt wer-den, haben keinen wirklichen Nutzen von den Vorschlä-gen der Koalition und der FDP.Wir sollten nicht Zwietracht zwischen den Kleinun-ternehmen und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiternsäen, sondern mit gezielter Mehrwertsteuersenkung, mitgesetzlichen Mindestlöhnen, mit echten staatlichen In-vestitionsprogrammen dafür kämpfen, dass die Mehrheitder Menschen, die Mehrheit der Arbeitnehmerinnen undArbeitnehmer sowie der Kleinunternehmer, wieder mehrGeld in die Hand bekommt, damit mittelständischeDienstleistungen und Produkte auch gekauft werdenkönnen.
Herr Kollege, schauen Sie bitte einmal auf Ihre Rede-
zeit.
Ich komme zum Schluss. – Vereinfachte frische Kre-
dite, aber vor allem ein kräftiger Kaufkraftzuwachs, das
ist das, was die Mehrheit der Arbeitslosen, die Mehrheit
der Arbeitnehmerinnen und der Arbeitnehmer und die
Mehrheit des Mittelstandes dringend braucht.
Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Das Wort hat der Kollege Alexander Dobrindt, CDU/
CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Sehr gehrte Damen und Herren! Herr Dr. Dehm, es isteigentlich kaum zu glauben, dass Sie sich als Unterneh-mer, der Sie ja offensichtlich sind, hier hinstellen und zu-sätzliche staatliche Lenkung fordern.WutaDgnsZ8EscnSAsswFwdemnzrewdrhmdlwpkidiwdss
ir wollen Freiheit, keine staatliche Gängelung. Das istnser Verständnis von Wirtschaftspolitik.
Ich begrüße es, dass wir uns in dieser Debatte auch in-ensiv über die Bedeutung des Mittelstandes und nichtusschließlich über den Bürokratieabbau unterhalten.ie gestern bekanntgegebenen Arbeitslosenzahlen bele-en die Fortsetzung des positiven Trends der letzten Mo-ate beim Abbau der Arbeitslosigkeit. Erstmals seitieben Jahren gibt es im Februar einen Rückgang derahl der Arbeitslosen und im Vergleich zum letzten Jahr26 000 arbeitslose Menschen weniger. Diese positiventwicklung wird maßgeblich vom deutschen Mittel-tand getragen. Deutschland ist wieder der wirtschaftli-he Gipfelstürmer in Europa. Der Bundeswirtschaftsmi-ister Michael Glos ist der Bergführer des Aufschwungs.o muss man das sehen.
Nicht nur die Arbeitslosigkeit geht zurück, auch dieusbildungslücke wird deutlich kleiner. Die Zahl derozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisseteigt. Die Unternehmer und Handwerker investierenieder. Dafür gibt es natürlich Gründe. Der Kollegeuchs hat die steuerliche Absetzbarkeit von Hand-erkerrechnungen angesprochen. Ich glaube, dass wiriesen Weg weitergehen müssen. Ich denke, dass überine Umsetzung des Vorschlags des Bundeswirtschafts-inisters nachgedacht werden sollte, nämlich zukünftigicht nur 20 Prozent von 3 000 Euro, sondern 25 Pro-ent von 4 000 Euro absetzbar zu machen. Das wäre einichtiger Schritt, den man verfolgen sollte. Wenn wir dierkennbare positive Stimmung nachhaltig unterstützenollen, müssen wir mehr Bürokratie abbauen, als wiras bisher getan haben.Die Bundesregierung ist unter dem Motto „Reformie-en, investieren, Zukunft gestalten“ angetreten. Daseißt, dass wir die Probleme, die wir haben, jetzt lösenüssen und sie nicht in die Zukunft verschieben und aufie nächste Generation verlagern dürfen. Anders formu-iert: Wir müssen das Zukunftsinteresse vor das Gegen-artsinteresse stellen. Das klingt vielleicht etwas kom-liziert. Aber der eine oder andere unter den Zuhörernennt vielleicht den Satz, der genau das ausdrückt, wasch damit meine, nämlich: Ich will, dass es meinen Kin-ern einmal besser geht als mir. – Das meine ich, wennch sage, dass das Zukunftsinteresse vor das Gegen-artsinteresse gestellt werden muss. Das ist die Politik,ie wir vorantreiben müssen, um Wachstum und Be-chäftigung auf hohem Niveau zu erreichen und Wohl-tand und Sicherheit in unserem Land zu gewährleisten.
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Alexander DobrindtDazu gehört, die Belastungen der Wirtschaft abzu-bauen. Das Institut der deutschen Wirtschaft hat festge-stellt, dass Bürokratieabbau bis zu 600 000 zusätzlicheArbeitsplätze in Deutschland bringen und neue Wachs-tumsimpulse setzen kann. Das zweite Mittelstandsent-lastungsgesetz, wie wir es heute beraten, ist ein Meilen-stein auf dem Weg dahin.
Damit ist das Ziel noch nicht erreicht – das ist heuteauch schon angesprochen worden –; aber es ist ein wei-terer Schritt auf dem Weg zu diesem Ziel.Wenn Sie über Bürokratieabbau reden, können Siefeststellen, dass Ihnen drei verschiedene Reaktionen Ih-rer Zuhörer entgegenschlagen: erstens Zustimmung. DieMenschen erkennen, dass es sich um ein wichtiges An-liegen handelt; denn viele sind persönlich sehr stark vonBürokratie betroffen. Zweitens gibt es Protest von einerReihe von Menschen, die sagen, es gehe sowieso nichtvorwärts; seit Jahrzehnten werde über Bürokratieabbaugeredet, aber es bewege sich nicht wirklich etwas; nurwieder einer mehr, der zu diesem Thema redet. Die drittemögliche Reaktion, die zu erkennen ist, ist die gefähr-lichste: Spott. Inzwischen ernten wir bei dem Thema Bü-rokratieabbau auch Spott, weil viele Menschen den Ein-druck haben, dass die Politik nicht mehr glaubhaftversichern kann, dass sie sich dem Bürokratieabbauwirklich widmet.Umso wichtiger ist es, dass wir Ziele formulieren.Deswegen begrüße ich ausdrücklich, dass wir das Zieldes Abbaus um 25 Prozent, das das Kabinett diese Wo-che beschlossen hat, ernsthaft angehen. Ich stimme aus-drücklich dem Kollegen Fuchs und dem Kollegen Wendzu, die gefordert haben, dass wir ein Ziel formulieren,das wir bis zur nächsten Bundestagswahl erreichen wol-len. Damit unterstreichen wir glaubhaft das, was wir denMenschen sagen: Wir machen Ernst mit Bürokratieab-bau.
Das zweite Mittelstandsentlastungsgesetz bietet,glaube ich, Herr Staatssekretär Schauerte, wesentlichambitioniertere Entlastungsmöglichkeiten, als in demGesetzentwurf aufgeführt wird. Ich glaube, dass die Ent-lastung sich nicht nur auf die genannte Summe belaufenwird, sondern eine Entlastungswirkung für die deutscheWirtschaft von weit über 200 Millionen Euro entfaltetwird. Außerdem muss man auch immer wieder daraufhinweisen, dass mit dem Bürokratieabbau für die Betrof-fenen eine spürbare Erleichterung verbunden ist, dieüber den finanziellen Aspekt hinausgeht.Sie haben angesprochen, dass die Existenzgründerin den ersten drei Jahren von den statistischen Melde-pflichten befreit werden. Jetzt kann man sagen, das seieigentlich eine Selbstverständlichkeit. Über diese Selbst-verständlichkeit diskutieren wir im Deutschen Bundes-tag seit Jahren.Age7dUmtePgzDPmnsidgwchAnnmbDgDs
uch von der Vorgängerregierung ist sie nicht in Angriffenommen worden. Jetzt endlich wird hier ein Ergebnisrzielt. Die Entlastungswirkung wird für die circa000 Unternehmen vor allem in der kritischen Phasees Aufbaus des Unternehmens spürbar, in der sich dernternehmer zum Beispiel um die Kundenakquise küm-ern muss. In dieser kritischen Phase hat eine Entlas-ungswirkung noch wesentlich mehr Bedeutung als zuiner späteren Zeit.
Herr Staatssekretär, Sie haben noch einen weiterenunkt angesprochen. Für Kleinunternehmen mit weni-er als 50 Beschäftigten wird es zukünftig eine Begren-ung auf maximal drei Stichprobenerhebungen geben.as klingt vielleicht nicht allzu ambitioniert. Aber in derraxis zeigt sich, dass es bei den Gutmütigen immerehr wird, dass sich bei denen, die auf Anforderung ei-en Statistikbogen nach dem anderen ausfüllen und dieich nicht dagegen wehren, das Ganze häuft. Deswegenst es wichtig, dass wir hier wirksame Regelungen fin-en.
Herr Kollege Zeil, ich will noch auf einen Punkt ein-ehen, den Sie angesprochen haben. Sie haben gefragt,arum wir nicht mehr bei der Buchführungspflicht ma-hen. Ich habe die entsprechende Stelle im Gesetzestexterausgesucht:… wird die steuerliche Buchführungspflicht verein-facht.Im Nachgang zur Erhöhung der Umsatzschwellefür die steuerliche Bilanzierungspflicht von350 000 auf 500 000 Euro im Ersten Mittelstands-Entlastungsgesetz erfolgt nun auch die Anhebungder Gewinngrenze von 30 000 auf 50 000 Euro.llein diese Maßnahme wird zusätzlich 200 000 Unter-ehmen in Deutschland entlasten, die zukünftig mit ei-er einfachen Einnahme-Überschuss-Rechnung auskom-en. Wir haben es im Programm; wir haben es gemacht.
Wir sind diejenigen, die die Bürokratie weiter ab-auen. Diesen Weg wollen wir gemeinsam weitergehen.Danke schön.
Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege
r. Michael Bürsch, SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-en! Wenn ich die 90 Minuten dieser leidenschaftlichenebatte zum Bürokratieabbau zusammenfassen soll, sotelle ich fest: Alle reden von Bürokratieabbau, aber
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Dr. Michael Bürschviele verstehen darunter sehr Unterschiedliches. Ich willam Schluss der Debatte den Versuch machen, einegrundsätzliche Betrachtung über den Bürokratieabbauanzustellen und den Blick darauf zu weiten.Wir müssen zwei Fragen beantworten. Erste Frage:Wo entsteht Bürokratie, wer sind die Verursacher, wersind die Täter und die Opfer? Zweite Frage: Was könnenwir dagegen tun?Ich danke Frau Dückert ausdrücklich für den hervor-ragenden Hinweis: In einem Rechtsstaat sind materielleVorschriften, festgelegte Verfahren und Informations-pflichten grundsätzlich ein unverzichtbarer Bestandteileiner funktionierenden Gesellschaftsordnung. Das mussman als Ausgangspunkt deutlich formulieren. Wenn manmanche Reden der FDP wörtlich nimmt, dann kommtman zu dem Ergebnis: Alle Steuern und alle Gesetzemüssen weg; dann geht es uns wunderbar; das ist das Pa-radies auf Erden.
Aber so ist es nicht, Herr Brüderle.
Ich sage es einmal deutlich: Nicht Regulierungs- undVerwaltungsverfahren an sich sind das eigentliche Übel,sondern die Überdosierung sowohl inhaltlicher als auchverfahrensmäßiger Art, die dann zu zu viel Bürokratieführt.Dieses Grundverständnis vorausgesetzt, will ich Ih-nen nun erklären, wie Bürokratie entsteht. Wir habenheute Morgen im Grunde nur über Gesetze geredet undhaben uns den Schuh angezogen, alle Schuld auf uns zunehmen, indem wir von uns sagen: Wir sind die Täter,weil wir zu viele Gesetze schaffen. Ich sage Ihnen: Dasist eine sehr verkürzte Sicht. Sicherlich entstehen Büro-kratie und Verwaltungsaufwand durch Gesetze unddurch Standards, die wir setzen.Ich gebe dazu ein Beispiel aus jüngster Zeit, das zeigt,dass die Verwaltung zu Bürokratie beiträgt, nämlich dieFahrradverordnung des Bundesministeriums für Ver-kehr, Bau und Stadtentwicklung vom 17. Januar 2006.Dort wird der wunderbare Versuch unternommen, einFahrrad zu definieren:Fahrräder … sind alle Fahrzeuge mit mindestenszwei Rädern, die durch die Muskelkraft des Fahrersoder der Fahrer mit Hilfe von Pedalen oder Hand-kurbeln angetrieben werden.Kinderfahrräder, Kinderroller und ähnliche nichtmotorbetriebene, zum Gebrauch durch Kinder be-stimmte Fortbewegungsmittel sind nicht Fahrräderim Sinne dieser Verordnung.Das ist wunderbar; das schafft Klarheit. So muss es aber,ehrlich gesagt, nicht sein.
Ein Beispiel muss auch die Bundesregierung ertragen.azldsgkdtkgdshtdsddKdgABaBmvbnumBdgvAhGfufdsspmmskaSns
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Ich werbe sehr dafür, dass die Verwaltung ihre Auf-gabe stärker darin sieht, Ermessensspielräume auszu-nutzen, und dass sie nicht den „Doktor Kontrolletti hochdrei“ an den Tag legt. Wir könnten sehr viel mehr Büro-kratieabbau erreichen, wenn aufseiten der Verwaltungerkannt wird: Ich muss nicht eine doppelte und dreifacheKontrolle in jede Verästelung hinein vorsehen. Ich be-greife mich nicht als Verwalter, sondern als Gestalter deröffentlichen Dinge. Das ist vielleicht eine Art neue Ver-waltungskultur. Aber ich sage Ihnen: Es geht.Wo dies besonders eine Rolle spielt, ist der Bereich,der mich sehr beschäftigt: der Bereich des Ehrenamtsund des bürgerschaftlichen Engagements. Ich könnte Ih-nen Hunderte, Tausende von Fällen nennen, Ihnen sie-ben, acht, zehn Aktenberge auf den Tisch legen, um Ih-nen zu zeigen, welche Hürden es in dem Bereich desEhrenamts, des freiwilligen Engagements, gibt, diewirklich nicht nötig sind. An dieser Stelle appelliere ichausdrücklich an die Verwaltung, zu erkennen: Ich kanndas entscheiden. Niemand wird mich festnageln oder mireinen Schadenersatzprozess an den Hals hängen, wennich zugunsten des Engagements weniger bürokratischentscheide.Fazit von alledem: Der Abbau von Bürokratie istnicht allein Sache des Gesetzgebers, obwohl auch er ge-fordert ist. Einiges ist auf den Weg gebracht worden.Heute ist viel von Bonsais, Bergführern, kleinen undgrößeren Leuchttürmen gesprochen worden. All das istrichtig. Auf diesem Wege muss es vorangehen. Genausorichtig finde ich den Normenkontrollrat.Das Gesamtprojekt betrifft aber die Gesellschaft, denStaat und die Wirtschaft. Wir müssen zusammenwirken.Das ist eine Gesamtaufgabe. Ich stelle mir vor: Wirkönnten gemeinsam eine Leitlinie für das GesamtprojektBfwbewndDsTslC„dEStddnsWeLG
Fischer , Eckart von Klaeden, AnkeEymer , weiterer Abgeordneter und derFraktion der CDU/CSU sowie der AbgeordnetenDr. Herta Däubler-Gmelin, Gert Weisskirchen
, Niels Annen, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der SPDFür eine Politik der gleichberechtigten Part-nerschaft mit den afrikanischen Ländern– Drucksache 16/4414 –Überweisungsvorschlag:Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und TechnologieVerteidigungsausschussAusschuss für Umwelt, Naturschutz und ReaktorsicherheitAusschuss für Menschenrechte und Humanitäre HilfeAusschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit undEntwicklungAusschuss für die Angelegenheiten der Europäischen UnionHaushaltsausschussb) Beratung des Antrags der Abgeordneten ThiloHoppe, Ute Koczy, Kerstin Müller , weite-
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Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastnerrer Abgeordneter und der Fraktion des BÜND-NISSES 90/DIE GRÜNENAfrika auf dem Weg zu Demokratie und nach-haltiger Entwicklung unterstützen– Drucksache 16/4425 –Überweisungsvorschlag:Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und TechnologieVerteidigungsausschussAusschuss für Umwelt, Naturschutz und ReaktorsicherheitAusschuss für Menschenrechte und Humanitäre HilfeAusschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit undEntwicklungAusschuss für die Angelegenheiten der Europäischen UnionHaushaltsausschussc) Beratung des Antrags der AbgeordnetenHüseyin-Kenan Aydin, Heike Hänsel,Dr. Norman Paech, weiterer Abgeordneter undder Fraktion der LINKENFür eine Afrikapolitik im Interesse der afrika-nischen Bevölkerungsmehrheit– Drucksache 16/4410 –Überweisungsvorschlag:Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und TechnologieVerteidigungsausschussAusschuss für Umwelt, Naturschutz und ReaktorsicherheitAusschuss für Menschenrechte und Humanitäre HilfeAusschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit undEntwicklungAusschuss für die Angelegenheiten der Europäischen UnionHaushaltsausschussNach einer interfraktionellen Vereinbarung sind fürdie Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ichhöre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Bundes-außenminister, Dr. Frank-Walter Steinmeier.
Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister desAuswärtigen:Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gründefür eine Afrikadebatte in diesem Hause gibt es reichlich.Ich freue mich, dass die Fraktionen des Deutschen Bun-destages Anlässe für eine solche Debatte geschaffen ha-ben. Ich bin Ihnen dankbar dafür. Ich bin Ihnen dankbar,dass wir die Debatte jetzt führen; denn 2007 ist in der Tatein wichtiges Jahr für Afrika. Ich weiß nicht, ob Sie wis-sen, dass Ghana fast auf den Tag genau vor 50 Jahrenunabhängig geworden ist und damit einen historisch ein-maligen Prozess der Dekolonialisierung, und zwar un-umkehrbar, eingeleitet hat.Schauen wir heute auf dieses Land: Ghana zeigt ge-rade mit der Bereitschaft, den Vorsitz in der Afrikani-schen Union zu übernehmen, seine Entschlossenheit,auch künftig als Pionier in Afrika voranzugehen. Das,was wir jetzt sehen, ist in diesem Jahr wichtig. In diesemJahr haben wir allein in Westafrika bis zu elf Wahlenvor uns, darunter die ganz besonders wichtige Präsident-schaftswahl in Nigeria, die ganz sicher – egal wie sieangDNduneenmAElsSdndEgnrAeMetulIsehawoJsnrawAbF
Ich sage das, obwohl ich die Probleme kenne: Elendnd Bürgerkrieg in manchen Regionen dieses Konti-ents. Aber es gibt eben auch die positiven Zeichen. Ichrinnere mich, dass Thabo Mbeki Ende der 90er-Jahreine „Afrikanische Renaissance“ gefordert hat. Ich erin-ere mich, wie viele darüber gelächelt haben. Was da-als noch als Träumerei galt, ist heute in vielen Teilenfrikas politische Realität geworden. Sie kennen dasngagement vieler afrikanischer Staaten in der Entwick-ungspartnerschaft NEPAD, in der sie zeigen, dass sieich zu mehr Demokratie und Transparenz verpflichten.ie haben den Prozess der letzten Jahre mitverfolgt, inem sich die Afrikanische Union mehr und mehr zu ei-er handlungsfähigen Gemeinschaft entwickelt hat.
Was zeigt das? Afrika hat sich aus meiner Sicht aufer Weltbühne zurückgemeldet – nicht nur als bloßermpfänger von Entwicklungstransfers, sondern als Mit-estalter unserer gemeinsamen globalen Zukunft. Ichenne nur – Sie haben das aus jüngster Zeit in Erinne-ung – die Gastgeberrolle Kenias beim Weltsozialforumnfang dieses Jahres. Die Umweltpolitiker unter Ihnenrinnern sich an die Weltklimakonferenz Ende 2006.ir liegt fachlich sehr viel näher die positive Rolle, dietwa Ghana und Südafrika im Gouverneursrat der In-ernationalen Atomenergiebehörde gespielt haben, auchnd gerade bei der Behandlung des immer noch nicht ge-östen Konflikts mit dem Iran.
ch meine, all das zeigt: Die Staaten Afrikas wollen ge-talten, nehmen das Leitmotiv „African Ownership“rnst und sind bereit, sich über ihren eigenen Kontinentinaus aktiv einzubringen.Was ich über die politische Entwicklung sage, giltuch – vorsichtig gesehen – für die wirtschaftliche Ent-icklung. Nach den Wachstumsraten, die seit zweider drei Jahren relativ stabil sind und sich in diesemahre offensichtlich so fortsetzen, können wir mit einemoliden Wirtschaftswachstum des afrikanischen Konti-ents von im Durchschnitt immerhin 5 bis 6 Prozentechnen. Ich weiß, dass ein Großteil dieses Wachstumsuf die hohen Rohstoffpreise zurückzuführen ist. Icheiß auch, dass die Gründung von Wachstum nur aufusbeutung von Rohstoffressourcen seine eigenen Pro-leme mit sich bringt. Wirtschaftlich gesehen zeigen dieakten: Afrika ist – Sie alle wissen das – für private In-
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Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeiervestoren interessanter geworden, zumal für asiatischeund insbesondere für Investoren aus China.Für die politische wie für die wirtschaftliche ZukunftAfrikas wird ganz entscheidend sein, dass der eben an-gesprochene positive Reformkurs fortgesetzt wird. Dasgilt ganz sicher politisch und auch beim Ausbau der Bil-dung, bei dem wir viel helfen müssen. Es gilt aber auchwirtschaftlich; auch dort brauchen wir eine Fortsetzungder Reformen. Denn Sie alle wissen oder ahnen: Nurwenn es gelingt, dass ausländisches Kapital und aus-ländisches Know-how nach Afrika kommen, werden wirArmut auf diesem Kontinent wirksam und nachhaltig be-kämpfen können.
Nur wenn das gelingt, dann wird die Jugend diesesKontinents und damit die Hälfte der Einwohner Afrikaseine Zukunft in ihrem eigenen Land sehen. Nur dannkönnen politische und wirtschaftliche Institutionen auf-gebaut und erhalten werden, solche Institutionen, die inder Lage sind, Herausforderungen wie Aids, regionaleund innerstaatliche Konflikte, Urbanisierung und Migra-tion wirksam anzugehen und hoffentlich auch zu meis-tern. Meine Damen und Herren, wir in Deutschland bzw.in Europa insgesamt wollen Afrika auf seinem Weg indie Zukunft partnerschaftlich begleiten. Das sollte dieBotschaft sein, die von der heutigen Debatte ausgeht.
Deutschland und die Europäische Union haben mitihrem Engagement zur Absicherung der Wahlen imKongo gezeigt, dass sie bereit sind, Verantwortung zuübernehmen und die Partnerschaft, von der ich eben ge-sprochen habe, mit Leben zu füllen. Ich habe, als wirschon einmal über den Kongo diskutierten, gesagt: Einenachhaltige Stabilisierung gerade der Region der GroßenSeen wäre ein Meilenstein für die Entwicklung Afrikasinsgesamt.Natürlich müssen wir auch Gefahren und Krisenherdeaußerhalb dieser Region weiter im Fokus behalten. Esgeht nicht nur um den Kongo. Wir unterstützen auch dieForderung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen,die Möglichkeiten der Afrikanischen Union im Sudanschlagkräftiger zu machen und sie mittelfristig mit denAnstrengungen der Vereinten Nationen zu verknüpfen.Die Europäische Union wird weitere Mittel freigebenbzw. freigeben müssen, damit die Finanzierung der AU-Kräfte sichergestellt werden kann. Am kommendenMontag werden wir im EU-Außenministerrat darüberberaten.Natürlich werden wir die sudanesische Regierung an-halten müssen, sich viel stärker als bisher zu einer politi-schen Öffnung bereit zu erklären. Ich freue mich, dassmein ehemaliger schwedischer Kollege Jan Eliasson indieser Region unterwegs ist und versucht, neue und jetztendlich belastbare Absprachen und Vereinbarungen zwi-schen den unterschiedlichen Rebellengruppen und derRnsabsrisv1shrÜbngdgtvdESSssgsnddeDusntusFß
Was ich über den Sudan gesagt habe, könnte ich inbgeschwächter Form auch über Somalia sagen. Wir ha-en uns in diesem Jahr erneut mit der Situation in die-em Land beschäftigen müssen. Hierzu sage ich: Militä-ische Präsenz allein wird die Probleme nicht lösen. Siest kein Ersatz für eine politische Lösung, die wir in die-em Land dringend brauchen.Auch auf europäischer Ebene habe ich die Auffassungertreten: Wenn wir, wie gerade geschehen,5 Millionen Euro für die Bemühungen der Afrikani-chen Union freigeben, dort einigermaßen stabile Ver-ältnisse sicherzustellen, dann muss das unter der Vo-aussetzung geschehen, dass die somalischebergangsregierung bereit ist, den politischen Prozesszw. den innerstaatlichen Versöhnungsprozess wirklichachhaltig einzuleiten.
Gott sei Dank kann Deutschland in diesem Jahr auf-rund seiner EU- und G-8-Präsidentschaft ganz beson-ere Akzente setzen; Frau Wieczorek-Zeul wird dazuleich aus der Perspektive der Bundesregierung berich-en. In der Europäischen Union tun wir das, indem wirersuchen, in diesem Jahr endlich die Hindernisse ausem Weg zu räumen, die in der Vergangenheit einemU-Afrika-Gipfel im Wege gestanden haben.Im Hinblick auf die internationalen Aktivitäten, dieie alle beobachten, müssen Sie sich einmal vorstellen:eit nunmehr sieben Jahren gab es zwischen der Europäi-chen Union und den afrikanischen Staaten keine Zu-ammenkunft auf Gipfelhöhe, also auf der Ebene der Re-ierungschefs. Die Gründe dafür sind bekannt. Wir ver-uchen nun intensiv, und zwar gemeinsam mit derachfolgenden portugiesischen Ratspräsidentschaft,iese Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Wir wollen,ass in der zweiten Jahreshälfte, ungefähr im September,ndlich ein solcher Gipfel möglich wird.
Schließlich komme ich auf die G-8-Präsidentschafteutschlands zu sprechen. Ganz bewusst haben wir sienter das Motto „Wachstum und Verantwortung“ ge-tellt. Wir werden mit besonderer Beachtung der afrika-ischen Staaten – der afrikanischen Staaten, die als Leis-ungsträger gelten – die dortigen Reformprozessenterstützen. Wir wollen die Kapazitäten der Afrikani-chen Union und der Regionalinstitutionen im Bereichrieden und Sicherheit weiter ausbauen. Ziel ist aus au-en- und sicherheitspolitischer Sicht, dass es uns lang-
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Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeierfristig gelingt, in Afrika eine umfassende eigene Sicher-heitsstruktur zu schaffen.
Die Zeiten, in denen afrikanische Staaten als Bittstel-ler behandelt wurden, gehören – ich möchte sagen: Gottsei Dank! – der Vergangenheit an. Afrika, in all seinerVielfalt und Dynamik, ist längst wichtiger Partner ge-worden. Ich bin überzeugt: In einer Welt, die immer stär-ker zusammenwächst, die sich zum globalen Dorf entwi-ckelt, brauchen wir ein starkes, ein handlungsfähigesAfrika, ein Afrika, das gleichberechtigt und auf Augen-höhe wahrgenommen wird.Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Das Wort hat die Kollegin Marina Schuster, FDP-
Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin-nen und Kollegen! 900 Millionen Menschen,54 heterogene Staaten, zwölf Minuten Redezeit für dieFDP und sechs Minuten Redezeit für mich – das zeigtauch, dass Afrika, verglichen mit anderen Themen in derPolitik, immer noch zu wenig Beachtung bekommt.
Deswegen begrüße ich es sehr, dass wir heute zu dieserStunde, in der Kernzeit, diese Debatte führen.Aktuell gibt es zahlreiche Herausforderungen: Den-ken wir an den Konflikt am Horn von Afrika, vor demwir noch im Dezember gewarnt hatten; denken wir andie Lage in Darfur und an die Flüchtlingsdramen an denSüdgrenzen der EU! Diese Konflikte zeigen, dassAfrika längst im Zentrum internationaler Interessensteht. Die Konflikte erhalten ihr teuflisches Potenzialmeist im Windschatten ganz anderer Interessen: InDarfur geht es natürlich auch um Öl. In Somalia geht esum Sicherheitsinteressen, um den eritreisch-äthiopi-schen Konflikt. Im Kongo geht es seit Jahrzehnten umknappe, wertvolle Rohstoffe.Die Bedeutung Afrikas in der Welt hat in den letztenJahren zugenommen. Deshalb ist es wichtig, dass wirAfrikapolitik nicht immer nur mit einem rein entwick-lungspolitischen Ansatz verfolgen.
Die hierzulande weitverbreitete Ansicht, dass Entwick-lungshilfe und wirtschaftliches Engagement einen Ge-gensatz darstellen, hilft dem afrikanischen Kontinentnicht. Deutschland kann sein Engagement in Afrika aus-bauen, politisch und wirtschaftlich. Ich begrüße aus-dAsbIddaaSdddWadMddsrVsdePtiAbswnfzshMAIzRwret
Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Verantwor-ung für Afrika ist nicht nur interessengeleitet – sie istnteressen- und werteorientiert. Die Verpflichtung zurrmutsbekämpfung, zur Konfliktprävention, zur Hilfeeim Kampf gegen Aids und Hunger und beim Umwelt-chutz – all das resultiert aus unserer natürlichen Verant-ortung. Wir möchten auf dem Weg zur Stabilität, zu ei-er rechtstaatlichen Gesellschaftsordnung und einerreien und demokratischen Zivilgesellschaft Unterstüt-ung zur Selbsthilfe leisten.
Mit dem höheren Stellenwert Afrikas gehen ver-tärkte Anstrengungen für diese Aufgaben vor Ort ein-er. Eine konkrete Forderung richtet sich an Sie, Herrinister Steinmeier: Notwendig ist die entsprechendeusstattung der deutschen Botschaften.
ch habe schon mehrfach darauf hingewiesen. Die Rück-ugspolitik, die wir bei den Botschaften in Afrika unterot-Grün erlebt haben, war – das muss deutlich gesagterden – verheerend.
Die Ausstattung der Botschaften ist noch heute unzu-eichend. Wenn zum Beispiel eine deutsche Botschaft ininem afrikanischen Land mit drei politischen Mitarbei-ern auskommen muss, in der französischen oder briti-
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Marina Schusterschen Auslandsvertretung sind es hingegen zehn bis 14,dann bedeutet das, dass wir uns auf das Operative be-schränken und dass das Konzeptionelle vernachlässigtwird.Erlauben Sie mir abschließend noch eine Anmerkungzur politischen Zusammenarbeit. Die AfrikanischeUnion hat die Möglichkeit, sich langfristig zum politi-schen Zentrum Afrikas zu entwickeln. Der Aufbau unddie finanzielle Absicherung der AU schreiten jedoch nurlangsam voran. Wenn wir es mit dem Konzept des„African Ownership“ ernst meinen, dann müssen wir dieAU stärker als bisher unterstützen, und zwar finanziell,personell, beim Aufbau der Organisation und beimKnow-how-Transfer.Was die Sicherheitskomponente anbelangt, kann esnicht sein, dass wir die AU einerseits als „security pro-vider“ einsetzen wollen und sie dann andererseits imwahrsten Sinne des Wortes in der Wüste stehen lassen.Denn das unterminiert unsere Glaubwürdigkeit und dieder AU.
Kofi Annan hat in seinen letzten Wochen als UN-Generalsekretär der deutschen Bundesregierung nocheine gewaltige Aufgabe mit auf den Weg gegeben. Er hatfestgestellt, dass es für die Entwicklung des afrikani-schen Kontinents – insbesondere in Subsahara – ent-scheidend auf die deutschen Präsidentschaften ankom-men wird, weil wir unsere Bemühungen intensivierenund bündeln müssen.Ich wünsche mir, dass sich aus den verstärkten Bemü-hungen der deutschen Präsidentschaften spätestens inHeiligendamm ganz Konkretes ergibt, nämlich Taten.
Nächster Redner ist der Kollege Eckart von Klaeden
für die CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen!Mit den Worten „Die Menschlichkeit der Welt entschei-det sich am Schicksal Afrikas“ hat BundespräsidentKöhler in seiner Vereidigungsrede am 1. Juli 2004 deut-lich gemacht, welche zentrale Bedeutung Afrika nichtnur für uns, sondern auch für die internationale Politikhat.Das Bild Afrikas hat sich geändert. Zwar bestimmenHunger, Armut, Unterentwicklung, Krieg und Bürger-kriege, zerfallende Staaten, Flüchtlingsströme, massiveMenschenrechtsverletzungen und nicht zuletzt Aids-epidemien nach wie vor das Bild Afrikas. Das Brutto-sozialprodukt aller Länder südlich der Sahara entsprichtetwa dem Argentiniens. Von 51 am wenigsten entwi-ckelten Ländern der Welt liegen 42 in Afrika. Aber esgibt auch ein vorwärtsgewandtes, Optimismus ausstrah-lendes und dynamisches Afrika. Deswegen besteht füruns die Gelegenheit, die bereits vorhandenen AnsätzefnnsssDlsgAErcSMneNktlFrgdnrwdadzEdUuhSIFdgTdb
Wenn wir über die Asymmetrien im Handel spre-hen, dann sollten wir darauf achten, den afrikanischentaaten mehr Möglichkeiten zu bieten, auf unsereärkte zu exportieren. Wir sollten aber auch die afrika-ischen Staaten ermuntern und ihnen helfen, selbst fürin geeignetes Investitionsklima zu sorgen.
ach wie vor prägen Rechtsunsicherheit, Staatsgläubig-eit und Überregulierung die meisten Wirtschaftssys-eme in Afrika. Traditionen belasten zudem die Entwick-ung. Beispielsweise können in vielen Ländern Afrikasrauen, auf deren Schultern häufig die Landwirtschaftuht, das bewirtschaftete Land nicht erben mit der häufi-en Folge, dass sie nach einem Erbfall verelenden undas Land brachliegt. Einige afrikanische Staaten – leideroch nicht genug – haben diese Defizite erkannt.Die Integration in die Weltwirtschaft ist eine Vo-aussetzung für die Entwicklung Afrikas. Dabei solltenir die afrikanischen Staaten ermuntern, sich stärkerem Aufbau regionaler Märkte zu widmen, als primäruf den notwendigen, jedoch nur mühsam zu erreichen-en Abbau von Handelsbarrieren der industriellen Weltu warten.
in wesentlicher Erfolg unseres Landes besteht darin,ass ein großer Teil unserer Exporte in die Europäischenion geht, dass also unsere wirtschaftliche Kraft undnser Wohlstand vor allem vom regionalen Handel ab-ängen. Ich finde, dieses Beispiel sollte auch in Afrikachule machen.Was gehört zu einem strategischen Blick auf Afrika?ch will drei Punkte nennen: erstens die Sicherung desriedens, zweitens Afrika als Partner bei der Gestaltunger Globalisierung sowie drittens Ressourcen- und Ener-iesicherheit.Die große Gefahr besteht darin, dass die in weiteneilen Afrikas herrschenden Konflikte über die Grenzenes Kontinents hinaus wirken und auch uns unmittelbaretreffen. Im Herzen Afrikas, an den Großen Seen, in
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Eckart von KlaedenTeilen Westafrikas und am Horn von Afrika ist in denvergangenen Jahren und Jahrzehnten eine explosiveMixtur aus sozialer Verelendung, Werteverfall, wirt-schaftlichem Niedergang, Rechtlosigkeit, politischemZerfall und exzessiver Gewaltanwendung entstanden,die in ihren verheerenden Folgen der uns nur zu gut be-kannten Entwicklung in Afghanistan in den 90er-Jahrenähnelt. Politische Instabilität sowie Armut und Hoff-nungslosigkeit stellen eine große sicherheitspolitischeGefahr dar. Internationale Waffen – und Drogen – sowiekriminelle Kartelle und transnationale Terroristen ma-chen sich diese Umstände bei Operationen, Rekrutierungund Finanzierung – Beispiele sind Blutdiamanten oderColtan – zunutze und verschärfen diese Konflikte in ih-rem Interesse.Es gibt leider nach wie vor genügend Anzeichen da-für, dass Somalia und andere Konfliktregionen Afrikasnicht nur Quellen des transnationalen Terrorismus wa-ren, sondern zum Teil noch sind. Ich will in diesem Zu-sammenhang daran erinnern, dass Osama Bin Laden, be-vor er nach Afghanistan ging, sein Terrornetzwerk vomSudan aus geführt hat. Deshalb ist es richtig, dass wirden Aufbau des Terrorismusbekämpfungszentrums derAU in Algier unterstützen.Es kommt insbesondere beim Aufbau der Sicher-heitsstrukturen in Afrika auf das an, was man so schönAfrican Ownership nennt. Am 31. Januar 2007 warenweltweit über 82 000 Polizisten und Soldaten im Rah-men von Missionen der Vereinten Nationen im Einsatz.Eine Rekordzahl! Davon waren allein in Afrika55 000 Polizisten und Soldaten eingesetzt. Die afrikani-schen Länder stellten 18 000 Polizisten und Soldaten fürdiese VN-Missionen zur Verfügung. Das ist ein beein-druckender Beitrag. Nichtsdestotrotz ist der Saldo Afri-kas bei der Herstellung der eigenen Sicherheit – im Ver-gleich zu 55 000 auf dem afrikanischen Kontinenteingesetzten Polizisten und Soldaten die erwähnten18 000 afrikanischen Soldaten und Polizisten – bedauer-licherweise negativ. Deswegen liegt es auch in unseremInteresse, in das Zentrum unserer Bemühungen den Auf-bau und die Stabilisierung der entstehenden afrikani-schen Sicherheitsarchitektur zu stellen.
Dabei steht die Afrikanische Union im Mittelpunkt,deren wichtigstes Organ der Friedens- und Sicherheitsratist, der im März 2004 seine Arbeit aufgenommen hat.Die westafrikanische ECOWAS ist die aus sicherheits-politischer Sicht am weitesten entwickelte Regionalor-ganisation in Afrika. Sie hat wie keine andere Regional-organisation in Mitgliedsländern militärisch interveniert,in denen gewaltsame Konflikte eskalierten, und ent-schlossen und eindeutig auf MiIitärputsche in Niger undGambia sowie an der Elfenbeinküste und in Togo re-agiert. Das heißt, es kommt ganz wesentlich darauf an,diese Sicherheitsarchitektur bei allen Defiziten, die sichzum Beispiel auch im Rahmen von AMIS im Sudan ge-zeigt haben, zu unterstützen. Dabei, Frau KolleginSchuster, kommt es auch darauf an, dass zunächst ein-mal die Initiative von den afrikanischen Staaten selberaIaDEswidnbArstOwrsCAnLlBFkgseflNerwdrrCgsGihsBtafido
s geht vor allem um African Ownership, was Voraus-etzung für eine nachhaltige Friedenslösung ist, für dieir uns einsetzen. In diesem Zusammenhang begrüßech es sehr, dass sich die Bundesregierung bei der Grün-ung des Kofi Annan International Peace Keeping Trai-ing Centre in Ghana engagiert und sich auch am Auf-au eines Krisenfrühwarnsystems am Sitz der AU inddis Abeba beteiligt.
Der zweite Punkt ist die Gestaltung der Globalisie-ung. Wir dürfen angesichts der internationalen Wirt-chafts-, Finanz-, Umwelt-, Klima- und Sicherheitspoli-ik nicht vergessen: Afrika besitzt in internationalenrganisationen eine große Macht schon allein deswegen,eil es mit seinen über fünfzig Staaten ein hohes nume-isches Gewicht in multilateralen Organisationen und In-titutionen einzubringen hat, in denen das Prinzip „Oneountry, One Vote“ gilt. Es ist aber auch wichtig, dassfrika erkennt, dass es seine Rolle in diesen Institutio-en besser koordinieren muss, und dass vor allem dieösungen der Probleme, die nur in diesen internationa-en Organisationen erreicht werden können, wie zumeispiel die Konsequenzen der Erderwärmung oder dieragen des Klimaschutzes, zuallererst Afrika zugute-ommen; denn kein Kontinent droht so sehr unter derlobalen Erwärmung zu leiden wie Afrika.Der dritte Punkt betrifft die Rohstoff- und Res-ourcensicherheit. Auch daran haben wir ein eigenes,lementares Interesse; denn wir legen Wert auf Diversi-ikation, und wir wollen unsere Abhängigkeit von Russ-and und auch von der notorisch instabilen Region desahen und Mittleren Ostens verringern. Dazu bietet sichin Engagement in Afrika an, ein Engagement, das unse-en Standards entspricht und dafür sorgt, dass es zu einerirklich fairen Partnerschaft kommt und dass die Völkerer Länder, die über diese Ressourcen und Energievor-äte verfügen, tatsächlich von deren Exploration profitie-en können.In diesem Zusammenhang ist beeindruckend, washina in Afrika macht. Das ist aber auch ein Warnsi-nal; denn China unterläuft mit seiner Entwicklungszu-ammenarbeit unsere westlichen Standards von Goodovernance. Ich selber habe auf einer Reise nach Afrikam letzten Jahr erlebt, dass afrikanische Regierungenänderingend darum bitten, dass sich Europa und insbe-ondere Deutschland stärker engagieren. In Kongo-razzaville habe ich den stellvertretenden Außenminis-er getroffen. Der Ton des Gesprächs war freundlich,ber was Europa anging, so war er leicht indigniert. Erragte: Wann wird endlich wieder die deutsche Botschaftn unserem Land eröffnet? Wann endlich kommt es dazu,ass nicht nur hohe Diplomaten aus China, Nordkoreader Iran sich um unser Land kümmern, sondern dass
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Eckart von Klaedenwir auch wieder Staatsekretäre und Minister aus Europabei uns begrüßen können? – Dieses Land hatte zu demZeitpunkt, als ich es besuchte, die Präsidentschaft derAfrikanischen Union inne, spielte also gerade bei denKonflikten, mit denen wir uns nahezu wöchentlich auchhier im Bundestag beschäftigen, eine entscheidendeRolle.Ein anderes Gespräch bei einem Besuch bei Außen-minister Ping in Gabun hatte einen ähnlichen Ton. Die-ser Außenminister war Präsident der 59. VN-General-versammlung. Er berichtete mir, dass sein Land geradeeinen großen, über Jahrzehnte laufenden Vertrag mit derVolksrepublik China über die Exploration von Eisenerzund über mehrere Straßenbauprojekte abgeschlossenhatte. Auch er fragte: Wo ist das Engagement Europas?Wo ist das Engagement des Westens? Wir hätten gernemit euch Verträge abgeschlossen, wir hätten gerne miteuch kooperiert, aber die Angebote, die uns Chinamacht, diese All-Inclusive-Pakete, gibt es von euchnicht. – Es fehlt also an Engagement und an staatlicherUnterstützung für eine echte wirtschaftliche Kooperationund eine auf Augenhöhe stattfindende Partnerschaft undZusammenarbeit.
Herr Kollege!
Das ist der letzte Satz, Herr Präsident. – Afrika strate-
gisch zu begreifen und es wirklich zu einer Partnerschaft
auf Augenhöhe kommen zu lassen, ist das Ziel unserer
Afrikapolitik.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Für die Fraktion Die Linke erhält nun das Wort der
Kollege Aydin.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Re-gierungsfraktionen behaupten in ihrem Antrag:Im Bereich Frieden und Sicherheit sind in den ver-gangenen zehn Jahren deutliche Fortschritte ge-macht worden.Das ist reine Beschönigung. Ihnen selbst fallen mit So-malia, Elfenbeinküste, Äthiopien und Darfur bereitsmehr heiße als gelöste kriegerische Konflikte ein. Vieleandere Konflikte, wie jener im Nigerdelta Nigerias, wer-den von Ihnen gar nicht erst angesprochen. Der Grundist einfach: Die Politik der G 8, darunter jene der Bun-desregierung, trägt nicht wirklich zu dauerhaften Kon-fliktlösungen bei.Fehler Nummer eins: Wenn Sie von Afrika sprechen,dann meinen Sie immer die Herrschenden in Afrika. DiekbetaFCsrPiKKtHVttLmddM2MsdEldsDEnssD1Ktph1tGDczgsd
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und drittens solidarisch für die Interessen der lohnabhän-gig Beschäftigten in Afrika eintritt,
mit anderen Worten: das Gegenteil der Politik, wie siedie G 8 und die EU unter der deutschen Ratspräsident-schaft verwirklichen.Vielen Dank.
Das Wort hat nun die Kollegin Kerstin Müller für dieFraktion des Bündnisses 90/Die Grünen.NNisaasdDTmEgGNRfEAeDAgppKodnnDPamwgLinnAhd
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!ach diesem Lamento darüber, wie schlecht es in Afrikast und dass der Kapitalismus daran schuld ist – die Welttimmt also wieder –, will ich mit den positiven Signalenus Afrika anfangen. Es ist in der Tat so, dass sich Afrikauf den Weg gemacht hat, auf den Weg zu einer politi-chen Gemeinschaft mit dem Anspruch auf Selbststän-igkeit und dem Anspruch auf grundlegende Reformen.as haben wir auch hier bisher viel zu wenig zumhema gemacht.
Ohne Zweifel bleiben die Probleme in Afrika im-ens; viele haben das schon angesprochen. Auch für dierreichung der Millenniumsziele sieht es sicherlich nichtut aus, vor allem wegen Afrika-Subsahara. Doch dieründung der Afrikanischen Union, der gesamteEPAD-Prozess, die zunehmende Zahl demokratischeregierungen – alles das sind wirklich positive Zeichenür einen Aufbruch. Es gibt auch volkswirtschaftlicherfolgsgeschichten; ich nenne nur einmal Botswana.uch das gehört zur afrikanischen Realität. Ich will jetztinmal den Ausblick auf die Fußball-WM 2010 geben.a wird die Welt dieses selbstbewusste Afrika desufbruchs kennenlernen, und das finde ich wirklichut.
Wir haben Afrika gegenüber nicht nur entwicklungs-olitische Verpflichtungen. Afrika ist auch ein Kontinentolitischer Chancen. Da muss ich bei Ihnen, Herr vonlaeden, noch einmal einhaken. Bei allem, was Chinader die Amerikaner oder Vertreter anderer Kontinentea machen, hat Afrika an Europa, an die Europäer immeroch die höchsten Erwartungen und die größten Hoff-ungen. Das Problem ist, dass die Europäer – auch wireutsche – diese Chance nicht begreifen.
Immerhin reden wir alle jetzt – auch heute hier – vonartnerschaft: der Außenminister, die Kanzlerin. Vorllem der Bundespräsident hat sich der Sache angenom-en. Das heißt, bei unserem Blick auf Afrika hat sich et-as getan. Ich glaube, es kommt darauf an, diesen Be-riff der Partnerschaft durch eine konkrete Politik miteben zu erfüllen.Meine Damen und Herren von der Bundesregierung,ch will schon fragen: Wie kann man eine wirkliche Part-erschaft aufbauen, wenn bisher weder die Kanzlerinoch der Außenminister Afrika besucht haben – mitusnahme der Maghreb-Staaten – und Afrika immerinten herunterfällt? Ich weiß, dass es gerade währender EU-Ratspräsidentschaft viele und wichtige Schwer-
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Kerstin Müller
punkte gibt. Aber ich finde das schade, und wir müssendarauf achten, dass dieses Wort der Partnerschaft nichtzur Floskel verkommt.
– Ja, das können wir gerne tun. Sie werden dann sehen,dass das anders war.
Wenn wir von Partnerschaft reden, dann müssen wirauch selbst zum Politikwechsel bereit sein. Wie steht esmit der viel beschworenen Anhebung der ODA-Quoteauf 0,7 Prozent? Wann sehen wir einen konsequentenAbbau der europäischen Agrarsubventionen, durch diedie afrikanische Landwirtschaft ruiniert wird? Wann gibtes eine Änderung der EU-Fischereipolitik – der Bundes-präsident hat neulich darauf hingewiesen –, durch die dieFischer Westafrikas arbeitslos gemacht werden? Mit un-serer eigensüchtigen Agrar-, Fischerei- und Welthan-delspolitik konterkarieren wir die Entwicklungspolitikin afrikanischen Staaten. So werden wir die Millenniums-ziele in Afrika nicht erreichen.Ich sage: Damit sind wir zu einem erheblichen Teilmit an dem schuld, was an Europas Grenzen passiert.Wie reagieren wir denn auf diese Migration? Wir tundas eben nicht mit dem Abbau dieser verheerenden Sub-ventionspolitik, sondern mit einer aufgerüsteten EU-Grenzschutzagentur und mit neuen Verfahren zur Ab-schiebung. Das hat meines Erachtens nichts mit einerPartnerschaft mit Afrika zu tun.
Wir müssen die Afrikaner auch bei der Befriedungder vielen bewaffneten Konflikte auf dem Kontinentunterstützen. Die Afrikanische Union und ihre Regio-nalorganisationen haben inzwischen erstaunliche Fort-schritte beim Aufbau eigener Friedenstruppen ge-macht. Nach dem Einsatz der Afrikanischen Union inDarfur – AMIS – steht jetzt in Somalia eine neue Mis-sion an. Es ist völlig klar: Ohne die Unterstützung derEU wird das nicht funktionieren. Das ist zu bedenken,wenn es um eine konkrete Partnerschaft geht. Allerdingswird das in Darfur und bei anderen Konflikten nicht aus-reichen. Die Vereinten Nationen werden der wichtigsteTräger von Peacekeeping-Missionen in Afrika sein: imKongo, in der Elfenbeinküste, in Liberia und in anderenStaaten.Auch das will ich in dieser Debatte, in der es um dieAußen- und Sicherheitspolitik im Hinblick auf Afrikageht, ganz klar ansprechen: An diesen UN-Missionen istDeutschland leider immer noch nur minimal beteiligt.Diese schwere Aufgabe des Peacekeeping in Afrikaüberlassen wir immer noch lieber Staaten der DrittenWuldwhrdWhmhtrhfTdsnngsetWsSs–zwN
Wo sind nicht nur unsere entwicklungspolitischen Ini-iativen? Wo ist zum Beispiel das Wirtschaftsministe-ium? Hier liegen jetzt Chancen. Wenn wir schon dortingehen, dann müssen wir diese Chancen auch begrei-en.
Meines Erachtens ist die Bundesregierung beimhema Darfur vollkommen gescheitert. Zurzeit gibt esort die größte humanitäre Krise weltweit. Die sudanesi-che Regierung spielt Katz und Maus mit der internatio-alen Gemeinschaft und lehnt eine UN-Mission immeroch ab. Herr von Klaeden, wenn es um Völkermordeht, dann kann man sich nicht hinter African Owner-hip verstecken.
Es geht inzwischen um Völkermord. Deshalb nochinmal: Herr Außenminister, Sie haben das in der nächs-en Woche stattfindende Außenministertreffen erwähnt.arum ergreifen die Außenminister nicht endlich ent-prechende Maßnahmen wie die Verhängung von EU-anktionen, um den Druck auf das Regime zu erhöhen,odass die UNO-Mission endlich zugelassen wird?
Sie möchten eine Zwischenfrage stellen?
Frau Kollegin, die kann ich schon deshalb nicht mehr
ulassen, weil Sie außerhalb Ihrer Redezeit sprechen
ürden.
Kerstin Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
EN):
Ich würde sie gern beantworten.
Das habe ich mir gedacht.
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Kerstin Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN):Ich würde mir wünschen, dass es in Bezug auf dieseKrisen ein stärkeres Engagement der Bundesregierunggäbe. Wir würden Sie dabei in jedem Fall unterstützen.Vielen Dank.
Es besteht der Wunsch nach einer Kurzintervention.
Bitte schön.
Frau Kollegin Müller, Sie haben mir vorgeworfen, ich
würde mich bezüglich des Völkermords in Darfur hinter
African Ownership verstecken. Das weise ich mit aller
Entschiedenheit zurück. Ich wäre Ihnen aber dankbar,
wenn Sie Butter bei die Fische täten und sagen würden,
dass die Grünen für eine militärische Intervention sind,
ohne dass es dafür in den Vereinten Nationen die not-
wendige Unterstützung gibt und ohne dass es von der
Regierung im Sudan dafür die notwendige Zustimmung
und Unterstützung gibt. Feuilletonistisch alles zu bekla-
gen und der Regierung fehlendes Handeln vorzuwerfen,
selber aber nicht zu sagen, was man zu tun bereit wäre,
ist, finde ich, ziemlich fahrlässig.
Zur Erwiderung Frau Kollegin Müller.
Kerstin Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):
Herr Kollege von Klaeden, mir in der Darfurfrage
feuilletonistische Reden vorzuwerfen, ist ziemlich ab-
surd. Ich kann Ihnen das aber sehr konkret sagen. Ich
habe das auch schon im Plenum für die Fraktion gesagt;
wir sind in dieser Frage ziemlich klar. Ja, wir sind für die
von der UNO bereits beschlossene robuste UNO-Mis-
sion. Das Problem ist, dass diese UNO-Mission nicht ins
Land gelassen wird. Nach dem Beschluss der UNO ist es
noch nicht einmal notwendig, dass die sudanesische Re-
gierung zustimmt. Natürlich wäre das wünschenswert.
Deshalb gibt es auch die diplomatischen Initiativen.
Deshalb habe ich hier immer gefordert, dass man darauf
hinwirkt, dass die Russen und die Chinesen ihren Ein-
fluss geltend machen. Notwendig wäre das nicht. Die
UNO hat bereits eine robuste Truppe beschlossen.
– Ja, sicherlich.
Wenn es um Völkermord geht, dann müssen wir alles
tun, um diesen Völkermord zu stoppen. Letztlich bin ich
auch der Meinung, dass wir dies gegen den Willen der
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Nun erteile ich das Wort der Bundesministerineidemarie Wieczorek-Zeul.
Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin fürirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung:Liebe Kolleginnen und Kollegen! Afrika bildet einenchwerpunkt des G-8-Gipfels in Heiligendamm und istin zentrales Thema der deutschen Präsidentschaft in deruropäischen Union. Das ist ein praktisches Zeichen fürnsere Unterstützung dieses Kontinents.
In allen Diskussionsbeiträgen wurde immer wiederarauf hingewiesen: Afrika nimmt seine eigene Verant-ortung wahr. Wir wollen Afrika dabei unterstützen. Ichinde, wir sollten Erfolge, die auch unsere Erfolge sind,icht immer vergessen. Ich erinnere an die Auseinander-etzungen um die Frage, ob wir Soldaten in den Kongochicken, um dort den Wahlprozess abzusichern und ei-en Bürgerkrieg zu verhindern. Es ist gelungen, dieseahlen abzusichern und den Bürgerkrieg zu verhindern.Es gibt aber noch weitere Erfolge. Am 15. Dezember006 haben die elf Mitgliedstaaten der Internationalenonferenz Große Seen einen Stabilitäts- und Solidari-ätspakt unterzeichnet. Dieser regionale Prozess ist, soürde ich sagen, mit dem vergleichbar, was die KSZE inuropa war. Die Region jedenfalls ist noch größer alsuropa.
Zu der Aussage von Frau Müller, sie sehe hierzuichts, möchte ich sagen: Unser Ministerium unterstütztas Konferenzsekretariat, das diese Konferenz leitet, dieie Themen Wirtschaft, Sicherheit, Menschenrechte so-ie Energiefragen behandelt. Wir setzen dazu beratendnsere Entwicklungszusammenarbeit ein. Ich finde, dasollten wir nicht kleinschreiben, sondern sehen, dass wirinen aktiven Beitrag zur Friedenssicherung leisten.
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Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul
Zu Herrn Aydin will ich sagen: Man muss immer aufder Höhe der Zeit bleiben, wenn man wirklich helfenmöchte. Ihre Ausführungen gingen an der Realität vor-bei. Was jedoch machen wir? Unser Ministerium trägtmit dazu bei, dass das Protokoll zur Eindämmung der il-legalen Rohstoffausbeutung unterschrieben und damitder illegalen Rohstoffausbeutung ein Ende gesetztwird. Das sind doch praktische Erfolge, die wir nicht sel-ber kleinschreiben dürfen.
Vielleicht eine Anmerkung zur Situation in Darfur,die uns allen, Frau Müller, entsetzlich auf der Seele las-tet. Wir dürfen die Augen nicht vor dieser entsetzlichenSituation der Vertreibung und der Ermordung von Men-schen verschließen, die immer noch anhält. Ich sage andieser Stelle – ich glaube, das verbindet uns alle –: Es istgut, dass der Chefankläger des Internationalen Strafge-richtshofs in Den Haag endlich Schuldige, die selbst inder sudanesischen Regierung sitzen, benannt hat. Wir er-warten die Anklage und die entsprechenden juristischenMaßnahmen gegen diese Schuldigen.
Niemand wird – obwohl das eine entsetzliche Situa-tion ist –, wenn er wirklich abwägt, sagen können, dassman gegen den Willen der sudanesischen Regierung indas Land gehen sollte. Das würde ein noch schreckliche-res Morden bedeuten. Umso wichtiger ist es, massiveSanktionen gegen die sudanesische Regierung voranzu-bringen. Wir brauchen endlich ein Waffenembargo fürden ganzen Sudan und nicht nur für Darfur. Die Situa-tion dort ist doch absurd. Setzen wir uns dafür ein undtragen wir dazu bei, dass Druck auf die sudanesische Re-gierung ausgeübt wird!
Die Schwerpunkte des deutschen Engagements, auchdie unseres Ministeriums, sind: Förderung von Friedenund Sicherheit, Stärkung von verantwortlicher Regie-rungsführung. Das, was wir tun, wird in Afrika hoch an-erkannt. Aber ich will auch hier noch einmal sagen: Wirunterstützen den Aufbau des Afrikanischen Menschen-rechtsgerichtshofs. Deutschland ist der größte Geber undUnterstützer beim Aufbau des Panafrikanischen Parla-ments. Das sind alles Schritte hin zu wirklich demokrati-schen Entwicklungen, die wir im Rahmen der Partner-schaft leisten. Ich finde, das sollte anerkannt werden unddas sollte auch stärker in das öffentliche Bewusstsein ge-langen.
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Es geht neben den Leistungen der Entwicklungszu-ammenarbeit, also den öffentlichen Finanztransfers,uch darum – das ist in der Diskussion mehrfach ange-prochen worden –, die Wachstumskräfte in Afrika zutärken. Afrika braucht breitenwirksames Wachstum,amit in den unterschiedlichen Ländern, die es in Afrikaibt, auch Arbeitsplätze geschaffen werden. Dabei gehts um dreierlei: Erstens geht es darum, mehr Transpa-enz bei der Produktion in den erdölfördernden Ländernu verwirklichen. Zweitens geht es darum, Länder wiehana und Tansania, die als Topreformer wirklich her-orragende Leistungen aufweisen können, zu unterstüt-en. Drittens muss den kleineren Entwicklungsländernabei geholfen werden, ihre Märkte durch regionale Ko-peration auszuweiten.
Herr Präsident, da möchte eine Kollegin etwas fragen.
Da Sie das offenkundig zulassen wollen: Bitte schön,rau Kollegin Wolf.Margareta Wolf (BÜNDNIS 90/DIERÜNEN):Herzlichen Dank, Herr Präsident. Frau Wieczorek-Zeul, hier war jetzt schon mehrfachie Rede davon, dass das deutsche Engagement infrika gerade im Hinblick auf Investitionen zu geringei. Jetzt sprachen auch Sie gerade davon, dass man mit-ilfe der von uns immer unterstützten HIPC-Initiativeei der Entschuldung vorankommen wolle. Seit einigereit treibt mich angesichts der Investments, die die Chi-esen in gerade entschuldeten Ländern Afrikas tätigen,ie Frage um, warum die Deckungshöhe von Hermes-ürgschaften für Investitionen gerade in den HIPC-Staa-en so niedrig ist und warum diese nur eine so kurzeaufzeit haben. Vielleicht wird dadurch die Hemm-chwelle für kleine und mittlere Unternehmen, in diesenändern zu investieren, unnötig erhöht. Mich würde in-
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Margareta Wolf
teressieren, ob Sie meine Analyse teilen und ob die Bun-desregierung gewillt ist, von der niedrigen Deckungs-höhe und -dauer von 250 000 Euro über 365 Tage beidiesen Ländern Abstand zu nehmen.Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin fürwirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung:Ich kann sagen, dass es Überlegungen gibt, die Absi-cherungsmöglichkeiten von Krediten zu verbessern, umentsprechende Investitionen zu fördern. Zu den Detailskann ich Ihnen noch nichts sagen, weil wir darüber ge-rade im Rahmen der G 8 beraten. Auf das EngagementChinas möchte ich im Folgenden etwas ausführlichereingehen, Frau Kollegin, weil ich an dieser Stelle denPunkt China ohnehin aufgreifen wollte.Manche stellen es in der Diskussion so dar, als sei dasAuftreten Chinas in Afrika eine Entwicklung der letztenTage. Ich möchte darauf hinweisen: Die internationaleGemeinschaft ist im Dialog mit verschiedenen neuenGeberländern; das betrifft nicht nur China, sondern auchandere Länder. Nach meiner Meinung machen neueFinanzmittel für Afrika dann Sinn, wenn sie nach inter-nationalen Standards eingesetzt werden: Ökologischeund soziale Normen müssen respektiert und die lokalenArbeitsmärkte dürfen nicht zerstört werden. Das liegtauch im Interesse der afrikanischen Bevölkerung. Vondieser werden dabei die Investitionen und anderen Un-terstützungsmaßnahmen Europas sehr viel höher ge-schätzt als die All-inclusive-Investments Chinas. Waszählt, ist, dass dauerhaft neue Arbeitsplätze auf den loka-len Märkten der afrikanischen Länder entstehen und ge-sichert werden.
Lassen Sie mich zum Schluss ein Thema ansprechen,das vorhin schon von Herrn von Klaeden und anderengenannt wurde: die Frauen. Vor einer Woche haben wirin Berlin eine Konferenz über Gleichberechtigung vonFrauen, insbesondere von afrikanischen Frauen, durch-geführt. Wir haben dabei alle zusammen noch einmaldarauf hingewiesen: Zugang zu Landbesitz, Sicherungdes Erbrechts sowie Zugang zu Krediten und Beschäfti-gung sind zentrale Forderungen. Dass Frauen weltweitnur über 2 Prozent des gesamten Landes verfügen, istdoch ein Skandal.Wichtig ist – das wird in Afrika immer mehr verstan-den; aber wir müssen dazu beitragen, dass der Zusam-menhang noch deutlicher wird –: Die Gleichberechti-gung von Frauen ist natürlich eine Frage vonMenschenrechten und Demokratie, aber nicht nur das.Hohe Wachstumsraten korrelieren in Entwicklungslän-dern mit dem Engagement für die Gleichberechtigungder Frauen und ihrem Zugang zu wirtschaftlichen Chan-cen. Die Benachteiligung von Frauen geht mit einer Sen-kung der Wachstumsraten einher. Das heißt, die Benach-teiligung von Frauen ist auch wirtschaftlich zutiefstschädlich. Das sollten wir immer wieder deutlich ma-chen und die Chancen der afrikanischen Frauen beimZugang zu Krediten sowie Land- und Erbrecht verbes-sern.
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Zweitens werbe ich dafür, dass die internationale Ge-einschaft während unserer Präsidentschaften einenerhaltenskodex beschließt, der die Abwerbung medizi-ischen Personals aus afrikanischen Ländern untersagt.
rzte und Krankenschwestern werden in diesen Ländernebraucht für die Gesundheitsversorgung, für die Aids-ekämpfung und für die Krankheitsbekämpfung im All-emeinen. Lassen Sie uns dazu beitragen, dass sie dortefördert werden, damit die Menschen dort Chancen ha-en und damit das Ausbluten afrikanischer Länder ver-indert wird!Ich danke Ihnen.
Der Kollege Königshaus hat nun das Wort für die
raktion der FDP.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn manie Kollegin Müller eben gehört hat, könnte man glau-en, sie habe nie einer Bundesregierung angehört, diechon vor all den Problemen gestanden hat, die sie hiero lauthals beklagt hat, wo es aber keine Strategien gab,iese wirklich nachhaltig zu lösen.
nsofern sollte sie hier vielleicht ein bisschen zurückhal-ender sein.Alle reden über Afrika. Es gibt Strategien und alleöglichen sonstigen wohlfeilen Aktivitäten. Aber wenns tatsächlich ans Eingemachte geht, dann stellt sichchnell heraus, dass die Probleme doch etwas vielschich-
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Hellmut Königshaustiger sind und dass es schwer ist, die Einzelteile zu sor-tieren. Man hat das gemerkt, als sich der Kollege vonKlaeden eben mühsam durch sein Manuskript gearbeitethat.
Das ist mit einer zusammenhängenden Strategie nicht zuvereinbaren.
– Klar schaue ich auf mein Manuskript. Es war sehrschwer, sich zu merken, was der Kollege von Klaedenüberhaupt gesagt hat, wenn ich da einmal ehrlich bin.Deshalb musste ich mir das notieren.
– Ja, zur Sache.Die Probleme können natürlich nicht mit einer einfa-chen und schnell umsetzbaren Strategie gelöst werden.Was wir brauchen, sind Maßstäbe, anhand derer wir dieLösung der jeweiligen Probleme tatsächlich gezielt an-gehen können. Wir brauchen Maßstäbe für jedes Pro-blem, jedes Land, jedes Themenfeld.
Das heißt auch, angemessene und kohärente Lösungsan-sätze herzuleiten. Daran fehlt es uns leider noch immer.Auch die hier zur Beratung anstehenden Anträge helfenda nicht weiter.Übrigens, Frau Ministerin, weil Sie gerade das ThemaAids ansprachen: Wir hatten ja als FDP im Ausschussfür wirtschaftliche Zusammenarbeit verlangt, dass dafürein namhafter Betrag festgeschrieben wird. Auch das istwieder abgelehnt worden. Ich hoffe, dass wir in Zukunftzu einer vernünftigeren Handhabung solcher Dingekommen. In Bezug auf Afghanistan sind Sie unserenVorschlägen ja immerhin letztlich dann doch gefolgt.Die Bundesregierung kann also offensichtlich auch da-zulernen.
Dass wir hier Afrika so sehr in den Fokus stellen, istin erster Linie dem Bundespräsidenten zu verdanken, derzu Beginn seiner Amtszeit gesagt hat, er wolle Afrikazum Schwerpunkt seiner Arbeit machen.
Er hat dazu allen Grund gehabt; denn es ist dringenderforderlich, die verheerenden Schäden, die während derZeit der rot-grünen Regierung auf dem afrikanischenKontinent entstanden sind, zu beheben. Herr Bundes-außenminister, mit Blick auf Afrika ist Ihnen zugute zuhalten, dass Sie den verheerenden Trend, immer mehrBotschaften zu schließen, immer mehr Personal abzuzie-hen und sich immer weniger diesen Ländern zuzuwen-den, gestoppt haben. Es wäre begrüßenswert, wenn SieiFsPDmmsGmdsAehcdmUmmwGwsudsItgarbmzfnalEudRhvtCr
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Aber es gibt auch ein ganz anderes, ein modernesfrika, ein Afrika, das in den letzten Jahren in allen Be-eichen enorme Anstrengungen unternommen hat undich der Zukunft stellt. Dies umfasst Anstrengungen undeutliche Verbesserungen in den Bereichen der Bil-ungs-, Gesundheits- und Sozialpolitik sowie bei Men-chenrechten und Good Governance. Deutschland unduropa müssen diese afrikanischen Bestrebungen jetzteutlicher unterstützen.Bundespräsident Köhler hat recht, wenn er sagt, dasss an der Zeit ist, Afrika als Partner auf Augenhöhe zuetrachten. Der Schutz der Menschenwürde und dieörderung der Menschenrechte sind die Grundlage ei-es partnerschaftlichen Dialogs.Bei den Gesprächen mit unseren afrikanischen Part-ern und Freunden muss es jedoch auch um die Grund-erte wie Freiheit, Solidarität und Gerechtigkeit gehen.u einer offenen und ehrlichen Partnerschaft gehörtuch, gemeinsame, aber auch gegenteilige Interessen zuenennen. Meine Fraktion hat es sehr bedauert, dass es,ls es im UN-Menschenrechtsrat um die Verurteilung deregierung im Sudan ging, bei der ersten Abstimmunges Antrages des finnischen Ratspräsidenten im vergan-
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Hartwig Fischer
genen Herbst fast einen Block afrikanischer Länder ge-geben hat, die eine Abstimmung zulasten der Regierungin Khartoum verhindert haben. Wir begrüßen, dass esspäter zu einer Änderung gekommen ist. Aber es gab nurzwei afrikanische Staaten, die den finnischen Ratspräsi-denten unterstützt haben. Das war falsch verstandeneSolidarität afrikanischer Länder.
Afrika darf nicht einfach als Ort einer ständigenWohltätigkeitsveranstaltung gesehen werden, wie es vonverschiedenen Seiten suggeriert wird. Afrika ist einKontinent, an dem und in dem die internationale Staa-tengemeinschaft vitale Interessen haben muss. Die Be-standserhaltung des afrikanischen Regenwaldes mit sei-nem Reichtum an Flora und Fauna ist von globalerBedeutung und liegt im ökologischen Interesse.Der steigende weltweite Energieverbrauch und CO2-Ausstoß, die Erderwärmung und die Veränderung desglobalen Klimas rücken Afrika immer stärker in den Fo-kus geostrategischer Politik. Der aktuelle Bericht derVereinten Nationen über eine mögliche Klimakatastro-phe zeigt deutlich, wie wichtig Afrika auch für dasKlima in Mitteleuropa ist.
– Danke, Frau Kollegin Koczy.Darüber hinaus droht Afrika die Gefahr weitererWüstenbildung, so die UN. Die fruchtbaren Landstricheam Kap, in Angola, in Simbabwe und in Mosambikkönnten sich in den kommenden Jahrzehnten in Halb-wüsten verwandeln, damit Lebensgrundlagen entziehenund somit neue Konflikte heraufbeschwören. Migra-tionsbewegungen größten Ausmaßes wären die Folge.Dass Afrika immer wieder in den Fokus energie- undrohstoffhungriger Staaten gerät, beweisen China und dieUSA. Aber auch Deutschland ist ein ressourcenarmesLand und sollte daher ein natürliches Interesse an denmineralischen und energetischen Ressourcen Afrikashaben. Wir müssen die afrikanischen Regierungen unter-stützen, damit der Abbau dieser Ressourcen auf umwelt-verträgliche Weise erfolgt und vor allem die MenschenAfrikas davon profitieren.
Es kann und darf nicht sein, dass nur wenige Kleptokra-ten und unverbesserliche Diktatoren den Nutzen aus demAbbau, lassen Sie mich sagen: aus dem Raubbau vonRohstoffen haben.Die afrikanischen Länder müssen dabei unterstütztwerden, ihre Rohstoffe zertifiziert abzubauen und diedaraus erzielten Gewinne transparent in den jeweiligenStaatshaushalt fließen zu lassen. Die positive Vorreiter-rwDEaIiJ2dcuszSvbZgrBsAmsAIsfzEddfsSSuzgnd
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– Ihre Fraktion hat gegen den Einsatz gestimmt. – Men-
schen, die vorher in Flüchtlingslagern waren, sind jetzt
wieder in ihren angestammten Bereichen. Sie versuchen,
die Situation falsch darzustellen.
Eines ist für mich sicher: Der Satz „Keine Hälfte der
Welt kann ohne die andere Hälfte der Welt überleben“,
der auf einem Plakat des BMZ steht, muss Prämisse un-
seres Handelns sein.
Das Wort erhält nun die Kollegin Heike Hänsel für
die Fraktion Die Linke.
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ie können doch bei so einer komplizierten Situation wieer in Darfur, für deren Bewältigung Sie viel mehr Ak-eure an einen Tisch bekommen müssen, nicht dafür plä-ieren, jetzt einfach Truppen dorthin zu schicken! Wieollen Sie die Situation dort militärisch lösen? Das findech hanebüchen.
ie als ehemalige Staatsministerin müssten das wissen.Noch zu einem anderen Punkt. Sie haben Recht: Esibt ein selbstbewusstes modernes Afrika. Aber dass dasrst bei einer Fußball-WM zu finden ist, bezweifle ich.as gibt es bereits. Im Januar fand das Weltsozialforumum ersten Mal auf dem afrikanischen Kontinent statt.ehr als 50 000 Menschen kamen in Nairobi zusam-en. Die Menschen dort haben sehr gute Ansätze undanz andere Vorstellungen, wie Afrika, wie ihre Länderich entwickeln sollen, als die, die ich hier gehört habe.as ist das Afrika, das wir zu Wort kommen lassen müs-en. Das würde Partnerschaft und Zusammenarbeit aufleicher Augenhöhe bedeuten.
Diese Menschen haben ihre Lebenssituation geschil-ert, die nun einmal düster ist. Denn trotz der verbesser-en ökonomischen Werte, die wir in den letzten Jahren infrika verzeichnen, hat sich die Situation für viele Men-chen in den afrikanischen Ländern verschlechtert. Vie-en geht es heute schlechter als Anfang der 90er-Jahre.ie Armut hat sich in den letzten 20 Jahren mehr als ver-oppelt. Auch die Zahl der Hungernden ist weltweit wei-er gestiegen. Dafür sind in hohem Maße die deutschend europäische Handelspolitik verantwortlich. Wäh-end eine Afrikanerin durchschnittlich 8 Dollar Entwick-ungshilfe im Jahr erhält, wird eine Kuh in Europa mitber 900 Dollar im Jahr subventioniert.
Ja, so zynisch ist unsere Außenpolitik. – Wir müssenufpassen, wohin die Gelder fließen. Wir subventionie-en unsere Agrarprodukte. Das geht auf Kosten der Ent-icklungschancen der Menschen in den Ländern des Sü-ens.Es ist ein Mythos, dass Handelsliberalisierung denntwicklungsländern Wohlstand und Entwicklungringt. Genauso wenig stimmt es, dass Wachstum per serbeitsplätze schafft. Wir sehen im Moment in Europa:rotz Wachstums gehen immer mehr Arbeitsplätze ver-
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Heike Hänselloren. Die Hilfsorganisation Christian Aid hat errechnet,dass die Handelsliberalisierung die afrikanischen Ländersüdlich der Sahara in den vergangenen 20 Jahren über270 Milliarden US-Dollar gekostet hat. Zwei Jahrzehnteder Liberalisierung haben diese Länder so viel gekostet,wie sie an Entwicklungshilfe erhalten haben. Wärendiese Länder nicht zur Liberalisierung gezwungen wor-den, um Schuldenerlass und Kredite zu erhalten, hättensie genug Geld gehabt, um jedes Kind impfen zu lassenund jedem Kind den Schulbesuch zu ermöglichen.
Es kommt nicht darauf an, den Menschen der Drit-ten Welt mehr zu geben, sondern ihnen weniger zustehlen.Das schreibt der UN-Sonderberichterstatter für Nah-rung, Jean Ziegler, in seinem Buch „Das Imperium derSchande“. Doch die EU arbeitet schon an neuen Libera-lisierungs- und Marktöffnungsvorhaben. Bekannt sinddie Verhandlungen über die EPAs. Es ist ganz klar, dasses hierbei um eine Senkung der Zölle und um eine wei-tere Öffnung der Märkte geht, und zwar nicht nur für In-dustrie- und Agrarprodukte der EU, sondern auch fürInvestitionen, Dienstleistungen und das Beschaffungs-wesen.Das hätte katastrophale Folgen für all die lokalenMärkte in den afrikanischen Ländern und für die regio-nale Integration. Es hätte auch sehr negative Auswirkun-gen auf die Umwelt, weil dann viele Staaten gezwungenwären, ihre Rohstoffexporte zu erhöhen – zum Beispielden Export von Öl oder Tropenholz –, um die fehlendenZolleinnahmen zu kompensieren.Frau Wieczorek-Zeul, auch die Situation der Frauenwürde sich dadurch sehr verschlechtern, weil davon ins-besondere lokale Händlerinnen und Bäuerinnen betrof-fen wären. Insofern kann ich nur an uns alle appellieren:Unterstützen wir die Forderungen der sozialen Bewe-gungen in den afrikanischen Ländern, stoppen wir dieEPA-Verhandlungen und schreiben wir ein neues Man-dat aus!Das gilt übrigens auch im Hinblick auf die Kriegeund Krisen in den afrikanischen Ländern. Die Poten-ziale der Bevölkerung werden ausgeblendet. Stattdessenwollen wir von außen immer stärker militärisch interve-nieren. Ich frage mich: Wie soll eine afrikanische Sicher-heitsarchitektur ohne die aktive Beteiligung der Zivilbe-völkerung aussehen? Es gibt dort enorme Potenziale. Siewerden aber nicht einbezogen.Herr Steinmeier, in diesem Zusammenhang würdemich interessieren: Was sagen Sie eigentlich zuAFRICOM, der neuen Kommandozentrale der US-Ame-rikaner in Stuttgart, die dazu dient, neue militärische In-terventionen in diesen Ländern zu koordinieren? In mei-nen Augen ist diese Entwicklung falsch. Wir braucheneine Stärkung der Zivilbevölkerung. Nur so können wirauf die Krisen und Konflikte in diesen Ländern einenachhaltige Antwort geben.
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Ich will weitere Stichwörter nennen: Kindersterblichkeit,Lebenserwartung, HIV/Aids, Genitalverstümmelung,Brustbügeln in Kamerun, eine weitere Misshandlungvon Frauen, die in patriarchalen Strukturen leben, vonder wir erfahren haben. Wir wissen inzwischen, dass wirdie Millenniumsziele, wenn die Umsetzung in demTempo fortgesetzt wird, wahrscheinlich nicht erreichenwerden. Und dann sind da noch der Klimawandel unddie Perspektivlosigkeit.Deswegen geht es darum, dass wir auf die Dinge, diewir beeinflussen können, Einfluss nehmen. Ich möchtedarauf hinweisen, dass es nicht nur darum geht, von un-serer Seite aus etwas zu tun. Wir müssen uns mit denafrikanischen Ländern, mit den Staatsführern, mit denörtlichen Wirtschaftseliten zusammentun und etwas ge-stalten. Es braucht aber auch Lösungen von unten: Wirmüssen die Organisationen afrikanischer Bäuerinnen,die Frauen, die Handwerker und andere zivilgesell-schaftliche Akteure unterstützen, damit sie bei wirt-schaftlichen und gesellschaftlichen Zukunftsfragen stär-ker mitreden können.Doch all das wird nicht viel bringen, wenn wir nichtdie Rechte der Frauen stärken.SMdtngbDtBingGhgsdghdetnAdahAfWs–drksgKAw
ie sind das Rückgrat Afrikas. Aus Zeitstudien in Benin,adagaskar, Mauritius und Südafrika geht hervor, dassie Frauen pro Tag bis zu sieben Stunden länger beschäf-igt sind als die Männer. Der schöne Ausdruck „faire laatte“ – übersetzt: sich auf die Matte legen, dem Müßig-ang frönen –, den ich im Tschad kennengelernt habe,ringt dieses bizarre Ungleichgewicht auf den Punkt.iese sozialen und kulturellen Normen, die die Arbeits-eilung im Haushalt festlegen, führen zu einer eklatantenenachteiligung der Frauen. Sie gefährden den Friedenn Afrika, sie gefährden die Zukunft. Ich bin der Mei-ung, dass wir uns in diesem Bereich weitaus mehr en-agieren müssen, als wir es bisher getan haben.Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Das Wort hat nun die Kollegin Dr. Herta Däubler-
melin, SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wiratten in den vergangenen Jahren immer wieder Gele-enheit, über Afrika zu reden. Heute behandeln wir die-es Thema erneut.Ich denke aber, dass wir heute keine Wiederholungs-ebatte führen, weil es zwei bemerkenswerte Neuerun-en gibt: Erstens – das wurde schon mehrfach erwähnt –at Deutschland zurzeit die Präsidentschaften innerhalber Europäischen Union und der G8. Das verpflichtet zuiner Schwerpunktpolitik gegenüber Afrika.Die zweite Neuerung ist, dass der Deutsche Bundes-ag mit den vorliegenden Anträgen die Afrikapolitikicht nur begleitet, sondern in der Tat inhaltlich in seinerbeit mit aufnimmt. Ein Blick in die Anträge zeigt,ass bei allen Unterschieden, liebe Frau Hänsel, und beillen Vorwürfen doch sehr viele Gemeinsamkeiten vor-anden sind. Zum einen wächst das Engagement fürfrika. Das ist zu begrüßen. Zum anderen stellen wirest, dass von niemandem in diesem Haus in irgendeinereise kritisiert wurde, dass Afrika Partner der Politikein soll.
Das ist in der Tat neu. Wenn man das ernst meintwir werden sicherlich noch daran arbeiten müssen –,ann heißt das, dass sich einige, die in diesem Hause ge-edet haben, aber auch viele, die sich in der Öffentlich-eit zu Afrika äußern, von manchen Klischees verab-chieden müssen.Es ist in der Tat richtig – darin stimme ich dem Kolle-en Fischer ausdrücklich zu –, dass Afrika unter den dreis – Krieg, Krisen und Katastrophen – zu leiden hat.frika ist aber nicht nur der Kontinent der drei Ks, auchenn das sensationsträchtig sein mag.
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Dr. Herta Däubler-Gmelin
Afrika eignet sich überhaupt nicht als Objekt der Ag-gression gegen die deutsche oder europäische Politik,liebe Frau Hänsel. Das ist falsch.
Sie haben zwar recht, dass vieles dringend geändert wer-den muss. Manches ist in der Tat zynisch. Aber den Ver-gleich der Subventionierung einer Afrikanerin mit dereiner Kuh finde ich nicht nur unangemessen, sondern erist auch in der Sache falsch, weil – wie alle, die sich mitdiesen Fragen beschäftigen, wissen – die vorhandenenUnterstützungsgelder zum Teil nicht abließen können.Denn die Fortschritte beim Empowerment und die Un-terstützung bei der Institutionenbildung sind noch nichtso weit gediehen, wie sie sollten.
Wir sollten aber auch vermeiden, Afrika in ersterLinie nur noch als Ressourcenlieferanten zu betrachten.Afrika sollte auch nicht mehr als Objekt unserer Für-sorge missverstanden werden, sei sie auch noch so gutgemeint. Afrika entspricht aber auch nicht dem Bild, dasin den letzten Monaten und Jahren in den Medien ge-zeichnet wird. Auf der einen Seite stelle ich mit Freudefest, dass die Berichterstattung über Afrika zugenom-men hat. Auf der anderen Seite beunruhigt mich aber ge-legentlich, dass der Anteil ziemlich schmalziger Home-storys mit vermeintlich afrikanischem Lokalkoloritüberwiegt.Was ich vermisse und was in den kommenden Mona-ten unserer vertieften Befassung mit Afrika deutlicherzum Ausdruck kommen sollte, ist, dass wir mehr von derVielfalt und Kultur Afrikas, der afrikanischen Dynamikund den Persönlichkeiten zur Kenntnis nehmen, dienicht nur uns, sondern der ganzen Welt viel zu geben ha-ben.
Manches ist heute schon angesprochen worden. Ichwill noch das eine oder andere ergänzen. Die Zahl derBevölkerung Afrikas entspricht heute der der 46 Mit-gliedsländer des Europarats. Morgen wird das anderssein, weil allein in den drei Ländern Uganda, Kenia undTansania – das wurde bereits erwähnt –, die ein beträcht-liches Veränderungspotenzial haben und dies auch nut-zen, mehr als 40 Prozent – zum Teil mehr als 50 Pro-zent – der Bevölkerung jünger als 15 Jahre sind. Wirkönnen uns keine Vorstellung davon machen, welcheVeränderungsmöglichkeiten das mit sich bringt.Ich glaube, dass Bischof Tutu, dessen moralische Au-torität wir alle nur bewundern können, völlig recht hat,wenn er von Afrika nicht mehr von einem schlafenden,sondern von einem erwachenden Riesen spricht, der aufden verschiedenen Feldern eine Menge dazu beizutragenhat, dass das Leben auf unserer Erde und die Nachbar-sdmlnidwubhpe„ggwLHaDGAnzAfhuWfpiuldpdImgwhDm
Ich meine auch – um auf die Kultur zurückzukom-en –, dass wir Nobelpreisträger wie Wole Soyinka end-ich mit einer größeren Selbstverständlichkeit zur Kennt-is nehmen sollten, übrigens nicht nur in dem, was erterarisch geschrieben hat, sondern auch dann, wenn eras wiederholt, was Kofi Annan nicht müde wird, immerieder zu sagen. Es gibt zwar unendlich viele Analysennd Beschreibungen von einzelnen Bereichen und Pro-lemen, auch von Lösungswegen zu Afrika; daranerrscht kein Mangel. Aber was wir brauchen, ist eineartnerschaftliche Politik im Hinblick auf Afrika, die zuiner Umsetzung führt. Hier geht es um die Frage desdeliver“, wie es Kofi Annan in seiner letzten Rede aus-edrückt hat; das ist das Entscheidende.
Wenn man die Politik der Bundesregierung unvorein-enommen betrachtet, dann kann man sie genau so lobenie die der Europäischen Union. Es gibt viele Pläne,ösungswege und Unterstützungsprojekte zur Armuts-,unger- und Krankheitsbekämpfung, zum Schulden-bbau, zur Bekämpfung der Korruption sowie zururchsetzung der Menschenrechte und von Goodovernance. Es kommt aber nun darauf an – das ist auchufgabe des Parlaments –, dass wir der Umsetzung zu-ehmend mehr Kraft verleihen und Schwerpunkte set-en; denn wir können nicht alles auf einmal machen.Lassen Sie mich zwei Bereiche nennen, die in demntrag der Großen Koalition aufgeführt sind und die ichür das kommende halbe Jahr für besonders wichtigalte. Erstens. Wir können die Zusammenarbeit mitnseren Partnerparlamenten in Afrika verstärken.enn wir hier Fortschritte erreichen, dann tun wir vielür Transparenz, Good Governance, Kontrolle, Partizi-ation und Demokratie. Lassen Sie uns das bitte stärkern unsere Überlegungen einbeziehen.
Zweitens. Im Zusammenhang mit der notwendigennd richtigen militärischen Unterstützung für die Wah-en im Kongo als Begleitprozess haben wir gesehen,ass wir nicht allein oder schwerpunktmäßig Peacekee-ing betreiben oder militärische Einsätze durchführenürfen. Vielmehr müssen wir Peacebuilding, das heißtnstitutionbuilding betreiben, bevor Institutionen zusam-enbrechen. Wir müssen in dem Moment fördernd ein-reifen, in dem tatsächlich Möglichkeiten für die Ent-icklung von Demokratie und Gemeinsamkeiten entste-en.
ieses Peacebuilding liegt mir sehr am Herzen. Manch-al habe ich in der Öffentlichkeit den Eindruck, dass
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Dr. Herta Däubler-Gmelinwir viel leichter Geld für militärische Einsätze – welcherArt auch immer – bekommen als für Peacebuilding bzw.Institution-Building, das so wichtig für Empowermentist.
Lassen Sie mich noch einen Punkt aufgreifen, den dieBundesministerin angesprochen hat und der so wichtigist, dass er auf dem Afrikagipfel und dem G-8-Gipfel be-sprochen werden sollte. Das ist die wirklich üble Ent-wicklung des Braindrains. Wir alle sind zwar für afrika-nisches Empowerment und leisten viel Unterstützung.Aber das nutzt nichts, wenn Ärzte und andere Spezialis-ten nach ihrer Ausbildung in Afrika – davon berichtenKolleginnen und Kollegen, egal aus welchem afrikani-schen Land, immer wieder – meistens von englischspra-chigen, aber auch von französischsprachigen Ländernabgeworben werden. Dagegen können und sollten dieEU- und die G-8-Länder etwas tun.
Lassen Sie mich abschließend sagen: Partnerschaftli-che Politik mit und für Afrika ist Sache nicht nur diesesParlaments, sondern auch der Menschen – und zwar inzunehmendem Maße –, die sich zusammen mit partner-schaftlichen Organisationen in unseren Gemeinden undRegionen für Afrika einsetzen und hier ein unglaublichgroßes Engagement an den Tag legen.
Es sind nicht nur die großen Hilfsorganisationen, son-dern auch die partnerschaftlichen Organisationen, diezusammen mit den Menschen gegen Aids, Armut undHunger kämpfen sowie für Frauen und Kinder streiten.Ihnen sollten wir nicht nur Dank sagen, sondern auchunsere Unterstützung zusichern.Herzlichen Dank.
Letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt ist
die Kollegin Anke Eymer, CDU/CSU-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrtenDamen und Herren! Die außenpolitische Diskussion unddie internationale Wahrnehmung haben sich in den ver-gangenen Jahren vermehrt der Themen des afrikanischenKontinents angenommen. Wir wissen: Afrika ist keinRand- und auch kein Sonderthema. Dementsprechendnimmt Afrika auch in der deutschen Außenpolitik einewichtige Position ein. Der vorliegende Antrag der Koali-tion ist ein adäquater Ausdruck dafür.Eingedenk der Geschichte Afrikas und Europas mussZiel all unserer Bestrebungen sein, Afrika zu einem Pro-dukt der Afrikaner werden zu lassen. Wir setzen uns aufallen Ebenen für eine gleichberechtigte Politik in engerAGieeAVnhrpdDuuA–psDwpnnwaAUglunlJGdsbsKwbAfltWbvbc
Frau Müller, Sie meinten vorhin etwas anderes.Grundlage unseres Handelns sind der G-8-Aktions-lan für Afrika und die EU-Afrikastrategie. Im Rahmeneiner internationalen Bündnisse und Verpflichtungen isteutschland in den letzten Jahren zu einem aktiven undichtigen Protagonisten der internationalen Afrika-olitik geworden. Wir haben uns internationalen Missio-en nicht entzogen, und wir werden uns in Zukunft inter-ationalen Missionen nicht entziehen. Wir werdeneiterhin im Rahmen unserer Möglichkeiten aktiv Ver-ntwortung für Frieden und eine gute Entwicklung infrika übernehmen. Dazu gehört auch, die Afrikanischenion zu unterstützen. Dabei geht es um ihre Bemühun-en und Projekte für Frieden und eine stabile Entwick-ung in Afrika. Im internationalen Dialog vom Prinzipnd der Forderung nach guter Regierungsführung, alsoach Good Governance, abzurücken, wäre unverständ-ich und auch unverantwortlich.Auf einem Kontinent, auf dem in den vergangenenahren noch Millionen von Menschen durch Krieg undewalt vertrieben und getötet worden sind, müssen Frie-en und Sicherheit vorrangige Ziele jeder Bestrebungein. Eine erfolgreiche Sicherheits- und Friedenspolitikraucht starke afrikanische Partnerstaaten. Dazu gehörtinnvollerweise, regionale afrikanische Kapazitäten zuronfliktbewältigung und zur Konfliktprävention auszu-eiten und zu unterstützen. Das betrifft auch das Pro-lem der Migration, sowohl der Binnenvertriebenen infrika als auch jener Flüchtlinge, die unter Lebensge-ahr versuchen, nach Europa zu kommen. Es ist sicher-ich keine Lösung, die Kriterien der deutschen Asylpoli-ik im großen Stil aufzuweichen.
er vorgibt, mit solchen unrealistischen und unrealisier-aren Mitteln Probleme in Afrika lösen zu wollen, dieorrangig durch Prävention vor Ort zu lösen sind, derietet uns nur eine unverantwortliche Grimm’sche Mär-henstunde.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 83. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. März 2007 8403
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Anke Eymer
Sicherheit betrifft auch die Frage nach dem internatio-nalen Terrorismus. Das ist die Frage, inwieweit religiöseFundamentalisten in Afrika in jenen Bereichen Fuß fas-sen, die durch staatliche Strukturen nicht mehr kontrol-liert werden. Der interreligiöse und der interkulturelleDialog sind in diesem Zusammenhang eine wichtigeAufgabe. Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik istnicht nur für eine intellektuelle Elite fruchtbar. Elite istwichtig und muss auch gefördert und gehört werden. Ichmöchte an dieser Stelle auf die Arbeiten der UniversitätFort Hare hinweisen. Das ist eine Universität, die fürzahlreiche afrikanische Politiker der Ausgangspunkt warund ist. Kultureller Austausch und Präsenz helfen, aufbreiter Ebene Missverständnisse abzubauen. Hier istauch die Arbeit der zahlreichen Stiftungen und die Ar-beit des Goethe-Instituts zu nennen. Wir müssen dafürSorge tragen, dass in Zukunft ausreichend Mittel fürdiese Arbeit bereitstehen.
Was den Bereich der menschlichen Entwicklung an-geht, möchte ich einen Punkt herausstreichen – er wurdeim Laufe dieser Debatte schon angeführt –: die Bedro-hung durch Pandemien wie HIV und Aids, die eine be-sondere Gefährdung darstellen. Afrika ist von HIV undAids besonders stark betroffen, und es ist auf internatio-nale Hilfe angewiesen. Diese Hilfe muss die Versorgungder Betroffenen mit modernen Medikamenten sicherstel-len. Aber das Bewusstsein mancher Verantwortlicher inAfrika, ja selbst das Anerkennen, dass es HIV und Aidsgibt, ist leider nicht immer gegeben.
Wie dringend der Handlungsbedarf hier ist, muss nichtweiter unterstrichen werden.Zu diesem Thema gehört die besondere Rolle derFrauen und Mädchen; denn sie sind von HIV und Aidsstärker betroffen. Auch in diesem Bereich ist die Stär-kung der Position der Frauen und Mädchen dringendnotwendig.Der große Afrikaner und ehemalige Präsident vonSüdafrika, Nelson Mandela – er ist im Laufe dieser De-batte leider noch nicht erwähnt worden –, hat hierzu eineeinfache Wahrheit ausgesprochen – ich zitiere –:Wir müssen diese Krankheit beherrschen, sonstwerden wir von ihr beherrscht.Mandela ruft damit gleichzeitig alle Verantwortlichenauf, in dem Kampf gegen die Ausbreitung und in derSorge um die Betroffenen nicht nachzulassen.Deutsche Interessen in Afrika sind natürlich auchwirtschaftlicher Natur. Die Rohstoffe gehören den afri-kanischen Bevölkerungen, die am Gewinn fair beteiligtwerden müssen. Aber auch der Aufbau dauerhafter sta-biler Wirtschaftsstrukturen, die nicht nur auf Rohstoffab-bau ausgerichtet sein dürfen, gehört dazu.Ebenso wichtig ist der Dialog mit den neuen interna-tionalen Akteuren, die sich verstärkt für die afrikani-sumudsdBDFmtjdsads–s
Mit besonderem Dank an die letzte Rednerin, dieedenfalls einen kleinen Beitrag zur Wiederherstellunger ursprünglich vereinbarten Redezeit geleistet hat,chließe ich diese Debatte.Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagenuf den Drucksachen 16/4414, 16/4425 und 16/4410 anie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-chlagen. Sind Sie damit einverstanden?
Das wollte ich doch hören. – Dann ist das damit so be-chlossen.Ich rufe die Tagesordnungspunkte 26 a bis 26 c auf:a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für Wirtschaft und Tech-nologie
– zu dem Antrag der Abgeordneten GudrunKopp, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt,weiterer Abgeordneter und der Fraktion derFDPOrdnungspolitischer Kompass für die deut-sche Energiepolitik– zu dem Antrag der Abgeordneten Hans-KurtHill, Dr. Gesine Lötzsch, Eva Bulling-Schröter,weiterer Abgeordneter und der Fraktion derLINKENDie zukünftige Energieversorgung sozialund ökologisch gestalten– Drucksachen 16/589, 16/1082, 16/3582 –Berichterstattung:Abgeordneter Rolf Hempelmannb) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für Wirtschaft und Tech-nologie zu dem Antrag der Abge-ordneten Gudrun Kopp, Martin Zeil, Christian
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Präsident Dr. Norbert LammertAhrendt, weiterer Abgeordneter und der Fraktionder FDPBundeskartellamt stärken – AusgewogeneWettbewerbsaufsicht auf den Energiemärkten– Drucksachen 16/1678, 16/4076 –Berichterstattung:Abgeordneter Dr. Joachim Pfeifferc) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für Wirtschaft und Tech-nologie zu dem Antrag der Abge-ordneten Hans-Kurt Hill, Eva Bulling-Schröter,Lutz Heilmann, weiterer Abgeordneter und derFraktion der LINKENEnergiepreiskontrolle sicherstellen– Drucksachen 16/2505, 16/3585 –Berichterstattung:Abgeordneter Dr. Joachim PfeifferDie Fraktionen haben vereinbart, dass die Ausspracheeine Dreiviertelstunde dauern soll. – Ich höre dazu kei-nen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zu-nächst dem Kollegen Dr. Joachim Pfeiffer für die CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-ren! Wir debattieren heute eine ganze Reihe von energie-politischen Anträgen und Vorstellungen der Opposi-tionsfraktionen. Das Ganze gipfelt darin, dass einordnungspolitischer Kompass auch in der Energiepolitikeingefordert wird. Ich will gern versuchen, Ihnen darzu-legen, dass die Union und diese Bundesregierung einenordnungspolitischen Kompass in der Tasche haben, andem sich auch ihre alltägliche politische Arbeit ausrich-tet.Dies kann man von den Anträgen, die von den Oppo-sitionsparteien gestellt werden, allerdings nicht immerbehaupten. Wenn ich hier nur einmal die Anträge derLinken betrachte – beispielsweise bringen Sie die Forde-rung nach Verstaatlichung der Netze, die wir nächsteWoche diskutieren, aufs Tapet –, dann muss ich leiderfeststellen, dass Sie in dieser Frage jegliche ordnungs-politische Grundorientierung verloren haben. Auch beimanch anderem haben wir den Eindruck, dass Siemanchmal den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen oderzumindest partiell desorientiert sind.Wie ist die Lage, und wie ist unser ordnungspoliti-scher Kompass in der täglichen Arbeit und Umsetzungin der Energiepolitik? Ich will beim Thema „Strom undGas“ beginnen. Dort sind es im Wesentlichen drei Fakto-ren, die die Preise und die Entwicklung beeinflussen.Zum Ersten sind das die staatlich administriertenSteuern und Abgaben, die bei den Preisen für Haushalts-strom mittlerweile über 40 Prozent ausmachen; beimGas und auch beim Industrie- und Gewerbestrom ist dasesnHdVughAG1lttll8wtduedAzVdmageggMMd2dttEijsgs1hg
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Die klare ordnungspolitische Positionierung und Ori-entierung finden sich auch im Bereich des Klimaschut-zes wieder. Mit dem Gebäudesanierungsprogramm – esgeht um energetische Sanierungen im Bestand –, das ei-nen Umfang von knapp 2 Milliarden Euro hat, haben wirim letzten Jahr Investitionen von 10 bis 12 Milliar-den Euro ausgelöst. Nach neuesten Berechnungen ist dasgemeinsam mit allen zusammenhängenden und flankie-renden Maßnahmen – ich nenne beispielsweise nur dieAbsetzbarkeit der Kosten von Handwerkerleistungen imHßr0lnpshlssdnsEdgSeBuaAttnW–FmsdKnaK
Das Wort hat nun die Kollegin Gudrun Kopp, FDP-
raktion.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren und Da-en! Lieber Kollege Pfeiffer, es wäre schön, wenn die-es Parlament, diese Bundesregierung und die sie tragen-en Fraktionen tatsächlich einen ordnungspolitischenompass hätten. Dann bräuchten wir diesen Antragicht. Dem ist aber nicht so. Ich glaube, wir können auchngesichts der Debatten in dieser Woche zum Themalimaschutz sagen, dass eine preisgünstige, umweltver-
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Gudrun Koppträgliche und sichere Bereitstellung von Energie durch-aus eine Schicksalsfrage der Nation ist. An dieser Frageentscheidet sich sehr viel.Wir haben allerdings den Eindruck, dass die Energie-und Klimapolitik immer mehr zum Tummelplatz für je-dermann wird. In der Öffentlichkeit gibt es die abstru-sesten Vorschläge von Lobbygruppen und einzelnenMitgliedern von Parteien, die nicht den Eindruck bestäti-gen, den Sie, Herr Pfeiffer, eben versucht haben zu ver-mitteln. Zum Beispiel gibt es Vorschläge, die Netze zuverstaatlichen oder sie unabhängigen Betreibern zu über-geben. Andere Vorschläge lauten, Unternehmen zumVerkauf von ganzen Kraftwerken zu zwingen. Erneuer-bare Energien werden für 20 Jahre mit Garantiepreisenversehen und somit in den Markt gepresst. Kohlekraft-werke und die Kernenergie – so sagen manche – solltendagegen verboten werden.Die Debatte beinhaltet unter anderem Vorschläge zuFahrverboten, zu Glühbirnen und zu bestimmten Autos,die verboten werden sollen. Einige wollen am liebsten,dass die Preisgestaltung staatlich vorgegeben und ebennicht über eine Stärkung von Markt und Wettbewerb ge-funden werden soll. Einige wollen Emissionszertifikateversteigern, andere wollen diese verschenken und Steu-ern auf den CO2-Ausstoß erheben sowie die Steuern aufden Energiebedarf insgesamt anheben. Dieses Sammel-surium zeigt uns allen sehr deutlich, dass der Mehrheitder in der Politik Tätigen leider Kurs und Orientierungim ordnungspolitischen Sinn ziemlich abhanden gekom-men sind.
Lieber Kollege Pfeiffer, Sie haben gerade gesagt, dieGroße Koalition habe jetzt das Drehen an der Schraubevon Steuern und Abgaben auf die Energiepreise be-endet. Mit einer vorwochenendlichen Gedächtnislückehaben Sie wahrscheinlich verdrängt, dass wir zum1. Januar dieses Jahres eine Mehrwertsteuererhöhunghatten. Sie haben sicher ebenfalls verdrängt, dass dieKoalitionsfraktionen gemeinsam mit der Bundesregie-rung ein Gesetz erlassen haben, nach dem vorgesehenist, dass beispielsweise die Netzanschlusskosten für Off-shoreanlagen auf alle Netzbetreiber umgelegt werden.Damit werden wiederum Ausnahmetatbestände geschaf-fen, und es wird weiter an der Kostenschraube gedreht.Wir wollen gemeinsam daran arbeiten, dass die Kostenim Monopolbereich Netz sinken können und dass dieBürger am Ende auch davon profitieren können. Wirwollen nicht, dass der Staatshaushalt auf diese Weise ge-füllt wird und dass Politik immer mehr abschöpft.Ich habe in dieser Woche ausdrücklich gesagt: Ein-schließlich der Mehrwertsteuererhöhung haben sich dieSteuern und Abgaben von 1998 bis zum heutigen Tagbeispielsweise im Bereich der Strompreise um 91 Pro-zent erhöht. Das sind politische Fehlentscheidungen undFehlhandlungen. Das hat leider gar nichts mit einem ord-nungspolitischen Kompass zu tun.
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Dort sind sie von der Regierungskoalition abgelehntworden. Dennoch befassen wir uns heute zu unser allerÜberraschung erneut hier im Plenum des DeutschenBundestages damit.
Und vermutlich – die Opposition wird nicht damit rech-nen – werden die Anträge erneut das gleiche Schicksalerleiden und am Ende abgelehnt werden.
Das ist keine Trotzreaktion der Koalition, sondern hateinfach sachliche Gründe; denn – das ist vielleicht in derRede von Frau Kopp auch deutlich geworden – Energie-politik ist eben komplex.
Deswegen ist es normal, dass in einem Meinungsbil-dungsprozess, jedenfalls solange die Dinge noch nicht inGesetze gegossen sind, auch diese Komplexität der Mei-nungen zum Ausdruck kommt. Das hat auch etwas damitzu tun, dass Energiepolitik nicht ausschließlich zumBeispiel Umweltpolitik ist, sondern zum Beispiel auch– und vielleicht in manchen Bereichen vor allem – Wirt-schaftspolitik, dass sie je nachdem, um welche Projektees geht, auch Verkehrs- oder Baupolitik sein kann. Esgibt nationale oder regionale Aspekte genauso wie inter-nationale, europäische oder globale. Am Ende einer um-fassenden Diskussion müssen wir auch zu Entscheidun-gen kommen. Ich denke, Herr Dr. Pfeiffer hat durchausrichtig dargestellt, dass das, was jetzt kurz davor steht,ins Gesetzblatt zu kommen, ein in sich stimmiges Ge-samtkonzept widerspiegelt.Die meisten dieser Anträge befassen sich mit demThema Preise, insbesondere mit den Strom- und Gas-preisen. Im Grunde greift das sogar zu kurz. Wir müssenuns eigentlich mit den Energiepreisen insgesamt befas-sen, weil die Bürgerinnen und Bürger mittlerweile nichtnur unter der zweiten Miete, also den Strom- und Gas-preisen, sondern unter den Energiepreisen insgesamt lei-den. Dazu gehören auch Heizöl und Benzin.
Es ist unser aller Bestreben, dass es gerade im Zusam-menhang mit den ökologischen Herausforderungen, vordenen wir stehen, nicht dazu kommt, dass Energiebezugzum Privileg für wenige Reiche wird. Deswegen müssenwir unsere energiepolitischen Instrumente mit Blick aufdiese Herausforderungen anpassen.dVdrlLWlwusoVzdzgSmRsssskDsmcgildPkjSnawwggVbbOghkuaGme
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Meine Damen und Herren, die Vorschläge, wie siehier auf dem Tisch liegen, sind – ich habe das angedeutet –nicht wirklich zielführend. Ich glaube aber, dass wir, dieKoalition, nachweisen können, dass wir nicht bei nullanfangen. Schon die rot-grüne Koalition hat, am Endedann mit Unterstützung von Schwarz und Gelb im Ver-mittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat,das Energiewirtschaftsgesetz novelliert, die Bundesnetz-agentur installiert und letztlich dafür gesorgt, dass diesemittlerweile erfolgreich Netzentgelte reguliert und auchfür preisdämpfende Effekte sorgt.Das alles kann sicherlich noch sehr viel besser funk-tionieren, und das soll es auch im Rahmen der Anreiz-regulierung, die nach unserer Auffassung am 1. Januar2008 in Kraft treten soll. Es zeigt sich aber, dass eswahrscheinlich der 1. Januar 2009 wird. Deshalb – so istes bisher jedenfalls vom Wirtschaftsministerium undauch von der Bundesnetzagentur angedacht – soll es einezweite Ex-ante-Preisgenehmigungsrunde geben. UnserAppell ist, dass dann auf jeden Fall auf die Betriebskos-ten- und nicht so sehr auf die Kapitalkostenseite ge-schaut wird. Denn in der ersten Runde ist vieles gelun-gen, eines aber nicht, nämlich dass die wenigereffizienten Unternehmen in Bezug auf Effizienz deutlichmehr unter Druck geraten und der Druck auf die bereitseffizienten Unternehmen geringer ist. Das ist der Grund-gedanke der Anreizregulierung, sollte aber auch vor In-krafttreten der Anreizregulierung Grundprinzip sein.Das geht nur, wenn jetzt der Blick auf die Betriebskos-ten gelenkt wird. In der ersten Runde war es so, dass dieUnternehmen, die hohe Kapitalkosten hatten, diese sen-ken mussten. Diese hohen Kapitalkosten waren aber teil-weise dadurch begründet, dass man bereits Effizienz-maßnahmen ergriffen hatte, zum Beispiel Netze sanierthatte, was natürlich kapitalintensiv war und Kapitalkos-ten verursacht hatte. Diese Unternehmen haben auf deranderen Seite aber niedrigere Betriebskosten. – Jetztmuss sozusagen im Umkehrschluss die andere Seite ge-prüft werden, damit das Ganze einigermaßen ausgegli-chen wird.RcuLüKvdtNszsdbrbRadamwleekbSSgdnlhrgkBdKbzgZS
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Es spricht der Kollege Hans-Kurt Hill für Die Linke.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!err Hempelmann, Sie haben eben über die Komplexitäter Meinungen gesprochen. Das finde ich sehr gut. Ichmpfehle Ihnen einmal, in der „Frankfurter Rundschau“en Artikel von Staatssekretär Werner Müller
Michael Müller, Entschuldigung –, erschienen am. März dieses Jahres, zu lesen. Dort werden Sie dieomplexität der Meinungen wiederfinden.Zu unserem Antrag. Den Antrag „Die zukünftigenergieversorgung sozial und ökologisch gestalten“ ha-en wir vor einem Jahr gestellt; das ist eben angespro-hen worden. Ich sage: Er ist so aktuell wie nie zuvor.as liegt nach wie vor an der zunehmenden Brisanz dernergiepolitik und insbesondere an der Untätigkeit deregierung. Dass wir recht haben, zeigt nichts besser alser Antrag selbst. Schon beim Emissionshandel und beien Biokraftstoffen ist der Regierung Merkel die Reali-ät um die Ohren geflogen. Der faule Kompromiss beimebäudeenergiepass führt dazu, dass erst 2018 mit wirk-amen Energieeinsparungen zu rechnen ist. In Sachennergie und Klimaschutz fällt die Große Koalition imahmen der Ratspräsidentschaft nur durch Zurückrudernuf.
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Hans-Kurt HillIch möchte aber auf ein viel größeres Problem einge-hen. Die Bundesregierung ist dabei, eine klimafreundli-che und soziale Energiepolitik an den Nagel zu hängen.Am Mittwoch versprachen die Regierungsvertreter imUmweltausschuss, man sei bezüglich der Senkung derKlimagasemissionen um bis zu 40 Prozent im Gespräch.Aber im Gespräch ist die Große Koalition auch bei derAtomfrage.Ihr Versagen beim Klimaschutz wird deutlich, wennman sich die aktuelle Entwicklung in der Energiewirt-schaft ansieht. Fossile Kraftwerke in einem Umfangvon 60 000 Megawatt sind geplant, allein Steinkohle-kraftwerke in einem Umfang von 40 000 Megawatt. Essind also weit mehr Kohleblöcke geplant, als zurzeit inBetrieb sind. Die meisten der vorgesehenen CO2-Schleu-dern sollen bis zum Jahr 2012 laufen. Sie sind mit her-kömmlicher Technik ausgerüstet und für die CO2-Ab-spaltung nicht geeignet. Kollege Schwabe von der SPD– er ist leider nicht da – hat gestern in der „FrankfurterRundschau“ gefordert, ab 2015 solle es nur noch CO2-freie Kraftwerke geben. Das ist eindeutig zu spät, liebeSozialdemokraten.
Wenn die Bundesregierung jetzt nicht massiv in dieKraftwerksplanung eingreift, dann steigt der Klimagas-ausstoß in Deutschland in fünf Jahren über das Niveauvon 1990.Mir wird damit auch klar, weshalb sich das Bundes-wirtschaftsministerium beharrlich weigert, das Parla-ment über geplante Kraftwerke zu informieren. Sehr ge-ehrte Herren Glos und Gabriel, die unbequeme Wahrheitlautet: Ab 2008 dürfen keine neuen Kohleblöcke mehrgenehmigt werden; ansonsten kommen wir in TeufelsKlimaküche. Wir werden das in Kürze in einer Studienachweisen.Aber die Energiekonzerne machen derweil mit fossil-atomaren Steinzeitkraftwerken Kasse. ZentralistischeGroßkraftwerke sichern ihr Energiemonopol. Aus dieserPosition drehen sie nach Belieben an der Preisschraube.Sie verhindern gleichzeitig die Dezentralisierung derEnergieversorgung, und sie behindern den Netzzugangerneuerbarer Energien. Das ist Klimafrevel hoch zwei.
Die Zeche zahlen die Verbraucherinnen und Verbrau-cher mit überhöhten Strom- und Gasrechnungen. Des-halb ist eine wirksame Überwachung der Energiepreise,wie sie die Linke mit dem Antrag „Energiepreiskontrollesicherstellen“ fordert, unverzichtbar.
Strom- und Gasrechnungen nach Gutsherrenart könnenwir uns nicht leisten.Industrieminister Gabriel kommt derweil Klimaigno-ranten wie Audi zu Hilfe. Durch den Zwang der Beimi-schung klimaneutraler Biokraftstoffe zum fossilen Spritsoll der CO2-Ausstoß der Spritfresser heruntergerechnetwerden. Die Pioniere der Bioenergie hat Gabriel aberwie eine heiße Kartoffel fallen lassen. Zum Stopfen vonSgalufdnEbwssBgEmdkVGHsgvdbEhbAsaftsKa
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Die ganze Welt staunt über die industrielle Entwicklungder erneuerbaren Energien in Deutschland, und die FDPmäkelt an winzigen Strompreiserhöhungen und ord-nungspolitischen Fragen herum. Wettbewerb und Ord-nungspolitik sind in ihrem Antrag die einzigen dominan-ten Themen. Energieversorgungssicherheit undKlimaschutz spielen keine Rolle, ebenso wenig die dafürnotwendigen Maßnahmen.
Wettbewerb ist wichtig, sind es doch gerade die gro-ßen Oligopole, die wirksamen Klimaschutz mit erneuer-baren Energien und Energieeinsparung behindern. DerenMarktmacht muss natürlich mit mehr Wettbewerb ver-ringert werden. Aber Wettbewerb und Ordnungspolitiküber alle anderen Kriterien, zum Beispiel den Klima-schutz, zu stellen, wie Sie es in Ihrem vorliegenden An-trag tun, ist kein sinnvoller ordnungspolitischer Kom-pass.
Ich weiß, dass einige in der FDP die Wertigkeit desKlimaschutzes heute anders sehen, als es in diesem An-trag formuliert ist; die Diskussion im Umweltausschusszeigt dies deutlich. Ihr Antrag ist immerhin schon einJahr alt. Vor einem Jahr hat die FDP den Klimaschutz of-fensichtlich noch nicht so ernst genommen wie heute.Ich kann es deswegen nur für richtig befinden, wenn dieFDP angesichts der Erkenntnisse des IPCC ihren eige-nen Antrag heute ablehnt. Das wäre die einzig richtigeKonsequenz.
Nun zu den Anträgen der Linken. Hier gibt es erfreu-licherweise viele Übereinstimmungen mit den klima-schutzpolitischen Notwendigkeiten in der Energiepoli-tik. Die Betonung der schnellstmöglichen Abkehr vonatomaren und fossilen Energien ist genauso wichtig wiedie Betonung der Aussage, die zukünftige Energiever-sorgung sozial gestalten zu wollen. Dies findet unsereZustimmung.EbdlgmgKkSdKddmmdEdtwdSsoKn–erDbdFDHnf
eit Jahren sinken sogar die Technikkosten. Bei steigen-er Verbreitung der erneuerbaren Energien werden dieseosten weiter sinken.Dass Sie von der Linken immer noch an die Allmachtes Staates glauben, drücken Sie mit der Forderung nacher Verstaatlichung der Netze aus. Dies können wir nichtittragen. Wirklicher Wettbewerb auf dem Energie-arkt ist sinnvoller als staatlicher Besitz. Da sind wirurchaus näher bei den Freien Demokraten.Aber Wettbewerb allein als Allheilmittel für allenergieprobleme greift nicht, wenn man zum Beispielie Menschheitsherausforderung „Klimaschutz“ bewäl-igen will. Hier muss und kann wesentlich mehr getanerden, als die Große Koalition macht, was heute wie-er betont wurde. Sie reden nur von Maßnahmen, aberie handeln nicht, oder Sie handeln so, dass es Rück-chritte gibt: Die ersten Biodieselproduzenten schließender gehen ins Ausland. Ein Wärmegesetz steht zwar imoalitionsvertrag, aber eine Realisierung ist immer nochicht zu sehen. Über eine europäische Biogasstrategiestatt der Erdgasabhängigkeit – diskutieren Sie nichtinmal. – Die Große Koalition muss endlich aufhören zueden und endlich handeln.Zu den Freien Demokraten sage ich zum Abschluss:er ordnungspolitische Kompass, den Sie vorgelegt ha-en, ist ein missweisender Kompass und führt deshalb inie Irre.
Albert Rupprecht hat das Wort für die CDU/CSU-
raktion.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!er Antrag der FDP ist im Grundsatz absolut richtig.
Sie schreiben in Ihrem Antrag:Die Grundsätze der sozialen Marktwirtschaft ... sol-len auch in der Energiepolitik in stärkerem MaßeBedeutung erhalten.ier haben Sie meine absolute Zustimmung. Eine ver-ünftige Energiepolitik braucht zwingend endlich einenunktionierenden Wettbewerb. Das ist die Schlüsselfrage
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Albert Rupprecht
überhaupt. Es darf nicht so sein wie bisher: Vier großeOligopolisten teilen den Markt unter sich auf, verlangenvollkommen überhöhte Preise und kassieren dabei Milli-arden als Monopolgewinne.Ihre zweite Kernaussage, Frau Kopp, ist zumindestim zweiten Teil falsch. Sie schreiben:... die ideologisch motivierte Energiepolitik ... dervergangenen sieben Jahre– Anmerkung: unter Rot-Grün –ist gescheitert, und es zeichnet sich unter der gro-ßen Koalition– Anmerkung: unter Schwarz-Rot –... keine Verbesserung ab.Kanzler Schröder und seine Minister Müller undClement haben in der Tat in diesen sieben Jahren dieMachtkonzentration in der Energiewirtschaft begüns-tigt. Minister Glos hingegen kämpft massiv darum, dieseMachtkonzentration aufzubrechen und Wettbewerb zu-gunsten der Verbraucher zu schaffen.
Das ist ein Riesenunterschied. Deswegen ist Ihre Bewer-tung in der Sache falsch. Es zeichnet sich sehr wohl eineBesserung ab.
Sehr geehrte Damen und Herren, natürlich wurdenhier unter Kanzler Schröder massive Fehler gemacht. Eswar ein Fehler, 2003 mit der Verrechtlichung der Ver-bändevereinbarung den jungen Wettbewerb zu ersticken.Es war ein Fehler, bei der Vorwärtsintegration der gro-ßen Stromkonzerne in die Kommunalunternehmen taten-los zuzusehen.
Es war ein Fehler, dass der Minister die Fusion von Eonund Ruhrgas genehmigt hat.
Das Leitbild war eben nicht primär mehr Wettbewerb,sondern das Leitbild waren nationale Champions. DieVorstellung war, mit Rückendeckung der deutschen Poli-tik deutschen Großunternehmen auf dem Weltmarkt zuhelfen. Die Förderung des Wettbewerbs hatte beiKanzler Schröder kein großes Gewicht.
Um das aus heutiger Sicht klar zu bewerten: Das warder falsche Weg. Es kann doch nicht sein, dass deutscheVerbraucher aufgrund der vollkommen überhöhtenPreise finanzieren, dass deutsche Unternehmen ir-gendwo auf der Welt einkaufen gehen.
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as hat nichts, aber auch gar nichts mit vernünftigerirtschaftspolitik, geschweige denn mit nationalen Inte-essen oder Patriotismus zu tun.
ationale Interessen fördert man, indem man in Bildungnd Forschung am Standort Deutschland investiert, inute Infrastruktur, niedrige Steuern und einen funktio-ierenden, lebendigen Wettbewerb.Die Kernaussage von Ludwig Erhard ist bis heuteichtungweisend und richtig, auch was die Energiepoli-ik betrifft – ich zitiere –:Unsere Wirtschaftspolitik dient dem Verbraucher,er allein ist Maßstab und Richter allen wirtschaftli-chen Tuns.
n diesem Sinne ist die Energiepolitik von Minister Glosindeutig eine Kehrtwende. Ihre Maxime ist die Förde-ung des Wettbewerbs zum Wohle der Verbraucher. Imahr 2007 wird ein umfangreiches Maßnahmenpaketerabschiedet, um auf dem Energiemarkt mehr Wettbe-erb zu schaffen.Um nur einige dieser Maßnahmen zu nennen: Erstens.ie angesprochene Verordnung zur Anreizregulierungird hoffentlich am 1. Januar 2008, spätestens aber am. Januar 2009 in Kraft treten. Zweitens. Die Investitio-en werden vorangetrieben. Einige Stromanbieter habennzwischen Investitionen in Milliardenhöhe zugesagt.rittens. Mit § 29 GWB werden wir das Bundeskartell-mt im Kampf gegen überhöhte Preise massiv stärken.iertens. Die Energiepolitik ist der überragende Schwer-unkt der deutschen EU-Ratspräsidentschaft. Zur Ent-tehung eines europäischen Strommarktes werden mas-ive Investitionen in Kuppelstellen an den Grenzenetätigt.Keine Frage: Wenn all diese Maßnahmen innerhalber nächsten drei bis vier Jahre nicht zu erheblich mehrettbewerb führen, dann werden wir letztendlich auchn Deutschland ernsthaft über eine eigentumsrechtlichentflechtung reden müssen.
iel ist und bleibt ganz klar ein funktionierender Wettbe-erb – mit Energie zu niedrigen Preisen zum Wohle dererbraucher.Herzlichen Dank.
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Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Wirtschaft und Technologie auf
Drucksache 16/3582. Der Ausschuss empfiehlt unter
Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung
des Antrags der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/589
mit dem Titel „Ordnungspolitischer Kompass für die
deutsche Energiepolitik“. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? –
Die Beschlussempfehlung ist angenommen mit den
Stimmen der Koalition, des Bündnisses 90/Die Grünen
und der Linken gegen die Stimmen der FDP.
Unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung emp-
fiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der
Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/1082 mit dem
Titel „Die zukünftige Energieversorgung sozial und öko-
logisch gestalten“. Wer stimmt für diese Beschlussemp-
fehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Diese Be-
schlussempfehlung ist ebenfalls angenommen mit den
Stimmen der Großen Koalition und der FDP gegen die
Stimmen der Linksfraktion bei Enthaltung des
Bündnisses 90/Die Grünen.
Tagesordnungspunkt 26 b. Beschlussempfehlung des
Ausschusses für Wirtschaft und Technologie auf Druck-
sache 16/4076 zu dem Antrag der Fraktion der FDP mit
dem Titel „Bundeskartellamt stärken – Ausgewogene
Wettbewerbsaufsicht auf den Energiemärkten“. Der Aus-
schuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 16/1678 ab-
zulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist die Be-
schlussempfehlung angenommen mit den Stimmen der
CDU/CSU-Fraktion, der SPD-Fraktion, der Fraktion
Die Linke und der Fraktion des Bündnisses 90/DieGrü-
nen gegen die Stimmen der FDP-Fraktion.
Tagesordnungspunkt 26 c. Beschlussempfehlung des
Ausschusses für Wirtschaft und Technologie auf Druck-
sache 16/3585 zu dem Antrag der Fraktion Die Linke
mit dem Titel „Energiepreiskontrolle sicherstellen“. Der
Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 16/2505
abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Damit ist die
Beschlussempfehlung angenommen bei Zustimmung der
Koalition, der Fraktionen der FDP und des Bündnis-
ses 90/Die Grünen gegen die Stimmen der Fraktion Die
Linke.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 28 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Lukrezia Jochimsen, Katja Kipping, Dr. Petra
Sitte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
LINKEN
Schutz des Welterbes im Konflikt um die
Waldschlösschenbrücke in den Vordergrund
stellen
– Drucksache 16/4411 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien
Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
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zu dem Antrag der Abgeordne-
enn es geht bei diesem Konflikt aus unserer Sicht nichtur um eine Dresdener Lokalangelegenheit und auchicht nur um eine Sache Sachsens.
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Dr. Lukrezia JochimsenDie Bundesregierung hat sich inzwischen eingeschaltet,und auch der Ausschuss hat sich mit diesem Thema be-fasst. Denn es steht viel auf dem Spiel: unsere nationaleVertragstreue bei völkerrechtlichen Verpflichtungen, un-sere internationale Glaubwürdigkeit im Bereich desDenkmalschutzes und unsere Fürsorgepflicht gegenüberden Kulturstätten Deutschlands, die sich zurzeit und inZukunft um den Titel „Welterbe“ bei der UNESCO be-werben.Deshalb hat unsere Fraktion einen aktualisierten An-trag eingebracht, der den Expertenvorschlag des Media-tionsverfahrens aufnimmt, im Rahmen einer moderier-ten Perspektivenwerkstatt eine Lösung zu finden. Dafürmüsste sich jetzt die Bundesregierung einsetzen. In dieseRichtung geht auch die Erklärung der SPD-Fraktion; siedeckt sich mit unserem heutigen Antrag. Umso unver-ständlicher ist mir, dass die Beschlussempfehlung desAusschusses für Kultur und Medien lautet, unseren An-trag abzulehnen.Wir wissen, dass der Streit zurzeit noch beim Ober-verwaltungsgericht Bautzen anhängig ist. Ursprünglichwurde mit einer Entscheidung vor dieser Plenardebattegerechnet. Aus Respekt vor dem laufenden Rechtsver-fahren wollen wir heute keine dezidierte Stellungnahmein der Sache vornehmen. Aber wir wollen uns mit denKonsequenzen befassen, die aus dem Konfliktfall zu zie-hen sind, ganz unabhängig davon, wie das Gerichts-urteil ausfällt und der Streit sich fortsetzen wird. Wirsind überzeugt, dass die Bundesregierung sich an denEntscheidungsprozessen betreffend Welterbestätten inDeutschland in Zukunft von Anfang an beteiligen sollte.
Wie wäre die Einrichtung eines Referats beim Staats-minister für Kultur und Medien – er ist leider nicht da –,
welches im Fall von Konflikten rechtzeitig Vermittlunganbieten kann, ein Mediator für alle Fälle, eine Art Clea-ringstelle? Denn eines ist absehbar: In Zukunft wird eseher mehr als weniger Konflikte um die Anerkennungdes Welterbetitels geben. Einzigartigkeit und Authentizi-tät verlangt die UNESCO. Doch diese beiden Kriteriensind in einem modernen, auf Wachstum und Verände-rung setzenden Land oft schwer miteinander zu verein-baren. Das gilt auch und gerade dann, wenn man Kultur-schätze bewahren und herausstellen möchte.In diesem Sinne lautet unser Vorschlag, aus demStreit um die Waldschlösschenbrücke in Dresden zu ler-nen. Die Bundesregierung muss in diesem Fall vermit-teln und – in geeigneter Form – bei allen zukünftigenBewerbungen umso mehr.Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.
Jetzt hat Arnold Vaatz das Wort für die CDU/CSU-
Fraktion.
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er eine solche Auffassung von Seriosität hat, zeigt,
ass er das Parlament offenbar genauso wenig ernst
immt, wie Sie in Dresden den Bürgerwillen ernst neh-
en wollen.
Sie versuchen offensichtlich, ein laufendes Gerichts-
erfahren zu beeinflussen. In der Sache hat nicht der
eutsche Bundestag zu entscheiden, sondern – das wis-
en Sie auch – das Oberverwaltungsgericht Bautzen. Sie
ollten aufhören, den Wählern Zuständigkeiten vorzu-
äuschen, die Sie nicht haben.
Möchten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Katja
ipping zulassen, Herr Vaatz?
Nein. – Das vom Oberverwaltungsgericht Bautzen er-öglichte Mediationsverfahren ist gescheitert. Das wardarauf haben der Kollege Mücke und ich übrigenschon während der Anhörung im Kulturausschuss hinge-iesen – auch nicht anders zu erwarten. Ich behaupte so-ar, es war von Ihnen eingeplant.Genauso falsch ist die gelegentlich vorgetragene Be-auptung, der Bau der Waldschlösschenbrücke bedeuteinen Verstoß gegen das Völkerrecht. Was das Überein-ommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes derelt angeht, existiert kein Gesetz, das seine Transforma-ion in deutsches Recht vorschreibt. Damit bindet es we-er die Bundesrepublik Deutschland noch den Freistaatachsen und die Stadt Dresden. Es kann nicht einmal ge-en einen Bürgerentscheid abgewogen werden.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 83. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. März 2007 8415
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Arnold VaatzFerner ist das UNESCO-Welterbekomitee nicht zuverbindlichen Entscheidungen gegenüber Vertragsstaa-ten oder einzelnen Kommunen berechtigt. Das ist dienüchterne Rechtslage. Wenn Sie das nicht glauben, dannbitte ich Sie, die Urteilsverkündung abzuwarten. Dannwissen Sie das auch.Dresden hat – das haben Sie bisher immer verschwie-gen – den Antrag zur Aufnahme in die Weltkulturerbe-liste mit einem gültigen Stadtratsbeschluss zum Bau derBrücke gestellt und den Zuschlag erhalten.
Die UNESCO kannte die Pläne zum Bau der Wald-schlösschenbrücke bis ins Detail.
Drei Gutachter des von der UNESCO beauftragtenGremiums, von ICOMOS, haben sich vor Ort von demBauvorhaben informieren können. Diese Gutachter ha-ben nicht einmal ansatzweise ein Problem darin gesehen,dass das Dresdener Elbtal auch mit der Wald-schlösschenbrücke zum Welterbe erklärt wird. Sie habenkeinen Bedarf für zusätzliche Prüfungen gesehen, son-dern im Gegenteil die Einbettung der Brücke in dieLandschaft mit der Feststellung gelobt, sie sei ausrei-chend schlank und niedrig, um eine massive Wirkung inder Landschaft zu vermeiden. Das war die Einschätzungder UNESCO-Gutachter.
Nun hat auf massiven Druck der im Plebiszit Unterle-genen die UNESCO-Führung in Berlin bei der Universi-tät in Aachen ein Gefälligkeitsgutachten in Auftrag ge-geben, das später acht Professoren der TU Dresden unterdie Lupe genommen haben, die eine ganze Reihe vonhandwerklichen Fehlern bis hin zu fatalen Zeugnissenvon Unkenntnis der Ortslage entdeckt haben. DiesesGutachten der Universität Aachen ist die Grundlage fürden Beschluss von Vilnius, Dresden auf die Rote Listezu setzen. Ich sage Ihnen voraus: Wenn die UNESCOdiese Praxis fortsetzt, dann verliert nicht die Stadt Dres-den an Autorität, sondern das für uns sehr wichtige Gre-mium der UNESCO.
Der Brückenbau wurde in einem ordentlichen Bürger-entscheid mit Zweidrittelmehrheit beschlossen. DieWahlbeteiligung bei diesem Plebiszit war höher als beider vorangegangenen Kommunalwahl, Frau Jochimsen.Die klare Entscheidung für die Brücke ist nicht aus Lustan Eingriffen in das Stadtbild oder aus Zerstörungswutder Dresdner erfolgt, sondern deshalb, weil der Verzichtauf die Brücke verheerende verkehrliche, wirtschaftlicheund stadtentwicklungsgefährdende Folgen hätte; das istdie Realität.
Alle diese Betrachtungen haben in Ihren Erwägungenbislang keine Rolle gespielt.vJskVsGSFldvevbndVgPranNflckh–na–M
Nur der Vollständigkeit halber: Ohne diese Brückeerläuft die Verkehrsführung in der Stadt Dresden aufahre hinaus hufeisenförmig, weil die benachbarte Fluss-eite nur durch eine entfernte Brücke erreicht werdenann. Die zusätzlichen Verkehrswege, die zusätzlicheerschmutzung, die zusätzlichen Wartezeiten, den zu-ätzlichen Aufwand und die zusätzliche Entwertung vonrundstücken, alles das werden Sie verursachen, wennie sich durchsetzen.
Wer von einem möglichen Kompromiss in dieserrage redet, der spekuliert auf die Unkenntnis der Sach-age beim Publikum und hat die wahre Absicht, den Bauer Brücke zu vereiteln. Das Scheitern des Mediations-erfahrens bestätigt das. Jedes andere Verfahren, ob Sies nun moderierte Perspektivenwerkstatt oder perspekti-ische Moderationswerkstatt – oder welche andere ver-ale Flucht in die Infantilität Ihnen auch immer einfällt –ennen, ist nichts anderes als der Versuch, die Entschei-ung so lange hinauszuzögern, bis die Bindekraft desolksentscheides kraft Gesetzes erlischt. Das ist das ei-entliche Ziel, das Sie verfolgen.
Die Bürger der Stadt Dresden erwarten aber von derolitik, dass ihnen erlaubt wird, das umzusetzen, was sieechtens entschieden haben. Danach bemisst sich unternderem ihr Vertrauen in die Demokratie,
ämlich danach, ob der Unterlegene in der Lage ist, eineiederlage zu akzeptieren oder nicht. Das sind Sie nicht.Wie immer die Angelegenheit ausgeht, ich bin deresten Überzeugung, dass es Ihnen misslingen wird, po-itisches Kapital aus der möglichen Vereitlung der Brü-ke zu schlagen, und zwar aus folgenden Gründen:Erstens. Die Menschen werden über Jahre hin mer-en, was Sie ihnen eingebrockt haben.Zweitens. Die Stadt Dresden war 1945 ein Trümmer-aufen. Über 25 000 Tote wurden damals
ich habe die Bitte, dass Sie das einmal zur Kenntnisehmen –
uf Eisenbahnschienen auf dem Altmarkt verbrannt.
Lassen Sie mich doch bitte einmal ausreden! – Dieenschen waren mental und materiell so schwer getrof-
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8416 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 83. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. März 2007
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Arnold Vaatzfen, wie man es sich nicht schlimmer vorstellen kann.Nun haben die Dresdner die Zeit nach 1945 genutzt, umihre Stadt wiederaufzubauen. Das ist eine einzigartigeLeistung. Zu diesem Schluss kommt man, wenn man dieAusgangsposition betrachtet, an deren Beschreibung Siemich hindern wollten.
Diese Leistung, auf die die Dresdner berechtigter-weise stolz sind, zumal seit die Frauenkirche wiedersteht, ist nahezu einzigartig in der Welt; denn das Ganzewurde nicht ausschließlich öffentlich finanziert, sondernzum Teil privat, falls Ihnen das entgangen sein sollte. Ichglaube nicht, dass die Dresdner, die das alles ohne dieFürsorge, das Geld und die Ratschläge der UNESCO ge-schafft haben, es akzeptieren werden, dass die UNESCO– so scheint es –, nachdem alles fertig ist, sich quasi indas gemachte Nest setzt und beginnt, die Bürger vor sichselber zu schützen.Das werden die Dresdner niemals akzeptieren.
Ich sage Ihnen: Auch etliche Personen von der Minder-heit, an die Sie appellieren, denken in dieser Frage ge-nauso. Bedenken Sie, was Sie anrichten, wenn Sie weiterin dieser Art argumentieren.Vielen Dank.
Ich gebe jetzt Katja Kipping das Wort zu einer Kurz-
intervention.
Herr Vaatz, es geht heute nicht um die verkehrliche
Wirkung der Brücke, wobei ich glaube, dass Sie einem
fatalen Irrtum unterliegen; denn die Brücke wird die
Stadt nicht entlasten, sondern vor allem Durchgangsver-
kehr nach Dresden bringen.
Ich habe mich zu Wort gemeldet, weil Sie der Linken
unterstellt haben, sie missachte den Bürgerwillen. Diese
perfide Unterstellung darf nicht unwidersprochen blei-
ben.
Die Linke hat – das wissen Sie sehr genau – nach dem
Bürgerentscheid gesagt, sie habe bis zuletzt für ein ande-
res Votum gekämpft, aber jetzt akzeptiere sie diesen
Bürgerentscheid.
Wir müssen jedoch auch zur Kenntnis nehmen, Herr
Vaatz, dass inzwischen ein neuer Tatbestand eingetreten
ist. Eine Vielzahl von Leuten, die beim Bürgerentscheid
für die Brücke gestimmt haben, hat gesagt, dass sie die
Brücke nicht zu dem Preis wollten, dass das Dresdner
Elbtal den Titel „Weltkulturerbe“ verliert. Weil Sie, Herr
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Herr Vaatz.
Frau Kollegin Kipping, dass bei Ihnen die politische
nkündigung mit dem Handeln oder auch Wort und Tat
icht übereinstimmen, haben Sie nicht erst bei dieser
elegenheit bewiesen.
enn Sie im Stadtrat so reden und politisch anders han-
eln, dann spricht das nicht unbedingt dafür, dass Sie tat-
ächlich bereit sind, demokratische Entscheidungen zu
kzeptieren.
Was Sie zu der Verkehrsführung gesagt haben, halte
ch für kompletten Unsinn, wenn ich das einmal so sagen
arf. Das sieht im Übrigen jeder, der den Stadtplan be-
rachtet. Was Sie weiterhin über die Notwendigkeit des
itels „Weltkulturerbe“ gesagt haben, bestreiten die Tou-
ismusverbände kategorisch. Sie sind an einem Ver-
ehrsfluss in dieser Region von Dresden weitaus interes-
ierter als an dem Titel „Weltkulturerbe“.
Sie hatten noch etwas über die Zustimmung der Be-
ölkerung gesagt. Da verweise ich Sie auf die „DNN“
on voriger Woche. Dort wird genau das Gegenteil von
em belegt, was Sie gerade behauptet haben. Im Übrigen
ählt ein gültiger Volksentscheid. Es zählt niemals ir-
endeine Umfrage, wie immer sie ausfällt.
Jetzt gebe ich das Wort Jan Mücke für die FDP.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen underren! Ich möchte am Anfang mit einem Irrtum aufräu-en, dem die Kollegin Kipping hier erlegen ist. Sie istavon ausgegangen, dass die Dresdnerinnen und Dresd-er beim Bürgerentscheid nicht darüber informiert ge-
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 83. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. März 2007 8417
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Jan Mückewesen sind, dass es sich beim Dresdner Elbtal um einWeltkulturerbe handeln würde.
Das ist falsch. Der Bürgerentscheid zur Wald-schlösschenbrücke – das muss man hier noch einmal sa-gen – ist ein Musterbeispiel für direkte Demokratie unddafür, wie demokratische Prozesse richtig durchgeführtwerden.
Es hat zu diesem Bürgerentscheid ein Abstimmungs-buch gegeben, welches jeder Dresdner Haushalt in denBriefkasten bekommen hat. Auf acht Seiten konnten so-wohl die Gegner als auch die Befürworter der Wald-schlösschenbrücke ihre Position deutlich machen.Ich darf Ihnen mit Genehmigung der Frau Präsidentinzitieren, was die Gegner der Waldschlösschenbrücke aufSeite 1 dieses Buches geschrieben haben:Liebe Dresdnerinnen und Dresdner! … Sie habendie Möglichkeit zu entscheiden: … Vor allem aberwerden Sie bestimmen, wie mit der einzigartigenElbtallandschaft, die zum UNESCO-Weltkulturerbegehört, umgegangen wird.
Wir– die Gegner –meinen: Diese Brücke ist zu teuer. Sie löst die Ver-kehrsprobleme nicht. Sie schädigt die einmaligeElblandschaft.Das haben die Gegner der Waldschlösschenbrücke indiesem Abstimmungsbuch geschrieben. In Kenntnisdieser Behauptung, die sie in diesem Abstimmungsbuchaufgestellt haben, in Kenntnis der Tatsache, dass es sichum etwas handelt, was zum UNESCO-Weltkulturerbegehört, haben sich die Dresdnerinnen und Dresdner zu68 Prozent für die Bau der Waldschlösschenbrücke ent-schieden, und in einer Demokratie hat zu gelten, was dieMehrheit des Volkes will.
– Ich weiß, dass Sie das alles sehr aufregt. Ich weißauch, dass die Linke mit Instrumenten direkter Demo-kratie immer dann kommt, wenn Sonntagsreden gehal-ten werden müssen,
aber nicht dann, wenn es um die tatsächliche Umsetzungvon direkter Demokratie geht.nlvddsWgfSsahdDaDvsIpsW–igpeghb
ass für den Bau der Waldschlösschenbrücke 58 Prozentind – auch wenn es die Zugehörigkeit zum UNESCO-eltkulturerbe kosten würde – und dass 25 Prozent da-egen sind. Ich kann Ihnen diese Umfrage gern zur Ver-ügung stellen.
ie stammt vom Institut für Kommunikationswissen-chaften der Technischen Universität Dresden. Es istlso kein Gefälligkeitsgutachten.Dass Sie mit direkter Demokratie ein Problem haben,aben wir schon mehrfach beobachten können. Es ist be-auerlich, dass Sie den demokratischen Willen derresdner mit Füßen treten. Das ist die Wahrheit.
Mit Füßen getreten haben die Demokratie allerdingsuch die Mediatoren.
as muss man kritisch anmerken. Dieses Mediations-erfahren hat nicht dazu geführt, dass verschiedene Po-itionen zusammengeführt werden.
m Gegenteil: Die Mediatoren haben auf einer Maximal-osition beharrt, indem sie gesagt haben: Wald-chlösschenbrücke – auf gar keinen Fall. Auf dieseeise kann man Mediation nicht betreiben.
Ja, Sie sind ja auch nicht für alles verantwortlich. Aberch bin mir ziemlich sicher: Wenn Sie die Mediatorenestellt hätten, dann wäre das Ergebnis ähnlich katastro-hal ausgefallen.
Mir ist völlig unverständlich, warum die Mediatoreninen bestimmten Weg nicht gegangen sind, den ich ei-entlich für einen akzeptablen Kompromiss gehaltenabe. Es ist ja ganz häufig so, dass Verkehrsprojekte Pro-leme in landschaftlicher oder in anderer Hinsicht her-
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8418 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 83. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. März 2007
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Jan Mückevorrufen. Daher haben wir, der Gesetzgeber, die Mög-lichkeit geschaffen, Ausgleichsmaßnahmen vorzusehen.Ich verstehe nicht, warum die Mediatoren diese Chancenicht genutzt haben. So hätte die Wertschätzung für die-ses Weltkulturerbe, die selbstverständlich vorhanden ist,zum Ausdruck gebracht werden können. Ich will Ihnenzwei konkrete Beispiele nennen.Es gibt im Gebiet dieses Weltkulturerbes zwei Schlös-ser, die dringend sanierungsbedürftig sind: Das eine istdie Villa Stockhausen, und das zweite ist das SchlossÜbigau. Beide Häuser sind ruinös; beide müssen saniertwerden. Die Sanierung beider Villen mit öffentlichenMitteln wäre ein idealer Anlass gewesen, um auch derUNESCO zu zeigen: Wir nehmen diesen Titel ernst; aberwir können am Bürgervotum nicht vorbei. Wir werdenund wir wollen diese Brücke bauen; aber wir werden ananderer Stelle einen Ausgleich für diesen Eingriff in dasWeltkulturerbe schaffen. – Das wäre aus meiner Sichtund aus der Sicht der FDP-Fraktion ein akzeptablerKompromiss gewesen.Stattdessen haben die Mediatoren auf Maximalposi-tionen beharrt, und wer auf Maximalpositionen beharrt,der wird am Ende eine Entscheidung vor Gericht nichtvermeiden können. Wir werden sehen, wie das Oberver-waltungsgericht in der nächsten Woche entscheidenwird. Ich bin sehr zuversichtlich, dass die dritte Gewaltdes Staates den Willen des Volkes akzeptiert.Vielen Dank.
Herr Mücke, möchten Sie eine Nachfrage der Kolle-
gin Kurth zulassen, die eigentlich eine Zwischenfrage
sein sollte?
Bitte schön.
Bitte schön.
Undine Kurth (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):
Herr Mücke, Sie haben eben als Vorschlag für die
Mediatorengruppe angegeben: Es hätten Ausgleichs-
maßnahmen geprüft werden sollen. – Ich frage Sie, ob
Ihnen bewusst ist, dass es hier nicht um eine Pflichtauf-
gabe geht, die die Sanierung denkmalgeschützter Ge-
bäude, zum Beispiel Schlösser, betrifft – das wäre über-
haupt nicht in Erwägung zu ziehen gewesen –, sondern
darum, dass hier das Gesamtbild des Welterbes zerstört
würde. Es ist völlig unerheblich, was da saniert ist oder
nicht saniert ist. Ich frage Sie also: Ist Ihnen bewusst,
dass Ausgleichsmaßnahmen zum Erhalt eines Gesamt-
bildes, das geschützt ist, nicht tauglich sind?
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Ich habe Ihnen lange zugehört, Frau Jochimsen. Ich
eiß, dass Ihnen das schwerfällt,
eil es für Sie unangenehm ist, dass Sie den Bürgerwil-
en mit Füßen treten. Ich wäre Ihnen verbunden, wenn
ie mich trotzdem einfach ausreden lassen würden.
Es ging in dieser Frage darum, einen Kompromiss zu
inden. Dabei sind die Mediatoren gnadenlos gescheitert.
ichtig wäre es gewesen, diesen Ausgleich zu finden.
as ist leider gescheitert.
Man muss eines sehen – das möchte noch kurz ergän-
en –: Die UNESCO-Welterbekonvention hat einen
anz entscheidenden Fehler: Sie sieht für den Konflikt-
all keinerlei Regelungen vor. Da ist die Bundesregie-
ung gefordert, international aktiv zu werden mit dem
iel, dass es dafür künftig Regeln gibt:
ie findet eine Mediation statt? Sind alle Entscheidun-
en des Welterbekomitees eigentlich sakrosankt, oder
üssen diese nicht möglicherweise auch überprüft wer-
en können?
Das alles sind Fragen, die geklärt werden müssen. So-
ange dies nicht geschehen ist, ist für uns als FDP-Frak-
ion die Entscheidung ganz klar: Art. 20 Abs. 2 Grund-
esetz:
Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.
Vielen Dank.
Jetzt erteile ich das Wort dem Kollegen Wolfganghierse für die SPD-Fraktion.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 83. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. März 2007 8419
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)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Eine kleine Bemerkung vorweg, Kollege Vaatz: Wir
sollten der UNESCO nicht drohen, wie Sie das hier ge-
macht haben.
Zweitens. Ich finde es unangemessen, dass man das
Leid der Dresdener von 1945 für eine Entscheidung in-
strumentalisiert, über die man streiten kann. Das finde
ich hochproblematisch.
Im Übrigen: Es geht auch nicht so sehr um eine juris-
tische Frage; dann wäre es relativ einfach. Es geht uns
auch nicht darum, Kollege Vaatz, uns einen parteipoliti-
schen Vorteil zu verschaffen, sondern es geht um einen
beunruhigenden Konflikt. Die geplante Waldschlöss-
chenbrücke durchschneidet und zerstört das unter dem
besonderen Schutz des UNESCO-Titels „Weltkultur-
erbe“ stehende wunderschöne Elbtal.
– Moment einmal! Ich beschreibe doch nur den Kon-
flikt. – Es geht um einen Konflikt einerseits zwischen ei-
ner Stadtverwaltung und vor allem einem Regierungs-
präsidium, die sich immerhin auf einen Bürgerentscheid
berufen können – das ist gewiss von außerordentlichem
Gewicht; selbstverständlich –, und andererseits dem
Kulturstaat Bundesrepublik Deutschland, der als Ver-
tragsstaat der UNESCO bestimmte Verpflichtungen ein-
gegangen ist.
Dieser Konflikt ist nicht allein eine städtische Ange-
legenheit. Deswegen ist es legitim, dass wir hier darüber
reden. Es ist ein Konflikt, bei dem es durchaus um eine
Frage von nationaler Tragweite geht. Dieser Konflikt ist
nicht mit bornierter Sturheit zu lösen.
Das Oberverwaltungsgericht hat das gerichtliche Ver-
fahren ausgesetzt und einen Mediationsversuch vorge-
schlagen, genau deshalb, weil, wie die sehr weise Be-
gründung lautet – ich zitiere –, keine der streitenden
Parteien durch eine gerichtliche Entscheidung zwischen
Bürgerentscheid einerseits und völkerrechtlichem Ab-
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Blicken wir nach Köln! Dort existierte ein ähnlicher
onflikt. Es gab ein Mediationsverfahren. Die Stadtver-
altung und der Bürgermeister haben sich zu einem
ompromiss bereitgefunden. An dieser Stelle, Herr Kol-
ege Mücke, eine kleine Bemerkung zum Stichwort
Ausgleichsmaßnahme“.
ie fänden Sie das: Man baut eine Brücke, die den Blick
uf den Kölner Dom verstellt, und an anderer Stelle wird
in barockes Schlösschen saniert. Das ist doch wohl kein
innvoller Vorschlag. Ich glaube, Ausgleichsmaßnahmen
ieser Art sind nicht sinnvoll.
Dieses Mediationsverfahren hat stattgefunden, die
tadtverwaltung Dresden und das Regierungspräsidium
achsen haben sich aber, wie ich höre, nicht konstruktiv
n diesem Vermittlungsversuch beteiligt
m Gegenteil: Sie haben sich eher obstruktiv verhalten.
as nenne ich durchaus skandalös.
Im schriftlich niedergelegten Ergebnis zum Media-
onsverfahren wird einheitlich festgestellt – ich zitiere –:
Die geplante Waldschlösschenbrücke respektiert
die gewachsene Kulturlandschaft nicht. ... Die der-
zeitige Planung für die Waldschlösschenbrücke ist
nicht durch Detailmaßnahmen verbesserbar.
Ja, das ist Ihre Meinung.
ie Sachverständigen, die immerhin neutral sind, schla-
en deshalb eine moderierte Perspektivenwerkstatt unter
eteiligung der Politik, der Verwaltung, von Vertretern
er Stadtgemeinschaft, von Fachwissenschaftlern und
er UNESCO vor, um in diesem Verfahren verbindliche
rundlagen und Rahmenbedingungen für eine neue Pla-
ung festzulegen.
Herr Thierse.
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8420 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 83. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. März 2007
)
)
Wir unterstützen diesen Vorschlag aus einem einfa-
chen Grund ausdrücklich.
Herr Thierse, ohne Ihren Redefluss unterbrechen zu
wollen: Der Kollege Börnsen würde gerne eine Zwi-
schenfrage stellen.
Wollen Sie noch?
Ja.
Bitte schön.
Frau Präsidentin, meine Frage bezieht sich auf einen
Sachverhalt, der angesprochen wurde, als alle drei Per-
sonen im Präsidium ihre Köpfe noch gesenkt hatten und
schwer beschäftigt waren.
Ich möchte den Kollegen Wolfgang Thierse Folgen-
des fragen: Es ist klar, dass uns bei einer solchen Thema-
tik das Herz überläuft; das gilt für alle Beteiligten. Herr
Kollege, Sie sprachen aber von „bornierter Sturheit“ der
Befürworter der Brücke.
Gleichzeitig wissen Sie, dass sich 68 Prozent der Dres-
dner für die Brücke ausgesprochen haben. Wen meinen
Sie? Ich glaube, Sie selbst haben ein Interesse daran,
dass in der politischen Kultur auch wirklich Ross und
Reiter genannt werden, weil das im Umgang miteinan-
der fairer ist.
Herr Kollege Börnsen, erstens halte ich im Vergleich
zum Kollegen Vaatz eine vergleichsweise sachliche
Rede.
Ich könnte auch polemischer sein.
Zweitens habe ich ziemlich genau gesagt, dass bor-
nierte Sturheit nicht hilft.
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Ich habe von „bornierter Sturheit“ gesprochen und
einte, dass man einen Konflikt nicht dadurch löst, dass
an mit dem Kopf durch die Wand geht, egal, welche
eite dies tut. Ich habe keine einseitige Schuldzuwei-
ung vorgenommen.
ch habe ausdrücklich gesagt, dass der Bürgerentscheid
on außerordentlichem Gewicht ist; selbstverständlich.
Jetzt geht es aber darum, einen drohenden Verlust
es Welterbestatus zu verhindern. Das würde weltweit
rstmalig geschehen und der internationalen Glaubwür-
igkeit Deutschlands im Bereich des Denkmalschutzes
nd im Hinblick auf seine Vertragstreue schaden. Darum
eht es. Das ist das andere gewichtige Gut.
Zwischen dem Anspruch einer Mehrheit der Bürger,
ie über den Bürgerentscheid abgestimmt haben, und
es Regierungspräsidiums auf der einen Seite sowie des
ulturstaates Deutschland, der Vertragspartner ist, auf
er anderen Seite gibt es einen wirklichen Konflikt. Des-
egen begrüßen wir ja diesen Vermittlungsversuch, da-
it wir aus diesem Dilemma einer Nichtentscheidung
erauskommen.
Herr Kollege.
Ich glaube – wenn ich es richtig sehe und richtig ge-
ört habe –, dass die Stadt Dresden zu Kompromissen
ereit ist.
Herr Kollege, es gibt zwei Meldungen zu Zwischen-
ragen.
Das Problem sind aber das Regierungspräsidium und
as Land Sachsen – im Grunde die sächsische CDU –
owie, wenn Sie so wollen, auch ein paar FDP-Politiker.
s ist also nicht so, dass die Bundesregierung den Kon-
likt lösen kann. Es wäre aber schon ganz sinnvoll – –
Herr Kollege, es gibt noch zwei Wünsche, eine Zwi-chenfrage zu stellen, nämlich einmal vom Kollegeneck und einmal vom Kollegen Mücke. Möchten Sieeide noch zulassen?
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 83. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. März 2007 8421
)
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Wenn sie meine Redezeit verlängern wollen, bitte.
Wegen Ihres Weges nach der Rede und damit Sie
nicht den falschen Bogen machen, kündige ich Ihnen
jetzt gleichzeitig aus gegebenem Anlass noch an, dass es
auch noch den Wunsch von Herrn Vaatz gibt, das Wort
zu einer Kurzintervention zu erhalten. – Jetzt ist der Kol-
lege Beck an der Reihe.
Herr Kollege Thierse, Sie haben gerade betont, dass
Sie uns Ihre Rede hier sachlich vortragen. Ich kenne ja
Ihre sachliche Argumentation; wir haben sie gerade ge-
hört. Zur Belebung der parlamentarischen Demokratie
– das ist Gegenstand des nächsten Tagesordnungspunk-
tes – würde ich, wenn Sie gestatten, jetzt gerne auch
noch die polemische Version von Ihnen hören.
Ich werde mich zurückhalten. – Ich habe eine klare
Meinung. Ich kenne Dresden ganz gut und bin sehr oft
dort. Ich glaube, dass die Brücke, wie sie jetzt an dieser
Stelle und in diesen Ausmaßen geplant ist, das Obere
Elbtal zerstört.
Ich glaube, dass es deshalb vernünftig ist, zu versu-
chen, eine andere Verkehrslösung mit einer kleineren, ei-
ner schmaleren Brücke an einer anderen Stelle zu finden.
Es gibt dazu sehr seriöse Vorschläge.
Herr Mücke, bitte schön.
Herr Kollege Thierse, Sie hatten eben vorgeschlagen,
an einer anderen Stelle eine kleinere und besser in die
Landschaft passende Brücke zu bauen. Wenige Sätze zu-
vor haben Sie gesagt, dass Sie den Bürgerentscheid
selbstverständlich ernst nehmen und das Votum berück-
sichtigen wollen. Können Sie mir bitte erklären, wie
diese beiden Aussagen zusammenpassen? Die Frage des
Bürgerentscheids lautete – um es noch einmal zu referie-
ren –: Sind Sie für den Bau der Waldschlösschenbrücke?
Daneben gab es eine Zeichnung, auf der die Lage der
Brücke exakt eingezeichnet war. Sehen Sie einen Wider-
spruch zwischen diesen beiden Aussagen? Wenn Sie kei-
nen Widerspruch darin sehen, können Sie mir dann bitte
sagen, wie Sie das Votum der Dresdener Bürger für den
Bau der Waldschlösschenbrücke mit dem Bau an einer
anderen Stelle vereinigen wollen?
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Es geht darum, Schaden abzuwenden.
s geht nicht darum, stur auf einer Lösung zu beharren,
ie Sie vertreten. Das ist meine Position. Ich bin sehr da-
ür, und ich fordere die Parteivorsitzende der CDU, Frau
erkel, oder den sich in Dresden sehr gut auskennenden
anzleramtsminister de Maizière auf, in diesem Sinne
u wirken; denn sie könnten hier einwirken. Das Ganze
st nicht so sehr eine Sache der Bundesregierung. Sie
önnten aber auf die sächsische Landesregierung oder
as Regierungspräsidium einwirken, um doch noch eine
ndere Lösung zu ermöglichen, die beide Interessen be-
ücksichtigt. Das halte ich für vernünftig!
Ich gebe das Wort dem Kollegen Vaatz zu einer Kurz-
ntervention.
Herr Kollege Thierse, ich will Ihrem Eigenlob bezüg-ich der Sachlichkeit Ihrer Rede nicht unbedingt wider-prechen.
umindest eines will ich aber richtigstellen: Ich meine,an müsste zwischen Kritik und Drohung differenzieren
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8422 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 83. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. März 2007
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)
Arnold Vaatzkönnen. Wenn ich eine Entscheidung der UNESCO kriti-siere und nach Möglichkeiten frage, wie man sich als be-troffener Bürger gegen eine solche wenden kann, wennman sie nicht für sachgerecht hält, dann halte ich das füreine demokratische, akzeptable und notwendige Hal-tung. Im Unterschied dazu ist das, was Sie sagen, eineDrohung. Ich weiß nicht, an welcher Stelle Sie von mireine Drohung gegenüber der UNESCO gehört habenwollen.
– Bitte schön, ich bin von Herrn Thierse angegriffenworden. Mir ist das unterstellt worden, also darf ich daszurückwerfen. –
Herr Thierse, ich verwahre mich gegen die Unterstel-lung, ich hätte die Opfer von 1945 für die Wald-schlösschenbrücke instrumentalisiert.
– Darf ich das bitte richtig stellen? – Ich habe lediglichfeststellen wollen, dass es den Bürgern der Stadt Dres-den – vom Ausgangspunkt 1945 gedacht – viel schwerergefallen ist als den Bürgern mancher anderer Städte, die-ses Stadtbild wieder herzustellen. Das habe ich erwäh-nen wollen, und das wird man wohl noch dürfen.
Herr Kollege Thierse, Sie haben uns der Parteipolitikbezichtigt. Die Gleichsetzung von Regierungspräsidiumund CDU kam doch wohl von Ihnen. Habe ich mich daverhört, oder war das so?
Als Nächstes sage ich Ihnen: Ich verstehe nicht, wieSie das Eintreten für die Umsetzung eines Mehrheitswil-lens als borniert bezeichnen können. Ich verstehe auchnicht, wie Sie sich außerdem in primitive Beschimpfun-gen flüchten können,
indem Sie das Regierungspräsidium in Dresden mit Vo-kabeln bedenken, die Ihrer nicht würdig sind.
Zum Schluss frage ich Sie, was Sie eigentlich unter„einwirken“ verstehen. Ich verstehe nicht, auf wen Sie inDresden einwirken wollen. Sie müssen doch die Fragebeantworten, ob die Bundesregierung das Recht hat, ei-nen Bürgerentscheid in Dresden zu kippen, der demo-kratisch zustande gekommen ist. Sie müssen schon dieFrage beantworten, ob Sie das tun wollen oder nicht.vGgnseBSdmekktwaeiemA„aSdgWsDs
Herr Kollege Thierse, ich war echt gespannt auf Ihren
eitrag, weil ich auch ein bisschen gehofft hatte, dass
ie versöhnliche Töne anklingen lassen und vielleicht
ie beiden Gegensätze zueinanderführen würden. Ich
uss aber sagen, dass ich in Ihrem Redebeitrag weder
ine Lösungsmöglichkeit gesehen habe – Sie haben
eine angeboten – noch eine Meinung habe erkennen
önnen. Deswegen tut mir Ihre Rede sehr leid. Sie soll-
en sie einfach noch einmal nachlesen. Bei einem so
ichtigen Punkt sollte man hier nicht als Schulmeister
uftreten, den anderen Noten geben und sich selber auf
inen hohen Sockel stellen.
Herr Thierse, bitte schön.
Herr Koppelin, dass Ihnen meine Rede leidtut, kannch nicht verhindern; sie ist gehalten.
Herr Kollege Vaatz, ich will Ihnen nur noch einmaline einzige Frage stellen: Warum ist in Dresden nichtöglich, was in Köln möglich war?
uch in Köln ging es um die Gefährdung des TitelsWeltkulturerbe“. Es ging um eine entschlossene unduch wütende Bürgerschaft. Dann haben Bürgermeister,tadtverwaltung, wahrscheinlich auch Regierungspräsi-ium, die beteiligten Parteien und vor allem das Landesagt:
ir müssen sehen, wie wir eine vernünftige Lösung zu-tande bringen, die diesen Status nicht gefährdet undeutschland als Vertragspartner nicht schädigt.Warum soll dasselbe nicht auch in Dresden möglichein, indem man zum Beispiel weiter miteinander redet,
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 83. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. März 2007 8423
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Dr. h. c. Wolfgang Thierseum eine Lösung zu finden? Es geht um Standort, Art undGröße der Brücke. Hier liegen die Kompromissmöglich-keiten. Wo sonst? Sie lehnen einen Kompromiss ab. Dashaben Sie deutlich gesagt.
Ich halte das für falsch, weil es uns in Deutschland ins-gesamt als Kulturstaat schadet. Das ist die Meinungsdif-ferenz zwischen uns beiden. Daran ist nichts zu beschö-nigen oder zu entschuldigen.
Ich erteile Kollegin Göring-Eckardt, Fraktion des
Bündnisses 90/Die Grünen, das Wort.
Ich will nur sagen, dass es ausdrücklich nicht darum
geht, Dynamik aus der Debatte zu nehmen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!
Wir haben auch im Kulturausschuss schon über dieses
Thema debattiert. Es ist schade, dass aus einigen Frak-
tionen die Mitglieder des Kulturausschusses heute nicht
reden und dass auch der Vorsitzende nicht hier sein
kann.
Bei jener Debatte waren wir uns der großen Bedeu-
tung des kulturellen Erbes sehr bewusst. Darüber müs-
sen wir in dieser kulturpolitischen Debatte auch noch
einmal intensiv reden, unabhängig von Auseinanderset-
zungen auf kommunaler Ebene.
Bei jener Debatte ging es sehr stark darum, dass der
Schutz des kulturellen Erbes – das ist ja weit mehr als
die Frage, ob eine Brücke gebaut wird oder nicht – Vor-
rang vor angeblichen Sachzwängen haben soll, im Fall
der Dresdner Waldschlösschenbrücke eben auch vor den
Lobbyinteressen der Autoindustrie.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte im Üb-
rigen dem Vorsitzenden des Kulturausschusses aus-
drücklich dafür danken, dass er sich gegen den heftigen
Widerstand von Teilen seiner eigenen Fraktion für eine
konstruktive Moderation durch den Bund im Streit um
die Waldschlösschenbrücke eingesetzt hat.
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Sehr gerne.
Frau Kollegin Göring-Eckardt, wir alle haben Ver-tändnis für Ihre kulturpolitische Argumentation. In Ih-en Ausführungen ging es ja auch um den Gesichts-unkt, was der Kulturlandschaft Deutschland nützt oderchadet. Finden Sie es da nicht ein wenig deplatziertich halte das sogar für höchst problematisch –, dass Sien einer Nebenbemerkung sagten, es gehe dabei auch umie Lobbyinteressen der Autoindustrie? Sie unterstel-en damit den 68 Prozent der Bürger, die, wohlwissend,as das bedeutet, für die Brücke votierten und damit ih-en Willen darüber zum Ausdruck gebracht haben, wasn Zukunft für Dresden gut und richtig ist, sie seienichts anderes als die Speerspitze der Autolobbyisten.ierbei handelte es sich um gutwillige Frauen und Män-er, die, wohlwissend um die Problematik, ihre Stimmebgegeben haben. Was ist uns denn der Wille der Bürgerberhaupt noch wert, wenn wir deren eigene mündigentscheidung nicht akzeptieren?
Zunächst einmal ist festzuhalten, Herr Börnsen: Dierage, um welche Lobbyinteressen es geht, ist ja inresden sehr ausführlich diskutiert worden. Dabei gings auch um die angesprochene Lobby. Ich finde, manann das an dieser Stelle auch einmal sagen. Nichtsdes-oweniger hat die Stadtratsfraktion der Grünen, ähnlichie die der Linken, unmittelbar nach der Abstimmungdas kann man nachlesen – im Stadtrat gesagt: Wir wa-en zwar gegen die Brücke, aber wir respektieren denürgerentscheid.Ich selbst war zusammen mit anderen Mitgliedern desulturausschusses in Dresden und habe dort mit Geg-ern und Befürwortern ein sehr engagiertes Gesprächeführt. Ich selbst habe dort sehr deutlich gesagt, dasser Wille der Bevölkerung, der im Bürgerentscheidum Ausdruck kommt, respektiert werden muss. Icherde darauf nachher noch einmal zurückkommen.
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Katrin Göring-Eckardt
– Das ist nicht unwahr, sondern das habe ich dort gesagt,Herr Vaatz. Kommen Sie einmal wieder herunter. – Ichhabe sehr deutlich gemacht, dass dieser Wille respektiertwerden muss, aber zugleich bin ich überzeugt – da binich ganz anderer Meinung als Herr Mücke –, dass dieBürgerinnen und Bürger damals beim Bürgerentscheidnicht gewusst haben, was passieren würde, wenn dieseBrücke tatsächlich gebaut würde. Das haben sie nichtgewusst.
Da Sie, Herr Mücke, das Abstimmungsbuch an dieserStelle noch einmal hochhalten, muss deutlich gesagtwerden: In der Auseinandersetzung um die Frage, ob dieBrücke gebaut werden kann oder nicht, ging es nicht da-rum, wie es sich mit dem UNESCO-Titel mit Brückeoder ohne Brücke verhält. Aus diesem Grunde sage ichIhnen ganz klar: Diejenigen, die jetzt fordern, den Bür-gerentscheid ernst zu nehmen, sollten auch zur Kenntnisnehmen, dass die Entwicklung weitergegangen ist unddie UNESCO erst nach dem Bürgerentscheid gesagt hat,wenn die Brücke gebaut würde, dann müsste der Kultur-erbetitel aberkannt werden. Diejenigen, die nun so vielWert auf die Bürgermeinung legen, frage ich: Warumwird kein Bürgerentscheid auf der neuen Grundlagedurchgeführt?
Die dann zum Ausdruck gebrachte Meinung der Bürge-rinnen und Bürger würden wir alle ernst nehmen.Warum debattieren wir heute eigentlich darüber? Ausdem einzigen Grund, dass hier ein Präzedenzfall ge-schaffen werden könnte, der weit über Dresden hinauswichtig und entscheidend ist. Unabhängig davon solltensich diejenigen, die heute darüber lieber nicht gespro-chen hätten, wenigstens darüber freuen, dass hier ein we-nig Werbung für Dresden als Kulturerbestadt gemachtwurde, was sie hoffentlich auch bleiben wird.Es geht nicht einfach nur darum, ob eine Brücke ge-baut werden soll oder nicht, sondern es geht um dieFrage, wie wir als Gesellschaft zu unserem kulturellenErbe stehen. Das ist nicht irgendetwas. Wie viel Verant-wortung übernehmen wir da, und wie fahrlässig hättenwir gehandelt, wenn dieser Titel aberkannt würde?
Viele Umfragen, auch Wirtschaftsumfragen und Tou-rismusumfragen, bringen zum Ausdruck, dass die Aner-kennung des Titels „Weltkulturerbe“ vielleicht garnicht so eine große Wirkung habe; es sei nicht mehr alsein schöner Titel, den man an der Autobahn auf einSchild aufbringen könne. Ich persönlich sehe das nichtso; aber ich weiß, dass es solche Analysen gibt. WennmddhlngdsDditüDggMükSISdWtdfziswdiAwsbtkt
ann wird deutlich, dass das eine völlig andere Qualitätat. Dann ist von der Tourismuswirtschaft, von Ansied-ungspolitik in Dresden die Rede. Wenn man mit Unter-ehmerinnen und Unternehmern spricht, die sich ir-endwo ansiedeln wollen, gerade im Osten Deutschlands,ann spielen die weichen Standortfaktoren eine ganz ent-cheidende Rolle. Wie wollen Sie denen erklären, dassresden leider nicht mehr Weltkulturerbe ist, sondernass dieser Titel wegen einer Brücke aberkannt wordenst? Ich glaube, da hören Sie deutschlandweit und auch in-ernational: Das ist verrückt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin fest davonberzeugt, dass man bei der Diskussion, die jetzt inresden und auch hier bei uns stattfindet – da bin ichanz der Meinung meines Vorredners –, nicht einfach sa-en kann, man wolle bei seiner Meinung bleiben. Herrücke, das finde ich so dramatisch an Ihrer Aussageber den Prozess, der stattgefunden hat. Sie sagen, da seiein Kompromiss gefunden worden. Herr Mücke, habenie denn irgendeinen Kompromiss vorgeschlagen?
st es wirklich ein Kompromiss, die Restaurierung deschlosses als Ausgleichsmaßnahme anzubieten? Was hatas mit dem Gesamtbild zu tun?
as hat das mit tatsächlicher Kompromissfindung zuun, die über die Verkehrsfrage auf der einen Seite undie Frage des Weltkulturerbes auf der anderen Seite er-olgen muss? Man muss doch genau diese beiden Dingeusammenbringen und darf nicht irgendetwas anderesns Spiel bringen, bei dem es schön wäre, wenn es re-tauriert würde.
Wenn man diese beiden Dinge zusammenbringenill, dann muss man über Verkehrspolitik und über an-ere Möglichkeiten reden. In Bezug darauf gibt es auchn Dresden eine ganze Menge Vorschläge.
uf der anderen Seite muss man deutlich machen, wieir dafür sorgen wollen, auch in einem Prozess gemein-am mit der UNESCO, dass der Titel trotzdem erhaltenleibt. Im Gegensatz zu vielen, die Ihre Position vertre-en, hat die UNESCO nämlich deutlich gemacht, dass sieompromissbereit ist, dass sie bereit ist, daran zu arbei-en und darüber zu diskutieren.
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Katrin Göring-Eckardt
Deswegen bin ich sehr für einen entsprechenden Prozessgemeinsam mit der UNESCO.
Köln hat gezeigt, dass es geht, dass man, wenn mansich an einen Tisch setzt und willens ist, tatsächlich zueinem Kompromiss kommen kann, ohne den Ruf derStadt – der UNESCO-Titel ist nicht einfach nur ein schö-nes Anhängsel an das Stadtwappen – zu gefährden. Esgeht hier um eine Kompromissfindung und nicht darum,aus ideologischen Gründen auf seiner Position zu behar-ren.Vielen Dank.
Ich erteile das Wort Kollegin Marlies Volkmer, SPD-
Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Wer das schöne Dresdner
Elbtal kennt, der weiß, dass es richtig ist, dass es auf der
Weltkulturerbeliste der UNESCO steht, und der weiß
auch, dass man bei jedem Eingriff in diese Landschaft
ganz sensibel vorgehen muss.
Wir brauchen hier eine Verkehrslösung, durch die
das Elbtal nicht zerschnitten wird, sondern bei der diese
schöne Landschaft erhalten bleibt. Eine solche Lösung
ist auch mit der UNESCO voll kompatibel. Weil die po-
litisch Verantwortlichen bisher keine solche Lösung ge-
funden haben, haben wir jetzt das Problem, dass ein
Gericht angerufen worden ist. Das Oberverwaltungsge-
richt Bautzen hat das Verfahren im November ausgesetzt
und damit eine weise Entscheidung gefällt, weil so
– Wolfgang Thierse hat schon darauf hingewiesen – kei-
ner der Antragsgegner gewinnen konnte. Es wurde der
Versuch eines Mediationsverfahrens unternommen. Im
Ergebnis wird nun empfohlen, in einer moderierten
Perspektivenwerkstatt eine Lösung zu erarbeiten, die
sowohl den Belangen des Welterbes als auch dem statt-
gehabten Bürgerentscheid von 2004 gerecht wird.
Nun hat das Regierungspräsidium Dresden leider er-
klärt, das Mediationsverfahren sei gescheitert, und hat
die Wiederaufnahme des ausgesetzten Verfahrens bean-
tragt, übrigens gegen den Willen der Stadt Dresden, ob-
wohl die Stadt Dresden ebenfalls den Bürgerwillen ver-
körpert. Die Stadt Dresden hat darauf hingewiesen, dass
der Freistaat Sachsen mit seinem prozessualen Verhal-
ten und dem Beharren auf dieser Lösung den Verlust des
Welterbetitels in Kauf nimmt.
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Ja, Sachsen ist führend in der Kultur. Deswegen kann
ich Sachsen so etwas auch nicht leisten.
Bitte, Herr Milbradt, helfen Sie klarzumachen: Es
ibt keinen grundsätzlichen Widerspruch zwischen Ver-
ehrsfluss und Welterbe.
eteiligen Sie sich an der Problemlösung mit der Per-
pektivenwerkstatt! Es kann doch nicht sein, dass eine
olche Kulturstadt wie Dresden der erste Ort wäre, dem
in solcher Welterbetitel wieder aberkannt werden
ürde.
Ich würde mich natürlich freuen – aber ich habe nach
er heutigen Debatte keine Hoffnung –, dass sich Herr
aatz diesem Appell anschließen könnte.
ber ich hoffe sehr und gehe davon aus, dass sich die
ächsische Staatsregierung ihrer Verantwortung bewusst
ird und sich für eine einvernehmliche Lösung einsetzt.
Ich schließe die Aussprache.Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlage aufrucksache 16/4411 zur federführenden Beratung anen Ausschuss für Kultur und Medien und zur Mitbera-ung an den Auswärtigen Ausschuss sowie an den Aus-
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8426 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 83. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. März 2007
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Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardtschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zu über-weisen. – Dazu gibt es keine anderweitigen Vorschläge.Dann ist es so beschlossen.Zusatzpunkt 16. Beschlussempfehlung des Ausschus-ses für Kultur und Medien auf Drucksache 16/4460 zudem Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Bun-despolitik soll im Streit um die Waldschlösschenbrückevermitteln“. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag aufDrucksache 16/2499 abzulehnen. Wer stimmt für dieseBeschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? –Damit ist die Beschlussempfehlung mit den Stimmen derKoalition und der FDP gegen die Stimmen der FraktionDie Linke bei Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angenommen.Ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 29 a bis 29 cauf:29 a) Beratung des Antrags der Abgeordneten VolkerBeck , Irmingard Schewe-Gerigk, MonikaLazar, weiterer Abgeordneter und der Fraktiondes BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNENLebendige Demokratie in Zeiten der großenKoalition– Drucksache 16/581 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität undGeschäftsordnung
InnenausschussRechtsausschussb) Beratung des Antrags der AbgeordnetenDr. Dagmar Enkelmann, Ulrich Maurer und derFraktion der LINKENStärkung der Minderheitenrechte im Deut-schen Bundestag– Drucksache 16/4119 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität undGeschäftsordnung
InnenausschussRechtsausschussc) Erste Beratung des von den AbgeordnetenDr. Hermann Otto Solms, Jörg van Essen,Dr. Max Stadler, weiteren Abgeordneten und derFraktion der FDP eingebrachten Entwurfs einesGesetzes zur Sicherung der Oppositionsrechte
– Drucksache 16/126 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität undGeschäftsordnung
InnenausschussRechtsausschussHier ist verabredet, eine halbe Stunde zu debattieren.Ich gebe das Wort zunächst dem Kollegen VolkerBeck, Bündnis 90/Die Grünen.dtWrgshguüSmRvdttwKgcdbtsRtWjmwdgWddgddbdwMls
Unsere Geschäftsordnung und unsere Verfassung ge-en von dem Regelfall einer kleinen Koalition und einerroßen Opposition aus. Der Regelfall in der Geschichtenseres Landes war, dass die größte Oppositionsfraktionber sämtliche Oppositionsrechte allein aufgrund ihrertärke verfügte. Gegenwärtig verfügen noch nicht ein-al alle drei Oppositionsfraktionen gemeinsam über alleechte der Opposition, die unsere Geschäftsordnungorsieht und unsere Verfassung regelt.Deshalb sage ich: Wir müssen uns hier im Parlamentarüber Gedanken machen, wie das Parlament auch un-er diesen Mehrheitsverhältnissen, die eine legitime poli-ische Konstellation sind – auch wenn sie nicht viel zu-ege bringt –, eine funktionierende parlamentarischeontrolle durch die Opposition erreichen kann. Die ge-enwärtige Geschäftsordnungs- und verfassungsrechtli-he Lage gibt das nicht in allen Punkten her; deshalb re-en wir hier darüber.
Ein anderer Punkt, der für das Ansehen und die Le-endigkeit der Debatten hier im Hohen Hause konstitu-iv ist, ist das Prinzip von Rede und Gegenrede zwi-chen Koalition und Opposition. Auch dies ist imegelfall nicht gewährleistet. Wir wissen, seit der An-ike gehört der Dialog konstitutiv zur Einsichts- undahrheitsfindung. Dies gilt seit Platon. Aber ich willetzt nicht die ganze Geschichte herleiten; dazu reichteine Redezeit nicht aus.Auch bei den Erwägungen zu den Grundlagen, dieir uns in der Geschäftsordnung gegeben haben, warenas zentrale Gründe für die Ausgestaltung unseres heuti-en § 28 der Geschäftsordnung. Als dieser in der fünftenahlperiode auf Anregung der SPD-Fraktion eingefor-ert wurde, hat man gesagt, dass Rede und Gegenredeer zentrale Debattengrundsatz sein soll. Das ist er ge-enwärtig nicht.Sie alle wissen, wir halten jede Woche ein, zwei oderrei Aktuelle Stunden ab. Da haben wir am Anfang unteren ersten fünf oder sechs Rednern eine lebendige De-atte zwischen der Koalition und der Opposition, undanach beginnen die Selbstgespräche der Koalition miteiteren vier bis sechs Redebeiträgen.
eine Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, Sieangweilen sich offensichtlich selbst; denn der Saal leertich dann immer dramatisch.
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Volker Beck
Langeweile hier, Langeweile auf der Besuchertribüne,Langeweile bei der Presse, das ist nicht die Art, wie wirunserem Parlament Geltung verschaffen.Deshalb bitte ich die Koalitionsfraktionen inständig,sich unsere Anträgeergebnisse offen anzuschauen. Wirvon der Fraktion der Grünen haben bewusst keine De-tailvorschläge gemacht, sondern gesagt: Wir wollen übereine Anhörung im Geschäftsordnungsausschuss mit Ih-nen gemeinsam dazu kommen, dass das Parlament le-bendiger wird und wir als Opposition die Möglichkeithaben, die Kontrolle der Regierung wahrzunehmen.Diese Oppositionsrechte nehmen wir stellvertretend fürdas gesamte Haus und damit für jeden einzelnen Abge-ordneten – auch für die Abgeordneten der Koalition –wahr. Das ist die Idee unserer Verfassung; das ist dieIdee unseres Verfassungsrechtes.Wir haben meines Erachtens in drei Punkten besonde-ren Handlungsbedarf. An drei Punkten gibt es Eindrittel-rechte. Das heißt, die gegenwärtige Opposition kann sienicht in Anspruch nehmen, selbst wenn sie sich hundert-prozentig einig ist, was auch nicht immer der Fall ist,weil wir politisch sehr divergieren. Dabei geht es zumeinen um die Frage der Einberufung des DeutschenBundestages bei Punkten, von denen wir meinen, jetztmüsse das Parlament zusammentreten, weil in der Koali-tion oder im Lande etwas geschieht, was debattiert wer-den muss. Wenn die Koalition das aber – aus verständli-chen Gründen – nicht will, können wir das gegenwärtignicht durchsetzen. Das muss sich ändern. Es muss zu-mindest ein Recht der 25 vom Hundert geben, dass dieOpposition, wenn sie sich einig ist, eine solche Einberu-fung durchsetzen kann.
Der zweite Punkt beruht auf der Logik unserer Ge-schäftsordnung und des parlamentarischen Miteinan-ders. Unsere Geschäftsordnung sieht die Möglichkeitvor, dass alle Regeln, die in der Geschäftsordnung ver-ankert sind, mit Zweidrittelmehrheit zur Seite gelegtwerden können und man sagen kann: Wir verfahren, wiees uns beliebt, weil wir uns darin einig sind, dass andersverfahren werden muss, als es unsere Regeln grundsätz-lich vorsehen. Die Idee dieser Bestimmung ist, dass sichdie Koalition mit Teilen der Opposition einig ist, anderszu verfahren als in der Geschäftsordnung vorgesehen.Beim BSE-Skandal waren wir uns zum Beispiel einig,dass die Futtermittelverordnung innerhalb von einer Wo-che in Kraft treten musste.Gegenwärtig bedeutet „Zweidrittelmehrheit“ aber, dieGroße Koalition ist sich einig, und die Minderheiten-rechte der Opposition werden unter Umständen mit denFüßen getreten.
Herr Kollege, Sie müssen bitte zum Ende kommen.
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Der dritte Punkt bezieht sich auf das Normenkon-
rollrecht. Alle Länderfürsten, alle Ministerpräsidenten,
ehören den Parteien der Großen Koalition an. Es ist
icht zu erwarten, dass ein Bundesland Normenkontroll-
lage gegen ein Gesetz der Großen Koalition erhebt.
Herr Kollege, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.
Die Opposition kann auch keine Normenkontroll-
lage einreichen, weil sie dafür ein Drittel der Mitglieder
es Hauses zusammenbekommen müsste, über das sie
ber nicht verfügt.
Herr Kollege, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.
as steht jetzt fest.
Das heißt, die letzte Remedur für den Schutz der Bür-
er vor verfassungswidrigen Gesetzen ist gegenwärtig
er Bundespräsident. Das soll aber nicht seine Haupt-
ufgabe sein.
Herr Kollege!
Deshalb appelliere ich an Sie: Geben Sie auch der jet-
igen Opposition trotz ihrer geringen Redezeit das
echt, den Bürger vor verfassungswidrigen Gesetzen zu
chützen.
Jetzt hat das Wort der Kollege Bernhard Kaster für die
DU/CSU-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnennd Kollegen! Lassen Sie mich mit einem Zitat unseresundestagspräsidenten, Dr. Lammert, vom Anfang die-er Legislaturperiode beginnen, das das Selbstverständ-is des Parlaments und das Selbstverständnis von Regie-ung und Opposition sehr treffend beschreibt:Für die Arbeit wie für das Ansehen des Parlamentsist die Opposition im Übrigen nicht weniger wich-tig als die Regierung. ... Was ein politisches Systemals Demokratie qualifiziert, ist nicht die Existenzeiner Regierung, sondern die Existenz eines Parla-
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Bernhard Kastermentes und seine gefestigte Rolle im Verfassungs-gefüge wie in der politischen Realität.Ich denke, das ist ein Satz, den wir alle unterschreibenkönnen.
Vor dem Hintergrund dieser treffenden Aussage ha-ben wir als Parlamentarier natürlich Verständnis dafür,dass Sie sich als Oppositionspolitiker Gedanken darübermachen, wie Sie Ihre Interessen hier noch effektiver ver-treten können. Wir werden uns mit diesen Anträgen da-her selbstverständlich im Geschäftsordnungsausschuss– insbesondere der Antrag der Fraktion der Grünen be-inhaltet ja eine Reihe von Prüfaufträgen – ausführlichund kritisch beschäftigen.Sollte allerdings gegenüber der Öffentlichkeit derEindruck erweckt werden – ich will das nicht unterstel-len –, dass die in der Tat kleinere Opposition durch dieGroße Koalition förmlich erdrückt wird, dass sie keineMöglichkeiten hat, dann muss gesagt werden, dass die-ser Eindruck – das wissen Sie – schlichtweg falsch wäre.Das Grundgesetz und die Geschäftsordnung geben unsals Koalition, das heißt als Regierungsfraktionen, undIhnen als Oppositionsfraktionen eine Vielzahl von parla-mentarischen Gestaltungsmöglichkeiten an die Hand.In einer Ausführung des Wissenschaftlichen Dienstes– sie umfasst mehr als 15 Seiten – wurden die Minder-heitenrechte der Opposition dokumentiert. Ich will ein-mal die wichtigsten Gestaltungsmöglichkeiten nennen:Auskunft über jedes Thema kann durch schriftliche Fra-gen verlangt werden;
das Recht, mündliche Fragen an die Bundesregierung zurichten und diese im Plenum unter den Augen der Öf-fentlichkeit mit der Bundesregierung zu diskutieren;
das Recht aller Fraktionen, Kleine und Große Anfragenzu stellen; Große Anfragen im Plenum zu debattieren;das Recht, eine Aktuelle Stunde zu beantragen – davonwird ja auch rege Gebrauch gemacht – und vieles anderemehr. Ich wollte nur die wichtigsten Punkte nennen, da-mit hier nicht der Eindruck aufkommt, dass unsere Ge-schäftsordnung und das Grundgesetz in Bezug auf dieMinderheitenrechte nicht entsprechend ausgelegt sind.
Natürlich hat die Opposition auch das Recht, einenUntersuchungsausschuss einzuberufen und unter be-stimmten Voraussetzungen Beschlüsse des Bundestagesvor dem Bundesverfassungsgericht überprüfen zu las-sen. Diese beiden letzten Punkte sind der Kern Ihrer An-träge. Deswegen will ich darauf näher eingehen.sszzdvlgGndgldsgmsnjrtsaRhhEnfmbzdmseAdFsAbVemzi
Es ist angemessen und richtig, dass unser Grundge-etz bei der abstrakten Normenkontrolle ein Drittel derbgeordneten als Mindestquorum fordert, während esei der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses einiertel der Abgeordneten sind. Hier wird sehr bewusstin Unterschied gemacht. Die beiden Dinge sind nichtiteinander vergleichbar. Die Überprüfung von Geset-en ohne jeden Bezug zu einem konkreten Rechtsstreitst in unserer Rechtsordnung die absolute Ausnahme.
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Bernhard KasterEs hat gute Gründe, dass dieses Recht auf die Bundes-regierung, die Landesregierungen und ein Drittel desParlamentes begrenzt ist. Denn damit wird verhindert,dass die Verfassungsrichter mit einer übergroßen Zahlvon Anträgen überhäuft und letztlich in ihrer Arbeits-weise beeinträchtigt werden.
Das Grundgesetz wollte Karlsruhe zu Recht davor schüt-zen, seine Aufgaben durch eine Flut von Verfassungskla-gen nicht mehr wahrnehmen zu können. Wenn die Hür-den hier gesenkt werden, befürchte ich eine deutlicheZunahme der Verfassungsklagen,
die – da wollen wir doch ehrlich untereinander sein –schließlich oft mehr aus politischem Kalkül als aus tat-sächlichen verfassungsrechtlichen Bedenken angestrengtwerden.
Bereits jetzt wird in der politischen Auseinandersetzungsehr schnell und leichtfertig der Vorwurf der Verfas-sungswidrigkeit ausgesprochen. Wir dürfen nicht zulas-sen, dass Karlsruhe ständig in die politische Auseinan-dersetzung einbezogen wird.Noch ein Wort zum Thema Untersuchungsaus-schuss: Hier liegt es im Interesse der Opposition, dasniedrige Quorum von einem Viertel – das ist ein niedri-ges Quorum – beizubehalten. Ein Untersuchungsaus-schuss ist eine innerparlamentarische Angelegenheit, mitder Klage vor dem Bundesverfassungsgericht also garnicht vergleichbar. Dieses niedrige Quorum liegt im In-teresse der Opposition. Zu Recht wird ein Untersu-chungsausschuss als schärfstes Schwert des Parlamentesbezeichnet. Er soll das letzte Mittel sein, um einen Sach-verhalt aufzuklären. Wenn wir das Quorum hier weiterabsenken, wird dieses Mittel mehr geschwächt als ge-stärkt.In dieser Legislaturperiode hat sich gezeigt, dass dasfunktioniert. Es wurden nämlich Untersuchungsaus-schüsse eingesetzt. Dieses Quorum wird also auch indiesem Bundestag erreicht.Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist im Übrigennicht neu, dass unterschiedliche Mehrheitsverhältnissebzw. unterschiedliche Rollen – ob man also Mitglied ei-ner Regierungsfraktion oder einer Oppositionsfraktionist – in solch speziellen Fragen schon immer zu unter-schiedlichen Sichtweisen geführt haben. Ich erinnere da-ran, dass Sie, Herr Kollege Beck, nicht in dieser Legisla-turperiode, sondern in der letzten Legislaturperiode, alsSie noch nicht auf den Oppositionsbänken saßen, in ei-ner ähnlichen Frage, als es ebenfalls um die Anpassungder Geschäftsordnung im Hinblick auf Mehrheitsverhält-nisse ging, unter anderem Folgendes gesagt haben:IhmcddTDT–rMDtz
ch denke, diesen Satz sollten wir einfach einmal so ste-en lassen.Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Jan Mücke hat das Wort für die FDP-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich
öchte zu Beginn meiner Rede einen Fakt vorwegschi-
ken – diese Bemerkung richtet sich vor allen Dingen an
en Kollegen Beck –: Ich finde es außerordentlich be-
auerlich, dass wir diese Debatte erst am Schluss einer
agesordnung führen.
enn eigentlich gehört dieser Punkt ganz oben auf die
agesordnung.
Sehr geehrter Herr Beck, Sie haben einige Aktien da-
an, dass wir über dieses Thema erst so spät diskutieren.
ir wäre es lieber gewesen, wenn wir darüber an einem
onnerstag- oder einem Freitagvormittag diskutiert hät-
en.
Möchten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Beck
ulassen?
Nein, das möchte ich nicht.
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Meine Damen und Herren, eine Demokratie lebt da-von, dass einer Regierung eine effektive Opposition ge-genübersteht, die über eigene Rechte verfügt, die sieauch ausüben kann. Das, was der Kollege Kaster gesagthat – dass die Opposition angesichts ihrer umfangrei-chen Auskunfts- und Fragerechte eigentlich gut be-dient ist –, muss ich leider zurückweisen.Ich frage relativ viel. Aber Sie glauben nicht, was fürAntworten ich bekomme.
Wenn ich beispielsweise eine Frage nach Kosten stelle,aber die einzige Zahl, die mir genannt wird, nicht etwaein Geldbetrag, sondern das Datum ist, und ansonstengeantwortet wird, dass sich diese Frage der Bundesregie-rung nicht stellt, dann muss ich feststellen, dass meinKontrollrecht als Oppositionsabgeordneter ins Leereläuft.
Ich frage mich: Warum hat die Koalition Angst davor,der Opposition die Möglichkeit einzuräumen, mit einem25-Prozent-Quorum nach Karlsruhe zu gehen? Wer nichtvorhat, verfassungswidrige Gesetze zu machen, dermüsste vor einer Überprüfung in Karlsruhe gar keineAngst haben.
Die Wahrheit sieht so aus, dass Art. 93 Abs. 1 desGrundgesetzes gegenwärtig ins Leere läuft, weil diekleinen Oppositionsfraktionen zusammen nicht das er-forderliche Quorum aufbringen. Ich kann gut verstehen,dass wir nicht nach jeder Wahl das Grundgesetz ändernkönnen, um es an die jeweiligen Mehrheitsverhältnisseanzupassen.
Aber man muss sehen: Der Verfassungsgesetzgeber hates nicht als Regelfall vorgesehen, dass es eineGroße Koalition gibt,
durch die die Minderheitenrechte ausgehebelt sind. DieMütter und Väter des Grundgesetzes haben in Herren-chiemsee mit Sicherheit nicht vor Augen gehabt, dassdie großen Volksparteien irgendwann einmal so starkerodieren, dass es nur noch für eine Große Koalitionreicht.
RidkkWdLrfdldkFgkfaVHdnaDgmRKkSuidubaZu
ir wollen dies vor allen Dingen deshalb, weil die bei-en anderen Klagebefugten – Bundesregierung bzw.andesregierung – ausfallen. Denn eine Landesregie-ung wird ja immer von entweder Union oder SPD ge-ührt und wird demzufolge niemals klagen. Das heißt,ass dieser Artikel so, wie er jetzt abgefasst ist, ins Leereäuft.Wir wollen auf der anderen Seite aber auch nicht,ass in dem möglichen Fall, dass hier einmal eine radi-ale Partei eine Fraktion bildet, diese, ohne auf andereraktionen angewiesen zu sein, das Bundesverfassungs-ericht blockieren kann, indem sie eine solche Normen-ontrollklage einreicht. Deshalb halten wir 25 Prozentür ein ausreichendes und vernünftiges Quorum.Auf die Große Koalition kommt jetzt eine große Ver-ntwortung zu. Denn es liegt in Ihrer Hand, ob es eineerfassungsänderung geben wird, und es liegt in Ihrerand, ob die Opposition künftig so gestellt werden kann,ass sie ihre Rechte wahrnehmen kann. Ich möchte Ih-en zum Schluss ein Zitat von Abraham Lincoln mituf den Weg geben:Willst Du den Charakter eines Menschen erkennen,so gib ihm Macht.er Umgang Ihrer beiden Fraktionen mit unseren Anträ-en und unserem Gesetzentwurf wird zeigen, wie Sieit Ihrer Macht umgehen und wie vernünftig Sie dieechte der Opposition einschätzen.Vielen Dank.
Das Wort zu einer Kurzintervention erteile ich dem
ollegen Volker Beck.
Verehrter Herr Kollege, da Sie hier den Zeitpunktritisiert haben, zu dem wir das diskutieren, möchte ichie – Sie sind ja neu im Parlament – über die Usancennd unsere Möglichkeiten diesbezüglich aufklären: Diesst der erste Tagesordnungspunkt der Grünenfraktion aniesem Sitzungstag. Ein früheres Aufsetzungsrecht standns nicht zur Verfügung.Zweiter Punkt. Ihre wie unsere Vorlage stammeneide von der Jahreswende 2005/2006. Es wäre der FDPlso jederzeit möglich gewesen, diese zu einem frühereneitpunkt auf die Tagesordnung zu setzen. Wir hättenns sicher nicht dagegen gewehrt, wenn Sie Ihren Tages-
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 83. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. März 2007 8431
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Volker Beck
ordnungspunkt vom heutigen Tag – um 12.30 Uhr – fürdiese Debatte zur Verfügung gestellt hätten. Außerdemdarf ich Sie darüber unterrichten, dass der Geschäftsfüh-rer Ihrer Fraktion ursprünglich geplant hatte, die Anträgeals Ohne-Debatte-Punkte laufen zu lassen.
Das wollten wir wiederum nicht. Denn wir denken, eineDebatte über die Parlamentsrechte ist eine Debatte, diedas ganze Haus angeht; das erscheint mir eine Selbstver-ständlichkeit zu sein. Deshalb: Auch wenn dies kein gu-ter Zeitpunkt auf der Tagesordnung ist, er ist besser alskeiner.
Wir sollten allerdings aus dieser Petitesse, aus derMücke keinen Elefanten machen und die Debatte jetztfortsetzen.
Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Uwe Küster, SPD-
Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Ich will gleich zu Anfang auf meinen KollegenBeck und auf meinen Kollegen Mücke eingehen, diesich gestritten haben, wann man dieses Thema am bestendebattieren könnte. Da Sie die Debatte hier über Kalauerangeleiert haben, sage ich Ihnen: Seit einem Jahr liegenIhre Anträge hier im Archiv vor. Wenn Ihnen diesesThema so wichtig wäre, wie Sie jetzt tun, hätten Sielängst eine Gelegenheit finden können, es zum Gegen-stand einer Kernzeitdebatte zu machen.
Für den Antrag der PDS/Linken gilt dies nicht; er ist ausdiesem Jahr. Also: Jeder von Ihnen hätte dieses Themazum Gegenstand einer Kernzeitdebatte machen können.Worum geht es bei Ihrem Tagesordnungspunkt 29?Dazu fällt mir der Begriff „Upgrading“ ein: Sie wollendie Minderheitenrechte im Parlament noch weiter aus-bauen.
Die Rechte parlamentarischer Minderheiten im Deut-schen Bundestag sind, wie man feststellen muss, wennman sie mit denen der Minderheiten in den Parlamentenvieler anderer Länder vergleicht, bereits heute ausge-sprochen weitgehend; so weit vorab zur Klarstellung.
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Die Zusammensetzung des Bundestages und dieachtverhältnisse zwischen den einzelnen Fraktionenpiegeln das Wahlergebnis von 2005 wider. Ich mussie daran erinnern, dass dieses Wahlergebnis bis 2009ilt.Der Bundestag atmet an jeder Stelle den Wählerwil-en von 2005. Es ist unsere Aufgabe, diese Entschei-ung, die der Wähler damals getroffen hat, möglichst ge-au umzusetzen. Dafür sind wir gewählt worden.inderheitenrechte dürfen die Wahlergebnisse nicht aufen Kopf stellen.
Sie, meine Damen und Herren von der Opposition,aben ein Wahlergebnis erreicht, mit dem Sie nicht dieehrheit stellen. Ihre Politik wurde nicht von der Mehr-eit des Landes gewollt. Sie haben sich auch der Regie-ungsverantwortung entzogen. Zumindest zwei Fraktio-en haben Angebote gehabt. Sie haben sie nichtahrgenommen.
er Begriff Opposition bedeutet, an der Regierungsbil-ung und der Führung der Regierungsgeschäfte nicht be-eiligt zu sein. Die von Ihnen gewählte Rolle ist dieolle der Opposition: Kritik, Kontrolle, Alternativen-ildung.Ich möchte Sie an dieser Stelle auf die erste Großeoalition von 1966 bis 1969 hinweisen. Damals war diepposition mit nur 10 Prozent im Parlament vertreten.at man damals eklatante Regelungslücken festgestellt?
Nein.
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8432 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 83. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. März 2007
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Dr. Uwe KüsterEs gab keine Korrektur des Grundgesetzes oder der Ge-schäftsordnung des Deutschen Bundestages, bezogenauf die damalige Große Koalition.
Ich möchte Ihnen vor Augen führen, welche Möglich-keiten Sie als Opposition bzw. als Minderheitenfraktio-nen haben. Sie haben Frage- und Interpellationsrechtgemäß der Geschäftsordnung des Bundestages. Das um-fasst zum Beispiel Große und Kleine Anfragen.
Herr Kollege, möchten Sie – im Sinne von Fragerech-
ten – eine Zwischenfrage des Kollegen Mücke zulassen?
Gerne.
Bitte, Herr Mücke.
Herr Kollege Küster, Sie haben gerade ausgeführt, es
habe nach 1966 keine Änderungswünsche der Opposi-
tion, die mit nur 10 Prozent im Parlament vertreten war,
gegeben. Ist Ihnen der Antrag der Fraktion der FDP auf
Änderung der Geschäftsordnung des Bundestages auf
Drucksache 1229 der 5. Legislaturperiode bekannt?
Herr Mücke, ich muss passen: Mein Gedächtnis reichtnicht bis zur fünften Wahlperiode zurück.
Da Sie das alles parat haben, sind Sie auch berechtigt – –
– Nein. Ich komme gleich darauf zurück. Ich will Ihnenein Argument entgegenhalten. Wir haben im Okto-ber 2005 in der konstituierenden Sitzung des Bundesta-ges gemeinsam über die Geschäftsordnung des jetzigenBundestages entschieden. Dazu gab es aus allen Fraktio-nen breite Zustimmung. Das heißt, Sie waren mit der Re-gelung der Geschäftsordnung in den vergangenen Jahreneinverstanden.Ein Jahr später entdecken Sie plötzlich einen Rege-lungsbedarf. Das Wahlergebnis und die daraus resultie-renden Mehrheitsverhältnisse waren Ihnen bekannt.Auch Ihre Möglichkeiten als Oppositionsfraktion warenIhnen bekannt. Ein Jahr später kommen Sie jetzt mit derForderung nach Änderungen. Das ist ein bisschen weithergeholt.rbrndawDPd–vgDzsnMsd5O4dkdKFgktnEbrg
er Bundestag hat aber gewollt, dass jede Fraktion imräsidium vertreten ist. Das war der ausdrückliche Willees gesamten Hauses.
Jede Fraktion sollte vertreten sein, aber die Mehrheits-erhältnisse müssen sich in jedem Gremium widerspie-eln, Herr Niebel.
as wissen Sie doch. Sie sind lange genug dabei.Bei der Tagesordnung gilt das Reißverschlussprin-ip. In der nächsten Woche haben wir folgendes Kurio-um: Die Koalition hat am Donnerstag drei Tagesord-ungspunkte, während die Opposition sechs hat.
it anderen Worten: Über welche Dinge beklagen Sieich eigentlich? Ihre Rechte sind weit gefasst.Bei einer üblichen 30-minütigen Debattenzeit – auchas spielt in den Anträgen eine Rolle – entfallen8 Prozent der Redezeit auf die Koalition, während diepposition, die nur 26 Prozent der Abgeordneten stellt,2 Prozent hat. Zudem darf man nicht vergessen, dasser Einbringer einer Initiative noch eine Bonuszeit be-ommt. Die Abgeordneten der Opposition können alsoeutlich länger und öfter reden als die Abgeordneten deroalitionsfraktionen.
Zur finanziellen Ausstattung: Die Finanzierung derraktionen erfolgt durch einen für alle Fraktionenleich hohen Zuschuss aus dem Bundeshaushalt. Dieleinen Fraktionen sind durch einen Sockelbetrag bevor-eilt. Als Oppositionsfraktion erhalten sie sogar noch ei-en Zuschlag; das ist gut so. Das ist gewollt.Die Minderheiten sind dem Bundestag lieb und teuer.ines darf aber nicht geschehen: Der Wählerwille darfei allem Respekt vor demokratischen Minderheiten-echten im parlamentarischen Alltag nicht in sein Ge-enteil verkehrt werden.
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Dr. Uwe KüsterHerr Mücke hat in der vorangegangenen Debatte gesagt:Mehrheit ist Mehrheit. – Das gilt auch hier. Letztlich istjede Entscheidung von der Mehrheit zu tragen.
Wissen Sie, was es bedeutete, wenn Ihr Wunsch er-füllt würde, die für die Einsetzung eines Untersu-chungsausschusses oder einer Enquete-Kommissiongeforderten Quoren auf Fraktionsstärke herabzusetzen?Dann hätten wir jetzt drei Untersuchungsausschüsse.Man muss sich einmal vorstellen, was das bedeutet: DasParlament zerbröselt quasi. Wir hätten gar keine Chancemehr, vernünftig zu arbeiten.
Das jetzige Quorum von 25 Prozent zwingt die Opposi-tion, egal wie sie sich zusammensetzt, sich auf einen An-trag zu einigen, wenn sie gemeinsam etwas erreichenund ihre Minderheitenrechte ausüben will.Das Gleiche gilt – darauf hat schon mein KollegeHerr Kaster hingewiesen – bezüglich der Normenkon-trollklage. Wenn das dafür erforderliche Quorum aufFraktionsstärke herabgesetzt würde, wenn also 5 Prozentder Abgeordneten dieses Hauses eine solche Klage an-strengen könnten, bedeutete dies, dass wir innerhalb kür-zester Zeit die Arbeitsfähigkeit des Bundesverfassungs-gerichts gefährden würden.
Das Quorum für das Recht, eine Sondersitzung desDeutschen Bundestages zu beantragen, ist in der Verfas-sung bei einem Drittel der Mitglieder des Hauses an-gesiedelt. Sollte das Quorum auf Fraktionsstärke herab-gesetzt werden, bestünde die Möglichkeit derManipulation, könnte es passieren, dass man vor lauterSondersitzungen kaum noch etwas „Normales“ machenkönnte.
In den vergangenen 30 Jahren gab es bei einem funktio-nierenden Recht der antragsberechtigten Minderheit ge-rade einmal 38 Sondersitzungen des Bundestages aufAntrag von Fraktionen. Das heißt, es gibt gar nicht denvon Ihnen unterstellten Bedarf an Sondersitzungen. Zu-dem muss man sich darüber im Klaren sein, dass das ers-tens zu einer Störung des normalen Ablaufs führen undzweitens Geld kosten würde. Darüber müssten Sie ir-gendwann einmal Bericht erstatten.
Aus der Sicht meiner Fraktion besteht keine Veranlas-sung für tiefgreifende Änderungen. Der Wählerwille, dieFMhtRvf–NLKkKJLlpGtiSstMMdBShAwsdn
Sie haben genügend Rechte. Das wissen Sie, Herriebel.Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Jetzt ist die Kollegin Dr. Dagmar Enkelmann für die
inke an der Reihe.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herrüster, bei Ihnen fällt mir nur eines ein: Hochmutommt vor dem Fall.
Ja, er hat recht – jetzt meine ich nicht den Kollegenüster –, und ich zitiere mit Ihrer gütigen Erlaubnis:Das eine Thema ist die Frage, ob unter den Bedin-gungen einer Großen Koalition über die Ausgestal-tung der Minderheitenrechte der Opposition, mögli-cherweise mit Blick auf Quoren für bestimmteInitiativrechte, Modifizierungen erfolgen.a, er hat so recht, unser Bundestagspräsident. Herrammert, mit Ihrem Interview in der Zeitung „Das Par-ament“ sind Sie ein Stück zum Hoffnungsträger der Op-osition geworden.Nach eineinhalb Jahren bestätigt sich in der Tat:rundlegende Rechte einer parlamentarischen Opposi-ion sind de facto außer Kraft gesetzt. Herr Kaster, dasst nicht nur ein Eindruck, sondern eine Tatsache, die wiritzungswoche für Sitzungswoche hier erleben. Es be-teht also dringender Handlungsbedarf.Meine Damen und Herren, auch er hat recht – ich zi-iere –: Geschäftsordnungsfragen sind Machtfragen ...achtfragen nicht einmal im guten Sinne des Wortesacht, sondern etwa im Sinne der Ausschaltung der an-eren, der Ausschaltung der Minderheiten, einseitigerevorzugung der Mehrheit. – Dass ich einmal Richardtücklen, den ehemaligen CSU-Bundestagspräsidenten,ier zitiere, hätte ich mir auch nicht träumen lassen.ber wo er recht hat, hat er recht. – Herr Präsident, dasar im Übrigen in einer Debatte über das Selbstver-tändnis des Parlaments. Ich würde dringend anregen,ass wir uns einer solchen Debatte zum Selbstverständ-is des Parlaments erneut stellen.
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Dr. Dagmar Enkelmann
Es ist eine Tatsache, dass die Minderheit in diesemParlament weitgehend ausgeschaltet wird. Die Rede warvom Quorum zur Überprüfung eines Gesetzes hin-sichtlich seiner Verfassungsmäßigkeit. Dieses QuorumDas Parlament hat sich in seiner Mehrheit inzwischenzum verlängerten Arm der Regierung degradiert, zumAbnickorgan für Regierungshandeln.
ist eindeutig zu hoch. Dieses typische Oppositionsrechtist heute real nicht wahrzunehmen, es sei denn, dass sichdie Opposition, die sich innerhalb der Koalition findet,einem entsprechenden Antrag der Opposition anschließt.Das ist aber angesichts des herrschenden Fraktions-zwangs relativ unwahrscheinlich.
Oder nehmen wir einen Untersuchungsausschuss,zumeist eingerichtet zum Aufdecken von – vorsichtigausgedrückt – Unregelmäßigkeiten der Regierung. DieGeschäftsordnung erzwingt mit ihrem Quorum von25 Prozent, dass sich die Opposition einig sein muss.Aber eine Koalition in der Opposition kann und darf esin diesem Parlament nicht geben.
Ein Untersuchungsausschuss kann sich auch mit The-men befassen, die das Regierungshandeln einer ehemali-gen Regierungspartei und jetzigen Opposition betreffen.Da sind Hemmungen vorprogrammiert. Die Geschichteunseres Untersuchungsausschusses zum BND zeigt dasexemplarisch.Ähnlich sieht es mit der Entscheidung über die Ein-richtung von Enquete-Kommissionen aus. Das istumso bedauerlicher, als über eine Enquete-KommissionSachverständige in die parlamentarische Arbeit einbezo-gen werden und damit eine Stärkung der parlamentari-schen Willensbildung, nicht nur der Opposition, sondernvon Koalition und Opposition, erfolgt.Dass für die Einberufung einer ganz normalenAnhörung in den Ausschüssen ebenfalls 25 Prozent derAbgeordneten gebraucht werden, zeigt, dass die Rege-lungen unserer Geschäftsordnung in dieser Beziehungnicht mehr zeitgemäß sind.Da sind wir beim eigentlichen Problem. In Konse-quenz geht es um Rechte und Pflichten des gesamtenParlaments, um Gestaltung von Politik und natürlich umKontrolle der Regierung. Gerade das Kontrollrecht istim eigentlichen Sinne kein Oppositionsrecht, sondernein Recht des ganzen Parlaments, das auch so wahrge-nommen werden sollte.
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Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird
berweisung der Vorlagen auf den Drucksachen 16/581,
6/4119 und 16/126 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. – Damit sind Sie ein-
erstanden. Dann ist so beschlossen.
Wir sind damit am Schluss der heutigen Tagesord-
ung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf Mittwoch, den 7. März 2007, 13 Uhr, ein.
Genießen Sie die gewonnenen Einsichten.
Die Sitzung ist geschlossen.