Gesamtes Protokol
Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! DieSitzung ist eröffnet.Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ichdem Kollegen Ernst Bahr , der am 11. Juniseinen 60. Geburtstag feierte, nachträglich die bestenGlückwünsche des Hauses aussprechen.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll dieverbundene Tagesordnung ergänzt werden. Die Punktesind in der Zusatzpunktliste aufgeführt:ZP 5 a) Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschussesnach Art. 77 des Grundgesetzes
zu dem Gesetz zur Neuordnung des Lebensmittel- unddes Futtermittelrechts– Drucksachen 15/3657, 15/4244, 15/4632, 15/5733 –Berichterstattung:Abgeordneter Michael Müller
b) Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschussesnach Art. 77 des Grundgesetzes
zu dem Gesetz zur Umsetzung der EG-Richtlinie überdie Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm– Drucksachen 15/3782, 15/3921, 15/4024, 15/4377,15/4412, 15/5734 –Berichterstattung:Abgeordneter Michael Müller
Redetc) Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschussesnach Art. 77 des Grundgesetzes
zu dem Siebten Gesetz zur Änderung des Gesetzes ge-gen Wettbewerbsbeschränkungen– Drucksachen 15/3640, 15/5049, 15/5430, 15/5735 –Berichterstattung:Abgeordneter Ludwig Stieglerd) Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschussesnach Art. 77 des Grundgesetzes
zu dem Zweiten Gesetz zur Neuregelung des Energie-wirtschaftsrechts– Drucksachen 15/3917, 15/4068, 15/5268, 15/5429,15/5736 –Berichterstattung:Abgeordneter Ludwig Stieglere) Beratung der Beschlussempfehlung des
– Drucksachen 15/4533, 15/5486, 15/5621, 15/5737 –Berichterstattung:Abgeordneter Dr. Norbert RöttgenZP 6 Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren
Beratung des Antrags der Abgeordneten Birgit Homburger,Angelika Brunkhorst, Michael Kauch, weiterer Abgeordneterund der Fraktion der FDP: Umwandlungskonzept für Trup-penübungsplatz Münsingen erarbeiten und umsetzen– Drucksache 15/5275 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Wirtschaft und ArbeitAusschuss für Verbraucherschutz, Ernährung undLandwirtschaftVerteidigungsausschussZP 7 Weitere abschließende Beratungen ohne Aussprache
a) Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und desBÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Luftreinhaltungsge-setze vollziehen – Risiken durch Feinstaub senken– Drucksache 15/5687 –b) Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und derFDP: Erinnerung und Gedenken an die Vertreibungenund Massaker an den Armeniern 1915 – Deutschlandextmuss zur Versöhnung zwischen Türken und Arme-niern beitragen– Drucksache 15/5689 –c) Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und desBÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Für eine parlamen-tarische Mitwirkung im System der Vereinten Na-tionen– Drucksache 15/5690 –d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Sabine Bätzing,Ute Berg, Renate Gradistanac, weiterer Abgeordneterund der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten JuttaDümpe-Krüger, Volker Beck , Ekin Deligöz, wei-terer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNIS-SES 90/DIE GRÜNEN: Schwule und lesbische Jugend-liche – Mittendrin statt außen vorcksache 15/5691 –ng der Beschlussempfehlung und des Berichts deshusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-5. Ausschuss) zu dem Antrag der AbgeordnetenAusschussesgsausschuss) des Bundes-– Drue) BeratuAussc
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Ausschusses für Tourismus
– zu dem Antrag der Abgeordneten Annette Fasse,Renate Gradistanac, Bettina Hagedorn, weiterer Ab-geordneter und der Fraktion der SPD sowie der Ab-geordneten Undine Kurth , WernerSchulz , Volker Beck (Köln), weiterer Abge-ordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Öffnungszeiten der Außengastro-nomie während der Fußballweltmeisterschaft2006 flexibel handhaben– zu dem Antrag der Abgeordneten Jürgen Klimke,Klaus Brähmig, Ernst Hinsken, weiterer Abgeordne-ter und der Fraktion der CDU/CSU: Deutschlandfür die Fußballweltmeisterschaft 2006 fit ma-chen – Längere Öffnungszeiten der Außengastro-nomie ermöglichen– zu dem Antrag der Abgeordneten Ernst Burgbacher,Gudrun Kopp, Detlef Parr, weiterer Abgeordneterund der Fraktion der FDP: Sperrzeiten für Außen-gastronomie zur Fußballweltmeisterschaft 2006verbraucherfreundlicher gestalten – Freigabe derLadenöffnungszeiten ermöglichen– Drucksachen 15/5585, 15/5452, 15/5581, 15/5716 –Berichterstattung:Abgeordnete Brunhilde IrberJürgen KlimkeErnst Burgbacherg) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts desAusschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit undEntwicklung zu dem Antrag der Abge-ordneten Dagmar Schmidt , Karin Kortmann,Sabine Bätzing, weiterer Abgeordneter und der Fraktionder SPD sowie der Abgeordneten Thilo Hoppe, VolkerBeck , Irmingard Schewe-Gerigk, weiterer Abge-ordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIEGRÜNEN: Geschlechtergerechtigkeit bleibt zentraleVoraussetzung für Entwicklung – Zehn Jahre nachder UN-Weltfrauenkonferenz in Peking– Drucksachen 15/5031, 15/5643 –Berichterstattung:Abgeordnete Dagmar Schmidt
Dr. Conny Mayer
Thilo HoppeMarkus Löningh) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts desAusschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit undEntwicklung zu dem Antrag der Abge-ordneten Dagmar Schmidt , Karin Kortmann,Lothar Binding , weiterer Abgeordneter undder Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten ThiloHoppe, Volker Beck , Katrin Göring-Eckardt,Krista Sager und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIEGRÜNEN: Entwicklungspartnerschaften mit derWirtschaft weiterentwickeln – gemeinsam Armut be-kämpfen– Drucksachen 15/3327, 15/5638 –Berichterstattung:Abgeordnete Dagmar Schmidt
Dr. Christian RuckVaTmcsdgmk
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Übersicht 11über die dem Deutschen Bundestag zugeleitetenStreitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht– Drucksache 15/5696 –ZP 8 Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Aus-
– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Dieter Thomae,Detlef Parr, Dr. Heinrich L. Kolb, weiterer Abgeordneterund der Fraktion der FDP: Altersgrenze für Vertrags-ärzte beseitigen– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Dieter Thomae,Detlef Parr, Dr. Heinrich L. Kolb, weiterer Abgeordneterund der Fraktion der FDP: Freie Wahl der Kostener-stattung in der gesetzlichen Krankenversicherung– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Dieter Thomae,Daniel Bahr , Rainer Brüderle, weiterer Abge-ordneter und der Fraktion der FDP: Nicht verschrei-bungspflichtige Arzneimittel wieder als Leistung dergesetzlichen Krankenversicherung verankern– Drucksachen 15/940, 15/3511, 15/3995, 15/5516 –Berichterstattung:Abgeordneter Dr. Hans Georg FaustZP 9 Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und desBÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Arzneimittelversorgungbei schwerwiegenden chronischen Erkrankungen gewähr-leisten– Drucksache 15/5688 –ZP 10 Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und desBÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Änderung der Ge-schäftsordnung des Deutschen Bundestages – Verhaltens-regeln für Mitglieder des Deutschen Bundestages– Drucksache 15/5698 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität undGeschäftsordnung
Rechtsausschusson der Frist für die Beratung soll, soweit erforderlich,bgewichen werden.Darüber hinaus ist vereinbart worden, denagesordnungspunkt 16 – Graffiti-Bekämpfungsgesetz –it Tagesordnungspunkt 18 – Änderung des Dritten Bu-hes Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze – zu tau-chen. Der Tagesordnungspunkt 26 – Übereinkommener Vereinten Nationen gegen grenzüberschreitende or-anisierte Kriminalität – soll abgesetzt werden. Sind Sieit diesen Vereinbarungen einverstanden? – Ich höreeinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.Ich rufe die Tagesordnungspunkte 10 a bis 10 d auf:a) Abgabe einer Erklärung durch den Bundeskanz-ler zum bevorstehenden Europäischen Rat inBrüssel am 16. und 17. Juni 2005b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für die Angelegenheitender Europäischen Union
– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. AngelicaSchwall-Düren, Günter Gloser, Kurt Bodewig,weiterer Abgeordneter und der Fraktion derSPD sowie der Abgeordneten Rainder
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Präsident Wolfgang ThierseSteenblock, Ulrike Höfken, Marianne Tritz,weiterer Abgeordneter und der Fraktion desBÜNDNISSES 90/DIE GRÜNENFür eine zukunftsgerichtete Weiterführungder Lissabon-Strategie – Neue Impulse zurwirtschaftlichen, sozialen und ökologischenErneuerung– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. WernerHoyer, Jürgen Türk, Dr. Claudia Winterstein,weiterer Abgeordneter und der Fraktion derFDPZur Tagung des Europäischen Rates am 22./23. März 2005 – Stabilität und Wachstumstärken– Drucksache 15/5116, 15/5131, 15/5711 –Berichterstattung:Abgeordnete Kurt BodewigVeronika BellmannMarianne TritzDr. Claudia Wintersteinc) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für die Angelegenheitender Europäischen Union zu demAntrag der Abgeordneten Dr. Werner Hoyer,Dr. Claudia Winterstein, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, weiterer Abgeordneter und derFraktion der FDPDie finanzielle Vorausschau der EU den neuenAufgaben anpassen– Drucksachen 15/2978, 15/5709 –Berichterstattung:Abgeordnete Axel Schäfer
Holger HaibachRainder SteenblockDr. Claudia Wintersteind) Beratung des Antrags der AbgeordnetenDr. Claudia Winterstein, Dr. Werner Hoyer,Dr. Andreas Pinkwart, weiterer Abgeordneterund der Fraktion der FDPEU-Haushalt auf höchstens 1 Prozent desBruttonationaleinkommens begrenzen– Drucksache 15/5361 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Auswärtiger AusschussFinanzausschussAusschuss für Wirtschaft und ArbeitAusschuss für Verbraucherschutz, Ernährung undLandwirtschaftAusschuss für Bildung, Forschung undTechnikfolgenabschätzungHaushaltsausschussNach einer interfraktionellen Vereinbarung sind fürdie Aussprache im Anschluss an die Regierungserklä-rung eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ich höre keinenWiderspruch. Dann ist so beschlossen.dHFssinrSKdpbDtibdwaeugrfBDDn–dedeasEMventemkimwWV
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen underren! Eigentlich wollten wir am Donnerstag undreitag dieser Woche in Brüssel die finanzielle Voraus-chau für die Jahre 2007 bis 2013 – und nur diese – be-chließen. Aber es besteht kein Zweifel: Die Referenden Frankreich einerseits und in den Niederlanden ande-erseits haben die Europäische Union in eine besondereituation – es ist durchaus erlaubt, zu sagen: in einerise – gebracht. Die Frage, über die wir zu reden undie wir zu entscheiden haben, ist: Wie wird in der Euro-äischen Union auf diese Krise reagiert?In der europäischen und auch in der deutschen De-atte zeichnen sich zwei Reaktionsmöglichkeiten ab:ie eine besteht darin, dass man in durchaus populis-scher Weise vorhandene Schwierigkeiten diskutiert undeschreibt, um das Integrationskonzept Europas überiese Schwierigkeiten mindestens infrage zu stellen,enn nicht sogar ernsthaft zu gefährden. Die andere Re-ktionsmöglichkeit ist, das Projekt Europa weiterhin alsin einiges, alle Europäer und alle europäischen Ländermfassendes Projekt, als ein integratives Projekt, zu be-reifen und auf dieser Basis die aufgetretenen Schwie-igkeiten zu lösen und das, was noch vor uns steht, of-ensiv anzugehen.
Es wird Sie nicht überraschen, dass es die Politik derundesregierung ist, die zweite Strategie zu verfolgen.as hat Gründe. Diese Gründe liegen darin, waseutschland immer von und für Europa gedacht und wo-ach es sich gerichtet hat. Insbesondere Deutschlandseine Geschichte nach dem Zweiten Weltkrieg zeigtas – hat – ökonomisch wie politisch – ein großes Inter-sse daran, dass dieses Europa zusammengeführt wird,ass es zusammenbleibt, dass es nicht nur als Marktxistiert, auf dem das Wirtschaften stattfindet, sondernuch als politische Union, also integriert und als ein be-onderes Gesellschaftsmodell existiert, das ökonomischeffizienz mit sozialer Sensibilität verbindet.
Darum geht es gegenwärtig und jeder europäischeitgliedstaat hat sich zu entscheiden. Der Verfassungs-ertrag, den wir gemacht haben, ist ein Vertrag, der denrnst gemeinten Versuch unternimmt, dieses Europa ei-erseits als ganzes Europa, andererseits aber auch als in-griertes Europa zusammenzuhalten, ihm ein Funda-ent zu geben. Wir haben diesen Verfassungsvertrag vornapp vier Wochen mit überwältigender Mehrheit hier Hohen Hause beschlossen. Bis auf eine Enthaltungurde er auch im Bundesrat einstimmig beschlossen.enn ich mir gelegentlich kritische Debatten über dieseerfassung anschaue, frage ich mich: Was hat sich
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Bundeskanzler Gerhard Schrödereigentlich verändert, was die Substanz dieser Verfassungangeht und die Zustimmungsfähigkeit zu dieser Verfas-sung aus Deutschland heraus, aus beiden Hohen Häusernheraus? Da hat sich gar nichts verändert. Das, was wirdiskutiert haben, als der Verfassungsvertrag hier zur Ent-scheidung anstand, nämlich ein erweitertes, integriertesEuropa mit einem sicheren Fundament zu versehen, galtdamals und gilt auch heute noch.
Deswegen stehe ich ohne Wenn und Aber zu dieser Ent-scheidung, zur gemeinsamen Entscheidung Deutsch-lands für diesen Verfassungsvertrag. Ganz nebenbei: Mitder Entscheidung in beiden Häusern hat Deutschland Jagesagt und nicht Nein – damit wir uns richtig verstehen.
Wir sollten aufpassen, dass die Entscheidung, die hiergetroffen wurde, nicht uminterpretiert werden kann, vonwem auch immer.
Nein, meine Damen und Herren, der Verfassungsver-trag war richtig, er ist richtig und ich glaube, es wird sichauch erweisen, dass er ein Stück Zukunft einer einigenEuropäischen Union sein wird. Im Übrigen: Alle Mit-gliedstaaten haben sich verpflichtet, zu ratifizieren, je-weils nach den nationalen Notwendigkeiten und Gesetz-lichkeiten. Zehn haben ratifiziert – wir auch. Anderehaben angekündigt, zu ratifizieren. Denen jetzt mit Sprü-chen zu kommen, wie ich sie aus dem Europäischen Par-lament höre – die Verfassung sei tot; oder was auch im-mer –, ist nach meiner festen Überzeugung ganz falschund diskreditiert auch unser eigenes Abstimmungsver-halten.
Hinzu kommt: Wer wollte den Dänen, den Portugie-sen, den Polen, in deren Ländern demnächst Referendenbevorstehen – Luxemburg kommt dazu –, vorschreiben,wie sie mit der neuen Lage umzugehen haben? Es ist diesouveräne Entscheidung eines jeden Landes, ob undnach welchem Verfahren es ratifizieren will oder nicht.Der Europäische Rat, der am heutigen Donnerstag undam morgigen Freitag vermutlich noch länger über dieseFragen diskutieren wird, kann natürlich Vorschläge ma-chen, aber er kann doch nicht die Ratifizierungspro-zesse abbrechen oder darüber befinden, in welcherForm, in welchen Zeiträumen sie stattzufinden haben.Das sind souveräne, nationale Entscheidungen, die wirzu respektieren haben. Ich füge hinzu: Wir haben dochdas Dokument – Nr. 30 ist es, glaube ich – gemacht, indem steht, dass der Europäische Rat neu zusammenkom-men muss, wenn eine bestimmte Anzahl von Ratifizie-rungen nicht erfolgreich ausgegangen sein sollte. Inso-fern ist das, was wir vorgeschlagen haben – eineZwischenbilanz zu ziehen, vermutlich während der ös-terreichischen Präsidentschaft; das ist zu Beginn desnfismDdgkdswdEaehssgdnneUgwMgmwBIwLnusvmwmduki
Wir haben doch diese Verfassung gemacht – sie istoch maßgeblich unter deutscher Beteiligung zustandeekommen –, weil wir einen verbindlichen Grundrechts-atalog für die Europäische Union wollten. Wir habeniese Verfassung doch gemacht, weil wir eine gemein-ame Außen- und Sicherheitspolitik wollten und weiterollen, ja, wollen müssen. Wir haben diese Verfassungoch auch deshalb gemacht, weil in ihr steht, dass es inuropa nicht nur um ökonomische Effizienz, sondernuch und gerade um sozialen Zusammenhalt geht.
Neben der finanziellen Vorausschau, zu der ich gleichtwas sagen werde, werden wir auch darüber zu redenaben, wie es mit der Erweiterung weitergeht. Wir müs-en damit ganz offen und für meine Begriffe auch offen-iv umgehen. Was ist denn der Hintergrund für die statt-efundenen Erweiterungsprozesse? Polen, Tschechien,ie Slowakei, Ungarn und die anderen Länder sind dochicht Teil der Europäischen Union geworden, weil unsichts anderes eingefallen ist, sondern sie sind als alteuropäische Kulturnationen Teil der Europäischennion geworden, weil der Fall des Eisernen Vorhangsenau diesen Prozess ermöglicht hat.
Der Fall des Eisernen Vorhangs hat natürlich aucheitere Konsequenzen. Es wird über die zehn neuenitgliedstaaten hinausgehen, die am 1. Mai 2004 Mit-lied geworden sind. Ich warne all diejenigen, die jetzteinen, man könnte die eingegangenen Verpflichtungenenn nicht auflösen, so doch zumindest auf die langeank schieben.
ch warne davor, den Rumänen und Bulgaren, mit denenir Verträge abgeschlossen haben, zu sagen, dass es unseid tut, dass wir die eingegangenen Verpflichtungenicht erfüllen können, weil die Referenden in Frankreichnd in den Niederlanden nicht so ausgegangen sind, wieich die Europäer das wünschten. Ich warne deshalb da-or, weil die Rückkehr zu alten Nationalismen und zuehr als dem die sichere Konsequenz in diesen Ländernäre. Es würde zu einer Rückkehr zu alten Nationalis-en, zum Verlust der ökonomischen Möglichkeiten undamit zu mehr statt weniger Schwierigkeiten für Europand auch Deutschland, das sich mittendrin befindet,ommen.Nein, ich glaube: Wenn die Länder, um die es geht,hre Verpflichtungen erfüllen – bei der Justiz, beim Inne-
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Bundeskanzler Gerhard Schröderren und bei der Korruptionsbekämpfung sind noch ei-nige Fragen offen, aber sie sind auf dem Weg dorthin –,dann muss die Europäische Union auch zu ihren Ver-pflichtungen stehen. Eine andere Politik halte ich nichtfür denkbar.
Was tun wir denn auf dem Balkan, wenn wir, wie ei-nige es jetzt vorschlagen, den Ländern des westlichenBalkans zum Beispiel die europäische Perspektive ab-schneiden oder sie ad calendas graecas vertagen? Wassind die politischen Lösungsansätze, die dann zur Verfü-gung stehen? Sind sie besser, weil sie in einem sehr um-fassenden Sinne preiswerter für Europa und Deutschlandsind, oder ist nicht vielmehr das Gegenteil der Fall?Wenn wir diese Länder des westlichen Balkans alleinlassen und ihnen die Perspektive abschneiden, sind diemutmaßlichen Konflikte dann nicht in einem umfassen-den Sinne – übrigens auch materiell – allemal teurer, alses Vorbeitrittshilfen und Beitrittshilfen je sein könnten?
Wer sich einmal anschaut, was wir als Europäer undbesonders als Deutsche in den Konflikten auf dem Bal-kan zu leisten haben und welche materiellen Anforde-rungen gestellt werden, der wird sehr schnell ausrechnenkönnen, dass Frieden in einem sehr umfassenden Sinneallemal preiswerter als solche Konflikte ist, die wir allekennen.
Ich habe mal eine sehr konkrete Frage. Entweder wares übertrieben oder aber er hat die Wahrheit gesagt. FrauMerkel, Herr Stoiber, was sagen Sie denn Herrn Sanader,dem Sie im Wahlkampf geholfen und versprochen ha-ben, dass Sie eine ganz schnelle Beitrittsperspektive fürKroatien unterstützen würden?
Was sagen Sie ihm denn, wenn er das erfüllt, was derInternationale Strafgerichtshof und damit auch die Eu-ropäische Union zu Recht von ihm erwarten? Sagen wirdiesem Land „Eine Aufnahme von Verhandlungen gibtes nicht“ oder sagen wir ihm „Wir nehmen Verhandlun-gen auf“? Dazu werden Sie sich verhalten müssen. Ichbin der Meinung, dass Kroatien ein Land ist, das ökono-misch und, wenn die Bedingungen erfüllt sind – ich habesie genannt –, politisch dazugehört. Das kann doch garkeine Frage sein.
Aber man kann sich nicht so verhalten, diesem Landin bestimmten Gesprächen Unterstützung für die Auf-nahme von Verhandlungen zuzusagen, aber dann öffent-lich möglichst gar nicht darüber zu reden oder sogar dasGegenteil zu erklären. Das ist keine sonderlich rationaleund auch keine sonderlich ehrliche Politik.hgrgsbRzgwredsAesslgtdngwzmkdozZMzNePnEwKwdFnsM
Im Prinzip gilt das Gleiche für die Türkei. Wir habenier darüber debattiert. In diesen Debatten ist deutlicheworden, dass wir der Türkei – vorneweg die Regie-ung Kohl, massiv unterstützt vom Abgeordneten Glos,egen manchen Zweifel auf der Seite der demokrati-chen Linken im Hause – immer wieder versichert ha-en: Wenn die Bedingungen durch eine entsprechendeeformpolitik und durch die Klärung eures Verhältnissesu Zypern erfüllt sind, dann werden Beitrittsverhandlun-en aufgenommen werden. Diese lange Diskussionurde schon über 40 Jahre geführt.Dann hat man erklärt: Man kann sich ja eines Besse-en besinnen. Das ist aber in der internationalen Politikin bisschen schwierig, weil sich natürlich sehr viele aufie Gültigkeit von Vereinbarungen und Zusagen verlas-en haben.
ußerdem gilt das, was wir gesagt haben. Gelänge es,ine Beziehung zwischen einem nicht fundamentalisti-chen islamischen Land, der Türkei, und der europäi-chen Aufklärung herzustellen und wirksam werden zuassen – das kann nur in europäischen Zusammenhängeneschehen –, wäre das sowohl ökonomisch als auch poli-isch ein Segen für die Sicherheit Europas und auch fürie Sicherheit unseres Landes.
Die Risiken solcher Verhandlungen, die ich garicht verschweige, sind beherrschbar. Wir haben immeresagt: Verhandlungen über einen Beitritt der Türkeierden zehn bis 15 Jahre dauern. Das Verhandlungskon-ept sieht vor, dass die Zuwanderung in den Arbeits-arkt anderer EU-Länder bis auf Null begrenzt werdenann. Das Verhandlungskonzept sieht auch vor, dass jedeer beiden Seiten die Verhandlungen jederzeit aussetzender abbrechen kann. Damit ist dieses Verhandlungskon-ept ein angemessenes Instrument zur Erreichung desieles, einen Beitritt der Türkei herbeizuführen, ohne einitgliedsland der Europäischen Union – Deutschlandumal – in unüberwindbare Schwierigkeiten zu bringen.ein, wer in der jetzigen Situation, in der es sicherlichine krisenhafte Entwicklung in Europa gibt, meint, dierobleme mit Kleinmut, mit Wegducken lösen zu kön-en, der irrt gründlich.
r wird auch erleben, dass er seiner historischen Verant-ortung in einer Weise nicht gerecht wird, die ihm nochinder und Kindeskinder, so es sie denn gibt, vorwerfenerden.Ich glaube, dass man damit einen guten Einstieg fürie Debatten hat, die am heutigen Donnerstag und amreitag, bezogen auf die finanzielle Vorausschau, begin-en werden und sollen. Ich habe immer gesagt, dass un-ere materiellen Ressourcen begrenzt sind, was dieöglichkeiten Deutschlands angeht, europäische
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Bundeskanzler Gerhard SchröderKompromisse zu finanzieren, um in der europäischenGeschichte als große Europäer dazustehen. Für dieseMöglichkeit Deutschlands, eine solche Strategie zu ver-folgen, die doch sehr lange getragen hat, sind dieRessourcen nicht mehr vorhanden, selbst wenn man siedenn nutzen wollte.
Man muss sich also in das tägliche Geschäft der euro-päischen Verhandlungen schon im Interesse Deutsch-lands einmischen. Das war übrigens der Grund, warumwir gesagt haben: Wir möchten gerne erreichen, dass dasBudget der Europäischen Union auf 1 Prozent desBruttonationaleinkommens begrenzt wird. Das hätte im-mer noch eine Menge für Deutschland bedeutet, wäreaber auskömmlicher gewesen als jeder andere denkbareKompromiss.Dann wurden wir mit der Forderung der Europäi-schen Kommission nach 1,24 Prozent des Bruttonatio-naleinkommens konfrontiert. In Zahlen ausgedrückthätte dies bedeutet, dass wir mit dem Betrag in Höhe vonetwa 22 Milliarden Euro brutto, den wir jetzt an das eu-ropäische Budget abführen, im Jahre 2013 bei deutlichüber 40 Milliarden Euro gelandet wären, und das bei imVerhältnis sinkenden Rückflüssen, was damit zusam-menhängt, dass es den neuen Ländern in vielen Berei-chen wirtschaftlich besser geht, als das noch vor fünfoder acht Jahren der Fall war. Sie werden leicht einse-hen, dass wir eine solche Position nicht einnehmenkonnten.
Nun gibt es – das sage ich wegen der Einheitlichkeitder Argumentation – den berühmten Bericht des Europä-ischen Parlaments, den so genannten Böge-Bericht.Böge ist ein Abgeordneter der CDU, der dort haushalts-politischer Sprecher ist. Er hat für die CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament gesagt, dass unter1,18 Prozent des BNE gar nichts laufe. Dazu sollten Siesich einmal verhalten; denn das ist sehr teuer, was HerrBöge da aufgeschrieben hat.
Es geht natürlich nicht, mich hier zum Sparen aufzufor-dern und dann munter durch die Angehörigen der mittle-ren Ebene die Forderungen immer weiter nach oben zutreiben. Das ist eine Form von Politik, die nicht trägt, je-denfalls nicht auf Dauer.
Lassen wir also einmal den Böge-Bericht beiseite undreden wir über das, was im Zusammenhang mit dem zudiskutieren ist, was die Präsidentschaft vorgeschlagenhat.
– Ich komme gleich zu dem, was ich machen muss. – Essind ganz vernünftige Vorschläge, die da auf dem Tischliegen.DgbdMLgbc11AvvdcbbIgdhvsdwjdgSwdAdFfwgdsbwiditDt
as, was dort veröffentlicht worden ist – das will ich sa-en –, reicht noch nicht. Wir haben noch einige Pro-leme; denn wir müssen in der Tat darauf achten, dassie Nettosalden nicht uferlos steigen. Das ist auch dieahnung all derer, die sich im Europaausschuss untereitung des sehr verehrten Vorsitzenden dazu gesterneäußert haben. Nur, damit es nicht so ganz im Unklarenleibt, wie sich die Nettosalden in der letzten Zeit entwi-kelt haben, will ich das einmal vorlesen. Wir hatten993 einen Nettosaldo von 12 Milliarden, 1994 von4 Milliarden, 1998 – wir sind erst im Oktober in dasmt gekommen; Sie werden das nicht vergessen haben –on rund 12 Milliarden. Dann sinkt dieser Nettosaldoon 12 Milliarden über 10 Milliarden auf 8,754 Milliar-en im Jahr 2004. Wer mich also auffordert, für entspre-hende Rückflüsse zu sorgen, der sollte wenigstens einisschen selbstkritisch mit der Frage umgehen, was erzw. sie in den 90er-Jahren gemacht hat.
ch bin der Meinung, dass Deutschlands Ressourcen be-renzt sind und wir deswegen aufpassen müssen, dassieser sehr positive Trend, den meine Regierung erreichtat, nicht wieder abbricht oder sich gar in das Gegenteilerkehrt. Das ist ein ganz wichtiger Gesichtspunkt.
Nun habe ich gesagt, dass wir bei 1 Prozent des BNEtarten und dass wir, was Zahlungen angeht, möglichsticht in die Nähe kommen wollen. Wir starten da und esäre wirklich wichtig, wenn das gelänge. Gerade in deretzigen Situation wäre es wunderbar, wenn von Brüsselas Signal ausginge, dass die Union in dieser so wichti-en Frage der finanziellen Vorausschau bei allenchwierigkeiten handlungsfähig ist. Ich bin dafür – weilir gute Europäer sind –, dass wir einen Beitrag leisten,amit das gelingt.
ber wie kann dieser Beitrag nur aussehen? Es gibt Län-er, die sagen: Es muss alles, was die Erwartungen undorderungen bei den Strukturfonds und den Kohäsions-onds betrifft, so bleiben, wie es ist, jedenfalls dann,enn es uns angeht. – Das kann nicht angehen. Dannibt es Länder – das sind die neuen Mitgliedstaaten –,ie völlig zu Recht sagen: Der durchschnittliche Wohl-tand in unseren Ländern liegt unter dem der Länder, dieisher von der Solidarität profitiert haben. Das Mindeste,as wir wollen, ist, gleich behandelt zu werden. – Dasst nachvollziehbar, aber schwer zu bezahlen.Einige Länder sind Nettozahler, vorneweg die Nie-erlande, Schweden und Deutschland. Deutschland zahltn absoluten Zahlen das Meiste, die Niederlande in rela-iven Zahlen, also pro Kopf. Schweden liegt dazwischen.iese Länder sagen zu Recht: Wir brauchen eine Entlas-ung von dieser Nettozahlerposition und wir kämpfen
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Bundeskanzler Gerhard Schröderdarum, dass das auch geschieht. Ich bin guter Hoffnung,dass wir dabei weiterkommen. Auch dabei wird nicht je-der Blütentraum reifen; das ist keine Frage. Das sage ichauch den Kollegen, die im selben Boot sitzen. Aber wirmüssen damit weiterkommen.Dreh- und Angelpunkt ist indessen nicht nur, dass dieLänder entlastet werden müssen, die viel zahlen – ohnedass ihre Nettozahlerposition deswegen aufhört zu exis-tieren –, und die Länder, die viel bekommen oder vielwollen, ihre Erwartungen zurückschrauben müssen– auch das ist notwendig –, sondern Dreh- und Angel-punkt ist auch ein bestimmtes Instrument, über das manein paar Worte verlieren muss. Dieses Instrument nenntsich „britischer Rabatt“. Er ist nicht von dieser Regie-rung ausgehandelt worden; damit wir uns völlig klar ver-stehen.
Dieser britische Rabatt – er liegt zurzeit bei etwa4,5 Milliarden Euro, wenn ich es richtig im Kopf habe –würde, wenn er unverändert beibehalten würde, im Zeit-raum der finanziellen Vorausschau auf 7 Milliar-den Euro und mehr hochschnellen. Angesichts der Tatsa-che, dass Großbritannien beim Pro-Kopf-Einkommenseiner Bevölkerung die Nummer sechs ist, aber bei denPro-Kopf-Zahlungen weit im Hinterfeld liegt, gibt es fürden Rabatt überhaupt keine wirkliche Rechtfertigungmehr. Allerdings ist damals, anders als bei vielen ande-ren finanziellen Gegebenheiten, beschlossen worden,dass dieser Rabatt nur einstimmig geändert werdenkann. Angesichts der vorgegebenen Einstimmigkeit istdie Aufforderung an mich, ich sollte – bei Landwirt-schaftsverhandlungen oder sonst wo – mal eben dafürsorgen, dass dieser Rabatt verschwindet, ein bisschennaiv.
Trotzdem hat die Oppositionsführerin der britischenPresse zufolge gemeint, das tun zu sollen.Dann werden Sie, Frau Merkel, sich zum britischenRabatt – ich entnehme das britischen Zeitungsberich-ten – äußern müssen. Darin steht nämlich, Tony Blairhabe nach einem Gespräch mit Ihnen Hoffnung; dennSie hätten seinen Rabatt mit dem Hinweis darauf, dass erweniger Agrarsubventionen bekäme als Frankreich, aus-drücklich verteidigt.
Wenn das stimmen sollte und die Zeitungen nichts Fal-sches berichtet haben, dann haben Sie Juncker undDeutschland damit einen Bärendienst erwiesen. Dasmuss man sehr deutlich sagen, meine Damen und Her-ren.
Es wäre gut, wenn Sie sich in aller Klarheit hier dazuäußern würden, ob Sie mit der Bundesregierung der Auf-fmRsDnidJbnalsm–wDzhlgt–dNdggShrdngdfl
as ist die Erwartung, die ich an Sie habe, wenn Sie sichicht vorwerfen lassen wollen, die Verhandlungspositionn große Schwierigkeiten gebracht zu haben.Ich habe wenig Hoffnung – ich bin mir darin mitem luxemburgischen EU-Ratspräsidenten Jean-Claudeuncker einig –, dass das, was wir wollen – dass sich alleewegen –, zu den gleichen Einsichten führt wie bei uns,ämlich dass man sich bewegen muss. Ich weiß nicht, oblle der europäischen Idee folgen. Ich habe mir gelegent-ich in diesem Hause von der rechten Seite anhören müs-en, jemand zu sein, der zu rational, zu wenig emotionalit der europäischen Frage umgeht.
Ja, ist klar. Aber in der Krise zeigt sich, wer steht under nicht steht.
Ich fahre heute einigungsbereit nach Brüssel.eutschland wird sich bewegen. Es darf nicht die finan-ielle Leistungsfähigkeit des Landes übersteigen. Dieseaben wir im Blick zu behalten.Aber gleichermaßen hat diese Regierung für Deutsch-and im Blick, dass dieses unser Land ökonomisch in un-eheurer Weise von einem gemeinsamen Markt profi-iert. Wir sind in all den Ländern, um die es gehtsowohl in denjenigen, die beigetreten sind, als auch inenjenigen, mit denen verhandelt wird –, im Handel dieummer eins. Wir haben unserer Außenwirtschaft under damit zusammenhängenden Arbeitsplätze wegen dasrößte Interesse daran, dass dieses Europa als ein eini-es, integriertes Europa funktioniert. Gerade in einerituation wie der jetzigen kommt es darauf an – daranaben wir aus politischen Gründen das allergrößte Inte-esse –, dass man bei dem Unterfangen nicht nachlässt,ieses Europa durch Erweiterung und Integration zu ei-em Ort dauerhaften Friedens und dauerhaften Wohler-ehens seiner Menschen zu machen. Das und nichts an-eres ist unser Ziel. An dem werden wir unbeirrtesthalten.Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort Kol-egin Angela Merkel, CDU/CSU-Fraktion.
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17078 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der De-batte über die Ratifizierung des Verfassungsvertrages am12. Mai dieses Jahres habe ich für die große Mehrheitder CDU/CSU-Bundestagsfraktion gesagt:Wir sagen Ja dazu, mit diesem Vertrag die EinigungEuropas institutionell weiter zu festigen; denn wirvergessen nicht die Lehren von denen, die vor unspolitische Verantwortung trugen, von KonradAdenauer über Willy Brandt bis Helmut Kohl, dieLehren aus den Katastrophen der beiden Weltkriegeauf europäischem Boden. Europa als Friedens- undWertegemeinschaft stärken, dazu gibt es keine Al-ternative.
Was am 12. Mai richtig war, hier im Deutschen Bundes-tag gesagt zu werden, das ist auch am 16. Juni richtig.
Deshalb ist es allerdings genauso richtig, dass wirhinzufügen, was ich am 12. Mai ebenfalls gesagt habe:Ich glaube, dass wir an einem solchen historischenTag … auch sehen müssen – das hat etwas mit derZustimmung zu Europa zu tun –, dass wir in zwei-erlei Hinsicht am Scheideweg stehen: zum einen,was die Integrationstiefe anbelangt, und zum ande-ren, was die Ausdehnung der Europäischen Unionanbelangt.
Auch dieser zweite Teil gilt heute genauso wie am12. Mai. Er hat seine Verstärkung – darum kann man garnicht herumreden – durch das Nein der Mehrheit der Be-völkerungen in Frankreich und in den Niederlanden er-fahren.
Genau deshalb ist es notwendig, dass von dem Rat, derheute und morgen stattfindet, ein Signal der Entschlos-senheit ausgeht, dass es ein einfaches Weiter-so nichtgibt,
sondern dass um Europa willen die notwendigen Konse-quenzen gezogen werden müssen. Herr Bundeskanzler,mit Verlaub, ich habe den Mut und die Entschlossenheit,auf diese Krise adäquat zu reagieren, bei Ihnen heutevöllig vermisst.
Ich bin mit Ihnen völlig einer Meinung, dass es in Be-zug auf die Frage, wie es mit dem Ratifizierungspro-zess weitergeht, natürlich nicht unsere Sache ist – damitmeine ich uns, die wir ratifiziert haben –, anderen, dienoch zu ratifizieren haben, Vorschriften zu machen, wiesie damit umzugehen haben. Ich bin auch der Meinung:Wenn alle zu der Überzeugung kommen – das ist die Sa-cdsnwf2WzrdbargWssmcwwNfuMdsdtGmsbzwmH
Meine Damen und Herren, ich glaube, wir sollten unsuch ganz klar vor Augen führen: Das Nein in Frank-eich und in den Niederlanden ist keine Haltung, die sichegen Europa an sich richtet. Eines ist vollkommen klar:enn der niederländische Schriftsteller Leon de Winteragt: „Wir haben mit ‚Nee‘ gestimmt, um Europa zuchützen“,
üssen wir uns fragen und uns Gedanken darüber ma-hen – Sie können darüber lachen; ich glaube nur, dannird die europäische Krise nicht behoben werden –,
as die Menschen dazu bewogen hat, Nein zu sagen.ur so können wir das europäische Einigungswerk fort-ühren
nd einen Ausweg aus der Krise finden.
Wir müssen doch zur Kenntnis nehmen, dass vieleenschen in Europa das Erreichte – dauerhafter Frie-en, wirtschaftliche Freiheit – inzwischen als selbstver-tändlich hinnehmen. Wir müssen zur Kenntnis nehmen,ass viele Menschen in den europäischen Mitgliedstaa-en Sorgen und Ängste um die Globalisierung haben.
enau diese Sorgen und Ängste müssen wir aufnehmen,eine Damen und Herren. Sich über die Köpfe der Men-chen hinwegzusetzen, hat noch nie ein politisches Pro-lem gelöst.
Die Menschen haben den Eindruck: Es gibt ein gren-enloses Europa, sowohl was die Vertiefung als auchas die Erweiterung anbelangt. Genau auf diese Frageüssen wir präzise Antworten geben, meine Damen underren.
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Dr. Angela MerkelWir sollten auch ernst nehmen, wenn der französischeInnenminister Nicolas Sarkozy sagt: Die Menschen ha-ben viel zu lange von der Politik keine Antworten aufihre Fragen bekommen.
Deshalb müssen wir schauen, wie wir genau auf dieseFragen Antworten geben.
Das kann nur mit Mut gelingen. Das kann nur gelingen,indem wir eine kritische Analyse des Bestehenden ma-chen und deutlich sagen, wie es weitergehen soll.
In diesem Zusammenhang muss ganz klar definiertwerden:
Welche Ziele haben wir? Wohin wollen wir?
– Meine Damen und Herren, Ihr Lachen wird nicht da-rüber hinwegtäuschen, dass diese Ziele für die Men-schen nicht erkennbar sind. Sie fragen sich: Wo sind dieGrenzen Europas? Wo ist die Grenze der Vertiefung?Auf diese Fragen müssen wir eine Antwort geben.
Dazu sage ich als Erstes – das hat damit zu tun, dasses ein einfaches Weiter-so für mich nicht gibt –:
Stopp der inneren Überdehnung Europas.
Europa wird von vielen als ein bürokratisches Wesenwahrgenommen, das die Menschen nicht verstehen. Siesehen nicht, dass Europa sich wirklich nur um das küm-mert, was Europas Sache ist.
Meine Damen und Herren, das eigentlich Tragischean dem Prozess, den wir im Augenblick zu beobachtenhaben, ist, dass der Verfassungsvertrag ja gerade ver-sucht hat, auf diese Sorgen der Menschen Antworten zugeben. Genau aus diesem Punkt heraus sage ich auch:Der Verfassungsvertrag ist ein Schritt in die richtigeRichtung und das, was dort angelegt ist, muss fortgesetztund darf nicht infrage gestellt werden; denn Kompeten-zen für Europa müssen begrenzt und beschränkt werden.Genau das hat der Verfassungsvertrag versucht, auchwenn es noch nicht zu 100 Prozent gelungen ist.
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Die Menschen machen sich halt Sorgen, wenn sie hö-en, dass es 400, 500 oder 600 neue Richtlinien gebenönnte. Die Menschen machen sich Sorgen, wenn sie er-eben, dass es Regelungstatbestände gibt, von denen sieagen, dass wir sie in Europa wirklich nicht brauchen.ie Menschen machen sich Sorgen, wenn Sie sich mitiner Chemikalienrichtlinie auseinander setzen, zu derllein 4 000 Änderungsanträge vorliegen. Herr Bundes-anzler, vielleicht wäre es einmal eine Überlegung wert,ymbolisch zu sagen: Lasst uns politisch entscheiden,as wir im Sinne des Lissabon-Prozesses, also desachstumsprozesses, brauchen und was nicht! Lasst unsrioritäten setzen! – Die Völker Europas wären dankbarür eine solche politische Haltung. Das ist es, was wireute von Ihnen erwartet hätten.
Frau Kollegin Merkel, gestatten Sie eine Zwischen-
rage des Kollegen Weisskirchen?
Nein, ich gestatte keine Zwischenfrage.
Unsere Antwort auf die Krise, in der wir uns befin-en, wäre gewesen, zu sagen, welche politische Selbst-eschränkung sich Europa auferlegt, um deutlich zu ma-hen: „Wir haben verstanden, was die Menschen unsagen wollten“, oder – andersherum – zu sagen, dass wirine Notwendigkeitskontrolle für das, was Europa regelnuss, einführen, um deutlich zu machen: Wir sind einemiel verpflichtet, nämlich soziale Marktwirtschaft in Eu-opa in Zeiten der Globalisierung durchzusetzen. Dasoll das Selbstbild Europas sein und daran muss sich al-es ausrichten: wachstumsgetriebene Politik und nichtürokratie an Stellen, wo sie nicht notwendig ist.
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Dr. Angela Merkel
Es ist auch die Frage nach der Erweiterung zu stellen.Nun weiß ich nicht, Herr Bundeskanzler – um das „Kroa-tien-Problem“ gleich anzusprechen –, ob Ihnen entgan-gen ist, dass der bayerische Ministerpräsident jüngst inKroatien war und dort ein ganz klares Bekenntnis zurAufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Kroatien ab-gegeben hat.
Das war unsere Haltung vor den Referenden und das istunsere Haltung nach den Referenden. Ich stimme Ihnenvollkommen zu, Herr Bundeskanzler, dass es absurdwäre, weil die Franzosen und die Niederländer Problememit Europa haben, den Kroaten zu sagen, dass die Zusa-gen, die wir gemacht haben, jetzt nicht eingehalten wer-den.
Ich habe aber schon Kritik zu üben, nicht daran, dassBulgarien und Rumänien eine europäische Perspektivehaben. Das ist gar keine Frage; das wird von uns unter-stützt.
Aber wir sind der Meinung, dass Bulgarien und Rumä-nien die Kriterien erfüllen müssen, die gelten, wenn manMitglied der Europäischen Union werden möchte. Wirhalten den Beschluss, dass Bulgarien und Rumänien am1. Januar 2007 beitreten, wenn sie die Kriterien erfüllen,ausdrücklich für richtig; wir werden die entsprechendenFortschrittsberichte abzuwarten haben. Aber den Be-schluss, dass, wenn sie die Kriterien bis zum 1. Januar2007 nicht erfüllen, sie automatisch am 1. Januar 2008beitreten können, halte ich für falsch; denn in jedem Fallmüssen die Kriterien erfüllt werden.
Herr Bundeskanzler, wir haben immer mit offenenKarten gespielt, was die europäische Perspektive derTürkei anbelangt.
Ich bin selber in der Türkei gewesen und habe dem türki-schen Ministerpräsidenten gesagt: Wir wollen enge Be-ziehungen zur Türkei, aber wir glauben, dass das imRahmen einer privilegierten Partnerschaft stattfindensollte. Die Diskussionen sind nun so weit gediehen, dassdie Beitrittsverhandlungen mit der Türkei am 3. Oktoberaufgenommen werden sollen. Es ist aber wichtig – dashaben Sie heute auch nicht gesagt –, dass die Türkeidann auch alle ihr aufgetragenen Vorbedingungen erfül-len muss. Da darf man kein Auge zudrücken. Es ist einziemlich verheerender Zustand, dass die Türkei heuteweder mit Armenien noch mit Zypern diplomatische Be-ziehungen pflegt. Zumindest mit Zypern muss dieser Zu-stand geändert werden.hltdDHefVDsPnfmgDL4mDhMpKPgnCscDuPEmefü2ae
Wir müssen natürlich auch versuchen – das wärebenfalls ein Signal an den jetzt stattfindenden EU-Gip-el –, die finanziellen Perspektiven zu klären. Dass dieerhandlungen nicht einfach sind, kann man erahnen.
eshalb ist es auch richtig, dass Sie einen kleinen kriti-chen Schlenker zu den Festlegungen des Europäischenarlaments gemacht haben. Es gibt in der Tat den so ge-annten Böge-Bericht, der allerdings sozusagen ange-euert wurde vom Präsidenten des Europäischen Parla-ents, einem Sozialisten; wir beide haben mit ihmesprochen.
ieser Böge-Bericht – das sage ich nur, damit Ihnen dasachen jetzt vergeht – hat die Zustimmung von20 Parlamentariern im Europäischen Parlament bekom-en; darunter waren auch Sozialdemokraten.
as ist etwas, was Sie genauso bekümmern sollte. Des-alb, Herr Bundeskanzler, war das ziemlich kleineünze, was Sie da angeführt haben.Es gibt halt unterschiedliche Perspektiven. Das Euro-äische Parlament ist zwar hinter dem Vorschlag derommission zurückgeblieben, aber das Europäischearlament ist weit über die Vorschläge des Rates hinaus-egangen. Deshalb werden wir alle, so wie wir hier imationalen Parlament sitzen, ob Sozialdemokraten oderhristdemokraten, immer wieder die Diskussion mit un-eren europäischen Freunden suchen müssen und versu-hen müssen, dort die gleiche Perspektive zu erreichen.a sind Sie nicht besser dran als wir. Insofern sollten wirns das hier nicht vorwerfen.Was die finanzielle Vorausschau und die finanzielleerspektive anbelangt, so wäre es wünschenswert, einrgebnis zu erzielen. Um dieses Ergebnis zu bekom-en, werden sich alle bewegen müssen. Nun gibt es abertwas, das sich auf die Verhandlungen natürlich nichtörderlich auswirkt. Das ist die Tatsache, dass man sichber einen großen Teil der finanziellen Perspektive bis013 schon 2002 geeinigt hat, nämlich über die Agrar-usgaben. Sie haben selbst gesagt, dass der Britenrabatttwas mit Agrarausgaben zu tun hat.
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Dr. Angela MerkelVon daher ist es natürlich nicht ganz einfach, wenn dieeinen sagen können: „Agrarsubventionen sind sakro-sankt; da gehen wir überhaupt nicht mehr ran“ und vonden anderen Flexibilität erwartet wird. Ich bin der festenÜberzeugung: Wenn sich genau in diesem Bereich alleein Stück bewegen, dann ist es möglich, auf dem Rat diefinanzielle Vorausschau zu verabschieden. Ich bin vielzu sehr eine gute Deutsche, um nicht zu sagen, dass sichganz unzweifelhaft auch die Briten bewegen müssen.Aber es kann nicht sein – das ist der Punkt –, dass vonder einen Seite Flexibilität erwartet wird und von der an-deren Seite gesagt werden kann: Für uns sind dieseDinge sakrosankt.
Sie haben kein Wort darüber gesagt, dass durch dieFestlegung der Agrarsubventionen für die gesamtenZukunftsaufgaben jetzt natürlich nur noch ein sehr ge-ringer Spielraum vorhanden ist; denn die nationalen Bei-träge müssen sich – das ist richtig – im Rahmen halten.Das erkennt man, wenn man insbesondere einen Blick inden eichelschen Haushalt wirft. Aber die Tatsache, dassdas so ist, nämlich dass wir jetzt praktisch nur noch beiden Zukunftsbereichen reduzieren können, wirft wiederkein gutes Licht auf Europa; denn gerade im For-schungsbereich und den anderen Zukunftsbereichen, indenen wir angesichts der Globalisierung Nachholbedarfhaben, müsste Europa stark sein. Aber da sind jetzt äu-ßerste Restriktionen angesagt. Auch das macht die Ver-handlungen so schwierig.Der Präsident der Deutschen Forschungsgemein-schaft hat gestern dazu seine Sicht niedergeschrieben.
Er hat deutlich gemacht: Von dieser Perspektive mussein Zukunftssignal ausgehen und darf nicht ein Signalder Vergangenheit ausgehen. – Das würden wir gern se-hen, meine Damen und Herren.
Deshalb, Herr Bundeskanzler, wünsche ich und wün-schen wir von ganzem Herzen, dass dieser Rat, ein ent-scheidender Rat, heute und morgen das Signal an dieBürgerinnen und Bürger Europas aussendet, dass dieStaats- und Regierungschef verstanden haben: Ein einfa-ches Weiter-so wird Europa zerstören.
Es muss eine Veränderung geben.
Es wäre gut, wenn Deutschland genau in diesem Prozesseine führende Rolle spielen könnte. Die Menschenschauen auf uns. Die Menschen in Europa wissen, dassdie wirtschaftliche Schwäche Deutschlands dazu bei-tiehckzpstwfmgdmDdwdgnhdEgAwtdnGmImwIG
Zu einer Kurzintervention erteile ich dem Kollegen
ert Weisskirchen das Wort.
Liebe Frau Kollegin Merkel, ich habe Ihnen sehr auf-erksam zugehört.
ch habe allerdings zwei Bemerkungen zu Ihrer Rede zuachen. Sie haben auf meine Frage leider nicht geant-ortet.
ch hätte Sie gern gefragt, wo denn der weiterführendeedanke in Ihrem Debattenbeitrag geblieben sei.
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17082 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005
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Gert Weisskirchen
Auch nach 20 Minuten Ihrer Rede habe ich nicht eineSekunde lang bemerkt, dass Sie einen weiterführendenGedanken dargestellt hätten.Die Union ist so, wie sie sich gegenwärtig in ihrer Ka-kophonie zeigt, nicht europafähig.
Ich will Ihnen auch sagen, warum, liebe Frau Merkel.Sie haben nichts zu dem gesagt, was der BundeskanzlerSie gefragt hat: Wo blieb Ihre Antwort auf die Frage,was Sie mit Tony Blair besprochen haben?
Ich führe einen zweiten Punkt an, liebe KolleginMerkel: Wo bleibt eigentlich Ihre Antwort auf das, wasHerr Wissmann erklärt? Wo bleibt Ihre Antwort auf das,was der saarländische Ministerpräsident erklärt? Wie ge-hen Sie damit um, dass diese Union zeigt, dass sie nichtfähig ist, ein klares und überzeugendes europapolitischesKonzept vorzulegen? Wo bleibt auf all dies Ihre Ant-wort? Ihre Antwort war ein Nichts. Sie sind durchgefal-len, was Ihren eigenen Anspruch auf einen weiterführen-den Gedanken anlangt.
Frau Merkel? – Sie verzichten.
Dann erteile ich dem Kollegen Franz Müntefering,
SPD-Fraktion, das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Anlass für dieheutige Debatte ist dreierlei: zum Ersten der BrüsselerGipfel, der heute beginnt und zu dem der Kanzler überdie wichtigsten Punkte informiert hat, die dort zu bespre-chen sind; zum Zweiten die Situation, in der sich Europainsgesamt im Umgang mit dem Verfassungsvertrag be-findet; und zum Dritten natürlich auch die Instrumentali-sierung des Themas Europa durch die Opposition und imSpeziellen durch die CDU/CSU.Wie eben schon gesagt worden ist, stimmten wir voreinem Monat im Deutschen Bundestag mit großer Mehr-heit dem Verfassungsvertrag zu. Am 27. Mai tat dies derBundesrat in gleicher Weise. Deutschland hat also seineZustimmung zu diesem Verfassungsvertrag gegeben.Damit haben insgesamt zehn Länder in Europa bishermit Ja gestimmt; zwei Länder, in denen Referenden statt-fanden, haben mit Nein gestimmt.Dies ist die Grundlage für Sie, Frau Merkel, in dieserWoche einen Bericht an Ihre Fraktion zu fertigen, indem steht:… wird die CDU/CSU-Fraktion die Mitverantwor-tung der Regierung Schröder an der schwierigen Si-tuation der EU deutlich machen.ZbtvFwsadsBpDVunnDdnFGDsmtDgwdvDdimzssmswrdur
agegen – das kann man wohl sagen – ist Absurdistaneradezu ein Hort der Logik. Sie wissen, dass Ihre Be-eisführung Unsinn ist.Mit dem Verhalten, das Sie nach den beiden Referen-en in Frankreich und den Niederlanden gezeigt haben,erbinden Sie ein einziges Interesse: Sie wollen dasiffamierbarkeitspotenzial von Fremdenfeindlichkeit inem anziehenden Wahlkampf der nächsten Monate hiern Deutschland parteitaktisch für sich nutzen. Das Diffa-ierbarkeitspotenzial von Fremdenfeindlichkeit nut-en – darauf stellen Sie es ab. Das ist eine famose Oppo-ition, die sich bei dem ersten Gegenwind zum europäi-chen Projekt in die Büsche schlägt, statt mit uns zusam-en für die Sache einzustehen und den Menschen zuagen: Jawohl, es gibt Probleme und Dinge, die geklärterden müssen, aber wir wollen gemeinsam dieses Eu-opa. Wir reden es nicht herunter, sondern machen unsaran, die Probleme zu lösen und die Details zu klären,nd sorgen dafür, dass es in diesem Europa wieder vo-angeht.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17083
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Franz MünteferingAn Ihrem Verhalten gegenüber dieser Frage, FrauMerkel, wird Ihre Handlungsweise und die Ihrer Frak-tion sehr plastisch. Es geht Ihnen nicht um die Klärungvon Details. Es geht Ihnen nicht um die Lösung von Pro-blemen. In Ihrer Rede eben haben Sie säuberlich aufge-zählt, was es für Probleme gibt. Die kennen wir auch.Sie haben aber nichts dazu gesagt, was man tun kann,um diese Probleme zu lösen und aus dem Weg zu räu-men. Darum geht es aber.
Es geht Ihnen nicht um die Lösung der Probleme, es gehtIhnen auch nicht um unser Land, es geht Ihnen nicht umEuropa, sondern es geht Ihnen um Ihre persönlicheMacht.
Ihre Sprüche über Patriotismus werden an dieser Stellebesser entlarvt, als wir es vorher mit unseren Worten hät-ten tun können. Sie führen sich selbst ad absurdum in derArt und Weise des Umgangs mit diesem Thema.
1990, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damenund Herren, wurde die deutsche Einheit möglich undauch Realität. 1990 wurde auch die europäische Einheitmöglich. Wir sind auf dem Weg dahin. Neue Demokra-tien entstanden nach Jahrzehnten, die von Diktaturenund Kriegen geprägt waren. Die Kommunisten habennicht nur Mauern gebaut und eiserne Vorhänge herunter-gelassen, sie haben auch die Volkswirtschaften dieserLänder schrottreif gemacht und demokratische Bestre-bungen unterdrückt.
Die westeuropäische Union – das waren wir: eine west-europäische Union – hat nun die Chance, zu einer euro-päischen Union zu wachsen. Seitdem sind wir auf demWeg dahin. Sie aber wissen nichts Besseres, als dasGanze parteitaktisch zu wenden und vor dieser Folie zuargumentieren. Es geht um das Ergreifen einer riesigenhistorischen Chance, wie sie Europa noch nie gehabt hat.Aber Sie als Oppositionsvorsitzende reden kleinkariert.
Die Erweiterung der EU, das wissen wir alle, ist ei-ner der wichtigsten Prozesse im Rahmen der Neuord-nung der Welt in diesem Jahrzehnt und hat damit wahr-lich eine historische Dimension. Das Gelingen diesesProzesses ist die Bedingung dafür, dass dieses Europaein friedliches und Frieden stiftendes Europa ist, einökonomisch reiches und ein sozial gerechtes Europa ist.Dies wollen wir miteinander erreichen. Dafür streitenwir und daran arbeiten wir. Wir lassen uns auch nichtirremachen durch Rückschläge, die es gibt, oder Zwei-fel, die berechtigt sind oder nicht.Wir arbeiten an den Lösungen, zum Beispiel was diepraktische Organisation und die demokratische Legiti-mation dieses Gebildes angeht, dieses Gebildes, das ein-mSsrtgtwdd2inruMuWggEVedsedgItglskn„mEehKndMd
Wir arbeiten an den Lösungen, zum Beispiel was dieerlässlichkeit von Verträgen angeht. Frau Merkel hatben mit Blick auf Rumänien und Bulgarien gesagt,ass sie deren zukünftigem Beitritt positiv gegenüber-teht. Das will ich so zur Kenntnis nehmen; das freutinen ja auch. Ich empfehle Ihnen, Frau Merkel, aller-ings: Schicken Sie einmal einen Rundbrief an die ei-ene Partei, damit das auch alle erfahren.
ch habe da in der letzten Zeit alle möglichen Geschich-en gelesen und gehört. Möglicherweise ist das, was Sieesagt haben, Ihre persönliche Meinung; aber offensicht-ich wissen das längst noch nicht alle in Ihrer Partei.
Wenn Sie einen solchen Rundbrief schreiben, dannchreiben Sie auch gleich zur Türkei etwas dazu und er-lären Sie Ihren Mitgliedern einmal eindeutig, was dennun gilt: Verhandlung ergebnisoffen oder in Richtungauf keinen Fall Mitgliedschaft“? Sie müssen sich ein-al für eines von beiden entscheiden.
ntweder stehen wir am Beginn einer Verhandlung, diergebnisoffen ist, oder wir stehen am Beginn einer Ver-andlung, die nie zu einer Mitgliedschaft führen soll.lären Sie einfach einmal dieses kleine Problem unterei-ander und lassen Sie Herrn Glos gleich sagen, was er anieser Stelle meint: ergebnisoffen oder Ausschluss deritgliedschaft? Sie müssen sich schon für eines von bei-en entscheiden.
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Franz MünteferingWir arbeiten an den Lösungen und dazu gehört auchdie Bekämpfung von unerwünschten Folgen nachÖffnung der Grenzen. Das hat übrigens relativ wenigmit der Vergrößerung der EU zu tun. Das ist etwas, wasin den Jahren 1989/90 begonnen hat. Oder wollen Sieuns ernsthaft erzählen, das sei eine Konsequenz aus derErweiterung der EU um zehn Länder zum 1. Mai desvergangenen Jahres? Oder wollen Sie uns erzählen, dashabe etwas damit zu tun, ob Bulgarien oder Rumänienzur EU gehören oder nicht? Seit es den Eisernen Vor-hang nicht mehr gibt, ist die Grenze offen – Gott seiDank. Seitdem haben wir in Deutschland diese Proble-matik, die uns allen miteinander Sorge macht, die dazugeführt hat, dass es in unserem Land in hohem Maße il-legale Beschäftigung und Schwarzarbeit gibt, dass es dieEntsendung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmernnach Deutschland gibt. Dagegen müssen wir etwas tun.Eines, was man dagegen tun kann, ist, diese Länder indie EU aufzunehmen und mit ihnen ordentliche Verträgeabzuschließen. Das ist besser als nicht geregelte Verhält-nisse zwischen diesen Ländern.
Wir arbeiten daran, dass es in diesem Europa in Sa-chen Mitbestimmung und Arbeitnehmerrechten voran-geht. Da sind wir Sozialdemokraten ganz besondersstolz auf das, was die Bundesregierung – der Bundes-kanzler, aber auch der Wirtschafts- und Arbeitsminis-ter – geleistet hat. Die Idee der Arbeitnehmerrechte undder Mitbestimmung ist in keinem anderen europäischenLand so ausgeprägt wie bei uns in Deutschland; nir-gendwo sind sie so umfangreich. Wir haben diese Ideenach Europa getragen und den anderen Ländern gesagt:Schaut euch das an! Damit ist Deutschland gut gefahren.Wir haben gelernt, dass soziale Marktwirtschaft ein-schließlich Arbeitnehmerrechte ein konkurrenzfähigesSystem ist. Der soziale Frieden in Deutschland hängtganz eng damit zusammen, dass wir solche Arbeitneh-merrechte haben und gehabt haben. Bitte, seid in Bezugauf Europa klug! Macht etwas Vergleichbares! Nehmtuns zumindest unsere Möglichkeiten nicht! Wir habenmit verschiedenen europäischen Verträgen dazu beige-tragen, dass die Mitbestimmung in deutschen Betriebendurch die europäische Dimension nicht zerstört wird.Wir treten dafür ein, dass in Europa das Verständnis da-für wächst, dass man mit sozialem Frieden im eigenenLand politisch und auch ökonomisch besser als in denje-nigen Ländern dasteht, wo das nicht an der Tagesord-nung ist.
Wir arbeiten für dieses Europa, auch was die Lösungder Probleme im Hinblick auf die soziale Ordnung an-geht. Der Verfassungsvertrag, um den es geht, enthältentsprechende Vorgaben. Sie haben diesem Vertrag zu-gestimmt, auch wenn Sie darüber jetzt nicht mehr spre-chen.
FmZssDenMgdsddeEmpeLsMebgsSSzizdFglWssdwweMABg
Wir arbeiten an der Lösung der Probleme. Das kannan zum Beispiel daran erkennen, dass wir eine Steuer-olitik in Europa anstreben, die nicht zu einem Steu-rdumpingwettbewerb zwischen den europäischenändern führt. Die Bundesregierung versucht, Bemes-ungsgrundlagen zu finden, die für alle Länder gelten.it anderen Worten: Die Bundesregierung bemüht sich,inen Korridor zu finden, in dem man sich vernünftigewegen kann. Das ist vernünftig, auch für unsere ei-ene Volkswirtschaft. Es macht doch keinen Sinn, dassich die europäischen Länder mit Lohndumping und mitteuerdumping gegenseitig bekämpfen. Wir müssen dietärken Europas bündeln, um daraus die Stärke Europasu entwickeln, die es braucht, um als Wirtschaftsregionm Wettbewerb mit anderen Regionen der Welt bestehenu können. Daran arbeiten wir.
Bundeskanzler und Bundesregierung haben deshalbie Dienstleistungsrichtlinie in der hier vorgelegtenassung zurückgewiesen. Sie haben in Richtung Europaesagt: So geht das nicht. Wir wissen, dass der Dienst-eistungsmarkt in Europa harmonisiert werden muss.ir sind da nicht blauäugig. Wir wissen: Da muss manich bewegen. Wir wollen es aber nicht so, wie es Bolke-tein und Co aufgeschrieben haben, und deshalb wirdas so auch nicht kommen. Was wäre daraus geworden,enn Sie darüber zu entscheiden gehabt hätten? Wasäre dann auf dem Dienstleistungsmarkt in Deutschlandigentlich los? Dazu sollten Sie einmal etwas sagen.
illionen Menschen sind dort beschäftigt und sie habenngst vor dem, was aus ihnen wird, wenn es in diesemereich zu großen Veränderungen kommt.Wir arbeiten an den Lösungen der mit dem Entsende-esetz verbundenen Probleme. Schönen Gruß! Vielleicht
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17085
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Franz Münteferingsollten Sie sich an dieser Stelle bewegen und einmal et-was Konstruktives dazu sagen, was Sie davon halten, dieEntsenderichtlinie so zu gestalten, dass der Geltungs-bereich des Entsendegesetzes bei uns in Deutschlandverbreitert werden kann, wodurch die Fragen in denNiedriglohnbereichen in vernünftiger Weise beantwor-tet werden können.Wir haben in Europa einiges unternommen, um gegenTerrorismus und organisierte Kriminalität gemeinsamvorzugehen. Wir sind längst der größte Handelspartner,was Investitionen angeht, aber auch was den Handel mitallen neuen Mitgliedstaaten betrifft. Auf die Nettobei-träge und auf Deutschlands Engagement in Europa istder Bundeskanzler eben eingegangen.Frau Merkel, da Sie es angesprochen haben, möchteich zum Thema „Forschung in Europa“ Folgendes nach-tragen: Der Lissabon-Prozess verläuft gut. Die Entschei-dung der Bundesregierung und dieser Koalition, imJahre 2010 so weit zu sein, dass wir 3 Prozent unseresBruttoinlandsprodukts für Forschung und Technologieausgeben, bleibt eine der Grundlagen dafür, dass Europaan seinem 3-Prozent-Ziel festhalten kann.
Diese 3 Prozent – dieses Ziel hat sich Europa ge-steckt – werden doch nicht aus der europäischen Kassegezahlt; vielmehr werden sie zu 85 Prozent oder zu90 Prozent in den Haushalten der einzelnen National-staaten ausgewiesen. Unsere Koalition hat seit der Re-gierungsübernahme 1998 den Haushalt für Forschungund Entwicklung um 35 Prozent erhöht.
Sie, Frau Merkel, Herr Kohl und auch die FDP habendiesen Haushalt in den 90er-Jahren dagegen herunterge-fahren. Wir wollen, dass Europa 3 Prozent seines Ein-kommens für Forschung und Entwicklung ausgibt; aberdas muss vor allen Dingen über die nationalstaatlichenHaushalte und damit über die entsprechenden Wirtschaf-ten, also unter anderem über die Unternehmen in den je-weiligen Ländern, finanziert werden.Eines ist heute Morgen noch in ganz besondererWeise anzusprechen. Es geht nicht nur um die Lösungsolcher Probleme, an der wir arbeiten, sondern auch da-rum, dass wir uns voll bewusst sind, dass dieses Europaeine Friedensmacht ist, auf die viele in dieser Welt gu-cken. Die Integration Europas bleibt im Kern ein Frie-densprojekt. Frieden zu schaffen und zu bewahren, istder Kern des europäischen Einigungsprozesses. So ist erentstanden. Als man sich nach dem Krieg 1945 zusam-mentat, war das die große und erste Idee: Das darf nichtmehr passieren. Wir müssen aneinander rücken. Wirmüssen Freunde werden.Wir haben durch Europa seit mehr als fünf Jahrzehn-ten Frieden. Wir haben Demokratie. Wir haben Schutzder Menschenrechte. Wir dürfen uns im Klein-Klein dereuropäischen Integration nicht von dieser großen Per-spektive abbringen lassen.FtighddrssddewveStiEwWwleEsrsdgPbrrFhMtMf
riedenserhalt im Innern ist Voraussetzung für eine ak-ve Friedenspolitik nach außen.Die Erwartungen an die EU sind in der ganzen Weltroß. Mehr europäisches Engagement in den Bereichenumanitäre Hilfe und Konfliktbewältigung erwartetie Welt von uns. Unsere Partner bei der UNO und an-erswo in der Welt wissen: Europa hat wertvolle Erfah-ung, wie man mit Konflikten umgeht, wie man Friedenchafft, wie man friedliche Zusammenarbeit und Wohl-tand organisiert.Die Bundesregierung von Gerhard Schröder steht zuieser Politik, und nicht nur das: Sie prägt diese Politiker Friedensstiftung und der Friedenserhaltung in ganzntscheidender Weise mit, nicht nur in Europa, sonderneit darüber hinaus in der ganzen Welt.
Die Haltung der CDU/CSU in der Irakfrage ist nichtergessen. Damals, als Bundeskanzler Gerhard Schröderine schwierige und richtige Entscheidung traf, stahlenie sich davon und wetterten im Ausland gegen die Poli-k Deutschlands. Frau Merkel, deutsche Interessen inuropa und der Welt vertreten, das können Sie nicht.
Wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokratenollen weiter für dieses Europa kämpfen und streiten.ir wissen: Da wird es auch Rückschritte geben. Wirissen: Da liegt mancher Stein im Wege. Aber wir wol-n diesen Weg weitergehen. Wir wollen helfen, dassuropa in eine gute Zukunft geht. Soziale Marktwirt-chaft, Vollbeschäftigung, sozialer Fortschritt, Förde-ung sozialer Gerechtigkeit und sozialer Schutz, Gleich-tellung von Frauen und Männern, Solidarität zwischenen Generationen und der Kampf gegen soziale Aus-renzung und Diskriminierung sind Ziele europäischerolitik geworden. Das soll so bleiben. Europa ist undleibt für uns zu wichtig, um uns auf dem bislang Er-eichten auszuruhen. Wir wollen, dass es mit Europa vo-angeht.Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Zu einer Kurzintervention erteile ich Kollegen
riedbert Pflüger das Wort.
Herr Müntefering, wie alle anderen Kollegen auchabe ich eben gehört, dass Sie einen Bericht von Frauerkel an die Fraktion vom Dienstag dieser Woche zi-iert haben. Sie haben gesagt, in diesem Brief habe Frauerkel der Regierung Schröder die Mitverantwortungür drei Fehler zugeschoben: die Forcierung des EU-
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17086 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005
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Dr. Friedbert PflügerBeitritts der Türkei, die Schwächung des Stabilitätspak-tes und – so haben Sie gesagt – die enge deutsch-fran-zösische Zusammenarbeit.Ich habe mir den Bericht in der Zwischenzeit kom-men lassen und will Sie einfach nur darauf hinweisen,dass Sie nicht korrekt zitiert haben. Frau Merkel hatnicht die deutsch-französische Zusammenarbeit kriti-siert, die für uns nach wie vor von entscheidender Wich-tigkeit für den Frieden auf unserem Kontinent bleibt,sondern „ein falsch verstandenes deutsch-französischesTandem“, das die EU „dominiert“ habe.
Das ist in der Tat ein entscheidender Unterschied.
Herr Müntefering, stellen Sie doch bitte nicht das in-frage, was für alle in diesem Haus zu den wichtigstenDingen gehört, die nach dem Krieg geschaffen wordensind: die deutsch-französische Zusammenarbeit, die Zu-sammenarbeit zwischen Adenauer und de Gaulle,Schmidt und Giscard, Kohl und Mitterrand. Daran gilt esselbstverständlich festzuhalten. In den letzten Jahren istes aber so gewesen, dass das deutsch-französische Tan-dem weniger als Führung ernst genommen worden istund man ihm vielmehr in den kleinen und mittleren Län-dern zunehmend Misstrauen wegen seines Dominanz-versuches entgegengebracht hat. Das gilt es in der Tat zukritisieren. Das hat Frau Merkel getan, auch in ihrer heu-tigen Rede.
Kollege Müntefering, Sie haben Gelegenheit zur Ant-
wort.
Herr Kollege, ich kann das, was Sie gesagt haben,
ausdrücklich bestätigen. Ich will Ihnen den Gesamtzu-
sammenhang darstellen. Nachdem zehn Länder der EU-
Verfassung zugestimmt haben und in zwei Ländern die
Referenden nicht erfolgreich waren, haben Sie sich in
Ihrer Fraktion am Dienstag auf die Debatte heute mit ei-
nem Brief von Frau Merkel vorbereitet, der wie folgt
lautet – ich lese die Passage einfach vor; dann kann sich
jeder sein eigenes Bild machen –:
Anlässlich der Regierungserklärung des Bundes-
kanzlers zum Europäischen Rat in Brüssel am
16./17. Juni 2005 wird die CDU/CSU-Fraktion die
Mitverantwortung der Regierung Schröder an der
schwierigen Situation der EU deutlich machen.
– Klatschen Sie ruhig. –
Die Forcierung des EU-Beitritts der Türkei, die
Schwächung des Stabilitätspaktes und der Versuch,
über ein falsch verstandenes deutsch-französisches
Tandem die EU zu dominieren, haben zu einem
vielschichtigen Misstrauen gegenüber dem europäi-
schen Integrationsprozess geführt.
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Was für eine Logik ist das denn: Vor drei Wochen im
undesrat und vor vier Wochen hier haben Sie dem Ver-
assungsvertrag zugestimmt und im Nachhinein, weil die
enschen in Frankreich und in den Niederlanden andere
ntscheidungen getroffen haben, unterstellen Sie, die
undesregierung sei für die Schwierigkeiten verantwort-
ich, die in Europa vorhanden sind. Was für eine kleinka-
ierte, famose Opposition haben wir hier im Deutschen
undestag!
Ich erteile das Wort Kollegen Wolfgang Gerhardt,
DP-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kol-ege Müntefering, wenn es so einfach wäre, dass wir mitem gemeinsamen Bekenntnis, dass wir die deutsch-ranzösische Freundschaft für wichtig halten – das tunir –, dass wir auf Europa angewiesen sind – das wissenir – und dass die Wiedervereinigung Europas, also dierweiterung um die ost- und mittelosteuropäischen Re-ormstaaten, richtig ist – davon sind wir überzeugt –, Öf-entlichkeiten gewinnen könnten, dann wäre es ja schön.ber, Herr Kollege Müntefering, Sie wissen selbst, dassas, was Sie hier vorgetragen haben, die Menschen nichtrreicht.
enn dann hätten die Referenden anders ausgehen müs-en. Es gibt über die europäische Frage und die Ange-iesenheit der Nationalstaaten keinen Dissens – wederit den Niederländern noch mit den Franzosen noch miten Briten noch mit den Dänen. Aber es gibt in der Ge-ellschaft anscheinend einige andere Argumente als die,ie üblicherweise hier im Bundestag ausgetauscht wer-en.Diese liegen klar auf der Hand. Wenn Sie und ich sa-en, dies sei nicht nur eine Entscheidung zum Verfas-ungsvertragsentwurf gewesen, sondern es hätten vieleeitere Gründe hineingespielt – diese kann man nachle-en; man hört entsprechende Stimmen –, dann ist festzu-tellen, dass in Bezug auf diese Gründe ein Punkt unver-ennbar und unbestreitbar ist: die mangelnde Zuversichter Menschen. Die hätte es in Deutschland auch im Hin-lick auf die Zukunft, die Arbeitsplätze und die sozialenhancen gegeben.Dies ist immer – auch von vielen Staatsmännern deruxusklasse in den Mitgliedstaaten – in Form eines Ver-chiebebahnhofes auf Brüssel gelenkt worden. Es istber die nationale Aufgabe einer jeden Regierung, denenschen soziale Chancen zu geben, für Beschäfti-
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Dr. Wolfgang Gerhardtgungsdynamik zu sorgen und damit die Atmosphäre her-zustellen, dass die Menschen Europa als Benefit empfin-den und keine Verängstigung zeigen, wenn wir nun einegrößere Union werden.
Eine der klaren Voraussetzungen ist nicht, dass wirzehnmal sagen: Wir brauchen Europa. Das haben wirschon zwanzigmal gesagt. Die Voraussetzung dafür,Europa wieder in Gang zu bringen, beginnt bei uns, beider Beschäftigungsdynamik in Deutschland und demZutrauen der Menschen und nicht nur beim Durchlesendes Verfassungsvertragswerks.
Herr Kollege Müntefering, auch wenn Sie Ihre Fragenur rhetorisch gemeint haben, sage ich Ihnen: Wenn dasVerfassungsvertragswerk heute noch einmal zur Abstim-mung stünde, würde die Fraktion der FDP ihm wiederzustimmen.
Trotzdem müssen Sie die Frage beantworten, was Sietun, wenn es auch in anderen Ländern nicht ratifiziertwird. Auf diese Frage haben Sie keine Antwort gegeben.Sie haben gesagt: Wir halten Kurs. Man muss aber im-mer aufpassen, dass Kurshalten nicht mit einem Verhal-ten nach dem Motto „Mit dem Kopf durch die Wand“verwechselt wird und so in Misskredit gerät.Wenn das derzeitige Verfassungsvertragswerk keineZustimmung findet – allerdings betone ich: wir habenInteresse daran, dass es sie findet –, müssen wir uns vor-sorglich auf einen erneuten Anlauf vorbereiten, der dannunternommen werden muss, wenn sich Europa hoffent-lich wieder in einer besseren wirtschaftlichen Situationbefindet; denn derzeit schwächelt auch das berühmteTandem Frankreich/Deutschland und hält die roten La-ternen.Daher müssen wir uns Gedanken darüber machen,vielleicht ein etwas schmaleres Verfassungsvertragswerkauf den Weg zu bringen,
statt den Bürgern eine so große Portion zuzumuten, inder auch Gemeinschaftsverträge beinhaltet sind, dieman allerdings herausnehmen und sekundärrechtlich re-geln könnte. Wissen Sie: Die Begreifbarkeit Europashängt auch an der Fähigkeit, das einfach und konzen-triert darzustellen. Es geht nicht darum, ein möglichstgroßes Kompendium zu entwickeln.
Herr Kollege Müntefering, Herr Bundeskanzler, anIhre Adresse gerichtet sage ich sehr offen: Sie wissen ge-nauso gut wie ich, dass die Frage der Erweiterung undspeziell die Frage, ob die Türkei dereinst Mitglied derEuropäischen Union sein sollte, in den Köpfen der Men-schen eine Rolle spielt. Sie hat wahrscheinlich auch beideDaegiFnWnbFwfGocgwadszunlcruhdtedWWgVammwblLet
enn die Menschen Europa nicht irgendwann als in sei-er Gestalt abgeschlossen empfinden, werden sie Pro-leme haben, es zu befürworten.Deshalb, Herr Kollege Müntefering, stelle ich dierage, was gegenüber der Türkei ehrlicher ist. Ebensoie ich erachten auch Sie den Prozess der Verhandlungür notwendig, weil Zusagen gemacht worden sind.leichzeitig aber sagen Sie, dieser Prozess sei ergebnis-ffen. Herr Kollege Müntefering, wäre es nicht ehrli-her, von vornherein auch eine Alternative zur Vollmit-liedschaft gedanklich einzubeziehen,
eil Sie die Situation nicht ausschließen können, dass esm Ende zu einem Verhandlungsergebnis kommt, dasurch Referenden in den Mitgliedsländern der Europäi-chen Union zunichte gemacht wird? Auch das gehörtur Wahrheit. Wer das verschweigt, nicht einkalkuliertnd sich nicht vorsorglich damit befasst, der würde ei-en großen außenpolitischen und europapolitischen Feh-er und einen Fairnessfehler gegenüber der Türkei ma-hen.
Der Ehrlichkeit halber muss gesagt werden: Die Eu-opäische Union ist ein großer Stabilitätsanker. Sie hatns die größte Periode des Friedens geschenkt, die wir jeatten. Auch bietet sie eine unglaubliche Chance, umem Wettbewerb in einer globalisierten Welt standzuhal-en. Aber die Menschen haben auch ein Recht darauf, zurfahren, wo sie endet. Sie ist kein allgemeiner Mitglie-erverein, sondern eine Europäische Union mit Kontur.ir wollen sie vertiefen und ihr eine Verfassung geben.er ihr beitreten will, muss – das ist ganz klar – Bedin-ungen erfüllen, aber nicht nur formal auf dem Papier.ielmehr muss sich als Grundlage der Vertragswerkeuch eine Gesellschaft entwickeln, die diesen Geist at-et und diese Einstellung hat. Das alles ist nicht nur for-al zu verstehen.Ich komme deshalb auf diesen Punkt zu sprechen,eil eine europäische Idee völlig auf der Strecke geblie-en ist, die für die europäischen Gesellschaften eigent-ich die am meisten motivierende gewesen wäre: derissabon-Prozess. Neben dem Verfassungsvertrag warine Zielsetzung der Europäischen Union, der innova-ivste wissensbasierte Raum der Welt zu werden und den
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Dr. Wolfgang GerhardtMenschen das Selbstbewusstsein zu geben, dass wir daswirklich packen und den weltweiten Wettbewerb beste-hen können.Aber das ist nicht nur eine Aufgabe für Brüssel gewe-sen. Man hört ja auch heute noch Reden über den Lissa-bon-Prozess und über die Kommissionsentscheidungendazu. Meine Damen und Herren, das liegt dort gar nicht.Wenn man, Herr Bundeskanzler, in Lissabon einen sol-chen Prozess verabredet, muss man als verantwortlicherRegierungschef für die Bundesrepublik Deutschland dasNötige veranlassen, damit wir ihn in Gang bekommen.Da ist – bei allem Respekt vor Ihrer Richtungsanzeigemit der Agenda 2010 – jetzt seit wenigen Wochen dasAbbruchunternehmen SPD zu beobachten.
Sie haben nicht mehr die Kraft, die Veränderungs- undReformentscheidungen, die eigentlich notwendig wären,einen neuen Ehrgeiz und neues Selbstbewusstsein nachEuropa zu bringen, in der nationalen Gesetzgebung mitihren parteipolitischen Ausrichtungen zu vereinbaren.Sie haben sich hier abgemeldet; denn anders ist die Ver-trauensfrage ja nicht zu werten.
Das ist aber eine der wichtigsten Voraussetzungen fürEuropa: Den Verfassungsvertrag, die Bewältigung derErweiterung, das alles schaffen wir nur, wenn die jewei-lige Gesellschaft auf diesem Weg mitgenommen wird.Bisher ist Europa zum sehr großen Teil ein Europa, dasunter den politischen Eliten verhandelt ist. Wenn wir esstabilisieren wollen, muss es ein Europa der Gesellschaf-ten werden; nur mit deren Konsens geht es.
Das Referendum ist deshalb nicht nur ein Referen-dum in Frankreich oder in den Niederlanden. Eigentlichhaben uns die Bürger aufgefordert, über Tempo, Größen-ordnung und innere Gestalt der Europäischen Unionnachzudenken. Schon die erste Kernfrage – damit willich abschließen –, die bei den Finanzverhandlungenjetzt aufgekommen ist, kann nicht allein aus dem altenTandem Deutschland/Frankreich beantwortet werden,weil man sich gegenseitig Zusagen gemacht hat. Auchdieses alte Tandem muss sich jetzt bewegen; das sage ichhier sehr offen. Ein Tandem ist nur so gut, wie es auchselbst Konsequenzen aus den Referenden zieht. OhneBewegung – gemeinsam verabredet mit den französi-schen Freunden – im Agrarbereich und ohne ein Be-kenntnis zu Forschung, die ja der innovativste Teil ist,werden wir nicht weiterkommen, Herr Bundeskanzler.Niemand bestreitet die deutsch-französische Freund-schaft. Wahr ist aber auch, dass sich Freundschaftenmanchmal bewähren müssen und sich gegenseitig An-stöße zur Bewegung geben müssen. Sie müssen jetzt inden Finanzverhandlungen ein Stück Führung überneh-men und den französischen Partner auf diesem Weg auchmitnehmen; sonst wird es nicht gelingen.BMkiAwPsgiNdsRVafsEusedBtsvdrggtdbrdg1smsvwr
ondern Sie haben heute ein Weiter-so gemacht. Ich willar nicht bestreiten, dass wir nicht einfach nur eine Krisem europäischen Prozess haben, sondern dass diesesein in Frankreich und in den Niederlanden auch auf an-ere Länder übergeschwappt ist und dass vieles dafürpricht, dass wir jetzt auch in den anderen Ländern, dieeferenden geplant haben, Zeit brauchen, um wiederertrauen aufzubauen, wo es verloren gegangen ist, oderuch dort zu stabilisieren, wo es gefehlt hat; dass wir da-ür Zeit brauchen und dass wir auch darüber reden müs-en, wie wir diese Störung im Verhältnis der politischenliten zu den Bürgerinnen und Bürgern beheben müssennd was die Eliten eventuell auch anders machen müs-en. Ich glaube, es ist richtig, dass es hier nicht einfachin Weiter-so geben kann.Aber in der Art und Weise, wie heute hier gerade vonen letzten Rednern versucht worden ist, Ängste derürgerinnen und Bürger wieder auf nationale parteipoli-ische Mühlen zu lenken, das war das typische Weiter-o, das es in vielen Staaten in Europa seit Jahren viel zuiel gibt.
Einige von Ihnen hatten Gelegenheit, mit dem Präsi-enten des Europäischen Parlaments, Josep Borrell, zueden. Ich finde, er hat etwas sehr Wahres gesagt. Er hatesagt, dass viele europäische Politiker, wenn sie im ta-espolitischen Blaumann unterwegs sind, also die All-agsmontur anhaben, immer gerne sagen, dass nicht sieie unbequemen Reformen und sozialen Einschnitte ha-en wollten, sondern dass es Europa war. Wenn es da-um geht, Defizite in der nationalen Politik zu erklären,ann wird Europa als Grund angeführt. Wenn es darumeht, die Bürokratie zu kritisieren – aber sind6 Länderregelungen zu Umweltstandards wirklich bes-er als eine entsprechende EU-Regelung? –, dann ist im-er Europa schuld. Wir, die Politiker in den europäi-chen Ländern, sind immer gut dabei, entweder Europaorzuschieben oder uns hinter Europa zu verstecken,enn es um nationale Defizite geht. In den Sonntags-eden allerdings sind wir dann immer gut dabei, wenn
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Krista Sagersich Europa auf Freiheit, Demokratie, Wohlstand undGerechtigkeit reimt.Ich glaube, mit diesem Weiter-so müssen wir Schlussmachen. Die Bürgerinnen und Bürger merken nämlich,dass es hier bei der politischen Elite in Europa eine Kluftzwischen den Alltagsreden und den Sonntagreden gibt.Diese Kluft müssen wir auch in diesem Hause schließen.Damit hätten wir heute eigentlich beginnen müssen.
Aus meiner Sicht brauchen wir Besonnenheit. ZurBesonnenheit gehört auch, dass Europa jetzt nicht mitVertragsbruch auf die Ratifizierungsprobleme reagierendarf. Wir können erwarten, dass Bulgarien und Rumä-nien ihre Verträge einhalten. Aber auch wir müssen zudiesen Verträgen stehen.
Wir können die Menschen in Rumänien und Bulgarienjetzt nicht zum Blitzableiter machen, weil es in Frank-reich und in den Niederlanden gedonnert hat. Auch dasgehört zur Besonnenheit, die wir jetzt brauchen.
Frau Merkel, ich habe Ihnen bei diesem Punkt sehrgenau zugehört.
Ich habe herausgehört, dass Sie das im Prinzip auch sosehen. Sie müssen dann aber auch dafür sorgen, dassIhre Partei in diesem Punkt auch draußen im Land miteiner Stimme spricht. Es macht die Bürgerinnen undBürger wuschig, wenn Sie hier im Bundestag sagen, dassdas wohl nicht anders geht und dass wir wohl ver-tragstreu sein müssen, während Ihre Leute im Wahl-kampf draußen bei den Kreisverbänden etwas völlig an-deres sagen. Hier fängt es schon damit an, dass es mitdem Weiter-so nicht weitergehen kann.
Auch noch ein Wort zur Türkei: Frau Merkel, auchhier kann es mit dem Weiter-so nicht weitergehen. Siekönnen sich diese Sache nicht so leicht machen, wie Siedas tun; Sie können sich nicht derart in die Büsche schla-gen. Es ist auch Teil der Verängstigung der Bürgerinnenund Bürger, wenn man ständig den Eindruck erweckt, alsstünde der Beitritt der Türkei unmittelbar bevor und alswäre das aufgrund der Vertragsverhandlungen praktischentschieden. Auch das ist eine parteipolitische Angstma-cherei. Das entspricht nämlich nicht den Tatsachen.Der Streit geht um etwas völlig anderes. Wir wissen,dass die Entscheidung darüber, ob die Türkei Mitgliedwerden kann oder nicht, in zehn oder 15 Jahren getroffenwird. Dann gibt es eine andere Türkei, ein anderes Eu-ropa und es werden wahrscheinlich auch viele anderePolitiker darüber zu entscheiden haben. Das vernebelnSie aber. Der Streit geht darum, dass Sie heute die Mög-lichkeit vom Tisch nehmen wollen, dass die Entschei-dkvdsvmEMdRemKlinwgNADawrsawisnwüDdGzSmmzAünwte
s ist doch keine rot-grüne Erfindung, dass es dieseöglichkeit zumindest geben soll. Wir stehen damitoch in der Kontinuität der Politik auch konservativeregierungen in diesem Lande. Sie machen es sich zuinfach, wenn Sie sich hier in die Büsche schlagen. Da-it wollen Sie verwischen, dass Sie hier Ihre eigeneontinuität durchbrochen haben. Das ist billiger Popu-smus. Mit diesem billigen Populismus darf es auchicht weitergehen.
Herr Gerhardt, Sie haben gesagt, man müsse sehen,ovor die Menschen Angst haben. Das ist richtig. Dazuibt es Umfragen; auch das haben Sie erwähnt. In deniederlanden haben die Menschen hauptsächlich davorngst, als ein kleines Land unter die Räder zu kommen.as haben wir auch in Dänemark erlebt. Das kann unsber auch das Vertrauen geben, solche Krisen zu über-inden. Die europäische Verfassung gibt hier doch ge-ade Antworten. Wenn die nationalen Parlamente einetärkere Kontrolle darüber erlangen, dass Europa nichtll das regelt, was national und regional besser geregelterden kann, dann stellt dies eine Verbesserung dar. Est wichtig, den Bürgern klar zu machen: Das, was ihricht wollt, kann durch die Verfassung gerade vermiedenerden. Ein Nein zur Verfassung bedeutet demgegen-ber ein „Weiter-so“ mit dem, was ihr kritisiert, nämlichemokratie-, Transparenz-, Kontroll- und Mitwirkungs-efizite.Zu einer Sache haben Sie gar nichts gesagt, Herrerhardt. Bei den Franzosen war es eindeutig. Die Fran-osen haben hauptsächlich Angst, dass das europäischeozialmodell baden geht. Auch in diesem Punkt mussan die Ängste der Bürgerinnen und Bürger ernst neh-en. Dazu habe ich von Ihnen kein Wort gehört.
Tatsache ist doch: Die Bürgerinnen und Bürger stehenum europäischen Gesellschafts- und Sozialmodell.
ber sie haben im Moment – das hat die Diskussionber die Bolkestein-Direktive gezeigt – Angst, dass ih-en das, was sie schon auf nationaler Ebene nichtollen, nämlich die Schleifung von Arbeitnehmerrech-n, die Schwächung von Gewerkschaften und die
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Krista SagerVorherrschaft von kaltem Marktradikalismus, auf demUmweg über die europäische Ebene übergestülpt wird,ohne dass sie dies verhindern können. Dazu, wie Sie denMenschen diese Angst nehmen wollen, haben Sie heutekein Wort gesagt.
Wenn wir die Ängste der Menschen ernst nehmen,dann ist es extrem wichtig – das sage ich auch in Rich-tung der Linken in diesem Hause –, dass wir nicht denEindruck verfestigen, die Globalisierung sei erst mit dereuropäischen Erweiterung über Westeuropa gekommen.
Das ist völlig falsch. Das Gegenteil ist der Fall: Europaist die Antwort auf die Globalisierung, weil die Natio-nalstaaten zu schwach geworden sind, sich gegen dieHerausforderungen der Globalisierung zu behaupten.
Europa bietet gerade auch Deutschland die Chance, dassdurch die Globalisierung nicht nur Arbeitsplätze verlo-ren gehen – das kann man möglicherweise nicht immerverhindern –, sondern auch neue Arbeitsplätze entste-hen. Das muss aber auch die Linke in Deutschland denMenschen viel deutlicher machen.
Wir dürfen nicht der Versuchung erliegen, Europa, dieGlobalisierung und all das, was noch von außen kommt,miteinander zu vermischen. Hier müssen wir aufpassen,dass wir nicht unnötig Ängste schüren, sondern wir müs-sen den Menschen deutlich machen: Wer zu EuropaNein sagt, der wird die Folgen der Globalisierung nochhärter zu spüren bekommen.
Was wir jetzt brauchen, ist ein handlungsfähigesEuropa. Ein Nein führt zu einem Rückfall in national-staatliche Egoismen.
Die europäischen Staaten müssen als Gemeinschaft denRückfall in nationalstaatliche Egoismen verhindern. Daskann kein einzelner Staat alleine machen. Für das Ziel,dass Europa gemeinschaftlich Ja zu Handlungsfähigkeitund Nein zu nationalstaatlichen Egoismen sagt, wünscheich dem Bundeskanzler auf dem Gipfel Fortune. Wir allegemeinsam werden es brauchen.
Ich erteile das Wort Kollegen Michael Glos, CDU/
CSU-Fraktion.
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r hat mir aber nicht versichert, dass er die Reden vonot-Grün heute gern gehört hat. Normalerweise hätte ichesagt, Sie könnten ihm das ausrichten. Aber man weißeute nicht mehr, wer wem was überhaupt ausrichtet;enn Sie bestehen inzwischen aus verschiedenen Frak-ionierungen und die Grünen sind der ehemalige Koali-ionspartner.
s wäre gut, wenn bei diesem schwierigen Zustand un-eres Landes zumindest Europa in Ordnung wäre. Aberass Europa nicht in Ordnung ist, ist Rot-Grün auch mitu verdanken.
Wer gefährdet das Projekt Europa? Das Projekturopa gefährden diejenigen, die Europa überfordert ha-en. Die Warnungen der Opposition und die Bitte, zuersuchen, eine Gemeinsamkeit herzustellen, hat manlatt in den Wind geschlagen. Das betrifft Hinweise so-ohl in der Sache – wir haben vor Entwicklungen ge-arnt – als auch den Umgang miteinander. Ich erinnerearan, dass es zu Helmut Kohls Zeiten immer auch einenU-Kommissar gab, der nicht Parteifreund gewesen istzw. auch einmal eine andere Meinung eingebracht hat.
an hat nach dem Motto gehandelt: Wir brauchen diepposition nicht. – Dabei hat man vergessen, dass manuf dem Weg nach Europa das Parlament und nicht zu-etzt über das Parlament insbesondere auch die Men-chen im Land mitnehmen muss.
Ich bekenne mich auch nach dem Debakel, das esetzt in Frankreich und Holland gegeben hat, zu meinembstimmungsverhalten. Ich würde heute diesem Vertragrotz aller Mängel, die er hat, wieder zustimmen.
ber wenn das deutsche Volk hätte abstimmen müssen,ann, so befürchte ich, wäre die Abstimmung so ausge-
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Michael Glosgangen, wie sie in Frankreich und in Holland ausgegan-gen ist.
Es hat nämlich die Gemeinsamkeit gefehlt und letztend-lich hat auch die Erklärung für viele Schritte, die ge-macht worden sind, gefehlt.Ich frage noch einmal: Wer hat das Projekt Europa in-frage gestellt? Das Projekt Europa ist von einer Politikinfrage gestellt worden, die die Menschen in Europaüberfordert hat. Dazu gehört zum Beispiel das rot-grüneProjekt, Deutschland mit allen Mitteln zu einemEinwanderungsland zu machen. Das war eines derHauptmotive, warum Sie die Vollmitgliedschaft derTürkei gewollt haben.
Nicht zuletzt daran ist das leider gescheitert.
Wir müssen schauen – dafür können Sie noch sorgen; dieBundesregierung ist ja wohl noch ein bisschen imAmt –, dass jetzt, bevor man mit Beitrittsverhandlungenbeginnt, also wenn die Weichen gestellt werden, dieStaaten, die sich ein Stück festgelegt haben – das ist jakeine Vereinbarung mit der Türkei, sondern eine inner-halb der 25 –, nicht nur allein die Vollmitgliedschaft zumZiel haben. Wir haben unmittelbar vorher im Bundestagdarüber debattiert und herzlich gebeten, man möge dasErgebnis offen halten und auch eine privilegierte Part-nerschaft in Betracht ziehen. Sie haben das ausdrück-lich abgelehnt. Das können Sie jetzt nachholen.
Frau Merkel und ich hatten ein Gespräch mit dem tür-kischen Ministerpräsidenten Erdogan und dem Außen-minister Gül. Wir haben in diesem Gespräch – das warbei seinem letzten Besuch hier – für das Projekt der pri-vilegierten Partnerschaft geworben. Der Ministerpräsi-dent hat uns gesagt: Wissen Sie, ich habe ein gewissesVerständnis dafür. Aber warum soll ich mit der Opposi-tion über die privilegierte Partnerschaft reden, wenn mirdie Bundesregierung die Vollmitgliedschaft anbietet? –Genau so ist es gewesen.
Die Aussicht der Türkei auf die Vollmitgliedschaft in derEuropäischen Union hat dazu geführt, dass die Franzo-sen so abgestimmt haben, wie sie abgestimmt haben.
Dasselbe gilt für die Holländer.
Sie werden auch bei der Bundestagswahl die Quittungdafür bekommen.–marBmdiuTdssibeFfüLwddwnsvapDduSavnsbgdteVeI
Sie haben zugestimmt – die zehn Länder, nicht Sie; Sieüssen keine Angst haben, dass ich Sie meine; ich be-ntworte gerade die Frage –; Frankreich hat auf Regie-ungsebene deshalb zugestimmt, weil es der deutscheundeskanzler wollte und weil man darin eine große Ge-einsamkeit gesehen hat.Das war auch sehr früh absehbar. Ich habe damals beier Feier zum 40-jährigen Bestehen des Élysée-Vertragsn Paris beim Mittagessen neben Herrn Fabius gesessennd ihn gefragt, wie er über eine Vollmitgliedschaft derürkei in der Europäischen Union denkt. Er antwortete,ass er zwar als Mitglied der Sozialistischen Partei dafürei, aber er wisse, dass die Mehrheit der Wähler dagegenei; er wisse deshalb noch nicht, auf welche Seite er sichn der Auseinandersetzung stellen werde. Inzwischen ha-en wir gemerkt, auf welche Seite er sich gestellt hat.Sarkozy hat uns bei seinem Besuch bei uns in Kreuthbenfalls erklärt, dass seines Wissens die Mehrheit derranzosen dagegen sei. Als letzter Versuch wurde dieranzösische Verfassung dahin gehend geändert, dassber den Beitritt eines weiteren Landes oder weitereränder in die Europäische Union separat abgestimmterden muss. Das gilt schon für einen möglichen Beitritter Türkei. Sie werden doch nicht im Ernst glauben, dassas nach diesen Abstimmungen noch möglich ist. Des-egen halte ich die Politik des „Weiter-so“ und die Hoff-ung, dass andere Länder in Aussicht einer Vollmitglied-chaft der Türkei den Verfassungsvertrag in derorliegenden Fassung ratifizieren – Blair hat das schonbgelehnt – nicht für realistisch.
Es gibt noch weitere Gründe, warum wir in der Euro-apolitik jetzt quasi vor einem Scherbenhaufen stehen.as hängt damit zusammen, dass es alle Bundeskanzlerer Bundesrepublik Deutschland – auch Willy Brandtnd Helmut Schmidt – geschafft haben, auf der eineneite mit unserem wichtigsten Partner Frankreich unduf der anderen Seite auch mit den Vereinigten Staatenon Amerika ein gutes Verhältnis zu pflegen, und dassicht versucht wurde, zu spalten, sondern dass wir Deut-chen immer wieder zusammengeführt haben. Das ha-en Schröder und die rot-grüne Bundesregierung nichtetan. Sie haben Europa gespalten.Wir haben vor und während des Irakkriegs erlebt,ass Europa nur noch durch den Euro zusammengehal-en wurde. Ansonsten hat sich Europa ein Stück weit inin „altes“ und ein „neues“ Europa aufgelöst. Ohne dieereinigten Staaten von Amerika wird es aber niemalsin einiges Europa geben.
Sie waren – damit meine ich den Bundeskanzler alsnstitution – nie ein ehrlicher Makler. Das begann schon
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Michael Glosschlimm: Ich erinnere daran, wie unser kleines Nachbar-land Österreich behandelt wurde,
weil Schüssel es gewagt hatte, eine andere Koalitionsre-gierung zu bilden, als es sich die europäische Internatio-nale des Sozialismus vorgestellt hat. So hat es angefan-gen!
Man hat sich dann immer wieder über die Interessender kleinen Länder hinweggesetzt. Es war die Stärkevon Helmut Kohl, dass er sich dafür eingesetzt hat, ge-rade die kleinen Länder freundlich zu behandeln;
denn die haben in der Regel einen Komplex gegenüberihrem großen Nachbarn.Ein weiterer Grund dafür, dass das Vertrauen bei unssehr geschwunden ist, besteht darin, dass der europäi-sche Stabilitätspakt einfach in den Wind geschossenund die Warnungen nicht ernst genommen wurden. Ge-rade die Deutschen haben aufgrund ihrer historischenund damit verbundenen monetären Erfahrungen ein an-deres Verhältnis zu einer stabilen Währung als zum Bei-spiel unsere italienischen Freunde.Inzwischen kaufen die Italiener unsere Banken auf.
Aber darüber regt sich auch niemand mehr auf.
– Diese Einwände habe ich erwartet. Ich will nur daraufhinweisen, wohin es mit uns Deutschen ein Stück weitgekommen ist. Wir haben damals, als Theo Waigel undHelmut Kohl mit der Unterstützung der CDU/CSU-Fraktion und selbstverständlich auch der FDP den Stabi-litätspakt, die Maastricht-Kriterien usw. durchgesetzt ha-ben, niemals gedacht, dass ausgerechnet die Deutschendie Ersten sein werden, die voll dagegen verstoßen.
Oder nehmen Sie die Bildung dieser seltsamen AchseParis–Berlin–Moskau als Beispiel. Inzwischen istschon ein Stück abgebrochen. Die Achse läuft in Rich-tung Frankreich nicht mehr ganz so gut. Nun gibt es eineÜberbetonung der Achse Berlin–Moskau. Das alleinkann es auch nicht sein, insbesondere nicht, wenn dabeider Eindruck entsteht, dass man sich über die Länderglatt hinwegsetzt, die dem Eisernen Vorhang entkom-men sind und nun Mitglied und Teil Europas sind.
Über die überhastete Osterweiterung ist schon ge-sprochen worden, genauso wie über Rumänien und Bul-garien. Dort ist es der deutschen Verhandlungsstrategie– entweder aus Unfähigkeit oder aus mangelndem politi-schen Willen – nicht gelungen, die gleichen KonditionenfbbvedDsLh–w„sAdawuAawlmcLtrIivwbfmseiiSDsKdBw
Wir müssen die Ängste der Bürger vor ständigen Ar-eitsplatzverlagerungen aus Deutschland hinaus oderor Lohndumping, das mit der Dienstleistungsrichtliniein Stück weit einhergeht, ernst nehmen. Hier werdenie seltsamsten Regelungen ausgenutzt.
ass das die Bürgerinnen und Bürger wirklich interes-iert, zeigt, dass sich Ihr ehemaliger Parteivorsitzenderafontaine dieses Themas auf seine Art angenommenat.
Nein, das kann kein Vorbild sein. – Er hat das mit ge-altigen Entgleisungen gemacht; das können Sie in derBild“-Zeitung von heute nachlesen. Er hat von „mas-enhaften Fremdarbeitern“ gesprochen, obwohl dieserusdruck aus der Nazizeit kommt. Er meint damit, dassie Menschen vor der großen Illegalität – insbesondereuf dem Arbeitsmarkt – Angst haben. Dafür hat er ge-altigen Beifall bekommen. Sie sollten keine Angst vorns und unserer Politik haben. Vielmehr sollten Siengst vor dem Populismus haben, der nun auf üble Artusgebrochen ist. Als Willy Brandt gesagt hat: „Jetztächst zusammen, was zusammengehört“, hat er eigent-ich gemeint, dass die beiden deutschen Staaten zusam-enwachsen sollen. Dieses Zusammenwachsen ist si-herlich schwierig. Aber das Zusammenwachsen derinken, die immer ein Stück weit linke Sozialdemokra-en waren, und der PDS-Kommunisten ist erstaunlichasch gegangen.
m Populismus der Reden unterscheidet sich Lafontainenzwischen in keiner Weise mehr
on Herrn Gysi. Hier werden wir noch allerhand zu er-arten haben.Ein einfaches „Weiter-so“ in Europa kann es nicht ge-en. Ich hoffe natürlich, dass sehr viele Länder den Ver-assungsvertrag noch ratifizieren werden. Trotzdemuss man sich Gedanken machen, wie es weitergehenoll. Dazu gehört – das wurde schon gesagt; ich möchtes wiederholen –, dass nicht alle Lebensbedingungen bisn das kleinste Detail durch Richtlinien der Bürokratien Europa geregelt werden dürfen. An dem, was Frauager gesagt hat, ist natürlich etwas dran. Unpopuläreinge wurden als Begründung immer auf Europa ge-choben – vielleicht wäre sonst manche Frosch- undrötenrichtlinie von Ihnen ganz alleine gemacht wor-en, Frau Sager –, obwohl in Wirklichkeit die deutschenürokraten und die deutschen Ministerien dafür verant-ortlich waren. Insbesondere die von Ihnen geführten
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Michael GlosMinisterien haben Dinge durchgesetzt, die die Leuteheute gewaltig ärgern.
Die finanzielle Konsolidierung Europas muss mitgroßer Vorsicht angegangen werden. Wir haben nichtsmehr zu verteilen; denn die deutschen Kassen sind voll-kommen leer. Der Vorschlag, bei neuen Lösungen denBritenrabatt zu berücksichtigen und gleichzeitig auf dieNettorückflüsse zu achten, könnte zwar bedeuten, dasswir mit nur sehr wenig zusätzlichem deutschen Geld ei-nen Kompromiss finden; dagegen hätte ich auch nichts.Aber das darf nicht auf dem Rücken der deutschen Bau-ern ausgetragen werden.
Denn die Kofinanzierung ist entscheidend. Hätte manunseren Rat, von Beginn an auf Kofinanzierung zu be-stehen, angenommen, dann hätte man heute nicht solchgroße Schwierigkeiten.
Ich meine auch, Europa braucht ein Stück Gemein-samkeit. Dazu gehört auch eine europäische Identität.Wenn wir Europa in jeder Hinsicht überfordern, wennwir es finanziell überfordern, indem wir zu rasch aufneh-men, indem Hilfsgelder jetzt schon im Hinblick auf einemögliche Mitgliedschaft bis nach Kleinasien fließen,wenn wir vergessen, dass zu einem Gemeinsamkeitsge-fühl auch gemeinsame Traditionen, gemeinsame Bräu-che und ein gemeinsamer historischer Hintergrund gehö-ren, dann überfordern wir, wie ich meine, die Menschenauf dem Weg nach Europa.Vor allen Dingen, meine sehr verehrten Damen undHerren, können wir Europa wieder vorwärts bringen,wenn wir statt Wachstumsbremse wieder Wachstumsmo-tor in Europa werden.
Insofern gibt es nicht nur gute Aussichten und gute Mög-lichkeiten für Deutschland, sondern über die Wahlen inDeutschland, die hoffentlich wie vorgesehen stattfindenwerden, auch gute Aussichten für Europa.Herzlichen Dank.
Ich erteile das Wort Kollegin Angelica Schwall-
Düren, SPD-Fraktion.
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Helmut Kohl hat vor zwei Tagen auf einer Konferenzder Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik Fol-gendes gesagt: Ich kann nur davor warnen, außenpoliti-sche Entscheidungen unter kurzfristigen wahlkampftak-tischen Gesichtspunkten infrage zu stellen.
Recht hat der Altbundeskanzler, liebe Kolleginnen undKollegen von der CDU/CSU. Wer sich vom Beitritt Ru-mäniens und Bulgariens distanziert oder wie HerrWissmann sagt, die EU sei für längere Zeit an derGrenze ihrer Aufnahmefähigkeit angelangt, der beweist,dass er nicht regierungsfähig ist.
Ein wichtiges Vertrauensgut der EU ist es, dass sie ver-lässlich ist und sich an ihre Zusagen hält. Das war immerKonsens in Deutschland. Die EU darf das Vertrauen, dassie genießt, nicht aus kurzfristigen opportunistischenGründen aufs Spiel setzen; denn eine interne Vertrauens-krise wird nicht durch eine externe Vertrauenskrise ge-löst.
Auch ohne die Zustimmung der Franzosen und derNiederländer ist die EU-Verfassung weiterhin wichtig;denn sie schafft mehr Demokratie, Effizienz und Trans-parenz innerhalb der EU. Deswegen kann es nicht aufDauer mit dem Nizza-Vertrag weitergehen. Ohne dieVerfassung wird es schwierig, die Erweiterung zu meis-tern. Ohne die Verfassung könnte Europa zu einer Frei-handelszone ohne soziale und ökologische Grundpfeilerwerden. Ohne die Verfassung wird es schwieriger fürEuropa, als weltpolitischer Akteur mit Gewicht aufzutre-ten und zur gestaltenden Kraft bei der Globalisierung zuwerden. Die Ratifikation jetzt auszusetzen ist deshalbkeine Alternative. Das wäre auch ein Schlag gegen dieLänder, die die Verfassung bereits ratifiziert haben. Des-wdsdwdzEFsptuwrgScMUMdsimSnWdaSundDtrug
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Wir haben Vertrauen in sein Verhandlungsgeschick undseine Fähigkeit, Krisen zu meistern.Wir Sozialdemokraten nehmen die besorgte Haltungder Bevölkerung ernst.
Aber gerade deshalb sind wir auch für Europa, für einEuropa mit sozialen Werten, dessen Erbe wir fortsetzenwollen, dessen Erbe nur wir fortsetzen können,
für einen Kontinent des sozialen Fortschritts. Das wardie Linie Willy Brandts, mit der er die Überwindung derSpaltung zwischen West und Ost vorangebracht hat.Diese Linie wird für uns heute und auch in Zukunft Gül-tigkeit haben.Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Das Wort hat jetzt die Kollegin Petra Pau.
Ihr Zwischenruf, Frau Sager, war unter Ihrem Niveau.
Sie sollten meine Position kennen.Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Es ist bestimmt nicht übertrieben, wenn ich für die PDSim Bundestag festhalte: Die Europäische Union ist in ei-ner tiefen Krise. Eigentlich steckt sie in mindestens dreiKrisen: Wir haben eine EU-Verfassungskrise, wir habeneine EU-Haushaltskrise und wir haben eine tief gehendeEU-Legitimationskrise. Das alles ist nicht gut. Es hatsich lange abgezeichnet. Schauen Sie auf die Wahlenzum Europäischen Parlament in den zurückliegendenJahren! Die Teilnahme sank von Wahl zu Wahl. Immermehr Menschen wurde die Europäische Union gleich-gskgBEavbssmrTmefwDdbddEVserksdSNagteFswsShegffßgSGe
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17096 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!Alle meine Vorredner haben an dieser Stelle deutlich ge-macht, dass es in der Europäischen Union eine Krisegibt. Das ist überhaupt keine Frage. Wenn man aber ana-lysiert, welche Konsequenzen von der deutschen Bevöl-kerung aus dieser Debatte gezogen werden könnten undwelche Antworten auf die gemeinsame Feststellung, eskönne nicht so weitergehen und wir müssten die Men-schen in diesem Lande und in Europa ernst nehmen, ge-geben wurden, dann kommt man, glaube ich, zu folgen-dem Ergebnis: Die Kollegin Merkel, die heute ihre ersteRede als Kanzlerkandidatin gehalten hat, hat keine ein-zige Antwort auf diese Herausforderung gegeben, vorder wir als deutsche Politikerinnen und Politiker stehen.Keine!
Das Einzige, was sie gesagt hat, ist – ich grübele im-mer noch darüber, was sie damit gemeint hat –: Wirmüssen zu einem Stopp der inneren Überdehnung Euro-pas kommen. – Was wollte sie uns damit sagen?
Ich glaube, das Problem ist, dass die Rede von FrauMerkel, die etwas geschickter war als die plumpe Rededes Kollegen Glos,
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as ist verantwortungslos.
as ist verantwortungslos vor dem Hintergrund, dass Sieu Recht – wir begrüßen das – dieser europäischen Ver-assung zugestimmt haben. Sie haben hier deutlich ge-acht, dass die europäischen Verträge eingehalten wer-en müssen. Nun aber stellen Sie sich hier hin und sagennterschwellig, dass diese Regierung nicht das machenürde, was wir hier gemeinsam verabredet haben,
nd dass diese Verfassung nicht das beste Ergebnis sei,as in den Verhandlungen zwischen den 25 Mitgliedstaa-en zu erreichen gewesen war.Darüber hinaus sagen Sie dann auch immer noch, wieerr Glos: Fremdenangst ist etwas, was real in unsererevölkerung vorhanden ist. – Ja, das ist sie. Aber wennie ferner meinen, dass jetzt die Türken kämen bzw. dassiese Bundesregierung dafür gesorgt habe, dass wir eininwanderungsland ohne Schranken wären,
ann scheinen Sie überhaupt nicht mitbekommen zu ha-en, was diese Regierung geleistet hat!
ährend Sie in dieser Frage völlig versagt und unbe-chränkte Einwanderung zugelassen haben, hat die rot-rüne Bundesregierung Kriterien für die Einwanderungach Deutschland aufgestellt. Genau das ist es, was wirun müssen.
ollege Glos dagegen hat sich einzig und allein aus dernstrumentenkiste des Populismus bedient. Ich kann dasa vor dem Hintergrund verstehen, dass Sie jetzt Konkur-enz durch den ehemaligen Kollegen Lafontaine bekom-en haben, denn in der Diktion der Fremdenfeindlich-eit unterscheiden Sie sich wenig.
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Rainder SteenblockIch finde das unerträglich, dass es so etwas in diesemLand gibt.Auch in der Frage der Osterweiterung hätten Siesich heute Morgen anders positionieren können. Natür-lich gibt es in Deutschland Ängste, dass dadurch Ar-beitsplätze gefährdet werden. Das ist überhaupt keineFrage. Es kommt auch zur Verlagerung von Arbeitsplät-zen. Aber selbst der BDI, der ja nun nicht gerade dasZentralorgan der Grünen ist, hat heute Morgen erklärt,dass durch die Osterweiterung in Deutschland sehr vielmehr Arbeitsplätze innerhalb der Exportwirtschaft ent-standen sind, als wir durch die Verlagerung verloren ha-ben. Die Nettobilanz an Arbeitsplätzen ist positiv.
Es wäre Ihre Aufgabe gewesen, heute den Menschen inDeutschland auch einmal zu sagen, dass die Erweiterungder Europäischen Union nicht nur ein Friedensprojektund ein Projekt der europäischen Integration,
die wir alle wollen, ist, sondern auch ein ökonomischesErfolgsprojekt für Deutschland. Das hätten Sie den Men-schen, die Zweifel haben, sagen sollen, statt Ängste undZweifel zu schüren.
Nein, lieber Kollege Glos, aus dieser Verantwortungkönnen Sie sich nicht stehlen. Sie arbeiten denjenigenzu, die sich als Brandstifter am europäischen Einigungs-prozess betätigen. Sie unterstützen sie mit Ihrer Argu-mentation, wenn vielleicht auch nicht gewollt.
So gefährdet man das Projekt der europäischen Integra-tion.Wir können nicht weiter so machen. Das ist richtig.Wir müssen den Menschen sagen, wer Verantwortungträgt. Aber man darf nicht so tun, als ob sich in BrüsselBürokraten völlig unkontrolliert auf ihren Spielwiesenaustoben könnten. Vielmehr muss man den Menschenehrlicherweise sagen, wie das Gesetzgebungsverfahrenin Europa funktioniert und dass der Ministerrat, die Re-präsentanten der nationalen Regierungen, im Wesentli-chen dafür verantwortlich ist, welche Politik in Brüsselgemacht wird. Dahinter stehen alle Regierungen ge-meinsam und nicht irgendwelche Buhmänner in Brüssel.Diese Verantwortlichkeiten müssen den Menschen klargemacht werden, dann werden sie auch einsehen, dasssie auf nationaler Ebene kontrollieren können, was inBrüssel passiert, anstatt diese Mär von der unkontrollier-ten Brüsseler Bürokratie immer weiter auszuschmücken.Denn das ist auch kontraproduktiv mit Blick auf dieZiele, die wir in Europa haben. Ehrlichkeit und Glaub-würdigkeit auch von Ihnen sind da erforderlich.sdVnmmvwetdKttwGnSsetdwpdWEFwhsUfnBddcsmmSd
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben eine Rie-enaufgabe vor uns: die Konsequenzen zu ziehen ausen Abstimmungen in Frankreich und den Niederlanden.iele haben gesagt, dass auch eine ganze Reihe von in-enpolitischen Gründen zu dem Ausgang der Abstim-ungen geführt haben. Trotzdem müssen wir ernst neh-en, dass die Idee der europäischen Integration vonielen Menschen in Europa nicht nur positiv gesehenird, sondern dass mit dieser europäischen Integrationbenso Ängste verbunden sind. Wir müssen die Alterna-iven dazu deutlich machen: Es gibt die reale Alternativeer Rückkehr zu den Nationalstaaten in Europa. Dierise hat deutlich gemacht, dass dies politisch-populis-isch auch umsetzbar ist. Ich bin massiv gegen diese Al-ernative,
eil ich glaube, dass Europa unter den Bedingungen derlobalisierung die Antwort ist – die Integration Europas,icht die Überdehnung, sondern die Vertiefung derpielregeln, die wir in Europa haben. Wir werden in die-er einen Welt als Europäerinnen und Europäer nur dannine Zukunft haben, wenn wir Europa ausbauen und ver-iefen, wenn wir den Menschen deutlich machen: Das ister Schutzmechanismus gegen einen wilden Wettbe-erb, ein Schutzmechanismus, den wir innerhalb Euro-as errichten müssen gegen Herrn Bolkestein und an-ere, die in Europa eine neoliberale Konzeption dereltwirtschaft umsetzen wollen. Das wollen wir nicht.
uropa steht für soziale Gerechtigkeit, ökologischenortschritt und Innovation. Das ist die Zukunft, für dieir gemeinsam arbeiten müssen. Das ist unser Auftragier.Vielen Dank.
Ich schließe damit die Aussprache.Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-chusses für die Angelegenheiten der Europäischennion auf Drucksache 15/5711. Der Ausschuss emp-iehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung die An-ahme des Antrags der Fraktionen der SPD und desündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 15/5116 mitem Titel „Für eine zukunftsgerichtete Weiterführunger Lissabon-Strategie – Neue Impulse zur wirtschaftli-hen, sozialen und ökologischen Erneuerung“. Wertimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstim-en? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung istit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen dietimmen von CDU/CSU und FDP angenommen wor-en.
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17098 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005
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Vizepräsidentin Dr. Antje VollmerUnter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss die Ableh-nung des Antrags der Fraktion der FDP auf Druck-sache 15/5131 mit dem Titel „Zur Tagung des Europäi-schen Rates am 22./23. März 2005 – Stabilität undWachstum stärken“. Wer stimmt für diese Beschluss-empfehlung? – Gegenstimmen? – Darf ich noch einmaldie Stimmen der CDU/CSU sehen?
– Es gab Gegenstimmen; deswegen wollte ich das wis-sen.
Darf ich bitte die Enthaltungen sehen? – Die Beschluss-empfehlung ist mit den Stimmen von SPD undBündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der FDPund einige Stimmen aus der CDU/CSU bei Enthaltungder Mehrheit der CDU/CSU angenommen worden.Beschlussempfehlung des Ausschusses für die An-gelegenheiten der Europäischen Union auf Druck-sache 15/5709 zu dem Antrag der Fraktion der FDP mitdem Titel „Die finanzielle Vorausschau der EU denneuen Aufgaben anpassen“. Der Ausschuss empfiehlt,den Antrag auf Drucksache 15/2978 abzulehnen. Werstimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstim-men? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung istmit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünengegen die Stimmen der FDP bei Enthaltung der CDU/CSU angenommen worden.Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage aufDrucksache 15/5361 an die in der Tagesordnung aufge-führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisungso beschlossen.Ich rufe die Tagesordnungspunkte 11 a und 11 b auf:a) Beratung des Antrags der AbgeordnetenDr. Michael Meister, Heinz Seiffert, DietrichAustermann, weiterer Abgeordneter und derFraktion der CDU/CSUSteigende Staatsverschuldung verhindern –Aufweichung des europäischen Stabilitäts-und Wachstumspakts zurücknehmen– Drucksache 15/5250 –Überweisungsvorschlag:Finanzausschuss
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen UnionHaushaltsausschussb) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord-neten Ernst Burgbacher, Rainer Funke, OttoFricke, weiteren Abgeordneten und der Fraktionder FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
– Drucksache 15/3721 –
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Das ist symptomatisch für diese Bundesregierung.och ist Deutschland die größte Volkswirtschaft inner-alb der Europäischen Union. Deshalb ist die rechtlicheasis für die gemeinsame europäische Währung eine derentralen Fragen in Bezug auf das Wohl und Weh unse-er Wirtschaftsverfassung.Der Deutsche Bundestag debattiert mittlerweile zumchten Mal über die Zukunft des wichtigsten Grundpfei-ers der europäischen Finanzpolitik. Dem Bundesfinanz-inister war es kein einziges Mal möglich, an einer die-er Debatten teilzunehmen. Das muss kritisiert werden.
uch die Entschuldigung für das Fernbleiben von dereutigen Sitzung – der Finanzminister muss in Brüsselein – gilt nicht: Der Finanzminister hätte dafür Sorgeragen müssen, dass er wenigstens in einer einzigen dercht Debatten über die Zukunft des Stabilitäts- undachstumspaktes dem deutschen Parlament und damiter Öffentlichkeit Rede und Antwort steht; er hätte sichicht immer entschuldigen lassen dürfen.
Unter Helmut Kohl und Theo Waigel fand das histori-che Ereignis statt, dass der Europäischen Union eineemeinsame Währung gegeben wurde. In diesem Zu-ammenhang ist nicht zu unterschätzen, dass alle
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Georg FahrenschonStaaten, die der Einführung der gemeinsamen Wäh-rung zugestimmt haben, in derselben Einsicht und frei-willig ein Stück Souveränität abgegeben haben. Mit demZiel, eine stabile gemeinsame Währung und eine nach-haltige Finanzpolitik zu gewährleisten, haben sie sicheinheitliche finanzpolitische Regeln gegeben, die für allegleich gelten sollten. Das waren die Grundlagen für denVertrag von Maastricht von 1993 und für den Stabilitäts-und Wachstumspakt von 1997.Wir werden nicht müde, die beiden zentralen Bedin-gungen in Erinnerung zu rufen: 3 Prozent Defizit – keineinziger Prozentpunkt mehr – und maximal 60 ProzentGesamtschulden; diesen Wert müssen wir unter- unddürfen ihn nicht überschreiten. Diese Regeln sind ein-deutig, klar und transparent und sie machen Politik euro-paweit messbar.
Das war der Geist von Maastricht und das ist die Basisfür eine erfolgreiche gemeinsame stabile Währung.Vor diesem Hintergrund ist die am 22. März vorge-schlagene Flexibilisierung des Stabilitätspaktes eineFarce. Es steht zwar noch „Pakt“ drauf, aber darin istkeine Stabilität mehr. Das werfen wir Ihnen vor. Sie ha-ben Schuld daran; denn Sie haben, erstens, diesen Paktin den vergangenen vier Jahren ständig verletzt, Sie ha-ben, zweitens, die notwendigen Sanktionen der EU mitmassivem Druck verhindert und Sie haben, drittens, dasRegelwerk Stück für Stück demontiert. Jetzt stellen Siesich vor die staunende Öffentlichkeit und wollen denMenschen klar machen, dass unverbindlichere Vorgabeneine höhere Bindungswirkung entfalten. Das ist aberwit-zig.
Das erinnert an einen Zahnarzt, der dem Patienten erstalle Zähne zieht und ihm dann viel Vergnügen beim kräf-tigen Zubeißen wünscht. So gehen Sie voran.Der Kompromiss, den Sie am 22. März dieses Jahresdurchgesetzt haben, ist die schlechteste aller Varianten.Dieser Kompromiss verschafft der rot-grünen RegierungSchröder/Fischer/Eichel zwar kurzfristig Vorteile, mit-tel- und langfristig wird damit aber ein Sprengsatz ge-legt; denn er symbolisiert die Rückkehr zum Nationalenund die Abkehr von internationaler finanzpolitischer So-lidität. Er zeigt im Grunde, wie ratlos die Regierung vorden Problemen der Globalisierung steht und wie gernRot-Grün Deutschlands Zukunft verkauft, um die eigeneschmale Gegenwart zu sichern.So macht man keine Politik. So kauft man einen Tep-pich. Aber die Grundlagen für eine europaweiteFinanzpolitik, die Grundregeln, nach denen in einer Ge-meinschaft von mehreren Nationalstaaten die Wirt-schafts- und Finanzpolitik solide und zukunftssicherkonsolidiert werden soll, haben Sie verletzt. Sie habender gemeinsamen europäischen Währung in den letztenJahren die Basis entzogen.
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Lieber Herr Runde, wir lassen Sie da nicht aus der Ver-ntwortung. Sie haben mitgestimmt und Sie haben dierundlage dafür gelegt, dass auch unsere Kinder undindeskinder keinen Weg aus dem Schuldenstaat mehrehen – unter der Maßgabe, dass Rot-Grün weiter diesesand regiert. Deswegen müssen wir das beenden.
Wir werden Sie mit Ihren eigenen Zitaten konfrontie-en. Es war Ihr Noch-Bundesfinanzminister, der gesagtat: Schulden sind keine Investitionen in die Zukunft.chulden sind die Steuern von morgen. – Er hat Recht.ur hält er sich nicht daran. Tagtäglich bricht er mit sei-er Politik seine eigenen Thesen, die er in die Welt ge-etzt hat.Meine Damen und Herren, für die CDU/CSU-Bun-estagsfraktion steht fest: Wir müssen den Vertrag vonaastricht nicht ändern. Wir müssen den Vertrag vonaastricht nicht aufweichen. Wir müssen ihn einhalten.eshalb fordern wir Sie auf: Kehren Sie um! Nutzen Sieie Zeit! Nutzen Sie die Krise bezüglich der Finanzver-assung der Europäischen Union, um die Grundlage un-erer gemeinsamen Währung wiederherzustellen! Keh-en Sie zu dem Stabilitäts- und Wachstumspakt in seinerrsprünglichen Variante zurück! Hören Sie auf, ihn zunterminieren!Vielen herzlichen Dank.
Das Wort hat jetzt die Parlamentarische Staatssekretä-
in Barbara Hendricks.
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!unächst zur Nichtanwesenheit von Hans Eichel. Zuminen ist Ihnen schon klar, dass er natürlich entschuldigtst, weil er zum Europäischen Rat muss. Insofern dürfteahe liegen, dass er nicht gleichzeitig hier sein kann.um anderen aber finde ich, wenn ich die aufgebotene
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Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara HendricksRiege der Rednerinnen und Redner ansehe, dass Sie mitmir mehr als gut bedient sind.
Ich habe nämlich den Eindruck, dass insbesondere dieCDU/CSU ganz offenbar Redner entsendet, von denensie ganz genau weiß, dass sie, wie auch immer die Wahlausgehen wird, keine weiter gehende Verantwortungwerden übernehmen müssen. Denn diejenigen unter Ih-nen, die möglicherweise eine weiter gehende Verantwor-tung werden übernehmen müssen, wissen genau, was losist, und wissen auch: Wenn sie heute groß tönen würden,dann würden sie möglicherweise im Herbst gezwungensein, ihre eigenen Worte zu fressen.
Deswegen erscheinen sie heute hier nicht und geben sichsozusagen mit Rednern aus der dritten Reihe zufrieden,die jedenfalls keine weiter gehende Verantwortung wer-den übernehmen müssen, wie auch immer die Wahl aus-geht.
– Zunächst will ich ganz sachlich auf Ihre Anträge ein-gehen und dann noch ein bisschen dazu sagen.CDU und CSU versuchen, einvernehmlich getroffeneBeschlüsse auf europäischer Ebene infrage zu stellen.Gerade die bisherige starre Anwendung bzw. Umsetzungdes Regelwerkes des Stabilitäts- und Wachstumspakteshat dazu geführt, dass im Rat immer stärker Prozedere-fragen diskutiert wurden und die inhaltliche Debatte to-tal in den Hintergrund trat. Insbesondere dieser Ansatzwird jedoch im EG-Vertrag gefordert. Die Mitgliedstaa-ten sollen nämlich ihre Wirtschaftspolitik im Rat koordi-nieren. Verfahrensfragen lenken, wie man sich denkenkann, von den eigentlichen Problemen in der Europäi-schen Union ab.Der „neue“ Pakt wird dafür sorgen, dass mehr ökono-mische Rationalität ins Verfahren kommt. Dazu sindinhaltliche Debatten unausweichlich, sodass die Mit-gliedstaaten eben nicht, wie im CDU/CSU-Antrag unter-stellt, unwahre Behauptungen zur finanzpolitischen Si-tuation aufstellen können. Insofern wird also in IhremAntrag eine unwahre Behauptung aufgestellt.Zur Rolle der Bundesregierung will ich mich gerneäußern. Die Bundesregierung hat sich zu Beginn der De-batte zur Reform des Stabilitäts- und Wachstums-paktes sehr bewusst zurückhaltend gezeigt, weil sichdas Regelwerk in seinem Grundsatz ja bewährt hat. Erstnachdem die Kommission im September 2004 ihre Vor-stellungen zu einer solchen Reform publiziert hatte, hatsich die Bundesregierung eindeutig positioniert. EinekPiWzdKkP–c–wlsgfarBuwrwldLldSdGKsgvSmettg
Können Sie mir nicht folgen? Soll ich langsamer spre-hen?
Gut.Der Einschätzung in Ihrem Antrag, wonach die Ent-icklung der öffentlichen Verschuldung in Deutsch-and besorgniserregend sei, stimme ich natürlich grund-ätzlich zu, auch wenn dieses Bild viel zu dramatischemalt wird. In der Tat werden die Handlungsspielräumeür die öffentlichen Haushalte immer enger. Der Anteiln politisch frei verfügbaren Ausgaben wird immer ge-inger.Es stimmt aber nicht, wie behauptet wird, dass dieundesregierung nichts zur Lösung dieser Problematiknternehme. Die Bundesregierung hat vielmehr – dasissen Sie sehr genau – substanzielle Schritte zur Siche-ung der langfristigen Tragfähigkeit unternommen. Dasird uns übrigens ausdrücklich auch vom Internationa-en Währungsfonds bestätigt, der nicht gerade im Ver-acht steht, überschwängliches oder ungerechtfertigtesob zu verteilen.
Das von Ihnen angemahnte Umsteuern findet alsoängst statt. Im Gegenteil, es ist bedauerlicherweise so,ass die Opposition ihrerseits mit ihrer Blockade desubventionsabbaus ein schnelleres Vorankommen aufiesem Weg verhindert. Ich will kurz daran erinnern:estern tagte wieder einmal der Vermittlungsausschuss.önnen Sie noch sagen, zum wievielten Mal – zumechsten Mal oder zum achten Mal? – der Abbau der Ei-enheimzulage mit Ihrer Geschäftsordnungsmehrheitertagt worden ist?
ie finden sich in Ihrer Blockadepolitik doch selber nichtehr zurecht. Das war gestern Abend und ist ganz aktu-ll.
Auch die Unterstellung in Ihrem Antrag, wir betrach-eten eine Fortsetzung der Konsolidierung als wachs-umsfeindlich, ist natürlich völlig an den Haaren herbei-ezogen. Langfristig ist die Konsolidierung natürlich ein
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Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendrickswichtiger Teil einer nachhaltigen Wachstumspolitik.Dennoch gilt dies nicht grundsätzlich. Gerade hier argu-mentieren Sie in Ihrem Antrag geradezu ökonomischfahrlässig. Zusätzliche Konsolidierungsmaßnahmen inZeiten einer schlechten Konjunkturlage würden sehrwohl beträchtliche negative Effekte nach sich ziehen.Dies haben wir im europäischen Zusammenhang zumBeispiel im Fall Portugal schmerzlich sehen müssen.Dies war doch ein wesentlicher Aspekt bei den Diskus-sionen über eine Reform des Stabilitätspaktes. Das kön-nen Sie doch nicht einfach aus Ihrer Wahrnehmung aus-blenden.
– Ich vergleiche auch nicht die deutsche Volkswirtschaftmit der portugiesischen.
– Nein, das ist nicht meine Strategie. Herr Fahrenschon,wenn wir aber Wert darauf legen wollen, die deutscheVolkswirtschaft nicht zum Beispiel mit der portugiesi-schen zu vergleichen, dann sollten wir bitte auch zurKenntnis nehmen, dass ein Umsteuern in kleinen Volks-wirtschaften leichter ist als in großen Volkswirtschaften.
Auch wenn wir uns insofern nicht mit Portugal verglei-chen, sollten wir zumindest davon ausgehen, dass wir esschwerer haben.
Es gibt in Ihrem Antrag weitere abwegige Forderun-gen; dazu will ich kurz etwas sagen. Die Reform des Sta-bilitäts- und Wachstumspaktes ist nahezu abgeschlossen.Der Bundestag, also auch die Opposition, ist im Plenumund in den Ausschüssen mehrfach und detailliert überdie Reform unterrichtet worden. Nunmehr die Aufhe-bung eines Beschlusses des Europäischen Rats vomMärz 2005 zu fordern ist natürlich völlig an der Realitätvorbei. Aber so ist das nun einmal: Man wird häufig vonder Realität überholt, wenn man die Opposition in die-sem Hause stellt.
Die Europäische Zentralbank war jederzeit an derDebatte zur Weiterentwicklung des Stabilitäts- undWachstumspaktes beteiligt und hatte aktiv die Möglich-keit zu Stellungnahmen und Kommentaren.
Übrigens ist der Beschluss des Europäischen Rates derWirtschafts- und Finanzminister vom März 2005 in An-wesenheit des Präsidenten der Europäischen Zentral-bank, Herrn Trichet, getroffen worden. Auch die Bun-desbank hat sich auf ihre Weise – so will ich einmalsagen – an dieser Reformdebatte beteiligt. Im ÜbrigenhnBgSsdnlgeEnznmhpSsssmrndFVlidmdudw1üjeEsGSwgate
Der zweite Punkt ist: Durch Ihren Vorschlag blendenie völlig aus, dass wir dann auch auf der Ebene zwi-chen Bund und Ländern keine Regelung hätten. Dazuagen Sie kein Wort; denn damit kämen Sie in diechwierigen Gefilde der Diskussion über die Föderalis-usreform, sodass Sie sich an dieser Stelle lieber zu-ückhalten. Auch deswegen kann man Ihrem Vorschlagicht zustimmen.Ganz kurz will ich noch auf die einleitenden Wortees Kollegen Fahrenschon eingehen. Kollegeahrenschon hat behauptet, dass Deutschland unter dererantwortung von Rot-Grün zum Wachstumsschluss-cht geworden sei und dass es den Anker der Stabilität,er die Bundesrepublik früher gewesen sei, jetzt nichtehr gebe.Zu Ihrer Erinnerung: Das Jahr 1991 war – sowohl inen gesamten 90er-Jahren als auch danach, also währendnserer gesamten Regierungszeit – das einzige Jahr, inem wir, wenn ich das richtig im Kopf habe, ein Minus-achstum von 1,3 Prozent zu verzeichnen hatten. Seit995, also lange bevor Rot-Grün die Verantwortungbernommen hat, war die Bundesrepublik Deutschlanddes Jahr das so genannte Wachstumsschlusslicht in deruropäischen Gemeinschaft. Ich wiederhole: jedes Jahreit 1995. Das hat also nichts mit der Politik von Rot-rün zu tun.
Im vergangenen Jahr waren wir erstmals nicht mehrchlusslicht. Es beruhigt einen zwar nicht besonders,enn man an der 14. statt an der 15. Stelle steht. Aber eseschah unter Ihrer Regierungsverantwortung, dass wiruf die letzte Stelle gerückt sind, die wir seit 1995 unun-rbrochen eingenommen haben.
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17102 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005
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Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara HendricksDiese Schlusslichtdebatte, die Sie uns anzuhängen ver-suchen, fällt auf Sie zurück. Es hilft niemandem, wennSie hier wahrheitswidrige Behauptungen aufstellen.Hinzu kommt: Die Inflationsraten in der Bundesre-publik sind seit Jahren beständig die niedrigsten in derEuropäischen Union. Sie liegen im Regelfall deutlichunter den von der Europäischen Zentralbank angepeilten2 Prozent. Normalerweise betragen sie zwischen0,9 Prozent und 1,2 Prozent, manchmal vielleicht auch1,4 Prozent; sie sind aber immer die niedrigsten in derEuropäischen Union. Wenn Sie trotzdem vor diesem Ho-hen Hause behaupten, Deutschland sei kein Stabilitäts-anker mehr, frage ich Sie: Wie kommen Sie überhauptzu solch einer Behauptung? Das ist mir wirklich uner-klärlich.
Ich will noch einen Punkt zum Gesamtschulden-stand und zum 3-Prozent-Kriterium sagen. Anfang der90er-Jahre hat der Gesamtschuldenstand in der Bundes-republik Deutschland – nimmt man alle Ebenen und dieSozialversicherungsträger zusammen – 40 Prozent desBruttoinlandsproduktes ausgemacht.
Als wir Ende 1998 die Regierungsverantwortungübernommen haben, war der Gesamtschuldenstand – dashatte natürlich auch etwas mit den Kosten der deutschenEinheit zu tun – auf über 60 Prozent gestiegen. Er hatalso in sieben Jahren um 50 Prozentpunkte zugenom-men. Mittlerweile haben wir seit sieben Jahren die Re-gierungsverantwortung. Der Gesamtschuldenstand liegtjetzt bei 66 Prozent. Das heißt, er hat in den letzten sie-ben Jahren um 10 Prozentpunkte zugenommen. Aller-dings haben wir noch immer die gleichen Kosten derdeutschen Einheit zu tragen, die auch unter Ihrer Regie-rungsverantwortung zu schultern waren. Wenn Sie auchdies einmal zur Kenntnis nehmen würden, wären wirschon einen Schritt weiter.
Wenn Sie bitte auch zur Kenntnis nehmen würden,dass Ihr Kollege Kampeter vor kurzem gesagt hat, eswerde wohl nicht vor dem Jahre 2009 gelingen, dieMaastricht-Kriterien einzuhalten, dann kann ich Ihnennur sagen: Halten Sie sich bitte auch an diesem Punktmit Kritik an uns zurück.Herzlichen Dank.
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Ernst Burgbacher.
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Meine Damen und Herren, der europäische Stabilitäts-nd Wachstumspakt – und seine Einhaltung, wohlge-erkt – hatte eigentlich eine doppelte Bedeutung: Er warinmal die ganz entscheidende Basis für das Vertrauener Bürger in den Euro und er war zum anderen das Ver-prechen der Mitgliedstaaten, mit einer soliden Haus-altspolitik die Grundlagen für mehr Wachstum und Be-chäftigung zu schaffen. Das sehen wir durch dieseundesregierung nun zerstört.Der europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt iston Deutschland durchgesetzt worden, er war doch un-er Pfand. Erinnern wir uns doch daran – das gilt fürie genauso wie für unsere Seite –: In unzähligen Ge-prächen mit den Bürgerinnen und Bürgern dieses Lan-es haben wir für den Euro geworben und wir haben ih-en versichert, dieser Euro werde so stabil sein wie die-Mark. Wir haben das immer damit begründet, dassieser Stabilitäts- und Wachstumspakt unumstoßbar ist.Sie haben jetzt im März 2005 dem Euro und einer so-iden Wirtschafts- und Haushaltspolitik die Grundlagenntzogen. Was Sie hier gemacht haben, ist eigentlich einerbrechen, das, glaube ich, in seinen Konsequenzenrst in den nächsten Jahren sichtbar werden wird.
Meine Damen und Herren, es war – das ist dasweite, was so schlimm ist – die deutsche Bundesregie-ung, die ihn damals eingeführt hat, und jetzt war es dieot-grüne Bundesregierung, auf deren Drängen der Sta-ilitäts- und Wachstumspakt so entkräftet wurde, dass eras, wofür er einmal angelegt war, nicht mehr garantie-en kann.Wir wollen die Stabilität des Euro. Wir wollen allesafür tun und deshalb werden wir auch den Antrag derDU/CSU unterstützen; das ist die europäische Kompo-ente. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union,ie schreiben selbst in der Begründung Ihres Antragsich zitiere –:Die Konsolidierung der Staatsfinanzen liegt im ur-eigenen Interesse Deutschlands.ie wahr! Auch wir als FDP haben uns Gedanken da-über gemacht, wie wir das wirklich garantieren können.
Herr Kollege Müntefering, unser Gesetzentwurftammt aus der Zeit der Föderalismuskommission.assen Sie mich da anmerken: Ich verstehe es nach wieor nicht, dass sich dieses Hohe Haus mit dem Scheitern
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Ernst Burgbacherder Föderalismuskommission bisher nur zweimal be-schäftigt hat – auf Antrag der FDP –; dass Sie in der gan-zen Zeit nie eine Debatte darüber herbeigeführt haben,dass die Föderalismuskommission nicht zu einem Ergeb-nis gekommen ist.
Wir haben diesen Gesetzentwurf damals eingebracht,weil wir, wie Sie wissen, Herr Kollege Müntefering,weitergehen wollten. Wir wollen Steuerautonomie fürdie Länder, wir wollen Steuerwettbewerb in unseremLand, weil nach unserer festen Überzeugung eine Föde-ralismusreform ohne mehr Steuerautonomie und Steuer-wettbewerb von vornherein zum Scheitern verurteilt ist.
Wir haben uns Gedanken darüber gemacht, wie wirgewährleisten können, dass die Stabilität im Landebleibt und wir den Stabilitäts- und Wachstumspakt wei-ter einhalten. Vor diesem Hintergrund ist unser Gesetz-entwurf zu sehen: Das gelingt, indem wir Bund, Länderund Gemeinden verpflichten, die Stabilitätskriterien ein-zuhalten, und damit zur Stabilität im Land insgesamtsorgen. Das ist ja auch die Verpflichtung des europäi-schen Stabilitäts- und Wachstumspaktes.
Wir haben klare Vorstellungen, wie das geregelt werdenkann. Ich kann Sie nur noch einmal eindringlich bitten,unserem Gesetzentwurf zuzustimmen.Es geht in dieser Phase nach meiner Überzeugung umsehr, sehr viel: Es geht um die Verantwortung gegenüberEuropa, es geht um unser Versprechen an die Bürger, denÜbergang von der D-Mark zu einem stabilen, langfristigsicheren Euro zu garantieren. Es geht um die Zukunfts-fähigkeit unseres Landes. Es geht darum, ob wir künfti-gen Generationen einen Gestaltungsspielraum geben undsagen, dass auch sie die Möglichkeit haben, weiterhindie Politik zu beeinflussen, oder ob wir ihnen nur einenriesigen Schuldenberg hinterlassen. Wer das tut, versün-digt sich an den künftigen Generationen.
Deshalb bitte ich Sie herzlich: Stimmen Sie unseremGesetzentwurf zu!
Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Anja Hajduk.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undKollegen! Zu Beginn meines Beitrags möchte ich fest-halten, dass ich vor allem das, was Herr Fahrenschon fürdie Union gesagt hat – teilweise gilt das aber auch fürdas, was der Kollege von der FDP gesagt hat –, als Redevon gestern empfand.
– Vielleicht auch von vorgestern.ErwEDzbEgs3Rrdhms27blemfcsdiebqDg2twuugdmdzedC
ort sind gewisse Dinge festgehalten worden, nämlichum Beispiel, dass die Rolle der Kommission starkleibt und dass die Einhaltung der Kriterien wichtig ist.s ist aber auch darauf hingewiesen worden, dass eini-en Ländern – zum Beispiel auch Deutschland – wahr-cheinlich mehr Zeit gegeben werden muss, bis sie das-Prozent-Kriterium wieder einhalten können. Dieseegelung ist ehrlich. Jeder von uns würde dieses Krite-ium gerne schneller wieder einhalten können. Aber fürie Bundesrepublik ist das eine sinnvolle Regelung.Herr Fahrenschon, ich frage Sie zu Ihrer gerade ge-altenen Rede von gestern: Wie kann sie im Einklangit dem Wort von Ihrem Parteikollegen Herrn Kampetertehen, der nach der Ankündigung der Neuwahl am2. Mai 2005 in der „Financial Times Deutschland“ vom. Juni 2005 gesagt hat, eine neue Regierung – er hat da-ei wahrscheinlich an die Union gedacht – werde viel-eicht bis 2009 brauchen, bis sie die Defizitziele wiederinhalten kann? Wie kann diese Aussage im Einklangit Ihrer plumpen, schlichten und politisch naiven An-orderung stehen, dass wir den Stabilitätspakt nicht bre-hen oder aufweichen dürfen, sondern einhalten müs-en?
Das hält der Realität doch nicht stand. Sie müssenann nämlich sagen, dass Deutschland in der Situation,n der wie uns nach der Defizitüberschreitung befinden,inen zweistelligen Milliardenbetrag als Sanktion auf-ringen muss. Ist das Ihre Forderung? Ist das die Konse-uenz für die Jahre 2005, 2006, 2007, 2008 und 2009?as, was Sie hier machen, kann wirklich nicht ernstenommen werden. Ich muss sagen: Seit dem2. Mai 2005 zeigen Teile der Union einen neuen Reali-ätssinn. Sie sagen nämlich, dass sie die Defizitzieleahrscheinlich erst ab 2009 wieder einhalten könnennd dass sie bis 2013 Schulden machen. Das haben Siens in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 15. Juni kund-etan. Sie müssen mal ein wenig aufräumen, solche Re-en wie die von heute vermeiden und vielleicht auch ein-al die Zeitung von vorgestern lesen.Wir können für uns auch nicht in Anspruch nehmen,ass wir alles so gerichtet haben, dass wir die Haushalts-iele jetzt einhalten können. Ich möchte jetzt aber einmaltwas zu den Ursachen dafür sagen. Es ist gerade vonem Kollegen der FDP gesagt worden – Zitat aus demDU/CSU-Antrag –:Die Konsolidierung der Staatsfinanzen liegt im ur-eigenen Interesse Deutschlands.
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Anja HajdukIch kann dazu nur feststellen: Die Konsolidierung liegttatsächlich im Interesse Deutschlands, aber anscheinendhat sie nicht im Interesse der Union gelegen.
Es gibt eine strukturell bedingte Lücke zwischen denEinnahmen und den Ausgaben. Seit über zweieinhalbJahren gibt es eine Blockade von Ihnen, sodass die Ein-nahmesituation nicht verbessert werden kann. Sie ver-hindern eine Einnahmeverbesserung für die öffentlichenHaushalte in Höhe von 17 Milliarden Euro. Das betrifftalle Ebenen, also Bund, Länder und Gemeinden. Auf derEinnahmeseite verhindern Sie bisher eine Konsolidie-rung in Höhe von 17 Milliarden Euro.Sie schämen sich aber nicht, mittlerweile zu sagen– es war wiederum Herr Kampeter –, dass es, wenn Sieregieren, notwendig ist, Steuervergünstigungen abzu-bauen.Sie haben sich noch vor einigen Wochen nicht ge-scheut, hier immer wieder zu sagen: Der Abbau vonSteuervergünstigungen läuft nur auf das Prinzip linkeTasche, rechte Tasche hinaus. – Der Populismus in IhrenReihen ist ungebrochen. Wir werden Sie mit diesem Po-pulismus im Wahlkampf konfrontieren. Die Bürgerinnenund Bürger sind es satt, Versprechen zu hören, die erstdementiert, aber nachher doch umgesetzt werden. Aberwahrscheinlich werden Sie sich mit der FDP nicht eini-gen können. Dann geht es mit dem Haushalt völlig denBach herunter.
Ich möchte Ihnen Folgendes sagen: Eine ehrliche Po-litik zu den Einnahmen des Staates ist notwendig. Dashat etwas mit einer ehrlichen Steuerpolitik zu tun. Ichhoffe darauf, dass Sie sich irgendwann auch beim Sub-ventionsabbau einmal bewegen. Das hängt auch mit ei-ner ehrlichen Konsolidierung auf der Ausgabenseite zu-sammen.
Diese Regierung hat in den Jahren der Stagnation auf derAusgabenseite extrem sparsam gewirtschaftet.
Wie Sie wissen, hat sie Ausgaben zurückgefahren. Abersie hat auf dem Arbeitsmarkt im Moment tatsächlichMehrausgaben zu verantworten,
weil wir eine schwierige Situation auf dem Arbeitsmarkthaben; das leugnen wir nicht.Jetzt will ich Sie noch mit einem allerletzten, sehr ak-tuellen Beispiel konfrontieren, damit Sie noch einmal insich gehen. Sie sind immer relativ flott dabei, lauthals zufordern, im Bundeshaushalt die konsumptiven Ausgabenzurückzufahren. Mit solchen Forderungen sind Sie im-meEWaldHdkhWNedgwdagwnkWHrgrnnMs–aLwüwsGW
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Klaus-Peter
illsch.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen underren! Liebe Kollegen! Frau Hajduk, ich bin nach Ih-en Ausführungen geneigt, Ihre Kollegin Hermenau, dieeschätzte frühere Haushaltsausschusskollegin, zu zitie-en: „Die SPD ist in Auflösung begriffen und derzeiticht mehr fähig, zu regieren.“ – Wir können nachheroch darüber reden, ob Sie das unterschreiben würden.
Ich will mit einem Zitat beginnen, das ich mir heuteorgen während der Rede des Bundeskanzlers aufge-chrieben habe. Er hat heute Morgen erklärt:Aber in der Krise zeigt sich, wer steht und wer nichtsteht. Ich finde es bemerkenswert, dass dies jemand sagt, derm 22. Mai dieses Jahres aufgegeben und denafontaine gemacht hat, der uns das Land vor die Füßeirft, wie ein Kind ein Spielzeug wegwirft, dessen esberdrüssig geworden ist. Es ist allerhand, einen Satzie „In der Krise kommt es darauf an, dass man steht“ ino einer Stunde zu sagen.
Ich will diesen Satz auf andere Bereiche übertragen.erade in der Frage des europäischen Stabilitäts- undachstumspaktes kommt es darauf an, dass man nicht
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Klaus-Peter Willschnur in guten Zeiten, sondern auch in der Krise steht. Inder Krise haben Sie aber nicht gestanden.
Das Ziel des Stabilitäts- und Wachstumspaktes warenausgeglichene Haushalte. Im Pakt war eine Abwei-chungstoleranz von 3 Prozent vorgesehen. Da nütztauch das ganze Gerede von einer flexiblen Anwendungnichts; denn die 3 Prozent sind schon Ausdruck der Fle-xibilität. Ein früherer Finanzminister hat das einmal– das war gut so – ganz schlicht ausgedrückt. Waigel hatdazu gesagt: 3 Prozent sind 3 Prozent. Eichel redet dieganze Zeit von „close to balance“ und macht dazu allemöglichen Verrenkungen, um sich nicht auf diesenPunkt festnageln zu lassen.Wir haben am 2. Dezember 1992 gemeinsam mit derSPD hier in diesem Parlament beschlossen:Der Deutsche Bundestag wird sich jedem Versuchwidersetzen, die Stabilitätskriterien aufzuweichen,die in Maastricht vereinbart worden sind.Dieses Versprechen, gegeben an die Bürger, haben Siegebrochen. Wir fordern Sie auf, das rückgängig zu ma-chen und wieder zu diesem Wort zu stehen.
Denjenigen, die sich schon länger mit Finanzpolitikbeschäftigen, ist der Juliusturm noch ein Begriff. Das istder Turm der Spandauer Zitadelle, in dem früher derReichsschatz verwahrt worden ist, der überwiegenddurch die französischen Zahlungen nach dem Krieg1870/71 und nach der Reichsgründung gespeist wordenist. Fritz Schäffer hat zu Beginn der BundesrepublikDeutschland ein „Juliusturm“ genanntes Vermögen auf-gebaut, indem er weniger ausgegeben als eingenommenhat. 1957 betrug der Überschuss 8 Milliarden D-Mark.Wenn man die Kaufkraft hochrechnet, entspricht dasheute 38 Milliarden Euro. 38 Milliarden Euro ist genauder Betrag, den Sie 2005 für Zinsen in diesem Land aus-geben werden. So wirtschaften Sie in diesem unseremLande.
– Frau Hendricks, seien Sie still! Es kommt nochdicker. – Sie wollten 2006 die Neuverschuldung auf nullreduzieren. Das war das Versprechen, das Sie gaben.Jetzt sage ich Ihnen einmal die Tatsachen: Wir hatten1998 eine Bundesschuld von 743 Milliarden Euro,Ende 2005 werden wir bei 900 Milliarden Euro liegen,und das, obwohl Sie zwischenzeitlich 51 Milliar-den Euro aus der Versteigerung der UMTS-Lizenzen er-löst haben. Das ist schon eine Differenz von fast210 Milliarden Euro.Schauen wir einmal weiter. Sie haben massiv Vermö-gen abgebaut. Sie haben alles in diesem Land verkloppt,was nicht niet- und nagelfest war. Sie haben Aktienpa-kete der Post und der Telekom im Rahmen von Platzhal-tergeschäften an die KfW übertragen. Sie haben dieWdhildDdsspkwcdmmkkdnHwsinnsaLSkWTtiPRfWmfw
ie haben auf dieser Baustelle vollständig versagt. Sieönnen es nicht.
ir haben heute 5,4 Millionen Arbeitslose und verlierenag für Tag 1 000 sozialversicherungspflichtige Beschäf-gungsverhältnisse. Die treiben Sie mit Ihrer schlechtenolitik aus dem Lande.
ot-Grün macht arm, arbeitslos und hat das Land in deninanzpolitischen Abgrund geführt. Machen Sie Platz!Vielen Dank.
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Ortwin Runde.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herrillsch, ich weiß nicht, ob Sie schon Schwierigkeitenit dem Gedächtnis haben. Will man mit Schäffer an-angen, dann ist es natürlich etwas schwer, zur Gegen-art zu kommen. Aber Sie dürften doch so weit auf der
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Ortwin RundeHöhe der Zeit sein, dass man bei der Zahl der Arbeitslo-sen 4,8 Millionen und 5,4 Millionen nicht durcheinanderwirft.
Das mit dem Juliusturm von Schäffer ist ja gut. Ichglaube, 1998 wäre die rot-grüne Regierung sehr zufrie-den gewesen, wenn die Übergabe zu den Bedingungenunter Schäffer stattgefunden hätte.
Wenn Sie über den Schuldenstand reden, dann müssenSie nicht nur das aufgreifen, was Frau Hendricks ausge-führt hat, sondern dann müssen Sie auch die falsch fi-nanzierte deutsche Einheit erwähnen, die in den Folge-jahren zu einem ständigen Schuldenaufbau geführt hat,den man kaum korrigieren konnte.
Herr Glos hat uns in seinem Beitrag ein Rätsel aufge-geben, Herr Fahrenschon.
– Man kann auch sagen: Er ist ein Rätsel. Vielleicht kön-nen Sie mir bei der Auflösung des Rätsels helfen. HerrGlos hat in seinen Ausführungen von den Südländern,insbesondere den Italienern mit ihren Inflationsgelüsten,gesprochen und in diesem Zusammenhang darauf hinge-wiesen, dass die Italiener gerade die bayerische Hypo-Vereinsbank übernehmen.Was lehrt uns das? Heißt das, dass die Südländerdurch den europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktinzwischen ihre Inflationsgelüste und ihr nicht immerwirtschaftliches Gehabe begraben haben, sodass siestark genug sind, die bayerische Hypo-Vereinsbank zuübernehmen? Ist das die Konsequenz, auf die uns HerrGlos hinweisen will? Oder hat das etwas mit Fremden-feindlichkeit zu tun? Ich habe das nicht ganz verstanden.
Frau Hajduk hat zu Recht darauf hingewiesen, dassder Stabilitäts- und Wachstumspakt, was das Erreichendes Stabilitätsziels sowohl hinsichtlich der Binnenstabi-lität – das kann anhand der Inflationsentwicklung be-rechnet werden – als auch der Außenstabilität – das lässtsich aus den Währungsrelationen ableiten – angeht, einErfolg gewesen ist. Aber darüber, dass es in Bezug aufdas Wachstum ein Problem gibt, ist bereits überall inEuropa diskutiert worden. Das ist nicht nur eine deut-sche oder portugiesische Diskussion, sondern sie wirdauch in Frankreich, den Niederlanden und anderen euro-päischen Staaten geführt.Konsequenz war doch, dass sich alle gefragt haben:Hat die seinerzeit geschaffene Konstruktion das Wachs-tum vielleicht eher behindert als gefördert? Daraufhinhat man sich im März darauf geeinigt, den Stabilitäts-pakt konjunkturgerecht anzulegen. Dass Sie jetzt dahin-thAswuwndkSvcjbwrAmWWibdNVedMdmStdFwstp–a–suzK
un gibt es erste Aussagen, wie das Ganze nach Ihrerorstellung funktionieren könnte. Zum Beispiel ist voniner Mehrwertsteuererhöhung um vier Prozentpunkteie Rede, wie sie Herr Stratthaus, Ministerpräsidentüller und andere vorgeschlagen haben. Dann höre ich,ass Sie die Pendlerpauschale abschaffen wollen. Dabeiuss man wissen, für welche Belastungen bereits eineenkung dieser Pauschale allein um 5 Cent pro Kilome-er bei den Betroffenen sorgen würde. Dann höre ich,ass Sie die Steuerfreiheit von Zuschlägen für Sonn-,eiertags- und Nachtarbeit – mit entsprechenden Aus-irkungen – abschaffen wollen. Wenn man das alles zu-ammennimmt, stellt man fest, dass Sie deutliche Belas-ungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmerlanen, um all das zu finanzieren, was Sie vorhaben.
Das können Sie gern tun. Sie müssen mir dann aberuch erklären, ob es nicht verabredeter Wahlbetrug istzu diesem Schluss komme ich, wenn ich mir die Ge-amtzahlen sowie Ihre Aussagen über den Stabilitäts-nd Wachstumspakt und die verschiedenen anderen kon-eptionellen Bereiche vor Augen führe –, wenn Sie Ihronzept vor der Wahl nicht offen legen und vertreten.
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Ortwin RundeIch empfehle Ihnen sehr deutlich, sich auf den Stabili-täts- und Wachstumspakt in seiner neueren Fassung zustützen, an seiner Weiterentwicklung mitzuarbeiten unddann die schwierige Aufgabe einer seriösen Haushalts-konsolidierung anzugehen. Dann kann dieses Land inder Tat auf einen besseren Weg geführt werden.Schönen Dank.
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Marco
Wanderwitz.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen undHerren Kollegen! Wir debattieren heute neben demCDU/CSU-Antrag über einen Gesetzentwurf der FDP-Fraktion. Auf diesen möchte ich meinen Schwerpunktlegen, auch wenn beide Vorlagen zweifellos von großerWichtigkeit sind. Ein innerstaatlicher Stabilitätspakt istin Deutschland dringend notwendig. Es darf nicht erstlangfristig, sondern es muss mittelfristig Schluss mitausufernder Schuldenmacherei sein. Ich sage an dieserStelle als einer der jüngeren Abgeordneten im DeutschenBundestag ganz bewusst: Es darf nicht sein, dass Sie mitIhrer Politik die über Generationen geschaffenen Wertedieses Landes verfrühstücken, ohne die Frage nach demMorgen zu stellen.
Die CDU/CSU steht mit dieser Einschätzung nicht al-lein. Die Wissenschaft, die Deutsche Bundesbank, dieEuropäische Zentralbank und viele andere mahnen uns,die Mitglieder des Deutschen Bundestages, seit vielenJahren – vor allen Dingen immer mehr Menschen in un-serem Land erkennen die Situation –, dass die Blase desWohlstands, den Sie vorgaukeln, bald platzen wird. Ichwill nicht schönreden, dass auch Ihre Vorgängerregie-rung einen Teil dazu beigetragen hat. Der Unterschied istaber, dass wir unsere Hausaufgaben gemacht haben,
während Sie uns in Ihrem siebten Regierungsjahr nochimmer die gleichen Ausreden wie zu Beginn Ihrer Re-gierungszeit vorhalten. Ich muss ganz ehrlich sagen: Dasfinde ich nur noch erbärmlich. Die Menschen im Landsehen das ganz genauso.
Zudem kann ich mich entsinnen – auch das ist als of-fenes Wort gedacht –, dass ja die SozialdemokratischePartei Deutschlands im großen Verteilungs- und Beglü-ckungsreigen der 80er- und zu Beginn der 90er-Jahreimmer mitgetan hat und den Wechsel zulasten künftigerGenerationen mit ausgestellt hat. Die Menschen sindaber Ihrer tagespolitisch motivierten Flickschustereienüberdrüssig. Das können Sie an den Umfragewerten undvor allen Dingen im Gespräch mit den Bürgerinnen undBsmzzGngmspwrldndFbDRsgwddmsKggdsdSWneSBsvssgssaG
Der wissenschaftliche Beirat der Stiftung Marktwirt-chaft weist neben der Einführung eines eigenen Vor-chlages zur Änderung des Grundgesetzes in der Debatteuf eine mögliche Fehlinterpretation des vorliegendenesetzentwurfes der FDP hin. Man könnte den Entwurf
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Marco Wanderwitzin der Tat auch so lesen, dass Bund und Länder jeweilsdrei Prozent Defizit nicht überschreiten dürfen, was inder Summe nicht gewünschte sechs Prozent ausmachenwürde. Genau das wollen wir nicht. Derartige Unklarhei-ten, so sie denn vorhanden sind, müssen wir vermeiden.Schließlich müssen wir uns vor einer Änderung desGrundgesetzes natürlich auch auf die Ausführungsge-setze verständigt haben. Ich bitte Sie alle: Tun wir dasgemeinsam für die Zukunft unseres Landes!Danke schön.
Ich danke auch und schließe damit die Aussprache zudiesem Punkt.Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage aufDrucksache 15/5250 an die in der Tagesordnung aufge-führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisungso beschlossen.Wir haben jetzt einen gemeinsamen Leistungsnach-weis vor uns. Wir kommen nämlich zu einem Abstim-mungsmarathon, wie ich ihn – zumindest während mei-ner Dienstzeit hier oben im Präsidium – noch nicht erlebthabe. Das werden wir zusammen bestehen.Tagesordnungspunkt 11 b: Abstimmung über den Ge-setzentwurf der Fraktion der FDP zur Änderung desGrundgesetzes – Aufnahme von Stabilitätskriterien indas Grundgesetz – auf Drucksache 15/3721. Der Rechts-ausschuss empfiehlt auf Drucksache 15/5703, den Ge-setzentwurf abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die demGesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzei-chen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Ge-setzentwurf ist in zweiter Beratung abgelehnt mit denStimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmender FDP, während sich die CDU/CSU enthalten hat.Damit entfällt nach unserer Geschäftsordnung dieweitere Beratung.Ich rufe die Zusatzpunkte 5 a bis 5 c sowie Zusatz-punkt 5 e auf:a) Beratung der Beschlussempfehlung des Aus-schusses nach Art. 77 des Grundgesetzes
zu dem Gesetz zur
Neuordnung des Lebensmittel- und des Fut-termittelrechts– Drucksachen 15/3657, 15/4244, 15/4632,15/5733 –Berichterstattung:Abgeordneter Michael Müller
b) Beratung der Beschlussempfehlung des Aus-
tudnlstDlsdaefamBMDecDMmg1)
schusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Ver-mittlungsausschuss) zu dem Siebten Gesetz zurÄnderung des Gesetzes gegen Wettbewerbs-beschränkungen– Drucksachen 15/3640, 15/5049, 15/5430,15/5735 –Berichterstattung:Abgeordneter Ludwig Stieglere) Beratung der Beschlussempfehlung des Aus-schusses nach Art. 77 des Grundgesetzes
zu dem Gesetz zur Um-
setzung des Urteils des Bundesverfassungsge-
– Drucksachen 15/4533, 15/5486, 15/5621,15/5737 –Berichterstattung:Abgeordneter Dr. Norbert RöttgenMir wurde mitgeteilt, dass das Wort zur Berichterstat-ng und zur Erklärung nicht gewünscht wird.Zu Zusatzpunkt 5 a liegt eine schriftliche Erklärunges Abgeordneten Michael Müller vor. Diese Erklärungehmen wir mit Ihrer Zustimmung zur Kenntnis.1)Wir kommen nun zur Abstimmung. Der Vermitt-ungsausschuss hat gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 seiner Ge-chäftsordnung beschlossen, dass im Deutschen Bundes-ag über die Änderung gemeinsam abzustimmen ist.ies gilt auch für die noch folgenden Beschlussempfeh-ungen.Ich weise darauf hin, dass zur Annahme der Be-chlussempfehlung des Vermittlungsausschusses zur Än-erung des nach Art. 87 Abs. 3 des Grundgesetzes mitbsoluter Mehrheit angenommenen Gesetzentwurfsbenfalls die absolute Mehrheit, das sind 301 Stimmen,ür erforderlich gehalten wird.Beratung der Beschlussempfehlung des Vermittlungs-usschusses zu dem Gesetz zur Neuordnung des Lebens-ittel- und des Futtermittelrechts, Drucksache 15/5733.erichterstatter im Bundestag ist der Abgeordneteichael Müller, Berichterstatter im Bundesrat Ministerr. Wolfgang Reinhart. Wer stimmt für die Beschluss-mpfehlung des Vermittlungsausschusses auf Drucksa-he 15/5733? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –ie Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen derehrheit der Mitglieder des Hauses, und zwar der Stim-en von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und CDU/CSU,egen die Stimmen der FDP angenommen worden.Anlage 2
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Vizepräsidentin Dr. Antje VollmerBeratung der Beschlussempfehlung des Vermittlungs-ausschusses zu dem Gesetz zur Umsetzung der EG-Richtlinie über die Bewertung und Bekämpfung vonUmgebungslärm, Drucksache 15/5734. Berichterstatterim Bundestag ist der Abgeordnete Michael Müller, Be-richterstatter im Bundesrat Staatsminister Erwin Huber.Wer stimmt für die Beschlussempfehlung des Vermitt-lungsausschusses auf Drucksache 15/5734? – Stimmt je-mand dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Die Be-schlussempfehlung ist einstimmig angenommen worden.Beratung der Beschlussempfehlung des Vermittlungs-ausschusses zu dem Siebten Gesetz zur Änderung desGesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, Drucksa-che 15/5735. Berichterstatter im Bundestag ist der Abge-ordnete Ludwig Stiegler, Berichterstatter im BundesratMinister Harald Schliemann. Wer stimmt für die Be-schlussempfehlung des Vermittlungsausschusses aufDrucksache 15/5735? – Stimmt jemand dagegen? – Gibtes Enthaltungen? – Auch diese Beschlussempfehlung isteinstimmig angenommen worden.Beratung der Beschlussempfehlung des Vermittlungs-ausschusses zu dem Gesetz zur Umsetzung des Urteilsdes Bundesverfassungsgerichts vom 3. März 2004,Drucksache 15/5737. Hierbei geht es um die akustischeWohnraumüberwachung. Berichterstatter im Bundestagist der Abgeordnete Norbert Röttgen, Berichterstatter imBundesrat Staatsminister Geert Mackenroth. Wer stimmtfür die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschus-ses auf Drucksache 15/5737? – Gegenstimmen? – Ent-haltungen? – Die Beschlussempfehlung ist angenommenmit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen undCDU/CSU gegen die Stimmen der FDP.Ich rufe die Tagesordnungspunkte 29 a bis 29 l sowieZusatzpunkt 6 auf:29 a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuor-ganisation der Bundesfinanzverwaltung– Drucksache 15/5567 –Überweisungsvorschlag:Finanzausschuss
InnenausschussHaushaltsausschussb) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Än-derung des Strafgesetzbuchs
– Drucksache 15/5653 –Überweisungsvorschlag:Rechtsausschuss
Innenausschussc) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über dieConterganstiftung für behinderte Menschen
– Drucksache 15/5654 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
RechtsausschussAusschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ver-trag vom 10. November und 19. Dezember2003 zwischen der Bundesrepublik Deutsch-land und der Republik Österreich über diegrenzüberschreitende Zusammenarbeit zurpolizeilichen Gefahrenabwehr und in straf-rechtlichen Angelegenheiten– Drucksache 15/5568 –Überweisungsvorschlag:Innenausschuss
Rechtsausschusse) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-rung des Düngemittelgesetzes und des Saat-gutverkehrsgesetzes– Drucksache 15/5655 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung undLandwirtschaft
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheitf) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPDund des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einge-brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderungdes Siebten Buches Sozialgesetzbuch– Drucksache 15/5669 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Wirtschaft und ArbeitAusschuss für Familie, Senioren, Frauen und JugendHaushaltsausschuss gemäß § 96 GOg) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-kommen vom 25. August 2004 zwischen derBundesrepublik Deutschland und der Repu-blik Aserbaidschan zur Vermeidung der Dop-pelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuernvom Einkommen und vom Vermögen– Drucksache 15/5518 –Überweisungsvorschlag:Finanzausschussh) Beratung des Antrags der Abgeordneten RenateGradistanac, Annette Faße, Bettina Hagedorn,weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNENFamilienurlaub in Deutschland zukunftsfähiggestalten– Drucksache 15/5685 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und JugendAusschuss für Verkehr, Bau- und WohnungswesenAusschuss für Bildung, Forschung undTechnikfolgenabschätzungAusschuss für Kultur und MedienHaushaltsausschuss
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Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmeri) Beratung des Antrags der Abgeordneten RenateBlank, Dirk Fischer , Eduard Oswald,weiterer Abgeordneter und der Fraktion derCDU/CSUWettbewerbsfähigkeit der deutschen Binnen-schifffahrt durch konsequente Ausschöpfungaller EU-kompatiblen Beihilfemaßnahmenstärken– Drucksache 15/4386 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
FinanzausschussAusschuss für Wirtschaft und ArbeitAusschuss für die Angelegenheiten der Europäischen UnionHaushaltsausschussj) Beratung des Antrags der Abgeordneten RenateBlank, Dirk Fischer , Eduard Oswald,weiterer Abgeordneter und der Fraktion derCDU/CSUDas Verkehrssystem Wasserstraße in Deutsch-land nachhaltig stärken – Handlungskonzeptfür zukunftsfähige Binnenschifffahrt raschumsetzen– Drucksache 15/5022 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
FinanzausschussAusschuss für Wirtschaft und ArbeitAusschuss für Gesundheit und Soziale SicherungAusschuss für Bildung, Forschung undTechnikfolgenabschätzungHaushaltsausschussk) Beratung des Antrags der Abgeordneten KlausHofbauer, Maria Eichhorn, Eduard Oswald, wei-terer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSUEuropäische Metropolen München und Pragauf dem Schienenweg attraktiv verbinden– Drucksache 15/5107 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen UnionHaushaltsausschussl) Beratung des Antrags der Abgeordneten HorstFriedrich , Joachim Günther (Plauen),Eberhard Otto , weiterer Abgeordneterund der Fraktion der FDPKeine Rezentralisierung der DeutschenBahn – Kurs der Bahnreform beibehalten– Drucksache 15/5124 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für TourismusHaushaltsausschussZP 6 Beratung des Antrags der Abgeordneten BirgitHomburger, Angelika Brunkhorst, MichaelKauch, weiterer Abgeordneter und der Fraktionder FDPVdüghvÜZsvssblEtuSmem
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– Drucksache 15/5576 –
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Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmeraa) Beschlussempfehlung und Bericht des Fi-nanzausschusses
– Drucksache 15/5684 –Berichterstattung:Abgeordnete Stephan HilsbergManfred Kolbe
– Drucksache 15/5725 –Berichterstattung:Abgeordnete Steffen KampeterWalter SchölerAnja HajdukOtto FrickeDer Finanzausschuss empfiehlt auf Drucksache 15/5684,den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, diedem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzei-chen. – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – DerGesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung einstimmigangenommen.Dritte Beratungund Schlussabstimmung. Bitte erheben Sie sich, wennSie dem Gesetzentwurf zustimmen wollen. – Stimmt je-mand dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Der Gesetz-entwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.Tagesordnungspunkt 30 l:Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrateingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än-derung des Reichsvermögen-Gesetzes– Drucksache 15/2135 –
Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts-ausschusses
– Drucksache 15/5537 –Berichterstattung:Abgeordnete Jochen-Konrad FrommeBernhard Brinkmann
Anja HajdukOtto FrickeDer Haushaltsausschuss empfiehlt auf Drucksache15/5537, den Gesetzentwurf abzulehnen. Ich bitte dieje-nigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, umdas Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? –Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit denStimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und CDU/CSU abgelehnt worden, während die FDP ihm zuge-stimmt hat.1) Damit entfällt nach unserer Geschäftsord-nung die weitere Beratung.ssbsceSStuSgdi1) Anlage 5
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, weiterer Abgeordneter und der
Engelbert Wistuba, Horst Kubatschka, AnnetteFaße, weiterer Abgeordneter und der Fraktion derSPD sowie der Abgeordneten Undine Kurthcsgvm1eBBkgvkF
, Ursula Sowa, Volker Beck (Köln),
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Weisskirchen , Gernot Erler, KerstinGriese, weiterer Abgeordneter und der Fraktionder SPD sowie der Abgeordneten Dr. LudgerVolmer, Claudia Roth , MarianneTritz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion desBÜNDNISSES 90/DIE GRÜNENDer Nahe und Mittlere Osten als Nachbar undPartner der EU– Drucksachen 15/3206, 15/5697 –Berichterstattung:Abgeordnete Gert Weisskirchen
Joachim HörsterMarianne TritzDr. Rainer StinnerDer Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Druck-sache 15/3206 anzunehmen. Wer stimmt für diese Be-schlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? –Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen vonSPD, Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen vonCDU/CSU und FDP angenommen. Es gab keine Enthal-tungen.Wir kommen zu den Beschlussempfehlungen des Pe-titionsausschusses.Tagesordnungspunkt 30 x:– Beratung der Beschlussempfehlung des Peti-tionsausschusses
Sammelübersicht 211 zu Petitionen– Drucksache 15/5594 –– Beratung der Beschlussempfehlung des Peti-tionsausschusses
Sammelübersicht 212 zu Petitionen– Drucksache 15/5595 –– Beratung der Beschlussempfehlung des Peti-tionsausschusses
Sammelübersicht 213 zu Petitionen– Drucksache 15/5596 –– Beratung der Beschlussempfehlung des Peti-tionsausschusses
Sammelübersicht 214 zu Petitionen– Drucksache 15/5597 –– Beratung der Beschlussempfehlung des Peti-tionsausschusses
Sammelübersicht 215 zu Petitionen– Drucksache 15/5598 –sSsAmsSBCsSBmsSBdgvmgmE
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17118 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005
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der CDU/CSULangfristiges Gesamtkonzept zur Reduzie-rung der Schadstoffbelastung in der Luft not-wendig– Drucksachen 15/5330, 15/5721 –Berichterstattung:Abgeordnete Astrid KlugDr. Maria FlachsbarthWinfried HermannBirgit HomburgerDer Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache15/5330 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschluss-empfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – DieBeschlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD undBündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der CDU/CSU angenommen. Die FDP hat sich enthalten.stsAsBgvmd1wzfglGgn
– zu dem Antrag der Abgeordneten AnnetteFaße, Renate Gradistanac, Bettina Hagedorn,weiterer Abgeordneter und der Fraktion derSPD sowie der Abgeordneten Undine Kurth
, Werner Schulz (Berlin), Volker
Beck , weiterer Abgeordneter und derFraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNENÖffnungszeiten der Außengastronomie wäh-rend der Fußballweltmeisterschaft 2006 fle-xibel handhaben– zu dem Antrag der Abgeordneten JürgenKlimke, Klaus Brähmig, Ernst Hinsken, weite-rer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSUDeutschland für die Fußballweltmeister-schaft 2006 fit machen – Längere Öffnungs-zeiten der Außengastronomie ermöglichen– zu dem Antrag der Abgeordneten ErnstBurgbacher, Gudrun Kopp, Detlef Parr, weite-rer Abgeordneter und der Fraktion der FDPSperrzeiten für Außengastronomie zur Fuß-ballweltmeisterschaft 2006 verbraucher-freundlicher gestalten – Freigabe der Laden-öffnungszeiten ermöglichen– Drucksachen 15/5585, 15/5452, 15/5581,15/5716 –Berichterstattung:Abgeordnete Brunhilde IrberJürgen KlimkeErnst BurgbacherDer Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Be-chlussempfehlung die Annahme des Antrags der Frak-ionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen auf Druck-ache 15/5585 mit dem Titel „Öffnungszeiten derußengastronomie während der Fußballweltmeister-chaft 2006 flexibel handhaben“. Wer stimmt für dieseeschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltun-en? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmenon SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stim-en von CDU/CSU und FDP angenommen.Unter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss die Ablehnunges Antrags der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache5/5452 mit dem Titel „Deutschland für die Fußball-eltmeisterschaft 2006 fit machen – Längere Öffnungs-eiten der Außengastronomie ermöglichen“. Wer stimmtür diese Beschlussempfehlung des Ausschusses? – Ge-enstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfeh-ung ist mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Dierünen gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP an-enommen.Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Nr. 3 sei-er Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags
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Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmerder Fraktion der FDP auf Drucksache 15/5581 mit demTitel „Sperrzeiten für Außengastronomie zur Fußball-weltmeisterschaft 2006 verbraucherfreundlicher gestal-ten – Freigabe der Ladenöffnungszeiten ermöglichen“.Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Werstimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussemp-fehlung ist mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der FDP angenommen,während sich die CDU/CSU enthalten hat.Zusatzpunkt 7 g:Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für wirtschaftliche Zu-sammenarbeit und Entwicklung
zu dem Antrag der Abgeordneten DagmarSchmidt , Karin Kortmann, SabineBätzing, weiterer Abgeordneter und der Fraktionder SPD sowie der Abgeordneten Thilo Hoppe,Volker Beck , Irmingard Schewe-Gerigk,weiterer Abgeordneter und der Fraktion desBÜNDNISSES 90/DIE GRÜNENGeschlechtergerechtigkeit bleibt zentrale Vor-aussetzung für Entwicklung – Zehn Jahrenach der UN-Weltfrauenkonferenz in Peking– Drucksachen 15/5031, 15/5643 –Berichterstattung:Abgeordnete Dagmar Schmidt
Dr. Conny Mayer
Thilo HoppeMarkus LöningDer Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache15/5031 anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschluss-empfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPDund Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen derCDU/CSU bei Enthaltung der FDP angenommen.Zusatzpunkt 7 h:Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für wirtschaftliche Zu-sammenarbeit und Entwicklung
zu dem Antrag der Abgeordneten DagmarSchmidt , Karin Kortmann, LotharBinding , weiterer Abgeordneter undder Fraktion der SPD sowie der AbgeordnetenThilo Hoppe, Volker Beck , Katrin Göring-Eckardt, Krista Sager und der Fraktion desBÜNDNISSES 90/DIE GRÜNENEntwicklungspartnerschaften mit der Wirt-schaft weiterentwickeln – gemeinsam Armutbekämpfen– Drucksachen 15/3327, 15/5638 –Berichterstattung:Abgeordnete Dagmar Schmidt
Dr. Christian RuckThilo HoppeMarkus Löning1eDuCGefgnnnHDSDaesmsAM1)
Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts– Drucksachen 15/3917, 15/4068, 15/5268,15/5429, 15/5736 –Berichterstattung:Abgeordneter Ludwig StieglerGibt es hierzu Erklärungen? – Das ist der Fall. Dannehmen wir eine Erklärung nach § 30 der Geschäftsord-ung des Abgeordneten Stiegler und eine Erklärungach § 31 der Geschäftsordnung der Kollegin Uliöfken zu Protokoll.1) Sind Sie damit einverstanden? –as ist der Fall.Der Vermittlungsausschuss hat gemäß § 10 Abs. 3atz 1 seiner Geschäftsordnung beschlossen, dass imeutschen Bundestag über die Änderungen gemeinsambzustimmen ist. Wir stimmen also über die Beschluss-mpfehlung des Vermittlungsausschusses auf Druck-ache 15/5736 ab. Wer stimmt dafür? – Stimmt je-and dagegen oder gibt es Enthaltungen? – Die Be-chlussempfehlung ist einstimmig angenommen.Na bitte, es ging doch. Wir sind damit am Ende derbstimmungen.
an kann von einem sehr fleißigen Parlament sprechen.Ich rufe die Tagesordnungspunkte 12 a und 12 b auf:a) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPDund des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einge-brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Beschleu-nigung der Umsetzung von öffentlich-privaten Anlagen 3 und 4
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Vizepräsidentin Dr. Antje VollmerPartnerschaften und zur Verbesserung gesetz-licher Rahmenbedingungen für öffentlich-pri-vate Partnerschaften– Drucksache 15/5668 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
InnenausschussRechtsausschussFinanzausschussAusschuss für Verkehr, Bau- und WohnungswesenHaushaltsausschuss gem. § 96 GOb) Beratung des Antrags der AbgeordnetenDr. Klaus W. Lippold , HartmutSchauerte, Christian Freiherr von Stetten, weite-rer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSUWachstumsstrategie für Deutschland: PublicPrivate Partnership weiterentwickeln undnunmehr realisieren – Infrastruktur optimie-ren, Investitionsstau auflösen– Drucksache 15/5676 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
InnenausschussRechtsausschussFinanzausschussAusschuss für Wirtschaft und ArbeitAusschuss für Verbraucherschutz, Ernährung undLandwirtschaftVerteidigungsausschussAusschuss für Bildung, Forschung undTechnikfolgenabschätzungAusschuss für Kultur und MedienHaushaltsausschussNach interfraktioneller Vereinbarung ist für die Aus-sprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich hörekeinen Widerspruch. Dann ist auch so beschlossen.Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächstder Abgeordnete Michael Bürsch.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-gen! Wir arbeiten in schwierigen Zeiten; womöglichkommen Neuwahlen auf uns zu. Es gibt aber mitunterMöglichkeiten der Gemeinsamkeit. Das Thema, über daswir jetzt sprechen, bietet aus meiner Sicht eine Möglich-keit, dass wir, sachlich-fachlich betrachtet, zusammen-kommen und etwas verabschieden, was die öffentlich-privaten Partnerschaften in Deutschland voranbringt.Auf einer Veranstaltung vor einer Woche hat es einRedner aus meiner Sicht auf einen guten Nenner ge-bracht, was die öffentlich-privaten Partnerschaften inDeutschland brauchen. Sie müssen entmystifiziert wer-den und sie müssen dazu beitragen, dass entbürokrati-siert wird. Beide Stichworte unterstütze ich ausdrück-lich.Ich möchte bei der Einbringung unseres Gesetzent-wurfes grundsätzlich ein paar Dinge in Erinnerung ru-fen, die manchmal immer noch missverstanden werdenoder nicht überall bekannt sind, also die Grundfrage, wo-rüber wir reden und was öffentlich-private Partnerschaf-ten eigentlich sind. Sie stellen keine Privatisierung dar.SblSeshatdmsPSjeulIlsdhausvPöbdudw–Aw1ealsAdsuwtSlshp
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In § 7 der Bundeshaushaltsordnung – das sage ich nur zurBeruhigung aller Haushälter und Haushaltspolitiker –wollen wir nur folgende Betrachtung aufnehmen: WennWirtschaftlichkeitsuntersuchungen vorgenommen wer-den, dann bitte schön mit Blick darauf, dass es um eineRisikoverteilung zwischen der öffentlichen und der pri-vaten Seite geht, was bei einer Aufgabe, die nur von deröffentlichen Hand wahrgenommen wird, nicht erforder-lich ist.Zur Verbesserung der Rahmenbedingungen öffent-lich-privater Partnerschaften haben wir eine Reihe vonVorschlägen gemacht, die in dem Gesetzentwurf, denwir heute vorlegen, enthalten sind. Dabei haben wir fünfThemenbereiche bearbeitet: Es handelt sich um Vor-schläge zum Gebührenrecht, zum Vergaberecht, zum In-vestmentgesetz, zum Steuerrecht und schließlich zumHaushaltsrecht. Ein Beispiel aus der Bundeshaushalts-ordnung habe ich soeben erwähnt.An dieser Stelle möchte ich in grundsätzlicher Formdarstellen: Wir haben uns, um öffentlich-private Partner-schaften in Deutschland zu fördern, für sie zu werbenund Vertrauen für diesen Ansatz zu schaffen, eine Um-setzungsstrategie überlegt, die auf drei Säulen basiert:Die erste Säule habe ich Ihnen beschrieben. Sie um-fasst die Verbesserung der Rahmenbedingungen. Hierund heute legen wir Vorschläge vor, wie an verschiede-nen Stellen, im Gebührenrecht und in anderen Rechtsbe-reichen, konkrete Verbesserungen vorgenommen werdenkönnen.Die zweite Säule unserer Umsetzungsstrategie ist dieSchaffung von Kompetenz. Diese habe ich auch imUnionsantrag gesehen. Es geht also darum, die gleichenVoraussetzungen zu schaffen, die wir auch in anderenLändern erleben. Wenn wir die öffentlich-privaten Part-nerschaften propagieren wollen, müssen wir auch dafürsorgen, dass viele Menschen besser wissen, wie man da-mit umgeht, was man dabei berücksichtigen muss.
Wir müssen dafür die entsprechende Kompetenzschaffen. Das ist in Ihrem Antrag genauso wie in unse-rem Gesetzentwurf enthalten. Das betrifft die kommu-nale Ebene, das betrifft die Länderebene – da gibt esaescansnlgdIddgsvdtSaunawnhmsstDsgprswpIMbzdtzkwT
ch meine konkret den Bundesrechnungshof. Ich habeie entsprechende Stelle in London besucht. Man warort vor zehn Jahren, als die Bewegung in England los-ing, gegenüber diesem Ansatz auch eher kritisch. Ichehe bei dem, was der Bundesrechnungshof bei uns dazueröffentlicht, eine eher kritische Haltung. Ich bin gernazu bereit und fordere auch Sie auf: Lassen Sie uns ver-rauensbildend mit dem Bundesrechnungshof reden, umkepsis oder manche Missverständnisse an dieser Stelleuszuräumen.Unsere zweite Säule heißt also Kompetenz schaffennd dann auch verzahnen. Das meine ich allerdings nichtur auf unsere nationale Ebene, sondern durchaus auchuf die internationale Ebene bezogen. Denn Sie wissenie ich: Es gibt inzwischen schon eine Reihe von inter-ationalen Projekten, die über die Grenzen Deutschlandsinaus ausgeschrieben und vergeben werden; auch daüssen wir zusammen mit der europäischen Ebene ent-prechende Kompetenz schaffen und für den Austauschorgen.Die dritte Säule in unserer Umsetzungsstrategie lau-et: verbesserte Eigenmittelausstattung. Es ist ineutschland bei dem Thema öffentlich-private Partner-chaften noch immer festzustellen, dass wir zu wenig Ei-enmittel, zu wenig Eigenkapitalausstattung haben. Wirlädieren insofern dafür, auch die öffentlichen Finanzie-ungsinstitute hier mit hineinzubringen, also zum Bei-piel bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau dafür zuerben, sich diesem Marktsegment zu öffnen, und wirlädieren dafür, dass sich eine Bank wie die Europäischenvestitionsbank dazugesellt, um auch an der Stelle dieöglichkeiten zu verbessern, Kapital, das wir dringendrauchen, um öffentlich-private Partnerschaften voran-ubringen, zu gewinnen.Ich freue mich, dass wir heute die Möglichkeit haben,ieses Thema gemeinsam voranzubringen. Bei dem gu-en Willen, den ich sehe, werden wir in zwei Wochen inweiter und dritter Lesung auch zu einer Verabschiedungommen. Viele in der Wirtschaft und in den Kommunenürden das sehr begrüßen. Also: Lassen Sie uns dieseshema gemeinsam verabschieden.Danke schön.
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Das Wort hat der Kollege Dr. Klaus Lippold, CDU/
CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-gen! Herr Bürsch, einige Anmerkungen müssen erlaubtsein.
Ich meine, es muss in aller Deutlichkeit gesagt werden:Unter der Koalition, die Sie mit vertreten, haben sich dieInvestitionsbedingungen, die Wachstumsbedingungenund die Beschäftigungsbedingungen in der Bundesrepu-blik Deutschland dramatisch verschlechtert.
Sie haben die Mittel für die Investitionen gekürzt: Niehatten wir eine so niedrige Investitionsquote wie jetzt.Das hat sich natürlich negativ auf Wachstum und Be-schäftigung ausgewirkt; das muss man sauber analysie-ren.Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich meine,dass die Frage, wie wir jetzt vorangehen, deshalb auchunter dem Aspekt gesehen werden muss, dass die Priva-tisierung nach wie vor ein Weg bleibt.
– Wir müssen Privatisierung vor ÖPP, vor öffentlich-pri-vater Partnerschaft, realisieren können. Gleichzeitigmüssen wir aber auch sehen, Herr Kollege Friedrich,dass Privatisierung nicht überall möglich ist.
Weil sie nicht überall möglich ist, müssen wir neueWege finden. Ich glaube, Herr Kollege Bürsch, wir sinduns einig, dass mit öffentlich-privater Partnerschaft einsolches Instrument gegeben ist. Wir haben es bislangnicht eingesetzt. Wir haben sehr lange darüber diskutiert.Sie haben es sehr lange angekündigt und es hat sehrlange gedauert, bis Sie jetzt endlich zur Umsetzungschreiten.
– Darüber könnte man sehr lange diskutieren, HerrBürsch.Herr Kollege Bürsch, wir sind nicht dafür, bei demGanzen jetzt polemisch zu agieren, vielmehr bin ich derfesten Überzeugung, dass wir gemeinschaftlich daran ar-bPdRvtdegdEdDNdEcdhIndSmunäintmeIVWnßvaadsds
Herr Bürsch, wenn ich mir anschaue, wie in unseremigenen Beritt PPP-Projekte auch kommunal angegan-en werden, dann wird mir klar, dass es sehr wichtig ist,ass wir dabei Mittelstandsziffern vereinbaren, dass dieinbeziehung des Mittelstands vorgesehen wird undass das Ganze nicht am lokalen Mittelstand vorbeiläuft.as ist für uns zentral und unabdingbar.
ach Ihrem Zwischenruf glaube ich aber, dass wir unsarauf dann auch verständigen können.
Zweiter Punkt. Ich glaube, wir müssen sehr schnellrfahrungen sammeln, systematisieren und in Handrei-hungen, insbesondere für die Kommunen, umsetzen,amit die Unsicherheiten in den Kommunen weitestge-end beseitigt werden können.
ch glaube nicht, dass wir das vollständig schaffen kön-en und dass standardisierte Verträge Hilfsmittel sind,ie einfach so angewandt werden können, weil jedeituation verschieden ist und einzeln erarbeitet werdenuss. Wichtig ist aber, dass wir Handreichungen habennd dass sich unsere Kommunalpolitiker schnell dort hi-einfinden und die Chancen und Risiken bei einer ad-quaten Risikoverteilung abschätzen können; da gebech Ihnen ganz ausdrücklich Recht. Darüber werden wirachdenken müssen.Ich glaube, dass wir dabei eine ganze Reihe von Posi-ionen mit berücksichtigen sollten. Wir brauchen Rah-enbedingungen, die deutlich machen, dass Controllingin unverzichtbarer Bestandteil ist. Wir müssen in dennfrastrukturbereichen – insbesondere im Bereich dererkehrsinfrastruktur – neue Möglichkeiten eröffnen.ir brauchen eine unabhängige Verkehrsinfrastrukturfi-anzierungsgesellschaft, in die wir stetig Mittel einflie-en lassen, über die dann im Rahmen ständiger, investi-er Arbeit verfügt werden kann. Ich glaube, dass dasbsolut notwendig ist.Ich glaube auch, dass wir hier zusätzliche Aspekte er-rbeiten müssen, um zu sehen, wie wir in den Bereichen,ie Sie angesprochen haben, aufklären und Vertrauenchaffen können. Dabei müssen wir auch die Rahmenbe-ingungen, die unsere Haushälter setzen, mit berück-ichtigen. Gleichzeitig dürfen wir die Dinge aber nicht
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Dr. Klaus W. Lippold
überall so lassen, wie sie sind. Nein, hier brauchen wirÄnderungen.Ich bitte Sie deshalb noch einmal, unseren Antragsehr sorgfältig danach durchzusehen, wo und wie wir zu-sammenkommen können. Wenn Sie Ihre Bereitschaft er-kennen lassen, auf die Positionen einzugehen, die wir imAntrag vorgeschlagen haben – das berührt zum Teil denGesetzentwurf, zum Teil aber auch Formulierungen, dieergänzend zum Gesetzentwurf gestaltet werden können –,dann sichern wir Ihnen zu, dass wir dieses konstruktivprüfen, ähnlich wie wir auch im Bereich des Energie-wirtschaftsgesetzes deutlich gemacht haben, dass wireine konstruktive Opposition sind und dass wir überalldort, wo es um Beschäftigung und Wachstum geht, ver-suchen, mit Ihnen so weit zusammenzuarbeiten, dass dieDinge weiterlaufen können. Ich glaube, dass wir dann zueinem Ergebnis kommen und dass dieses Ergebnis nichtnur im Interesse vieler Firmen, sondern auch im Inte-resse der Beschäftigten liegen wird, die hinter diesenFirmen stehen.Ich habe neulich an Tagungen von baugewerblichenUnternehmen teilgenommen. Denen steht das Wasser biszum Hals. Wenn wir diese Wege jetzt nicht bereiten undneu öffnen, dann, so glaube ich, werden wir eine Füllevon Unternehmenspleiten zusätzlich zu den von Ihnenjetzt erreichten Rekorden erleben. Diese Pleiten müssenwir verhindern. In diesem Sinne kann das Ganze ein In-strument sein.Ich hoffe auf eine gute und konstruktive Zusammen-arbeit in den anstehenden Beratungen und darauf, dasswir zu einem Ergebnis kommen, das den arbeitslosenBürgern weiterhilft und ihnen wirklich etwas an dieHand gibt.Herzlichen Dank.
Das Wort hat die Kollegin Jutta Krüger-Jacob, Bünd-nis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!ÖPP haben sich weltweit, insbesondere im Hochbau undInfrastrukturbereich, etabliert. Die internationalen Erfah-rungen zeigen, dass ÖPP ein neuer und oft kostengünsti-gerer Weg sein können, um öffentliche Güter und Leis-tungen bereitzustellen. ÖPP stehen auch für einenmodernen Staat, den wir alle anstreben, der bestimmteTeilbereiche seiner öffentlichen Leistungen quasioutsourcet.Ein Vorteil besteht darin, dass durch die EinbindungPrivater, insbesondere auch solcher vor Ort, eine markt-nähere Bewertung von Leistungen und damit eine er-höhte Markttransparenz und Kostenreduktion erreichtwerden kann. Mit ÖPP geht der Trend dahin, dass dieNutzer öffentlicher Güter Gebühren für die Inanspruch-nDSFzsfdaEgMviacdtAfdwfDshdw–msVrtssVwtsdhmSgflHcGÖB
a aber – so ehrlich müssen wir sein und sind es offen-ichtlich auch – ÖPP kein Allheilmittel sind, werdenohe Anforderungen an die Entscheidungsträger inen Kommunen und Ländern gestellt. Zu einer verant-ortungsvollen Politik gehört aber auch, zu erkennenhier sind wir uns, so habe ich die Ausführungen zu-indest verstanden, einig –, dass ÖPP nicht uneinge-chränkt angewendet werden können. Bei Schulen underwaltungsgebäuden sind zwar die Erstellung, Sanie-ung und der gebäudetechnische Betrieb an Private über-ragbar, aber eben nicht das Betreiben selbst.Klar ist, dass vor der Entscheidung für ÖPP projekt-pezifisch ein Kostenvergleich stattfinden muss, insbe-ondere im Hinblick auf die langfristigen finanziellenerpflichtungen. Wir versprechen uns von einem verant-ortungsvollen und verstärkten Einsatz von ÖPP vielfäl-ige Vorteile: Die Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitikerehen Investitionen, Arbeitsplätze und höhere Effizienz,ie Haushälter Entlastungen für die öffentlichen Haus-alte, die Verkehrspolitiker die zusätzlichen Investitions-öglichkeiten für Straßen, die Bildungspolitiker fürchulen, die Umweltpolitiker für den Bereich der Ener-ieeffizienz.ÖPP sind unstreitig eine innovative Finanzierungs-orm für die staatlichen Gebietskörperschaften. Der vor-iegende Gesetzentwurf bietet einen gelungenen Ansatz,emmnisse für ÖPP im Sinne einer effizienten öffentli-hen Leistungserstellung aus dem Weg zu räumen. Wirrüne wollen einen verantwortungsvollen Einsatz vonPP. Es muss klar sein, dass diese nur unter bestimmtenedingungen ihre volle Wirkkraft entfalten können.
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Jutta Krüger-JacobEin ganz wichtiger Prüfstein ist dabei der Refinanzie-rungsbereich. Solange sich für ÖPP-Projekte kein Marktgebildet hat, solange keine standardisierten Bewertungs-kriterien entwickelt wurden, so lange macht es aus unse-rer Sicht keinen Sinn, die Refinanzierung über Vehikelzu organisieren, die auf genau solche Merkmale einesetablierten Marktes angewiesen sind. Aus Gründen desAnlegerschutzes dürfen Finanzierungsrisiken auf keinenFall einseitig auf Kleinanleger übertragen werden.Transparente und auf Solidarität bedachte Regeln im Be-reich der Refinanzierung liegen gleichzeitig auch im In-teresse der Projektbetreiber von ÖPP.Außerdem gilt es auch darauf zu achten, dass im Be-reich des Gebühren- und Vergaberechts nicht Rege-lungen implementiert werden, die nicht zu optimalenErgebnissen führen können, beispielsweise weil die Re-gelungen unnötig kompliziert ausgestaltet werden. Wirsollten unbedingt verhindern, dass dadurch Kostenrisi-ken auf die Nutzer von ÖPP-Projekten abgewälzt wer-den können. Wir werden uns in den noch ausstehendenBeratungen dafür einsetzen, dass diese Punkte klar imGesetz geregelt werden. Wir begrüßen – das möchte ichan dieser Stelle betonen – ausdrücklich den verantwor-tungsvollen, an Effizienz ausgerichteten Einsatz vonÖPP, da unserer Meinung nach diese in Zeiten begrenz-ter Haushaltsmittel die Chance bieten, sinnvolle Investi-tionen anzustoßen, Infrastrukturen und öffentliche Leis-tungen zu modernisieren und gleichzeitig – das solltenwir alle anstreben – dauerhaft Arbeitsplätze in Deutsch-land zu schaffen.Danke schön.
Das Wort hat der Kollege Horst Friedrich, FDP-Frak-
tion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Herr Kollege Bürsch hat erklärt, dass der vorgelegte Ge-setzentwurf ein wesentlicher Schritt nach vorne sei. Erhat aufgezeigt, welche Möglichkeiten das ÖPP-Gesetzeröffnet. Daran muss man dann auch die Messlatte fürdie Details dieses Gesetzentwurfs anlegen. Man musshinterfragen, ob er tatsächlich die Problemstarre und dasInvestitionshemmnis, die Sie erwähnt haben, beseitigt.Geht man ins Detail, dann wird man sehen, dass derEntwurf des ÖPP-Gesetzes alles andere als ein großerWurf ist. Man kann in der Summe sagen: Er macht zu-mindest nichts kaputt und deswegen werden wir ihmauch zustimmen; denn einige wichtige Schritte sind da-mit in die richtige Richtung gemacht worden. Das Ge-setz wird aber erkennbar nicht den großen Run der priva-ten Investoren auslösen und nicht den Durchbruchbringen.
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– Es stimmt, er war die ganze Zeit da. Das war kein Vor-wurf, Herr Hinsken. Im Gegenteil: Ich freue mich, dassSie Kooperationsbereitschaft signalisiert haben. Ichwollte ihm gerade entgegenkommen; das war es schon.Wir sind durchaus kooperations- und beratungsbereit,wenn es darum geht, das Ganze gegebenenfalls durchkleine Änderungen mittelstandsfreundlicher zu machen,gar keine Frage. Wir sind der Meinung, dass durch denVerzicht auf gesetzliche Eigenleistungsquoten im Verga-berecht der Kreis der potenziellen Bieter erweitert wird.Wir wollen ganz bewusst die Projektfinanzierung durchinstitutionelle Kapitalgeber erleichtern. Wir versprechenuns davon, dass solche Projekte dann auch für kleine undmittlere Unternehmen interessanter sind.eimndtOmMrkfmdeRrsrndeSHDPgtzbbgtktinzRn
Nächster Redner ist der Kollege Christian von
tetten, CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen underren! Unser stellvertretender Fraktionsvorsitzenderr. Lippold hat den Antrag der CDU/CSU zum ThemaPP vorgestellt und Sie, Herr Dr. Bürsch, haben den rot-rünen Gesetzentwurf zum Thema ÖPP in den Bundes-ag eingebracht. Das sind zwei unterschiedliche Abkür-ungen, die aber die gleichen Finanzierungs- und Betrei-ermodelle beschreiben.Ich denke, es lohnt sich wirklich – die Vorredner ha-en auch schon darauf aufmerksam gemacht –, dass wiremeinsam beide Initiativen auf Gemeinsamkeiten un-ersuchen und vielleicht doch zu einer zügigen Beratungommen. Ich glaube, wir alle wollen Zeit- und Bürokra-iekosten, welche der Realisierung von PPP-Modellenm Wege stehen, ja möglichst umfassend alle Hemm-isse, auch die, die im Steuerrecht noch auf uns warten,ügig gemeinsam beseitigen.
Auch der Gesetzentwurf von Rot-Grün geht in dieseichtung. Er wird von uns genauestens geprüft; dennicht nur der Staat braucht PPP-Modelle, sondern auch
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Christian Freiherr von Stettenim Interesse unserer Wirtschaft müssen wir dringendeine PPP-Offensive in Gang setzen.In dieser Woche hören wir wieder die Horrorzahlenvon monatlich 3 000 Unternehmensinsolvenzen und vonwegbrechenden Steuereinnahmen. Unser Wirtschafts-wachstum ist von prognostizierten 1,6 Prozent auf0,8 Prozent weggebrochen, beträgt also nur noch dieHälfte von dem, was wir und vor allem unsere Unterneh-men brauchen.Auch wenn wir uns im Ziel einig sind, gestatten Siemir eine Zwischenbemerkung. Wenn im Wahlkampfjetzt langsam wieder der Klassenkampf gepredigt wird,wenn angebliche Milliardengewinne der deutschen Wirt-schaft umverteilt werden sollen, dann ist das eben nurdie halbe Wahrheit. Natürlich haben wir Betriebe, dieMilliardengewinne machen. Gott sei Dank, haben wir sienoch. Aber das sind die Betriebe, die im Ausland inves-tieren, übrigens gerade in PPP-Modelle im Ausland. Dassind die Betriebe, die weltweit aktiv sind. Ich sage im-mer: Das sind die Betriebe, die sich ihre Regierungenaussuchen können, die dort hingehen, wo Regierungendie Rahmenbedingungen schaffen, damit sich Investitio-nen noch lohnen.Wir wollen aber, dass die Firmen hier bleiben. Wirwollen, dass sie hier investieren. Wir wollen, dass dieArbeitsplätze hier geschaffen werden. Deshalb ist dievon Ihnen und uns gemeinsam verfolgte Initiative sowichtig. Wir müssen die Rahmenbedingungen inDeutschland verbessern.
Es wurde auch schon angesprochen, dass PPP keinAllheilmittel ist. Damit sind nicht alle wirtschaftlichenund fiskalischen Probleme lösbar. Ich freue mich aber,dass sich in allen Fraktionen die Erkenntnis durchgesetzthat, dass der Staat nicht alles selber machen muss. Wirhaben im Gegenteil gelernt: Die Privaten können es inder Regel besser und billiger. Deswegen muss unserLand freier werden. Wir brauchen Vorrang für privat-wirtschaftliches Handeln und da, wo bürokratische,vergaberechtliche und steuerrechtliche Vorschriften eineKooperation zwischen der öffentlichen Hand und einemprivaten Investor oder, was mir noch viel wichtiger ist,zwischen der öffentlichen Hand und einem privaten Be-treiber behindern, müssen wir als Gesetzgeber tätig wer-den und die Rahmenbedingungen schnellstens verän-dern.Wenn Sie und wir in den nächsten Tagen nach ge-meinsamer Prüfung zu einem gemeinsamen Ergebniskommen, wenn wir den Mittelstand – das ist uns beson-ders wichtig – mit ins Boot nehmen können, sodass auchder Mittelstand von diesen Maßnahmen profitieren kann,dann sollten wir unserem Land zuliebe den Gesetzent-wurf eventuell ergänzen und ihn gemeinsam verabschie-den, auch wenn aufgrund der angekündigten Vertrauens-frage die Zeit wirklich knapp ist. Vielleicht gelingt esuns in der nächsten Sitzungswoche, beim Thema PPPoder ÖPP die letzte gemeinsame Initiative vor dem Endeder rot-grünen Regierung zu verabschieden.Herzlichen Dank.HKvdDrIbHivlWfqldiEbAskGjsleSwcÖ
Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Ernst
insken, CDU/CSU-Fraktion.
Verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen undollegen! Der Grundsatz von CDU und CSU lautet: Soiel privat wie möglich und nur so viel Staat wie unbe-ingt erforderlich.
eshalb setzt die Union auf PPP.Wenn Helmut Schmidt genauso gedacht hat, hat erichtig gedacht.
ch nehme das gerne auf. Wichtig ist mir nur, dass Sieereit sind, mitzumachen und das zu beherzigen, waselmut Schmidt einmal gesagt hat. Das ist nämlich nichtmmer der Fall.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir brauchenerstärkt privates Kapital, weil die Kassen des Staateseer sind.
enn PPP richtig gemacht wird, werden erstens die öf-entlichen Haushalte entlastet, wird zweitens die Staats-uote zurückgeführt und drittens der Standort Deutsch-and verbessert, werden viertens kurz- und mittelfristigringend erforderliche Wachstums- und Beschäftigungs-mpulse geschaffen und fünftens mehrere Milliardenuro privates Kapital mobilisiert.Was sich in anderen Ländern bewährt hat, sollte auchei uns gemacht werden. Die Erfahrungen aus demusland zeigen, dass mit PPP Infrastrukturprojektechneller und kostengünstiger realisiert werden. Hierönnen wir lernen. Spitzenreiter in Europa bei PPP istroßbritannien. Dort gibt es bereits mehr als 600 Pro-ekte im Gesamtwert von knapp 58 Milliarden Euro; dasind rund 12 Prozent der Gesamtinvestitionen der öffent-ichen Hand dieses Landes. Die Effizienzgewinne sindnorm und im ganzen Land zu sehen: Straßen, Brücken,chulen, Büros und Krankenhäuser, aber auch Bereicheie der soziale Wohnungsbau, die Luftraumüberwa-hung und vieles mehr werden über PPP abgewickelt.Nicht verschweigen will ich, dass einige Länder wiesterreich, Spanien, Portugal und Griechenland in der
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Ernst HinskenStartphase Probleme hatten. Doch im Gegensatz zu un-serer Bundesregierung haben diese Regierungen denKopf nicht in den Sand gesteckt. Dort wurde weiterge-macht.
Leider hat unsere Bundesregierung jahrelang erforderli-ches Handeln verschleppt.
Außer der Auftragserteilung für ein Gutachten, dessenErgebnisse seit 2003 vorliegen, hat sie nichts getan. Jetztwird noch schnell ein ÖPP-Beschleunigungsgesetz ange-kündigt.Es ist doch schlimm, was Sie machen: Sie fahren denInvestitionsanteil des Bundeshaushaltes immer weiterzurück und puschen Alternativen nicht nach vorn. Vorallem bei der Verkehrsinfrastruktur und beim öffentli-chen Hochbau macht sich der finanzielle Engpass bereitsstandortschädigend bemerkbar; die Kollegen Friedrichund von Stetten haben bereits darauf verwiesen. Es istdeshalb dringend erforderlich, sämtliche Rahmenbedin-gungen für PPP-Projekte zu verbessern und Hemmnisseabzubauen.Wir wollen staatliches Handeln zunehmend auf dieKernaufgaben konzentrieren. Es sollen mehr Aufgabendurch private Unternehmen erledigt werden. Dadurchwerden dringend notwendige Arbeitplätze geschaffen;zudem wird die Infrastruktur verbessert. Unser Mottolautet: Mittelstand und PPP gehören zusammen. Dasind wir gar nicht so weit auseinander, KollegeFriedrich. Das hohe Innovationspotenzial des Mittelstan-des muss so weit wie möglich in PPP-Projekte integriertwerden.
– Das sieht auch der mittelstandspolitische Sprecher derCDU/CSU-Fraktion, Herr Schauerte, so; er klatscht hiersehr intensiv.
Unabhängig von einer Beteiligung auf der Nachunter-nehmerebene müssen mittelständische Unternehmen undHandwerksbetriebe als direkter Partner an solchen Pro-jekten beteiligt werden.
Hierfür sind die Rahmenbedingungen zu verbessern.Schließen wir uns doch zusammen! Bewältigen wirdiese Probleme gemeinsam!Für PPP gibt es ein breites Einsatzspektrum: Ver-kehrsinfrastruktur, öffentlicher Hochbau und viele an-dere Bereiche wie die Telekommunikation, die ich hierbesonders erwähnen möchte. Das ist doch interessant– ich möchte einen kurzen Blick auf das werfen, was wirin der Bundesrepublik Deutschland zu verzeichnen ha-ben –: In Deutschland wurden bei der Ausschreibungund Vergabe der ersten echten PPP-Schulprojekte in Of-fg1DrtsslzERSdgdfDddGDzkanfcgufmÜ
chnelles Handeln ist deshalb ein Gebot der Stunde. Sieürfen überzeugt sein, verehrte Kolleginnen und Kolle-en auf der linken Seite: Wir machen mit. Wir wollenas Notwendige nach vorn treiben, damit sich PPP ent-alten kann.Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Ich schließe die Aussprache.Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage aufrucksache 15/5668 – Tagesordnungspunkt 12 a – anie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse, anen Haushaltsausschuss jedoch nicht gemäß § 96 dereschäftsordnung, vorgeschlagen. Die Vorlage aufrucksache 15/5676 – Tagesordnungspunkt 12 b – sollur federführenden Beratung an den Ausschuss für Ver-ehr, Bau- und Wohnungswesen sowie zur Mitberatungn den Innenausschuss, den Rechtsausschuss, den Fi-anzausschuss, den Haushaltsausschuss, den Ausschussür Wirtschaft und Arbeit, den Ausschuss für Verbrau-herschutz, Ernährung und Landwirtschaft, den Verteidi-ungsausschuss, den Ausschuss für Bildung, Forschungnd Technikfolgenabschätzung sowie an den Ausschussür Kultur und Medien überwiesen werden. Sind Sie da-it einverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind dieberweisungen so beschlossen.Ich rufe die Tagesordnungspunkte 13 a bis 13 k auf:a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für Verbraucherschutz,Ernährung und Landwirtschaft
zu dem Antrag der Abgeordneten GerdaHasselfeldt, Peter H. Carstensen ,Marlene Mortler, weiterer Abgeordneter und derFraktion der CDU/CSULändliche Räume durch eine moderne und in-novative Landwirtschaft stärken und damitArbeitsplätze sichern– Drucksachen 15/5249, 15/5647 –Berichterstattung:Abgeordnete Waltraud Wolff
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Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne KastnerMarlene MortlerFriedrich OstendorffHans-Michael Goldmannb) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für Verbraucherschutz,Ernährung und Landwirtschaft
zu dem Antrag der Abgeordneten MarleneMortler, Peter H. Carstensen , GerdaHasselfeldt, weiterer Abgeordneter und der Frak-tion der CDU/CSUDas deutsche Biosiegel erfolgreich umsetzen– Drucksachen 15/4840, 15/5645 –Berichterstattung:Abgeordnete Gustav HerzogMarlene MortlerFriedrich OstendorffHans-Michael Goldmannc) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für Verbraucherschutz,Ernährung und Landwirtschaft
zu dem Antrag der Abgeordneten GittaConnemann, Marlene Mortler, Ursula Heinen,weiterer Abgeordneter und der Fraktion derCDU/CSUMehr Verbraucherschutz durch eindeutigereKennzeichnung und sendungsbezogene Rück-standsuntersuchungen von Geflügelfleischim-porten in die EU aus Drittländern– Drucksachen 15/5247, 15/5646 –Berichterstattung:Abgeordnete Manfred Helmut ZöllmerGitta ConnemannUlrike HöfkenHans-Michael Goldmannd) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutzund Reaktorsicherheit
– zu dem Antrag der Abgeordneten GittaConnemann, Dr. Peter Jahr, Peter H.Carstensen , weiterer Abgeordne-ter und der Fraktion der CDU/CSUProjekt des Umweltbundesamtes zur so ge-nannten unangekündigten Feldbeobach-tung endgültig stoppen– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. ChristelHappach-Kasan, Hans-Michael Goldmann,Dr. Volker Wissing, weiterer Abgeordneter undder Fraktion der FDPVerdeckte und unangekündigte Feldbeob-achtung durch Umweltbundesamt
stoppen– Drucksachen 15/4935, 15/5033, 15/5526 –Berichterstattung:Abgeordnete Gabriele Lösekrug-Möller
richts des Ausschusses für Verbraucherschutz,Ernährung und Landwirtschaft
zu dem Antrag der Abgeordneten Hans-MichaelGoldmann, Dr. Christel Happach-Kasan,Dr. Volker Wissing, weiterer Abgeordneter undder Fraktion der FDPAgrarischen Veredlungsstandort Deutschlandstärken – Bürokratie abbauen und Rahmenbe-dingungen verbessern– Drucksachen 15/3103, 15/4409 –Berichterstattung:Abgeordnte Dr. Wilhelm PriesmeierGitta ConnemannFriedrich OstendorffHans-Michael Goldmannf) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrateingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än-derung des Grundstückverkehrsgesetzes unddes Landpachtverkehrsgesetzes– Drucksache 15/4535 –
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-ses für Verbraucherschutz, Ernährung und Land-wirtschaft
– Drucksache 15/5613 –Berichterstattung:Abgeordnte Elvira Drobinski-WeißKurt SegnerFriedrich OstendorffHans-Michael Goldmanng) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrateingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zurÄnderung des Gesetzes über die Gemein-schaftsaufgabe „Verbesserung der Agrar-struktur und des Küstenschutzes“– Drucksache 15/4113 –
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-ses für Verbraucherschutz, Ernährung und Land-wirtschaft
– Drucksache 15/4544 –Berichterstattung:Abgeordnete Holger OrtelBernhard Schulte-DrüggelteFriedrich OstendorffHans-Michael Goldmannh) Beratung des Antrags der AbgeordnetenDr. Christel Happach-Kasan, Hans-Michael
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Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne KastnerGoldmann, Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeord-neter und der Fraktion der FDPEU-Nitratrichtlinie in nationales Recht umset-zen – Wettbewerbsnachteile für heimischeLandwirte durch Düngeverordnung verhin-dern– Drucksache 15/4432 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung undLandwirtschaft
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheiti) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-gierungAgrarpolitischer Bericht 2005 der Bundesre-gierung– Drucksache 15/4801 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung undLandwirtschaft
Ausschuss für Wirtschaft und ArbeitAusschuss für Gesundheit und Soziale SicherungAusschuss für Umwelt, Naturschutz und ReaktorsicherheitAusschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit undEntwicklungAusschuss für TourismusHaushaltsausschussj) Beratung der Großen Anfrage der AbgeordnetenDr. Christel Happach-Kasan, Hans-MichaelGoldmann, Angelika Brunkhorst, weiterer Abge-ordneter und der Fraktion der FDPWeichenstellungen der Bundesregierung imDüngemittelrecht zur Verwertung von Sekun-därrohstoffen in der Landwirtschaft und ihreFolgen für die Kreislaufwirtschaft– Drucksachen 15/1627, 15/2535 –k) Beratung der Großen Anfrage der AbgeordnetenHans-Michael Goldmann, Dr. Christel Happach-Kasan, Jürgen Türk, weiterer Abgeordneter undder Fraktion der FDPSituation der Landwirtschaft in den neuenBundesländern– Drucksachen 15/3624, 15/4384 –Zum Agrarpolitischen Bericht 2005 der Bundesregie-rung liegen ein Entschließungsantrag der Fraktion derSPD und des Bündnisses 90/Die Grünen sowie ein Ent-schließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU vor.Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für dieAussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ichhöre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Parla-mentarische Staatssekretär Dr. Gerald Thalheim.Dr
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen undHerren! Als ich 1990 Mitglied der SPD-Bundestagsfrak-tepVdwdkDUsdmhuszFwMtadkgLwMGFbgtdIffnmWsUfweDnK
Für Ostdeutschland war eine genauso revolutionäreorderung, wie ich es einmal formulieren will, die Groß-etriebe nicht zu zerschlagen, sondern mehr Chancen-leichheit für alle Betriebsformen und eine breite Eigen-umsverteilung zu erreichen. Zugegeben: Das waramals natürlich sehr ehrgeizig, sehr zukunftsweisend.ch habe mir nicht vorstellen können, dass in 15 Jahrenast alles umgesetzt sein würde.
Einer der herausragenden Erfolge war das Agrarre-ormgesetz des vergangenen Jahres. Was ist die Prämieach der Entkopplung anderes als die direkte Einkom-ensübertragung von damals?
as ist Cross Compliance anderes als die Bindung die-er Zahlungen an die Leistungen der Landwirtschaft immwelt- und Naturschutz?Ich hätte mir damals nicht vorstellen können, dass da-ür einmal rund 5 Milliarden Euro im Jahr ausgegebenürden. Ich hätte mir auch nicht vorstellen können, dassine solche Entscheidung getroffen wird und niemandanke sagt. Auch hätte ich mir das nicht vorstellen kön-en, was wir hier heute gemeinsam erlebt haben, Herrollege Goldmann: dass die CDU-Politiker in den Län-
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Parl. Staatssekretär Dr. Gerald Thalheimdern diese Summe für nicht ausreichend halten, zugleichaber die Fraktionsvorsitzende Frau Merkel hier zumin-dest den Anschein erweckt, diese Zahlungen seien derCDU/CSU nicht wichtig, und sie letztendlich zur Dispo-sition stellt.
Das ist an dieser Stelle, Herr Kollege Hinsken, ein Stückweit verlogene Politik. Es gäbe noch mehr Gründe, aufdiese Punkte hinzuweisen.Bei der Marktorientierung, Herr Kollege Hinsken,will ich fair sein: Die ersten Schritte zur Marktorientie-rung hat damals Ignaz Kiechle mit der McSherry-Re-form unternommen. Allerdings muss man hinzufügen,dass dies außerordentlich halbherzig und nicht konse-quent war. Wir haben das gemerkt, als es am Ende umdie Folgen der WTO-Beschlüsse ging. Man kann nichtauf der einen Seite Marktzugang und mehr Liberalisie-rung fordern, auf der anderen Seite aber die betroffenenLandwirte über die Folgen im Unklaren lassen. Die Fol-gen sind bis heute zu spüren, wenn wir an die Zucker-und die Milchmarktordnung denken. Manche Folgenwerden erst heute richtig wirksam. Auch wurde am Endeeine Mitwirkung verhindert. Dies haben wir nach Über-nahme der Regierung gemerkt, als wir die Präsident-schaft innehatten. Im Hinblick auf die Agenda 2000 gabes aufgrund der Verhinderung der Mitwirkung keinerleiVorbereitung.Karl-Heinz Funke hat dann in den Verhandlungenum die Agenda 2000 ein gutes Ergebnis erzielt.
– In den CDU-Ländern, Herr Hinsken, wurden damalsMahnfeuer abgebrannt. Die Leute, die damals dieseFeuer anzündeten, sagen einem heute unter vier Augen,es sei schon richtig gewesen, was wir damals entschie-den hätten. So haben wir etwa beim Rindfleisch ausge-wogene Marktverhältnisse mit entsprechend guten Prei-sen. Ich kann an dieser Stelle nur sagen, was ich invielen Bauernversammlungen ausgeführt habe: DassPlanwirtschaft im Kapitalismus besser als im Sozialis-mus funktioniert, ist eine Illusion. Darauf beruhte aberein Großteil der alten Agrarpolitik.
Der Anpassungsprozess steht uns insbesondere beider Milch noch bevor. Ich weiß natürlich ganz genau,wie schwierig die Situation der Milchbauern ist. Nursind auch hier die Konsequenzen der WTO-Beschlüssezu sehen. Man kann den Leuten nicht die Philosophieeinreden, über Mengenbegrenzungen ließen sich höherePreise erzielen, zugleich aber in der WTO den Marktzu-gang erweitern. Dies aber ist die Konsequenz der Uru-guay-Runde von 1995 gewesen. Wer damals regierte,hEighQZMDwegBarlADAmiec–rdSnMezIiui
Hinsichtlich der Milchquote müssen wir noch einmalemeinsam über die Vor- und Nachteile nachdenken. Ichabe in unserem Haus einmal ausrechnen lassen, was deruotentransfer seit 1984 gekostet hat.
wischen 8 und 10 Milliarden Euro mussten die aktivenilchbauern dafür ausgeben.
en Jungen dämmert, dass sie diese Gelder am Ende nieiederbekommen werden. Über diese Frage wird letzt-ndlich zu diskutieren sein. Ich bin versucht, hinzuzufü-en, dass wir uns in diesem Hause schon über geringereeträge als über 8 Milliarden Euro gestritten haben.
Meine Damen und Herren, für mich geht es heuteuch um ein Stück Bilanz der sieben Jahre Bundesregie-ung, der anzugehören ich die Ehre hatte. Bei dieser Bi-anz, Herr Hinsken, kommen wir wieder nicht an derusgangssituation, an der Erblast vorbei. Hier sind zweiinge zu nennen; das Erste ist BSE. Ich war noch imusschuss, als der damalige Gesundheitsminister BSEit Aids verglich und die Dramatik beschrieb, die unsns Haus stünde. Ich war auch dabei, als Jochen Borchertin Denkverbot im Hinblick auf diesen Punkt ausgespro-hen hat.
Nein, Herr Goldmann. – Die Folgen sind bekannt. Ge-ade die rot-grüne Bundesregierung hat sie im Interesseer Betriebe hervorragend gemeistert. Selbst Präsidentonnleitner konnte das im „Focus“-Interview nicht leug-en.
Als ich gestern via Bürofernseher die Rede von Frauortler verfolgte – leider ist sie heute nicht da –, war ichntsetzt über den Unsinn, der von ihr bezüglich BSE er-ählt wurde.
ch nenne in diesem Zusammenhang zwei Stichworte:Erstens: das Verbot der Fette. Ich kann mich noch er-nnern, als Frau Widmann-Mauz dafür kämpfte, Fettend anderes miteinzubeziehen. Ihre Unkenntnis werfech ihr nicht vor, aber der eine oder andere könnte sich
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Parl. Staatssekretär Dr. Gerald Thalheimeinmal am Ärmel zupfen und eingestehen, was die CDUalles vertreten hat.Zweitens: das Testalter von 24 Monaten.
Darüber lässt sich in der Tat streiten. Aber nach wie vor,Herr Goldmann, werden 10 Prozent der Rinder getestet,ehe sie 24 Monate alt sind. Das zu verhindern, wäre einegemeinsame Anstrengung wert gewesen. Auch das kos-tet die Bauern Geld. Am Ende ist daran auch der eineoder andere Freund aus der Wirtschaft mitbeteiligt.Die Liste ließe sich fortsetzen. Die schlimmste Erb-last, die wir 1998 von Ihnen übernommen haben, ist derriesige Schuldenberg. Wenn es überhaupt ein Versäum-nis gibt, das der Bundesregierung anzulasten ist, danndies, dass wir 1998 zu höflich waren, um auf dieses Pro-blem nicht nur ein halbes, sondern mehrere Jahre hinzu-weisen. Ich war Mitglied dieser Fraktion, als uns 1996noch die Schulden, die Helmut Schmidt gemacht hat,vorgeworfen wurden. Das alles lief nach dem Strickmus-ter: Bis 1982 gab es schlechte Schulden, dann wurdendie Schulden schon besser, von 1990 bis 1998 gab essehr gute Schulden und dann gab es wieder schlechteSchulden. Das Problem ist nur, alle Schulden, die gutenwie die schlechten, waren zu bedienen. Als wir am Endedie Konsequenzen aus dem Schuldenberg zogen, näm-lich die strukturellen Probleme im Haushalt zu beseiti-gen, da ging das Wolfsgeheul los. Dieses Wolfsgeheulsetzt sich bis heute fort. Denken Sie nur an EdmundStoiber. Ich war Zeuge, als er im Bundesrat der Bundes-regierung vorwarf, ihr fehle der Mut zum Subventions-abbau. Ihm aber fehlte letztendlich nicht der Mut, all dieDinge im Vermittlungsausschuss einzukassieren.
Meine Damen und Herren, leider fehlt mir die Zeit,die positive Bilanz der Bundesregierung noch weiterdarzustellen. Es wäre sehr viel zu der außerordentlichpositiven Entwicklung zu sagen, die wir in Ostdeutsch-land angestoßen haben.
Ich denke insbesondere an die Verhinderung der Degres-sion. Manche Legende ist ja in Umlauf gebracht worden.Ich möchte die Gelegenheit heute nutzen, Frau Künastdafür zu danken. Manch anderer, auch aus den eigenenReihen, hat uns nicht im erforderlichen Maße unter-stützt, als es darum ging, diese zu verhindern. WeitereErfolgsgeschichten waren die Verlängerung der Pacht-verträge und die Lösung der Altschuldenfrage. Die Listeließe sich, wie gesagt, problemlos fortsetzen.Die SPD-Agrarpolitiker haben in den letzten15 Jahren wenig versprochen und die Wahrheit gesagt.Ich habe hier einige Punkte angeführt. Das wäre einegute Basis für eine weitere gedeihliche Zusammenarbeitmit den Landwirten und den berufsständischen Organi-sationen. Wir waren in der Vergangenheit ein verlässli-cgJCWAzzdldzSwlLgDs3srngdtTDaIPstas
Das Wort hat die Kollegin Gerda Hasselfeldt, CDU/
SU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!ir beraten heute eine ganze Reihe von verschiedenengrarvorlagen. Ich möchte mich auf zwei davon kon-entrieren, in denen, wie ich glaube, die Unterschiedewischen der Bundesregierung auf der einen Seite under Unionsfraktion auf der anderen Seite besonders deut-ich zum Ausdruck kommen. Es handelt sich einmal umen Agrarpolitischen Bericht der Bundesregierung undum Zweiten um den von uns vorgelegten Antrag zurtärkung ländlicher Räume.Im Agrarpolitischen Bericht ist deutlich nachzulesen,ie sich die Entwicklung der Landwirtschaft und derändlichen Räume vollzogen hat: Die Einkommen derandwirte sind von 2001 bis heute um 15 bis 20 Prozentesunken.
ie Investitionen sind zurückgegangen. 1998 betrugenie noch 560 Euro pro Hektar, heute liegen sie bei60 Euro pro Hektar. Der Strukturwandel hat sich be-chleunigt.Das sind einige der Fakten, meine Damen und Her-en. Durch den Investitionsrückgang sind Arbeitsplätzeicht nur in der Landwirtschaft – auch im vor- und nach-elagerten Bereich, in der Landtechnik und ebenso beien Bauten – auf der Strecke geblieben, sondern auchechnischer Fortschritt und Interessen in den Bereichenierschutz und Pflanzenschutz.
enn Investitionen in neue Ställe bedeuten in aller Regeluch bessere Tierhaltungsbedingungen.
nvestitionen in neue Geräte bedeuten in Bezug auf denflanzenschutz auch eine bessere Feinabstimmung bei-pielsweise bei der Ausbringung und vieles andere mehr.Das alles haben Sie mitzuverantworten: den Investi-ionsrückgang, den Verlust der Arbeitsplätze, das, wasn technischem Fortschritt, an Umweltschutz, an Tier-chutz auf der Strecke geblieben ist.
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Gerda HasselfeldtDies alles ist nicht gottgegeben oder von irgendjeman-dem veranlasst, sondern das ist das Ergebnis Ihrer Politik,einer Politik, die jede Gelegenheit genutzt hat, Kürzun-gen im Agrarhaushalt zu erreichen und die Produktions-bedingungen beispielsweise durch eine höhere Agrardie-selsteuer zu verschlechtern
sowie den Landwirten Tausende von Vorschriften aufzu-bürden. Dies ist Ergebnis einer Politik, die zusätzlichMisstrauen zum Beispiel durch die verdeckten Feldbe-obachtungen geschürt hat und die den deutschen Land-wirten mit ständigen nationalen Alleingängen und mitDraufsatteln auf Vorschriften der Europäischen Uniondas Leben schwerer gemacht, die Produktionsbedingun-gen verschlechtert und die Produktion in Deutschland imlandwirtschaftlichen Bereich verteuert hat.
Unser Ansatz ist ein völlig anderer. Ich will Ihnen ein-mal drei Grundsätze darlegen, damit Sie das im Zusam-menhang verstehen können.Erstens. Ich glaube, dass Landwirtschaftspolitik nichtimmer nur als Berufsstandspolitik betrachtet werdenkann, sondern ein ganz wichtiger Teil der gesamtenWirtschaftspolitik ist.
Deshalb sind die 4,3 Millionen Beschäftigten, die wir imgesamten Agribusiness haben, einzukalkulieren, wennwir über den Stellenwert der Landwirtschaftspolitik imGesamtkontext der Wirtschaftspolitik reden.Zweite Bemerkung. Die Landwirtschaft ist der Kern,wenn nicht sogar die Seele des ländlichen Raums.
Ohne Landwirtschaft können Sie meines Erachtens ei-nen ökonomisch und ökologisch lebendigen ländlichenRaum vergessen.
Das müssen wir mit Blick auf alle, die im ländlichenRaum wohnen und diesen genießen, auch als Erholungs-bereich, wissen.
Dritte Bemerkung. Wenn Sie der Landwirtschaft dieökonomische Basis abschneiden, indem Sie die Produk-tionsbedingungen immer weiter verschlechtern, wie Siees die ganze Zeit gemacht haben
– ich habe Ihnen schon Beispiele genannt; ich kann dasauch vertiefen –,dsdskbdaUWkq–mmbaEPgBdfHgzheSgSzsccvBr
ann brauchen Sie sich über Pflanzenschutz und Tier-chutz überhaupt keine Gedanken mehr zu machen, weilie Produktion dann nämlich nicht mehr in Deutschlandtattfindet, sondern in den anderen Ländern.
Auch ich weiß natürlich, dass wir nicht immer so tunönnen, als könne es im Agrarbereich weitergehen wieisher; denn auf den Weltmärkten hat sich vieles verän-ert und vieles verändert sich nach wie vor. Die Zeit derbgeschotteten Agrarmärkte ist vorbei.
nsere Landwirte stehen zunehmend im internationalenettbewerb. Wenn das so ist und wenn auch Sie dasonzedieren, dann muss ich Sie fragen: Welche Konse-uenzen ziehen wir denn daraus?
Das sage ich Ihnen gerne. – Wenn die Landwirte im-er mehr im internationalen Wettbewerb stehen, dannuss die oberste Maxime für die Politik sein, die Wett-ewerbsbedingungen der deutschen Landwirte denen dernderen europäischen Landwirte anzugleichen.
Das kostet überhaupt kein Geld. Wenn Sie sämtlicheU-Vorschriften eins zu eins umsetzen und weder beimflanzenschutz noch beim Tierschutz nationalen Allein-änge starten, dann haben Sie schon einen wesentlicheneitrag zur Verbesserung der Wettbewerbssituation dereutschen Landwirtschaft geleistet.
Was die Wettbewerbssituation betrifft, gilt Ähnlichesür den Agrardieselbereich. Es geht auch darum, dieausaufgaben im nationalen Bereich zu machen. Wieehen Sie beispielsweise mit dem Problem der Agrarso-ialpolitik um? Sie schieben den Versuch, es zu lösen,inaus. In den letzten Jahren fiel Ihnen nichts anderesin, als permanent die Zuschüsse zu den agrarsozialenystemen zu kürzen. Sie haben sich von dem parteiüber-reifenden Konsens der 70er-Jahre verabschiedet undie haben dazu beigetragen, dass die Beiträge in der So-ialversicherung der Landwirte permanent gestiegenind.
Wir haben deutlich gemacht, dass es um eine Anglei-hung und um eine engere Verzahnung mit der gesetzli-hen Sozialversicherung geht. Vor allem in der Unfall-ersicherung geht es darum, Vorschläge, die sogar vomerufsstand auf den Tisch gelegt wurden, zu akzeptie-en, wenigstens einmal anzudiskutieren, um auf diesem
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Gerda HasselfeldtWeg zu einer Absenkung der Beiträge in der Sozialversi-cherung zu kommen.Ich will nicht allzu sehr ausholen, was Bürokratieab-bau angeht. Wir haben Ihnen oft genug gesagt, was wirmeinen. Wer sich nur anschaut, wie viele Seiten Land-wirte im Zusammenhang mit der Umsetzung der GAP-Reform zu lesen und zu bearbeiten haben, der weiß einLied davon zu singen.Wir müssen auch neue Chancen nutzen, zum Beispielim Bereich der nachwachsenden Rohstoffe.
Lassen Sie mich auf Folgendes hinweisen: Heute wird sogetan, als wäre dies eine Idee der Grünen oder jetzigenRegierung. Wie ich hier bereits einmal gesagt habe,stammt diese Idee von uns. Wir haben damals, Ende der80er- bis Mitte der 90er-Jahre, gegen erbitterte Wider-stände der Grünen die Grundlagen gelegt.
Dies will ich bloß einmal festhalten, damit es nicht ver-gessen wird.Man muss aber auch die Chancen im Bereich derGrünen Gentechnologie nutzen. Man muss sich seinergroßen Verantwortung bewusst sein und darf nicht ein-seitig vorgehen. Der Bundeskanzler preist auf großenVeranstaltungen zwar die Chancen einer neuen Techno-logie,
die Regierungsarbeit sieht faktisch aber ganz anders aus.Das kann nicht richtig sein. Wir wollen, dass die sich ausdieser Technologie ergebenden Chancen – Innovationenund Arbeitsplätze – nicht nur in anderen Ländern, son-dern auch in Deutschland genutzt werden.
Diese Ministerin hat mittlerweile einige Jahre Zeit ge-habt, Zeichen für die ländlichen Räume, für die Land-wirtschaft zu setzen. Frau Ministerin, Sie haben dieseChance meines Erachtens vertan. Geblieben sind PR-trächtige Sprüche. Geblieben ist eine Klientelpolitik. Ge-blieben ist aber vor allem, liebe Frau Künast, Ihr Beitragdazu, dass die Arbeitslosigkeit so hoch ist. Die Höhe derArbeitslosigkeit ist ein Ergebnis der Politik dieser Bun-desregierung.Nachdem Herr Thalheim heute seine Abschiedsredegehalten hat, will ich nicht versäumen, ihm für seine Ar-beit zu danken.
Sie haben Ihre Stimme immer wieder zugunsten allerLandwirte erhoben, manchmal gegen Widerstände inden eigenen Reihen. Ich möchte Ihnen herzlich dankenund wünsche Ihnen alles Gute.sSIhdrnuSdghSshnMdssntwwEdbnweDSejEZbb
Das Wort hat die Bundesministerin Renate Künast.Renate Künast, Bundesministerin für Verbraucher-chutz, Ernährung und Landwirtschaft:Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassenie mich mit einem Lob für Frau Hasselfeldt beginnen.
ch finde es gut, dass Frau Hasselfeldt immerhin erkanntat, dass wir analysieren müssen, wie die Bedingungener Landwirtschaft vor dem Hintergrund der Globalisie-ung aussehen. Ich fand bedauerlich, dass Sie darübericht hinausgekommen sind. Sie sagten „Wir müssenns doch fragen …“ und wandten sich an die Reihen derPD-Fraktion. Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir unsiese Frage schon lange gestellt haben. Mir wäre wohlewesen, wenn Sie schon vor vier Jahren mitgemachtätten und nicht erst jetzt mittun.Ansonsten muss ich Ihnen sagen: Hauptsache ist fürie noch immer, dass die Menschen irgendwie eingelulltind. Das Wort „Verbraucher“ oder „Verbraucherin“abe ich überhaupt nicht gehört. Sie haben es überhaupticht nötig gehabt, an dieser Stelle auch nur ein einzigesal darauf hinzuweisen, dass der ganze Sinn der Pro-uktion eines Landwirtes und einer Landwirtin darin be-teht, Verbraucher und Verbraucherinnen zufrieden zutellen und irgendwie zu beglücken. Das taucht bei Ih-en immer noch nicht auf. Sie machen immer noch Poli-ik nach dem Motto: „Vorfahrt für die Lobby!“
Ich gebe zu: Für uns ist es schwierig, zu beurteilen,as Sie überhaupt wollen, weil wir von Ihnen täglich et-as anderes lesen.
inmal wollen Sie beim Ökolandbau alles streichen;ann wollen Sie doch wieder Ökolandbau und erneuer-are Energien. Herr Stoiber erklärt uns, alle Subventio-en müssten radikal gekürzt werden, auch vor der Land-irtschaft könne man nicht Halt machen; der Nächsterzählt es wieder anders.Sie sind jetzt schon wieder beim Thema Agrardiesel.as finde ich wirklich eine tolle Nummer. Auf der eineneite sagt Merz, auf einen Bierdeckel müsse eine Steuer-rklärung passen; auf der einen Seite sagt Frau Merkel,etzt beginne die Phase der neuen Ehrlichkeit. Ich denke:ndlich, nach Jahren, nimmt sie zur Kenntnis, wie es ineiten der Globalisierung um die Haushalte in Europaestellt ist. – Auf der anderen Seite wollen Sie docheim Agrardiesel bleiben.
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Bundesministerin Renate KünastDann kommen Sie mit der Sozialversicherung. Ichweiß, dass das ein Problem ist, Frau Hasselfeldt.
– Mein Gott, natürlich! Jeder in dieser Republik hat Be-lastungen. Ich habe es vor viereinhalb Jahren auf demBauerntag gesagt und sage es Ihnen als alter Garde deralten Agrarlobby noch einmal: Sagen Sie mir, woher dasGeld kommen soll! Sagen Sie mir, ob Sie es bei den Kin-dern und der Bildung streichen wollen! Sie lügen dieBauern doch an.
– Ja, ja, ja. Sie lügen die Bauern an.Ihr Möchtegernkoalitionspartner, Herr Goldmann,sagt in der „Berliner Zeitung“ von heute zu dem, was Siemachen, das sei unseriöse Agrarpolitik. Ich sage Ihnen:Sie versprechen den Bauern und Bäuerinnen das Blauevom Himmel; aber es ist nicht vom Himmel zu holen.Haben Sie doch endlich einmal Mut zur Ehrlichkeit underzählen Sie hier nicht stundenweise etwas anderes!
– Diesen Zwischenruf hätten Sie bei Frau Merkel ma-chen können, die eine Dreiviertelstunde über Mut sprachund dann mutlos das Podium verließ.
Darauf warte ich seit Stunden. Denn nur einlullen reichtnicht.
Sie sind im Bereich Agrarpolitik eine Art Brumm-kreisel. Sie wissen wahrscheinlich selber nicht mehr,was Sie wollen. Frau Merkel hat uns aber vorhin erklärt,was sie will, als sie nämlich ganz klar sagte: AuchChirac, der französische Präsident, muss sich bewegen. –Sie hat an dieser Stelle klar die Ansage gemacht, inEuropa Agrarsubventionen zu streichen. Streichen Siealso Ihre Redebeiträge! Ihrer war doch offensichtlichfalsch.
– Wissen Sie, „städterschlau“ gibt es nicht, aber „bau-ernschlau“ gibt es. Mindestens die Junglandwirte in die-ser Republik wissen, dass Sie sie belügen.–eSosgasSrrsSsFDlAd2lceZwnvbdaat
Möchten Sie sich zu einer Zwischenfrage melden oderine Kurzintervention machen? Entweder rede ich oderie reden, aber nicht ständig gleichzeitig.
Sie wollen zurück zu einer Scheinidylle der 80er-der 90er-Jahre, als es noch eine Art Personalunion zwi-chen Bauernverband und Landwirtschaftsministeriumab,
ls der Bauernverbandspräsident anrief und der Ministereine Wünsche sofort aufschrieb.
ie haben die Entwicklung verpasst und möchten zu-ück. Sie möchten eine Differenzierung und Diversifizie-ung gar nicht. Sie möchten sich gar nicht auf Globali-ierung einstellen. Wenn Sie so weiterarbeiten, könnenie die BSE-Krise problemlos wiederholen. Wir habenie hinter uns. Wir haben mit dem Lebensmittel- unduttermittelgesetzbuch eine neue Ära begonnen.
as ist das Ende einer wichtigen Geschichte.Ich freue mich im Übrigen darüber, dass Sie zwar al-es Mögliche an unserer Agrarpolitik in ideologischerrt und Weise kritisieren, aber nie unser Meisterstück:as neue System der Berechnung ab dem 1. Januar005. Ich vergesse nichts. Erstens haben Sie sich jahre-ang dagegen gewehrt, überhaupt eine Reform zu ma-hen; sie saßen auf dem Schoß der Funktionäre des Bau-rnverbandes.
weitens haben Sie sich immer dagegen gewehrt, dassir endlich Gleichheit in den Prämien schaffen, dassicht einer, der besonders gut wirtschaftet, der besondersiel Rücksicht auf die Umwelt und auf die Tiere nimmt,edeutend weniger kriegt als ein anderer, der die Tiereicht an dicht im Stall stehen hat. Ich bin froh, dass diesnders sein wird. Genau diesen Punkt trauen Sie sichber in Ihrer ideologischen Debatte nicht als zur Disposi-ion stehend zu bezeichnen.
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Bundesministerin Renate KünastIch weiß, wie die Exportzahlen aussehen. Sie sindvon 24 Milliarden in 1999 auf 32 Milliarden Euro 2003gestiegen. In diesem Jahr kommt es wohl noch einmal zueiner Steigerung um 6 Prozent. Die Unternehmensge-winne sind letztes Jahr um 4,8 Prozent gestiegen, diesesJahr wahrscheinlich um 10 Prozent; so sagen uns dieWissenschaftler.
– Ich weiß: Bauern jammern gerne. Zumindest die Funk-tionäre jammern immer auf hohem Niveau.Ich weiß, dass die Erweiterung der EuropäischenUnion für die Landwirte und die Lebensmittelwirtschaftin dieser Republik zu höheren Absätzen geführt hat. Ichweiß auch, dass selbst beim Deutschen Bauernverbanderkannt wurde, dass man mit Ökolandbau Geld verdie-nen kann. Wir haben bei den nachwachsenden Rohstof-fen eine Produktivitätssteigerung ungeheuren Ausma-ßes. Es gibt eine Warteliste für die Errichtung vonBiomasseanlagen und wir vergeben heute mehr Kreditefür Solaranlagen als für Stallneubauten. Ich muss Ihnensagen: Auf diese positive Entwicklung, die wir gegen Ih-ren erbitterten Widerstand durchgesetzt haben, sind wirzu Recht stolz.
Wir setzen systematisch auf Qualität, auf Qualifi-kation und auf Innovation. Eines sage ich ganz klar:Ich denke nicht im Traum daran, bei den Bauern zumBeispiel in Bezug auf Pestizide und andere Chemika-lien EU-weit Harmonisierungen vorzunehmen, die inDeutschland zu dem gleichen schlechten Niveau, wie esdas in anderen Ländern gibt, führen. Ich will, dass diedeutschen Produkte bei den entsprechenden Tests nichtnegativ auffallen. Deshalb sind wir auf dem richtigenWeg.
Man kann nicht beklagen, das sei teuer. Da muss manüberlegen: Wie werden diese Betriebe effizienter? Damuss man überlegen: Wie macht man mit den Geldernder CMA Werbung für die hiesigen hochqualitativenProdukte? So wird ein Schuh daraus. Deshalb hat näm-lich der liebe Gott die Werbung überhaupt erfunden.
Ich will auch auf das Thema Agrogentechnik zusprechen kommen. Sie reden ja gerne über die Bauern-befreiung. Ich würde jedem, der darüber spricht, emp-fehlen, in der Historie nachzulesen, wie die so genannteBauernbefreiung endete: für viele Bauern tödlich.Wir wollen definitiv keine neue Abhängigkeit der Land-wirtschaft schaffen. Früher gab es eine Abhängigkeit vonInterventionsaufkäufen und gekoppelten Zahlungen ausBrüssel; in Zukunft würde es eine neue Abhängigkeitvon ein oder zwei großen Saatgutunternehmen geben. SosskctiawFEeb–gbsdaAkzLimLnwhn–dk
Sie haben – das haben Sie jetzt wieder bewiesen –einen Plan und kein Ziel. Während andere jetzt versu-hen, die junge Garde des Proletariats zu sein – die Be-reffenden sind gerade nicht hier –, sind Sie leider Gottesmmer noch die alte Garde des Lobbyismus. Wir werdenuf Qualifikation und Qualität setzen und die Bauernerden damit weiter Geld verdienen.
Das Wort hat der Kollege Michael Goldmann, FDP-
raktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!in bisschen ruhiger und sachlicher, Frau Künast, gehts hoffentlich auch. Ich werde mich auf jeden Fall darumemühen.
Sie haben sich schon vorhin durch Schreien veraus-abt. Als Verbraucherschützer muss ich sagen: Man eneetjen sinnig, dann bekommen wir das schon gemein-am hin.Herr Thalheim, herzlichen Dank für Ihre Arbeit! Ich be-auere es sehr, dass Sie gehen. Sie gehen wahrscheinlichuch ein bisschen deshalb, weil Sie der letzte aufrichtigegrarexperte innerhalb der SPD sind. Jan Oostergeteloenne ich ziemlich gut und Karl-Heinz Funke ist mit mirusammen zur Schule gegangen. Da waren Sie in einerinie. Aber was die SPD jetzt in diesem Bereich bietet,st nicht sehr zukunftsfähig. Das ist im Grunde genom-en ein ständiges Wegducken vor der rein ideologischeninie, die von den Grünen in den letzten Jahren im Mi-isterium für Verbraucherschutz, Ernährung und Land-irtschaft praktiziert worden ist. Das, Herr Thalheim,ätten Sie hier durchaus etwas kritischer anmerken kön-en.
Zur Sachlichkeit kann man sagen: Du weißt ja selbst,ass der Kanzler hingeschmissen hat. Eure Abwahl wirdommen.
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Hans-Michael GoldmannAll diejenigen, die mit Verbraucherschutz, Ernährungund Landwirtschaft etwas zu tun haben, betrachten dasals eine Chance. Das sollte uns, die wir hier für dieAgrarpolitik insgesamt Verantwortung haben, schon zudenken geben.
Ich gehe davon aus, dass es nach der Wahl im Bereichder Agrarpolitik einen grundlegenden Richtungswech-sel in der Rückbesinnung auf Fachlichkeit, Leistungsfä-higkeit
und Innovationen gibt, um Arbeitsplätze in diesem Be-reich auf einem immer globaler werdenden Markt zuschaffen. Nationale Kuschelpolitik kann nicht die Ant-wort auf die Herausforderungen sein, vor denen die Er-nährungswirtschaft, die Agrarwirtschaft und der Ver-braucherschutz insgesamt stehen.
Wir werden diesen Weg nicht im Sinne von Lobby-ismus gehen; glauben Sie das nicht. Wir waren beiRaiffeisen nicht geladen und wir sitzen auch beim Deut-schen Bauernverband nicht in der ersten Reihe. Wir set-zen vielmehr auf Fachlichkeit und auf die unternehmeri-sche Kraft des Einzelnen, die wir zur Entfaltung bringenwollen: durch steuerpolitische und arbeitsmarktpoliti-sche Überlegungen, die auf dem Ernährungs- und Agrar-sektor in besonderer Weise zum Tragen kommen. FrauHasselfeldt hat gesagt, dass es sich hier um4,3 Millionen Menschen handelt. Das entspricht in derRankingliste Platz 4. Jeder zweite Arbeitsplatz in Nie-dersachsen ist unmittelbar mit dem Ernährungssektorund der Agrarwirtschaft verkoppelt. Ich freue mich da-rüber, dass wir zukünftig wieder eine Politik machenkönnen, die den Menschen, die in diesem Bereich tätigsind, Chancen und Zukunft gibt.Frau Künast, Sie wissen, dass ich Sie menschlichdurchaus schätze. Aber tun Sie doch nicht so, als sei IhrePolitik von Fachlichkeit geprägt. Nein, Sie haben IhrHaus – Ihren Haushalt, Ihre Sachverständigen- und Be-ratergremien und die Beförderungsstrukturen IhresHauses – systematisch genutzt, um Ihre ideologischeLinie – die Kampflinie zwischen der Ökolandwirtschaftauf der einen Seite und der schlimmen konventionellenLandwirtschaft auf der anderen Seite – durchzusetzen.
– Auch wenn Sie jetzt wieder schreien, Frau Künast,muss ich Ihnen sagen: Sie sind fachlich gescheitert; dennSie sind mit Illusionen angetreten.–sdASÄzFAInWhVdzhmgRdudEm
Hören Sie mir doch wenigstens zu! Wenn Sie michchon anblaffen,
ann sollten Sie zumindest meine ruhigen, sachlichenusführungen zur Kenntnis nehmen.
Frau Künast, was Sie jetzt machen, das ist genau Ihrtil – das will ich Ihnen einmal sagen, auch wenn ich mirrger mit Ihnen einhandele –: rotzfrech sein, aber nichtuhören.
rau Künast, Sie haben es nie für nötig gehalten, sich imusschuss einer fachlichen Diskussion zu stellen.
hre Präsenz im Ausschuss für Verbraucherschutz, Er-ährung und Landwirtschaft geht gegen null.
ir haben uns intensiv darum bemüht, bestimmte Vor-aben gemeinsam umzusetzen. Aber Sie haben unsereorschläge kassiert, ohne auch nur andeutungsweise aufas, was wir Ihnen argumentativ vorgetragen haben, ein-ugehen.Die EU-Agrarreform, die Sie auf den Weg gebrachtaben, war eine Idee der FDP. Die Kulturlandschaftsprä-ie war unsere Idee. Diesen Weg gehen wir mit Ihnenemeinsam. Aber wir bitten darum, dass Sie ein bisschenespekt vor den konventionellen Landwirten haben, vorenen, die auf dem Schweinemarkt, dem Milchmarktnd dem Kartoffelmarkt tätig sind.Frau Künast, Sie hören mir schon wieder nicht zu;
as ist typisch für Sie.
s ärgert mich nicht, sondern es betrübt mich, dass je-and wie Sie eine solche Arroganz an den Tag legt,
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Hans-Michael Goldmannwährend es uns darum geht, wieder eine vernünftigeagrarpolitische Linie einzuschlagen.
Herr Kollege Goldmann, Sie müssen zum Ende kom-
men.
Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss.
Ich will Ihnen ehrlich sagen: Zwar hatte ich eigentlich
eine etwas andere Rede vorbereitet. Aber, Frau Künast,
ich muss feststellen: In diesem Bereich sind Sie fachlich
unterbemittelt.
Herr Kollege Goldmann, ich kann Sie jetzt nicht mehr
weiterreden lassen. Ihre Redezeit ist überschritten.
Sie haben personell Willkür betrieben. Es wird aller-
höchste Zeit, dass Sie aus dieser Regierungsmannschaft
verschwinden.
Ich bin froh, dass bald gewählt wird. Wir werden dafür
sorgen, dass die rot-grüne Regierung abgelöst und dass
in Deutschland endlich wieder vernünftige Agrarpolitik
gemacht wird.
Herr Kollege Goldmann, wenn ich es richtig verstan-
den habe, haben Sie in Ihrem Debattenbeitrag gegenüber
der Ministerin das Wort „rotzfrech“ gebraucht. Das ist
ein unparlamentarischer Ausdruck. Ich bitte Sie herz-
lich, sich dafür bei der Ministerin zu entschuldigen.
Ich entschuldige mich dafür, weil das der Ministerin
gegenüber der Anstand des Parlaments gebietet. Aber
Frau Ministerin sollte einmal darüber nachdenken, ob
das, was sie gerade getan hat, ein angemessener ministe-
rieller Umgang mit einem Kollegen ist, der sich in die-
sem Bereich engagiert.
Das Wort hat die Kollegin Waltraud Wolff, SPD-
Fraktion.
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ch hatte gehofft, Sie würden sachlich sein, aber weit ge-ehlt, wie fast immer.
Ich möchte den Anfang auch nutzen, um – das habenier schon mehrere getan – Dr. Gerald Thalheim zuanken, der seit 1998 – schon unter Karl-Heinz Funke –arlamentarischer Staatssekretär im Bundesministeriumür Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaftst. Er hat mit Engagement und Weitsicht – ich glaube,as sehen wir alle so – immer für gute Lösungen in derandwirtschaftspolitik gekämpft. Wir kennen ihn als ei-en, ich kenne dich als einen, Gerald, der immer deutli-he Worte spricht,
er den Menschen kein X für ein U vormacht und der dierobleme ganz ehrlich angeht. Dafür bist du bei denauern nicht nur beliebt, sondern auch sehr hoch geach-et.
ie Betriebe in Ostdeutschland sind dir, glaube ich, zuanz besonderem Dank verpflichtet. Ich selber möchteier auch die Gelegenheit nutzen, ein herzliches Danke-chön zu sagen. Alles Gute für deine Zukunft!
Meine Damen und Herren, Landwirtschaft zukunfts-nd wettbewerbsfähig zu machen, war immer unserberstes Prinzip. Das war nicht immer leicht. Oppositionnd Bauernverband verunsichern mit markigen und mitlakativen Sprüchen. Ich will einmal ein paar Beispieleennen: Oktober 2003. Die GAP-Reform stelle dieandwirtschaftlichen Betriebe durch die gegenläufigentwicklung sinkender Preise und steigender Produk-ionskosten vor eine Zerreißprobe, so Bauernverbands-räsident Sonnleitner. Vor einer Woche hieß es:Insgesamt birgt die EU-Agrarreform jedoch geradefür die deutschen Landwirte gute Möglichkeitenund Zukunftschancen.o der gleiche Bauernverbandspräsident Sonnleitner. Darage ich mich: Was soll das denn? Nur Verunsicherunges eigenen Berufsstandes? Oder ist es die Perspektivlo-igkeit, die Sie in Ihrer Politik prägt?
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Waltraud Wolff
Wir haben immer und immer wieder den Dialog mit demBauernverband gesucht und uns bemüht, gemeinsambeste Möglichkeiten zu finden. Jetzt kommt vom Bau-ernverbandspräsidenten die Aufkündigung der Zusam-menarbeit – über die Presse, unter der Überschrift: Einpotenzieller Regierungswechsel ist ein Befreiungsschlagfür die Bauern.
Das präsentiert zu bekommen, ist mehr als ein Fauxpas,meine Damen und Herren. Und ich muss sagen: Zu frühgebrüllt, Löwe!
Denn in den Tickermeldungen von heute steht, Sonnleitnerschrieb einen Brief an den Bundeskanzler, er brauchtHilfe, weil er Angst hat um die EU-Agrarhilfen.
Wenn ich eine Regierung erst derartig beschimpfe, wiekann ich sie dann anschließend um etwas bitten? Damuss man sich schon einmal überlegen, was man will.Unsere Regierung ist nicht gegen die Bauern, wie im-mer wieder von Ihnen suggeriert wird, sondern unsereEntscheidungen helfen auf dem Weg in eine wettbe-werbsfähige Zukunft. Es ist die rot-grüne Regierung ge-wesen, die das Krisenmanagement im Sinne der Produ-zenten und Verbraucher aufgebaut hat. Die rot-grüneRegierung hat das Lebensmittel- und Futtermittelrechtneu strukturiert und die Produktkennzeichnung von Le-bensmitteln verbessert – blockiert haben CDU/CSU undFDP.
Uns allen hier ein Mehr an Verbraucherrechten einzuräu-men, habt ihr stets abgelehnt, nach dem Motto „DerMarkt wird es schon richten“. Wer hat das Verbraucher-informationsgesetz scheitern lassen? Schwarz-Gelb.
Meine Damen und Herren, der Markt richtet es ebennicht. Deshalb halten wir an unseren Forderungen auchkünftig fest.Ein anderer Punkt: erneuerbare Energien, wie wirwissen ein Erfolgsschlager.
Das hätte Schwarz-Gelb auch haben können, aber Siehaben es einfach verschlafen. In unserer Regierungszeitsind hier im vor- und nachgelagerten Bereich ungefähr130 000 Arbeitsplätze neu entstanden.SMnaiddzwSshDSsdssmzlatuinbluVdhbeMgIDHuWS
peziell die Biomasseförderung – das hat auch Frauinisterin Künast angesprochen – eröffnet hier völligeue Einkommensquellen; und das ist super.In der EU-Politik haben wir von der Regierungsko-lition gestemmt, was nur ging. Die EU-Agrarreformst – das wissen wir alle – ein Paradigmenwechsel fürie deutsche Landwirtschaft.Glauben Sie mir eines: CDU und CSU tönen jetzt,ass sie bei einem Regierungswechsel alles – bis hinum Agrardiesel; das haben wir heute ja auch gehört –ieder ändern wollen. Ich sage Ihnen aber von diesertelle aus: Niemals! Sie sind froh, dass wir diese ein-chneidenden Maßnahmen vorgenommen haben. Sieätten nie den Mut dazu gehabt. Sie werden nicht eineneut davon zurückdrehen.
elbst Herr Goldmann hat diese Ankündigungen als un-eriöse Wahlversprechen bezeichnet; ich habe es in denpa-Tickermeldungen gesehen.
Stichwort Zuckermarktordnung: Diese Reformenind unumgänglich; das wissen wir. Die WTO hat ent-chieden, dass die EU ihren Export weit zurückfahrenuss. Daran führt kein Weg vorbei. Wir als SPD habenum Abbau des Außenschutzes – wie von der WTO ver-ngt – zu unseren Vorstellungen bezüglich der Umstruk-rierungsmaßnahmen und dazu, dass die EU einmütig die WTO-Verhandlungen gehen muss – ansonsten ha-en wir an dieser Stelle nämlich keine Chance –, Stel-ng genommen.
on daher finde ich die Forderung von CDU und CSU,en landwirtschaftlichen Betrieben bei den WTO-Ver-andlungen besser zu helfen und sie zu vertreten, einisschen platt und einfach. Es tut mir Leid, aber es istinfach nur eine Floskel – ansonsten nichts.Stichwort agrarsoziale Sicherung: Die SPD hat ihreodernisierungsvorschläge schon lange auf den Tischelegt. Frau Hasselfeldt, Sie haben das angesprochen.hre Fraktion ist abgetaucht. Von ihr war nichts zu sehen.
as Einzige, was Sie können, ist, sich jährlich bei denaushaltsverhandlungen hinzustellen und immer wiederm die gleichen Bundesmittel zu streiten.
o sind denn, bitte schön, Ihre Vorschläge? Wo habenie je was aufgelegt?
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Frau Kollegin Wolff, Sie müssen zum Ende kommen.
Ja, ich komme gleich zum Schluss, Frau Präsidentin.
Ja, Sie müssen wirklich gleich zum Schluss kommen.
Ja, das ist mein letzter Satz.
Ein Wort will ich noch zur Schweinehaltungsrichtli-
nie sagen.
Frau Kollegin!
750 000 Euro Vertragsstrafe täglich stehen uns ins
Haus, weil Sie das verdorben haben.
Frau Kollegin, ich drehe Ihnen den Ton ab.
750 000 Euro täglich – ein Dankeschön an die CDU/
CSU von allen Steuerzahlern dafür.
Herzlichen Dank.
Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Peter
Bleser, CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nachder grün-fundamentalistischen und kasperletheaterähnli-chen Rede der Frau Ministerin
fällt es mir besonders leicht, hier ein paar wohlwollendeWorte zur Verabschiedung des Staatssekretärs GeraldThalheim zu sprechen.Herr Thalheim hat sich in seinen vielen Jahren imDeutschen Bundestag – wir sind zusammen ins Parla-ment gekommen – durch eine sachorientierte Politik aus-gezeichnet. Ich behaupte, wir waren uns in vielen Fällengeistig näher als er mit seiner Ministerin. Deswegen willich mich sehr herzlich für diese überfraktionelle Zusam-menarbeit bedanken und ihm alles Gute wünschen. IchhvcHrglSnuheeddhsDznkSsGRGs„kkkbdntm
Meine Damen und Herren, ich glaube, diese Bundes-egierung hat noch nicht erkannt, was in diesem Landeschieht: Mehr als 5 Millionen Menschen sind arbeits-os, Millionen sorgen sich um ihren Arbeitsplatz, dietaatsfinanzen sind zerrüttet, die Bürger ächzen unter ei-er überbordenden Bürokratie
nd diese Bundesregierung hinterlässt einen Scherben-aufen. Deswegen muss sie weg. Sie haben es ja selbstrkannt. Deswegen wird der Bundeskanzler die Vertrau-nsfrage stellen.
Frau Ministerin, in der Agrarpolitik sieht es nicht an-ers aus. Mit Ihrer grün-sozialistischen Bevormun-ungspolitik
aben Sie Tausenden Menschen in der Ernährungswirt-chaft ihren Arbeitsplatz genommen.
arüber hinaus haben zahllose Landwirte, Gärtner, Win-er, Obstbauern, Forstleute, Fischer täglich Sorge, dasseue Horrormeldungen aus diesem rot-grünen Lagerommen.
ie befürchten, dass auch sie ihre Existenz in den selbst-tändigen Betrieben verlieren könnten.
anz anders ist das in Ihrem Ministerium. Da hat derun auf die Rettungsboote begonnen. Sie versorgen Ihreünstlinge. Diese werden – 27 an der Zahl – nochchnell befördert. Hier wird bei Ihnen eine ganz anderesoziale Einstellung“ sichtbar.
Die Bauern haben in den letzten Jahren deutliche Ein-ommensverluste hinnehmen müssen. So ist ihr Ein-ommen in den letzten fünf Jahren um 8 Prozent gesun-en. Wenn die Einkommen durch die günstigen Preiseei den Ackerbaubetrieben nicht gestiegen wären, wäreie Bilanz noch viel negativer. Insbesondere die von Ih-en angeblich unterstützten Rind- und Milchviehbe-riebe haben im letzten Jahr 7,8 Prozent ihres Einkom-ens verloren.
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Peter BleserSeit Ihrem Amtsantritt sind es insgesamt 22 Prozent. Dassind die Tatsachen, mit denen die Menschen leben müs-sen. Das Geschwätz, das Sie hier vortragen, nützt daüberhaupt nichts.
Leider hält dieser Trend noch an. Ich sage Ihnen:Wenn es nicht gelingt, diese vermögensverzehrende Po-litik zu stoppen, dann werden wir insbesondere die Kul-turlandschaft in den Grünlandregionen, sozusagen dieHeimat der Milchviehbetriebe, so wie wir sie heute ken-nen, nicht aufrechterhalten können.
– Frau Künast, ich habe Sie leider nicht verstanden. Siemüssen, wenn Sie hinten sitzen, lauter rufen. Dann be-kommen Sie auch eine Antwort.Noch verheerender ist Ihre Bilanz, wenn Sie die Net-towertschöpfung mit der anderer EU-Staaten verglei-chen. 2001 waren wir noch auf dem dritten Platz. Heutesind wir unter den 25 EU-Staaten auf Platz 15 angekom-men. Hier wird der Niedergang in großer Deutlichkeitsichtbar. Folgerichtig sinken die Investitionen in derLandwirtschaft, weil die Menschen kein Vertrauen in dieZukunft haben. Die Politik dieser Regierung, Ihre Poli-tik, Frau Künast, legt sich wie Mehltau auf die Investi-tionsbereitschaft des gesamten Agrargewerbes.
Es sind nicht nur mangelnde Fachkenntnis und Untä-tigkeit, die zu diesem Ergebnis geführt haben, sondernSie haben der deutschen Landwirtschaft durch einseitigeBelastungen ganz bewusst Schaden zugefügt.
Während unsere Nachbarn in der Europäischen Uniondie Bedeutung der Landwirtschaft für die Volkswirt-schaft erkannt haben und ihre Bauern im Wettbewerbzum Beispiel durch die Senkung der Agrardieselbesteue-rung begünstigt haben – in Frankreich beträgt dieseSteuer nur 1,66 Cent –, hat diese Bundesregierung dieBesteuerung im Durchschnitt auf 40 Cent erhöht.
– Ich werde dazu noch etwas sagen, Herr Herzog; keineSorge.Was noch schlimmer ist: Keine andere Berufsgruppein Deutschland hat in diesem Jahr Beitragssteigerungenin der gesetzlichen Krankenkasse und der Unfallversi-cherung von jeweils mehr als 15 Prozent hinnehmenmüssen. Der Grund dafür ist, dass Sie den wenigen ver-bleibenden jungen Bäuerinnen und Bauern, die die stei-gende Zahl der älteren Menschen mitversorgen müssen,dainvKUeAGnSIrdrIPIhagbg
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der
ollegin Wolff?
Bitte schön.
Herr Kollege Bleser, Sie haben hier mit einem leisen
nterton eine Bemerkung gemacht, die ich gerne noch
inmal laut und deutlich hören möchte. Sie haben zum
grardiesel gesagt: Wir erhöhen die Steuern nach dem
ewinn der Wahlen auf 40 Cent. – Ich wollte einmal
achfragen, ob dem so ist.
Frau Wolff, ich will Ihnen nicht zu nahe treten, aberie haben nicht richtig zugehört.
ch habe gesagt, dass diese Bundesregierung die Besteue-ung von Agrardiesel auf 40 Cent erhöht hat, währendie Franzosen das Gegenteil gemacht und die Besteue-ung pro Liter auf 1,66 Cent gesenkt haben. Das habe ichhnen vorgeworfen und dazu stehe ich auch. Eine solcheolitik ruft Wettbewerbsverzerrungen hervor.
Ich will das jetzt weiterführen, Frau Wolff.
ndem Sie bei den Sozialversicherungen gekürzt haben,aben Sie 2003 35 Millionen Euro und 2004 und wohluch 2005 jeweils 20 Millionen Euro für das Bundespro-ramm „Ökologischer Landbau“ verschleudert, wovonei den Bauern kaum etwas angekommen ist.Ich will jetzt die Kritik des Rechnungshofes vortra-en, die Sie einfach ignoriert haben. Ich zitiere:Das Bundesministerium … hat … in weitem Um-fang Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit finan-ziert, um die politische Grundausrichtung derBundesregierung darzustellen. Damit hat es gegenHaushaltsrecht verstoßen.
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17142 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005
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Peter BleserEs geht weiter im Bericht des Bundesrechnungshofes:Nicht die Fachinformation, sondern die Werbungfür die politischen Ziele des Bundesministeriumssteht dabei im Vordergrund. Die Maßnahmen hättendaher nicht aus dem Bundesprogramm finanziertwerden dürfen.Das sind Rügen, die nicht schlimmer formuliert werdenkönnten. Das hat Sie überhaupt nicht gestört. Sie habenSteuergelder veruntreut.
Gleiches gilt für die Kampagne „Echt gerecht – cleverkaufen“.
Sie haben auf dem Potsdamer Platz ein Riesenplakat für56 000 Euro errichten lassen. Das war nichts anderes alseine versteckte, aus Steuergeldern finanzierte Wahl-kampfaktion.Wie verfilzt das Ministerium mittlerweile ist, zeigtnicht nur die Flucht in die Rettungsbote, die ich geradeschon genannt habe,
sondern auch, dass Sie grüne Hilfstruppen mitfinanzierthaben. Sie haben zum Beispiel das Projekt des BUND„Informationen für Bäuerinnen und Bauern zum Einsatzder Gentechnik in der Landwirtschaft“ mit 130 000 Euromitfinanziert.
Auch das ist eine sachfremde Ausgabe für den Wahl-kampf, die man Ihnen anlasten muss.Dass die Menschen diese Politik erkennen, ist klar.Sie, Frau Ministerin, haben in einer Umfrage des Markt-forschungsinstituts Produkt + Markt die Schulnote 5,3bekommen, also eine glatte Fünf. Damit müssen Sie le-ben. Das ist die schlechteste Note von allen Landwirt-schaftsministern Deutschlands.
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der
Kollegin Künast?
Bitte.
Herr Bleser, Sie haben jetzt einige Zahlungen von uns
für Projektförderungen aufgeführt. Soll ich das so ver-
stehen, dass Sie möchten, dass dieses Ministerium für
den nächsten Haushalt alle solche Projektförderungen
streicht? Das heißt dann aber auch, dass das ohne An-
sehen der Parteimitgliedschaft erfolgen muss. Herr
Sonnleitner ist offensichtlich CSU-Mitglied.
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ie können sich wieder setzen, Frau Ministerin.
Der absolute Höhepunkt staatlicher Arroganz dieserundesregierung besteht darin, dass Sie 300 Feld-eobachter losschicken, um die Bauern bei der Ausbrin-ung von Pflanzenschutzmitteln zu beobachten. Dasind Stasimethoden. Das wirft ein bemerkenswertesicht auf Ihre Geisteshaltung.
ie Bürger trauen diesem Staat, dieser Bundesregierungicht mehr. Deshalb haben sie in Nordrhein-Westfalenegonnen, diese Regierung abzuwählen. Ich hoffe sehr,ass Ihr Wunsch, am 1. Juli hier das Vertrauen zu verlie-en, in Erfüllung geht. Wir werden unsere Unterstützungier nicht versagen.
Sie haben aber auch danach gefragt, welche Vorstel-ungen wir in der Agrarpolitik haben. Die will ich Ihnenetzt gerne mitteilen. Wir wollen eine wissenschaftlichegründete, wettbewerbsorientierte, tierartgerechte undachhaltige Landwirtschaft.
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Peter BleserDabei haben wir die Lebensmittelsicherheit immer imBlickpunkt. Sie genießt bei uns absolute Priorität; damitda überhaupt kein Zweifel entsteht.
Wir wollen die Rechte der Verbraucher stärken, damitsie auf Augenhöhe mit den Anbietern am Markt teilneh-men können. Wir werden – das ist ganz wichtig – dieIdeologisierung der Landwirtschaft sofort beenden. Wirwerden aber auch die konventionelle und die ökologi-sche Landwirtschaft gleich behandeln und gleich för-dern. Da braucht sich niemand Sorgen zu machen. DerVerbraucher soll entscheiden, welche Produkte er kauft.Wir wollen ihn überhaupt nicht beeinflussen.Wir wollen den 4,2 Millionen Menschen, die in derAgrarwirtschaft beschäftigt sind, wieder eine Zukunftgeben. Deswegen lautet die Devise: Kein Arbeitsplatzwandert mehr wegen selbstverschuldeter Verschlechte-rung der Wettbewerbsfähigkeit ins Ausland ab!Daraus ergibt sich, dass wir bei den EU-Richtlinienbei einer Umsetzung von eins zu eins bleiben müssen.
Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen.
Wettbewerbsverzerrungen müssen abgebaut und viele
weitere Schritte müssen erfolgen, die Frau Hasselfeldt
schon genannt hat.
Da meine Redezeit zu Ende geht, will ich mich auf ei-
nen Schlusssatz beschränken.
Nein, Ihre Redezeit geht nicht zu Ende, Herr Kollege;
sie ist bereits überschritten.
Sie können den Bäuerinnen und Bauern in diesem
Land mitteilen: Bald werden sie von dieser Regierung
befreit sein und dann haben sie eine gute Zukunft.
Herzlichen Dank.
Herr Kollege Bleser, Sie haben in Ihrer Rede der Mi-nisterin, denke ich, vorgeworfen, dass sie Stasimethodenangewandt hat.
Ich denke, das ist ein sehr ungebührlicher Vorgang, undich erteile Ihnen dafür einen Ordnungsruf.swFRs–HgDBgdFALdBfWpmCALdbsfAalegAcfnDwFdtmudmo
Ich schließe die Aussprache.Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-chusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Land-irtschaft auf Drucksache 15/5647 zu dem Antrag derraktion der CDU/CSU mit dem Titel „Ländlicheäume durch eine moderne und innovative Landwirt-chaft stärken und damit Arbeitsplätze sichern“.
Ich bitte die Regierungsbank, sich zurückzuhalten,err Kollege Hartenbach; wir sind bei den Abstimmun-en. – Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag aufrucksache 15/5249 abzulehnen. Wer stimmt für dieseeschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltun-en? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmener Koalition bei Gegenstimmen der CDU/CSU und derDP angenommen.Tagesordnungspunkt 13 b: Beschlussempfehlung desusschusses für Verbraucherschutz, Ernährung undandwirtschaft auf Drucksache 15/5645 zu dem Antrager Fraktion der CDU/CSU mit dem Titel „Das deutscheiosiegel erfolgreich umsetzen“. Der Ausschuss emp-iehlt, den Antrag auf Drucksache 15/4840 abzulehnen.er stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegen-robe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung istit den Stimmen der Koalition bei Gegenstimmen derDU/CSU und der FDP angenommen.Tagesordnungspunkt 13 c: Beschlussempfehlung desusschusses für Verbraucherschutz, Ernährung undandwirtschaft auf Drucksache 15/5646 zu dem Antrager Fraktion der CDU/CSU mit dem Titel „Mehr Ver-raucherschutz durch eindeutigere Kennzeichnung undendungsbezogene Rückstandsuntersuchungen von Ge-lügelfleischimporten in die EU aus Drittländern“. Derusschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 15/5247bzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-ung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die Beschluss-mpfehlung ist mit den Stimmen der Koalition bei Ge-enstimmen der CDU/CSU und der FDP angenommen.Tagesordnungspunkt 13 d: Beschlussempfehlung desusschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi-herheit auf Drucksache 15/5526. Der Ausschuss emp-iehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung die Ableh-ung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU aufrucksache 15/4935 mit dem Titel „Projekt des Um-eltbundesamtes zur so genannten unangekündigteneldbeobachtung endgültig stoppen“. Wer stimmt füriese Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthal-ungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stim-en der Koalition bei Gegenstimmen der CDU/CSUnd der FDP angenommen.Unter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss die Ablehnunges Antrags der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/5033it dem Titel „Verdeckte und unangekündigte Feldbe-bachtung durch Umweltbundesamt stoppen“.
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Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne KastnerWer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegen-probe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung istmit den Stimmen der Koalition bei Gegenstimmen derCDU/CSU und der FDP angenommen.Tagesordnungspunkt 13 e: Beschlussempfehlung desAusschusses für Verbraucherschutz, Ernährung undLandwirtschaft auf Drucksache 15/4409 zu dem Antragder Fraktion der FDP mit dem Titel „Agrarischen Vered-lungsstandort Deutschland stärken – Bürokratie abbauenund Rahmenbedingungen verbessern“. Der Ausschussempfiehlt, den Antrag auf Drucksache 15/3103 abzuleh-nen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Ge-genprobe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlungist mit den Stimmen der Koalition bei Gegenstimmender FDP und Enthaltung der CDU/CSU angenommen.Tagesordnungspunkt 13 f: Abstimmung über den vomBundesrat eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zurÄnderung des Grundstückverkehrsgesetzes und desLandpachtverkehrsgesetzes, Drucksache 15/4535. DerAusschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Land-wirtschaft empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung aufDrucksache 15/5613, den Gesetzentwurf in der Aus-schussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, diedem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmenwollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? –Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiterBeratung mit den Stimmen des ganzen Hauses angenom-men.Dritte Beratungund Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die demGesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-wurf ist damit in dritter Beratung mit den Stimmen desganzen Hauses angenommen.Tagesordnungspunkt 13 g: Abstimmung über denvom Bundesrat eingebrachten Entwurf eines Gesetzeszur Änderung des Gesetzes über die Gemeinschaftsauf-gabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küsten-schutzes“ auf Drucksache 15/4113. Der Ausschuss fürVerbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft emp-fiehlt auf Drucksache 15/4544, den Gesetzentwurf abzu-lehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zu-stimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmtdagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damitin zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalition beiGegenstimmen der CDU/CSU und bei Enthaltung derFDP abgelehnt. Damit entfällt nach unserer Geschäfts-ordnung die weitere Beratung.Tagesordnungspunkte 13 h und 13 i: Interfraktionellwird Überweisung der Vorlagen auf den Drucksachen15/4432 und 15/4801 an die in der Tagesordnung aufge-führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisungso beschlossen.Wir kommen nun zur Abstimmung über die Ent-schließungsanträge zum Agrarpolitischen Bericht 2005.Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Fraktionder SPD auf Drucksache 15/5729? – Gegenprobe! – Ent-haltungen? – Der Entschließungsantrag ist mit den Stim-mutpmCAköPmdKsdLdbeWgdgBukeaspshdwSZ
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17145
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Das Wort hat die Kollegin Andrea Voßhoff, CDU/
SU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kolle-en! An diesem Gesetzentwurf ist eigentlich nur derintergrund zu begrüßen.
as will ich auch gern tun, denn es war gut und richtig,ass das BMJ eine Bitte der Justizminister der Länderus dem Jahr 2002 aufgenommen hat, die Reformbe-ürftigkeit des GmbH-Rechtes auf den Prüfstand zu stel-en. Seit 1980 hat es keine größere Revision zum Rechter GmbH gegeben; der Herr Staatssekretär hat es vor-in erwähnt. Entwicklungstendenzen zur missbräuchli-hen Verwendung der GmbH zum Nachteil von Gläubi-ern werfen Fragen nach Korrekturen auf. Auch dienterschiedliche Ausgestaltung der Rechtsformen ver-leichbarer Unternehmensformen in anderen Mitglied-taaten der Europäischen Union lässt eine kritische Be-rachtung der bestehenden Rechtsform der GmbHurchaus notwendig erscheinen.Außerdem erleben wir, dass die Rechtsform dermbH mit dem bestehenden Gläubigerschutzsystem vonußen unter Druck zu geraten scheint. Durch die Recht-prechung des EuGH und des BGH können Gesellschaf-en anderer EU-Länder ohne Mindestkapital ungehindertm deutschen Markt auftreten. Ich denke dabei zum Bei-piel an die Rechtsform der englischen Limited, derenindestkapital 1 englisches Pfund beträgt und die sichn Deutschland offenbar einer gewissen Beliebtheit er-reut. Es ist daher in regelmäßigen Abständen immerieder zu lesen und zu hören, dass die Limited dermbH nach deutschem Recht angeblich überlegen ist.uch sind immer wieder Rufe nach der 1-Euro-GmbHaut geworden, um dem Bedürfnis nach Haftungsbe-chränkung ohne Mindestkapital für Klein- und Kleinst-nternehmer gerecht zu werden. Ich bezweifle diesen
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17146 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005
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Andrea Astrid VoßhoffAnsatz. Aber Sie sehen, es gibt genügend Gründe, dasbestehende GmbH-Recht unter die Lupe zu nehmen.Meine Damen und Herren von Rot-Grün, Ihr heute zudiskutierender Gesetzentwurf wird diesem Anspruchnicht gerecht. Er ist schlicht nichts Halbes und nichtsGanzes.
Er ist auch nicht frei von politischem Aktionismus; dennder skizzierte Reformbedarf wird in einem ersten Schrittallein auf die Herabsetzung des Stammkapitals reduziertund weitere Reformschritte werden lediglich in einemzweiten Gesetz angekündigt. Er erweckt auch den Ein-druck einer vorschnellen Reaktion, vielleicht sogar einerfalsch verstandenen Konkurrenz mit anderen europäi-schen Rechtsformen, bei denen teilweise auf ein Min-destkapital mehr oder weniger verzichtet wird. Die„neuen“ ausländischen GmbH-Modelle sind von einerEtablierung bei uns, so denke ich, noch weit entfernt.Im Gesetzentwurf begründet Rot-Grün die Reduzie-rung des Stammkapitals damit, dass so Existenz-gründungen erleichtert werden, die GmbH im interna-tionalen Wettbewerb der Rechtsformen gestärkt wirdund es im Übrigen ein Beitrag zum Bürokratieabbau ist.Ich möchte mit Letzterem beginnen. Allein in der Re-duzierung der Mindeststammeinlage kann ich keinennennenswerten Beitrag zum Bürokratieabbau sehen. Washat es mit Bürokratieabbau zu tun, wenn zur Gründungder GmbH nur weniger einzuzahlen ist? Heißt bei Ihnenweniger Geld auch weniger Bürokratie? Dann haben Siemit Blick auf den desaströsen Bundeshaushalt aus IhrerSicht ja eine Menge zum Bürokratieabbau beigetragen.Die alleinige Absenkung des Mindeststammkapitalswird die Rechtsform der GmbH im europäischen Wett-bewerb nicht stärken. Dazu bedarf es vielmehr einer De-regulierung des GmbH-Rechts insgesamt sowie gezielterMaßnahmen zur schnelleren und unbürokratischerenGründung und einer schnelleren Handelsregistereintra-gung. Die Vorschriften des GmbH-Rechts zur Kapital-aufbringung und -erhaltung sind kompliziert und fürNichtjuristen kaum noch nachvollziehbar. Schauen Siesich nur einmal den Belehrungskatalog in den notariellenGesellschaftsverträgen über die Haftungsrisiken der Ge-sellschafter in der Gründungsphase der GmbH bis zu de-ren Eintragung in das Handelsregister, über die Haf-tungsrisiken bei verdeckter Sacheinlage oder über dieAusfallhaftung an!Auch an Ihrer Begründung, die Reduzierung desStammkapitals werde Existenzgründungen fördern, istnur vordergründig etwas dran. Allein die Herabsetzungdes Mindeststammkapitals führt ja nicht zu einer Grün-dungserleichterung; denn Prüfungsumfang und Prü-fungsaufwand für Bar- und Sachgründungen bleiben be-stehen.Selbst wenn es belegbar wäre, dass die Mehrzahl derExistenzgründungen im Dienstleistungssektor zu regis-trieren ist, die mit einem geringeren Startkapital aus-kommen können, woraus ist eigentlich ersichtlich, dassdie Rechtsform der Kapitalgesellschaft für diese Unter-nKfgMdWahfbmd5drudlpsnFAmRWGdssoGbHtsvdtFHptÄdDGDsrk
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17147
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Jetzt hat der Kollege Rainer Funke von der FDP-
Fraktion das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ge-
setzentwurf, der uns heute zur ersten Lesung vorliegt, ist
das eingedampfte Ergebnis der Beratung der Regierung
zur andauernden Debatte über die Reform der GmbH.
Dass der Gesetzentwurf mit einer einzigen inhaltlichen
Regelung heute so umfangreich debattiert wird, ist ein
deutliches Zeichen dafür, dass die Regierung mit ihm
Wahlkampf betreiben will. Sie möchte den Anschein er-
wecken, etwas für den deutschen Mittelstand zu tun. Ob
die vorgeschlagene Änderung wirklich hilft, müssen wir
erörtern und sicherlich auch im Ausschuss gründlich dis-
kutieren.
Mit den vom Bundeskanzler im März verkündeten
20 Maßnahmen zur Fortsetzung der Agenda 2010 wird
unter anderem das Ziel verfolgt, die Gründung einer
GmbH zu entbürokratisieren und erheblich zu erleich-
tern. Als einzige Lösung bieten Sie nunmehr diesen klei-
nen Gesetzentwurf zur Herabsetzung des Mindest-
stammkapitals.
Herr Kollege Hartenbach, man kann zu diesem Ent-
wurf so oder so stehen; das gebe ich zu. Wer Geschäfte
machen will, soll möglichst auch Kapital mitbringen.
Das braucht er für den Gläubigerschutz. Ferner muss er
gegenüber den Banken eine vernünftige Eigenkapitalba-
sis nachweisen; denn sonst bekommt er zum Beispiel
aufgrund der Regeln von Basel II nicht genügend Darle-
hen. Auf der anderen Seite, Herr Kollege Hartenbach,
das gestehe ich Ihnen zu, benötigen insbesondere
Dienstleister häufig gar nicht ein so hohes Eigenkapital,
zum Beispiel jene 25 000 Euro, weshalb man diesen mit-
telständischen Unternehmen durchaus die Möglichkeit
einräumen sollte – das finde ich richtig –, mit geringe-
rem Kapital zu wirtschaften. Aus diesem Grunde sind
wir bereit, diesen Entwurf auch noch in dieser Legisla-
turperiode mit Ihnen zu beraten und zu sehen, ob wir
dem Mittelstand auf diese Weise helfen können.
Wenn sich allerdings herausstellen sollte, dass das
insbesondere im Dienstleistungsbereich zu einem höhe-
ren Insolvenzrisiko führt, dann wären wir bereit, dieses
Gesetz wieder zu ändern und das Mindeststammkapital
erneut heraufzusetzen. Aus gutem Grund hat ja die da-
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s1) Anlage 6
iemand, der eine GmbH mit 25 000 Euro Mindest-tammkapital hat, kommt um dieses Problem herum.as ist erst dann anders, wenn es sich um ein wesentlichöheres Stammkapital und um ein gewachsenes undolides Unternehmen handelt. Deshalb ist dies kein
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17148 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005
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Olaf Scholzwirklicher Grund, sich nicht zu trauen, die Herabsetzungdes Mindeststammkapitals jetzt vorzunehmen.Das Zweite hat ein bisschen mit den Juristen und derVeränderung der Rechtskultur zu tun. Immer mehr Men-schen wollen, wenn sie ein Unternehmen gründen, eineKapitalgesellschaft – in diesem Fall die GmbH – grün-den: wegen des Namens und vieler anderer Dinge. AlsRechtsanwalt habe ich vielen gesagt, sie sollten ihr Un-ternehmen als Einzelkaufleute führen:
Ihr habt überhaupt keine Probleme und um die Haftungs-fragen kommt ihr ohnehin nicht herum. Dies habe icheben bereits dargestellt. Als Rechtsanwalt ist man es jaauch gewohnt, selbst mit seinem ganzen persönlichenVermögen für all den Unsinn geradezustehen, den mananrichten könnte.
– Oder die Kollegen, ja. – Trotzdem müssen wir dieseVeränderung reflektieren. Die Zunahme der Rechtsform„GmbH“ hat natürlich etwas damit zu tun, dass immermehr Menschen diese Rechtsform wählen. Wir leisteneinen Beitrag zur Wirtschaftsförderung, wenn wir demWunsch dieser Menschen Rechnung tragen.Der erste Punkt betrifft also die Förderung der Unter-nehmensgründung und die Schaffung vieler neuer Unter-nehmen in dem für uns so wichtigen Dienstleistungsbe-reich.Der zweite Punkt ist aus meiner Sicht sehr wohl einzentraler Punkt: Im Rahmen der Globalisierung gibt esauch so etwas wie einen Rechtsformenwettbewerb.Manche tragen das Wort Globalisierung als Schlagwortvor sich her und leiten daraus alles Mögliche ab. Aufmanche Veränderungen aber müssen wir in der TatRücksicht nehmen. Es gibt ja die Schlechtberatung Tau-sender von Menschen auch durch deutsche Rechtsan-wälte, die sagen, man könne einfach, billig und schnelleine „Limited“ gründen und die dann auch in einemdeutschen Register eintragen lassen. Abgesehen davon,dass damit viele Illusionen über die Geschwindigkeit derEintragung in das deutsche Register verbunden sind,handelt es sich hier um etwas, wovor wir als Gesetzge-ber die Menschen schützen müssen. Wir haben die Auf-gabe, die Rechtsform der GmbH so attraktiv zu machen,dass sich die Menschen nicht von Verführern auf ein fal-sches Gleis bringen lassen. Jeder, der die Rechtsformen„Limited“ und „GmbH“ einmal sorgfältig verglichenhat, weiß, dass es ein schlechter Rat ist, der nichts weiterals Ärger und Kosten hat. Aber es geschieht jeden Tag.Deshalb tun wir nach meiner festen Überzeugung gut da-ran, den Menschen dadurch zu helfen, dass wir dieRechtsform der GmbH im internationalen Wettbewerbattraktiver machen.Im zweiten Schritt – dies ist richtigerweise schon ge-sagt worden – müssen wir dazu beitragen, dass sieschneller eingetragen werden kann. Man muss dieGmbH, ohne dass die Gründung lange vorbereitet wor-dwwwmcszzrsIwWHlCGwdndl„fmsdtadGMdin„nctväke
Das Wort hat jetzt der Kollege Otto Bernhardt von der
DU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dasesellschaftsrecht in Deutschland ist in der Tat in Be-egung gekommen. Hintergrund ist im Wesentlichener Tatbestand, dass eine Kapitalgesellschaft, die in ei-em EU-Land gegründet wird, in allen anderen EU-Län-ern tätig werden darf. Wenn die mir vorliegenden Zah-en stimmen, gibt es inzwischen mehr als 10 000Limiteds“ in Deutschland, aber auch eine Reihe vonranzösischen, baltischen und anderen Gesellschaftsfor-en.Wenn wir uns anschauen, warum man auf diese Ge-ellschaftsformen ausweicht, dann stellen wir fest, dassas Thema Eigen- bzw. Stammkapital nur ein Punkt un-er anderen und mit Sicherheit nicht der wichtigste ist.Es gibt darüber hinaus zwei weitere Gründe dafüruszuweichen. So spielt dabei auch die Zeit eine Rolle,ie man benötigt, eine Gesellschaft zu gründen. Dieründung einer GmbH in Deutschland dauert einigeonate, in anderen Ländern dauert dagegen die Grün-ung von Kapitalgesellschaften oft nur wenige Tage.Ein dritter Punkt, vielleicht der wichtigste überhaupt,st, dass die Gründung einer GmbH in Deutschland ei-ige tausend Euro kostet, während die Gründung einerLimited“ nur wenige hundert Euro kostet. Das hängticht zuletzt mit der notariellen Eintragung und ähnli-hen Dingen zusammen.Das sind die entscheidenden Punkte. Vor diesem Hin-ergrund sollten wir uns wirklich überlegen, ob es sinn-oll ist, nur bei einem von diesen drei Punkten etwas zundern, zumal wir – der Vorredner von den Sozialdemo-raten hat es gesagt – die Gesellschaftsformen nicht soinfach vergleichen können. In England brauchen Sie
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17149
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Otto Bernhardtzwar nur 1 Pfund Eigenkapital, aber die Haftung für ei-nen Geschäftsführer ist dort eine ganz andere. Das heißt,wir müssen den Zusammenhang zwischen Eigenkapital,Gläubigerschutz und Haftung diskutieren. Wenn wir dasjetzt noch durchbringen wollten, stellt sich doch jederdie Frage, ob der Deutsche Bundestag nichts anderes zutun hat, als eine solche Änderung im Schnellverfahrenherbeizuführen.
Gerade in diesen Dingen ist es, wie ich glaube, sehrwichtig, vorher ausführlich mit Fachleuten aus dem Be-reich des Gesellschafts- und Steuerrechts zu diskutieren.Diese werden uns manche kritische Frage stellen. Wirhaben fraktionsintern solche Gespräche geführt. Dabeiwarnten die Fachleute vor einem Schnellschuss. Ich sagedas mit aller Deutlichkeit.Bei den Ausführungen mancher zur Thematik derExistenzgründungen entsteht bei mir der Eindruck,dass sie weit weg von der Wirklichkeit sind. Ich bin Un-ternehmensberater und führe noch Existenzgründungendurch. Ich weiß, dass alle Förderinstitute sagen: Lasstdie Hände von der Kapitalgesellschaft und gründet eineEinzelgesellschaft! Die meisten folgen diesem Rat – esgeht hier um eine Frage der Information – und wählennicht das Gebilde einer GmbH, die ja auch mit vielenKosten verbunden ist.Heute konnten Sie in der Zeitung lesen, dass dieStiftung Marktwirtschaft, die ein neues Steuermodellentwickelt, sehr deutlich sagt, dass man sich vor demHintergrund einer einheitlichen Besteuerung die Ge-samtproblematik von Personen- und Kapitalgesellschaf-ten noch einmal ansehen sollte. Selbstverständlich sindwir bereit, darüber im Ausschuss zu beraten und, wennes sein muss, auch noch in dieser Legislaturperiode eineEntscheidung herbeizuführen. Wir glauben aber, dass dieErwartungen, die mit einer bloßen Senkung des Min-deststammkapitals von 25 000 auf 10 000 Euro verbun-den sind, zu hoch gesteckt sind. Dieses wird nicht als Si-gnalwirkung verstanden werden. Das Ganze wirdverpuffen. Daher bitten wir Sie, diesen Punkt, der wich-tig, aber nicht der wichtigste ist, in eine Diskussion ein-zubringen, bei der es um die Überarbeitung des GmbH-Rechtes und – das sage ich angesichts der aktuellenSteuerdiskussion – des Gesellschaftsrechtes in Deutsch-land insgesamt geht und bei der auch die europäischenEntwicklungen einbezogen werden. Ich glaube, das wäresachgerechter als der jetzt vorgesehene Schnellschuss.Danke schön.
Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 15/5673 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann
ist die Überweisung so beschlossen.
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Ludwig Thiele, Gisela Piltz, Dr. Max Stadler,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Wiederherstellung des Bankgeheimnisses
– Drucksache 15/5043 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Michael Meister, Heinz Seiffert, Otto
Bernhardt, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der CDU/CSU
Vorschriften zum Kontenabruf überarbeiten
– Drucksache 15/5334 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss
Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
DP fünf Minuten erhalten soll. – Ich höre keinen Wi-
erspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
er dem Kollegen Carl-Ludwig Thiele von der FDP-
raktion das Wort.
Herzlichen Dank, Herr Präsident! Meine sehr verehr-en Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren heute inrster Lesung den Antrag der FDP-Fraktion auf Wieder-erstellung des Bankgeheimnisses. Nach dem monatli-hen Bericht der Bundesbank hatten wir in den erstenrei Monaten dieses Jahres einen unglaublichen Kapi-alabfluss von 150 Millionen Euro netto aus unseremande. Diese gigantische Kapitalflucht zeigt, dass dieürger kein Vertrauen mehr in den Staat und Angst vorinem Schnüffelstaat haben. Die FDP ist der Auffas-ung, dass den Bürgern diese Angst genommen werdenuss. Die FDP lehnt den gläsernen Bürger ab.
eshalb betrachten Liberale es als eine ihrer besonderenufgaben, Freiheit und Eigentum der Bürger zu schüt-en.
Wenn ich den Bürgern im Bereich der Steuern diengst nehmen will, dann benötige ich ein für die Bürgerkzeptables Steuerrecht. Das Steuerrecht muss klar, ein-ach und verständlich sein, auch was Kapitaleinkünfteetrifft.
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17150 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005
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Carl-Ludwig Thiele
Vor allem müssen die Bürger wieder Vertrauen in die Po-litik gewinnen. Das setzt aber voraus, dass die Politikplanbar und verlässlich wird.Das Bankgeheimnis ist nach Ablauf der Steueramnes-tie weggefallen. Diese Steueramnestie hätte ein Erfolgwerden können; sie wurde aber ein Flop. Es fehlte dasVertrauen in die Politik; vor allem aber fehlte eine plan-bare und verlässliche Steuerpolitik mit klaren Konturen.Deshalb ist die FDP der Auffassung, dass wir eineAbgeltungsteuer für Kapitalerträge einführen sollten.Denn bei der Einführung einer Abgeltungsteuer kann dasBankgeheimnis seinen Stellenwert wiederbekommen, dadie Besteuerung unmittelbar bei den Erträgen erfolgt.Die FDP, Herr Pronold – um direkt dem zu widerspre-chen, was Sie gleich sagen werden –, setzt sich für einenleistungsfähigen Staat ein. Wir wollen, dass Kapital nachDeutschland zurückkehrt, damit dieses Kapital inDeutschland Erträge erwirtschaftet und für diese Erträgein Deutschland und nicht im Ausland Steuern anfallen.
Wir – das ist eben der große Unterschied – verspre-chen uns langfristig höhere Einnahmen aus der Versteue-rung der Kapitalerträge, wenn diese Besteuerung direktvon den Banken vorgenommen wird. Hierdurch wird ei-nerseits die Gleichmäßigkeit der Besteuerung gewähr-leistet und wird die Besteuerung der Zinseinkünftesichergestellt. Andererseits werden das Vertrauensver-hältnis zwischen Bank und Kunden und die Daten dereinzelnen Bürger zuverlässig geschützt. Deshalb machtdie Zinsabgeltungsteuer Kontoabfragen der Finanzbe-hörden schlichtweg überflüssig.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, diederzeitige Regelung ist von einem grundsätzlichen Miss-trauen des Staates in seine Bürger geprägt. Wir Liberalewollen aber, dass der Staat seinen Bürgern grundsätzlichvertraut und nicht von vornherein misstraut. Mit der Ka-pitalflucht reagieren die Bürger genau so, wie wir das inder Anhörung und in den Debatten hier vorhergesagt ha-ben. Wir brauchen eine Änderung der Zinsbesteuerung.Dafür ist die Abgeltungsteuer der richtige Weg. DieserWeg wäre möglich gewesen.Frau Parlamentarische Staatssekretärin Hendrickshatte in den Beratungen des Vermittlungsausschusseseine Erklärung vorgelegt, die eine Abgeltungsteuerdurchaus ermöglicht hätte. Dieser Vorschlag ist aller-dings später leider an der Union gescheitert. Das ist aberverschüttete Milch von gestern. Die FDP begrüßt, dassjetzt auch maßgebliche Unionspolitiker – ich hoffe, dassMinisterpräsident Koch ein solcher bei Ihnen ist – füreine Abgeltungsteuer votieren.Wir hoffen, dass auch die Union jetzt diesen Weggeht, damit die Besteuerung von Kapitalerträgen andersgeregelt werden kann, wenn es in Deutschland zu einemNeuanfang der Politik und damit auch der Steuerpolitikkommt.
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Das Wort hat jetzt der Kollege Florian Pronold von
er SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!ehr geehrter Herr Thiele, wenn man Ihnen folgte undhre Forderung, den Bürgerinnen und Bürgern zu ver-rauen, in allen Bereichen umsetzte, müsste man konse-uenterweise eine Selbstveranlagung bei der Lohn- undinkommensteuer ermöglichen; schließlich ist der Bür-er prinzipiell ehrlich und zahlt gern Steuern.
ch weiß nicht, ob die FDP mit ihrer Forderung, denürgerinnen und Bürgern zu vertrauen, so weit ginge.Die spannende Frage lautet: Warum kommt es in die-em Maße zu Kapitalflucht? Etwa aufgrund – so lautethre Unterstellung – der Rechtslage?
ie Rechtslage und ihre Umsetzung geben zu einer sol-hen Behauptung bisher keinen Anlass. Seitdem sich dieechtslage im April geändert hat, ist die Anzahl der Ab-ufe pro Tag auf ein Viertel gesunken.In der Kampagne, die betrieben worden ist, hat man inen Medien immer so getan – aus Ihrem Bereich wurdeies entsprechend unterfüttert –, als wäre es jetzt jedeminanzbeamten oder jedem Sachbearbeiter in irgendeinererwaltung möglich, sich per Computer Kontobewe-ungen anzuschauen. Magazine und Interessenverbände,er Bund der Steuerhinterzieher – Entschuldigung: Bunder Steuerzahler – und andere, haben diese Angst bei denürgerinnen und Bürgern geschürt. Man hat den Ein-ruck erweckt, als könnte sich zukünftig jeder, der so tut,ls hätte er daran irgendein Interesse, mir nichts, dirichts die Konten aller Bürger anschauen. „Focus“ hat
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17151
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Florian Pronoldgeschrieben: Täglich wird es 50 000 Abrufe geben. Zur-zeit sind es pro Tag 25. Ich sage das nur, um deutlich zumachen, wie weit Prognose und Wirklichkeit auseinan-der klaffen. Sie haben bei dieser Kampagne mitgemachtund haben die Angst vieler Menschen immer wieder ent-sprechend geschürt.Diese Angst war unbegründet. Warum? Weil es beiuns ein – wir haben für das entsprechende Gesetz ge-sorgt – rechtsstaatliches Verfahren gibt. Übrigens hat dasBundesverfassungsgericht, das zu dieser Frage angeru-fen worden ist, dieses Verfahren in einer Eilentscheidungfür rechtens erklärt.
– Natürlich muss man die Hauptsacheentscheidung ab-warten. Das ist immer so; überhaupt keine Frage.Da durch einen unmittelbaren Eingriff in die Privat-sphäre möglicherweise Rechte von Bürgerinnen undBürgern verletzt werden, prüft das Bundesverfassungs-gericht auch bei einer solchen Eilentscheidung sehr ge-nau und wägt die Risiken und die Betroffenheit der un-terschiedlichen Rechtsgüter ab.Es ist doch klar, dass dieses Verfahren ganz anders ist,als in der Öffentlichkeit suggeriert wurde. Wenn die Fi-nanzverwaltung einen begründeten Verdacht hatte undein Bürger seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekom-men ist, dann hatte sie schon bisher die Möglichkeit, dasSteueraufkommen auf dem Wege der Schätzung festzu-setzen oder Konteneinblick zu nehmen, sofern ein vor-hergehendes Verfahren nicht zum Erfolg geführt hat.
– Ja. Der weiß es jetzt auch.Die neue Rechtslage ist in dieser Frage überhauptnicht anders als die alte.
Nehmen wir einen praktischen Fall! Ein armer FDP-Bundestagsabgeordneter gibt jährlich seine Steuererklä-rung ab. Seit Jahren meldet er überhaupt keine Zins-einkünfte. Es könnte sein, dass er ein sozialer Menschist – was ja bei der FDP zu unterstellen ist –, seine gan-zen Diäten an die Bürgerinnen und Bürger verschenkt,deswegen nie Kapital gebildet hat und keine Zinsen be-kommt. Es könnte auch sein, dass er das Geld versoffenhat. Es könnte sein, dass seine Zinseinkünfte unter demFreibetrag liegen und er sie nicht melden muss. Das istüberhaupt keine Frage.Wenn der FDP-Abgeordnete keine Zinsen angibt, derFinanzbeamte aber denkt, dieser sei sparsam und müsseirgendwoher Zinsen bekommen, dann muss er den Steu-erpflichtigen zuerst fragen: Könnte es sein, dass Sie ver-gessen haben, Zinseinkünfte zu melden? – Wenn derFDP-Bundestagsabgeordnete antwortet, er habe keine,weil er all sein Geld den Armen geschenkt habe, und derFinanzbeamte das glaubt, dann ist das Verfahren schonam Ende.
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as Bundesverfassungsgericht hat gesagt, die Gleichmä-igkeit der Besteuerung könne nur dann sichergestellterden, wenn es eine reale Kontrollmöglichkeit gebe,b der Bürger steuerehrlich ist. Diese gibt es jetzt. Manann dabei jedoch nicht auf das Konto blicken. Vielmehrt man jetzt lediglich in der Lage, abzufragen, bei wel-her Bank in der Bundesrepublik Deutschland jemandberhaupt ein Konto hat.
Auch wenn ein Konto gefunden wird, kann nicht au-matisch aufs Konto geschaut werden.
Lassen Sie mich das noch ausführen. Dann lasse ichie Zwischenfrage zu, wenn der Herr Präsident es er-ubt.
Bitte schön.
Die Finanzverwaltung muss den Steuerpflichtigen da-
it konfrontieren, doch ein Konto gefunden zu haben.
ann sagt unser sozial tätiger FDP-Abgeordneter: Da-
auf liegen noch 3,50 Euro. Ich bin umgezogen und habe
as Konto vergessen. Wenn der Finanzbeamte das
laubt, ist die Sache damit erledigt. Nur wenn er es nicht
laubt, wenn er immer noch begründete Zweifel hat,
ann er das bisherige Verfahren einleiten.
Der einzige Unterschied ist, dass jetzt die Möglichkeit
esteht, festzustellen, ob und wenn ja, wo jemand über-
aupt ein Konto hat. Wenn diese Kontostammdatenab-
rage erfolgt, muss der Steuerpflichtige darüber infor-
iert werden, egal ob sie zum Erfolg führt oder nicht.
an kann juristisch darüber streiten, ob das im Gesetz
tehen muss oder ob eine Verwaltungsanweisung aus-
eicht.
Bitte schön.
Bitte schön. Wenn Sie das genehmigen, ist es in Ord-
ung.
Herr Kollege Pronold, ich finde es sehr angenehm,ass Sie sich sehr viele Sorgen um die Kapitaleinkünfteon FDP-Bundestagsabgeordneten machen. Ich bin mir
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Otto Frickesicher, dass das bei SPD-Abgeordneten nicht der Fall ist;denn dann würde man sich ja bestimmter Kapitalistenbedienen und mit deren Hilfe irgendwelche Zinsein-künfte erzielen.Aber Sie haben bei Ihren Ausführungen etwas ver-schwiegen. Sie haben nämlich verschwiegen, aus wel-chem Grunde der Finanzbeamte den Verdacht hat, derSteuerpflichtige könnte doch Zinseinkünfte haben. NachIhrer Argumentation – daraus ergibt sich die Frage –müsste ein Finanzbeamter bei jedem Bürger, der keineZinseinkünfte hat, nachfragen.Mich würde erstens interessieren, ob er bei jedemnachfragen muss, der keine Zinseinkünfte angibt, egalwie viel er verdient.Zweitens. Wenn das Nachfragen so viel Arbeitmacht, ist es dann nicht viel besser, fairer und vor allenDingen sozial gerechter, gar nicht erst abzufragen, son-dern – bevor ein Bürger bei der Angabe einen Fehler ma-chen könnte – direkt an der Quelle das Geld bei denen zuholen, die entsprechend leistungsfähig sind, und dafür zusorgen, dass dort der soziale Ausgleich erfolgt?
Natürlich muss nicht bei jedem Bürger nachgeprüftwerden. Auch wenn ein FDP-Abgeordneter es sich nichtvorstellen kann: Die Masse der Bürgerinnen und Bürgerkommt überhaupt nicht in die Verlegenheit, Zinsein-künfte angeben zu müssen, nämlich weil sie zu niedrigsind. Das ist so. Die Masse muss die entsprechende An-lage nicht abgeben.Es muss also ein Verdacht vorhanden sein. GlaubenSie, dass die Finanzverwaltung bei ihrer Überlastungnichts Besseres zu tun hätte, als bei allen Bürgern nach-zufragen? Wenn das der Fall wäre, dann müsste sich dasja in den Zahlen niederschlagen. Dann müsste es jetztmehr Anfragen geben als vorher. Das ist aber nicht derFall. Außerdem ist die Verwaltung in Deutschland im-mer noch an Recht und Gesetz gebunden. Auch in derFinanzverwaltung besteht ein gebundenes Verwaltungs-ermessen.Wir können uns lang und breit über die Vorzüge derZinsabgeltungsteuer unterhalten. Ich erinnere daran,wie erfolgreich die Quellenbesteuerung unter Waigelumgesetzt worden ist. Das hätten Sie schon damals unterSchwarz-Gelb hinbekommen können.
Das hat nicht funktioniert. Solange wir hier über unge-legte Eier reden – –
– Es ist aber immer noch ungelegt.
– Ja, in Ihrem.
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och nicht im Gesetz steht – über die verwaltungstechni-chen Aspekte können wir uns schnell einigen; es gibtber noch andere Gesichtspunkte, die bei einer Abgel-ungsteuer natürlich auch zu bedenken sind; das ist jaicht die einzige Frage –, schwebt darüber das Damo-lesschwert der Verfassungswidrigkeit, weil wir beien Kapitalerträgen keine Verifizierung vornehmen kön-en. Das Bundesverfassungsgericht hat gesagt: Dasuss aber möglich sein. Der Staat muss in der Lage sein,ie Steuerehrlichkeit der Bürgerinnen und Bürger imweifelsfall zu überprüfen, aber nicht in jedem Einzel-all. Er muss aber überhaupt in der Lage sein, dies über-rüfen zu können. Das Bundesverfassungsgericht hatecht, wenn es sagt: Der ehrliche Steuerzahler darf nichter Dumme sein.
Deswegen haben wir eine Variante gewählt, die inte-essanterweise auch vom Bundesrat behandelt wordenst. Bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit hatte dieayerische Staatsregierung die Federführung. Sie hatteeinerlei Bedenken. Merkwürdigerweise reihte sich dieayerische Staatsregierung dann in den Chor derer ein,ie so wie im Unionsantrag etwas fordern, was bereits zu9 Prozent geltende Rechtslage ist.Man kann sich noch über die Frage streiten, die wirerade angesprochen haben, ob eine Verwaltungsanwei-ung ausreicht oder ob man die Informationspflicht ge-enüber dem betroffenen Bürger in das Gesetz schreibenuss. Das ist ein juristischer Unterschied, über den mantreiten kann. Praktisch hat dies aber für die Bürgerinnennd Bürger überhaupt keine Auswirkungen. Wir könnenn dieser Situation für mehr Steuergerechtigkeit sorgen,eil wir jetzt in der Lage sind, Steuerhinterziehung beiapitalerträgen theoretisch zu erfassen.Auch eine zweite Variante wäre möglich gewesen.ie hätte aber eine viel umfangreichere Offenbarungurch die Bürgerinnen und Bürger erfordert, wäre aberenauso verfassungsfest gewesen: Das wären Kontroll-itteilungen. Dann gäbe es für jede Zinszahlung ent-prechende Kontrollmitteilungen. Das wäre eine vielmfangreichere Offenlegung, als es in dem jetzigen Ver-ahren der Fall ist.Der Bundesdatenschutzbeauftragte, der hier zitiertorden ist, hat in der Anhörung deutlich gemacht, dassr keine grundsätzlichen Bedenken hat, eine solche
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Florian PronoldAbfragemöglichkeit zu schaffen. Seine Bedenken richte-ten sich zum einen auf die Frage: Ist im Gesetz präzisegeregelt, wer abrufen kann? Dazu gibt es unterschiedli-che Auffassungen; darüber wird das Bundesverfassungs-gericht noch entscheiden. Aber es ist auch einzelgesetz-lich in den Leistungsgesetzen geregelt, ob eine Behördedies machen kann oder nicht. Zum anderen ging es umdie Frage der Information der Betroffenen, wenn ein sol-cher Eingriff erfolgt. Auch das ist per Verwaltungsan-weisung entsprechend geregelt worden, sodass es ausrechtsstaatlichen Gesichtspunkten überhaupt keinenGrund mehr gibt, daran zu zweifeln.Wir können vielmehr die frohe Botschaft verkünden,dass wir es durch die Möglichkeit der Kontrolle schaf-fen, mehr Steuerehrlichkeit zu erreichen, und dass dieehrlichen Steuerzahler nicht länger die Dummen sind.Das ist doch eine positive Botschaft. Wenn Sie wollen,dass kein Kapital ins Ausland abwandert, dann unterstüt-zen Sie diese fadenscheinigen Kampagnen nicht, die vonLeuten gemacht werden, die das Zahlen von Steuern ansich schon für ein Verbrechen halten!Herzlichen Dank.
Das Wort hat der Kollege Otto Bernhardt von der
CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit dem1. April dieses Jahres kann und darf die Bundesanstaltfür Finanzdienstleistungsaufsicht die Stammdaten allerfast 500 Millionen Konten in Deutschland abfragen, undzwar ohne dass es das Kreditinstitut merkt und ohne dassder Betroffene davon erfährt. Das sind zunächst einmaldie Fakten.
Zur Frage, wie oft davon Gebrauch gemacht wird, gibtes in der Presse in der Tat sehr unterschiedliche Meldun-gen. Bankenverbände zum Beispiel sprechen von vielenTausend Abfragen.
– Ich habe gesagt: Sie wissen nichts von den einzelnenAbfragen.Entscheidend ist die Frage: Wie wirkt dies auf dieBürger? Ich kann nur sagen: Die Banken in Österreichjubeln. Das ist der Tatbestand.
Die entsprechende Summe ist bereits genannt worden.Sie, Herr Thiele, sprachen irrtümlicherweise von1dDlaaklemOdgzkndnRDukdhseüh–BIwsmwznddAszSadgimA
as ist die Wirkung.Wenn es uns darum geht, den Finanzplatz Deutsch-nd zu stärken, dann müssen wir uns mit den Fragenuseinander setzen: Ist es gut, wie das läuft? Muss undann hier etwas verändert werden? Das Ganze dreht sichtztlich um das viel zitierte Bankgeheimnis. Wenn ichich richtig erinnere, haben wir das letzte Mal imktober 2001 darüber diskutiert, also einen Monat nachem 11. September 2001.Damals forderte die PDS in einem Antrag, das Bank-eheimnis abzuschaffen. Alle Fraktionen, auch die So-ialdemokraten, haben in der damaligen Debatte ganzlar gesagt: Wir sind für die Erhaltung des Bankgeheim-isses. Ich stelle das nur noch einmal fest. Ich habe inieser Debatte gesagt: Bin Laden wird seine Kontenicht unter „Bin Laden“ führen. Wer also glaubt, dassegelungen in diesem Bereich helfen können, der irrt.Natürlich weiß jeder, dass das Bankgeheimnis ineutschland seit vielen Jahren sehr stark ausgehöhlt istnd wir eigentlich nur noch von einem Rest sprechenönnen. Aber man muss auch wissen, dass in verschie-enen Ländern sehr unterschiedlich mit dem Bankge-eimnis umgegangen wird: In der Schweiz hat es Verfas-ungsrang, in Österreich und Luxemburg wird es sehrng ausgelegt, und die Vereinigten Staaten haben damitberhaupt kein Problem, während der Deutsche daranängt und es Einfluss auf seine Entscheidungen hat.
Ich meine: Dort gibt es kein Bankgeheimnis und dieevölkerung hat damit kein Problem; das ist der Punkt.n Deutschland ist die Situation eine andere.Jetzt müssen wir uns die Frage stellen: Wie reagierenir auf die Befindlichkeiten unserer Bevölkerung, umicherzustellen, dass ihr Geld hier bleibt? Die FDPacht dazu zwei konkrete Vorschläge: Der eine lautet:eg mit der Kontenabfrage. Der andere heißt: Übergangur Zinsabgeltungsteuer.Wir haben an diesen Themen mitgewirkt. Ich sage Ih-en ganz deutlich: Für uns kann es nicht darum gehen,en Kontenabruf zu beseitigen. Uns geht es vielmehrarum, ihn auf das notwendige Maß zu begrenzen und inbstimmung mit dem Datenschutzbeauftragten be-timmte Konkretisierungen vorzunehmen. Dies betrifftum Beispiel die Frage: Wer genau darf abfragen? Dennie wissen: Es gibt eine ganze Reihe von Behörden, diebfragen dürfen. Das führt zu Unsicherheit. Deshalb for-ern wir in unserem Antrag bestimmte Konkretisierun-en, zum Beispiel bezüglich der Pflicht, die Betroffenenm Nachhinein über die Abfrage ihres Kontos zu infor-ieren.Sie wissen, dass es in unserer Fraktion, was diebgeltungsteuer betrifft, unterschiedliche Auffassungen
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Otto Bernhardtgibt. Ich bin sicher, dass dieser Aspekt bei der geplantengroßen Steuerreform eine wichtige Rolle spielen wird.Ich verhehle nicht, dass ich Sympathien für die Abgel-tungsteuer habe, nicht zuletzt, weil sie viel Bürokratieersparen würde und ihren Regelungen zufolge viele Of-fenlegungspflichten von vornherein überflüssig wären.Aber genauso schnell, wie Sie gerade eben im Galoppdas Mindeststammkapital von GmbHs von 25 000 auf10 000 Euro reduziert haben, zur Abgeltungsteuer über-zugehen, das wäre, wie ich glaube, nicht der richtigeWeg.Im Rahmen der Steuerreform, die wir, CDU/CSU undFDP, gemeinsam vorhaben und die wir – ich bin sicher –in Kürze gemeinsam durchsetzen werden, wird dies einwichtiger Punkt sein. Dabei wird auch das Thema Bank-geheimnis Platz in unseren Überlegungen haben. Denneines steht für uns fest: Wenn es uns nicht gelingt, dasVertrauen der Deutschen in unser System wieder nach-haltig herzustellen, dann wird nicht nur kein Geld nachDeutschland zurückkommen, sondern dann wird nochmehr Geld Deutschland verlassen. Ich glaube, was wir inunserem Antrag vorhaben – die Kontenabfrage auf einMinimum zu beschränken und bestimmte Dinge weiterzu konkretisieren –, ist ein kleiner Schritt, ein kleinerBeitrag – mehr kann das nicht sein –, um das Vertrauenin das deutsche Bankensystem bei der Bevölkerung zustärken und sicherzustellen, dass zumindest das Geld,das hier ist, hier bleibt. Es wird nicht ausreichen, um dasGeld zurückzuholen, das einmal gegangen ist.Herzlichen Dank.
Als letzte Rednerin des heutigen Tages hat die Kolle-
gin Jutta Krüger-Jacob von Bündnis 90/Die Grünen das
Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! DerAntrag der FDP wird nicht die Zustimmung der Grünenfinden.
– Ich weiß, Sie sind nicht überrascht.Schon der Titel des Antrages soll offensichtlich in dieIrre führen. Denn das zivilrechtliche Bankgeheimnis– und nur ein solches kennen wir – besteht nur im Innen-verhältnis zwischen Bank und Kunde und wurde durchdie Änderungen in der Abgabenordnung nicht berührt.Die Forderung nach Wiederherstellung geht damit insLeere.Die Kontenabfragemöglichkeit, die im Zuge derSchaffung einer Brücke hin zur Steuerehrlichkeit imple-mentiert wurde, ist ein wichtiger Baustein zu ebendieserSteuerehrlichkeit. Der Deal bei der Steueramnestie war,dass Schwarzgeld gegen eine Nachversteuerung durchStraffreiheit legalisiert und im Gegenzug eine Möglich-keit zur Abfrage von Bankkonten implementiert wird.DdmKZGteDteuBtegvbMdgmkfcfwgdsgvbFddsFUbKetufdbhü
udem hat nur derjenige, der etwas zu verbergen hat,rund, sich über diese – im Übrigen nur eingeschränk-– Kontenabfragemöglichkeit aufzuregen.
er ehrliche Steuerbürger hat keine Nachteile zu erwar-n
nd auch die Antragsteller von Sozialleistungen wieAföG und Wohngeld müssen keine Nachteile befürch-n, wenn sie ihre Vermögensverhältnisse ehrlich darle-en. Der Bürger hat ein Recht darauf und darf daraufertrauen – Vertrauen ist hier ein ganz wichtiger Begriff –,ei der Besteuerung gleichmäßig, nach einheitlichenaßstäben, behandelt zu werden. Ebenso hat der Bürgeras Recht, dass Leistungen des Staates nur an diejenigenezahlt werden, die tatsächlich Anspruch haben. Wirussten beim Gesetz zur Förderung der Steuerehrlich-eit eine Interessenabwägung vornehmen und haben unsür die Steuergerechtigkeit als ganz zentrale bürgerli-he Freiheit entschieden. Im Übrigen hat das Bundesver-assungsgericht im März – der Kollege Pronold hat es er-ähnt – ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dieleichmäßige Erhebung von Steuern wichtiger Belanges Gemeinwohls ist.
Viele Bürgerinnen und Bürger haben sich gerade zurchwarz-gelben Regierungszeit über ungleiche und un-erechte Maßstäbe beschwert und sind bis vors Bundes-erfassungsgericht gezogen. Mit dem Urteil zur Zins-esteuerung wurde der Gesetzgeber – damals war dieDP mit in der Verantwortung – ultimativ dazu aufgefor-ert, die bestehenden gesetzlichen Vorschriften auchurchzusetzen. Daraufhin wurde die Zinsabschlag-teuer eingeführt, um Ermittlungsmöglichkeiten für dieinanzbeamten zu schaffen; ansonsten hätte weiter einengleichbehandlung von Zins- und Arbeitseinkünftenestanden.Mit dem viel zitierten „gläsernen Bürger“ hat dieontenabfragemöglichkeit überhaupt nichts zu tun –benso wenig wie das Aufstellen einer solchen Behaup-ng mit verantwortungsvoller Politik. Kontenabrufe er-olgen weder willkürlich noch heimlich. Im Übrigen istie Rechtmäßigkeit derselben auch gerichtlich nachprüf-ar. Die Beamten in den Finanzämtern und anderen Be-örden erfahren nichts über die Kontenstände und nichtsber die Kontenbewegungen. Sie bekommen nur Aus-
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Jutta Krüger-Jacobkunft, ob und wo ein Steuerpflichtiger Konten unterhält,und dies auch nur dann, wenn es zur Festsetzung vonSteuern oder zur Bewilligung von Sozialleistungen er-forderlich ist und – genau das ist der springende Punkt –wenn der Bürger sich weigert, dem Finanzamt auf An-frage richtige Auskunft zu erteilen.Die FDP fordert auch die Einführung einer Abgel-tungsteuer auf Kapitalerträge. Die Behauptung, einesolche Steuer sei einfach, transparent, könne Kapital-flucht verhindern und ein Mehraufkommen bringen, wiewir eben gehört haben, taucht nicht das erste Mal auf.Bei den intensiven Auseinandersetzungen mit derThematik mussten wir feststellen – auf die wiederholtenAufforderungen hin haben wir uns damit auseinandergesetzt –, dass es keineswegs einfach ist, wenn man eineansonsten unausweichliche Steuermehrbelastung derKleinsparer vermeiden will. Man bräuchte dafür einFreistellungs- oder Erstattungsverfahren für all dieKleinsparer, die heute gar nicht oder deutlich geringerals mit einer Abgeltungsteuer steuerlich belastet werden.Dies würde einen erheblichen bürokratischen Mehrauf-wand bedeuten. Im Übrigen verhindert die Abgeltung-steuer keine Kapitalflucht, es sei denn, sie wäre so nied-rig, dass wir mit Steuerausfällen in Milliardenhöhe stattmit Steuermehreinnahmen rechnen müssten. Auch derimmer wieder kommende Verweis auf Österreich ziehtnicht, da bei der dortigen Einführung der Abgeltung-steuer der Steuersatz erhöht wurde. Das ist hier ja offen-sichtlich nicht gewünscht.Es ist keine systematische Herangehensweise, eineAbgeltungsteuer einzuführen, nur um die Kontrollmög-lichkeiten des Staates zu verhindern, zumal auch dieseSteuer mit Kontrollmitteilungen verbunden wäre. DerAntrag zeigt eigentlich nur, dass es einfacher ist, Forde-rungen zu erheben, als sie mit allen Konsequenzen zuEnde zu denken und dann auch umzusetzen.
Danke schön.
Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 15/5043 und 15/5334 an die in der Ta-
gesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
sind die Überweisungen so beschlossen.
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Freitag, den 17. Juni 2005, 9 Uhr,
ein.
Die Sitzung ist geschlossen.