Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Vor Eintritt in die Tagesordnung gebe ich dem Hause folgendes bekannt:
Erstens. Als Nachfolger für den durch Verzicht ausgeschiedenen Abgeordneten Hoogen hat am 22. Dezember 1964 der Abgeordnete Berger die Mitgliedschaft im Bundestag erworben. Ich begrüße ihn wiederum in der Mitte des Hauses.
Kollege Berger gehörte dem Bundestag schon in der 3. Wahlperiode an.
Zweitens. Als Nachfolger für den durch Verzicht am 5. Januar 1965 ausgeschiedenen Abgeordneten Dr. Fritz ist mit Wirkung vom 16. Januar 1965 die Abgeordnete Frau Ackermann in den Bundestag eingetreten. Auch Frau Abgeordnete Ackermann gehörte dem Bundestag schon einmal an. Sie ist aber heute wegen Krankheit entschuldigt.
Drittens. Glückwünsche zu Geburtstagen. Am 25. Dezember 1964 ist der Herr Kollege Dr. Kreyssig 65 Jahre alt geworden.
Am 5. Januar 1965 ist der Senior dieses Hauses, der Herr Abgeordnete Dr. Konrad Adenauer, 89 Jahre alt geworden,
und am 13. Januar 1965 ist der Herr Kollege Hufnagel 65 Jahre alt geworden.
Viertens. Meine Damen und Herren, Ihnen liegt eine Zusammenstellung von Vorlagen der Bundesregierung vor, die keiner Beschlußfassung bedürfen und gemäß § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung an die zuständigen Ausschüsse überwiesen werden sollen. Es handelt sich dabei um folgende Vorlagen:
Vorlage des Bundeskanzlers betr. Übereinkommen 118, 119 und Empfehlung 119 der Internationalen Arbeitskonferenz; Bezug: Artikel 19
Absätze 5 bis 7 der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation — Drucksache IV/2860 —
an den Ausschuß für Arbeit,
Vorlage des Bundesministers der Justiz betr. Bericht der Bundesregierung über eine Streichung oder Neufassung des § 128 StGB; Bezug: Beschluß des Bundestages vom 4. Juni 1964 — Drucksache IV/2862 —
an den Ausschuß für Inneres — federführend — und den Sonderausschuß „Strafrecht",
Vorlage des Bundeskanzlers betr. Versicherungstechnische Bilanzen für die knappschaftliche Rentenversicherung; Bezug: § 129 des Knappschaftsrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes vom 21. Mai 1957 - Drucksache IV/2870 —
an den Ausschuß für Sozialpolitik,
Vorlage des Bundesministers des Innern betr. Besoldung der Techniker und vergleichbarer anderer Beamtengruppen; Bezug: Beschluß des Bundestages vom 24. Juni 1964 — Drucksache IV/2889 —
an den Ausschuß für Inneres,
Vorlage des Bundeskanzlers betr. Erstes Jahresgutachten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und Stellungnahme der Bundesregierung; Bezug: § 6 Abs. 4 des Gesetzes über die Bildung eines Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vom 14. August 1963 — Drucksache IV/2890 —
an den Wirtschaftsausschuß.
Erhebt sich Widerspruch gegen die Überweisung der Vorlagen? Das ist nicht der Fall. Dann ist so beschlossen.
Fünftens. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung wird die heutige Tagesordnung erweitert um dite
Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP betr. Ergänzung der Geschäftsordnung .
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Hier handelt es sich um die politische Diskussionsstunde. Der Geschäftsordnungsausschuß ist mit der Sache zu befassen. Ist das Haus mit der Überweisung an den Ausschuß für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung einverstanden? - Das ist der Fall; es ist so beschlossen.
Sechstens. Die Fraktion der CDU/CSU hat mit Schreiben vom 15. Januar 1965 folgende Umbesetzungen ihrer Sitze in der Beratenden Versammlung des Europarates vorgeschlagen: Der Herr Abgeordnete Dr. Kliesing, der bisher stellvertretendes Mitglied war, soll für die verstorbene Abgeordnete Frau Dr. Rehling künftig als ordentliches Mitglied der Beratenden Versammlung des Europarates angehören, und der Herr Abgeordnete Dr. Freiherr von Vittinghoff-Schell soll stellvertretendes Mitglied werden. Desgleichen soll die Frau Abgeordnete Pitz-Savelsberg für den verstorbenen Kollegen Höfler stellvertretendes Mitglied der Beratenden Versammlung des Europarates werden. Das Hans ist damit einverstanden? - Kein Widerspruch; dann ist so beschlossen.
Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 18. Dezember 1964 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht gestellt:
Zweites Gesetz zur Änderung des Jugendarbeitsschutzgesetzes.
Gesetz über die Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland an den Internationalen Übereinkommen vom 25. Februar 1961 über den Eisenbahnfrachtverkehr und über den Eisenbahn-Personen- und Gepäckverkehr.
Gesetz über das Zollkontingent für feste Brennstoffe 1965, 1966 und 1967.
Viertes Umstellungsergänzungsgesetz.
Siebentes Gesetz über die Anpassung der Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen sowie über die Anpassung der Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung .
Gesetz über die Neuregelung des Finanzausgleichs zwischen der Rentenversicherung der Arbeiter und der Rentenversicherung der Angestellten .
Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1964 .
Gesetz zur Änderung des Personalvertretungsgesetzes.
Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften.
Gesetz zu dem Vertrag vom 30. August 1962 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und anderer Schuldtitel in Zivil- und Handelssachen.
Gesetz zur Ausführung des Vertrages vom 30. August 1962 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und anderer Schuldtitel in Zivil- und Handelssachen.
Gesetz zu dem Abkommen vom 16. April 1964 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Griechenland über den Schutz von Herkunftsangaben, Ursprungsbezeichnungen und anderen geographischen Bezeichnungen.
Gesetz zu den Übereinkommen vom 14. September 1961 über die Anerkennung der Vaterschaft und vom 12. September 1962 über die Feststellung der mütterlichen Abstammung nichtehelicher Kinder.
Gesetz zu dem Abkommen vom 7. Juni 1963 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Griechenland über den planmäßigen gewerblichen Luftverkehr.
Gesetz zu dem Abkommen vom 30. März 1964 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Chile über den Luftverkehr.
Gesetz zur Änderung des Zuckersteuergesetzes.
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 18. Dezember 1964 zum Gesetz zu dem Vertrag vom 29. Mai 1962 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Spanischen Staat über Kriegsopferversorgung und zu dem Notenwechsel vom 16. Mai 1963 beschlossen, dem Gesetz gemäß Artikel 84 Abs. 1 des Grundgesetzes nicht zuzustimmen, und ferner beschlossen, die Einberufung des Vermittlungsausschusses gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes mit dem Ziel der Aufhebung des Gesetzbeschlusses des Deutschen Bundestages zu verlangen. Sein
Schreiben ist als Drucksache IV/2859 verteilt.
Der Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen hat unter dem 23. Dezember 1964 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr. Wettbewerbsverfälschungen, die sich aus Sitzverlagerungen und aus dem zwischenstaatlichen Steuergefälle ergeben - Drucksache IV/2821 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/2878 verteilt.
Der Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen hat unter dem 22. Dezember 1964 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen, Gscheidle und Fraktion der SPD betr. Harmonisierung von Stellenplänen - Drucksache IV/2820 -
beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/2881 verteilt.
Der Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheitswesen hat unter dem 22. Dezember 1964 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Schmidt , Bading, Dr. Imle, Jacobi (Köln) und Genossen betr. Wasserwirtschaftliche Richtlinien (Rahmenpläne) - Drucksache IV/2818 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/2882 verteilt.
Der Staatssekretär im Bundesministerium des Auswärtigen hat unter dem 28. Dezember 1964 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Josten, Arndgen, Dr. Kliesing , Leonhard und Genossen betr. Deutsche Kriegsgräberfürsorge in der sowjetisch besetzten Zone und im Ausland - Drucksache IV/2827 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/2885 verteilt.
Die Frau Bundesministerin für Gesundheitswesen hat unter dem 30. Dezember 1964 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Hamm , Frau Dr. Heuser und Genossen betr. Jugendzahnpflege - Drucksache IV/2565 - beantwortet: Ihr Schreiben ist als Drucksache IV/2896 verteilt.
Der Bundesminister des Innern hat unter dem 8. Januar 1965 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Wienand, Dr. Kliesing , Dr. Achenbach und Genossen betr. Internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zivilschutzes - Drucksache IV/2629 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/2897 verteilt.
Der Staatssekretär des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung hat unter dem 18. Januar 1965 in Ergänzung seiner Antwort vom 12. Oktober 1964 - Drucksache IV/2602 -die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Schäfer, SchmittVockenhausen und Fraktion der SPD betr. Erhaltung der Amerika-Häuser - Drucksache IV/2573 - abschließend beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache zu IV/2602 verteilt.
Der Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat am 3. Dezember 1964 mitgeteilt, daß der Ausschuß zur Verordnung Nr. 190/64/EWG des Rates über die Festsetzung der zur Erzeugung von einem Kilogramm Bruteier von Hausgeflügel erforderlichen Futtergetreidemenge und zur Verlängerung der Geltungsdauer der Verordnungen Nr. 45, 46 und 116 - Drucksache IV/2786 - keine Bedenken erhebt, von einer Berichterstattung jedoch absieht, da die Verordnung zwischenzeitlich verkündet ist.
Der Stellvertreter des Bundeskanzlers hat am 18. Januar 1965 gemäß § 6 Abs. 5 Satz 2 des Zuckergesetzes in der Fassung vom 3. Oktober 1951 und des Zweiten Gesetzes zur Ergänzung des Zuckergesetzes vom 9. August 1954 (Bundesgesetzbl. I S. 255) die Verordnung Z Nr. 1/65 über Preise für Zuckerrüben der Ernte 1964 zur Kenntnisnahme übersandt. Sie liegt im Archiv zur Einsichtnahme aus.
Der Ältestenrat hat in seiner Sitzung am 13. Januar 1965 den Entwurf eines Raumordnungsgesetzes - Drucksache IV/1204 - auch dem Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen mitberatend überwiesen.
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Verordnung des Rats über die Errichtung einer gemeinsamen
Marktorganisation für Fette - Drucksache IV/2826 -
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten federführend, an den Außenhandelsausschuß und an den Wirtschaftsausschuß mitberatend, mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 22. Januar 1965.
Verordnung des Rats über Sondervorschriften für in die Gemeinschaft eingeführte Ölsaaten und Saatenöle aus den assoziierten afrikanischen Staaten und Madagaskar und aus den überseeischen Ländern und Gebieten - Drucksache IV/2842 -
an den Außenhandelsausschuß federführend und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mitberatend, mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 22. Januar 1965.
Verordnung des Rats über die Regelung für bestimmte Verarbeitungserzeugnisse aus den assoziierten afrikanischen Staaten und Madagaskar sowie aus den überseeischen Ländern und Hoheitsgebieten - Drucksache IV/2848 -
an den Außenhandelsausschuß federführend und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mitberatend, mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 22. Januar 1965.
Bestimmungen über die Einführung einer Abgabe auf Fette
- Drucksache IV/2858 -
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 12. Februar 1965.
Verordnung des Rats zur Änderung der Verordnung Nr. 114/64/EWG betreffend die Erhebung der Ausgleichsabgaben auf dem Gebiet der Milch und Milcherzeugnisse - Drucksache IV/2876.
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten federführend und an den Außenhandelsausschuß mitberatend, mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 22. Januar 1965.
Richtlinie des Rats betreffend die indirekten Steuern auf die
Ansammlung von Kapital - Drucksache IV/2887 -
an den Finanzausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 24. Februar 1965.
Verordnungen zur Regelung der Bezüge und der Sozialen Sicherheit der Atomanlagenbediensteten der Gemeinsamen Kernforschungsstelle der Europäischen Atomgemeinschaft - Drucksache IV/2854 -
an den Ausschuß für Inneres federführend und an den Ausschuß für Sozialpolitik mitberatend, mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 29. Januar 1965.
Änderung der Bestimmungen des Zweiten Titels Kapitel VI des Vertrages zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft - Drucksache IV/2886 -
an den Ausschuß für Atomkernenergie und Wasserwirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 31. März 1965.
Verordnung des Rats zur Änderung der Tabelle der Bezüge der in Belgien dienstlich verwendeten Atomanlagenbediensteten der Gemeinsamen Kernforschungsstelle der EAG -Drucksache IV/2898 -
an den Ausschuß für Inneres mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 22. Januar 1965.
Verordnung Nr. 189/64/EWG des Rats vom 15. Dezember 1964 zur Verlängerung der in der Verordnung Nr. 156 getroffenen Regelung für Mehl und Stärke von Manihot und anderen Wurzeln und Knollen, die aus den assoziierten afrikanischen Staaten und Madagaskar stammen
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 23. Februar 1962 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Fünfundneunzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963 - Drucksache IV/2844 -
an den Außenhandelsausschuß federführend und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mitberatend mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 31. März 1965.
Einhundertste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963 - Drucksache IV/2845 -
an den Außenhandelsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 31. März 1965.
Einhundertunderste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963 - Drucksache IV/ 2846 -
an den Außenhandelsausschuß federführend und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mitberatend mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 31. März 1965.
Zolltarif-Verordnung - Drucksache IV/2866 -
an den Außenhandelsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 31. März 1965.
Einhundertunddritte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963 - Drucksache IV/2867 -
an den Außenhandelsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 31. März 1965.
Erste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1965 - Drucksache IV/2892 -
an den Außenhandelsausschuß federführend und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mitberatend mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 31. März 1965.
Zweite Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1965 - Drucksache IV/2893 -
an den Außenhandelsausschuß mit der Bitte um fristgemäße Behandlung.
Dritte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1965 - Drucksache IV/2894 -
an den Außenhandelsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 31. März 1965.
Vierte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1965 - Drucksache IV/2895 -
an den Außenhandelsausschuß mit der Bitte tim Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 31. März 1965.
Zwanzigste Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste -
Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz - Drucksache IV/2899 -
an den Außenhandelsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 31. März 1965.
Zu den in der Fragestunde der 154. Sitzung des Deutschen Bundestages am 16. Dezember 1964 gestellten Fragen des Abgeordneten Dr. Dichgans Nrn. XI/6, XI/7 und XI/8 ist inzwischen die schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Cartellieri vom 21. Dezember 1964 eingegangen. Sie lautet:
Frage Nr. XI/6
Genaue Voraussagen sind zu dieser Frage zur Zeit nicht möglich. Ausgangspunkt für eine Schätzung des Bedarfs an neuen Studienplätzen bildet u. a. die durchschnittliche Semesterzahl der Studienanfänger im Jahre 1963. Sie betrug:
für Medizin rd. 2 210 Studierende
für Tiermedizin rd. 190 Studierende
für Pharmazie rd. 510 Studierende.
Für diese Studenten müßten bei einer Verlängerung um je ein Semester entsprechende Studienplätze neu geschaffen werden, wenn sie ihr Studium nach den vorgeschriebenen Pflichtsemestern abschließen würden. Im Jahre 1963 haben jedoch in der Medizin 30,7 %, in der Tiermedizin 11,8 % und in der Pharmazie 51,2 % der Studierenden ihr Studium nicht innerhalb der in den Prüfungsordnungen vorgeschriebenen Semesterzahl abgeschlossen, sondern um ein oder mehr Semester verlängert. Da diese Studenten ohnehin an den wissenschaftlichen Hochschulen verbleiben, ist die durchschnittliche Semesterzahl um diese Prozentzahl zu kürzen. Danach ergeben sich bei der Verlängerung des Studiums um ein Semester folgende Schätzwerte für den Bedarf an neuen Studienplätzen:
für Medizin rd. 1 300 bis 1 606 Studienplätze
für Tiermedizin rd. 140 bis 180 Studienplätze
für Pharmazie rd. 350 bis 500 Studienplätze.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
ergibt sich folgende Zahl abgelegter PrüfungenAllgemeine Medizin 1.254Tiermedizin 140Pharmazie 564Auch diese Angaben sind ein Anhaltspunkt für die Zahl der neu zu schaffenden Studienplätze.Frage Nr. XI/7Forschung und Lehre an den wissenschaftlichen Hochschulen sind zwei engverbundene Funktionen; bei Neugründungen können deshalb zur Zeit die auf beide Aufgaben entfallenden Kosten nicht getrennt ausgewiesen werden. Da eine isolierte Errichtung von neuen Studienplätzen nicht möglich ist, diese vielmehr auch stets die Errichtung von Forschungsinstituten bedingen, müssen bei der Schätzung der Kosten für die neuen Studienplätze die Gesamtkosten einer Neugründung berücksichtigt werden: Bei den Medizinischen Fakultäten und den Medizinischen Akademien sind darin noch die Kosten der Anstalten für die Krankenversorgung inbegriffen, ohne die eine medizinische Ausbildung nicht auskommen kann. Die Kosten der neuen Studienplätze sind in den einzelnen Fächern höchst unterschiedlich. Für die Medizin bilden die Medizinischen Akademien einen gewissen Anhaltspunkt. Aber auch hier treten Unterschiede auf, da einzelne Medizinische Akademien in bereits bestehenden Krankenanstalten errichtet werden. Zur Zeit sind von den Ländern folgende neue Wissenschaftliche Hochschulen geplant:Wissenschaftliche Voraussichtliche Voraussichtliche InvestitionskostenHochschule Zahl der Studenten Universität Konstanz. 3 000 577. Mio DMMedizinische Akademie Ulm 1 000 666 Mio DMUniversität Regensburg 6 000 1.700 Mio DMMedizinische Akademie Augsburg 1 000 700 Mio DMUniversität Bremen 6 000 850 Mio DMMedizinische Akademie Hannover 1 000 665 Mio DMUniversität Bochum 10 000 2 070 Mio DMTH Dortmund 5 000 800 Mio DMMedizinische Akademie Lübeck 600 209 Mio DM
Metadaten/Kopzeile:
7652 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1965
Präsident D. Dr. GerstenmaierFrage Nr. XI/8Es ist nicht möglich, jetzt schon für die neuen Hochschulen Angaben über ihre laufenden Kosten zu machen. Lediglich aus den Kosten für die bestehenden Hochschulen lassen sich gewisse Schlüsse ziehen. Ich darf Ihnen daher folgende Beispiele nennen:Die Medizinische Akademie Düsseldorf hatte im Sommersemester 1963 623 Studenten und im Jahre 1963 Gesamtausgaben in Höhe von 8,1 Mio DM.Die Tierärztliche Hochschule Hannover hatte im Sommersemester 1963 583 Studenten und im Jahre 1963 Gesamtausgaben in Höhe von 13,1 Mio DM.Nach einer Erhebung des Hessischen Kultusministeriums vom Jahre 1960 betrugen die jährlich für einen Studierenden aufgewendeten Mittel im Durchschnittim Rechnungsjahr 1958 5 769 DM und im Rechnungsjahr 1959 6 141 DM.Erhebungen über die genauen Kosten eines Studienplatzes in bestimmten Hochschulen liegen nicht vor. Bei der Berechnung ist die verschiedene Höhe in medizinischen, naturwissenschaftlichen und geisteswissenschaftlichen Fächern zu beachten.Die Antwort ergeht im Einvernehmen mit dem Bundesministerdes Innern und dem Bundesminister für Gesundheitswesen.Zu der in der Fragestunde der 155. Sitzung des Deutschen Bundestages am 17. Dezember 1964 .gestellten Frage des Abgeordneten Riegel Nr. VII/1 ist inzwischen die schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Claussen vom 17. Dezember 1964 eingegangen. Sie lautet:Die Bundesregierung ist nicht ermächtigt, den Versicherungsträgern derartige Anweisungen zu geben. Die Anwendung und Auslegung gesetzlicher Vorschriften obliegt den zuständigen Versicherungsträgern. Im Streitfalle entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, wie es im vorliegenden Fall geschehen ist. Es ist davon auszugehen, daß die Versicherungsträger im allgemeinen gemäß der Rechtsauffassung des Bundessozialgerichts verfahren. Sollte dies im vorliegenden Zusammenhang nicht der Fall sein, hätte die zuständige Aufsichtsbehörde zu prüfen, ob ein Eingreifen erforderlich und möglich ist.Zu der in der Fragestunde der 155. Sitzung des Deutschen Bundestages am 17. Dezember 1964 gestellten Frage des Abgeordneten Fritsch Nr. VII/3 ist inzwischen die schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Dahlgrün vom 18. Dezember 1964 eingegangen. Sie lautet:
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Durch die Rentenversicherungs-Neuregelungsgesetze sind den Privatbahnen keinerlei Pensionslasten auferlegt worden. Diese Gesetze haben auch die nach früherem Recht ausgesprochenen Freistellungen von der Versicherungspflicht unberührt gelassen . Schon aus diesem Grunde sieht die Bundesregierung keinen Anlaß, Privatbahnen von ihren Pensionslasten zu befreien.
Falls Ihre Frage darauf abzielen sollte, daß die Tegernsee-Bahn AG., Tegernsee, die Regentalbahn-AG, Viechtach,
die AG Lokalbahn Lam-Kötzting, Lam, und
die Merzig-Büschfelder Eisenbahn GmbH, Merzig,
möglicherweise den Wunsch haben, der meiner Aufsicht unterstehenden Pensionskasse Deutscher Eisenbahnen und Straßenbahnen als Mitglied beizutreten, so habe ich dagegen nichts einzuwenden, sofern die Träger dieser Bahnen die hierfür erforderlichen Mittel zur Verfügung stellen. Der Umstand allein, daß zwei dieser Bahnen von ihrer bisherigen Rückdeckungseinrichtung gekündigt worden ist, bietet jedenfalls keinen hinreichenden Anlaß dafür, die etwa anfallende Belastung auf den Bundeshaushalt zu übernehmen. Die Sorge für die Aufbringung der Mittel obliegt vielmehr in erster Linie den Trägern der PrivatEisenbahnen sowie in zweiter Linie gegebenenfalls den Ländern, in deren Bereich diese Privatbahnen tätig sind.
Zu den in der Fragestunde der 155. Sitzung des Deutschen Bundestages am 17. Dezember 1964 gestellten Fragen des Abgeordneten Frehsee Nrn. IX/7 und IX/8 ist inzwischen die schriftliche Antwort des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 17. Dezember 1964 eingegangen. Sie lautet:
Zur Frage IX/7 -
Die Bauvorhaben sind im 2. Vierjahresplan, der 1966 endet. wie Ihnen, Herr Kollege, bekannt ist, nicht enthalten. Wie weit es die im 3. Vierjahresplan zu erwartenden Mittel gestatten, außer den aus dem 2. in den 3. Vierjahresplan übergreifenden Vorhaben weitere neue Baumaßnahmen in Angriff zu nehmen, ist erst bei der Vorlage des Planes 1965 zu übersehen. Ich hoffe, daß die zusammenhängende Ortsumgehung Emmern/ Kirchohsen/Grohnde im Zuge der B 85 mit Verbesserung des Anschlusses nach Bad Pyrmont eingeplant werden kann.
Zur Frage IX/8
Zur Vorbereitung der Bestimmung der Linienführung der Umgehung wurden in dem vom Niedersächsischen Minister des Innern durchzuführenden landesplanerischen Verfahren die örtlich zuständigen Behörden, die Gemeindeverwaltungen und die berufsständischen Körperschaften der Landwirtschafts-, der Industrie- und Handels- und der Handwerkskammer gehört. Die erhobenen Einwendungen werden von der Niedersächsischen Auftragsverwaltung durch Vergleichsuntersuchungen zur Zeit sorgfältig geprüft. Sie sind dem Niedersächsischen Landesverwaltungsamt und damit meiner Auftragsverwaltung erst im Oktober 1964 zugegangen, obwohl der Niedersächsische Minister des Innern seine Erhebungen schon im Januar 1964 abgeschlossen und an den Niedersächsischen Minister für Wirtschaft und Verkehr abgegeben hat. Die Wege innerhalb Hannovers erfordern also viel Zeit! Erst wenn die Niedersächsische Straßenbauverwaltung nunmehr ihre Prüfungen abgeschlossen hat, vermag der Bundesminister für Verkehr die Linie nach § 16 Abs. 1 Bundesfernstraßengesetz endgültig zu bestimmen.
Damit kommen wir zur Tagesordnung. Ich rufe auf Punkt 1 der Tagesordnung:
Fragestunde .
Die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sollen vorgezogen werden. Ich rufe auf die Frage VIII!! — des Abgeordneten Reichmann —:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Schlußfolgerung des französischen Staatspräsidenten am 16. Dezember 1964, daß durch die Brüsseler Beschlüsse „sich für die französische Landwirtschaft ein neuer erweiterter Markt in voller Expansion" eröffne?
Zur Beantwortung hat das Wort der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
Ich darf wie folgt antworten. Eine solche Beurteilung dürfte zutreffen. Allerdings erwarten auch die deutsche Landwirtschaft und die deutsche Ernährungswirtschaft eine Erweiterung ihrer Absatzmöglichkeiten auf dem Gemeinsamen Markt als Auswirkung der Brüsseler Beschlüsse.
Eine Zusatzfrage!
Herr Minister, darf ich fragen: Ging es bei den Brüsseler Beschlüssen mehr um den gemeinsamen Preis oder um den deutschen Agrarmarkt überhaupt?
Herr Kollege, das läßt sich im einzelnen nicht definieren. Die Brüsseler Beschlüsse sind die logische Folge des Vertrages von Rom, und insoweit hängt das eine mit dem anderen zusammen.
Zweite Zusatzfrage!
Herr Minister, wie beurteilt die Bundesregierung die Auswirkung der erheb-
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1965 7653
Reichmannlichen Verminderung der Agrarimportlücke infolge der Brüsseler Beschlüsse auf den Drittlandhandel der deutschen Wirtschaft?
Das ist eine Angelegenheit, die im engsten Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt wiederholt behandelt wurde und die auch weiter Gegenstand der Erörterung bleiben wird.
Ich rufe auf die Frage VIII/2 — des Herrn Abgeordneten Wächter —.
Was veranlaßte die Bundesregierung, den Interventionspreis für Butter auf 6,78 DM pro Kilo festzusetzen?
Zur Beantwortung Herr Minister Schwarz.
Nach Artikel 21 der Verordnung Nr. 13/64/EWG entspricht der Interventionspreis für das Milchwirtschaftsjahr 1964/65 dem für dieses Jahr festgesetzten Referenzpreis. Er konnte um höchstens 30 Pf je Kilo verringert werden. Die Intervention soll ein unerwünschtes Absinken der Butterpreise verhindern. Dieses Ziel konnte in der Bundesrepublik nur erreicht werden, wenn der Interventionspreis nicht mehr als 5 Pf je Kilo unter dem Referenzpreis von 6,83 DM je Kilo festgesetzt wurde. Der Referenzpreis beruht auf der , Kölner Notierung, die das Hauptverbrauchsgebiet in der Bundesrepublik umfaßt. Interventionen kommen aber überwiegend in den Erzeugungsgebieten Süd- und Norddeutschlands in Betracht. In diesen Gebieten liegen die Preisnotierungen um die durchschnittlich 5 Pf je Kilo betragenden Frachtkosten bis zum Hauptverbrauchsgebiet niedriger. Durch einen Interventionspreis von je 5 Pf je Kilo unter dem Referenzpreis wurde die bisher bewährte Praxis der Intervention zum Notierungspreis in diesen Gebieten aufrechterhalten. Mit dem festgesetzten Interventionspreis konnten auch die Preise wie bisher stabil gehalten werden.
Eine Zusatzfrage.
Welche Vorstellungen, Herr Minister, hat die Bundesregierung über die Höhe des neu festzusetzenden Interventionspreises unter Berücksichtigung des dann gültigen Richtpreises für 1 Kilo Milch?
Wenn ich Sie recht verstanden habe, Herr Kollege, meinen Sie die Festsetzung des gemeinsamen Richtpreises und die Auswirkung dieses Richtpreises auf die künftigen Preisvorstellungen. Wir sind der Auffassung, daß der Preis mindestens gehalten werden kann für den Erzeuger, daß aber möglicherweise für den Verbraucher Erhöhungen eintreten werden, wenn wir den gemeinsamen Richtpreis für Milch in der EWG festgesetzt haben.
Die nächste Frage, VIII/3, stellt der Herr Abgeordnete Wächter:
Sieht die Bundesregierung in der nach Artikel 4 der Änderung der Butterverordnung vorgesehenen Angabe über das Datum der Ausformung der Butter nicht eine weitere Wettbewerbserschwernis gegenüber konkurrierenden Nahrungsfetten?
Nach der bisherigen Fassung der Butterverordnung ist der Ausformtag offen oder verschlüsselt anzugeben. Ab 1. April 1965 muß der Ausformtag ausschließlich offen angegeben werden. Die Angabe des Ausformtages hat bisher zu keiner Erschwerung des Wettbewerbs der Butter gegenüber anderen Nahrungsfetten geführt. Das dürfte auch künftig bei offener Angabe des Ausformtages nicht der Fall sein, weil Butter im allgemeinen alsbald nach der Ausformung abgesetzt wird.
Zusatzfrage!
Welchen Erfolg haben die Verhandlungen der Bundesregierung — wie in der 141. Sitzung des Bundestages angekündigt — mit dem Deutschen Margarine-Verband zwecks Minderung des Wassergehalts der Margarine von 20 auf 16 % gehabt?
Ich kann Ihnen darüber im Augenblick keine Auskunft geben. Ich bin aber gern bereit, sie Ihnen alsbald schriftlich zu geben.
Ich rufe die letzte Frage des Herrn Abgeordneten Wächter -
Frage VIII/4 — auf:
Besteht in den übrigen EWG-Ländern eine Pflicht zur offenen Angabe des Ausformungsdatums der von ihnen erzeugten Butter?
In den übrigen EWG-Ländern besteht keine Verpflichtung zur offenen Angabe des Ausformtages bei Butter.
Zusatzfrage!
Welche Möglichkeiten einer einwandfreien Kontrolle der Richtigkeit angegebener Ausformdaten bei Ausfuhren von Butter aus Mitgliedstaaten sind noch gegeben, wenn die übrigen Mitgliedstaaten die Pflicht zur offenen Angabe des Ausformdatums nicht haben?
Herr Kollege, warten wir ab, ob die anderen Länder Ausformdaten tatsächlich vermerken. In diesem Fall werden auch wir die entsprechenden Anstrengungen machen, die Dinge zu kontrollieren, und sind dann auch gern bereit, über den Erfolg unserer Bemühungen Mitteilung zu machen.
Zweite Zusatzfrage!
7654 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 156. Sitzung: Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1965
Kann die Bundesregierung bis zur Vereinheitlichung der lebensmittelrechtlichen Vorschriften im EWG-Raum im Jahre 1966 die Einfuhr von Butter aus Mitgliedstaaten untersagen, wenn diese nicht den innerstaatlichen Regelungen — Angabe des offenen Ausformdatums — entspricht, .und wenn ja: wild die Bundesregierung davon Gebrauch machen?
Die Bundesregierung wird, das kann ich versichern, von allen Möglichkeiten Gebrauch machen, einwandfreie Lebensmittel nach Deutschland hereinkommen zu lassen, die den lebensmittelrechtlichen Vorschriften entsprechen. Wir sind auf das äußerste daran interessiert, daß unsere Vorschriften die Grundlage für die gemeinsamen Vorschriften bilden, die wir jetzt anstreben.
Wir kommen zu der Frage aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen — Frage der Abgeordneten Frau Dr. Diemer-Nicolaus, Seite 1 der Drucksache —:
Wie viele Sendungen werden von Bundespost und Bundesbahn durchschnittlich jährlich auf Grund von § 3 des Verbringungsgesetzes den Hauptzollämtern zur Nachprüfung vorgelegt, ob sie Gegenstände enthalten, die unter Verstoß gegen ein Strafgesetz, das ihre Einfuhr oder Verbreitung aus Gründen des Staatsschutzes verbietet, in die Bundesrepublik verbracht werden sollen?
Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß von einer Bekanntgabe der betreffenden Zahlen abgesehen werden sollte, da diese Zahlen den Machthabern der sowjetischen Besatzungszone Aufschluß über den Erfolg oder den Mißerfolg ihrer gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik gerichteten propagandistischen Agitationstätigkeit geben würden.
Gleichzeitig weise ich darauf hin, daß die genauen Zahlen und andere mit dem gesamten Fragenkomplex in Zusammenhang stehende Einzelheiten dem Ausschuß für Inneres in seiner 111. Sitzung am 12. November 1964 bekanntgegeben worden sind.
Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, da ich dem Innenausschuß nicht angehöre, eine Frage: ist diese Sitzung — mit den Protokollen —.für vertraulich erklärt worden oder nicht? Und wenn sie vertraulich war: wären Sie bereit, mir die Zahlen noch einmal mitzuteilen?
Dr: Steinmetz, Staatssekretär im Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen: Ich bin im Augenblick nicht unterrichtet, ob die Sitzung für vertraulich erklärt worden ist. Ich bin sicher, es könnte Ihnen aus dem Hohen Hause eine klare Auskunft gegeben werden. Aber wenn dem nicht so gewesen sein sollte, wäre ich dennoch nicht in der
Lage, Ihnen an dieser Stelle solche Zahlen zu nennen.
— Das gern, gnädige Frau.
Zweite Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär — eine Frage, die nicht mit der Zahl zusammenhängt —, wie stellt denn die Bundespost fest, daß es sich um verdächtige Sendungen handelt, und welche Personen bei der Bundespost nehmen diese Prüfung vor?
Gnädige Frau, ich darf Ihnen, ohne auf Einzelheiten einzugehen, antworten, daß alle Dienstvorschriften, alle Einzelanweisungen betrieblicher und organisatorischer Art sich streng im Rahmen des Gesetzes zur Überwachung strafrechtlicher und anderer Verbringungsverbote vom 24. Mai 1961 bewegen.
— Ich bedaure, daß ich Ihnen aus den Gründen, die
ich vorhin sagte, Einzelheiten nicht mitteilen kann.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Jahn.
Herr Staatssekretär, soll man aus der Tatsache, daß Sie keine Zahlen angeben wollen, und aus der von Ihnen gegebenen Begründung schließen, daß alle Beschlagnahmen in diesem Fall erfolgreich und begründet sind?
Herr Abgeordneter, auch zu dieser Frage kann meine Antwort nur so lauten: keine Einzelheiten.
Frage des Herrn Abgeordneten' Schmitt-Vockenhausen!
Herr Staatssekretär, würden Sie mir zustimmen, wenn ich feststelle, daß sich im Innenausschuß herausgestellt hat, daß doch manches an dem ganzen Verfahren verbesserungsbedürftig war?
Ist das eine Frage oder eine Feststellung?
Das ist eine Frage, ob der Herr Staatssekretär zustimmt, daß es verbesserungsbedürftig war.
Herr Abgeordneter Schmitt, 'da ich in der Sitzung dieses Aus-
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1965 7655
Staatssekretär Dr. Steinmetzschusses nicht anwesend war, kann ich dazu nicht Stellung nehmen.
Noch eine Frage?
Herr Staatssekretär, darf ich fragen: Sind Sie also nicht über den Gesamtkomplex unterrichtet und können Sie uns keine Auskunft geben?
Herr Abgeordneter, darauf kann ich klar und deutlich antworten: Doch!
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Börner!
Herr Staatssekretär, da sich das Hohe Haus schon mehrfach mit diesem Komplex beschäftigt und ähnlich unbefriedigende Antworten erhalten hat wie heute, darf ich Sie fragen: Ist denn die im Innenausschuß geäußerte Kritik mittlerweile durch organisatorische Maßnahmen der Bundesregierung abgestellt worden?
Herr Abgeordneter, zur Antwort: Mir ist von einer Kritik nichts bekannt. Das mag an mir liegen.
Aber sofern Anlaß dazu gewesen sein sollte, darf ich Ihnen sagen, daß solche Dinge abgestellt worden sind bzw. werden.
Noch eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Börner.
Herr Staatssekretär, können Sie mit mir darin übereinstimmen, daß die Wichtigkeit dieses Fragenkomplexes und die Härte der Kritik zu diesem Fragenkomplex, die sich immer wieder gegen Postdienststellen gerichtet hat, Sie veranlassen sollte, meiner ersten Frage schnellstens nachzugehen.
Herr Abgeordneter, zunächst ist es selbstverständlich, daß all das, wozu uns dieses Hohe Haus Veranlassung gibt, sofort nachgeprüft wird. Das ist unsere Pflicht.
Zum Speziellen kann ich nur immer wieder antworten: Die Maßnahmen bewegen sich eng im Rahmen des Gesetzes, und da, wo aus betrieblichen und organisatorischen Gründen Verbesserungsmöglichkeiten gegeben sind, werden sie wahrgenommen.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Kohut!
Herr Staatssekretär, darf ich nach Ihren Auskünften feststellen, daß das Postgeheimnis in der Bundesrepublik nicht mehr gewahrt ist?
Herr Abgeordneter, ich bedauere, diese Erklärung zurückweisen und klar zum Ausdruck bringen zu müssen, daß das verfassungsrechtlich garantierte Briefgeheimnis von der Deutschen Bundespost in jeder Hinsicht gewahrt wird.
Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Kaffka.
— Entschuldigen Sie, jetzt habe ich es schriftlich gehabt, aber ich bedauere, daß ich mir über das Gesicht nicht klargeworden bin. Seit fünf Minuten bemühen wir uns zu zweit um den richtigen Namen, und nun ist er doch noch falsch.
Bitte sehr, Herr Kollege.
Herr Staatssekretär, billigt Ihr Ministerium, daß die zuständigen Stellen, die für die Prüfung der Briefe zuständig sind, ein Bittgesuch des Betreffenden nicht beantworten, in dem dieser Auskunft haben will, warum und weshalb der Brief geöffnet worden ist?
Wenn ich Ihre Frage richtig dahin verstanden habe, daß Bittgesuche von Antragstellern nicht beantwortet worden sind und ob wir dem zustimmen, dann darf ich sagen: Nein, soweit sie sich im Rahmen der gesetzlichen Gegebenheiten halten.
Sie würden auch nicht der Auffassung sein, Herr Staatssekretär, daß es der Tätigkeit eines Bundestagsabgeordneten bedarf, bevor sich diese Stellen damit befassen?
Wir fühlen auch von uns aus die Verpflichtung, uns damit zu befassen.
Zu einer Zusatzfrage Frau Abgeordnete Kleinert.
Herr Staatssekretär, können Sie wenigstens sagen, ob in .der Praxis die in der zweiten Lesung des Verbringungsverbotsgesetzes am 8. Februar 1961 u. a. vom Herrn Staatssekretär des Innenministeriums vertretene Auffassung
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7656 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1965
Frau Kleinertbeachtet wird, daß die hier in Betracht kommenden Vorschriften Massensendungen erfassen sollen und daß andere Sendungen nur bei ernsthaften Anhaltspunkten über deren Verbotscharakter erfaßt werden sollen?
Gnädige Frau, ich bitte Sie um Verständnis dafür, wenn mir im Augenblick die Erklärungen meines Kollegen aus dieser Sitzung nicht parat sind. Ich kann Ihnen nur immer wieder versichern, daß unsere Auslegung des von dem Hohen Hause verabschiedeten Gesetzes sehr eng ist und sich stets nur in dessen Rahmen bewegt.
Zweite Zusatzfrage!
Heißt das auch, daß die zuständigen Behörden seitens der Regierung darauf aufmerksam gemacht worden sind, daß die in Betracht kommenden Vorschriften restriktiv ausgelegt werden müssen?
Dr. Steinmetz, Staatssekretär im Bundesministerium für 'das Post- und Fernmeldewesen: Ich kann Ihnen sagen: sie werden nicht extensiv ausgelegt.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts. Die Frage III/1 ist vom Fragesteller zurückgestellt.
Ich rufe auf die Fragen III/2 und III/3 — des Abgeordneten Moersch —:
Ist damit zu rechnen, daß Großbritannien in Kürze die 15%ige Erhöhung der Einfuhrzölle wieder rückgängig macht?
Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, auf die britische Regierung im Sinne einer Rückgängigmachung der Zollmaßnahmen einzuwirken?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Bundesministers Dr. Schröder vom 14. Januar 1965 lautet:
Zu Frage III/2:
Es ist kaum damit zu rechnen, daß Großbritannien die 15%ige „Einfuhrabgabe" bereits in Kürze wieder rückgängig macht.
Selbst dem heftigen Drängen ihrer EFTA-Vertragspartner, den 15%igen Zollzuschlag sofort auf 10 % zu reduzieren und ihn innerhalb weniger Monate ganz aufzuheben, hat die britische Regierung nicht nachgegeben. Hierbei hat sie zwar den vorübergehenden Charakter der Maßnahme betont, jedoch keine Terminangabe für deren Zurücknahme gemacht und erklärt, eine Aufhebung käme erst nach entscheidender Besserung der britischen Zahlungsbilanz in Frage.
Auch auf der Jahrestagung des OECD-Ministerrats Anfang Dezember 1964 in Paris haben die Vertreter Großbritanniens zugesichert, den Sonderzoll in naher Zukunft zu ermäßigen und später — je nach Entwicklung der britischen Handels- und Zahlungsbilanz — ganz abzuschaffen, ohne sich allerdings auf einen Zeitpunkt festzulegen.
Nach den letzten Außenhandelszahlen für November 1964 hat sich aber das Außenhandelsdefizit von 90 Mio Pfd.St. im Oktober weiter auf 103 Mio Pfd.St. im November 1964 vergrößert. Nachdem die Importe im Oktober um 17 Mio Pfd.St. auf 455 Mio Pfd.St. geschrumpft waren, sind sie im November wieder um 19 Mio Pfd.St. gestiegen, während die Exporte im November nur um 6 Mio Pfd.St. zunahmen. Das Zahlungsbilanzdefizit für 1964 wird nach amtlicher britischer Schätzung auf 800 Mio Pfd.St. (= ca. 9 Mrd DM) anwachsen. Das Außenhandelsdefizit 1964 wird 1,1 Mrd Pfd.St. (= ca. 12 Mrd DM) überschreiten. Aussichten auf eine wesentliche Veränderung der Zahlungsbilanzlage im Jahre 1965 bestehen kaum.
Zu Frage III/3:
a) Die deutsche Regierung hat unmittelbar nach Bekanntwerden der Außenhandelsmaßnahmen der britischen Regierung — zunächst bilateral — Vorstellungen durch die deutsche Botschaft in London erheben lassen, desgleichen den britischen Botschafter in Bonn um dringende Einschaltung bei seiner Regierung gebeten mit dem Ziele, eine baldige Wiederaufhebung des Sonderzolls, vor allem aber sofort eine Ausnahmebehandlung für die vor dem Stichtag bereits abgeschlossenen Ausfuhrgeschäfte und für zu diesem Zeitpunkt schwimmende Ware zu erreichen. Diese Bemühungen sind leider ohne Erfolg geblieben.
Gleichzeitig hat die deutsche Regierung auch Initiative auf multilateraler Ebene entwickelt, um die Briten zu einer — die Interessen seiner Handelspartner respektierenden — Überprüfung ihrer Maßnahmen zu veranlassen. In einer unter Mitwirkung der Bundesregierung ausgearbeiteten und im Rahmen des GATT abgegebenen Stellungnahme der EWG wurde die Revision der britischen Maßnahmen als gemeinsame EWG-Forderung vorgetragen. Dabei wurde mit Nachdruck festgestellt, daß die von Großbritannien ergriffenen Maßnahmen den GATT-Bestimmungen zuwiderlaufen. Aber auch die Kritik der britischen Maßnahmen im GATT ist erfolglos gewesen, ebenso wie die der EFTA-Partner Großbritanniens.
Auch im WEU-Ministerrat wurden die britischen Maßnahmen von den Vertretern aller EWG-Staaten und der Kommission einer deutlichen Kritik unterzogen. Der britische Handelsminister sagte zu, daß die Maßnahmen möglichst schnell und mit Sicherheit abgebaut würden, ehe Entscheidungen über Zollsenkungen in der Kennedy-Runde getroffen würden. Einen Termin für die Aufhebung konnte er trotz Drängens dei übrigen Delegationen allerdings nicht nennen.
b) Bisher konnte nur eine Erweiterung der Ausnahmeliste von Nahrungsmitteln und Grundrohstoffen erreicht werden. In der Ausnahmeliste wurden auch Zeitungen und Zeitschriften aufgenommen, für deren Befreiung sich die deutsche Botschaft in London auf Weisung des Auswärtigen Amts eingesetzt hatte.
Durchgesetzt werden konnte schließlich auch die Forderung von EWG und GATT, daß jede diskriminierende Anwendung der Maßnahmen zugunsten der EFTA-Länder — entweder durch eine allgemeine Vorverlegung der nächstfälligen EFTA-Zollreduktion oder durch einseitige britische Vorausnahme einer Zolltarifreduzierung zugunsten der EFTA-Mitglieder — unterbleiben müßte.
c) Die deutsche Regierung ist lautend bemüht, auf die britische Regierung dahin einzuwirken, daß sie die „Einfuhrabgabe" ehestens herabsetzt und so früh wie irgend möglich wieder rückgängig macht. Retorsionsmaßnahrnen zu ergreifen, wird sowohl von der EWG als auch vom GATT abgelehnt. Ein deutscher Alleingang wäre weder möglich noch sinnvoll.
d) Zu den Auswirkungen der britischen „Einfuhrabgabe" auf den deutschen Export nach Großbritannien wäre kurz folgendes zu sagen:
Zweifellos hat die relativ hohe Einfuhrabgabe etwa 84-90 % des deutschen Exports nach Großbritannien in Mitleidenschaft gezogen. Dennoch ergibt sich aus Auskünften des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (sowie des BMWi), daß es den meisten deutschen England-Exporteuren gelungen ist, sich auf irgendeine Weise (Preisnachlässe etc.) mit ihren britischen Abnehmern zu „arrangieren"; immer allerdings in der Hoffnung, daß 'die Einfuhrabgabe in naher Zukunft reduziert und im Laufe des Jahres 1965 wieder völlig abgeschafft wird. Den deutschen Exporteuren schien ein solches vorüber gehendes Opfer tragbar, weil es ihnen darauf ankommt, sich den britischen Markt zu erhalten und die Verbindung bis zur Wiederaufhebung der Abgabe nicht abreißen zu lassen.
Eine Bezifferung des eingetretenen Schadens ist nicht möglich. Weder beim Bundesverband der Deutschen Industrie noch beim
Deutschen Industrie- und Handelstag liegen Unterlagen darüber vor. Allgemein scheint im Monat Dezember in der deutschen Exportindustrie eine wesentliche Beruhigung wegen der Auswirkungen der britischen „Einfuhrabgabe" eingetreten zu sein.
Ich rufe Frage III/4 — der Abgeordneten Frau Dr. Hubert — auf:
Sind die Schwierigkeiten rechtsförmlicher Art, die nach Auskunft von Staatssekretär Carstens vom 14. März 1963 der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde für das Europäische Übereinkommen über die vorübergehende zollfreie Einfuhr von medizinischem, chirurgischem und Laboratoriumsmaterial entgegenstehen, inzwischen ausgeräumt worden?
Bitte sehr.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Frage ist zu bejahen. Die Vorlage an den Herrn Bundespräsidenten zur Vollziehung der Ratifikationsurkunde ist bereits in Vorbereitung.
Eine Zusatzfrage!
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1965 7657
Kann man also damit rechnen, daß jetzt hinterlegt wird?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ja.
Zweite Zusatzfrage!
Sind Sie nicht der Meinung, daß es mit diesen Rätifikationsurkunden immer etwas lange dauert?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Gnädige Frau, zwischen den Bundesressorts waren schwierige rechtliche Fragen zu klären. Darauf beruht auch die Verzögerung, die aber als ungewöhnlich und als Ausnahme anzusehen ist.
Ich rufe die Frage III/5 — des Herrn Abgeordneten Rollmann — auf:
Treffen Pressemeldungen zu, wonach nach einer Entscheidung des Auswärtigen Amts Studenten aus Entwicklungsländern, die ihr Studium im Ostblock abgebrochen haben und in der Bundesrepublik fortsetzen wollen, künftig ihren Botschaften zum Zwecke der Heimschaffung überstellt und, soweit dieser Weg nicht zum Erfolg führt, abgeschoben werden sollen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
In dieser Form treffen die Pressemeldungen nicht zu. Unter den Zuwanderern aus dem Ostblock befinden sich nur sehr wenige echte Studenten, d. h. Ausbildungsbewerber mit Hochschulreife in unserem Sinne. Nach der Berechnung so sachverständiger Institutionen wie der Westdeutschen Rektorenkonferenz und des Deutschen Akademischen Austauschdienstes sind es nur etwa 10%. Die Vorbildung der übrigen Zuwanderer ist so unzureichend, daß sie weder in der Bundesrepublik Deutschland noch in einem anderen westlichen Land und vielfach wohl auch nicht in ihrem eigenen Heimatland zu einem Hochschulstudium zugelassen werden können.
Soweit die Zuwanderer die Zulassungsbedingungen der deutschen Hochschulen erfüllen, ihre Stipendienwürdigkeit vor einem fachkundigen Prüfungsgremium nachweisen können und ihre Heimatregierungen keine Bedenken erheben, ist das Auswärtige Amt auch weiterhin bereit, nach Maßgabe der verfügbaren Haushaltsmittel Studienbeihilfen für sie bereitzustellen.
Es ist vorgesehen, daß die übrigen durch andere zuständige Stellen daraufhin geprüft werden, ob sie für eine Ausbildung an Ingenieur-, Fach- oder Gewerbeschulen geeignet sind. Auf diesen verschiedenen Wegen ist ein guter Teil der Zuwanderer untergebracht worden oder wird untergebracht werden.
Zusatzfrage!
Ist es nicht so, Herr Staatssekretär, daß es möglich ist, Studienbewerber, die aus den Ostblockländern kommen und im Augenblick noch nicht in vollem Umfang die Anforderungen an die Qualität erfüllen, die an den deutschen Hochschulen gestellt werden, durch Studienkollegs vorzubereiten?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Diejenigen, die noch nicht in der Lage sind, ein Hochschulstudium zu beginnen, werden akademisch in anderer Weise erfaßt. Ausgenommen werden nur diejenigen, denen zu helfen von vornherein aussichtslos erscheint.
Ich rufe die Frage III/6 — des Herrn Abgeordneten Rollmann — auf :
Ist es nicht begrüßens- und unterstützenswert, wenn Studenten aus Entwicklungsländern, die im Ostblock studieren, nach Einsicht in das dortige System sich dazu entschließen, den Ostblock zu verlassen, um ihr Studium in der freien Welt und auch in der Bundesrepublik fortzusetzen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ob ein solcher Entschluß begrüßens- und unterstützenswert ist, hängt vor allem von der Qualifikation, den Abwanderungsmotiven und der Stellungnahme der betreffenden afrikanischen Regierung ab. Soweit sich Fälle in der idealen Form präsentieren, die dem Herrn Abgeordneten bei der Formulierung seiner Frage vorgeschwebt zu haben scheint, bejahe ich die Frage. So präsentiert sie sich jedoch in der Regel nicht. Die Abwanderungsmotive sind sehr unterschiedlicher, oft recht persönlicher Natur und keineswegs nur so beschaffen, daß für uns ein Anreiz bestünde, auf sie einzugehen. Die Qualifikation ist — wie schon erwähnt — in der weit überwiegenden Anzahl der Fälle ungenügend, und schließlich ist an den Standpunkt der Regierung des Heimatlandes zu denken.
Keine Zusatzfrage. — Ich rufe auf die Frage III/7 — des Herrn Abgeordneten Rollmann —:
Ist die Bundesregierung gegebenenfalls bereit, die in Frage III/5 genannte Entscheidung des Auswärtigen Amts zu revidieren?
Lahr, Staatssekretär des Auswärtigen Amts Es besteht gegenwärtig kein Anlaß, den soeben geschilderten Standpunkt zu revidieren.
Ich rufe die Frage III/8 — des Herrn Abgeordneten Bading — auf :
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die einzige in Kairo bestehende deutschsprachige Buchhandlung von der Stillegung bedroht ist, da die ägyptische Staatsbank die von der Buchhandlung eingezahlten Rechnungsbeträge nicht an die Verleger transferiert und diese infolgedessen nicht mehr bereit sind, die Buchhandlung zu beliefern?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Der Tatbestand — —
Einen Moment! Ist Herr Abgeordneter Bading hier? — Er ist nicht hier; dann wird die Frage nicht beantwortet.
— Er ist hier! So? Eine Minute früher, Herr KollegeKahn-Ackermann, sonst retten Sie den Freund nicht
Metadaten/Kopzeile:
7658 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1965
Präsident D. Dr. Gerstenmaiermehr. Die Frage wird beantwortet; sie ist von demHerrn Abgeordneten Kahn-Ackermann übernommen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Der Tatbestand ist der Bundesregierung bekannt. Durch die auf allen Sektoren zutage tretenden Transferschwierigkeiten der VAR wird der Vertrieb deutschsprachiger — wie überhaupt ausländischer — Literatur erheblich behindert.
Ich rufe auf die Frage III/9 — des Herrn Abgeordneten Bading —:
Was hat die Bundesregierung bisher getan und was gedenkt sie in Zukunft zu tun, um die Existenz der deutschsprachigen Buchhandlung in Kairo als einer für die deutsche Kulturpolitik in Ägypten außerordentlich wertvollen Einrichtung zu sichern?
Sie wird von Herrn Kahn-Ackermann übernommen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die deutsche Botschaft ist bereits im Jahre 1963 von den deutschen Verlegern und im Jahre 1964 erstmalig von dem Besitzer der Buchhandlung Lehnert & Landrock, Herrn Lambelet, um Unterstützung für den Transfer für Bücher und Zeitschriften gebeten worden. Sie hat wiederholt bei den zuständigen ägyptischen Dienststellen mit Nachdruck auf Erledigung des rückständigen Transfers gedrängt. Eine zufriedenstellende Regelung wurde ihr kurzfristig in Aussicht gestellt. Nachdem sich der Transfer jedoch weiter durch eine erhebliche Verschärfung der Devisensituation verzögerte, ist im zweiten Halbjahr 1964 die Botschaft erneut zu wiederholten Malen bei den zuständigen Behörden vorstellig geworden. Vor kurzem hat die Ägyptische Zentralbank der Botschaft versichert, daß als Folge einer leichten Entlastung des Devisenhaushalts die verhältnismäßig geringfügigen Beträge für den Transfer von Büchern und Zeitschriften nunmehr kurzfristig abgewickelt werden sollen.
Die deutsche Regierung wird darüber hinaus bei den bevorstehenden deutsch-ägyptischen Wirtschaftsverhandlungen die VAR-Behörden mit Nachdruck auf diese Angelegenheit ansprechen und versuchen, eine befriedigende Regelung für die Bereitstellung von Fremdwährungsbeträgen für den Transfer fälliger Zahlungen bei Einfuhr deutscher Bücher und Zeitschriften zu erzielen.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeorneter Kahn-Ackermann.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede von: Unbekanntinfo_outline
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1965 7659
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede von: Unbekanntinfo_outline
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1965 7661
Rede von: Unbekanntinfo_outline
— Ja, ich greife einmal den Fall der Rentenversicherung heraus, bei 'der 'bereits — wie schon gesagt — 30 Millionen solcher Zahlen angefertigt worden sind, um den Ablauf dieses sehr umfangreichen Verwaltungswerkes der Rentenversicherung zu erleichtern. In einer solchen Zahl sind das Geburtsdatum, Anfangsbuchstabe des Familiennamens — aber eben in Zahlen ausgedrückt —, Vergabebuchnummer und Zählnummer enthalten. Das hat sich außerordentlich bewährt und vor allen Dingen dazu geführt, daß die Rentenumrechnungen und die Auszahlung der Beträge an die Berechtigten viel schneller bewältigt werden konnten. Das allein rechtfertigt schon eine solche Zahl.
Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen zu einer Zusatzfrage!
Herr Minister! Könnten Sie, um Mißverständnisse, die offensichtlich in der Öffentlichkeit und vielleicht auch bei den Fragestellern aufgetreten sind, zu vermeiden, deutlich machen, daß es 'sich dabei natürlich nicht um ein Kennzeichen im üblichen Sinne, sondern vielmehr um eine Kennziffer handelt, wie Sie es hier ja auch schon dargelegt haben, und daß sich die Erfahrungen vor allem auf dem Gebiet der Sozialversicherung gut ausgewirkt haben?
Herr Kollege! Vielleicht wären Sie damit einverstanden, wenn ich im Bulletin dazu Ausführungen machen würde; obwohl dies ein halbes Geheimblatt ist, könnten diese Ausführungen doch darin aufgenommen werden.
Eine Zusatzfrage!
Metadaten/Kopzeile:
7662 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1965
Herr Minister! Teilen Sie meine Skepsis, ob eine solche Kennziffer für so verschiedene Bereiche wie die Rentenversicherung und die Erfassung der Wehrpflichtigen verwendbar ist, nachdem es nicht einmal gelungen ist, gleiche Kennziffern für Postleitzahlen und Vorwählnummern im Fernsprechverkehr zu schaffen.
Ich bin der Meinung, daß es keine verschiedenen Systeme geben darf und daß die Systeme harmonisiert werden müssen, soweit sie sich unterscheiden.
Herr Kollege Kohut! Sie haben sich vorhin zu einer Zusatzfrage gemeldet. Habe ich das übersehen?
Ich rufe jetzt aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz die Frage V/1 — des Herrn Abgeordneten Dr. Arndt — auf:
Trifft die Behauptung des Defence Committee for victims of Nazi persecution zu, daß der Wiedergutmachungs-Senat des Bundesgerichtshofs seit 3 Jahren Verfahren, in denen Rechtsanwalt Dr. R. Weyl (Düsseldorf/London) Prozeßbevollmächtigter des Verfolgten ist, unbearbeitet läßt?
Herr Minister!
Die von Ihnen, Herr Kollege Arndt zitierte Behauptung trifft insoweit zu, als die Verfahren beim Bundesgerichtshof, an denen der Rechtsanwalt Dr. Weyl beteiligt ist, tatsächlich nicht vorankommen. Das liegt aber ausschließlich in der Person des Herrn Rechtsanwalt Dr. Weyl begründet. Der Bundesgerichtshof hat zur Zeit keine Möglichkeit, die Verfahren zu fördern, weil sie kraft Gesetzes unterbrochen sind, denn gegen Rechtsanwalt Dr. Weyl ist im ehrengerichtlichen Verfahren ein Vertretungsverbot ergangen und sein derzeitiger bestellter Vertreter hat das Verfahren nicht aufgenommen. Auf Anfrage des Bundesgerichtshofs hat er erklärt, daß er sich zur Aufnahme des Verfahrens außer Stande sehe, weil sich Rechtsanwalt Dr. Weyl weigere, ihm die Akten in den anhängigen Sachen auszuhändigen.
Frage 2 — des Herrn Abgeordneten Dr. Arndt —:
Wird die Bundesregierung im Einvernehmen mit den Ländern dafür sorgen, daß alle Gerichtsakten der Strafverfahren wegen nationalsozialistischer Verbrechen — jeweils nach Eintritt der Rechtskraft — an zentraler Stelle, wie z. B. einem Archiv oder einem wissenschaftlichen Institut, so gesammelt werden, daß sie der Auswertung durch die Forschung als Quelle zugänglich sind?
Durch landesrechtliche Verwaltungsvorschriften ist bereits jetzt sichergestellt, daß geschichtlich wertvolle Strafakten nicht vernichtet werden. Die Vorgänge über die Verfolgung nationalsozialistischer Straftaten gehören selbstverständlich zu diesen geschichtlich wertvollen Akten.
Eine andere Frage ist, wo die Akten zum Zwecke der wissenschaftlichen Forschung aufbewahrt werden sollen. Es bedarf noch der Prüfung, ob es möglich sein wird, eine zentrale Stelle für. das ganze
Bundesgebiet hierfür zu bestimmen — zum Beispiel das Bundesarchiv —, oder ob die Akten, da es sich ausschließlich um Akten der Ländergerichte handelt, bei jeweils zentralen Stellen in den Ländern aufbewahrt werden sollen. Die Akten der Zentralen Stelle in Ludwigsburg jedenfalls sollen nach Abschluß der Verfahren an das Bundesarchiv in Koblenz geleitet werden.
Wir kommen zur Frage V/3 — des Herrn Abgeordneten Jahn —:
Wie beurteilt die Bundesregierung den Vorschlag des Deutschen Richterbundes und des Senators für Justiz in Berlin, ein zentralen Institut zur Fortbildung der Richter und Staatsanwälte zu errichten?
Die Bundesregierung hält es in Übereinstimmung mit den Landesjustizministern und Senatoren für erwünscht, den Richtern in größerem Umfang als bisher die Möglichkeit zu geben, sich über die Fortentwicklung des Rechts und der Rechtswissenschaft zu informieren. Die Justizministerkonferenz hat am 14. dieses Monats in Trier einen besonderen Ausschuß eingesetzt, der die damit zusammenhängenden Fragen prüfen soll. Das Bundesjustizministerium, das dem Vorschlag einer Richterakademie durchaus sympathisch gegenübersteht, will die Länder bei der Prüfung dieser Frage unterstützen.
Ich rufe auf die Frage V/4 — der Frau Abgeordneten Dr. DiemerNicolaus —:
In welchem Umfang halten die Staatsanwaltschaften Beschlagnahmen aufrecht, die auf Grund von § 3 des Verbringungsgesetzes durch die Hauptzollämter erfolgten?
Darf ich die Fragen 4 und 5 im Zusammenhang beantworten?
Einverstanden. Ich rufe dann ferner auf die Frage V/5 — der Abgeordneten Frau Dr. Diemer-Nicolaus —:
Wieviele strafrechtliche Verfahren werden auf Grund der in Frage V/4 genannten Beschlagnahmen durchschnittlich jährlich durchgeführt?
Leider habe ich darüber kein Zahlenmaterial zur Verfügung. Es gibt über diese objektiven Verfahren keine Statistik. Ich könnte vielleicht nach Rückfrage bei den Landesjustizverwaltungen eine Auskunft geben, bin aber nicht sicher, ob sie nachträglich noch in der Lage sind, die gewünschten Zahlen zusammenzustellen. Jedenfalls wäre das mit einer sehr großen Arbeit verbunden.Ich glaube aber, verehrte Frau Kollegin, Sie können davon ausgehen, daß die Zahlen, die Sie vom Bundespostministerium über die Verfahren bekommen, die überhaupt von den Hauptzollämtern eingeleitet werden, die also dort nicht bereits ausgeschieden werden, sich im wesentlichen mit der Anzahl der Fälle decken, die dann zu einem staatsanwaltschaftlichen und gerichtlichen Verfahren führen.
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1965 7663
Eine Zusatzfrage.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Minister, könnte ich Auskunft darüber erhalten, wie groß ,der Umfang der objektiven Strafverfahren, der Einziehungsverfahren und ,der subjektiven Strafverfahren ist? Sind Sie der Auffassung, daß bei den objektiven Strafverfahren berücksichtigt werden muß, daß § 4 des Verbringungsgesetzes nur das Post- und Briefgeheimnis nach Art. 10 .des Grundgesetzes einschränkt, nicht jedoch die Presse- und Informationsfreiheit?
Zur ersten Frage muß ich wiederholen, daß bis jetzt keine Statistik vorliegt. Wenn der Wunsch dieses Hohen Hauses dahin geht, müßte dieser Zustand naturgemäß geändert werden.
Zur zweiten Frage: Es ist richtig, daß § 4 des Verbringungsgesetzes nur das Post- und Briefgeheimnis einschränkt; aber ,das beruht darauf, daß das Post- und Briefgeheimnis unter dem ausdrücklichen speziellen Gesetzesvorbehalt im Sinne des Art. 19 des Grundgesetzes steht, während das Grundrecht der Meinungsfreiheit ja die immanente Schranke hat, daß es nur im Rahmen der geltenden Gesetze ausgeübt werden darf. Anders gesagt, es ist nicht möglich, bei jedem den Art. 5 des Grundgesetzes einschränkenden Gesetz zu vermerken, daß es den Art. 5 einschränkt. Das müßte ja dann z. B. bei dem Beleidigungsparagraphen auch geschehen.
Eine zweite Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, nachdem auch Sie mit Recht die Auffassung vertreten, daß das Grundrecht, das in Art. 5 verankert ist, als solches jederzeit beachtet werden muß, möchte ich Sie fragen: Teilen Sie meine Auffassung, daß im Zusammenhang mit dem Verbringungsgesetz, wenn es sich darum handelt, wie § 93 des Strafgesetzbuches auszulegen ist, enge Auslegungsgrundsätze angewandt werden müssen, damit der Art. 5 nicht verletzt wird?
Ich teile diese Auffassung. Sie entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.
Eine dritte Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, wären Sie in der Lage, durch Rückfrage bei den Ländern einmal festzustellen, welche Grundsätze bei der Auslegung des § 93 bei objektiven Verfahren angewandt werden? Es ergehen ja keine Urteile, die veröffentlicht werden.
Ich bin gern bereit, das festzustellen.
Bis zur Erschöpfung. Vierte und letzte der geballten Zusatzfragen!
Herr Bundesminister, könnten Sie dann entweder im Rechtsausschuß oder im Sonderausschuß „Strafrecht" über das Ergebnis dieser Erkundigungen berichten?
Ja, gern.
Ich rufe auf die Frage V/6 — des Herrn Abgeordneten Busse —:
Trifft es zu, daß sich der Leiter der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Verfolgung nationalsozialistischer Gewaltverbrechen seit Jahren vergeblich um die Abstellung eines Beamten des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung für die Offentlichkeitsarbeit der Zentralen Stelle bemüht hat?
Der Leiter der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg hat weder bei dem für ihn zuständigen Justizministerium des Landes BadenWürttemberg noch beim Presse- und Informationsamt der Bundesregierung jemals die Zuweisung eines Pressereferenten beantragt. Er hat gegenüber einem Referenten des Bundespresseamtes geäußert, seine jetzige Überlastung könne vermindert werden, wenn das Presseamt einen ständigen Vertreter in Ludwigsburg habe 'oder einen ständigen Kontaktmann für diesen Zweck im Bundespresseamt bestelle. Daraufhin wurde ein Referent des Bundespresse- und Informationsamtes zum ständigen Kontaktmann mit Ludwigsburg bestellt.
Damit ist Frage V/7 — des Abgeordneten Busse —
Falls Frage V/6 bejaht wird: Welche Gründe waren dafür maßgebend, daß dem Wunsch des Leiters der Zentralen Stelle sucht stattgegeben wurde?
wohl mitbeantwortet.
Ich rufe auf die Frage V/8 — des Abgeordneten Busse —:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß eine ausreichende Aufklärung der deutschen und der Weltöffentlichkeit über die umfangreiche Ermittlungstätigkeit der Zentralen Stelle eine Fehlbeurteilung der Verfolgung nationalsozialistischer Gewaltverbrechen in Deutschland und im Ausland vermieden hätte?
Das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung hat, wie ich eben sagte, seit Jahren ständigen Kontakt mit Ludwigsburg gehalten. Zahlreiche in- und ausländische Journalisten wurden nach Ludwigsburg verwiesen. Nicht zuletzt daher rührt auch die von Herrn Oberstaatsanwalt Schüle mit Recht beklagte Überlastung mit Öffentlichkeitsarbeit. Auch bei seiner eigenen Tätigkeit hat das Presse- und Informationsamt sich darum bemüht, die Leistungen der Zentralen Stelle hervorzuheben. Es hat z. B. im
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7664 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1965
Bundesminister Dr. BucherNovember 1963 eine Broschüre über die Verfolgung dieser Straftaten herausgegeben, in der die Zentrale Stelle mit zwei Beiträgen vertreten ist.Ferner liegt mir eine Übersicht über das vom Bundespresseamt in der Auslandsarbeit Geleistete vor, die ich wegen ihres Umfangs hier nicht vollständig wiedergeben kann. Ich möchte nur stichwortartig folgendes erwähnen:1. Eine größere Anzahl ausländischer Publizisten und Politiker wurden bei der Zentralen Stelle informiert.2. „Inter Nationes" veröffentlicht Artikel und Bilderdienste, darin auch Berichte über die Zentrale Stelle, in mehreren Sprachen.3. Einschlägiges Material wurde in mehr als 30 Sprachen publiziert.4. Auch die fremdsprachigen Bulletins des Presse- und Informationsamtes mit einer Auflage von mehr als 150 000 Exemplaren — also nicht halb geheim — brachten mehrfach Meldungen und Berichte zu diesem Thema.5. Auf dem Gebiet des Rundfunks wurde laufend über die Prozesse Bericht erstattet und auf die Tätigkeit der Zentralen Stelle hingewiesen. .Die Aufklärungsarbeit im Inland ist nicht geringer. Auch das Deutsche Fernsehen hat sich öfters mit der Zentralen Stelle befaßt, so daß die Bundesregierung insgesamt feststellen kann, daß das Bestehen und die Leistungen dieser Stelle im In- und Ausland allgemein bekannt sind.
Eine Zusatzfrage.
Herr Minister, würde sich nicht trotzdem aus gewissen Erscheinungen und Tatsachen in der letzten Zeit die Frage ergeben, ob es nicht angebracht ist, diese bereits begonnene Aufklärungsarbeit noch intensiver fortzusetzen?
Ich stimme Ihnen darin zu, daß auf diesem Wege nicht genug Aufklärung in dieser Sache betrieben werden kann.
Ich rufe auf die Frage V/9 — des Abgeordneten Dr. Kohut —:
Wie viele Ermittlungsverfahren in politischen Strafsachen sind in der Bundesrepublik Deutschland anhängig?
Zur Beantwortung dieser Frage muß ich leider eine ganze Anzahl von Zahlen hier verlesen. Ich werde mich bemühen, das möglichst übersichtlich zu tun. Als Zeitpunkt kann ich nur den 30. September 1964 nehmen; das ist der neueste Zeitpunkt, für den Statistiken vorliegen.
Danach waren 2515 staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren anhängig, davon wegen Hochverrats 10, wegen Landesverrats 1762, wegen Staatsgefährdung 743. 380 gerichtliche Verfahren waren anhängig, wieder nach den gleichen Gruppen gegliedert: 21, 235, 124. Zusammen waren also 2895 Verfahren anhängig.
Dabei ist aber zu bemerken, daß ein erheblicher Teil dieser Verfahren seit Jahren vorläufig eingestellt ist. Die vorläufige Einstellung erfolgt meistens deshalb, weil der Täter über die Grenzen hinaus geflüchtet ist. Praktisch sind diese Verfahren erledigt; die Täter werden nicht mehr zurückkommen. Vorläufig eingestellt sind zusammen — ich darf hier wohl auf die Aufgliederung verzichten — 1368 Verfahren, also etwa die Hälfte der vorher von mir genannten Verfahren.
Eine Zusatzfrage!
Herr Minister, wie kommt es, daß die in der Öffentlichkeit — Fernsehen, Presse, Rundfunk — genannten Zahlen wesentlich höher sind als die, die Sie bekanntgegeben haben? Beruht das vielleicht darauf, daß Vorermittlungen oder dergleichen, die auf Denunziationen beruhen, in größerem Umfang eingeleitet worden waren?
Es kann sein, daß diese fälschlich genannten höheren Zahlen darauf beruhen, daß Verfahren einbezogen worden sind, die schon von den Staatsanwaltschaften sofort erledigt worden sind, weil sie z. B. offensichtlich auf Denunziation 'beruhten und keine sachliche Grundlage hatten. Ich kann nur betonen, daß dies hier die richtigen Zahlen 'sind. Wir erleben es ja leider öfter, daß in der Öffentlichkeit falsche Zahlen verbreitet werden.
Eine weitere Zusatzfrage? — Bitte, Herr Dr. Kohut!
Wie kam es eigentlich, daß schon in dem vorhin behandelten Fall Dr. Wiechmann die Kriminalpolizei eingeschaltet wurde, als er sich nach den auch von mir erfragten Zahlen erkundigen wollte?
Das liegt außerhalb meines Geschäftsbereichs, Herr Kollege.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dröscher!
Herr Bundesminister, wie ist sichergestellt, daß Menschen, gegen die solche staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, die dann vernommen, zum Teil auch in Unruhe versetzt werden, überhaupt von dem Ende dieser Ermittlungen erfahren?
Von dem Ende eines Ermittlungsverfahrens erfährt derjenige, gegen den es eingeleitet wird, in jedem Falle.
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1965 7665
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dröscher!
Herr Bundesminister, ist sichergestellt, daß sich diese Versfahren nicht über eine vor allem bei Unschuldigen unzumutbar erscheinende Zeit hinweg ausdehnen?
Ich glaube, daß das im Rahmen des Möglichen sichergestellt ist. Unter den Verfahren, von denen 'ich vorher sprach, gibt es ja 'eine 'große Anzahl, wo ein Verfahren eingeleitet, aber schon nach sehr kurzer Zeit wegen offensichtlicher Unbegründetheit von der Staatsanwaltschaft eingestellt wird.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Willeke.
Ist die Bundesregierung bereit, 'den zweifellos in der Öffentlichkeit, namentlich auch tim Fernsehen verbreiteten falschen Zahlen wirksam entgegenzuwirken?
Die Bundesregierung ist dazu bereit, wie es schon heute geschieht.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Matthöfer!
Herr Minister, sind in Ihren Zahlen auch die Ermittlungsverfahren enthalten, die wegen Beleidigung fremder Staatsoberhäupter in Gang gesetzt wurden?
Nein, dieser Tatbestand ist hierin nicht enthalten.
Würden Sie solche Verfahren als politische Strafverfahren dann bezeichnen, wenn das Staatsoberhaupt, das angeblich beleidigt worden sein soll, ein faschistischer Diktator ist?
Die Beleidigungen ausländischer Staatsoberhäupter gehören generell nicht zu dem Komplex, den man als politische Straftaten bezeichnet, sondern dazu gehören nur die drei Gruppen Hochverrat, Landesverrat und Staatsgefährdung.
Wir kommen dann zu der Frage V/10 — des Abgeordneten Dr. Müller-Emmert —:
Ist der Bundesjustizminister bereit, auf' der nächsten Justizministerkonferenz dafür einzutreten, daß zukünftig die Justizminister und -senatoren der Bundesländer in ihren Voraussetzungen und Auswirkungen möglichst einheitliche Weihnachtsgnadenerlasse erarbeiten, damit Härtefälle zum Nachteil von Strafgefangenen, die ihre Ursache in der inhaltlichen Verschiedenheit der Gnadenerlasse der Bundesländer haben, vermieden werden?
Ich stimme Ihnen zu, Herr Kollege, daß allgemeine Gnadenerlasse der Länder zu Weihnachten im Interesse der Gleichheit und damit der Gerechtigkeit möglichst einheitlich sein sollten. Die Länder haben das durchaus erkannt. Auf Initiative des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz ist erreicht worden, daß Gnadenerweise zu Weihnachten nach im wesentlichen gleichen Grundsätzen gewährt werden. Die Länder haben im letzten Jahr — mit einer Ausnahme — als Entlassungstag den 21. Dezember vereinbart bei den Strafen, deren Verbüßung zwischen dem 22. Dezember 1964 und dem 3. Januar 1965 geendet hätte.
Die Voraussetzungen im einzelnen festzulegen muß natürlich den Ländern, denen die Gnadenhoheit zusteht, überlassen bleiben. Aber ich will Ihre Anregung gern aufgreifen und darauf hinwirken, daß Härten infolge ungleicher Bestimmungen nicht vorkommen.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier Eine Zusatzfrage? - Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Müller-Emmert!
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß die Voraussetzungen z. B. in dem hessischen Weihnachtsgnadenerlaß viel günstiger waren als in dem rheinland-pfälzischen, so daß diejenigen Personen, die in Hessen verurteilt worden waren, ihre Strafe aber in Rheinland-Pfalz verbüßten, viel früher entlassen wurden als ihre Zellenkameraden, die von rheinland-pfälzischen Gerichten verurteilt waren?
Mir ist nur bekannt, daß die hessische Regelung insoweit abweicht, als nicht der 3. Januar, sondern der 6. Januar als Tag des Strafendes gewählt worden ist, also ein etwas größerer Kreis von — um mit Ihnen zu sprechen — „Kameraden" von dem Gnadenerlaß betroffen wird. Degegen ist mir nichts davon bekannt, daß auch der Entlassungstermin in Hessen früher gelegen hat, jedenfalls nicht zu Weihnachten letzten Jahres.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Minister! Da Sie diesem meinem Anliegen, wenn ich so sagen darf, aufgeschlossen gegenüberstehen, darf ich noch fragen: Wann wird diese Frage entschieden werden können? Auf der nächsten Justizministerkonferenz?
Ich bin gerne bereit, mich dafür einzusetzen, daß das Thema auf der nächsten Justizministerkonferenz nochmals behandelt wird. Ich kann Ihnen im Augenblick nicht sagen, welcher Termin dafür in Aussicht genommen worden ist; aber ich nehme an, daß es so etwa im Mai sein wird.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Rutschke.
Herr Bundesminister, sind Sie der Meinung, daß man Mithäftlinge oder -insassen eines Gefängnisses als „Kameraden" bezeichnen sollte?
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7666 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1965
Ich glaube, man sollte es den Häftlingen überlassen, inwieweit sie sich kameradschaftlich verbunden fühlen.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Ich rufe auf die Fragen VI/1, VI/2 und VI/3 — des Abgeordneten Richarts —:
Ist der Bundesregierung bekannt, in wieviel Fällen das Hauptzollamt Prüm in den letzten Jahren wegen Vor- bzw. Überlieferung von Heizöl Steuerbescheide erlassen und Strafverfahren anhängig gemacht hat?
Sind — bei Bejahung der Frage VI/1 — der Bundesregierung der gesamte Betrag der in diesem Zusammenhang erlassenen Steuerbescheide und die Zahl der im gleichen Zusammenhang anhängigen und abgewickelten Strafverfahren bekannt?
Ist die Bundesregierung — bei Bejahung der Fragen VI/1, 2 — bereit, dem Parlament diese Zahlen zu nennen?
Ist der Herr Abgeordnete Richarts im Saal? — Er ist nicht anwesend. Seine Fragen werden schriftlich beantwortet.
Ich rufe auf die Fragen VI/4, VI/5 und VI/6 — des Abgeordneten Holkenbrink —:
Ist die Bundesregierung bereit, die einzelnen in Frage VI/1 genannten Fälle zu überprüfen, um festzustellen, inwieweit im Rahmen des Ermessensspielraums und im Rahmen der Möglichkeit des Steuererlasses aus Billigkeitsgründen vom Hauptzollamt Prüm in diesem Zusammenhang Gebrauch gemacht wurde?
Billigt die Bundesregierung das Verfahren des Hauptzollamtes Prüm, besonders in Fällen, in denen keine Steuerverkürzungen eingetreten sind?
Welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen, um solche Aktionen eines Hauptzollamtes wie die in Frage VI/1 genannten in Zukunft zu verhindern?
Ist der Abgeordnete Holkenbrink im Saal? — Nein. Dann werden auch seine Fragen schriftlich beantwortet.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft. Ich rufe auf die Frage VII/1 — des Abgeordneten Fritsch —:
Ist die Bundesregierung bereit, durch die Errichtung bundeseigener Einrichtungen im Zonenrand- und Grenzgebiet und durch 'die .Vergabe von Aufträgen des Bundes, z. B. auf dem Sektor künstlerischer Arbeiten, der bisherigen Benachteiligung dieser Gebiete entgegenzuwirken?
Zur Beantwortung hat das Wort Herr Staatssekretär Dr. Langer.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, abgesehen von der Standortgebundenheit vieler bundeseigener Einrichtungen ist ihr Sitz vielfach in Gesetzen festgelegt oder auf andere Weise ,der Einflußnahme der Bundesregierung entzogen. Die Bundesregierung prüft jedoch bei der Errichtung jeder neuen bundeseigenen Einrichtung, ob ihr Standort im Zonenrandgebiet gewählt werden kann.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Fritsch!
Herr Staatssekretär, würden Sie dabei an die verschiedensten Einrichtungen der einzelnen Ministerien denken, wie z. B. an Ingenieurschulen ,der Bundespost oder auch an Schulen der
Bundeswehr, an Archive oder vergleichbare Institutionen der Ministerien?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ja, Herr Abgeordneter, ich würde diese Zusatzfrage bejahen. Der beim Bundeswohnungsbauministerium ressortierende Interministerielle Ausschuß für Raumordnung hat sichergestellt, daß alle neuen Bundeseinrichtungen in diesem Ausschuß erörtert werden und man diese Gedanken mit in die Überlegungen einbezieht.
Zweite Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, darf ich fragen, welche Kontakte bisher z. B. mit der bayerischen Landesvertretung in der Frage der Vergabe von Arbeiten künstlerischer Art — die ich in dieser Frage meinte — an Künstler des Grenzlandes bestehen und ob auf Grund dieser Kontakte zu erwarten ist, daß künftig in vermehrtem Maße derartige Aufträge in das Zonenrandgebiet vergeben werden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, ich muß darum bitten, diese Frage schriftlich beantworten zu dürfen. Ich verweise darauf, daß in der Frage des Herrn Abgeordneten Lautenschlager die Frage der Vergabe von Aufträgen im Zonenrandgebiet auch unter 'dem Aspekt künstlerischer Aufträge angesprochen worden ist.
Ich rufe auf die Fragen VII/2 und VII/3 — des Herrn Abgeordneten Lautenschlager —:
Ist die Bundesregierung bereit, die im Bundeshaushalt eingestellten Mittel für Frachthilfen, z. B. für die bayerischen Zonenrandgebiete, zu erhöhen?
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die Frachthilfe in der Weise verbessert wird, daß Unternehmen, die Frachthilfe erhalten, davon gleich wieder einen Teil in Form von Steuern abführen müssen?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Im Jahre 1963 — für das die Rechnung abgeschlossen ist — standen für das Regionale Förderungsprogramm 142 Millionen DM zur Verfügung, von denen 29,2 Millionen DM für Frachthilfen an die Wirtschaft im Zonenrandgebiet ausgezahlt wurden. Auch im Jahre 1965 ist im Regionalen Förderungsprogramm etwa der gleiche Betrag für Frachthilfen vorgesehen.Solange eine Aufstockung des Regionalen Förderungsprogramms insgesamt nicht möglich ist, kann auch die Frachthilfe nicht erweitert werden, ohne daß andere wichtige Hilfen für das Zonenrandgebiet oder für die Bundesausbaugebiete und -orte verringert werden. Das Bundeswirtschaftsministerium wird in allernächster Zeit Besprechungen mit den Ländern darüber führen, ob eventuell andere Hilfen innerhalb des Regionalen Förderungsprogramms noch weiter eingeschränkt werden können, um die Frachthilfe dem ständig steigenden Transportvolumen des
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Staatssekretär Dr. LangerZonenrandgebietes auch in Zukunft anpassen zu können.
Keine Zusatzfrage mehr.
Damit sind wir für heute am Ende der Fragestunde. Die Fragestunde wird morgen fortgesetzt mit dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung.
Ich rufe auf Punkt 2 der Tagesordnung:
a) Fortsetzung der Beratung der Großen An, frage der Fraktion der FDP betr. die Lage in der Bundeswehr
b) Fortsetzung der Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Verteidigung über den Jahresbericht 1963 des Wehrbeauftragten des Bundestages (Drucksachen IV/2305, IV/2795)
c) Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Verteidigung über. den Entschließungsantrag der Fraktion der FDP zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1964
hier: Einzelplan 14
Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung .
Ich frage den Herrn Abgeordneten Adorno als Berichterstatter, ob er das Wort wünscht. — Das Wort hat der Herr Berichterstatter.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Den Ihnen vorliegenden Schriftlichen Bericht des Ausschusses für Verteidigung über den Entschließungsantrag der Fraktion der FDP auf Umdruck 429 darf ich hiermit durch weitere Ausführungen ergänzen.Zunächst möchte ich einleitend wiederholen, daß sich der Ausschuß sehr eingehend mit diesem umfangreichen Entschließungsantrag in vier Sitzungen befaßt hat. Ebenso will ich noch einmal betonen, daß bei der Erörterung der verteidigungspolitischen . Probleme des Antrags innerhalb des Ausschusses Einigkeit darüber bestand, daß alle Maßnahmen, die den Erfolg der Konsolidierung der Bundeswehr sicherstellen sollen, mit den von der Bundesrepublik übernommenen Verpflichtungen aus dem Nordatlantischen Verteidigungspakt übereinstimmen müssen. Auch sei noch einmal vermerkt, daß in dem Antrag das Bestreben zum Ausdruck kommt, die Bemühungen und Maßnahmen, die der Konsolidierung unserer Bundeswehr dienen, zu unterstützen und durch eigene Vorschläge zu ergänzen.Im einzelnen ist dazu noch folgendes auszuführen. Zu Ziffer 1 des Antrags haben die Beratungen des Ausschusses ergeben, daß die bestimmenden Elemente des Erlasses des Bundesministers der Verteidigung vom 28. Februar 1964 dem hier angesprochenen Anliegen der Antragsteller entsprechen. Hervorzuheben sind insbesondere die befohlene Verbesserung und Vervollständigung der Ausbildung in der Truppe als Schwerpunktaufgabe für die Phase der Konsolidierung. Dem dient auch die Streckung des Zeitplanes für den organisatorischen Aufbau zugunsten der Auffüllung begonnener Vorhaben an Stelle weiterer Neuaufstellungen, die vorläufig nur noch .zum Schließen schwerwiegender Lücken geplant sind. So wurden die Neuaufstellungen, die ursprünglich für das Jahr 1964 im Umfang von rund 30 000 Soldaten vorgesehen waren, aufgeschoben. Das bedeutet allein beim Heer eine Verschiebung der Aufstellung von 19 Bataillonen bzw. 64 Kompanien und 30 selbständigen Einheiten in einer Stärke von insgesamt 16 700 Soldaten. Der Personalzuwachs dient in der Phase der Konsolidierung vor allem der Auffüllung bestehender Verbände.Insgesamt gesehen wurde aus den Beratungen deutlich, daß alle Anstrengungen unternommen worden sind und weiterhin unternommen werden, um die Ausbildung nach modernen Grundsätzen auf den bestmöglichen Stand zu bringen. Es wird alles darangesetzt, durch geeignete Maßnahmen den Berufssinn der Soldaten zu intensivieren und gleichzeitig über unser Wehrsystem der Allgemeinen Wehrpflicht die Verbindung zwischen Bevölkerung und Bundeswehr immer enger und verständnisvoller zu gestalten.Zu Ziffer 2 'des Antrags ist auszuführen, daß der Gedanke einer vorübergehenden Reduzierung der Stärke der Bundeswehreinheiten vom Bundesminister der Verteidigung sorgfältig erwogen worden ist. Einerseits muß der Sinn der Konsolidierung darin gesehen werden, das bereits Bestehende zu erhalten und zu. festigen. Andererseits haben alle Maßnahmen zu garantieren, daß die Chancen für eine erfolgreiche Vorwärtsverteidigung ständig erhöht werden.Daher stimmte der Ausschuß mit dem Bundesminister der Verteidigung darin überein,' nur äußerstenfalls von ,der Maßnahme einer vorübergehenden Reduzierung Gebrauch zu machen, um das Fehl an Führern und Unterführern zu überbrücken. Der Ausschuß ließ sich dabei auch von der Überlegung leiten, daß die Auflösung ganzer Einheiten zwangsläufig Versetzungen auslösen würde, was wiederum Unruhe und damit vermehrte Abgänge langdienender Soldaten zur Folge hätte. Darüber hinaus würde eine Kürzung der Personalstärken der Einheiten die Basis für die Gewinnung langdienender Soldaten nur schmälern und dadurch das Personalproblem weiter verschärfen. Denn schließlich können längerdienende Freiwillige, die zusammen mit den Berufssoldaten das Gerüst einer 'modernen Armee bilden, am besten aus dem großen Reservoir der wehrpflichtigen Soldaten gewonnen werden.Der Bundesminister der Verteidigung hat sich trotzdem bereit erklärt, die Kommandierenden Generale zu ermächtigen, von Fall zu Fall innerhalb von Einheiten vorübergehend Personalausgleich durch Kommandierungen 'bis zur Stärke eines Zuges zu befehlen, um 'geeignete Rationalisierungsmaßnahmen auf dieser Ebene rasch durchführen zu können.Die Auflösung ganzer Einheiten kann jedoch schon infolge unserer NATO-Verpflichtungen nur als letz-
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Adornoter Schritt in Betracht gezogen werden. Sie würde außerdem eine Reihe zusätzlicher Schwierigkeiten mit sich 'bringen, von denen z. B. die psychologischen Folgen einer Auflösung der Einheit als „Heimat des Soldaten" besonders ins Gewicht fielen. Der Ausschuß konnte sich daher der Erkenntnis nicht verschließen, daß dem Bundesminister der Verteidigung selbst die Entscheidung über die Auflösung einer Einheit, :sollte sie im Einzelfall notwendig werden, vorbehalten sein muß.Auch die Beratung zu ,Ziffer 3 des Antrags ergab eine Übereinstimmung ,der Auffassungen des Ausschusses mit den Erklärungen der Bundesregierung. Eine Verlängerung der Ausbildungszeit bis zur Beförderung zum Leutnant ist im Sinne der Anfrage vorbereitet. Sie wird für alle ab 1. Oktober 1965 eintretenden Berufsoffiziersanwärter einheitlich 36 Monate, für Zeitoffiziersanwärter 30 Monate betragen. Seit 1. Oktober .1964 beträgt die Ausbildungszeit für Berufsoffiziersanwärter bereits 32 Monate und für Zeitoffiziersanwärter 24 Monate.Ebenso wird eine Verlängerung der Ausbildung bis zur Beförderung zum Unteroffizier schrittweise verwirklicht. Vorausseitzung ist, daß die eingeleiteten Maßnahmen zur Verbesserung der Situation des Unteroffizierstandes zu einer Verlängerung der Dienstzeitverpflichtungen führen. In der Übergangszeit wird dem Umstand, daß eine kürzere Zeit zur Ausbildung vor der Beförderung zur Verfügung steht, durch Intensivierung der Ausbildung Rechnung getragen. Dem dient zum Beispiel der vorübergehende Verzicht auf Übungen in Großverbänden, um die Ausbildung durch die Truppe selbst in der Kompanie und im Bataillon schwerpunktmäßig durchführen zu können. Außerdem hat Anfang 1964 das Heer bei allen Waffenschulen sofort Unteroffizierlehrinspektionen zur Ausbildung des Nachwuchses eingerichtet. Hierher gehört auch die Einrichtung von neuen Unteroffiziersschulen. Die Teilstreitkraft Marine verfügt bereits seit längerer Zeit über eine Unteroffiziersschule, ebenfalls die Luftwaffe und das Heer seit Oktober 1964; weitere zwei Unteroffiziersschulen sind für das Heer vorgesehen. Im übrigen wird die Ausbildung über den Zeitpunkt der Beförderung hinaus fortgesetzt.Die Stabsoffiziersausbildung wird ab 1966, sobald die ersten nicht kriegsgedienten Offiziere heranstehen, einheitlich auf sechs Monate ausgedehnt und intensiviert. Etwa 40% der Stabsoffiziere dienen nicht mehr in ihrer Teilstreitkraft. Sie werden in gemischten und integrierten Stäben im Bundesministerium der Verteidigung oder bei der TV verwendet. Deshalb wir auch ein neuer Lehrstoff erarbeitet, um den künftigen Stabsoffizier neben seiner Verwendung in der eigenen Teilstreitkraft insbesondere auch auf eine Tätigkeit im Bundeswehrrahmen und im integrierten Rahmen vorbereiten.Bei der Beratung von Ziffer 4 dies Antrages konnte sich der Auschuß zunächst einen Überblick über die getroffenen, eingeleiteten und vorgesehenen Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur verschaffen. Art und Umfang des Kasernenbaus sind überprüft und werden laufend der Umfangs- und Unterbringungsplanung der Bundeswehr angepaßt.Planung und Ausführung erfolgen unter Berücksichtigung moderner technischer Erkenntnisse nach Normen. Der Schwerpunkt der allgemeinen Infrastruktur liegt jetzt und in den folgenden Jahren eindeutig auf der Deckung dies Nachholbedarfs an Ausbildungs- und vor allem auch an Betreuungseinrichtungen. Das geht schon eindeutig aus der Mittelverteilung des Jahres 1964 hervor. Von insgesamt 1442 Millionen DM entfielen im vergangenen Haushaltsjahr 1397 Millionen DM auf sogenannte Konsolidierungsbauten und 45 Millionen DM — man beachte den Unterschied! — auf den Baubeginn für Neubauten. Der Betrag von rund 1397 Millionen DM für Konsolidierungsbauten gliedert sich wieder auf in 1247,3 Millionen DM für Kasernen, darunter insbesondere Ausbildungs- und Betreuungseinrichtungen, sowie Sportanlagen und technische Bereiche, und in 149,7 Millionen DM für Depotbauten.Während also in der Konsolidierungsphase Neubauten im wesentlichen zum Abbau von Überbelegungen und zur Abdeckung von Belegungsspitzen errichtet werden, hat zweifellos die Vervollkommnung der vorhandenen Unterkünfte — und hier wiederum insbesondere die Erstellung des Nachholbedarfs an Betreuungsbauten — eindeutigen Vorrang. So werden z. B. in den Jahren 1964 bis 1966 zu den ,bereits vorhandenen 284 Sportplätzen zusätzlich 145 Sportplätze und zu den schon vorhandenen 229 Sporthallen weitere 168 Sporthallen zur Verfügung gestellt werden. Zu den vorhandenen 19 Soldatenheimen kommen in diesem Zeitraum weitere 28 hinzu.In den Wirtschaftsgebäuden vorhandene Unteroffiziersheime können mit der Errichtung von Offiziersheimen vergrößert werden, indem die bisherigen Offiziersversammlungsräume den Unteroffiziersheimen zugeschlagen werden. 18 Offiziersheime sind im Bau oder werden in diesen Monaten begonnen. Der Bau weiterer Offiziersheime ist in der Planung. Hierbei ist noch besonders zu erwähnen, daß jetzt beim Neubau von Kasernen die Betreuungseinrichtungen gleichzeitig erstellt werden.Der Wohnungsbau für die Bundeswehr wird im Rahmen der vorhandenen Mittel und Baukapazitäten mit Vorrang betrieben. Es wird die Erstellung von jährlich 15 000 Wohnungen angestrebt, um den Nachholbedarf beschleunigt auffangen zu können. Doch darf nicht übersehen werden, daß durch Neueinstellungen, Heiraten und Pensionierungen nur ein Bruchteil der Neubauten den Nachholbedarf verringert. Für 1965 ist der Bau von 12 000 Wohnungen durch rechtzeitig erteilte Bindungsermächtigungen gesichert.Der Verwaltungsgang konnte teilweise bereits verkürzt werden durch die Hereinnahme der für die Bundeswehr tätigen Teile der Bauabteilung des Bundesministeriums für wirtschaftlichen Besitz des Bundes in das Bundesministerium der Verteidigung und durch die Delegierung der abschließenden Genehmigung bestimmter Bauvorhaben in die Kompetenz der Mittelinstanz. Bei letzteren handelt es sich maßgeblich um neu zu beginnende Teilbereiche von Truppenunterkünften, z. B. technische Bereiche, Heizoder Wirtschaftsgebäude, ferner um Standortschieß-
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Adornoanlagen und um Munitionsniederlagen, deren Planungsvorbereitungen sich verzögert hatten, bei denen aber auf diese Weise die Möglichkeit bestand, den vorgesehenen Baubeginn in etwa einzuhalten.Bei der Erörterung dieses Fragenkomplexes wies der Bundesminister der Verteidigung aber auch auf die großen Schwierigkeiten hin, die als Folge der Bestimmungen des § 14 und des § 30 a der Reichshaushaltsordnung das Ministerium außerordentlich belasten. Diese hemmenden Bestimmungen und entsprechende Verfahrensschwierigkeiten behindern die zügige Durchführung des Infrastrukturprogramms einschließlich des Wohnungsbaus außerordentlich.Um diesen Schwierigkeiten zu begegnen und um die Maßnahmen, die der Verbesserung des Infrastrukturprogramms gelten, zu beschleunigen, unterstützt der Ausschuß unter Hintansetzung von haushaltsrechtlichen und konjunkturpolitischen Bedenken alle Schritte, die zur Erleichterung der Verwaltungsführung auf dem Gebiet der Verteidigungsbauten beitragen.In seinem Antrag fordert daher der Ausschuß die Übertragung des Prüfungs- und Genehmigungsrechts für einmalige Bauausgaben auf die Mittelinstanz, die Erhöhung der Kostengrenze des § 30 a der Reichshaushaltsordnung für kleinere Neu-, Um- und Erweiterungsbauten von zur Zeit 80 000 DM auf 250 000 DM, die frühzeitige Freigabe der geplanten Hochbaumaßnahmen gemäß § 9 des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1965 und die Ausnahme der Bauvorhaben des Verteidigungsbereichs von der in § 9 Abs. 2 des Haushaltsgesetzes 1965 vorgesehenen 20-%-Sperre.Bei der Beratung von Ziffer 5 des vorliegenden Antrags wurde zunächst daran erinnert, daß der Atlantikrat im Februar 1952 in Lissabon ein StärkeSoll von 90 Divisionen zur Verteidigung Westeuropas beschlossen hatte. Schon ein Jahr später wurde die Forderung von Lissabon aufgegeben. Von der ursprünglichen Planung blieben 30 Divisionen übrig. Mit Hilfe taktischer Kernwaffen sollte jedoch die Feuerkraft von 90 Divisionen erhalten bleiben.Die NATO-Streitkräfte-Forderungen liegen fest. Sie enthalten auch Angaben über nukleare Waffensysteme, die aufzustellen notwendig ist, um ausgewogene präsente Streitkräfte zu haben, auf daß die Abschreckung auf allen Stufen möglicher Konflikte glaubhaft und unkalkulierbar bleibt, angefangen von der lokal begrenzten feindlichen Aktion bis hin zum großen Atomschlag.Auf Grund dieser anerkannten NATO-Forderungen hält die Bundeswehr Trägermittel für Atomwaffen bereit, die im Rahmen der atlantischen Verteidigung von den USA zur Verfügung gestellt werden. Art und Umfang dieser Atomträgersysteme sind mit der NATO nach den der Bundesrepublik zufallenden Aufgaben im Rahmen des Bündnisses abgestimmt.Der Ausschuß war sich aber darin einig, sicherzustellen, daß unsere Truppen nicht weniger gutausgerüstet werden, als die amerikanischen Verbände. Es muß in jedem Fall gewährleistet sein, daß die gemeinsame Verteidigungsfront von gleichwertig ausgerüsteten Streitkräften besetzt gehalten wird, gleichgültig welcher Nationalität die einzelnen Kontingente auch angehören. Ansonsten würden die schwächeren Sektoren den Angriff des Gegners in konzentrierter Form auf sich ziehen, ganz abgesehen davon, daß es keinem Soldaten zugemutet werden kann, weniger gut ausgerüstet und bewaffnet zu sein als die Soldaten benachbarter Verbände derselben Streitmacht. Dem Gegner darf keine Chance bleiben, größere Einbrüche in das Gebietder Bundesrepublik zu erzielen; denn trotz — oder gerade wegen — der atemberaubenden Wandlung des Kriegsbildes ist für die Moral des Soldaten nach wie vor entscheidend, daß er von der Überzeugung getragen wird, den Feind von den Grenzen seiner Heimat fernhalten zu können.Es wurde jedoch ausdrücklich festgestellt, daß die Bundeswehr von sich aus nach Erreichen des derzeitigen Aufstellungssolls keine weitere Vermehrung der Atomträgersysteme plant. Im übrigen wurde in diesem Zusammenhang erneut darauf hingewiesen, daß die Bundeswehr über keine eigenen Atomwaffen verfügt und dies auch nicht anstrebt.Zu Ziffer 6 des Antrages habe ich in meinem Schriftlichen Bericht darauf hingewiesen, daß dem Anliegen des Antrages auf Überprüfung der Vorratshaltung und des Depotwesens laufend entsprochen wird. Hierzu muß allerdings ergänzend gesagt werden, daß zur Zeit noch ein erheblicher ungedeckter Bedarf an Depotkapazität besteht, vor allem in taktisch richtiger Lage. Vordringlich ist die Schaffung von neuem Depotraum im vorderen Teil der Kampfzone, da das Depotwesen mit den Erfordernissen der Vorwärtsverteidigung in Einklang gebracht werden muß. Das ist jedoch langwierig und kostspielig; denn die taktisch richtige Einlagerung von Depotkapazität ist mit Landerwerb, Bauten usw., also mit erheblichen Schwierigkeiten und Kosten verknüpft.Es kommt erschwerend hinzu, daß wir darüber hinaus unseren Verbündeten — soweit sie auf deutschem Boden stationiert sind — auch die Möglichkeit einräumen müssen, ihre Depots ebenfalls nach vorn zu verlegen. Als Beispiel hierzu sei vermerkt, daß es nicht genügt, wenn neuerdings das Konzept .der Vorwärtsverteidigung die Verlegung einer französischen Panzerdivision nach vorne vorsieht, wenn nicht vorher die komplizierten Fragen der Dislozierung Ilseits befriedigend gelöst worden sind.Zu Ziffer 7 des Antrags wurde zunächst ausgeführt, daß sich die Bundesrepublik verpflichtet hat, die NATO-Forderung nach zwölf Divisionen und anteiligen Luft- und Seestreitkräften mit einem Gesamtumfang von etwa 500 000 Mann zu erfüllen. Besonders betont wurde, daß die von uns in langen Jahren angestrebte und seit 1963 nun auch befohlene Vorwärtsverteidigung nur zu realisieren ist, wenn wir den einmal übernommenen Bündnisverpflichtungen nachkommen. Dabei ist die 18monatige Grundausbildung ,als Mindestforderung für die Aus-Adornobildung des modernen Soldaten bei uns unbestritten. Die Beratungen bestätigten erneut, daß der Soldat heute als Spezialist einem Facharbeiter gleichzusetzen ist. Aber nicht allein. der Einzelkämpfer ist das Ziel der Ausbildung, sondern die Kampfgemeinschaft der Einzelkämpfer. Die heutigen Kampfbedingungen erfordern . kategorisch eine schlagkräftige, stets abwehrbereite Truppe. Nur sie kann einem Überraschungsangriff standhalten.Diesem Ziel dient die von der NATO geforderte Aufstellung der Großverbände des Heeres. Da sie jetzt aber im wesentlichen abgeschlossen ist, wird — ungeachtet der Konsolidierungsphase — dem anderen Schwerpunkt der militärischen Verteidigung, nämlich dem Aufbau der territorialen Verteidigung im Sinne des Grundgedankens des Antrags besondere Bedeutung beigemessen. Dem dient auch der seit einem Jahr beschleunigte Aufbau der Territorialreserve.Der Ausschuß war sich mit den Antragstellern auch darin einig, daß die Möglichkeiten einer Beschleunigung der Einsatzbereitschaft von Reserveverbänden immer mehr zu verbessern sind. Allerdings läßt sich dieses Ziel nicht ohne weiteres erreichen, da mechanisierte und hoch technisierte reine Reservistenverbände wegen der schwierigen Technik und der gegebenen Einschränkungen des Grundgesetzes — ich denke hier an das Grundrecht der Freizügigkeit — ohne Bereitschaftsstufen nicht zu mobilisieren sind.Doch soll in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben, daß die überwiegende Mehrheit der inzwischen zur Verfügung stehenden Reservisten im Besitz ihrer Mob-Order ist. Der Mobilisationsbefehl verfügt die einzelnen entweder zur Auffüllung der präsenten Streitkräfte oder zur Aufstellung von Mob-Verbänden. In jedem Fall wird für die Reserverbände ein möglichst hoher Bereitschaftsstand angestrebt.Zur Zeit laufen Untersuchungen darüber, ob das bisher geübte Prinzip der Freiwilligkeit dem geplanten Aufbau der Territorialreserve genügt oder ob auch hier der Grundsatz der Verpflichtung angewandt werden muß. Der Ausschuß für Verteidigung hat beschlossen, in seinem Antrag die Bundesregierung zu ersuchen, über die gemachten Erfahrungen bis zum 1. April dieses Jahres zu berichten.Zu Ziffer 8 des Antrages ist noch besonders zu vermerken, daß durch enge Zusammenarbeit ,der Abteilung „Wehrtechnik" mit den militärischen Führungsstäben sichergestellt ist, daß die aus dem besonderen Auftrag für die deutschen Streitkräfte im Rahmen der NATO und aus der besonderen geographischen Lage der Bundesrepublik sich ergebenden Forderungen in ständiger Anpassung an die technische Entwicklung verwirklicht werden. Gerechterweise konnte auch nicht unerwähnt bleiben, daß wir bei Beginn der Aufstellung der Bundeswehr zunächst ganz auf die Waffen und Geräte angewiesen waren, die uns damals von unseren Verbündeten zur Verfügung gestellt wurden.Trotz der Schwierigkeiten aber, die bei der Überwindung des Punktes Null naturgemäß aufgetretensind, wurde auch bei uns sofort mit 'der Planung und der Entwicklung im eigenen Bereich begonnen. Zur Zeit wird im Sinne des Antrags bei der Entwicklung von Waffen- und Elektronensystemen der Unterstützung der Landstreitkräfte besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Als Beispiel möchte ich hier die Aufgabenstellung für Senkrechtstarter, die Entwicklung von Aufklärungssensoren und die Tieffliegerabwehr erwähnen. Ebenso werden die Einsatzmöglichkeiten aller Waffensysteme bei Nacht und Schlechtwetter vordringlich gefordert.Auch bei internationalen Entwicklungsvorhaben werden bei Festlegung militärischer Forderungen die Besonderheiten, die sich für die deutschen Streitkräfte aus Auftrag und wehrgeographischer Lage ergeben, mit Nachdruck vertreten.Hier muß allerdings noch besonders vermerkt werden, 'daß sich der Ausschuß in diesem Zusammenhang sehr eingehend mit den rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auseinandersetzte, dem Bundesminister der Verteidigung das Recht zur Preisprüfung für Rüstungsaufträge zu übertragen.Zwar hat sich der Ausschuß schon bei früherer Gelegenheit aus Anlaß der Behandlung des Falles „Henschel" mit dieser Frage befaßt; bei der Fülle des anstehenden Beratungsstoffes jedoch, dem sich der Ausschuß stets 'gegenübersieht, hat erst die Erörterung des vorliegenden Antrags die Möglichkeit einer eingehenden Beratung dieses wichtigen Anliegens ergeben.Die Preisprüfung fällt bekanntlich in die Zuständigkeit des Bundeswirtschaftsministeriums bzw. in die der Wirtschaftsministerien der Länder. Im Ausschuß für Verteidigung hat zu dieser Frage nicht nur das Bundesministerium der Verteidigung, sondern auch das Bundeswirtschaftsministerium ausführlich Stellung genommen. Dabei traten vielfältige Probleme — vor allem rechtlicher Natur — zutage. Es wurde insbesondere darauf hingewiesen, daß eine Übertragung des Prüfungsrechts wegen Art. 87 b des Grundgesetzes auf größte Bedenken stoßen würde. Es hat aber auch gerade der Bericht des Bundesministeriums ,der Verteidigung im Falle „Henschel" deutlich gezeigt, wie schwierig es bei der Handhabung der zur Zeit gültigen Bestimmungen sein kann, den Methoden auf die Spur zu kommen, die überhöhte Preise verschleiern.Obwohl sich also der Ausschuß davon überzeugen konnte, 'daß 'diese Frage unter verfassungsrechtlich verschiedenen Versionen gesehen werden kann, hat er sich trotzdem für die politische sinnvolle 'entschieden, indem er in seinem Antrag die Bundesregierung ersucht,dem Bundesminister der Verteidigung das Recht zur Preisprüfung für Rüstungsaufträge in eigener Zuständigkeit zu erteilen.Die Beratung der Ziffer 9 des Entschließungsantrages hat dazu geführt, daß der Ausschuß in dem vorliegenden Antrag auf Drucksache IV/2940 die Bundesregierung ersucht, bis zum 1. April 1965 einen Gesetzentwurf über die Spitzengliederung, wie in § 66 des Soldatengesetzes vorgesehen, vorzulegen.
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1965 7671
AdornoAbschließend darf ich noch berichten, daß die Entscheidung des Ausschusses einstimmig gefällt wurde. Ich bitte daher das Hohe Haus, dem Antrag des Ausschusses für Verteidigung auf Drucksache IV/ 2940 zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wir verbinden die Aussprache über die Tagesordnungspunkte 2 a bis c. Hiermit 'eröffne ich die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wienand.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst auch im Namen meiner Parteifreunde dem Herrn Berichterstatter Dr. Seffrin, dem Mitberichterstatter, dem Kollegen Paul, und ebenfalls dem Kollegen Adorno, der soeben den Bericht vorgetragen hat, unseren Dank aussprechen. Ich möchte sie zu ihren Berichten beglückwünschen, in denen sie in einer ausgezeichnet übersichtlichen Form eine sehr schwierige und spröde Materie bewältigt haben, so daß wir in der Lage sind, an Hand dieser Berichte konkreter zu diesen Fragen Stellung zu nehmen, als es vorher der Fall war und als es auch in der Öffentlichkeit möglich war.Ich möchte mir, bevor ich zu meinen sachlichen Ausführungen komme, eine Vorbemerkung erlauben und auf den Stenographischen Bericht des Bundestages über die 153. Sitzung am 11. Dezember 1964 bezug nehmen, in der Herr Verteidigungsminister von Hassel von seinem Kriegstagebuch sprach und anführte, daß er nicht alles aufzeigen könne, was er an Äußerungen von mir in diesem Kriegstagebuch festgehalten habe. Um einmal diese Debatte etwas zu beleben und den Herrn Verteidigungsminister nicht noch mehr bei seiner ohnehin schon schwierigen und auch viel Zeit beanspruchenden Arbeit zu binden, habe ich mir erlaubt, in etwa eine Zusammenstellung dessen, was ich im Laufe der Zeit gesagt habe, in Form eines Artikels zustande zu bringen. Ich nehme an, das wird die Debatte etwas erleichtern, und ich bitte um Verständnis dafür, wenn ich das alles nicht im einzelnen wiederhole, da ich nicht möchte, daß sich das Parlament langweilt. Wenn von „Sternschnuppe" die Rede ist — ich befinde mich in angenehmer Gesellschaft mit Herrn Strauß und habe mich in dem Fall zumindest wohlgefühlt.Ich bin vor eine relativ schwierige Situation 'gestellt, weil einmal die vorhin 'erwähnte Bundestagssitzung abgebrochen wurde und zum anderen noch ein Wort von uns zu 'dem Bericht über die Große Anfrage der FDP-Fraktion aussteht. Die Berichterstatter Dr. Seffrin und Paul 'haben sich ja mit dem Jahresbericht des Wehrbeauftragten auseinanderzusetzen. Darüber hinaus ist heute durch den Bericht des Herrn Adorno ein anderes Thema abgehandelt worden, mit 'dem wir uns im Verteidigungsausschuß befaßt haben, nämlich der Antrag der FDP-Fraktion auf Umdruck 429. Ich möchte einige grundsätzlicheAusführungen zu der hoffentlich hinter uns liegenden Debatte über ,die ADM machen.Bevor ich jedoch mit meinen Ausführungen beginne, möchte ich mir eine weitere Vorbemerkung erlauben und 'erwähne, daß es mir darauf ankommt, meinen Beitrag hier unter den Gesichtspunkten zu leisten, unter die ich auch meine Ausführungen in der WEU gestellt habe, als ich dort über die zivile Verteidigung zu berichten hatte.Ich möchte mit dem Wort von Clausewitz beginnen, der gesagt hat: „Die beste Strategie ist immer, recht stark zu sein, erstens überhaupt und zweitens auf dem entscheidenden Punkt. Daher gibt es kein höheres und kein einfacheres Gesetz für die Strategie, als seine Kräfte zusammenzuhalten." Ohne Frage besitzt dieses Wort von Clausewitz auch heute noch seine tiefe Bedeutung. Strategie beschäftigt sich nicht nur damit, einen Krieg zu gewinnen. Strategie hat die vornehme Aufgabe, darüber hinauszusehen und den nachfolgenden Frieden als gleichrangig zu behandeln. Vorrangig ist die Verhinderung des Krieges überhaupt und die ständige Verbesserung des Friedens. Hier liegt nach meinem Dafürhalten die Aufgabe des Politikers schlechthin. So haben sie die militärisch Verantwortlichen zu verstehen und auszuführen. Gut durchdachte, der Leistungsfähigkeit aller Vertragspartner angepaßte Anstrengungen und Vorbereitung auf militärischem und zivilem Gebiet stellen eine wesentliche Voraussetzung zur Erhaltung und Bewahrung des Friedens dar.Ich betone noch einmal: ich möchte meine Ausführungen und alles das, was ich getan habe, unter diese Gedanken gestellt wissen.Zunächst will ich — um das von mir aus aus der Diskussion zu bringen — noch kurz auf den Bericht des Wehrbeauftragten und die damit zusammenhängenden Fragen und Diskussionen eingehen. Man braucht heute wohl nicht mehr zu dem Wort vom „Trend zu einem Staat im Staate", soweit es politisch verstanden oder fehlinterpretiert worden ist, Stellung zu nehmen. Das ist schon von meinem Parteivorsitzenden Erler und auch von den Sprechern unserer Fraktion in der Sommersitzung getan worden.
- Ich glaube, von meinem Fraktionsvorsitzenden und dem Parteivorsitzenden — —
– Bei uns ist es so: auch wenn wir einen ersten und einen zweiten Vorsitzenden haben, sind das die Parteivorsitzenden, weil sie im Gegensatz zu den Schwierigkeiten Ihrer Partei wirklich eine Einheit bilden, was die politische Einheit angeht.
Wenn trotz oder auf Grund der Klarstellungen des ehemaligen Wehrbeauftragten und des ehemaligen
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7672 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1965
WienandKollegen Heye nachher noch Fehlinterpretationen vorgekommen sind, so haben nicht wir sie zu vertreten. Sofern allerdings soziologisch gesehen ein Trend zur Isolierung der Armee in der Gesellschaft gegeben sein mag, liegt nach meinem Dafürhalten die Schuld auf beiden Seiten.Die öffentliche Meinung, ja alle Bürger müssen wissen, daß der Bundeswehr nicht mit Schlagwortdiskussionen geholfen werden kann.
Wir stehen zur Bundeswehr. So ist das oft gesagt worden, und wir müssen auch dafür sorgen - das ist jedenfalls unser Anliegen —, daß die Bundeswehr ihre Aufgabe, die wir ihr gestellt haben, erfüllen kann, wenn das erforderlich ist. Wir haben dem Soldaten Vertrauen entgegenzubringen, und wir Sozialdemokraten bringen ihm dieses Vertrauen entgegen.
Wir haben den Soldaten beim Aufsuchen bessererWege zur Erfüllung ihrer Aufgaben Hilfe zu geben.Aber auch die Bürger müssen wissen, daß eine in ihrer Grundgesinnung demokratische Armee auf die Dauer gesehen nur möglich ist, wenn sie von einem in seiner Grundgesinnung demokratischen Volk akzeptiert wird. Hierzu ist erforderlich, daß die Bürger den Auftrag der Bundeswehr kennen und verstehen. Eine sich unverstanden fühlende Armee neigt zwangsläufig zur Selbstisolierung. Um zu verstehen und zu akzeptieren, bedarf es eines kontinuierlichen und aufrichtigen Gesprächs der politischen Führung über alle Probleme der Streitkräfte vor und mit dem gesamten Volke. Der oft unternommene Versuch der Regierung, erkennbare Schwächen und unausbleibliche Pannen — ich sage: unausbleibliche Pannen — abzuleugnen oder zu vertuschen, stört oder verhindert gar das notwendige Gespräch. Das Verhalten der Bundesregierung und maßgebender Sprecher der CDU/CSU hat z. B. bei der Diskussion des Heye-Berichts die in Ziffer 1 der FDP-Anfrage angesprochenen unberechtigten Vorwürfe und Fehlinterpretationen eher provoziert als ausgeräumt. Im übrigen waren Verdächtigungen sowohl in der deutschen wie auch in der ausländischen Öffentlichkeit und Presse nach meinem Dafürhalten Einzelerscheinungen und nicht allgemeiner Bestandteil der öffentlichen Meinung. Ebenso muß die unter Ziffer 2 der Anfrage behauptete Unruhe in der Truppe gesehen und demnach auch beurteilt werden.Es ist, meine Damen und Herren, nicht zu bestreiten, daß der amtliche Bericht des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages eine Reihe von Schwächen der Bundeswehr offengelegt hat. Diese Schwächen zu beseitigen erscheint uns dringend nötig. Jedoch sollte niemand solche Schwächen als isolierte oder auch nur auf die Bundeswehr beschränkte Erscheinungen unseres gegenwärtigen staatlichen oder gesellschaftlichen Entwicklungsstandes ansehen. Es gilt zu erkennen, daß die Situation der Bundeswehr der allgemeinen Lage in der Bundesrepublik entspricht, sie also widerspiegelt.Die Lage der Bundeswehr ist allerdings verschärft durch die Auswirkungen einer wegen eines vermeintlichen außenpolitischen Druckes seit vielen Jahren in Ausmaß und Tempo übertrieben forcierten und in der Summe der Vernachlässigung wichtiger Einzelfragen insgesamt leichtfertigen Politik der Bundesregierung. Die Bundesregierung hat den Grundsatz „Qualität vor Quantität" keineswegs immer eingehalten. Es kann aber kaum daran gezweifelt werden, daß neben der Bundeswehr auch andere große Bereiche unserer staatlichen Institutionen zur Zeit keineswegs allen legitimen Ansprüchen genügen. Die Bundeswehr befindet sich also nicht in einer grundsätzlichen Sondersituation.Daß Öffentlichkeit und Bundeswehr dies erkannt haben, beweist die nachfolgende, breit angelegte Diskussion. Die Diskussion wurde mit großer Intensität und Sachlichkeit geführt. Sie hob sich wohltuend von den voreiligen und überspitzten Äußerungen einiger CDU/CSU-Sprecher ab. Bundesregierung und CDU/CSU haben allerdings bis heute versäumt, in den Streitkräften das rechte Verständnis für die in einer Demokratie selbstverständliche Wechselbeziehung zwischen öffentlicher Meinung, d. h. auch einer kritischen öffentlichen Meinung, und allen Gruppen und Institutionen der Gesellschaft, also auch der Exekutive, auch der Armee, herzustellen.
Ich nehme allein eine Reaktion auf Grund des vorhin erwähnten von mir geschriebenen Artikels, nämlich eine dpa-Meldung vom 16. Januar. Es heißt dort:In scharfer Form wies .am Sonnabend in Bonn der Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Vorwürfe des SPD-Wehrexperten Karl Wienand zurück, das Bundeverteidigungsministerium habe ...Es heißt dann weiter:Die beschämende Art, in der vom Sprecher der Sozialdemokraten mit der Bundeswehr umgegangen wird, indem falsche Behauptungen unter großen Überschriften verbreitet werden, beweist, daß die SPD immer noch nicht mit ihrem Verhältnis zum Soldaten . ins reine gekommen ist.
Allein eine solche Stellungnahme des hier nicht genannten Sprechers der CDU/CSU beweist, daß die CDU/CSU in all den Jahren wenig, um nicht zu sagen: nichts gelernt hat,
nämlich daß die Bundeswehr nicht die Bundeswehr der CDU/CSU-Fraktion, sondern die Bundeswehr des gesamten deutschen Volkes ist
und daß eine faire und legitime Kritik eines Abgeordneten an- dem Minister und der politischen Füh-
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1965 7673
Wienandrung nicht in beschämender Weise die Bundeswehr trifft. Das muß auch einmal festgestellt werden.
Diese Identifizierung und die Abwehr einer jeden Kritik, die dann bewußt von Ihnen in einer solchen Art vorgenommen wird, sind genau das, was die Bundeswehr und die Öffentlichkeit nur schwer ertragen können, nämlich eine Identifizierung, um Kritik von sich selbst abzuwenden, wenn es um ,die politische Spitze und nicht um die Bundeswehr geht.
Die Pflicht zur Fairneß im Rahmen dieser Diskussion muß hier nicht besonders betont werden. Die gegenwärtigen Probleme der Bundeswehr sind lösbar. Die gegenwärtigen Schwächen sind zu reparieren. Es muß allerdings vieles zusammenwirken. Parlament und Regierung müssen den Entschluß fassen, der Bundeswehr wirklich helfen zu wollen. Soldaten, Beamte, Angestellte und Arbeiter der Bundeswehr dürfen weder wegen der uns allen bekannten großen Schwierigkeiten, mit denen sie zu kämpfen haben, noch wegen der erheblichen öffentlichen Kritik resignieren. Sie müssen vielmehr wissen, daß in einem demokratischen Gesellschaftsgefüge, anders als früher in Deutschland, auch die Streitkräfte Gegenstand öffentlicher und zum Teil auch harter Diskussion sein müssen. Den Soldaten und Beamten der Bundeswehr ist Treue zur übernommenen Aufgabe kein bloßes Schlagwort. Ihre Loyalität darf aber nicht mißbraucht werden. Sie muß vielmehr so erschöpfend wie möglich zum öffentlichen Wohl genutzt werden. Uns scheint, daß ,die öffentliche Meinung und alle Bürger davon auszugehen haben, daß der Bundeswehr mit Schlagwortdiskussionen nicht geholfen werden kann.
Vor allem aber kommt es darauf an — ich sage es noch einmal —, den Soldaten Vertrauen entgegenzubringen und ihnen dort, wo es nötig ist, zu helfen. Die Bürger müssen wissen, daß eine in ihrer Grundgesinnung demokratische Armee nur von einem in seiner Grundgesinnung demokratischen Volk akzeptiert werden kann. Jede Diskussion, die von diesen Voraussetzungen ausgeht, dient der Verteidigungsbereitschaft unseres Volkes und ist damit ein Beitrag zur Erhaltung des Friedens.Die heute erkennbaren Schwächen unserer Streitkräfte liegen vornehmlich auf drei Gebieten: in der militärischen Organisation, im inneren Gefüge und in der Auswahl und Beschaffung der Waffensysteme.Die Probleme .der .Auswahl und Beschaffung sind nur zum Teil aus eigener Erkenntnis und eigener Kraft zu lösen. Sie sind zum anderen Teil strategischer und bündnispolitischer Natur und insoweit nur im Zusammenwirken mit allen NATO-Partnern innerhalb der NATO lösbar.Die militärische Organisation unserer Streitkräfte ist zu kompliziert, in der personellen Besetzung im Verhältnis von Stäben und Truppe kopflastig und insgesamt zu schwerfällig. Eine der Ursachen dieser Umstände liegt im Verteidigungsministerium selbst.Das Fehlen eines — von Bundesregierung und Koalition leider bis heute verhinderten — Organisationsgesetzes, das vorhin von dem Berichterstatter selbst gefordert worden ist, hat im Ministerium zum organisatorischen Wildwuchs geführt. Dieser ist auch durch die organisatorischen Änderungen des Jahres 1964 nicht beseitigt worden.Ein Organisationsgesetz muß u. a. das Ministerium als Spitzenorganisation der Streitkräfte in vier klar voneinander geschiedene Hauptabteilungen gliedern: In den Bundeswehrführungsstab; darunter sollten fallen: militärische Führungsorganisationen einschließlich Sanitätsinspektion unter dem Generalinspekteur. In die zweite Hauptabteilung Technik, Rüstung; darunter sollten fallen: Forschung, Entwicklung und Erprobung. In die dritte Hauptabteilung Grundsatzplanung; darunter verstehen wir Gesamtverteidigung, langfristige Strategie, Rüstungskontrolle, Bündnispolitik und militärische Technik. Schließlich in die vierte Hauptabteilung ministerielle Verwaltung; darunter würden fallen: Haushalt, Haushalts- und Beschaffungskontrolle, Personal, Recht, Liegenschaften usw.Erlauben Sie mir hier eine kurze Anmerkung, weil in der jüngst abgebrochenen Debatte sowohl von dem Herrn Verteidigungsminister als auch von dem Sprecher der FDP, dem Herrn Kollegen Schultz, gezielt auf die Besetzung der Hauptabteilung P etwas gesagt wurde.Nach sorgfältiger Beratung in den zuständigen Gremien meiner Partei sah ich mich in der Lage, bevor diese Abteilung besetzt wurde, dem neuen Staatssekretär mit dem Wunsche, es dem Herrn Minister mitzuteilen, zu sagen, daß wir bereit seien, unter ganz bestimmten Voraussetzungen — die ich hier nicht zu erörtern brauche — einer Ausweisung dieser Stelle als Wechselstelle zuzustimmen. Wenn davon kein Gebrauch gemacht worden ist, darf man das nicht der Opposition anlasten, sondern dann ist die Schuld dafür bei der Regierung oder in den Reihen der die Regierung tragenden Koalitionsparteien zu suchen, und man sollte es dann tunlichst in dem Zusammenhang, in dem es hier angesprochen worden ist, aus der Diskussion heraushalten. So viel möchte ich zunächst nur zu dieser Frage sagen.Der Bundeswehrführungsstab ist entgegen bisheriger Praxis nicht ministeriell, sondern vielmehr nach den international anerkannten Grundsätzen militärischer Führung zu organisieren. Die ebenfalls militärisch zu organisierenden Führungsstäbe von Heer, Marine, Luftwaffe und Territorialverteidigungsorganisation sind ihm zu unterstellen. Jede Doppelarbeit in den Führungsstäben der Teilstreitkräfte ist zugunsten einer Konzentration im Bundeswehrführungsstab aufzuheben.Ich brauche nicht im einzelnen anzuführen — dazu ist schon viel gesagt worden —, daß die Truppe von überflüssigem Papierkrieg zu befreien ist. Ich brauche auch nicht besonders darauf einzugehen, wie wir weit vorausschauende Haushaltsdispositionen sehen. Auch dazu sind hier und an anderem Orte von uns schon Ausführungen gemacht worden.
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7674 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1965
WienandMir scheint, daß das Schlüsselproblem für alle Fragen des inneren Gefüges in dem katastrophalen Mangel an vollausgebildeten Führern und Unterführern in der Truppe liegt. Gewiß ist in letzter Zeit sehr viel darüber geredet worden. Im Rahmen der Konsolidierungsphase, die von Herrn Minister von Hassel sehr früh angekündigt wurde, sollten Maßnahmen eingeleitet werden, sind Maßnahmen eingeleitet worden; wir müssen aber feststellen, daß der gewünschte Erfolg leider noch nicht eingetreten ist — ich sage: leider noch nicht eingetreten ist —, und deshalb werden wir uns mit diesem Problem im Sinne meiner Ausführungen zu Beginn weiter zu befassen haben.Wir legen deshalb Wert darauf, daß die vollständige Ausbildung der vorhandenen Truppen und die Besetzung ihrer Fehlstellen absoluten Vorrang vor Neuaufstellungen 'haben, sofern nicht wirklich vertragliche Verpflichtungen tangiert werden; denn für uns ist idas lateinische Wort „pacta sunt servanda" ein selbstverständliches Wort, und wir pflegen auch danach zu handeln.Wenn die Truppe endlich zur Ruhe kommen soll, brauchen wir mehr als bisher qualifizierte Männer, die den Beruf des Unteroffiziers ergreifen wollen. Ich will hier nicht im einzelnen aufführen — weil das, nicht zuletzt wegen ,des Zeitmangels, unter dem wir alle stehen, von uns schon im Frühsommer auch im Rahmen einer Pressekonferenz geschehen ist —, was wir im Rahmen von 15 Punkten erarbeitet haben, um diesem Unteroffiziersproblem gerecht zu werden oder dieses große Problem zu verkleinern und diese Schwierigkeiten abzubauen. Für uns ist es, weil das Unteroffizierskorps mit das Rückgrat der Bundeswehr darstellt, wenn nicht d a s Rückgrat schlechthin, selbstverständlich, daß wir uns gerade mit diesen Fragen und in diesem Zusammenhang auch mit Fragen der Wohnungs- und Familienfürsorge und all den Fragen, die den Soldaten unmittelbar angehen und berühren, auseinandersetzen. So haben wir uns — teils hat es etwas Gelächter hervorgerufen; trotzdem möchte ich es noch einmal sagen — stets für eine Verbesserung dieser sozialen und materiellen Bedingungen ausgesprochen.Wir wünschen eine solche Verbesserung auch für den Offiziersnachwuchs. Hier fordern wir vor allem bessere Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten. Die vom Bundestag schon bei Beginn des Aufbaus der Bundeswehr einmütig aufgestellte Forderung nach einer akademischen Bildung muß endlich laufbahnrechtlich vorgeschrieben und verwirklicht werden. Eine einseitig nur auf das Waffenhandwerk abgestellte Ausbildung. ist zwar zeitlich schneller zu erreichen, auf die Dauer des Berufsweges jedoch voll innerer Gefahren. Ich will hier nicht auf die Einzelheiten eingehen; das wird Aufgabe der Beratung im Ausschuß sein. Gewiß müssen da noch sehr viele fachliche Detailfragen sorgfältig geprüft werden. Aber ich wollte bei dieser Gelegenheit nachdrücklichst darauf aufmerksam gemacht haben.Die formulierten Leitgedanken für die Menschenführung in der Bundeswehr und die allgemeinen Grundsätze der inneren Führung bedürfen keiner grundlegenden Reform. Notwendig ist jedocha) eine nüchterne Auswertung der Truppenerfahrung und der Zustandsberichte der militärischen Kommandobehörden durch in der Menschen- und Truppenführung erfahrene Offiziere, um die Postulate mit den tatsächlichen Möglichkeiten in Übereinstimmung zu bringen, undb) eine allgemeine Fortentwicklung der auf gestellten Grundsätze, 'weil 'gerade auf diesem Gebiet Stillstand Rückschritt bedeutet. Wer fortgesetzt die Truppe überfordert oder zu seiner eigenen Absicherung Befehle erläßt, welche die Truppe nicht voll erfüllen kann, erscheint uns als Vorgesetzter nicht geeignet, weil er den Gehorsam seiner Untergebenen damit untergräbt. Wer als Truppenführer solche Befehle ohne Gegenvorstellungen hinnimmt, erscheint uns gleicherweise nicht geeignet. Der Soldat ist nicht nur zum Gehorsam, sondern auch zur Zivilcourage in Uniform und zur selbständigen Entscheidung zu erziehen. Auch im Bereich der Menschenführung ist Auftragstaktik b'e'sser als Befehlstaktik.
Wo allerdings einzelne Vorgesetzte in der Bundeswehr das in sie gesetzte Vertrauen enttäuschen oder gar die ihnen übertragene Befehlsgewalt mißbrauchen, muß mit entschlossener Beseitigung solcher Mängel durchgegriffen werden. Es darf nicht wieder vorkommen — und wir werden unsererseits alles Erforderliche tun, `damit nicht 'die Truppe dann mit solchen Vorgängen, die einzelne betreffen, 'im gesamten identifiziert und in Mißkredit gebracht wird.
Das Klima in der Bundeswehr ist nicht nur abhängig von der Menschenführung durch die Vorgesetzten und von dem zwischenmenschlichen Verhalten aller Soldaten, 'sondern auch wesentlich das Resultat der Personalwirtschaft und des Beförderungswesens. Auf diesem Gebiet liegen entscheidende Verbesserungsmöglichkeiten. Unterschiedliche oder gar durch persönliche Beziehungen herbeigeführte Stellenbesetzungen und Beförderungen schädigen 'den kameradschaftlichen Zusammenhalt. Die Einzelbearbeitung und Entscheidung von Stellenbesetzungen und Beförderung im Unteroffizierskorps muß weitestgehend dezentralisiert und in die Verbände delegiert werden. Offiziersbeförderungen bis zum Hauptmann einschließlich erfolgen in der Regel nach der jedem Offizier zugänglichen Rangliste, 'die nach Abschluß von Ausbildung und Studium des Leutnants festzusetzen ist. Erst nach dem Stabsoffizierslehrgang ist auf Grund seiner Gesamtleistung die Ranglistenstelle des Offiziers neu festzusetzen. Sie bleibt bis zur Beförderung zum Oberstleutnant einschließlich maßgebend.Ich will nun nicht auf besoldungs-, familien- und personalpolitische Entscheidungen eingehen, sondern hier in diesem Zusammenhang, gerade was die Beförderungen und die Gesamtsituation im Unterführerkorps angeht, hinweisen auf die Eingabe des Deutschen Bundeswehrverbandes. Er hat in dieser Eingabe zur Änderungsnovelle zur Soldatenlaufbahnverordnung vorgeschlagen, zur Verbesserung der Aufstiegsmöglichkeiten .der Unteroffiziere eine Laufbahngruppe der Wehrinspektoren zu schaffen,
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Wienandin die die Stabs- und Oberstabsfeldwebel übergeführt werden sollen. Das böte die Möglichkeit des Aufstiegs bis in die Besoldungsgruppe A 11. Wir sollten diesen Vorschlag sorgfältig prüfen und nicht von vornherein nein zu solchen Überlegungen sagen, weil es, wie ich vorher schon ausgeführt habe, im wesentlichen darauf ankommt, gerade hier eine Lockerung des Systems zustande zu bringen.Ich möchte aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, noch auf die Frage des Sanitätswesens und des ärztlichen Personals im besonderen eingehen, weil sie gerade in letzter Zeit, wie mir scheint, mit Recht in der Öffentlichkeit diskutiert worden ist. Wir fordern, daß die Familien der verheirateten Soldaten mit in die Heilfürsorge einzubeziehen sind, und wir sagen deshalb auch, daß gerade aus diesem Grunde die Lazarette der Bundeswehr in Krankenhäuser umgewandelt und auch für die Heilung ziviler Kranker verfügbar gemacht werden sollen. Den Sanitätsoffizieren müssen gleiche Aufstiegschancen eingeräumt werden, wie sie allgemein für das Offizierskorps gegeben sind. Diese Maßnahme dient vor allem auch der Besetzung der erschreckend vielen Fehlstellen für Sanitätsoffiziere.Ich sagte schon, daß gerade in jüngster Zeit viel über den Ärztemangel im Sanitätsdienst der Bundeswehr diskutiert worden ist. Die Gründe des Ärztemangels sind mannigfaltig. Nicht zuletzt spielen die im Vergleich mit den niedergelassenen Ärzten erheblichen Einkommensunterschiede, die noch durch einen ungünstigen Stellenkegel bei den Sanitätsoffizieren unterstrichen werden, eine Rolle. Ich möchte deshalb noch einige zusätzliche Fragen stellen und Vorschläge machen.Zunächst möchte ich die Frage aufwerfen: Trifft es zu, daß bisher mehr als 100 Sanitätsoffiziere unter Verzicht auf alle Ansprüche freiwillig aus der Bundeswehr ausgeschieden sind? Weshalb werden die Aufstiegs- und Beförderungsmöglichkeiten für Sanitätsoffiziere, die wesentlich schlechter als die der Truppenoffiziere sind, nicht erheblich verbessert? Welche Schritte hat die Bundesregierung bisher unternommen, um den aktiven Sanitätsoffizieren bessere Beförderungs- und Aufstiegsmöglichkeiten zu schaffen?Ich möchte weiter fragen: ist es zutreffend, daß die Ausgaben für Vertragsärzte und Vertragszahnärzte im Jahre 1964 auf 28 Millionen DM angestiegen sind, und werden diese Ausgaben für 1965 wirklich mit 33 Millionen DM angesetzt? Ist die Bundesregierung mit uns der Überzeugung, daß die Kosten für die Vertragsärzte und Vertragszahnärzte wesentlich gesenkt werden könnten, wenn mehr aktive Sanitätsoffiziere im Dienste stünden? Glauben Sie nicht, daß eine verbesserte Besoldung für Sanitätsoffiziere ein Anreiz für junge Ärzte und Zahnärzte wäre, der sich in wesentlichen Zugängen zur Sanitätsoffiziersaufbahn niederschlüge?Nach Mitteilung des Herrn Bundesministers der Verteidigung fehlen zur Zeit in der. Bundeswehr 550 Ärzte und 110 Zahnärzte. Der entscheidende Grund für diesen Mangel an aktiven Sanitätsoffizieren liegt unbestritten darin, daß die Besoldungder Sanitätsoffiziere nur etwa ein Drittel der Durchschnittseinnahmen eines niedergelassenen Arztes beträgt. Weshalb werden zur Behebung des Mangels an aktiven Sanitätsoffizieren nicht besondere Zulagen für Ärzte und Zahnärzte gewährt, wie sie aus den gleichen Gründen — ich begrüße das und halte es für richtig — bei Militärpfarrern gewährt werden?Die Länder gewähren jungen Ärzten in Krankenhäusern und Kliniken bereits eine Besoldung entsprechend der Besoldungsstufe A 14 des Bundesbesoldungsgesetzes, um ihren Ärztemangel zu beheben. Weshalb versuchen wir nicht von seiten der Bundeswehr, mit dem gleichen Anreiz an junge Ärzte heranzukommen? Weshalb gewährt die Bundeswehr nicht wie die zivilen Krankenanstalten für Ärzte besondere Bereitschaftsdienst- und Nachtdienstzulagen? Ich will in diesem Zusammenhang auf Großbritannien hinweisen, auf das, was dort geschehen ist, um den Ärztemangel in den Streitkräften zu beheben, speziell im Jahre 1962 und dann noch einmal im Jahre 1964. Ich möchte gerade mit diesem Beitrag sehr nachdrücklich darauf hingewiesen haben, daß auch hier ein wichtiges Gebiet zur Konsolidierung und zur Verstärkung des Ansehens der Streitkräfte liegt.Lassen Sie mich nun noch einmal ganz kurz etwas zu der Frage der Personalpolitik sagen, nachdem ich schon die auch von uns mit zu schaffende Wechselstelle angesprochen habe. Die Personalabteilung des Bundesverteidigungsministeriums soll sich nach unseren Vorstellungen auf die allgemeine Personalwirtschaft und auf das Soldaten- und das Laufbahnrecht konzentrieren. Offiziersstellenbesetzungen sollen im allgemeinen Sache des Bundeswehrführungsstabes und der ihm nachgeordneten Führungsstäbe sein. Die Verwirklichung der Vorschläge setzt Umschichtungen im Verteidigungshaushalt voraus. Wir sind bereit, solche Umschichtungen mit herbeizuführen und die Verantwortung dafür mit zu übernehmen.Die Bundeswehr — auch das sollte nicht übersehen werden — braucht Wehrpflichtige. Wir haben uns in Kürze mit der Fünften Novelle zum Wehrpflichtgesetz zu befassen, und es kommt mit darauf an, wie Sie sich und wie wir uns im gesamten gegenüber diesen Wehrpflichtigen repräsentieren. Vor allen Dingen darf die Bundeswehr erwarten, daß die jungen Soldaten eine elementare Vorstellung von den Rechten und Pflichten des Bürgers besitzen. Staatsbürger in Uniform sind nur möglich, wenn die jungen Männer auch schon vor ihrer Dienstzeit zu bewußten Staatsbürgern erzogen worden sind.Nun lassen Sie mich noch einige Bemerkungen zu dem machen, was gerade in jüngster Zeit sehr oft im Vordergrund der Debatte gestanden hat und im Zusammenhang mit dem Bericht unseres Berichterstatters, des Herrn Kollegen Adorno, als er von der strategischen Konzeption sprach, angesprochen worden ist. Ich meine die Diskussion um die Atomminen, korrekt gesagt, um die Atomic Demolition Munition, also um diese atomare Zerstörungsmuni-
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Wienandtion, um es im Deutschen zu sagen. In letzter Zeit ist viel darüber gesagt und viel darüber geschrieben worden. Wir betreiben hier Wehr- und Verteidigungspolitik. Das bedeutet aber auch, daß wir uns zu wehren haben gegenüber Unterstellungen und Verdächtigungen, wie sie zum Beispiel in jüngster Zeit von der Sowjetunion und einigen Satellitenländern uns gegenüber erhoben worden sind. Gerade die Sowjetunion scheint mir wenig legitimiert zu sein, solche Kritik oder solche Unterstellungen anzubringen, solange Hunderte von Mittelstreckenraketen auf ihrem Territorium stehen und auf unser Land und andere demokratische Länder unseres Bündnisses gerichtet sind.
Die Behauptungen, die sie aufgestellt hat, stimmen so wenig, wie die Behauptung, wir wollten Mörder amnestieren. Noch weniger hat Ulbricht ein Recht, in ,diese Diskussion einzugreifen. Er hat einen Minengürtel gegen die Bürger seines eigenen Landes gelegt und sollte deshalb nicht über nicht vorhandene Minengürtel anderer Länder diskutieren.
Die Bundesregierung hat mit Recht diese Einmischung zurückgewiesen. Leider ist eine unglückliche Diskussion zustande gekommen über Pläne, die hier ein Rolle gespielt haben. Nun, es wurde später gesagt, es seien keine Pläne gewesen. Man kann aber sagen, daß zumindest soviel sichtbar geworden ist: diese ADM, um bei dem korrekten Ausdruck zu bleiben, wird, wenn überhaupt, auf dem eigenen Gebiet verwandt; es sind also die eigenen Bürger bedroht. Damit ist klar, daß diese Waffen keine Angriffswaffen sind; sie sind Verteidigungswaffen. Die amerikanische Regierung hat erklärt, daß derartige Pläne nicht bestehen, und ich sage es noch einmal, daß diese Waffen unter amerikanischem Verschluß und unter amerikanischer Kontrolle bleiben. Es sind also keine Minengürtel vorhanden, aber wir mußten leider der Diskussion entnehmen, daß hier und da Planungsüberlegungen angestellt worden sind.Die Bundesregierung hat eine Reihe von Erklärungen ,abgegeben, allerdings sehr zögernd. Dennoch bleibt einiges unklar:Erstens: Wie konnte es zu dieser Diskussion kommen?Zweitens: Ist etwas an den gewiß aufgebauschten und gewiß lancierten Meldungen, ,der deutsche Generalinspekteur habe Anteil an dieser Diskussion, und an den Meldungen, die dazu geführt haben? In wessen Auftrag geschah es dann, sofern es zutreffend ist?Drittens: Es ist die Rede von Ermittlungen. Ist sichergestellt, daß alle in Frage kommenden Möglichkeiten in diese Ermittlungen einbezogen werden?Die Bundesregierung sollte die Gelegenheit hier nochmals benutzen, um eine weitere unmißverständliche Klarstellung vorzunehmen. Vor allem muß das gesamtpolitische Interesse gesehen und berücksichtigt werden, müssen die Zweiteilung Deutschlands und der Wille zur Wiedervereinigung immer wieder mit gewertet und politisch ins Kalkül gezogen werden.
Eigene Überlegungen und Planungen, auch wenn sie nur gedankliche Beiträge darstellen, haben von diesen gesamtpolitischen und wiedervereinigungspolitischen Gesichtspunkten auszugehen. Wir können, dürfen, wollen nicht die Stacheldraht- und Sperrzonenpolitik Ulbrichts kopieren.Um allen weiteren Mißverständnissen vorzubeugen, sollte hier noch einmal festgestellt werden:Für alle nuklearen Waffen, auch für Verteidigungswaffen, muß die Kontrolle und Aufsicht bei den Amerikanern liegen. Der Einsatz dieser Waffen darf nur vom amerikanischen Präsidenten freigegeben werden.Ein Gürtel aus Atomminen — richtiger: aus ADMs — ist grundsätzlich abzulehnen und indiskutabel.Verteidigungswaffen dieser Art können und dürfen, sofern Verteidigungsmaßnahmen dies zwingend erfordern, nur selektiv, von Fall zu Fall unter Berücksichtigung des 'hier schon Gesagten eingesetzt werden.Alle Waffen dieser Art gehören unter aller-schärfste politische Kontrolle.Die Bundesregierung muß die strategischen Prinzipien der abgestuften Abschreckung und der beweglichen Erwiderung anerkennen. Daraus folgt, daß die Verantwortung für die Steigerung eines jeden Konflikts in jedem denkbaren Fall dem angreifenden Störer des Friedens zugeschrieben und aufgebürdet werden muß.Für die Zukunft muß sichergestellt sein, daß die Bundesregierung ihre Auffassung in Fragen von solch weittragender Bedeutung klar und ohne Zögern deutlich macht und in der Öffentlichkeit das Gesamtengagement im Rahmen der Verteidigungsbereitschaft zur Diskussion stellt.Erlauben Sie mir abschließend, um auch dem Herrn Verteidigungsminister Gelegenheit zu geben, auf einige Detailfragen einzugehen, noch eine Reihe von Fragen im Hinblick auf das, was ich hier und da angesprochen. habe.So interessiert uns und mich z. B.: Wieviel junge Offiziere und Offiziersanwärter, die Abiturienten waren und technisches Interesse zeigten, sind für ein halbes Jahr zu einer technischen Befehlsausbildung auf eine technische Schule geschickt worden? Welchen Charakter hatten diese Schulen? Wieviel von diesen Absolventen sind unmittelbar danach vor die Truppe gestellt worden? Welche Erfahrungen hat man dann mit solchen Absolventen und jungen Offizieren gemacht? Wieviel haben sich auf Grund dieser Erfahrungen, weil sie sich mit einem solchen Ausbildungsgang zufrieden und den Anforderungen gewachsen fühlten, verpflichtet? Liegen Unterlagen vor, nach denen zu urteilen sich wertvolle junge Kräfte auf Grund dieser falschen Maßnahmen enttäuscht abgewandt und andere durch dieses Bei-Wienandspiel, welches sie dann bekundeten, abgeschreckt haben, sich überhaupt länger zu verpflichten oder sich freiwillig zu melden?Nun, wir wissen, daß wir die technische Schule des Heeres in Darmstadt haben. Unsere Fragen: Welche Voraussetzungen müssen Zugewiesene erfüllen? Wieviel Schüler sind bisher zugewiesen worden? Wieviel erwiesen sich als geeignet, wieviel als ungeeignet? Ist entsprechend berücksichtigt worden, was der Verein Deutscher Ingenieure in seiner Denkschrift 1956, der Herr Generalinspekteur Foertsch in seiner Rede am 29. November 1962, Herr Generalmajor Tilo und der jetzige Inspekteur des Heeres, Generalleutnant de Maizière, gerade im Hinblick auf die Technik gesagt haben, als sie von der bis in die jüngste Zeit vorgenommenen Fehleinschätzung der Technik gesprochen haben? Was ist vorgenommen worden, und welche Konsequenzen hat man gezogen? Was gedenkt das Ministerium gerade auf diesem Gebiet zusätzlich zu tun?Wir dürften uns doch alle darüber einig sein, daß das, was im Frühjahr letzten Jahres mit der kleinen Umorganisation geschehen ist, nicht ausreichend war. Die jüngste Entscheidung des Ministeriums und damit die der Regierung, die Führung der Technik nicht neben der militärischen Führung und der Verwaltungsführung sich unmittelbar zu unterstellen, wie es grundsätzlich bei allen modernen Streitkräften der Fall ist und wobei außerdem der führungsmäßige Schwerpunkt auf der militärischen und technischen Seite liegt, erscheint mir schwer verständlich, und ich kann sie einfach nicht mit sachlichen Gründen erklären. Ich darf in diesem Zusammenhang auch auf unsere Entschließung zur Lage der Bundeswehr in Karlsruhe besonders hinweisen.Ich will hier vor Ihnen jetzt nicht noch einmal das Organisationsschema aufzeigen, mich aber noch einmal einem zweiten Sachgebiet zuwenden, nämlich dem Problem der gemeinsamen Rüstungsproduktion und der Standardisierung. Ich darf auf den Bericht des Berichterstatters des Verteidigungsausschusses der WEU, de la Vallee Poussin, hinweisen, der in Rom gerade in einer dankenswerten Klarheit und Präzision diese Probleme abgehandelt, eine Reihe sehr sachdienlicher Ausführungen gemacht und auch darauf hingewiesen hat, welche Lasten z. B. auftreten, wenn man solche Entscheidungen im Rahmen der NATO trifft, wie sie im Hinblick auf die beiden Panzer getroffen worden sind, die zunächst gemeinsam entwickelt werden sollten. Die Zahlen sind dem Hohen Hause und dem Verteidigungsministerium gewiß bekannt.Die Standardisierung des Wehrmaterials als dem bedeutungsvollsten Gebiet der Rationalisierung ist sowohl vom rein Logistischen her wie auch im wirtschaftlichen Sinne ebenso unbefriedigend wie unterbewertet. Wer von den Fachleuten das Ausmaß des unausgenutzten Spielraums erkennt, ahnt, was auf diesem wichtigen Gebiet bisher versäumt worden ist. Die Typenbereinigung und die Normung bei Waffen, Waffensystemen und Munition in der Vielschichtigkeit des militärischen Großgerätes haben nicht nur einen bedeutenden finanziellen, allgemein volkswirtschaftlichen Nutzeffekt, sondern liegenebenso im Sinne der militärischen Kampf- und Versorgungsführung. Hier hätten sich erhebliche Beträge — ich betone: erhebliche Beträge — ohne Beeinträchtigung militärischer Interessen zusätzlich einsparen lassen.Nach den gemachten Erfahrung ist auch die Organisation für die Fragen der Standardisierung des Materials mangelhaft. Vereinzelte lobenswerte Absichten und Vorhaben sind in den Anfängen stekkengeblieben. Inwieweit hier persönliches Versagen im Spiel ist, sollte einmal sorgfältig geprüft werden, und dann sollten die entsprechenden Konsequenzen gezogen werden.Warum wird — so möchte ich fragen — auch der weite Bereich einer Koordinierung zwischen allen Organen und Trägern für den Mob- und Notstandsfall, wie etwa Grenzschutz, Bundesbahn, Bundespost, DRK, Technisches Hilfswerk und anderen, nicht ausgenutzt? Wo ist hier die Initiative der Bundesregierung? Es ist wiederholt darauf hingewiesen worden. Auch hier ließen sich zusätzlich — und an einzelnen Beispielen läßt sich das immer wieder erhärten — große Summen zugunsten anderer Gemeinschaftsaufgaben einsparen.
Diese hochtechnisierten Einrichtungen, die heute moderne Industriestaaten unterhalten, in ihren Funktionen und in der materiellen Ausstattung im optimalen Maße zu harmonisieren; ist dringendstes Gebot, und wir haben wiederholt unsere Mitarbeit auf diesem Gebiet angeboten.Das gilt in gleicher Weise für die Bemühungen der Standardisierung im internationalen Raum. Ich darf in diesem Zusammenhang auch auf die Berichte des Herrn Kollegen Dr. Kliesing hinweisen. Ob das hier Versäumte bald nachgeholt wird, ist eine Frage für uns alle.Lassen Sie mich an Hand der vorhin erwähnten Berichte des Herrn Kollegen Dr. Kliesing nur noch wenige Sätze zur Standardisierung im Rahmen der NATO und zur nationalen Standardisierung des Wehrmaterials sagen.Erstens. Wer ist für diese erstrangige Rationalisierungsaufgabe im Bundesverteidigungsministerium verantwortlich und federführend?Zweitens. Wieviel Planstellen — und in welcher Dotierung — sind bei den nachstehenden Führungsstäben und Dienststellen dafür vorgesehen, damit die Standardisierung auch an den Erfahrungen der Truppe im gesamten partizipiert?Wie viele Planstellen sind im Führungsstab der Bundeswehr und in der Abteilung Technik vorgesehen? Ich hatte schon nach den Planstellen in den Teilstreitkräften gefragt. Dann müßte noch die Frage aufgeworfen werden, wie das im Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung in Koblenz ist. Welcher Art ist die Aufgabenabgrenzung zwischen den militärischen und logistischen Führungsstäben und dem Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung?Gewiß, Sie können mir entgegenhalten: eine Fülle von Einzelfragen! Ich erwarte nicht, daß der
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WienandHerr Minister oder irgendein anderer in der Lage ist, sie ad hoc aus dem Handgelenk zu beantworten. Aber ich wollte mit diesen Fragen auch vor dein Hohen Hause dokumentieren und demonstrieren, wo Möglichkeiten von Einsparungen gegeben sind, wo Möglichkeiten im Interesse der Steuerzahler wahrgenommen werden müssen, und ich bitte um Nachsicht, wenn ich noch einmal das alles anführe, was ich zusammenfassend dargelegt habe.Ich habe — so will ich abschließend sagen — gar nicht erschöpfend aufgezählt, was mir an Verlautbarungen des Verteidigungsministeriums und an unwidersprochenen Pressemeldungen zugänglich war. Ich möchte auch nicht auf das eingehen, was nach mir gemachten Mitteilungen gestern im Rahmen einer Pressekonferenz vor ausgesuchten Bonner Journalisten gesagt worden sein soll, weil es sich auf Meldungen Dritter stützt. Ich bin gern bereit, darauf einzugehen, wenn mir die Unterlagen zur Verfügung stehen oder wenn der Herr Minister oder ein anderer Sprecher der CDU/CSU das, was mir über Dritte mitgeteilt worden ist, hier vor dem Hohen Hause oder bei anderer Gelegenheit als die wirkliche Meinung des Verteidigungsministeriums zur Kenntnis gibt.
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Verteidigung.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die heutige Tagung ist eine Fortsetzung ,der Dezember-Diskussion zu Fragen der Bundeswehr und steht unter dem Oberbegriff „die Lage in der Bundeswehr". Diese hatte uns damals im Dezember 'beschäftigt, und heute in der Fortsetzung der Diskussion ist sie der Hauptpunkt.'Bevor ich mich mit dieser Frage und insonderheit mit dem auseinandersetze, was der Sprecher der Sozialdemokratischen Partei dazu gesagt hat, möchte ich auf einen Punkt eingehen, der nicht unmittelbar dazugehört; aber einige Fragen in dieser Richtung veranlassen mich dazu, das vorwegzunehmen:Der Sprecher der SPD hat das Thema der ADM, der Atomic Demolition Munition, gestreift und hat sich, so scheint mir, auch. auf den Standpunkt der Bundeswehrführung, der Bundeswehr und der Bundesregierung gestellt. Ich möchte ihm danken, daß er mitgewirkt hat, den Nebel, der draußen entstanden ist, zu beseitigen. Die Fragen, die Sie in dem Zusammenhang an den Bundesminister für Verteidigung stellen, formuliert in sechs oder sieben Punkten, könnten genauso von mir formuliert worden sein. Ich glaube, daß dazu wenig hinzuzufügen ist.Sie werfen aber der Bundesregierung vor, sie habe nach dem ersten Erscheinen der Meldung in einer Zeitung nicht sofort reagiert. Ich habe diese Meldung in Paris während der NATO-Rats-Tagung Mitte Dezember, an einem Mittwoch, gelesen. Sie wissen selbst, daß derartige Tagungen mit außerordentlich vielen Sitzungen und Gesprächen dazwischen ausgefüllt sind, so daß man gar nicht die Zeit hat, eine solche Meldung in Ruhe zu studieren und eine Antwort zu erteilen. Ich habe unverzüglich nach meiner Rückkehr aus Paris Stellung dazu bezogen und bereits einen Tag später dem Ausschuß für Verteidigung des Bundestages und nachmittags dem des Bundesrats die gesamte Situation dargelegt. Sowohl der Verteidigungsausschuß des Bundestags als auch der des Bundesrats haben von meinen Erklärungen mit Befriedigung Kenntnis genommen: Über Fernsehsendungen und Informationen, die über die Nachrichtendienste ausgestrahlt wurden, haben wir festgestellt: Es gibt keine einzige ADM im Einsatz, es gibt kein Atomminenfeld, es gibt keinen Atomminengürtel, es gab keinen Plan für ein Feld, einen Gürtel oder einensonstigen Einsatz. Es gibt keinen Plan, und die Bundesregierung hat nicht die Absicht, einen solchen Plan aufzustellen.Diese Erklärung, die auch von den Vertretern der deutschen Länder im Verteidigungsausschuß des Bundesrats gehört worden ist, ist durch eine Presseerklärung des Bundesrats verbreitet worden mit dem Zusatz, daß die Ministerpräsidenten und die Innenminister der Länder von die ser Erklärung mit Befriedigung Kenntnis genommen 'haben. Leider sind diese Worte „mit Befriedigung"draußen von gewissen Organen nicht verbreitet worden.
— Welche? Das will ich Ihnen genau sagen. Über die Nachrichtendienste des Nord- und des Westdeutschen Rundfunks ist dieses Wort „mit Befriedigung" nicht mit verbreitet worden.
Ich glaube, daß es für das Zonenrandgebiet ganz interessant ist, zu wissen, daß die Ministerpräsidenten unter dem Vorsitz des niedersächsischen Ministerpräsidenten die Erklärung des Bundesministers der Verteidigung „mit Befriedigung" zur Kenntnis nehmen. Das hätte nämlich zur Beruhigung der Bevölkerung in den Zonenrandgebieten dienen können.
Im übrigen darf ich hinzufügen, daß es bedauerlich ist, daß einige Organe draußen, beispielsweise Kuratorien oder Ortsverbände politischer oder anderer Organisationen von einer solchen Nachrichtenverbreitung über beide Fernsehanstalten und über die Nachrichtendienste gar keine Kenntnis genommen haben, sondern noch Tage später die gleiche Meldung verbreiteten und dagegen polemisierten.Ich meine, es ist gut, wenn heute der Deutsche Bundestag feststellt, daß es derartige Pläne nicht gegeben hat, nicht gibt und nicht geben wird.
Meine Damen und Herren, die Sprecher des heutigen Nachmittags — Berichterstatter und auch, wie ich glaube, der sozialdemokratische Sprecher — haben hier zum Ausdruck gebracht, daß sich in den Ausschüssen die Mitglieder des Verteidigungsausschusses sehr sorgfältig mit der Lage in der Bundeswehr beschäftigt haben. Die Tatsache, daß der
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Bundesminister von HasselSprecher der SPD den Berichterstattern damals im Dezember und heute zu ihrer sachlichen und umfassenden Berichterstattung gratuliert hat, spricht, glaube ich, für diesen Ausschuß, der vier Tage den Komplex „Heye" untersucht und sich zwei Tage auf der Grundlage des Antrags der Freien Demokraten mit der Lage in der Bundeswehr beschäftigt hat. Dann hat der Sprecher der SPD aber hinzugefügt, man könne jetzt, nachdem man diesen umfassenden und sorgfältigen Bericht gehört habe, auch in der Öffentlichkeit oder im Parlament konkreter Stellung nehmen. Dazu möchte ich Ihnen, Herr Wienand, sagen, daß all das, was die Berichterstatter im Dezember oder heute gesagt haben, Gegenstand der Erörterungen im Verteidigungsausschuß gewesen ist, dessen stellvertretender Vorsitzender Sie sind. Das, was heute im Extrakt vorgetragen worden ist, war das Untersuchungs- und das Besprechungsergebnis des Verteidigungsausschusses. Schon damals bestand eigentlich in allen Fragen, die die Bundeswehr angehen, eine ausreichende Klarheit.
Deshalb verstehe ich es persönlich nicht, wie Sie nach Abschluß dieser Sitzungen in einem Artikel in einer deutschen Illustrierten Dinge darstellen, Dinge, die man übrigens heute in Ihrer friedlichen und freundlichen Ansprache vor dem deutschen Parlament nicht wiederfindet.
Sie erklären in der Einleitung, die Sie sinnvollerweise unter Clausewitz stellen, daß Sie nicht wiederholen wollten, was Sie in dieser Zeitung geschrieben hätten. Zum Schluß sagten Sie noch einmal, Sie bäten um Nachsicht, wenn Sie das alles nicht noch einmal anführten. Das, was Sie in dieser Zeitung geschrieben haben, und das, was Sie heute gesagt haben, ist so unterschiedlich, daß ich mich jedenfalls veranlaßt sehe, das, was in der Zeitung verbreitet worden ist, hier zurechtzurücken.
Das erste ist ein Wort, Herr Abgeordneter Wienand, das Sie uns ganz zum Schluß sehr pathetisch mit auf den Weg geben, nämlich, daß wir uns mehr um die Standardisierung kümmern müßten, und Sie fragen, wie viele Verantwortliche im Bundesministerium der Verteidigung sich darum kümmerten. Dazu möchte ich Ihnen eines sagen: Es gibt ein erstklassiges Beispiel für die Standardisierung; das ist der Starfighter F 104 G. Er wird nämlich geflogen in Kanada und in Europa, vom Nordkap bis in die Türkei. Ungefähr zehn Nationen haben sich zu diesem Starfighter F 104 G bekannt, den Sie in der Zeitungsveröffentlichung vom vergangenen Montag, also vor zwei Tagen, derartig zerreißen.
— Wo der zerrissen wird? — Das will ich Ihnen sagen.
Es steht darin, die Maschinen seien allenfalls bedingt einsatzfähig. Meinen Sie nicht, daß das eine Abwertung der Waffen ist, auf die wir unsere besten Piloten setzen?
fähig".)— Was heißt „bedingt einsatzfähig"!
-- Meine Herren, meine Herren!
— Ich werde Ihnen einmal sagen, was Sie in dem Zeitungsartikel schreiben. Sie sagen, der Vertrag darüber unterliege der höchsten Geheimhaltungsstufe — das ist falsch! —, die Lieferverträge seien streng geheim — das ist falsch! —, der Verteidigungsausschuß dürfe die Verträge nicht einsehen — das ist falsch!
— eine Zwischenfrage?
Herr Abgeordneter Wienand!
Herr Verteidigungsminister, sollte es Ihrer Aufmerksamkeit entgangen sein, daß in den vergangenen Jahren mein Kollege Berkhan wiederholt im Verteidigungsausschuß konkret um Einsichtnahme in diese Verträge gebeten hat und daß dann von Herren Ihres Hauses — auch vorher von Staatssekretär Hopf, wenn ich mich recht erinnere erklärt worden ist: Darin wird keine Einsicht gewährt; das ist vertraulich oder geheim. Diese Erklärung ist aus den Protokollen des Verteidigungsausschusses zu ersehen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Darauf darf ich Ihnen folgendes antworten: Am 17. Dezember haben Sie sich zusammen mit dem Herrn Abgeordneten Berkhan und einigen anderen Herren im Führungsstab der Bundeswehr genau nach all dem erkundigt und — so ist mir berichtet worden — in allen Fällen einen genauen Einblick bekommen. Am Ende haben Sie gesagt — und zwar durch Herrn Berkhan —: „Nachdem wir das so sehen, kann ich nur sagen: Warum ist uns das nicht schon vorher so dargelegt worden?"
Meine Damen und Herren, das war am 17. Dezember 1964, acht Tage nach dem Zeitpunkt, zu dem Herr Bierkhan zum erstenmal wieder dem Ausschuß beigetreten ist.
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Bundesminister von HasselAußerdem war das etwa vier Wochen vor der Veröffentlichung Ihres Artikels.
Herr Berkhan zu einer Zwischenfrage!
Herr Minister! Haben Ihre Herren Ihnen nicht berichtet, daß sie uns in dieser Besprechung die Mängel der Elektronik des Starfighters dargelegt und uns berichtet haben, daß der Starfighter eben nicht in dem Sinne einsatzbereit ist, wie Sie es jetzt dem Parlament klarmachen wollen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Auf diese Frage werde ich gleich eingehen.
— Meine Herren! Den Zwischenruf „Hört! Hört!" sollten sie sich aufheben; Sie werden nachher noch einige Gelegenheit haben, über das „Hört! Hört" ; nachzudenken.
— Bitte!
Herr Minister! Sind Sie bereit, mir — nachdem Sie meinen Namen genannt haben — den Namen desjenigen Herrn Ihres Hauses zu nennen, der erklärt hat, ich hätte am Ende des Gesprächs gesagt, wir seien jetzt völlig zufriedengestellt?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich bin bereit, sämtliche Partner aus dem Führungsstab der Bundeswehr und die, die dazugehört haben, mit dem Ausschuß zu konfrontieren, dem Sie angehören, nämlich mit dem Ausschuß für Verteidigung.
— Wann?
— Am 17. Dezember war eine Aussprache bei uns im Haus, in der diese Fragen im einzelnen erörtert wurden.
— Ich lasse die Zwischenfrage zu.
Danke schön, Herr Minister! Ich darf Sie fragen, woher Sie die Information haben, daß die Besprechung in Ihrem Hause war? Sie war in diesem Hause, und zwar im Geschäftszimmer des Herrn Wienand!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Bitte, die Frage war doch, ob eine Unterrichtung im Verteidigungsausschuß stattgefunden hat oder nicht.
Meine Damen und Herren! Es ist Ihnen damals vorgetragen worden, welche Schwierigkeiten mit einem Navigationssystem bestehen. Ich darf hier folgendes wiederholen. Es handelt sich um das berühmte Litton LM 3, mit dem wir auf eine Reihe von Schwierigkeiten gestoßen sind. Ich darf dabei auf folgendes aufmerksam machen. „Wir haben" — so heißt es in dem Bericht, der mir von den Herren vorgelegt worden ist — „dem Abgeordneten Wienand das Zusammenarbeiten dieser Navigationssysteme — eines wird kritisiert — erklärt und haben dargelegt, daß 'die noch bestehenden Ungenauigkeiten in diesem System z. B. durch das Bordradar ausgeglichen werden können. Wir haben darauf hingewiesen, daß die inertial navigation" — so heißt sie — „bestimmten Einschränkungen unterworfen ist, die bei dem derzeitigen Stand der Technik noch nicht überwunden werden können. Selbst modernste Flugzeuge, wie z. B. die Phantom oder die TSR 2, bringen als Navigationssystem die inertial navigation ein, wobei das Gerät der Phantom und das der F 104 nach Abschluß aller vorgesehenen Verbesserungen einander entsprechen."Nun heißt es, die Entscheidung und die Beschaffung damals seien dort unter merkwürdigen Umständen geschehen. Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß sowohl der Bundeskanzler als auch der Bundesminister der Verteidigung auf Grund der damaligen politischen Situation der militärischen Seite empfohlen haben, eine Entscheidung zugunsten der französischen Mirage zu fällen, wenn nicht schwerwiegende Gründe dagegen sprächen.Da dieses Thema, Auswahl des Systems, eine Rolle spielt, muß darauf hingewiesen werden, daß bei der Auswahl 8 amerikanische Typen, 3 englische Typen, 2 französische Typen und eine schwedische Type, insgesamt also 14 Typen, untersucht worden sind. Ich will sie Ihnen hier aus verständlichen Gründen nicht nennen. Von diesen Typen sind die F 104 G, der Grumman Super Tiger und die Mirage in die engere Wahl gezogen worden. Nach eingehender Überprüfung und Untersuchung sind dann sowohl die Mirage als auch der Grumman Super Tiger ausgeschieden — die Mirage aus einer Reihe von Gründen; sie gibt zu wenig Raum für das Navigationssystem, sie hat keine Unterbringungsmöglichkeit für das geforderte Radar, und sie hat eine viel zu geringe Reichweite. Das andere System wurde ausgesondert, weil es ebenfalls Schwierigkeiten bereitet, die uns zu dieser negativen Entscheidung veranlaßten.Die F 104 entsprach in der damaligen Leistung am meisten den Vorstellungen der deutschen Luftwaffe und wurde entgegen politischer Empfehlung ausgesucht. Die Entscheidung wurde nach Abschluß der taktischen und technischen Bewertung aller zur Wahl stehenden Flugzeuge getroffen.Bei allen Flugzeugen, die zur Auswahl standen, war es von vornherein klar, daß, um die militärischen Forderungen auf Grund des NATO-Konzepts auf deutscher Seite zu erfüllen, eine ganz erhebliche Umrüstung vorgenommen werden mußte. Diese wird jetzt hier kritisiert.
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Bundesminister von HasselKeines dieser Flugzeuge verfügt über ein bodenunabhängiges Navigationssystem, das als unabdingbare militärische Voraussetzung von uns verlangt wird. Die F 105 bildet die einzige Ausnahme. Sie hat ein Doppler-Navigationssystem, über ,das jedoch damals noch keinerlei Erfahrungen vorlagen. Außerdem ist dieses System sehr leicht störbar.Es ist dann behauptet worden, daß man habe umbauen müssen, weil die Auswahl unter seltsamen Umständen erfolgt sei, und daß dieses Navigationssystem nicht funktioniere. Ich wiederhole: es stimmt, daß das Trägheitsnavigationssystem nach den Erfahrungen der deutschen Luftwaffe in seiner Navigationsgenauigkeit noch nicht den militärischen Forderungen entspricht. Aus diesem Grunde stützt sich das Waffensystem der F 104 nicht nur auf ein Navigationssystem, sondern auf vier unabhängige Systeme: einmal das schon genannte, dann das PHI, das Radar-System NASARR und das Tacan ARN 52.Eine wesentliche Aufgabe des hier kritisierten Geräts ist im übrigen die Funktion, die anderen Funktionen mit zu unterstützen, nämlich die Flugrichtung, die Fluglage und die Waffenstabilisierung sowie auch, das optische Visier des Radar sicherzustellen.Ferner wird behauptet, daß die Lizenzgebühren den Forderungen gemäß nicht etwa, wie üblich, bei 2 % lägen, sondern daß Lockheed sie auf 10 % heraufgesetzt habe. Tatsache ist — ich könnte es Ihnen darlegen, aber die Zeit reicht dazu nicht aus —, daß die Lizenzgebühr von Lockheed genau 3 % beträgt. Die Angabe von 10 % ist falsch. Die Lizenzgebühr für die Triebwerke beträgt 3,3 %. Das Triebwerk gehört dazu. Im Schnitt ist also eine Lizenzgebühr gezahlt worden, die, zwischen 3 und 3,3 % liegt. Das sind zusammen einige 50 Millionen und nicht einige 500 Millionen, wie der Berichterstatter in der Zeitung dargelegt hat.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Bitte.
Herr Minister, sind Sie bereit, uns die Verträge zu zeigen? Sind Sie bereit, dann in diese Berechnung mit den 3,3 %, die Sie jetzt angestellt haben, auch die eingekauften Düsentrainer und die Lizenzgebühren an andere Firmen, die z. B. in Belgien und in anderen Ländern am Nachbau beteiligt waren, mit einzubeziehen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich bin erstens bereit, Ihnen die Verträge zu zeigen. Ich bin zweitens bereit, Ihnen anzubieten, daß Sie oder einer Ihrer Freunde mit einem Flugzeug F 104 G an einem von Ihnen zu bestimmenden Tag zu einem von Ihnen festzulegenden, vorher nicht bestimmten Ziel mit einer von Ihnen zu bestimmenden und vorher nicht bekannten Flugroute fliegen, möglichst bei Schlechtwetter, um Ihnen zu zeigen, daß das Flugzeug F 104 ausgezeichnet ist.
Ich rege drittens an, Herr Abgeordneter Wienand, daß Sie einmal eine Fernsehdiskussion mit einem Mann der Wehrtechnik, einem vom Führungsstab der Bundeswehr und vielleicht einem Piloten der F 104 gemeinsam machen, damit Sie dann mit denen en face darüber diskutieren können, was denn bei diesem von Ihnen so angegriffenen Waffensystem wirklich schlecht ist.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Schmidt ?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Bitte!
Herr Minister, pflegen die Parlamente unserer potentiellen Gegner ihre Rüstung in ähnlicher Weise zu diskutieren, wie das hier, erzwungen von der SPD, geschieht?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren, der zweite Punkt, der in der Veröffentlichung am vorigen Montag kritisiert wird, besagt, daß die Fiat G 91 —das ist das zweite moderne Flugzeug, das wir haben — nicht herunterfallen könne, weil es gar nicht starten könne. Die Luftwaffe sei dabei, wieder auf das ältere Muster F 86 zurückzugehen.Meine Damen und Herren, diese Behauptung ist falsch. Die G 91 bei der deutschen Luftwaffe hat bereits 60 000 Flugstunden geflogen. Die Behauptung, daß die Luftwaffe auf das Muster F 86 zurückgehe, ist — um im Bild zu bleiben — aus der Luft gegriffen.Die dritte Kritik an Flugzeugen — da wir gerade bei Flugzeugen sind — geht gegen die Transall, jenen mittleren Transporter. Darin kommen ein paar Bemerkungen vor, die ich hier behandeln möchte.Es wird uns zunächst vorgeworfen, daß die Transall gar nicht in der Lage sei, den Standardpanzer „Leopard" zu transportieren. Meine Damen und Herren, der Standardpanzer „Leopard" wiegt 40 t. Es ist bei uns niemals die Forderung erhoben worden, weder vom Führungsstab des Heeres noch sonst irgendwo, daß ein Flugzeug konstruiert werde, das einen Panzer transportieren kann. Es wäre militärisch eine völlig unsinnige Forderung, einen einzelnen Panzer auf dem mitteleuropäischen Kriegsschauplatz mit so aufwendigem Transport von A nach B zu transportieren. Eine kriegsentscheidende Verstärkung an einem Frontabschnitt in Mitteleuropa ist damit nicht zu erreichen. Im übrigen sei festgestellt, daß auch die amerikanische Hercules,
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7682 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1965
Bundesminister von Hasseldie von Ihnen damals ins Gespräch gebracht wurde, den Standardpanzer nicht transportieren kann.Es wird dann die Reichweite kritisiert. Meine Damen und Herren, die Reichweite der Transall beträgt bei einer Beladung mit 6 t 4500 km und ist nach unserer gesamten militärischen Vorstellung von einem Transporter in Europa ausreichend. Man braucht ihn nicht zwischenlanden zu lassen.
— Bei einer größeren Belastung, einer Belastung von 8 t, ist die Reichweite 2400 km und bei einer Belastung von 15 t ist die Reichweite 1200 km. Es wird Sie interessieren, daß in der gleichen Zeitung, in der der Herr Abgeordnete Wienand seine Darstellung gegeben hat, bei der Transall, deren kurze Reichweite jetzt kritisiert wird, damals die lange Reichweite kritisiert worden ist, also genau die umgekehrte Formulierung in der gleichen Zeitung gestanden hat.
Dann wird dargelegt, daß dieses Flugzeug das Opfer für die deutsch-französische Freundschaft sei und Stück für Stück 22 Millionen DM koste. Bei Preisvergleichen, scheint mir, meine Damen und Herren, muß man, wenn man dann behauptet, daß die amerikanischen Angebote billiger gewesen seien, von gleichen Voraussetzungen ausgehen. Der Flyaway-Preis für .die Transall, also der Preis ohne die übliche Ersatzteilausstattung und ohne die Kosten für die Entwicklung, beträgt 10,8 Millionen DM. Mit der Erstausstattung der Ersatzteile und dem Teil, den wir Deutschen für die Entwicklung zu zahlen haben, beträgt der Preis 16 Millionen DM und nicht 22 Millionen DM. Der Preis für das amerikanische Flugzeug C 130, die Hercules, die uns dann dagegen angeboten wurde, beläuft sich auf 17,8 Millionen DM.Ich möchte Ihnen also sagen: Die Behauptung, man müsse ein Flugzeug haben, das einen Panzer transportiert, ist falsch; das ist keine militärische Forderung. Falsch ist weiter die Behauptung, das Flugzeug koste 22 Millionen DM; es kostet mit allem Drum und Dran nur 16 Millionen DM. Falsch ist außerdem eine Behauptung, die von Ihnen vor einiger Zeit aufgestellt wurde, daß die Franzosen das eigene deutsch-französische Flugzeug Transall nicht weiter verfolgten, sondern amerikanische Flugzeuge gekauft hätten.
— Sie haben damals in einer Presseerklärung behauptet, daß die Franzosen von der Beschaffung der Transall abgerückt seien und statt dessen die Hercules nähmen. Wir haben es zurechtgerückt und gesagt, sie haben nicht zehn Hercules gekauft, sondern zehn Düsentanker der Art, von der neulich einer abgestürzt ist.
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Berkhan?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Bitte sehr!
Herr Minister, darf ich nach Ihren Ausführungen annehmen, daß .die Auskünfte der Herren Ihres Hauses, die mit einer Unterkommission des Verteidigungsausschusses nach Frankreich gereist sind, bevor wir endgültig das Projekt Transall verabschiedeten, falsch waren, die uns ausdrücklich sagten, dieses Flugzeug müßte bei seinem Flug zu den Versorgungsbasen auf dem Hin- oder Rückflug in Frankreich zwischenlanden und auftanken? Diese Aussage wurde gemacht mit dem Hinweis, daß darüber mit den Franzosen Vereinbarungen erzielt seien.
— Sie waren doch dabei, Herr Lemmrich.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Frage, die damals gestellt wurde, lautete folgendermaßen. Zwischen Deutschland und Frankreich muß eine gemeinsame militärische Ausgangsbasis für die gemeinsame militärische Forderung geschaffen werden: Wie groß muß das Flugzeug sein? Was muß es tragen können? Welche Reichweite hat es? Wie sind seine Start- und seine Landelängen? Die deutsche Seite war an einem Kurzstreckenflugzeug, das nicht sehr weit zu fliegen braucht, interessiert. Die französische Seite war an einer längeren Reichweite interessiert. Wir haben einen erstklassigen Kompromiß gefunden zwischen einer kürzeren Reichweite mit einer hohen Last und einer langen Reichweite mit einer niedrigen Last —4500 km die längste Reichweite und eine Normallast von 15 t auf eine Entfernung von 1200 km. Auf dieser gemeinsamen Basis haben wir uns damals gefunden.
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Eschmann?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Bitte sehr!
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß die Besatzungen, die die Transportflugzeuge zu fliegen haben, nach ihrer Meinung ihre Kampfaufträge besser erfüllen können mit einer viermotorigen Maschine, von der sie wissen, daß sie bei voller Belastung mit drei Motoren noch ans Ziel kommen, was bei der zweimotorigen Transall von den Besatzungen selbst sehr in Frage gestellt wird?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Darauf kann ich Ihnen nur antworten: Die Do X z. B. hatte zehn Motore. Vielleicht kann man dann auch in dieser Richtung — —
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1965 7683
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Lemmrich?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Bitte sehr!
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß Herr Kollege Berkhan im Zusammenhang mit der Transall geäußert hat, daß es besser sei, die deutsche Flugzeugindustrie schrumpfe sich jetzt gesund als später?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Diese Meldung ist mir nicht bekannt. Ich kann die Frage von mir aus nicht beantworten. Aber vielleicht ist es mir gestattet, daß ich nun zunächst in meinen Betrachtungen fortfahre.
— Nun, wir wollen uns nicht nachher den Vorwurf einhandeln, daß wir die SPD nicht hätten fragen lassen.
Ich bedanke mich, Herr Minister. Darf ich Sie aber fragen: Wissen Sie wirklich nicht, daß diese Äußerung von dem damaligen Staatssekretär Hopf im Verteidigungsausschuß des Deutschen Bundestages gemacht wurde?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das kann ich Ihnen nicht sagen. Aber Sie können jederzeit Herrn Staatssekretär Hopf zitieren.
— Noch eine Zwischenfrage gestatte ich gern.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß Herr Staatssekretär Hopf mir persönlich einmal gesagt hat — —
— Ich nehme doch an, daß über eine so wichtige Frage zwischen Minister und Staatssekretär hin und wieder gesprochen wird. Herr Hopf hat mir seinerzeit erklärt: Wir haben so viel Ärger mit den Franzosen in bezug auf die Mirage usw. gehabt; auch wenn die Transall schlechter ist — jetzt müssen wir sie nehmen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Auf Grund meiner Kenntnis der Auffassung des Herrn Staatssekretär Hopf, der dieses heutige Wortprotokoll wird lesen können und der Ihnen dann dazu persönlich schriftlich antworten kann, darf ich hier erklären, daß er sich zu seinem Teil bemüht hat, zwischen Deutschland und Frankreich ein erstklassiges Zusammenarbeitsverhältnis herzustellen.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß die Transall bereits vor mehr als zwei Jahren dem Verteidigungsausschuß der Westeuropäischen Union in Anwesenheit des Herrn Kollegen Berkhan und, wie ich mich zu erinnern glaube, auch des Kollegen Wienand vorgeführt wurde und daß bei dieser Gelegenheit Kurvenflüge und andere fliegerische Schwierigkeiten unter Abstellung eines Motors bei voller Belastung durchgeführt wurden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich bin bei der Vorführung vor dem Verteidigungsausschuß der WEU nicht dabeigewesen. Aber bei einer anderen Vorführung, die ich — in Anwesenheit eines großen Stabes von Sachverständigen — bekommen habe, ist genau das gleiche praktiziert worden, und jeder hatte den Eindruck, daß dieses Flugzeug ein erstklassiges Flugzeug ist. Ich glaube, daß eines Tages auch die Sozialdemokraten zugeben werden, daß dieses erste wirklich gute Beispiel einer Standardisierung in der Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Frankreich ein großer Wurf gewesen ist.
Aber es ist ja außerordentlich interessant: Sie haben kritisiert, daß wir die F 104 nehmen. Und in diesem Zeitungsartikel steht: „In der Konkurrenz war gleichzeitig die schnittige Mirage", woraus hervorgeht, daß Sie uns offenbar die Mirage vorgeschlagen hätten. Da kann ich nur sagen: Lesen Sie einmal nach, was mit dem Nachbau der Mirage in der Schweiz passiert ist! Daraus könnten Sie einmal lernen, wie es an anderen Orten ist, und dann würden Sie vielleicht nicht immer nur an dem Kritik üben, was bei uns in Deutschland geschieht. Dann würden Sie einmal sehen, wie es insgesamt aussieht.
Und wenn wir jetzt nicht die Mirage, sondern auf Grund der Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Frankreich die Transall wählen, dann plädieren Sie für die Hercules von der Lockheed, die Sie vorher bei uns schlechtgemacht haben, weil die Lockheed-Werke angeblich 10 %, gleich über eine halbe Milliarde DM, Lizenzgebühren verlangt haben.
Meine Damen und Herren, da der Zeitungsartikel sehr lang ist und noch eine Falle von Einzelheiten enthält, meine ich, daß ich jetzt versuchen sollte, etwas rascher von der Stelle zu kommen. Ich möchte mich daher den Vorwürfen hinsichtlich der Marine zuwenden. In dem Artikel wird behauptet, die neuen U-Boote seien unbrauchbar, die Köln-Klasse habe bedenkliche Materialschäden, und die Hamburg-Klasse habe technische Fehler, die eine Neukonstruktion notwendig machten.Ich möchte hier zunächst einmal sagen, daß das eine sehr starke Irreführung der Öffentlichkeit ist.
Das Verteidigungsministerium hatte den Mut, entsprechend den Bedingungen moderner Seekriegfüh-
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Bundesminister von HasselI rung U-Boote aus einem Material bauen zu lassen, auf das Minen nicht ansprechen. Das betrifft nur die Hülle der Boote. Völlig neu und revolutionierend ist ebenfalls die Gesamtkonstruktion dieser Boote. Sie ist so, daß einige andere NATO-Staaten sie entweder schon in Auftrag gegeben haben oder sich jedenfalls ernstlich dafür interessieren und daß sie von den ausländischen Fachleuten, insonderheit der NATO, in großem Umfang anerkannt wird.Bei der Entwicklung einer derartigen modernen Konstruktion gibt es theoretisch zwei Möglichkeiten. Entweder man entwickelt einen Prototyp bis zur Serienreife. Das dauert zwischen sieben und zehn Jahren. Man kann also gewiß sein, daß die Schiffe nach Beendigung dieser Entwicklung des Prototyps und der sich anschließenden Bauzeit für die andere Serie beim Stapellauf bereits unmodern wären. Der andere Weg, den wir im Interesse unserer Sicherheit gegangen sind, ist der, daß man auf den Bau eines Prototyps bewußt verzichtet und sofort eine Kleinstserie auflegt. Beim Betreten technischen Neulandes muß immer mit gewissen Rückschlägen gerechnet werden. Das ist das Risiko, das in jeder Marine, in jeder Streitkraft der Welt einkalkuliert werden muß, wenn man zu modernen Schiffen oder zu modernen Waffen gelangen will. Es steht deshalb, so scheint mir, der Opposition schlecht an, mit hämischer Freude darauf zu verweisen, daß der für die ersten Boote verwendete amagnetische Stahl sich nachträglich als korrosionsanfällig erwiesen habe. Wir sind inzwischen, scheint mir, vorangeschritten und haben das zunächst einmal offenbar ausräumen können. Wir verstehen es jetzt, die Materialfehler zu beherrschen. Das kostet Geld, wenn auch nicht in der Höhe von 30 Millionen DM, wie es die Sozialdemokraten angegeben haben.Ich habe meinerseits in Zusammenhang mit dem Bau der U-Boot-Flotte eine menschliche Enttäuschung dadurch erlebt, daß mir der verantwortliche Mann nicht sofort den Tatbestand gemeldet hat. Ich habe die entsprechende personelle Konsequenz gezogen. Ich kann nicht verstehen, daß der sogenannte Wehrexperte der SPD sich ausgerechnet auf diesen Herrn als Kronzeugen beruft.
Ebenfalls mit der Freude derjenigen, die nicht die Verantwortung zu tragen haben, konstatieren Sie, Herr Wienand, an anderen Schiffstypen immer wieder und überall die kleinen und großen Reparaturen. Hart beanspruchtes Gerät, so scheint mir, wird solche Reparaturen immer erfordern, nicht nur bei der Bundeswehr, und die Einsatzbereitschaft dieser Schiffe — das wissen Sie auch — gerade von der Köln-Klasse ist nicht in Frage gestellt.Ich darf hier noch einmal die Frage aufnehmen, die vorhin Herr Dr. Schmidt gestellt hat, die Frage nämlich, ob Sie beabsichtigen, auch in Zukunft den Gegner durch Veröffentlichung in einem Massenblatt darauf aufmerksam zu machen, daß bei uns irgendein Schiff in Reparatur gehen muß.
In dem Zusammenhang kommt von Ihnen eine Erklärung zu den DDGs, den Raketenzerstörern, undSie sagen, wenn sie in deutschen Werften gebaut worden wären, hätte man bei drei Zerstörern und 600 Millionen DM Gesamtbaukosten 150 Millionen DM, je Stück 50 Millionen DM, sparen können. Ich will auf dieses ganze Thema nicht eingehen, weil wir es so sehr lange im Ausschuß behandelt haben und Sie im Ausschuß sämtliche Fragen haben stellen können. Mir werfen Sie aber vor, daß der Ausschuß zum Beispiel nicht jenen Mann der Technik habe hören können, den ich vorhin mit ein paar Sätzen schon erwähnt habe. Zunächst einmal ist es allein Sache des Ministers, wen er als Sachverständigen in den Ausschuß mitnimmt. Es kann also nicht der Ausschuß verlangen, daß der und der Sachverständige gehört wird, es sei denn, er ist Untersuchungsausschuß. Wir haben dort, so scheint mir, innerhalb des Ausschusses sehr genau dargelegt, was los ist.
Zu dieser Behauptung, man hätte sparen können, wenn man es in einer deutschen Werft gemacht hätte, möchte ich Ihnen sagen: Es gibt keine verbindlichen Preisangebote deutscher Werften, aus denen hervorgeht, was sie endgültig als Preis ansetzen werden. Man hat mit den Werften darüber gesprochen. Sie haben eine Preisidee von etwa 170 bis 180 Millionen DM genannt. Statt der 200 Millionen DM in Amerika 170 bis 180 Millionen DM. Meine Herren des Haushaltsausschusses, Sie wissen, daß es kein einziges Schiffsbauprogramm gegeben hat, bei dem die ursprünglichen Preisideen der deutschen Werften nachher auch eingehalten worden sind. Das lag nicht an den Werften nur, das lag auch an unendlich vielen Nachüberlegungen, zusätzlichen Erkenntnissen und neuen Wünschen aus dem militärischen Bereich. Die deutschen Schiffswerften, die ich als früherer Ministerpräsident eines schiffbautreibenden Landes sehr genau kenne und deren hohe Qualität ich sehr genau kenne, sind aber aus der Zeit zwischen den Kriegen noch nicht in der Lage, das anders zu handhaben, als wir es bisher gehabt haben. Um diese ganzen Schwierigkeiten, die Sie uns vorwerfen, nicht zu haben, um das zu verhindern, habe ich gesagt: Wir nehmen die Schiffe, die in der Welt erprobt sind — 26 bestehen bereits, sie sind in der Erprobung gewesen und haben sich bewährt —, wir nehmen sie zum festen Preis und wissen dann, 49 Monate nach Auftragsvergabe haben wir sie ohne all die Schwierigkeiten, die uns heute zum Vorwurf gemacht werden. Diese Entscheidung habe ich getroffen. Zu dieser Entscheidung stehe ich, und ich glaube, Sie werden einsehen, auch in Zukunft, daß diese Entscheidung richtig gewesen ist. Die deutschen Werften haben es sehr wohl verstanden.Nun sagt man durch den Sprecher der SPD, daß die Beamten im Bundesverteidigungsministerium die Kalkulation der Lieferfirmen nicht überprüfen dürfen und können; sie seien ein kleines Häuflein von 8 oder 9 Offizieren, 36 Verwaltungsbeamten, 122 Ingenieuren, und dieses kleine Häuflein verteile jährlich Aufträge für 8 Milliarden DM. Es komme dann ein Prozentsatz von Führungskräften bei uns heraus von nur 17%, im Finanzministerium dagegen von 38,2 %. Ich sehe hier einen Hoffnungsschimmer,
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Bundesminister von Hasseldaß man uns bei der besseren Dotierung jener Stellen in Zukunft helfen wird. Aber diese Behauptung, ein kleines Häuflein tue ,das nur — 8 Milliarden —, ist falsch.
— Diese Behauptung ist falsch.Meine Herren von ,der SPD, ich habe nichts dagegen, wenn Sie den Verteidigungsminister verunglimpfen; das gehört zum Geschäft, dafür habe ich In der Politik Verständnis. Es ist mir im übrigen gleichgültig. Es ist mir aber nicht gleichgültig, wenn Sie meine Mitarbeiter verunglimpfen. Es gibt im öffentlichen Recht den Grundsatz, daß über den einzelnen öffentlichen Bediensteten nichts Nachteiliges niedergelegt werden darf, ohne daß der Betreffende Gelegenheit gehabt hat, sich zu rechtfertigen. Diesen fundamentalen Grundsatz des öffentlichen Rechts mißachten Sie mit Ihrer pauschalen Abwertung der Bediensteten des Verteidigungsministeriums auf dem Gebiete der Rüstung.Ebenso falsch wie komisch wirkt die Behauptung, daß für Beschaffung im Wert von 8 Milliarden nur dieses kleine Häuflein da sei. In Wirklichkeit sind es ungefähr 1000 qualifizierte Kräfte, Techniker, Volkswirte, Betriebswirte, Juristen, Kaufleute, Spezialisten aller Art, die sich mit großem Verantwortungsbewußtsein Tag für Tag ihrer Pflicht hingeben.
Glauben Sie, daß die Arbeitsfreude meiner Mitarbeiter erhöht wird, wenn man aus dem Munde Ihres Sprechers diesen Männern dauernd unterstellt, sie gingen leichtfertig mit den Milliarden der Steuerzahler um?
— Herr Wienand, bitte!
Herr Minister, das scheint in der Tat der Kern zu sein, wie Herr Rasner sagt.
Sind Sie bereit, Herr Minister, das zu zitieren, was ich geschrieben halbe, und mir zu bestätigen, daß ich nicht einen einzelnen und nicht pauschal Ihre Mitarbeiter belastet oder diffamiert habe, sondern sie sogar noch gelobt habe, nur gesagt habe, daß sie, diese geringe Anzahl von Mitarbeitern, den gewaltigen Aufgaben nicht gewachsen sein können, allein von der Quantität her? Sie bringen es genau anders.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Darf ich Ihnen, Herr Abgeordneter Wienand, eine Gegenfrage stellen: Wo eigentlich ist in Ihrem ganzen Artikel ein einziges Lob auf die Bundeswehr und ihrer Mitarbeiter enthalten, wo in Ihrem ganzen Artikel?
Wenn Sie dem Bundesverteidigungsminister vorwerfen, er. vergeude Milliardenbeträge, er verschwende Milliardenbeträge,
dann wird niemand sagen, daß der Minister es allein sei, der das tue, sondern: der Minister und seine Mannschaft und die Mitarbeiter aller Dienstgrade.
— Herr Wienand, Sie können nachher zusammenfassend antworten.Dann behaupten Sie z. B., ,daß diese Beschaffung aus außenpolitischen Gründen zum Teil aus Entwicklungshilfe, zum Teil aus Wiedergutmachung vorgenommen werde, daß wir im Ausland aus diesen eben genannten Gründen kauften. Diese Behauptung ist falsch. Sie ist eine Irreführung der Öffentlichkeit. Auch der Opposition ist bekannt, daß unsere Verteidigung auf der zusammengefaßten Kraft des Westens beruht. Das bezieht sich nicht nur auf das strategische Konzept, sondern ebenso auf die Fragen der Produktion, der Waffen, des Geräts. Es ist aber aus militärischen Gründen notwendig, Aufträge im Ausland zu placieren. In keinem einzigen Fall ist vom Verteidigungsminister eine Beschaffung im Ausland gegen das Votum der zuständigen Führungsstäbe der Bundeswehr gebilligt worden; keine Beschaffung im Ausland ist getätigt worden, die nicht das Votum der Führung der Bundeswehr gefunden hat.Es ist im übrigen eine durch nichts gerechtfertigte Unterstellung, daß Beschaffungen im Ausland vorgenommen würden, ohne die Qualität und den Preis sorgfältig zu prüfen. Sie haben als Beispiel dafür den Ankauf von Maschinenpistolen in einem nahöstlichen Land genannt. Diese Beschaffung — es ist eine Maschinenpistole, die aus Israel bezogen worden ist — erfolgte zu einem Preis, der unter denen aller vergleichbaren Modelle liegt. Die Qualität ist so hervorragend, daß inzwischen eine ganze Reihe von NATO-Staaten zu dem gleichen Modell wie wir übergegangen sind.Sie behaupten in Ihren Spalten, und zwar drei Spalten lang, daß es ein geheimes Waffensystem gebe, ein Zweimilliardenobjekt, um zu beweisen, daß durch falsche Preisprüfung und mangelnde Vertragskontrolle Millionenbeträge versickern. Sie sagen wörtlich, Sie dürften über dieses Waffensystem nicht öffentlich berichten, wollten Sie sich nicht des Landesverrats schuldig machen. Das ist einfach falsch.
Zunächst einmal kann ich Ihnen, Herr Wienand, die Sorge abnehmen, daß es sich um ein neuartiges Waffensystem handelt. Sie sind übrigens selber Zeuge im Verteidigungsausschuß gewesen, als dort über den gesamten Komplex berichtet wurde, und zwar nicht etwa über ein neues Waffensystem, Größenordnung zwei Milliarden, vielmehr 'hat der Berichterstatter eines Teiles meines Ministeriums dort an Hand von 300 einzelnen Verträgen dargelegt, und zwar für das Jahr 1963 und im Gesamtbetrag von 2 Milliarden DM, wie man dadurch, daß man das Preisprüfungsrecht vertraglich vereinbart habe, durch die Tüchtigkeit unserer eigenen Preisprüfer in
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Bundesminister von Hasseleiner Größenordnung von 240 Millionen DM Einsparungen erzielt habe. Dieses Geheimnis ist keine neue Wunderwaffe, nichts.Dann sagen Sie: Jede Marktfrau weiß, daß man am besten einen Kohlkopf dort kauft, wo er am preiswertesten ist; ganz anders sieht es aus, wenn ein deutscher Verteidigungsminister auf dem internationalen Waffenmarkt einkauft. Meine Damen und Herren, leider ist die Rüstung kein so einfaches Geschäft wie ein Gang zum Wochenmarkt. Sie sollten wissen, daß es einen derartigen Markt für Waffen nicht gibt. Glauben Sie, meine Herren, ernstlich, daß man z. B. Überschalljäger, moderne Panzer, Panzerabwehrraketen irgendwo in einem Rüstungsgeschäft, auf dem Markt kaufen könnte?
Dort, wo es Konkurrenz gibt, wird ausgeschrieben. Die Behauptung also, die hier aufgestellt wird, ist falsch.Dann heißt es, der Verteidigungsausschuß werde eher zum Parteigänger des Ministers als zu einer wirklichen Kontrollinstanz. Sie sagen an anderer Stelle, im Bundesverteidigungsministerium könne man viel Geld ausgeben, ohne viel Rechenschaft ablegen zu müssen. Diese Behauptung, Herr Wienand, ist falsch. Das Bundesverteidigungsministerium kann keinen Pfennig ausgeben, ohne Rechenschaft ablegen zu müssen. Der SPD sollte bekannt sein, daß der Bundesrechnungshof laufend und ohne Beschränkung durch Geheimhaltung alle Fragenkomplexe überprüft, die Finanzführung, die Zweckmäßigkeit der Organisation, die Beachtung des Grundsatzes der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit usw. Wenn dann hinzugefügt wird, das geschehe nicht, denn der Präsident sei ja Staatssekretär Hopf, so möchte ich Ihnen nur sagen, daß der Bundesrechnungshof ein kollegiales Organ ist, in dem der Präsident des Bundesrechnungshofs keinen größeren Einfluß hat.
— Bitte lesen Sie nach, im Schlußabsatz Ihres Artikels können Sie es gar nicht anders ablesen als so, wie ich es eben gesagt habe.
— Wenn Sie es nicht so gesagt haben, dann erklären Sie es hier, dann freue ich mich des Präsidenten Hopf willen, daß ein solcher Verdacht von Ihnen nicht erhoben wird.
Dann sagen Sie, um das Ganze nun besonders griffig zu machen — der ganze Artikel liest sich wie ein Kriminalroman —,
seit über einem Jahrzehnt kaufen wir Waffen undMaterial für unsere Bundeswehr zusammen; siehaben bis heute 100 Milliarden DM gekostet. Meineverehrten Damen und Herren, ich habe am Freitagabend einen Vorabdruck bekommen. In der Ausgabe ist eine ganz interessante Änderung vollzogen. Am Freitagabend stand noch drin, die Bundeswehr habe uns 100 Milliarden DM gekostet. Das sei viel Geld; für die gleiche Summe hätte die Bundesregierung jeder westdeutschen Familie einen Mercedes kaufen können.
In dem nachher zum Verkauf erschienenen Exemplar ist dieser Satz ausgelassen. Ich möchte dazu sagen: Die Bundeswehr — in der Zusammenfassung in diesem Artikel zielen die 100 Milliarden auf Rüstung und Beschaffung ab — hat für Rüstung und Beschaffung insgesamt seit ihrem Bestehen etwas unter 50 Milliarden DM und nicht 100 Milliarden DM ausgegeben.Da die Zeit wegläuft, beschränke ich mich darauf, nur dies einmal zu dem Artikel zu sagen, den Sie alle und den ich gelesen habe.Ich möchte noch ein paar Bemerkungen zur Frage des Haushalts machen. Es ist interessant, daß heute bisher kein einziger Vorwurf erhoben worden ist, daß etwa im Jahre 1964 mit unsorgfältigen Überlegungen, ohne Planung, ohne Ziel, ohne klare Grundlagen im Verteidigungsministerium gewirtschaftet worden wäre; so etwa lauteten früher die Sätze. Sollte das nachher noch einmal aufkommen, dann bin ich bereit, noch einmal das Wort zu nehmen, um im einzelnen längere Ausführungen zu machen.
Herr Wienand hat dann eine Darstellung über seine Gedanken zur Organisation gegeben. Meine Damen und Herren, wir haben uns daran gewöhnt, daß Kritik an der Spitzenorganisation des Verteidigungsministeriums seit seinem Bestehen sozusagen zum täglichen Brot der Opposition gehört. Ich habe Verständnis für den Hang der Opposition, die Arbeit der Regierung zu verteufeln und die eigenen Absichten als der Weisheit letzten Schluß hinzustellen. Aber wer als Laie unbefangen die Auslassungen liest, die Sie eben gemacht haben und die der Hamburger Senator beispielsweise im Zusammenhang mit Karlsruhe gesagt hat, muß den Eindruck gewinnen, daß die Bundeswehr von einem wirren Haufen unfähiger Bürokraten, von einer desorganisierten Spitze wilder Verwaltungsmänner geführt wird, deren Hauptanliegen es ist, den Papierkrieg anzuheizen.Lassen Sie mich dazu folgendes sagen. Die Bundesweh einschließlich ihrer Führung, jeder Bedienstete, jeder Soldat, jeder Arbeiter, jeder Wehrpflichtige, jeder Rekrut bis zum höchsten Offizier und Beamten haben mit -dieser „offenbar miserablen Organisationsapparatur" — so die SPD — bis heute eine Aufbauleistung vollbracht, die nicht nur bei unseren Bündnispartnern volle Anerkennung fand und findet, sondern die auch als eine wahrhaft
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Bundesminister von Hasselrespektable Leistung den Dank und die Anerkennung unseres ganzen Volkes finden sollte.
Ich will hier nicht untersuchen, welche Motive jeweils hinter dieser Kritik in der jahrelangen Auseinandersetzung um die Spitzengliederung gestanden haben. Aber es ist doch interessant, daß eine der wesentlichsten Begründungen ,der sozialdemokratischen Kritik an der Spitzenorganisation von Anfang an die Sorge beinhaltete, daß die militärische Führung zu weitgehende Zugeständnisse bekommen könnte.
Das gilt bis in die letzte Zeit. Ich verweise z. B. auf die Ihnen nahestehende Hamburger Zeitung „Hamburger Echo". Dort hat der Abgeordnete Sänger, als ich vor 12 Monaten mein neues Konzept zu dieser Umorganisation veröffentlichte, gesagt: Die Generale wollen mehr Macht. Damals hat Herr Sänger vor antidemokratischen Tendenzen in der Bundeswehr gewarnt.
Sie wollen nun, Herr Wienand, genauso wie Senator Schmidt, daß endlich innerhalb des Ministeriums klare Verantwortungsbereiche geschaffen werden, damit man, wie Sie sagen, endlich weiß, an wen man sich halten kann, wenn etwas nicht funktioniert.Was schlagen Sie eigentlich vor? Die Unterstellung der Teilstreitkräfte unter den Generalinspekteur! Das haben Sie gerade heute noch einmal gesagt. Sie haben offenbar meinen Erlaß vom 7. Februar des Jahres 1964 nicht gelesen, mit dem dieses Unterstellungsverhältnis befohlen worden ist. Ich habe diesen Erlaß dem Verteidigungsausschuß erläutert und ihn der Presse vorgetragen. Ich darf heute erklären, daß dieses Unterstellungsverhältnis funktioniert, seitdem ich es angeordnet habe, seit fast einem Jahr; mindestens seit drei Vierteljahren ist es in Kraft. Es ist müßig, es zu fordern.Dann verlangen Sie, daß das Ministerium so gegliedert wird, wie man es nach militärischen, international anerkannten Gesichtspunkten verlangen müsse, und nicht ministeriell. Meine Damen und Herren, tatsächlich entsprechen die Unterabteilungen des militärischen Führungsstabes voll und ganz der militärischen Gliederung. Es ist gleichgültig, ob Sie bei einer Unterabteilung sagen FüB I oder G I oder ob Sie sagen FüB 2 oder G 2 oder ob Sie sagen FaB IV oder G 4.Jeder, der etwas davon versteht, kennt diese Tatsache bei uns und bei den NATO-Partnern. Es ist zwar eine gute und ins Ohr gehende Formulierung, zu behaupten, die ministerielle Bürokratie unterdrücke unter Mißbrauch des Begriffes „Civil Control" die Militärs. Es kommt beim Laien an, wenn man behauptet, die zivilen Abteilungen regieren selbstherrlich durch Erlasse, Richtlinien und dergleichen ohne Mitwirkung der militärischen Führungsstäbe in die Truppe hinein.Meine Herren von der SPD, nennen Sie mir ein einziges Beispiel, bei dem nicht der Führungsstab der Bundeswehr diese Erlasse, soweit sie militärische Belange angehen, mitgezeichnet hat! Man muß sich zunächst einmal wirklich mit den ungeheuer komplizierten Vorgängen einer modernen Armee vertraut machen, bevor man solche Behauptungen aufstellt,
die geeignet sind, die Arbeit des einzelnen in der Bundeswehr herabzusetzen. Sicherlich gibt es Schwierigkeiten, gibt es Reibungen, gibt es Papierkrieg und Kompetenzfragen. Aber sie werden nicht durch rhetorische Zauberkunststücke Außenstehender, sondern nur durch das ständige Bemühen aller Abteilungen dieses Ministeriums auf ein Mindestmaß beschränkt.
Dann haben wir im vergangenen Jahr — die Ausschüsse wissen darüber Bescheid — das Ministerium umgegliedert. Es ist sehr interessant, was mir alles vorgeschlagen wurde. Man schlug vor, ich müßte statt eines Staatssekretärs zwei Staatssekretäre haben. Von anderer Seite wurden drei Staatssekretäre vorgeschlagen. Wieder andere waren für einen Staatssekretär und drei Unterstaatssekretäre. Ein anderer Vorschlag ging dahin: ein ziviler und ein militärischer Staatssekretär. Andere sagten: unter gar keinen Umständen einen Soldaten als Staatssekretär; das sagte z. B. die SPD. Dann kam ein Vorschlag, und zwar von der SPD: zwei Staatssekretäre, davon ein parlamentarischer Staatssekretär, der Angehöriger des Deutschen Bundestages sein muß.Wie sehen denn eigentlich Ihre Vorschläge, verehrter Herr Wienand, aus?
— In Ihrer Vorlage! Ich schicke Ihnen eine Fotokopie zu, sofern Sie es nicht selbst haben.
— Verzeihung, Verzeihung — —
— Entschuldigen Sie, soll ich Ihnen aus meinen Dokumenten den Vorschlag der SPD aus dem Jahre 1957 vortragen? Da steht es genau drin.
— Das ist sehr interessant.Heute ist mir hier von diesem Podium aus vorgehalten worden — der Regierung und mir —, ich hätte kein Organisationsgesetz vorgelegt. Was habe ich den Ausschüssen und dem Parlament gesagt? Ich habe gesagt, daß ich die Zeit dafür für noch nicht reif hielte. Ich gebe aber eines zu, daß mich das viele nebelhafte Gerede bei Ihnen dazu veranlassen wird, ernstlich darüber nachzudenken, ob es jetzt nicht doch — —
7688 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Jánuar 1965Bundesminister von Hassel— Verzeihung, Herr Abgeordneter Erler, wir haben uns mehrfach darüber unterhalten. Ich habe Ihnen im Ausschuß dargelegt, warum ich es für verfrüht halte, dieses Gesetz schon heute vorzulegen. Ich bin nämlich der Meinung, daß noch viel im Fluß ist, daß noch viele Überlegungen angestellt und Erfahrungen gesammelt werden müssen. Die Tatsache, daß Ihr Vorschlag von 1957 sich gegenüber dem Vorschlag von heute um 180 Grad gedreht hat, zeigt, daß wir damit recht gehabt haben, daß man sich Zeit nehmen muß.
Was habe ich denn getan? Ich habe eine Gliederung des Ministeriums in zwei große Bereiche vorgenommen. Der eine Bereich untersteht einem stellvertretenden Staatssekretär: ziviler Bereich. Die andere große Säule untersteht einem Generalinspekteur mit unterstellten Führungsstäben. Er ist weisungsbefugt. Das sind zwei ganz klare Gliederungen. Im Vertretungsfalle — wenn also der Staatssekretär nicht da ist — vertritt der Generalinspekteur den Staatssekretär in allen militärischen Fragen. Was wollen Sie denn noch für ein klares Unterstellungsverhältnis? In Ihren damaligen Überlegungen ist übrigens kein Wort von Planung enthalten gewesen. Das Wort Planung haben Sie jetzt erst in die Diskussion gebracht, und eine Abteilung Planung steht in ihrem damaligen Organigramm, bei der Wehrtechnik. Und da steht die Planung nur in einem ganz kleinen Kasten bei Wehrtechnik. Wir haben — so scheint mir — in diesem Ministerium eine Organisation geschaffen, die in Ordnung ist und die nicht dauernd durch Ihr Kritisierten nachher erneut zur Diskussion gestellt werden muß.
— Herr Wehner, das ist der Weisheit letzter Schluß: wenn die SPD mir gegenüber nicht mehr weiter weiß, dann sagt sie: „Sehr forsch ist ,er!", und damit hat es sich dann.
Wir setzen uns mit den Vorwürfen auseinander, von denen wir heute von Herrn Wienand fast nichts gehört haben. Diese besagen, daß bei uns keine Techniker und keine Nationalökonomen vorhanden sind, die etwas von der Sache verstehen. Die Abteilung Wehrtechnik und Wehrwirtschaft umfaßt 62 Soldaten, 107 Verwaltungsbeamte, 11 Wirtschaftswissenschaftler, hat 44 Naturwissenschaftler und 105 Ingenieure — allein bei uns oben in der Spitze! Ich meine also, daß wir damit wohl gezeigt haben, daß wir ein arbeitsfähiges und ordentliches Ministerium haben, bei dem es aber — das gebe ich zu — zuweilen infolge Personalenge durchaus Erschwernisse in der Arbeit gibt. Aber über Personalenge und über Stellenpläne zu sprechen, ist sicherlich nicht ganz einfach; denn dann kommen alle Ressorts mit ähnlichen Wünschen.Dann sprachen Sie hier öffentlich über die Fragen Verwaltung, Beamte und Soldaten. Das ist ein dankenswertes Thema. Ich persönlich bemühe mich, eine Kluft zwischen den Beamten und den Soldaten, die vielleicht irgendwo einmal sein könnte, auszugleichen, einen Graben, der vorhanden sein könnte,zuzuschütten. Es ist aber doch eine sehr grundsätzliche Frage. Ich wäre bereit, die Gedanken, die wir zu diesem Thema haben, noch einmal im Verteidigungsausschuß darzulegen. Dann müßten Sie mir im Verteidigungsausschuß einmal ein einziges Beispiel nennen, wo z. B. die zivile Seite ohne die Anhörung der militärischen Seite eine Anordnung erlassen hätte. All das, meine Damen und Herren, was Sie in diesem Zusammenhang je formuliert haben, ist, wie Sie nachher feststellen werden, nicht richtig.Wenn Sie über dieses Thema sprechen: man müsse den Papierkrieg beseitigen, man müsse die Verwaltung vereinfachen, dann müssen Sie uns auch einmal klar sagen, wo die Verwaltungstätigkeit beschränkt werden könnte, was Sie verlagern würden, was Sie z. B. auch unten zwischen Truppe und Truppenverwaltung vielleicht neu ordnen wollen.Tatsache ist, meine Herren von der SPD, daß ich mich seit Antritt meines Amtes um eine Entlastung der Truppe von diesem vielfältigen Verwaltungskram bemüht habe, daß wir dazu eine Reihe von Kommissionen eingesetzt haben, eine die diese Fragen unmittelbar draußen prüft, und eine in der Ebene des Ministeriums selber. Wir haben in diesen Jahren über 100 größere Verwaltungsvereinfachungsmaßnahmen durchgeführt. Wir haben z. B. die Zahl der Dauerterminmeldungen um 50% gesenkt. Wir haben die Richtlinien über besondere Vorkommnisse vereinfacht und neu gefaßt. Wir haben in rund 130 einzelnen Fällen die Personalstärkemeldungen geändert, — alles, was Papierkrieg macht! Wir haben neue Anweisungen über Bekleidungs- und Ausrüstungs-Anderungsmeldungen gegeben. Wir haben in etwa 60 Fällen Unterschriftsbefugnisse vom Kompaniechef nach unten auf seine Funktionsunteroffiziere verlagert. In einer anderthalbjährigen Arbeit haben wir das gesamte Verwaltungsblatt des Ministeriums durchgesehen; der Neudruck ist im Gange. Ihnen nur zur Kenntnis sei gesagt, daß wir statt 9 Bänden mit 6300 Seiten, mit denen der Kompaniechef bisher zu arbeiten hatte, in Zukunft eine Erlaßsammlung von nur etwa 1000 Blatt haben.
— Ich habe zu sprechen über die Zeit, für die ich verantwortlich bin, und da habe ich Ihnen dargelegt, was ist. Sie kritisieren ja nicht die frühere Zeit, sondern Sie kritisieren mich.Das Thema Personal ist kurz abgehandelt. Herr Abgeordneter Wienand, ich möchte Ihnen nur eines vorweg antworten. Sie sagen, Sie hätten dem Staatssekretär erklärt, man könne die Stelle des Chefs der Personalabteilung zu einer Wechselstelle umändern, und wenn das nicht geschehen sei, sei es Schuld der Regierungskoalition und der Regierung. Seit diesem Gespräch hat bekanntlich der Haushaltsausschuß keine einzige Stellenplanüberlegung des Bundesverteidigungsministeriums behandeln können, weil alles, was den Stellenplan angeht, an das Ende der
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Bundesminister von HasselBeratungen geschoben wird. Diese Antwort, die Sie uns gegeben haben, ist also außerordentlich dünn.Sie haben in Ihrer Schrift im „Stern" gesagt — —
— Ich weiß nicht genau, ob es drinsteht; aber in einem Interview, das gestern oder vorgestern Senator Schmidt UPI gegeben hat, steht folgendes:Senator Schmidt teilte die reservierte Skepsis mancher Bundeswehroffiziere gegenüber der bisherigen Praxis bei der Beförderung und der Besetzung höherer Kommandostäbe. Konfessionelles Proporzdenken wie auch politische Gesinnungsschnüffelei würde eine intakte politische Leitung der Bundeswehr nicht dulden.Ich weiß nicht, ob das auch im „Stern" gestanden hat. Jedenfalls hat das in der UPI-Meldung von vorgestern gestanden, die ich eben im Wortlaut zitiert habe.Nun möchte ich erstens einmal sagen, daß ich mich bisher in den zwei Jahren, seit ich Minister bin, nie darum gekümmert habe, welcher General, Oberst oder Oberstleutnant evangelisch oder katholisch ist. Ich habe auf diese Meldung hin meinen Personalchef zu mir gebeten und ihm gesagt, ich erbäte zu dieser Sitzung heute eine Übersicht darüber, wie es denn mit diesem konfessionellen Proporzdenken und der Skepsis draußen — er teile die Skepsis, sagt Herr Schmidt — steht.Wir haben 78 Generäle, die den Rang von DreiSterne- oder Zwei-Sterne-Generälen haben und in irgendeiner Funktion sind, die vielleicht mit Personalfragen zu tun hat, in entsprechenden Stellen beim Heer, bei der Marine, in der Luftwaffe und bei uns im Ministerium. Dieses „konfessionelle Proporz-denken" sieht folgendermaßen aus — ein solches Wort kann nämlich immer nur als ein Angriff gegen die Bundeswehrführung, gegen den Minister, gegen „die ganze Richtung" gelten —: Unter 78 DreiSterne- und Zwei-Sterne-Generälen sind drei, die keine Angaben über die Konfession gemacht haben. 14 dieser Herren sind katholisch und 61 sind evangelisch. Ich hoffe, daß mit dieser Veröffentlichung die Vorstellung von einem Proporzdenken aus Ihrem Sprachschatz herauskommt.
Worin unterscheiden wir uns von der SPD? Dadurch, daß die SPD nur kritisiert, daß sie kein gutes Haar an uns läßt, daß sie uns der riesengroßen Schlamperei bezichtigt.
Über mich erklärt sie, man wüßte ja, wie der Verteidigungsminister mit dem Geld umgehe, und sie fügt hinzu, im Verteidigungsministerium versickerten Millionen.Ich finde, daß diese oberflächlichen Unterstellungen Schlamperei sind. Dieses Wort „Schlamperei", Herr Wienand, ist von Ihnen in einer Pressekonferenz gefallen und von Ihnen neulich begründet worden. Ich will nicht darauf eingehen, daß die Begründung, die Sie gegeben haben, nicht ganz den Tatsachen entspricht. Sie haben auszuweichen versucht und haben gesagt, es sei Schlamperei, daß man falsch geplant habe, daß man statt der 1,6 Milliarden DM mehr Stellen für Wehrpflichtige hätte einplanen können und ähnliches. Tatsache ist, daß in der Pressekonferenz ,das Wort „Schlamperei mit den nicht ausgegebenen 1,6 Milliarden DM" im Zusammenhang mit „Beschaffung" und „Infrastruktur" fiel. Schlamperei, Herr Wienand, ist, wenn Sie leichtfertige Behauptungen aufstellen
und erklären, wir brauchten keine Rechenschaft abzulegen; wenn Sie Zahlen veröffentlichen, die fast alle unrichtig oder falsch sind.Sie erheben haltlose Vorwürfe über die Unzulänglichkeit unserer Waffen. Ich verweise Sie darauf, daß gerade Herr Schmidt in einer UPI-Meldung gesagt hat, es wäre gut, wenn man die Waffen nicht kritisierte, um den Soldaten nicht das Gefühl zu geben, daß sie schlechte Waffen hätten. Sie machen dunkle Andeutungen, daß niemand erfahren dürfe, wer sich beim Waffengeschäft die Hände gewaschen habe. Es ist Schlamperei, wenn Sie erklären, daß die Franzosen die Transall nicht einführten, wenn Sie erklären, daß die Kosten der Transall falsch angegeben worden seien. Es ist fahrlässig, wenn Sie erklären, daß die Bürokratie Forderungen an militärische Personen stellt, die von den Praktikern der Bundeswehr nicht erhoben werden. Es ist fahrlässig, zu behaupten, daß der Verteidigungsausschuß sich aus politischen Gründen ständig deckend vor seinen Minister stelle. Wenn Sie das alles zusammennehmen, dann haben Sie einen Eindruck davon, daß ich Ihnen hier im Plenum einmal erklären muß, was wir von dieser Art halten.Sie haben in der Diskussion heute kritisiert — den genauen Wortlaut sehe ich mir nachher im Protokoll an —, die Diskussion um Heye unterscheide sich wohltuend und sachlich von dem, was einige führende Kräfte der CDU gesagt haben.Meine Damen und Herren, wie war eigentlich der Weg? Es kam eine unhaltbare Behauptung Heyes in den Illustrierten, von Ihnen begierig kolportiert,
von uns von Anfang an
als falsch bezeichnet und widerlegt, von mir zurückgewiesen.
Meine Damen und Herren, der Präsident wird gestatten, daß ich also die vorher von Ihnen ge-
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Bundesminister von Hasselmeinte Äußerung führender CDU-Leute — damit können Sie nur mich gemeint haben —, — —
— Herr Wienand, zum stellvertretenden Bundesvorsitzenden Ihrer Partei haben Sie es noch nicht gebracht. Das darf ich in aller Bescheidenheit bemerken.
Herr Wienand, Ihre Presseorgane haben an ,dem nach dem 16. Juni nächstmöglichen Erscheinungstermin die Rede, die ich in der Öffentlichkeit gehalten habe, zerrissen und kritisiert, daß ich mich als Parteipolitiker vor die Soldaten hinstellte. Diese erste Erklärung zu den Vorwürfen in der Quick-Serie des Herrn Heye habe ich am 16. Juni nachmittags in Kiel und abends in Neumünster abgegeben; sie ist von Ihnen kritisiert worden. Ich habe damals folgendes gesagt und darf es jetzt im Wortlaut zitieren, weil es sich dabei um die Rede handelt, die Sie meinen:Sehr viele werden gestern abend oder heute in den Zeitungen gelesen haben, daß sich der Wehrbeauftragte des Bundestages dazu gedrängt fühlt, in spektakulärer Form seiner privaten Sorge um die innere Entwicklung der Bundeswehr Ausdruck zu geben. Es ist weder Sache des Bundesverteidigungsministeriums noch der Armee, sondern allein Sache des Deutschen Bundestages, über diese Form der Meinungsäußerung seines Wehrbeauftragten zu befinden. Dem politisch verantwortlichen Verteidigungsminister bleibt lediglich die Feststellung, daß eine derartige Verfahrensweise der Bundesrepublik und ihrer Bundeswehr schweren Schaden zufügt und daß eine derartige Methode offiziöser Meinungsäußerung der vertretenen Sache selbst nicht dienlich sein kann. Die Bundeswehr kann nur hoffen, daß der Bundestag im Bewußtsein seiner politischen Verantwortung für die Armee die Verhaltensweise ihres Wehrbeauftragten überprüft. Es geht hier aber nicht um Formfragen; von weit schwerwiegenderer Bedeutung ist der Vorwurf in der Sache, der sich dahin versteigt, das Gespenst einer reaktionären Armee an die Wand zu malen. Hier sind wir, Ministerium und Armee, gefordert, eindeutig Stellung zu beziehen. Die Institution des Wehrbeauftragten ist uns nicht nur durch Gesetz gegeben; sie entspricht der Grundidee unseres Staates. Gäbe es diese Institution heute nicht, so müßte sie schnellstens geschaffen werden. Die Grundsätze der Inneren Führung sind nicht nur befohlene Grundlage für die Praxis der Truppe. Sie sind ein unabdingbares Erfordernis in unserer heutigen veränderten Welt. Mit Beteuerungen im Grundsatz ist aber genausowenig getan wie mit prinzipiellen Anschuldigungen. Es geht doch letztlich um die bestmögliche Verwirklichung dieser Grundsätze, und dieses Bemühen sehe ich Tag für Tag, ein Bemühen, welches nicht einfaches Ausführen eines simplen Befehls, sondern ständiges Ringenin einem geistigen Prozeß ist. Wer wie ich seine tägliche Arbeit der Landesverteidigung widmet und an 100 Tagen im Jahr mit der Truppe zusammen ist, über deren Auffassung der Wehrbeauftragte so schwerwiegende Urteile gefällt hat, der kann nur aus innerster Überzeugung heraus in schärfster Form derartige Verallgemeinerungen zurückweisen. Es ist klar und jedermann verständlich, daß das Problem moderner Menschenführung in einer gewandelten Gesellschaft nicht von heute auf morgen gelöst werden kann. In einer anhaltenden lebhaften Diskussion werden diese Wurzeln der Bundeswehr aber immer wieder gefestigt. Sie sind, wie ich immer wieder erkläre, bindende Norm. Wohl gibt es manchen — und nicht nur unter den Angehörigen der Bundeswehr —, der mangels besseren Wissens oder Könnens falsche Folgerungen aus richtigen Grundsätzen zieht. Aus diesen Erkenntnissen von Fehlleistungen, wie sie in jedem menschlichen Bereich auftreten, auf den Gesamtzustand der Bundeswehr zu schließen, heißt aber, das Maß der Dinge überschreiten. Die Bundesregierung hat gestern in einer Erklärung der Bundeswehr ihr Vertrauen ausgesprochen. Daß ich persönlich dieses Vertrauen habe, ist nicht nur selbstverständlich, sondern das Ergebnis meines täglichen Einblicks in die Verhältnisse. Ich wiederhole noch einmal, was ich schon vor dem Bundestag sagte: unsere Armee verdient das Vertrauen des Volkes; sie wird uns nicht enttäuschen!Das war meine Erklärung. Von Ihnen ist der Mann, der das gesagt hat, damals zerrissen worden. Ich glaube, diese Rede könnte man heute noch halten, und Sie würden sagen: Wort für Wort bestätigt!
Der Vorwurf wurde also von mir zurückgewiesen, die Zurückweisung von Ihnen in Ihrer ewigen Besserwisserei kritisiert. Im Verteidigungsausschuß wurde das Ganze ausgeräumt. Von Ihnen wurde bestritten, daß es im Verteidigungsausschuß ausgeräumt worden sei. Das ist der Weg dieses spektakulären Vorwurfs gegen eine Bundeswehr, die nach bestem Wissen, Gewissen und Können sich bemüht, die bereits Großes geleistet und aufgebaut hat und die sich bemüht, die Widerstände zu überwinden, die sich uns im wesentlichen auf Grund Ihres Verhaltens, meine Damen und Herren, entgegengestellt haben.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Bitte.
Herr Minister, darf ich Sie fragen — da es hier ja einen direkten Zusammenhang zwischen diesem Vorwurf und dem vorangegangenen Kapitel über den Bericht des Wehrbeauftragten
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1965 7691
ErlerI gibt —, ob Ihnen bekannt ist, daß der frühere Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages nicht der SPD, sondern der CDU angehört?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich halte diese Frage für ziemlich uninteressant;
denn keiner in der CDU — —
— Ich hänge Ihnen den Vorwurf an, daß Sie ganz offenbar daran interessiert waren,
daß die Vorwürfe des Herrn Heye zu Recht bestanden. Weil Sie damit der ganzen Richtung hier, der Bundesregierung, dem Verteidigungsminister, der Führung der Bundeswehr eins auswischen könnten, deshalb haben Sie das aufgenommen.
Ich würde gern hier schließen. Wissen Sie, darin unterscheiden wir uns: Sie kritisieren nur, Sie mäkeln an allem etwas herum, und Sie verstehen es nicht, dann und wann auch einmal zu sagen, was hier alle geleistet haben. Das ist ein Großartiges, und dazu dürften auch Sie von der SPD der Führung der Bundeswehr einmal ein gutes Wort mit auf den Weg geben, und nicht nur Ihre Obergefreiten, die Sie gern — —
— Bisher, Herr Abgeordneter, habe ich das von Ihnen nicht gehört.
Sie brauchen mich gar nicht zu loben, aber Sie sollen bei Ihrer Kritik — —
Also es wäre interessant, hier einen Katalog der Leistungen aufzuführen, die diese Bundeswehr zuwege gebracht hat.
— Nein, die wissen Sie nicht; denn Sie negieren sie ständig. Sie reden nur über das, was hinter dem Komma noch nicht in Ordnung ist.
— Aber genau! Das, was wir in der Zeitung von Herrn Wienand gelesen haben, reicht uns, um unsGedanken darüber zu machen, was man eigentlich sein muß, um Experte zu werden.
Herr Wienand, Sie haben heute am Schluß Ihrer Rede gesagt, man solle sich nicht mit Schlagworten abgeben, man solle sie verhindern. Heißt das, daß Sie künftig keine Schlagworte mehr gebrauchen werden? Heißt das, daß Sie von heute an sachlich mit uns diskutieren wollen? Heißt das, daß z. B. das Schlagwort, die Truppe werde verwaltet und nicht geführt, von Ihnen nunmehr zu den Akten gelegt wird? Heißt das, daß Sie sich von all den Pauschalvorwürfen distanzieren, die gemacht worden sind und die uns soviel Schwierigkeiten und Ärger eingebracht haben? Herr Wienand, es würde mich reizen, auf die Bemerkung von Ihnen einzugehen, man solle sich nicht hinter angeblichen weltpolitischen Spannungen und Gefahren verschanzen, die zu dem überraschen Aufbau der Bundeswehr beigetragen hätten.Ich möchte mit zwei Bemerkungen schließen. Die Bundeswehr, so wie sie heute ist, ist nicht die Frucht leichtfertiger Verteidigungspolitik der Bundesregierung, wie Sie soeben noch einmal behauptet haben, sondern sie ist die Frucht zielstrebiger, beharrlicher, weitschauender Planung dieser Regierung und die Frucht massiver Kritik und einengender Manipulationen der Opposition.
Hätte die Opposition in den vergangenen zwölf bis13 Jahren einer deutschen Verteidigungspolitikjenen Eifer an den Tag gelegt, den sie heute zeigt,
— Herr Wehner, Ihre Freunde haben sich jahrelang sogar gerühmt, daß sie den Aufbau der Bundeswehr verzögert hätten —
dann stünde es um unsere Soldaten, um die einzelnen Truppenteile, um die Unterkünfte, um die Bewaffnung, um die technische Ausrüstung weit besser als jetzt, und viele der jetzt heraufbeschworenen Diskussionen wären gegenstandslos.Ich darf schließen mit einer Bemerkung, die vor vier Wochen im englischen Parlament gefallen ist. Dort hat der Abgeordnete des Unterhauses für Pembroke — und dort liegt der Truppenübungsplatz Castle Martin, auf dem, wie Sie wissen, im kommenden Jahr wieder sieben Panzerbataillone üben werden —, Mr. Donnelly, der Labour Party angehörend, am 16. Dezember in der außenpolitischen Debatte folgendes gesagt:Die vielen Tausende von jungen Deutschen, die jährlich in meinen Wahlkreis kommen, sind unübertrefflich als Staatsbürger, und ich wünschte nur, daß alle Truppen so gut wären wie sie.
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7692 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1965
Das Wort hat der Abgeordnete Kreitmeyer.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf Sie zunächst einmal wieder zu dem Schriftlichen Bericht Drucksache IV/2940 zurückführen, und zwar vorweg zu Buchstabe b Nr. 3 des Ausschußantrages betreffend das Recht zur Preisprüfung. Für die FDP-Bundestagsfraktion darf ich hierzu bemerken, daß es uns nach eingehender Diskussion besser erschiene, diesen Punkt jetzt nicht zu entscheiden, sondern die beiden Häuser, die er speziell angeht, das Bundeswirtschaftsministerium und das Bundesverteidigungsministerium, noch einmal zu beauftragen, nach Möglichkeit gemeinsam eine Lösung zu finden. Dabei setzen wir allerdings voraus, daß die bisherige Delegation von Prüfungsrechten zurückgezogen wird; denn wir möchten einesteils die in der uns doch ausführlich zuteil gewordenen Aufklärung in verfassungsrechtlicher Hinsicht geschilderten Gefahren nach Möglichkeit nicht heraufbeschwören, sondern eine praktikable Lösung finden — —
Darf ich Sie einen Moment unterbrechen, Herr Abgeordneter, und um Ruhe bitten. Meine Damen und Herren, ich bitte, die privaten Gespräche draußen im Vorraum zu führen.
— — und uns zum anderendes Sachverstandes, der im Bundeswehrbeschaffungsamt zweifellos vorhanden ist, so umfassend bedienen können, daß das angestrebte Ziel im Interesse des ganzen Hohen Hauses garantiert erreicht wird: eine Preisprüfung in der Form zu erstellen, wie wir sie alle zusammen für richtig halten.Nun darf ich aber zu unserem Antrag und seiner bisherigen Erledigung zurückkehren. Die FDP-Bundestagsfraktion nimmt mit Genugtuung zur Kenntnis, daß in einer eingehenden Beratung unser grundlegender Reformantrag — und hierbei möchte ich nicht verschweigen, daß erst unser Koalitionspartner den Namen „Reformantrag" geprägt hat — eine Berücksichtigung gefunden hat, von der wir sagen können, daß sie in angemessener Form geschehen ist. Wir waren uns bei der Antragstellung im klaren, daß ein hundertprozentiger Erfolg nicht von vornherein zu erzielen war. Aber auf der anderen Seite glauben wir doch mit Genugtuung darauf hinweisen zu können, daß einiges verwirklicht wird, was uns vorschwebt.Das Ziel dieses Antrags war es, die deutsche Verteidigungskonzeption zu überprüfen und notwendige Folgerungen zu ziehen. Dabei wird es nicht ausbleiben, festzustellen, daß man sich hier und da getäuscht hat, wenn man von dem Kenntnis nimmt, was in den letzten 19 Jahren auf 40 verschiedenen Plätzen dieser Erde an kriegerischen Handlungen stattgefunden hat. Und schließlich sind wir in finanzieller Hinsicht an Grenzen angelangt, die es unszwingend gebieten, die Landesverteidigung nach Möglichkeit ebenso wirksam wie mit weniger Geldmitteln zu erstellen.Seit der Konzipierung des deutschen Verteidigungsbeitrages sind mehr als zwölf Jahre vergangen, und einige Voraussetzungen, unter denen damals der deutsche Beitrag geplant und in die Wirklichkeit umgesetzt wurde, haben sich grundlegend geändert. Das atomare Patt ist eingetreten. Die Umkehrung der Schwert-und-Schild-Theorie hat stattgefunden. Die massive Vergeltung ist in eine „flexible response", d. h. in eine den Umständen angemessene Antwort, umgewandelt worden. Die Vorwärtsverteidigung ist beschlossen. Um ihre Durchführung geht es uns jetzt mit in erster Linie. Man hat eben erkennen und zugeben müssen, daß die massive Vergeltung kein Mittel der Kriegsverhinderung gegenüber drastischen konventionellen Übergriffen ist. Man muß zugeben — und es ist in den Vorschriften ausdrücklich festgelegt —, daß atomares Feuer keine fehlende Infanterie ersetzen kann, und in Europa kann es trotz allem 'begrenzte Aggressionen geben. Diese Erkenntnis steht klar im Gegensatz zu dem, was wir vor sechs, acht Jahren geglaubt haben.Die neue Konzeption der „flexible response" erfordert eine weitgehende Überprüfung aller unserer Bemühungen, und diese weitgehende Überprüfung muß bis in militärische Details hinein gehen. Sie beginnt mit der Feststellung, daß wir um eine Ausschöpfung der Wehrkraft durch Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht nicht herumkommen und daß unser Ziel sein muß, so, wie man ein atomares Patt herbeigeführt hat, mit vereinten Anstrengungen auch ein konventionelles Patt herbeizuführen. Ausgangspunkt aller dieser Überlegungen aber muß die Forderung sein, die Erhaltung der Substanz beiderseits der Demarkationslinie im Auge zu behalten.Schließlich verbinden wir mit unserer Forderung nach der allgemeinen Dienstpflicht, die wir seit 1957 in unserem Grundsatzprogramm verankert haben, gleichzeitig aber auch den entscheidenden Gedanken, der uns immer wieder aus den Reihen der Bundeswehr vorgetragen wird: Das ist die Frage nach der Wehrgerechtigkeit. Wir wollen das Haus und die Bundeswehr, die politische wie die militärische Führung, in dem Bestreben unterstützen, zu mehr Wehrgerechtigkeit zu kommen als bisher. Es soll nicht derjenige als der Dumme hingestellt werden, der seiner Dienstpflicht genügt, und es dürfte keinem Zweifel unterliegen: ob wir das Auswahlsystem oder das Lossystem haben, immer werden nicht alle gleichzeitig ihren militärischen Verpflichtungen dem Staat gegenüber nochkommen können. Hier einen Ausgleich in der allgemeinen Dienstpflicht zu suchen, ist unser Anliegen.Ein entscheidender Faktor in der Herstellung einer umfassenden Abwehrbereitschaft und damit der Kriegsverhinderung scheint uns ferner der zu sein, daß man die Spannungszeit besser als bisher zu nutzen versteht. Die FDP-Bundestagsfraktion verzeichnet mit Genugtuung, daß einer der höchsten derzeitigen Führer der Bundeswehr in einer sehr
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1965 7693
Kreitmeyeraufschlußreichen Denkschrift die Forderung gestellt hat, die Spannungszeit in ihrem Verlauf als politisches Führungsmittel zur Wirkung zu bringen.Von den militärischen Detailfragen möchte ich nur eine einzige kurz aufgreifen. Zeitungsmeldungen zufolge soll ein amerikanischer General uns ,die Frage vorgelegt haben, wie wir mit unseren derzeitigen gepanzerten und mechanisierten Divisionen den Auftrag der Vorwärtsverteidigung, also einen reinen Defensivauftrag, erfüllen wollten. Diese Divisionen haben vom Ursprung her eine ganz andere Bestimmung; sie liegt in einer operativen Richtung: die Entscheidung in einer Gefechtshandlung abschließend herbeizuführen, also weitaus mehr im Angriff als in der Defensive.
— Ich werde nachher noch bei dem Punkt 7, wenn ich die Dinge im einzelnen behandle, darauf zurückkommen. Aber die angriffsweise Verteidigung ist mindestens ebenso zweischneidig wie eine gewisse Studie, die nur auf dem Papier existiert. Diese Frage hat uns, wie gesagt, dazu bewogen, der Territorialverteidigung eine andere Gewichtung als bisher zuzumessen.Wenn ich mich jetzt noch einmal im einzelnen verschiedenen Punkten unseres Antrages zuwende, so nur, um dort, wo eine gewisse Terminierung stattgefunden hat, hier das, worauf es uns ankommt, und in anderen Fragen den Kern des Anliegens herauszustellen, der in dem, was bisher als entschieden angesehen worden ist, nicht immer berücksichtigt worden ist.Die ersten drei Punkte des Antrages der Freien Demokraten beziehen sich auf die Frage der besseren Ausnützung der Phase der Konsolidierung, die Stärken der Bundeswehreinheiten und den Ausbildungsgang der Offiziere und der Unteroffiziere. Wir haben hierzu schon in der Debatte, die wir ursprünglich in Zusammenhang mit unserer Großen Anfrage über die Innere Führung und die Lage der Bundeswehr geführt haben, Ausführungen gemacht. Gerade diese drei Anträge zielten darauf ab, überhaupt einmal die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß die Führer und Unterführer tatsächlich in der Handhabung des Dienstes das Leitbild vom Staatsbürger in Uniform so verwirklichen können, daß es dem entspricht, was uns als dem Gesetzgeber vorschwebte. Hier können wir nur feststellen: unsere Bemühungen werden es nicht verhindern, daß die 12. NATO-Division — um der magischen Zahl 12 willen — aufgestellt wird, auch wenn sie einige Lücken aufweisen wird. Ich wiederhole, was wir in unserer ersten Begründung gesagt haben: uns erscheint weniger, aber qualitativ besser als wertvoller.Das zweite isst: wir begrüßen es, daß den Kommandierenden Generalen eine Ermächtigung zum Ausgleich der Stärken gegeben wird. Wir wollen darüber — das behalten wir .uns vor — jetzt nicht vorschnell urteilen. Aber wir möchten ganz deutlichden Wunsch aussprechen, daß, wenn die militärische Seite im Interesse der Erhöhung der Schlagkraft, 'im Interesse der Förderung des inneren Zusammenhalts Wünsche nach mehr hat, die Erfüllung dieser Wünsche nicht verwohnt wird. Dabei betone ich noch einmal: an eine Auflösung von Verbänden ist unsererseits nie gedacht worden; wir wollten vorübergehend stillegen.Wir sind auch der Meinung, daß man dem Offizier und dem Unteroffizier endlich die nötige Zeit geben muß, die er braucht, um zu sich zu kommen. Denn nur so ist eine innere Führung in gesunder Form zu erreichen. Wir haben die Sorge, daß, wenn es uns nicht gelingt, die Ausbildung entsprechend unseren Vorstellungen auf drei Jahre auszudehnen, unter den gegebenen Umständen — dieser Passus, Herr Minister, findet sich schon in einem Protokoll über die Heye-Diskussion vom letzten Sommer — wie bisher schlecht und recht weitergemacht wird. Das wollten wir eben vermeiden, und deshalb erscheint es uns hier zweckmäßiger, in der Qualität das Mehr und das Bessere zu sehen. Ich möchte der Vollständigkeit halber nicht unerwähnt lassen, daß es selbstverständlich dazu gehört, daß Organisationen außerhalb der Bundeswehr — Schule, Elternhaus, Hochschule und weitere Organisationen — in dieser Richtung mitzuwirken haben.Und nun, Herr Minister, erlauben Sie mir, daß ich gleich aus der Diskussion aufgreife, was Sie vor kurzer Zeit bedauert hatten. Sie bezogen sich auf das ausgelassene Wort der Massenkommunikationsmittel: „Mit Befriedigung" nimmt man zur Kenntnis, daß es also keinen Atomminengürtel gibt. Sehen Sie, uns wird aus der Bundeswehr immer wieder als direkte Klage vorgebracht — und ich bin sicher, daß das alle Abgeordneten mit mir teilen, die die Kasernen aufsuchen —, daß die verzerrte Darstellung, die mitunter von der Bundeswehr gegeben wird, nicht die entsprechende Korrektur erfährt. Ich verweise darauf, daß es einer der Kollegen war, der aus einem anderen Anlaß die Frage an den Herrn Innenminister gestellt hatte, ob es möglich ist, daß man sofort eine solch verzerrte Darstellung berichtigen könnte. Die Frage wurde von dem Herrn Innenminister für die Regierung uneingeschränkt bejaht. Wir Freien Demokraten sind weit davon entfernt, zu fordern, daß irgendwelche Verbote ausgesprochen werden, aber wir .halten es besonders im Interesse der Bundeswehr für entscheidend, daß solche in einer negativen Tendenz und Absicht sich gefallenden Berichte nachher durch die Wahrheit der Gegendarstellung sich selber schlagen und der Bundeswehr die Resonanz geben, die sie in ihrer Arbeit verdient hat, wobei es doch nur darum geht, sachlich das wiederzugeben, was der Wahrheit entspricht.Zur Frage der Gebäude ist eine Bemerkung in der Begründung bisher untergegangen, die ich noch einmal aufgreifen möchte. Es gibt eine Denkschrift in Ihrem Haus, die ausdrücklich feststellt, daß die festen Bundeswehrbauten — Kasernen usw. — sich nur dann rentieren, wenn die Organisationen und Institutionen mindestens 50 Jahre bestehen. Ich bin sicher, daß die neue Konzeption der Vorwärtsver-
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7694 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1965
Kreitmeyerteidigung eine gewisse Umdisposition erfordert, und hier erinnere ich nochmals daran, daß es uns darauf ankommt, Kasernen nicht wieder dorthin zu stellen, die dann mehr als 100 Jahre stehen, und in 15 oder 20 Jahren garantiert am verkehrten Platz, weil niemand voraussagen kann, wie die Entwicklung weitergeht. Allein rückschauend hätte sich niemand vorgestellt, wie sich die NATO in den letzten 15 Jahren entwickelt hat.Nun ein Wort zur Territorialverteidigung. Ein Zwischenruf hat mich auf eine uralte militärische Weisheit aufmerksam gemacht: daß man auch angriffsweise verteidigen könne. Ja, das kann man. Aber der Auftrag, den die NATO sich selbst gegeben hat und den wir auch bekommen haben, lautet ja, es überhaupt nicht zum Angriff kommen zu lassen, sondern von vornherein den Angriff nicht als lohnenswert erscheinen zu lassen, und in dieser Richtung bewegen sich unsere Überlegungen, die darauf hinzielen, die Territorialverteidigung, wie sie vor 12 Jahren — im Grundsatz richtig — konzipiert worden ist, den der NATO unterstellten Verbänden, nicht nur den deutschen, sondern auch den Bundesgenossen, die ebenso auf unserem Territorium uns in der Abwehr behilflich sein sollen, die operative Handlungsfreiheit zu ermöglichen. Dieser Auftrag muß nunmehr, nachdem die Vorwärtsverteidigung verwirklicht werden soll, bis an die Demarkationslinie vorverlegt werden, und diese Änderung läßt uns zu der Schlußfolgerung kommen, daß der TV mehr als bisher eine Schlüsselstellung zukommen muß. Dabei erwähne ich noch einmal, daß es ja darauf ankommt, die gesamte zivile Potenz in ein abschreckendes militärisches Potential im Bedarfsfall umwandeln zu können. Das ist um so notwendiger, da die NATO uns landläufig so dargestellt wird, als wenn auf überstaatlicher Ebene alles in bester Ordnung wäre, was leider den Tatsachen nicht entspricht, weil zu 90% alles noch in nationaler Verantwortung ist.Aus diesem Grunde möchten wir — nicht zuletzt auch, um den Effekt der Koordination zwischen ziviler und militärischer Seite besser als bisher zu erzielen — diese Schlüsselstellung der TV anstreben. Wir wissen, daß das nicht von heute auf morgen geht. Es genügt uns, wenn uns in der Ausschußbegründung gesagt wurde, der Grundgedanke 'solle weiter verfolgt werden.Dabei darf ich noch einmal betonen: der zweite Grundgedanke, der uns bewegt, ist der des Alarmstarts der Territorialverteidigungsverbände, die heute unter dem Namen „territoriale Reserve" zusammengestellt werden. Es lag uns nicht daran, etwa die Bundeswehr in eine Feuerwehr zu verwandeln, sondern es kam uns nur 'darauf an, das Prinzip des Alarmstarts in dieser Form militärisch zum Tragen zu bringen.Es scheint uns ein Gebot der Stunde zu sein, sich dafür stark zu machen, auch dem gewachsen zu sein, was man landläufig als „Salami-Taktik" bezeichnet, nämlich dem begrenzten Krieg in vorsichtig dosiertem Umfang. Man muß unserem potentiellen Gegner, ob man ihn achtet oder nicht, bescheinigen, daßer in dieser Form in den letzten 50 Jahren auf der ganzen Erde einige Meisterstücke vollbracht hat. Wir müssen in der Lage sein, diese Aufgabe zu erfüllen, ohne Zuflucht zu irgendwelchen atomaren Waffen nehmen zu müssen.Wir wollen den Grundsatz keineswegs verwerfen, daß der eine wie der andere gleichwertig ausgerüstet sein muß. Aber wir weisen darauf hin — in voller Übereinstimmung mit all dem, was heute in unseren Vorschriften über die atomare Kriegsführung niedergelegt ist —, daß die Doppelgesichtigkeit dieser Waffen uns die nötige Vorsicht anempfiehlt, sie nicht dem Soldaten als Allheilmittel oder als ausschließliche und letzte große Hilfe anzubieten.In dem Kapitel der Wehrtechnik und der Forschung geht es uns in erster Linie darum, daß wir uns in der Vielzahl der Möglichkeiten nur auf jene beschränken, die es uns erlauben, eine Vorwärtsverteidigung mit Hilfe konventioneller Mittel zu führen, wie sie uns die Partner seit 1960 fortlaufend empfehlen, also die konventionelle Verstärkung durchzuführen. Dabei kommt man nicht um die Erkenntnis herum, daß die Technik den Wettlauf zwischen Panzer und Panzerabwehr — abgesehen von dem Mangel an Vielseitigkeit beim Einsatz gepanzerter Verbände — zugunsten der Abwehr entschieden hat. Ich möchte es so ausdrücken: wenn man bisher versucht hat, uns mit den sowjetischen Massenpanzerverbänden Panik und Furcht einzujagen, kann man diese Furcht nun wohl als beseitigt bezeichnen. Dazu ist es nicht erforderlich, daß in der mathematischen Ausrechnung, wenn soundso viel Panzer drüben sind, soundso viel Panzer hier stehen müssen, sondern es ist erforderlich, daß man auf dem Gebiet der Forschung, Entwicklung, Ausrüstung und Ausstattung der Truppe eine entsprechende Schwerpunktbildung betreibt. Damit trägt man sicher zu ihrer Schlagkraft ganz erheblich bei.Herr Minister, ich möchte mir zum Schluß noch eine kurze Bemerkung zu der Frage erlauben: wie steht es eigentlich um die Schlagkraft der Truppe? Ich halte es für nicht weise, wenn man immer nur versucht, alles zu verteidigen -und alles als wunderbar hinzustellen.
Man soll auch den Mut besitzen, da, wo eine Lücke vorhanden ist, eine solche zuzugeben.
Ich halte es taktisch — um es mal so auszudrücken — für nicht sehr glücklich, zu sagen, die Schlagkraft unserer Bundeswehr habe von Jahr zu Jahr zugenommen. Denn alle Zustandsberichte, die uns aus Fontainebleau oder von SHAPE oder wem immer zukommen, zeigen: wir stehen immer an zweiter Stelle, um es sportlich zu sagen: Man kann zwar an zweiter Stelle sein, aber der Abstand vom ersten kann Kilometer betragen; es kommt immer auf die Länge der Strecke an, die man im Wettbewerb zurückgelegt hat. Wenn man sich aber die Mitbewerber ansieht, sind wir mit unseren 11, demnächst vielleicht 12 nicht vollständigen Divisionen doch klar im Wettbewerb rein zahlen-, ausstattungs-
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Kreitmeyermäßig uneingeschränkt die zweiten Sieger. Worauf es mir mit meiner Bemerkung ankommt, ist folgendes: Es geht im inneren Gefüge darum — und die Diskussion nahm ihren Ausgang von dem Bericht des Wehrbeauftragten und der Anfrage zur Lage in der Bundeswehr —, daß die Schlagkraft der Truppe nach vielen Merkmalen zu beurteilen ist. Es beginnt mit dem körperlichen und seelischen Zustand, der Gliederung und Stärke, der Güte und dem Zustand der Waffen und der Ausrüstung. Aber der entscheidende Punkt ist der: Überlegenen Kampfwert kann zahlenmäßige Unterlegenheit dadurch ausgleichen, daß letzten Endes die Persönlichkeit der Führenden an Ort und Stelle den Ausschlag gibt. So ausdrücklich gibt es die Vorschrift der Truppenführung wieder. Wenn wir hier für etwas besonders eintreten, dann geht es uns darum, diese Führenden, vom kleinen Trupp- und Spähtruppführer an, vom Gefreiten an, in jene Situation zu versetzen, die es uns ermöglicht, mit einer guten, soliden und uneingeschränkt brauchbaren Bewaffnung und im Verhältnis zu dem, was wir bisher hineingesteckt haben, einen höheren und wirksameren Effekt der Abschreckung zu erzielen.Alles in allem gesehen sind wir der Auffassung, daß die Bundeswehr, die man ursprünglich einmal als notwendiges Übel bezeichnet hat — ein Ausdruck, den wir nie geteilt haben — für uns von jenem Grundsatzprogramm vom Januar 1957 ausgehend immer ein unerläßliches Instrument unserer Politik war. Wir haben diese Politik niemals im Zusammenhang mit einer kriegerischen Auseinandersetzung gesehen, sondern immer nur in dem Zusammenhang der Entspannung nach allen Seiten unter Vermeidung eines militärischen Vakuums. Wir glauben, daß es einer Industrienation von 55 Millionen Menschen bei der Qualität unserer Mitbürger durchaus möglich ist, für dieselben Aufwendungen unter Ausschöpfung des vorhandenen personellen wie materiellen Wehrpotentials eine Abschreckungskraft zu entwickeln, die uns den Frieden besser garantieren kann als das, was wir vorher in dieser Richtung mit viel Liebe und Mühe versucht haben, aber wo uns die Erfahrung der letzten 19 Jahre gelehrt hat, daß die konventionelle Stärke im atomaren Patt den Ausschlag für Frieden und Sicherheit gibt. In diesem Sinne war unser Antrag gedacht. Wir werden ihn nicht als erledigt betrachten, sondern zu gegebener Zeit mit neuen Anträgen und nicht mit Deklamationen versuchen, unsere Vorstellungen von Wehrpolitik zu verwirklichen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wienand.
Meine Damen und Herren! Zunächst eine Bemerkung zu dem, was Herr Minister von Hassel zu der Verlautbarung über die Sitzung des Verteidigungsausschusses gesagt hat! Mir wird von der Redaktion des Westdeutschen Rundfunks in Bonn mitgeteilt: Die Verlautbarung über die Sitzung des Verteidigungsausschusses des Bundesrats
ist der Bonner Redaktion des Westdeutschen Rundfunks durch das Bundesverteidigungsministerium fernmündlich übermittelt worden. In dieser Übermittlung sind die Worte „mit Befriedigung" nicht enthalten gewesen.
Ich habe dem nichts hinzuzufügen.
— Ich habe nur vorgelesen, was mir mitgeteilt worden ist, und ich lehne es ab, auf solche Fragen zu antworten.
— Ich habe es doch gesagt: die Redaktion des Westdeutschen Rundfunks.
Ich habe dann einige Fragen im Zusammenhang mit der Diskussion über die ADMs oder den Atomminengürtel gestellt. Der Herr Minister hat recht summarisch darauf geantwortet. Ich möchte hier auch eine so summarische Antwort geben und sagen: Meine Fragen sind zum Teil nicht beantwortet worden. Ich möchte hoffen und im Interesse der Sache wünschen, daß sich das heutige Protokoll mit dem deckt, was im Verteidigungsausschuß zu diesen Dingen gesagt worden ist. Mehr möchte ich zur Stunde über diese Dinge nicht sagen.
Ich habe Verständnis für den Elan und auch für die Art, wie der Herr Minister hier agiert hat; denn er konnte heute einmal einen Sack prügeln, was er damals bei dem Esel, der diesen Artikel geschrieben hat, nicht konnte; denn er war ja von der Koalition.
Nun will ich den Herrn Kollegen Kreitmeyer nicht als Esel bezeichnen. Er kennt mich viel zu gut. Ich möchte das nur als Einleitung, und ohne die Person zu meinen, als Sprichwort gesagt haben.
— Ich komme darauf.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege, darf ich Sie so verstehen, daß Sie die Ergänzung brauchten, um mit dem Sprichwort zurechtzukommen?
Ja. — Hier heißt es: „Milliarden falsch ausgegeben".
Damit hat sich der Herr Minister heute nicht auseinandergesetzt. Ich habe dafür Verständnis, weil es den Koalitionsfrieden mal wieder stören könnte.
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7696 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1965
WienandDer Herr Minister hat sich heute bemüht, so etwas wie eine Wahlkampfstimmung zustande zu bringen.
Ich habe mit viel Vergnügen
erstmals den Herrn Minister als Wahlkampfredner erlebt. Sie dürfen versichert sein: Ich vermag mich nicht im Parlament, weil ich es nicht will, wohl aber draußen im Wahlkampf darauf einzustellen.Ich nehme auch gern das Angebot des Ministers zu Fernsehdiskussionen mit ihm selbst an; sie müssen aber im sachlichen Stil geführt werden.
Ich stelle mich zur Verfügung, mit ihm selbst jede Fernsehdiskussion zu machen. Man braucht mir nicht „Feigling" vorzuwerfen. Eine Diskussion aber nur mit dem Minister!
Der Herr Minister, dem ich gewiß den gebotenen Respekt entgegenzubringen bereit bin, hat ja bei anderen Gelegenheiten — ich habe das gar nicht zitiert, ich habe mich noch nicht einmal darüber geärgert — von dem sogenannten jungen Mann, von dem sogenannten Wehrexperten der SPD gesprochen. Ich vermag den Herrn Minister zu beruhigen: Daß ich jung bin, ändert sich jeden Tag um 24 Stunden.
Ich habe mich selber noch nie als Experten bezeichnet. Wenn das in den Sprachgebrauch gekommen ist, will ich darauf hinweisen, daß ich dieses Geschäft immerhin — nicht mit dem Erfolg des Ministers; das hat mir die Rede heute bewiesen — seit 1953 betrieben habe; bei ihm sind es zwei oder zweieinhalb Jahre. Wir haben ihm lange Schonzeit gegeben. Diese Schonzeit ist ihm anscheinend nicht bekommen. Das wird sich heute ändern.
Ich möchte dem Kollegen Kreitmeyer die Ehre geben, etwas von dem, was er nach meinem Dafürhalten, auch wenn ich mich mit der Überschrift hier nicht befassen will, geschrieben hat, zu zitieren, weil es dazugehört und weil ich es gern einmal erleben möchte, daß der Herr Minister mit derselben forschen und bravourösen Art hier im Parlament auf die FDP losgeht. Das ehrt einen Minister und erhöht Herrn von Hassel. Hier heißt es also:Wir müssen es auch einmal offen aussprechen. Wir haben uns bisher in die Tasche gelogen und unseren NATO-Verbündeten einen Trick vorgeführt.
Auf die Fehlkäufe für die Bundeswehr will ich hier nicht näher eingehen. Ich nenne nur den Schützenpanzer.Herr Minister von Hassel hat dazu nichts gesagt, obwohl ich ihn in meinem Artikel auch zitiert habe.Aber ich hatte gehört, daß Herr Strauß nach mir spricht, und er wird gewiß darauf eingehen. Es ist doch ein Appetithäppchen!Es heißt weiter im Zusammenhang mit der Frage der Waffensysteme:Wir haben in der Vergangenheit zugunsten fragwürdiger Waffensysteme den Menschen vernachlässigt.Ich habe nichts anderes gesagt. Dann wird fortgefahren:Ich will, daß endlich Nägel mit Köpfen gemacht werden. Es ist schon zuviel gewurschtelt worden.
Nun ist es mir nicht gegeben, so schnell zu regagieren wie der Herr Minister;
Ich möchte mir auch Dispens erbitten, wenn ich nicht auf alles eingehe. Aber Sie dürfen versichert sein, Herr Rasner: ich werde die Worte wägen und auf alles eingehen, was Herr Minister von Hassel in dieser Rede gesagt hat. Ich fürchte, daß Sie dann nicht mehr so strahlend zu uns sehen werden, sondern Sie werden nachdenklich werden; denn ich halte Sie für einen intelligenten Mann.
Was habe ich vorhin von der ganzen Lage der Bundeswehr und dem leichtfertigen Aufbau gesagt? Ich habe gesagt, die Lage der Bundeswehr ist allerdingst verschärft durch die Auswirkung einer wegen
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1965 7697
Wienandeines vermeintlichen außenpolitischen Drucks seit vielen Jahren in Ausmaß und Tempo übertrieben forcierten und in 'der Summe der Vernachlässigung wichtiger Einzelfragen insgesamt leichtfertigen Verteidigungspolitik der Bundesregierung. Man mag nachlesen, daß das etwas ganz anderes ist, als Herr von Hassel zitiert und dann mit Bravour niedergeritten hat. Ich befinde mich immerhin in enger Gesellschaft mit meinem verehrten Kollegen Kreitmeyer, der Ähnliches gesagt hat. Ich fühle mich in Ihrer Gesellschaft direkt wohl, verehrter Herr Kollege.Der Herr Minister hat — und in diese Ecke möchte ich mich nicht manövrieren lassen — eine Zwischenfrage — wenn ich nicht irre — des Herrn Kollegen Schmidt zunächst übergangen und die Frage aufgegriffen, ob in anderen Parlamenten so offen diskutiert wird. Ich habe meine Ausführungen in all dem, was ich bisher gesagt habe, sorgfältig abgewogen, inwieweit so etwas den Gesichtspunkten dient, die ich an den Eingang meiner Ausführungen gestellt habe.
— In beiden!
— Ich habe hier nichts anderes gesagt, und ich kann nur sagen, daß der Herr Minister mich nicht widerlegt hat. Sie müssen nicht immer Wunschträumen nachhängen, Herr Rasner! Ich komme nachher auf einige gravierende Fälle zurück und auf die anderen später, wenn mir der Wortlaut vorliegt.Alles, was ich geschrieben habe, ist in der Zwischenzeit oder vorher — vom Verteidigungsministerium durch offizielle Verlautbarungen — wenn auch mit einem anderen Sprachgebrauch — zugegeben worden. Ich darf hier zitieren. Die „Frankfurter Allgemeine" vom 15. Januar, die sich nicht auf mich abstützt, sondern vorher zu mir auch noch ein kritisches Wort sagt, erklärt: „Richtig ist allerdings, daß unserem Verteidigungsministerium ein Team fehlt, das — wie die Amerikaner im Pentagon — darauf aus ist, zu sparen anstatt auszugeben."
Nachdem sie sich nun vorher kritisch mit mir auseinandergesetzt hat — Herr van Delden, ich zitiere Sie noch; hoffentlich ziehen Sie sich nicht den Unmut des Ministers zu! —, heißt es in dem Artikel vom 16. Januar: „Im Verteidigungsministerium wird offen zugegeben, daß die mit den Schiffsneubauten aufgetretenen Schwierigkeiten über das bei allen Marinen der Welt übliche Maß hinausgingen." Das wird offen zugegeben. Wir können ja den Verfasser einmal fragen, wer es offen zugegeben hat.Weiter heißt es:„Man führt dies nur zum Teil auf die ungenügende Zahl verantwortlicher Ingenieure — bei der Abteilung Technik sind es etwa 40, im Beschaffungsamt, den Marinearsenalen und anderen Stellen rund 200 — zurück."Selbst wenn ich diese Zahl nehme, bekräftigt sie meine Behauptung von der Schmalbrüstigkeit in den zuständigen Abteilungen dieses Ministeriums. HerrMinister von Hassel, als ich Sie wegen dieses Wortes „Schmalbrüstigkeit" argumentieren hörte, hatte ich das Gefühl, Sie hätten die Schmalbrüstigkeit auf die Beamten bezogen. Die Beamten sind nicht schmalbrüstig. Ich habe sie an anderer Stelle sogar gelobt. Mir kam es darauf an, nachzuweisen, daß zuwenig für diese wichtigen Aufgaben da sind. Das ist das, was ich mit dem „schmalbrüstig" sagen wollte. Damit setze ich nicht die Leistung irgendeines Beamten oder Soldaten herab. Damit gebe ich zu erkennen, daß ich ihnen Hilfestellung für ihre schwere Arbeit geben will. Das ist die richtige Interpretation dessen, was ich gesagt habe.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Bitte sehr!
Herr Kollege Wienand, Sie haben in einem Aufsatz unter der Überschrift „Die ganz große Verschwendung" und mit der Aussage, daß Milliarden verschleudert wurden, wörtlich geschrieben:
Ich glaube, wenn man einen Bruchteil der im Verteidigungsministerium versickernden Gelder dafür ausgäbe, hochbezahlte Führungskräfte der Wirtschaft zu engagieren, dann hätte man die richtigen Partner für Verhandlungen, in denen es um die Milliarden der Steuerzahler geht. Allerdings müßte dann die wirtschaftliche Vernunft im Verteidigungsministerium höher geachtet werden als die Selbstherrlichkeit.
Bedeutet das eine Anerkennung der Leistungen der dort tätigen Ingenieure und Beamten oder bedeutet das eine Herabsetzung ihrer Leistungen?
Ich darf sofort auf diesen Punkt eingehen. Es kommt mir darauf an, auch hier noch einmal zu sagen, daß nach meinem Dafürhalten die Seite der Wirtschaftswissenschaftler, der Betriebswirtschaftler im Verteidigungsministerium, was die Besetzung der verantwortungsvollen Stellen und die Anzahl dieser Kräfte angeht, nicht in genügendem Maße vertreten ist. Es gibt dort zuwenig Leute auf dem Beschaffungssektor, die Erfahrungen auf dem Gebiete der Verhandlungen mit der Industrie haben. Ich beleidige keinen Menschen, wenn ich ihm sage, er ist auf Grund seiner Ausbildung überfordert, wenn er solchen Aufgaben gerecht werden soll. Um diesen Mangel abzustellen, habe ich mich dafür ausgesprochen, daß auf diese Stellen entsprechend ausgebildete Leute kommen. Daß ist das, was ich damit sagen wollte. — Bitte sehr!
Herr Kollege Wienand, können Sie sich erinnern, daß wir im Verteidigungsausschuß den Vortrag. eines leitenden Beamten des Ministeriums hatten, des Leiter der Abteilung T, in dem uns erklärt wurde, daß diese Abteilung völlig unterbesetzt sei, und in dem uns dieser leitende Beamte sagte, daß er die schwierigen zu meisternden Auf-
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Berkhangaben, die auf ihn zukämen, mit diesem Personal nicht erfüllen könne?
Ich kann mich noch an mehr erinnern. Ich kann mich hieran erinnern, und ich kann mich auch daran erinnern, daß maßgebende Beamte des Ministeriums in Sitzungen wiederholt über das System und über das, was wir heute noch praktizieren, bewegt Klage geführt haben. Aber darauf wird mein Freund Dr. Morgenstern noch näher eingehen, weil der Herr Minister ja auch über das, was ich wirklich als Vorwurf empfunden wissen will, nämlich Preisüberwachungs- und Feststellungsrecht, mit Elan hinweggegangen ist, nach dem Motto: was heiß ist, soll man schnell verlassen, sonst könnte man sich die Finger verbrennen. Das war ja vorher auch aus den Worten von Herrn Kreitmeyer — ich unterstelle ihm keine Koalitionstreue in diesem speziellen Fall — zu hören; er hat damit zu erkennen gegeben, daß darüber noch geredet werden müsse. Aber darauf komme ich selber noch zurück.Es heißt in dem Artikel weiter:Diese Zahl beträgt nur ein Fünftel der Marinen vergleichbaren Größe zur Verfügung stehenden Techniker.Nur ein Fünftel! Deshalb sagte ich „schmalbrüstig", nicht etwa weil ich glaube, daß der eine oder andere Beamte ein Hühnerbrüstchen hätte, wie man bei uns sagt. Das habe ich nicht zum Ausdruck bringen wollen, denn ich habe an anderer Stelle von dem hohen Verantwortungsbewußtsein dieser Beamten gesprochen, aus dem heraus sie immer wieder versucht haben, aus dieser schlechten Koordinierung das Beste herauszuholen, weil sie sich sagten, daß es so nicht weitergehen kann. Das hat der Herr Minister nicht zitiert. Hier könnten wirklich Gelder eingespart werden.Dann heißt es weiter:Das führt zu Arbeiten unter Zeitdruck und unzureichender Berücksichtigung mancher schiffbautechnischen Forderung.Herr Kollege van Delden, ich habe noch im Ohr — ich erinnere mich immer gern an Ihre temperamentvolle Art zu reden —, wie Sie als einer, der von -der Marine kommt, uns im Verteidigungsausschuß einmal erzählten, wie das bei den Marineoffizieren gesehen wird, wenn Leute aus Bonn mit diesen oder jenen Vorstellungen kommen, was da alles zu rügen sei. Sie werden das sicher viel besser erzählen können als ich. Dem Herrn Minister empfehle ich, die Ausführungen des Herrn Kollegen van Delden, die ja zu Protokoll genommen worden sind, einmal nachzulesen, damit er sieht, daß der Wienand nicht allein der Mann ist, der geprügelt werden muß. Ich sage das nicht, um Hilfskräfte für mich zu engagieren; ich sage das nur, weil es gut wäre, wenn der Herr Minister sich einmal informierte.Weiter heißt es:Als besonders schwerwiegend aber wird die mangelhafte Organisation des Beschaffungswesens empfunden. Von verantwortlicher Seite— na, wer wird das wohl gewesen sein? —wird zugegeben: Technische, kaufmännische und juristische Gesichtspunkte werden zur Zeit nicht genügend koordiniert. Hinzu kommen immer neue Pannen in der rechtzeitigen Bestellung von Material und Geräten für Neubauten, waszu den teilweise jahrelangen Verzögerungen bei Neubauten — so bei den Zerstörern und Geleitbooten — geführt hat. Vielmehr hat das Ministerium erst unlängst einer Hamburger Werft auf deren Wunsch ausdrücklich bestätigen müssen, daß sämtliche Verzögerungen nicht zu ihren Lasten gingen.Und hier darf ich mich einmal von dem Zitat abwenden und noch eine Feststellung zu den Ausführungen des Herrn Ministers treffen. Er hat so getan, als hätte ich das Waffensystem „Starfighter" in Grund und Boden verurteilt, und er ist taktvoll darüber hinweggegangen, weil es besser in seine Konzeption paßte, daß ich idas System der Beschaffung des Starfighters kritisiert und das Schwergewicht darauf gelegt habe.
Das hat dann zu einer Kontroverse hier geführt, und zwar auf Grund einer Darlegung des Herrn Ministers! Damals hatten Herr Berkhan, Herr Draeger, Herr van Delden und ich in meinem Zimmer ein Gespräch mit Beamten und Soldaten ides Verteidigungsministeriums. Als wir all das gehört hatten, was der Herr Minister hier — ich muß sagen, zu meinem großen Erstaunen — an Einzelheiten preisgegeben hat — ich habe mich dazu nie befugt gefühlt —, sagte mein Kollege Berkhan: Das wird weiter geprüft werden, denn er ist nach dem, was wir gehört haben, bedingt einsatzfähig. Das ist der Eindruck dieses Gesprächs gewesen, andere mögen einen anderen Eindruck gehabt haben; aber jedenfalls kann man nicht so tun, als würde der Wienand mit zwei Zungen reden und das eine Mal zugeben, daß alles in Ordnung sei, und einige Tage später, nur um den Minister zu ärgern oder die Bundeswuhr herunterzuziehen, wieder etwas anderes sagen. Das wollte ich in diesem Zusammenhang auch festgestellt haben.Nun heißt es weiter:Fast bei allen wesentlichen Neubauten der Bundesmarine hat es Schwierigkeiten gegeben. Die letzten sind bei den Zerstörern und Geleitbooten aufgetreten. Die Zerstörer, bei denen zwischen Planung und In-Dienst-Stellung der ersten Einheit 9 Jahre lagen, haben Schwierigkeiten mit ihrer nautischen Radaranlage.Weiter unten heißt es:Die Fertigstellung der Turbine verzögerte sich um mehr als zwei Jahre.Dann heißt es:Spätere Umkonstruktionen, geboren aus dem Willen, auch noch während der Bauzeit neueste technische Erkenntnisse zu berücksichtigen, haben auch bei den sechs Geleitbooten zu Schwie-
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Wienandrigkeiten geführt; der nachträgliche Einbau ursprünglich nicht vorgesehener Geräte hat die aus Aluminium gefertigten Aufbauten dieser Schiffe über Gebühr beansprucht.Das ist etwas anderes, als wir vorhin gehört haben, aber es kann ja geprüft werden, wo wirklich die Gründe liegen.Obwohl schon nach einer ersten gründlichen Erprobungsfahrt deis Typschiffs „Emden" als Folge von schwerem Wetter Risse in den Aufbauten festgestellt worden waren, wurde der Bau der übrigen Schiffe fortgesetzt.Ich will das jetzt nicht alles zitieren, aber man kann es munter weitermachen — bis zu den U-Booten hin.Es wurde weiter gesagt, daß das Starfighter-Waffensystem auch aus Standardisierungsgründen beschafft worden ist. Nun, ich bestreite das nicht, aber es gibt auch andere große Gebiete, und ich habe einige aufgezeigt, ohne auch nur in der Rede des Ministers die Andeutung einer Antwort darauf bekommen haben, wo weitere Einsparungsmöglichkeiten lägen.Ich will in diesem Zusammenhang nicht noch einmal auf das Navigationssystem und auf die damaligen Auseinandersetzungen um Starfighter, Mirage und Grumman Super Tiger eingehen. Ich stehe dem Minister für Fernsehdiskussionen gerne zur Verfügung. Aber in Pressemeldungen ist verlautet — und mir ist es auch von anderer Seite zugegeben worden —, daß die G 91 große Mängel aufweist, die bis heute noch nicht abgestellt werden konnten. Ich erinnere daran, daß der Verteidigungsausschuß nur aus Zeitnot noch nicht dazu gekommen ist, das im einzelnen zu untersuchen. Aber ich bin gespannt, ob der Herr Minister noch zu seinen Worten steht, wenn diese Untersuchung im Zusammenhang mit der G 91 im Verteidigungsausschuß abgeschlossen sein wird, oder ob dann nicht doch erkannt wird, daß in dem, was ich dazu gesagt habe, mehr Wahrheit liegt.Der Herr Minister hat dann aus der Transall ein Paradepferdchen gemacht und dieses mit Bravour geritten. Wer nachlesen mag, was ich dazu gesagt habe, wird feststellen, daß ich lakonisch gesagt habe, in der Transall könne kein Standardpanzer transportiert werden. Das hat der Minister mir bewiesen. Ich habe nichts dazu zu sagen. Die Angelegenheiten mit den Zwischenlandungen hat mein Kollege Berkhan klargestellt.Auf Seite 15 unten habe ich erwähnt, daß sich verantwortungsbewußte Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums wegen der gewaltigen Summen an die zuständigen Stellen gewandt hätten. Damit habe ich also bewußt und ausdrücklich den Beamten attestiert, daß sie von der Verantwortung getrieben diese Dinge aufgegriffen haben, weil bisher die Zusammenarbeit zwischen Verteidigungs- und Wirtschaftsministerium nicht ausreichte, diese Zustände, unter denen die Beamten und unser gesamtes Beschaffungssystem leiden, abzustellen. Das ist das, was ich festgestellt habe. Hier sollte der Minister seinen Elan verwenden, in einer Kabinettsitzung, nicht aber, wenn es hier darum geht. Man braucht nur das Protokoll der Verteidigungsausschußsitzung zu zitieren; es mag doch freigegeben werden. Was dort zum Beispiel von dem Präsidenten des Beschaffungsamtes zu diesem Problem gesagt worden ist, von dem zuständigen Beamten des Ministeriums ebenfalls, geht daraus hervor. Ich weiß, daß das unangenehm ist, aber Sie müssen es sich auch anhören. Wir brauchen doch nur zu beschließen, daß dieses Protokoll freigegeben wird, und ich brauchte dann keine Worte mehr über diese Dinge zu verlieren.Ich meine auch nur, daß wir einmal sine ira et studio nachprüfen sollten, was der Präsident des Beschaffungsamtes zu dem Problem ,des Feststellungsrechts und der Preisprüfung geäußert hat und was ein zuständiger Beamter des Ministeriums und ein hoher Beamter des Bundesrechnungshofs dazu bemerkt haben. Dann haben wir des Pudels Kern. Darauf kommt es an! Auf dais System der Beschaffung und nicht so sehr darauf, ob die Waffensysteme nachher gut oder schlecht sind. Da teile ich übrigens den Standpunkt meines Freundes Helmut Schmidt, der meint, es sei wenig sinnvoll — wenn ich das einmal aus dem Gedächtnis hier zitieren darf —, die Waffensysteme in der Öffentlichkeit schlecht zu machen; denn die Soldaten müßten auf absehbare Zeit noch damit arbeiten. Ich habe auch keine neuen und zusätzlichen Waffen schlecht gemacht, und ich habe noch nicht einmal alles das geschrieben, was darüber bekanntgeworden und bestätigt worden ist, sondern habe mich, weil mir das nur eine sekundäre Frage zu sein schien, auf die Methoden der Beschaffung und diese Dinge konzentriert. Darauf ist der Herr Minister mit keinem Wort eingegangen, obwohl er den Artikel doch mit Bravour zerstückeln zu können glaubte. Nun, er wird noch Gelegenheit haben, darauf einzugehen. Ich habe jüngst in der Sitzung des Verteidigungsausschusses in Berlin ausdrücklich auch für meine Freunde gesagt, daß wir mit diesem Problem der Preisfeststellung und der Preisprüfung noch nicht fertig sind und daß es so lange Auseinandersetzungen geben wird, bis wir das Gefühl haben, daß dafür ein sinnvolles System gefunden worden ist. Ich hätte es dankbar anerkannt, wenn der Herr Minister — nachdem der Verteidigungsausschuß vor rund sieben Monaten auf Wunsch des Ministeriums einmütig zu der Auffassung gekommen war, daß hier Abhilfe geschaffen werden müsse — gesagt hätte: Ich habe es nicht fertiggebracht, mich im Kabinett gegenüber dem Wirtschaftsminister durchzusetzen! Dann aber hätte er hier ja nicht den „starken Siegfried" abgeben können, dann hätte er nicht sagen können, was er alles getan hat, sondern zugeben müssen, daß er sich trotz aller Bravour in dieser wichtigen Frage im Kabinett doch nicht durchgesetzt hat. Das hat er verschwiegen; das hat er nicht gesagt. Aber dann kann man nicht auf mir herumtrommeln, sondern dann muß man damit rechnen, daß die Dinge einmal beim Namen genannt werden. Das kann er haben! Ich bin bereit, den Eisberg noch ein wenig höher kommen zu lassen, wenn es nachher gewünscht wird.
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7700 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1965
Wienand — Mit der Abreibung ist das so eine Sache!
— Nun, mit der Abfuhr hat es auch etwas auf sich.
— Sie haben das schön empfunden? Ach, sehen Sie, Herr Kollege Rasner, über das, was schön ist, kann man bekanntlich streiten.
Ich hätte also in diesem Zusammenhang gern gesehen, wenn auf die wirklichen Argumente eingegangen worden wäre. Man soll doch jetzt nicht so tun, als ob ich die Bundesrepublik oder unsere Verteidigungsbereitschaft in eine unangenehme Situation hineinmanövrierte, weil ich mich mit meinen Freunden bemühe, die Fehler, die wir, teils gemeinsam, erkannt haben, abzustellen. Weil wir sie abstellen wollen, werden wir bekämpft. Wir wollen die Bundeswehr von der psychologischen Belastung befreien, immer wieder neue Meldungen darüber zur Kenntnis nehmen zu müssen, daß am Waffensystem etwas falsch ist; wir wollen ihr das Gefühl geben, daß die vorhandenen Fehler erkannt und abgestellt werden, daß das Parlament wachsam ist. Ich habe gesagt, daß Pannen überall auftreten. Aber es kommt darauf an, wie sie beseitigt werden. Deshalb habe ich hier die Philippika gehalten. Aber ich kann auch das tragen. Sie brauchen gar kein Mitleid mit mir zu haben.
— Auch kein Mitgefühl. Ich kann das tragen, besser als Sie glauben. Aber passen Sie auf, wo Sie das Mitgefühl haben sollten, das Sie gerade mir hier zusprechen! Ich habe vorhin aus meinem Bericht vor der WEU zitiert, und in der jüngsten Sitzung hier wurde der Herr Minister sichtlich nervös, als ich ihn an die Zivilverteidigung erinnerte. Heute war von der abgestuften Abschreckung und von allen möglichen Dingen die Rede. Aber dann muß doch auch gesagt werden, daß Verteidigungspolitik als eine Einheit, als ein Ganzes gesehen werden muß. Ich wäre sehr dankbar — deshalb habe ich bewußt einleitend diese Frage aufgeworfen —, wenn die Zivilverteidigung im Rahmen des ganzen Komplexes mitbehandelt und diskutiert werden könnte. Mir genügt es nicht, daß der Minister global erklärt: Ich habe es sogar in einer Rede gefordert. Mich interessiert immer nur das, was er wirklich durchgesetzt hat, wie er sich im Ministerium, im Kabinett und im Verteidigungsrat unter Vorsitz von Herrn Minister Krone in diesen Fragen durchsetzt. Das ist das Kriterium. Der Herr Kollege Kreitmeyer hat gerade diesem Problem weiten Raum gegeben. Nicht weil ich es der Presse übergeben habe, sondern weil ich es vor der WEU-Vollversammlung und dessen Verteidigungsausschuß wiederholt dargelegt habe — auch Ihnen, HerrRasner, damit Sie Ihre Energien darauf verwenden können —
möchte ich das noch einmal in Erinnerung rufen:Die zivile Bereitschaft im Rahmen der Zivilverteidigung muß der besten militärischen Vorbereitung angepaßt sein. Beide müssen einen gleich hohen und guten Stand besitzen, da sonst die besten militärischen Vorbereitungen beeinträchtigt werden. Im Zeitalter einer modernen Kriegführung kann selbst eine perfekte militärische Verteidigung ihren Sinn nicht erfüllen, ohne daß gleichzeitig auf dem zivilen Sektor umfassende Vorkehrungen getroffen werden, die eine Erhaltung der freiheitlichen Existenz der Mitgliedstaaten und das Überleben ihrer Bevölkerung in einem Konfliktfall sichern. In einem solchen Falle werden gerade die europäischen Partner des atlantischen Bündnisses mehr auf ihre Bestände als auf ihre Produktion angewiesen sein.Und jetzt:Alle Streitkräfte sind notwendigerweise auf diese Hilfsquellen angewiesen. Hierzu gehören das Personal zur Auffüllung und Verstärkung der Truppe und zur Erbringung von Hilfsleistungen. Hierzu gehört der Nachschub an Material und Versorgung ...Jetzt nur noch ein Wort zur Abschreckung:Schließlich — dieses Argument sollte nicht übersehen werden — ist die Strategie der abgestuften militärischen Abschreckung und Vergeltung kaum glaubwürdig, wenn die entsprechende zivile Verteidigungsbereitschaft nicht vorhanden ist.
Bei fehlender ziviler Verteidigungsbereitschaft kann jeder Gegner erkennen, daß die militärischen Verteidigungsanstrengungen nicht den ernsten Charakter haben, für den sie eingerichtet worden sind. Da die militärische Abschrekkung jedoch als Ganzes gesehen werden muß und sich vor allem im Hirn, im Denken eines möglichen Angreifers, also des Gegners, manifestieren und einprägsam sein Denken und damit sein Handeln beeinflussen soll, bedeutet jede Vernachlässigung der zivilen Verteidigungsbereitschaft ein fast unkalkulierbares Risiko.Und jetzt kommen Sie nicht mit der Ausrede, die Opposition habe Sie daran gehindert, die zivile Verteidigung aufzubauen! Da kann ich über acht, neun Jahre Parlamentsdebatte einen Nachweis führen, was wir zu diesen Dingen immer wieder gesagt haben.Lassen Sie mich zu dieser Gesamtdebatte noch eine Bemerkung machen. Wenn man über diese Dinge redet, dann sollte man auch der Opposition zubilligen, daß sie sich dem Gesamten, dem Steuerzahler, der Bundeswehr schlechthin, dem Gesamtinteresse verantwortlich fühlt, und sie nicht in die
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WienandEcke hineinzumanövrieren versuchen, wie es der Herr Minister getan hat: daß nur die politische Führung weiß, was richtig ist und daß andere nur „sogenannte Experten" sind, wobei ich nicht für mich in Anspruch nehme, Experte zu sein.
Hier wird mir noch etwas vorgelegt, was ich Ihnen, weil es der Herr Minister vorhin zitiert hat, nicht vorenthalten darf. Herr Westphal, Chef der Deutschen Werft und der Howaldtswerke in Kiel — wenn ich das richtig lese —, schreibt in „Wehr und Wirtschaft" :Ist es sinnvoll, Raketenzerstörer für die Bundesrepublik in den USA bauen zu lassen?Dazu sagt er:In diesem Zusammenhang taucht eine Reihe von Fragen auf, und zwar: 1. Kann nicht durch den Umbau vorhandener Schiffe das Tartar-System am schnellsten eingeführt werden?2. Ist der Kauf moderner Zerstörer in den USA wirklich die vorteilhafte Lösung?usw. Er schreibt dann:1. Vergabe an das Ausland würde bedeuten: '600 Millionen DM an das Ausland zu zahlen.2. Neubauten in Deutschland würden bedeuten, etwa 240 Millionen DM für die Waffenanlagen an das Ausland zu geben.Bei anderer Gelegenheit wurde mir vorgetragen, daß die deutschen Werften — und er sagte das als Sprecher der Vereinigung der Deutschen Schiffsindustrie oder wie die Vereinigung genau heißen mag — in derselben Zeit, wenn nicht noch kürzer, und. wesentlich billiger dieses bauen könnten.Mit anderen Informationen, was das Tartar-System und Ähnliches angeht, bin ich gern bereit, dem Minister und den Kollegen im Verteidigungsausschuß zu dienen, weil ich nicht in dieser minutiösen Art das aus den Sitzungen hier breittreten möchte, was noch nicht freigegeben ist, wie es der Herr Minister mit dem inertial system usw. getan hat.
Das Wort hat der Abgeordnete Strauß.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wäre an sich vor wenigen Tagen noch nicht meine Absicht gewesen, in die Debatte der Rüstungsgiganten, der genialisch begabten Experten in diesem Hause einzugreifen, wenn sich nicht die heute schon öfter strapazierte Veröffentlichung bei dieser oder jener Passage in so denkwürdiger und von mir selten verzeichneter Weise auch meiner erinnert hätte. Bei der Gelegenheit, auch bei der Verfolgung der Debatte heute steigen einem ja alte Erinnerungen auf,
— uralte Erinnerungen über Wehrdebatten, die von 1952 an in diesem Hause stattgefunden haben. Weil man mir nachsagt, ich sei oft zu wenig liebenswürdig, muß ich sagen, daß in früheren Jahren die Opposition wesentlich bessere Vertreter bei der Verfechtung einer schlechten Politik hier heraufgeschickt hat als heute.
Ich möchte mich aber zunächst nicht in allgemeinen Werturteilen oder Schlußfolgerungen ergehen,
sondern einige Punkte ganz konkret ansprechen, und zwar so, daß nicht entgegengehalten werden kann, man sei der Fragestellung ausgewichen. Ich gehe nicht auf das nur mit der Einleitung des Wahlkampfes zu begründende Argument ein, das da hieß: Milliarden sinnlos ausgegeben.
— Es soll sich jeder die Scheibe abschneiden, die er von diesem Laib Brot für sich in Anspruch nehmen kann, ganz gleich, auf welcher Seite des Hauses das zutrifft. Ich konzediere auch dem Kollegen Wienand, daß auch das vor wenigen Tagen abgeschlossene sogenannte Wahlkampf-Fairneßabkommen selbstverständlich nicht dazu verpflichten sollte, in Zukunft solche unsinnigen Behauptungen zu unterlassen;
denn ein wenig Unsinn muß ja selbstverständlich auch in einer solchen Polemik enthalten sein.
Ich gehe aber gleich auf einen konkreten Satz ein, den der Kollege Wienand in Zusammenhang mit der F 104, dem Starfighter, geschrieben hat: „der teuerste Mißgriff, den je ein Minister getan hat", und ich sage Ihnen in demselben Jargon, daß das der größte Unsinn ist, der je über Luftwaffenrüstung gesprochen worden ist.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Herr Kollege Erler, können wir uns vielleicht darauf einigen, daß später am Ende die Fragen konzentriert gestellt werden, weil sonst der Ablauf der Ereignisse — —
— Das hat mit Humor nichts zu tun, sondern eigentlich mit dem Bedürfnis der Kollegen. Aber ich will Ihnen selbstverständlich entgegenkommen.
Nach dieser Bemerkung von Ihnen, Herr Minister, stellt sich selbstverständlich die
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7702 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1965
ErlerFrage, welchen noch teueren Mißgriff Sie uns heute hier vorführen können.
Ich glaube, daß man auch keinen größeren Unsinn vorführen kann. „Der teuerste Mißgriff, den je ein Minister getan hat" — im Zusammenhang mit der F 104! Darf ich Ihnen sagen, daß nach dem Urteil sämtlicher militärischer, technischer und wirtschaftlicher Experten, und zwar nicht nur Experten der Bundesrepublik Deutschland, sondern Experten so gut wie aller NATO-Länder, die F 104 G das Optimum an technischer Leistungsfähigkeit, Erfüllung der militärischen Kriterien und gleichzeitig ökonomischer Einkaufsleitung und rationeller Unterhaltungsmöglichkeit in sich kombiniert. Ich frage Sie jetzt gleich, Herr Kollege Wienand, da Sie ja heute schon öfter auch von unten her in die Debatte eingegriffen haben: Welches Flugzeug hätten Sie an Stelle der F 104 damals für das Flugzeug gehalten oder würden Sie heute für das Flugzeug halten, das die Idealforderungen Ihres Expertenverstandes und diejenigen Ihrer politischen Freunde erfüllt?
— Ich bitte darum.
— Herr Kollege, das stimmt effektiv nicht; denn Sie haben in diesem Artikel geschrieben — ich zitiere Sie jetzt wörtlich —: „Die Starfighter sind nicht die besten aller möglichen Jagdflugzeuge für die Zwecke der Bundeswehr."
— Jetzt sagen Sie mir, welches nach Ihrem Sachverstand das bestmögliche Jagdflugzeug für die Zwecke der Bundeswehr gewesen wäre oder heute wäre! Können Sie das sagen? Aber nennen Sie Roß und Reiter!
— Sie können mich ja fragen, ob mir bekannt ist, daß Sie das wissen.
Wollen Sie das Zwiegespräch fortsetzen, Herr Kollege Strauß?
Nicht unbedingt; aber ich hätte gern durch einen Zwischenruf von dem Kollegen Wienand gehört, was das Produkt seiner Überlegungen war, als er diesen Satz, allerdings unter Verschweigung des Ergebnisses seiner Überlegungen, zu Papier brachte.
— Ich habe noch so viele Schlußfolgerungen hier, daß diese Feststellung schon wieder übereilt ist, Herr Kollege.
Ich habe ausdrücklich erklärt und erkläre es noch einmal, daß ich das Waffensystem des Starfighter so, wie er entwickelt worden ist, als Starfighter F 104, für ein ausgereiftes und gutes System halte. Es geht hier um das Mehrzweckflugzeug F 104 G, und darüber bin ich bereit, Herr Minister, in allen Einzelheiten, an jedem Ort und zu jeder Stunde, aber unter Offenlegung dessen, was uns das Ministerium an Einzelheiten nicht gegeben hat, zu diskutieren. Das ist auch das Problem der Mirage in der Schweiz, von der der Minister vorhin sprach: man hat nachträglich zuviel in ein gutes, ausgereiftes System hineingelegt; daher die Komplikationen und Schwierigkeiten. Deshalb rede ich immer von der Beschaffung und nicht vom System an sich.
Herr Wienand, Sie haben sich jetzt allerdings in den Maschen der von Ihnen selbst ausgelegten Netze gefangen.
Ich sage Ihnen dazu folgendes: Sie wissen als Wehrexperte — Sie sind jetzt schon beinahe länger in 00 dem Geschäft, als ich darin tätig war—genauso --
— Ja, ich bemühe mich, das, was als „Experte" bezeichnet wird, auch meinerseits mit der gleichen Terminologie anzusprechen.
Sie wissen ganz genau, daß die Luftwaffe der deutschen Bundeswehr in absoluten Zahlen gesehen und relativ, verglichen mit der amerikanischen Luftwaffe, eine kleine Luftwaffe sein muß. Die großen Zahlen der Luftwaffe der „glorreichen" Zeiten der „großdeutschen" Wehrmacht gehören aus politischen, militärischen und technischen Gründen endgültig der Vergangenheit an. Eine Luftwaffe, die nur wenige hundert Kampfflugzeuge umfaßt, hat — das ist ja eine Binsenweisheit und stellt sicherlich nicht die Preisgabe einer vertraulichen Angelegenheit dar — in abnehmendem Maße die Aufgabe, noch Jagdschutz auszuüben — das wissen Sie ganz genau —, weil bei unseren militärgeographischen Verhältnissen — diese schmale Bundesrepublik! —, bei den hohen Geschwindigkeiten der einfliegenden — in diesem Fall — Feindflugzeuge ein Jagdschutz, der aufsteigt, im Alarmfalle zu spät kommt, weil die Bomben bereits gefallen oder die Flugzeuge bereits über Idas deutsche Gebiet weg nach dem Westen durchgebrochen sind.Deshalb war man sich allgemein einig, daß die Jagdkapazität nur eine zusätzliche, eine Notkapazi-
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Dr. h. c. Straußtät sein sollte, eine Ergänzungskapazität zu den Waffensystemen der Fla-Waffen und der Fla-Raketenwaffen, der 40 min, die Sie kennen, der vielleicht hereinkommenden 30 mm, des Hawk-Waffensystems und des Nike-Waffensystems.
— Doch, Herr Eschmann, ich muß Sie hier berichtigen. Diese Überlegungen, die ich hier vortrage, sind das Ergebnis früherer, in ihrem Inhalt auch heute noch richtiger Studien des Luftwaffenführungsstabes, die von Herrn Kammhuber unterschrieben waren und mir mündlich eingehend auseinandergesetzt worden sind. Ich weiß, es gab am Anfang der Luftwaffe, aber lange vor der Entscheidung über den Starfighter, eine Phase in Kammhubers Denken, wo die Tätigkeit der Jagd für die Luftwaffe einen größeren Raum leingenommen hat. Die rapide Entwicklung der Flugtechnik und der Flugraketenabwehrtechnik hat aber dazu geführt, daß einheitlich, mit der NATO abgesprochen, die Jagdkapazität, die „Interception" — wenn ich diesen Ausdruck gebrauchen darf —, und zwar sowohl die „Day-" wie die „All-weather-Interception" — Herr Eschmann hören Sie gut zu! —, nur mehr als eine zusätzliche und nicht hauptsächliche Aufgabe gewählt worden ist. Aber Jagdaufgabe gibt es nach wie vor, wenn auch in geringem und abnehmendem Umfang.Dann gibt es die Aufklärungsaufgabe und als drittes die Aufgabe als Bomber für verschiedene Zwecke, zur Unterstützung der Erdtruppe, für „Counter-air", „Interdiction" usw.; Sie wissen, was ich damit meine.Eine Luftwaffe, die mit wenigen hundert Flugzeugen nach dem NATO-Konzept fünf militärische Aufgaben erfüllen muß
— sechs; ich lasse die Transporte jetzt Weg, Herr Berkhan —, steht nur vor der Wahl, entweder unter Inkaufnahme gewisser Unzulänglichkeiten, ich darf sagen, unter Verzicht auf perfektionistische Lösungen sich auf wenige Flugzeugtypen zu beschränken oder für jede der genannten Aufgaben das angebliche Idealflugzeug zu nehmen und damit nicht lösbare Aufgaben des Unterhalts, der Instandsetzung, auch der Ersatzteillagerhaltung mit all den damit verbundenen Problemen zu schaffen.Ich möchte nicht wissen, was ein Redner der Opposition hier von diesem Platz aus sagen würde, wenn die Luftwaffe für jede dieser genannten Aufgaben einen eigenen Flugzeugtyp genommen hätte mit einer eigenen Technik, einer eigenen Instandsetzungskette, einer eigenen Ersatzteillagerkette usw. Wir mußten uns auf dem Gebiet der Kampftätigkeit der Luftwaffe auf wenige Typen beschränken und diese Typen zu Mehrzweckflugzeugen ausbauen. Das war die gemeinsame Überzeugung. Im übrigen darf ich sagen: am 5./6. November 1958 hat der Verteidigungsausschuß einen Beschluß gefaßt. Ich habe ihn in der Kurzfassung; da heißt es: Keine Einwendung gegen die geplante Beschaffung des Starfighters.
— Mit den Stimmen der Opposition; es waren einige Stimmenthaltungen dabei, aber das spielt keine Rolle. Das heißt also, Herr Wienand, daß es heute einfach nicht möglich ist, bei einem Millionen-Publikum von Lesern den Eindruck zu erwecken, als ob man ein anderes und besseres Flugzeug für die Bundeswehr hätte beschaffen können,
während man gleichzeitig nicht in der Lage ist, zu sagen, um welches Flugzeug es sich handelt; denn dieses Flugzeug gibt es gar nicht; es fliegt im Geist, aber nicht in der Luft.
Das heißt, daß es nicht möglich ist, hier zu erklären, man halte die F 104 für ein gutes und ausgereiftes, wenn auch leider Mehrzwecksystem. Wenn Sie aus zwingenden Gründen ja sagen zum Mehrzwecksystem, denn müssen Sie auch ja sagen zum Starfighter; da ist nicht der leiseste Zweifel. Diese Form der Irreführung der Öffentlichkeit sollte auf dem Rüstungsgebiet, auf dem Gebiet der Landesverteidigung nicht erfolgen.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Frage?
Bitte sehr.
Herr Kollege Strauß, Sie erinnern sich noch, daß wir damals der Beschaffung eines Flugzeugs zugestimmt haben, welches noch keine Elektronik hatte? In der ganzen Auseinandersetzung — Sie werden sich erinnern — ging es doch nur darum, ob das Waffensystem in Ordnung ist. Das Flugzeug an sich haben wir mit Ihnen gemeinsam beschlossen.
Es ist ein gespenstisches Spiel, das hier getrieben wird, indem das Forum des Bundestags zum Gegenstand von Spezialdebatten elektronischer, ballistischer, aerodynamischer usw. Art gemacht wird, wobei man manchmal den Eindruck hat, daß jemand hofft, wenigstens der andere werde einen Ausdruck verstehen, den er im Augenblick gebraucht hat.
Wir können uns über dieses Thema natürlich endlos unterhalten, Herr Kollege Berkhan. Das wollen Sie nicht und das will ich nicht. Aber es gab zu jener Zeit überhaupt kein Flugzeug, weder in der Entwicklung noch in der Produktion, das gemessen an den bei uns vorhandenen Mitteln, gemessen an den für die Luftwaffe gestellten Aufgaben, gemessen an dem in unseren Regionen vorhandenen Klima als ideales Flugzeug zu bezeichnen gewesen wäre. Darum haben die Herren des Verteidigungsministeriums, General Kammhuber, General Steinhof und die Techniker, damals erklärt: Wir müssen bei jedem Flugzeug ein Waffensystem schaffen und deshalb die Harmonisierung der Gesamtkomponenten der Elektronik, die im einzelnen vorgetragen
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7704 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1965
Dr. h. c. Straußwurden, soweit es damals möglich war, in einer weiteren Entwicklung festlegen. Sie können nicht sagen, daß Ihnen ein fertiges Flugzeug damals zur Annahme empfohlen wurde. Daß nachträglich dann erst noch die Elektronik als weiteres Problem hinzukam, das war von vornherein klar. Aber vielleicht sollten Sie sich doch einmal überlegen, daß Sie es der Öffentlichkeit schuldig wären, zu sagen, welches Flugzeug statt der F 104 Sie genommen hätten, wenn Sie hier schreiben, der Starfighter sei für die Zwecke der Bundeswehr eben doch nicht das beste aller möglichen Jagdflugzeuge. Dabei ist Ihnen mit dem Wort „Jagdflugzeuge" ein Lapsus linguae unterlaufen, der nachträglich einen selbstgebastelten Sinn bekommen sollte.
Denn es handelt sich ja gar nicht um Jagdflugzeuge. Es gab kein Flugzeug dieser Art.Da wir bei einer ganz offenen Aussprache über diese Themen Sind, sage ich Ihnen noch etwas. Herr Wienand hat geschrieben:Noch ehe und bevor die Experten die Vor- und Nachteile der drei Rivalen gegeneinander abgewogen hatten, erklärte der deutsche Verteidigungsminister in aller Öffentlichkeit, für die deutsche Bundeswehr komme nur eine einzige Maschine in Frage, nämlich der „Starfighter" von Lockheed, der er damit vorab ein Monopol verschaffte. Die Leute von Lockheed nahmen verständlicherweise die Chance wahr: Sie diktierten den Preis und nicht nur das. Sie schraubten auch die Gebühren hoch, die wir für den Nachbau der Maschinen in Deutschland bezahlen müssen. Üblich sind Lizenzgebühren in Höhe von 1 bis 2 Prozent. Und wegen der vorschnellen Festlegung des Ministers mußten wir sie bezahlen.Jetzt kommt eine .sehr liebenswerte, entschuldigende Bemerkung:Ich möchte zugunsten von Herrn Strauß annehmen, daß seine übereilte Entscheidung schlicht auf geschäftlicher Naivität beruhte.
Ein Mann, der über Milliarden aus dem Steuersäckel verfügt, der muß eben nicht nur Politiker,— ich danke ihm für dieses Zugeständnis —
sondern auch Geschäftsmann sein. Jedenfalls sollte er es sein, in unserem Interesse.
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7706 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1965
Bitte, Herr Wienand!
Ich darf noch einmal mit dem anfangen, was Herr von Hassel zum Teil bereits erwähnt hat. Sie schreiben von 10 % Lizenzgebühr. Ohne eine Ahnung von der Höhe der Lizenzgebühren, die innerhalb der NATO gerade bei der Überlassung moderner Technik üblich sind, zu haben, schreiben Sie, daß 10 % gewährt worden seien. 1 bis 2 % seien üblich. Das ist beides in gleichem Maße unwahr. Es sind 3 bis 3,3 % gewesen. In der NATO gibt es bei sämtlichen im Nachbau eingeführten Geräten selbstverständlich Geräte, bei denen die Lizenzgebühr niedriger liegt. Wenn man den Opel Kadett nachbauen würde — Sie können den Opel Kadett nicht mit dem Starfighter vergleichen —, würde vielleicht eine Lizenzgebühr von 1 bis 2% reichen. Aber wir haben mit der F 104 — mit ihrer Elektronik und ihrer Zelle — modernste Technik, die das entwickelnde Ausland ungeheure Summen — Milliarden von Dollar — gekostet hat, für verhältnismäßig wenige Millionen D-Mark abgekauft. Das sollte in einer objektiven Würdigung enthalten sein, wenn man überhaupt über die Lizenzgebühr spricht.
Sind Sie bereit, Herr Strauß — das, was ich genau zu diesen Ausführungen des Herrn Ministers von Hassel vorhin schon in Form einer Zwischenfrage brachte —, mir zu diesen Unterlagen zu verhelfen: a) die Verträge, b) auch das, was nachher geschehen ist.
Ich bin' hierzu folgender Auffassung.
Ich bin noch nicht fertig! —
Dann auch das, was Herr Minister von Hassel aufgeführt hat, was über 3% hinausgegangen ist. Wenn wir an Hand dieser Unterlagen das gemeinsam geprüft haben, wäre ich der letzte, der nicht hochgehen und sagen würde: in dem Punkte habe ich geirrt. Solange ich es nicht gesehen habe, muß ich es leider noch aufrechterhalten.
Herr Kollege Wienand, ich darf mir erlauben, dazu folgendes zu sagen. Wenn der Zweck Ihres Vorschlags, die Verträge einzusehen, darin besteht, die Wahrheit der
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Dr. h. c. StraußAussagen des Ministeriums — ich sage zunächst: des Ministeriums, weil ich davon keine Unterlagen habe — und des Herrn von Hassel kontrollieren zu wollen, so wäre das wohl nicht der richtige Ansatzpunkt. Wenn es aber der Zweck ist, Ihnen zu zeigen, welch ungeheuren Umfang diese Verträge haben, mit welch ungeheurem Aufwand an Sachkunde, Zeit und Verhandlungsgeschick sie zum Schluß nach monatelangen Auseinandersetzungen zeit den Firmen zustande gekommen sind, dann würde das zur Rechtfertigung des Titels „Experte" sicherlich noch einiges hinzufügen.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage? — Bitte, Herr Abgeordneter Kliesing.
Herr Kollege Strauß, würden Sie es in der jetzigen Situation nicht für angebracht halten, daß Herr Wienand zunächst einmal die Unterlagen vorlegt, die beweisen, daß der Starfighter eine Lizenzabgabe von 10 % bringt?
Ich denke hier etwas humaner als Sie und möchte ihm das ersparen.
Ich habe hier aber eine Aufzeichnung, in der ganz genaue Angaben gemacht sind, so daß man nicht sagen kann, das beziehe sich auf die erste Tranche und nicht auf alles. Für diese 604 Flugzeuge F 104 G, die nachgebaut werden — Sie wissen ja, daß ein beträchtlicher Teil in Amerika selbst bestellt worden ist —, betrug die Lizenzgebühr für die Zelle insgesamt 37 604 000 DM. Bei den Triebwerken sieht es folgendermaßen aus. Die Grundlizenz kostet 12 Millionen DM. Die Stücklizenz für 793 Triebwerke — von über 1000 Triebwerken — kostet 10 140 000 DM. Wenn Sie mich fragen, was mit den restlichen 375 Triebwerken ist, darf ich Ihnen versichern, daß für diese Triebwerke in den Verträgen eine Lizenzfreiheit ausgehandelt worden ist. Wir zahlen also 10 Millionen DM Stücklizenz für etwa 1100 Triebwerke. Sie wissen, man braucht für ein Flugzeug etwa anderthalb Triebwerke. Besser wären zwei, aber man 'hat sich hier mit einer Quote von 1,6 begnügt.604 Flugzeuge und 1100 Triebwerke kosten also zusammen 37 plus 22 Millionen gleich rund 60 Millionen DM. Und Sie erzählen 10 Millionen Lesern — wenn ich die letzten Angaben dieser Illustrierten über ihre Verbreitung als richtig unterstellen darf —, daß die Naivität des Herrn Strauß, der zwar Politiker sein möge, aber als Geschäftsmann zu dumm und unerfahren sei, den deutschen Steuerzahler eine halbe Milliarde Mark gekostet habe!
Dann muß ich aber noch fragen, Herr Kollege Wienand: Meinen Sie eine halbe Milliarde Mark zuviel gekostet hat oder eine halbe Milliarde Mark überhaupt gekostet hat? Nach dem Kontext Ihrer Darlegungen muß ich annehmen: eine halbe Milliarde zuviel. Denn Sie glauben doch nicht etwa, daß irgendein Minister oder irgendein Ministerium von Lockheed und General Electric Lizenzfreiheit bekommt, weil wir so liebe Bundesgenossen sind! Also muß ich annehmen, daß Sie eine halbe Milliarde Mark über das gebotene Maß hinaus meinen. Da muß ich schon sagen, Herr Kollege Wienand: Reden wir nicht von großen betriebswirtschaftlichen Kenntnissen, sondern davon, wo das Komma gesetzt wird!
Ich sage das nicht, um Sie anzugreifen.
Aber was soll man darauf antworten, wenn ein Wehrexperte
einem bestätigt, daß man ein naiver, ahnungsloser Trottel gewesen sei, der vielleicht ganz gute politische Reden halten kann, dier aber zu dumm und zu unfähig ist, um mit ausländischen Firmen mit Hilfe seines Apparats einen angemessenen Vertrag auszuhandeln!? Diese Form der Ehrabschneidung auf sachlicher Ebene kann ich mir auch nicht gefallenlassen.
Als ich Ihren Artikel gelesen habe, habe ich gemeint — entschuldigen Sie den vulgären Ausdruck —, mich haut's um.
10 % Lizenzgebühr! Ich habe mich sofort beim Verteidigungsministerium erkundigt. Ja, sollte dieser unvorstellbare Fall passiert sein, dann würde ich selbst sagen: 10% sind nicht zu verantworten, sie wären unserer damaligen Überlastung, Unfähigkeit oder mangelnden Besetzung zuzuschreiben. Aber ich habe es für ausgeschlossen gehalten.
— Nach Ihnen, Herr Kollege Eschmann!Ich darf Ihnen auch den Abschluß dieser Vertragsverhandlungen schildern. Die Vertragsverhandlungen mit Lockheed waren gescheitert, gescheitert auf Grund unserer harten Gegenbedingungen. Dann haben mich meine Beamten und die Spitzen der Firma Lockheed — u. a. war der in der Zwischenzeit verstorbene Generaldirektor persönlich erschienen — gebeten, die letzte abschließende Sitzung zu leiten, und bei dieser Sitzung haben wir den Amerikanern noch ganz gewaltige Konzessionen abgerungen, weil sie ein Interesse daran hatten, diesen Auftrag zu bekommen.Nun bin ich aber gar nicht so einseitig und so scheinheilig, zu sagen, daß die Amerikaner durch unser Verhandlungsgeschick und unsere Verhandlungsenergie zu einem Verlustgeschäft gekommen seien. Denn dafür sind die viel zu erfahren, viel zu raffiniert und — mißt Recht — viel zu geschäftstüchtig. Sonst wären sie ja auch schon längst untergegangen. Man muß einer Firma, die mit uns verhandelt, schon das Recht zugestehen, daß sie auf einen gewissen Gewinn bedacht ist. Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, daß dieser Gewinn in angemes-
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7708 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1965
Dr. h. c. Straußsehen Grenzen bleibt. Das ist in diesem Fall im großen und ganzen so erreicht worden.Im übrigen, Herr Kollege Wienand, handelt doch der Minister einen solchen Vertrag nicht persönlich aus. Was soll er denn sonst noch alles tun: Flugzeuge einfliegen, die Eletronik überprüfen, Schiffsstähle kontrollieren und dann noch einen Vertrag von diesem Umfang aushandeln?! Er muß sich auf die Qualität seiner besten Mitarbeiter verlassen. Ich würde das Team, dessen Namen Ihnen sicherlich genannt werden können, nicht einfach kollektiv der Unfähigkeit, der Dummheit oder etwa gar der bewußten Schädigung des deutschen Steuerzahlers bezichtigen. Das haben diese Männer einfach nicht verdient.
Im übrigen, da Sie von einer voreiligen Entscheidung sprechen: Lockheed wußte, daß die Entscheidung für den Starfighter gefallen war. Herr Kollege, denken Sie bitte mit in den Kategorien des Ablaufs solcher Dinge. Man verlangt, daß eine Modellentscheidung getroffen wird; das wissen Sie. Ich verhinderte, daß eine Modellentscheidung getroffen worden ist; denn in dem Augenblick, wo eine Modellentscheidung fällt, ist nicht mehr zu verhindern, daß der Inhalt des Ergebnisses der Modellentscheidung den Interessenten bekannt wird.Sie, Herr Kollege Wienand, verlangen aber mit Recht von uns etwas anderes, nämlich daß man — bevor man sich rechtsverbindlich gegenüber einer Firma festliegt — dem Verteidigungsausschuß die Entscheidung des Ministeriums mit ausführlicher Begründung vorträgt und das Votum des Verteidigungsausschusses einholt. So ist damals doch die Praxis gewesen, und so ist sie heute noch. So ist es auch geschehen, wie Sie sich sicherlich erinnern werden. Es ist schlechthin unmöglich, den Vorschlag des Ministeriums, der dem Verteidigungsausschuß schriftlich mit einer umfassenden mündlichen Begründung gemacht worden ist, etwa gegenüber den Tausenden von Interessenten, Journalisten, wirtschaftlich Interessierten geheimzuhalten, besonders in dem Augenblick, wo das zum Gegenstand einer so umfassenden Diskussion in einem Ausschuß in Anwesenheit von etwa 100 Personen gemacht wird.Darum haben wir die Firmen lange gegeneinander ausgespielt, Herr Kollege Wienand. Ich darf das ausdrücklich sagen. Man sollte diese Praxis eigentlich gar nicht bekanntgeben, weil es eine Art Viehhändlerpraxis ist. Lange Zeit haben wir der Firma Lockheed gesagt, wenn sie nicht nachgebe, könnten wir auch die Mirage und den Supertiger nehmen, — obwohl wir beide nicht hätten nehmen können aus Gründen, die ich nicht noch einmal nennen will. Wir haben Lockheed mit Abbruch der Verhandlungen gedroht und gesagt: Wenn ihr uns nicht in wesentlichen Punkten Konzessionen macht, dann nehmen wir ein anderes Flugzeug.Sehen Sie, das war die leichtfertige, übereilte, überstürzte, überhastete, sozusagen auf Kosten des Steuerzahlers mit Milliardenverlusten arbeitende Entscheidung, von der Sie hier gesprochen haben. Man kann hier eben nicht, wenn ich es einmal so sagen darf, von den Dingen sprechen, wie der kleine Max vom lieben Gott spricht; denn das ist in dem Fall einfach nicht angebracht und unmöglich.
Etwas anderes, Herr Kollege Wienand, hat Herr von Hassel Ihnen heute erspart. Aber ich möchte eine Frage stellen. Sie haben, wie heute bereits verlesen, von einem geheimen Waffensystem gesprochen — soll ich es vorlesen? —, von einem geheimen Waffensystem, das Sie nur aus Gründen der Vermeidung des Landesverrats in idem Artikel nicht nennen könnten. Sind Sie in der Lage, uns dieses Waffensystem zu nennen? Herr von Hassel hat mich ermächtigt, Ihnen mitzuteilen, daß das Ministerium dieses Waffensystem aus der Geheimhaltung entlassen hat.
Sind Sie in der Lage, dieses Waffensystem zu nennen?
Herr Strauß, Ihnen ist aus Ihrer eigenen Erfahrung gewiß bekannt, daß nur der Verteidigungsausschuß das freigeben kann, was er für vertraulich und geheim erklärt hat, nicht der Herr Minister.
Aber ungeachtet dessen, daß damit die 250 oder 350 Verträge gemeint waren, die dann zu der Einsparung von 240 Millionen geführt haben und die sich nach Aussagen eines maßgebenden Mannes auf so ein Waffensystem bezogen, fühlte ich mich nicht ermächtigt — auf Grund der Vertraulichkeit der Beratungen im Verteidigungsausschuß —, anzugeben, wozu sie gehören.
Herr Kollege Wienand, dieser Fall, den ich erst gar nicht stärker hervorheben möchte, beweist doch, mit welcher bodenloser Fahrlässigkeit dieser Artikel geschrieben worden ist.
Sie sprechen von einem 2-Milliarden-Objekt, einem Waffensystem, „über das ich öffentlich nicht näher berichten darf, wollte ich mich nicht des Landesverrats schuldig machen". Ich darf Ihnen nach Rückfrage beim Verteidigungsministerium — das interessiert mich auch — sagen, daß es kein solches Waffensystem gibt. Dieses Waffensystem spielt etwa die Rolle des Ungeheuers von Loch Ness.
Hier handelt es sich um 300 bis 400 Verträge — es sind wohl etwa 350 Verträge —, die quer durch den ganzen militärischen Ausrüstungsgarten gehen und die eine Fülle von Gegenständen umfassen, die überhaupt nicht zusammengehören. Mir hat der Referent des Verteidigungsministeriums gesagt, daß die verstärkte Preisprüfung noch zu einem weiteren Nachlaß von 240 Millionen DM bei Hunderten vonDeutscher Bundestag. — 4. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1965 7709Dr. h. c. StraußGegenständen — einmal zusammengefaßt ausgedrückt — geführt hat.Aber hier wird doch beim Leser ein gruseliges Gefühl erzeugen, wenn es heißt, daß das Geld — wie hier bei Geheimwaffen — viertelmilliardenweise hinausgeschmissen werde. Dagegen müssen wir uns wehren, nicht aber gegen die Preisprüfung und auch nicht gegen die Berechtigung Ihres Anliegens. Es ist damit etwas umgekehrt, Herr Kollege Wienand. Was Sie heute kritisiert haben, war Gegenstand meiner Bemühungen und auch — ich gebe das offen zu — meines Ärgers wegen jahrelanger Erfolglosigkeit. Es handelt sich nämlich um das Bemühen, die Zuständigkeit für die Preisprüfung durch einen Kabinettsbeschluß oder durch eine Änderung der Rechtsgrundlage aus der. Zuständigkeit des Wirtschaftsministeriums und der nachgeordneten Stellen in den Ländern — das sind die Landeswirtschaftsministerien und die Regierungspräsidenten— herauszulösen und in die Zuständigkeit des Verteidigungsministeriums zu überführen. Das ist aber— und jetzt wollen wir uns alle an die Brust klopfen — intra muros et extra muros immer abgelehnt worden, und zwar mit der Begründung, man dürfe die Zuständigkeit des Verteidigungsministeriums nicht zu stark ausdehnen und müsse auch andere Ressorts in die wirtschaftliche Kontrolle einschalten, weil sonst die Herren in ihrem geschlossenen Bereich mit den Steuergeldern machten, was sie wollten. Das bedeutet: Genau das Argument, auf Grund dessen Sie heute eine Preisprüfung durch das Verteidigungsministerium verlangen, mußte damals herhalten, um die Zuständigkeit der Preisprüfung durch ein anderes, unabhängiges Ministerium zu begründen. Aber es geht hier ja weniger um die rationale Begründung als einfach um die Argumentation.Ich möchte nicht über einzelne Probleme, die noch in meine Zeit fallen — ich könnte mich der Vollständigkeit halber dazu gezwungen sehen —, anführen. Trotzdem will ich nicht mehr über den U-Boot-Stahl und über die Transall sprechen. Wenn man die C 130 bestellt hätte, hieße es sicherlich, es wäre besser gewesen, die Transall zu bestellen, denn erstens wäre es ein schwerer Schlag für die deutschfranzösische Freundschaft, wenn man die Gemeinschaftsentwicklung nicht in eine gemeinsame Produktion umsetzte, und zweitens sei Transall besser.Mein humoristisches Resümee lautet folgendermaßen: Wenn wir in Washington bestellen, wenn wir in Ottawa bestellen, wenn wir in London bestellen, wenn wir in Paris bestellen, dann ist es falsch, wenn wir in Rom bestellen, ist es falsch wenn wir in Tel Aviv bestellen, in Ankara bestellen, dann ist es falsch; wir müssen uns nach anderen Quellen umsehen. Was wir zu Hause machen, ist auch noch falsch. Jetzt müssen wir gemeinsam nach Moskau gehen, und vielleicht bekommen wir von dort die richtigen Waffen. Es ist doch allmählich wirklich ein gespenstisches Spiel geworden, wenn man nur hört: falsch, falsch, falsch, falsch, falsch! Sie haben doch nur die Wahl, entweder zu erkennen, daß Sie damit eine demoralisierende Wirkung ausüben, oder zuzugeben, daß Ihr Urteil als Experte leider nichtsmehr wiegt, solange Sie sich nicht eines seriösen Stiles befleißigen.
Sie warten auf den Appetithappen HS 130, Herr Kollege Wienand! Da muß ich leider wieder eine Etage heruntergehen; denn die Entscheidung über den HS 130 ist vor meiner Zeit getroffen worden, und ich danke Ihnen für die Objektivität, mit der Sie feststellen, daß ich mich bemüht habe, den Umfang der ursprünglichen Beschaffungen erheblich zu reduzieren — allerdings um den Preis großer Auseinandersetzungen, sogar gerichtlicher Art, mit der Firma und von Vergleichsverhandlungen, die nicht immer sehr erfreulich verlaufen sind.
— Ich verteile hier immer Sonne und Regen, wie es mir richtig zu sein scheint, Herr Kollege Berkhan.Aber um damit zu einem Abschluß zu kommen, weil man ja nicht über alle diese Dinge im einzelnen reden kann: ich glaube immerhin an Hand der Beispiele und der aus dem Gedächtnis wiedergegebenen Abläufe bewiesen zu haben, daß es doch ganz anders war, als es hier dargestellt worden ist. Denn wir müßten uns nachträglich wirklich verurteilen, wenn wir mit einer solch bodenlosen Leichtfertigkeit, einer solch horrenden Sachunkenntnis und dann noch mit solch miserablen Ergebnissen bisher die Bundeswehr aufgebaut hätten. Ich weiß dann aber gar nicht, warum die ganze Welt sagt, daß die Bundeswehr innerhalb der NATO das zweitbeste Instrument nach den Amerikanern sei, daß die Bundesrepublik der zweitstärkste Partner sei und auch den qualitativ zweitbesten Beitrag leiste. Ich selbst bin davon überzeugt: das ist nicht etwa das Ergebnis meiner Arbeit, sondern das Ergebnis des Zusammenwirkens einer großen Zahl von Soldaten, Unteroffizieren und Offizieren bis hinauf zu den Generalsrängen, von Technikern, Juristen und Betriebswirtschaftlern, d. h. eines Teams, das wir unter schwierigsten Umständen aufgebaut, zusammengebracht, zusammengehalten und überhaupt mit dem inneren Selbstvertrauen ausgestattet haben, das der inneren und äußeren Kritik, die oft sehr gehässig und demagogisch war, immer standgehalten und trotzdem seine Pflicht erfüllt hat. Auch das muß in diesem Zusammenhang gesagt werden.
Warum ich diese Ausführungen — auch ich weiß, daß man bei Illustrierten-Artikeln nicht immer jedes Wort auf die Goldwaage legen darf —
— Ja, ja — aktiv und passiv, Herr Kollege Eschmann. Aber das gilt auch für Sie, da Sie ja auch einen prominenten Vertreter, sogar an der Spitze Ihrer Reihen haben. Ich bin ja nur Juniorenpartner in diesem großen Verein hier.
— Sicher, sicher. Sie verkennen mich völlig.
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7710 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1965
Dr. h. c. StraußAber Sie schreiben: Wir kaufen Maschinenpistolen und Militärunterhosen in Israel; denn wir haben ein schlechtes Gewissen, weil deutsche Raketenforscher für Ägypten arbeiten. Ein Beispiel für Unseriosität! Die Entscheidung für die Maschinenpistolen habe ich nach jahrelangen Verhandlungen der Experten getroffen, die zu keinem Ergebnis geführt haben und die zum Schluß zu dem Ergebnis geführt hätten, daß wir immer noch keine Maschinenpistole gehabt hätten. Ich !habe mich für die israelische, die Uzi, entschieden, die sich übrigens im Sinai-Feldzug ausgezeichnet bewährt hat. Aber eine Maschinenpistole kann sich ja nicht bei einem Eishockeyspiel bewähren, sondern nur bei einem Feldzug.
Die erste Mitteilung, daß deutsche Wissenschaftler eventuell in Ägypten arbeiten, haben wir im Herbst 1962 bekommen. Sie stellen hier einen Kausalkonnex her, daß wir aus schlechtem Gewissen wegen der Tätigkeit deutscher Wissenschaftler im Jahre 1958 die Maschinenpistole gekauft hätten. So kann man das nicht machen.
Noch ein weiteres Detail, aber dann höre ich mit den Details endgültig auf. Die Bestellung des Granatwerfers in Finnland! Erstens ist er eine finnische Entwicklung. Aber ich kann hier dazu sagen — den Mitgliedern des Ausschusses wird es sowieso bekannt sein —: er ist in Israel produziert und von Israel bezogen worden. Es unterliegt nicht dem geringsten Zweifel, daß unsere Erstausstattung mit Granatwerfern — das war der französische Brandtwerfer — wesentlich schneller war als unsere Zweitausstattung, der Tampella-Werfer, und den Tampella-Werfer haben wir nicht deshalb bestellt, weil deutsche Wissenschaftler in Ägypten arbeiten — sozusagen als Kompensationsgeschäft —, haben wir nicht deshalb bestellt, weil der Eichmann-Prozeß vor der Tür Stand, und nicht deshalb, weil Wiedergutmachungsleistungen fällig waren, sondern weil in der gesamten westlichen Welt der finnische Granatwerfer, der auf den Erführungen des Winterkampfes mit Rußland aufgebaut ist, also von den damaligen Feldzügen her, der weitaus beste Granatwerfer war und heute noch ist. Warum setzen Sie ihn herab?Sie schreiben dann noch: das sei der Granatwerfer gewesen, der das Unglück in Bergen-Hohne verursacht habe, um damit wieder das unterschwellige Grauen und die unheimliche Angst zu züchten. Sie sagen damit, das sei ein Granatwerfer, der leicht zu Unfällen führe. Sie wissen ganz genau, daß menschliche Unzulänglichkeit und mangelnde Dienstaufsicht an diesem bedauerlichen Unglück in BergenHohne allein schuld waren und daß die Waffe — in dem Fall muß ich sagen: Gottlob! — an diesem Unfall nicht die leiseste Schuld hat. Das sind die Beispiele, ich Ihnen sagen wollte.Ich darf eine Schlußbemerkung machen. Man möchte noch vieles sagen. Heute ist viel die Rede gewesen von Organisation, von Ausbildung, von Führung, von Unteroffizier- und Offizierskorps.. Es war hier in diesem Hause, daß ich mich rechtfertigenmußte gegenüber dem Kollegen Helmut Schmidt, Ihrem Schattenkollegen, Herr von Hassel, dem anderen Clausewitz sozusagen, den die Opposition zu bieten hat.
Damals sagte Helmut Schmidt:Weswegen klammert sich eigentlich die Bundeswehr so an die Voraussetzung des Abiturs für die Offizierslaufbahn?Ich habe damals nachgewiesen, daß es auch noch zwei andere Wege gibt, aber der regelmäßige Weg der des Abiturs ist. Er bezichtigte damals die Regierungsparteien, sie könnten nicht über ihren konservativen Schatten mit dem Abitur springen, und sagte:Zweifellos hat der Soldat Anspruch darauf, von einem gebildeten Offizier geführt zu werden. Aber ich möchte fragen: Bietet eigentlich das Zertifikat des Abiturs wirklich eine Gewähr für die Bildung des Vorgesetzten?In Ihrem Karlsruher Programm verlangen Sie, daß ein Offizierskorps, das nach Ihrer Auffassung nicht die Hochschulreife haben soll, vier Semester Hochschulausbildung zu Lasten des Steuerzahlers und zu Lasten der Personalbesetzung erhalten soll. Wie bringen Sie das in einen Zusammenhang?
— In dem Fall müßten Sie einen vierten Bildungsweg finden.
Ich erinnere mich noch der Diskussion — und ich glaube, der Kollege Erler war der Wortführer auf der Seite der Opposition — über die richtige Gliederung des Ministeriums. Denn im Frühjahr 1957 bin ich mit Vorschlägen zu einer Neugliederung des Ministeriums in mäßigem Umfang herausgekommen, weil die alte Gliederung — eine Abteilung Streitkräfte Nr. 4, Heer Nr. 5, Luftwaffe Nr. 6, Marine 7 ohne Sanitätsinspektion — überhaupt falsch war. Das war eine rein ministerielle Gliederung. Damals ist der Führungsstab Bundeswehr geschaffen worden, damals sind die Teilstreitkräfte unterstellt worden und die Sanitätsinspektion dazu geschaffen und unterstellt worden. Allerdings hatten die Inspekteure — das war ihre Bedingung — ein unmittelbares Vortragsrecht beim Minister, das sie wohl bei jeder vernünftigen Zusammenarbeit auch heute noch haben, selbst bei strengster militärischer Unterstellung, ohne daß der Generalinspekteur in jedem Falle dabei sein muß.Als ich damals theoretisch die Möglichkeit anschnitt — das war gar nicht meine Meinung —, man könne ja auch die gesamte militärische Führungsspitze aus dem Ministerium ausklammern und könne eine Art Oberkommando der Bundeswehr mit unterstellten Teiloberkommandos — Oberkommando Heer, Luftwaffe, Marine — schaffen, war es die gemeinsame Auffassung aller politischen Kräfte, die in dem Ausschuß vertreten waren, daß diese Lösung aus Gründung der geschichtlichen Erfahrung, aus
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1965 7711
Dr. h. c. StraußGründen der politischen Kontrolle und aus Gründen der Integration des militärischen und zivilen Sektors um jeden Preis zu vermeiden sei und keinesfalls dem Verteidigungsminister erlaubt werden würde. Mich müßte mein Gedächtnis schon ganz schwer trügen, wenn ich das nicht dem Sinn nach korrekt wiedergeben würde. Damals sagte auch Helmut Schmidt:Die Schaffung eines militärischen Oberbefehlshabers innerhalb des Ministeriums selbst in der formalen Stellung eines Stabschefs der Bundeswehr mit bloß vom Minister abgeleiteten Weisungsbefugnissen über die militärischen Abteilungen könnte bedenklich nahe an das herankommen, was man im Ausland die passive Auffassung von der zivilen Leitung der Wehrmacht nennt.Mir scheint, daß die jüngsten Vorschläge des Kollegen Helmut Schmidt die passive Auffassung von der zivilen Leitung der Wehrmacht geradezu in perfektionistischer Weise zum Ziel gesetzt haben.
Er hat weiter am 4. Mai 1956 erklärt:
Wir halten es für gut, daß man der Versuchung widerstanden hat, einen militärischen Spitzenmann innerhalb des Ministeriums zu schaffen, eben gerade wegen der Erfahrung mit Seeckt und wegen der Erfahrung mit der Reichswehr.Ich werde das peinliche Gefühl nicht los, daß damals die Bundeswehr als Objekt gewissermaßen für wahlstrategische Psychoanalysen ihrem quantitativen Umfang nach noch nicht interessant genug war,
daß aber, sicherlich auch bei Ihnen, eine innere Umstellung erfolgt ist, die ich nicht leugnen will, die wir hier bei der Abstimmung über die Verlängerung der Wehrpflicht erlebt haben. Heute, wo die Bundeswehr ein militärischer Faktor ist, wo sie — ich bitte, das Wort nicht falsch zu verstehen — ein politischer Faktor in der westlichen Gemeinschaft ist, wo die Bundeswehr auch ein soziologischer Faktor ist, wo sie 430 000 Soldaten umfaßt — mit den Familienmitgliedern kann man gut eine Million rechnen, darunter sind eine Dreiviertelmillion Wahlberechtigte —, ein sehr interessantes Objekt der Bemühungen von allen Seiten geworden ist, wobei ich leider meinen Parteifreunden erheblich geringeren Fleiß zuschreiben muß als Ihnen, und das sollten Sie anerkennen.
Das ist ja das, was mich bei dieser ganzen Lektüre Lind was mich auch bei einer Bemerkung in der Rede des Herrn Wienand bedrückt hat, wenn er von einem vermeintlichen außenpolitischen Druck sprach, der die Bundesregierung angeblich gezwungen hat, übereilt, überstürzt, überhastet, forciert und deshalb mit zahlreichen Mängeln und Fehlern belastet und um den Preis der Verschwendung von Milliarden schnell eine Armee aufzubauen oder richtiger gesagt zusammenzustopseln. Damit sind wir wieder amAusgangspunkt aller Wehrdebatten angelangt. Ich muß das leider sagen.
— Darum geht es nicht, sondern es geht darum, daß wir heute noch gar nichts hätten, wenn wir nicht die Fakten geschaffen hätten, die Sie veranlaßt haben, Ihr gesamtes außen und militärpolitisches Konzept zu revidieren.
Sie wollten doch, Herr Kollege Berkhan, diese Bundeswehr ursprünglich nicht. Sie haben doch alles getan, um ihr Zustandekommen zu verhindern, Sie haben alles getan, um ihren Aufbau möglichst langsam zu gestalten, und Sie haben nie einen Zweifel daran gelassen, daß diese Bundeswehr nicht in Ihr damaliges außenpolitisches Konzept paßte. Gut, das ist Ihre Meinung. Sie haben das Recht, Ihre Meinung zu haben; aber wir haben auch das Recht, unsere Meinung zu haben, und ich glaube, wir haben die besseren Gründe auf unserer Seite. Im Jahre 1950, als Adenauer das Angebot an die drei Hochkommissare machte — Sie wissen, was ich meine, es war wenige Wochen nach dem Ausbruch des Korea-Krieges —, hatten wir eine außerordentlich gespannte militärische Situation, die sich noch über eine Reihe von Jahren fortgesetzt hat. Nach den Festlegungen sowohl der NATO-Konferenz von Lissabon wie der späteren NATO-Konferenzen war die Lücke zwischen dem, was die NATO als Minimum für eine konventionelle und atomare Abschreckung, für eine stufenlose Abschreckung bezeichnete, und dem, was in Wirklichkeit vorhanden war, so groß, daß sie ohne deutsche Beteiligung auch nicht in dem Maße hätte geschlossen werden können, wie sie heute durch unser rechtzeitiges und frühzeitiges Ja zur Bundeswehr geschlossen worden ist.Ich wende mich einfach gegen diese Auffassung: vermeintlicher außenpolitischer Druck — übereilt, überstürzt, überhastet, forciert, zu schnell — weil sie alle möglichen Ambitionen hatten, haben sie diese Armee so rasch hingestellt, und jetzt haben wir sie da, mit tausend Fehlern und Mängeln. Ich darf, ohne pathetisch zu werden, sagen, Herr Kollege Wienand: Wir haben damals als Regierungspartei die geschichtlichen Zeichen der Stunde erfaßt und haben demgemäß gehandelt. Sie haben sich später angeschlossen, das erkennen wir an. Aber so war der Ablauf der Dinge. Sie haben niemals in Ihren ganzen Betrachtungen so ernsthaft die sowjetische Gefahr, die Bedrohung Berlins in Ihr Kalkül eingestellt, wie wir es getan haben und als verantwortliche Regierungspartei tun mußten.
Ich wäre nach allen den Erfahrungen, die ich gemacht habe, nach den guten und schlechten Tagen der letzte, der nicht die innere Reife und Läuterung hätte, zu sagen, dieses oder jenes hätte nachträglich gesehen nicht anders oder besser gemacht werden
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7712 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1965
Dr. h. c. Straußkönnen. Das geht jedem so im Leben, der handelt. Wer nur denkt und redet, der kann nie im Handeln einen Fehler begehen.
Wer handelt, wird automatisch schuldig — darf ich einmal beinahe im Stile der griechischen Tragödie sagen —, und wer handelt, begeht bei diesem Handeln auch automatisch Fehler. Aber eines wird doch niemand bestreiten: daß die Bundesrepublik mit diesem Handeln die Gleichberechtigung mit den ehemaligen Kriegsgegnern erlangt hat, daß sie mit diesem Handeln die Sicherheit gegenüber einem potentiellen Aggressor erlangt hat und daß sie damit überhaupt in die Lage versetzt worden ist, mit den Westmächten und mit den Sowjets auf einer gleichen Ebene über die deutschen Lebens- und Schicksalsfragen zu verhandeln. Dazu gehört auch die Bundeswehr. Auch sie war ein Stein dieser Politik und nicht ein Selbstzweck ehrgeiziger, militärlüsterner Abenteurer — oder wie man uns sonst immer gern bezeichnet. Wir haben einem Ziel gedient, wir haben uns in der Öffentlichkeit und international durchgesetzt, und wir haben uns dieser Politik nicht zu schämen.
Das Wort hat der Abgeordnete Erler.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir zu dieser vorgerückten Stunde noch ein paar Bemerkungen.
Der Kollege Strauß hat eben in erfreulicher Offenheit gesagt, wer handle, der begehe Fehler. Aber gleichzeitig haben wir den ganzen Tag vernommen, daß offenbar, wenn man dann redet, auch Fehler unbedingt bestritten werden müssen, statt daß man sich auch einmal gelegentlich zu ihnen bekennt und sich um ihre Abstellung bemüht.
Wir haben ja doch schließlich die Debatte zu einem Zeitpunkt begonnen, als eine ganze Reihe von Fragen erörtert wurden, die sich inzwischen dem Horizonte der hier Anwesenden etwas entzogen haben.
Ich will jetzt nicht auf die Fragen eingehen, die der Kollege Strauß als den Ausgangspunkt aller Wehrdebatten zu Beginn der fünfziger Jahre bezeichnet hat. Es hat überhaupt keinen Sinn, die Geisterschlacht über den Katalaunischen Feldern wieder und wieder hier aufzuführen.
— Sie wissen genau wie wir, daß sich die Situation gegenüber den fünfziger Jahren grundlegend geändert hat.
Mir tut es nach wie vor leid, daß nicht in jenen
Jahren, bevor die Sowjetunion das amerikanische
Atommonopol gebrochen hatte und sich im Besitz
strategischer Fernwaffen befand, ein großer Versuch unternommen worden ist
— zusammen mit unseren Alliierten —, herauszufinden, ob wir nicht auf der Grundlage anderer europäischer Sicherheitslösungen, natürlich unter Mitwirkung auch eines deutschen Beitrages, eine politische Lösung der deutschen Frage hätten finden können.
Es ist müßig, darüber zu streiten. Wir können nicht beweisen, daß ein solcher Weg zum Erfolg geführt hätte; er ist nie versucht worden. Aber Ihr Weg hat uns, wenn er gewiß auch in der Sicherheitsfrage Erfolge zu verzeichnen hatte, der deutschen Einheit keinen Zentimeter nähergebracht.
Das muß man doch einmal sagen.
Inzwischen sind aber eben weltpolitische Tatsachen geschaffen worden, die die Ausgangslage gegenüber den fünfziger Jahren völlig verändert haben.
— Aber natürlich! Seitdem die Sowjetunion den amerikanischen Boden genauso beschießen kann wie die Amerikaner den sowjetischen, ist eine neue Lage eingetreten. Das steht in allen möglichen, sogar gelegentlich auch von Ihnen gelesenen Lehrbüchern geschrieben.
— Bitte, Herr Kollege Kliesing, wenn es unbedingt sein muß!
Herr Kollege Erler, Sie sprachen eben davon, daß man einen Versuch hätte unternehmen müssen, ehe das Nuklearmonopol der Amerikaner gebrochen gewesen sei, und daß das mit deutscher Mitwirkung hätte geschehen müssen. Ist Ihnen klar, daß das amerikanische Nuklearmonopol bereits zu einer Zeit gebrochen war, als eine Bundesrepublik Deutschland noch gar nicht existierte, daß also diese grundlegende Prämisse, die Sie hier setzen, falsch ist?
Entschuldigen Sie, die Brechung dieses Monopols ist nicht durch eine Explosion entstanden. Sie wissen, wie weit der Weg von einer Explosion bis zu einem Waffensystem ist und daß die Sowjetunion damals nicht über eine strategische Luftwaffe gebot, die auch nur im Traum den ameri-
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1965 7713
Erlerkanischen Boden .hätte erreichen können. Das weiß man erst seit dem Sputnik, nämlich seit 1957. Da hatten sich die Dinge erheblich geändert.
Aber, meine Damen und Herren, das ist jetzt, gar nicht der entscheidende Punkt. Ich weiß, daß es Ihnen Spaß macht, immer wieder auf diesen Punkt zurückzukommen. Wir haben uns, seitdem die Verträge abgeschlossen sind, dazu bekannt, daß Verträge zu halten sind. Anschließend ging die Diskussion nie darum, ob die Verträge Rechtens sind oder nicht, sondern sie ging darum, wie innerhalb dieses Vertrages der deutsche Verteidigungsbeitrag auszusehen hat. Da haben wir erbitterte Diskussionen gehabt. Aber es ging nicht um gar keinen oder einen, sondern innerhalb dieses Vertrags, nachdem er abgeschlossen war, Herr Kollege Kliesing, um d e n Inhalt dieses deutschen Verteidigungsbeitrags.
— Es hat eine ganze Masse damit zu tun, weil zum Beispiel heute hier das, was von dem Kollegen Wienand gesagt wurde und auch gemeint war, glatt bestritten wurde, daß eventuell unter dem von Ihnen sicher anders als von uns eingeschätzten Druck innerhalb des Bündnisses die Bundeswehr in einem Tempo aufgebaut worden ist, mit dem die eine oder andere Erscheinung verbunden war, die es zu korri gieren gilt. Man kann sich heute durchaus, wie Sie, auf den Standpunkt stellen, diesem Druck konnte sich niemand entziehen. Andere sind der Meinung, daß es vielleicht richtig gewesen wäre, mit den Verbündeten darüber zu sprechen, ob nicht vielleicht die Qualität gegenüber der Quantität damals im Rahmen des Bündnisses der bessere Weg gewesen wäre.
Aber auf alle Fälle können Sie nicht sagen, daß man über diese Frage nicht diskutieren dürfe.Damit bin ich bei dem entscheidenden Punkt. Ich wehre mich dagegen, daß jede Diskussion der Verteidigungspolitik und einzelner Probleme ohne weiteres — das betrifft heute weniger den Kollegen Strauß als vielmehr den Herrn Minister selbst —umgefälscht wird.
in einen Angriff auf die Landesverteidigung und die Bundeswehr überhaupt. Das ist es, wogegen ich mich wehre.
(Abg. Dr. h. c. Strauß meldet sich zu einerZwischenfrage.)— Gut, wenn Sie unbedingt wollen!
Ich habe nur eine Frage zu stellen: Wie bringen Sie, Herr Erler, mit Ihrem löblichen Grundsatz „pacta sunt servanda", also: „nach Abschluß der" — von Ihnen abgelehnten — „Verträge haben wir uns zu der Konsequenz bekannt", die Tatsache in Einklang, daß Sie das Freiwilligengesetz, das Soldatengesetz wie vor allem das Wehrpflichtgesetz, deren Verabschiedung für die Einhaltung der Verträge unerläßlich notwendig war, trotzdem abgelehnt haben und, wenn es nach Ihnen gegangen wäre, zu Fall gebracht hätten?
Sehr wohl, weil damals von Anfang an die Debatte über die Bewaffnung im Zeichen der allgemeinen Wehrpflicht stand und weil wir diese Wehrverfassung auch im Rahmen der Verträge für die Bundesrepublik Deutschland damals nicht für zwingend geboten gehalten haben. Wir 'haben uns im Zug der dann eingetretenen Entwicklung davon überzeugt, daß man im Interesse der Erhaltung der Kampfkraft der Bundeswehr das Wehrsystem nicht über Nacht ändern kann. Wir wundern uns nur, daß nicht ähnliche leidenschaftliche Vorwürfe so wie uns auch etwa dem Kollegen Kreitmeyer zuteil werden, der ein Abgehen von der Wehrpflicht und den Übergang auf eine Armee von länger dienenden Freiwilligen und Berufssoldaten heute erneut hier vorgeschlagen hat. Wir fürchten, daß ein solcher Weg die Kampfkraft der Bundeswehr zur Zeit über Gebühr schwächen würde. Ich darf Ihnen aber sagen, daß in allen modernen Armeen .der ganzen Welt der Trend zu einer allmählichen Umstellung auf ein größeres Element länger dienender Freiwilliger und Berufssoldaten geht. In allen Armeen der Welt! Wir werden uns also auf die Dauer auch bei uns aus verteidigungspolitischen Gründen der Erörterung dieses Problems gar nicht entziehen können.Aber vielleicht darf ich einmal daran erinnern: Als es darauf ankam, hier in diesem Hause nach dem sowjetischen Vorstoß gegen Berlin eine wichtige und sicher in unserem Volk nicht sehr populäre Entscheidung durchzuziehen, als wir hier über die Verlängerung des Grundwehrdienstes von 12 auf 18. Monate beraten haben, da hat die sozialdemokratische Fraktion keine Sekunde gezögert angesichts der aktuellen außenpolitischen Situation und Gefahr und der Verlängerung des Grundwehrdienstes ihre Zustimmung gegeben. Ich sage das nur noch einmal, um in Erinnerung zu rufen, daß wir uns um die verteidigungspolitischen Probleme, wenn auch gelegentlich mit erheblich anderer Konzeption als Sie, mindestens ernsthaft Gedanken gemacht haben und daß ein gut Teil der Gesetzgebung einschließlich der Wehrverfassung des Jahres 1956 schließlich auch von uns mitbeeinflußt und mitgestaltet und mitgeschaffen worden ist. Das muß ich 'einfach hier einmal sagen.
Ich wollte hier eigentlich keine lange Rede halten, ich wollte nur einige Argumente — —
— Dann wird es länger; bitte, von mir aus sehr gern.
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Herr Kollege Erler, wenn es Ihnen damals nur um die Form des deutschen Verteidigungsbeitrages — Ablehnung der Wehrpflicht — ging, wieso hat denn damals der Offizielle Sprecher Ihrer Fraktion von dieser Stelle aus unter dem Beifall Ihrer Fraktion erklärt, die SPD werde jedes Gesetz ablehnen, das dazu diene, deutsche Soldaten zu schaffen?
Und zwar ohne Rücksicht auf jede Form!
Nein, es ging hier um eine Wehrverfassung, die Sie diesem Hause aufzwingen wollten.
Schließlich gibt es eine ganze Reihe von Gesetzen, bei denen Sie sich fragen müßten, warum wir ihnen denn eigentlich zugestimmt hätten.
Rasch ein paar Korrekturen zu einigen Bemerkungen des Kollegen Strauß zu umstrittenen Fragen der heutigen Debatte.
Herr Kollege Strauß hat dargetan, die Sozialdemokraten seien auf der einen Seite der Meinung, man solle den Offizieren ein Studium ermöglichen, und hätten andererseits früher erklärt, die Offiziere brauchten kein Abitur. Wir haben uns immer dafür eingesetzt, daß unsere auszubildenden Soldaten es mit einem gebildeten Vorgesetzten zu tun haben. Die einzige Frage war die, ob er dieses Maß der Bildung bereits von der Schule mitbringen soll oder auch später in vergleichbarer Weise anderswo erwerben kann, wobei ihm unter Umständen auch die Bundeswehr sogar helfen kann. Dies ist ein wichtiges Problem, damit aus dem mitgebrachten Bildungsstand nicht ein Privileg wird und damit der Begabte auch in der Truppe seinen Weg in die Offiziersposition gehen kann, aber nicht gewissermaßen als Schmalspuroffizier, sondern als jemand, der sich mit seinen anderen Kollegen in seinem Beruf voll messen kann.Nun die Frage der Organisation des Verteidigungsministeriums. Da bleibt's dabei: es kommt darauf an, daß die im Minister, im Staatssekretär, in den parlamentarischen Staatsekretären sich manifestierende politische, wenn Sie als so wollen: zivile Kontrolle gegenüber der militärischen Apparatur auf jeden Fall erhalten bleibt. Worauf es weiterhin ankommt, ist, daß innerhalb der militärischen Abteilung des Ministeriums Doppelarbeit unterbunden wird, daß also nicht Fragen, die beim Generalinspekteur der Bundeswehr bearbeitet werden, nochmals — mit jeweils verschiedenartiger Konzeption vielleicht — bei den einzelnen Inspekteuren erneut durchberaten werden müssen. Nicht nur die inzwischen getroffene vernünftige Regelungder Unterstellung der Inspekteure unter den Generalinspekteur war eine Frage, die man lösen mußte, sondern es geht außerdem auch um die Integration aller für die gesamte Bundeswehr integrationsfähigen Bereiche aus den einzelnen Inspektionen. Das ist ein Punkt, über den sich in Zusammenhang mit der Verabschiedung des Organisationsgesetzes zumindest noch zu diskutieren lohnt, ohne daß man daraus gleich politischen Honig saugen muß.
Nun, da Sie so erpicht sind auf diesen Artikel: hier ist ein Satz gefallen, den ich so nicht stehenlassen möchte. Es wurde gesagt, z. B. bei der Vorlage der Verträge wäre es ein schlechter Einstieg, wenn man sie wünschen würde, um den Minister oder die Verwaltung des Ministeriums zu kontrollieren. — Entschuldigen Sie, das ist genau die Legitimation, die dieses Parlament in Anspruch nehmen sollte! Wir sind nämlich dazu da, den Minister zu kontrollieren.
Wir sind dazu da, beim Ministerium, wenn es zurKlärung des Sachverhalts erforderlich ist, die entsprechenden Unterlagen zur Einsicht zu verlangen.
Nun zu der berühmten Auseinandersetzung um die F 104 G! Herr Kollege Wienand hat vorhin mit Recht darauf aufmerksam gemacht, daß er keineswegs das Waffensystem F 104 etwa attackiert habe, sondern die Methode der Beschaffung.
Und da muß ich Ihnen sagen, ich bin damals selbst dabei gewesen bei den Beratungen; ich gehörte noch dem Verteidigungsausschuß an. Wir haben der Beschaffung des F 104 ausdrücklich nach dem damals gehaltenen Vortrag 'unsere Zustimmung gegeben.
— Wieso? Jetzt kommt nämlich der entscheidende Punkt: Das Parlament hat damals bei seiner Zustimmung nicht voraussehen können, daß sich in der weiteren Abwicklung dieses großen Geschäftes eine ganze Reihe von Tatbeständen herausstellen würden, die möglicherweise nicht einmal der damalige Minister im Auge hatte, bestimmt aber nicht der Verteidigungsausschuß, als er diesen Beschluß faßte.
— Zum Beispiel die Kosten der Entwicklung, der Elektronik und der gesamten Zusatzgeräte, zum Beispiel die Veränderung der Flugeigenschaften im Zuge der Umrüstung und die Kosten der notwendigen Entwicklungsarbeiten, um das alles zu korrigieren.
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Erler
— Es ist später noch lange genug darüber diskutiert worden.
— Sie haben selbst das Beschaffungswesen von F 104 als ein Sorgenkind empfunden. Es lohnt sich also, sich mit diesem Sorgenkind einmal objektiv zu beschäftigen,
mit den Beschaffungsvorgängen. Dann werden Sie nämlich sehr rasch, Herr Kollege Strauß, das Komma an die richtige Stelle setzen, wenn Sie einmal nachprüfen, um wieviel der Bundeshaushalt mehr hat aufwenden müssen, als seinerzeit dem Verteidigungsausschuß bei dem Projekt vorgetragen worden ist.
Das ist der Kern der Sache.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Frage?
Bitte!
Herr Kollege Erler, darf ich Sie fragen: Billigen Sie den Artikel des Kollegen Wienand in der Gesamttendenz und stehen Sie zu den dort aufgestellten einzelnen Behauptungen?
Ich weigere mich, hier als Zensor tätig zu werden, weil ich dann sehr viel Zensuren auch über Ihre Kollegen abzugeben hätte.
Meine Damen und Herren! Was mich in dieser Stunde beschäftigt,
— nein, das ist die Methode.
Das ist die Methode und die Form, die vom Verteidigungsminister in die Auseinandersetzung hineingetragen worden sind.
Das sieht etwa so aus: Was hier vollbracht worden ist, hat die Regierung geschaffen! Falsch wurde überhaupt nichts gemacht, allerdings, wenn etwas nicht in Ordnung ist, also doch falsch gemacht worden ist und schief ging, dann ist daran selbstverständlich die Opposition schuld, allenfalls auch noch
die kritisierende FDP. Kritik pauschal statt sachlicher Aufklärung ist unzulässig.
Da 'begrüße ich zum Beispiel einen guten Teil des Beitrags des Kollegen Strauß.
Aber nicht einzugehen auf den Inhalt einer Bundestagsrede, sich nicht ganz schlicht von der Tribüne herab auseinanderzusetzen nur mit einem Mann, sondern pauschale Beschimpfung der Opposition, das ist es, was ich beanstande!
Typisch hierfür war die Erörterung des Berichts des Wehrbeauftragten Heye, der nicht von Herrn Wienand, nicht von der SPD geschrieben worden ist. Er wurde dennoch pauschal verurteilt, verbunden mit sehr warmen und sicher also auch nötigen und wichtigen Bekenntnissen — —
Wenn Sie sich das Bekenntnis des Bundesverteidigungsministers zur inneren Führung, das ich in vollem Umfange unterstütze, noch einmal anhören, das er hier zum besten gegeben hat, werden Sie darin eine ganz allgemeine Verurteilung der Ausführungen des Wehrbeauftragten finden, und das ist ungerecht. — Bitte!
Herr Kollege Erler, erinnern Sie sich an die Aussprache in diesem Hause, als der Präsident des Hauses, der Bundeskanzler und die Vorsitzenden der drei Fraktionen auf Grund der Anwürfe des vorigen Herrn Wehrbeauftragten in ihren Stellungnahmen bezüglich eines Punktes alle einig waren: daß alle sachlichen Anwürfe zu prüfen seien? Wie können Sie dann sagen, es sei pauschal zurückgewiesen worden?
In der Erklärung, die der Herr Verteidigungsminister hier heute vorgelesen hat, war nicht von einer Würdigung des Berichtes des Wehrbeauftragten die Rede,
sondern es wurde so dargestellt, als ob dieser Bericht allgemein und ,pauschal den Stab über die Bundeswehr gebrochen hätte, was er gar nicht getan hat. Wir wissen es doch genau, daß sich in 'diesem Bericht neben einer von Herrn Heye selbst korrigierten Formel vom Trend zum „Staat im Staate", die wir alle hier zurückgewiesen haben und zu Recht zurückgewiesen haben, viele Hinweise auf örtlich vorhandene Schwächen und Mängel gefunden haben. Das wurde ja damals vom Hause auch anerkannt, nur eben offenbar nicht in seiner ersten Reaktion vom Minister.Meine Damen und Herren, Mißstände und Fehler müssen erörtert werden, damit man sie abstellen kann.
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Erler
Wer sie zudeckt, verteidigt sie.
Wer sich, noch dazu lautstark, Selbstlob spendet und die Kritiker verketzert, provoziert nur neue Fehlleistungen.
Wer aus der berechtigten Erörterung von Schwächen und aus der Kritik an den dafür Verantwortlichen Angriffe .auf die Bundeswehr und die Landesverteidigung im ganzen macht, zeigt, daß es ihm an Verständnis fehlt für die Notwendigkeit der freien Diskussion in der Demokratie.
Der Versuch, die notwendige Aussprache mit der Behauptung der Wehrfeindlichkeit zu ersticken, hilft weder dem Volk noch der Bundeswehr, sondern ist geeignet, die Bundeswehr großen Teilen unseres Volkes zu entfremden. Ich will hierzu ein Beispiel geben. Der Minister hat — sicherlich in seinem Überschwang — behauptet, die Sozialdemokratische Partei habe nie die Leistungen der Soldaten anerkannt. Ich zitiere hier, was ich selbst — und zwar in meiner Antwort auf die Regierungserklärung von Bundeskanzler Erhard — am 24. Oktober 1963 in diesem Hause gesagt habe:
Die Angehörigen unserer Bundeswehr verdienen Anerkennung für ihre oft entsagungsvolle Arbeit und Opferbereitschaft. Die vielen Unzulänglichkeiten sind eine gemeinsame Sorge.Wenn etwas nicht stimmt, sollen wir es nicht verbergen, sondern müssen es abstellen.
Dabei müssen wir uns alle vor Verallgemeinerungen hüten.Meine Damen und Herren, das ist das Zitat. Bei dieser Feststellung bleiben wir, auch wenn der Minister das vielleicht damals nicht gehört hat oder vielleicht nicht gehört haben wollte. Wir schließen in die Anerkennung vom General bis zum Rekruten die Angehörigen aller Ränge ein, sogar die Obergefreiten, die sich offenbar die besondere Abneinung des Ministers zugezogen haben.
Wir bleiben bei der .gemeinsamen Aufgabe, auch wenn um die richtigen Mittel immer gerungen werden muß. Jedenfalls kann diese Diskussion nicht durch ein fröhliches Halali ersetzt werden. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, daß unsere Bundeswehr 'dafür nicht die Treiber stellen wird.
Meine Damen und Herren, wir stehen am Schluß der heutigen Sitzung. Die Debatte wird morgen fortgesetzt.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Donnerstag, den 21. Januar 1965 9 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.