Gesamtes Protokol
Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die
Sitzung ist eröffnet.
Für den verstorbenen Kollegen Büttner hat die Abge-
ordnete Dr. Bärbel Kofler am 21. September 2004 die
Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag erworben. Ich
begrüße die Kollegin herzlich und wünsche gute Zusam-
menarbeit.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 14 a und 14 b so-
wie Zusatzpunkt 5 auf:
a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-
nen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Vierten
Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches
Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze
– Drucksache 15/3674 –
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Wirtschaft und Arbeit
– Drucksache 15/3737 –
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Redet
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Abgeordneter Dr. Hermann Kues
b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit
zu dem Antrag der Abgeordneten
Dirk Niebel, Rainer Brüderle, Daniel Bahr
, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der FDP
Möglichkeiten der privaten Arbeitsvermitt-
lung durch marktgerechte Ausgestaltung der
Vermittlungsgutscheine verstärkt nutzen
– Drucksachen 15/3513, 15/3737 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Dr. Hermann Kues
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11584 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 127. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. September 2004
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Warum sollten wir wertvolle Zeit vergeuden, wenn eineschnellere Vermittlung bzw. Eingliederung in Arbeitmöglich ist?
Allerdings müssen wir Missbrauch und Mitnahme-effekte verhindern. Dazu hat uns vor allen Dingen derBundesrechnungshof aufgefordert. Deshalb werden wirdie Auszahlung an die Dauer der Beschäftigung kop-peln. Die erste Rate des Vermittlungshonorars wird erstausgezahlt, wenn das Beschäftigungsverhältnis mindes-tens sechs Wochen besteht. So beugen wir Scheinarbeits-vMAinstrzvdAIündddsbsbgObsDDzVs3BsliuDsdgEksskdvvmdO
enn es sind nicht die traditionellen Beschäftigungs-weige, die Frauen in die Selbstständigkeit bringen.ielmehr haben sie wirklich wunderbare Ideen. Es gilt,ie zu ermutigen.Immerhin sind in den letzten 12 Monaten insgesamt1 Prozent mehr Ich-AGs entstanden. Das ist eine guteilanz. Noch mutiger – auch das möchte ich betonen –ind die Menschen in den neuen Bundesländern: Dortegt die Zunahme bei denen, die eine Ich-AG gründennd sich der Selbstständigkeit stellen, bei 40 Prozent.iese erfreulichen Zahlen sind für uns ein Ansporn, die-es Instrument zu verbessern. Genau das tun wir durchen vorliegenden Gesetzentwurf.Ich bin davon überzeugt, dass durch Kreativität, En-agement und längerfristige Unterstützung eine neuexistenzgründerkultur entstehen kann. Angesichts desonjunkturellen Aufschwungs unserer Wirtschaft, derich bereits in höheren Gewerbesteuereinnahmen nieder-chlägt, ist die Zeit reif für eine solche Existenzgründer-ultur. Das Institut der deutschen Wirtschaft stellt fest,ass Deutschland in der Europäischen Union auf Platzier bei der Anzahl der Existenzgründer liegt. Ich bin da-on überzeugt, wir können noch besser werden, ja wirüssen besser werden. Dafür müssen wir alles tun undeshalb sollten Sie, meine Damen und Herren von derpposition, diesem Gesetz zustimmen.
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Karin Roth
Die Opposition hat beantragt, über die Wirksamkeitder arbeitsmarktpolitischen Instrumente Bericht zu er-statten. Ich denke, dass das erst dann sinnvoll ist, wenndie von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen Gut-achten vorliegen.Ich denke, Sie können unserem Gesetzentwurf in allerRuhe zustimmen; das gilt auch für den vorgesehenenKinderfreibetrag, dessen Erhöhung Sie unterstützenwollen. Auch hier sollten Sie heute zustimmen. Wir ha-ben die größte Arbeitsmarktreform in Deutschland aufden Weg gebracht. Wir sollten die arbeitslosen Men-schen ermutigen, wir sollten Positives nach vorne brin-gen.Wir sollten die Jugendlichen auffordern, Beschäfti-gungs- und Ausbildungsangebote anzunehmen. Kurzum:Wir fordern und fördern die Menschen. Wir machendiese Reformpolitik, weil wir wissen, dass sie gut fürdieses Land ist. Ich bin davon überzeugt: Wir sind einstarkes Land. Wir können es schaffen – wir haben einestarke Regierung –, die Menschen davon zu überzeugen,dass diese Arbeitsmarktpolitik richtig ist und dass sie vorallen Dingen gut für die Zukunftsperspektiven der Men-schen in diesem Land ist.
Ich erteile das Wort Kollegen Hermann Kues, CDU/
CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! DieCDU/CSU-Fraktion wird dieses Gesetz mittragen – trotzeiniger Widersprüche zu anderen sozialstaatlichen Rege-lungen. Wir haben das im Ausschuss angesprochen: DieErhöhung des Kinderfreibetrags ist in Ordnung. Sie wis-sen aber auch, dass jetzt die Kinder der nicht erwerbsfä-higen Sozialhilfeempfänger aufgrund einer anderen Frei-betragsregelung anders behandelt werden als die Kinderder arbeitsfähigen Sozialhilfeempfänger. Das ist einWiderspruch; wir tragen es trotzdem mit.
Wir tragen es mit, obwohl Sie diesen Gesetzentwurf erstvor zwei Wochen eingebracht haben, quasi beiläufig zuden Haushaltsberatungen. Wir tragen es auch mit, ob-wohl es typisch ist für die Art und Weise, wie diese Bun-desregierung Gesetzgebung betreibt: Bevor ein Gesetz inKraft tritt, werden bereits Korrekturen auf den Weg ge-bracht. Das ist ein Hin und Her, das kann nicht überzeu-gen und führt zu Unsicherheit.
Vor diesem Hintergrund werden Sie mir sicherlich zu-gestehen müssen, dass das deutsche Parlament noch nieeine so konstruktive Opposition gehabt hat, wie CDUund CSU sie darstellen.ArzstdmvcwsadIingipScsnGPsImwsMdensdhlhsMhhMkdk
llerdings kann auch kein Zweifel daran bestehen – da-auf will ich dann doch hinweisen –, dass dieses Gesetzu einem Lazarettzug gehört, der die Arbeitsmarktge-etzgebung der Regierung in den letzten Jahren beglei-et, und zwar deshalb, weil sich die Arbeitsmarktpolitikieser Regierung im Wesentlichen darauf beschränkt,it hohem finanziellen Aufwand die Ergebnisse einererfehlten Wirtschaftspolitik in den Griff zu bekommen.
Ich sage auch ganz deutlich: Das, was an Wachstums-hancen in Deutschland nicht genutzt wird, beispiels-eise durch eine überhaupt nicht erkennbare in sichchlüssige, langfristig angelegte Energiepolitik, kannuch durch eine nachgelagerte Arbeitsmarktpolitik aufem zweiten Arbeitsmarkt nicht ausgeglichen werden.ch wundere mich schon, dass beispielsweise – auch dasst einer der Widersprüche – bei der Grünen Gentech-ik die gesetzlichen Regelungen mit Bürokratie überzo-en werden, sodass eigentlich kaum noch etwas möglichst, während gleichzeitig der Wirtschaftsminister – mirersönlich ist das ein Anliegen – etwa in der Frage dertammzellforschung so tut, als habe es nie eine gründli-he Diskussion und einen fraktionsübergreifenden Be-chluss hier im Parlament gegeben. Diese Dinge passenicht zusammen.
Jetzt ist neu hinzugekommen – die Politik, dass manesetze ständig wieder korrigieren muss, hat sich imrinzip nicht verändert –, dass das Ganze durch die Be-chimpfungsaktionen des Bundeskanzlers begleitet wird.ch sage ausdrücklich: Es gibt Missbrauch und Mitnah-eeffekte. Das ist nicht in Ordnung, dagegen muss et-as getan werden. Ich sage aber auch: Wenn man so mi-erable Gesetze verabschiedet, dass sie geradezu zuitnahmen und Missbrauch einladen, dann muss sichie verantwortliche Politik, die Bundesregierung, auchin wenig selbst an die Nase fassen.
Im Übrigen hätten Sie das alles vorher wissen kön-en; Sie waren bei den Anhörungen ja dabei. Alle kriti-chen Punkte, die jetzt teilweise korrigiert werden, sindamals angesprochen worden. Deswegen wäre es über-aupt nicht notwendig gewesen, dass man jetzt pausen-os nachbessern muss.Ich habe die Anmerkungen des Bundesrechnungs-ofes zur Inanspruchnahme der Vermittlungsgutscheineehr genau gelesen; Sie haben das angesprochen. Dieitarbeiter zum Beispiel der Bundesagentur für Arbeitaben gesagt, diese seien auch vom Auszahlungsmoduser so angelegt gewesen, dass man bei Missbrauch unditnahmen praktisch hilflos gewesen sei, und manönne aus Zeit- und Personalgründen ohnehin nicht je-em Verdacht nachgehen.Jetzt kommt hinzu, dass der Kanzler seine Schelte pi-anterweise in der Ostzeitung „Guter Rat“, die es auch
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Dr. Hermann Kuesschon vor der Wende gab, abgegeben hat. Ich hätte dasnicht so genau gewusst, wenn ich nicht einen Mitarbeiterhätte, der im Osten aufgewachsen ist und das sehr genauverfolgt hat. Er hat diese Hinweise also in erster Linie andie Menschen in den neuen Bundesländern gegeben. Ichsage auch an dieser Stelle noch einmal: Missbrauch istnicht in Ordnung, er muss bekämpft werden. Wenn manGesetze aber so anlegt, dass praktisch alles auf einenMissbrauch hinausläuft und dass eine Mentalität ent-steht, aufgrund deren sich jeder vom Staat das holt, waser bekommen kann, dann darf man sich nicht darüberwundern.Apropos guter Rat: Ich erinnere mich noch sehr genauan die SPD-Broschüre – damals gab es noch einen ande-ren Vorsitzenden; das gebe ich gerne zu –, in der denBürgern haarklein erläutert wurde, wie sie notfalls amRande der Legalität an staatliche Leistungen kommenkonnten, obwohl sie ein ausreichendes Einkommen hat-ten.
Das war im Jahre 1994; es ist also gerade einmal zehnJahre her. Es gibt einen Unterschied: Sie waren damalsdie Opposition und haben geglaubt, der Regierung damitschaden zu können. Es war aber unverantwortlich. Dasist der Unterschied zu unserer heutigen Oppositionsar-beit.
Im Übrigen muss man nicht bis in Ihre Oppositionszeitzurückgehen, um festzustellen, wie Sie Ihre Meinungenüber Bord werfen. Ich könnte dazu viele Beispiele nen-nen.Frau Roth, Sie sagten, wir sollten uns einmal gemein-sam Gedanken darüber machen, wie wir den Weg in dieSelbstständigkeit fördern können. Wir haben im Aus-schuss einen Antrag dazu eingebracht und gesagt, dassman die Grundgedanken der Ich-AG und die Einführungdes Überbrückungsgeldes zusammenführen muss, weilsich gezeigt hat, dass das Überbrückungsgeld wesentlichnachhaltiger wirkt als die Ich-AG. Das lässt sich im Prin-zip schon jetzt nachweisen.70 Prozent der mit dem Überbrückungsgeld geförder-ten Kleinstunternehmen waren auch drei Jahre nach derGründung noch erfolgreich am Markt tätig. Jeder zweiteExistenzgründer hat inzwischen zusätzliche Arbeits-plätze geschaffen. Wir haben Ihnen im Ausschuss drin-gend ans Herz gelegt, dass Sie das unterstützen, weil dasja ein gemeinsamer Weg sein könnte. Wir sagen an allenStellen: Dort, wo im Hinblick auf die Bekämpfung derArbeitslosigkeit etwas besser zu werden scheint, machenwir mit. Das nenne ich konstruktiv. Sie sind aber de-struktiv, weil Sie einen guten Vorschlag, dessen Sinnauch Sie nicht bezweifeln, nur deshalb nicht unterstützthaben, weil er von der Opposition kommt. Das gehtletztlich zulasten der Arbeitlosen.
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Es ärgert mich, dass Sie einen so populistischen Spruchgebraucht haben.
Es geht darum, eine Arbeitsmarktpolitik zu machen, diesich an den Menschen orientiert. Ihre billige Propagandamit dem Spruch „Herz statt Hartz“
hat den Rechten in die Hände gespielt. In trauter Einheitmit der PDS haben Sie diese Strategie gewählt. Es hatIhnen vielleicht in Sachsen genutzt; aber damit habenSaDdusm–summkwÄmTgE1dnogMhigMdsCundabrew
ie politische Lehre, die wir daraus ziehen müssen, ist,ass wir notwendigerweise zusammenstehen müssen,m diese Reformen zu verteidigen und zu erklären, weilie für Deutschland unumgänglich sind.Herr Kues, bei allen Differenzen über einzelne Instru-ente
ob das Vermittlungsgutscheine, Ich-AGs oder ABMind – dürfen Sie nicht einen neuen Aufhänger suchen,m die Politik des schlanken Fußes fortzusetzen. Sieüssen – das zeigen auch die Wahlen – diesem Parla-ent und der Bevölkerung klar machen, dass erstensein Weg an den Reformen, die am 1. Januar wirksamerden, vorbeiführt und zweitens vor dem 1. Januar diermel aufgekrempelt werden müssen, um die Reformenöglichst reibungslos umzusetzen.
Wir stehen unter Zeitdruck. Den haben Sie durch dasheater im letzten Jahr, als es um das Optionsgesetzing, mit zu verantworten.
s ist wichtig, sicherzustellen, dass die Auszahlung am. Januar funktioniert, und es ist wichtig, sicherzustellen,ass die verbesserte Förderung und Betreuung funktio-ieren, egal ob es Schwierigkeiten bei der Software gibtder nicht. Es ist wichtig, dass die Förderung, die Be-leitung, die Beratung und die Auszahlungen bei denenschen ankommen. Darum geht es. Wir müssen unsier zusammentun, um das vorzubereiten.Diese Reformen bedeuten nicht nur eine Veränderungm Denken und im Umgang mit der Arbeitslosigkeit – eseht darum, immer wieder alles daranzusetzen, dass dieenschen beraten und integriert werden und die Dauerer Arbeitslosigkeit reduziert wird –,
ondern diese Reformen bedeuten auch eine großehance für Deutschland. Das gilt in zweierlei Hinsicht,nd zwar einmal für die Jugendlichen, die erstmals nichtur eine elternunabhängige Leistung bekommen, son-ern auch die Garantie für ein Angebot. Sie werden esnnehmen müssen, um ihre Leistung zu bekommen. Sieedeuten zum anderen auch eine Chance und eine He-ausforderung für die Regionen, weil mit dieser Reformine dezentrale Arbeitsmarktpolitik – Herr Kues, dieseollten wir immer – umgesetzt wird.
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Dr. Thea Dückert– Natürlich wollten wir sie.
Wir haben immer auf das Know-how vor Ort hingewie-sen. Die Kommunen, die Träger, die Arbeitgeber, dieKammern und die Wohlfahrtsverbände vor Ort wissenam besten, was sie ihren Langzeitarbeitslosen anbietenkönnen und wie sie mit ihnen umgehen müssen. Sie ken-nen die Menschen. Dieses Wissen wollen wir einbinden.
Wir wissen aber auch, dass die Vermittlung wichtig ist.Dabei hat die Bundesagentur für Arbeit ihre Erfahrungeneingebracht.
Wir müssen am 1. Januar und auch schon vorher füreine reibungslose Umsetzung sorgen.
Ich plädiere für eine lernende Umsetzung. Ich rate jederKommune und unseren Kommunalpolitikern, dafür zusorgen, dass Beiräte bei den Jobcentern eingerichtet wer-den, damit dieses Know-how in den Jobcentern gebün-delt wird. Man muss darauf achten, dass Maßnahmenwie die fälschlicherweise so genannten 1-Euro-JobsQualifizierungsanteile haben und keine regulären Jobsverdrängen. Wir wollen eine lernende Umsetzung, weiles auch Spezialfälle gibt. Die Jobcenter und die Fallma-nager haben eine hohe Verantwortung, wenn diese Spe-zialfälle auftreten.
Frau Kollegin, Sie müssen bitte zum Ende kommen.
Ich komme zum Schluss.
Ich möchte ein Beispiel für die lernende Umsetzung nen-
nen. So gibt es Frauen, die Gewalt ausgesetzt sind und in
ein Frauenhaus gehen. Auch diese Frauen brauchen
– egal ob sie sich dafür entschieden haben, ihr Leben zu-
sammen mit ihrem Partner weiterzuführen, oder dafür,
sich von ihm zu trennen – eine unabhängige Unterstüt-
zung und eine besondere Betreuung. All das werden wir
sicherstellen müssen.
Uns erwartet vor Ort eine Vielzahl von Aufgaben. Ich
wiederhole, Herr Kues: Ich hoffe, wir können das in Ih-
rer Region, dem Emsland, bei uns in Oldenburg wie
auch in den neuen Bundesländern gemeinsam auf den
Weg bringen.
Frau Kollegin, Sie wollten doch zum Schluss kom-
men.
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Ich erteile Kollegen Dirk Niebel, FDP-Fraktion, das
ort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen underren! Wenn man die Rede der Kollegin Dückert hört,ann wundert man sich, dass sich alles, was sie zu Rechtestgestellt hat, leider nicht im Gesetzentwurf wiederfin-et. Mittlerweile bin ich zu der Ansicht gekommen, dassas Wort „Nachbesserung“ zum Unwort des Jahres er-lärt werden müsste; denn es impliziert, dass etwas Gu-es weiter verbessert wird. Aber aufgrund der Erfahrungit Ihrer Gesetzgebung wissen wir, dass meistens dasegenteil der Fall ist. Das trifft auch auf das vorliegendeammelsuriumgesetz zu, in das nicht nur das Schonver-ögen für Kinder, sondern auch viele Einzelpunkte mitingebracht werden, die dazu führen, dass wir diesenesetzentwurf nicht mittragen können.Ich betone aber ausdrücklich: Die FDP-Bundestags-raktion war und ist – übrigens schon länger als Sie – fürie Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe,eil es Sinn macht, zwei steuerfinanzierte Transferleis-ungen für den gleichen Lebenssachverhalt zusammen-ufassen, und zwar nicht nur aus Gründen der Kostener-parnis und der Verwaltungsvereinfachung, sondernuch wegen der Würde der Betroffenen. Diese wirdämlich eher gewahrt, wenn man sich mit seinen intims-en wirtschaftlichen Daten nur vor einem wildfremdeneamten „entkleiden“ muss statt gegenüber unterschied-ichen Behörden.Nichtsdestotrotz sind wir der Ansicht, dass das Mottoesser „Herz und Hartz“ gelautet hätte.
as Motto „Herz statt Hartz“ geht auf das Ergebnis deresetzgebungsberatungen zurück, in denen Sie dafür ge-orgt haben, dass nur das Element des Forderns außer-rdentlich gut geregelt wird. Auch wir sind übrigens da-ür.
Frau Dückert, Sie sollten besser still sein und zuhören,enn ich darstelle, was Sie falsch gemacht haben.
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Dirk NiebelWas das Fordern angeht, haben Sie in dem Gesetzent-wurf effektive Regelungen vorgesehen. Zu kurz kommtaber das Fördern. Denn Sie haben etwas Entscheidendesvergessen, an dem das Herz der Menschen hängt. Sie ha-ben vergessen, die Wirtschafts-, Steuer-, Arbeitsmarkt-und Finanzpolitik so zu reformieren, dass weiteres In-vestieren und Konsumieren möglich wird, dass Arbeits-plätze geschaffen werden können und dass die Men-schen eine Chance bekommen, in den Arbeitsmarktzurückzukehren.
Was wir brauchen, ist „Herz und Hartz“. Das aber schaf-fen Sie mit Ihrer Gesetzgebung leider nicht.
Sie regeln in dem vorliegenden Gesetzentwurf die sogenannte Ich-AG neu. Herr Hartz hat versprochen, dassdurch die Ich-AGs in zwei Jahren 500 000 selbstständigeBeschäftigungsverhältnisse entstehen. Tatsächlich sind190 000 dieser Beschäftigungsverhältnisse zustande ge-kommen, von denen es gegenwärtig noch 157 000 gibt.Gut 30 000 sind inzwischen weggefallen. Vielleicht ha-ben es ein paar Betroffene geschafft, mehr als25 000 Euro im Jahr zu verdienen. Ich wünsche es ihnenzwar, aber ich bezweifle es. Die meisten von ihnen wer-den wahrscheinlich das Problem erkannt haben, dass derFörderbetrag von 600 Euro im ersten Jahr auf 360 Euroim zweiten Jahr sinkt und dass die Ich-AG dann wirt-schaftlich nicht mehr tragbar ist.
Weil wir das Potenzial der selbstständigen Beschäfti-gung für die Arbeitslosen kennen, unterstützen wir aus-drücklich den Antrag der CDU/CSU-Fraktion, die dasgut eingeführte und seit über 20 Jahre wirksame Instru-ment des Überbrückungsgeldes stärken will.
Wir brauchen nicht zwei verschiedene Leistungen fürdenselben Sachverhalt, dass man sich aus der Arbeits-losigkeit heraus selbstständig macht.
Notwendig ist vielmehr eine Leistung, die gut ausgestat-tet und etabliert ist und bei der die wirtschaftliche Trag-fähigkeit überprüft wird.Die Kriterien, die Sie jetzt bei der Ich-AG einführenwollen, entsprechen im Prinzip denen, die es beim Über-brückungsgeld schon lange gibt, mit dem feinen Unter-schied, dass die Leistungen über einen längeren Zeit-raum gewährt werden und dass bis zu 25 000 Euroanrechnungsfrei hinzuverdient werden können. Das darfder Empfänger von Überbrückungsgeld nicht. Insofernist es sinnvoll, eine einheitliche Leistung zu schaffen.dGKfidvnfdKuddblGnrBfsakAsrtMdsnlQSakwmVmcmrkAasdms
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Ich kann es auch salopp sagen. Wir beschließen per Ge-
setz: Ein Kind ist ein Kind, und zwar von Geburt an.
Eine weitere Änderung ist von ähnlicher Güte. Ich er-
innere daran – auch wenn Sie darauf verzichtet haben,
das in Ihrem heute vorliegenden Gesetzentwurf noch
einmal zu erwähnen –, dass das Bundeskabinett bereits
im Sommer dieses Jahres beschlossen hat: Ein Jahr hat
zwölf Monate, auch unter Rot-Grün. Folglich soll das
Arbeitslosengeld II für alle Berechtigten bereits ab Ja-
nuar 2005 und nicht erst ab Februar, wie es der Bundes-
wirtschaftsminister wollte, ausgezahlt werden. Auch das
ist logisch.
Neu zu beschließen ist heute eine Lösung zu den Ver-
mittlungsgutscheinen für Arbeitsuchende. Die neue
Lösung ist für die Betroffenen besser als die alte. Wir
stimmen ihr daher zu.
Schließlich folgen wir noch einer weiteren Änderung.
Ich-AGs sollen künftig auf einem tragfähigen Konzept
fußen. Es soll also vorher geprüft werden. Gleichwohl
merke ich an, dass Ich-AGs mitnichten das Wundermit-
tel gegen die Arbeitslosigkeit sind, als das sie eingeführt
wurden.
Damit komme ich zurück zur gesamten Hartz-Philo-
sophie. Wir finden sie nach wie vor grundsätzlich falsch.
Denn unter dem Strich werden nicht weniger Arbeitslose
stehen, sondern mehr arme Arbeitslose. Das wird durch
Hartz IV verstärkt, allemal in den strukturschwachen
Regionen, egal ob in West, Ost, Nord oder Süd. Ich
möchte Sie nur an die aktuelle Arbeitsmarktstatistik er-
innern. Die Zahl der freien Arbeitsstellen hat drastisch
abgenommen und die Zahl der Langzeitarbeitslosen hat
zugenommen. Das sind die Zahlen, an denen sich Bun-
deskanzler Schröder noch 2002, als die Hartz-Module
vorgestellt wurden, messen lassen wollte. Inzwischen
pfeifen es die Spatzen von den Dächern. Hartz folgt der
bekannten Volksweisheit: Dreimal abgeschnitten und
immer noch zu kurz. Deshalb ist die PDS weiter dage-
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Ich erteile das Wort dem Parlamentarischen Staats-
ekretär Gerd Andres.
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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen underren! Nach den Reden, die hier bisher gehalten wur-en, und nach den Ausschussberatungen kann man da-on ausgehen, dass wir die von uns vorgeschlagenenotwendigen Änderungen mit einer breiten Mehrheit be-chließen werden. Ich füge hinzu: Unser gemeinsamesinstehen für die Reformen ist doch ein Grund dafür,ass in letzter Zeit offensichtlich die Akzeptanz für dieinführung des Arbeitslosengeldes II zunimmt. Dasinde ich gut und das liegt im Interesse unseres Staatesnd unserer Gesellschaft.
Matthias Platzeck hat in Brandenburg sehr eindrucks-oll bewiesen, dass man auch dann Wahlergebnisse posi-iv gestalten kann, wenn man vermeintlich unpopuläreaßnahmen vernünftig erklärt und wenn man darumightet. Ihm gilt – das sage ich ganz ausdrücklich –eine Hochachtung. Mancher Warnung zum Trotz ist eruf die Marktplätze gegangen, hat mit den Menschen ge-prochen und die Notwendigkeit dieser Reform erklärt.ir sehen: Das wird dann auch angenommen.
Es muss daher zukünftig darum gehen, die Bürgeron der Notwendigkeit der Umsetzung der Reformen zuberzeugen. Es muss uns gelingen, ihnen die Vorteile derusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozial-ilfe zu verdeutlichen, damit nicht der Eindruck, es gehellein um die Kürzung von Sozialleistungen, zurück-leibt. Unser Ziel ist es, Arbeitslose besser zu betreuennd ihnen die Möglichkeit zu geben, schneller auf eige-en Füßen zu stehen.Das heute zu beratende Gesetz ist nicht der Anfanginer Erosion unserer Konzepte. Im Übrigen enthält esur einen einzigen Punkt – darauf will ich einmal dezentinweisen –, der sich mit Hartz IV befasst. Wir nehmenediglich eine für notwendig erachtete Nachsteuerungor, deren Richtigkeit auch von Ihnen bestätigt wird;ementsprechend tragen Sie diese Änderung mit. Insge-amt müssen wir die Reformen jetzt wirken lassen. Wirerden die Einführung des Arbeitslosengeldes II genaueobachten. Dabei ist es selbstverständlich, dass ein Re-ormvorhaben dieses Umfangs nicht völlig reibungslosber die Bühne gehen kann.Herr Kues, Sie haben hier gewaltige Worte – „Laza-ettzug“ und Ähnliches – gefunden. Von Niebel kennt
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Murks usw. Was Niebel erzählt, kann man ehvergessen; aber Herrn Kues nehme ich wirklich sehrernst.
Wer diskutiert und im Land unterwegs ist, der weiß, dasswir uns mit einem ganz bestimmten Problem auseinan-der setzen müssen: Es gibt viele Bürgerinnen und Bür-ger, die der Meinung sind, im Falle der Arbeitslosigkeithabe der Staat zu garantieren, dass der Lebensstandardauf Dauer erhalten bleibt – je länger, umso besser. Ange-sichts dessen muss man mit den Menschen darüber dis-kutieren, dass auch die Bürgerinnen und Bürger Verant-wortung tragen und dass diese Verantwortung nicht darinbestehen kann, auf unbegrenzte Dauer Transferleistun-gen des Staates zu beziehen. Ich finde es richtig – dassage ich ausdrücklich –, was der Bundeskanzler dazu ge-sagt hat.Ich erkläre für die Bundesregierung: Mit der Umset-zung der so genannten Hartz-IV-Gesetze kommen wirzügig voran. Letzte Woche Mittwoch ist die Frist zur Zu-lassung als Optionskommune abgelaufen. Bis zum Ab-lauf der Frist haben sich beim Bundesministerium fürWirtschaft und Arbeit 73 Kommunen beworben, die an-stelle der jeweiligen Arbeitsagenturen Leistungsträgerfür das neue Arbeitslosengeld II werden wollen.70 Kommunen haben sich mit Zustimmung der Länderbeworben. Insgesamt können 69 Kommunen zugelassenwerden. Die meisten Anträge sind aus Hessen, Nieder-sachsen und Nordrhein-Westfalen eingegangen. Von deneingegangenen Anträgen können voraussichtlich fastalle berücksichtigt werden, da einige Länder ihre An-tragskontingente nicht ausgeschöpft haben.Dieses Gesetz war ein Kompromiss. Es gibt69 Optionen. Die Bundesregierung wird die Vorgabenpenibel einhalten. Wir werden auch dafür sorgen, dassdiese Optionen mit den gleichen finanziellen und mate-riellen Ausstattungen verbunden sind wie andere.
Das normale Modell ist die Arbeitsgemeinschaft. DieKommunalaufsicht liegt bei den Ländern. Ich bitte Siedaher herzlich – damit wende ich mich auch noch einmalan Sie, Herr Kues –, in den Ländern mit dafür zu sorgen,dass die Möglichkeiten zur Blockade der Arbeitsgemein-schaften beseitigt werden. Dass die Kommunalaufsichtbei den Ländern liegt, können wir nicht ändern; verfas-sungsrechtlich ist es auch richtig. Ich will daran erin-nern, dass auch Niedersachsen dieser Konstruktion zu-gestimmt hat. Es kann nicht sein, dass unterschwellig einPartisanenkampf stattfindet, nach der Melodie: Die ei-nen kümmern sich nur um die Optionen und die anderennur um die Arbeitsgemeinschaften.
Wir sind der Gesetzgeber. Wir müssen dafür sorgen, dassdas Gesetz insgesamt umgesetzt wird.3BgrBZgbdblsigbsAKkwbskkdtbsLambdbzastdmdk2glkdb–df
Die Bundesagentur wird in den Arbeitsgemeinschaf-en ab Januar 2005 – das ist gesagt worden – intensivereraten und betreuen. Es gibt für die unter 25-Jährigenofort einen Betreuungsschlüssel von 1 : 75 und imaufe des Jahres wird es einen Schlüssel von 1 : 150 fürlle anderen erwerbsfähigen Erwachsenen geben.Das neue Recht sieht eine Vielzahl von Förderinstru-enten vor und bietet wesentlich größere Spielräume alsisher. Ich sage ausdrücklich: Die Bundesregierung undie Koalitionsfraktionen haben ein Interesse an einerürgernahen örtlichen, regionalen, dezentralen Umset-ung. Dazu muss die Bundesagentur Punkt für Punktufgefordert werden. Auch dort muss ein Umlernprozesstattfinden. Wir sind der Meinung, dass die Bundesagen-ur insofern ihren Job bisher sehr gut macht. Wir werdenas auch politisch entsprechend weiter begleiten.Bereits ab Oktober wird die Bundesagentur in Zusam-enarbeit mit den Kommunen und Wohlfahrtsverbän-en schrittweise 100 000 zusätzliche Fördermöglich-eiten zur Verfügung stellen. Es handelt sich um5 000 Beschäftigungsmöglichkeiten in den Bundespro-rammen „JUMP plus“ und „Arbeit für Langzeitarbeits-ose“, 25 000 Möglichkeiten zur Teilnahme an Sprach-ursen sowie 50 000 Zusatzjobs.Die Zusatzjobs sind zusätzliche Arbeitsgelegenheiten,ie qualifizierte Arbeitsmöglichkeiten bieten. Wir sindei unseren Gesprächen mit den Wohlfahrtsverbändensowohl der Minister als auch die Arbeitsebene als auchie Staatssekretäre haben entsprechende Gespräche ge-ührt –, auf großes Interesse gestoßen. Wichtig ist mir
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Parl. Staatssekretär Gerd Andresdabei, Rahmenbedingungen, Kriterien, Einsatzfelderund Zielgruppen für die Schaffung von Zusatzjobs fest-zulegen und Qualitätsmaßstäbe zu erarbeiten. Wir wol-len den Menschen über die Zusatzjobs eine Perspektiveauf eine Rückkehr ins normale Erwerbsleben eröffnen.Lassen Sie mich noch kurz auf die hier zu beratendenAnträge eingehen. Anstatt die beschlossene Reform ent-schlossen umzusetzen, machen Sie genau das, was Sieuns schon wieder vorwerfen: Sie fordern ständig Verän-derungen dieser Reform, bevor sie überhaupt in Kraftgetreten ist. Lassen Sie uns doch die Wirkung der neuenArbeitsmarktpolitik evaluieren, bevor übereilt nochnicht voll zur Wirkung gekommene Instrumente wiederverändert werden!Ich möchte daran erinnern, dass der Deutsche Bun-destag die Bundesregierung am 14. November 2002 auf-gefordert hat, die Umsetzung der Hartz-Vorschläge zeit-genau zu evaluieren und innerhalb von drei Jahren einenErgebnisbericht vorzulegen. Dieser Aufforderung istdie Regierung konsequent nachgekommen. Wir habenWirkungsforschung in Auftrag gegeben und die For-schungsinstitute haben sich bereits an die Arbeit ge-macht. Wir werden dem Bundestag im Jahr 2006 von ih-ren Ergebnissen berichten.
Mithilfe der Evaluation werden wir erfahren, welche In-strumente tatsächlich Wirkung zeigen und welche nicht.Dazu will ich noch etwas sagen; das betrifft eine deut-sche Eigenart. Wir haben die Ich-AG eingeführt, weilwir der Auffassung sind, dass wir eine unkomplizierteMöglichkeit einer einfachen Form der Selbstständigkeitbrauchen. Sie ist erfolgreich. In diesem Jahr gibt es120 000 Bezieher von Überbrückungsgeld, daneben ha-ben wir 160 000 Personen über die Ich-AG gefördert.Dass wir jetzt Steuerungsinstrumente dazu einführen,hängt damit zusammen, dass wir natürlich auch die Aus-gabenseite in diesem Bereich steuern müssen; denn derStaat – das gilt auch für die Arbeitslosenversicherung –hat kein Geld zu verschenken.Aber was Herr Niebel in Bezug auf die Ich-AG sagt– er hantiert ja mit der Zahl von 30 000 –, geht so nicht.Sicherlich werden viele, die eine Ich-AG gegründet ha-ben, die Selbstständigkeit nicht überstehen, aber wir hof-fen, dass viele andere sie überstehen. Mit diesem Instru-ment wird eine zusätzliche Chance gegeben, in dieSelbstständigkeit zu gehen.
Die Hälfte aller Neugründungen von Selbstständigen er-folgt aus der Arbeitslosigkeit, und zwar mit unseren be-währten Instrumenten. Deswegen braucht man die auchgar nicht zu beseitigen oder zu verändern, wie das hiergefordert wird.
Kollege Andres, gestatten Sie noch eine Zwischen-
frage des Kollegen Niebel?
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Wie erbeten, erteile ich dem Kollegen Niebel das
ort zu einer Kurzintervention.
Vielen Dank, Herr Präsident. Der Wunsch des Herrntaatssekretärs ist mir natürlich Befehl. Er hätte auchanz kurz einfach eine Frage beantworten können.In Ihrer Rede, Herr Staatssekretär, haben Sie gesagt,ass die Ich-AG ein Instrument sein soll, mit dem manich ohne großen bürokratischen Aufwand leicht selbst-tändig machen kann. Jetzt führen Sie mit diesem Ge-etz, über das heute abgestimmt wird – wie ich finde,brigens zu Recht –, als Voraussetzung für die Gründunginer Ich-AG das Vorliegen einer Tragfähigkeitsbeschei-igung ein. Dafür muss der Bewerber Folgendes vorle-en: eine Beschreibung der Geschäftsidee, einen Kapi-albedarfsplan, einen Finanzierungsplan, eine Umsatz-nd Rentabilitätsvorschau. Exakt diese Kriterien müssenuch für die Bewilligung des Überbrückungsgeldes er-üllt werden. Beide Formen unterscheiden sich jetzticht mehr, was den bürokratischen Aufwand angeht,ondern nur noch hinsichtlich der Länge der Förderungnd im Umstand, dass man bei einer Ich-AG5 000 Euro anrechnungsfrei hinzuverdienen kann. Inezug auf die Bürokratie gelten exakt die gleichen Rah-enbedingungen. Das heißt, Ihr Argument ist schlicht-eg falsch.
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Kollege Andres, ich erteile Ihnen das Wort zur Ant-
wort.
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Mein Argument ist natürlich nicht falsch. Ich habe
ausdrücklich darauf hingewiesen, dass wir diese Rege-
lungen einführen, um das mengenmäßige Anwachsen in
einer bestimmten Art und Weise steuern zu können. Wir
bleiben dabei, dass es im Unterschied zur Gründung ei-
ner Firma mit einer ausgeprägten Idee und allem Drum
und Dran auch Möglichkeiten geben muss, sich relativ
einfach und simpel selbstständig zu machen.
Dazu gehört, dass bei der Ich-AG eine andere Förderung
stattfindet, nämlich bei den Sozialversicherungsbeiträ-
gen. Dazu gehört nach Vorstellung der Bundesregierung
auch eine andere steuerrechtliche Behandlung. Wir ha-
ben dazu Vorschläge gemacht, die zum Teil leider im
Bundesrat abgelehnt wurden. Hierzu zählen eine Über-
schussrechnung in einem vereinfachten Verfahren und
eine Grenze für die Besteuerung von 25 000 Euro. Ich
kann Ihnen versichern, wir werden weiter daran arbeiten,
weil wir glauben, dass dieses Land mehr Selbstständige
braucht und es Wege geben muss, wie Menschen sich
einfach selbstständig machen können.
Daran, dieses Ziel zu erreichen, wird die Regierung wei-
ter arbeiten.
Ich danke Ihnen für die Möglichkeit, dass ich dieses
hier noch einmal darstellen durfte, Herr Niebel. Herzli-
chen Dank.
Ich erteile das Wort Kollegin Veronika Bellmann,
CDU/CSU-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten
Damen und Herren! Die Zusammenlegung von Arbeits-
losen- und Sozialhilfe ist noch nicht in Kraft und schon
müssen wir nachbessern. Sie nennen das korrigieren.
Wie so oft bei Gesetzen und Reformen der Bundesre-
gierung wurde wieder einmal nach dem Motto „Versuch
und Irrtum“ verfahren. Genau da liegt der Unterschied
zu den von Ihnen so viel gescholtenen CDU-geführten
Regierungen. Wenn wir bei den umfangreichen Umbrü-
chen nach der Wende – man denke nur an die Währungs-
umstellung – so geschludert hätten wie Sie bei der Um-
setzung der Arbeitsmarktreformen, dann wären wir
nicht dort, wo wir jetzt sind.
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Für die ordnungsgemäße Umsetzung des politischen
illens sind einzig und allein die Bundesregierung und
hre Administration zuständig. Eine Regierung, die für
magebroschüren all ihrer Minister Millionen ausgibt,
ber weder Zeit noch Geld zum rechten Zeitpunkt auf-
ringt, um Millionen von Arbeitslosen zu informieren,
oraus diese zukünftig ihre Existenz bestreiten sollen,
efährdet leichtfertig das Vertrauen in die Demokratie.
Bei einem solchen Reformwerk ist Nachbesserung
ber immer noch besser, als Falsches in Kraft treten zu
assen. Es wird sich zeigen, dass wir unter Beibehaltung
er Grundsätze für Veränderungen offen bleiben müssen.
ir werden deshalb sicherlich nicht das letzte Mal nach-
ebessert haben; da bin ich mir fast sicher.
Ich klage Sie an wegen der miserablen Informations-
nd Aufklärungspolitik. Ich klage Sie an, weil Sie uns
arlamentarier immer wieder hinters Licht führen, in-
em Sie in Ihren Ministerien mit der Erarbeitung der
otwendigen Verwaltungsvorschriften nicht Schritt hal-
en können oder wollen – beides ist schlimm genug. Ich
rinnere dabei zum Beispiel an das Optionsgesetz.
icht die Aussage von Frau Dückert ist richtig, dass wir
chuld an den Verzögerungen seien. Sie sind schuld da-
an, weil Sie der Grundgesetzänderung nicht zugestimmt
aben, die die Finanzsicherheit für die Kommunen ge-
racht hätte.
ie wollen sagen können – eine Antwort aus dem Wirt-
chaftsministerium von dieser Woche bestätigt mir
as –: Seht her, niemand will die Optionen! – Deswegen
lockieren Sie in Ihren Häusern.
Ich bewundere diejenigen Kommunen, die es den-
och wagen, zu optieren, und ich wünsche ihnen Erfolg.
ber ich kann auch die verstehen, die sich diesen Schritt
icht trauen, weil sie kein Vertrauen in die Verlässlich-
eit der Aussagen der Bundesregierung haben.
Kollegin Bellmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage
es Kollegen Andres?
Nein.Ich klage Sie an, weil Ihr Bundeskanzler wie ein Ele-ant im Porzellanladen ohne jegliche Sensibilität für diengste der Menschen, vor allem im Osten, reagiert. Er
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Veronika Bellmannmüsste längst gemerkt haben, dass sich bei uns nicht nurdie Postleitzahlen geändert haben, sondern die Men-schen von einem Umbruch in den anderen geraten; dennDeutschland leidet eben nicht an seinen neuen Ländern,sondern an seinen alten Krankheiten, die nicht der Osteneingeschleppt hat. Ich spüre oft, dass die Sehnsucht imOsten nach Gerechtigkeit bei Reformen eher zur Forde-rung nach Gleichheit wird. Der Osten habe den Erfolgder sozialen Marktwirtschaft noch nicht erlebt, sagtAngela Merkel. Stimmt, denn sonst wäre klar, dass dieForderung nach Gleichheit den Wettbewerb und damitdie Triebkraft in unserer Gesellschaft erstickt.Wir alle miteinander haben es nicht verstanden, mitdem langfristigen Nutzen von gut umgesetzten Refor-men zu werben. Stattdessen wird nur über Einschnitte,Kürzungen und Opfer gesprochen. Das ist genau so, alswenn Sie Alkoholikern sagen, sie opferten etwas, wennsie nicht mehr trinken. Nein, Sie müssen ihnen klar ma-chen, dass der Verzicht auf die Droge ihre einzigeChance ist, wieder ein Leben in Würde in einer Gemein-schaft zu führen.
Wir kommen nicht ohne Erneuerung und Anpassung andie Erfordernisse der Zeit aus und wir müssen alle unse-ren Beitrag leisten, auch wir Politiker.Vielleicht vermissen die Menschen die Vorbildfunk-tion der Repräsentanten dieses Landes und das ist beiweitem nicht nur die Politik. Auch das ist unsere Auf-gabe: Vorbild zu sein, Richtung und Orientierung zu ge-ben. Mit der Zustimmung zu den Arbeitsmarktreformenhaben wir uns an einer Weggabelung für eine Richtungentschieden. Die Bundesregierung, die nun Orientierunggeben sollte, hat aber eine Baustelle nach der anderenauf dieser Straße angefangen, ohne wenigstens mit denentsprechenden Hinweisschildern oder sozusagen alsVerkehrshelfer den Menschen Hilfe zu geben. Stattdes-sen kam es immerfort zum Stau. Die Menschen habendas Gefühl, in eine Sackgasse geraten zu sein. Die Peter-Hartz-Straße ist für sie oftmals eine Einbahnstraße insNiemandsland.
Damit zurück zum vorliegenden Gesetzentwurf. Diewichtigsten Punkte – Kollege Kues hat schon darauf hin-gewiesen – tragen wir mit, obgleich sich wiederum dieFrage stellt, ob die Regierung dabei bis zum Ende ge-dacht hat. Beispiel Ich-AG: Dafür muss jetzt ein Ge-schäftsplan vorgelegt werden, der fachkundig geprüftwird. Das allein garantiert aber noch nicht, dass dasGründungsvorhaben erfolgreich ist. Immerhin habenschon wieder 30 000 Kleinstunternehmen aufgegeben.Im Übrigen befürchten die Industrie- und Handelskam-mern außer Wettbewerbsverzerrungen, dass sich die Ich-AGs und die so genannten 1-Euro-Jobs gegenseitig einegroße Konkurrenz werden, da sich beide vornehmlichauf dem Dienstleistungssektor betätigen. Diese Befürch-tung ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Schließlichhaben wir ungefähr 1,06 Millionen erwerbsfähige So-zialhilfebezieher. Wenn diesen Jobs angeboten werdenmaddmmugo5AebpsmddardhSpSngrdKRztr–W
Im Übrigen wäre es unserer Meinung nach sinnvoller,ie Förderinstrumente für Unternehmensgründungenurch Arbeitslose zu vereinheitlichen; das sagten aucheine Vorredner schon.Die Mehrheit der 13 Reformmodule der Hartz-Refor-en verfehlt das angestrebte Ziel, die Arbeitslosenzahlm 2 Millionen zu verringern. Die Bilanz der Bundesre-ierung: Höchststände an Arbeitslosen, Tiefststände beiffenen Stellen, die Zahl der Erwerbstätigen ist um über00 000 zurückgegangen.Um das Ziel der Hartz-Kommission – die Zahl derrbeitslosen auf 2 Millionen zu senken – doch noch zurreichen, dürfte im kommenden Jahr kein einziger Ar-eitsplatz wegfallen und pro Tag müssten 6 145 Arbeits-lätze neu geschaffen werden. Das werden Sie nichtchaffen – nicht einmal mit dem erfolgreichen Instru-ent der Hartz-Reformen, den Minijobs, die auf die For-erung der Union hin zustande kamen.
Daher liegt noch viel Arbeit vor uns und vom Endeer Reformen darf noch keine Rede sein. Uns muss vorllem klar sein, dass wir zurzeit nur die Symptome ku-ieren und nichts weiter. Das eigentliche Hauptübel istie verfehlte Wirtschaftspolitik dieser Regierung. Dieohe Arbeitslosigkeit zieht einen Mangel an offenentellen nach sich. Hartz IV allein schafft keine Arbeits-lätze.Solange den Menschen nicht in ausreichendem Maßetellen zur Verfügung gestellt werden, die aus Investitio-en resultieren – ich werde Sie im Rahmen der Beratun-en über den Bundeshaushalt gerade bei den GA-Forde-ungen eindeutig darauf hinweisen –, bleibt das Konzeptes Förderns und Forderns Makulatur.Danke.
Das Wort zu einer Kurzintervention erteile ich dem
ollegen Gerd Andres.
Liebe Frau Kollegin Bellmann, Sie haben in Ihrerede formuliert – ich bitte Sie, dies zu überprüfen undu korrigieren –: Deshalb blockieren Ihre Häuser die Op-ionen. – Ich will hier ausdrücklich für die Bundesregie-ung erklären
Herr Kauder und andere, die es wissen, sitzen dort –:ir stehen zum Ergebnis des Vermittlungsausschusses.
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Gerd AndresEs wird 69 Optionen geben. Die Optionen werden denAgenturen vergleichbar ausgestattet. Wir haben ein Inte-resse daran. Konkurrenz belebt das Geschäft. Wir ma-chen die 69!Ich bitte Sie ganz ausdrücklich: Wenn Sie irgendwoeinen Beleg dafür haben, dass Häuser der Bundesregie-rung die Optionen behindern, dann bitte ich Sie, das zubelegen. Andernfalls bitte ich Sie, diese Aussage zurück-zunehmen.
Das Wort zu einer weiteren Kurzintervention erhält
Kollege Kauder.
Herr Kollege Andres, es ist nicht so, wie Sie gesagt
haben.
– Ich mache eine Kurzintervention, weil ich persönlich
angesprochen wurde. Herr Andres hat mich angespro-
chen.
Was geht oder was nicht geht, entscheide ich. Kollege
Kauder hat die Gelegenheit zu einer Kurzintervention.
Herr Kollege Andres, Fakt war – das habe ich im Ver-
mittlungsausschuss alles miterlebt –: Die Bundesregie-
rung, die rot-grüne Regierungskoalition, hat alles daran-
gesetzt, den Kommunen eine Option so schwer wie
möglich zu machen. Das war Ihre Haltung.
Es war ein irrsinniger Kampf, um überhaupt auf die
69 zu kommen. Weil es so ein Kampf mit Ihnen war, hat
es so lange gedauert.
Ich will jetzt nicht über das Gesetz streiten. Denn es
ist tatsächlich so: Wir haben dieses Gesetz miteinander
beschlossen und wollen es auch miteinander ausführen.
Bei Ihnen hat es allerdings Landtagsabgeordnete gege-
ben – den einen oder anderen auch bei uns –, die das Ge-
setz kritisiert haben. Aber was der Vorsitzende der SPD
und der SPD-Bundestagsfraktion in diesen Tagen macht,
ist unerträglich. Er hat einen Brief an die Menschen in
diesem Land geschrieben, in dem steht, dass das, was die
Union im Zusammenhang mit Hartz IV macht, schäbig
– so steht es dort – sei.
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st unglaublich.
ch will Ihnen noch etwas sagen: Wir stehen zu dem, was
ir beschlossen haben.
Sie brauchen gar nicht zu lachen. – Der Bundeskanzler
agt hier einerseits vor dem Plenum: „Wir stehen zu
em, was wir beschlossen haben“, und kündigt anderer-
eits den im Rahmen der Gesundheitsreform getroffenen
ompromiss auf. So sind Ihre Positionen!
ie halten sich an gar nichts und verschicken Briefe, in
enen Sie schreiben, dass sich die Union schäbig verhält.
o kann man nicht zusammenarbeiten. Merken Sie sich
as!
Ich schließe die Aussprache.Wir kommen damit zur Abstimmung über den vonen Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grü-en eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderunges Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Ge-etze, Drucksache 15/3674. Der Ausschuss für Wirt-chaft und Arbeit empfiehlt unter Buchstabe a seiner Be-chlussempfehlung auf Drucksache 15/3737, denesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, dieem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzei-hen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Ge-etzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stim-en des Hauses gegen die Stimmen der FDP-Fraktionngenommen.Dritte Beratungnd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die demesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Wertimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurfst mit der gleichen Mehrheit wie zuvor angenommen.Ich muss noch nachtragen: Die Kollegin Bellmannat eine Erklärung zur Abstimmung abgegeben.1)Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-mpfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeituf Drucksache 15/3737 zu dem Antrag der Fraktion derDP mit dem Titel „Möglichkeiten der privaten Arbeits-ermittlung durch marktgerechte Ausgestaltung der Ver-ittlungsgutscheine verstärkt nutzen“. Unter Buchstabe beiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Ausschuss,Anlage 3
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Präsident Wolfgang Thierseden Antrag auf Drucksache 15/3513 abzulehnen. Werstimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmtdagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlungist mit den Stimmen der SPD, des Bündnisses 90/DieGrünen, mehrheitlich der CDU/CSU-Fraktion und derbeiden fraktionslosen Abgeordneten gegen die Stimmender FDP-Fraktion angenommen.Wir kommen zu Zusatzpunkt 5, zur Abstimmung überden Antrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache15/3707 mit dem Titel „Langfristig eine einheitlicheFörderung der Selbstständigkeit von Arbeitslosen schaf-fen“. Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dage-gen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit den Stimmender SPD, des Bündnisses 90/Die Grünen und der beidenfraktionslosen Abgeordneten gegen die Stimmen derCDU/CSU und der FDP abgelehnt.Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 auf:Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. RolfBietmann, Kurt-Dieter Grill, Dr. Peter Paziorek,weiterer Abgeordneter und der Fraktion derCDU/CSUKeine weitere Verzögerung in der Frage derEntsorgung nuklearer Abfälle– Drucksache 15/3492 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
FinanzausschussAusschuss für Wirtschaft und ArbeitHaushaltsausschussNach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für dieAussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. Ich hörekeinen Widerspruch. – Dann ist so beschlossen.Ich eröffne die Aussprache und erteile dem KollegenPeter Paziorek, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.Liebe Kolleginnen und Kollegen, diejenigen, die denSaal verlassen wollen, bitte ich, das schnell zu tun, damitwir mit unseren Beratungen ungestört fortfahrenkönnen. – Kollege Paziorek, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-ren! Wir beraten heute den Antrag meiner Fraktion, mitdem der Deutsche Bundestag aufgefordert wird, denBlockade- und Verhinderungskurs des Bundesumwelt-ministers in Sachen Endlagerung nuklearer Abfälle zustoppen. Wir als Union wollen, dass mit der permanen-ten Verzögerung wichtiger Entscheidungen durch dieseBundesregierung bei der Entsorgung nuklearer Abfälleendlich Schluss ist.
Seit Monaten kündigt der Minister an, dass er in derEndlagersuche aktiv werden will. Aber nichts passiert.Es ist ja auch kein Wunder: Wer sich so wie Sie, HerrMinister, auf das Dosenpfand konzentriert, der hat keineZeit für die wirklich wichtigen Themen der Umweltpoli-tik.DddnEvhaSrdEdbbmgSs2eSdbefsnVsfl2sMnDsEna2VsDFbzv
ie CDU/CSU beantragt deshalb heute Morgen, erstensie atomrechtliche Veränderungssperre für das Erkun-ungsbergwerk Gorleben zu erlassen und den begonne-en Beratungsgang nicht zu verzögern, zweitens von derin-Endlager-Strategie abzugehen und zu der bis 1998erfolgten Zwei-Endlager-Strategie zurückzukehren, daseißt den Schacht Konrad für schwach und mittelradio-ktive Abfälle endlich in Betrieb zu nehmen und dentandort Gorleben als mögliches Endlager für hochadioaktive, Wärme entwickelnde Abfälle vorzusehen,rittens – als Konsequenz daraus – das Moratorium zurrkundung von Gorleben aufzuheben und die Erkun-ungsarbeiten fortzusetzen.Wir beantragen dies deshalb, weil Sie, Herr Minister,ei der Entsorgungsfrage eine Doppelstrategie betrei-en. Nach außen bekunden Sie immer die Bereitschaft,it einem neuen Suchverfahren zu beginnen, undleichzeitig verordnen Sie nach innen den permanententillstand. Die Ergebnisse des von Ihnen ja selbst einge-etzten Arbeitskreises Endlager liegen schon seit Ende002 vor. Bis heute haben Sie den Endbericht noch nichtinmal bewertet und immer nur allgemein gesagt, wieie damit umgehen wollen. Dies ist auch nicht verwun-erlich, denn zu Ihrem großen Erstaunen ist der End-ericht nicht so ausgefallen, wie Sie sich das vielleichtrhofft haben. Nun haben Sie vor wenigen Wochen öf-entlich erklärt, Sie wollen jetzt, im Herbst, einen Ge-etzentwurf vorlegen. Die hierzu von Ihnen abgegebe-en Erklärungen ignorieren jedoch Ihre frühereorgehensweise zur Standortauswahl vollkommen. Sietellen die Endlagerkonzepte Gorleben und Konrad in-rage und verstoßen mit Ihrer Vorgehensweise tatsäch-ich auch gegen die Vereinbarung, die Sie am 14. Juni000 mit den Energieversorgungsunternehmen geschlos-en haben.Die Union spricht sich heute klar und deutlich, Herrinister, gegen ein neues Suchverfahren aus. Es ist nichtötig; Sie sind in dieser Frage auf dem falschen Weg.
ie von Ihnen beabsichtigte Neuaufnahme der Standort-uche führt ja zwangsläufig zu einer Realisierung derndlagerung frühestens erst nach 2040 – und dies ist jaach Ihren eigenen Zeitvorstellungen viel zu spät. Dennuch Sie sprechen sich immer dafür aus, dass wir schon030 ein Endlager haben müssten. Sie können mit demerfahren, das Sie jetzt anstreben, Ihre eigene Zielvor-tellung – 2030 – gar nicht einhalten; das wissen Sie.eshalb versuchen Sie, einer Diskussion über dieserage vor der Bundestagswahl 2006 auszuweichen.
Man braucht sich einfach nur den Zeitablauf beimisherigen Standorterkundungsverfahren Gorleben bisum Moratorium anzuschauen. Da sind schon 20 Jahreergangen. Wenn das Moratorium jetzt aufgehoben
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Dr. Peter Paziorekwird, können wir frühestens in fünf Jahren zu einem Er-gebnis kommen, sodass wir sagen können: Der Standortist geeignet oder er ist nicht geeignet. Zusätzlich müssenwir uns den Zeitrahmen anschauen, den wir für ein Plan-feststellungsverfahren brauchen. Das ist Neuland.
– Auch wenn Sie „interessant“ rufen: Wir haben20 Jahre für Konrad gebraucht, für ein Planfeststellungs-verfahren, in dem es um schwach radioaktive Stoffeging. Wir haben nach 20 Jahren den Planfeststellungsbe-schluss. Sie selbst haben ihn noch nicht einmal für voll-ziehbar erklärt. Sie setzen darauf, dass jetzt dieser Plan-feststellungsbeschluss beklagt wird. Jetzt zählen Sieeinmal zusammen, welche Zeiträume uns noch für Gor-leben bleiben, wie lange wir noch für ein Planfeststel-lungsverfahren brauchen, wie lange ein Klageverfahrenlaufen wird! Dann werden Sie sehen, dass Sie nie mit2030 hinkommen. Ihre eigenen zeitlichen Vorstellungen,Herr Minister, sind auf Sand gebaut.
Sie werden mit dem, was Sie dem Bundestag und derPresse sagen, Ihrer Verantwortung als Minister nicht ge-recht. Das wissen Sie. Sie tun in dieser Frage nichts.Jetzt kommt das Interessante. In der deutschen Atom-politik hat immer das Verursacherprinzip gegolten, dasbesagt: Die Wirtschaft ist letztlich zuständig, die Kostenzu tragen.
Gleichzeitig bestand in Deutschland zwischen Bund undLändern ein Konsens darüber, dass bei der wichtigenFrage, wo ein solches Lager nun geplant und gebautwird, sich der Bund als Vertreter des Staates nicht ausdieser Verantwortung zurückziehen kann. Deshalb hat esin Deutschland einen Konsens dahin gehend gegeben,dass trotz Anerkennung des Verursacherprinzips derBund die staatlichen Aufgaben der grundsätzlichen Pla-nung übernimmt. Damit war das immer eine grundsätzli-che Bundesaufgabe. Indem Sie davon reden, es solle einspezieller Verband gegründet werden, in dem dieEnergieversorgungsunternehmen eine Mehrheit bekom-men sollten, unternehmen Sie im Augenblick den Ver-such, diese typische Bundesaufgabe loszuwerden. Siemachen das deshalb, weil Sie genau wissen: Wenn Sieals Minister diese Bundesaufgabe erfüllen müssen, dannkommen Sie parteipolitisch in eine schwierige Situation.Sie müssen nämlich einerseits als Minister Verantwor-tung für den Staat tragen, während Sie andererseits mitIhrer parteipolitischen Basis nicht klarkämen. DiesemKonflikt wollen Sie ausweichen;
deshalb verhindern und blockieren Sie. Sie haben in die-ser Frage kein Konzept. Das muss man Ihnen vorwerfen.
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aran kann man sehen, wie Sie in dieser Frage schlin-ern und welchen Kurs Sie haben.Wir sagen klar und deutlich: Das Moratorium in Gor-eben soll aufgehoben werden. Wir sollten endlich dieissenschaftlichen Erkundungsarbeiten in Gorlebenortsetzen.
Zum Schluss: Auch aus finanziellen Gründen ist Ihrurs verantwortungslos.
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Dr. Peter PaziorekSeit 1998 bis heute haben Sie Studien zur nuklearen Ent-sorgung für mehr als 18 Millionen Euro in Auftrag gege-ben. Nach Angaben der Bundesregierung verschlang al-lein die Erstellung des Endberichtes des ArbeitskreisesEndlager Steuergelder in Höhe von 5,8 Millionen Euro.Weitere Studienvergaben stehen an. Es ist sogar zu be-fürchten, dass diese Studien freihändig vergeben wer-den. Das alles zeigt, wie schleierhaft und fragwürdig dasganze Verfahren ist.Wir sagen ganz klar und deutlich: Auch aus finanziel-len Gründen ist Ihr Kurs verantwortungslos. Erst kürz-lich hat der Bundesrechnungshof festgestellt, dass Siedurch Ihre Politik der Verzögerung Haushaltsrisiken inMilliardenhöhe in Kauf nehmen.Herr Minister, es ist höchste Zeit, dass Sie die Realitä-ten zur Kenntnis nehmen. Geben Sie Ihre starre Haltungauf! Stellen Sie sich der Verantwortung und machen Sieendlich den Weg für eine zukunftsfähige Lösung in derEndlagersuche frei!
Ich erteile das Wort Kollegen Horst Kubatschka,
SPD-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen undKollegen! Es wird Sie sicherlich nicht überraschen,wenn wir Ihren Antrag ablehnen. Wir tun das mit gutemGewissen, denn Ihr Antrag ist im Grunde genommen nurder durchsichtige Versuch, einen sicherlich schwierigenProzess der Ergebnisfindung durch forsche Behauptun-gen und Unterstellungen abzukürzen. Dafür ein Beispiel:In Ihrem Antrag sagen Sie, die dezentralen Zwischenla-ger drohten quasi zu Endlagern zu werden. Das ist Pa-nikmache.
Dabei kann ich Ihnen eine gewisse Konsequenz nichtabsprechen: Sie setzten mit Ihrem Antrag konsequent ei-nen weiteren Meilenstein auf Ihrem Weg einer fahrlässi-gen Atom- und Energiepolitik.
Sie unterstellen wider besseres Wissen, dass die Bundes-regierung in Verzug sei. Das ist unredlich, um nichtschärfere Ausdrücke zu benutzen. Wir sind nicht in Ver-zug, sondern liegen weiterhin gut im Zeitplan.
Der Bundesumweltminister hat erst Anfang Septem-ber öffentlich klargestellt, dass noch in diesem Herbstein Gesetzentwurf für ein Endlagersuchverfahren vor-gelegt wird. Dann werden wir im Bundestag die Krite-rien für das von uns beschlossene ergebnisoffene Aus-wahlverfahren in aller Gründlichkeit und Transparenzdebattieren.LsTw–WOpBmlbfEkZwlmIFmdDfrggzdrDv
Ach, Sie stehen immer noch zur Wiederaufbereitung inackersdorf? Das ist überraschend.
der wollen Sie allen Ernstes mit einer 25 Jahre altenolitischen Vereinbarung die Entscheidungsfreiheit desundestages aufheben? Das wäre doch ein etwas seltsa-es Verständnis von parlamentarischer Souveränität.Wir wollen ein zügiges Verfahren, aber keine Hude-ei. Dafür ist das viele Jahrtausende überspannende Pro-lem der sicheren Endlagerung hoch radioaktiver Ab-älle nun wirklich viel zu sensibel. Ich respektiere dieinwände derer, die auf eine möglichst rasche und auchostengünstige Lösung drängen, wobei ich allerdingsweifel habe, ob Zügigkeit und Kostengünstigkeit hierirklich zueinander finden.Die friedliche Nutzung der Kernenergie wurde einge-eitet, ohne das Problem der Endlagerung ernst zu neh-en.
n den 50er-Jahren wurde das Programm „Atome für denrieden“ aufgelegt. Von Entsorgung sprach damals nie-and. Wir hatten einen Atomminister Strauß, der überie Frage der Entsorgung nie ein Wort verloren hat.
as ist kein Vorwurf. Das war in der Gesellschaft ein-ach kein Thema.Die Wissenschaft hat uns in den 50er- und 60er-Jah-en eine Welt ohne Energieprobleme vorgegaukelt. Esab Wissenschaftler – damals haben bekanntlich Sie re-iert –, die meinten, in den Häusern könnten die Strom-ähler ausgebaut werden, weil der Strom so billig sei,ass sich die Kosten für die Zähler nicht mehr amortisie-en würden.
ie Wissenschaft gaukelte uns ein Perpetuum mobileor.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 127. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. September 2004 11599
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Horst KubatschkaAls junge Studenten saßen wir Anfang der 60er-Jahre inden Vorlesungen und waren begeistert von den techni-schen Möglichkeiten der Kernenergie. Es fiel aber keinWort über Entsorgung und die Lösung der damit verbun-denen Probleme.
Professor Heisenberg, eine Ikone der deutschen Kern-energieforschung, gab damals als Lösung an: ein dreiMeter tiefes Loch, drei Meter Erde darüber, das Problemder Entsorgung ist gelöst. Wir wissen, dass das nicht dieLösung ist.
– Sie lachen, aber das war sein Vorschlag.Die Wissenschaft und die Technik haben die Politik,aber auch die Wirtschaft in eine Sackgasse geführt. Bis-her gibt es weltweit noch keine Lösung für die Endlage-rung.
Jahrzehntelang wurde das Problem der Endlagerung aufzukünftige Generationen geschoben.
Dies war einer der Gründe dafür, warum die rot-grüneKoalition die Nutzung der Atomkraft für nicht mehr ver-antwortbar hält und den Atomausstieg eingeleitet hat.
Deshalb ist es leichtfertig, wie Sie in Ihrem Antrag überEinigungen und Sicherheitsfragen atomarer Endlager an-scheinend abschließende und belastbare Urteile fällen.Sie haben das gerade in Ihrer Vorrede bestätigt. Es ist je-doch – gelinde gesagt – erstaunlich. Ich halte dies in ho-hem Maße für unseriös.Genauso fragwürdig ist in meinen Augen auch IhreHaltung zum Arbeitskreis „Auswahlverfahren Endlager-standorte“, kurz: AK End, und zu der von der Bundes-regierung vorgeschlagenen Verhandlungsgruppe Nu-kleare Endlager. Union und FDP haben sich in trautemEinvernehmen mit dem Land Niedersachsen und denAKW-Betreibern schlicht verweigert.
Ich muss aber in aller Deutlichkeit feststellen: Nicht wir,sondern die Union hat sich aus der nationalen Verant-wortung für die Endlagerung herausgeschlichen.
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erade beim Atommüll gilt ohne Einschränkung daserursacherprinzip. Einen Atommülltourismus und dasegschieben dieser Erblast wird es mit uns nicht geben.
as haben wir auch mit Blick auf die Diskussion inrüssel über die europäischen bzw. internationalen Op-ionen deutlich gemacht, um gerade von den Bürgerin-en und Bürgern vor Ort immer wieder geäußerte Zwei-el zu entkräften. Zwischenlager sind keine Endlagernd sie werden nicht zu Endlagern gemacht. Ihre Geneh-igung ist befristet. Das Ziel, bis zum Jahr 2030 ein be-riebsbereites Endlager zur Verfügung zu haben, stehtnd wird eingehalten. Das hat Umweltminister Trittinmmer wieder betont.
Die Unionsfraktionen instrumentalisieren jetzt auchoch den Bericht des Bundesrechnungshofs für ihre par-eipolitischen Spielchen.
er Bundesrechnungshof ist jedoch kein Hiwi für dietompolitik der Unionsparteien.
ie verstecken sich hinter den Kostenprognosen, habenedoch in der Sache weniger denn je überzeugende Ar-umente für die Atomkraft.
Wenn Sie ehrlich wären, würden Sie eingestehen,ass Sie wissen, dass die Atomkraft in unserer Bevölke-ung keine große Zustimmung findet. Selbst in der unsun wahrlich nicht politisch nahe stehenden „Wirt-chaftswoche“ kommt eine repräsentative Blitzumfrageon Anfang September dieses Jahres nur auf 38 Prozentustimmung für eine weitere Nutzung der Kernenergie,
nd das, obwohl die Frage denkbar suggestiv gestellturde. Sie lautete:Sind Sie dafür, dass der geplante Ausstieg aus derKernenergie abgesagt wird, wenn dadurch dieStrompreise konstant bleiben oder sogar fallen wür-den?
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Horst KubatschkaAuch auf diese Frage haben sich die meisten Bürger füreinen Ausstieg aus der Kernenergie ausgesprochen.
Da hilft kein Klingeln mit dem Geldbeutel. Auch beieiner – ich sage ganz ausdrücklich: zu Recht geführten –öffentlichen Diskussion über Energiekosten und Strom-preise gibt es keine Mehrheit für eine Renaissance derAtomkraft. Darum geht es Ihnen doch in Wirklichkeit:Sie wollen den Wiedereinstieg in die Kernenergie. Es istjedoch in hohem Maße unsinnig, eine Diskussion überden Wiedereinstieg in die Atomkraft anzufangen, so-lange die zentralen Gründe für den Atomausstieg, insbe-sondere das Sicherheitsproblem, die Entsorgungsfrageund das Proliferationsrisiko, weiter bestehen. All dieseGründe verschärfen sich durch Ihre Haltung.Aber da auch Sie nicht an der Physik vorbeikommenund es schlichtweg nicht zu leugnen ist, dass sich dasAtommüllvolumen mit jedem weiteren Betriebsjahr undjedem neuen Atomkraftwerk vermehrt, müssen Sie dieEndlagerproblematik zwangsläufig für gelöst erklären.
Deshalb wollen Sie diese offene Flanke um jeden Preisschließen, auch wenn dabei Seriosität und Sicherheit aufder Strecke bleiben.
Das, meine Damen und Herren, geht mit uns nicht.Apropos Sicherheit: Gerade mit Blick auf dieschrecklichen Ereignisse der jüngsten Vergangenheitmuss ich Ihnen sagen, dass es schon erstaunlich ist, wieselektiv einige von Ihnen mit den Gefahren des interna-tionalen Terrorismus umgehen. Die Verwundbarkeithoch riskanter Großtechnologien durch terroristischeAngriffe verschwindet nicht durch Verschweigen. Auchbayerische Nebelkerzen sind kein hilfreicher Beitrag zueiner seriösen Diskussion.
Ich bin der festen Überzeugung, dass die Terrorgefahrein wichtiges Argument gegen die Kernenergie ist. Des-halb bleibt es dabei: Der Atomausstieg ist gesetzlich be-schlossen und der Fahrplan eindeutig festgelegt. AlleAtomkraftbetreiber haben dem zugestimmt. Hier bin ichausnahmsweise mit dem seligen Franz Josef Strauß völ-lig einer Meinung: Verträge müssen eingehalten werden.Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sprechen heutenicht allein über die Endlagerung, sondern über dieAtomkraft insgesamt. Ich darf deshalb heute noch ein-mal feststellen, was unter anderem die Energie-Enquete-Kommission des letzten Bundestages bestätigt und dasParlament in seiner Befassung mit deren Abschlussbe-richt beschlossen hat: Die weitere Nutzung der Atom-kraft ist sowohl ökologisch als auch ökonomisch unsin-ninDimrvkdbsdssumHEgFhKpkAFddgSSA–gD
enn wer heute noch Atomkraftwerken das Wort redet,gnoriert, dass die zukünftige Energieversorgung nichtehr in dem bekannten Maße auf Großstrukturen ausge-ichtet sein kann. Der dezentralen, hoch effizienten underbrauchernahen Energieversorgung gehört die Zu-unft. Energieeffizienz und erneuerbare Energien sinder Schlüssel für eine Energieversorgung, die am Leit-ild der Nachhaltigkeit ausgerichtet ist. Atomkraftwerkeind Auslaufmodelle.Das Auswahlverfahren der Endlagerstandorte erfor-ert von allen Beteiligten – ich appelliere hier ganz be-onders an Sie, meine Damen und Herren von der Oppo-ition – ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstseinnd Gemeinsinn. Wir haben die Atomkraft genutzt, jetztüssen wir auch dafür sorgen, dass die unangenehmeninterlassenschaften sicher verwahrt werden.
in Denken nach dem Sankt-Florians-Prinzip – Endla-er, ja, aber bitte nicht bei mir – führt uns nicht weiter.Ich danke Ihnen.
Ich erteile das Wort Kollegin Birgit Homburger, FDP-
raktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ichabe leider nicht so viel Zeit wie der Kollegeubatschka. Deshalb möchte ich nicht über die Energie-olitik im Allgemeinen reden, sondern auf das zurück-ommen, über das wir heute diskutieren, nämlich denntrag zum Thema Endlagerung.
ür die Endlagerung gilt bei uns in Deutschland nachem Atomgesetz ein strenger Vorsorgemaßstab, nämlicher Stand von Wissenschaft und Technik. Unter demrünen Umweltminister wird dieser in Deutschland zumtand der Ideologie und Stillstand.
ie handeln in der Frage der Entsorgung radioaktivenbfalls absolut verantwortungslos. Vor allen Dingendas halte ich für viel schlimmer – wird die Entsor-ungsfrage auf zukünftige Generationen verschoben.as ist nicht akzeptabel.
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Birgit HomburgerHerr Kubatschka, ich habe Ihnen zugehört und ichfrage mich: In welcher Zeit leben Sie eigentlich?
Was für eine Diskussion wollen Sie hier eigentlich füh-ren? Ihnen muss doch klar sein, dass selbst wenn Sie denAusstieg vollziehen, den Ihre rot-grüne Koalition einge-leitet hat, immer noch die Endlagerung der schon vor-handenen radioaktiven Abfälle vorzunehmen bleibt.
Auch mittel- und schwach radioaktive Abfälle müssenwir entsorgen. Darüber müssen wir sprechen.
Im Übrigen war immer von vornherein klar, dass diesesProblem gelöst werden muss. Wir haben dafür über vieleJahre die Zwei-Endlager-Strategie verfolgt und die Er-kundung entsprechender Standorte weit vorangetrieben.
Das wurde jetzt ohne Not aufgegeben. Um es einmalganz klar zu sagen: Wir haben jetzt eine Ein-Endlager-Strategie. Wir sind also abgekommen von SchachtKonrad und Gorleben und haben zwei Jahre lang einenAK „End“ arbeiten lassen: Er hat einen Bericht vorge-legt.
Jetzt meint der Bundesumweltminister, man könnte einEndlager bis 2030 in Betrieb nehmen. Das ist doch voll-kommen illusorisch. Sie haben bisher noch nicht einmaleine Novelle des Atomgesetzes vorgelegt. Wenn Sienicht einmal das schaffen, wie wollen Sie dann bis 2030ein Endlager zuwege bringen? Das ist völlig unrealis-tisch.
Ich sage auch ganz deutlich, weil Sie es angesprochenhaben: Wir haben auch keine weitere Arbeitsgruppenötig. Die Experten sind sich einig.
Es ist eben nicht so, wie Sie sagen, dass wir an irgendet-was von 1979 festhalten. Es gibt unter Sicherheitsge-sichtspunkten kein anderes Land in der Welt, das aufeine Ein-Endlager-Strategie setzt.
AtrHdBvwlaSlggeKrDaSGFsKMeAMTcnbfVMEgcn
enau aus diesem Grunde hat auch die Bildungs- undorschungsministerin in diesem Lande klar gesagt, dassie für eine schnelle Inbetriebnahme von Schachtonrad ist, um eine solche zusätzliche Gefährdung deritarbeiter auszuschließen.
Herr Minister Trittin und Herr Kubatschka scheinentwas auszublenden:
uch in Forschungseinrichtungen des Bundes und in deredizin wird mit Radioaktivität umgegangen. Herrrittin spricht von der Verantwortung der Abfallverursa-her. Wenn Sie davon sprechen, dann denken Sie immerur an Atommüll und an die Kernkraftwerke. Dabeilenden Sie vollkommen aus, dass zwei Drittel der Ab-älle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung aus demerantwortungsbereich des Bundes kommen.
it dem Schacht Konrad hätten wir hier ein geeignetesndlager. Deswegen wollen wir, die FDP, mit der CDUemeinsam, dass der Schacht Konrad nach dem entspre-henden Verfahren so schnell wie möglich in Betrieb ge-ommen wird.
Herr Präsident, ich komme zum Schluss.
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Birgit HomburgerIch habe mich hier sehr stark auf die sicherheitspoliti-schen Komponenten bezogen, die ich für zentral halte.Der Bundesrechnungshof hat daneben gesagt, dass Siemit dieser neuen Strategie auch finanziell ein großesRisiko eingehen.Herr Minister Trittin, ich stelle fest: Sie sind einSicherheitsrisiko, Sie sind ein Haushaltsrisiko und ichfordere Sie auf: Kehren Sie endlich zu seriöser Politikzurück!
Ich erteile dem Bundesminister Jürgen Trittin dasWort.
Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-schutz und Reaktorsicherheit:Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Präsi-dent! Herr Kubatschka hat auf einen wichtigen Umstandhingewiesen:
Das Problem insbesondere bei den hoch aktiven Stoffen,mit dem wir alle unabhängig von unserer jeweiligen Hal-tung zur Atomenergie umgehen müssen – da stimme ichIhnen doch zu –, entstand durch das verantwortungsloseEinsteigen in die Atomenergie, ohne eine Lösung für dieEndlagerproblematik zu haben. Damit müssen wir unsherumschlagen.
Seit dreißig Jahren hat sich daran wenig geändert. Indiesen dreißig Jahren seit Bestehen des Problems stan-den Sie in der meisten Zeit in der Regierungsverantwor-tung.
Wie sind Sie damit umgegangen? Sie haben uns erklärt,Sie hätten ein sicheres Endlager, das Sie weiter nutzenwürden. Dann haben Sie in Morsleben Atommüll nichteingelagert, sondern, um es auf Deutsch zu sagen, abge-kippt.Frau Homburger, Sie sprachen von Haushaltsrisiken.Was finden Sie heute im Haushalt? Schauen Sie einmalnach, wie viele Millionen Euro ich ausgeben muss– Geld des Steuerzahlers –, um dieses von Ihnen fürsicher erklärte Endlager, in dem Sie eingelagert haben,vWdansuFmsmnigbdhdtDVAWtdeSsmDdmnmg
Es geht noch weiter: Diese Politik der Verweigerungetzen Sie fort. Herr Paziorek stellt sich hier vorne hinnd ist stolz darauf, dass sich die CDU, die CSU und dieDP nicht an der Verhandlungsgruppe für die Bestim-ung eines Endlagerstandortes beteiligen. Sie scheuenich nicht, mir vorzuwerfen, ich hätte Probleme damit,einer Klientel etwas zuzumuten. Dazu könnte ich Ih-en von Auseinandersetzungen auf Parteitagen, Demosn Gorleben und Auseinandersetzungen mit dem Kolle-en Kuhn einiges erzählen. Aber was machen Sie? Sieerufen sich ernsthaft auf den AK End, aber negierenie zentrale Aussage des AK End einfach. Der AK Endat erklärt: Es gibt kein sicheres Endlager, sondern nuras im Vergleich zu anderen konkreten Gesteinsforma-ionen sicherere Endlager.
eswegen bedarf es eines Auswahlprozesses, nicht einerorfestlegung.
Was haben Sie gemacht? Sie haben sich genau diesemuswahlverfahren entzogen.
er sich aber verweigert, der sollte aufhören, hier An-räge wegen einer angeblichen Verzögerung in der Frageer Entsorgung zu stellen, sondern bei diesem Probleminfach stille sein.
Noch eine letzte Bemerkung zu diesem Verfahren.chauen Sie sich einmal das Urteil des US-amerikani-chen Bundesgerichts zu Yucca Mountain an. Dort hatan wie Sie in Gorleben alles auf eine Karte gesetzt.as Endlager ist faktisch betriebsfähig. Und was passiertann? Ein Gericht erklärt: Ihr habt einen Fehler ge-acht, weil ihr die Langzeitsicherheit dieses Lagersicht hinreichend beachtet habt. Ihr hättet vergleichenüssen; denn 10 000 Jahre Langzeitsicherheit sind nichtenug. – Wollen Sie mit dem Schacht Konrad und der
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Bundesminister Jürgen TrittinAnlage in Gorleben im Jahre 2030 genauso enden? Ichhalte das für unvernünftig und verantwortungslos.
Ich will Ihnen etwas zu den finanziellen Risiken sa-gen. Der Bundesrechnungshof hat erklärt, wir seien Risi-ken eingegangen. Unsere Antwort war: Bisher ist für dieangeblichen Risiken kein Geld ausgegeben worden.Diese Auskunft von uns war nicht ganz vollständig. DasGegenteil ist der Fall: Wir haben in den letzten Jahrenauf diesem Gebiet sehr viel Geld gespart.
Herr Paziorek, Sie waren einmal Stadtdirektor. Wienennen Sie es als gelernter Jurist, wenn jemand etwasohne eine Baugenehmigung baut? Der Volksmundspricht von einem Schwarzbau. Genau das ist in Gorle-ben passiert. In Gorleben ist ein Endlager gebaut wor-den, und zwar – das haben Sie selber bemerkt, das isteine interessante Feststellung – ohne eine Plangenehmi-gung und einen Planfeststellungsbeschluss.
Es gibt kein atomrechtliches Genehmigungsverfahrenfür den Bau eines atomaren Endlagers in Gorleben.
Diesen Schwarzbau haben wir in der Tat gestoppt.
Was hat das im Ergebnis gebracht? Ergebnis war, dassdie deutschen Energieversorger in den letzten Jahren165 Millionen Euro, die sie sonst für die Fortsetzungdieses Schwarzbaus hätten ausgeben müssen, gespart ha-ben. So ist das mit den Risiken. Wir haben die Risikennicht vergrößert, sondern sie gemindert.Nun wollen Sie uns erneut einem Risiko aussetzen.Sie sagen, die Bundesregierung soll zulassen, dass imSchacht Konrad Atommüll eingelagert wird. Was istdas denn für ein merkwürdiger Rat? Was passiert denn,wenn die Klage, beispielsweise aus Salzgitter, vor demOVG Erfolg hat? Erwarten Sie dann von mir, dass ichzulasten der Stromkunden, zulasten des Steuerzahlersden Atommüll, den Sie dort voreilig eingelagert haben,wieder hochhole? Nein, was Sie machen wollen, istabenteuerlich. Sie wollen ein Atommülllager ohne atom-rechtliche Genehmigung weiterbauen.
Sie wollen Atommüll in einem Endlager einlagern, fürdas es keine rechtsfeste Genehmigung gibt. Damit setzenSie die Bevölkerung auch finanziell unkalkulierbarenRisiken aus.snewAdHsekdAlrmmsaldtsDhsADCstcEVef
ie Wiederaufarbeitung war nichts anderes als das. Dasalte ich für verantwortungslos. Wer Atomanlagenchwarz baut, wer Laufzeiten verlängert, der will dastommüllproblem nicht lösen, sondern es vermehren.as werden wir nicht zulassen.Vielen Dank.
Ich erteile das Wort Kollegen Franz Obermeier, CDU/
SU-Fraktion.
Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Die Laut-tärke des Bundesumweltministers stand in umgekehr-em Verhältnis zum politischen Inhalt und zum sachli-hen Gehalt seiner Rede.
Herr Bundesumweltminister, ich möchte Ihnen unsermpfinden über das Wort „verantwortungslos“ darlegen.erantwortungslos war nicht der Einstieg in die Kern-nergie, sondern verantwortungslos ist das Moratoriumür das Endlager Gorleben.
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Franz ObermeierWenn Sie uns hier unterstellen, dass wir immer davonausgegangen sind, dass Gorleben das Endlager schon ist,dann sagen Sie die pure Unwahrheit.
Wir haben immer gesagt, dass es sich in Gorleben umeine wissenschaftliche Erkundung über die Geeignetheitin Richtung Sicherheit des Salzstocks handelt und nichtsanderes.
Ob ein Salzstock wie in Gorleben geeignet ist oder nicht,müssen die Wissenschaftler entscheiden. Die Untersu-chung, ob wir in Deutschland einen geeigneteren Stand-ort haben, fand schon vor Jahren statt. Sie tun heute so,als müssten Sie einen Schwarzbau korrigieren. Das istschlicht und einfach unwahr, Herr Bundesumweltminis-ter. Sie sollten sich die bergrechtliche Genehmigung an-sehen, die für diese Arbeiten besteht.
Jetzt reden wir über die Zwischenlager. Herr Bun-desumweltminister, jetzt gibt es die Zwischenlager, zumTeil stehen sie schon, zum Teil sind sie im Bau. HerrKubatschka, wir waren doch zusammen auf der Podiums-diskussion in Niederaichbach. Die Leute wehrten sichnicht so sehr gegen die befristete Zwischenlagerung vonBrennstäben, sondern deswegen, weil sie die Sorge ha-ben, dass aus diesen Zwischenlagern Endlager werden.Auf diesem Kurs sind Sie, Herr Bundesumweltminister,aus rein ideologischen Gründen, weil Sie die Unsicher-heit in der Bevölkerung weiter schüren wollen.
Ihre Äußerung zum Schluss Ihrer Rede, wir zieltendarauf ab, dass die atomaren Abfälle der BundesrepublikDeutschland im Ausland gelagert werden sollen, ist eineglatte Verleumdung. Bitte geben Sie uns einen Beleg da-für, dass wir, die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, diesbeabsichtigen! Wenn Sie das nicht können, dann nehmenSie diese Äußerung bitte zurück!
Lassen Sie mich noch etwas zu dem Bericht des Bun-desrechnungshofes anmerken. Dass dieser Bericht eineOhrfeige für Sie ist,
die so laut geknallt hat, dass man es bis nach Bayern ge-hört hat, dürfen Sie mir glauben. Noch trauriger ist derInhalt. Der Bundesrechnungshof als neutrale Instanzschreibt, Ihre Arbeit in dieser Angelegenheit sei nichtsystematisch, nicht zielgerichtet, unwirtschaftlich undwenig transparent. Warum sollen wir das bezweifeln?Noch schlimmer ist es, Herr Bundesumweltminister– ich weiß, dass Sie kein Verhältnis zur Ökonomie habenueRmFgswsTnWzBGsKmongFKvhdwctvtncdhd
Sie haben in Ihrer Regierungszeit vollendete Tatsa-hen geschaffen und wollen mit Ihrem Antrag heute wei-ere Wege dieser Art beschreiten,
on denen wir meinen, dass sie unter Sicherheitsaspek-en nicht beschritten werden dürfen. Wir werden dabeiicht mitmachen.Wenn Sie darauf abheben, dass das Vorhaben mögli-herweise mit einem finanziellen Risiko verbunden ist,ann muss ich Ihnen entgegenhalten: Uns geht Sicher-eit vor Finanzrisiken. An diesem Maßstab haben wirieses gefährliche Thema zu orientieren.
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Wilhelm Schmidt
Wir haben Ihre Politik in den vergangenen Jahren– das gilt sowohl für Ihre Regierungszeit als auch für dieJahre, in denen Sie in der Opposition sind – zu kritisie-ren, weil Sie sich nicht der Mitverantwortung stellen.Wir haben den Energiekonsens doch deshalb zustandegebracht, weil wir die Unternehmen im Energiesektorund die Politik von Bund und Ländern zusammenführenwollten. Sie haben sich immer wieder ausgeschlossenund diese Pfade der Zusammenarbeit nicht mitbeschrit-ten. Das kritisieren wir nachdrücklich, zumal Sie auchjetzt wieder eine Politik betreiben wollen, die nur davonausgeht, bestimmte Interessen einzelner Beteiligter zubefriedigen, statt das Gesamtinteresse Deutschlands imBlick zu behalten.Diejenigen, die aus den Verhandlungen der Gruppe„Nukleares Endlager“ ausgestiegen sind,
sollten nicht die Backen aufblasen und so tun, als ob siedamit andere bzw. bessere Sicherheitsinteressen verfol-gen würden. Was Sie bisher betrieben haben, ist blankeIdeologie.
Das wird von uns entsprechend kritisiert.Ich denke, dass wir gut daran täten, die Gruppe„Nukleares Endlager“ in Gang zu setzen, sie vor allenDingen über alle Grenzen hinweg ernst zu nehmen undals Grundlage dafür zu nutzen, die Fragen von Endlager-standorten und Sicherheitskriterien ernsthaft und neutralzu bewerten. Dem verweigern Sie sich. Das kritisiereich.Wenn Sie schon die Finanzseite dieses Projekts an-sprechen, dann sollten Sie auch – Herr Trittin hat daseben angedeutet – Ihre eigenen Sünden zugeben und de-ren Folgen nüchtern kalkulieren. Morsleben kostet1,8 Milliarden Euro. Das ist Ihre Schuld.
– Man hätte mit diesem Erbe auch anders umgehen kön-nen, nur um das deutlich zu sagen.
Die Union ist für den teuren Teil verantwortlich und dieFDP hat bereitwillig mitgemacht. Dies ist zu kritisieren.Mit Ihrem jetzt vorliegenden Antrag wollen Sie wie-der einmal vorschnelle Entscheidungen nach dem Mottoherbeiführen: Aus den Augen, aus dem Sinn! Sie wollendas ganze Zeug zügig unter die Erde bringen, nur damitman optisch nichts mehr damit zu tun hat. Dies kannnicht gut gehen. Als Abgeordneter des Wahlkreises Salz-gitter-Wolfenbüttel kann ich Ihnen nur sagen: Wir wer-den vor Ort gegen Konrad kämpfen, so lange und so gutes nach Rechtsmaßstäben möglich ist. Ich bin schon sehrgespannt, wie der Kollege Fromme, der den vorliegen-den Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit unterschriebenhlägIIDnsfwssmfWwuwnsesnglZKkm–Krl
n der betroffenen Region wohnen 1 Million Menschen.ort gibt es viele Industrieunternehmen. Aber Sie ver-achlässigen die Transportgefahren und leugnen die Un-icherheit des Einlagerungsverfahrens. Machen Sie nurröhlich weiter! Damit das entsprechend klar ist: Icherde mich im Gegensatz zu Ihnen weiterhin am Wider-tand gegen Konrad betätigen.
Damit das ebenfalls deutlich wird: Wir wollen an die-er Stelle unsere gemeinsame Verantwortung wahrneh-en. Das Entscheidende ist aber, dass wir natürlich auchür die entsprechenden Grundlagen sorgen müssen.enn wir die Gruppe „Nukleares Endlager“ aktivierenollen, dann brauchen wir eine sorgfältige, verbessertend umfangreichere Endlagerforschung. Herr Minister,ir sind uns darüber einig, dass wir hier alle Ministerienoch einmal entsprechend aktivieren sollten. Da wir un-ere Verantwortung wahrnehmen wollen, brauchen wirine verbesserte Grundlage. Wir werden deshalb auf un-erem verantwortungsbewussten Pfad weitergehen undicht dem verantwortungslosen Pfad der CDU/CSU fol-en.Danke.
Herr Kollege Schmidt, bevor Sie das Rednerpult ver-
assen: Der Kollege Fromme wollte Ihnen noch eine
wischenfrage stellen.
Ich erteile das Wort zu einer Kurzintervention dem
ollegen Fromme.
Herr Kollege Schmidt, können Sie mir vielleicht er-
lären, warum Sie die Gelegenheit, eine Vereinbarung
it den Unternehmen zu erzielen, ausgelassen haben
das war ja Ihre letzte rechtsstaatliche Möglichkeit,
onrad zu verhindern –, wenn Sie jetzt dagegen plädie-
en, und warum in Ihrer Verantwortung der Planfeststel-
ungsbeschluss ergangen ist?
Kollege Schmidt, bitte.
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Herr Fromme, da Sie keine Zwischenfrage gestellt,
sondern eine Kurzintervention gemacht haben, können
Sie sich wieder setzen.
Wenn Sie sich gesetzt haben, antworte ich.
Herr Fromme, das stimmt. Sie dürfen Platz nehmen.
Die entscheidende Frage ist doch, wie weit wer wel-
ches Verfahren vorangetrieben hat. Sie waren in der Ver-
antwortung, um das deutlich zu sagen. Sie legen hier
Maßstäbe an, mit denen Sie winkeladvokatische Wege
beschreiten. Das sollten Sie mit mir nicht machen. Das
Entscheidende war und ist immer – nicht nur für uns vor
Ort, sondern auch für die SPD-Bundestagsfraktion – die
Sicherheitsfrage. Auch diejenigen, die sich vor Ort ge-
gen das Projekt Konrad wenden, waren und sind der
Meinung, dass die Sicherheitsfragen im Rahmen des
Planfeststellungsverfahrens nicht ausreichend berück-
sichtigt worden sind. Wir werden über die Fragen betref-
fend die Transportsicherheit und die Langzeitsicherheit
weiter – notfalls auch vor Gericht – zu streiten haben.
Ich bin sehr sicher, dass der Widerstand vor Ort, der
nach meiner Einschätzung sehr solide und sachkundig
aufgebaut worden ist und der deshalb erfolgsträchtig ist,
vor Gericht die entsprechende Unterstützung bekommen
wird.
Ich erteile das Wort Kollegen Kurt-Dieter Grill, CDU/
CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kol-lege Schmidt, der Bundesumweltminister und Sie habenheute Morgen einen Beitrag zur Volksverdummung undGeschichtsklitterung geleistet.
Ich will hier noch einmal auf den Schacht Konradeingehen: 1989 hat der damalige Ministerpräsident RauKlaus Töpfer und Helmut Kohl gebeten, eine Konsens-runde einzurichten, um die mit der Endlagerfrage ver-bundenen Probleme zu lösen. Nordrhein-Westfalen hatnämlich die Schaffung des Zwischenlagers in Ahaus im-mer unter der Voraussetzung betrieben, dass eine Endla-gerlösung gefunden wird. 1990 haben die Ministerpräsi-denten mit Zustimmung von Schröder, Scheibe undanderen einstimmig den Beschluss gefasst – ihn habenübrigens auch Frau Griefahn und der grüne Staatssekre-tär Bulle unterstützt –, dass ein Endlager für schwach ra-dioaktive Abfälle schnellstmöglich geschaffen werde.Damit war Schacht Konrad gemeint. Das, was Sie hieralsSwAgDsIavWHsbügFtWstnAdGeBa1vhkad
Die andere Seite sieht folgendermaßen aus, Herrchmidt: Wir haben unsere Verantwortung im Bundahrgenommen. Aber Fakt ist, dass in dem so genanntenusstiegsvertrag – er ist gar keiner – steht, Konrad solleenehmigt werden.
ie Genehmigung für Schacht Konrad – Sie loben die-en Vertrag ja – haben Sie und nicht wir erteilt. Wenn ichhrer Argumentation folge, dann muss mit der Sicherheitlso alles in Ordnung sein.
Ich finde es infam, wie Sie hier vorgehen und der Be-ölkerung vor Ort den Eindruck vermitteln, Sie leisteteniderstand, obwohl Sie in Wahrheit hier, in diesemause, den Vertrag, den Schröder und Trittin unter-chrieben haben, als Ausstieg aus der Kernenergie beju-elt haben. Das ist die Wahrheit.
Der Bundesumweltminister hat sich darin gefallen,ber „Schwarzbauten“ zu reden. Ich will Ihnen nur sa-en, dass im Landkreis Lüchow-Dannenberg über dierage „Bergrecht oder Atomrecht?“ monatelang gestrit-en worden ist.
ir im Kreistag haben damals mit großer Mehrheit ge-agt: Wir wollen aus Glaubwürdigkeitsgründen eine Un-ersuchung des Salzstockes nach Bergrecht und nichtach Atomrecht.
nderenfalls wären Sie es nämlich, die heute hier stün-en und sagten: Es ist ein Endlager. Aus genau diesemrund haben auch Ihre Parteifreunde gesagt: Wir wollenine Untersuchung des Salzstockes in Gorleben nachergrecht und nicht nach Atomrecht. Es handelt sichlso um eine Glaubwürdigkeitsfrage.
Alles, worüber wir heute diskutieren, geschah bis990, 1993, 1997 – wir haben noch mit Herrn Schrödererhandelt – im Konsens mit der SPD. Diesen Konsensaben Sie erst mit dem Regierungswechsel 1998 aufge-ündigt. Ich zeige Ihnen die Rede von Gerhard Schröderls Ministerpräsident im Niedersächsischen Landtag, iner er ein Endlager gefordert hat. Aber er hat geglaubt,
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Kurt-Dieter Grillman könne die hochradioaktiven Abfälle im SchachtKonrad einlagern. Lesen Sie die Rede von Schröder imNiedersächsischen Landtag nach! Sie sind die Letzten,die uns Vorträge über Sicherheit und Verantwortung fürdie Menschen in diesem Land halten müssen.
Da es mich nicht nur rational, sondern auch emotionalberührt, sage ich Ihnen Folgendes: Monika Griefahn, diefrühere Umweltministerin einer rot-grünen Regierung inNiedersachsen, hat Gorleben mit den Bezeichnungen„bessere Tennishalle“, „Schrotthalle“ und „Blechbude“diskriminiert. Fakt ist, dass der Bundesumweltminister– er hat von einem gescheiterten Entsorgungskonzeptgeredet – genau diese Bautypen im Lande 13-mal hatbauen lassen, damit keine Transporte durchgeführt wer-den müssen.
Solange Töpfer, Merkel und Kohl das gemacht haben,war das unsicher. Wenn Trittin und Schröder das ma-chen, dann wird der gleiche Bau zu einer sicheren Veran-staltung.
Das ist es, was wir in diesem Land erleben.
Sie sollten auch einmal die Einbringungsrede vonFranz Josef Strauß lesen: Da werden die Fragen der Vor-sorge für die Endlagerung behandelt. Infolgedessen sind225 mögliche Standorte in Deutschland untersucht wor-den. Sie sind nicht die Erfinder der Standortsuche. Einesolche Suche haben kluge Wissenschaftler und verant-wortliche Politiker in den 60er- und 70er-Jahren durch-geführt.
Das Ergebnis dieser Standortsuche hat die RegierungHelmut Schmidt der Regierung Kubel in Niedersachsenmitgeteilt. Es hieß: Wir wollen einen Salzstock bei euch.Das Ergebnis ist Gorleben.Stellen Sie sich heute bitte nicht hierhin und setzenauf das Vergessen der Bürgerinnen und Bürger,
auf die jungen Leute, die nicht mehr wissen, wie die Ge-schichte gewesen ist! Sie haben hier heute Morgen be-hauptet, wir hätten uns nie um die Sicherheit und dieEndlagervorsorge gekümmert.
Die Wahrheit ist eine andere.aka2e–gekPBSguMDg
Im Übrigen: Wer, so wie Sie, aus der Kernenergieussteigt und nicht sagen kann, was anstelle dessenommt, der sollte hier etwas kleiner und bescheideneruftreten. Sie können bis heute nicht belegen, wie die0 000 Megawatt aus der Kernenergie in Deutschlandrsetzt werden sollen. Sie haben dafür kein Programm.Letzter Punkt. Die Sozialdemokraten in diesem Land das will ich sehr deutlich sagen – haben im Godesber-er Programm von der unendlich verfügbaren Atom-nergie gesprochen. Ihr Parteifreund Erhard Eppler – –
Herr Kollege, Sie müssen ganz schnell zum Schluss
ommen.
Ja, ich komme zum Ende.
Nein, Sie haben schon zwei Minuten überzogen.
Darf ich den Satz noch eben zu Ende sprechen, Frau
räsidentin?
Ich will nur noch eines sagen – und zwar mit vollem
edacht –: Erhard Eppler war ein Befürworter des
chnellen Brüters. Den Wahlkampf 1969 hat die Union
egen die SPD genau vor diesem Hintergrund verloren:
nbegrenztes Wachstum –
Herr Kollege!
– und unbegrenzter Wohlstand.
Herr Kollege!
Meine Damen und Herren, –
Nein!
– das Ergebnis sitzt heute als grüne Fraktion in der
itte dieses Parlaments.
Ich schließe die Aussprache.Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage aufrucksache 15/3492 an die in der Tagesordnung auf-eführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit
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Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmereinverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überwei-sung so beschlossen.Ich rufe die Tagesordnungspunkte 16 a und 16 b auf:a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutzund Reaktorsicherheit
– zu dem Antrag der Abgeordneten HeinzSchmitt , Ulrike Mehl, MichaelMüller , weiterer Abgeordneterund der Fraktion der SPD sowie der Abgeord-neten Dr. Antje Vogel-Sperl, Dr. ReinhardLoske, Winfried Hermann, weiterer Abgeord-neter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNENEine nachhaltige Chemiepolitik in Europa –Innovation fördern, Umwelt und Gesundheitschützen und Verbraucherschutz stärken– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. PeterPaziorek, Marie-Luise Dött, Karl-JosefLaumann, weiterer Abgeordneter und der Frak-tion der CDU/CSUUnabhängige Folgenabschätzung der neuenEU-Chemikalienpolitik– Drucksachen 15/2666, 15/2654, 15/3381 –Berichterstattung:Abgeordnete Heinz Schmitt
Marie-Luise DöttDr. Antje Vogel-SperlBirgit Homburgerb) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutzund Reaktorsicherheit zu demAntrag der Abgeordneten Dr. Peter Paziorek,Dr. Maria Flachsbarth, Dr. Rolf Bietmann, weite-rer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSUTierversuche in der europäischen Chemika-liengesetzgebung auf ein Minimum begrenzen– Drucksachen 15/1982, 15/3261 –Berichterstattung:Abgeordnete Heinz Schmitt
Dr. Maria FlachsbarthDr. Antje Vogel-SperlBirgit HomburgerNach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für dieAussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Wider-spruch höre ich nicht. Dann ist so beschlossen.Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächstder Abgeordnete Heinz Schmitt.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Sehr geehrte Damen und Herren! Wir befassen uns heuteerneut mit der Neuordnung der europäischen Chemiepo-litik. Wir beraten Anträge, die dazu bisher im Bundestageingebracht wurden.KpvuNmaGsrrCwhanbrdePadLn2mwdtEGFwcnSEdassmRdKnDdhwzndo
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Auch auf Ihren zweiten Antrag in Sachen Tierschutzmöchte ich eingehen. Dieser Antrag ist überholt. Er wares bereits, als Sie ihn eingebracht haben. Ihr Antrag,Herr Paziorek, basiert auf Daten des Jahres 2001 und ar-beitet mit vollkommen falschen Zahlen. Ich kann nurwiederholen, dass der Verordnungsvorschlag der Kom-mission auch den Anforderungen des Tierschutzes wei-testgehend Rechnung trägt. Die Kommission will bei derUmsetzung von REACH Tierversuche ebenfalls auf einMindestmaß reduzieren. Die Kommission ist damit auchbeim Tierschutz auf einem guten Weg.Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei aller Rücksicht-nahme auf Einwände der Industrie müssen wir als Politi-ker, die wir dem Gemeinwohl verpflichtet sind, auch denanderen grundlegenden Zielen von REACH das gleiche,wenn nicht sogar ein höheres Gewicht beimessen. Wirsind für den Umwelt- und den Verbraucherschutz verant-wortlich. Ich denke, dieser Aufgabe müssen wir auch beiREACH gerecht werden, wiewohl auch die Interessender Wirtschaft zu berücksichtigen sind. Die genanntenZiele kommen in Ihren Anträgen weniger zur Geltung.REACH ist also in erster Linie ein bedeutenderSchritt für den Umwelt-, den Gesundheits- und den Ver-braucherschutz. Deshalb haben wir in unserem AntragzsgdskSadWaRldsSSebbcddlsiRtdIDewhemwndhzvWIcd
Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Marie-Luise Dött.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ichöchte Sie an die Zielsetzungen des Verordnungsent-urfs der EU-Kommission zur Chemikalienpolitik erin-ern. Deren gibt es nämlich drei: Mit der Neuordnunger Chemikalienpolitik soll nicht nur erstens die Sicher-eit von Chemikalien verbessert werden, sondernweitens auch und vor allem die Förderung von Inno-ationen und drittens die Erhaltung und Steigerung derettbewerbsfähigkeit der europäischen chemischenndustrie gesichert werden. Um zu einer Versachli-hung der Diskussion beizutragen, möchte ich zu allenrei Punkten Stellung nehmen und mich nicht – wie bei
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Marie-Luise Döttanderen Fraktionen oft üblich – nur auf die politischnahe stehenden Ziele konzentrieren.Es ist ausdrückliches Ziel der CDU/CSU-Bundestags-fraktion, den Menschen und seinen Lebensraum vor Ge-fahren zu schützen.
Wir möchten das aber auf eine Weise tun, die alle dreiZielsetzungen miteinander in Einklang bringt. Wenn wiruns also über Gefahren und Gefahrenprävention unter-halten, müssen wir bei der Gefährlichkeit der Stoffeansetzen.
Es versteht sich von selbst, dass ein Stoff einer striktenKontrolle unterliegen muss, wenn er in seiner konkretenVerwendung schädliche Auswirkungen auf Mensch undUmwelt hat. Um eine effektive Kontrolle zu gewährleis-ten, sollte demzufolge ein Kontrollsystem etabliert wer-den, das an die Gefährlichkeit der Stoffe und ihrer Expo-sition anknüpft.
Weniger zielführend ist aus unserer Sicht ein System,das sich nicht an der Gefährdung, sondern lediglich anden Herstellungs- und Importmengen orientiert,
so wie die EU-Chemikalienverordnung, die Rot-Grünmit ihrem Antrag unterstützt. Der Verordnungsvorschlagknüpft die Kontrollmechanismen an die Überschreitungvon Mengengrenzen von exakt einer, 10 oder100 Tonnen. Es wird außer Betracht gelassen, dassStoffe schon in Kleinstmengen hoch toxisch sein kön-nen, während andere, in Tonnagemengen hergestellteChemikalien absolut ungefährlich sind. Uns ist diesesmengenbasierte System zu statisch und zu schematisch.Ich bin mir sicher, dass es weitaus intelligentere Alterna-tiven gibt.
Neben dem Schutz von Umwelt und Gesundheit solldurch die Neuordnung des europäischen Chemikalien-rechts auch die Innovationskraft und Wettbewerbs-fähigkeit des Standortes Europa gefördert werden. Obdieses Ziel mit dem vorliegenden Entwurf tatsächlich er-reicht wird, erscheint mir mehr als fraglich. Die bisherdurchgeführten Studien dazu sind nach meiner Auffas-sung nicht aussagekräftig. Insbesondere das oft zitierteExtended Impact Assessment der Kommission unterliegterheblichen Zweifeln an der Methodik und lässt vor al-lem den Aspekt außer Betracht, dass die EU auch im in-ternationalen Wettbewerb steht. Unsere Betriebe müssenmit Unternehmen aus den USA und dem asiatischenWirtschaftsraum konkurrieren. Wenn in einer Studie einsolch erheblicher Faktor nicht berücksichtigt wird, kannman ihre Aussagekraft nur infrage stellen.
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eshalb müssen wir uns hier im Bundestag verstärkt mitem Thema REACH beschäftigen.Dies ist bisher jedoch ausschließlich auf die Initiati-en der CDU/CSU bzw. der Opposition hin erfolgt.
uch eine Anhörung wurde nicht von der Regierungs-eite vorgeschlagen, sondern von der CDU/CSU-Bun-estagsfraktion beantragt. Ihre einzige Initiative zu demichtigen Thema der europäischen Chemikalienpolitikird heute im Dreierpack in viel zu kurzer Zeit, nämlichn 30 Minuten, abgehandelt. Daran erkennt man, wel-hen Stellenwert Sie der Chemikalienpolitik einräumen.
Auch die Umsetzung der Forderungen von Bundes-anzler Schröder wird von Ihnen nicht mit Nachdruck
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Marie-Luise Döttverfolgt. In der gemeinsamen Position des Bundeskanz-lers mit der Bundesregierung und den Chemieverbändenwurde die Forderung nach einer unabhängigen Folgen-abschätzung formuliert. Der Bedarf besteht nach wievor. Bisher gibt es keine wirklich unabhängige und voll-ständige Abschätzung der Folgen des EU-Kommissions-vorschlags zum Chemikalienrecht. In unserem Antragwerden daher keine neuen Forderungen gestellt; mit ihmwird nur an die Position erinnert, die die Bundesregie-rung in ihren schriftlichen Stellungnahmen und Posi-tionspapieren vertreten hat, und auf deren Einhaltung ge-drängt.
Vor diesem Hintergrund ist die Ablehnung unseres An-trages durch die Regierungsfraktionen nicht nachvoll-ziehbar.
Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Antje Vogel-Sperl.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! LassenSie mich eines eingangs betonen: Es ist doch unbestrit-ten, dass wir nicht immer wieder mit neuen Einzelrege-lungen – es dauert zudem unendlich lange, bis wir sieendlich haben – neuen Schadstoffquellen hinterherlaufenkönnen. Ein aktuelles Beispiel ist die Weichmacherpro-blematik in medizinischen Produkten. Daraus folgt ganzklar: Wir brauchen ein Gesamtkonzept im Sinne desVorsorgeprinzips, wie es in der EU-Chemikalienver-ordnung vorgesehen ist, und wir brauchen ein optimalesVerhältnis zwischen Aufwand und Nutzen.Nun zum Prozess. Im Laufe des Verfahrens wurde derInhalt dieser Verordnung durch drei gemeinsame Posi-tionen – der Bundesregierung, der IG BCE und des VCI –wesentlich beeinflusst. Das heißt, im Prozess haben inden Verordnungsentwurf wesentliche VerbesserungenEingang gefunden, und zwar insgesamt zugunsten derWirtschaft. Dagegen betreffen die im aktuellen Entwurfnoch nicht berücksichtigten gemeinsamen Vorschlägeauf Grundlage ebendieser drei Positionen den Umwelt-,Gesundheits-, Verbraucher- und Tierschutz.Wir wollen erstens aussagekräftige Daten auch für ge-ringvolumige Stoffe und Zwischenprodukte. Auch diesist im Übrigen aufgrund der freiwilligen Selbstverpflich-tung der deutschen chemischen Industrie bereits Stan-dard. Von daher ist es doch gerade im Interesse der In-dustrie, nicht hinter dieses Niveau zurückzufallen.
Wir wollen zweitens die Einbeziehung bestimmter sensi-bilisierender und chronisch-toxischer Stoffe in das Zu-lassungsverfahren. Drittens wollen wir ein Qualitätssi-cWgdrEte–EWIfdZmwveggadzsNssGkttkmDddddgwhfshlfda
Ist es in einer globalen Weltwirtschaft nicht gerade es-enziell, bessere Produkte zu entwickeln, das heißt, diease vorn zu haben? Genau diesen Innovationsanreizetzt REACH. Das heißt, REACH ist ein weiteres Bei-piel dafür, dass Ökologie und Ökonomie eben keinegensatz sind. Denken Sie an das Verbot der Fluor-ohlenwasserstoffe oder die Einführung des Katalysa-ors: Kühlschränke gibt es immer noch und der Katalysa-or ist eine Selbstverständlichkeit.
Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie be-lagen vor allem die hohe Belastung der kleinen undittelständischen Unternehmen. Wir von Bündnis 90/ie Grünen nehmen diese Sorgen sehr ernst. Wir habeneshalb ganz gezielt nachgeschaltete Anwender eingela-en, um mit ihnen über die Umsetzung von REACH zuiskutieren. Das Ergebnis war ernüchternd: Die meistener Unternehmen waren durch ihre Verbände entwederar nicht oder schlicht falsch darüber informiert, inwie-eit sie tatsächlich von REACH betroffen sind. Daseißt, was die Unternehmen wirklich brauchen, ist eineachgerechte, sachliche Information und keine interes-engeleitete Strategie der Desinformation.Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie be-aupten, durch REACH würden künftig viele Chemika-ien nicht mehr produziert und REACH hätte den Weg-all ganzer Produktionsbereiche zur Folge. Aber Fakt ist,ass bereits aus ökonomischen Gründen immer wieder,uch heute schon, Chemikalien vom Markt verschwinden
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Dr. Antje Vogel-Sperlund durch andere ersetzt werden. Das heißt, die Industrieist sehr wohl in der Lage, die Produktion umzustellen.Und wenn REACH dazu führt, dass Stoffe aus Gründendes Umwelt- und Gesundheitsschutzes vom Markt ge-nommen werden, dann ist dies genau das, was wir mitREACH erreichen wollen.
Aus all den genannten Gründen lehnen wir Ihre An-träge ab. Wir sind der festen Überzeugung, dass ganz imSinne der Lissabon- und Göteborg-Strategie REACHsowohl die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie als auchden Umwelt- und Verbraucherschutz stärkt und dassREACH die Chance hat, weltweit Vorbild für ein moder-nes, nachhaltiges Chemikalienrecht zu werden.Vielen Dank.
Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Birgit Homburger.
Ich bitte für alle noch folgenden Rednerinnen um et-
was mehr Ruhe, sodass sie leichter mit ihrer Stimme
durchdringen können.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich freue mich, dass die Chemikalienpolitik heute end-
lich einmal die nötige Aufmerksamkeit im Deutschen
Bundestag erfährt.
Sie können der Debatte jedenfalls entnehmen, wie wich-
tig dieses Thema für uns alle ist und wie wichtig es ist,
dass wir uns in dieser Frage in Europa gemeinsam ein-
schalten.
Es geht um eine Neuordnung der Chemikalienpolitik
und darum, in allen europäischen Ländern einen hohen
Sicherheitsstandard zu erreichen. Wir in Deutschland ha-
ben bereits einen hohen Sicherheitsstandard im Umgang
mit Chemikalien. Deswegen teilen wir das Ziel, das ver-
folgt wird, nämlich einen hohen Umwelt- und Gesund-
heitsschutz bei gleichzeitiger Erhaltung der Wettbe-
werbsfähigkeit der Unternehmen anzustreben. Aber
dieses Ziel wird nicht erreicht, weil uns im Augenblick
in Gestalt dieser Chemikalienverordnung aus Europa ein
bürokratisches Monstrum droht.
Frau Vogel-Sperl, Sie haben Recht: Es wurde bereits
viel geändert und viel getan. Ich sage ganz deutlich: Das
reicht noch nicht aus, auch wenn wir das erreichen wol-
len, was in der gemeinsamen Vereinbarung zwischen der
Bundesregierung und der Wirtschaft niedergelegt wurde.
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Das sieht auch die Landesregierung von Nordrhein-
estfalen so. Sie hat ein Planspiel durchführen lassen
Frau Dött hat es gerade schon angesprochen – und hat
ls Ergebnis dieses Planspiels festgestellt, dass insbeson-
ere die mittelständische Wirtschaft in der chemischen
ndustrie, aber auch all jene, die mit chemischen Produk-
en umgehen, mit diesen Regelungen völlig überfordert
ein werden. Deswegen sagen wir: Es kann nicht nur da-
um gehen, Herstellungs- und Importmengen festzuset-
en. Bei Chemikalien geht es nicht um Mengen, sondern
s geht um die Gefährlichkeit und Beherrschbarkeit. Da-
an muss eine entsprechende Verordnung ansetzen.
Im Übrigen lehnen wir auch Ihren Antrag ab, weil Sie
amit den Weg verlassen, der von der Bundesregierung
it der Wirtschaft vereinbart wurde. Ich will Ihnen aber
uch ganz klar sagen: Wenn man schon, Herr Schmitt,
it der Wirtschaft eine Vereinbarung trifft und angeblich
emeinsam in Europa verhandeln will, dann finde ich es
nanständig, wenn gleichzeitig vom BUND Anzeigen
eschaltet werden, in denen der chemischen Industrie in
eutschland vorgeworfen wird, sie laufe gegen ein ent-
prechendes Sicherheitsregime Sturm. Das wird dann
uch noch mit Mitteln des Bundeshaushalts gefördert.
uf die Frage – die habe ich dem Bundesministerium
estellt –, warum diese Anzeige gefördert wurde, wurde
ir lapidar erklärt, es sei nicht die Anzeige gefördert
orden, sondern das Projekt. So geht man nicht mit-
inander um, wenn man gemeinsam ein Ziel erreichen
ill.
Deshalb – letzter Satz, Frau Präsidentin – sage ich
anz klar: Setzen Sie sich auch aus Umwelt- und Ge-
undheitsgründen endlich dafür ein, dass es weitere Ver-
nderungen gibt! Ich möchte, dass die chemische Indus-
rie in Deutschland bleibt, in Europa bleibt, und zwar bei
ohen Sicherheitsstandards, weil wir alle davon mehr
aben, als wenn wir riskieren, durch unsinnige Änderun-
en die Industrie ins Ausland zu vertreiben, in Stan-
ards, die weit unter unserem Niveau liegen. Damit wäre
em Umwelt- und Gesundheitsschutz überhaupt nicht
edient.
Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Marialachsbarth.
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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen undHerren! Die möglichen Auswirkungen der europäischenChemierechtsetzung REACH auf den Tierschutz sindnach wie vor inakzeptabel. Das Bundesinstitut für Risi-kobewertung, BfR, das in Deutschland für die toxikolo-gische Bewertung von Chemikalien zuständig ist, geht ineiner im August dieses Jahres, Herr Kollege Schmitt,veröffentlichten Studie von einem Worst-Case-Szenariovon bis zu 45 Millionen Versuchstieren in 15 Jahren aus,
sollten denn alle Chemikalien einschließlich der Alt-stoffe entsprechend der von REACH geforderten Bedin-gungen untersucht werden. Dass diese Befürchtung nichtnur von der böswilligen Opposition in Deutschland ernstgenommen wird, zeigt auch, dass Anfang dieses Monatsin Brüssel dem Europäischen Parlament über 500 000 Un-terschriften übergeben wurden, die sich gegen Tierver-suche im Rahmen der Chemikalienprüfung ausspre-chen.Vor diesem Hintergrund befremdet es, dass die Mehr-heit in diesem Haus durchgesetzt hat, dass alle in denBundestag eingebrachten Anträge zur Chemikalienpoli-tik nunmehr innerhalb einer halben Stunde möglichstschnell an die Seite geschoben werden.
Damit wir uns richtig verstehen: Tierversuche sindnach Auffassung der Union leider nicht immer vermeid-bar, um einen sicheren Umgang des Menschen mit Che-mikalien oder Arzneimitteln gewährleisten zu können.Doch wir müssen aus ethischen Gründen alles tun, umdie Zahl der notwendigen Tierversuche auf das absoluteMinimum zu begrenzen und immer weiter zu reduzieren.
Daher besteht aus Sicht des Tierschutzes beim vorlie-genden Kommissionsentwurf der Chemikalienverord-nung weiterhin großer Handlungsbedarf. Zwar gibt esdie Verpflichtung für Produzenten, bereits vorhandeneDaten über Tierversuche zu nutzen, doch es gibt gravie-rende Regelungslücken bei der Parallelregistrierung ei-nes Stoffes. Zwar informiert die Agentur über die jewei-ligen Adressen der Produzenten, es gibt aber keinerechtsverbindlichen Vorgaben für den Fall, dass sich dieProduzenten nicht auf ein gemeinsames Vorgehen eini-gen können. Auch die Verpflichtung zur Teilung derNutzung von Daten aus Wirbeltierversuchen ist bei Non-Phase-in-Stoffen strikter als bei Phase-in-Stoffen.Der Bundesrat hat eben diese Punkte in seiner Stel-lungnahme vom 11. Juni dieses Jahres kritisiert. Er for-dert wie wir auch die grundsätzliche Ausrichtung an§ 20 a des deutschen Chemikaliengesetzes, der bereitsseit 1994 auf bewährte Weise überflüssige Doppelver-suche verhindert, und zwar durch anteilige Übernahmeder durch die Anfertigung der mit Tierversuchen erarbei-teten Studie verursachten Kosten und dadurch, dasswettbewerbsverzerrende Zeitvorteile der AuftraggeberdatfdPdegudgeveTl„NRmWdOcaFz12DadEiBMtdvdtsDZ
Interessant ist dabei, dass Staatssekretär Müller nochm August auf eine schriftliche Frage des Kollegenleser angegeben hat, dass die Sicherung und nachöglichkeit Aufstockung der bisher ausgewiesenen Mit-el im BMBF-Förderschwerpunkt vorgesehen sei, umen Herausforderungen von REACH zu begegnen.Die Diskussion von REACH läuft auf EU-Ebene aufollen Touren. Jetzt ist der Zeitpunkt, an dem die Bun-esregierung noch entschiedener Einfluss auf die Gestal-ung von REACH nehmen muss. Diese Gelegenheit darfie jetzt nicht verpassen.
er Deutsche Bundestag, der im Jahre 2002 mit einerweidrittelmehrheit den Tierschutz als Staatsziel im
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Dr. Maria FlachsbarthGrundgesetz verankert hat, darf sich vor dieser Diskus-sion nicht wegducken.Vielen Dank.
Ich schließe damit die Aussprache.Wir kommen zunächst zu drei einfachen Abstimmun-gen.Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt,Naturschutz und Reaktorsicherheit auf Drucksache15/3381: Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Be-schlussempfehlung die Annahme des Antrags der Frak-tionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen aufDrucksache 15/2666 mit dem Titel „Eine nachhaltigeChemiepolitik in Europa – Innovationen fördern, Um-welt und Gesundheit schützen und Verbraucherschutzstärken“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –Gegenstimmen! – Enthaltungen? – Die Beschlussemp-fehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionengegen die Stimmen der Opposition angenommen.Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehltder Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktionder CDU/CSU auf Drucksache 15/2654 mit dem Titel„Unabhängige Folgenabschätzung der neuen EU-Che-mikalienpolitik“. Wer stimmt für diese Beschlussemp-fehlung? – Gegenstimmen! – Enthaltungen? – Diese Be-schlussempfehlung ist ebenfalls mit den Stimmen derKoalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Oppositionangenommen.Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt,Naturschutz und Reaktorsicherheit auf Drucksache 15/3261zu dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU mit dem Titel„Tierversuche in der europäischen Chemikaliengesetz-gebung auf ein Minimum begrenzen“: Der Ausschussempfiehlt, den Antrag auf Drucksache 15/1982 abzuleh-nen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung desAusschusses? – Gegenstimmen! – Enthaltungen? – DieBeschlussempfehlung ist wiederum mit den Stimmender Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der gesam-ten Opposition angenommen worden.Interfraktionell ist vereinbart worden, Tagesord-nungspunkt 22 nach Tagesordnungspunkt 16, also jetzt,aufzurufen. Außerdem soll Tagesordnungspunkt 22 umden Wahlvorschlag der Fraktion des Bündnisses 90/DieGrünen auf Drucksache 15/3752 erweitert werden. SindSie mit diesen Vereinbarungen einverstanden? – Dassind Sie. Dann ist das so beschlossen.Ich mache darauf aufmerksam, dass im Anschluss andie Wahlen zwei namentliche Abstimmungen über An-träge auf Zurückweisung von Einsprüchen des Bundes-rates vorgesehen sind.Ich rufe zunächst Tagesordnungspunkt 22 sowieZusatzpunkt 6 auf:ZaudmdShPSnegteSkowDgfSwwdWrPösddwc1)
Wir können gleich anschließend die beiden namentli-hen Abstimmungen durchführen. Interfraktionell istSiehe Seite 11617 C)
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Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmervereinbart worden, die heutige Tagesordnung um die Be-ratung der Anträge der Fraktionen der SPD und desBündnisses 90/Die Grünen auf Zurückweisung von Ein-sprüchen des Bundesrates zu erweitern und diese jetztals Zusatzpunkte 7 bis 8 aufzurufen. Sind Sie damiteinverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist so beschlos-sen.Ich rufe somit die Zusatzpunkte 7 und 8 auf:ZP 7 Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜND-NISSES 90/DIE GRÜNENZurückweisung des Einspruchs des Bundes-rates gegen das Gesetz zur Neuregelung vonLuftsicherheitsaufgaben– Drucksachen 15/2361, 15/3338, 15/3587,15/3759 –ZP 8 Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜND-NISSES 90/DIE GRÜNENZurückweisung des Einspruchs des Bundes-rates gegen das Zweite Gesetz zur Änderungdes Zivildienstgesetzes und anderer Vorschrif-
– Drucksachen 15/3279, 15/3486, 15/3590,15/3760 –Der Präsident des Bundesrates hat schriftlich mitge-teilt, dass der Bundesrat beschlossen hat, gegen das Ge-setz zur Neuregelung von Luftsicherheitsaufgaben sowiegegen das Zweite Zivildienstgesetzänderungsgesetz Ein-sprüche einzulegen. Es liegen zwei Anträge der Fraktio-nen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen auf Zu-rückweisung der Einsprüche des Bundesrates vor.Bevor wir zur Abstimmung über die Anträge kom-men, bitte ich erneut um Aufmerksamkeit für Hinweisezum Abstimmungsverfahren. Es ist jeweils namentlicheAbstimmung verlangt; das wissen Sie schon. NachArt. 77 Abs. 4 des Grundgesetzes ist für die Zurückwei-sung eines Einspruchs des Bundesrates die Mehrheit derMitglieder des Deutschen Bundestages erforderlich. Dassind 301 Stimmen. Wer den Einspruch zurückweisenwill, muss mit Ja stimmen.Sie benötigen außer Ihren Stimmkarten auch IhreStimmausweise in den Farben Grün und Gelb; die Farbedes zu verwendenden Stimmausweises werde ich Ihnenjeweils vorher sagen. Bitte achten Sie darauf, dass dieStimmkarten und Stimmausweise Ihren Namen tragen;das ist sehr wichtig. Bevor Sie Ihre Stimmkarte in dieUrne werfen, übergeben Sie bitte den jeweiligen Stimm-ausweis einem der Schriftführer an der Urne. Sie müssenalso Stimmkarte und Stimmausweis abgeben. DieSchriftführerinnen und Schriftführer bitte ich, darauf zuachten, dass Stimmkarten nur von Kolleginnen und Kol-legen in die Urne geworfen werden dürfen, die vorherihren Stimmausweis in der richtigen Farbe abgegebenhaben.Wir kommen jetzt zur namentlichen Abstimmungüber den Antrag der Fraktionen der SPD und des Bünd-nisses 90/Die Grünen auf Zurückweisung des Ein-slSvdöStgrnbzünsgSvdSgdSEgAh1)2)
Wir setzen jetzt die Abstimmungen fort und kommenur zweiten namentlichen Abstimmung: Abstimmungber den Antrag der Fraktionen der SPD und des Bünd-isses 90/Die Grünen auf Zurückweisung des Ein-pruchs des Bundesrates gegen das Zweite Zivildienst-esetzänderungsgesetz. Sie benötigen jetzt Ihrentimmausweis in der Farbe Gelb.Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, dieorgesehenen Plätze einzunehmen. – Sind alle Plätze anen Urnen besetzt? – Dann eröffne ich die Abstimmung.Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seinetimme und den gelben Stimmausweis noch nicht ab-egeben hat? – Das ist nicht der Fall. Ich schließe damitie Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen undchriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Dasrgebnis der Abstimmung wird Ihnen später bekanntegeben.2) Wir setzen die Beratung fort.Ich rufe den Tagesordnungspunkt 17 auf:Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutzund Reaktorsicherheit zu demAntrag der Abgeordneten Dr. Peter Paziorek,Kristina Köhler , Dr. Christian Ruck,weiterer Abgeordneter und der Fraktion derCDU/CSUMehr Kosteneffizienz im Klimaschutz durchverstärkte Nutzung der projektbezogenenKioto-Mechanismen– Drucksachen 15/1690, 15/2803 –Berichterstattung:Abgeordnete Ulrich KelberMarie-Luise DöttDr. Reinhard LoskeBirgit HomburgerNach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für dieussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ichöre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.Ergebnis Seite 11619 CErgebnis Seite 11621 B
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Vizepräsidentin Dr. Antje VollmerIch eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächstder Abgeordnete Ulrich Kelber.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen undHerren! Man könnte es fast persönlich nehmen, dass soviele Kollegen den Raum verlassen, wenn man zur Kli-mapolitik redet. Das kann mir aber die gute Stimmungnicht verderben, da ich heute Morgen bei den Nachrich-tenagenturen lesen konnte, dass der russische Außenmi-nister Lawrow gestern auf der UN-Versammlung bestä-tigt hat, dass Präsident Putin fünf russischen Ministeriendie Dokumente zur Ratifizierung des Kioto-Protokollszugeleitet hat. Das erste Ministerium hat bereits zuge-stimmt. Wenn die anderen vier Ministerien ebenfalls zu-stimmen, soll das Unterhaus die Dokumente zur Ratifi-zierung des Kioto-Protokolls erhalten.
Das sollten wir im Hinterkopf behalten, da wir in dernächsten Woche über einen Antrag der CDU/CSU-Frak-tion hier im Plenum – Mittwoch wurde er im Umwelt-ausschuss debattiert – diskutieren werden, in dem dieBundesregierung aufgefordert wird, Alternativszenarienbezüglich des Ratifizierungsverfahrens des Kioto-Proto-kolls durch Russland zu erarbeiten. Ich denke, wir kön-nen uns nächste Woche eine Debatte sparen.Allerdings gibt es doch etwas, das mir meine guteLaune verderben kann. Wir führen zwar heute eineschöne Debatte über den Klimaschutz, aber in dem An-trag der Opposition, den wir im Umweltausschuss debat-tiert haben, ging es um weniger Klimaschutz. Der Kerndes Antrags der CDU/CSU ist: Klimaschutz soll in derDritten Welt selbst durch fragwürdige Projekte billigeingekauft werden und dadurch die Motivation zumKlimaschutz in Deutschland verringert werden. Ichglaube, dass es moralisch falsch ist, wenn der Norden,der für den größten Teil der Klimaverschlechterung ver-antwortlich ist, die Hauptlast der Aktivitäten zur Verbes-serung des Klimaschutzes in der Dritten Welt erbringenwill, seiner Beispielfunktion zu Hause aber nicht gerechtwerden will. Ich glaube, dass es auch ökologisch falschist, weil man nicht nur kurzfristige Erfolge braucht, son-dern auch langfristige. Es ist ökonomisch falsch, weilwir neue Produkte und neue Technologien brauchen, umbei uns Arbeitsplätze zu schaffen.
Wir unterscheiden uns nicht in der Frage, ob wir dieflexiblen Instrumente des Kioto-Protokolls, also Maß-nahmen in Entwicklungs- und Schwellenländern durchUnternehmen der Industrieländer, wollen oder nicht. Wirwollen aber darüber hinaus, dass auch in Deutschlandund Europa moderne Technologien entwickelt werden.Das geht nur, wenn es den Anreiz gibt, auch hier vor dereigenen Tür Klimaschutz zu betreiben.In dem Antrag der Union kommt es zu einem der üb-lichen Oppositionsrituale. Dort steht, es gebe eine EU-VewsmDssOAwlmakBwDgsgNmeK2tDddlmdlDhtfIhsCmEbe
Die Union spricht von einer unbegrenzten Nutzung.as hieße, dass es keinen Klimaschutz mehr in Europaäbe. Die Obergrenze, die die Europäische Union vor-chlägt, bedeutet, dass deutsche Unternehmen unbe-renzt nutzen können. Denn das, was Deutschland an derutzung der flexiblen Instrumente zugebilligt wird, istehr, als wir brauchen, um unser Kioto-Ziel bis 2010 zurreichen.Welches Interesse sollten wir daran haben, dass dielimasünder in der EU, die ihren Ausstoß von CO2 um0 oder 30 Prozent reduzieren müssen, ihren Verpflich-ungen mit fragwürdigen Aufforstungsprojekten in derritten Welt nachkommen können, anstatt moderneeutsche Technologie kaufen zu müssen,
ie wir in unseren Unternehmen, Energieerzeugungsan-agen, Autos und Haushalten längst einsetzen? Daranüssen wir doch ein Interesse haben. Deswegen schadeter CDU/CSU-Antrag eindeutig deutschen wirtschaft-ichen Interessen.
ie Gretchenfrage an CDU/CSU und FDP lautet: Wiealtet ihr es mit dem Klimaschutz? Heute liegt ein An-rag vor, mit dem erreicht würde, dass der Klimaschutzür viele Jahre in Deutschland unnötig gemacht würde.m Sommer gab es den Versuch, die Emission von Treib-ausgasen in Deutschland sogar noch zu erhöhen, anstattie zu senken.
DU/CSU und FDP stimmen gegen alles, was mit Kli-aschutz zu tun hat.
in einfaches Beispiel sind die erneuerbaren Energien,ei denen Deutschland Weltmarktführer ist. Es geht umine schnelle Markteinführung neuer Technologien. Wir
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Ulrich Kelberhaben sinkende Preise erzielt und eine steigende Anzahlvon Jobs erreicht. Weiterhin konnte die Emission vonTreibhausgasen reduziert werden. Die Zwischenrufe, dieman jetzt vielleicht auch im Publikum hören kann, hat esauch schon in der letzten Sitzungswoche gegeben, alsich diese Kritik vorgebracht habe. Deswegen werde ichheute zusätzliche Fakten auf den Tisch legen.Zunächst einmal komme ich zur FDP und zum Themaerneuerbare Energien und Windenergie. Die FDP lehntdie heutige Förderung ab, die uns – wie gesagt – zumWeltmarktführer gemacht hat. Sie fordert Ausschrei-bungsmodelle mit Mengenregelungen. So ist es doch,Frau Homburger? Das will die FDP haben. Lassen Sieuns einmal auf die Zahlen von Europa schauen. Ichnehme vier große Länder. Deutschland und Spanien ha-ben eine Förderung nach dem deutschen System, Groß-britannien und Italien haben ein Ausschreibungsmodellmit Mengenregelung, also ein System, wie es die FDPhaben will.Fangen wir mit der installierten Leistung an. Die lagEnde 2003 in Großbritannien bei 649 Megawatt, inItalien bei 904 Megawatt.
In Spanien lag die Leistung bei 6 202 Megawatt, inDeutschland bei 14 602 Megawatt. Das Modell der Koa-lition ist also um den Faktor 10 bis 15 erfolgreicher alsdas von der FDP und der CDU/CSU.
Gehen wir zum nächsten Punkt: Preise pro Kilowatt-stunde. Es geht darum, was der Verbraucher bezahlenmuss. In Großbritannien sind es 9,6 Cent pro Kilowatt-stunde, in Italien 13 Cent pro Kilowattstunde. In Spaniensind es 6,6 Cent pro Kilowattstunde, in Deutschland6,6 bis 8,8 Cent pro Kilowattstunde. Auch hier ist dasModell von Rot-Grün 10 bis 50 Prozent günstiger für dieVerbraucher als das der Opposition.
Der dritte Punkt betrifft die Zahl der geschaffenen Ar-beitsplätze. In Großbritannien waren es 3 000, in Italien2 500, in Spanien 20 000 und in Deutschland 46 000 Ar-beitsplätze. Also auch hier ist das Modell der Koalitionum den Faktor 8 bis 20 erfolgreicher. Darüber sollte dieFDP einmal nachdenken.Der Kollege Pfeiffer hat für die CDU/CSU angekün-digt, das Fördersystem bei den erneuerbaren Energienim Jahr 2007 kippen zu wollen. Frau Merkel – die frü-here Umweltministerin – hat es wiederholt.
Da Sie meine Kritik zurückweisen, zitiere ich aus„Spiegel Online“ vom 11. September 2004:Mit Blick auf die Bundestagswahlen 2006 drängtCSU-Chef Edmund Stoiber auf eine „umweltpoliti-DFhqießMwgSEdAne§AlssdedDdb1)
Ich gebe Ihnen kurz das Ergebnis der Wahl von zwei
itgliedern in das Gremium gemäß § 4 a des Bundes-
ertpapierverwaltungsgesetzes bekannt. Von den 601 Mit-
liedern des Deutschen Bundestages haben 581 ihre
timme abgegeben. Davon sind 581 gültig. Es gab fünf
nthaltungen. Von den gültigen Stimmen entfielen auf
ie Abgeordnete Anja Hajduk 499 Stimmen und auf den
bgeordneten Otto Fricke 564 Stimmen. Die Abgeord-
eten haben die erforderliche Mehrheit von 301 Stimmen
rreicht und sind damit Mitglieder des Gremiums nach
4 a des Bundeswertpapierverwaltungsgesetzes.1)
Jetzt fahren wir in der Debatte fort. Das Wort hat der
bgeordnete Josef Göppel.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-egen! Ich denke, hier ist ein Kontrastprogramm ange-agt. Es geht um die Frage, wie wir zu einem Klima-chutz und zu einem Weltklimaabkommen kommen, anem auch die Entwicklungsländer ein finanzielles Inter-sse haben.Ich habe vor zwei Tagen an der öffentlichen Sitzunges Nachhaltigkeitsrates teilgenommen.
er Vorsitzende, Volker Hauff, schloss die Sitzung miten Worten: „Kioto ist keine tragfähige Lösung zur Sta-ilisierung des Weltklimas.“ Namensverzeichnis der Teilnehmer siehe Anlage 2
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11618 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 127. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. September 2004
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Josef GöppelDie Union und ich sind anderer Meinung. Wie soll je-mand den Mut zu einem anderen, besseren Konzept fas-sen, wenn wir das vorhandene, mühsam errungene Kon-zept bereits auf halbem Wege als nutzlos bezeichnen?
Insofern stellt sich die Frage, wo wir stehen.144 Staaten haben das Kioto-Protokoll ratifiziert. DieseStaaten erzeugen 44 Prozent der gesamten Klimagase.Russland erzeugt 17 Prozent; das ergibt zusammen61 Prozent. Die Schwelle liegt bei 55 Prozent.Ich habe ebenso wie Sie, Herr Kelber, mit Freude dieNachricht vernommen, dass Herr Putin die Ratifizierungdes Abkommens eingeleitet hat. Aber das ist uns schonzweimal angekündigt worden. Das ist das Problem.
Ich sage Ihnen in allem Ernst: Der Bundeskanzler mussbei seinem Freund Putin sein volles politisches Gewichtin die Waagschale werfen, damit Russland das Abkom-men tatsächlich ratifiziert!
Wir wollen, dass dieses Abkommen nicht scheitert, son-dern ein Erfolg wird.Wo stehen wir heute beim weltweiten Ausstoß vonklimaschädlichen Gasen? Für das Abkommen vonKioto gilt das Basisjahr 1990. Damals betrug der Aus-stoß klimaschädlicher Gase weltweit 30 Milliarden Ton-nen. Im Jahr 2000 – zehn Jahre später – waren 35 Mil-liarden Tonnen zu verzeichnen. Das heißt, dass in denletzten zehn Jahren keine Senkung erfolgt ist. Im Gegen-teil: Es gab eine Steigerung um 17 Prozent. An diesen35 Milliarden Tonnen haben die Industrieländer einenAnteil von 21 Milliarden Tonnen. Der Ausstoß in den In-dustrieländern ist allerdings in den letzten zehn Jahrendurch die Rückgänge in Russland, die die Zuwächse inden Vereinigten Staaten ausgeglichen haben, in etwagleich geblieben. Die Europäische Union hat ihren Aus-stoß in den letzten zehn Jahren um immerhin 2 Prozentsenken können. Aber ihre Verpflichtung, den Ausstoßum 8 Prozent zu senken – Herr Kollege Kelber, wir sindjetzt an einer wichtigen Stelle; denn Sie haben der Unionunterstellt, dass sie entsprechende Maßnahmen lieberwoanders als in Deutschland durchführen möchte –, hatsie nicht erfüllen können. Deshalb sage ich ganz klar:Wir müssen in der Europäischen Union und insbeson-dere in Deutschland noch eine Menge tun, um unser Zielzu erreichen.Ich gebe aber zu bedenken: Selbst wenn das Abkom-men von Kioto Erfolg hätte und alle Industrieländer ihreVerpflichtungen erfüllen würden, würde der weltweiteAusstoß bis 2010 auf über 40 Milliarden Tonnen stei-gen. Die Folgen einer solchen Entwicklung können wiruns schon heute täglich im Fernsehen anschauen. Es istschon fast symbolisch gewesen, dass die Bilder von Ha-iti Menschen zeigten, die im Wasser wateten, überfluteteDSAznmvssigngsrvRezsMaAddLtw56dtfbdmtJtddAsSnhCsEKaluid
Das Ziel von Kioto ist, zu verhindern, dass die Erd-itteltemperatur mehr als 2 Grad im Vergleich zumorindustriellen Wert ansteigt. Wenn der weltweite Aus-toß auf mehr als 40 Milliarden Tonnen steigt, dannteigt die Erdmitteltemperatur – so schätzt das IPCC, einnternationales Wissenschaftlergremium für Klimafra-en – um 3 bis 5 Grad. Die Folgen wären – ich nenneur die wirtschaftlichen – Verlust fruchtbarer Tiefland-ebiete, Verschiebung von Klimazonen mit volkswirt-chaftlichen Schäden und ernst zu nehmende Wande-ungsströme. Wir dürfen also nicht an der Frageorbeigehen, wie wir für die Entwicklungsländer einenahmen schaffen können, der dafür sorgt, dass auch siein wirtschaftliches Interesse haben, mehr Klimaschutzu betreiben.Es gibt dafür bereits Konzepte. So haben Wissen-chaftler schon vor einigen Jahren in Großbritannien dasodell „Contraction and Convergence“ entwickelt, dasuf die Verringerung und die Annäherung der Pro-Kopf-usstöße bei den klimaschädlichen Gasen abzielt. Dereutsche Wissenschaftler Lutz Wicke hat im Rahmenes Nachhaltigkeitsrates der baden-württembergischenandesregierung ein weltweit wirksames Anreizsys-em mit handelbaren Zertifikaten entwickelt. Danachird jedem Menschen auf der Welt ein Ausstoß vonTonnen pro Jahr zugestanden. Das wären beiMilliarden Menschen etwa 30 Milliarden Tonnen, alsoas Niveau von 1990. Länder, die darüber liegen, müss-en zukaufen und Länder, die darunter liegen, könnteninanzielle Anreize für ihre wirtschaftliche Entwicklungekommen. – Sie lachen vielleicht zu Recht, wenn es umie Frage geht, ob sich so etwas durchsetzen lässt. Im-erhin will die Europäische Kommission auf der nächs-en Folgekonferenz in Buenos Aires im Dezember diesesahres ein Dreistufenkonzept einbringen, das in der ers-en Stufe eine freiwillige Verpflichtung zur Erhöhunger Wirkungsgrade von Anlagen in Entwicklungslän-ern, in der zweiten Stufe den verbindlichen Ersatz alternlagen, sodass etwa 1Tonne Stahl mit weniger klima-chädlichen Abgasen erzeugt wird, und erst in der drittentufe verbindliche Länderobergrenzen vorsieht. Es istatürlich noch offen, ob ein solches Modell eine Mehr-eit finden kann; denn die entscheidenden Länder sindhina und Indien. Man hört in Brüssel, dass sie für einolches Mehrstufenmodell Sympathie zeigen; aber derrfolg ist noch lange nicht sicher.Die so genannten flexiblen Maßnahmen im jetzigenioto-Abkommen – Clean Development Mechanism,lso umweltverbessernde Maßnahmen in den Entwick-ngsländern, und die so genannten Joint Implementationsn den osteuropäischen Ländern; damit ist im Grundeasselbe gemeint – betreffen den Export klimaschützen-
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Josef GöppelDr. Lale Akgün Dr. Herta Däubler-Gmelin Reinhold HemkerRolf HempelmannAngelika Krüger-LeißnerDr. Hans-Ulrich KrügerIngrid Arndt-BrauerRainer ArnoldHermann BachmaierErnst Bahr
Doris BarnettDr. Hans-Peter BartelsEckhardt Barthel
Klaus Barthel
Sören BartolUwe BeckmeyerKlaus Uwe BenneterDr. Axel BergUte BergHans-Werner BertlPetra BierwirthRudolf BindigLothar Binding
Kurt BodewigGerd Friedrich BollmannKlaus BrandnerWilli BraseBernhard Brinkmann
Hans-Günter BruckmannEdelgard BulmahnUlla BurchardtSebastian EdathySiegmund EhrmannHans EichelMarga ElserGernot ErlerPetra ErnstbergerKarin Evers-MeyerAnnette FaßeElke FernerGabriele FograscherRainer FornahlGabriele FrechenDagmar FreitagLilo Friedrich
Iris GleickeGünter GloserRenate GradistanacAngelika Graf
Dieter GrasedieckMonika GriefahnKerstin GrieseGabriele GronebergAchim GroßmannWolfgang GrotthausUwe GöllnerGPMGGSJWIFECKGLBJKRJUDUHustav Herzogetra Heßonika Heubaumisela Hilbrechtabriele Hiller-Ohmtephan Hilsbergelena Hoffmann
alter Hoffmann
ris Hoffmann
rank Hofmann
ike Hovermannhristel Hummelaas Hübnererd Höferothar Ibrüggerrunhilde Irberann-Peter Janssenlaus-Werner Jonasenate Jägerohannes Kahrslrich Kasparickr. h.c. Susanne Kastnerlrich Kelberans-Peter KemperHorst KubatschkaUte KumpfErnst KüchlerHelga Kühn-MengelDr. Uwe KüsterDr. Heinz Köhler
Fritz Rudolf KörperChristine LambrechtChristian Lange
Christine LehderWaltraud LehnDr. Elke LeonhardEckhart LeweringGötz-Peter LohmannErika LotzDr. Christine LucygaGabriele Lösekrug-MöllerDirk ManzewskiTobias MarholdLothar MarkCaren MarksHilde MattheisMarkus MeckelUlrike MehlPetra-Evelyne MerkelGerd Andres Martin Dörmann Dr. Barbara Hendricks Volker Kröningder Technologien. Ich bin schojetzige Grenze von 6 bis 8 Proist. Es gibt für sie weder einenaturwissenschaftliche BegründJahr der Grund dafür, den Antrawir heute reden.
es sinnvoll ist, den Ent-nologietransfer bereitzu-eise das wirtschaftlichengen. Das ist aber nochmen hinausweisende Lö-einsam erkennen.chritte beim weltweitenngig, dass die Entwick-es Interesse daran ent-nzept muss die Bundes-ruck als bisher arbeiten.ei uns ist. Herr Ministerativen auf internationalerhen wir auch die Initiati- Außenministers JoschkaFbNlBdEZztrGAmtMwans Martin Buryarco Bülowr. Michael Bürschabine Bätzingarion Caspers-Merkr. Peter Danckertarl Dillereter Dreßenlvira Drobinski-Weissetlef DzembritzkiKHBKAMNHischer auf diesen Sektoren. Icisher noch nicht wahrgenommötig sind Initiativen zu einer sung des Abkommens von Kioundesregierung. Sie ist hier ga
Vollmer:ache, um Ihnen die vonchriftführern ermittelten Abstimmungen über diehe des Bundesrates mit-ber den Antrag der Frak-isses 90/Die Grünen „Zu-s Bundesrates gegen dasuftsicherheitsaufgaben“:t Ja haben gestimmt 303,8. Es gab keine Enthal-t mit der erforderlichenen nötig – angenommenlaus Kirschnerans-Ulrich Klosestrid Klugr. Bärbel Kofleralter Kolbowarin Kortmannolf Kramernette Krammernst Kranzicolette Kressl
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Vizepräsidentin Dr. Antje VollmerUlrike MertenAngelika MertensUrsula MoggGesine MulthauptMichael Müller
Christian Müller
Franz MünteferingDr. Rolf MützenichVolker Neumann
Dietmar NietanDr. Erika OberHolger OrtelHeinz PaulaJohannes PflugJoachim PoßDr. Wilhelm PriesmeierFlorian PronoldDr. Sascha RaabeKarin Rehbock-ZureichGerold ReichenbachDr. Carola ReimannChristel Riemann-HanewinckelWalter RiesterReinhold RobbeDr. Ernst Dieter RossmannKarin Roth
Michael Roth
Ortwin RundeMarlene Rupprecht
Gerhard RübenkönigRené RöspelThomas SauerAnton SchaafGudrun Schaich-WalchRudolf ScharpingBernd ScheelenDr. Hermann ScheerSiegfried SchefflerHorst SchildOtto SchilyHorst Schmidbauer
Ulla Schmidt
Silvia Schmidt
Dagmar Schmidt
Wilhelm Schmidt
Heinz Schmitt
Carsten SchneiderOlaf ScholzWilfried SchreckOttmar SchreinerGerhard SchröderBrigitte Schulte
Reinhard Schultz
Swen Schulz
Dr. Angelica Schwall-DürenDr. Martin SchwanholzRolf SchwanitzAxel Schäfer
Walter SchölerKarsten SchönfeldFritz SchösserErika SimmDr. Sigrid Skarpelis-SperkDWDJDLRDCJRJJDWFHRSJUDHHARPGGDJDLInDAJHDBEBDVWHUMDBGKMVCBMGAEDJFr. Cornelie Sonntag-Wolgastolfgang Spanierr. Margrit Spielmannörg-Otto Spillerr. Ditmar Staffeltudwig Stieglerita Streb-Hesser. Peter Struckhristoph Strässeroachim Stünkerolf Stöckelörg Taussella Teuchnerr. Gerald Thalheimolfgang Thierseranz Thönnesans-Jürgen Uhlüdiger Veitimone Violkaörg Vogelsängerte Vogt
r. Marlies Volkmerans Georg Wagneredi Wegenerndreas Weigeleinhard Weis
etra Weisunter Weißgerberert Weisskirchen
r. Ernst Ulrich vonWeizsäckerochen Weltr. Rainer Wendydia Westrichge Wettig-Danielmeierr. Margrit Wetzelndrea Wickleinürgen Wieczorek
eidemarie Wieczorek-Zeulr. Dieter Wiefelspützrigitte Wimmer
ngelbert Wistubaarbara Wittigr. Wolfgang Wodargerena Wohllebenaltraud Wolff
eidi Wrightta Zapfanfred Helmut Zöllmerr. Christoph ZöpelÜNDNIS 90/DIERÜNENerstin Andreaearieluise Beck
olker Beck
ornelia Behmirgitt Benderatthias Berningerrietje Bettinlexander Bondekin Deligözr. Thea Dückertutta Dümpe-Krügerranziska Eichstädt-BohligDHKAWAPTMUFUMRDAJKWCFSCKCIRAWPURSHJMHDDDJMNCUIPADNDGEVDODCRPAJWDHr. Uschi Eidans-Josef Fellatrin Göring-Eckardtnja Hajdukinfried Hermannntje Hermenaueter Hettlichhilo Hoppeichaele Hustedtlrike Höfkenritz Kuhnndine Kurth
arkus Kurthenate Künastr. Reinhard Loskenna Lührmannerzy Montagerstin Müller
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rista Sagerhristine Scheelrmingard Schewe-Gerigkezzo Schlauchlbert Schmidt
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etra Selgrsula Sowaainder Steenblockilke Stokar von Neufornans-Christian Ströbeleürgen Trittinarianne Tritzubert Ulrichr. Antje Vogel-Sperlr. Antje Vollmerr. Ludger Volmerosef Philip Winklerargareta Wolf
einDU/CSUlrich Adamlse Aignereter Altmaierrtur Auernhammerietrich Austermannorbert Barthler. Wolf Bauerünter Baumannrnst-Reinhard Beck
eronika Bellmannr. Christoph Bergnertto Bernhardtr. Rolf Bietmannlemens Binningerenate Blanketer Bleserntje Blumenthalochen Borchertolfgang Bosbachr. Ralf Brauksiepeelge BraunGMKVHDWDCMPGLHAVTMMRAGIlDAEInHDADKHEJDHDNREGMUKRMMMHKORDJPDHGKHUS
r. Maria Flachsbarthlaus-Peter Flosbacherbert Frankenhauserrich G. Fritzochen-Konrad Frommer. Michael Fuchsans-Joachim Fuchtelr. Jürgen Gehborbert Geisoland Gewaltberhard Giengereorg Girischichael Gloste Granoldurt-Dieter Grilleinhard Grindelichael Grosse-Brömeranfred Grundarkus Grübelermann Gröhearl-Theodor Freiherr vonund zu Guttenberglav Guttingalf Göbelr. Reinhard Göhnerosef Göppeleter Götzr. Wolfgang Götzerolger-Heinrich Haibacherda Hasselfeldtlaus-Jürgen Hedrichelmut Heiderichrsula Heineniegfried Helias
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Vizepräsidentin Dr. Antje VollmerUda Carmen Freia HellerMichael HennrichJürgen HerrmannBernd HeynemannErnst HinskenPeter HintzeDr. Egon JüttnerBartholomäus KalbSteffen KampeterDorothee MantelErwin Marschewski
Stephan Mayer
Dr. Conny Mayer
Doris Meyer
Maria MichalkHans MichelbachDr. Christian RuckAlbert Rupprecht
Peter RzepkaVolker RüheDr. Norbert RöttgenAndreas ScheuerDr. Andreas SchockenhoffDr. Ole SchröderBernhard Schulte-DrüggelteDagmar WöhrlWolfgang ZeitlmannWilli ZylajewWolfgang ZöllerFDPHorst Friedrich
Rainer FunkeBernhard Kaster
Volker KauderGerlinde KaupaEckart von KlaedenJürgen KlimkeJulia KlöcknerManfred KolbeHartmut KoschykThomas KossendeyRudolf KrausMichael KretschmerGünther KrichbaumGünter KringsDr. Martina KrogmannDr. Hermann KuesWerner Kuhn
Kristina Köhler
Norbert KönigshofenDr. Karl A. Lamers
Dr. Norbert LammertHelmut LampBarbara LanzingerKarl-Josef LaumannVera LengsfeldWerner LensingPeter LetzgusUrsula LietzWalter Link
Eduard LintnerDr. Klaus W. Lippold
Patricia LipsDr. Michael LutherMSBDHHMCGDFEMRDUDSDBRRDTHDPCKHKHFHDKAbstimmung über den Antraund des Bündnisses 90/Die GrüEinspruchs des Bundesrates gzur Änderung des Zivildienstgarlene Mortlertefan Müller
ernward Müller
r. Gerd Müllerildegard Müllerenry Nitzscheichaela Nolllaudia Nolteünter Nooker. Georg Nüßleinranz Obermeierduard Oswaldelanie Oßwaldita Pawelskir. Peter Pazioreklrich Petzoldr. Joachim Pfeifferibylle Pfeifferr. Friedbert Pflügereatrix Philipponald Pofallauprecht Polenzaniela Raabhomas Rachelans Raidelr. Peter Ramsauereter Rauenhrista Reichard
atherina Reicheans-Peter Repniklaus Riegertannelore Roedelranz-Xaver Romereinrich-Wilhelm Ronsöhrr. Klaus Roseurt J. RossmanithADWKMMHBTJJECGAMTLMAEDAVAMPGIAKWMWEGg der Fraktionen der SPDnen „Zurückweisung desegen das Zweite Gesetzesetzes und anderer Vor-ssefnita Schäfer
r. Wolfgang Schäubleilhelm Josef Sebastianurt Segneratthias Sehlingarion Seibeinz Seifferternd Sieberthomas Silberhornohannes Singhammerens Spahnrika Steinbachhristian von Stettenero Storjohannndreas Stormatthäus Streblhomas Strobl
ena Strothmannichael Stübgenntje Tillmanndeltraut Töpferr. Hans-Peter Uhlrnold Vaatzolkmar Uwe Vogelndrea Astrid Voßhoffarko Wanderwitzeter Weiß
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atthias Wissmannerner Wittlichlke Wülfingerhard WächterHDJCKUBDMDJHSHInSMDGHDDDDDCDDDFDPchriften“: Abgegebene Stimmtimmt 305, mit Nein haben gebenfalls keine. Auch dieser Anorderlichen Mehrheit angenom
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r. Maria Flachsbarthlaus-Peter Flosbacherbert Frankenhauserrich G. Fritzochen-Konrad Frommer. Michael Fuchsans-Joachim Fuchtelr. Jürgen Gehborbert Geisoland Gewaltberhard Giengereorg Girischichael Gloste Granoldurt-Dieter Grilleinhard GrindelMMMHKORDJPDHGKHUSUMJBEPRKHJSDDBSIBSVGEJJMHTRMGGDDWKNDDHBKVWPUWEDichael Grosse-Brömeranfred Grundarkus Grübelermann Gröhearl-Theodor Freiherr vonund zu Guttenberglav Guttingalf Göbelr. Reinhard Göhnerosef Göppeleter Götzr. Wolfgang Götzerolger-Heinrich Haibacherda Hasselfeldtlaus-Jürgen Hedrichelmut Heiderichrsula Heineniegfried Heliasda Carmen Freia Hellerichael Hennrichürgen Herrmannernd Heynemannrnst Hinskeneter Hintzeobert Hochbaumlaus Hofbauerubert Hüppeoachim Hörsterusanne Jaffker. Peter Jahrr. Egon Jüttnerartholomäus Kalbteffen Kampeterrmgard Karwatzkiernhard Kaster
olker Kaudererlinde Kaupackart von Klaedenürgen Klimkeulia Klöckneranfred Kolbeartmut Koschykhomas Kossendeyudolf Krausichael Kretschmerünther Krichbaumünter Kringsr. Martina Krogmannr. Hermann Kueserner Kuhn
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r. Norbert Lammertelmut Lamparbara Lanzingerarl-Josef Laumannera Lengsfelderner Lensingeter Letzgusrsula Lietzalter Link
duard Lintnerr. Klaus W. Lippold
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11624 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 127. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. September 2004
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r Mechanismen natürlichmte qualitative Kriterien.men vor allem dazu bei-u fördern, Energie einzu- befördern. Wir wollenr uns –, dass die Mecha-ie gelten. Die Atomener-ursacht natürlich sehr hohe Kosten, die man möglicher-weise hätte vermeiden können, wenn man in den ben wir leider das genaue Gegenteil.Bernhard Schulte-DrüggelteUwe SchummerAnita Schäfer
Dr. Wolfgang SchäubleWilhelm Josef SebastianKurt SegnerMatthias SehlingMarion SeibHeinz SeiffertBernd SiebertThomas SilberhornJohannes SinghammerJens SpahnErika SteinbachChristian von StettenGero StorjohannAndreas StormMatthäus StreblThomas Strobl
Lena StrothmannMichael StübgenAntje TillmannEdeltraut TöpferDr. Hans-Peter UhlArnold VaatzVolkmar Uwe VogelAndrea Astrid VoßhoffMarko WanderwitzPeter Weiß
Gerald Weiß
Ingo WellenreutherAnnette Widmann-MauzKlaus-Peter WillschWilly Wimmer
Matthias WissmannWerner WittlichElke WülfingGerhard WächterDagmar WöhrlWolfgang ZeitlmannWilli ZylajewWolfgang ZöllerFAEHJUOHRDHDJCKUBDMDWir fahren in der Debatte fort. Das Wort hat jetzt derAbgeordnete Reinhard Loske.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Der Rede meines Vorredners kann ich weitestgehend zu-stimmen.
– Ja, das war eine sehr gute Rede. – Er hat vor allen Din-gen die Kernthese dargestellt, dass die Kosten unterlas-senen Handelns möglicherweise viel höher sind als dieKosten des Handelns. Das, was wir zurzeit in der Kari-bik, in Haiti, in Kuba und in Teilen Floridas erleben, ver-hwzoAtrswLuZunnkw
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Ein ganz wichtiger Punkt sind die Signale, die ausGroßbritannien kommen. Ich finde es sehr positiv, dassPremierminister Blair angekündigt hat, das Thema Kli-maschutz auf dem G-8-Gipfel zu einem zentralen Themazu machen. Deutschland und Großbritannien sind inEuropa mittlerweile die Hauptkonkurrenten in SachenKlimaschutz. Wer ist der Erfolgreichste? Ich würde sa-gen: Wettbewerb belebt das Geschäft.Sehr wichtig und vor allem unterstützenswert findeich das Vorgehen der Briten, die nämlich Klimaschutzals strategische Langfristplanung begreifen. Sie setzensich langfristige Ziele, so wie wir uns in Deutschlandvorgenommen haben, bis zum Jahr 2020 den Kohlendi-oxidausstoß um 40 Prozent zu reduzieren, um unserenBeitrag zum Klimaschutz zu leisten, aber auch um denUnternehmen sowie den Bürgerinnen und Bürgern Pla-nungssicherheit zu geben.Es darf nicht nur die Kostenseite betont werden – sieist wichtig –; vor allem müssen die Chancen für Innova-tion und für Zukunftsmärkte gesehen werden. Das ge-hört zusammen. Das vermissen wir bei Ihnen. Deswegenkönnen wir dem Antrag nicht zustimmen.Danke schön.
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!ir haben heute zum wiederholten Male die Themen in-ernationaler Klimaschutz und Kioto-Protokoll auf deragesordnung, diesmal aufgrund eines Antrages derDU/CSU-Fraktion. Ich finde, wir diskutieren das völligu Recht. Luft macht nämlich an Grenzen nicht Halt.eshalb ist Klimaschutz eine weltweite Aufgabe und dasioto-Protokoll die richtige Antwort darauf. Die Tatsa-he, dass wir im Kioto-Protokoll erstmals den Emis-ionshandel als Instrument verankert haben, stellt eineniesigen Erfolg für die Liberalen und insbesondere fürie damalige FDP-CDU/CSU-Regierung dar, die auf in-ernationaler Ebene massiv darauf gedrängt hat, dass dasioto-Protokoll zustande kommt.
Nun ist das Kioto-Protokoll leider noch nicht in Kraftetreten. Dazu ist es erforderlich, dass es mindestens5 Länder ratifizieren und zugleich 55 Prozent der welt-eiten CO2-Emissionen erfasst werden. Im Augenblickaben es 124 Länder ratifiziert; aber damit werden leiderrst 44,2 Prozent der Emissionen erfasst. Russlands An-eil an den Emissionen zum Beispiel beträgt 17 Prozent.as heißt, wenn Russland es ratifizieren würde, wäre dasioto-Protokoll endlich in Kraft. Deswegen ist es eineute Nachricht, dass, wie wir gehört haben, in Moskauer Ratifizierungsprozess von der Regierung offensicht-ich angestoßen und ins Parlament eingebracht wurde.enn es wirklich zu einer Ratifizierung käme, dannäre das der Durchbruch für den internationalen Klima-chutz. Ich hoffe, dass das passiert; ich sage aber auchanz deutlich: Wir dürfen in unseren Anstrengungen beiesprächen mit Russland, und zwar auf allen Ebenen,icht nachlassen, bis tatsächlich die Ratifizierung er-olgt.
Wir haben auf europäischer Ebene zwischenzeitlichen Emissionshandel eingeführt und in Deutschland dientsprechenden Beschlüsse gefasst. Eines haben wir aller-ings bisher nicht in Deutschland, was andere europäi-che Länder bereits im Vorgriff auf das Kioto-Protokollingeführt haben und was rechtlich auch zulässig ist,hne dass die von dem Kollegen von den Grünen ange-prochene Linking Directive, also die Verbindungs-ichtlinie, die kommen soll, schon in Kraft getretenäre. Andere Länder in Europa nutzen nämlich bereits
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Birgit Homburgerjetzt schon die flexiblen Mechanismen des Kioto-Proto-kolls. Ich wäre froh, wir könnten das in Deutschlandebenfalls tun.
– Nein, Sie haben es versäumt, zuzulassen, dass so etwasauch in Deutschland möglich ist.
– Ja, den kenne ich. Wir können uns gerne noch einmaldarüber auseinander setzen. Ich habe leider nicht so vielRedezeit, um jetzt mit Ihnen eine Diskussion darüber zuführen. Das mache ich bei Gelegenheit aber gerne.
Etwas, was die FDP schon seit langem und immerwieder gefordert hat, steht jetzt auch im CDU/CSU-An-trag – deswegen unterstützen wir ihn –, nämlich eineStärkung der Flexibilität und Effizienz im internationa-len Klimaschutz durch Zulassung genau solch flexiblerMechanismen. Was bedeutet das? Es bedeutet letztend-lich, dass wir auch im Ausland Klimaschutzmaßnahmenergreifen können. Dort ist pro eingesetztem Euro deut-lich mehr Klimaschutz möglich als hier in Deutschland.Deswegen wollen wir, dass diese Möglichkeit eröffnetwird und ein Teil dieser im Ausland erzielten Minderun-gen dann auch auf den Emissionsrechtehandel inDeutschland angerechnet werden kann.
Es ist ganz klar, dass die Mechanismen mit den kom-plizierten Namen, über die wir reden, bei geringerenKosten mehr Klimaschutz bewirken. Außerdem bergensie eine Riesenchance für Innovationen gerade in denLändern, die sich rasant entwickeln, wodurch die CO2-Emissionen in der Welt massiv ansteigen werden. Des-wegen ist es so wichtig, dass hier Klimaschutz greift.Dafür wäre es unglaublich wichtig, dass Deutschland fürdiesen Bereich auch vernünftige Regelungen trifft.
In meiner letzten Bemerkung möchte ich auf das ein-gehen, was Sie, Herr Kollege Kelber, vorhin zu demThema erneuerbare Energien gesagt haben. Klimaschutzgeschieht nicht nur durch den Einsatz erneuerbarer Ener-gien;
Klimaschutz heißt auch Energiesparen und effizienterUmgang mit Energie. Das geht nur durch einen vernünf-tigen Energiemix unter Einbeziehung und Förderung dererneuerbaren Energien.
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nd behaupten, nach dem FDP-Modell würden die glei-hen Zahlen wie in Großbritannien erzielt, muss ich Ih-en entgegnen: Das ist doch völliger Nonsens.
Es tut mir furchtbar Leid: Wir haben klar gesagt, wirollen eine bestimmte Menge regenerativer Energieorgeben, die erreicht werden muss. Deswegen kannine Verfehlung des Ziels ausgeschlossen werden.
ber wir wollen das im Wettbewerb erreichen, weil wiro auch eine Kostenreduktion erreichen können.Deswegen sage ich zusammenfassend für uns: Dieenschen in diesem Land haben Anspruch darauf, dassir uns im Klimaschutz engagieren; aber sie haben auchnspruch darauf, dass wir das effizient und kostengüns-ig organisieren. Dafür steht die FDP.
Das Wort hat jetzt der Herr Bundesminister Jürgenrittin.Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-chutz und Reaktorsicherheit:Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In derat hat der Rat in der letzten Woche die Richtlinie überie Nutzung der flexiblen Instrumente beschlossen. Ichegrüße das, weil mit diesem Beschluss erreicht wird,as der Kollege Loske zu Recht angemahnt hat, nämlichin Einsatz der im Kioto-Protokoll vorgesehenen flexib-en Mechanismen derart, dass die Nutzung einer nichtachhaltigen Technologie wie der Atomkraft ausge-chlossen ist, dass bei der Nutzung der großen Wasser-raft die Standards der World Commission on Damserücksichtigt werden und dass die Integration von Sen-en sehr vorsichtig erfolgt; denn – hier sehe auch ich dasroblem, das Sie genannt haben – wenn auf der eineneite Aufforstung begünstigt wird, darf nicht auf der an-eren Seite unkontrolliert abgeholzt werden; das würdeem Klimaschutz nicht dienen.Wir sind für dieses Gesetz, weil wir die flexiblen Me-hanismen wollen. Eine Diskussion darüber haben wir ineutschland gar nicht mehr nötig. Wir haben in ver-chiedenen internationalen Verhandlungen darüber dis-utiert, ob eine Reduktion von 50 Prozent im eigenenand erbracht werden soll. Das war ein strittiger Punkt.etzt schauen Sie sich einmal unsere Situation an: Wirerden bei fast 100 Prozent landen. Wir werden auchanz deutlich unter den 6 bis 8 Prozent der Richtlinieleiben. Es wird einer Anstrengung bedürfen, dieseberhaupt zu erreichen.
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Bundesminister Jürgen TrittinIch sage bewusst: Ich möchte, dass viele Unterneh-men die Chance nutzen – dafür legen wir dieses Pro-gramm bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau auf –
– nein –, weil wir der Auffassung sind, dass der Clean-Development-Mechanismus eine klassische Win-Win-Situation herbeiführt: effizienterer Klimaschutz – darinstimme ich mit Ihnen überein, Frau Homburger – undTechnologietransfer in die Entwicklungsländer.Bei einem dritten Punkt besteht vielleicht eine kleineDifferenz zwischen uns und der CDU/CSU. Wir meinen,dass mit einem schnellen Einstieg in den Clean Develop-ment Mechanism auch der Druck zur Weiterentwicklungdes Kioto-Protokolls wächst. Das gilt allerdings nicht– da besteht die Differenz – für einen vorzeitigen Startdes Joint Implementation. Dieser würde den Anreizzur Ratifizierung, beispielsweise für Russland, deutlichreduzieren.Deswegen wollen wir einen schnellen Start des CleanDevelopment Mechanism. Wir würden uns wünschen,dass sich viele Unternehmen daran beteiligen, weil es fürsie günstig ist. Wir werden darangehen, sehr schnell dieentsprechende Rechtsgrundlage zu schaffen.Letzte Bemerkung, meine Damen und Herren. WennRussland den Weg der Ratifizierung weitergeht – ichglaube, Deutschland hat durch das gute Verhältnis, daswir zu Russland haben, viel dafür getan –, werden wiruns bei der nächsten Klimakonferenz in Buenos Airesgenau über die Fragen unterhalten müssen, die Sie ge-nannt haben, Herr Göppel: Wie erfüllen die Industrie-staaten ihre Verpflichtung?
Welche Schwellenländer, die teilweise höhere Pro-Kopf-Emissionen als manche Länder der Europäischen Unionhaben, müssen hinzugenommen werden? Wie gehen wirgemeinsam mit dem Problem der Treibhausgasemissio-nen insbesondere aus dem weltweit wachsenden Luft-verkehr und aus dem Schiffsverkehr um? Ich bin sehrgespannt, wie wir in diesen Fragen zu einem konsensu-alen Ergebnis bezüglich des Klimaschutzes kommen,was das Kioto-Protokoll angeht. Bisher gab es da in die-sem Hause eine gute Tradition.
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Rolf Bietmann.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! HerrMinister, ich denke, es ist gut, dass wir heute Gelegen-heit haben, uns wirklich noch einmal sachgerecht mitdem Antrag der CDU/CSU-Fraktion auseinander zu set-zen, der Schwachstellen der aktuellen Politik aufzeigt.Eine der wesentlichen Schwachstellen der aktuellenPlJnDüDdrzKrbmDwßgegTKSlkdPklsKCngzdhkrpJnrHAr
eswegen greift unser Vorwurf, dass wir noch keinberzeugendes nationales Klimaschutzkonzept haben.as bedauern wir ausdrücklich.Auch außenpolitisch ist für mich nicht erkennbar,ass mit dem notwendigen Druck auf all die Staateneagiert wird, die das Kioto-Protokoll bisher nicht unter-eichnet haben. Wir schauen immer auf Russland. Herrelber hat uns heute erzählt, Russland werde es ratifizie-en. Nur, Herr Kelber, Sie wissen genau, dass es sich da-ei lediglich um ein Vorprüfungsverfahren handelt. Nie-and weiß, was dabei herauskommt.
Noch eines, Herr Kelber und Herr Minister Trittin:ie Russen haben unmissverständlich erklärt, dass sie,enn sie das Protokoll unterzeichnen, in ein neues, gro-es Programm zum Bau von Atomkraftwerken einstei-en werden. Dafür möchten sie die Unterstützung ihreruropäischen Verbündeten und Partner. Ich bin einmalespannt, wie diese Bundesregierung, insbesondere Herrrittin, darauf reagieren wird.
Klar ist, dass sich aus der Nichtratifizierung desioto-Protokolls erhebliche Folgen für Europa und dentandort Deutschland ergeben; denn es wird sich natür-ich die Frage stellen, wie es mit der Wettbewerbsfähig-eit Europas gegenüber den USA oder Schwellenlän-ern wie China oder Indien steht, wenn dem Kioto-rotokoll nicht international rechtliche Bindungswir-ung zukommt. Die Umsetzung des Kioto-Protokolls al-ein in Europa kann zu erheblichen Wettbewerbsver-chiebungen weltweit führen und nutzt den Zielen deslimaschutzes angesichts eines weltweit steigendenO2-Ausstoßes nicht. Allein in Asien werden in denächsten Jahren zusätzliche Milliarden Tonnen CO2 aus-estoßen, ohne dass die Notwendigkeit des Klimaschut-es in die dortigen staatlichen Programme einfließt. Dieabei so gerne propagierte Vorreiterrolle Deutschlandsat jedenfalls in diesen Fällen international keine Wir-ung gezeigt.Umso bedauerlicher ist es, dass die rot-grüne Regie-ungskoalition bis heute keine Bereitschaft zeigt, dierojektbezogenen Klimaschutzmechanismen CDM undI im System des Emissionshandels ohne Einführung ei-er Obergrenze für deren Inanspruchnahme zu akzeptie-en.
err Minister, bereits bei der ersten Lesung unseresntrages haben Sie und Vertreter der rot-grünen Regie-ungskoalition deutlich gemacht, dass Sie an einer
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Dr. Rolf Bietmannniedrigen Quote für den Einsatz dieser Klimaschutzme-chanismen festhalten wollen. Diese Politik ist nach mei-ner Auffassung im Ergebnis klimaschutzschädlich.
Die am Emissionshandel Beteiligten müssen die Mög-lichkeit haben, sich Emissionsreduktionen im Auslandohne Begrenzung gutschreiben zu lassen, um damit wei-tere Beiträge zum Klimaschutz bei möglichst geringemKosteneinsatz leisten zu können.
Treibhausgasemissionen stellen nun einmal ein globalesProblem dar. Es ist nicht nationalstaatlich zu lösen, son-dern nur in Form internationaler Zusammenarbeit. Werdaher unbedingt an einer geringen Quote für projektbe-zogene Klimaschutzmechanismen festhalten will, han-delt entgegen aller klima- und wirtschaftspolitischenVernunft.
Herr Loske, dass ausgerechnet Sie, die Vertreter dergrünen Fraktion, fordern, die Emissionsminderung imInland müsse Priorität haben, dokumentiert für mich,wie weit Teile der Politik von den Erfordernissen einerinternational ausgerichteten Klimaschutzpolitik entferntsind.
Mit nationalen Instrumenten lassen sich Klimaschutzhe-rausforderungen von Gegenwart und Zukunft dauerhaftnicht lösen.
Daher unterstreiche ich die Forderung in unserem An-trag, umgehend ein schlüssiges nationales Klimaschutz-konzept vorzulegen und darin die flexiblen Kioto-Mechanismen einzubinden.
In diesem Konzept müssen dann endlich auch die Öko-steuer, das KWK-Gesetz und das EEG auf den Prüfstandgestellt und entsprechend angepasst werden.
Insbesondere der Ökosteuer, Herr Kelber, kommt keiner-lei klimawirksame Lenkungswirkung zu. Auch mit demEEG allein werden wir auf den Schutz des Klimas keinenmessbaren Einfluss nehmen können. Von daher muss derEmissionshandel einschließlich der Joint-Implementation-und der Clean-Development-Mechanismen das entschei-dende Instrument eines zukünftigen Klimaschutzkon-zeptes sein.Die Richtlinie der Europäischen Union vom Juli2004, die zitiert worden ist, entspricht in Teilen der In-tention unseres Antrages. Sie sollte daher von der Bun-desregierung schnellstens vor In-Kraft-Treten der erstenStufe des Emissionshandels aufgegriffen und umgesetztwerden. Die CDU und die CSU haben jedenfalls mitdem vorliegenden Antrag rechtzeitig die MöglichkeitenuxdfmkWrgEztdIdses1pCpRbBrWodhnswRwdsuisTd
Ich will mich kurz mit der Aussage des Herrn Abge-rdneten Göppel auseinander setzen, der den Vorsitzen-en des Nachhaltigkeitsrats, Herrn Dr. Hauff, zitiertat, der gesagt haben soll, das Kioto-Protokoll sei garicht mehr nütze. So habe ich Herrn Dr. Hauff nicht ver-tanden; auch ich war bei dieser Zusammenkunft an-esend. Er hat lediglich gesagt – da hat er natürlichecht –, dass das Kioto-Protokoll klimapolitisch beieitem nicht weit genug geht. Das liegt unter anderemaran, dass die Entwicklungsländer bei den CO2-Emis-ionen erhebliche Wachstumsraten zu verzeichnen habennd nicht Bestandteil des Kioto-Protokolls sind. Insofernst es wieder richtig, dass wir das Kioto-Protokoll zwaro schnell wie möglich ratifiziert bekommen und in dieat umsetzen, dabei aber wissen, dass das nicht das Endeer Fahnenstange sein kann.
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Dr. Ernst Ulrich von WeizsäckerIn diesem Zusammenhang gestatte ich mir, auf einenwissenschaftlichen Artikel hinzuweisen, der im Märzdieses Jahres im „Scientific American“ von einem Ame-rikaner namens James Hansen erschienen ist, der überden Art. 2 des Klimarahmenabkommens reflektiert undsich fragt: Was heißt das eigentlich, dass es keine schäd-liche Indifferenz des Menschen mit dem Klimagesche-hen geben darf? Er nimmt dann genau einen Parameterheraus – ich glaube, das macht er richtig –, der uns allenwirklich höchst bedrohlich erscheinen muss: den Mee-resspiegel. Er sagt, dass nach all dem, was man aus geo-logischen Daten weiß, ein gefährlicher Anstieg desMeeresspiegels nur dann verhindert werden kann, wennder Temperaturanstieg nicht über 1 Grad Celsius hinaus-geht. Diese Toleranzgrenze ist wesentlich geringer alsdie, die man bisher angenommen hat. Wenn sich daszum Beispiel in Sankt Petersburg, das ebenfalls aufMeeresspiegelhöhe liegt, in Kalkutta, in Hamburg oderan anderen Stellen herumspricht,
dann wird völlig klar, dass wir über das Kioto-Protokollweit hinausgehen müssen. Dann wird das Land, das dieAbkoppelung der Wirtschaftskraft von CO2-Emissionenam elegantesten und effizientesten vorgeführt hat, denWettbewerbsvorteil haben.Deswegen ist es so wichtig, dass wir Deutsche unsaus dieser klimapolitischen Diskussion nicht durch eineWegnahme dieser Obergrenze davonstehlen. Die Ober-grenze ist ja sehr sinnvoll für ein Land, das die Kioto-Verpflichtungen schon erreicht hat, ohne auf die fle-xiblen Mechanismen zurückgegriffen zu haben. Wennwir jetzt auch noch die Obergrenze wegnehmen, dann istder Anreiz für die deutsche Industrie, wie Herr Kelberrichtig gesagt hat, faktisch null, sich auf diesen fort-schrittsträchtigen Weg zu begeben.
– Wir sind uns einig, Herr Bietmann, dass wir die flexi-blen Mechanismen nutzen wollen. Wir sollten versu-chen, in dieser Sache keinen unnötigen Parteienstreit an-zufangen. Wir müssen auch bei uns im Land den Anreizdafür groß genug machen, dass man sich auf die nötigenklimafreundlichen Innovationen einlässt.Im Bereich der erneuerbaren Energien ist ja bereitsder Beweis geführt worden, dass die Zahl der Arbeits-plätze, an denen für den heimischen Markt und für denExport produziert wird, durch den Ausbau dieser zu-kunftsträchtigen Energieformen erheblich vergrößertwerden konnte. China hat ja anlässlich der Bonner Kon-ferenz erklärt, man wolle auf jeden Fall eine gewaltigeAusweitung auf – ich glaube – 17 Prozent bei den erneu-erbaren Energien haben.
Ferner hat man erklärt, dass Deutschland für sie in dieserFrage der Technologiepartner ist. Darauf können wirstolz sein.gBDswddwuwhgdegevsaCmndssenu
Um der Beschäftigung willen, um der Pionierrolleillen und um des langfristigen Klimaschutzes willenaben wir also allen Anlass, die im Kioto-Protokoll vor-esehenen flexiblen Mechanismen zu nutzen, aber aucharüber hinauszugehen und bei uns wesentlich mehr zurreichen als nur die Verminderung um 19 Prozent ge-enüber dem Jahr 1990. Darüber sollte es keinen Partei-nstreit geben.Vielen Dank.
Vielen Dank, auch dafür, dass Sie Ihre Redezeit nichtoll ausgenutzt haben. – Ich schließe damit die Aussprache.Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Aus-chusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheituf Drucksache 15/2803 zu dem Antrag der Fraktion derDU/CSU mit dem Titel „Mehr Kosteneffizienz im Kli-aschutz durch verstärkte Nutzung der projektbezoge-en Kioto-Mechanismen“. Der Ausschuss empfiehlt,en Antrag auf Drucksache 15/1690 abzulehnen. Wertimmt für diese Beschlussempfehlung des Ausschus-es? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschluss-mpfehlung ist mit den Stimmen von SPD und Bünd-is 90/Die Grünen gegen die Stimmen von CDU/CSUnd FDP angenommen.Ich rufe Tagesordnungspunkt 18 auf:Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-nen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIEGRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Haus-
– Drucksache 15/3442 –
Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts-ausschusses
– Drucksache 15/3755 –Berichterstattung:Abgeordnete Dietrich AustermannErnst Bahr
Franziska Eichstädt-BohligDr. Andreas Pinkwart
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Vizepräsidentin Dr. Antje VollmerNach interfraktioneller Vereinbarung ist für die Aus-sprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Widerspruchhöre ich von Ihnen nicht. Dann verfahren wir so.Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächstder Abgeordnete Ernst Bahr.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-
legen! Inzwischen haben sich offenbar alle Fraktionen
den Schuldenabbau auf die Fahnen geschrieben. Das ist
gut so. Die 40 Milliarden, die wir heute für Zinsen aus-
geben müssen, fehlen uns bei Investitionen für Bildung,
Forschung, Familie, Infrastruktur usw. Jeden Tag könn-
ten wir mit über 110 Millionen Euro den Bau von Uni-
versitäten, Schulen oder Kindergärten fördern und damit
in die Zukunft unserer Kinder investieren.
Das zeigt: Wer Schulden macht, der prellt die Zeche zu-
lasten der nächsten Generationen. Soweit sind wir uns
hier alle einig.
Die Unterschiede beginnen allerdings, wenn es kon-
kret wird. Auch im vergangenen Jahr hatte die Opposi-
tion vom Schuldenabbau geredet und sich dann, als es
konkret wurde, vom Acker gemacht, um sich opportu-
nistisch seitwärts in die Büsche zu schlagen. Im Ergeb-
nis dessen wurden die Einsparungen, über die wir heute
wieder reden, im Vermittlungsausschuss von Edmund
Stoiber für ein Jahr einkassiert, wohlgemerkt für ein
Jahr, denn sowohl das Haushaltsgesetz als auch das
Haushaltsbegleitgesetz sind Gesetze für ein Jahr, was Sie
im Übrigen auch alle wissen. Also kommen Sie dann
nicht wieder mit dem Märchen vom Wortbruch.
Schließlich fordert inzwischen auch Herr Stoiber
selbst wieder 5 Prozent Ausgabeneinsparungen, auch im
Agrarbereich, allerdings ohne zu sagen, an welcher
Stelle gespart werden soll. Es handelt sich also weiterhin
nur um Scheingefechte, die die Öffentlichkeit täuschen
sollen.
Zu erinnern ist in diesem Zusammenhang an die lee-
ren Anträge der CDU/CSU in den anschließenden Be-
ratungen des Haushaltsausschusses im letzten Jahr. Sie
sind geradezu der Papier gewordene Ausdruck Ihrer
Politik. Anstatt konkrete Vorschläge zu machen, haben
Sie sich erst der Beratung des Haushalts verweigert, um
anschließend über 300 Änderungsanträge einzureichen,
auf denen nur ein Wort stand: Erörterungsbedarf. Das
muss man sich einmal vor Augen führen: erst nicht mit-
beraten und dann Erörterungsbedarf anmelden.
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Ich habe gesagt: alle unabhängigen Experten.
ass die Experten des Deutschen Bauernverbandes und
es Bundesverbandes der landwirtschaftlichen Kranken-
assen anderer Meinung waren, war sowohl vorherseh-
ar als auch nachvollziehbar.
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Nein, ich möchte gern die Zeit nutzen, um ohne Un-erbrechung zu reden.
Ich kenne diese Situation aus dem Haushaltsausschuss.as wollen wir uns hier lieber sparen.Bei den zuletzt genannten Experten handelt es sichm die Interessenvertreter der vom Subventionsabbauetroffenen. Insofern ist es klar, dass diese Leute andereeinungen vertreten. Alle übrigen Experten haben un-ere Vorschläge begrüßt.Dr. Schrader vom Institut für Weltwirtschaft hat aufie hohen öffentlichen Hilfen im Agrarsektor aufmerk-am gemacht. Insgesamt fließen 14,3 Milliarden Euroteuergelder in den Agrarsektor. Ihnen steht eine Netto-ertschöpfung von lediglich 8,3 Milliarden Euro gegen-ber. Herr Dr. Schrader folgert daraus zu Recht, dass derbbau von Subventionen nicht nur eine Entlastung desundeshaushalts bringt,
ondern vor allem auch das Wirtschaftsergebnis unseresesamten Landes verbessert. Dies sollte eigentlich in un-er aller Interesse sein.Ebenso unterstützen Dr. Mehl von der Bundesfor-chungsanstalt für Landwirtschaft und Dr. Rexrodt vomundesrechnungshof den von uns vorgeschlagenen Sub-entionsabbau. Beide kritisieren die vollständige Über-ahme des Leistungsdefizits der Altenteiler durch denund. Sie sei eine – ich zitiere –
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Ernst Bahr
unter den heutigen Bedingungen nicht mehr zurechtfertigende Besserstellung der aktiven Mitglie-der in der landwirtschaftlichen Krankenversiche-rung gegenüber denen in der übrigen gesetzlichenKrankenversicherung.so die Gutachter.Natürlich müssen wir den Strukturwandel in derLandwirtschaft berücksichtigen. Viele junge Leute ver-lassen die ländlichen Regionen und stehen den landwirt-schaftlichen Krankenkassen nicht mehr als Beitragszah-ler zur Verfügung. Deshalb finanzieren wir das Defizitder landwirtschaftlichen Krankenkassen, soweit es durchden Strukturwandel in der Landwirtschaft verursachtwird. Das haben wir bisher gemacht;
das werden wir auch zukünftig tun. Diesen Strukturwan-del gibt es im Übrigen bereits seit 50 Jahren und nichterst, seitdem Rot-Grün regiert. Allerdings muss manauch anerkennen, dass ein Teil dieses Defizits bei denKrankenkassen eben nicht durch den Strukturwandel,sondern durch den demographischen Wandel verursachtist.
Davon sind auch die übrigen gesetzlichen Kranken-kassen betroffen. Bei ihnen müssen die aktiven Mitglie-der circa ein Drittel ihrer Beiträge für die Defizitdeckungin der Krankenversicherung der Rentner bereitstellen.Hier geht es also um einen Solidarbeitrag zwischen denGenerationen. Diesen Solidarbeitrag sollten auch dieMitglieder der landwirtschaftlichen Krankenkasse aufgleichem Niveau leisten. Dem haben wir mit unseremGesetzentwurf Rechnung getragen.Auch die Agrardieselsubventionierung kann nichtauf Dauer Bestand haben.
Zwar ist es so, dass sich die Wettbewerbssituation derdeutschen Landwirte gegenüber denen aus dem europäi-schen Ausland dadurch verschärft. Der Wettbewerb aberwird nicht nur durch die Dieselbesteuerung bestimmt,sondern auch durch die übrigen Steuern sowie dieSozialgesetzgebung. Diesem Vergleich können wir unssehr wohl stellen.
Ich sehe, meine Redezeit ist abgelaufen. Ich wollteIhnen gerne noch sagen, dass bezüglich Ihrer Verweiseauf Flugbenzin Herr Stoiber befragt werden sollte, wieer es damit hält. Denn die Wettbewerbsfähigkeit desFlughafens in München liegt ihm offenbar eher am Her-zen als die Besteuerung des Flugbenzins. Sonst hättenSie schon einen Antrag eingebracht.szwDKdkcgnDvEhSsehnktzsdIevwdg
Ich denke, wir geben den Landwirten mit unserer Ge-etzgebung die Chance, auf eine neue Technologie um-usteigen und Biodiesel zu nutzen. Das wird die Land-irte in die Lage versetzen, im Wettbewerb zu bestehen.arauf setzen wir mit diesem Gesetzentwurf.Herzlichen Dank.
Für eine Kurzintervention erhält der Kollege
oppelin für die FDP-Fraktion das Wort.
Das, was der Kollege Bahr über die Anhörung, die
er Haushaltsausschuss durchgeführt hat, gesagt hat,
ann man so nicht stehen lassen, weil es nicht den Tatsa-
hen entspricht.
Er hat gesagt, an der Anhörung hätten „auch unabhän-
ige Experten“ teilgenommen. Scheinbar nehmen Sie
icht an Anhörungen teil, sonst wüssten Sie, dass vor
urchführung einer Anhörung alle Fraktionen Experten
orschlagen. Ich gehe nach wie vor davon aus, dass alle
xperten, die bei der Anhörung anwesend waren, unab-
ängige Experten waren, selbst diejenigen, die von den
ozialdemokraten eingeladen worden sind.
Alle Experten haben sich sehr wohl – insoweit unter-
tütze ich das, was der Kollege Bahr gesagt hat – für
inen Subventionsabbau ausgesprochen. Die Experten
aben sich aber nicht dafür ausgesprochen, Jahr für Jahr
ach rot-grüner Methode nur bei den Landwirten abzu-
assieren. Sie haben sich für einen allgemeinen Subven-
ionsabbau ausgesprochen.
Sie werden sich vielleicht daran erinnern, dass ich
um Beispiel den Vertreter des Institutes für Weltwirt-
chaft, welches auch Bundeszuwendungen bekommt,
arauf angesprochen und ihm gesagt habe, dass dieses
nstitut dann davon auch betroffen wäre. Er hat das auch
ingeräumt und gesagt: Wir müssen allgemein die Sub-
entionen kürzen. Das unterstützen wir.
Sie, Kollege Bahr, haben einzig und allein die Land-
irte zu Opfern Ihrer Politik gemacht. Der Grund ist,
ass die Landwirte ihren Betrieb nicht ins Ausland verla-
ern können. Deswegen kassieren Sie bei denen ab.
Zur Erwiderung Herr Kollege Bahr.
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Herr Kollege Koppelin, ich denke, hinsichtlich der
Unabhängigkeit der Gutachter besteht Einigkeit. Das
kann auch im Protokoll nachgelesen werden. Vom Deut-
schen Bauernverband waren ebenso wie von den Kran-
kenkassen Interessenvertreter anwesend. Dies sind ja die
direkt betroffenen Interessenvertreter der Landwirt-
schaft. Dass diese sich einseitig für die Interessen der
Landwirte einsetzen, ist doch verständlich und nachvoll-
ziehbar. Das habe ich gar nicht kritisiert. Ich stelle das
nur fest.
Ich denke, dass die anderen drei Gutachter, die ich
hier genannt habe, sehr wohl eine unabhängige Interes-
senvertretung machen, selbst wenn die Institutionen, die
sie vertreten, wie etwa das Institut für Weltwirtschaft,
vom Bund finanziert werden. Fachlich ist eindeutig Stel-
lung bezogen worden.
Wir haben die Mittel nicht nur im Landwirtschaftsbe-
reich gekürzt. Außerdem haben wir im vergangenen Jahr
die Mittel im Landwirtschaftbereich nicht in dem Um-
fang gekürzt wie in allen anderen Bereichen, weil im
Vermittlungsausschuss auf Veranlassung von Herrn
Stoiber die Verabredung getroffen wurde, die Landwirt-
schaft von dem Subventionsabbau völlig auszunehmen.
Dieses Ausnehmen der Landwirtschaft kann – wie ich
erläutert habe – nur für ein Jahr gegolten haben. Es gab
keine andere Verabredung. Soweit ich weiß, ist dort so-
gar ausdrücklich gesagt worden, dass dies nur für das
Haushaltsjahr 2004 gilt. Es kann daher von Wortbruch
keine Rede sein.
Genauso wenig kann davon die Rede sein, dass wir
die Landwirtschaft auf Dauer ausnehmen. Diese Diskus-
sion haben wir bereits voriges Jahr geführt und wir
mussten sie in diesem Jahr wieder führen. Wir wissen
sehr wohl, dass wir dafür von den Landwirten kritisiert
werden. Wir müssen aber diesen Mut aufbringen; denn
Subventionsabbau steht nicht nur in unseren Wahlpro-
grammen. Eine solche Politik verfolgen wir definitiv
nicht nur in der Landwirtschaft, sondern auch in allen
anderen Bereichen, und das vertreten wir auch den Be-
troffenen gegenüber mit aller Klarheit und Sachlichkeit.
Das Wort hat nun der Kollege Dietrich Austermann,
CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Re-gierung hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, durch densie ausschließlich bei einer Berufsgruppe Geld einsparenmöchte: bei den Landwirten.
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Frau Kollegin, trotz dieser Lage verhalten Sie sich ent-egen den Verabredungen des letzten Jahres.Kollege Bahr, Sie wissen, dass über die Verhandlun-en im Vermittlungsausschuss nicht berichtet wird.eswegen kann ich nicht belegen, dass das, was Sie ge-agt haben, falsch ist. Ich verweise somit nur darauf,elche Verabredung tatsächlich getroffen wurde: Manat sich in einem lange andauernden Prozess, der vonen Bundesländern angestoßen worden war, darauf ver-tändigt, Subventionen abzubauen, beispielsweise imereich der Steinkohle und in vielen anderen Wirt-chaftsbereichen.Am Ende kam man zu dem Ergebnis, im Kohlebe-eich und in vielen weiteren Bereichen einen bestimmtenetrag einzusparen, bei der Landwirtschaft aufgrund derituation, in der sie sich befindet, allerdings nicht. Jetzt,in halbes Jahr nachdem diese Verabredung getroffenurde – so lange gibt es diesen Gesetzentwurf nämlichchon –, wollen Sie, ohne dass sich die Situation in derandwirtschaft geändert hat, ein Sonderopfer erheben,
as gewissermaßen eine Strafaktion für einen bestimm-en Teil der Bevölkerung sein soll, von dem Sie wissen,ass er anders wählt als Sie.
Es wird immer wieder darauf hingewiesen, wir hättenns den Kürzungen verweigert. Daher möchte ich deut-ich sagen, dass die potenziellen Kürzungen, die vominanzminister vorgeschlagen wurden, in ihrer vollenahreswirkung ein Volumen von insgesamt 22,8 Milliar-en Euro umfasst haben, dass wir davon Kürzungen inöhe von rund 22 Milliarden Euro mitgetragen habennd lediglich den restlichen Teil abgelehnt haben. Jetztu behaupten, wir hätten uns beim Subventionsabbauerweigert, ist einfach nicht wahr. Genau das Gegenteilst richtig.
iese Vorschläge sind von den Ministerpräsidentenoch und Steinbrück einvernehmlich eingebracht wor-en. Daher wäre es ziemlich töricht, zu sagen, wir hättenas, was gemeinsam vereinbart worden ist, abgelehnt.Dieser Weg wurde beschritten, weil sich Deutschlandach sechs Jahren rot-grüner Regierung in der schlimms-en Finanz-, Haushalts- und Arbeitsmarktkrise seit 1949efindet. Trotzdem waren wir bereit, Entscheidungen
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Dietrich Austermannmitzutragen, die gegenüber der Bevölkerung nicht be-quem zu vertreten sind. Aber ich sage noch einmal undnicht zum letzten Mal: Wir wehren uns gegen ein Son-deropfer für eine einzige Berufsgruppe.
– Herr Poß, es ist gut, dass Sie als Nordrhein-Westfalesich zu Wort melden. Denn dieses Sonderopfer wird zu-dem dadurch konterkariert, dass andere Berufsgruppenvon Kürzungen, die gemeinsam vereinbart worden sind,ausgenommen werden. So wurde miteinander verein-bart, die Subventionen für den Kohlebereich in einemUmfang zu kürzen, der über den Kohlekompromiss desJahres 1997 hinausgeht. Das ist auch so beschlossenworden. Aber dann sagen der Finanzminister und derWirtschaftsminister, dass die Einsparungen, die imKohlebereich vorgenommen werden sollten, in anderenBereichen zu erbringen sind.
Wer sich den Etat des Wirtschaftsministers ansieht,stellt fest, zu welchem Ergebnis das führt: Gerade dieBereiche, in denen neue Arbeitsplätze geschaffen wer-den können – Mittelstandsförderung, Gemeinschaftsauf-gabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“,neue Bundesländer –, werden zusätzlich gebeutelt, weileine Technologie von gestern anders behandelt wird.Aber der Skandal ist noch größer: Sie haben im Voll-zug die Kohle nicht nur von der Kürzung ausgenommen,sondern bis zum Jahre 2013 noch einen zusätzlichen Be-trag von 16 Milliarden Euro für diesen Bereich bereitge-stellt. Wir alle – vom Präsidenten bis ins Plenum – sindder Auffassung, dass wir mit der Kohle anständig umge-hen müssen. Wir alle fühlen uns dem Kohlekompromissverpflichtet. Aber wir sehen es nicht ein, dass, währendin anderen Bereichen gekürzt wird, bei der Kohle drauf-gesattelt wird. Mich wundert dabei sehr, wie die Grünen,
die ja immer gegen fossile Energien, gegen CO2-Ausstoßund vieles andere wettern, hier bereitwillig dabeigestan-den und gesagt haben: Das tragen wir mit.
In einer Nacht-und-Nebel-Aktion wurden 16 MilliardenEuro zusätzlich für die Kohle bereitgestellt. Also, vonDegression kann da keine Rede mehr sein.
Jetzt kommt der freche Herr Müller auch noch herund sagt: Jetzt muss der Bund auch noch eine zusätzlicheZeche finanzieren.WaKzsSiswmSwdSildammZätsBsJDsJwBnsnAe
o sind wir denn überhaupt? Das ist doch eine völligbwegige Vorstellung. Auch der Union geht es um dieumpel, Herr Kollege Müller. Deswegen wurde seiner-eit eine sanfte Degression der Kohleförderung be-chlossen. Diese Vereinbarung, die auch von Koch/teinbrück im Vermittlungsausschuss bestätigt wordent,
ischen Sie jetzt einfach zur Seite und stellen noch ein-al 16 Milliarden Euro zusätzlich zur Verfügung. Sagenie doch nicht: Wir brauchen Geld für Forschung,
ir brauchen Geld für Bildung, wir brauchen Geld füras und jenes, wenn Sie dann bei der Kohle einen großenchluck aus der Pulle nehmen. Was heißt hier Pulle? Esst ja keine Pulle, es sind Tonnen und Fässer.
Ich werde jetzt etwas dazu sagen, wie Sie kürzen wol-en. Zum einen, so Ihr Vorschlag, wollen Sie im Bereicher Krankenversicherung der Landwirte kürzen: Diektiven Landwirte, deren Zahl wegen Ihrer Politik im-er kleiner wird, sollen stärker belastet werden; dasacht allein im nächsten Jahr 82 Millionen Euro aus.
um anderen wollen Sie die Vergütung bei Gasöl sondern, dass in absehbarer Zeit eine zusätzliche Belas-ung der Landwirtschaft von 1,2 Milliarden Euro ent-teht. Ein Sonderopfer von 1,2 Milliarden Euro für dieauern – nur weil sie nicht SPD wählen; das ist gewis-ermaßen der Grund.
etzt wird das Ganze auch noch ideologisch begründet:ie Bauern könnten ja umsteigen auf Biodiesel, der ist jateuerfrei.
eder, der ein bisschen technischen Sachverstand hat,eiß doch wohl, dass es Geld kostet, einen Motor aufiodiesel umzustellen. Wenn es ein Traktor ist, kostet esoch ein bisschen mehr, erst recht, wenn es ein Mähdre-cher ist. Das kann man so ohne weiteres nicht verord-en.
ber der Witz, Herr Öko-Müller, erfährt seine Pointe jarst
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Dietrich Austermann
– nein, überhaupt nicht! –, wenn Sie sich vorstellen, alleBauern würden Ihrem Vorschlag folgen
und zu 25 Prozent mit Biodiesel fahren. Was heißt dasfür Ihre Einsparmaßnahme?
Das heißt doch, das Geld, das Sie sich zusätzlich ver-sprechen, kommt gar nicht in die Kasse. Das erinnertmich ein bisschen an die Tabaksteuer. Da hat man auchgesagt: Steuern rauf! Und was war? Einnahmen runter.Hier machen Sie genau das Gleiche.
Aber einmal abgesehen davon, dass Ihr Vorschlag er-hebliche Einnahmerisiken für den Bundeshaushalt ent-hält – wenn alle Bauern auf Biodiesel umsteigen, fehlenIhnen 250 Millionen Euro in der Kasse –: Am Markt fürBiodiesel wird sich durch den plötzlichen Nachfrageim-puls ein erheblicher Preisanstieg einstellen, was einenschwer zu kompensierenden Kostenanstieg bei denLandwirten nach sich zieht. Das heißt, die Maßnahme istüberhaupt nicht durchdacht,
eine Alternative gibt es nicht.Grundsätzlich unterstützen wir es sehr wohl, alterna-tiv Biodiesel in der Landwirtschaft einzusetzen
– doch, natürlich –, aber soll ich Ihnen einmal sagen,welche Schwierigkeiten ich hatte, in meinem Wahlkreiseinen Rapsölbetrieb auf die Beine zu stellen?
Die Verhandlungen mit dem Umweltminister haben sichals äußerst schwierig herausgestellt, die Zuständigen ha-ben sich in die Büsche geschlagen und gesagt: Das isteine Technologie von vorgestern, so etwas wird nichtgefördert. – Auch wenn Sie immer wieder Ihre ideologi-schen Argumente zum Biodiesel hervorholen, imGrunde glauben Sie doch selber nicht, was Sie hier ver-sprechen. An keiner Stelle halten Sie sich daran.
– Ich habe Sie offensichtlich getroffen an dieser Stelle.
– Ich verstehe gut, dass Sie hier den Brüller machen.Ste1Vw1eDIbsdsazZSLBzaSDleAmdnknFG7
ie können ja gerne widersprechen.
Ich sage es noch einmal ganz ruhig, Herr Müller: Ers-ns. Sie wollen der Landwirtschaft in Deutschland ab. Januar 2005 ein Sonderopfer abverlangen – in einemolumen von zunächst 370 Millionen Euro; im Vollzugird sich der Betrag in den nächsten zwei Jahren auf,2 Milliarden Euro addieren –, während Sie gleichzeitiginer anderen Branche 16 Milliarden Euro schenken.as muss festgestellt werden.Jetzt hört mir Herr Müller nicht einmal zu.
ch wollte Sie gerade aufklären, damit Sie endlich einisschen wirtschaftlichen Sachverstand bekommen.
Zweitens. Sie haben Maßnahmen getroffen, die wirt-chaftspolitisch kontraproduktiv sind. Allein der Ge-anke, in der gegenwärtigen Wirtschaftslage in einemolchen Bereich die Steuern zu erhöhen, wird jeden, deruch nur ein bisschen wirtschaftlichen Sachverstand hat,u dem Urteil veranlassen: Das ist dumm.
urzeit bezahlen die deutschen Bauern pro Liter Dieselteuern in Höhe von 25,56 Cent. In keinem anderenand in Europa wird ein so hoher Preis gezahlt. Dieauern bei unseren dänischen Nachbarn zum Beispielahlen 3 Cent. Trotzdem wollen Sie diesen Betrag jetztuf 40 Cent erhöhen. Das ist doch wohl ganz klar eineteuererhöhung, die die Wirtschaft zusätzlich belastet.Der Kollege Koppelin hat es völlig richtig gesagt:
ie Bauern haben im Vergleich zu anderen Mittelständ-rn nur das Problem, dass sie ihren Betrieb nicht insusland verlagern können, weil sie ihre Scholle nichtitnehmen können. Ansonsten ist das Problem genauas gleiche: Weil Sie glauben, Geld einsparen zu kön-en, belasten Sie die Wirtschaft und machen die Betriebeaputt.Es wird immer wieder gesagt, dass wir unsere Alter-ativen nennen sollen. Herr Bahr hat damit angefangen.
ür den Haushalt 2005 haben wir eine Kürzung in derrößenordnung von 3 Prozent vorgeschlagen, was,5 Milliarden Euro ausmacht. Während der Haushalts-
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 127. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. September 2004 11635
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Dietrich Austermannberatung werden wir Ihnen genau sagen, an welchenStellen wir die Kürzungen wollen, nämlich vor allenDingen bei den flexibilisierten Verwaltungsausgabenund an vielen anderen Stellen, wo noch heute das Geldmit vollen Händen zum Fenster hinausgeworfen wird.Wenn Sie vorgestern die „FAZ“ und die „SüddeutscheZeitung“ gelesen haben, dann haben Sie dort halbseitigeAnzeigen gesehen. Die Regierung wirbt mit einer Poli-tik, die sie leider nicht macht.
Das alles muss der Steuerzahler unserer Meinung nachnicht mehr bezahlen. Das sollten Sie aus Ihrer Partei-kasse bezahlen.
Neben dieser dreiprozentigen Kürzung im Haushaltkönnte man zusätzliche Mittelzuflüsse erzielen und dieEinnahmen steigern, indem man endlich etwas gegenden Umsatzsteuerbetrug tut. Auch dadurch würdenBund, Ländern und Gemeinden zusätzliche Milliarden indie Kassen fließen.
Sie könnten auch bei den Stellen, deren Anzahl Sie aus-geweitet haben, sparen. So könnten Sie an vielen Punk-ten sparen. Wir machen unsere Vorschläge dafür. Ichglaube, deswegen sollten Sie endlich aufhören, zu sagen,es gebe von uns keine Alternativen beim Sparen.Rot-Grün veranstaltet einen Beutezug gegen die bäu-erlichen Familienbetriebe.
Ich kann die Ministerpräsidenten der Länder nur auffor-dern, gegen diese Politik zu stimmen.
– Die Landwirte sollen bei Ihnen zahlen, Herr Bahr. Ichfinde es sonderbar, dass bei Ihnen nur die Landwirte zah-len, Herr Bahr. – Ich fordere einen jeden Ministerpräsi-denten auf, im Bundesrat zu prüfen, ob er nicht mithel-fen sollte, diese Sondermaßnahme zulasten einesBerufsstandes zu stoppen. Wenn zwei Drittel aller Mi-nisterpräsidenten – dazu gehören dann auch ein paar vonder SPD – diesen Unfug stoppen, dann ist der Wirtschaftund der Landwirtschaft gedient und dem Haushalt fehltüberhaupt kein Geld.
Ich erteile dem Kollegen Friedrich Ostendorff, Bünd-nis 90/Die Grünen, das Wort.NrowsgmniSkHmrsshAdgpbwWdPlNdkIdGBMShtzdim
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-en! Ich will versuchen, zum Thema zurückzukehren,bwohl mir das als jemand, der seinen Hof über der sehrertvollen Kokskohle im Bereich Hamm bewirtschaftet,ehr schwer fällt.Herr Austermann, den Unfug, den ich hier von Ihnenehört habe, sollten Sie vor Ort bei Ihrem Oberbürger-eister Hunsteger-Petermann in Hamm vertreten, der jaicht unserer Partei, sondern Ihrer angehört. Ich werdehm morgen bei einem gemeinsamen Termin empfehlen,ie einzuladen, damit Sie diese Thesen dort vertretenönnen.
ier geht es um Rentabilität. Das werden wir in Ruheiteinander besprechen, auch wir Grünen aus Nord-hein-Westfalen. Entweder wird sich hier eine Wirt-chaftlichkeit darstellen oder nicht. Danach wird das ent-chieden.Das Haushaltsbegleitgesetz 2005 bedeutet eine sehrarte Belastung für die Landwirtschaft.
ufgrund der Sparsumme ist es aber sehr notwendig. Iner Lastenverteilung ist es so ausgewogen, wie es ebeneht, und beim Sparen werden die richtigen Schwer-unkte gesetzt.
Über die Notwendigkeit, einen erheblichen Einspar-eitrag in allen Bereichen zu leisten, herrscht ja mittler-eile Einigkeit unter allen Fraktionen dieses Hauses.enn man das eingesehen hat, dann muss man aber auchie Konsequenzen ziehen und dazu stehen. An diesemunkt wird es auf der Seite der Opposition immer ziem-ich still.
ach außen markieren CDU/CSU und FDP den Vereiner brutalstmöglichen Sparer, aber wenn es zum Schwurommt, sind die Kolleginnen und Kollegen abgetaucht.n den Bauernblättern kann man dann nachlesen, dassie Sparmaßnahmen im Grunde überflüssige rot-grüneemeinheiten sind.
Herr Goldmann von der FDP behauptet im „Allgäuerauernblatt“, man könne beim Ökolandbau dreistelligeillionenbeträge kürzen, dann sei man aus demchneider. Weil Sie zu feige sind, den Bauern die Wahr-eit zu sagen, dass nämlich jeder einen Sparbeitrag leis-en muss, wollen Sie den Biobauern den schwarzen Peteruschieben. Herr Goldmann, Sie wissen ganz genau,ass – abgesehen davon, dass Sie aus einem Programm Umfang von 20 Millionen Euro schwerlich dreistellige
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Friedrich OstendorffMillionenbeträge werden mobilisieren können – dasBundesprogramm Ökolandbau keine Subventionierungvon irgendwem ist, sondern im Wesentlichen eine Inves-tition in Forschung, Entwicklung und Information be-deutet.
Dreistellig wird der Betrag erst durch die von der FDPvorgeschlagenen Kürzungen bei der Gemeinschaftsauf-gabe „Agrarstruktur und Küstenschutz“. 100 MillionenEuro wollte die FDP im letzten Jahr hier kürzen. Damithätten wir erhebliche Kofinanzierungsmittel aus Brüsselverschenkt. Das macht die ganze Absurdität der FDP-Sparvorschläge deutlich.Sie wollen die Mittel für die Gemeinschaftsaufgabe,die Forschung und die Entwicklung kürzen. Das bedeu-tet, die Zukunftsfähigkeit aufzugeben, um den Agrardie-sel beizubehalten. Wettbewerbsfähigkeit lässt sich sonicht sichern.
Herr Kollege, möchten Sie eine Zwischenfrage des
Kollegen Koppelin zulassen?
Keine Zwischenfragen! – Wir werden stattdessen den
Bauern und Bäuerinnen beim Ausstieg aus dem Erdöl
helfen.
Die CDU/CSU hat diese Woche im Agrarausschuss
überraschend doch noch den Kern ihrer Sparvorschläge
präsentiert, nämlich die Streichung nicht wissenschaftli-
cher Untersuchungen. Auf Deutsch: Streichung des Test-
betriebnetzes – Sparvolumen: 10 Millionen Euro. Meine
Damen und Herren von der CDU/CSU, ich fürchte, das
wird nicht reichen, um an die Sparvorgaben von rund
375 Millionen Euro heranzukommen.
Kollege Schirmbeck von der CDU hat dann noch ge-
fordert, man solle doch endlich das Flugbenzin besteu-
ern.
Das hat ihm wohl im Ausschuss der Bauernverband auf-
geschrieben. Aber wenn man ihn dann beim Wort neh-
men will – das haben wir getan –, zieht er zurück, was
symptomatisch ist für die CDU, und erklärt wörtlich, er
habe das nur so aus Spaß vorgeschlagen. Noch eine
Spaßpartei im Bundestag!
Herr Carstensen, der Agrarsprecher der CDU, nimmt
heute wie auch im Ausschuss an der wichtigen Beratung
dieser Gesetze leider nicht teil. Ich sage „leider“, weil
ich befürchte, dass er stattdessen wieder einmal als
Sandmännchen in Schleswig-Holstein unterwegs ist und
den Bäuerinnen und Bauern Sand in die Augen streut,
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Wenn Sie melken würden, wüssten Sie das. Aber Sie
üssen das nicht wissen. Sehen Sie sich auch die Ent-
icklung am Rind- und Schweinefleischmarkt an. Die
reise für Bullen sind 30 Prozent höher als am Jahresan-
ang, die für Schweine 60 Prozent höher.
Meine Damen und Herren von der Opposition, ein
estfale redet immer da weiter, wo er aufgehört hat.
eshalb bleibe ich bei dem, was ich schon letzte Woche
esagt habe: Nicht Ihre Gummistiefelrhetorik und Ihre
panferkelweisheiten machen die deutsche Landwirt-
chaft zukunftsfähig, sondern Renate Künast und Rot-
rün.
ei schwerer See haben wir das schlingernde Schiff sta-
ilisiert, indem wir entschlossen das Ruder übernommen
aben, während Sie weiter an der Reling stehen und über
ie Lust am Untergang philosophieren. Ich wünsche Ih-
en dabei weiterhin viel Vergnügen. Wir werden uns
erweil an die großen Aufgaben machen, die noch vor
ns liegen.
Für den frühen Freitagnachmittag herrscht eine be-erkenswerte Stimmung im Hause.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 127. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. September 2004 11637
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Vizepräsident Dr. Norbert LammertZur Stabilisierung derselben hat nun für eine Kurzin-tervention der Kollege Schirmbeck das Wort erbeten.
– Kurzinterventionen erfolgen vom Platze aus, Herr Kol-lege.
– Nein, nicht nach Wahl. Die Versuchung, aus Kurzinter-ventionen Reden entstehen zu lassen, ist umso größer, jemehr man durch die Strecke vom Platz zum Mikrofonglaubt, einen solchen Nachweis erbringen zu müssen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da ja eben
darauf hingewiesen wurde, dass ein Westfale geredet
hat, will ich sagen: Ich komme aus dem Osnabrücker
Bereich, dem größten westfälischen Bereich in Nieder-
sachsen. Das, was Sie erklärt haben, sollten wir einmal
mit unseren Landsmännern besprechen.
Wenn man aus dem bäuerlichen Berufsstand kommt,
gehört es dazu, dass man redlich miteinander umgeht
und man niemandem etwas unterstellt, was er überhaupt
nicht gesagt hat.
Ich habe das Flugbenzin in die Debatte im Agraraus-
schuss nicht eingebracht. Wir haben zwar über Flug-
plätze und deren Entwicklungen gesprochen, aber diese
Vokabel ist von mir nicht genannt worden.
Sie sollten wenigstens so redlich sein, Herr
Ostendorff, offen zu sagen, dass Sie dem Berufsstand,
dem wir gemeinsam angehören, von 1999 bis jetzt eine
zusätzliche Belastung von 1 Milliarde Euro aufgebürdet
haben. Das heißt, 1 Milliarde Euro weniger Kaufkraft im
ländlichen Raum. Wenn wir feststellen müssen, dass je-
den Tag 1 000 Arbeitsplätze verloren gehen, dann um-
fasst das auch Arbeitsplätze im ländlichen Raum und in
unseren Familienbetrieben. Es ist eine Schande, dass Sie
mich mit einer solchen Unwahrheit in Zusammenhang
bringen und so versuchen, die Situation zu vernebeln.
Dafür sollten Sie sich entschuldigen.
Zur Erwiderung Herr Kollege Ostendorff, bitte schön.
Man muss sich nicht an alles erinnern, was man so imAusschuss sagt, Herr Schirmbeck. Sie reden immer sehrviel. Das kann ich Ihnen nachsehen. Natürlich haben wirdie Flugbenzindebatte geführt. Sonst hätte ich das nichtin meiner Rede aufgegriffen.
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ie haben den Schiffsverkehr sowie das Flugbenzin er-ähnt und gesagt, dass wir hier eine Menge Geld sparenönnten. Das haben Sie im weiteren Verlauf Ihrer Inter-ention auch zugegeben.
as sollten wir jetzt festhalten. Das ist von Ihnen in dieebatte gebracht worden. Niemand anderer hat dazu ge-prochen. Sie können das im Protokoll nachlesen. Nichtsnderes habe ich hier behauptet.Natürlich können wir diese Debatte führen, aber dieseebatte können wir nur gemeinsam führen. Wir vermis-en allerdings Ihr Engagement, wenn es darum geht, dasmzusetzen. Sie reden nur plakativ, um Stimmung zuachen. Konkret kommt nichts. Das ist das, was wir im-er wieder feststellen.
ir können in der Debatte über den Abbau von Subven-ionen, die der Vergangenheit angehören, nur weiter-ommen, wenn wir einen möglichst breiten Konsens er-ielen. Wenn wir eine demagogische Debatte führen, wieie es immer wieder tun, werden wir nicht weiterkom-en.
Wir können natürlich weiterhin auf der Politik derergangenheit beharren. Aber ich glaube, Herrchirmbeck, dass wir klug beraten sind, wenn wir ge-einsam versuchen, der Landwirtschaft, gerade was dengrardiesel angeht, beim Umstieg zu helfen.
ir können durchaus in einem zweiten Schritt auch überen Schiffsverkehr diskutieren. Jedenfalls sollten wir derandwirtschaft helfen, auf pflanzliche Energieformenmzustellen. Darüber werden wir viele Diskussionenühren können, wenn Sie nur wollen. Wenn nicht, müs-en wir es alleine tun. Das würden wir auch machen. Wirieten jederzeit an, gemeinsam vorzugehen. Das ist dereg in die Zukunft. Das sichert der Landwirtschaftkzeptanz in der Gesellschaft und darum streiten wir. Eseht um Zukunftsfähigkeit, um nichts anderes.
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11638 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 127. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. September 2004
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Da vorhin vom Kollegen Kampeter und anderen in
sehr freundschaftlicher Weise Zweifel an der Richtigkeit
des vermeintlich zu strengen Hinweises, von welchem
Ort aus Kurzinterventionen durchzuführen sind, ange-
meldet worden sind, verweise ich auf die inzwischen
von Ihnen offenkundig auch entdeckte Fundstelle in der
Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages. In § 27
Nr. 2 heißt es:
Für Zwischenfragen an den Redner und für Zwi-
schenbemerkungen in der Aussprache über einen
Verhandlungsgegenstand melden sich die Mitglie-
der des Bundestages über die Saalmikrofone zum
Wort.
Nachdem damit hoffentlich alle Restzweifel über die
korrekte Handhabung durch das Präsidium ausgeräumt
sind, erteile ich nun dem Kollegen Hellmut Königshaus
für die FDP-Fraktion das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! HerrOstendorff hat eben gesagt, die Landwirtschaft sei beiFrau Künast in guten Händen. Wir unterhalten uns hierüber enorme Belastungen, die auf die Landwirtschaft zu-kommen, und wo ist Frau Künast? Wo sind die Vertreterdes Landwirtschaftsministeriums? Das interessiert sieüberhaupt nicht.
Das zeigt einmal mehr, dass sich hinter dem schönenBegriff Haushaltsbegleitgesetz eine böse Absicht ver-steckt. Ähnliches galt früher für das schöne Wort „Steu-ervergünstigungsabbaugesetz“. Es verbirgt sich dahinternichts anderes als schlichtes Abkassieren bei denen, diesich nicht wehren können.
Sie begründen Ihr Vorhaben mit Subventionsabbau. Wirhaben eben schon – der Kollege Austermann hat das sehrklar dargestellt – über wirkliche Subventionen gespro-chen, zum Beispiel über die Steinkohle. Wir könnenauch über die Windenergie sprechen. Das sind wirklicheSubventionen.
Wer das hiermit vergleicht, vergleicht Äpfel mit Birnen.
Worum geht es denn hier? Sie wollen zum einen dieBesteuerung des Agrardiesels anheben. Das würde eineweitere Belastung bedeuten. Der Kollege Austermannhat das eben zum Beispiel in einem Vergleich mit Däne-mark erläutert.Wenn Sie sagen, dass es nicht darum geht, abzukas-sieren, dann gibt es nur einen anderen möglichen Grund:Das ist die Heranführung an die Mineralölsteuer. DieseSsDkDaedesHtaSdkgwwÖmKsBeKuwsRSdndeWSswrdBnSE
Beide Vorhaben zusammengenommen bewirken einerhebliche Belastung. Das gilt auch für den europäischenettbewerb. Wir haben das eben noch einmal erörtert.o können vor allem die kleinen und mittleren landwirt-chaftlichen Betriebe nicht überleben. Deswegen wollenir über Umstrukturierungen reden – das ist durchausichtig –, aber diese dürfen nicht in einer Weise erfolgen,ie die Landwirtschaft in ihrem Kern gefährdet und dieetriebe in ihrer Existenz bedroht.
Ich komme zum Schluss. Wenn Sie ausgerechnet unsach Alternativen und Vorschlägen fragen, dann solltenie sich in Erinnerung rufen, dass die FDP bereits denntwurf eines Subventionsbegrenzungsgesetzes vorge-
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 127. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. September 2004 11639
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Hellmut Königshauslegt hat. Manchmal empfiehlt es sich, auch die Vor-schläge der Opposition zu betrachten.Ich danke Ihnen.
Herr Kollege Königshaus, zu Ihrer ersten Rede im
Deutschen Bundestag gratuliere ich Ihnen auch im Na-
men des Hauses herzlich.
Sie werden sie gewiss auch deshalb in bester Erinnerung
behalten, weil sie vor beinahe vollem Haus erfolgt ist,
was – zumal freitagnachmittags – eher selten der Fall ist.
Letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt ist
die Kollegin Waltraud Wolff für die SPD-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-
ren! Ich bin zutiefst beeindruckt von dem kolossalen
Fachwissen, das von den Kollegen Königshaus – auch
wenn es Ihre erste Rede gewesen ist; Entschuldigung –
und Austermann an den Tag gelegt worden ist.
– Ihr Lachen wird Ihnen gleich vergehen.
Herr Austermann, Sie haben die Koch/Steinbrück-
Vorschläge angesprochen. Merkwürdigerweise haben
diese Vorschläge aber für die CDU/CSU-Fraktion in den
Haushaltsberatungen keine Rolle mehr gespielt. Das
können Sie nachlesen. Nichts davon hat noch gezählt.
Alle Einsparvorschläge sind außen vor geblieben.
Auch wenn wir die Subventionen für Agrardiesel zu-
rückführen müssen, erhält der größte Teil der Bauern
beim Agrardiesel die Rückerstattung in gleicher Höhe
wie im vergangenen Jahr. Auch das muss einmal deut-
lich gesagt werden. Das haben Sie aber hier nicht be-
rücksichtigt.
Wir stimmen heute über die Beschlussempfehlung
des federführenden Haushaltsausschusses ab. Nun frage
ich mich, woher das geballte Fachwissen kommen soll,
wenn die Opposition nicht einmal einen einzigen Fach-
politiker reden lässt. Das finde ich sehr bemerkenswert.
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Die Zweidritteleinsparung beim Agrardiesel hat uns
ehr lange beschäftigt und hat mir persönlich – das gebe
ch zu – große Bauchschmerzen bereitet. Es gab mehrere
odelle, nach denen die 287 Millionen Euro hätten ab-
ebaut werden können. Eines möchte ich ganz deutlich
agen: Niemand von uns hat es sich einfach gemacht. Es
ab eine Anhörung – dazu ist schon etwas gesagt wor-
en –, in der wir alle Facetten noch einmal beleuchtet
aben. Letztendlich ist die Entscheidung zugunsten des
egierungsentwurfs gefallen. Wichtig an dieser Stelle ist
ber, dass man nach allen Erwägungen zu einer Ent-
cheidung kommt, mit der man in Zukunft leben kann.
ch denke, das haben wir mit dem jetzigen Modell der
grardieselkürzung mit einer Obergrenze von 10 000 Li-
rn Verbrauch, einer Untergrenze von 350 Euro Selbst-
ehalt und einer Bagatellgrenze von 50 Euro geschafft.
Wir haben gleichzeitig den Umstieg auf Biodiesel vo-
angetrieben. Herr Austermann – hier zeigt sich die Qua-
ität Ihres Fachwissens noch einmal –, natürlich können
ie meisten landwirtschaftlichen Fahrzeuge mit Biodie-
el betrieben werden. An die Adresse der FDP: Es
timmt nicht, dass der Markt an dieser Stelle ausgereizt
st. Natürlich haben die Bauern noch Möglichkeiten, hier
twas zu tun.
Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Koppelin?
Ja, gerne.
Entschuldigung, aber ich möchte gerne, dass Herr
oppelin eine Zwischenfrage stellt.
Herr Koppelin, bitte.
Herzlichen Dank, dass Sie nicht wie der Kollege derrünen bei einer Frage kneifen. – Da Sie deutlich ge-acht haben, dass es selbst in der Koalition Problemeit dem Gesetz gibt, weil es erhebliche Einschnitte beier Landwirtschaft – das haben Sie auch eingestanden –
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11640 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 127. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. September 2004
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Jürgen Koppelinvorsieht, frage ich Sie: Wie bewerten Sie es als Parla-mentarierin, dass weder die für die Landwirte zuständigeMinisterin noch ein Vertreter ihres Ministeriums heuteanwesend sind?
Herr Koppelin, diese Frage kann ich nicht beantwor-
ten; denn ich kenne den Terminplan von Frau Ministerin
Künast nicht. Aber Herr Diller ist anwesend. Die Feder-
führung liegt schließlich beim Haushaltsausschuss. Ich
kann mich an dieser Stelle nur bei meinen Kollegen vom
Haushaltsausschuss bedanken, dass ich hier reden darf.
So ist die Sache.
Schön, dass ich Ihnen erlaubt habe, dazu eine Zwischen-
frage zu stellen.
Wenn Sie an dieser Stelle eine gute Möglichkeit für
die Landwirte sehen, warum haben Sie dann unser EEG
abgelehnt, mit dem wir den Bauern die Chance eröffnen,
sich selber mit Biodiesel zu versorgen, wenn es schwie-
rig wird? Sie verfahren ganz nach dem Motto: Die CDU/
CSU ist für die Landwirtschaft zuständig, nur nicht die
SPD. Ganz so ist es aber nicht. Ich finde es auch sehr
verwerflich, dass hier zweimal der gesamte landwirt-
schaftliche Berufsstand durch eine Partei vereinnahmt
wird. Das darf nicht sein.
Wir alle wissen, dass wir mit dem alten Preisstützsys-
tem nicht mehr wirtschaften können. Angesichts der
Ängste und der Sorgen, die zum Beispiel durch die EU-
Agrarreform bei den Landwirten bestehen, kann ich nur
sagen, dass wir ein konstruktives Konzept entwickelt ha-
ben. Was mich nicht nur froh, sondern auch glücklich
macht – das habe ich schon angesprochen –, ist die No-
velle des EEG.
Zum Schluss möchte ich an die Adresse der Opposi-
tion noch Folgendes sagen: Es macht keinen Spaß, Ein-
sparungen vorzunehmen und den Haushalt Jahr für Jahr
zu konsolidieren. Die Ursachen dafür liegen aber – das
will heute niemand mehr hören – in Ihrem 16-jährigen
Wirtschaften.
Ansonsten hätten wir an dieser Stelle heute nicht solche
Schwierigkeiten.
Auf der anderen Seite weiß ich – schließlich muss ich
hier für solche Einsparmaßnahmen einstehen – Über-
schriften wie „Sektkorken knallen auf deutschen Höfen
nach der Verabschiedung des EEG“ zu deuten. Wissen
Sie, was das bedeutet? Die Bauern haben verstanden:
Die rot-grüne Bundesregierung hat an dieser Stelle be-
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Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von den
raktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen
ingebrachten Entwurf eines Haushaltsbegleitgesetzes
005, Drucksache 15/3442. Der Haushaltsausschuss
mpfiehlt auf Drucksache 15/3755, den Gesetzentwurf
n der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejeni-
en, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zu-
timmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt da-
egen? – Wer enthält sich der Stimme? – Der
esetzentwurf ist damit in zweiter Beratung angenom-
en.
Wir kommen zur
dritten Beratung
nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
er stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? –
er Gesetzentwurf ist mit den Stimmen der Koalition
egen die Stimmen der Opposition angenommen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 19 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Dieter Thomae, Detlef Parr, Dr. Heinrich L.
Kolb, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
FDP
Freie Wahl der Kostenerstattung in der gesetz-
lichen Krankenversicherung
– Drucksache 15/3511 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
raktion der FDP fünf Minuten erhalten soll. – Ich höre
einen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Bevor ich die Aussprache eröffne, möchte ich diejeni-
en, die an derselben nicht mehr teilnehmen können
der wollen, bitten, den Plenarsaal zu verlassen und
ichtige Staatsgeschäfte außerhalb des Plenums fortzu-
etzen.
Ich eröffne nun die Aussprache und erteile das Wort
unächst dem Kollegen Detlef Parr von der FDP-Frak-
ion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ichöchte mit der Einleitung meiner Rede ein bisschenreizeitstimmung transportieren. Vorgestern haben wir
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 127. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. September 2004 11641
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Detlef Parrin der Landesvertretung Rheinland-Pfalz das Sommer-fest einer großen gesetzlichen Krankenkasse gefeiert.Die Vorhänge im Saal waren zurückgezogen, es bot sichein herrlich freier Blick in den Garten – es war so ähn-lich wie im Sommer 2003 bei den Konsensverhandlun-gen in der Landesvertretung Baden-Württemberg – undman hatte eine Transparenz, wie wir sie uns heute auchim Gesundheitswesen wünschen.Heute wie damals scheint aber ein seltsamer Geistden Blick der großen Gesundheitskoalition zu vernebeln.In allen Reformpapieren, die wir zurzeit diskutieren, fin-den sich zwar gleich lautende Forderungen nach mehrWettbewerb, mehr Effizienz, mehr Eigenverantwortungund mehr Wahlfreiheit – alles auf der Grundlage vonmehr Transparenz –; den entscheidenden Schritt nachvorne, endlich das anonyme Chipkartensystem durch dieKostenerstattung abzulösen, wagen Sie aber nicht. Wasnützt alles Wehklagen über Doktor-Hopping, Selbstbedie-nungsmentalität oder Abrechnungsbetrug, wenn wir aneinem Sachleistungsprinzip sklavisch festhalten, das ge-nau diese Fehlentwicklungen fördert? Gesundheitsleis-tungen als Naturalleistungen sind ein Relikt aus vergan-gener Zeit und ein Luxus, den wir uns heute nicht mehrleisten können. Bismarck ist tot!Die Chipkarte öffnet den Zugang zu gesetzlich zu-stehenden medizinischen Leistungen nach dem Motto„Sesam, öffne dich“. Der Patient wird künstlich uninfor-miert gehalten. Die Kosten seiner Behandlung bleibenihm unbekannt. Die Abrechnung findet ohne ihn statt.Das Sachleistungsprinzip verleitet zudem dazu, mehrLeistungen als erforderlich zu erbringen. Patient undArzt haben wenig Interesse an einem kostenbewusstenUmgang mit den immer begrenzteren Ressourcen. Dafürhat die Bundesregierung aufwendige Kontrollmechanis-men etabliert. Diese Mechanismen werden immer ausge-feilter, immer komplizierter. Das heißt: Bürokratisierungund Intransparenz auch an dieser Stelle. Gäbe es dasKostenerstattungsprinzip, würde den Versicherten einevöllig neue Rolle im Gesundheitswesen eingeräumt.Herr Staatssekretär, Ihre Ministerin hat gestern aufdem Hausärztetag zu Recht von einer neuen Balance derSolidarität und der Eigenverantwortung gesprochen.Die können Sie mit der Kostenerstattung leicht herstel-len. Trauen wir dem Versicherten doch endlich mehr zu!Lassen wir ihn die Rechnung seines Arztes prüfen! Las-sen wir ihn zu einem Partner des Arztes werden, der sichüber seine Krankheit informiert und Kostenbewusstseinentwickelt! Lassen wir ihn zu einem Partner im Wettbe-werb werden, der sich für einen effizienten und gutenAblauf seiner Behandlung interessiert! Last, but notleast: Schaffen wir mit der Kostenerstattung eine zuver-lässige Selbstbeteiligungsregelung, über die der Ein-zelne der Höhe nach im Rahmen einer prozentualenZuzahlung selbst entscheiden kann, statt ihm eine will-kürliche Praxisgebühr aufzupfropfen!Der Versuch, die Kostenerstattung einzuführen, hateine lange Tradition: von Schwarz-Gelb in den 90er-Jah-ren als Wahloption für alle Versicherten eingeführt, nachdem Regierungswechsel 1998 wieder abgeschafft,schließlich im letzten Jahr wiederbelebt. Freiwillig istdAzVBAsg –MdcbkRnRdbdmüsstHh
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11642 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 127. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. September 2004
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Sie haben es so empfunden; ich habe es auch so empfun-den. Aber warum sind Sie, Herr Parr, wenn alles so gut,so kommunikativ und transparent gewesen ist, im letztenJahr aus den Verhandlungen ausgestiegen? Die Fragemüssen Sie mir noch beantworten.
Ich komme zum Antrag Ihrer Fraktion. Sehr oftkommt das Thema Kostenerstattung von der FDP aufden Tisch. Die FDP will mit dem Traum von der Kosten-erstattung das deutsche Gesundheitswesen genesen las-sen.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, dass das nur einTraum ist, werde ich Ihnen jetzt belegen. Ich will Ihnenvorstellen, warum die Kostenerstattung ohne vorherge-hende Beratung – darauf haben Sie ja eben abgestellt –nicht sinnvoll ist. Ich befürchte natürlich, dass Sie, wennich es Ihnen klar mache, auf diesem Ohr taub sind.
– Jawohl, Herr Parr; ich weiß es auch.Wenn ich mir Ihren Antrag anschaue, dann stelle ichfest: Eine Fülle von wohlklingenden Fragen im Antragverstellt den Blick auf das Wesentliche. Sie wollen dieim Gesetz verankerte Beratung der Versicherten vordem Wechsel von der Sachleistung auf die Kostenerstat-tung abschaffen. Diese Beratung ist aber als Informa-tionsquelle und als Hilfe für die Patientinnen und Patien-ten zu sehen.
– Das ist so. Das erkläre ich Ihnen gleich noch. – Siekönnen nicht darüber hinwegtäuschen, dass Sie mit Ih-rem Antrag reine Klientelpolitik betreiben. Im Sinne derVersicherten ist dieser Vorschlag nicht.
Die weihevollen Worte zu Beginn können nicht davonablenken, dass Sie die Patientinnen und Patienten einernotwendigen Informationsquelle berauben wollen, dennder Versicherte muss wissen, worauf er sich bei seinerEntscheidung für die Kostenerstattung einlässt.
Die Beratung soll diese Information vermitteln. Dies giltumso mehr, wenn einzelne Leistungserbringer, wie wirerfahren mussten, Patienten massiv bedrängt haben, daihnen die Kostenerstattung mehr Geld bringt. Wir allehaben noch das schamlose Verhalten einiger niedersäch-sischer Kieferorthopäden in Erinnerung, die die Patien-tinnen und Patienten schlichtweg mit der Forderung er-pBihHLrwvZAibBnvSatc–tdmthFsKdnh–vKsnadbswnalihDh
Mündigkeit gestehen wir alle den Patientinnen und Pa-ienten zu. – Nach meiner Überzeugung ist es sinnvoll,ie Kostenerstattung mit den Krankenkassen und nichtit den Leistungserbringern zu vereinbaren. Eine Bera-ung bei den Krankenkassen stärkt nämlich die Unab-ängigkeit der Patienten. Eigentlich wollen Sie von derDP doch genau das: Sie wollen unabhängige Ver-icherte.Nahezu jeder Patient und jede Patientin sitzt imrankheitsfall mit einem Gefühl von Unsicherheit vorem behandelnden Arzt. Ich denke, jeder kennt von ei-em Arztbesuch dieses Gefühl der Unsicherheit und Ab-ängigkeit.
Beim Zahnarzt, Herr Zöller, sagt man aber nicht soiel. – Eine sachliche Entscheidung über das Pro undontra der Kostenerstattung ist in einer solchen Situationchwierig. Vor die Wahl gestellt, wollen die Patientenatürlich immer die bestmögliche Behandlung. Das istuch in Ordnung. Die Kosten einer Behandlung sind imirekten Gespräch mit dem Arzt nicht immer abschätz-ar, denn der Arzt kennt sie auch nicht immer. Wer sichchon einmal in einer solchen Situation befunden hat,eiß um diese Abhängigkeit. Ich unterstelle den Ärztin-en und Ärzten natürlich keine unsachgemäße Beratung,uch wenn wir Beispiele kennen, wie das schon einmalef. Die Beratung pro oder kontra Kostenerstattung ge-ört nämlich nicht zu ihrem eigentlichen Betätigungsfeld.as wollen Sie auch gar nicht. Meiner Meinung nach ge-ört also diese Beratung nicht in das Sprechzimmer.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 127. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. September 2004 11643
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Dr. Erika OberIch teile auch nicht die Meinung, dass mit Einführungder Kostenerstattung im Gesundheitsmodernisierungs-gesetz – diese Regelung wurde ja auf ein Jahr begrenzteingeführt – die Büchse der Pandora geöffnet wurde. Ichbegrüße es sogar ausdrücklich, dass dem Patienten dieWahl zwischen Sachleistung und Kostenerstattung er-öffnet wird. Im System der gesetzlichen Krankenver-sicherung dominiert jedoch weiter das Sachleistungsprin-zip. Es ist daher konsequent, wenn nur zugelassene oderso genannte ermächtigte Leistungserbringer die Behand-lung der Kassenpatienten vornehmen. Die Forderung,die Kostenerstattung auf Nichtvertragsärzte auszudeh-nen, widerspricht diesem Grundgedanken.
– Ich erkläre Ihnen gleich, warum das sinnvoll ist. – Mitder Zulassung unterwirft sich der Leistungserbringer denin SGB V festgelegten Anforderungen, wie zum Beispielan die Qualität und die Wirtschaftlichkeit. Das ist imSinne aller Versicherten. Dieses Prinzip entspricht auchständiger Rechtsprechung. Es besteht in meinen Augenkein Anlass, an diesem vernünftigen Prinzip zu rütteln.Nun ein Wort zu der Gruppe von Versicherten, dielaut Ihres Antrags durch das GMG angeblich schlechtergestellt sein soll. Die Kostenerstattung war nämlichschon vor dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz fürgesetzlich Versicherte möglich, allerdings nur in Aus-nahmefällen.Verglichen mit der Gesamtheit der in der gesetzlichenKrankenversicherung Versicherten bewegt sich dieGröße der von Ihnen angesprochenen Gruppe im Promil-lebereich.Kostenerstattung kennen wir auch von gesetzlich ver-sicherten Patienten, die zum Beispiel im Urlaub im Aus-land behandelt werden. Sie werden dort von bei unsnicht zugelassenen, nicht ermächtigten Ärzten und Leis-tungserbringern behandelt. Wir kennen die Problematik,dass Qualität und Wirtschaftlichkeit in solchen Fällennicht immer nachzuvollziehen sind. Ich möchte nichtsBöses unterstellen, aber das ist eine Tatsache. DiesenZustand wollen wir nicht übertragen. Das gleiche Pro-blem hätten wir nämlich, wenn wir, wie in Ihrem Antraggefordert, die nicht ermächtigten Leistungserbringer hierzuließen. Wir hätten dann keine Kontrolle über Qualitätund Wirtschaftlichkeit.Oft wird behauptet, der erhöhten Kostentransparenzin der Kostenerstattung folge auch eine Verhaltensän-derung der Patientinnen und Patienten. Hierzu gibt eskeinen empirisch gesicherten Nachweis.
– Das wird aber immer behauptet, Herr Parr.Auch unser Ziel ist, Kostentransparenz zu erreichen,wenn auch nicht mit Ihren Instrumenten. Wir befürwor-ten ein anderes System als das, das Sie vorschlagen. Wirsehen in der Kostenerstattung kein geeignetes Instru-ment, die Transparenz, die wir alle wollen und auchbrauchen, zu erreichen, nicht nur weil die Gruppe sokGasSdqsz–aPdDlnDhGuztCnnlA„Kds
Sie kommt. Sie wird nicht flächendeckend kommen,ber wir werden ab 2006 starten. Wenn Sie heute dieresse gelesen haben, konnten Sie sehen, dass das auchort steht.
ann werden wir uns noch einmal unterhalten können,iebe Kolleginnen und Kollegen.Wir werden dem Antrag der FDP-Fraktion, Herr Parr,atürlich nicht zustimmen.
ie Kostenerstattung ist für die FDP doch nur der Auf-änger, ihre Vorstellungen von einer Liberalisierung desesundheitswesens zugunsten einer bestimmten Klientel
nd zulasten der Versichertengemeinschaft durchzuset-en. Die Interessen der Versichertengemeinschaft vertre-en Sie mit diesem Antrag nicht.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Das Wort hat der Kollege Wolfgang Zöller, CDU/
SU-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu-ächst, Frau Ober: Wenn die Zahl der in Anspruch ge-ommenen Kostenerstattungen wirklich nur im Promil-ebereich läge, dann brauchte man auch nicht so vielngst davor zu haben, wie Sie es hier dargestellt haben.
Wir beraten heute den Antrag der FDP mit dem TitelFreie Wahl der Kostenerstattung in der gesetzlichenrankenversicherung“. Für diese Überschrift haben Sieie volle Unterstützung der CDU/CSU. Auch inhaltlichtimmen wir weitgehend mit dem Antrag überein.
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Wolfgang ZöllerDer FDP-Antrag hat aber einen kleinen Schönheits-fehler, der zum jetzigen Zeitpunkt gravierende Nachteileim Hinblick auf eine flächendeckende ärztliche Versor-gung mit sich brächte.
Sie fordern nämlich die Wahlmöglichkeit in Bezug aufjeden Arzt mit Approbation. Wie wollen Sie dann die Si-cherstellung einer flächendeckenden medizinischen Ver-sorgung gewährleisten? Nicht zugelassene Ärzte könn-ten sich die Behandlungsrosinen herauspicken; auf derStrecke blieben weniger attraktive Tätigkeiten wie etwadie Notversorgung an Wochenenden oder in den so ge-nannten dienstfreien Zeiten.Aufgrund der vielen Vorteile, die das System der Kos-tenerstattung aber bietet, unterstützen wir die Kosten-erstattungsmöglichkeit generell. Ich will einige Vorteileansprechen.Zunächst einmal wird damit dem Grundsatz derTransparenz nachgekommen. Das Erstattungsverfahrenermöglicht dem Patienten, selbst unmittelbar und kon-kret nachzuvollziehen, was der Arzt abgerechnet hat.Dies schränkt auch Missbrauchsmöglichkeiten wesent-lich ein. Außerdem wird dadurch, dass die Versichertenselber anhand von Rechnungen die eigenen Behand-lungskosten nachvollziehen können, ihr Kostenbewusst-sein deutlich geschärft. Bonussysteme könnten weitereAnreize dafür bieten.Die Vorteile eines kostenbewusst handelnden Patien-ten sind inzwischen allgemein bekannt und unbestritten:Noch vor kurzem hatten sich die gesetzlichen Kranken-versicherungen vehement gegen Selbstbehalte im Rah-men von Krankenkassenbeiträgen ausgesprochen. Seit-dem nun aber durch das GMG diese Möglichkeitgegeben ist, entwerfen sie interessanterweise von sichaus Selbstbehalt-Bonusmodelle; denn sie wissen, dassdann etwas eigenverantwortlicher bei der Inanspruch-nahme von Leistungen vorgegangen wird.
Ein weiterer positiver Effekt eines Erstattungssystemssind die geringeren Verwaltungskosten.
Ein Kostenerstattungsverfahren hätte nämlich zur Folge,dass der gesamte bürokratische Verwaltungsaufwandzwischen Arzt, Kassenärztlicher Vereinigung und Kran-kenkasse – und dann zurück zur Kassenärztlichen Verei-nigung und zum Arzt – wesentlich vereinfacht werdenkönnte.
Auch dürfte ein Kostenerstattungsprinzip das Ver-hältnis zwischen Arzt und Patient enger, intensiverund vielleicht auch qualitativ besser werden lassen; dennmehr Mitbestimmungs- und Vergleichsmöglichkeitendes Patienten korrespondieren hier mit intensiveren Be-rdabioKrPvts–ttmptlegnzVwldWDldsZishldGCr
Man muss sich also vorher von einer Kasse beratenassen und bekommt dafür von seinem Erstattungsbetraginen hohen Prozentsatz als Verwaltungskostenanteil ab-ezogen.Hinzu kommt, dass das Kostenerstattungsverfahrenur für ganze Bereiche und nicht für einzelne Sektoren,um Beispiel Zahnersatz oder ambulante hausärztlicheersorgung, gewählt werden kann. Da waren wir vorhereiter: Man konnte dieses System sektorenweise wäh-en. Jetzt geht es um ganze Bereiche. Die Union hat inen Konsensgesprächen insoweit stets weiter gehendeahlmöglichkeiten zugunsten der Patienten angestrebt.as war leider nicht durchsetzbar.Liebe Freunde von der FDP, man kann im Nachhineineicht die vollständige Verwirklichung der freien Wahler Kostenerstattung in der gesetzlichen Krankenver-icherung fordern. Wir wären unserem gemeinsameniel heute schon wesentlich näher, wenn Sie uns damalsm Rahmen der Verhandlungen geholfen hätten, dieinnvollen Wahlmöglichkeiten für Patienten weitestge-end auszuschöpfen.Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Ich gratuliere dem Kollegen Zöller zu seiner Punkt-andung, was die Redezeit betrifft, und weise darauf hin,ass die Rede der Kollegin Petra Selg, Bündnis 90/Dierünen, zu Protokoll gegeben worden ist.Mit dem Kollegen Michael Hennrich für die CDU/SU-Fraktion als letztem Redner erreichen wir dann be-eits das Ende dieses Tagesordnungspunkts.
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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen undKollegen! Die CDU/CSU hat im letzten Jahr den Ge-sundheitskompromiss schweren Herzens mitgetragen.Lieber Herr Kollege Parr, auch wir waren über be-stimmte Einzelregelungen nicht glücklich. Aber andersals Sie haben wir Verantwortung übernommen und unsnicht in die Büsche geschlagen.
Deswegen kann ich dem Herrn Kollegen Zöller nur bei-pflichten, der ganz deutlich betont hat, dass wir im Hin-blick auf das Kostenerstattungsprinzip ein ganzes Stückweiter wären, wenn Sie sich an den Verhandlungen be-teiligt hätten.Wir haben über die Vorteile des Kostenerstattungs-prinzips, über die Aspekte Transparenz, Kostenbewusst-sein und Verwaltungskosten, schon ein Stück weit ge-sprochen. Frau Kollegin Ober, Sie haben vorhin gemurrt,als gesagt wurde, dass das Kostenerstattungsprinzipletztendlich zu Kosteneinsparungen führen kann. Siesehen im Grunde genommen nur das Verhältnis zwi-schen dem Patienten und der Krankenkasse.
Aber es gibt noch das Verhältnis zwischen der Kassen-ärztlichen Vereinigung und der Krankenkasse
und das Verhältnis zwischen Arzt und Krankenkasse. Esgibt also auch noch andere Aspekte.
Zudem denke ich, dass bei einer Kostenerstattung diePatientenrechte gestärkt werden können, weil sich derVersicherte im Gespräch mit seinem Arzt berät und sichüber die Vor- und Nachteile einer Behandlung aufklärenlässt.
– Wenn Sie sich von einem Arzt beraten lassen, danngeht es nicht nur um die Kosten. Da werden Sie vielmehrumfassend beraten. Schauen Sie einmal, welche Bera-tung zwischen Privatversicherten und Ärzten erfolgt! Dafunktioniert dieses Prinzip auch. Ich denke mir, dass eineKostenerstattung bei der GKV ebenso funktionierenwürde.
Frau Ober, Ihr Bild von dem Versicherten ist das einesunmündigen Bürgers.
Sie haben vorhin einen kleinen Fehler gemacht, alsSie gesagt haben, es bestehe keine Pflicht zur Bera-tung.
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Wenn Sie die Krankenkassen ermächtigen, den Ver-icherten zu beraten – Sie wissen, welche Skepsis esierbei bei den Krankenkassen gibt; sie scheuen viel-eicht ein Stück weit den Verwaltungsaufwand, der dannei ihnen entsteht –, ist doch das Ergebnis von vornhe-ein klar: Die Krankenkassen sagen dem Versicherten:ehmen Sie von der Behandlung Abstand! Deswegenalte ich fest: Wir hätten unseren Bürgern etwas mehründigkeit zutrauen können. Das haben Sie uns versagt.Ich möchte noch ein Vorurteil ausräumen, das in deriskussion über das Kostenerstattungsprinzip immerieder vorgebracht wird, das Vorurteil, dass die so ge-annte Verkäuferin nicht in Vorleistungen treten kann.ies wird immer wieder von Ihren Kolleginnen und Kol-egen in Anwendung gebracht, indem gesagt wird, Ge-ingverdiener könnten die Kosten im Grunde genom-en gar nicht vorstrecken. Wie sieht es denn in derraxis aus? Wenn ein Arzt eine höhere Rechnung, zumeispiel eine Rechnung über 2 000 oder 3 000 Euro,tellt, dann gewährt er doch ein Zahlungsziel von0 Tagen. Sie können diese 30 Tage ausschöpfen und dieechnung bei der Krankenkasse einreichen. Dann dauerts vielleicht zehn bis 14 Tage und dann haben Sie daseld auf dem Konto.
enn dann jemand ganz clever ist, legt er das Geld noch4 Tage an, bekommt dafür Zinsen und bezahlt dann dieechnung des Arztes. Ihre Aussage stimmt also nicht.
Zum Schluss möchte ich noch auf einen Aspekt ein-ehen, den wir schon angerissen haben, der aber in die-em Zusammenhang noch nicht vertieft diskutierturde: das Thema Europa. Wenn sich ein Versichertern der Europäischen Union, zum Beispiel in Frankreichder Italien, behandeln lässt, braucht er vorher keine Ge-ehmigung. Er lässt sich also behandeln, fährt zurück,eicht die Rechnung bei seiner Kasse ein und dann wirdie bezahlt. Wenn Sie sich im Inland behandeln lassenüssen und Sie das Kostenerstattungsprinzip wählen,rauchen Sie vorher eine Genehmigung, eine Wirtschaft-ichkeitsprüfung und all das, was vorhin aufgeführturde.
Dann frage ich mich aber, mit welcher Begründung Sieemanden, der sich im EU-Ausland behandeln lässt,
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Michael Hennrichprivilegieren, während Sie dann, wenn sich jemand imInland behandeln lässt, einen riesengroßen bürokrati-schen Wahn aufbauen.
– Es ist so.Ich sage Ihnen eines: Wir brauchen nur darauf zu war-ten, dass der Erste klagt und sagt: Ich möchte im Inlandgenauso behandelt werden wie im Ausland.
Ich möchte nicht die Beratungspflicht in Anspruch neh-men. – Er wird vom EuGH Recht bekommen und dannsind wir als Gesetzgeber wieder die Gehetzten, die einereuropäischen Rechtsprechung hinterherlaufen. Stattdes-sen könnten wir auch bewusst im Vorfeld agieren unddas Kostenerstattungsprinzip schon jetzt einführen.Herr Kollege Zöller hat das Thema der approbiertenÄrzte schon angesprochen. Das ist sicherlich ein Pro-blem. Ich möchte einen zusätzlichen Aspekt erwähnen:Wenn Sie jeden approbierten Arzt im Rahmen des Kos-tenerstattungsprinzips zur Behandlung zulassen, habenSie das Problem, dass die Krankenkasse nicht mehr Ver-tragspartner der Ärzte ist. Wenn wir von Eigenverant-wortung sprechen, dann darf das nicht heißen, dass wirdie Krankenkassen aus der Verantwortung entlassen.Deswegen stehen wir Ihrem Antrag noch ein Stück weitoffen gegenüber. Wir warten ab, was die Anhörung brin-gen wird. Aber ich denke, er geht im Prinzip in die rich-tige Richtung.Herzlichen Dank.
Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird
Überweisung der Vorlage auf Drucksache 15/3511 an die
in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
schlagen. Ich vermute, dazu besteht Einverständnis. –
Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 20 auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten
Gesetzes zur Änderung des Postpersonal-
rechtsgesetzes
– Drucksachen 15/3404, 15/3591 –
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Wirtschaft und Arbeit
– Drucksache 15/3732 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Klaus Barthel
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Ich bedanke mich für den Beifall.Trotzdem reden manche Leute so, als wären diese Be-chäftigten, insbesondere die Beamtinnen und Beamtennter ihnen, vor allem als Ballast zu sehen, als trägeasse, der man Beine machen muss und der man sichöglichst schnell entledigt.
Wenn ein solcher Gesetzentwurf auf dem Tisch liegt,ann löst er natürlich erst einmal Ängste aus,
enn in ihm von Flexibilisierung und dem Wegfall vonahlungen die Rede ist.
eswegen hat die Mobilisierung der Betroffenen bis inie letzten Tage angehalten. Dabei gab es auch Übertrei-ungen und falsche Ängste. Für wichtig halte ich, dassierbei auch ein dauerhaftes Engagement zum Ausdruckebracht wurde. Es ist keine Resignation und kein Ab-enden von der Politik, wie wir das von anderen Berei-hen kennen. Vielmehr handelte es sich um eine sach-iche Diskussion, die dann auch zu einem Ergebniseführt hat.
Zum Schluss war aber allen gemeinsam alles klar:ir mussten handeln, weil wir den Beschäftigungspakt
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Klaus Barthel
bei der Deutschen Telekom ermöglichen müssen. Wirmussten handeln, weil wir praktikable Regelungen zumEinsatz von Beamten bei Tochterunternehmen von PostAG und Telekom AG schaffen müssen. Und wir musstenhandeln, weil wir es dem Bundesfinanzministerium er-möglichen müssen, auf dem Verordnungsweg Regelun-gen der Sozialpartner abzubilden, die auch den immerunterschiedlicher werdenden Anforderungen der beidenBetriebe gerecht werden. Das alles war mit dem altenRecht eben nicht mehr möglich.Neue Handlungsspielräume für die Unternehmenmüssen aber mit den entsprechenden Sicherungen,Schutzmechanismen und Mitbestimmungsregelungenausbalanciert werden.Wir bekennen uns ausdrücklich dazu, dass wir die Ar-beitsbedingungen und die Rechte aller Beschäftigten si-chern, aber auch harmonisieren wollen. Es kann nämlichnicht sein, dass es vom Status eines Beschäftigten undvon der Unternehmenskonstruktion abhängt, ob ein Be-schäftigter an derselben Stelle mit demselben Geld inderselben Tätigkeit arbeitet oder nicht arbeitet.
Gleichzeitig haben wir aber auch die beamtenrechtli-chen Grundsätze beachtet. Ich will kurz auf die Haupt-probleme eingehen und sie benennen.Der erste Problembereich ist die Zuweisung. Künftigkönnen die Unternehmen Beamtinnen und Beamte auchohne Zustimmung zu Töchtern versetzen, also „zuwei-sen“, wie dieser schreckliche obrigkeitsstaatliche Begriffheißt. Aber wir nehmen die Befürchtungen und die Re-alität der Beschäftigten ernst und machen deutlich: Esdarf dabei keine Willkür geben. Der Rahmen ist die be-triebliche Mitbestimmung und sind die Zumutbarkeits-kriterien, wie sie sonst im jeweiligen Unternehmen auchgelten.
Der zweite Bereich betrifft die Sonderzahlungen.Auch das steht in der Begründung; das können Sie nach-lesen
und das ist verbindlich. Durch die Regelung hinsichtlichder Sonderzahlungen machen wir den Beschäftigungs-pakt bei der Telekom möglich, denn es darf nicht sein,dass an der Form der Sonderzahlung so etwas wie die Si-cherung von 10 000 Arbeitsplätzen scheitert. Das kanndoch nicht wahr sein!
Wenn sich die Sozialpartner zum Erhalt von Tausen-den von Stellen auf Arbeitszeitverkürzung bei teilwei-sem Einkommensausgleich einigen, dann müssen wirden rein formalen Weg dafür frei machen. Wir haben da-für gesorgt, dass genauso wie bei der Telekom auch beidgpdGsdgdlämVdsAsGwUcguaAhw„zwehnzÄgnmzAFloStis
nd sich mit starken Worten für das Berufsbeamtentumufzuplustern. Ich brauche hier nicht alle Namen undussagen dazu zu nennen, die Bosbachs und wie sie alleeißen. Aber eine besondere Reformerin soll heute er-ähnt werden. Ich zitiere aus einer Verbandszeitschrift:Angela Merkel sagte den Beschäftigten ihre Unterstüt-ung zu.“ Sie wird dann wörtlich zitiert: „Sie können ge-iss sein, dass die CDU/CSU-Bundestagsfraktion weiterin offenes Ohr für die besonderen Anliegen usw.at …“
Angesichts dieser Worte und dieses Beifalls von Ih-en hätten wir uns gefreut, von Ihnen dazu irgendetwasu hören oder zu lesen. Wir hatten Sie gebeten, uns Ihrenderungsvorschläge mitzuteilen, aber bis zum heuti-en Tag haben Sie es nicht geschafft – weder Unionoch FDP –, auch nur eine Zeile zu verfassen. Wir hättenit Ihnen über alles gesprochen.Das muss man sich sowieso einmal auf der Zungeergehen lassen: Ausgerechnet die Radikalreformer desrbeitsmarktes von Merkel über Singhammer bis zurDP, die den Kündigungsschutz abschaffen und Arbeits-se zur Manövriermasse machen wollen, ausgerechnetie schwingen sich hier zu den Rettern des Berufsbeam-entums nach dem Modell des 19. Jahrhunderts auf! Dast doch absurd hoch drei.
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Herr Kollege, Sie bedenken bitte, dass für weitere
nahe liegende Attacken leider keine Zeit mehr ist.
Ich bedenke die Zeit. – Wenn Sie also heute hier die
Gesetzesnovelle ablehnen, dann tragen Sie die Verant-
wortung dafür, dass es Beamtinnen und Beamte ohne
Beschäftigung hier und verschärften Druck dort gibt.
Sie tragen die Verantwortung dafür, dass es eine Ver-
drängung von Arbeitern und Angestellten bei Post und
Telekom im Osten durch Beamte aus dem Westen geben
wird. Sie verantworten den Abbau von 10 000 Arbeits-
plätzen bei der Deutschen Telekom. Sie verhindern
einen vernünftigen Personaleinsatz in den Unternehmen.
Herr Kollege, ich hatte eigentlich angenommen – –
Also geben Sie sich bitte einen Ruck und stimmen Sie
der geänderten Fassung des Gesetzes zu.
Als Berichterstatter darf ich mich noch bei allen be-
danken, die an diesem erfolgreichen Gesetz, wie es uns
heute vorliegt, mitgewirkt haben. Ich glaube, damit kön-
nen wir uns gut sehen lassen.
Das Wort hat nun der Kollege Johannes Singhammer
für die CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-ren! Bei diesem Gesetz mit dem langen Namen – Post-personalrechtsänderungsgesetz – geht es um rund160 000 Beamtinnen und Beamte und deren Familienan-gehörige, die sich vor zum Teil vielen Jahren für eineBeamtenlaufbahn beworben haben und auch genommenworden sind. Damit haben sie eine Reihe von Rechten,aber auch Pflichten übernommen.Wir wollen eines nicht, nämlich dass diese Beamtin-nen und Beamten als Ballast empfunden werden. Wirwollen, dass sie als Kapital für die beiden UnternehmenPost und Telekom angesehen werden und dass sie bei al-len Veränderungen auf einer festen Grundlage stehenbleiben, auf die sie sich verlassen können.
Wir wissen, dass sich Post und Telekom in einemUmstrukturierungsprozess befinden. Das möchte ichvorausschicken. Beide befinden sich in einem Regulie-rungsprozess. Regulierung bedeutet im Klartext die Ab-gabe von Marktanteilen. Das ist der Sinn der Regulie-rung. Die großen ehemaligen Monopolisten sollenMawauhäzffrJssswvfsadDfadguSsgZktUdkärsBRrP
Es gibt aber auch inhaltliche Gründe, von denen Sieelbst wissen, wie problematisch sie sind. Ich will michuf zwei beschränken. Der eine Punkt betrifft die Frageer Zuweisung auch gegen den Willen der Betroffenen.ie Anhörung hat ergeben, dass es eine Reihe von ver-assungsrechtlichen Bedenken gegen diese Zuweisunguch gegen den Willen der Betroffenen gibt. Ich meine,ass mit einigem guten Willen durchaus ein Weg hätteefunden werden können,
m diese Bedenken auszuräumen. Bei der Regelung, dieie jetzt in den Gesetzentwurf aufgenommen haben, be-tehen diese Bedenken allerdings weiterhin.In diesem Zusammenhang bleibt eine Reihe von Fra-en unklar. Was geschieht beispielsweise, wenn dieseuweisung, also die Abordnung an ein Tochter- oder En-elunternehmen der beiden Großunternehmen, die priva-isiert sind, gegen den Willen der Beamten erfolgt, diesenternehmen sich jedoch später in ihrem Status verän-ern, also beispielsweise nicht mehr zu Post oder Tele-om gehören, wenn sich auch die Eigentumsverhältnissendern? Wer informiert dann die betroffenen Beamtenechtzeitig?Diese Fragen sind nicht rein akademischer Natur. Sieind sehr wichtig für die rechtliche Einordnung und denetriebsfrieden. Wir hätten uns hier eine entsprechendeegelung gewünscht und ich denke, sie wäre auch er-eichbar gewesen.
Lassen Sie mich noch auf einen weiteren strittigenunkt eingehen, nämlich den Wegfall der Sonderzah-
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Johannes Singhammerlungen. Die Regelung, die Sie jetzt vorschlagen, führtallein schon zu einer schwer verständlichen Ungleichbe-handlung der beiden Unternehmen.
Bei dem Postunternehmen werden die Sonderzahlun-gen – im Klartext heißt das Weihnachtsgeld – dazu be-nutzt, eine neue Form der Entlohnung in Form von Leis-tungsprämien zu erstellen. So weit, so gut.
– Ich bin natürlich für Leistung.
Aber, Herr Brandner, Sie wissen doch genau, wo dasProblem liegt: In dem einen Bereich wird ein neues Sys-tem der Leistungsprämie installiert, in dem anderen Be-reich, bei der Telekom, wird ein anderes Verfahren ange-wendet, bei dem es im Klartext um Kürzungen geht.
Im Gegenzug sollen auf eine bestimmte Weise Arbeits-plätze gesichert werden.
Allein daran sehen Sie, dass es hier eine Vielzahl vonProblemen gibt.Ich sage Ihnen aber auch, wie der Lösungsweg hätteaussehen können: Man hätte die Regelungen, die fürBundesbeamte gelten, auf angemessene und synchroneWeise auf die in privatisierten Unternehmen tätigen Be-amten übertragen können.
– Natürlich gibt es den.
Das wäre der richtige Weg gewesen; denn die Übertra-gung dieser Regelungen wäre systematisch sauber gewe-sen.
Aus diesen Gründen tragen wir diesen Gesetzentwurfnicht mit. Sie werden sehen, dass Sie durch die Eilbe-dürftigkeit noch weitere Probleme schaffen. Ich fürchtedaher, heute wird nicht das letzte Mal sein, dass sich derDeutsche Bundestag mit diesen Fragen beschäftigt.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Silke Stokar vonNeuforn für Bündnis 90/Die Grünen.GwzDsbIawSgdswdkgehJdsVsnmsvghWtAtgnagadvwddle
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Vor-ürfe der Opposition kann ich wirklich nicht nachvoll-iehen.
enn die komplizierte Situation im Bereich des Postper-onalrechtsänderungsgesetzes, die wir übernommen ha-en, ist durch die Postreform II in den 90er-Jahren vonhnen initiiert worden.Zur Wahrheit und Klarheit dieser Problematik gehört,uch zur Kenntnis zu nehmen, dass damals ein unge-öhnlicher Weg beschritten worden ist. Wir habentaatsunternehmen privatisiert und gleichzeitig eineroße Zahl von Beamten in ein Beleihungsverhältnis mitiesen privatisierten Unternehmen geschickt. Daraus hatich im Laufe der Jahre ein Spannungsverhältnis ent-ickelt: zwischen wirtschaftlichen Interessen, die voner CDU/CSU auch im Innenausschuss anscheinend ineiner Weise berücksichtigt werden, und den Zusagenegenüber den Beamtinnen und Beamten, dem Vertrau-nsschutz.Wir haben diesen Gesetzentwurf auch nicht etwaopplahopp beraten. Ich persönlich bin seit anderthalbahren mit dieser Problematik befasst. Gemeinsam miten Kolleginnen und Kollegen von der SPD haben wirehr intensive Gespräche mit den Gewerkschaften, miterdi und dem Deutschen Beamtenbund, aber selbstver-tändlich auch mit den Post AGs, also mit den betroffe-en Unternehmen, geführt.Dann haben wir eine Anhörung durchgeführt, dieeiner Meinung nach sehr interessant war. Im An-chluss an diese Anhörung hätten Sie, die Oppositionon CDU und CSU – so handlungsunfähig sind Sie dochar nicht –, wenn Sie es gewollt und den Mut dazu ge-abt hätten, den Konflikt zwischen Beamtenrecht undirtschaftsinteressen in Ihrer eigenen Fraktion thema-isieren können.
ber Ihre Fraktion war nicht in der Lage, Änderungsan-räge zu formulieren, weil Sie diesen Konflikt in Ihrer ei-enen Fraktion nicht auflösen konnten.
Rot-Grün hat diesen Konflikt aufgelöst. Wir haben ei-ige zentrale Forderungen, die in der Anhörung, die Sieuch angesprochen haben, erhoben worden waren, auf-egriffen. Das finde ich auch gut. Ich möchte mich beillen Beteiligten dafür bedanken, dass der Gesetzentwurfer Bundesregierung aus den Fraktionen heraus in sehrerantwortlicher Weise abgeändert worden ist. So habenir zum Beispiel sichergestellt, dass der Wegfall der Son-erzahlungen erst dann in Kraft tritt, wenn mit Blick aufie betroffenen Unternehmen eine Verordnung über einistungsbezogenes Entgelt bzw. über Sonderzahlungen
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Silke Stokar von Neufornzustande gekommen ist. Wir haben Rücksicht genom-men – ich finde es auch richtig – und als Staat, als parla-mentarischer Gesetzgeber abgewartet und nicht in dieTarifautonomie eingegriffen. Wir haben erst einmal ge-schaut, was Unternehmen und Gewerkschaften im Rah-men eines Beschäftigungspaktes untereinander regelnkönnen; das hat für uns Vorrang. Wir haben sicherge-stellt, dass Überstunden auch weiterhin vorrangig durchFreizeit und nicht durch Geld ausgeglichen werden; auchdies ist eine Forderung der Gewerkschaften.Hinsichtlich der Zuweisungen möchte ich hier fragen– das müssten Sie dann auch einmal beantworten –: Überwelche Zuweisungen haben wir denn im Zusammenhangmit Hartz IV geredet? Was sind das für Zuweisungen ge-wesen, die Sie aus den Reihen der Union ja noch erheb-lich verschärfen wollten? Ich bin zur Veranstaltung vonVerdi gegangen und habe den Beamtinnen und Beamtengesagt: Jawohl, diese Flexibilisierung, auch woandersals beim Mutterunternehmen beschäftigt werden zu kön-nen, muss sein. Wer eine lebenslange Arbeitsplatzgaran-tie mit Pensionsanspruch hat, dem muss es doch bitteschön möglich sein, ein bisschen Flexibilität zu zeigen.Wenn 20 000 Beamte beschäftigungslos in diesen Unter-nehmen sitzen, muss man doch etwas mehr Flexibilitätfordern können. Deshalb müssen in dem Rahmen, denwir geschaffen haben, Zuweisungen doch möglich sein.
Zum Schluss will ich Ihnen sagen: Bei Zuweisungenohne Zustimmung muss weiterhin geprüft werden, obdie Zuweisung zumutbar ist. Der Betriebsrat wird imstrittigen Fall einbezogen. Die letzte Entscheidung hatdas BMF. Es wird doch niemand – das ist Propagandagewesen – willkürlich versetzt. Es werden doch nichtwillkürlich Familien auseinander gerissen. Es gibt einVerfahren der Abwägung, was zumutbar ist und wasnicht.Ich denke, dass Rot-Grün hier gute Arbeit geleistethat. Wir haben Verantwortung übernommen und einenInteressenausgleich geschaffen. Ich verstehe, ehrlich ge-sagt, nicht, wieso Sie das Verfahren nicht mitgestaltethaben und unsere Ergebnisse einfach nur ablehnen.Danke schön.
Nächster Redner ist der Kollege Rainer Funke, FDP-
Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Grundlageder Privatisierung der Postunternehmen imJahre 1994 ist das Gesetzespaket zur Postreform II.Dieses Gesetzespaket wurde vom Deutschen Bundestagmit großer Mehrheit – im Übrigen, Herr Brandner, auchmit den Stimmen der SPD – beschlossen. Verhandlungs-führer waren damals Herr Clement auf der SPD-Seite,Herr Bötsch von der Union und ich auf der FDP-Seite.IeWTndtb–dwwVnvtdSgItSeBdnAgd
ie immer bei Kompromissen hat es gute und böseropfen gegeben und auch in letzter Minute haben wiroch das eine oder andere verändern müssen. Unter an-erem wurde festgelegt, dass die Rechtsstellung der be-roffenen Beamten durch die Privatisierung unberührtleibt. Zu Art. 143 b Abs. 3 Grundgesetz heißt es:Die bei der Deutschen Bundespost tätigen Bundes-beamten werden unter Wahrung ihrer Rechtsstel-lung und der Verantwortung des Dienstherrn beiden privaten Unternehmen beschäftigt.
„Beschäftigt“, jawohl; auch das ist die Verantwortunger Unternehmen. Und sie sollten nicht anders behandelterden als beispielsweise die Bundesbeamten im verant-ortlichen Bundesfinanzministerium.An diese Zusage fühlt sich die FDP, fühle ich mich alserhandlungsführer der FDP in diesem kleinen Zirkelach wie vor gebunden. Deswegen stimmen wir diesemerfassungswidrigen Gesetz nicht zu.
Es war das Leitbild der Postreform II, die Postbeam-en hinsichtlich ihres beruflichen Fortkommens den an-eren Bundesbeamten gleichzustellen. Herr Brandner,ie sind damals vonseiten der SPD zu den Beamten ge-angen und haben entsprechende Zusagen gemacht.
ch kann mich noch ganz genau daran erinnern. Sie hal-en hier nicht Wort. Das muss man leider sagen.
Sie von der SPD sagen, wir hätten nicht mitgewirkt.ie wissen ganz genau, Herr Kollege Barthel, dass dasine schlichte Lüge ist. Wir haben uns immer wieder fürerichterstattergespräche angeboten. Sie haben uns statt-essen Ihre Änderungswünsche am Montagabend zuachtschlafener Zeit gegeben.
m Mittwoch sollten wir sie im Ausschuss abnicken. Esab kein Berichterstattergespräch, obwohl wir mehrfacharum gebeten haben.
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Rainer FunkeDas ist eine schlechte parlamentarische Übung. Sie soll-ten sie nicht fortsetzen.Solch wichtige Gesetze sollten wir parlamentarischsauber miteinander beraten und nicht erst in letzter Mi-nute mit Änderungen versehen in die Ausschüsse geben.Solch schwierige Gesetze sollten wir gemeinsam erar-beiten. Zum Beispiel bezüglich der Zuweisung an Toch-ter- und Enkelgesellschaften wären wir zu Kompromis-sen bereit gewesen.
– Wir haben Ihnen das mehrfach gesagt und wir habenAnhörungen in der eigenen Fraktion dazu durchgeführt.Das war auch notwendig. Sie haben sich verweigert.Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Das Wort hat der Kollege Hans-Peter Kemper, SPD-
Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ichbin froh, dass wir heute mit der Verabschiedung desPostpersonalrechtsgesetzes ein Gesetzesvorhaben zuEnde bringen, das im Vorfeld für starke Unruhe gesorgthat und das im Prinzip auch starke Ängste ausgelöst hat.Es handelt sich hier um die Beseitigung der Spätfol-gen der Privatisierung von Bundesbehörden unterBeibehaltung des Beamtenverhältnisses für circa160 000 Beamte. Das ist eine völlig atypische Konstella-tion, die aber damals von der Opposition und der Regie-rung gemeinsam beschlossen worden ist. Wir stehenheute dazu. Diejenigen jedoch, die damals die Verant-wortung hatten, versuchen sich heute aus der Verantwor-tung zu stehlen.
Nun hat sich die Situation ergeben, dass in vielenMutterunternehmen Beamte beschäftigt sind, die nichtbeschäftigt sind. Für sie ist keine Arbeit da. Wir wollenaber keine arbeitslosen Beamten, wir wollen, dass dieBeamten ihrer Ausbildung und ihrer Besoldung entspre-chend adäquat beschäftigt werden. Die Beamten wollendas im Übrigen auch.
Um dies zu gewährleisten, bedurfte es des Instrumentsder Zuweisung. Dieses Instrument bedeutet, dass Be-amte nicht nur in den Mutterunternehmen, sondern auchidsidbABaFiPbdBfbtTrBmwdhdTvpLdrgtsmzuHemsäTzaAbd
Ich beziehe mich jetzt einmal ausschließlich auf dieost AG. Ich weiß, dass dieses Thema im Vorfeld angst-esetzt war. Wir wissen natürlich auch, dass wir es beien Postbediensteten nicht nur mit A-15-, A-16- oder-Besoldeten, sondern auch mit vielen Beamten des ein-achen und des mittleren Dienstes zu tun haben. Dem ha-en wir Rechnung getragen. Unter besonderer Beach-ung der Zumutbarkeitskriterien, wie es sie bei denarifbeschäftigten gibt, haben wir eine Rationalisie-ungsschutzklausel mit aufgenommen. Das schützt dieeamten. So ist ausgeschlossen, dass die Beamten unzu-utbar versetzt und belastet werden können. Ich glaube,ir haben in diesem Punkt den berechtigten Anliegener Beamten Rechnung getragen. Nach unserem Dafür-alten sind Ängste in diesem Punkt völlig unbegründet.
In einem zweiten Schritt ging es um die Jahresson-erzahlungen. Das ist so geregelt worden, dass bei derelekom die Jahressonderzahlungen mit der Arbeitszeit-erkürzung zur Rettung von Zehntausenden von Arbeits-lätzen verrechnet worden sind.Bei der Post sollten die Sonderzahlungen in eineeistungsprämie umgewandelt werden. Wir haben fürie Beamten im öffentlichen Dienst immer die Einfüh-ung von Leistungselementen gefordert. Sie haben eifrigenickt und so getan, als ob Sie dabei mitmachen woll-en. Bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern be-tand jedoch die Sorge, dass die Post die Leistungsprä-ien verändern oder streichen könnte, weil dieseunächst formaljuristisch abgeschafft werden müssen,m dann auf eine neue Basis gestellt werden zu können.ier haben wir festgelegt, dass erst mit In-Kraft-Treteniner neuen Rechtsverordnung die alte Leistungsprä-ienregelung verändert werden kann. Das heißt, in die-em Jahr bleiben die Sonderzahlungen völlig unver-ndert. Veränderungen werden sich erst mit In-Kraft-reten einer neuen Rechtsverordnung ergeben.Ich will noch einen letzten Punkt ansprechen: Frei-eitausgleich. Die Post wollte Überstunden vorrangiguszahlen. Dazu haben uns die Arbeitnehmerinnen undrbeitnehmer erklärt, das führt möglicherweise zu Ar-eitsplatzabbau und eben nicht zur Sicherung bestehen-er Arbeitsplätze. Wir sind dieser Argumentation gefolgt
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Hans-Peter Kemperund haben vereinbart: Es bleibt bei der jetzigen Rege-lung, dass Überstunden zunächst durch Freizeit abgebautwerden und erst dann, wenn das nicht möglich ist, vergü-tet werden. Damit haben wir die Sorgen der Beschäftig-ten aufgenommen.
Ich bin der Meinung, dass wir in zähen und schwieri-gen Verhandlungen mit den Arbeitnehmern, den Ge-werkschaften und den Betriebsräten ein Höchstmaß ansozialer Sicherheit erzielt haben, gleichzeitig aber auchden wirtschaftlichen Notwendigkeiten und Zwängenbei der Privatisierung von Bundesunternehmen Rech-nung getragen haben.Noch ein Wort an die Opposition. Ich kann Ihnen nurraten, Dingen, die Sie im Prinzip längst als richtig er-kannt und im Vorfeld immer wieder gefordert haben, zu-zustimmen, wenn es darauf ankommt. Ich war über IhreArgumente, Ihre ablehnende Haltung im Innenausschussund ebenso über Ihre heutige Ankündigung der Ableh-nung erstaunt, überrascht und auch verärgert. Sie redenstets einer leistungsbezogenen Beamtenbesoldung dasWort. Wenn es aber Ernst wird, dann kneifen Sie. Das istPopulismus pur.
Die Handlungsweise, die Sie hier an den Tag legen,erinnert mich ganz fatal an Ihre Verhaltensweise bei derAgenda 2010. Sie haben über den Bundesrat Verschär-fungen herbeigeführt und überall zugestimmt. Als esdann jedoch Ernst wurde, haben Sie sich in die Büschegeschlagen. Das ist keine seriöse Politik. Die Wählerwerden Ihnen auf die Schliche kommen; da bin ich ganzsicher.
Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege
Clemens Binninger, CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnenund Kollegen! Meine Damen und Herren! Wenn wirheute über das Postpersonalrechtsgesetz und die vorge-sehenen Änderungen debattieren, geht es um Begriffewie Flexibilität und Wettbewerbsfähigkeit, aber auchum Begriffe wie Verlässlichkeit und Vertrauen.160 000 ehemalige Bundesbeamte arbeiten nochheute bei den börsennotierten Unternehmen Post AG,Postbank AG und Telekom AG. Diese 160 000 Beschäf-tigten haben schon 20 oder 30 Berufsjahre hinter sich.Sie haben vor vielleicht 30 Jahren ihre Berufswahl ge-troffen, sich qualifiziert und diese Unternehmen zu demgemacht, was sie heute sind: erfolgreiche Global Playerim Bereich der Telekommunikation oder der Postdienst-leistungen.ueDAMakUnWddmMdlh–HrdhlmwhkwWnMkFDFv
ie Beschäftigten kamen in Ihrer Rede wie auch in derrgumentation im Innenausschuss nicht ein einzigesal vor. Das zeigt Ihre wahre Haltung. Es geht hier aberuch um die Beschäftigten.
Dass sich diese Unternehmen einem stärkeren Kon-urrenzdruck stellen müssen, ist unbestritten. Dass diesenternehmen dazu Instrumente brauchen, um ihr Perso-al flexibel einzusetzen, bestreiten wir auch nicht.
enn jetzt aber als Einschnitte die Streichung der Son-erzahlung und die Zuweisung auch gegen den Willenes Beschäftigten vorgeschlagen werden,
uss man zumindest die Frage stellen, ob diese beidenaßnahmen auch mehr Beschäftigung bringen. Das waroch das Argument. Sie müssen sich schon vorhaltenassen, dass die Skepsis der Beschäftigten ihre Gründeat.
Zuhören wäre auch eine Sternstunde, Frau Kollegin. –err Funke hat es angesprochen: Vor mehr als zehn Jah-en hat man den Beschäftigten etwas zugesichert unden Art. 143 b ins Grundgesetz geschrieben. Die Realitäteute sieht in Teilen anders aus. Ich sage bewusst: in Tei-en. Man muss die Sorgen der Beschäftigten ernst neh-en, dass die Zuweisung so angewandt wird, dass sieeit unter Wert beschäftigt werden. Wir alle, auch Sie,aben Briefe bekommen, in denen sich Beschäftigte be-lagen und sagen, dass sie gerne das arbeiten wollen,as sie können und was sie gelernt haben, sie aber unterert eingesetzt werden. Das sollte man wenigstens ernstehmen.
an kann darüber diskutieren, aber Sie blenden dasomplett aus. Sie machen bei dieser Reform die gleichenehler wie bei Hartz IV.
ie Reform ist technokratisch und Sie haben nur dasordern im Blick. Das Fördern kommt bei Ihnen nichtor. Schauen Sie sich beispielsweise die Realität bei
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 127. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. September 2004 11653
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Clemens BinningerVivento an. Es sitzen hoch qualifizierte Mitarbeiter, auchFernmeldeingenieure, zu Hause und warten jeden Tagauf den Anruf. Wenn der bis 9 Uhr nicht kommt, ist derRest des Tages frei. Der Anruf kommt so gut wie nie.Das ist nicht zufriedenstellend.
Die Beschäftigten zermürbt das, sie gehen seelisch ka-putt.
Das ist die Vorstufe zur Frühpensionierung. Das wollenwir nicht.
Sie brauchen mir nicht zu sagen, dass mit den Maßnah-men, die Sie heute auf den Weg bringen, dieser Mangelbei Vivento beseitigt werden könnte. Mit der Streichungdes Weihnachtsgeldes wird doch nicht der Mangel besei-tigt, er wird noch schlimmer.
Um einer Mär entgegenzutreten: Wir hätten schonmitgemacht und Veränderungen mitgetragen. Aber tunSie nicht so, meine Damen und Herren von der Regie-rung, als ob unsere Anträge Sie in Ihrer festgelegten undvorgefassten Meinung jemals beeindruckt hätten. Sie be-eindruckt doch nur unsere Mehrheit im Bundesrat. Argu-mente hier haben Sie doch noch nie beeindruckt. Alsolassen Sie die Bemerkung, dass wir keine Anträge ge-schrieben haben.
Wir wären einen Weg mitgegangen, den ich nennenmöchte, damit er im Protokoll steht. Kollege Kemper hatimmer wieder darauf hingewiesen, dass man die glei-chen Regelungen wie bei Bundesbeamten – ich nennezum Beispiel die bundesweite Versetzung – anwendensoll. Man kann dafür sein, sollte dann aber auch dieRechte beachten. Wir hätten dann gefragt, warum esnicht analog zu den Bundesbeamten eine Öffnungsklau-sel zur Sonderzahlung gibt.
Bei der Zuweisung verschließen wir uns auch nicht.Wenn Arbeit da ist und sie zumutbar ist, muss eine Zu-weisung möglich sein.
– Nein, Herr Stiegler, ein Blick ins Gesetz wird Sie einesBesseren belehren. Im Gesetz steht nämlich nichts vonden Rationalisierungsschutzvorschriften. Das wäre unserWunsch gewesen. Sie haben das nur in die BegründunggtkazvaFneVtNPdzdfewdsdzuGzwigode
Es gibt nun noch eine Rede, die die Kollegin Petra
au allerdings zu Protokoll gegeben hat.
Damit schließe ich die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
esregierung eingebrachten Entwurf eines Ersten Geset-
es zur Änderung des Postpersonalrechtsgesetzes auf
en Drucksachen 15/3404 und 15/3591. Der Ausschuss
ür Wirtschaft und Arbeit empfiehlt in seiner Beschluss-
mpfehlung auf Drucksache 15/3732, den Gesetzent-
urf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte
iejenigen, die dem Gesetzentwurf in dieser Fassung zu-
timmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt
agegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetzentwurf ist in
weiter Beratung angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung
nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf zustimmen wollen, sich von ihren Plätzen
u erheben. – Wer stimmt gegen diesen Gesetzent-
urf? – Wer möchte sich der Stimme enthalten? – Damit
st der Gesetzentwurf mit den Stimmen der Koalition ge-
en die Stimmen der Opposition angenommen.
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
rdnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf Mittwoch, den 29. September 2004, 13 Uhr,
in.
Ich wünsche Ihnen allen ein schönes Wochenende.
Die Sitzung ist geschlossen.