Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Ich rufe Tagesordnungspunkt III auf:
Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1986
— Drucksachen 10/3700, 10/4101, 10/4151 bis
10/4178, 10/4180, 10/4327 —
Dazu rufe ich auf:
Unterrichtung über die in zweiter Beratung beschlossenen Änderungen zum Entwurf des Haushaltsgesetzes 1986
— Drucksache 10/4402 —
Ich gehe davon aus, daß insoweit von der Frist des § 84 Buchstabe b unserer Geschäftsordnung abgewichen werden soll. — Da ich keinen Widerspruch höre, ist dies so beschlossen.
Zu den verschiedenen Einzelplänen liegen 22 Entschließungsanträge vor, über die teilweise abgestimmt werden soll bzw. für die Ausschußüberweisung beantragt worden ist. Diese Entschließungsanträge werden nach Schluß der Aussprache aufgerufen.
Meine Damen und Herren, interfraktionell ist vereinbart worden, die dritte Beratung des Haushaltsgesetzes 1986 heute mit einer Aussprache von drei Stunden durchzuführen. — Auch hiermit sind Sie offensichtlich einverstanden. Dann ist auch dies so beschlossen.
Da ich davon ausgehe, daß das Wort zur Berichterstattung nicht gewünscht wird, eröffne ich die allgemeine Aussprache und gebe dem Abgeordneten Brandt das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was hier gleich am ersten Tag und während anderer Teile der Haushaltsdebatte gegen uns Sozialdemokraten ins Feld geführt wurde, hatte mehr mit einem vorweggenommenen grobschlächtigen Wahlkampf zu tun
als mit der Bereitschaft zur sachlichen, wenn auch inhaltlich harten Auseinandersetzung.
Wir sollten uns vielleicht darauf besinnen, daß im politischen Wettbewerb niemand die ganze Wahrheit für sich gepachtet hat.
Aber lassen Sie mich auch daran erinnern, daß Selbstbewußtsein und Selbstgefälligkeit nahe beieinander liegen können. Dies wird sich auch der amtierende Bundeskanzler sagen lassen müssen.
Nun frage ich uns — ich tue es nicht ohne Selbstzweifel —, ob nicht in der Debatte der letzten drei Tage Scheinthemen eine erschreckend große Rolle gespielt haben und ob nicht unser Volk Anspruch darauf hätte, daß die eigentlichen Themen um einiges deutlicher würden — gerade weil wir ein Jahr der Wahlkämpfe vor uns haben.
Dies sage ich als einer, von dem alle wissen, daß er ein Mann seiner Partei ist, der sich aber aus der Mitverantwortung für das Staatsganze nicht entlassen weiß und der es nicht für einen Nachteil hielte, wenn bei allem notwendigen Streit der Meinungen die Bereiche nationaler und mithin gemeinsamer Verantwortung doch klarer erkannt und fortgeschrieben werden könnten.Es ist meiner Meinung nach ganz und gar überflüssig, einen Streit darüber zu führen, daß die Zeichen einer konjunkturellen Aufwärtsentwicklung anhalten.
Das ist erfreulich, auch was die zu erwartenden Lohn- und Gehaltserhöhungen angeht.
Zu streiten lohnt sich allerdings darüber, ob undwie man die Bedingungen einer Erholung nutzt, um
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13626 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 179. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. November 1985
Brandterstens den Benachteiligten zu helfen und zweitens im nächsten Tief einigermaßen zu bestehen, denn eine nächste Rezession kommt irgendwann so sicher wie der Herbst nach dem Sommer.Der Bundeskanzler hat am Dienstag eine Wirklichkeit geschildert und eine andere Wirklichkeit verschwiegen. Zu der anderen Wirklichkeit gehören zusammengebrochene Betriebe in der Bauwirtschaft, in der Landwirtschaft, aber nicht nur dort. Das Buch von Günter Wallraff ist keine Dichtung, sondern es beschreibt eine Wirklichkeit, die es in unserem Lande eben auch gibt. Die Bundesregierung beschäftigt sich gerne mit denen, die in der Sonne stehen; die Kleinen, die die Lasten tragen, die im Schatten stehen, werden leicht übersehen.
Und der Herr Bundeskanzler ist dabei, sich von einem wichtigen Stück der Wirklichkeit zu entfernen.
Zur satten Selbstzufriedenheit, meine Damen und Herren,
gibt es wahrlich keinen Grund. Es wäre leichtfertig, die Risiken, denen unsere Volkswirtschaft und die öffentlichen Finanzen ausgesetzt sind, zu übersehen. Es gibt ja zumindest einen klaren Tatbestand und eine nicht zu unterschätzende Gefahr. Ich meine die in dieser Höhe nie dagewesene Auslandsverschuldung vieler Länder der Dritten Welt, aber auch der großen und reichen Vereinigten Staaten von Amerika.Auch unser Aufschwung lebte lange mit aus den gewaltigen Defiziten der USA. Jetzt zeigt sich das damit verbundene Risiko. Was wird in den vor uns liegenden Jahren daraus, und, so frage ich, ist die Bundesregierung gewillt, aktiver dabei mitzuhelfen, daß die internationale Schuldenkrise nicht in einer Katastrophe mündet?Inzwischen wird besser als noch vor ein paar Jahren erkannt, wie sehr der Rüstungswettlauf die politischen, ökonomischen und sozialen Probleme der Welt verschärft hat, wie empörend sich der Widerspruch zwischen Überrüstung und Unterversorgung in weiten Teilen der Welt auswirkt. Auch bei unseren Freunden in Washington hat man begonnen, diesen Zusammenhängen größere Aufmerksamkeit zu widmen.Auf unser eigenes Land bezogen ergibt sich ein wichtiger Streitpunkt aus der Frage: Bleibt die Teilnahme am Aufschwung ein Glücksspiel, oder wie können die auch auf Grund internationaler Faktoren zeitweilig günstigeren Bedingungen genutzt werden, um Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß es möglichst Arbeit für alle gibt?
Wir hören gern, die Wirtschaft werde im nächsten Jahr, im ganzen gesehen, wiederum Arbeitsplätze hinzugewinnen. Das ist zu hoffen. Sonst fänden sich die Kollegen von der Propagandaabteilung der Union noch weiter entfernt von dem seinerzeitigen Versprechen, die Kohl-Regierung würde die Zahl der Arbeitslosen im Laufe von zwei Jahren um 1 Million abbauen.
Tatsache ist doch aber, daß wir nicht 1 Million weniger, sondern eine halbe Million Arbeitslose mehr als zur Zeit der vorigen Regierung haben.
Und nun sind viele geneigt, sich auch im kommenden Jahr mit mehr als 2 Millionen Arbeitslosen abzufinden.
Dabei sind es ja in Wirklichkeit noch wesentlich mehr, nämlich 3,5 Millionen Frauen und Männer in unserer Bundesrepublik, die lieber heute als übermorgen wieder oder überhaupt erst zu Arbeitnehmern würden.Es wird zu einer bedrückenden Vorbelastung, wenn man uns mit einem hohen Sockel an Arbeitslosigkeit in die nächste Rezession ziehen läßt.Am Schluß dieser Haushaltsdebatte wie zu deren Beginn steht für uns die Ablehnung einer Politik der Wendekoaliton, die einen wirksamen Beitrag zum Abbau der Arbeitslosigkeit nicht leistet.
Wir Sozialdemokraten sagen: Um die Ausbildungs-und Berufsnot von Hunderttausenden Jüngerer, nicht zuletzt junger Frauen, zu beheben, bedürfte es, meine verehrten Kollegen, eines anderen Verständnisses von öffentlicher Verantwortung.
Wir bleiben dabei: Ein Opfer der Bessergestellten wäre durchaus angemessen.
Das gehört für uns zur Linie der Solidarität, die wir dem entgegensetzen, was sich wie ein Appell an den Egoismus und wie eine Verbeugung vor dem Vorrecht des Stärkeren ausnehmen muß.
Das von uns vorgeschlagene Programm „Arbeit und Umwelt" ist wiederum auf Ablehnung gestoßen. Dabei ist ernsthaft nicht mehr umstritten, daß man damit immerhin ein paar hunderttausend Arbeitsplätze schaffen könnte. Zusätzlich könnte die staatliche Gemeinschaft auf diese Weise weit mehr zur Wiederherstellung der natürlichen Lebens-
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Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 179. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. November 1985 13627
Brandtgrundlagen tun, die in der Tat sträflich so lange überbelastet wurden. Unseren Wäldern wird es weiterhin nicht helfen, wenn man wie beim Tempolimit klüger — besser gesagt: trickreicher — sein will als alle anderen Europäer zusammen.
Die Unionsfraktion hat hier durch ihren Vorsitzenden verkündet, sie setze auf technischen Fortschritt. Das tun wir auch. Aber wir fügen hinzu: Fortschritt von menschlichem Maß und mit menschlicher Geschwindigkeit.
Nicht ein Scheinthema, meine Damen und Herren, sondern ein Gegenstand wichtiger Auseinandersetzung bleibt es auch, daß die Lasten bei Steuern und Abgaben und Sparprogrammen nicht so unausgewogen verteilt werden dürfen, wie es geschieht.
Soziale Gerechtigkeit und ein soziales Gleichgewicht sind — das zeigt die Erfahrung — nicht nur menschlich; sie sind auch produktiv.
Wenn wichtige Teile der Koalition und sogar die Spitze der Regierung, die ich leider nicht direkt ansprechen kann,
einseitig und uneinsichtig gegen die Gewerkschaften Partei ergreifen, so fördern sie damit nicht den sozialen Frieden, sondern sie gefährden ihn.
Die beleidigenden Töne, die Bundeskanzler Kohl
im letzten Jahr in den Streit um die Arbeitszeit einführte, hätten leicht mehr Schaden anrichten können, als sie angerichtet haben. Daß der Schaden begrenzt werden konnte, verdanken wir in hohem Maße der Überzeugungskraft eines früheren Gewerkschaftsvorsitzenden und Bundesministers der Verteidigung.
Wie will es der Bundeskanzler mit seinen ihm durch das Grundgesetz aufgegebenen Pflichten vereinbaren, wenn er gegenwärtig eine vorgebliche Neutralität predigt, die in Wirklichkeit der wirtschaftlichen Übermacht zugute kommt?
Meine Damen und Herren, es geht vordringlich, aber nicht allein um einen dieser Tage vielzitierten Paragraphen, wenn ich sage: Wer nicht spalten, sondern zusammenführen will, der darf das Bekenntnis zur Tarifautonomie nicht zum Lippendienst verkümmern lassen.
Wo es um den Sozialstaat geht, ist die Regierung in die Pflicht genommen und darf sich nicht in eine verantwortungsscheue Scheinneutralität flüchten. Das ist im übrigen auch im Interesse einer gedeihlichen wirtschaftlichen Gesamtentwicklung. Die Regierung lüde eine schwere Verantwortung auf sich, wenn sie mithülfe, den Gewerkschaften eine Kraftprobe aufzuzwingen. Unser Platz wird an der Seite derer sein, die die Grundlagen des Sozialstaates zu verteidigen entschlossen sind.
Wir sind im übrigen für mehr, nicht weniger Wettbewerb, für mehr, nicht weniger Steuergerechtigkeit. Wir sind nicht gegen, sondern für die Erneuerung der Industriegesellschaft, nicht nur technisch, auch sozial und ökologisch. Da die Herausforderungen größer werden, sind wir um so mehr dafür, daß die Arbeitnehmer ihren gerechten Anteil am Sagen und am Haben bekommen.
Mehr Demokratie in der Wirtschaft, das heißt Zusammenarbeit für das eigene und für das gemeinsame Wohl. Unser Programmentwurf „Die Wirtschaft ökologisch und sozial erneuern", über den gestern so herabsetzend gesprochen wurde,
enthält fünf, sechs konkrete Angebote für sachliches Zusammenwirken. Ich sage: Wer sich Chancen sachlicher Zusammenarbeit entgehen und wer statt dessen vermeidbares Gegeneinander sich entfalten läßt, der bleibt hinter den Erfordernissen dieser Zeit und unseres Volkes weit zurück.
Wovon ich eben gesprochen habe, gilt erst recht für die auswärtige Politik. Vernünftigen deutschen Interessen kann es nicht dienen, in den Parteienstreit zu bringen, was nicht notwendigerweise dort hingehört.
Wenn man es dennoch tut, bedeutet es wiederum, auseinanderzudividieren statt zusammenzuführen.Nun frage ich: Was anderes als Belastungen und Rückschläge hat es in der deutschen Frage und gegenüber östlichen Nachbarn gebracht, wieder ins Zwielicht geraten zu lassen, was wir mühsam genug durch die Vertragspolitik auf den Weg der Klärung brachten?
Weshalb immer noch einmal in Frage stellen, was unbedingt zur Westkomponente unserer Europapolitik gehören muß, statt in Brüssel solche Pannen vermeiden zu helfen, wie sie bis in die letzten Wochen und Tage zu verzeichnen waren?
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13628 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 179. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. November 1985
BrandtNun frage ich weiter: Welch anderen als einen denunziatorischen Sinn soll es eigentlich haben, immer noch einmal in Zweifel zu ziehen, daß die SPD zum Bündnis steht
und daß für sie die Freundschaft mit den Vereinigten Staaten, mit den Amerikanern, so wichtig bleibt wie die mit den europäischen Nachbarn? Johannes Rau und andere von uns hatten dieser Tage Vertreter der sozialdemokratischen Parteien aus allen europäischen NATO-Staaten zu Gast, und mit ihnen haben wir uns auf ein inhaltsreiches gemeinsames Papier verständigt — als ein Teil dessen, was manche von Ihnen unsere Nebenaußenpolitik zu nennen belieben. Aus den Reihen der Gäste wurde gefragt, ob gewisse Bonner Politiker bei ihrem süffisanten Lächeln nicht merkten, daß man die NATO schwäche, wenn man das Verhältnis zu ihr zur Sache einer Partei zu machen versuche.
Und ich setze hinzu: Man fügt auf diese Weise auch der Bundeswehr Schaden zu, und zwar solchen, der hausgemacht und überflüssig ist.
Auf den Vorwurf des Antiamerikanismus braucht man heute nicht mehr so nachdrücklich einzugehen, wie dies vor einigen Monaten, auch gegenüber dem Bundeskanzler, geboten erschien. Die Schelle, die uns ein gewisser Herr hat umhängen wollen, ist an dessen Narrenkappe gelandet.
Aber er kommt nicht zur Ruhe. Und wenn sich gerade kein anderer anbietet, kommen die Ärzte dran, die sich international zum Kampf gegen die Atomgefahren zusammengeschlossen haben. Wir stehen an deren Seite.
In Wirklichkeit, meine Damen und Herren, wird auf dieser Seite des großen Wassers, wenn es um Fragen des Bündnisses, der Ost-West- und der Nord-Süd-Beziehungen geht, im wesentlichen nicht über anderes als das diskutiert, was auch in den Vereinigten Staaten immer wieder Gegenstand der kritischen Erörterung ist. Was wir gegen die zusätzliche Militarisierung des Weltraums ins Feld führen, wird von vielen in Amerika ganz ähnlich gesehen.
Bei uns zu Hause sollten wir auch nicht überhören, was eine Institution vom Rang der Max-PlanckGesellschaft gerade an Zweifeln formuliert hat.
In Washington weiß man, daß hier keiner ein Monopol auf Freundschaft geltend machen kann. Das war so, und das bleibt so. Keiner wird uns dazu verleiten oder nötigen können, Feigheit vor dem Freund zu zeigen.
Jeder muß, bitte, davon ausgehen, daß wir uns zutrauen, deutsche und europäische Interessen eigenständig zu formulieren. Das können wir hier miteinander tun, oder wir sollten jedenfalls versuchen, um die angemessenen Antworten fair miteinander zu ringen.Hier ist nun, meine Damen und Herren, viel Wesens davon gemacht worden, daß wir uns geirrt hätten, was die Entwicklung angeht, die zum Genfer Gipfeltreffen führte.Wir sind die letzten, die enttäuscht gewesen wären, wenn es statt der befürchteten Eiszeit nur einiger kalte Winter gegeben hätte. Aber es gehört gewiß in die Rubrik Scheingefechte, wenn man sogar noch nach dem Gipfeltreffen versucht, den Begriff der gemeinsamen Sicherheit gegen uns zu wenden;
denn was zeigt uns Genf, meine Damen und Herren? Reagan und Gorbatschow haben miteinander festgestellt, daß keine der beiden Weltmächte einen Krieg gegen die andere gewinnen kann. Was bedeutet das anderes als die Einsicht, daß beide Seiten einem objektiven Zwang zur Friedenssicherung unterliegen?
Das ist das, was man ein Ergebnis der das Überleben gefährdenden tödlichen Fähigkeiten beider Seiten nennen kann, der einen wie der anderen. Dabei wissen wir, die beiden Weltmächte bleiben durch grundverschiedene Auffassungen und Systeme voneinander getrennt. Aber es kann doch kein Zweifel daran sein, daß es im deutschen und europäischen Interesse liegt, die Chancen einer neuen zweiten Phase von Entspannung und Zusammenarbeit zu nutzen, ohne Illusionen, aber auch ohne Scheuklappen. Es muß deutlicher werden, was die Europäer wollen und daß sie nicht nur darauf warten, was die Großen tun oder unterlassen.
Dann kommt — Klein — Klein — die mehr oder weniger künstliche Empörung wegen einer behaupteten Nebenaußenpolitik. Ich sage Ihnen: Natürlich kann und will und darf sich niemand an die Stelle der Regierung setzen, wo es sich um völkerrechtliche Bindungen und Wirkungen handelt; aber wir haben als Opposition nicht nur das Recht, uns in eigener Verantwortung zu unterrichten, sondern auch die Pflicht unseren Kredit in West und Ost und in der Dritten Welt zum Wohle unseres Volkes einzusetzen und uns auf neue Verantwortung vorzubereiten,
Meine Damen und Herren, nun haben Äußerungen von Unionsabgeordneten und des Grafen
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Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 179. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. November 1985 13629
BrandtLambsdorff deutlich gemacht, daß Sie Johannes Rau hier vermissen. Er läßt grüßen.
Er läßt Ihnen sagen: Erstens. Für ihn, für Johannes Rau, kommt der Januar 1986 vor dem des Jahres 1987, und er geht, wie es sich gehört und auch für andere gehören sollte, seinen Pflichten als Chef einer Landesregierung nach.
Zweitens. Für einen vorgezogenen Wahlzirkus, den einige veranstalten möchten, ist Johannes Rau nicht zu haben,
unsere Verfassung, was Bundestag und Bundesrat angeht, übrigens auch nicht.
Der Bedarf der Bürgerinnen und Bürger an Sprüchen, wie sie aus dem Adenauerhaus kommen, dürfte seine Grenzen haben.
Drittens. Jeder wird noch auf seine Kosten kommen, wenn es ihm darum geht, mit Johannes Rau um die besseren Antworten für die Lebensprobleme unseres Volkes zu ringen.
Ich habe hier, meine Damen und Herren, einiges über Streit in der SPD gehört. Da verwechselt man wohl notwendige Diskussion mit überflüssigem Streit. Wenn ich mir vor Augen halte, was in der Union durcheinander geraten ist, von Geißler bis Späth, vom Wirtschaftsrat bis zu den Sozialausschüssen, von Zentrums- bis zu Stahlhelm-Traditionen, dann kommt mir unsere Sozialdemokratie fast wie eine preußische Gardeformation vor,
der sie gar nicht nahezukommen versucht.Ein Thema, meine Damen und Herren, das unsinnigerweise zu einem Thema der parteipolitischen Polemik gemacht wird, ist das der Menschenrechte. Ich meine allerdings, dieses Thema verträgt, wenn man es ernst nimmt, kein parteipolitisches Schaulaufen.
Wir täten den Menschen, denen unsere Anteilnahme und unsere Hilfsbereitschaft gelten, keinen Gefallen, wenn wir ihre Not, das Elend, das ihnen zugefügt wird, für einen unwürdigen Schlagabtausch benutzen.Jedermann darf davon ausgehen, daß meine Freunde und ich Menschenrechtsverletzungen gleichermaßen nachgehen, ob wir es mit einem westlichen oder einem östlichen, einem nördlichen oder einem südlichen Land zu tun haben. Dabei gibt es Situationen — wie die des Flächenbrandes in Südafrika —, da wünschte man sich, die Bundesregierung spräche viel deutlicher, als sie es bisher getan hat.
Doch ich weiß aus langjähriger Erfahrung, daß es vielerorts Einzelschicksale gibt, die, wenn überhaupt, durch stille Arbeit besser zu beeinflussen sind als durch lautstark vorgebrachte Texte.In den letzten Tagen habe ich aus zwei der Staaten, die ich vor wenigen Monaten besuchte, nämlich der DDR
und der Sowjetunion, Antworten auf Menschenrechtsfragen in meinen Gesprächen erhalten. Ich freue mich, daß es gelungen ist, in einer nicht geringen Zahl von Fällen Probleme regeln zu helfen.
Das wäre nicht erreicht worden, wenn ich mich mit Reden auf einem Marktplatz zufrieden gegeben hätte.
— Fragen Sie doch die, die sich dafür bedanken, daß man ihnen hat helfen können.
In einer guten Woche werde ich mich auch in Polen für humanitäre Anliegen verwenden.
Nach Warschau wurde ich, wie vielleicht bekannt ist, aus Anlaß der 15jährigen Wiederkehr der Unterzeichnung des Abkommens vom Dezember 1970 eingeladen. Weil ich es für nötig halte, daß das deutsch-polnische Verhältnis gepflegt wird und unter keinen Umständen verkümmern darf,
möchte ich meinen Teil beitragen und in die polnische Hauptstadt reisen.
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13630 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 179. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. November 1985
Brandt— Halten Sie doch bitte den Mund, wenn man hier über ernste Dinge spricht!
Wenn ich übrigens bei dieser Gelegenheit andere Städte nicht besuchen kann, so wird doch jeder, der es will
— da muß ich dann wohl einige ausnehmen —,
auch dieses Mal sehen: Wir Sozialdemokraten bemühen uns um Kontakt zu allen Gruppen, die für die gesellschaftliche Entwicklung in der Volksrepublik Polen von Bedeutung sind.
Mich braucht gerade in diesem Fall niemand an unsere Mitverantwortung zu erinnern. Wir sind uns dieser bewußt und versuchen, danach in der Zukunft wie in der Vergangenheit zu handeln.
Stille, aber tätige Mitmenschlichkeit hat es ebenfalls nicht verdient, verdächtigt zu werden.
Wer in der Tradition der Arbeiterbewegung, also des Ringens um Menschenrecht und Menschenwürde, aufgewachsen ist, darf an seine Kollegen mit der Bitte appellieren: Machen wir der Würdelosigkeit ein Ende, die es bedeutet, wenn man auf dem Bukkel derer streitet, denen zu helfen schwer genug ist!
Außerdem: Bundeskanzler Kohl sollte besser als andere wissen, da er doch in Brüssel bei der NATO danach fragen konnte und gefragt hat, weshalb Präsident Reagan in der Genfer Verlautbarung mit seinem sowjetischen Gegenüber nicht auf einem Passus über Menschenrechte bestanden und weshalb er keine formale Verbindung zwischen humanitären und ökonomischen Fragen hergestellt hat.Diese Bundesregierung muß sich Kritik auch deshalb gefallen lassen, weil sie ihrem eigenen hohen Anspruch auf geistig-moralische Erneuerung so wenig gerecht geworden ist
und weil sie vernebelt — so mit dem Unsinn vom rot-grünen Chaos —, wo inhaltliche Klärung geschaffen werden könnte,
und weil Mut zur persönlich-politischen Verantwortung mit notorischer Dickfelligkeit von denen geleugnet wird, die anderen gegenüber nicht genug daran tun konnten, sich als Sittenrichter aufzuspielen.
Die eigentlichen Themen erfordern, daß die Parteien prüfen, was kontrovers behandelt werden muß und was im Wechselspiel von Koalition und Opposition eigentlich nur in Verbindung miteinander gelöst werden kann.Es hat hier in diesem Jahr zwei Reden gegeben: die des Bundespräsidenten vom 8. Mai und die Georg Lebers vom 17. Juni, welche Beifall auf allen Seiten des Hauses — nicht auf allen Seiten gleichmäßig, aber auf allen Seiten des Hauses — fanden.
Meine sozialdemokratischen Kolleginnen und Kollegen und ich haben diese Reden nicht vergessen; auch nicht unsere Zustimmung.
Wir haben wiederholt Vorschläge gemacht, die über unfruchtbaren Streit hätten hinausführen können. Unseren Vorschlag eines nationalen Solidarpakts, um die Arbeitslosigkeit zu überwinden und die Volkswirtschaft zu erneuern, hat man bisher gemeint ignorieren zu können. Auf unsere Vorschläge zur Rettung der Wälder und der Umwelt überhaupt eine große gemeinsame Anstrengung zu machen, hat man bisher geglaubt nicht eingehen zu sollen. Das gilt auch für die längerfristige Konsolidierung der Renten und der anderen Systeme sozialer Sicherheit. Und wie wenig verständnisvoll, geschweige denn weise, hat man auf eine Serie von Anregungen reagiert, die das Bemühen um mehr vernünftige Gemeinsamkeit auf den Gebieten der Deutschland-, Europa-, Bündnis-, Ost-West- und Nord-Süd-Politik zum Inhalt hatten!Vom Kurs der nationalen und sozialen Verantwortung wird uns Ihre kalte Schulter nicht abbringen. Aber ein Vorteil für unser Volk wäre es schon, wenn Voreingenommenheit, Gruppenegoismus und Engstirnigkeit abgebaut werden könnten.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Riedl.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Brandt, damit hier auch im Zusammenhang mit den Zwischenrufen kein falscher Eindruck entsteht: Niemand in diesem Saal und niemand in meiner Fraktion erkennt Ihnen an,
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Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 179. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. November 1985 13631
Dr. Riedl
— erkennt Ihnen nicht an, daß Sie sich in Fragen der Lösung von Menschenrechtsungerechtigkeiten einsetzen und daß Sie dabei Erfolge haben.
Es darf aber in diesem Zusammenhang auch nicht verschwiegen werden, daß unter dieser Regierung — ich kenne genauso viele, viele Fälle, die glückhaft gelöst worden sind,
angefangen durch Sie, Herr Bundeskanzler Helmut Kohl, über den Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher, über zahlreiche Ministerpräsidenten wie Franz Josef Strauß, Späth und Albrecht — ebenfalls in schwierigen Gesprächen Lösungen erzielt worden sind. Darüber sollten sich alle Demokraten gemeinsam freuen. Denn dies ist ja leider Gottes eine Daueraufgabe.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dies ist die dritte Lesung des Haushalts für 1986. Die Haushaltsdebatte — immer gegen Jahresende — ist für Regierung und Koalition eine sehr willkommene Gelegenheit, Rechenschaft zu geben, Bilanz zu ziehen, Soll und Haben in den Büchern offenzulegen. Ich bedauere, Herr Kollege Brandt — Sie hatten sicherlich gute Gründe dafür —, daß Sie in den letzten drei Tagen nicht hier waren. Für alle, die diese dreitägige Debatte verfolgt haben, sieht das Fazit wie folgt aus: Diese Bundesregierung aus CDU/CSU und FDP hat gehalten, was sie bei ihrem Amtsantritt laut Regierungserklärung versprochen hat.
Erstens. Wir sind dabei und auf dem richtigen Weg, wenngleich dies noch eine schwierige, langwierige Aufgabe ist, den Bundeshaushalt endgültig wieder in Ordnung zu bringen.
Zweitens. Die wirtschaftlichen Perspektiven sind in diesem Herbst so günstig wie seit vielen Jahren zuvor nicht.
Drittens — und da spreche ich die Sozialdemokraten mit besonderem Ernst an —: Die Rentenfinanzen sind in Ordnung,
die Preise sind stabil, und die Realeinkommen steigen.
Viertens. Eine kräftige Zunahme der Beschäftigung und eine großartige Ausbildungsbilanz kennzeichnen — bei aller Tragik der nach wie vor hohen Arbeitslosenzahl, die niemand von uns bestreitet und die wir als eine große Herausforderung für die Arbeit dieser Regierung und Koalition ansehen, meine Damen und Herren — den Arbeitsmarkt.Fünftens. Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft sowie das Ansehen und die Stellung der deutschen Mark sind international weiter gestärkt. Wir alle sollten — ohne überheblich zu sein — angesichts der harten innenpolitischen Auseinandersetzungen über die vor uns liegenden Aufgaben auf dieses Ergebnis, auf diese Zwischenbilanz stolz sein.Was kann eine Opposition, die — das müssen Sie zugeben, das können Sie nicht bestreiten — vor drei Jahren das Handtuch geworfen, ihrem eigenen Kanzler den Rückhalt und das Vertrauen entzogen hat und vor allem wegen der Wirtschafts- und Finanzpolitik in der damaligen Koalition gescheitert ist, in dieser Lage tun? Helmut Schmidt hält ja jetzt gegen gutes Honorar weltweit Vorträge und erzählt dies im einzelnen. Es wäre nur schön, er würde es auch einmal hier im Deutschen Bundestag erzählen. Aber da gibt's keine Honorare, meine Damen und Herren.
— Da Sie immer sagen, die Reichen würden durch uns immer reicher, ist es doch sicherlich erlaubt, auf diesen Zusammenhang einmal hinzuweisen, meine Damen und Herren. Oder schämen Sie sich dieser Tatsache?
— Immer dann, wenn der Gegner schreit, hat man ihn zu Recht getroffen.
Ich freue mich, daß es in diesem Fall wieder einmal gelungen ist.Ich muß weiter fragen: Was kann eine Opposition tun, meine Damen und Herren, die in den nachfolgenden drei Jahren den wirtschaftlichen Aufschwung nicht unterstützt und die Sanierung der öffentlichen Finanzen nicht gefördert hat, sondern — wie auch in dieser Woche wieder drei Tage lang— falsche Prognosen verkündet, Tatarenmeldungen von sich gegeben, eine Verelendungspropaganda betrieben und damit das offenkundig wachsende Vertrauen gestört und eigentlich nur zur Verunsicherung beigetragen hat? Was muß eine solche Opposition tun? Ich meine, sie müßte in Sack und Asche gehen, meine Damen und Herren.
Und schauen Sie sich doch einmal die Presse dieser Woche an. Ich nenne jetzt einmal nur die „Münchener Abendzeitung", in deren Ausgabe — das war ja ein Hurra-Blatt für die sozialliberale Koalition — vom letzten Mittwoch Sie auf Seite 3 einen vernichtenden Kommentar über Ihre haushalts- und wirtschaftspolitischen Vorstellungen hier im Deut-
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13632 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 179. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. November 1985
Dr. Riedl
schen Bundestag finden, meine Damen und Herren.
Und die „Münchener Abendzeitung" ist wahrlich kein Schwesterblatt des „Bayernkurier".Mit Ihren wirtschaftspolitischen Vorschlägen war und ist — muß ich heute sagen — auch nach der Rede des Parteivorsitzenden der SPD die Sozialdemokratische Partei weiter auf dem Holzweg. Ihre Vorschläge werden von der Wirklichkeit überrollt, von der Dynamik des wirtschaftlichen Aufschwungs übersehen.
So bleibt der Opposition — und das ist auch ein trauriges Ergebnis der Debatte dieser Woche — eigentlich nur der Ausweg, die positive Bilanz dieser Regierung als „Umverteilung zugunsten der Reichen" anzuprangern.
— Herr Kollege Walther, das wird ja nicht dadurch klüger, daß Sie es ständig wiederholen. Sie blamieren sich doch immer nur. Wenn Sie wenigstens aus Ihren Fehlern lernen würden, dann wäre das in dieser Woche eine positive Bilanz für die Sozialdemokraten.
Die Regierung Kohl hat zugepackt.
Sie hat die Ängste und den Neid, den Sie geschürt haben, zurückgewiesen.
Ich kann nur sagen, die einen spucken eben in die Hände, und die anderen spucken immer nur in die Suppe; und das ist Ihr Beitrag, meine Damen und Herren.
— Dann würde ich aber wie der Suppenkaspar sagen: „Eure Suppe eß' ich nicht."
— Herr Kollege Vogel, wer ist denn schon unschlagbar im Hinblick auf Lebenslänglichkeit? Das wissen Sie doch als langerprobter Sozialdemokrat, von München über Berlin nach Bonn gekommen. Lebenslängliche Garantie hat in der Politik keiner. Das nehme ich auch für uns nicht in Anspruch. Das ist doch selbstverständlich.
Nun darf ich einmal den Herrn Altbundeskanzler Willy Brandt, der uns heute in der dritten Lesung die Ehre gegeben hat — —
— Das Interessanteste war seine neue Rolle als Medienverkünder: Grüße von Haus zu Haus, von Willy Brandt an Johannes Rau. Hoffentlich verkündet er in zwei Jahren nach der verlorenen Bundestagswahl 1987 für die Sozialdemokraten nicht: „Wärst du doch in Düsseldorf geblieben!"
Das wäre auch eine Botschaft an das erstaunte Volk.Herr Kollege Brandt, ich will noch einmal ein Zitat bringen, das ich hier im Deutschen Bundestag als junger Abgeordneter gehört habe. Es lautet:Eine stetige Wirtschaftsentwicklung ist die beste Grundlage des gesellschaftlichen Fortschritts. Sie schafft das Klima, in dem sich private Initiative, Risikobereitschaft und Leistungsfähigkeit entfalten können. Sie sichert die Arbeitsplätze, schützt die steigenden Einkommen und wachsenden Ersparnisse vor der Auszehrung durch Preissteigerungen.Das Zitat stammt aus der Regierungserklärung von Willy Brandt, abgegeben vor dem Deutschen Bundestag am 28. Oktober 1969.
Wir dürfen allerdings nicht verschweigen,— 1969! —daß die Situation weniger günstig ist, als sie von bestimmter Seite dargestellt wurde.1,2 Milliarden Finanzüberschuß, Plus in der Kasse! Das war nach Willy Brandt schon eine schlimme Sache.Meine Damen und Herren, der Bundeshaushalt 1986 — damit will ich wieder auf die aktuelle Situation zu sprechen kommen — ist der vierte Haushalt dieser Bundesregierung in ununterbrochener Reihenfolge, der sich durch eine sparsame Ausgabengestaltung und eine sinkende Neuverschuldung
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Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 179. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. November 1985 13633
Dr. Riedl
auszeichnet. Herr Kollege Wieczorek, ich habe heute nacht kurz vor Mitternacht noch Ihre Ausführungen zum Haushaltsgesetz sehr genau verfolgt und sage Ihnen: Es geht doch im Prinzip nicht darum, daß von uns behauptet würde, die Schulden würden immer weniger. Aber der Schuldenzuwachs wird weniger!
Der wird abgebaut! Begreifen Sie doch bitte, daß es hier um die Verringerung des Schuldenzuwachses geht!
— Natürlich!
— Wir sehen das doch, Herr Kollege Vogel! Wir sind doch keine Selbsttäuscher, die nicht wüßten, vor welcher schwierigen Aufgabe wir in den nächsten Jahren stehen. Aber diese Schwierigkeiten können nur wir bewältigen, Sie leider Gottes nicht, und deshalb hat der Wähler uns auch die Mehrheit gegeben.
Weil immer so vom „Totsparen" geredet wird, will ich noch sagen: Meine Damen und Herren, Sparsamkeit ist für uns doch kein Selbstzweck, sondern Sparsamkeit gibt uns schlicht und einfach den Handlungsspielraum für beschäftigungwirksame und zukunftssichernde Maßnahmen, für eine aktive Sozialpolitik, insbesondere zugunsten der Familien,
und — das sage ich jetzt auch an die Adresse vonNordrhein-Westfalen und an die Adresse der SPD— für die Lösung nach wie vor schwieriger Strukturprobleme in der Landwirtschaft, bei Kohle, bei Stahl und bei den Werften.Mit dem Bundeshaushalt 1986 erfogt — darin unterscheidet er sich von den Haushalten früherer Jahre — eine wichtige Weichenstellung. Wir wagen nämlich erstmals den Schritt zu kräftigen Steuerentlastungen, ohne den Konsolidierungskurs zu gefährden. Das ist das Kunststück, das Bundesfinanzminister Stoltenberg fertiggebracht hat!Meine Damen und Herren, wir nutzen auch den neuen Handlungsspielraum im Bundeshaushalt und die Möglichkeiten der Sondervermögen des Bundes und seiner Kreditinstitute für gezielte beschäftigungsfördernde Maßnahmen. In diesem Zusammenhang habe ich etwas noch nicht begriffen — vielleicht können Sie es mir heute noch erklären—: Da führt der Bundespostminister ein Programm von über 1,5 Milliarden DM zur Durchsetzung der Breitbandverkabelung in der Bundesrepublik Deutschland durch, ein Beschäftigungsprogramm, das Zehntausende von Arbeitsplätzen schafft und sichert, und die Sozialdemokraten und die Gewerkschaften haben von früh bis abends nichts andereszu tun, als diesen Postminister deshalb zu beschimpfen. Das begreife ich nicht mehr!
Meine Damen und Herren, ich verstehe nicht, warum eine solche Initiative, die Arbeitsplätze schafft, ausgerechnet von denen bekämpft wird, die ständig Beschäftigungsprogramme fordern.Gleichzeitig verbessern wir — auch das möchte ich in dieser dritten Lesung herausstellen — die Rahmenbedingungen für Investitionen auf Dauer, indem wir die Abschreibungsregelungen für Wirtschaftsgebäude entsprechend den Regelungen in anderen Ländern verbessern. Die Opposition hat gerade diese Maßnahme außerordentlich heftig kritisiert, und zwar auch wieder unter dem Generalnenner „Die Reichen werden immer reicher". Ich kann mich eigentlich über diese Argumentation nur wundern, denn Steuergeschenke an die Wirtschaft haben doch Sie verteilt, meine Damen und Herren, zuletzt noch im Jahre 1982 mit Ihrer Investitionszulage, die den Steuerzahler mehr als 7 Milliarden DM gekostet hat. Das war ein eklatantes Steuergeschenk, nichts anderes!
Eine verbesserte Abschreibungsregelung hingegen ist — das muß man auch begreifen — kein Steuergeschenk, sondern ein Vorziehen von Abschreibungen mit einer Nachholwirkung in den späteren Jahren.
Meine Damen und Herren, zusätzliche beschäftigungswirksame Mittel in Milliardenhöhe für Stadtsanierung und Dorferneuerung, für den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur bei Bahn und Post, für den Umweltschutz und für strukturschwache Bereiche in Verbindung mit den geplanten Steuerentlastungen und den durch die Umweltschutzpolitik induzierten Privatinvestitionen z. B. durch den Vollzug der sogenannten Großfeuerungsanlagenverordnung stellen ein Beschäftigungsprogramm dar, das von seinem Umfang und von seinen Beschäftigungswirkungen her Ihr Programm weit in den Schatten stellt, weil es effektiver ist.Meine Damen und Herren, aus zeitlichen Gründen kann ich das Umweltprogramm der SPD jetzt nicht auseinanderklamüsern; das werden wir im Ausschuß noch tun.
— Nun, wir werden uns schon damit befassen, damit die Sozialdemokraten merken, daß — das haben wir doch 30 Jahre lang erlebt — diese Programme so, wie sie sie gestalten, keine Beschäftigung bringen, sondern auf Dauer sogar Beschäftigung abbauen. Aber vielleicht unternehmen wir noch einmal einen letzten Versuch; man soll die Hoffnung ja nicht aufgeben, daß der Mensch immer noch bereit ist dazuzulernen.Diese Koalition — ich muß es immer wieder sagen — ist im Bereich der Wirtschafts-, der Haushalts- und der Finanzpolitik außerordentlich erfolg-
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13634 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 179. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. November 1985
Dr. Riedl
reich gewesen. Wir sind fest entschlossen, auf dieser guten Basis in der nächsten Legislaturperiode unsere Politik gemeinsam fortzusetzen für mehr Beschäftigung, für sichere Arbeitsplätze, für steigende Realeinkommen als Frucht eines inflationsfreien Wachstums und für soziale Korrekturen. Herr Kollege Brandt, dies ist uns genauso wie Ihnen ein echtes Anliegen für Benachteiligte und Schwache in unserer Gesellschaft. Dieses Problem wird man hundertprozentig wahrscheinlich nie lösen können. Uns geht es darum, uns an eine Lösung möglichst stark anzunähern. Dabei wären wir für die Unterstützung durch die große Sozialdemokratische Partei — natürlich als Oppositionspartei — sehr dankbar.Steuerentlastungen werden ein wesentliches Kennzeichen unserer weiteren Regierungspolitik sein.
Diese Regierung ist eine Regierung der Steuerentlastungen. Dagegen ist die SPD — ich komme jetzt zwangsläufig auf den Wahlkampf, meine Damen und Herren; denn das wird im Wahlkampf eine wichtige Rolle spielen — bei all ihrer Problematik für massive Steuererhöhungen. Das sollte der Bürger wissen. Auch wenn es den Wahlkampf bereits vorwegnimmt, muß gesagt werden, daß das die Realität ist.
Wir scheuen dieses Kontrastprogramm nicht. Dem gutverdienenden Facharbeiter, der berufstätigen Ehefrau, den engagierten Ingenieuren und Technikern, den kleineren Handels- und Gewerbetreibenden, den Freiberuflern, den Landwirten, ihnen allen werden wir schon klarmachen, was es heißt, die SPD mit ihrer Horrorliste von geplanten Steuererhöhungen zu wählen. Die SPD will dem Fleißigen und Tüchtigen damit ein Würgeeisen um den Hals legen
und die Luft zum Atmen nehmen. Und wir werden ihnen klarmachen, was es heißt, der CDU/CSU- FDP-Koalition auch in den nächsten vier Jahren das Vertrauen zu schenken.
Meine Damen und Herren, wir haben mit unserer Politik die steuerlichen Rahmenbedingungen für die Wirtschaft dauerhaft verbessert und sind damit ebenfalls außerordentlich erfolgreich. So rechnet das Ifo-Institut für das laufende Jahr mit einem Anstieg der Investitionen in Bauten und Ausrüstungen von 16 %; preisbereinigt sind es immer noch 13 %. Eine derart kräftige Steigerung der Realinvestitionen wurde im verarbeitenden Gewerbe schon lange nicht mehr beobachtet, stellt das Ifo-Institut fest. Auch im kommenden Jahr wollen nach den neuesten Umfrageergebnissen gut die Hälfte der beauftragten Unternehmen mehr investieren als 1985. Das ist eine sensationelle Botschaft. Sie muß hier in Bonn und im Parlament mit entsprechenderPolitik erfüllt werden, damit sich das Vertrauen in der Wirtschaft auch in Heller und Pfennig, in Arbeitsplätzen, in mehr Beschäftigung und damit in mehr soziale Wohlfahrt draußen umsetzt.
Ich möchte jetzt einmal zitieren, was zwar schon häufig zitiert worden ist, aber um so weniger beachtet wird — jedenfalls auf seiten der Opposition —, je häufiger es zitiert wird. Es ist ein Zitat des Bundesbankpräsidenten Pöhl vom November 1982, in dem er die Zusammenhänge in einer unwahrscheinlichen Klarheit erläuterte. Da heißt es wörtlich:Ohne eine deutliche Verbesserung der Ertragslage wird es keine höheren Investitionen geben und ohne höhere Investitionen keinen Konjunkturaufschwung und keine Verringerung der Arbeitslosenzahlen. Wem das Schicksal der Arbeitslosen wirklich am Herzen liegt, wer mehr Beschäftigung und eine Erhaltung der Realeinkommen will, der muß auch für bessere Unternehmenserträge und eine bessere Eigenkapitalausstattung eintreten.
Meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten, Herr Pöhl ist doch nicht Mitglied der CSU oder der CDU; der steht doch Ihnen weitaus näher als jeder anderen Partei. Nun glauben Sie es ihm doch endlich! Wenn ich Unternehmer wäre und das Gerede der SPD, angefangen von Herrn Wolfgang Roth bis hin zu allen anderen, hier hören würde: Ich würde mir auch überlegen, ob ich unter einer solchen Regierung, wenn es die je geben würde, investieren würde.
Das geht doch nicht. Aber Sie sollten aus den Erfahrungen der Bundesbank endlich lernen!Ich komme jetzt auf einen Punkt zu sprechen, der mich und viele, viele meiner Freunde, die wir in der Politik sind, weil wir uns dem Einsatz für das Soziale, für die Sozialpolitik und für die Menschen in unserem Land in besonderer Weise verpflichtet fühlen, unwahrscheinlich betroffen macht: daß Sie unsere Politik, wie es die Frau Fuchs gestern wieder getan hat, Frau Kollegin Fuchs, als kalt und unbarmherzig, als unsozial und als Störer des sozialen Friedens bezeichnet haben.
Frau Kollegin Fuchs, ich frage Sie jetzt einmal: Ist es unsozial und ist es kalt und unbarmherzig, daß wir in diesem und im kommenden Jahr über 500 000 neue Arbeitsplätze schaffen, weil wir eine bessere Ertrags- und Investitionskraft der Unternehmen herbeigeführt haben?
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Dr. Riedl
Ist es unsozial und unbarmherzig, daß wir Jahr für Jahr
neue Ausbildungsrekorde zu verzeichnen haben,
im laufenden Jahr rund 100 000 Lehrverträge mehr als 1981?
Frau Kollegin Fuchs, legen Sie einmal Ihren sozialdemokratischen Mantel ab und denken Sie einmal als Staatsbürger wie der Staatsbürger draußen!
Dann frage ich Sie: Ist es unsozial und unbarmherzig, daß wir mit der Rückkehr zu stabilen Preisen vor allem die Kaufkraft der Einkommensschwächeren
und der kleinen Sparer gestärkt haben?
Ist es unbarmherzig und unsozial, daß die Realeinkommen wieder steigen,
daß die Ausgaben für die aktive Arbeitsmarktpolitik um rund ein Drittel über dem Niveau von 1982 liegen?Ist es unsozial und unbarmherzig, daß die Kurzarbeit nach wie vor abnimmt und nahezu verschwunden ist? Ist es unsozial und unbarmherzig, daß ein Rekordrentenniveau erreicht wird, nämlich 10,5 Prozentpunkte höher als 1970?Ist es unsozial und unbarmherzig — hören Sie sich das nur an, und dann antworten Sie bitte mit j a oder mit nein darauf! —,
daß wir erstmals in unserer Sozialgeschichte Kindererziehungszeiten in der Rente berücksichtigen?Ist es unsozial und unbarmherzig, daß wir erstmals in der Geschichte Deutschlands ein Erziehungsgeld eingeführt haben?
Ist es unsozial und unbarmherzig, daß wir das Wohngeld um 30% erhöht haben? Um 30%! Noch nie gab es in der Bundesrepublik Deutschland ein so hohes Wohngeld wie im Jahre 1986.
— Ich weiß, daß Ihnen das weh tut. Aber Sie haben mir in dieser Debatte auch weh getan, als Sie uns vorgeworfen haben, wir seien unsozial gewesen.
Ist es unsozial und unbarmherzig, daß die Steuern in zwei Stufen um 20 Milliarden DM gesenkt werden und daß die Familien insgesamt um 10 Milliarden DM finanziell bessergestellt werden, daß wir seit 1982 — wir, diese Regierung von Helmut Kohl und der FDP — die Sozialausgaben von 1982 bis heute um 45 Milliarden DM erhöht — nicht gekürzt! — haben?
Ist es schließlich unsozial, daß sämtliche Sozialausgaben in der Bundesrepublik Deutschland sich im Jahr auf 572 Milliarden DM belaufen?Meine Damen und Herren, ich könnte diese Liste fortsetzen. Hören Sie doch endlich mit dieser Verhetzung unserer Bevölkerung auf, und ersparen Sie sich diese unglaublichen Vorwürfe!
Meine Damen und Herren, ich weiß nicht, ob er hier ist. Wenn er nicht hier ist, werfe ich es ihm persönlich auch nicht vor. Aber zu den erschütternden Verleumdungen der Politik der CDU/CSU gehört dieses Mieterflugblatt, das der Präsident des Deutschen Mieterbundes vor der letzten Bundestagswahl verteilt hat. Er hat sogar draufgeschrieben: Bitte weitergeben. — Deshalb habe ich es auch bekommen, und ich habe es mir aufgehoben.Meine Damen und Herren, bevor ich Ihnen das vorlese, nenne ich Ihnen die Zahlen, die Minister Schneider vor wenigen Tagen bekanntgegeben hat. Die vor allem aus Mietersicht außerordentlich günstige Entwicklung am Wohnungsmarkt wird am drastischen Rückgang der Mietsteigerungsraten besonders deutlich. Wir haben im Oktober 1985 bei den frei finanzierten Wohnungen in Deutschland einen Mietanstieg von sage und schreibe nur noch 1,8 %. Damals hat der SPD-Abgeordnete und Präsident des Mieterbundes, Herr Jahn — mit der Adresse an den Bürger, uns nicht zu wählen —, geschrieben: Wohnen wird wieder zum Risiko. — Wo ist denn das Wohnen ein Risiko? Bei der Neuen Heimat, meine Damen und Herren!
— Hören Sie sich das einmal an! - Er schrieb weiter: Vermieter werden bereichert, obwohl dadurch nicht eine einzige Wohnung gebaut wird, die der kleine Mann bezahlen kann. — Wo ist denn das passiert? Bei der Neuen Heimat, meine Damen und Herren.
Weiter: Eine Mietenexplosion droht. — 1,4 % Mietsteigerung haben wir. — Und das letzte: Wohngeldkürzungen: 200 Millionen DM sollen eingespart werden. — 900 Millionen DM mehr gibt es im Jahre 1986 durch unsere Politik. Schämen Sie sich für
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Dr. Riedl
eine solche Wahlpropaganda, die in nichts zusammengebrochen ist!
Ich sage es Ihnen ja nur, damit Sie vor der nächsten Bundestagswahl keinen solchen Unfug und keine solche Verleumdung mehr machen.
Herr Abgeordneter Riedl, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Müntefering?
Das geht aus zeitlichen Gründen nicht; meine Redezeit ist vorgeschrieben.
Die Zeit wird Ihnen nicht angerechnet, Herr Abgeordneter Riedl.
Ich möchte mich an die Redezeit halten.Meine Damen und Herren, ähnlich ist es mit den Renten. Der Mietenlüge ist die Rentenlüge gefolgt, und jedes Jahr versucht die Opposition, unsere Rentner zu verunsichern.
Es gelingt ihr nicht. Auch in dieser Debatte haben Sie es wieder versucht, meine Damen und Herren. Ich unterstreiche eingedenk unserer eingehenden Beratungen im Haushaltsausschuß auch für meine Fraktion, was Bundesminister Blüm hier gesagt hat — darauf kann sich jeder draußen im Land verlassen —: Unsere Renten sind finanziell gesichert, und es gibt keine Rente auf Pump.
Rente auf Pump ist, wenn man so verfährt, wie die Finanzminister Apel und Matthöfer unter Helmut Schmidt verfahren sind, indem sie eine höhere Nettokreditaufnahme ausgewiesen haben, als die Geldausgaben für Investitionen betragen haben. Das ist Rente auf Pump, denn die Gehälter und Renten sind damit über die Nettokreditaufnahme bezahlt worden.Meine Damen und Herren, wir haben auch die letzte Ungewißheit beseitigt und — das ist etwas, was es, außer im letzten Jahr, erst zum zweitenmal im Haushalt gibt — mit § 24 des Haushaltsgesetzes Vorsorge getroffen, daß auch die bekannten Liquiditätsprobleme im November und Dezember gesetzmäßig abgesichert werden.
Dem haben Sie, dem haben wir im Haushaltsausschuß zugestimmt, damit der Bürger, der Rentner, die gesetzliche Garantie für seine Rente auch in den Zeitabläufen des Jahres hat, in denen es durch die enormen Einnahmen- und Ausgabensprünge inder Rentenversicherung bekannterweise Liquiditätsprobleme gibt.
Meine Damen und Herren, das ist gesetzlich abgesicherte Vorsorge für den Rentner.
Ich darf zusammenfassend folgendes feststellen: Die Haushalts-, die Finanz- und die Währungspolitik dieser Bundesregierung sind eine Politik aus einem Guß. Ich möchte mich beim Herrn Bundeskanzler, aber stellvertretend für das gesamte Kabinett natürlich bei — ich habe ihn im letzten Jahr als das „Flaggschiff dieser Bundesregierung" bezeichnet — Bundesminister Dr. Gerhard Stoltenberg für seine ausgezeichnete Arbeit bedanken, die er in den vergangenen knapp drei Jahren für unser Land, für die Bundesrepublik Deutschland und damit für alle Bürger unserer Heimat und unseres Vaterlandes geleistet hat.
Herr Stoltenberg, gestatten Sie mir eine persönliche Bemerkung. Sie kommen aus dem hohen Norden. Ich komme aus Bayern, aus München. Es macht einen Riesenspaß, mit Ihnen als dem sogenannten „Kühlen aus dem Norden" zusammenzuarbeiten. Sie haben den Charme der Norddeutschen mit der Zurückhaltung der Bayern
in einer so charmanten Weise in sich vereinigt, daß ich nur sagen kann: Machen Sie weiter so; wir freuen uns darauf, in den nächsten Jahren mit Ihnen im Haushaltsausschuß zusammenzuarbeiten.Das Jahr 1985 war erneut und ohne Zweifel ein Gewinn für unser Vaterland. Die Koalition aus CDU, CSU und FDP ist eine erfolgreiche Koalition. Dies wird sich auch im Rahmen der politischen Vorgaben, die dieser Haushalt für 1986 gibt, im Jahre 1986 erweisen. Wir können mit Zuversicht Anfang 1987 den Wählern eine Bilanz vorlegen, die im Vergleich zur katastrophalen Situation von 1981 und 1982 die Wende in der Wirtschafts- und Finanzpolitik überdeutlich macht.Der Bundeshaushalt 1986 ist ein weiterer wichtiger Baustein unserer Politik der Solidität, der Beharrlichkeit und der Verläßlichkeit.Meine Damen und Herren, was einen Politiker sicherlich auch freut: Die heutige Jugend ist wieder zuversichtlich. EMNID hat vor einigen Tagen festgestellt, daß 78 % unserer Jugend sehr zufrieden und zuversichtlich in die Zukunft schauen. Es gibt bei der Jugend der Bundesrepublik Deutschland kein „no future" mehr. „No future" gab es, solange Sie von der SPD regiert haben. Die Jugend blickt nach vorn, die Jugend freut sich, in diesem Land leben zu können.
Wir werden dieser Jugend helfen, daß sie sich auchin den kommenden Jahren und Jahrzehnten in un-
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Dr. Riedl
serer Bundesrepublik Deutschland genauso wie alle anderen wohlfühlen wird.
Ich möchte Sie bitten, zur Kenntnis zu nehmen, daß die CDU/CSU-Bundestagsfraktion dem Haushalt für 1986 zustimmen wird.Ich bedanke mich.
Das Wort hat der Abgeordnete Kleinert .
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Riedl, bei Ihrer Rede habe ich streckenweise um Ihren Kreislauf gefürchtet.
Deshalb lassen Sie sich einmal sagen: Sie sind ja persönlich ein ganz anständiger Mensch. Aber Sie haben den Begriff der Suppe hier eingeführt. Deshalb sage ich: Die Rede, die Sie gehalten haben, war die Rede eines geistigen Suppenkaspers, Herr Kollege Dr. Riedl.
Ich will mich deshalb gleich der Gesamtbilanz dieser vier Tage Haushaltsdebatte zuwenden.
— Ach, Klaus Rose!
Entschuldigen Sie, Herr Abgeordneter. — Meine Damen und Herren, Zwischenrufe sind sicher das Salz in der Debatte. Aber versalzen Sie sich bitte die Suppe nicht, indem Sie zuviel Gebrauch davon machen.
Herr Präsident, der Kollege Rose ist ohnehin auf dem Fußballfeld besser als im Parlament aufgehoben.
Vier Tage Haushaltsdebatte, das war nicht nur eine anstrengende, das war im wesentlichen bislang auch eine ziemlich deprimierende Veranstaltung.
Ich habe das jetzt zum drittenmal erlebt. Zum drittenmal habe ich Ihre ganzen frohen Botschaften vernommen, die frohen Botschaften, die diese Bundesregierung seit Jahr und Tag verkündet. Da werden die Segnungen des wirtschaftlichen Aufschwunges ausgemalt, da schmückt sich der Herr Stoltenberg mit dem Lorbeerkranz des erfolgreichen Sanierers der Staatsfinanzen, und da wird die Kritik der Opposition auf eine Weise abgetan, daß man meinen könnte, die Koalitionsfraktionen lebten in einer ganz anderen Welt. Die grünen Änderungsanträge, die Schritte in Richtung ökologischer Sofortmaßnahmen, in Richtung Abrüstung und Entmilitarisierung, in Richtung einer sozialen Grundsicherung angeben, werden niedergestimmt.
Dabei bleibt es eine schlichte Tatsache, daß der Bundeshaushalt 1986 so, wie Sie ihn heute mittag verabschieden werden, keine Antworten auf die zentralen Probleme der Gesellschaft der Bundesrepublik gibt. Es bleibt eine Tatsache, daß dort, wo Antworten gegeben werden, die falschen Antworten gegeben werden.Ökologisch ist dieser Bundeshaushalt verantwortungslos. Die 19 Millionen DM Aufstockung im Etat des Bundesinnenministers sind angesichts der tatsächlichen Probleme ein läppischer Betrag.
Nicht einmal die dringendsten Maßnahmen zur Sanierung von Luft, Böden und Wasser wollen Sie verwirklichen. Die ganze Umweltpolitik des Innenministers entpuppt sich hier, wo es ums Geld geht und damit ums Eigentliche, als bloße Sprechblasenrhetorik. Der starke Friedrich Zimmermann — das hat sich hier wieder einmal gezeigt — ist in Wahrheit nur ein umweltpolitischer Hanswurst.
— Jetzt zähmen Sie sich einmal, Herr Rossmanith.Der stolze Haushaltssanierer Stoltenberg hat einmal mehr die bekannten Halbwahrheiten und Schönfärbereien vorgetragen. Der Konsolidierungserfolg, den Sie so gerne beschwören, beruht zum großen Teil auf den heimlichen Steuererhöhungen und auf dem buchhalterischen Trick,
mit dem die 12,5 Milliarden DM Bundesbankgewinn als Bestandteil des Bundeshaushalts ausgewiesen werden. Diese Haushaltssanierung wird vor allem auf dem Rücken der Arbeitslosen und all derjenigen ausgetragen, denen Sie in den letzten Jahren die sozialen Leistungen weggekürzt haben, meine Damen und Herren. Das ist im Detail in den letzten Tagen hier vorgetragen worden. Trotz allen Aufschwunggeredes und trotz Ihrer ganzen geschönten Zukunftsversprechen ist das eine Tatsache.Es ist eine Tatsache, daß Sie mit Ihrer Haushaltspolitik die Massenarbeitslosigkeit festschreiben. Da können Sie noch so lange die Prognosen des Sachverständigenrats in den Himmel loben. Es bleibt dabei: Die Wirtschafts- und Finanzpolitik, die Sie vorschlagen, weist keine Perspektiven. Sie weist sie ebenso wenig den Arbeitslosen wie denen, die unter das fallen, was man heute die neue Armut nennt.Das Gegenteil ist richtig. Wenn sich dieser Kurs fortsetzt, werden wir spätestens beim nächsten konjunkturellen Abschwung eine weitere drastische Zunahme der Massenarbeitslosigkeit erleben. Sie wissen im Grunde genausogut wie ich: Ihr ökologisch ohnehin fragwürdiges Wirtschaftswachstum, auf das Sie setzen, kann überhaupt nicht dazu führen, daß die Massenarbeitslosigkeit beseitigt wird.
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13638 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 179. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. November 1985
Kleinert
Denn so viel Wachstum, wie Sie dafür brauchen, ist gar nicht drin, selbst wenn man es wollte.
Wenn der Herr Blüm gestern hier vorgetragen hat, von dieser Regierung werde eine Politik gemacht, die nur das verspricht, was sie auch halten kann, dann kann ich dazu nur sagen: Das war eine neuerliche Kostprobe Ihrer Karnevalsrhetorik, Herr Blüm. Mit der Realität hat das nichts zu tun. Denn schließlich haben auch Sie mit zu denen gezählt, die uns hier vor zwei Jahren weismachen wollten, daß es schon 1986 eine Million Arbeitslose weniger gäbe, daß Sie schon 1986 eine Million Arbeitslose von der Straße geholt hätten, meine Damen und Herren. Das waren die Versprechungen, die damals zu hören waren.
Der Herr Blüm war es, der im Frühjahr 1984 angekündigt hat, die Vorruhestandsregelung würde 150 000 neue Arbeitsplätze schaffen. Bis jetzt haben Sie vielleicht gerade ein Zehntel davon erreicht.Das sind die Versprechungen auf der einen Seite und die Realität auf der anderen Seite. Ihre Zunge sitzt sehr locker, Herr Blüm, aber mit der Umsetzung der Versprechungen ist es dann weiß Gott nicht weit her.
Ankündigungsminister wie Herr Zimmermann, Karnevalsrhetoriker wie der Herr Blüm und eiserne Sparkommissare wie der Herr Stoltenberg, das sind dabei noch die Glanzlichter dieser Bundesregierung, einer Bundesregierung, deren Konzept im Blick auf 1987 ohnehin in die Richtung geht: ablenken von den Alltagsrealitäten, ablenken von den Tatsachen, hin zum Erzeugen von Stimmungen, von Zukunftsoptimismus, von Grundströmungen, die in die Richtung gehen: frohe Botschaften verkünden, Optimismus schaffen, zupacken, „Wir schaffen es schon!", Verdrängen der wirklich sozialen Realität, der sozialen Verhältnisse,
Schaffen positiver Grundstimmung nach amerikanischem Vorbild. „Be positive", das ist das Stichwort. Das soll ausgegeben werden. So soll der Wahlkampf geführt werden. Von der wirklichen sozialen Realität, von der ökologischen Realität in der Bundesrepublik Deutschland soll abgelenkt werden. Das wird auch Ihr Konzept für den Wahlkampf für 1987 sein. Dafür werden allerlei Mittel eingesetzt. Das führt sogar so weit, daß Sie so tun, als wären selbst Boris Becker und die Weltraumfahrer geradezu die Kronzeugen für den Erfolg dieser Bundesregierung.
Denn sie sollen symbolisieren: Wir leisten wiederetwas. Daran wird der angebliche Erfolg dieser Regierung sichtbar, als hätte der Bundeskanzler gewissermaßen mit seiner Rückhand im Wimbledon selber mitgewonnen, meine Damen und Herren.
Wenn man im Sommer gesehen hat, wie der Herr Kohl auf dem Kinderfest in Bonn medienträchtig den Rockzipfel des neuen deutschen Lieblings aller Altersklassen zu erhaschen suchte, weiß man, was uns da nächstes Jahr im Wahlkampf noch bevorstehen kann.
Meine Damen und Herren, über die Verbreitung solcher positiver Grundstimmungen wollen Sie die nächste Bundestagswahl gewinnen und dabei vergessen machen, daß es Ihnen vor allen Dingen darum geht, eine harte politische Interessenvertretung für eine bestimmte politische Klientel zu betreiben. Das zeigt sich nicht nur da, wo diese Regierung Steuergeschenke verteilt und Umverteilung betreibt, es zeigt sich in diesen Tagen an einer Frage ganz besonders, an der Absicht der Regierungsparteien, über die Änderung des § 116 AFG das Streikrecht praktisch außer Kraft zu setzen.
Was Sie hier vorbereiten, betrifft direkt ein verfassungsmäßiges Grundrecht. Deshalb haben die Gewerkschaften völlig recht, wenn sie diese Vorstöße als einen Anschlag auf die Grundfesten ihrer Existenz verstehen.
Wenn diese Vorstellungen der Regierungskoalition zum Zuge kommen sollten, dann wäre die soziale Realität in der Bundesrepublik eine andere geworden, dann hätte sich das Kräfteverhältnis in dieser Gesellschaft wesentlich zugunsten der Unternehmer und der konservativen Seite verschoben. Das ist die soziale und politische Realität. Das ist der Hintergrund Ihrer frohen Botschaften. Das sind die wirklichen gesellschaftspolitischen Ziele, um die auch im Bundestagswahlkampf 1987 gestritten werden wird.
Das werden Sie durch Ihren ganzen Optimismus nicht verdecken können; denn es sind in den letzten Jahren immer mehr Menschen geworden, die gemerkt haben, wohin Ihre Politik zielt.
Wir werden unseren Beitrag dazu leisten, daß das noch mehr Menschen werden. Wir werden unseren Beitrag dazu leisten, daß diese Regierung 1987 abgelöst werden kann.
Wir werden daran mitarbeiten, auch wenn wir Zweifel haben, ob es das richtige Konzept sein kann, ...
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Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 179. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. November 1985 13639
Herr Abgeordneter, Sie sind deutlich — —
Ich bin beim letzten Satz, Herr Präsident.
... wenn die SPD mit dem Kanzlerkandidaten Rau so etwas wie eine Fortsetzung von Helmut Kohl mit etwas sozialeren Mitteln versucht. Da haben wir unsere Zweifel, meine Damen und Herren, ob das das richtige Konzept ist. Aber daß wir diesen unsozialen und unökologischen .. .
Ich bewundere ja Ihre Kunst, den letzten Satz zu verlängern. Aber ich muß Ihnen jetzt das Wort entziehen.
... Bundeshaushalt ablehnen, das ist klar.
Danke schön, meine Damen und Herren.
Meine Damen und Herren, für keine Musterbeispiele parlamentarischer Ausdrucksweise halte ich die Ausdrücke „Hanswurst" und „Suppenkasper" und wäre Ihnen dankbar, wenn Sie in Zukunft auf dieselben verzichteten.
Das Wort hat nun der Abgeordnete Hoppe.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn der Herr Kollege Kleinert andere der Mediensüchtigkeit zeiht, klingt das bei ihm etwas komisch. Aber das soll j a wohl so sein; denn natürlich sind gerade die GRÜNEN,
Lieber Herr Kleinert, eine Gruppierung nach politischer Pop-Art, und die braucht j a wohl die Mediensüchtigkeit.
Meine Damen und Herren, wer das Zahlenwerk des Haushalts einerseits und die Probleme in unserer Welt andererseits betrachtet, kommt an der Feststellung nicht vorbei, daß in der Tat allenthalben Defizite zu beklagen sind. Hier hätte ich mich ganz gern mit dem Parteivorsitzenden der SPD in einen Dialog begeben.
Aber leider hat er uns nach Ablieferung seines Beitrages schon wieder verlassen.
— Kommen Sie mal, Kasper. — Wenn einer in der ganzen Haushaltswoche hier nur einmal kurz einfliegt und seine Meinung vorträgt und dann nicht mal mehr zu einem Dialog zur Verfügung steht —ich sage das wirklich nicht gern, gerade gegenüber Willy Brandt, meinem früheren Regierenden Bürgermeister —, dann ist das für die Debatte etwas schmerzlich-peinlich.
Denn ich würde gern bestätigen, daß es in der Tat politische Handlungsdefizite auf allen Feldern gibt. Das gilt sowohl für den Nord-Süd-Dialog und die Hilfe der Industrieländer zur Selbsthilfe für die Länder der Dritten Welt als auch für die Themen Rüstungskontrolle, Rüstungsbegrenzung und für Abrüstung, die man wirklich auch so nennen darf. Gleichermaßen gilt es für die Probleme der Arbeitslosigkeit, wie sie hier angesprochen wurden. Insofern ist eine allseits friedensstiftende Politik unverzichtbar.
— Ich freue mich, daß wir das Gespräch miteinander führen können und ich insofern das Bedauern korrigieren kann. Das tue ich ausgesprochen gern.
Es wäre nämlich in der Tat eine Bankrotterklärung des menschlichen Geistes, wenn es nicht gelänge, den Rüstungswettlauf, zu beseitigen;
denn an den Verteidigungskosten gehen Ost und West andernfalls im wahrsten Sinne des Wortes bankrott.
Es war in der Tat verdienstvoll, daß sich der Parteivorsitzende der SPD in der dritten Lesung des Haushalts diesem Thema noch einmal zugewandt hat. Aber verlassen wir bei allem Engagement nicht den Boden der Wirklichkeit! Denn, meine Damen und Herren, schon einmal haben wir einen Anlauf genommen, um aus der sich ständig drehenden Rüstungsspirale auszusteigen. Der NATO-Doppelbeschluß war dazu unser Angebot. Die Sowjetunion war gefordert, ihren Anschlag auf die Entspannungspolitik zu korrigieren. Als sie dieses Angebot des Westens ausschlug, war es für uns unverzichtbar, die Verteidigungsfähigkeit zu bewahren und die politische Kraft zum Handeln, nämlich zum Vollzug des angekündigten Beschlusses, unter Beweis zu stellen. So wie das Bündnis mit dem Doppelbeschluß aus dem Rüstungswettlauf aussteigen wollte, so ist dann leider die SPD aus dem NATO-Doppelbeschluß ausgestiegen.
Ohne die von der Koalition gezeigte Konsequenz und ohne die Geschlossenheit des westlichen Bündnisses, glaube ich, wäre das Genfer Gipfeltreffen schwerlich zustande gekommen. Jetzt haben wir beim zweiten Anlauf einen neuen Hoffnungsschimmer. Er kann erfolgreich sein, und wir sollten alle — und ich glaube, wir werden das tun — unseren Beitrag in diesem zweiten Versuch leisten.
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13640 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 179. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. November 1985
HoppeMeine Damen und Herren, eine solide Haushaltspolitik ist Grundlage für jede vernünftige Wirtschafts-, Sozial- und Arbeitsmarktpolitik. Wie aktuell diese Feststellung ist, hat unlängst der nordrhein-westfälische Finanzminister Posser allen in Erinnerung gebracht. Ich sage ausdrücklich „allen", auch wenn auf dem Verteiler seines Briefes nur die Ministerkollegen seines Landes standen; und dies um so mehr, als er — mit den heute nachgereichten Grüßen seines Ministerpräsidenten — in der zweiten Lesung als Lückenbüßer seinen Kopf hinhalten mußte.Ja, es liegt auf der Hand, daß sich eine spezielle Verschuldungspolitik nur wenige Jahre durchhalten läßt, weil die dramatisch rasch steigende Zinslast den Haushalt sonst in Kürze geradezu erdrosseln würde, wie an abschreckenden Beispielen anderer hochverschuldeter Länder zu studieren ist. Wie wahr! Aber gleichwohl hält die Opposition die Bundesregierung und die Bundesrepublik für finanziell stark genug, das Problem der Arbeitslosigkeit mit neuen Beschäftigungsprogrammen anzupacken.
Herr Vogel hat zur Begründung das Zukunftsinvestitionsprogramm der sozialliberalen Koalition angepriesen. Das ist nun ausgerechnet jenes Programm, das der Sachverständigenrat in der letzten Woche in seinem Gutachten wegen der für die Volkswirtschaft fatalen Wirkungen in Grund und Boden verdammt hat.
Nein, solche Schnellschüsse ohne dauerhafte Wirkung produzieren nur ein Aha-Erlebnis für den Augenblick. Letztlich sind sie aber für Arbeitnehmer und Steuerzahler sehr kostspielig. Auf einen solchen faulen Zauber werden wir nicht mehr hereinfallen. Und die Probleme des Arbeitsmarkts sind in der Tat zu ernst, um sie der Abteilung Werbung und Agitation zu überlassen. Das, was der Kollege Brandt heute zu Beginn seines Debattenbeitrags hinsichtlich der Werbung um den politischen Konsens ausgeführt hat, gibt mir Mut, zu sagen, daß es uns vielleicht allen guttut, wenn wir die Überlegungen zu den Bedingungen der Freiheit und der demokratischen Institutionen zur Kenntnis nehmen, die der Präsident des Oberlandesgerichts Braunschweig, Rudolf Wassermann, zum 40. Geburtstag der Berliner Zeitung „Der Tagesspiegel" ausgebreitet hat:Das Gefühl für die Legitimität eigener subjektiver Überzeugungen, Vorstellungen und Ansichten ist immer stärker geworden, während der Sinn für den Wert von Institutionen und Normen sowie für die Nützlichkeit von Kompromissen zurückgegangen ist.Hinzu kommt die Neigung zur Abkehr von rationaler, nüchterner Urteilsfindung, von der Bereitschaft, den Argumenten Andersdenkender zuzuhören, ihnen sachlich zu entgegnen, und vom pragmatischen Kompromiß als Voraussetzung des friedensstiftenden Interessenausgleichs.An die Stelle solcher demokratischer Tugenden tritt zunehmend die Hinwendung zur Idee des Absoluten und deren Verwirklichung in der irdischen Politik, die Sehnsucht nach gefühlsmäßiger Harmonie, die Ideologisierung der Auseinandersetzung und eine scharfe Freund/ Feind-Polarisierung.Dieses Syndrom ist nicht zuletzt deshalb so bedenklich, weil die „Versuchung des Absoluten" tief in der deutschen Geschichte der letzten beiden Jahrhunderte angelegt ist.Politik als Kampfplatz zwischen Gut und Böse ist im Ergebnis nichts anderes als der Ausstieg aus der Politik ...
Sorge und Wachsamkeit aller Demokraten ist daher geboten, gleichviel in welchem parteipolitischen Lager sie stehen.Mir scheint, hier klingt noch einmal die Schule Gustav Heinemanns durch.Wenn auch bei den aktuellen Themen von innen-und außenpolitischer Brisanz die Wellen hochschlagen, bleibt doch die Wirtschafts- und Finanzpolitik unverändert im Mittelpunkt. Das einfach deshalb, weil die Last der hohen Arbeitslosigkeit zur Herausforderung Nummer eins in unserem Lande geworden ist. Aber wohlgemerkt: Sie ist es in den 70er Jahren geworden und sie übersprang im Oktober 1982 die 2-Millionen-Grenze. Möge sich also niemand als vorlauter Besserwisser aufspielen.
Das Problem sitzt tief, es hat alle Industrienationen erfaßt, und es wird nur in einem mühsamen, langwierigen Prozeß bewältigt werden können.Der notwendige Strukturwandel in Gesellschaft und Wirtschaft verlangt deshalb eindeutige politische Entscheidungen. Die Koalition ist willens und fähig, sie zu treffen.
In der Regierungserklärung vom 4. Mai 1983 hieß es deshalb:Die Ausgabendynamik muß gebremst, die jährliche Neuverschuldung zurückgeführt werden. Das Wachstum der Bundesausgaben soll in den nächsten Jahren deutlich unter dem Zuwachs des Bruttosozialprodukts liegen. Die Reduzierung der Staatsquote belebt die Kräfte der Wirtschaft.Auch Schlagworte wie „soziale Demontage", „Kaputtsparen" oder „Umverteilung von unten nach oben" und „Ellbogengesellschaft" konnten über die bittere Notwendigkeiten des Sparkurses nicht hinwegtäuschen. Haushaltskonsolidierung heißt zunächst systematischer und anhaltender Abbau der Defizite der öffentlichen Hausalte. „Quantitative Konsolidierung" nennt das der Sachverständigenrat.
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HoppeHinzu kommen müssen Veränderungen in den Strukturen der staatlichen Ausgaben und Einnahmen mit dem Ziel, die Bedingungen für eine florierende Wirtschaft, für eine Steigerung der Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft von Unternehmen und Arbeitnehmern zu verbessern.Zum Störfaktor gehört dabei der Bereich der Subventionen. Subventionsabbau steht deshalb auch seit Jahren auf dem Programm; aber Subventionsaufwuchs ist die traurige Wirklichkeit.
Und da fällt einem eigentlich nichts mehr zu dem Thema ein, es sei denn eine Äußerung unseres Landwirtschaftsministers Kiechle, der einmal gesagt hat:Wenn man weiß, daß wir subventionierte Kohle fördern, mit der wir dann subventionierten Stahl produzieren, den wir mit der subventionierten Bundesbahn zu subventionierten Werften fahren, wo Schiffe gebaut werden, die keiner auf dem Weltmarkt haben will, dann weiß man, wie gut die Agrarpolitik ist.Es bestätigt sich erneut die Erfahrung, daß Geben seliger ist denn Nehmen.Und doch müssen wir verhindern, daß der Konsolidierung ein Kontrastprogramm von Subventionen entgegengestellt wird.
Wünsche wird es immer geben; aber sie sind für die Staatsfinanzen keine glückbringenden Wünsche. Und ich möchte uns allen — auch mir — mit Wilhelm Busch sagen: „Ach, Freundchen, bezähme deine Zunge. Ein jeder Wunsch, wenn er erfüllt, kriegt augenblicklich Junge."
Gefordert bleibt die unverzichtbare Eindämmung der konsumtiven Staatsausgaben zugunsten der Investitionen. Dies nennt man qualitative Konsolidierung. Sie ist jetzt gefragt.Aber die Konsolidierung ist ein weites Feld. Den Handlungsbedarf hat der Bundesfinanzminister schon in der ersten Lesung präzisiert: Die Verschuldung des Bundes beträgt zum Jahreswechsel rund 400 Milliarden DM, und die jährlichen Zinsausgaben erreichen die Höhe von 30 Milliarden DM. Die Neuverschuldung liegt bei knapp 24 Milliarden DM trotz der kräftigen Finanzspritze der Bundesbank von über 12 Milliarden DM.Wir haben den Würgegriff zwar gelockert. Aber wer jetzt schon wieder aus dem vollen schöpfen will, macht sich selbst etwas vor und leugnet die Realitäten.
Mit Recht haben die Sachverständigen im Sondergutachten dieses Sommers deshalb die Fortsetzung der vertrauenbildenden Konsolidierungspolitik angemahnt und davor gewarnt, der Verteilungs- und Subventionsmentalität wieder Tür und Tor zu öffnen.Wer die Konsolidierung in Zeiten konjunktureller Erholung nicht energisch anpackt, wird beim nächsten Konjunkturtief aus der Kurve fliegen.
Und es waren dann die Mitglieder des Finanzplanungsrates, die am 21. November 1985 noch einmal in dieselbe Kerbe schlugen, als sie feststellten, daß der Kurs der finanzpolitischen Konsolidierung eine Grundlage für die weitere positive Entwicklung von Wachstum und Beschäftigung sei. Meine Damen und Herren, wenn aber der Finanzplanungsrat mit seiner Sachkompetenz und — darf ich ja wohl sagen — mit seiner parteipolitischen Vielfalt dieser Politik auf Sicht positive Wirkungen für unsere Arbeitnehmer bescheinigt, dann weiß man, warum der vom DGB in der Aktionswoche aufgeblasene Luftballon „Schluß mit der Politik für wenige" so schnell geplatzt ist.
Meine Damen und Herren, wir müssen einsehen, „daß wir mit der Sozialstaatsentwicklung in eine Sackgasse geraten sind". Diese Erkenntnis stammt nicht von einem Konservativen, sondern von dem großen Analytiker Jürgen Habermas. Unter dem aufschlußreichen Titel „Die neue Unübersichtlichkeit" hat Habermas in der Januar-Ausgabe des „Merkur" über die Aufzehrung der utopischen Energien geschrieben. Seine Bestandsaufnahme läßt ahnen, wie tief der Umbruch ist, den wir durchzustehen haben. Habermas nimmt Abschied von langgehegten Illusionen und setzt die Hoffnung auf eine neue Kombination von „Macht und intelligenter Selbstbeschränkung"; so nennt er das.Vieles verändert sich, bis hin zur Arbeitsmoral, wie auch der Züricher Sozialpsychologe Prof. Schmittchen vor kurzem in einer umfassenden Untersuchung ermittelte. Die sogenannten „kommunikativen Tugenden" gewinnen an Boden: die Fähigkeit zur Teamarbeit, zur Offenheit, zur Eigenständigkeit. Und diese Tugenden sind notwendig, um die Aufgaben unserer modernen „Informationsgesellschaft" zu meistern.Meine Damen und Herren, bei einer alles in allem erfreulichen finanz- und wirtschaftspolitischen Bilanz ist die nach wie vor bedrückend hohe Arbeitslosigkeit schmerzlich. Es gibt aber keine Therapie, die schnell durchgreift und dauerhaft Abhilfe schafft. Deshalb: nicht noch einmal teurer Aktionismus, sondern die Belebung des Arbeitsmarktes muß von der Gesundung der Wirtschaft und der Staatsfinanzen ausgehen.
Nur so bauen wir das feste Fundament für arbeitsplatzschaffende Investitionen in der privaten Wirtschaft, in Bund, Ländern und Gemeinden. Und dennoch: Die Arbeitslosigkeit wird uns noch lange Zeit beschäftigen.Wenn es sich hier aber nun wirklich um eine gemeinsame Sorge handelt — die Vollbeschäftigung bleibt doch das Ziel der Sozialen Marktwirt-
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Hoppeschaft —, dann sollten wir gerade auf diesem Feld den konstruktiven Dialog suchen und auf Polemik, Agitation und Taktik verzichten.Wenn es wirklich um das Einzelschicksal geht, dann kann uns nicht an Stimmungsmache gelegen sein. Den Arbeitslosen wird nur der Pakt der Vernunft aus Politik, Wirtschaft und Gewerkschaft helfen. Meine Damen und Herren, verlockend ist diese Aufgabe nicht. Alle reden darüber, aber wenn es ernst wird, reißt sich keiner darum. Schließlich hat schon Friedrich Nietzsche das Defizit der Menschen an Ausdauer und Disziplin beklagt, als er sarkastisch fragte: „Alles gackert, aber wer will noch still auf dem Nest sitzen und Eier brüten?"Meine Damen und Herren, still hinsetzen und die für den Arbeitsmarkt richtigen Konzepte ausbrüten heißt deshalb die Devise. Und daraus sollten wir die Gemeinschaftsaufgabe machen, die es in Bund, Ländern und Gemeinden der Bundesrepublik Deutschland zu lösen gilt.
Das Wort hat der Abgeordnete Walther.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Am Ende einer langen Woche der Debatten um den Bundeshaushalt 1986 ist es eine von mir gern wahrgenommene Pflicht, all denen herzlich zu danken, die in den letzten Wochen und Monaten mitgeholfen haben, die Beratungen des Ausschusses mit ihrem Sachverstand und mit ihrer Zuarbeit hilfreich zu begleiten.Ich nenne an erster Stelle die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unseres Ausschußsekretariats, ohne deren tätige und ausdauernde Mithilfe bis in die späten Abendstunden wir ebenso hilflos gewesen wären wie ohne die Mit- und Zuarbeit der fach- und sachkundigen Beamten des Bundesfinanzministeriums und der Fachministerien.
Ihnen gebührt auch an dieser Stelle unser herzlicher Dank.In diesen Dank möchte ich die Mitarbeiter der Bundestagsverwaltung einbeziehen, die dafür gesorgt haben, daß die umfangreichen und zum Teil auch komplizierten Beschlußvorlagen des Ausschusses rechtzeitig alle Abgeordneten erreicht haben.
Alljährlich erfordern die Haushaltungsberatungen im Haushaltsausschuß einen unglaublichen Zeitaufwand, der sich nicht nur in vielstündigen Sitzungen niederschlägt, sondern auch in den vielen vorbereitenden Berichterstatter- und Gruppenberatungen. In den letzten Monaten wird für die Ausschußmitglieder der Sitzungssaal mit seinem ghettohaften Charakter zu einer zweiten, wenn auch etwas ungeliebten Heimat. Das, was sonst im Bundestag geschieht, läuft weitgehend an uns vorbei. Dies erfordert deshalb nicht nur physische Anwesenheit, sondern bedeutet gelegentlich auch starken psychischen Druck aus jedweder Richtung.Deshalb habe ich allen Grund, allen Mitgliedern unseres Ausschusses dafür Dank zu sagen, daß sie bei aller Leidenschaftlichkeit und bei den geschilderten sachlichen Schwierigkeiten das menschliche Miteinander nicht ganz vergessen haben. Das, was Frau Kollegin Berger in der letzten Sitzungswoche als die Nestwärme des Ausschusses bezeichnet hat, hat manche schwierige Situation überbrückt.Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit der Kollege Weng zufriedengestellt wird — ich bedanke mich übrigens herzlich für Ihre freundlichen Worte, Herr Kollege Weng —, sage ich das, was jetzt kommt, für meine Fraktion: Zur Schlußabstimmung steht nicht nur der Haushalt, sondern die Gesamtpolitik der Regierung. Dazu hat mein Parteivorsitzender Willy Brandt heute morgen schon Hervorragendes in der Debatte beigetragen, wofür ich ihm im Namen meiner gesamten Fraktion herzlichen Dank sage.
Ich will von mir aus — nur wenn Sie wollen — eine Kleinigkeit beitragen, daß nämlich der Autoritätsverfall des Bundeskanzlers unübersehbar ist.
Aus dem früheren Kanzlerbonus ist ein Kanzlermalus geworden. Dabei haben sich die jeweiligen Chefverkäufer des Kanzlers, nämlich die Bundespressesprecher, große Mühe gegeben, das Image des Kanzlers aufzupolieren. Eine Kette von Affären der Regierung, die unvergleichbare sprachliche Treffsicherheit des Bundeskanzlers, seine brillianten Lageanalysen machen es aber notwendig, daß selbst die publizistischen Hilfstruppen der Regierung in regelmäßigen Abständen moralisch aufgerüstet werden. Was da so alles aus den Mitteln des Bundespresseamtes des Herrn Ost an sogenannten Hintergrunddiensten und Kommentardiensten mitfinanziert wird, geht schon an das Eingemachte politischer Moral.
Ich habe keine Zweifel daran, daß diese Praxis, Propagandameldungen in vom Staat finanzierten und von Privatverlegern herausgegebenen Pressediensten zu verbreiten, gegen das Prinzip der Staatsfreiheit der Presse und gegen das Verfassungsgerichtsurteil zur Offentlichkeitsarbeit verstößt.
Wir haben in dieser Woche und heute morgen eine Reihe schöner Konjunkturdaten gelobt. Ich will diese Daten überhaupt nicht schmälern. Aber ich füge hinzu: Die wirtschaftliche Entwicklung verläuft seit einigen Monaten im Auf und Ab der längerfristigen Konjunkturwellen. Es sieht so aus, als ob es durch die Leistungskraft einer hochqualifizierten Arbeitnehmerschaft und der Beweglichkeit eines Teils der Unternehmer ein weiteres Mal gelingt, nach den Rezessionen von 1966, 1973, 1981/82 einen Aufschwung zu schaffen, wie das nach den
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Waltherbeiden Ölschocks zu Zeiten der sozialliberalen Koalition auch gelungen war.
Nur, meine Damen und Herren — lieber Herr Kollege Hoppe, entschuldigen Sie, wenn ich mich speziell an Sie wende —, Sie erinnern sich daran, daß wir Ende der 70er Jahre, im damaligen Aufschwung, sehr viel höhere Wachstumsraten, sehr viel niedrigere Arbeitslosenzahlen und eine sehr viel höhere Beschäftigtenzahl hatten, als wir sie heute haben.
Es handelt sich hier also nicht um eine weltgeschichtliche Premiere; vielmehr ist das, was sich jetzt im Lande abspielt, etwas, was wir zu sozialliberalen Zeiten schon viel besser geschafft hatten.Wer sich die Daten im einzelnen anschaut, stellt nämlich vor dem Hintergrund der weltwirtschaftlichen Entwicklung — insbesondere derjenigen der wichtigsten Industrieländer — fest, daß wir uns mit diesen exakt auf einer Parallelbahn im Auf- und Abschwung bewegen, die uns in einigen Bereichen — leider jedoch nicht im Bereich der Arbeitslosigkeit — den Platz wahrt, den wir international im Auf- und Abschwung der Entwicklung seit rund zwei Jahrzehnten immer eingenommen haben. Das gilt für die Preise ebenso wie für das Wachstum.Die Spitzenstellung nehmen beim Wachstum in den letzten drei Jahren die Vereinigten Staaten von Amerika ein, deren gegenwärtiges Wachstum von 2,5% dort allerdings fast schon als Rezession erscheint, während bei uns dasselbe Ergebnis als ein atemberaubender Erfolg dargestellt wird. Unser Aufschwung ist weitgehend ein Reflex der wirtschaftlichen Expansion in den USA und ist vor allem auf die unerhört günstigen Exportbedingungen zurückzuführen; dahinter tritt die Inlandsnachfrage immer noch erheblich zurück.
Niemand darf deshalb verschweigen, daß heute das Wachstum weitgehend vom Export getragen wird und daß die Inlandsnachfrage weiterhin hinter dem Export hertrabt.
Insoweit ist unser Wachstum ein im Ausland geborgtes.Auch die guten Produktionszahlen in der Investitionsgüterinduistrie rühren zu einem großen Teil aus Auslandsbestellungen her. Die Zahlen der Handelsbilanz und der Leistungsbilanz für die ersten acht Monate des Jahres 1985 machen das auch besonders deutlich:
Die Handelsbilanz schloß mit einem Überschuß von 42 Milliarden DM, die Leistungsbilanz mit einem solchen von 17 Milliarden DM ab.Warum aus solchen Überschüssen keine nachhaltige Inlandsnachfrage geworden ist, zeigt ein Blick auf die Kapitalbilanz: 1983 betrug der Nettokapitalexport der deutschen Wirtschaft noch 16 Milliarden DM, im Jahre 1984 aber schon über 31 Milliarden DM. In den ersten acht Monaten des Jahres 1985 hatten wir schließlich einen Nettokapitalexport von über 24 Milliarden DM.Deshalb ist es übrigens auch kein Wunder, daß sich die Währungsreserven der Deutschen Bundesbank, in Dollar ausgedrückt, seit vielen Jahren auf der gleichen Höhe bewegen, also nicht steigen. Das heißt, meine Damen und Herren: Das, was die Regierung der Wirtschaft an Steuergeschenken hat zugute kommen lassen und was die Arbeitnehmer durch Lohnverzicht an höheren Gewinnen möglich gemacht haben, ist weitgehend auf ausländischen Konten gelandet.Meine Damen und Herren, trotz eines im Jahre 1985 gegenüber 1982 um rund 6% höheren Sozialprodukts gibt es jetzt 190000 Beschäftigte weniger als damals.
Die Beschäftigungszahlen zeigen im internationalen Vergleich, daß die Bundesrepubik Deutschland neben Frankreich das einzige Land ist — nun mögen bitte die Damen und Herren, die die Zahlen immer so loben, einmal zuhören —, in dem im Wachstumsjahr 1985 die Beschäftigtenzahl im Vergleich zum Rezessionsjahr 1982 abgenommen hat. Während es nach den Zahlen des Statistischen Bundesamtes 1982 immerhin 25,651 Millionen Beschäftigte gegeben hat, werden es 1985 im Jahresdurchschnitt nur 25,466 Millionen sein. Das heißt, die Angaben über die Zunahme der Beschäftigung reduzieren sich auf die Feststellung, daß es im heutigen Aufschwung weniger Bechäftigte gibt als in der damaligen Rezession.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die hohen Arbeitslosenzahlen bei uns bedeuten zusammen mit dem geringen Anstieg der Beschäftigtenzahlen die bedrückende Aussicht, daß eine teilweise prosperierende Wirtschaft mit hohen Unternehmergewinnen weit mehr als ein Zehntel der aktiven Erwerbsbevölkerung von der Teilhabe glatt ausschließt. Dabei ist das erniedrigende Gefühl, nutzlos und überflüssig zu sein, nicht etwa, wie es vielen draußen erscheinen mag, einem statistischen Kreis von immer denselben über 2,2 Millionen Arbeitslosen vorbehalten. Wegen der umfangreichen Bewegung am Arbeitsmarkt haben, wie die Statistik zeigt, unter der Regierung Kohl von 1982 bis Oktober 1985 über 10,5 Millionen Menschen ihre Arbeit verloren oder haben für längere oder kürzere Zeit das Schicksal der Arbeitslosigkeit erlebt.
Das Elend der Arbeitslosigkeit und seine Folgen werden durch die Zunahme der Zahl der Sozialhilfeempfänger deutlich. 1983 waren es 2 436 000.
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WaltherIm letzten Jahr waren es 5% mehr, also fast 2,6 Millionen.
Die Zahl derer, die in den bedrängtesten Verhältnissen leben, steigt.Die Sozialleistungen der Kommunen sind 1984 um 6,7 % auf 18,7 Milliarden DM gestiegen, und diese Steigerung wird sich fortsetzen.
Den Schaden der Arbeitslosigkeit trägt zusätzlich die Rentenversicherung, die im Oktober 1985 über Barmittel von 1,6 Milliarden DM verfügt hat, während die zu erbringenden Leistungen eines Monats 11,2 Milliarden DM betragen.Von den Versprechungen 1983, daß die Gewinne der Unternehmer nach einer Vorlaufzeit schließlich einen spürbaren Rückgang der Arbeitslosigkeit brächten, ist wenig geblieben.
Die Gewinne sind da. Die Wirtschaft verzeichnet Erfolge. Die sogenannten Leistungsträger verdienen. Aber ein großer Teil von Menschen, die davon ausgeschlossen sind, mag zusehen, wo er bleibt.
Wie die Ergebnisse eines Aufschwungs gesellschaftlich verteilt werden, darüber entscheidet auch die Regierung. Deshalb ist der hohe Sockel der Arbeitslosigkeit auch ihr anzulasten.Ich sage noch einmal: Der Unterschied der Aufschwünge während der Zeit der sozialliberalen Regierung zu den heutigen sieht so aus: Damals gab es mehr, heute gibt es weniger Beschäftigte.
Der Unterschied besteht darin, daß die Bundesregierung diesen Aufschwung nicht zum Abbau der Arbeitslosigkeit nutzt, sondern es zuläßt, daß sich, wie es Karl Schiller formuliert hat, unser wirtschaftliches Gesamtsystem langfristig darauf einstellt, auch in Zeiten des Aufschwungs 2 Millionen Arbeitslose aufzuweisen.Sie hören das nicht gern; ich weiß das. Aber wer sollte denn in diesem Land, wo schon die Weihnachtswerbeanzeigen der Hochglanzmagazine mit ihrem zur Schau gestellten Luxus einen Klassengegensatz unerhörter Art zwischen Gewinnern und Verlierern dokumentieren, überhaupt noch für diejenigen sprechen, die daraußen bleiben, wenn nicht wir Sozialdemokraten?
Eine halbe Million junger Menschen unter 25 Jahren sind arbeitslos. Das ist eine bedrückende Perspektive. Da bewundere ich schon den Mut von Herrn Wörner, mit dem er in diesen Wochen öffentliche Gelöbnisse am laufenden Band zelebrieren und von den einberufenen jungen Menschen fordern läßt, das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen, wenn vielen dieser jungen Wehrpflichtigen nach Beendigung der Wehrdienstzeit die Arbeitslosigkeit droht. Vielen Zeitsoldaten, Offizieren und Unteroffizieren geht es keinen Deut besser. Wäre es da nicht die verdammte Pflicht und Schuldigkeit dieser Regierung, diesen jungen Menschen eine andere Perspektive zu bieten als im Zweifel diese Arbeitslosigkeit?
Sollen die eigentlich im Ernst einen Staat verteidigen,
der für sie die Arbeitslosigkeit, aber den anderen, den Reichen mit den breiten Schultern und den rücksichtslosen Ellenbogen, Wohlstand aufzeigt?
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Bundeshaushalt leistet auch in diesem Jahr keinen bedeutenden Beitrag zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Das zeigt die weiterhin negative Entwicklung des Investitionsanteils am Bundeshaushalt. Wir messen diesen Haushalt daran, was er zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit leistet.
Diesem Ziel ordnen wir alle anderen Überlegungen unter.Obwohl der Bundeshaushalt eine traurige Entwicklung des Investitionsanteils aufweist, ist das Haushaltsdefizit im vierten Jahr nach der Wende nahezu das gleiche wie im Jahre 1981. Was sich an wirklich bedeutenden Einsparungen im Bundeshaushalt darstellt, ist zu einem erheblichen Teil noch Folge von Gesetzen, die zu sozialliberaler Zeit beschlossen wurden.Die rabiaten Einschnitte dieser Koalition in das soziale Netz sind weniger zur Verminderung des Haushaltsdefizits des Bundes verwandt worden als schlicht und einfach für die Umverteilung; denn die enorme Höhe des Bundesbankgewinns verschleiert den Blick auf das wahre Haushaltsdefizit, das im nächsten Jahr immer noch rund 36 Milliarden DM betragen soll.
Ich tue dem Herrn Bundesfinanzminister sicherlich keinen Tort an, wenn ich behaupte, daß dies eine Scheinsanierung ist.
In den Schlußberatungen des Ausschusses wurde ein einmaliger Betrag von 460 Millionen DM für die Verscherbelung von Bundeseigentum eingesetzt. Ich sage bewußt Verscherbelung; denn das Märchen, Sie wollten damit eine breite Vermögensbildung erreichen, verbreiten Sie heute nicht mehr,
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Walthernachdem sich dieses angebliche Motiv schon bei der VEBA-Verscherbelung als ein Schlag ins Wasser erwiesen hatte.
Vielmehr argumentieren Sie heute ordnungspolitisch oder marktwirtschaftlich oder wie immer. In Wahrheit, das sage ich Ihnen, geht jedoch von der Bundesbeteiligung an privatwirtschaftlich geleiteten und organisierten Unternehmen überhaupt keine Gefahr für die Marktwirtschaft aus. Die Unternehmen im öffentlichen Besitz müssen sich nach den gleichen Prinzipien im Wettbewerb bewähren wie solche im Privatbesitz.
Nun ist die Privatisierungseuphorie in Ihrer Gruppe, Herr Kollege Riedl, angesichts des Staatsinterventionismus und der Investitionslenkung der Herren Strauß und Späth überhaupt nicht zu begreifen.
— Das will ich nicht bestreiten.Wenn die Koalition mehr Marktwirtschaft will, dann soll sie endlich dafür sorgen, daß die Macht der Großbanken gebrochen oder zumindest reduziert wird.
Der Herr Herrhausen von der Deutschen Bank ist doch in Wahrheit sehr viel mächtiger als der Herr Kohl, selbst wenn dieser anders wäre, als er ist.
Wo, frage ich die verbalen Marktwirtschaftsideologen, gibt es eigentlich im weiten Bereich der deutschen Wirtschaft wirkliche Marktwirtschaft?
Gibt es sie in der Energieversorgung? Gibt es sie bei den Anbietern von Gesundheitsleistungen? Gibt es sie in der Landwirtschaft? Wenn Graf Lambsdorff da wäre, würde ich fragen: Gibt es sie in der Versicherungswirtschaft? Ich schätze, das weit mehr als 50% der deutschen Wirtschaft überhaupt nicht marktwirtschaftlichen Gesetzen unterliegen.
Hier wäre ein weites Feld für echte Marktwirtschaftler. Aber da verläßt Sie offenbar der Mut, wie wir letztens bei Herrn Blüm wieder gesehen haben.Privatisierungskampagnen lenken von dem eigentlichen Problem gestörter marktwirtschaftlicher Verhältnisse ab, es sei denn — was auch realistisch ist —, daß die Fürsprecher der Privatisierung von Bundesvermögen wollen, daß die Macht der Vorstände von Großbanken noch größer und noch gefährlicher wird;
denn genau dort, Herr Kollege Weng, werden die verscherbelten Bundesanteile landen, so wie sie beim letzten Mal auch schon dort gelandet sind.
Trotz der erfreulichen Zahl von Neugründungen wird die Pleitewelle in der deutschen Wirtschaft immer größer. Im letzten Jahr waren es 16 760 Pleiten, in diesem Jahr werden es voraussichtlich 17 000 sein. Da der Herr Geißler zu sozialliberalen Zeiten diese Pleiten uns zugerechnet hat — zumindest im Wahlkampf —, kann ich es Ihnen nicht ersparen, auch Ihnen diesen Pleitenrekord zuzurechnen.
Der Rückgang an öffentlichen Investitionen, an dem der Bund maßgeblich mittelbar oder unmittelbar beteiligt ist, hat zu vermehrten Insolvenzen im Baubereich beigetragen. Dies unterstreicht meine Behauptung, daß vom Bundeshaushalt eher negative als positive Wirkungen auf die Beschäftigungslage ausgehen.Nun wird behauptet, durch die am 1. Januar in Kraft tretende, angeblich größte Steuerreform aller Zeiten werde soviel zusätzliche Kaufkraft im privaten Bereich geschaffen, daß davon konjunkturelle Wirkungen ausgingen. Dies kann man mit Fug und Recht bezweifeln,
denn den größten Teil der dadurch entstehenden Steuerausfälle haben Länder und Gemeinden zu tragen, die damit erneut in ihrer eigenen Investitionskraft geschwächt werden. Denn diese haben nämlich — anders als der Herr Stoltenberg — keine Einnahmen aus dem Bundesbankgewinn.
Ohne diesen Bundesbankgewinn — diese Behauptung wage ich — wäre der Bundesfinanzminister zu einer solchen steuerlichen Entlastung überhaupt nicht bereit gewesen. Für die Empfänger kleiner Einkommen kommt dabei wenig, für die Empfänger großer Einkommen aber viel heraus, obwohl man bei den zuletzt Genannten ja nicht unbedingt annehmen muß, daß sie zusätzliche Steuererleichterungen in Inlandsnachfrage umsetzen.
Ungerecht sind vor allem die Kinderkomponenten in der Steuergesetzgebung.
— Wie immer man rechnen mag, Herr KollegeRoth, eines steht fest: Dieser Regierung ist das
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WaltherKind des Kleinen erheblich weniger wert als das Kind des Großen.
Dies nenne ich die Fortsetzung der Umverteilung von unten nach oben mit steuerlichen Mitteln.In dieses Bild paßt auch die jetzt vorgesehene Verbesserung der Abschreibungsmöglichkeiten für gewerbliche Gebäude. Das ist ein reines Unternehmergeschenk, meine Damen und Herren. Für die Konjunktur bringt es nichts, denn niemand baut zusätzlich, wenn er nicht durch Produktionserweiterungen dazu gezwungen wird. Und dann baut er sowieso, ob mit oder ohne Abschreibungserleichterungen.Aber, Herr Bundesfinanzminister, die gemeindliche Investitionskraft wird auf diese Art und Weise zusätzlich erheblich geschwächt, weil die Gewerbekapitalsteuer sinkt. Der Deutsche Städtetag hat ausgerechnet, daß der durch diese Operation entstehende Ausfall bei den deutschen Gemeinden 1988 rund 1,1 Milliarden DM betragen wird. Das schwächt die Investitionskraft der Gemeinden noch einmal zusätzlich.Jetzt machen Sie neue Steuerversprechungen für die Jahre nach 1988 in Höhe von 38 Milliarden DM nach der Methode: Wer bietet mehr? Darauf, wie das bezahlt werden soll, wem das zugute kommen soll, haben wir bis heute keine Antwort erhalten. Da wird ominös darüber fabuliert, es solle eine Teilfinanzierung durch den Abbau von Subventionen erfolgen.Meine Damen und Herren, nachdem die Subventionen — insbesondere auch die steuerlichen Subventionen — unter dieser Regierung immer weiter steigen, muß man gespannt sein, welcher Subventionsabbau jetzt eigentlich gemeint ist. Hierauf, Herr Bundesfinanzminister — darum bitte ich Sie sehr herzlich — sollten Sie in Ihrer Schlußantwort Auskunft geben.Ich komme zum Herrn Bundeswirtschaftsminister, der hier durch seinen Parlamentarischen Staatssekretär vertreten ist. Ich habe in der Zeitung gelesen, er soll gestern, während wir hier über den Haushalt beraten haben, in München gesagt haben, 25 Milliarden DM für diese Steuergeschenke würden aus dem Abbau von Subventionen finanziert. Nun möge er bitte einmal hier vor den Deutschen Bundestag hintreten und sagen, was er damit gemeint hat und wie er diese Steuergeschenke finanzieren will.
Herr Kollege Dr. Stoltenberg, es bleibt Ihnen nicht erspart: Ich muß an dieser Stelle auf die Strauß-Subvention zu sprechen kommen. Herr Kollege Hoppe, wir haben diese Subvention der Privatfliegerei zu unserer Zeit abgebaut. Jetzt kommt der Herr Strauß, selber Hobbyflieger, und sagt, er — der arme Herr Strauß — müsse für seine Sportfliegerei eine neue zusätzliche Subvention haben. Und schon sagt der Herr Stoltenberg ja; das kostet ja auch nur 15 Millionen DM im Jahr.
Ich hätte es schon gerne gesehen, Herr Kollege Hoppe — ich habe Ihnen nämlich in vielem, was Sie gesagt haben, zugestimmt —, wenn Sie zu diesem Thema einen Satz gesagt hätten. Ich habe mich auch zu einer Zwischenfrage gemeldet, um Ihnen die Gelegenheit dazu zu geben. Ich halte das, was hier geschieht, für einen Skandal, meine Damen und Herren.
Zum persönlichen Nutzen des Herrn Strauß wird eine steuerliche Subvention wieder eingeführt!
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Kleinert?
Wenn sie nicht angerechnet wird, Herr Präsident.
Ja, bitte.
Herr Kollege Walther, würden Sie mir zustimmen, wenn ich davon ausgehe, daß die Vermutung berechtigt sein könnte, daß man daran erkennen kann, daß Herr Stoltenberg den Herrn Strauß für ganz besonders leistungsbereit hält?
Herr Kollege Kleinert, fragen Sie ihn doch nachher selber; er tritt ja gleich ans Mikrophon. Er wird Ihnen die Antwort sicher nicht verweigern.Unter dieser Regierung sind die steuerlichen Subventionen für die Wirtschaft von 12,8 Milliarden DM auf 17,8 Milliarden DM im Jahr, also um 5 Milliarden DM pro Jahr, gestiegen. Dabei sind die Subventionen für die landwirtschaftlichen Großbetriebe noch nicht einmal eingerechnet. Hier sind zu einem großen Teil die Einsparungen im sozialen Bereich auf dem Wege der Umverteilung gelandet. Was Sie zur angeblichen Konsolidierung den sozial Schwächeren genommen haben, landete bei den Großverdienern.
Dieses traurige Fazit muß ich leider ziehen, meine Damen und Herren.Obwohl der Herr Stoltenberg das nicht gerne hört, wiederhole ich noch einmal vergleichsweise die Zahlen der Haushaltsdefizite der letzten Jahre. Von 1983 bis 1986 wird Herr Stoltenberg insgesamt rund 156 Milliarden DM an Haushaltsdefiziten zu verbuchen haben. Dagegen belief sich das Haushaltsdefizit zu Zeiten sozialdemokratischer Finanzminister von 1979 bis 1982 auf 138 Milliarden DM. Das sind also im Vierjahresvergleich 18 Milliarden DM weniger.
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Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 179. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. November 1985 13647
WaltherAber es kommt hinzu: Diese Jahre der sozialliberalen Regierungszeit, von denen ich sprach, waren Jahre des auslaufenden Aufschwungs und der beginnenden Rezession.
Hier hingegen handelt es sich um einen Haushalt im beginnenden Aufschwung. Es wird also noch gravierender, was ich sage, nämlich daß Herr Stoltenberg 18 Milliarden DM mehr Haushaltsdefizite macht als seine sozialdemokratischen Vorgänger unter anderen als den von Herrn Stoltenberg jetzt behaupteten besseren ökonomischen Bedingungen.
Meine Damen und Herren, ich nenne dies erneut eine Scheinkonsolidierung. Der Bundeskanzler beklagt sich, daß seine Politik schlechter dargestellt werde, als sie sei. Bei Ihnen, Herr Dr. Stoltenberg, ist es — es tut mir leid, aber das muß ich doch sagen — genau umgekehrt: Ihre Politik wird besser dargestellt, als sie tatsächlich ist.
Ich komme zu folgendem Ergebnis. Erstens. Der Bundeshaushalt 1986 setzt erneut die skandalöse Umverteilungspolitik fort.
Zweitens. Er entzieht sich seiner beschäftigungspolitischen Verpflichtung und ist zusammen mit der mittelfristigen Finanzplanung ohne jede beschäftigungspolitische Perspektive.
Eine sozialdemokratische Bundesregierung würde erstens, ohne das Ziel der Haushaltskonsolidierung aus dem Auge zu verlieren, die Politik der sozial ungerechten Umverteilung beenden.
Sie würde zweitens eine gerechtere Steuerpolitik einleiten,
die vor allem den wirklichen Leistungsträgern der Gesellschaft zugute kommt.
Eine sozialdemokratische Bundesregierung würde drittens das, was der Bund und der Bundeshaushalt für eine deutliche Verbesserung der Beschäftigungssituation tun können, sofort und beherzt in Angriff nehmen.
Soziale Gerechtigkeit würde nicht wie vom Bundeskanzler als „Sozialneid" diffamiert werden, meine Damen und Herren, sondern als tragendes Element unserer Gesellschaft praktiziert werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie werden verstehen daß nach dem, was ich vortragen durfte, dieser Haushalt nicht den Ansprüchen genügt, die wir Sozialdemokraten an ihn stellen müssen. Wir werden daraus die einzig richtige Konsequenz ziehen: Wir werden ihn ablehnen.Vielen Dank.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Echternach.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Walther, dem Dank, des Sie eingangs Ihrer Rede ausgesprochen haben, möchte ich mich gern anschließen und ihn ausdrücklich auf Sie als den Vorsitzenden des Ausschusses erweitern.Im übrigen aber hat Ihre Rede gezeigt, wie schwer es eine Opposition hat, wenn — wie zur Zeit — die Entwicklung in unserem Lande so sichtbar aufwärts geht. Ein so freundliches Bild, wie es die Sachverständigen über die wirtschaftliche Lage im Lande zeichnen, hat es ja seit vielen, vielen Jahren nicht mehr gegeben. Die Sachverständigen sagen, daß es so weitergeht, j a, daß sich diese wirtschaftliche und finanzielle Aufwärtsentwicklung noch verstärken wird.Wie will die Opposition solchen Erfolgen dieser Politik eine glaubwürdige Alternative entgegenstellen? Sie muß sich ja immer an dem messen lassen, was sie selbst in den 13 Jahren ihrer Regierungszeit vollbracht hat.
Ich weiß nicht, ob dies der Grund ist, warum sich der neue Kanzlerkandidat der Opposition hier der Diskussion entzieht. Herr Brandt hat versucht, dies mit formalen Hinweisen zu entschuldigen, nämlich daß Herr Rau j a Ministerpräsident von NordrheinWestfalen sei.Nur: Dieser Hinweis überzeugt nicht, denn seit 1949 hat sich jeder Kanzlerkandidat, selbst wenn er nicht dem Bundestag, sondern dem Bundesrat angehörte, hier der kritischen Diskussion vor der deutschen Öffentlichkeit gestellt. Herr Brandt hat es damals als Regierender Bürgermeister von Berlin getan.
Der jetzige Bundeskanzler hat dies als rheinlandpfälzischer Ministerpräsident getan. Der bayerische Ministerpräsident hat dies genauso getan. Sie
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13648 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 179. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. November 1985
Echternachhaben sich hier der streitigen Diskussion gestellt, und so gehört sich das auch.
Das gehört sich erst recht, wenn man hier wegen seiner eigenen Politik, wegen seiner Verantwortung massiv angesprochen wird.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Rumpf?
Ja, bitte.
Herr Kollege Echternach, sind Sie denn sicher, ob der Herr Rau Kanzlerkandidat werden wird?
Das ist eine neue Deutung, die Sie dem Wegtauchen des Herrn Rau hier in dieser Debatte geben. Darauf wird die SPD vielleicht nicht eine Antwort geben.
Meine Damen und Herren, ich muß feststellen, daß sich, als z. B. im Verantwortungsbereich des niedersächsischen Ministerpräsidenten eine bestimmte Kraftwerksentscheidung hier von Ihnen massiv angesprochen wurde — das Thema Buschhaus —, der zuständige Ministerpräsident natürlich hier gestellt hat. Während wir hier eine andere Kraftwerksentscheidung im Verantwortungsbereich Ihres Kanzlerkandidaten ansprechen, während wir die Frage aufwerfen, wie Sie es verantworten können, ein solches Kraftwerk in Ibbenbüren mit einem derart massiven zusätzlichen Schadstoffausstoß ans Netz gehen zu lassen — in Buschhaus sind parallel dazu andere Kraftwerke abgeschaltet worden; in Buschhaus ist der Gesamtausstoß an Schadstoffen sogar heruntergegangen —, entzieht sich Herr Rau der kritischen Diskussion vor der deutschen Öffentlichkeit.
Ich habe auch kein Verständnis dafür, daß der Oppositionsführer hier am Dienstag die Bundesregierung zu einer großen Gemeinschaftsleistung von Bund, Ländern und Gemeinden zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit auffordert
und daß dann, wenn diese Bundesregierung genau
das dort tut, wo es noch Probleme gibt, nämlich in
der Bauwirtschaft, ausgerechnet Ihr Kanzlerkandidat sich dieser Gemeinschaftsanstrengung verweigert
und nicht den Beitrag erbringt,
den alle Bundesländer mit dem Bund vereinbart haben und den er als einziger unter den Ministerpräsidenten verweigert.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Waltemathe?
Ja.
Herr Kollege Echternach, haben Sie denn Verständnis dafür, daß der Abgeordnete Kohl einige Minuten hier anwesend war, der Bundeskanzler aber noch gar nicht, während hier der Haushalt beraten wurde?
Sie lenken ab. Der Bundeskanzler hat hier gesprochen, und Ihr Kanzlerkandidat entzieht sich der Diskussion mit ihm. Das ist der Punkt.
Ich weiß nicht, ob er von Ihnen Auftrittsverbot bekommen hat, nachdem er kürzlich vor der Presse eine solche Bauchlandung gemacht hat,
sich so leichtfertig und undifferenziert, wie er selbst gesagt hat, vor der Presse geäußert hat.
Auf jeden Fall aber muß ich feststellen: Wer Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland werden will, der kann und darf sich am Bundestag nicht vorbeimogeln und mit Fernsehstatements über die Runden zu kommen versuchen, sondern der muß sich hier der offenen Diskussion im Deutschen Bundestag stellen.
Wenn ich, meine Damen und Herren, die verschiedenen Diskussionsbeiträge der letzten vier Tage Revue passieren lasse, dann zieht sich durch diese Diskussion wie ein roter Faden — von der Rede von Herrn Vogel über die von Herrn Schröder bis hin zu den beiden Reden, die wir heute gehört haben — der vergebliche Versuch der Opposition, zu einer neuen gemeinsamen Strategie zu gelangen. Drei Jahre lang haben Sie auf Angstmacherei gesetzt. Drei Jahre lang haben Sie versucht, vorhandene Angstgefühle zu aktivieren und gleichzeitig neue Angst zu schüren, z. B. Angst vor dem Krieg, eine Angst, die in einem Volk, das zwei Kriegskatastrophen in diesem Jahrhundert erlebt hat, natürlich sehr tief sitzt. Sie haben massiv die Kriegs-
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Echternachangst geschürt, haben von einer neuen Eiszeit im Ost-West-Verhältnis gesprochen.Und auch Sie, Herr Kollege Brandt, der Sie heute moderate Töne gefunden haben, haben außerhalb des Parlaments und auch innerhalb des Parlaments vor zwei Jahren ganz andere Töne angeschlagen. Sie haben damals vor zwei Jahren hier im Parlament sogar davon gesprochen, daß die Stationierung atomarer Waffen den Atomkrieg führbarer und damit wahrscheinlicher erscheinen lasse. Sie haben noch etwas anderes gesagt: Ich behaupte an dieser Stelle — so sagten Sie —, die Allianz und mit ihr die Bundesregierung versäumen — ich fürchte: leichtfertig; jedenfalls offenkundig — die historische Chance, die Sowjetunion erstmals in der Geschichte vertraglich auf die Verschrottung von zahlreichen modernen Atomwaffen zu verpflichten. — Die Wirklichkeit hat Sie widerlegt. Die beiden Supermächte sitzen zusammen; sie haben sich sogar auf das gemeinsame Ziel verständigt, 50 % ihrer Atomwaffen zu verschrotten. Ich kann nur feststellen: Es gibt große Propheten, es gibt kleine Propheten, und es gibt Sozialdemokraten, die im Gewand von Propheten Angstmacherei betreiben, tatsächlich aber von der Wirklichkeit widerlegt werden.
Die Wirklichkeit zeigt, daß sich die Festigkeit des Westens gelohnt hat, daß sie den Weg für einen Dialog der Supermächte und eine neue Abrüstungsinitiative freigemacht hat. Und wieder einmal zeigt sich, was uns die Geschichte immer wieder lehrt: Nur wer fest bleibt, kann auch Frieden und Sicherheit garantieren.Sie haben Angst vor einer Wirtschaftskrise zu erzeugen versucht, davon gesprochen, daß unsere Stabilitätspolitik zum Kaputtsparen führe. Sie sind widerlegt worden. Seit drei Jahren wächst unsere Wirtschaft mit zunehmender Dynamik.
Sie haben, als sich schon der Aufschwung abzeichnete, davon gesprochen, daß dieser Aufschwung am Arbeitsmarkt vorbeigehen werde, haben Angst vor Arbeitlosigkeit erzeugt, von drei bis vier Millionen Arbeitslosen gesprochen. Auch hier sind Sie durch die Wirklichkeit widerlegt worden. Anders als zur Zeit Ihrer Regierung, 1981 und 1982, als die Arbeitslosigkeit jeweils um über 40 % wuchs, sinkt seit dem Mai dieses Jahres, saisonbereinigt, die Arbeitslosigkeit, und die Beschäftigtenzahlen steigen mit wachsender Beschleunigung an.
Sie haben Angst vor sozialer Not zu erzeugen versucht, mit Ihrer Verelendungspropaganda das Schreckgespenst des sozialen Abstiegs beschworen. Wir haben an Stelle Ihrer Geldentwertungspolitik, die tatsächlich die größte soziale Umverteilung mit sich brachte, aber nicht von unten nach oben,
sondern von oben nach unten,
Stabilitätspolitik betrieben. — Natürlich wirkt sich jede Inflation umgekehrt aus. Sie haben mit Ihrer Inflationspolitik tatsächlich Umverteilungspolitik unsozialster Art betrieben. Wir haben demgegenüber Geldwertstabilität hergestellt, die gerade den sozial Schwachen besonders zugute kommt.
Besonders übel war vor drei Jahren aber Ihr Spiel mit der Angst der Mieter um ihre Wohnungen und vor ungerechtfertigten Mieterhöhungen. Zusammen mit dem Sofortprogramm zur Beseitigung des noch bestehenden Wohnungsmangels haben wir damals das Mietrecht durch den Einbau marktwirtschaftlicher Elemente auf eine neue partnerschaftliche Basis zwischen Mieter und Vermieter gestellt. Wir haben damals erklärt, daß dieses neue Mietrecht mittelfristig zu einer Anpassung der Mietentwicklung an die Lebenshaltungskosten führen werde. Sie haben das Gegenteil gesagt, von „Mieterhöhungsgesetz" gesprochen, uns hier massiv mit Vorwürfen überhäuft.Aber schlimmer als das, was hier gewesen ist, war die anschließende Kampagne des Mieterbundes unter dem Vorsitz Ihres Geschäftsführers Jahn mit den Stichworten: „Demontage des Mieterschutzes", „Mieter werden vogelfrei", „Mietenexplosion", „Gefährdung des sozialen Friedens", „Kann der Mieter nicht mehr zahlen, fliegt er raus". Auch hier haben Sie wieder systematisch Angst geschürt.
Aber der Gipfel war das, was sich in der letzten Woche vor der Bürgerschaftswahl in Hamburg abgespielt hat. Der Bundeskanzler hat es im Zusammenhang mit dem Stichwort Mietenlüge schon angesprochen. Sie haben bezeichnenderweise auch hier in diesen vier Tagen kein Wort dazu gesagt. Ihr Schweigen war beredt.
Am Sonntag vor der Bürgerschaftswahl verteilte die Hamburger SPD in vielen hunderttausend Exemplaren an alle Hamburger Haushaltungen diese „Zeitung am Sonntag" mit der zentralen Oberschrift:
„Kohls Weihnachtsgeschenk: 30 % mehr Miete". Da heißt es weiter:Jetzt zeigt die Regierung Kohl ihr wahres Gesicht. Das neue Mietgesetz macht Millionen Mieter zum Freiwild der Hausbesitzer, das zynischste und unsozialste Weihnachtsgeschenk, das jemals eine Regierung der großen Mehrheit ihrer Bürger verpaßte. Dieses Mietgesetz nimmt 15 Milliarden DM aus den Taschen der Mieter und steckt sie den Vermietern zu.Aber das war nur der Anfang der Mietenlüge; dennin den folgenden Tagen spielten Mieterbund, Bürgermeister von Dohnanyi, der Hamburger DGB-
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EchternachVorsitzende, der gleichzeitig hoher SPD-Funktionär in Hamburg ist, und die Neue Heimat Hand in Hand ein übles Spiel, um die Angst auf einen Höhepunkt zu treiben.
Der Hamburger Senat legte in einer offiziellen Drucksache eine Modellrechnung vor, wonach die Miete einer 600 DM teuren Wohnung innerhalb von zehn Jahren auf 1 460 DM steigen könnte, d. h. also um 15 % in jedem Jahr. Mit diesen Argumenten trommelten Sie, trommelte diese verfilzte Gemeinschaft in dieser Woche Tag für Tag; wahrheitswidrig wurde das Gegenteil von dem behauptet, was im Gesetz stand. Zwei Tage vor der Wahl fand sich dann die Spitze des Gewerkschaftsbundes in Hamburg mit einer solchen Anzeige: „Warnung: Das neue Mietengesetz bringt den sozialen Frieden in Gefahr". Noch einmal an die Hamburger gerichtet hieß es: „In aller Eile hat die Bonner Übergangsregierung nun auch den Mieterschutz gestürzt. Unter dem falschen Etikett ,Ankurbelung des Wohnungsbaus' ist in Wirklichkeit ein Mieterhöhungsgesetz verabschiedet worden. Der Vermieter erhält Rechte, die der Willkür Tür und Tor öffnen; der Mieter verliert Kündigungsschutz."
Dies war schon der Gipfel, aber es kam noch schlimmer. Denn das Trommelfeuer zielte auf einen bestimmten Vorgang, der sich dann am Mittwoch, am Donnerstag und am Freitag vor der Hamburger Bürgerschaftswahl ereignete. In diesen Tagen verteilten die Hausmeister bei der Neuen Heimat und bei den anderen Wohnungsbaugesellschaften
an die Sozialmieter, die vom Gesetz überhaupt nicht betroffen waren, Mietererhöhungsbescheide auf Grund von Mieterhöhungen, die der Hamburger Senat auf Grund von Gesetzen beschlossen hatte, mit denen die neue Regierung gar nichts zu tun hatte, sondern die von der alten Bundesregierung stammten.
Das Ganze haben wir schon damals als Mietenlüge bezeichnet, weil subjektiv die Mieter das als wahr empfinden mußten, was Sie unwahrerweise über unsere Gesetze verbreitet hatten.
— Das tut Ihnen weh, Herr Roth, aber sagen Sie hier etwas zur Sache!
Das ganze Ausmaß der Mietenlüge wird erst in diesen Tagen deutlich; denn heute steht fest, daß unser Mietrechtsgesetz die Entwicklung der Mieten nicht nach oben getrieben, sondern im Gegenteil gebremst hat. Seit Inkrafttreten dieses Gesetzes sind die Mieten Jahr für Jahr niedriger gestiegen, im frei finanzierten Wohnungsbau von 4,4 % auf nur noch 1,8 % im letzten Monat. Das ist die niedrigste Mietsteigerung, seit es überhaupt eine Mietenstatistik gibt, und eine soziale Großtat für alle Mieter.
Genauso unwahr war Ihre Behauptung, das neue Mietgesetz nehme 15 Milliarden DM aus den Taschen der Mieter und stecke sie den Vermietern zu. Die Wahrheit ist: Allein die geringere Mietsteigerungsrate gegenüber 1982 entlastet heute die Mieter um 4 Milliarden DM oder — um es in Ihrer Klassenkampfsprache zu sagen — nimmt 4 Milliarden DM aus den Taschen der Vermieter und steckt sie den Mietern zu. Wenn es eine Umverteilung ist, dann ist es nicht eine Umverteilung von unten nach oben, sondern von oben nach unten. Aber das hat natürlich mit Klassenkampfklischees nichts zu tun, sondern zeigt nur die größere Leistungsfähigkeit eines marktwirtschaftlich orientierten Wohnungsmarktes, zeigt, daß die Marktkräfte bei einem ausgeglichenen Wohnungsmarkt die Mieten eher dämpfen und für mehr Gerechtigkeit sorgen als jede Verteilungsbürokratie.
Besonders makaber ist, daß jetzt die gleichen Kräfte, die damals diese Mietenangst geschürt haben, heute genau das bei der Neuen Heimat praktizieren, nämlich Angst vor Aushöhlung des Mieterschutzes und gleichzeitig vor Vermieterwillkür erzeugen.
Meine Damen und Herren, die Haushaltsberatungen zeigen, daß diese Angstkampagne zusammengebrochen, an der Wirklichkeit und an der Vernunft unserer Mitbürger gescheitert ist. Die Bilanz nach drei Jahren zeigt: Unser politischer Kurs stimmt, und wir werden ihn deshalb konsequent fortsetzen.
Zu einer direkten persönlichen Erwiderung nach § 30 unserer Geschäftsordnung erteile ich dem Herrn Abgeordneten Brandt das Wort.
Herr Präsident, ich bin dankbar für die Möglichkeit — gestützt auf die einschlägige Bestimmung der Geschäftsordnung —, einen Irrtum des Kollegen Echternach richtigzustellen. Tatsache ist, daß ich im Bundestagswahlkampf 1961 nicht in meiner Eigenschaft als Kanzlerkandidat meiner Partei an dieser Stelle gesprochen habe, sondern zu den Vorgängen allein um den 13. August 1961, also nicht in einer kontroversen Auseinandersetzung mit der Regierung. Tatsache ist weiter, daß ich mich — gestützt auf mein Verständnis vom Verhältnis zwischen Bundesrat und Bundestag — auch im Jahre 1965 nicht zu anderen als zu Anliegen der
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Brandtdurch mich vertretenen Stadt vor dem Deutschen Bundestag geäußert habe.Vielen Dank.
Das Wort hat der Abgeordnete Suhr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem in den letzten Tagen so viele Danksagungen ausgesprochen worden sind, möchte ich auch einmal danken, und zwar den Damen und Herren des Stenographischen Dienstes und den Saalboten, die die ganze Debatte, die oft ziemlich ätzend war, miterleben mußten.
Die Fraktion der GRÜNEN lehnt diesen Haushalt auch in der dritten Lesung ab;
denn wir finden, daß dieser Haushalt den großen Problemen der Gegenwart nicht gerecht wird. Ich muß feststellen, daß sowohl bei der SPD wie bei der CDU/CSU wie bei der FDP die Kreativitätsrate noch unter der Inflationsrate liegt.
Sie tendiert nämlich gegen Null. Ihnen fällt absolut nichts mehr ein. Hier werden immer uralte Klamotten hin und her geworfen. Wir sitzen in der Mitte und müssen uns das anhören.
Wir lehnen diesen Haushalt erstens ab, weil er nicht die Abrüstung fördert, sondern die Aufrüstung. Wir lehnen diesen Haushalt 1986 zweitens ab, weil er die ökologische Zerstörung weder in der Bundesrepublik noch international bremst oder gar stoppt. Dieser Haushalt wird die Umweltkrise vielmehr weiter verschärfen und forcieren. Wir lehnen diesen Haushalt drittens ab, weil er nichts dazu beiträgt — weder hier noch in der Dritten Welt —, was geeignet wäre, die Unterschiede zwischen arm und reich zu verringern. Wir lehnen diesen Haushalt auch ab, weil er ökonomisch antiquiert ist und weil er auf die Verschwendung von Milliarden von Steuergeldern für eine irrationale, menschenfeindliche und einseitig orientierte Industriepolitik setzt.Sie fördern Technologien wie Weltraumforschung — sowohl im militärischen wie im zivilen Bereich —, Sie fördern Technologien wie die Atomtechnik, wie Bioäthanol im Agrarbereich, wie Gentechnik
— da sollten Sie sich einmal die Abwässer und dieAbfälle anschauen, die bei Bioäthanol entstehen;dann können Sie einmal von Umweltfreundlichkeit reden —,
Sie fördern Technologien, die alles andere als menschenfreundlich sind. Vielmehr handelt es sich um Großtechnologien, die weitgehend nicht beherrschbar sind und die Milliarden von Steuergeldern verschlingen, die wir für weitaus sinnvollere Investitionen dringend nötig hätten.Wir werden ja immer als die absoluten Technikfeinde hingestellt. Das ist natürlich nicht der Fall. Wir treten vielmehr ein für Spitzentechnologien beim Wassersparen,
bei der Luftreinhaltung, in vielen Umweltbereichen.
Da hat die Politik seit vielen Jahren, seit 15 Jahren kläglich versagt.Diese Bundesregierung arbeitet mit vielen Deckmäntelchen, und zwar in allen Konfektionsgrößen: für Männer und Frauen, für Jugendliche, für Rentner und für Sozialhilfeempfänger.
Dies ist eine Regierung der Vertuschung und der Schönfärberei.Diese Regierung bestreitet, daß es eine Ausweitung der Armut durch die Ausweitung der Massenarbeitslosigkeit gibt. Doch die Wirklichkeit sieht ganz anders aus. So hat z. B. vor wenigen Tagen der Paritätische Wohlfahrtsverband in Nordrhein-Westfalen, dem immerhin 1 400 gemeinnützige Organisationen angehören, festgestellt, daß es in unserer Gesellschaft immer mehr Menschen zweiter Klasse gibt, und zwar Menschen, bei denen der Alltag von der Kontrolle durch Amtspersonen bis hinein in die Kleiderschränke geprägt wird, Menschen zweiter Klasse, bei denen der Alltag durch die Kontrolle von Amtspersonen in Sozialämtern geprägt wird, wo die Türen außen keine Klinke mehr haben, damit niemand mehr unaufgefordert eintreten kann. Es sind Menschen, die unter dieser Sozialpolitik Tag für Tag sehr zu leiden haben.Der unerträgliche Skandal dabei ist, daß diesen Wohlfahrtsverbänden, die versuchen, diese Ausweitung der Armut im Alltag aufzufangen, die Spendengelder ausgehen, weil sie auf Grund der ganzen Parteispendenskandale, die Sie in den letzten Jahren praktiziert haben, keine Spenden mehr bekommen.
Ein weiterer Skandal ist, daß die Bußgelder, die diese Wohlfahrtsverbände früher bekommen ha-
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Suhrben, in zunehmendem Maß in die Staatskasse fließen, um zur Haushaltskonsolidierung beizutragen.
Das ist die barmherzige Politik, die Sie betreiben, Herr Riedl.Wer bei vier Millionen Arbeitsuchenden und über zwei Millionen gemeldeten Arbeitslosen die Privatflieger mit 15 Millionen DM subventionieren will — an der Spitze steht Franz Josef Strauß —, wer so eine Politik betreibt, der hat meines Erachtens jede politische Moral verloren.
Es sollte Ihnen eigentlich die Schamröte ins Gesicht treiben, eine solche Politik hier zu vertreten.Diese Regierung redet davon, den sozialen Konsens erhalten zu wollen, und versucht gleichzeitig, die Gewerkschaften auszubluten und auszutrocknen, indem das Arbeitsförderungsgesetz geändert wird. Da möchte ich Sie doch fragen, ob Sie hier Zustände wie in den USA schaffen wollen, wo in dem Werk von BASF in Louisiana seit 17 Monaten die Arbeitnehmer ausgesperrt werden, und zwar mit ausdrücklicher Billigung der BASF-Zentrale in Ludwigshafen.
Ist das Ihre Sozialpolitik, die Sie hier anstreben? Diesen Arbeitnehmern geht jetzt vor Weihnachten die letzte Unterstützung aus. Sie kämpfen nicht mal für höhere Löhne. Sie kämpfen nur für bessere Arbeitsbedingungen, weil sie nämlich in Louisiana ein zweites Bhopal verhindern wollen.
Kommen wir zum Deckmäntelchen „internationale Schuldenkrise". Herr Stoltenberg, Sie lassen sich im Ausland und im Inland so gern als Musterknabe im Fach Solidität und Seriosität feiern. Sie haben die bundesdeutsche Öffentlichkeit über das enorme Risiko getäuscht, das sich in diesem Bundeshaushalt verbirgt, was die außenwirtschaftliche Flanke angeht. Sie wissen, daß durch die Übernahme von zunehmend risikoreichen Bürgschaften und Garantien für Ausfuhrgeschäfte diese Bundesregierung versucht, den Export weiter hochzupushen. Das wird nach unserer Ansicht die internationale Schuldenkrise verschärfen. Selbst Helmut Schmidt und der Sachverständigenrat haben darauf hingewiesen, daß diese starke außenwirtschaftliche Orientierung eine Fehlentwicklung ist. Wir Grünen treten für eine neue Weltwirtschaftsordnung ohne Ausbeutung und Abhängigkeit ein, und zwar bevor es zum Kollaps kommt.
Und wir fordern eine Dritte Welt-Politik, die nicht eine versteckte und kaschierte Exportförderung ist, wie sie Herr Warnke hier betreibt.
Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist abgelaufen. Bitte kommen Sie zum Schluß.
Ich komme sofort zum Schluß.
0,6% dieses Bundeshaushalts für den Umweltschutz — das sollte sich doch hier jeder noch mal überlegen. Ich weise darauf hin, daß es mittlerweile ein Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung gibt. Und da will ich doch den Herrn Stoltenberg und auch Sie mal auffordern, daß wir 1987 vielleicht nicht mehr über das Sachverständigengutachten reden, sondern daß Sie mal überlegen, wie wir Auswege aus dem Dilemma des industriellen Wachstums finden und daß wir hier wirklich mal Phantasie ansetzen, statt ständig dieses Getöse und diese antiquierte Wirtschaftspolitik zu veranstalten, die uns immer weiter in diese Umweltkrise führen wird.
Ich danke Ihnen.
Ich erteile das Wort dem Herrn Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch diese dritte Lesung des Bundeshaushalts hat — wie die vorhergehenden Tage — grundlegende Auffassungsunterschiede zwischen Koalition und Opposition deutlich gemacht.
Das gilt für die Haushalts- und Finanzpolitik, das gilt für innen- und sozialpolitische Themen und auch für weite Bereiche der Außen- und Sicherheitspolitik. Aber nach einem so heftigen und vielfältigen Schlagabtausch lohnt es sich natürlich auch, zum Schluß darüber nachzudenken, wo es denn überhaupt Punkte der Berührung, vielleicht auch Punkte des begrenzten, sektoralen Einvernehmens gibt — über die Grenzen der politischen Lager hinweg.Ich habe solche Punkte — und will sie hervorheben — in dem erkannt, was einige sozialdemokratische Politiker — Herr Posser noch deutlicher als Herr Walther und Herr Wieczorek — zu den Notwendigkeiten einer Weiterführung der Konsolidierungspolitik gesagt haben. Gerade das Plädoyer des nordrhein-westfälischen Finanzministers, dem ich in vielen einzelnen Punkten nicht zustimme — ich komme nachher noch auf einen wichtigen Punkt zu sprechen —, unterstreicht, daß die Länder und auch der Bund nach den schweren Hypotheken einer falschen Politik der 70er Jahre im Prinzip keine an-
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Bundesminister Dr. Stoltenbergdere Wahl haben, als auf gesundere Staatsfinanzen zu setzen.
Unter diesem Vorzeichen habe ich den Beitrag eines profilierten sozialdemokratischen Finanzministers in der Haushaltsdebatte des Bundestages hier begrüßt.Herr Kollege Hoppe hat auf die Beratungsergebnisse des Finanzplanungsrates verwiesen. Dort, im überparteilichen Kreis der Minister des Bundes und der Länder und der kommunalen Spitzenverbände, ist der Konsens sogar noch ein Stück größer, als hier in der öffentlichen Sitzung des Bundestages sichtbar wurde. Ich sehe auch gewisse Punkte der Berührung — zumindest in der Analyse — in dem, was einige sozialdemokratische Kollegen zu Fragen der internationalen Währungs- und Wirtschaftspolitik gesagt haben. Das kann ich — ich mache nur eine Randbemerkung, Herr Suhr,
zu Ihren Bemerkungen und denen der GRÜNEN — hinsichtlich der kleineren Opposition in diesem Hohen Hause nun überhaupt nicht erkennen: Fast alles ist falsch.
Sie behaupten, daß wir den Export mit steigenden Bürgschaften und Gewährleistungen künstlich stimulieren. Wahr ist, daß der Prozentsatz der deutschen Exporte, der mit Bürgschaften und Gewährleistungen abgesichert wird, in den letzten drei Jahren rückläufig war. Aber Sie wollen sich die Reinheit und Torheit ideologischer Vorurteile j a nicht einmal in einer Haushaltsdebatte durch Tatsachen trüben lassen.
Falsch ist auch das, was Sie zum Anteil der Mittel für Umweltschutz in diesem Bundeshaushalt — wer immer Ihnen die 0,6 % ausgerechnet hat — hier vorgetragen haben. Aber der Punkt ist ja ein ganz anderer: Wir verpflichten die Unternehmen und die Energiewirtschaft durch eine immer anspruchsvollere Umweltschutzgesetzgebung zu hohen, zweistelligen Milliarden-Investitionen. Und hier ist es — das muß ich Ihnen als einer sogenannten antikapitalistischen Partei einmal sagen — doch völlig richtig, daß die Unternehmen — die privaten und die staatlichen — diese Kosten selbst tragen, die notwendig sind, so daß nicht immer mehr auf den Steuerzahler, auf den Bundeshaushalt abgewälzt wird.
Von Interesse war, wenn ich hier noch einmal über Punkte der Berührung oder des Einvernehmens reflektiere, für mich auch das, was der Kollege Mitzscherling — sehr knapp allerdings — zur Steuerpolitik gesagt hat. Es unterscheidet sich von manchen anderen öffentlichen Äußerungen aus dem sozialdemokratischen Lager. Ich begrüße es, daß er einen zentralen Punkt unseres Konzepts, die Verbreiterung der Bemessungsgrundlage durch Abbau von Steuersubventionen, unterstützt hat, um das Ziel einer nachhaltigen Tarifsenkung zu erreichen.
Wenn wir auf dieser Grundlage vernünftig weiterdiskutieren können, dann ist das auf diesem Sektor ein begrenzter Fortschritt. Aber gerade hier gibt es nun in der Tat — ich will nicht das vertiefen, was andere gesagt haben — noch ein sehr breites und gegensätzliches Meinungsspektrum in der öffentlichen Debatte der Sozialdemokratie.Meine Damen und Herren, für mich ist die Bilanz dieser Tage — auch nach den Ausführungen, die Herr Kollege Brandt heute gemacht hat —: Wir können eine in sich schlüssige finanz- und wirtschaftspolitische Alternative der SPD zu unserem Kurs nicht erkennen.
Ich möchte mich bei den Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU und der FDP für die engagierte Unterstützung unserer Finanz- und Haushaltspolitik, für die eindrucksvolle Art, in der das geschehen ist, und auch für den freundschaftlichen persönlichen Zuspruch bedanken.Ich möchte zu den kritischen Anmerkungen von Herrn Kollegen Brandt — —
— Ich bitte um Entschuldigung, ich schaue auf die Uhr, Herr Kollege Suhr. Ich möchte jetzt zu Herrn Kollegen Brandt einiges sagen.Wir sind uns der anhaltenden Probleme und Belastungen für die staatlichen Bilanzen und viele Menschen, die aus der Rezession der Jahre 1980 bis 1983 weiterwirken, sehr wohl bewußt. Nichts in dem, was der Bundeskanzler, die Fraktionsvorsitzenden der Koalition und viele von uns hier gesagt haben, rechtfertigt, Herr Brandt, die Behauptung, daß wir uns an jenen orientieren, die in der Sonne stehen, und jene übersehen, die die Lasten eines schweren Lebensschicksals tragen. Nichts rechtfertigt diese Unterstellung, die ich nachdrücklich zurückweise!
Es ist ein zentraler Punkt unserer Begründungen für diese Politik gewesen, die Sie kritisieren, daß sie allen Bürgern dienen soll. Geldwertstabilität statt Verharmlosung der Inflation ist am wichtigsten für die sozial schwachen Bürger unseres Landes.
Auch in den Jahren hoher Inflation, Herr Kollege Brandt, die die Sozialdemokratische Partei weitgehend politisch vertreten muß, konnten Bezieher hoher Einkommen und Leute mit Vermögen ausweichen in Sachanlagen, in Immobilien im In- und Ausland; aber die Rentner, die kinderreichen Familien mit kleinen Einkommen, die große Mehrzahl der
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Bundesminister Dr. StoltenbergArbeitnehmer, konnten es nicht, und sie wurden von dieser Inflation auf das schwerste getroffen.
Wir haben nach dem Regierungswechsel den von Ihnen und Ihren Freunden über Jahre gekürzten Bundeszuschuß zur Rentenversicherung wieder voll hergestellt. Das ist praktische Politik für die Rentner: Sicherung der sozialen Systeme, während Sie — natürlich in einer Notlage; wir haben darüber vorgestern gesprochen — die Finanzgrundlagen der Rentenversicherung durch Kürzung des Bundeszuschusses geschwächt haben.
Wenn ich da noch einmal an Ihre Worte erinnere, Herr Kollege Brandt, das ist eben der häufige Widerspruch zwischen Deklamation in der Öffentlichkeit und praktischem Handeln in der eigenen Verantwortung.
Wir glauben mit vielen, über den Kreis unserer politischen Anhänger hinaus, daß mehr private und öffentliche Investitionen, wobei das Schwergewicht auf den privaten liegen muß,
für neue dauerhafte Arbeitsplätze wichtiger sind als kurzfristige Programme.Die von Herrn Kollegen Walther in einem Punkt soeben noch wieder kritisierten Entscheidungen für bessere Bedingungen für die hart bedrängte Bauwirtschaft, die hart bedrängte Landwirtschaft, sollen den betroffenen Menschen dienen, vor allem auch den Bauarbeitern. Herr Kollege Walther, Sie haben noch einmal einen fundamentalen Gegensatz deutlich gemacht, wenn Sie unter dem Thema „Erhöhung der Steuersubventionen" die Abschreibungen für Wirtschaftsgebäude kritisiert haben. Hier ist in der Tat eine sachliche Alternative erkennbar. Wir halten es für richtig — in diesem Punkte übrigens auch international unterstützt durch die Entwicklung der Abschreibungssätze in anderen Ländern —, daß wir die Steuerpolitik einsetzen, um einem bedrängten Wirtschaftszweig und seinen Arbeitern durch bessere Bedingungen für private Investitionen zu helfen.
Zu den heutigen Pressemeldungen zum Thema Flugbenzin will ich Ihnen nur in aller Kürze sagen:
Wir haben aus Ihrer Regierungszeit eine Situation, in der 97 % des verbrauchten Flugbenzins steuerlich freigestellt sind und 3 % nicht. Niemand kann mir erklären, weshalb es sinnvoll ist, daß regionale Fluggesellschaften freigestellt sind und private Schulen zur Ausbildung von Piloten nicht. Nun gibt es die Alternative, für die sehr vieles spricht, allewieder in die Besteuerung einzubeziehen. Das haben Sie nicht erreicht, und das ist auch heute nicht konsensfähig. Aber wenn die Angleichung in die eine Richtung nicht möglich ist, in ihrer Zeit nicht möglich war und auch in unserer Zeit politisch nicht möglich ist, ist es richtig, die Abgrenzung in die andere Richtung vorzunehmen. Dabei sage ich offen: Das ganze Thema wird sich wieder einmal als Thema der europäischen Steuerharmonisierung stellen. Im Moment tun wir einen Schritt zur Verwaltungsvereinfachung und zur Klarstellung,
und es ist abwegig, den Kollegen Franz Josef Strauß in dieser Hinsicht abzuqualifizieren.
Herr Kollege Brandt hat gesagt: Eine nächste Rezession kommt sicher. Das ist, glaube ich, ein sehr wichtiger Punkt. Ich möchte es anders formulieren: Eine Abschwächung der Konjunktur kommt eines Tages sicher, aber wir müssen zwei Dinge tun — und das berührt den Kern unserer Strategie, unseres Denkens und Handelns, Herr Kollege Brandt —:Erstens müssen wir das uns Mögliche tun, damit dieser Konjunkturzyklus eine möglichst lange Periode des Wachstums bringt — nicht nur im Interesse der Ökonomie, sondern auch im Interesse der Menschen!
Zweitens müssen wir durch unsere Finanz- und Wirtschaftspolitik unsere Volkswirtschaft so stabil, so wetterfest machen, daß ein Konjunkturabschwung uns möglichst nicht wieder in eine Rezession mit einem stark schrumpfenden Sozialprodukt hineinführt — mit all den sozialen und menschlichen Härten, die wir noch bis heute verspüren. Das ist der Punkt!
Eine Garantie dafür kann bei den weltwirtschaftlichen Verflechtungen für die Zukunft niemand übernehmen — das ist wahr —, aber die Erfahrung der letzten Rezession Anfang der 80er Jahre zeigt, daß es von Japan bis zur Schweiz Länder gab — ich habe sie hier in anderen Zusammenhängen mehrfach zitiert —, die diese Zeit einer weltweiten Konjunkturabschwächung und weltwirtschaftlicher Erschütterungen besser überstanden haben, die nicht wie wir in jene schlimme Schrumpfung der volkswirtschaftlichen Daten hineingeraten sind.Wir sollten eine ernsthafte Diskussion, die wir — das habe ich hervorgehoben — in diesen Tagen — neben viel Polemik — in Ansätzen in einigen Beiträgen geführt haben, darauf konzentrieren, was wir denn tun müssen und tun können, um uns auf möglicherweise einmal wieder schwierigere weltwirtschaftliche Bedingungen vorzubereiten.Meine Damen und Herren, dazu gehört eine Finanzpolitik, die nicht die alten Fehler, die Fehler
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Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 179. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. November 1985 13655
Bundesminister Dr. Stoltenbergder 70er Jahre, im Gewande neuer schöner Überschriften wiederholt.
Daß ehrenwerte, sozial gut gemeinte Absichten nicht genügen, erleben ja in diesen Tagen auch andere bekannte sozialistische Politiker. Der Ihnen, Herr Kollege Brandt, politisch und, wie ich glaube, auch persönlich eng verbundene Andreas Panpandreou muß in diesen Wochen in Athen feststellen, daß er mit einer falschen linkssozialistischen Politik der verbalen Volksbeglückung sein Land in die schwerste Krise der Nachkriegszeit hineingeführt hat.
Ich weiß das deshalb etwas genauer, weil wir am Monat letzter Woche im zuständigen Rat der Europäischen Gemeinschaft lange über bestimmte Beistandsmaßnahmen für Griechenland gesprochen haben.
Die dort vorgelegte Bilanz dieser Politik war — ich will das hier sehr höflich sagen — mehr als kritisch. Die sozialen Härten, die dort auftreten und zu großen Erschütterungen führen, zu Massenprotesten der Gewerkschaften in einer Form, wie wir sie in der Bundesrepublik Deutschland von 1949 bis 1985 nicht erlebt haben, zeigen, welche Fehler vermieden werden müssen. Wir haben uns entschlossen, im Rahmen der Solidarität der Gemeinschaft Beistand zu leisten, auch und vor allem auf dem Gebiet der Währungspolitik. Aber dies alles sollte für die eine Warnung sein, die die alten falschen Rezepte wieder anwenden wollen.
Herr Kollege Brandt, Sie haben in Ihrem Beitrag die Frage der gemeinsamen Verantwortung, die Frage der Gemeinsamkeit, aufgeworfen. Diese Frage haben wir alle immer wieder sehr ernst zu nehmen. Ich muß allerdings offen sagen, daß manches, was hier von einzelnen Ihrer Freunde — wenn ich etwa an den zweiten Hauptsprecher der Sozialdemokratie, den Abgeordneten Schröder , denke — geboten wurde, Gemeinsamkeit nicht stärkt, sondern zerstören kann.
Wissen Sie, keiner von uns kann in einer mehrtägigen Debatte immer im Plenum sein, aber man kann diese Frage der Gemeinsamkeit nicht aufnehmen, ohne noch einmal auf diese Rede des Herrn Schröder einzugehen.Der Herr Schröder hat hier — ich sage das nur zum Thema „gemeinsame Verantwortung" — Dinge gesagt, die unglaublich sind.
— Das habe ich nicht gesehen. — Das alles steht,gesagt von einem Hauptredner der SPD, im Protokoll dieser Woche, und ich will nur zwei Sätze zitieren. Herr Schröder sagt:Ich denke, für diese Regierung müßte eine neue Hymne geschrieben werden. Ich habe Ihnen einige Begriffe genannt, die dafür in Frage kommen: Egoismus und Zwietracht und Spaltung.
Diese Verunglimpfung unserer Nationalhymne und diese Verunglimpfung der Mitglieder der Bundesregierung macht jedes Reden von Gemeinsamkeit aus Ihren Reihen unglaubwürdig, solange das nicht in Ordnung gebracht wird.
Jedem entfährt in der Hitze des Wortwechsels einmal ein unbedachtes Wort. Keiner ist davon frei. Das war eine von der ersten bis zur letzten Zeile aufgeschriebene Rede der Niedertracht. Ich bitte Sie, Herr Brandt, bringen Sie das in Ordnung, wenn Sie hier noch einmal von Gemeinsamkeit sprechen wollen.
Auch in wichtigen politischen Sachfragen sind die Gegensätze seit 1982 größer geworden. Herr Kollege Brandt, Sie haben zu wichtigen Fragen der internationalen Politik, der Sicherheitspolitik und der Rüstungsbegrenzung geredet. Das will ich in der Kürze der Zeit im einzelnen nicht inhaltlich aufnehmen.
Ich will aber eines sagen: Es läßt sich nicht bestreiten, daß in den zentralen Fragen der Sicherheitspolitik, in dem Konflikt über Nachrüstung ihre Partei die Linie der Regierung Schmidt verlassen hat. Das läßt sich nicht bestreiten.
Es ist eines der bedeutensten Verdienste des von Ihnen und Ihren Freunden geschmähten Bundeskanzlers Helmut Kohl, daß er in schweren inneren Auseinandersetzungen überzeugend diesen verantwortungsbewußten Kurs der Sicherheitspolitik des Bündnisses durchgesetzt hat.
Ich habe bei dem Stichwort Gemeinsamkeit, Herr Kollege Brandt, auch noch an andere Vorgänge dieser Wochen gedacht. Wir alle in diesem Hohen Hause — ich vermute: außer den Kollegen der GRÜNEN wohl sonst alle — haben vor wenigen Wochen in würdiger und eindrucksvoller Form des 30jährigen Bestehens der Bundeswehr gedacht.
Es sind — ich habe die Berichte hier — auch von Ihnen viele gute Reden gehalten worden.
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13656 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 179. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. November 1985
Bundesminister Dr. Stoltenberg— Bei Ihnen habe ich das nicht unterstellt; Sie brauchen das nicht durch Zwischenrufe klarzustellen. Im übrigen rede ich gerade mit den Kollegen der SPD.
Sie haben auch durch einen Empfang im Öllenhauer-Haus mit einer angemessenen und würdigen Rede herausgestellt — worin wir uns einig sind —: daß die Bundeswehr in diesen 30 Jahren als demokratische Volksarmee fest in unsere Verfassung und in das Leben unseres Volkes eingebettet ist. Das ist ein Sachverhalt, den wir alle nur begrüßen können.Aber etwa zur selben Zeit, in der die Führung der Sozialdemokratischen Partei dies öffentlich im Öllenhauer-Haus sagte, gab es auch ganz andere Vorgänge. Ich möchte sie, Herr Kollege Brandt, auf die Vorgänge in Ihrer Heimatstadt Lübeck hinweisen. In Lübeck ist wie in vielen anderen Orten anläßlich dieses 30jährigen Jubiläums vor wenigen Wochen das feierliche Gelöbnis in der Öffentlichkeit auf dem traditionsreichen Lübecker Marktplatz durchgeführt worden. Es war das feierliche Gelöbnis einer Bundeswehreinheit, die wirklich seit Jahrzehnten fest im Leben dieser Stadt verankert ist, die sich bei Katastrophenfällen und bei vielen anderen schwierigen Situationen in vorbildlicher Weise für die Bürger eingesetzt hat. Im Vorfeld dieses feierlichen Gelöbnisses auf dem Lübecker Marktplatz gab es eine heftige Kampagne. Sozialdemokratische Distrikte kritisierten es auf das heftigste.
Die „Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristen", ASJ, in Lübeck bestritt die politische und rechtliche Legitimation, ein feierliches Gelöbnis auf dem Lübecker Marktplatz in dieser Form durchzuführen.
Auf dem Lübecker Marktplatz — das will ich Ihnen einmal sagen — reden Politiker der SPD, der CDU, wir beide, Herr Brandt und ich gehören dazu, der FDP, der Kommunisten, der GRÜNEN. Dort werden Flugblätter jeglicher Provenienz verteilt. Dort protestiert, wer will. Das alles ist möglich. Aber Sie wollen den Soldaten der Bundeswehr absprechen, daß sie dort in der Öffentlichkeit ihr feierliches Gelöbnis leisten. Das ist ja unglaublich!
Unter maßgebender Mitwirkung der örtlichen Vertreter der Sozialdemokratischen Partei ist ein Klima der Aggression entstanden, das zu folgendem Ergebnis geführt hat. Bei diesem feierlichen Gelöbnis waren viele Tausende Lübecker Bürger als Gäste zugegen, auch Kommunalpolitiker der SPD, natürlich über tausend Eltern und Angehörige, die aus allen Teilen des Bundesgebietes gekommen waren. Aber in nicht großer Entfernung von dieser eindrucksvollen und würdigen Veranstaltung hatten sich einige Hundert zusammengefunden, die durchmassive akustische Störungen diese würdige Veranstaltung schwer beeinträchtigt hatten.
— Da klatschen die GRÜNEN noch. Ich will das gerne im Protokoll festhalten. An dieser Stelle zu klatschen macht die Verkommenheit Ihrer Gesinnung wirklich sichtbar.
Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Ich beantworte keine Zwischenfrage von Ihrer Seite. Ich empfinde das als eine Zumutung, was Sie hier vorführen, auch in Ihren Zwischenrufen und Reaktionen. Ich halte das für eine Zumutung.
Ich beantworte keine Zwischenfrage und möchte mich an die Kollegen der Sozialdemokratischen Partei wenden
und Ihnen folgendes sagen. Sie müssen diesen Widerspruch zwischen Erklärungen der Solidarität mit der Bundeswehr und ihren Soldaten, die von vielen hier sicher aufrichtig gemeint abgegeben werden, und dem schlimmen Zustand, in dem sich Ihre Partei in weiten Teilen der Bundesrepublik Deutschland befindet, einmal auflösen.
Ziehen Sie endlich einen klaren Trennungsstrich, nicht nur verbal, sondern auch im Handeln, was die Aktionsgemeinschaften mit Kommunisten, Anarchisten und bestimmten Gruppierungen der GRÜNEN anbetrifft!
Herr Kollege Brandt, Sie haben in Verbindung mit der Diskussion über Menschenrechte erneut Kritik an meinem Freund Heiner Geißler geübt.
Herr Abgeordneter Mann, ich bitte, Ihre dauernden Zwischenrufe einzustellen.
Ich will auf den strittigen Punkt eingehen. Ihre Anmerkungen bezogen sich ja eindeutig auf die Kritik, die Heiner Geißler in Verbindung mit der Verleihung
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Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 179. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. November 1985 13657
Bundesminister Dr. Stoltenbergdes Friedensnobelpreises an einen der beiden Vorsitzenden des Ärztekomitees, den stellvertretenden sowjetischen Gesundheitsminister Tschasow, geübt hat. Herr Tschasow, Professor, ist einer der beiden Vorsitzenden des in Oslo auszuzeichnenden Ärztekomitees gegen Atomkrieg. Aber, Herr Kollege Brandt, Sie können es nicht aus der Welt schaffen, daß dieser Herr Tschasow Mitunterzeichner eines der diffamierenden, Andrej Sacharow in seiner Existenz bedrohenden Dokumente kommunistischer Verfolgung gewesen ist.
Wenn wir in der Diskussion über Menschenrechte, die Sie hier eingeführt haben, darüber nachdenken, wer denn von den Verfolgten — es gibt ja erschreckend viele in unserer Zeit — in seiner Lebensleistung, in seiner Haltung, in seiner wissenschaftlichen und menschlichen Integrität höchste Bewunderung verdient, dann werden viele von uns gemeinsam Andrej Sacharow zu den ersten zählen. Ich sage das ausdrücklich als meine eigene Position.
Dieses Dokument mit der Unterschrift des Herrn Tschasow ist ein bedrückendes, ein schlimmes Dokument, denn es war ja die Einleitung zu dieser unglaublichen Kampagne der Einschüchterung, Unterdrückung und Verbannung bis hin zur Bedrohung der persönlichen Existenz Sacharows und seiner Frau. Man muß auch wissen, daß andere Mitglieder der sowjetischen Akademie der Wissenschaften es abgelehnt haben, dieses Dokument zu unterzeichnen, was diese nicht näher zu nennenden Mitglieder im Gegensatz zu Herrn Tschasow ehrt.
Herr Tschasow ist einer der beiden internationalen Vorsitzenden der auszuzeichnenden und zu ehrenden Organisation. Aber er ist auch stellvertretender Gesundheitsminister der Sowjetunion, einer der hohen staatlichen Funktionäre dieses Landes. Zu den führenden Mitgliedern der sowjetischen Sektion gehört Herr Wotanjan, der nach den Erklärungen der führenden deutschen Ärzte auf diesem Gebiet unmittelbare Mitverantwortung für die grausame Methode, Bürgerrechtler in der Sowjet-. union in psychiatrische Anstalten einzuweisen, trägt.
Sie müssen es Heiner Geißler und uns und vielen anderen erlauben, daß wir Zweifel an der Weisheit der Entscheidung äußern, Herrn Tschasow mit dem Friedensnobelpreis auszuzeichnen.
Herr Kollege Brandt, wir stehen mit dieser Haltung nicht so alleine, wie Sie meinen.
Ich lese in der norwegischen Zeitung „Aftenposten", daß die Ihnen persönlich ja sehr gut bekannte langjährige Vorsitzende des Nobelpreiskomitees, die sozialdemokratische Politikerin Frau Aase Lionnesfolgendes erklärt hat: Sie werde nicht an dieser Preisverleihung, sondern am gleichen Tag an einem Schweigemarsch zu Ehren Andrej Sacharows teilnehmen.
Ich persönlich halte das für eine gut begründete Entscheidung.
— Und ich nehme die Zwischenfrage nicht an. — Nein, natürlich nicht.
Herr Abgeordneter Mann, der Bundesminister läßt keine Zwischenfrage zu. Nehmen Sie das zur Kenntnis!
Nein, ich lasse keine Zwischenfrage zu.
— Entschuldigen Sie, ich diskutiere zur Zeit mit dem Parteivorsitzenden der SPD, dem Herrn Kollegen Brandt.
Dieses Verhalten einer der hervorragendsten sozialdemokratischen Politikerinnen Norwegens, vieler Bürger Norwegens und vieler in anderen Ländern zeigt, daß Heiner Geißler seine kritischen Fragen und Anmerkungen hier zu Recht gemacht hat.
Es wäre gut, wenn auch die führenden deutschen Ärzte in diesem Komitee — so Herr Professor Richter, der sich durch maßlose Attacken gegen Heiner Geißler disqualifiziert — ihre Position noch einmal bedenken würden.
Lassen Sie mich im letzten Teil meiner Ausführungen doch noch einmal auf einige finanzpolitische Fragen zurückkommen.
— Ich verstehe Ihren Zustand der hochgradigen Erregung nicht. Sie haben hier so maßlos gegen uns polemisiert, daß Sie doch auch einmal einige harte Zurechtweisungen hinnehmen müssen, auch wenn
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Bundesminister Dr. StoltenbergSie sie nicht billigen, meine Damen und Herren von den GRÜNEN.
Ich sagte schon, daß das Land Nordrhein-Westfalen und seine Regierung in dieser Debatte ja in mehrfacher Hinsicht eine Rolle gespielt haben. Ich habe schon den Beitrag von Herrn Posser erwähnt, der die Sorgen und Nöte dieses einstmals so wirtschafts- und finanzstarken Landes hier vorgetragen hat. Zur Begründung hat Herr Posser erklärt, er sage das im Deutschen Bundestag, weil der Bundestag für die Einnahmen der Länder zuständig sei. Das ist formal, verfassungsrechtlich richtig, aber tatsächlich ist es nur eine Teilwahrheit. Denn die Einnahmen der Länder und Gemeinden sind ja auch Ausdruck der regionalen Wirtschaftskraft und damit der Bilanz der Landespolitik im Guten oder Schlechten über längere Zeiträume hinweg. Diese Bilanz ist in den ökonomischen Daten und finanziellen Auswirkungen für Nordrhein-Westfalen leider außerordentlich ungünstig, ja schlecht. Das ist ein weiterer Grund, warum wir hier gern einmal mit Herrn Johannes Rau diskutieren möchten, Herr Kollege Brandt.
Nun spielen immer wieder das Thema der BundLänder-Beziehungen in finanzwirtschaftlichen Fragen und natürlich der Länderfinanzausgleich eine entscheidende Rolle. Zum erstenmal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland klagen sieben Länder gegen den Gesetzgeber — aber im Grunde gegeneinander — in den Fragen des Länderfinanzausgleichs vor dem Bundesverfassungsgericht. Ich bedaure das als ein Politiker, der j a viele Jahre Verantwortung im Bereich der Länder getragen hat.
Ich finde nicht, daß das eine Sternstunde des Föderalismus ist. Ich hätte es vorgezogen, wenn die Länder auch nach 1982 zu einer politischen Verständigung in der Frage des Finanzausgleichs gekommen wären. Sie werden es nach der Entscheidung des Verfassungsgerichts sicher gemeinsam mit uns tun müssen.Ich persönlich bin auch davon überzeugt, daß eine Intensivierung, eine Verstärkung des Länderfinanzausgleichs notwendig ist.
Ich sage das im Interesse der finanzschwächeren Länder insgesamt.
— Ich gehe jetzt nicht auf die Einzelheiten ein, Herr Kollege Walther.Ich will auch hervorheben, daß diese Bundesregierung ihren Beitrag zur Ausgleichsfunktion leistet.
Wir werden in dem jetzt zur Abstimmung anstehenden Haushalt 1,74 Milliarden DM allein an Bundesergänzungszuweisungen den finanzschwächeren Ländern übertragen.Ich muß natürlich schon daran erinnern, daß wenige Monate vor dem Regierungswechsel die Position der damaligen sozialdemokratischen Bundesregierung — meiner Vorgänger Lahnstein und Matthöfer und des Bundeskanzlers Helmut Schmidt — war, die Bundesergänzungszuweisungen auf ein Drittel, allenfalls auf 50 % der heutigen Größenordnung drastisch abzubauen.Ich sage dies im Anschluß an die Rede von Herrn Posser auch im Deutschen Bundestag, weil das sehr oft in Vergessenheit gerät, wenn man die Ausführungen von Herrn Lafontaine, Herrn Wedemeier und anderer in sozialdemokratisch bestimmten Landesparlamenten hört.Nein, wir sind für eine länderfreundliche Politik. Aber niemand kann in einem Bundesstaat den einzelnen Ländern die letzte Verantwortung für ihre Haushalte abnehmen.
Unsere längerfristigen Ziele sind deutlich geworden: eine Rückführung der Steuer- und Abgabenbelastung für die Bürger, vor allem für die arbeitenden Menschen; mehr Freiraum für persönliche Verantwortung und Initiative und deshalb, Herr Kollege Wieczorek, eine Zurückführung der gefährlich überhöhten Staatsquote.Das ist die Voraussetzung für mehr Krisenfestigkeit, aber nicht, wie Herr Wieczorek meinte, eine Gefährdung des sozialen Friedens. Den sozialen Frieden gefährdet, wer die finanziellen und wirtschaftlichen Grundlagen unseres Landes wieder schwächen will und letzten Endes in Frage stellt. Dieser Zusammenhang ist untrennbar.
Wir haben keinen Anlaß zur Selbstgefälligkeit. Wir haben das hier auch nicht gezeigt. Kein Ansatz von Selbstgefälligkeit ist bei uns erkennbar.
Aber wir glauben, daß wir nach einer guten Zwischenbilanz, vor allem durch die Leistung der Menschen der Bundesrepublik Deutschland, durch die Leistung der arbeitenden Menschen, Zuversicht haben können, die Probleme der Zukunft zu meistern.
Zu einer kurzen Erwiderung nach § 30 der Geschäftsordnung erteile ich dem Abgeordneten Vogel das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie, Herr Bundesminister Stoltenberg, haben in Ihren Ausführungen soeben Kritik an Äußerungen eines Mitglieds meiner Fraktion geübt.
Sie haben außerdem Vorgänge in Lübeck, die imeinzelnen hier nicht bekannt sind, kritisiert. Das ist
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Dr. VogelIhr parlamentarisches Recht. Aber, Herr Bundesminister Stoltenberg, Sie haben das in einer Art und Weise getan, die eines deutschen Bundesministers unwürdig ist.
Sie haben, Herr Bundesminister, darüber hinaus das norwegische Nobelpreiskomitee in einer Art und Weise diffamiert, die ich für meine Fraktion auf das entschiedenste zurückweise.
Sie haben, Herr Bundesminister,
unserem Volk heute einen Vorgeschmack darauf gegeben, mit welcher Rücksichtslosigkeit und Brutalität Sie den Wahlkampf zu führen gedenken.
Sie, Herr Bundesminister, haben in diesem Zusammenhang
das Wort „Verkommenheit" benutzt.
Dieses von Ihnen eingeführte Wort fällt auf Sie zurück, Herr Bundesminister.
Sie werden an diesem Wort lange zu tragen haben.
Aus der Reihe derer, denen wir bei aller Gegensätzlichkeit den Respekt und die Hochachtung nicht versagen, haben Sie sich mit dieser unglaublichen Entgleisung verabschiedet.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.Ich rufe nunmehr die Entschließungsanträge zu den Einzelplänen auf, und zwar zuerst die Entschließungsanträge zu Einzelplan 06.Es ist beantragt, die Entschließungsanträge der Fraktion der SPD auf den Drucksachen 10/4348 und 10/4349 zum Einzelplan 06 zur federführenden Beratung an den Haushaltsausschuß und zur Mitberatung an den Innenausschuß zu überweisen. Weiterhin ist beantragt worden, den Entschließungsantrag auf Drucksache 10/4387 zur federführenden Beratung an den Innenausschuß und zur Mitberatung an den Ausschuß für Verkehr zu überweisen. Gibt es dazu anderweitige Vorschläge? — Das ist nicht der Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.Ich rufe jetzt die Entschließungsanträge der Fraktion der SPD zum Einzelplan 09 auf den Drucksachen 10/4350 bis 10/4354 auf. Es ist beantragt, diese Entschließungsanträge zur federführenden Beratung an den Haushaltsausschuß und zur Mitberatung an den Ausschuß für Wirtschaft zu überweisen. Gibt es dazu anderweitige Vorschläge? — Das ist nicht der Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.Wir kommen zur Abstimmung über die Entschließungsanträge der Abgeordneten Bueb, Auhagen und der Fraktion DIE GRÜNEN zum Einzelplan 11 auf den Drucksachen 10/4325 und 10/4390. Wer dem Entschließungsantrag auf Drucksache 10/4325 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Wer stimmt dagegen? — Enthaltungen? — Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.Wer dem Entschließungsantrag auf Drucksache 10/4390 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Wer stimmt dagegen? — Enthaltungen? — Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.Ich rufe jetzt die Entschließungsanträge der Fraktion der SPD zum Einzelplan 14 auf den Drucksachen 10/4361 bis 10/4363 auf. Es ist beantragt, diese Entschließungsanträge zur federführenden Beratung an den Haushaltsausschuß und zur Mitberatung an den Verteidigungsausschuß zu überweisen. Gibt es dazu anderweitige Vorschläge? — Das ist nicht der Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.Zum Einzelplan 15 liegt ein Entschließungsantrag des Abgeordneten Bueb und der Fraktion DIE GRÜNEN auf Drucksache 10/4393 vor. Wer diesem Entschließungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Wer stimmt dagegen? — Enthaltungen? — Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.Ich rufe die Entschließungsanträge zum Einzelplan 23 auf den Drucksachen 10/4328 und 10/4355 auf.Wer dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Suhr, Volmer und der Fraktion DIE GRÜNEN auf Drucksachen 10/4328 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Wer stimmt dagegen? — Enthaltungen? — Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.Meine Damen und Herren, die Fraktion der SPD hat beantragt, den Entschließungsantrag auf Drucksache 10/4355 zur federführenden Beratung an den Haushaltsausschuß und zur Mitberatung an den Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit zu überweisen. Gibt es dazu anderweitige Vorschläge? — Das ist nicht der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.Zu Einzelplan 25 liegen Entschließungsanträge der Fraktion der SPD auf den Drucksachen 10/4356
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13660 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 179. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. November 1985
Präsident Dr. Jenningerbis 10/4358 vor. Es ist beantragt, diese Entschließungsanträge zur federführenden Beratung an den Haushaltsausschuß und zur Mitberatung an den Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau zu überweisen. Gibt es dazu anderweitige Vorschläge? — Das ist nicht der Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.Ich rufe nunmehr die Entschließungsanträge zu den Einzelplänen 27 bis 35 zur Abstimmung auf.Wer dem Entschließungsantrag des Abgeordeten Dr. Schierholz und der Fraktion DIE GRÜNEN zu Einzelplan 27 auf Drucksache 10/4330 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Wer stimmt dagegen? — Enthaltungen? — Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.Wer dem Entschließungsantrag des Abgeordneten Dr. Müller und der Fraktion DIE GRÜNEN zu Einzelplan 30 auf der Drucksache 10/4326 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Wer stimmt dagegen? — Enthaltungen? — Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.Wer dem Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP zu Einzelplan 35 auf der Drucksache 10/4359 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Wer stimmt dagegen? — Enthaltungen? — Der Entschließungsantrag ist angenommen.Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt zur Schlußabstimmung über das Haushaltsgesetz 1986.Die Fraktionen der CDU/CSU, FDP und SPD verlangen nach § 52 unserer Geschäftsordnung namentliche Abstimmung.Wer dem Gesetz als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, die Abstimmungskarte mit „Ja", wer dagegen stimmen oder sich der Stimme enthalten will, den bitte ich, die entsprechende Abstimmungskarte in die hier vorne aufgestellten Urnen zu legen.Ich eröffne die namentliche Abstimmung. — Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme noch nicht abgegeben hat?
Ich frage noch einmal: Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme noch nicht abgegeben hat? — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Abstimmung. Ich bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen.Ich unterbreche die Sitzung so lange.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, Platz zu nehmen. Wir fahren in unserer Sitzung fort.Ich darf Ihnen das von den Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über das Haushaltsgesetz — Drucksachen 10/3700, 10/4101, 10/4151 bis 10/4178, 10/4180 und 10/4327 — bekanntgeben. Von den voll stimmberechtigten Mitgliedern des Hauses haben 409 ihre Stimme abgegeben. Davon ist keine ungültig. Mit Ja haben 242Abgeordnete gestimmt, mit Nein haben 167 Abgeordnete gestimmt. Enthaltungen keine.14 Berliner Abgeordnete haben ihre Stimme abgegeben. Davon ungültige Stimmen keine. Mit Ja haben 9 Abgeordnete gestimmt, mit Nein haben 5 Abgeordnete gestimmt. Enthaltungen keine.Endgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 409 und 14 Berliner Abgeordnete; davonja: 242 und 9 Berliner Abgeordnetenein: 167 und 5 Berliner AbgeordneteJaCDU/CSUDr. AbeleinFrau AugustinDr. Barzel BayhaDr. Becker BergerBiehleDr. Blank Dr. Blens Dr. Blüm Böhm
Dr. BötschBohlBohlsen Borchert BreuerBrollBrunnerBühler
Dr. BuglCarstens Carstensen (Nordstrand) Dr. CzajaDr. DanielsDawekeFrau DempwolfDeresDörflinger Dr. DollingerDossDr. DreggerEchternachEhrbarEigenEngelsbergerErhard
Eylmann
FellnerFrau FischerFischer Francke (Hamburg)Dr. FriedmannFunkGanz
Dr. GeißlerDr. von GeldernGerlach GersteinGerster
GlosDr. GöhnerDr. Götz GötzerGünther Dr. Häfelevon HammersteinHanz
Hauser
Hauser
HedrichFrau Dr. HellwigHelmrich Dr. Hennig Herkenrath HinrichsHinskenHöffkesHöpfingerDr. HoffackerDr. HornhuesHornungFrau HürlandDr. Hüsch Dr. Hupka JagodaDr. Jahn
Dr. JenningerDr. JobstJung
Dr.-Ing. KansyFrau KarwatzkiKiechleKlein
Dr. Köhler
Dr. KohlKolbKrausKreyDr. KronenbergDr. Kunz
LamersDr. LammertLandréDr. Langner Lattmann Dr. Laufs LenzerLink
Linsmeier LintnerDr. Lippold LöherLohmann LouvenLowackMaaßFrau MännleMaginMarschewskiMetzDr. Meyer zu Bentrup MichelsDr. Mikat Dr. Miltner MilzDr. MöllerMüller
Müller
Müller
NelleFrau Dr. Neumeister
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Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 179. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. November 1985 13661
Präsident Dr. JenningerNiegelDr.-Ing. OldenstädtFrau Pack PeschPetersen Pfeffermann PfeiferDr. Pinger PöpplPohlmannDr. PohlmeierDr. Probst RaweReddemann RepnikDr. Riedl
Dr. RiesenhuberRode
Frau Roitzsch
Dr. RoseRossmanith Roth
RüheRufSauer
Sauer
SaurinSauter Sauter (Ichenhausen)Dr. Schäuble ScharrenbroichSchartz Schemken ScheuSchlottmann SchmidbauerSchmitz
von SchmudeSchneider
Dr. Schneider Freiherr von Schorlemer SchreiberDr. Schroeder SchulhoffDr. Schulte
Schultz (Wörrstadt) Schwarz
Dr. SchwörerSeehofer SeesingSeitersDr. FreiherrSpies von Büllesheim Dr. SprungDr. Stark
Dr. StavenhagenDr. SterckenStockhausenDr. StoltenbergStommel StrubeStücklen StutzerSussetUldallDr. UnlandFrau VerhülsdonkVogel
Vogt
Dr. Voigt
Dr. VossDr. WaffenschmidtDr. WaigelGraf von Waldburg-Zeil Dr. WarnkeDr. WarrikoffDr. von Wartenberg WeirichWeißWerner Frau Will-Feld Frau Dr. Wilms WilzWimmer WindelenFrau Dr. Wisniewski WissmannDr. Wittmann Wittmann Dr. WörnerWürzbachDr. WulffDr. ZimmermannZinkBerliner AbgeordneteBoroffkaBuschbom DolataDr. Hackel KalischKittelmann Schulze StraßmeirFDPFrau Dr. AdamSchwaetzerBaumBeckmannCronenberg Eimer (Fürth) EngelhardDr. FeldmannGallusGattermann Genscher GrünerDr. HaussmannDr. Hirsch HoffieKleinert KohnDr.-Ing. Laermann Mischnick Möllemann Neuhausen PaintnerRonneburger Dr. Rumpf Schäfer
Frau Dr. SegallFrau Seiler-AlbringDr. Weng Wolfgramm (Göttingen)Berliner Abgeordneter HoppeNeinSPDAntretter Dr. ApelBachmaier BambergBecker BernrathBerschkeit BindigFrau Blunck BrandtBuckpesch Büchler
Dr. von Bülow Buschfort Catenhusen ConradiCorterierFrau Dr. Däubler-Gmelin DelormeDreßlerDr. EhrenbergDr. EmmerlichDr. Enders EstersEwenFischer Fischer (Osthofen)Frau Fuchs
Frau Fuchs
GanselGerstl
GilgesGlombig GrunenbergDr. Haack HaarHaehserHansen
Frau Dr. HartensteinDr. HauchlerHauckDr. Hauff HeistermannHerterich HeyennDr. Holtz HornFrau Huber HuonkerImmer Jahn (Marburg)JansenJaunich Dr. JensJung Jungmann KastningKiehmKirschner Kisslinger Dr. KlejdzinskiKolbowDr. Kübler Kühbacher Kuhlwein LennartzFrau Dr. Lepsius Lohmann
LutzFrau Matthäus-Maier MatthöferMeininghausMenzelDr. Mertens Müller (Düsseldorf) Müller (Schweinfurt)Dr. Müller-Emmert MünteferingNehmNeumann Dr. NöbelFrau Odendahl OostergeteloPaterna PauliDr. Penner Peter
PfuhlPorzner PurpsRankerRapp
Rappe ReimannFrau RengerReschke ReuterRohde
RothSanderSchäfer
SchanzDr. Scheer Schlatter SchluckebierFrau Schmedt
Dr. Schmidt Schmitt (Wiesbaden)Dr. SchmudeSchreinerSchröer
Schulte
Dr. Schwenk
SielaffSielerFrau SimonisFrau Dr. Skarpelis-SperkDr. Soell Dr. SperlingDr. SpöriStahl
SteinerFrau SteinhauerStieglerStockleben Frau TerborgTietjenFrau Dr. TimmToetemeyer Urbaniak Verheugen Vogelsang Voigt
WaltematheWaltherWeisskirchen
Dr. Wernitz Westphal Frau Weyel Dr. WieczorekWieczorek
Wiefelvon der WiescheWischnewskiWitekDr. de With Wolfram
WürtzZanderZeitlerBerliner AbgeordneteHeimann LöfflerStobbeDr. Vogel Wartenberg
DIE GRÜNENAuhagenFrau BorgmannFrau DannKleinert
LangeMannDr. Müller
RuscheDr. SchierholzSchmidt
Schulte
SuhrTatgeVogel
VolmerWerner
Frau Zeitler
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13662 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 179. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. November 1985
Präsident Dr. JenningerDas Haushaltsgesetz ist damit angenommen.Wir sind damit am Schluß unserer Tagesordnung und haben eine anstrengende Woche schwieriger Haushaltsberatungen hinter uns gebracht. Ich möchte im Namen des ganzen Hauses unserer Verwaltung danken,
ganz besonders den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Druckerei, der Drucksachenverteilungsstelle, des Stenographischen Dienstes und nicht zuletzt unseren Plenarboten, die uns im Saal unermüdlich zur Verfügung stehen.
Sie alle haben durch ihren außergewöhnlichen Einsatz zu einem reibungslosen Ablauf der Haushaltsberatungen beigetragen.Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 4. Dezember 1985, 13 Uhr ein.Die Sitzung ist geschlossen.