Protokoll:
4075

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 4

  • date_rangeSitzungsnummer: 75

  • date_rangeDatum: 9. Mai 1963

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:02 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 22:24 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 75. Sitzung Bonn, den 9. Mai 1963 Inhalt: Mandatsniederlegung des Abg. Wittrock . 3551 A Fragestunde (Drucksache IV/ 1217) Frage der Abg. Frau Schanzenbach: Generalkonsulat in Nancy Dr. Carstens, Staatssekretär . . . 3551 B Frage der Abg. Frau Schanzenbach: Einrichtung eines Konsulats in Straßburg Dr. Carstens, Staatssekretär . . . 3551 C, 3551 D, 3552 A, 3552 B, 3552 C Frau Schanzenbach (SPD) . . . . 3551 D Faller (SPD) 3551 D, 3552 A Dr. Rinderspacher (SPD) 3552 A, 3552 B Frage der Abg. Frau Dr. Hubert: Ratifizierung von Abkommen des Europarats Dr. Carstens, Staatssekretär . . . 3552 C, 3552 D, 3553 A Dr. Schäfer (SPD) . . . . . . . 3552 D Frage des Abg. Margulies: Konsultation des Europäischen Parlaments über die Assoziierung afrikanischer Staaten Dr. Carstens, Staatssekretär 3553 A, 3553 C Margulies (FDP) . . . . . . . . 3553 B Frage des Abg. Kahn-Ackermann: Jordanische Gastarbeiter . . . . 3553 C Frage des Abg. Fritsch: Hubschrauber beim Bundesgrenzschutz 3553 C Frage des Abg. Dr. Kempfler: Errichtung von Bundesoberbehörden Höcherl, Bundesminister . 3553 D, 3554 A Dr. Kempfler (CDU/CSU) . . . . . 3554 A Frage des Abg. Lemper: Telefon- und Anschlußgebühren Dr. Steinmetz, Staatssekretär . . . 3554 A Frage des Abg. Lemper: Vorwahlnummern im Fernsprechnetz Dr. Steinmetz, Staatssekretär . . 3554 B, 3554 C, 3554 D Lemper (SPD) 3554 C Dr. Ramminger (CDU/CSU) . . . 3554 C Frage des Abg. Dr. Tamblé: Eintragung der Namen von Ärzten in Telefonbüchern Dr. Steinmetz, Staatssekretär . . . 3554 D, 3555 B, 3555 C, 3555 D, 3556 A, 3556 B, 3556 C, 3556 D, 3557 A, 3557 B Dr. Tamblé (SPD) . . . 3555 B, 3555 C Brück (CDU/CSU) . . . 3555 C, 3557 A Dr. Schäfer (SPD) . . . . 3555 D, 3556 A Dr. Schmidt (Offenbach) (SPD) 3556 B,3556 C Sänger (SPD) 3556 C Schwabe (SPD) . . . . . . . 3556 D Erler (SPD) 3557 A II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. Mai 1963 Frage des Abg. Dr. Roesch: Fernsehempfang im Werdenfelser Land Dr. Steinmetz, Staatssekretär . . . 3557 B, 3557 C, 3557 D Dr. Schäfer (SPD) 3557 C Dr. Rinderspacher (SPD) . . . . 3557 D Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1963 (Haushaltsgesetz 1963) (Drucksache IV/ 700) Berichte des Haushaltsausschusses — Fortsetzung der zweiten Beratung — Einzelplan 07, Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz (Drucksache IV/ 1106) 3558 A Einzelplan 08, Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen (Drucksache IV/ 1107) 3558 B Einzelplan 09, Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft (Drucksache IV/ 1108) 3558 B Einzelplan 19, Bundesverfassungsgericht (Drucksache IV/ 1115) 3558 B Einzelplan 20, Bundesrechnungshof (Drucksache IV/ 1116) 3558 C Einzelplan 26, Geschäftsbereich des Bundesministers für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte (Drucksache IV/ 1120) 3558 C Einzelplan 27, Geschäftsbereich des Bundesministers für gesamtdeutsche Fragen (Drucksache IV/ 1121) 3558 D Einzelplan 28, Geschäftsbereich des Bundesministers für Angelegenheiten des Bundesrates und der Länder (Drucksache IV/ 1122) 3558 D Einzelplan 30, Geschäftsbereich des Bundesministers für besondere Aufgaben (Drucksache IV/ 1124) . . 3559 A Einzelplan 32, Bundesschuld (Drucksache IV/ 1126) 3559 A Einzelplan 33, Versorgung (Drucksachen IV/ 1127, zu IV/ 1127) 3559 B Einzelplan 35, Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte (Drucksache IV/ 1128) 3559 B Einzelplan 31, Geschäftsbereich des Bundesministers für Atomkernenergie (Drucksache IV/ 1125) . . . . . . . . . . 3588 D Einzelplan 36, Zivile Notstandsplanung (Drucksachen IV/ 1129, zu IV/ 1129) . . . 3588 D Einzelplan 14, Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung (Drucksachen IV/ 1113, zu IV/ 1113) Erler (SPD) . . . . . . . . . 3559 C von Hassel, Bundesminister 3567 D, 3594 D Dr. Supf (FDP) 3577 A Benda (CDU/CSU) 3580 C Merten (SPD) 3584 A Kreitmeyer (FDP) 3589 B Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 3591 A Leicht (CDU/CSU) 3592 B Einzelplan 12, Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen IV/ 1111, zu IV/ 1111) Ritzel (SPD) . 3598 C, 3603 B Rademacher (FDP) 3599 A Müller-Hermann (CDU/CSU) 3605 B, 3609 A Cramer (SPD) 3607 C Dr. Bleiß (SPD) . . . . . . . 3608 C Schwabe (SPD) . . . . . . . 3609 D Dr. Conring (CDU/CSU) 3611 C Einzelplan 10, Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen IV/ 1109, zu IV/ 1109); in Verbindung mit dem Schriftlichen Bericht des Ernährungsausschusses über die Entschließungsanträge der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und der Fraktion der SPD zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft (Drucksache IV/ 1209, Umdrucke 185, 186) und dem Schriftlichen Bericht des Ernährungsausschusses über den Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Rates der EWG betr. gewisse Maßnahmen, welche die Mitgliedstaaten für das Getreidewirtschaftsjahr 1963/64 und die folgenden Wirtschaftsjahre auf dem Gebiet der Preise anwenden müssen Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. Mai 1963 III (Drucksachen IV/ 1138, IV/ 1225, zu IV/ 1225) Müller (Ravensberg) (SPD) . . . 3613 A Rehs (SPD) 3614 A Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . 3614 D Peters (Poppenbüll) (FDP) . . . 3614 D Struve (CDU/CSU) 3615 B Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . 3616 A Einzelplan 11, Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (Drucksachen IV/ 1110, zu IV/ 1110) Seidel (Fürth) (SPD) 3616 D Blank, Bundesminister 3618 B Einzelplan 13, Geschäftsbereich des Bundesministers für Post- und Fernmeldewesen (Drucksache IV/ 1112) Cramer (SPD) 3621 A Dr. Steinmetz, Staatssekretär . 3622 D Dr. Besold (CDU/CSU) 3624 C Dr. Bleiß (SPD) . . . . . . . 3625 B Einzelplan 15, Geschäftsbereich des Bundesministers für Gesundheitswesen (Drucksache IV/ 1114) Dr. Schmidt (Offenbach) (SPD) . . . 3625 D Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister 3627 D Einzelplan 23, Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit (Drucksachen IV/ 1117, zu IV/ 1117) Gewandt (CDU/CSU) 3629 D Hermsdorf (SPD) . . . . . . 3631 D Freiherr von Mühlen (FDP) . . . 3633 C Scheel, Bundesminister 3636 B Einzelplan 24, Geschäftsbereich des Bundesschatzministers (Drucksache IV/ 1118) Windelen (CDU/CSU) . 3638 D, 3639 C Wellmann (SPD) 3639 A Frau Krappe (SPD) . . . . . . 3639 B Einzelplan 25, Geschäftsbereich des Bundesministers für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung (Drucksache IV/ 1119) Jacobi (Köln) (SPD) 3640 A Frau Berger-Heise (SPD) . . . . 3643 A Frau Meermann (SPD) . . . . 3644 A Baier (Mosbach) (CDU/CSU) . . 3645 D Frau Dr. Kiep-Altenloh (FDP) . . 3647 C Einzelplan 29, Geschäftsbereich des Bundesministers für Familien- und Jugendfragen (Drucksache IV/ 1123) Liehr (SPD) 3649 A, 3649 C Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . . 3649 B Einzelplan 60, Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksache IV/ 1130) Frau Krappe (SPD) . . . . . . 3651 C Haushaltsgesetz 1963 (Drucksache IV/ 1131) Schoettle (SPD) 3651 D Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 3652 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Internationalen Weizen-Übereinkommen 1962 (Drucksache IV/ 1169); Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses (Drucksache IV/ 1222) — Zweite und dritte Beratung 3653 B Bericht des Außenhandelsausschusses über die Neunte Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste — Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz — (Drucksachen IV/ 1095, IV/ 1223) . . . . . . . . . . 3653 B Schriftlicher Bericht des Sozialpol. Ausschusses betr. Verordnung des Rates der EWG zur Änderung verschiedener Anhänge zur Verordnung Nr. 3 über die Soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer und zur Verordnung Nr. 4 zur Durchführung und Ergänzung der Verordnung Nr. 3 (Drucksachen IV/ 1199, IV/ 1212) . . 3653 C Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses betr. Verordnung des Rates der EWG über eine von Art. 7 und 8 der Verordnung Nr. 20 des Rates abweichende Regelung betr. die Festsetzung der Einschleusungspreise und der Zusatzbeträge für einige Schweinefleischerzeugnisse (Drucksachen IV/ 1176, IV/ 1226) . . 3653 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes (StPÄG) (Drucksachen IV/ 178, IV/ 1020, zu 1020) Rasner (CDU/CSU) 3616 C Nächste Sitzung 3653 D Anlagen 3654 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. Mai 1963 3551 75. Sitzung Bonn, den 9. Mai 1963 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Achenbach * 10. 5. Dr. Arndt (Berlin) 31. 5. Dr. Atzenroth 10. 5. Bauer (Würzburg) * 10. 5. Bazille 14. 5. Berkhan * 10. 5. Fürst von Bismarck * 10. 5. Blachstein * 10. 5. Dr. h. c. Brauer * 10. 5. Brünen 8. 6. Burckardt 9. 5. Burgemeister 10. 5. Corterier 31. 5. Dr. Dörinkel 10. 5. Dr. Effertz 9. 5. Even (Köln) 18. 5. Figgen 15. 6. Frau Dr. Flitz (Wilhelmshaven) * 10. 5. Franke 10. 5. Dr. Dr. h. c. Friedensburg 9. 5. Fritsch 10. 5. Frau Funcke (Hagen) 9. 5. Funk (Neuses am Sand) 25. 5. Dr. Furler * 10. 5. Gehring 10. 5. Gerlach 10. 5. Gerns * 10. 5. Gscheidle 9. 5. Dr. h. c. Güde 17. 5. Freiherr zu Guttenberg 10. 5. Haage (München) 21. 5. Heiland 19. 5. Dr. Dr. Heinemann 10. 5. Dr. Hellige * 10. 5. Hirsch 24. 5. Höfler * 10. 5. Frau Dr. Hubert * 10. 5. Hufnagel 11. 5. Dr. Huys 9. 5. Jacobs * 10. 5. Dr. Jungmann 18. 5. Kahn-Ackermann * 10. 5. Dr. Kliesing (Honnef) * 10. 5. Knobloch 10. 5. Kohlberger 10. 5. Dr. Kopf * 10. 5. Dr. Kreyssig ** 17. 5. Kriedemann ** 10. 5. Leber 10. 5. Lenze (Attendorn) * 10. 5. Dr. Löbe 10. 5. Lohmar 10. 5. * Für die Teilnahme an einer Tagung der Beratenden Versammlung des Europarates ** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Lücker (München) 10. 5. Mattick 10. 5. Mauk ** 10. 5. Frau Dr. Maxsein * 10. 5. Memmel * 10. 5. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 10. 5. Dr. von Merkatz 17. 5. Dr. Meyer (Frankfurt) * 10. 5. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 13. 5. Dr. Mommer 15. 7. Frau Dr. Pannhoff 10. 5. Paul * 10. 5. Peters (Norden) 19.5. Frau Pitz-Savelsberg 9. 5. Pöhler 10. 5. Frau Dr. Rehling * 10. 5. Richarts 10. 5. Schlee 10. 5. Dr. Schneider (Saarbrücken) 9. 5. Schultz 9. 5. Dr. Seffrin * 10. 5. Seifriz * 9. 5. Dr. Serres * 10. 5. Seuffert 9. 5. Spitzmüller 10. 5. Dr. Stammberger * 10. 5. Dr. Starke 13. 5. Dr. Stecker 10. 5. Dr. Steinmetz 10.5. Storch ** 10. 5. Dr. Süsterhenn * 10. 5. Dr. Freiherr von Vittinghoff-Schell 10. 5. Wächter 9. 5. Dr. Wahl * 10. 5. Wehking 9. 5. Wienand * 10. 5. Wittmer-Eigenbrodt 31. 7. Dr. Zimmer * 10. 5. Dr. Zimmermann (München) 10. 5. Zoglmann 31. 5. b) Urlaubsanträge Frau Renger 31. 5. Anlage 2 Umdruck 271 (neu) Änderungsantrag des Abgeordneten Windelen zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1963, hier Einzelplan 36 - Zivile Notstandsplanung (Drucksachen IV/ 700 Anlage, IV/ 1129). Der Bundeshag wolle beschließen: Zu Kap. 36 04 - Notstandsmaßnahmen im Aufgabenbereich dies Bundesministers des Innern 1. In Tit. 305 - Kosten der personellen Aufstellung des Luftschutzhilfsdienstes - (Drucksache IV/ 1129 S. 6) ist folgender Haushaltsvermerk auszubringlen: Minderausgaben dürfen zur Verstärkung der Mittel bei Tit. 309 verwendet werden. 3656 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. Mai 1963 2. In Tit. 309 — Kosten der Ausbildung des Luftschutzhilfsdienstes — (Drucksache IV/ 1129 S. 8) ist folgender Haushaltsvermerk auszubringen: Die Mittel dürfen in Höhe der Einsparungen bei Tit. 305 überschritten werden. Bonn, den 9. Mai 1963 Windelen Anlage 3 Umdruck 264 Änderungsantrag der Abgeordneten Rademacher, Eisenmann zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1963, hier: Einzelplan 12 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen IV/ 700 Anlage, IV/ 1111). Der Bundestag wolle beschließen: In Kap. 12 03 — Bundeswasser- und Schiffahrtsverwaltung, Bundeswasserstraßen — wird folgender neuer Tit. 822 als Leertitel eingefügt: „Tit. 822 — Beteiligung am Bau des Nord-SüdKanals — — DM". Bonn, den 8. Mai 1963 Rademacher Eisenmann Anlage 4 Umdruck 269 Änderungsantrag der Abgeordneten Schwabe, Dr. Tamblé und Genossen zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1963, hier: Einzelplan 12 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen IV/ 700 Anlage, IV/ 1111). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 12 02 — Allgemeine Bewilligungen In Tit. 601 (Drucksache IV/ 1111 S. 4) erhält die Zweckbestimmung folgende Fassung: „Förderung des Reiseverkehrs nach Deutschland". Der Sperrvermerk wird gestrichen. Bonn, den 8. Mai 1963 Schwabe Dr. Tamblé Buchstaller Dr. Eppler Höhmann (Hessisch-Lichtenau) Hörmann (Freiburg) Liehr Dr. Rinderspacher Ritzel Schmidt (Braunschweig) Anlage 5 Umdruck 251 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurf des Haushaltsgesetzes 1963, hier: Einzelplan 10 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen IV/ 700, IV/ 1109). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 10 02 — Allgemeine Ausgaben In Tit. 571 — Förderung der ländlichen Siedlung b) Zuschüsse — (Drucksache IV/ 1109) wird der Ansatz in der Fassung der Regierungsvorlage wiederhergestellt. Dafür ist die in den Erläuterungen zu Tit. 571 (Drucksache IV/ 700 Anlage) aufgeführte Bindungsermächtigung von 290 Mio DM auf 270 Mio DM herabzusetzen. Bonn, den 7. Mai 1963 Rehs Jaksch Frehsee Ollenhauer und Fraktion Anlage 6 Umdruck 268 Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. h. c. Güde, Dr. Kanka und Genossen zur dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes (StPÄG) (Drucksachen IV/ 178, IV/ 1020, IV /1171). Der Bundestag wolle beschließen: 1. In Artikel 5 wird Nr. 1 wie folgt geändert: a) in § 23 Abs. 1 StPO soll es statt „abweichend von dem Antrag der Staatsanwaltschaft" heißen nach § 208 Abs. 1 Satz 1 b) an § 23 Abs. 2 StPO wird folgender Absatz 2 a angefügt: „(2 a) Ein Richter, der vor der Erhebung der Anklage die Untersuchungshaft, die einstweilige Unterbringung oder die Fortdauer einer dieser Maßnahmen angeordnet oder an einer dieser Entscheidungen mitgewirkt hat, darf, wenn der Angeschuldigte nach § 201 Abs. 1 Satz 1 oder § 208 Abs. 1 Satz 1 Einwendungen erhoben hat, an der Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens nicht mitwirken und im ersten sowie im einzigen Rechtszug auch nicht Mitglied des erkennenden Gerichts sein. 2. In Artikel 7 wird nach Nr. 5 a eingefügt: 5 b. § 203 erhält folgenden Absatz 2: (2) Hat der Angeschuldigte binnen der ihm nach § 201 Abs. 1 Satz 1 bestimmten Frist keine Einwendungen gegen die Eröff- Dr. Schmidt (Offenbach) Strohmayr Urban Wellmann Dr. Brenck Drachsler Krug Spies Wendelborn Rademacher Ramms Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. Mai 1963 3657 nung des Hauptverfahrens erhoben, so bedarf es der Prüfung nach Absatz 1 nicht."' 3. In Artikel 11 wird a) nach Nr. 1 als Nr. 1 a eingefügt: ,1 a. In § 62 Abs. 1 Satz 2 wird hinter „(§ 76 Abs. 2) " ein Beistrich gesetzt und eingefügt „in der Strafkammer, die, wenn der Angeschuldigte Einwendungen erhoben hat, über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheidet" b) in Nr. 3 § 73 Abs. 3 GVG die folgende Fassung gegeben: „ (3) An Stelle der Strafkammer entscheidet der Vorsitzende oder ein Einzelrichter a) wenn der Angeschuldigte Einwendungen nicht erhoben hat, über die Eröffnung des Hauptverfahrens und b) über die Untersuchungshaft sowie die einstweilige Unterbringung."; c) in Nr. 4 in § 82 Abs. 2 GVG der letzte Halbsatz („§ 73 Abs. 3 ist nicht anzuwenden") gestrichen; d) hinter Nr. 8 eingefügt: ,8 a. § 139 Abs. 2 Satz 2 erhält folgende Fassung: „Bei der Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens kann den Vorsitz auch ein Mitglied des Gerichtes führen, das vom Präsidium für die Dauer des Geschäftsjahres bestimmt wird."' 4. In Artikel 13 wird hinter Nr. 1 Buchstabe d eingefügt: ,e) vor § 79 wird im Neunten Unterabschnitt als § 78 a eingefügt: „§78a § 23 Abs. 1 und 2 a der Strafprozeßordnung ist nicht anzuwenden."' Bonn, den 8. Mai 1963 Dr. h. c. Güde Dr. Kanka Dr. Artzinger Baier (Mosbach) Dr.-Ing. Balke Becker Dr. Bieringer Dr. Böhm (Frankfurt) Brück Bühler Dr. Burgbacher Dr. Czaja Dr. Dichgans Diebäcker Falke Dr. Fritz (Ludwigshafen) Dr. Götz Goldhagen Gottesleben Freiherr zu Guttenberg Haase (Kassel) Hörnemann (Gescher) Dr. Jaeger Frau Klee Knobloch Leicht Lemmer Meis Mick Müller (Aachen-Land) Neumann (Allensbach) Dr. Ramminger Rauhaus Ruf Ruland Scheppmann Dr. Schmidt (Wuppertal) Schneider (Hamburg) Schulhoff Dr. Seffrin Spies Stiller Storch Struve Dr. Frhr. von Vittinghoff-Schell Dr. Wilhelmi Dr. Winter Dr. Wuermeling Ziegler Dr. Zimmer Dr. Zimmermann (München) Anlage 7 Umdruck 274 Änderungsantrag der Abgeordneten Frau Dr. Diemer-Nicolaus, Hoogen, Dr. Weber (Koblenz), Schlee und Genossen und der Fraktion der FDP zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes (StPÄG) (Drucksachen IV/ 178, IV/ 1020, IV/ 1171). Der Bundestag wolle beschließen: 1. Die Überschrift des Artikels 2 erhält folgende Fassung: Schlußgehör durch die Staatsanwaltschaft 2. In Artikel 2 Nr. 1 a) erhält § 169 a Abs. 2 a folgende Fassung: „(2 ,a) Hält die Staatsanwaltschaft die sachliche Zuständigkeit des Schöffengerichts oder . eines Gerichts höherer Ordnung für begründet, so teilt sie dem Beschuldigten und seinem Verteidiger den Abschluß der Ermittlungen mit und stellt ihnen anheim, binnen einer zu bestimmenden Frist zu erklären, ob sie einzelne Beweiserhebungen beantragen oder Einwendungen gegen die Einreichung der Anklageschrift vorbringen wollen.", Absatz 3 wird gestrichen; b) erhält § 169b folgende Fassung: „§ 169 b (1) In den Fällen des § 169 a Abs. 2 a kann der Beschuldigte innerhalb der gesetzten Frist auch beantragen, daß er durch den Staatsanwalt zu dem Ergebnis der Ermittlungen mündlich gehört wird (Schlußgehör). Erwägt die Staatsanwaltschaft, die Anklageschrift beim Schöffengericht 'einzureichen, so ist sie nur dann verpflichtet, das Schlußgehörzu gewähren, wenn es mit Rücksicht auf Art unid Umfang der Beschuldigung oder aus anderen Gründen zweckmäßig erscheint. (2) Hat der Beschuldigte einen Verteidiger, so ist auch dieser berechtigt, an dem Schlußgehör teilzunehmen oder den Beschuldigten ,dabei zu vertreten. Das Recht zur Teilnahme 3658 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. Mai 1963 hat auch der gesetzliche Vertreter des Beschuldigten. (3) Üllber das Recht, das Schlußgehör zu beantragen, sind der Beschuldigte, falls sein Aufenthalt bekannt ist, und sein Verteidiger bei der Mitteilung über den Abschluß der Ermittlungen (§ 169 a Abs. 2 a) zu belehren. Die §§ 297, 299 gelten entsprechend. (4) Sind weitere Ermittlungen vorgenommen worden, nachdem das Schlußgehör in derselben Sache 'bereits gewährt worden ist, so ist -die Staatsanwaltschaft nur dann verpflichtet, das Schlußgehör nochmals zu gewähren, wenn es wegen der Bedeutung der neuen Tatsachen oder Beweismittel zweckmäßig erscheint. (5) Das wesentliche Ergebnis des Schlußgehörs ist aktenkundig zu machen." ; c) wird fo'lgen'der § 169 c angefügt: „§ 169c (1) Die Pflicht zur Gewährung des Schlußgehörs entfällt, wenn 1. der Aufenthalt des Beschuldigten unbekannt ist, 2. seine Teilnahme in angemessener Zeit wegen großer Entfernung unverhältnismäßige Schwierigkeiten bereiten würde oder 3. der Beschuldigte in dem festgesetzten Termin ohne genügende Entschuldigung ausbleibt und nicht durch einen Verteidiger vertreten ist. (2) Hat der Beschuldigte einen Verteidiger, so wird in dein Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 das Schlußgehör dem Verteldiger gewährt. Jedoch entfällt die Pflicht zur Gewährung des Schlußgehörs auch in diesen Fällen, wenn der Verteidiger in dem festgesetzten Termin ohne 'genügende Entschuldigung ausbleibt." 3. In Artikel 2 Nr. 2 enthält § 197 Abs. 3 folgende Fassung: „ (3) Hält die Staatsanwaltschaft weitere Ermittlungen nicht für erforderlich oder sind diese abgeschlossen, so 'wendet sie die §§ 169 a bis 169 c entsprechend an." 4. In Artikel 2 erhält Nr. 3 folgende Fassung: ,3. Dem § 212 wird folgender Absatz 2 angefügt: „ (2) Der Antrag steht im Sinne des § 147 Abs. 5 und des § 169 a Abs. 1 der Einreichung einer Anklageschrift gleich. § 169 a Abs. 2 a und § 169 b sind nicht anzuwenden."' 5. In Artikel 2 erhält Nr. 4 folgende Fassung: ,4. Dem § 407 wird folgender Absatz 5 angefügt: „(5) Der Antrag. auf Erlaß eines Strafbefehls steht im Sinne des § 147 Abs. 5 und des § 169 a Abs. 1 der Einreichung einer Anklageschrift gleich. § 169 a Abs. 2 a und § 169 b sind nicht anzuwenden. Der vorherigen Anhörung des Beschuldigten durch das Gericht (§ 33 Abs. 3) bedarf es nicht."' 6. In Artikel 3 erhält in Ni-. 2 § 141 Abs. 3 und 4 folgende Fassung: „(3) 1 ,er Verteidiger kann auch schon während des Vorverfahrens bestellt werden. Nach dem Abschluß der Ermittlungen (§ 169 a Abs. 1) ist er auf Antrag der Staatsanwaltschaft zu bestellen. Die Staatsanwaltschaft soll diesen Antrag stellen, falls die Gewährung des Schlußgehörs in Betracht kommt und nach ihrer Auffassung in dem gerichtlichen Verfahren die Verteidigung nach § 140 Abs. 1 notwendig sein wind. Der Abschluß der Ermittlungen soll in diesem Falle auch dem Beschuldigten eist nach der Bestellung des Verteidigers mitgeteilt werden (§ 169 a Abs. 2 a) . (4) Über die Bestellung entscheidet der Vorsitzende des Gerichts, das für das Hauptverfahren zuständig oder bei dem das Verfahren anhängig ist." 7. In Artikel 5 Nr. 1 wird in § 23 der Absatz 1 gestrichen. 8. In Artikel 7 werden die Nummern 2 a, 2 b, 2 c, 2 d, 2 e und 5 a gestrichen. 9. Artikel 11 wird wie folgt geändert: a) In Nr. 1 werden in § 58 Abs. 1 Satz 1 die Worte „oder die Entscheidungen bis zum Beginn des Hauptverfahrens" gestrichen. b) Die Nummern 3, 4, 6, 7, 8 werden gestrichen. 10. Artikel 13 Nr. 1 wird wie folgt geändert: Die Buchstaben al), a3) und a4) werden gestrichen. 11. Artikel 15 wind wie folgt geändert: a) Absatz 6 erhält folgende Fassung: (6) § 23 Abs. 4 der Strafprozeßordnung in der Fassung des Artikels 5 ist nur in Strafsachen anzuwenden, in denen über die Zulassung des Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes entschieden wird." b) Absatz 7,a wird gestrichen. c) Absatz 8 erhält folgende Fassung: „ (8) Ist die Anklageschrift vor idem Inkrafttreten dieses Gesetzes beim Gericht eingereicht worden, so sind im weiteren Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. Mai 1963 3659 L Verfahren die §§ 197, 200, 201 und 202 der Strafprozeßordnung in der bisher geltenden Fassung anzuwenden." Bonn, den 9. Mai 1963 Fnau Dr. DiemerNicolaus Hoogen Dr. Weber (Koblenz) Schlee Benda Ehnes Dr. von HanielNiethammer Frau Dr. Kuchtner Lemmrich Dr. Ramminger Vogt Wieninger Dürr und Fraktion Anlage 8 Umdruck 275 Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Achenbach und Genossen zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes (StPÄG) (Drucksachen IV/ 178, IV/ 1020, IV/ 1171). Der Bundestag wolle beschließen: 1. In Artikel 1 Nr. 1 wird a) in § 112 Abs. 3 nach den Worten. „oder 177" eingefügt „oder eines Verbrechens wider das Leben nach §§ 211, 212 oder 220a Abs. 1 Nr. 1", b) § 112 Abs. 4 gestrichen, c) dem § 121 Abs. 2 folgender Satz 2 angefügt: „Das Oberlandesgericht darf die Fortdauer der Untersuchungshaft nicht über sechs Monate hinaus anordnen." 2. In Artikel 17 wird folgender Absatz 1 a eingefügt: „(1 a) Die Vorschriften des § 121 treten einen Monat nach Verkündung in Kraft." Bonn, den 9. Mai 1963 Dr. Achenbach Dr. Aschhoff Eisenmann Dr. Hamm (Kaiserslautern) Frau Dr. Heuser Dr. Hoven Dr. Imle Keller Frau Dr. Kiep-Altenloh Dr. Krümmer Kubitza Freiherr von Kühlmann-Stumm Margulies Ramms Dr. Rutschke Schmidt (Kempten) Wächter Walter Anlage 9 Umdruck 276 Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Achenbach und Genossen zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes (StPÄG) (Drucksachen IV/ 178, IV/ 1020, IV/ 1171). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, dem Bundestag in Abständen von 6 Monaten, erstmalig 6 Monate nach Inkrafttreten dieses Gesetzes, darüber zu berichten, in wieviel Fällen die Oberlandesgerichte eine Fortdauer der Untersuchungshaft gemäß § 121 Abs. 2 angeordnet haben. Bonn, den 9. Mai 1963 Dr. Achenbach Dr. Aschoff Frau Dr. DiemerNicolaus Eisenmann Dr. Hamm (Kaiserslautern) Frau Dr. Heuser Dr. Hoven Dr. Imle Keller Frau Dr. KiepAltenloh Dr. Krümmer Kubitza Freiherr von Kühlmann-Stumm Margulies Ramms Dr. Rutschke Schmidt (Kempten) Wächter Walter Anlage 10 Umdruck 260 Änderungsantrag der Abgeordneten Gewandt, Dr. Fritz (Ludwigshafen), Dr. Vogel, Dr. Emde zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1963, hier: Einzelplan 23 — Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit (Drucksachen IV/ 700 Anlage, IV/ 1117). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 23 02 — Allgemeine Bewilligungen 1. Die Zweckbestimmung des Tit. 46 — Einnahmen aus dem Verkauf von Ernährungsgütern an Entwicklungsländer — (Drucksache IV/ 700 Anlage S. 13) erhält folgende neue Fassung: „Einnahmen aus dem Verkauf von Ernährungs- und landwirtschaftlichen Produktionsgütern an Entwicklungsländer". Folgender Haushaltsvermerk wird ausgebracht: „Anfallende Einnahmen können zur Finanzierung zusätzlicher Maßnahmen im Rahmen des Tit. 572 verwendet werden." 2. Der Tit. 572 — Lieferung von Ernährungs- und landwirtschaftlichen Produktionsgütern an Entwicklungsländer — (Drucksache IV/ 1117 S. 3) erhält folgenden zusätzlichen Haushaltsvermerk: „Mit anfallenden Gegenwertmitteln können zusätzliche Maßnahmen finanziert werden (vgl. Tit. 46) ". Bonn, den 8. Mai 1963 Gewandt Dr. Vogel Dr. Fritz (Ludwigshafen) Dr. Emde 3660 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. Mai 1963 Anlage 11 Umdruck 261 Änderungsantrag der Abgeordneten Gewandt, Dr. Fritz (Ludwigshafen) Dr. Vogel, Dr. Emde zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1963, hier: Haushaltsgesetz . 1963 (Drucksachen IV/ 700, IV/ 1131). Der Bundestag wolle beschließen: § 23 wird wie folgt ergänzt: 1. In Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe a und Nr. 3 werden jeweils hinter den Worten „Bundesminister der Finanzen die Worte ,,, dem Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit" eingefügt. 2. Absatz 1 erhält folgende neue Nummer 5: „5. zur Sicherung der Finanzierung von förderungswürdigen Aufbauvorhaben in Entwicklungsländern, wenn dadurch eine Finanzierung mit Haushaltsmitteln vermieden wird." 3. In Absatz 2 wird hinter „7 000 000 000 Deutsche Mark" eingefügt: der Höchstbetrag der Gewährleistungen nach Absatz 1 Nr. 5 auf insgesamt 170 000 000 Deutsche Mark". Bonn, den 8. Mai 1963 Gewandt Dr. Vogel Dr. Fritz (Ludwigshafen) Dr. Emde Anlage 12 Umdruck 272 Änderungsantrag der Abgeordneten Schoettle, Dr. Vogel, Dr. Emde und Genossen zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1963, hier: Einzelplan 24 — Geschäftsbereich des Bundesschatzministers (Drucksachen IV/ 700 Anlage, IV/ 1118). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. A 24 02 — Allgemeine Bewilligungen — Der Ansatz bei Titel 892 — Kapitalerhöhung bei der Salzgitter AG, Salzgitter — wird von 22 365 000 DM um 23 250 000 DM auf 45 615 000 DM erhöht. Bonn, den 9. Mai 1963 Dr. Vogel Schoettle Dr. Conring Ritzel Dr. Stoltenberg Jürgensen Leicht Dr. Schäfer Windelen Schröder (Osterode) Mengelkamp Dr. Emde Baier (Mosbach) Kreitmeyer Dr. Althammer Peters Anlage 13 Umdruck 270 Änderungsantrag der Abgeordneten Schoettle, Dr. Vogel, Dr. Emde und Genossen zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1963, hier: Einzelplan 24 — Geschäftsbereich des Bundesschatzministers (Drucksachen IV/ 700 Anlage, IV/ 1118). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 24 02 — Allgemeine Bewilligungen — In Tit. 81 — Erlöse aus der Veräußerung von Anteilsrechten und der Liquidation von Bundesunternehmen — wird der Ansatz von 20 000 000 DM um 23 250 000 DM auf 43 250 000 DM erhöht. Bonn, den 9. Mai 1963 Schoettle Dr. Gleissner Dr. Vogel Müller (Aachen-Land) Dr. Eande Dr. Götz Dr. Althammer Mengelkamp Baier (Mosbach) Ritzel Brese Jürgensen Dr. Conring Seidel (Fürth) Dr. Stoltenberg Schröder (Osterode) Leicht Krappe Windelen Peters Anlage 14 Umdruck 256 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1963, hier: Einzelplan 24 — Geschäftsbereich des Bundesschatzministers (Drucksachen IV/ 700 Anlage, IV/ 1118). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 24 02 — Allgemeine Bewilligungen Es wird ein neuer Tit. 951 eingefügt: „Tit. 951 Zur Verstärkung der Flutlichtanlage im Olympia-Stadion in Berlin 650 000 DM" Bonn, den 7. Mai 1963 Ollenhauer und Fraktion Anlage 15 Umdruck 278 Änderungsantrag des Abgeordneten Windelen zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1963, hier: Einzelplan 24 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Familien- und Jugendfragen (Drucksachen IV/ 700 Anlage, IV/ 1118). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 24 03 — Bundesvermögens- und Bauverwaltung Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. Mai 1963 3661 Die Zweckbestimmung des Tit. 713 — Berlin-Charlottenburg, ehemaliges Reichssportfeld, Instandsetzungsmaßnahmen ... — wird durch folgenden Haushaltsvermerk erweitert: „Es wird die Ermächtigung erteilt, mit Zustimmung des Bundesministers der Finanzen Verpflichtungen bis zur Höhe von 650 000 DM für künftige Rechnungsjahre einzugehen." Bonn, den 9. Mai 1963 Windelen Anlage 16 Umdruck 257 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1963, hier: Einzelplan 25 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung (Drucksachen IV/ 700 Anlage, IV/ 1119). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 25 02 — Allgemeine Bewilligungen 1. In den Erläuterungen zu Tit. 582 — Förderung des Wohnungsbaues zugunsten von Flüchtlingen aus dem sowjetisch besetzten Sektor Berlins sowie der ihnen gleichgestellten Personen — (Drucksache IV/ 700 Anlage S. 26) wird Nr. (1) a) wie folgt neu gefaßt: „a) die alleinstehenden Personen bis zum vollendeten 21. Lebensjahr,". 2. Es wird ein neuer Tit. 607 eingefügt: Tit. 607 Zuschüsse zur Förderung des Baues von Alterswohnungen 20 000 000 DM" Die Erläuterungen lauten: Zu Tit. 607 Diese Zuschüsse sollen zur Schaffung entsprechender Kleinwohnungen als Alterswohnungen oder besonderer Wohnanlagen im Rahmen anderer Wohn- und Siedlungsanlagen gewährt und dadurch u. a. auch die Freimachung entsprechend großer Wohnungen für junge, insbesondere kinderreiche Familien erreicht werden. Bonn, den 7. Mai 1963 Ollenhauer und Fraktion Anlage 17 Umdruck 273 Änderungsantrag der Abgeordneten Schoettle, Dr. Vogel, Dr. Emde und Genossen zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1963, hier: Einzelplan 60 — Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksachen IV/ 700 Anlage, IV/ 1130). Der Bundestag wolle beschließen: 1. Zu Kap. A 60 05 — Leistungen des Bundes für Berlin — Der Ansatz bei Titel 571 — Bundesdarlehen — wird von 195 000 000 DM um 23 250 000 DM auf 171 750 000 DM vermindert. 2. Zu Kap. 60 05 — Leistungen des Bundes für Berlin — Der Ansatz bei Titel 571 — Bundesdarlehen — wird von 95 000 000 DM um 23 250 000 DM auf 118 250 000 DM erhöht. Bonn, den 9. Mai 1963 Dr. Vogel Schoettle Dr. Conring Ritzel Dr. Stoltenberg Jürgensen Leicht Dr. Schäfer Windelen Schröder (Osterode) Mengelkamp Dr. Emde Baier (Mosbach) Kreitmeyer Dr. Althammer Peters Anlage 18 Umdruck 259 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1963, hier: Haushaltsgesetz 1963 (Drucksachen IV/ 700 Anlage, IV/ 1131). Der Bundestag wolle beschließen: In § 8 Abs. 1 wird in Satz 2 nach dem Wort „Mittel" eingefügt: „für Baumaßnahmen für Hochschulen sowie für sonstige wissenschaftliche Einrichtungen, für Baumaßnahmen im Bereich ,des zivilen Bevölkerungsschutzes," Bonn, 7. Mai 1963 Ollenhauer und Fraktion Anlage 19 Umdruck 262 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1963, hier: Haushaltsgesetz 1963 (Drucksachen IV/ 700, IV/ 1131). Der Bundestag wolle beschließen: § 12 a wird gestrichen. Bonn, den 8. Mai 1963 Ollenhauer und Fraktion 3662 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. Mai 1963 Anlage 20 Umdruck 250 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1963, hier: Haushaltsgesetz 1963 (Drucksachen IV/ 700, IV/ 1131). Der Bundestag wolle beschließen: Dem § 22 wird folgender neuer Absatz 3 angefügt: „(3) Wenn die Ausgabenansätze für werbende Zwecke im außerordentlichen Haushalt für das Rechnungsjahr 1963 nicht restlos durch Kapitalaufnahmen bedient werden können, entscheidet der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages über die Rangfolge der zu bedienenden Ansätze." Bonn, den 7. Mai 1963 Ollenhauer und Fraktion Anlage 21 Umdruck 277 Änderungsantrag der Abgeordneten Kuntscher, Dr. Vogel, Dr. Emde und Genossen zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1963, hier: Haushaltsgesetz 1963 (Drucksachen IV/ 700, IV/ 1131). Der Bundestag wolle beschließen: In § 26 wird folgende neue Nr. 7 a eingefügt: „7 a. für Verbindlichkeiten .des Ausgleichsfonds aus .der Eintragung von Schuldbuchforderungen oder der Aushändigung von Schuldverschreibungen nach § 252 Abs. 3 des Lastenausgleichsgesetzes vom 14. August 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 446), zuletzt geändert durch das Fünfzehnte Gesetz zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes vom 4. August 1961 (Bundesgesetzbl. I S. 1169);" Bonn, den 9. Mai 1963 Kuntscher Dr. Vogel Dr. Emde Leukert Krüger Dr. Rutschke
Gesamtes Protokol
Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0407500000
Die Sitzung ist eröffnet.
Folgende amtliche Mitteilung wird ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Abgeordnete Wittrock hat mit Wirkung vom 8. Mai 1963 sein Mandat niedergelegt.
Wir kommen zuerst zur
Fragestunde (Drucksache IV/ 1217).
Wir beginnen mit den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts. Ich rufe auf die Frage VI/1 — der Frau Abgeordneten Schanzenbach —:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß in der Offentlichkeit Ostfrankreichs, vor allem in den elsässischen Departements Haut-Rhin und Bas-Rhin, die Auffassung vertreten wird, daß der Sitz des zuständigen deutschen Generalkonsulats in Nancy für das Elsaß denkbar ungünstig gelegen sei?
Herr Staatssekretär, darf ich bitten!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0407500100
Ich darf die Substanz der Frage der Frau Abgeordneten Schanzenbach beantworten. Das Konsulat Nancy liegt in seinem Amtsbezirk, der neun Departements umfaßt, etwa zentral. Die Kontakte zu den elsässischen Departements Oberrhein und Niederrhein können vom Konsulat in ausreichendem Maße wahrgenommen werden. Das wirtschaftliche Schwergewicht des französischen Ostens liegt im übrigen im lothringischen Industrierevier, d. h. in den Departements Meurthe-et-Moselle, deren geistiges Zentrum Nancy ist.
Das Konsulat ist im vergangenen Jahr personell verstärkt worden. Die Umwandlung in ein Generalkonsulat und eventuell eine weitere Verstärkung sind wegen der Bedeutung und des Aufgabenbereichs dieser Vertretung beabsichtigt.
Vielleicht darf ich, Herr Präsident, die folgende Frage, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dieser Frage steht, gleich anschließend beantworten?

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0407500200
Bitte sehr! Dann rufe ich zusätzlich die Frage VI/ 2 — der Abgeordneten Frau Schanzenbach — auf:
Ist die Bundesregierung bereit, den in Straßburg gemachten und in Zeitungen des deutschen und französischen Grenzgebiets unterstützten Vorschlag zu prüfen, den Zuständigkeitsbereich des Konsulats Nancy zu teilen und in Straßburg ein Konsulat einzurichten, zumal sich in Straßburg der wichtigste deutschfranzösische Grenzübergang befindet?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0407500300
Die Bundesregierung beabsichtigt bis auf weiteres nicht, den Amtsbezirk des Konsulats Nancy zu ändern oder ein Kosulat in Straßburg zu errichten. An die Bundesregierung ist auch ein derartiger Wunsch nicht herangetragen worden. Die französische Regierung hat bisher ebenfalls nicht zu erkennen gegeben, daß sie die Eröffnung eines deutschen Konsulats in Straßburg für wünschenswert halte. Der starke Grenzverkehr allein rechtfertigt nach Auffassung der Bundesregierung nicht die Eröffnung eines Konsulats in Straßburg, zumal er sich im allgemeinen reibungslos vollzieht.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0407500400
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Schanzenbach!

Marta Schanzenbach (SPD):
Rede ID: ID0407500500
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß sich im Dienstbereich des Konsulats in Nancy etwa 20 000 Deutsche befinden, eine Zahl, die sonst in keinem Konsularbereich erreicht wird?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0407500600
Mir ist bekannt, Frau Abgeordnete, daß sich etwa 20 000 Deutsche in dem Konsularbezirk des Konsulats in Nancy befinden. Im Hinblick darauf beabsichtigt die Bundesregierung, die Verstärkung des Konsulats durchzuführen, von der ich eben gesprochen habe.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0407500700
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Faller!

Walter Faller (SPD):
Rede ID: ID0407500800
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß gerade in dem Grenzbereich, für den das Konsulat Nancy zuständig ist, ständig Schwierigkeiten in den Fragen der Fremdenlegionäre und den Fragen der Doppelstaatler gegeben sind und daß es für die Eltern der Betroffenen dann äußerst schwierig ist, nach Nancy zu fahren und in einem rein französisch-sprachigen Gebiet ihre Angelegenheit zu erledigen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0407500900
Schwierigkeiten dieser Art, Herr Abgeordneter, sind mir nicht bekanntgeworden.




Walter Faller (SPD):
Rede ID: ID0407501000
Herr Staatssekretär, darf ich eine weitere Frage stellen: Ist Ihnen bekannt, daß z. B. das Konsulat in Basel — die Schweiz hat ja vier Konsulate, obwohl das Gebiet viel kleiner ist — seine Aufgabe ausgezeichnet erfüllt und viel dazu beigetragen hat, den freund-nachbarschaftlichen Verkehr zwischen Basel und dem deutschen Grenzgebiet herzustellen, und könnte das nicht genauso die Aufgabe eines Konsulats in Straßburg sein?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0407501100
Ich glaube, Herr Abgeordneter, die beiden Fälle sind nicht miteinander zu vergleichen, weil zwischen Basel und den benachbarten deutschen Gebieten sehr enge wirtschaftliche Beziehungen bestehen und vor allen Dingen ein außerordentlich reger Verkehr von Arbeitnehmern nach beiden Richtungen hin stattfindet. Damit entstehen in der Tat zusätzliche Probleme, die im Falle Basel die Errichtung eines Konsulats unmittelbar an der Grenze rechtfertigen und sogar notwendig machen. Diese Fragen liegen in vergleichbarem Maße im Elsaß nicht vor.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0407501200
Eine Zusatzfrage Herr Abgeordneter Rinderspacher.

Dr. Fritz Rinderspacher (SPD):
Rede ID: ID0407501300
Herr Staatssekretär, glauben Sie nicht, es würde im Interesse Europas liegen, daß gerade an der Nahtstelle Straßburg die Beziehungen zwischen den beiden Staaten Deutschland und Frankreich auch vom Optischen und vom Geographischen her eine wesentliche Förderung erfahren, daß darüber hinaus das deutschsprachige Elsaß — soweit es noch deutschsprachig ist — eine wesentliche Unterstützung finden würde, wenn eine konsularische Vertretung der deutschen Bundesrepublik in Straßburg auch äußerlich sichtbar eingerichtet würde?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0407501400
Herr Abgeordneter, ich glaube, man muß unterscheiden zwischen den eigentlichen konsularischen Aufgaben und der Wahrnehmung der deutschen Politik und der, deutschen Belange in der europäischen Politik. Was die eigentlichen konsularischen Aufgaben anlangt, so bin ich, wie ich vorhin ausgeführt habe, der Auffassung, daß das Konsulat Nancy zu ihrer Wahrnehmung sehr wohl in der Lage ist. Selbstverständlich ist es erforderlich, in Straßburg als dem Zentrum einer bedeutenden Tätigkeit im Bereich der europäischen Politik eine deutsche Vertretung zu unterhalten. Aber diese ist, wie Sie wissen, vorhanden in Gestalt der ständigen Vertretung der Bundesrepublik beim Europarat.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0407501500
Eine Zweite Zusatzfrage!

Dr. Fritz Rinderspacher (SPD):
Rede ID: ID0407501600
Dürfen wir also hoffen, daß das Auswärtige Amt dieses Anliegen, eine Konsularvertretung in Straßburg zu errichten, mindestens für die Zukunft wohlwollend behandeln wird?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0407501700
Das Auswärtige Amt wird diesen Fragenkomplex weiterhin mit Aufmerksamkeit verfolgen.

(Zuruf von der SPD: Weiterhin? — Heiterkeit.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0407501800
Wir kommen zur Frage VI/3 — der Frau Abgeordneten Dr. Hubert —:
Unter Bezugnahme auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage betreffend Ratifizierung von Abkommen des Europarates — Drucksachen IV/ 989, IV/ 1049 — bitte ich die Bundesregierung noch einmal um Auskunft, bis wann mit der Unterzeichnung des Abkommens aber die Anerkennung von akademischen Graden zu rechnen ist?
Ist die Frau Abgeordnete im Saal? — Sie vertreten Sie, Herr Abgeordneter Dr. Schäfer. Bitte, Herr Staatssekretär!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0407501900
Die Frage bezieht sich auf die Ratifikation von Abkommen, die im Rahmen des Europarats geschlossen worden sind, und zwar hier speziell auf das Abkommen über die Anerkennung von akademischen Graden. Meine Antwort lautet:
Ein genauer Termin für die Unterzeichnung des Abkommens über die Anerkennung von akademischen Graden kann nicht genannt werden. Auf Grund der sogenannten Lindauer Vereinbarung muß zunächst die Zustimmung aller Bundesländer vorliegen. Die Ständige Vertragskommission der Länder, die den Landesregierungen bereits empfohlen hat, zuzustimmen, will versuchen, in ihrer nächsten Sitzung am 17. Mai das Einverständnis jener Länder herbeizuführen, die dem Abkommen bisher noch nicht zugestimmt haben. Sobald die Zustimmung aller Länder der Bundesrepublik vorliegt, wird die Bundesregierung das Abkommen unverzüglich unterzeichnen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0407502000
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Schäfer.

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0407502100
Herr Staatssekretär, haben die anderen 'beteiligten Länder bereits unterzeichnet?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0407502200
Es haben mehrere der anderen beteiligten Staaten unterzeichnet, allerdings noch nicht alle. Von denen, die unterzeichnet haben, hat nur ein kleiner Teil — ich kann leider aus dem Gedächtnis die genaue Zahl nicht sagen — das Abkommen bereits ratifiziert.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0407502300
Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0407502400
Erwarten Sie, daß Sie — nach Artikel 32 des Grundgesetzes und auf Grund des Lindauer Abkommens, die miteinander zusammenhängen — am 17. Mai eine Regelung erreichen können?




Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0407502500
Ich habe keinen Zweifel daran, daß eine Lösung dieser Frage zustandekommen wird. Aber soweit ich unterrichtet bin, stehen ,einige der deutschen Länder auf dem Standpunkt, daß sie zu der Zustimmungserklärung zu diesem Abkommen ihrerseits der Zustimmung ihrer Landtage bedürfen. Dadurch ist eine gewisse Verzögerung wohl unvermeidlich.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0407502600
Die Frage VI/ 4 — des Abgeordneten Rademacher -- ist vom Fragesteller zurückgezogen.
Wir kommen zur Frage VI/ 5 — des Abgeordneten Margulies —:
Ist der Herr Bundesaußenminister gewillt, in der nächsten Sitzung des Ministerrates der EWG zu beantragen, die Konsultation des Europäischen Parlaments über das am 20. Dezember 1962 parafierte Abkommen über die Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und den mit dieser Gemeinschaft assoziierten afrikanischen Staaten und Madagaskar unverzüglich herbeizuführen, um zu vermeiden, daß bis zur Erledigung des verfassungsmäßigen Einwandes der italienischen Regierung überhaupt keine Weiterbehandlung des Abkommens erfolgt?
Herr Staatssekretär, ich darf bitten!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0407502700
Ich darf die Frage des Herrn Abgeordneten Margulies wie folgt beantworten. Der Ministerrat der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft hat auf seiner 100. Tagung den Antrag des Europäischen Parlaments abgelehnt, vor Unterzeichnung des Abkommens mit den afrikanischen Staaten und Madagaskar gehört zu werden. Der Versuch, diesen unerledigten Punkt noch einmal vor dem Ministerrat aufzunehmen, hat keine Chancen. Doch verstreicht die Zwischenzeit keineswegs ungenutzt. Bereits auf der Tagung des Ministerrats am 1. und 2. April 1963 hat der Rat seinen Wunsch bestätigt, die am 19. Dezember 1962 von den Vertretern der Mitgliedstaaten und den Vertretern der assoziierten Staaten angenommenen Übergangsbestimmungen durch Zwischenmaßnahmen zu ergänzen. Der Rat hat außerdem die Kommission, vorbehaltlich des Einverständnisses der assoziierten Staaten, aufgefordert, die assoziierten Staaten zu ersuchen, ihr weiterhin Programme für Investitionsvorhaben vorzulegen. Außerdem hat der Rat die Kommission ermächtigt, die restlichen Mittel und die Reserven des Europäischen Entwicklungsfonds zur Finanzierung von Investitionsvorhaben zu verwenden, die von den assoziierten Staaten vorgelegt wurden oder jetzt oder in Zukunft noch vorgelegt werden.
Der Rat hat sich schließlich bereit erklärt, gemeinsam mit den assoziierten Staaten zu prüfen, welche sonstigen Übergangsmaßnahmen notwendig werden.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0407502800
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Margulies.

Robert Margulies (FDP):
Rede ID: ID0407502900
Darf ich fragen, Herr Staatssekretär, ob meine Information falsch ist — nach Ihrer Auskunft muß ich das schließen —, daß während der 100. Tagung der Punkt „Konsultation des Europäischen Parlaments" wegen Zeitmangels nicht mehr erledigt werden konnte?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0407503000
Der Punkt ist behandelt worden, Herr Abgeordneter, und zwar mit dem Ergebnis, das ich vorhin mitgeteilt habe.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0407503100
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen nun zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Die Fragen VII /1 und VII /2 — des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen — sind vom Fragesteller zurückgestellt worden.
Wir kommen zur Frage VII/ 3 — des Abgeordneten Kahn-Ackermann —:
Trifft es zu, daß einer größeren Anzahl von jordanischen Gastarbeitern die Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung in der Bundesrepublik kürzlich entzogen worden ist?
Ist er im Saal? — Das ist nicht der Fall. Dann wird die Frage schriftlich beantwortet.
Ich rufe auf die Frage VII/ 4 — des Abgeordneten Fritsch —:
Welche Konsequenzen gedenkt die Bundesregierung hinsichtlich der Verwendung und Ausrüstung von Hubschraubern beim Bundesgrenzschutz aus dem Unfall zu ziehen, der sich am 18. Februar 1963 zwischen Geraszell und Hötzeldorf im Landkreis Bogen ereignet hat, wobei ein Hubschrauber des Bundesgrenzschutzes bei Nebel und dichtem Schneetreiben abgestürzt war?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Herrn Bundesministers Höcherl vom 8. Mai 1963 lautet:
Die Ursache für den Absturz eines Bundesgrenzschutz-Hubschraubers am 18. Februar 1963 war mit großer Wahrscheinlichkeit der durch Einfliegen in einen Schneeschauer plötzlich eintretende Sichtverlust. Da leichte Hubschrauber z. Z. noch nicht blindflugfähig sind, konnte der Pilot den Hubschrauber in der von ihm eingeleiteten Kehrtkurve ohne Horizontsicht nicht halten und stürzte ab.
Obwohl der abschließende Unfallbefund des Luftfahrtbundesamtes noch nicht vorliegt, kann nach den Ermittlungen des Bundesgrenzschutzes angenommen werden, daß technische Störungen am Hubschrauber oder grobe Fehler des Hubschrauberführers nicht vorgelegen haben.
Die Vorschriften des BGS besagen für den Fall einer unvorhergesehenen Wetterverschlechterung während des Fluges, daß dieser rechtzeitig abzubrechen sei. Die Wahl des richtigen Zeitpunktes ist Erfahrungssache und muß im Einzelfalle dem Flugzeugführer überlassen bleiben. Im vorliegenden Falle setzte die Wetterverschlechterung so plötzlich ein, daß der Absturz sich noch während des Abbrechversuchs ereignete.
Der Unfall vom 18. Februar 1963 war der erste Unfall mit Personenschaden, den der Bundesgrenzschutz seit Aufnahme des Flugbetriebs mit Hubschraubern im Jahre 1954 verzeichnen mußte. Daraus ergibt sich, daß die Bestimmungen über den Flugbetrieb und die Ausbildung der Besatzungen den Erfordernissen genügen.
Außer einer wiederholten eingehenden Belehrung des gesamten fliegenden Personals• des Bundesgrenzschutzes waren daher aus dem Unfall keine weiteren Konsequenzen für die Verwendung der Hubschrauber zu ziehen.
Hinsichtlich der Ausstattung ist beabsichtigt, die Hubschrauber des Bundsegrenzschutzes nach Klärung noch offener technischer Fragen so weit mit Blindfluginstrumenten auszurüsten, daß ein Flug mit Vorwärtsgeschwindigkeit ohne Horizontsicht durchge führt werden kann.
Ich rufe die Frage VII/ 5 — des Abgeordneten Dr. Kempfler — auf:
Hat das Bundesinnenministerium bereits einen Überblick darüber, ob durch die Errichtung von Bundesoberbehörden in seinem Bereich (z. B. Bundesverwaltungsamt etc.) eine wesentliche Vereinfachung des Verwaltungsgangs und eine erhebliche Einsparung an Personal erzielt werden konnte?
Bitte sehr, Herr Minister.

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0407503200
Die Frage kann mit Ja beantwortet werden.




Dr. Friedrich Kempfler (CSU):
Rede ID: ID0407503300
Herr Minister, wurden die Abteilungen im Innenministerium, von denen Aufgaben auf die Bundesoberbehörden übertragen wurden, wesentlich abgebaut oder vermindert?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0407503400
Vermindert, möchte ich sagen.

Dr. Friedrich Kempfler (CSU):
Rede ID: ID0407503500
Würde das Innenministerium bereit sein, dem Innnenausschuß einmal, getrennt nach den verschiedenen Bundesoberbehörden, einen eingehenden Bericht zu erstatten, nachdem die Frage der Errichtung von Oberbehörden ja auch in anderen Ministerien eine Rolle gespielt hat?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0407503600
Jederzeit, vor allem dann, wenn die Beratung der anstehenden großen Gesetzentwürfe darunter nicht leidet.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0407503700
Ich danke Ihnen, Herr Bundesinnenminister.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen, zunächst zur Frage XI/ 1 — des Abgeordneten Lemper —:
Beabsichtigt die Bundesregierung, die Telefon- und Anschlußgebühren zu erhöhen?
Herr Staatssekretär Dr. Steinmetz, darf ich bitten.

Dr. Willy Steinmetz (CDU):
Rede ID: ID0407503800
Herr Präsident, ich darf die Frage wie folgt beantworten. Nachdem durch die Verordnung zur Änderung der Gebührenvorschriften vom 19. Dezember 1962 verschiedene Gebühren des Fernsprechdienstes der derzeitigen Kostenlage bzw. den betrieblichen Bedürfnissen entsprechend neu festgesetzt wurden, sind weitere Erhöhungen der Gesprächs- und Grundgebühren zur Zeit nicht beabsichtigt. Eine langfristige, also für mehrere Jahre gültige Vorhersage ist jedoch nicht möglich, da die Gebührenentwicklung nicht zuletzt von der weiteren Entwicklung der Kosten- und Ertragslage der Deutschen Bundespost abhängig ist.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0407503900
Ich rufe die Frage XI/ 2 — des Abgeordneten Lemper — auf:
Warum werden nicht allen Fernsprechteilnehmern die Vorwahlnummern des gesamten Fernsprechnetzes bekanntgegeben?
Herr Staatssekretär, darf ich bitten.

Dr. Willy Steinmetz (CDU):
Rede ID: ID0407504000
Den Fernsprechteilnehmern werden die Ortskennzahlen nur für diejenigen Orte bekanntgegeben, für die der Selbstwählferndienst zugelassen ist. Es besteht kein berechtigter Grund, den Fernsprechteilnehmern darüber hinaus die Ortskennzahlen auch derjenigen Orte mitzuteilen, für die der Selbstwählferndienst noch nicht zugelassen ist.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0407504100
Herr Abgeordneter Lemper zu einer Zusatzfrage.

Hubert Lemper (SPD):
Rede ID: ID0407504200
Herr Staatssekretär, es besteht ohne weiteres die Möglichkeit, von jedem der Orte, die im Selbstwählferndienst eingeschaltet sind, entfernteste Orte zu wählen. Ich vermag nicht einzusehen, weshalb nicht jedem Fernsprechteilnehmer die Selbstwählvornummern der betreffenden Orte bekanntgegeben werden.

Dr. Willy Steinmetz (CDU):
Rede ID: ID0407504300
Herr Abgeordneter, wenn ich Sie richtig verstanden habe, fragen Sie, weshalb die Vorwählnummer für Orte, die noch nicht eingetragen sind, die man aber schon anwählen kann, noch nicht angegeben sind.

(Abg. Lemper: Ja!)

Dazu darf ich bemerken, daß Herr Bundesminister Stücklen zu dieser Frage in der Fragestunde der Sitzung des Deutschen Bundestages am 15. Februar 1963 ausführlich mündlich Stellung genommen hat. Ich darf auf seine dort an den Herrn Abgeordneten Hammersen gegebene Antwort verweisen und zusätzlich noch einmal darauf hinweisen, daß dafür vorwiegend betriebliche Gründe maßgebend sind.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0407504400
Eine Zusatzfrage!

Dr. August Ramminger (CSU):
Rede ID: ID0407504500
Herr Staatssekretär, glauben Sie nicht, daß es ein großer Dienst am Kunden wäre, wenn diese Ortsnetzzahlen oder Vorwahlnummern in den Telefonbüchern jeweils am Kopf der unter einem Ort aufgeführten Fernsprechteilnehmer angegeben würden? Wenn man nämlich eine Telefonnummer gesucht hat, dann fehlt noch diese Vorwahlnummer, für die man auf ein eigenes Verzeichnis verwiesen wird, das dann meist nicht vorhanden ist, und wenn, dann ist es vom Mai 1960, also veraltet.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0407504600
Herr Abgeordneter Ramminger, Sie müssen hier Fragen stellen. Sie können keine Erklärungen abgeben.

Dr. Willy Steinmetz (CDU):
Rede ID: ID0407504700
Herr Abgeordneter, ich darf kurz folgendes antworten. Diese Frage ist selbstverständlich ständig Gegenstand der Überlegungen im Bundespostministerium. Die Frage des Optimalen ist vielleicht noch nicht restlos geklärt. Ich darf Ihnen aber sagen, daß wir sie ständig prüfen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0407504800
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die von dem Abgeordneten Dr. Tamblé gestellte Frage XI/ 3 auf:
Warum lehnt die Deutsche Bundespost die Forderung dei Bundesärztekammer ab, daß in den Telefonbüchern die Namen der niedergelassenen Ärzte durch Fettdruck aus der Menge der übrigen Teilnehmer hervorgehoben werden, wie es z. B Firmen der gewerblichen Wirtschaft gestattet wird?

Dr. Willy Steinmetz (CDU):
Rede ID: ID0407504900
Der Fettdruck von Firmennamen ist nicht auf eine bevor-



Staatssekretär Dr. Steinmetz
zugte Behandlung der gewerblichen Wirtschaft, sondern ausschließlich auf das der Eintragung zugrunde liegende System zurückzuführen. Nach den vom Deutschen Normenausschuß herausgegebenen „Regeln für die alphabetische Ordnung — DIN 5007" werden die Namen von Personen, Behörden, Betrieben, Firmen usw. gemeinsam eingeordnet. Diese Regeln gelten auch für die alphabetische Einreihung von Teilnehmern in den Amtlichen Fernsprechbüchern. Um den erheblich steigenden Umfang der Fernsprechbücher in erträglichen Grenzen zu halten, wird bei mehreren untereinander aufgeführten Einträgen mit dem gleichen Namen nur der Name im ersten Eintrag in Fettdruck ausgeschrieben und in den folgenden Einträgen durch einen Bindestrich als Wiederholungszeichen ersetzt. Bei den von Ihnen angezogenen Firmen der gewerblichen Wirtschaft handelt es sich ausschließlich um handelsgerichtlich eingetragene Firmen. Die im Handelsregister eingetragene Bezeichnung ist die amtliche Firmen- oder Namensbezeichnung. Sie und n u r sie kann und muß in Fettdruck aufgeführt werden.
Jedes Abweichen von dieser seit Jahren bestehenden Regelung würde zu einer Unzahl von Schwierigkeiten und Berufungen führen, welche die ordentliche und übersichtliche Gestaltung der Amtlichen Fernsprechbücher in Frage stellen würde.
Im übrigen erscheint in der Regel der Name jedes Arztes als Suchwort in Fettdruck.
Für besonders dringende Fälle finden Sie in jedem Amtlichen Fernsprechbuch auf der vorderen Umschlagseite die Nummern für Unfälle, erste Hilfe und den Rettungsdienst.
Auf Grund dieser bestmöglichen Regelung und der langjährigen guten Erfahrungen ist meines Erachtens ein schnelles Auffinden der Teilnehmereinträge von niedergelassenen Ärzten bestens gewährleistet.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0407505000
Eine Zusatzfrage? — Bitte sehr!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0407505100
Herr Staatssekretär, wenn Sie nun glauben, der Forderung der Ärzte aus den von Ihnen vorgetragenen Gründen nicht nachkommen zu können, haben Sie irgendeine andere Vorstellung, wie man das Auffinden von Ärzten in den Telefonbüchern erleichtern könnte?

Dr. Willy Steinmetz (CDU):
Rede ID: ID0407505200
Herr Abgeordneter, ich darf noch einmal wiederholen: In dem amtlichen Verzeichnis scheint uns den Forderungen, die im Interesse des allgemeinen Wohls liegen, Rechnung getragen zu sein. Es gibt darüber hinaus aber andere Möglichkeiten. Wie Sie wissen, haben wir praktisch für alle Orte des Bundesgebietes örtliche Fernsprechbücher. Die Ärzte und die Ärztevereinigungen werden seit langem auf die Möglichkeiten der besonderen Eintragung hingewiesen. Ich muß Ihnen allerdings mitteilen, daß von regionalen Ärztekammern dieses Anerbieten mit .dem Hinweis abgelehnt wird, daß eine hervorgehobene Eintragung einen Verstoß gegen die Berufsordnung darstelle und nach den allgemein geltenden Satzungen nicht zulässig sei.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0407505300
Eine Zusatzfrage.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0407505400
Herr Staatssekretär, mir ging es vor allen Dingen um die Eintragung in die amtlichen Fernsprechbücher. Was würden Sie z. B. sagen, wenn durch das erschwerte Auffinden, über das es doch wohl keinen Zweifel gibt, kostbare Zeit verloren gehen würde — ich denke vor allem an Unfallverletzte, bei denen es manchmal auf Minuten und Sekunden ankommt — und nachweisbar der Tod auch nur eines Menschen verschuldet würde?

Dr. Willy Steinmetz (CDU):
Rede ID: ID0407505500
Herr Abgeordneter, das braucht — und ich darf hinzusetzen: kann gar nicht der Fall sein. Ich habe vorhin erwähnt, daß 'in jedem amtlichen Fernsprechverzeichnis auf der vorderen Umschlagseite die Nummern für Unfall, erste Hilfe und Rettungsdienst verzeichnet sind. Damit kann jederzeit innerhalb weniger Sekunden die erforderliche Nummer angewählt werden.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0407505600
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Brück.

Valentin Brück (CDU):
Rede ID: ID0407505700
Ist es nicht so, Herr Staatssekretär, daß man, wenn dieser Fall akut wird, besonders für die Zeit des ärztlichen Bereitschaftsdienstes, überall, z. B. auch bei uns in Köln, sofort erfahren kann, welcher Arzt Bereitschaftsdienst hat? Das hat meiner Ansicht nach in den Großstädten bisher tadellos funktioniert.

Dr. Willy Steinmetz (CDU):
Rede ID: ID0407505800
Ja, wir haben bisher auch keine anderen negativen Erfahrungen gemacht.
Vizepräsident Dr. ' Jaeger: Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Schäfer.

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0407505900
Herr Staatssekretär, verstehen Sie unser Anliegen, daß man bei der Art, wie die Eintragung jetzt geschieht, erst eine Auskunft einholen muß, wo man dann mit einem weiteren Anruf Hilfe bekommen kann, während das Anliegen des Herrn Abgeordneten Dr. Tamblé dahin geht, sofort sichtbar zu machen, wo ein Arzt erreichbar ist?

Dr. Willy Steinmetz (CDU):
Rede ID: ID0407506000
Verehrter Herr Abgeordneter, es ist nicht so, daß man, wenn man in dringenden Fällen einen Arzt benötigt, erst bei der Auskunft nachfragen muß.

(Abg. Dr. Schäfer: Die Unfallnummer gibt doch nur Auskunft, sonst nichts!)

— Nein, sie nennt Ihnen doch klar den Arzt. — Entweder kennen Sie in einem dringenden Falle den



Staatssekretär Dr. Steinmetz
Namen eines Arztes; dann ist es ein leichtes, ihn im Fernsprechverzeichnis zu finden. In diesem Falle würde es die Situation nicht ändern, wenn die Namen der Ärzte im Fettdruck erschienen. Oder aber Sie brauchen für erste Hilfe sofort jemand, und dafür haben Sie auf der Umschlagseite die entsprechende Nummer.
Darf ich darüber hinaus noch eine weitere Feststellung treffen: Sie wissen, daß dem amtlichen Verzeichnis ein Branchenverzeichnis angeschlossen ist. In diesem Branchenverzeichnis finden Sie in übersichtlicher Weise, nach Fachsparten geordnet — also Unfallärzte, Internisten, Chirurgen usw. —, ebenfalls sehr schnell die Namen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0407506100
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Schäfer.

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0407506200
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, in einem Bezirk einmal den Versuch zu machen? Ich darf Ihnen nämlich dazu sagen: Der Mensch, der in Not ist, denkt nicht an „Unfall", sondern denkt an das, was er braucht, nämlich einen Arzt. Also denkt er in erster Linie nicht daran, eine Unfallnummer anzurufen, sondern daran, einen Arzt zu suchen. Und suchen Sie einmal den Arzt, wenn er in Köln wohnt und Müller heißt!

Dr. Willy Steinmetz (CDU):
Rede ID: ID0407506300
Sehr verehrter Herr Abgeordneter, Sie haben gerade von 1 Ihrem Kollegen Brück gehört, daß lin Köln auch nach seiner Meinung solche Gefahren bisher überhaupt nicht bestanden haben. Wir sind ebenfalls der Auffassung, daß die Gefahren, von denen Sie sprechen, nicht latent sind, sondern daß sie durch die Aufführung der besonderen Nummern sofort behoben werden können.

(Dr. Schäfer: Darf ich nur noch einen Zwischenruf machen?)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0407506400
Verzeihen Sie, Herr Abgeordneter Dr. Schäfer, Ihre Zeit ist abgelaufen.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Schmidt.

Dr. Horst Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0407506500
Herr Staatssekretär, wenn Sie in den amtlichen Fernsprechbüchern ein Branchenverzeichnis haben und da, wie Sie sagen, die Ärzte alphabetisch aufführen, können Sie nicht dieselbe Methode auch bei den örtlichen Fernsprechbüchern einführen? Dann wäre doch eine viel bessere Möglichkeit gegeben, Ärzte aufzufinden.

Dr. Willy Steinmetz (CDU):
Rede ID: ID0407506600
Herr Abgeordneter, auch in den örtlichen Fernsprechbüchern sind die Namen der Ärzte alphabetisch angeordnet.

(Abg. Dr. Schäfer: Aber nicht als Arzt!)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0407506700
Eine zweite Zusatzfrage!

Dr. Horst Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0407506800
Ich glaube, daß meine Frage nicht ganz beantwortet ist. Es geht darum, ob in den örtlichen Fernsprechbüchern die Namen der Ärzte nicht in der gesamten Reihenfolge der Fernsprechteilnehmer, sondern am Ende in einem sogenannten Branchenverzeichnis besonders alphabetisch aufgeführt werden.

Dr. Willy Steinmetz (CDU):
Rede ID: ID0407506900
Herr Abgeordneter, darf ich darauf aufmerksam machen, daß in den örtlichen Fernsprechbüchern, die einen halbamtlichen Charakter haben, Branchenteile nach unserer Meinung nicht zweckmäßig sind.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0407507000
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Sänger!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0407507100
Herr Staatssekretär, wenn Sie anerkennen, daß der Arzt Müller nicht gleichzusetzen ist mit dem Kaufmann Müller, eben weil er vom Patienten als sein Arzt dringend, unmittelbar und vielleicht sehr schnell gebraucht wird, würden Sie dann nicht doch bereit sein, zu irgendeiner Lösung zu kommen, die den bisherigen Zustand überwindet, wo er untergeordnet ist, und würden Sie nicht bereit sein — ich kenne ja die Bereitschaft Ihres Hauses zu unbürokratischem Handeln aus langjähriger Zusammenarbeit --, eine Neuerung zu schaffen, die es jedem ermöglicht, ganz schnell seinen Arzt zu finden und nicht irgendeinen?

Dr. Willy Steinmetz (CDU):
Rede ID: ID0407507200
Herr Abgeordneter, wir sind selbstverständlich Ihrer Auffassung, daß das Aufnehmen des Arztes Müller etwas anderes ist als des Kaufmanns Müller, obwohl wir als Bundesverwaltung und Behörde verpflichtet sind, allen Belangen Rechnung zu tragen. Aber wenn Sie Ihren Arzt Müller anrufen wollen, dann wissen Sie, daß er Müller heißt, und dann können Sie ihn auch sofort und sehr leicht finden.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0407507300
Zu einer Zusatzfrage der Abgeordnete Schwabe!

Wolfgang Schwabe (SPD):
Rede ID: ID0407507400
Herr Staatssekretär, um diese Ihre von uns nicht anerkannte Auffassung nicht weiter zu verbreitern, möchte ich eine andere Frage an Sie richten: Wäre es denkbar, daß man sich gemeinsam mit dem von Ihnen als verantwortlich bezeichneten Normenausschuß und Ihnen darüber unterhält, wie es Möglichkeiten gibt, unter 200 durch einen Strich immer wieder gekennzeichneten Müllers den Dr. Horst Müller, den Internisten für meine soeben krank gewordene Frau, herauszufinden? Glauben Sie, daß eine solche Verhandlung doch der Sache dienen kann?

Dr. Willy Steinmetz (CDU):
Rede ID: ID0407507500
Herr



Staatssekretär Dr. Steinmetz
Abgeordneter Schwabe, ich darf Ihnen antworten, daß wir zu jeder Stunde bereit sind, Verhandlungen zu führen, um bessere Verhältnisse zu schaffen, wenn es erforderlich ist.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0407507600
Herr Abgeordneter Brück hat die nächste Zusatzfrage.

Valentin Brück (CDU):
Rede ID: ID0407507700
Ich wollte den Herrn Staatssekretär fragen: Nach der hier stattgefundenen Diskussion sind Sie wohl bereit, im Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen alle diese Fragen in ihrer Gesamtheit zu behandeln, damit wir zu einem für alle Beteiligten befriedigenden Ergebnis kommen?

Dr. Willy Steinmetz (CDU):
Rede ID: ID0407507800
Ich bin sicher, daß der Herr Bundespostminister zu jeder Stunde bereit ist, über die Wissenschaft Eintragungen in Fernsprechbüchern in dem zuständigen Ausschuß den entsprechenden Vortrag zu halten und mit Ihnen die Angelegenheit zu besprechen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0407507900
Herr Abgeordneter Erler zu einer Zusatzfrage!

Fritz Erler (SPD):
Rede ID: ID0407508000
Eine ganz einfache Frage: Halten Sie es für ausgeschlossen, daß man die Ärzte in den Fernsprechbüchern ähnlich aufführt wie die Hotels und Restaurants, die nicht alphabetisch nach dem Namen der Gastwirte, sondern in allen Fernsprechbüchern der Bundesrepublik unter dem Stichwort Hotel oder Gaststätte oder „Restaurant" zu finden sind?

Dr. Willy Steinmetz (CDU):
Rede ID: ID0407508100
Ich möchte sagen, daß wir bei der Diskussion im zuständigen Ausschuß auch über diesen Punkt ausführlich sprechen wollen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0407508200
Ich glaube, meine Damen und Herren, für eine einmalige Fragestunde ist die Angelegenheit jetzt ausführlich genug behandelt. Ich freue mich im übrigen, daß nicht alle Ärzte Müller heißen.
Ich komme zur Frage XI/ 4, der Frage des Abgeordneten Dr. Roesch:
Wann errichtet die Deutsche Bundespost auf dem Kreuzeck einen Umsetzer, damit auch die Bewohner von Garmisch-Partenkirchen und des Werdenfelser Landes die Sendungen des Zweiten Fernsehens empfangen können?

Dr. Willy Steinmetz (CDU):
Rede ID: ID0407508300
Die Errichtung einer Fernseh-Frequenzumsetzeranlage auf dem Kreuzeck ist aus technischen Gründen mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Die Deutsche Bundespost ist jedoch bestrebt, die Planungsarbeiten baldmöglichst zum Abschluß zu bringen. Sofern aus Gründen des Landschaftsschutzes keine
Einwände erhoben werden, kann die Fernseh-Frequenzumsetzeranlage voraussichtlich noch in diesem Jahr in Betrieb genommen werden.

Dr. Carl Roesch (SPD):
Rede ID: ID0407508400
Danke.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0407508500
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Schäfer.

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0407508600
Herr Staatssekretär, da diese Verhältnisse auch in anderen Landesteilen bestehen, z. B. im ganzen Bereich von Tübingen-Reutlingen, habe ich die Frage: Hat man einen Plan, um diese Lücken systematisch auszufüllen, und bis wann wird die Ausführung des Plans zu erwarten sein?

Dr. Willy Steinmetz (CDU):
Rede ID: ID0407508700
Der Plan ist vorhanden, Herr Abgeordneter. Über den Zeitpunkt kann ich Ihnen im Augenblick leider keine verbindliche Erklärung abgeben.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0407508800
Eine zweite Zusatzfrage!

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0407508900
Ich wäre schon für eine unverbindliche Äußerung darüber, was der Plan vorsieht, dankbar.

Dr. Willy Steinmetz (CDU):
Rede ID: ID0407509000
Ich bedauere; ich werde Ihnen die Auskunft schriftlich zugehen lassen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0407509100
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Rinderspacher.

Dr. Fritz Rinderspacher (SPD):
Rede ID: ID0407509200
Herr Staatssekretär, glauben Sie nicht, daß es zweckmäßig wäre, wenn die Bundespost ihre diesbezüglichen Pläne etwas mehr in der Öffentlichkeit bekannt machen würde, um zu verhindern, daß Abgeordnete, Zeitungen und alle möglichen anderen Stellen fortlaufend mit Zuschriften bombardiert werden, man solle im Bundestag entsprechende Anträge dahin stellen, daß dort und dort Umsetzer und ähnliche Anlagen errichtet werden?

Dr. Willy Steinmetz (CDU):
Rede ID: ID0407509300
Herr Abgeordneter, es besteht keine Veranlassung, solche Pläne zu verheimlichen. Vielleicht sind aus Gründen, die nicht in unserer Zuständigkeit und Verantwortung liegen, solche Veröffentlichungen in gewissen Gegenden noch nicht in dem ausreichenden Maße erfolgt. Wir werden uns bemühen, für die Veröffentlichung Sorge zu tragen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0407509400
Keine weitere Zusatzfrage? — Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Damit ist die Fragestunde beendet.




Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0407509500

Fortsetzung der Zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1963 (Haushaltsgesetz 1963) (Drucksache IV/ 700).
Meine Damen und Herren, es ist mir mitgeteilt worden, es sei eine interfraktionelle Abrede darüber erzielt, daß die an sich jetzt vorgesehene Abstimmung über den Einzelplan 31 sowie den Einzelplan 36 und den dazu gestellten Änderungsantrag nicht vor 10 Uhr erfolgen soll.
Sodann ist mir Mitgeteilt worden, es sei eine interfraktionelle Einigung dahin erzielt, daß vor der Behandlung des Einzelplans 14 eine Reihe von Einzelplänen behandelt werden soll, bei denen eine Diskussion nicht zu erwarten steht, nämlich die Einzelpläne 07, 08,. 09, 19, 20, 26, 27, 28, 30, 32, 33 und 35. — Ich sehe, daß sich kein Widerspruch erhebt.
Ich rufe also auf:
Einzelplan 07
Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz (Drucksache IV/ 1106).
Der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Tamblé, wünscht das Wort nicht mehr. Ich danke für den Schriftlichen Bericht. — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich lasse abstimmen. Wer idem Einzelplan 07 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte 'ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — ,Soweit ich sehe, keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Auch keine Enthaltungen. Der Einzelplan ist einstimmig angenommen.
Ich komme zum
Einzelplan 08
Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen (Drucksache IV/ 1107).
Ich danke dem Berichterstatter, dem Herrn Abgeordneten Jürgensen, für seinen Schriftlichen Bericht. Eine Ergänzung ist nicht notwendig? — Das Wort wird nicht gewünscht? — Wer dem Einzelplan 08 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen ist der Einzelplan 08 angenommen.
Ich rufe auf:
Einzelplan 09
Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft (Drucksache IV/ 1108).
Ich danke dem Berichterstatter, dem Herrn Abgeordneten Müller-Ravensburg, für seinen Schriftlichen Bericht. Eine Ergänzung ist nicht notwendig? — Das Wort wird nicht gewünscht? — Wer dem Einzelplan 09 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Ohne Enthaltungen gegen zahlreiche Stimmen links ist der Einzelplan 09 angenommen.
Ich rufe auf: Einzelplan 19
Bundesverfassungsgericht (Drucksache IV/ 1115).
Ich danke dem Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht. — Eine Ergänzung ist nicht notwendig. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Einzelplan 19 — Bundesverfassungsgericht — in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen; einstimmig angenommen. Ich sehe, die Justiz ist in diesem Hause unumstritten.
Ich rufe auf:
Einzelplan 20
Bundesrechnungshof (Drucksache IV/ 1116).
Ich danke dem Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht. — Eine Ergänzung ist nicht notwendig. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Einzelplan 20 -- Bundesrechnungshof — in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Auch keine Enthaltungen; einstimmig angenommen.
Ich rufe auf:
Einzelplan 26
Geschäftsbereich des Bundesministers für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte (Drucksache IV/ 1120).
Ich danke dem Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht. — Eine Ergänzung ist nicht veranlaßt. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Einzelplan 26 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen links angenommen.
Ich rufe auf: Einzelplan 27
Geschäftsbereich des Bundesministers für gesamtdeutsche Fragen (Drucksache IV/ 1121).
Ich danke dem Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht. — Eine Ergänzung ist nicht notwendig. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Einzelplan 27 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen links angenommen.
Ich rufe auf: Einzelplan 28
Geschäftsbereich des Bundesministers für Angelegenheiten des Bundesrates und der Länder (Drucksache IV/ 1122).
Ich danke dem Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht. — Eine Ergänzung ist nicht veranlaßt. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Einzelplan 28 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Zahlreiche Gegenstimmen links. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen; angenommen.




Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0407509600

Einzelplan 30
Geschäftsbereich des Bundesministers für besondere Aufgaben (Drucksache IV/ 1124).
Ich danke dem Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht. — Eine Ergänzung ist nicht veranlaßt. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Einzelplan 30 — Geschäftsbereich des Bundesministers für besondere Aufgaben — in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Gegenstimmen links ohne Enthaltungen angenommen.
Ich rufe auf:
Einzelplan 32
Bundesschuld (Drucksache IV/ 1126).
Ich danke dem Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht. — Eine Ergänzung ist nicht veranlaßt. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Einzelplan 32 — Bundesschuld — in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen links angenommen.
Ich rufe auf: Einzelplan 33
Versorgung (Drucksachen IV/ 1127, zu IV/ B) 1127).
Ich danke dem Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht. — Eine Ergänzung ist nicht veranlaßt. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Einzelplan 33 — Versorgung — in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen; einstimmig angenommen.
Ich rufe auf: Einzelplan 35
Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte (Drucksache IV/ 1128).
Ich danke dem Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht. — Eine Engänzung ist nicht veranlaßt. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Einzelplan 35 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen; einstimmig angenommen.
Damit sind diese Einzelpläne erledigt. Ich rufe nunmehr wie vorgesehen, auf:
Einzelplan 14
Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung (Drucksachen IV/ 1113, zu IV/ 1113).
Ich danke den Abgeordneten Leicht und Kreitmeyer für ihren Bericht. Ist eine Ergänzung veranlaßt? — Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Aussprache. — Das Wort hat der Abgeordnete Erler.

Fritz Erler (SPD):
Rede ID: ID0407509700
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Verteidigungspolitik des westlichen Bündnisses befindet sich seit einigen Monaten in einer ganz besonders wichtigen und interessanten Diskussion. Diese Diskussion ist ausgelöst worden durch Veränderungen auf technischem Gebiet und auch durch die politische Entwicklung der letzten Jahre. Europa ist wirtschaftlich stärker geworden und hat damit ein größeres Maß an politischem Selbstbewußtsein erlangt. Das bedeutet, daß es zwangsläufig auch für seine eigene Sicherheit nach einem größeren Maß an Mitverantwortung strebt.
Auf technischem Gebiet haben sich grundstürzende Veränderungen in den letzten Jahren vollzogen. Bis zum Jahre 1957 etwa verfügten die Vereinigten Staaten von Amerika allein über ein Monopol an verwertbaren Atomwaffen und verfügten allein — in Gestalt ihrer Trägermittel, in Gestalt der strategischen Luftwaffe — über die Möglichkeit, andere Länder entscheidend zu treffen. Sie konnten den Boden der Sowjetunion erreichen, ohne daß das amerikanische Mutterland selbst sowjetischen Waffeneinwirkungen ausgesetzt gewesen wäre. In jener Zeit war die Diskussion der massiven Vergeltung mit amerikanischen Waffen gegen jede Form einer Aggression, wo immer sie auftreten würde, durchaus glaubwürdig, insbesondere für die dichtbesiedelten und mit einem besonders starken Engagement der Vereinigten Staaten von Amerika ausgestatteten Gebiete von Europa.
Seit dem 4. Oktober 1957, seit dem ersten Sputnik, den die Sowjetunion um den Erdball herumschickte, seit diesem ersten Beweis des Vorhandenseins einer außerordentlich wirksamen Raketentechnik in der Sowjetunion selbst haben sich die Dinge gewandelt. Die Sowjetunion hat aufgeholt; auch sie verfügt über ein Arsenal von Fernraketen, mit deren Hilfe sie ihrerseits den Boden der Vereinigten Staaten von Amerika zu erreichen vermag. Auch sie verfügt, wie zahlreiche Atomexplosionen auf sowjetischem Boden gezeigt haben, über ein Arsenal weitreichender eigener Atomwaffen. Damit ist das Heimatgebiet der Vereinigten Staaten von Amerika selbst verletzbar geworden. Die Drohung der massiven Vergeltung gegen jede Form eines Angriffs ist nicht mehr in jedem Falle glaubwürdig geblieben. Manche unserer europäischen Landsleute geben sich einem Trugschluß hin: Sie scheinen der Meinung zu sein, daß dadurch, daß die Vereinigten Staaten von Amerika gegen sowjetische Waffenwirkungen empfindlich geworden seien, nunmehr Europa etwa unempfindlich gegen sowjetische Waffenwirkung geworden sei. Das ist ein Irrtum: Europa war in der unmittelbaren Reichweite sowjetischer Zerstörungsmittel, ist es inzwischen auch geblieben und wird es in Zukunft ebenfalls sein.



Erler
Eine Drohung mit massiver Vergeltung gegen jede Form sowjetischen Vorrückens ist weniger glaubhaft geworden, wenn sie von den Vereinigten Staaten von Amerika ausgesprochen wird; sie ist völlig unglaubhaft, wird sie von Europa allein ausgesprochen. Das Risiko für die Vereinigten Staaten von Amerika bei Anwendung einer solchen Drohung im Notfalle wären schwerste Verluste; das Risiko für Europa wäre seine völlige Zerstörung. Darüber müssen wir uns ganz nüchtern Klarheit verschaffen.
Hierzu kommen noch eine Reihe weiterer Überlegungen. Die NATO ist ein Verteidigungsbündnis; sie wird keinen ersten militärischen Schlag gegen eine andere Macht führen. Sie ist infolgedessen darauf angewiesen, daß die angesichts des sowjetischen Potentials unbedingt notwendigen Vergeltungswaffen als Teil der gesamten Abschreckung unverletzbar zu sein haben, wenn sie ihre Wirkung als glaubhaftes Vergeltungsmittel überhaupt behalten sollen. Sonst wäre bei einem Großangriff eines Gegners zuerst die Vergeltungswaffe ausgeschaltet, vor allem, wenn sie sich etwa allein und unabhängig in Europa selbst befände. Das hätte furchtbare Folgen für ein Land, das in dieser Weise Gegenstand eines sowjetischen Angriffs wäre. Ein einzelnes Land, das nur über Massenvernichtungsmittel für den ersten Schlag verfügt, ist daher das leichteste Opfer atomarer Erpressung und psychologischen Terrors.
Es kommt daher darauf an — das hat die Allianz seit langem erkannt —, daß die Vergeltungsmöglichkeiten als Teil der Abschreckung weit gestreut und möglichst gehärtet werden müssen, um sie so unverletzbar wie möglich zu machen. Dies übersteigt die Möglichkeiten Europas. Dies ist nur im Verbande der Gesamtallianz möglich. Selbst die Vereinigten Staaten von Amerika, die einzige Weltmacht des Westens, brauchen für einen wirksamen Aufbau dieses ihres Verteidgungspotentials Partner.
Die erste Verteidigungslinie der Vereinigten Staaten von Amerika geht auch mitten durch den europäischen Kontinent. Deshalb sind die Amerikaner nicht lediglich mit dem globalen Schutz der Vergeltungsdrohung durch ihr strategisches Fernwaffenpotential an der Sicherheit Europas interessiert. Deshalb überlassen sie die Aufgabe der Bodentruppen nicht etwa, wie manche Europäer meinen, allein dem europäischen Fußvolk, sondern deshalb befinden sich rund 450 000 Mann amerikanischer Truppen auf dem europäischen Boden und den europäischen Gewässern.
Was bedeutet das? Das bedeutet, daß im Atomzeitalter ohne wirksame Abrüstungsvereinbarungen der nationale Rahmen für die Verteidigung zu eng geworden ist. Dies ist ein ziemlich klarer Gegensatz zu manchen Vorstellungen, die derzeit die Politik unseres französischen Nachbarn beherrschen. Dort geht man davon aus, daß eine Allianz wie die NATO nur noch brauchbar sei für geringere Fälle, also praktisch dann, wenn man die NATO eigentlich gar nicht benötigt, während bei einer Auseinandersetzung um lebenswichtigste Interessen, bei einer Auseinandersetzung auf Tod und Leben eine Nation, auf sich selbst gestellt, Herr ihrer eigenen
Vergeltungsmöglichkeiten sein müsse, weil kein Verbündeter in einem solchen Falle bereit sein würde, das schwere Risiko des Einsatzes einer solchen Waffe zugunsten eines anderen Verbündeten auf sich zu nehmen.
Praktisch bedeutet dies gedanklich die Auflösung der NATO gerade für den Fall, daß das Bündnis seine entscheidende Bewährungsprobe je durchstehen müßte. Gerade bei einem Ringen um Tod und Leben ist die Allianz erforderlich, damit dieses Ringen auf Tod und Leben gar nicht erst stattfindet. Es muß dabei bleiben, daß ein Angriff auf einen ein Angriff auf alle bleibt und daß infolgedessen der Angreifer dem vollen Risiko der Begegnung mit der gesamten Allianz ausgesetzt bleibt.
Wie sieht nun ein solches Risiko aus? Das Entscheidende ist die Dokumentierung des Verteidigungswillens auf jeden Fall und gegen jede Form eines Angriffs. Das Entscheidende ist die Gewißheit, daß die Allianz nicht bereit ist, auch nur einen Fußbreit Boden aufzugeben.
Dies ist jetzt die amtliche Strategie der NATO. Dazu gehört aber auch der alte und weise Grundsatz von der Angemessenheit der Mittel. Auch in der Verteidigung müssen die eingesetzten Mittel der Art der Herausforderung entsprechen, weil es verantwortungslos wäre, für den Fall des Übergriffs eines Gegners dem eigenen Volke mehr an Zerstörung und Opfern zuzumuten, als zur Abwehr gerade dieses Übergriffs leider zwingend geboten ist.
Eine reine Atomstrategie ist unter den europäischen Bedingungen weitgehend mit dem Selbstmord identisch. Hier bestünde die Gefahr, daß eine solche Strategie vom Gegner unterlaufen würde. Wenn der Gegner nur mit dem Selbstmord oder der Kapitulation des Angegriffenen zu rechnen hat, wohlwissend, daß der Selbstmord des Angegriffenen auch den Untergang des Gegners bedeuten würde, besteht trotzdem die Gefahr, daß er bei begrenzteren Operationen eher mit der Kapitulation als mit dem Selbstmord rechnet. Der Gegner kann 'sich unter Umständen irren. Das hätte schlimme Folgen für ihn selbst, aber auch schlimme Folgen für uns. Es wäre der Untergang unserer Zivilisation. Deshalb muß Widerstand über jeden Zweifel erhaben sein und darf den Gegner die Möglichkeit einer Fehlkalkulation in Richtung der möglichen Kapitulation unter gar keinen Umständen offengelassen werden. Deshalb muß der Westen über eine größere Breite von Abwehrmitteln verfügen. Deshalb darf es auch keinen Automatismus geben, der dahin führt, daß zwangsläufig doch nur die reine Selbstmorddrohung als einzige Alternative zur Kapitulation übrigbliebe.
Sicher ist es heute allgemeine Auffassung — und mit Recht —, daß, falls der Gegner Atomwaffen einsetzt, ihm eine gleiche Antwort zuteil würde. Dieses Bewußtsein neutralisiert weitgehend die Atomwaffen der anderen Seite. Für alle anderen Fälle muß sich die westliche Allianz ihre eigene Entscheidungsfreiheit bewahren und darf sich ihre Entscheidung nicht durch einen selbstgewählten Automatismus aufzwingen lassen. Die Dimension der Antwort muß groß genug sein, um dem Gegner keinen Vorteil



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zu lassen. Deshalb bleibt die Gefahr der raschen Spirale, der Entartung eines örtlichen Übergriffs bei einem entsprechenden Einsatz gegnerischer Kräfte auch in eine atomare Auseinandersetzung hinein 'immer noch eine Notwendigkeit, wenn der Gegner anderenfalls überraschende Vorteile erringen könnte. Die Ungewißheit des Risikos bleibt Teil der Abschreckung.
Lassen Sie mich an dieser Stelle einiges zu dem Thema sagen, ob es einen Widerspruch zwischen Abschreckung und Verteidigung gibt. Ich halte das für einen scheinbaren Gegensatz. Man hört manches Mal, es sei unser Interesse, abzuschrecken; Verteidigung sei gar nicht mehr möglich. Sicher, die Aufgabe — das ist der Sinn der Abschreckung — besteht darin, den Krieg zu verhüten, also einen denkbaren Gegner von Aktionen überhaupt abzuhalten. Diese Art Abschreckung spielt sich im Gehirn des Gegners ab. Er muß überzeugt sein, daß die Drohung, mit der er für den Fall einer Aktion konfrontiert ist, für eben diesen Fall auch durchgeführt wird; sonst fühlt er sich nicht abgeschreckt. Insofern schrecken nur glaubwürdige Drohungen ab. Nur sie geben die Gewißheit, daß für den Fall eines Angriffs auch gehandelt wird. Wer der Meinung ist, nur die Abschreckung reiche aus und die Anwendung der Abschreckung gehöre schon gar nicht mehr in den Bereich des gedanklich Möglichen, der hat mit dieser Art Abschreckungstheorie in Wahrheit nur geblufft und wird damit keinen für unsere Sicherheit wesentlichen Effekt erzielen. Deshalb besteht die Abschreckung in der ganzen Skala der Verteidigung und nicht nur in der atomaren Vergeltung.

(Abg. Dr. Vogel: Die aber auch wesentlich teurer ist!)

— Ja, entschuldigen Sie, sind Sie wirklich der Meinung, daß es eine billige Sicherheit gibt,

(Abg. Dr. Vogel: Nein!)

die darin besteht, daß wir nur Atomwaffen hinstellen unid im übrigen )die Bundeswehr nach Hause schicken?

(Abg. Dr. Vogel: Nein! Ich mache Sie auf Ihr Verhalten aufmerksam!)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0407509800
Abgeordneter Erler, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Stoltenberg?

Fritz Erler (SPD):
Rede ID: ID0407509900
Aber gern.

Dr. Gerhard Stoltenberg (CDU):
Rede ID: ID0407510000
Herr Kollege Erler, wie verträgt sich die militärpolitische Konzeption, die Sie hier vortragen und die natürlich zu höheren Finanzleistungen führen würde, mit der Auffassung Ihres Fraktionskollegen Merten, man sollte den Verteidigungshaushalt senken, um die Sozialausgaben bestreiten zu können?

Fritz Erler (SPD):
Rede ID: ID0407510100
Die Auffassung, die ich hier vortrage, ist nach meiner Überzeugung die Auffassung des derzeitigen Verteidigungsministers.

(Zuruf von der CDU/CSU: Aber nicht des Herrn Merten!)

Das ist eben der gleiche Grund, weshalb wir uns bei diesem Verteidigungshaushalt der Stimme enthalten werden.

(Abg. Dr. Stoltenberg: Ich hatte aber eine präzise Frage gestellt; das ist keine Antwort!)

— Sicher. Die Grenzen der Belastbarkeit unseres Sozialprodukts sind nicht nur von den sozialdemokratischen Sprechern, sondern von Sprechern aller Parteien hervorgehoben worden, weil es hier auch Unterhaltungen über die Verteidigungskosten mit unseren Verbündeten gibt. Darüber sind wir uns doch hoffentlich alle einig.
Lassen Sie mich also zurückkommen. Es hat gerade in diesen Fragen in den letzten Jahren mitunter häßliche Auseinandersetzungen mit unseren Verbündeten gegeben, nicht in den finanziellen, sondern in den strategischen Fragen.

(Abg. Dr. Stoltenberg: Auch in den finanziellen Fragen!)

— Auch in den strategischen Fragen! Manche Leute glaubten, unserem Volke weismachen zu können, es sei billiger, wenn man die Verteidigung ausschließlich auf die atomaren Mittel abstellt, und im übrigen hat man die Bundeswehr als beinahe entbehrliches Zubehör betrachtet. Sie entsinnen sich doch noch des Artikels von Herrn Schmückle in Christ und Welt, oder etwa nicht?

(Abg. Wehner: Sehr wahr!)

Deshalb besteht die Abschreckung in der ganzen Skala der Verteidigung vom atomaren Potential über die konventionellen Verbände und die Territorialverteidigung bis hin zum zivilen Bevölkerungsschutz und zum Verteidigungswillen. Nur das Ganze schreckt ab.
Hier ein Wort zu einer anderen Formel, die aus jener Himmelsrichtung kommt, mit der ich mich eben auseinandergesetzt habe, zu der Formel, Atomwaffen seien politische Waffen. Natürlich hat das Vorhandensein der Atomwaffen politische Folgen. Sie können sich je nach der Art, die im Bündnis für sie vorgesehen ist, auf den Zusammenhang des Bündnisses festigend oder auch störend auswirken. Die Atomwaffen sind bereits als politisches Erpressungsmittel gebraucht worden. Insofern sind sie politische Waffen. Aber ohne denkbare Möglichkeit für ihren Einsatz haben sie auch keine politischen Folgen. Als Abschreckung wären sie wirkungslos, wenn nicht der Wille und die Fähigkeit dahinterstünde, sie äußerstenfalls auch zu gebrauchen.
Deshalb muß man bei der Entwicklung der Atomstrategie nicht von. der Annahme des Nichtgebrauchs ausgehen. Deshalb kann man sich keine leichtfertige Nur-Atomstrategie denken. Deshalb reduziert sich die atomare Strategie auf den äußersten Fall und kann nicht als normale Antwort, gewissermaßen bei jeder Grenzverletzung, konzipiert werden.

(Zustimmung bei der SPD.)

Eine solche Haltung liegt nicht, wie manche andere
uns vormachen wollen, ausschließlich im Interesse
der westlichen Führungsmacht, sondern eine solche



Erler
Haltung liegt durchaus auch im Interesse unseres Volkes, ,das sich gegen bestimmte Angriffe wehren können muß, ohne seine eigene Substanz völlig dabei opfern zu müssen. Es gibt ein seltsames Paradoxon, daß diejenigen Staaten, die nicht über atomare Sprengkörper verfügen, in ihren eigenen strategischen Überlegungen eine gewisse Neigung zu möglichst frühzeitigen, ich hätte beinahe gesagt, leichtfertigem Konzipieren des Einsatzes von Atomwaffen entwickeln, während jene Staaten, die über die Atomwaffen selbst verfügen, die in zahlreichen Explosionen Erfahrungen gesammelt haben, was Atomwaffen wirklich für den Fall einer Auseinandersetzung bedeuten, außerordentlich zurückhaltend in der Entwicklung strategischer Konzeptionen für die Verwendung eben dieser Waffen sind.
Damit sind wir bei der Bedeutung der seit langem innerhalb der Atlantischen Allianz vorgesehenen 30 herkömmlichen Divisionen auf dem europäischen Schauplatz. Sie sollen nicht etwa, wie gelegentlich fälschlich dargestellt wird, einen herkömmlichen Krieg ermöglichen, sondern ihre Aufgabe ist es, gerade auch eine Auseinandersetzung herkömmlicher Art mit abschrecken zu helfen. Wer nur atomar kämpfen kann, ist angesichts des selbstmörderischen Charakters einer solchen Kampfesweise gegen viele andere Angriffsformen wehrlos. Das ist jetzt auch von Großbritannien akzeptiert. Sie haben kürzlich in den Nachrichten die Umstellungen gelesen, die in dieser Richtung in Taktik und Ausstattung der britischen Rheinarmee vorgenommen werden.
Die Bundesrepublik Deutschland wird zu diesem innerhalb der NATO verabredeten Anteil in relativ naher Zukunft ihren vorgesehenen Anteil aufgebracht haben; demnächst wird er vollständig sein. Es sind keine 750 000 Mann Bundeswehrangehörige von uns gefordert worden, — auch wenn Herr Weinstein jetzt aus Washington alte Frankfurter Leitartikel in Meldungsform wiederholt. Die Bundesrepublik Deutschland hat 12 Divisionen zugesagt. Diese 12 Divisionen sind innerhalb der Allianz als ausreichend befunden worden. Dabei sollten wir auch bleiben. Was an Verstärkung der Kampfkraft dieser 12 Divisionen getan werden kann, bezieht sich einmal auf ihre Qualität, auf den Ausbildungsstand, auf .die Personalauslese, auf die Ausrüstung, und zweitens bezieht es sich auf. die Ergänzung der Divisionen durch die Territorialverteidigung.
Die Kampfkraft der Felddivisionen kann erheblich dadurch gesteigert werden, daß eine Fülle von Aufgaben, die ihnen bisher noch obliegen, in Zukunft von der nun allmählich entstehenden Territorialverteidigung übernommen werden. Das ist das große Gebiet des Objektschutzes, des Küstenschutzes, der Sicherung von Flugplätzen gegen plötzliche Überraschungsunternehmen, der Sicherung des Nachschubverkehrs, der Sicherung der Freihaltung von Straßen für militärische Bewegungen und ähnliches.
Bei all diesen Dingen — und damit bin ich bei Ihrer Frage von vorhin — haben wir selbstverständlich ganz gewisse Grenzen zu beachten. Diese Grenzen ergeben sich einmal aus unseren finanziellen
Leistungsmöglichkeiten. Wir wissen genau, daß dem Verteidigungshaushalt durch unser soziales Gefüge Grenzen gesetzt sind. Wir wissen genau, daß dann, wenn die Territorialverteidigung einen größeren Anteil des Verteidigungshaushalts in Anspruch nimmt, wahrscheinlich einige andere Projekte gestreckt werden müssen, und wir wissen auch, daß es Grenzen gibt, die sich einfach aus dem Zusammenhalt der Allianz ergeben.
Der deutsche Beitrag ist e i n Beitrag. Wir müssen Wert darauf legen, daß auch in Mitteleuropa nicht der Anschein eines nur deutsch-amerikanischen Bündnisses erweckt wird, sondern wir müssen dafür sorgen, daß auch die anderen Partner präsent sind und den innerhalb der Allianz vereinbarten Beitrag zu leisten in vollem Umfang sich anschicken.
Lassen Sie mich an dieser Stelle etwas über die Unterschiede zwischen der geographischen Lage der Vereinigten Staaten von Amerika und der Europas sagen. Das hat natürlich auch Konsequenzen für manche militärpolitischen Überlegungen. Für den Fall einer großen Auseinandersetzung haben es die Vereinigten Staaten von Amerika zu Haus mit der Gefahr plötzlicher Zerstörung durch Ferneinwirkung zu tun, was z. B. für den zivilen Bevölkerungsschutz ganz andere Probleme aufwirft als die zusätzlichen und viel wahrscheinlicheren Gefahren, denen wir hier in Europa gegenüberstehen. Hier handelt es sich weniger um plötzliche Zerstörung, sondern hier handelt es sich eher um plötzlichen Zugriff, um das europäische Potential in sowjetische Hand fallen zu lassen.
Das wirkliche Problem für die Europäer besteht doch wohl darin: Wie können wir sichern, daß das Gesamtpotential der Allianz dem Schutze eines jeden Mitgliedsstaates dient und nicht lediglich gedacht wird im planerischen Einsatz nach den Sicherheitserfordernissen einer, und sei es noch so wichtigen, Führungsmacht. Zur Lösung dieses Problems ist auf der NATO-Konferenz mit der Rede des amerikanischen Verteidigungsministers McNamara ein wichtiger Anfang gemacht worden: Es ging zunächst darum, den Europäern ein höheres Maß an Information auf den Weg zu geben über die Wirkungsweise des gesamten Potentials, auch des amerikanischen nuklearen Potentials, über die Vorräte auf diesem Gebiet, über die Kosten, die es bei der Herstellung verursacht hat und die die weitere Ergänzung verlangen würde, über die Dislozierung, die Streuung dieses Potentials auf die verschiedenen Schauplätze und über die allgemeine Planung, von der man ausgeht, wie es gestreut werden muß, um überall seinen Teil in der abschreckenden Wirkung der Allianz wirklich spielen zu können.
Ich, bin der Meinung, daß leider über diesen Anfang nicht weit genug hinausgegangen worden ist. Was uns alle auf diesem Kontinent interessiert, das ist nicht nur das Wissen, was der amerikanische Verbündete an einem bestimmten Tage getan hat, sondern das ist auch das Mitsprechen bei der künftigen Planung, einschließlich der Zielplanung der Allianz im ganzen; denn entscheidend innerhalb der Allianz — darüber sind wir uns doch wohl im klaren — ist nicht nur auf dem nuklearen, aber ins-



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besondere auf dem nuklearen Gebiet„ das amerikanische Potential und kein anderes sonst. Infolgedessen gibt es ein Lebensinteresse der Europäer, daß sie an der Planung, an den strategischen Grundlagen, von denen her der Einsatz eines solchen Potentials einmal gedacht werden müßte, mitwirken. Dieses Mitsprechen, dieses Mitwirken bei der Planung kann nur im Vertrauen zueinander geschehen und nicht auf der Basis gegenseitigen Mißtrauens gestaltet werden,

(Abg. Wehner: Sehr wahr!)

wie es leider allzuoft auch in unserem Land kultiviert worden ist und wie es dann leider auch in entsprechenden Äußerungen des Mißtrauens in die Standfestigkeit der europäischen Alliierten vom amerikanischen Kontinent zurückhallt.
Hier geht es darum, daß Türen geöffnet werden, die bisher verschlossen sind. Es kann nicht zwei Planungen geben, eine vom europäischen Hauptquartier, von SHAPE gestaltete, und eine andere, für die das Pentagon in Washington verantwortlich ist.
Wir müssen es erreichen, daß die Gesamtallianz sich auf eine Planung stützen kann und nicht auf deren zwei. Dazu gehört, daß der NATO-Rat als das politisch verantwortliche Führungsorgan der Allianz in seiner Zusammensetzung und in seinen Befugnissen gestärkt wird. Seine einzelnen Mitglieder können nicht, wie bisher, Beamte bleiben, die in jeder Einzelheit langwierige Rückfrage bei den verschiedenen Ressorts halten müssen, sondern sie sind mit einem größeren Maß an Autorität auszustatten, damit sie für ihre Regierungen tatsächlich sprechen können. Ich will nicht schon von Kabinettsrang sprechen; aber etwas in dieser Richtung schwebt mir vor.
Dem NATO-Rat müßte auch ein Generalsekretariat zur Seite stehen, das mitentscheidend ist für die Zusammensetzung der militärischen Führungsspitze der Allianz. Wir haben bisher keine. Es ist ein anormaler Zustand, daß jenes Gremium, das die Gesamtprobleme der Allianz politisch beraten soll, nämlich der NATO-Rat, militärisch von einem Regionalkommandeur beraten wird. Bei allem Respekt vor der Persönlichkeit und den Leistungen der Offiziere, die diese Funktion bisher ausgeübt haben, zum Beispiel auch dem uns allen ja sehr vertrauten, vor kurzem ausgeschiedenen General Norstad, bei allem Respekt vor deren Leistung: der NATO-Rat darf nicht nur regionalen Rat bekommen. Er darf nicht zu einer europäischen Institution werden, bei der die Amerikaner auch noch einen Anteil halten, sondern er muß die politische Führungskörperschaft der Gesamtallianz sein. Dazu bedarf es auch des Rates der militärischen Führung der Gesamtallianz. Das ist eine Organisationsaufgabe, der sich die Regierungen in Bälde widmen sollten, um ein ständiges Auseinanderfallen der militärpolitischen Konzeptionen, die auf dem europäischen Kontinent geboren werden, und derer, die auf dem amerikanischen Kontinent geboren werden, in Zukunft zu verhindern; denn hier liegt die Wurzel einer Reihe von Auseinandersetzungen und Mißverständnissen in der Vergangenheit. Es liegt durchaus in unserer Macht, dies auch ohne nennenswerte Änderungen oder überhaupt ohne Änderung des Vertrages allein durch Beschlüsse der Regierungen zu ändern.
Natürlich hat das einige Konsequenzen. Wer einen Einfluß auf die Strategie der Gesamtallianz haben will, der muß wissen, daß Strategie und Politik untrennbar verbunden sind, der muß wissen, daß dann Europa auch über seine europäischen Probleme hinaus sehen muß, der muß wissen — und das hat ja auch im NATO-Rat kürzlich angefangen —, daß dann, wenn die Europäer den Einsatz außereuropäischer Potentiale für ihre Sicherheit wünschen, sie auch bereit sein müssen, bei den Fragen gehört zu werden, ihren Rat mit zu geben, mit — wenn man so will — Verantwortung zu tragen, die auch auf der Schulter desjenigen Staates liegt, der sein Potential unter Umständen auch für andere als europäische Sorgen braucht. Insofern hat es kürzlich im NATO-Rat schon eine erste politische Aussprache über das Laos-Problem gegeben.
Wir sehen, wie sehr man hier nicht nur Mitleistungen anderer für europäische Interessen fordern kann, sondern wie sehr dann auch Europa in eine stärkere, weltweite politische Verantwortung wieder mit hineingestellt wird.
Daraus ergibt sich, daß durch eine solche Verbindung, wie ich sie hier in aller Offentlichkeit anregen möchte, erreicht wird, daß jenes, für die Sicherheit Europas lebenswichtige amerikanische Potential, das sich auch unter dem Namen der derzeitigen amerikanischen Polarisflotte und unter dem Namen des Strategischen Bomberkommandos niederschlägt, wirklich auch in eine Sicherheitsplanung eingebaut ist, an deren Entstehung die Europäer mitgewirkt haben.
Wir alle, vor allem auch unsere amerikanischen Verbündeten, müssen einsehen, daß die NATO nach ihrer ganzen ursprünglichen Konzeption nicht einfach eine europäische Macht ist, an der die Vereinigten Staaten von Amerika ein paar Anteile halten, von der man also drüben gewissermaßen sprechen kann als sei das Europa im Gegensatz zu Amerika, sondern daß die NATO ein Bündnis ist, dem auch die Vereinigten Staaten und Kanada als ganzes angehören. Wenn man sich daran noch einmal erinnert, sieht man sofort die politischen und militärischen Konsequenzen .dieses Zusammenhanges.
Daraus ergibt sich weiter die Folge, daß auch diejenigen Partner der Allianz, .die aus eigenen Mitteln — und das gilt ja auch bisher für die Bundesrepublik Deutschland — einen fairen konventionellen Beitrag zur Allianz leisten, eine Eintrittskarte in jene Gremien haben müssen, in denen über die Gesamtplanung des Potentials beraten wird, bis zu jenem Punkt hin, daß in der Stunde der Not auf Grund einer solchen im vorhinein vereinbarten strategischen Planung dann einmal von einem Mann eine Entscheidung gefällt werden muß.
Solche Entscheidungen im Notfall dürfen nicht nur den Sicherheitserfordernissen eines Landes entsprechen, sondern sie müssen auf der Grundlage vereinbarter Strategie die Sicherheit aller Partnerstaaten abdecken. Das ist allerdings nur gewährleistet, wenn eine derartige Entscheidung tim Notfall auch



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schnell getroffen werden kann. Nur dann bleibt sie glaubwürdig und insofern auch kriegverhütend, weil abschreckend. Eine solche schnelle Entscheidung — machen wir uns keine Illusionen — wird in übersehbarer Zeit in den Händen des verantwortlichen politischen Mannes der westlichen Führungsmacht liegen, in den Händen des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika. Wer dais für übersehbare Zeit aus der Welt schaffen will, lädt sich unlösbare Probleme auf den Hals. Die NATO ist noch kein Bundesstaat, und selbst wenn sie ein Bundesstaat wäre, hätte sie die Spitze eines Mannes, und ob das ein Bürger Deutschlands wäre, ist doch wohl eine offene Frage.
Aber — ich möchte dieses Aber bewußt hier einfügen — in dem Maße, in dem Europa stärker und hoffentlich trotz des Scheiterns der Brüsseler Verhandlungen in Zukunft auch einiger wird, in dem Maße wird es auch auf dem Gebiete der Verteidigung mehr Gewicht erlangen. Es wird innerhalb der Beziehungen zu den Vereinigten Staaten von Amerika ein gleichberechtigter Partner werden. Das bedeutet, daß man auf Sicht sich durchaus eine Zweischlüssellösung vorstellen kann, einen amerikanischen und einen europäischen Schlüssel, beide notwendig für eine Entscheidung im Notfall, aber auf jeden Fall eine Entscheidung, die auf Grund einer vereinbarten Strategie getroffen ist im Interesse der Gesamtallianz.
Das ist noch glaubwürdig, setzt aber voraus, daß die Europäer so weit zusammenwachsen, daß man es von Amerika her mit einem Europa und nicht mit mehr als einem Dutzend verschiedener Partner mit verschiedenem Willen zu tun hat. Das ist leichter möglich, wenn Großbritannien Teil der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ist. Wenn der französische Staatspräsident für ein wirklich gemeinsames europäisches Waffensystem wäre, wie man manchmal hört, dann hätte er Großbritannien in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft hineingeführt.
Auch hier müssen wir einen Sachverhalt ganz deutlich sehen: Was unser französischer Nachbar entwickelt, ist eine französische Force de frappe für französische vitale Interessen. Daran ist kein Zweifel erlaubt. Es gibt nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür, daß der französische Nachbar bereit wäre, diese seine Streitmacht einer supranationalen gesamteuropäischen Entscheidung zu unterwerfen. Wer so hart wie der französische Staatspräsident die Übertragung nationaler Souveränitäten auf europäische Areopage zurückweist, obwohl das auf dem Gebiet der Wirtschaft in den geltenden Verträgen immerhin geschehen ist, der ist sicher nicht auf dem Gebiet der Verteidigung bereit, einem solchen Areopag eine Entscheidung über französischen Widerspruch hinweg zuzubilligen.
Die Bundesregierung befindet sich in Verhandlungen über das, was man in der Öffentlichkeit jetzt die interalliierte und später auch die mulitilaterale Atomstreitmacht in der NATO nennt. Wir haben es für richtig gehalten, daß sich die Bundesregierung von diesen Verhandlungen nicht ausschließt. Es gibt zwei sehr einleuchtende Argumente.
Es galt einmal den Verdacht zu zerstreuen, als strebe auch die Bundesrepublik eine nationale Sonderentwicklung, etwa in Absprache mit unserem französischen Nachbarn, an. Einen solchen Verdacht hat es ja leider gegeben, und durch mancherlei Presseäußerungen , ist er auch aus unserem Lande unnötigerweise genährt worden.
Zum zweiten galt es auch für die Zukunft zu bekunden, daß die Bundesrepublik Deutschland wert auf die engste Verzahnung mit dem amerikanischen Potential legt.
Ich persönlich hätte zur Lösung dieser beiden Probleme, wie vorhin dargelegt, die Fortsetzung des Weges von Athen vorgezogen. Die Schiffe, die Raketen, die U-Boote, von denen man jetzt bei den zur Zeit diskutierten Lösungen spricht, werden sowieso gebaut; sie fügen der Allianz nichts hinzu, worüber die Allianz durch amerikanische Anstrengungen nicht ohnehin verfügen würde. Der finanzielle Beitrag der Europäer mag seinen Sinn haben in bezug auf die amerikanische Zahlungsbilanz. Aber er kann gleichzeitig das beeinträchtigen, worin die Allianz in Europa noch schwächer ist, als sie eigentlich zu sein sich vorgenommen hatte, nämlich auf konventionellem Gebiet. Ich ziehe die planerische Einwirkung auf das für unsere Verteidigung entscheidende Gesamtpotential der Allianz einschließlich des ganzen amerikanischen Potentials einem scheinbaren physischen Zugriff auf einen unwesentlichen Teil dieses Gesamtpotentials vor.

(Abg. Wehner: Sehr richtig!)

Es gibt hier einige wirkliche Probleme. Wir müssen bei den kommenden Verhandlungen auch darauf achten, daß sich dabei nicht eine nur deutsch-amerikanische Zusammenarbeit ergibt. Das wäre eine politische Belastung für die Allianz, und insofern muß die Regierung in den kommenden Verhandlungen alle technischen und finanziellen Probleme sorgsam prüfen. Unter Umständen — ich will das offen zugeben — handelt es sich um einen politisch vielleicht unvermeidlichen Umweg, damit endlich ein ernsthafter Anfang zur Mitwirkung von Europäern an Planung und Vorbereitung für Entscheidungen im Notfall in Richtung auf das gesamte Potential gemacht wird. Ich möchte dann hoffen, daß dieser Umweg schließlich doch zu jenem Ziele führt, von dem ich vorhin gesprochen habe, und nicht zu einer Auseinanderentwicklung in verschiedene nationale Potentiale, — eine Möglichkeit, die ja leider auch nicht voll ausgeschlossen ist.
An eins aber möchte ich den Herrn Verteidigungsminister erinnern. Wir haben hier im Hause seinerzeit im Zusammenhang mit der Verabschiedung der entscheidenden Verträge eine Zusage bekommen, daß die Bundesregierung keine Verpflichtungen militärischer und finanzieller Art eingehen werde, ohne vorher im Verteidigungsausschuß des Bundestages darüber gesprochen zu haben. Ich möchte an diese Zusage erinnern, falls sie in Vergessenheit geraten sein sollte, damit wir beizeiten, bevor bindende Abmachungen getroffen werden, über dieses Thema sprechen können.



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Meine Damen und Herren, ein weiteres Problem: Sicherheit besteht nicht nur in unseren Verteidigungsbemühungen, so unerläßlich sie angesichts der Weltlage sind. Sie besteht auch in der inneren Stabilität dieses Staatswesens, sie besteht in unserem sozialen Gefüge, und sie besteht in einer Politik, die sich um die Minderung von Konfliktsgefahren bemüht. Hierzu gehört, so betrüblich alle 'bisherigen Erfahrungen gewesen sind und so betrüblich leider die Aussichten für Fortschritte auf diesem Gebiet zur Zeit sein mögen, immer wieder ein redlicher Ansatz zu dem Versuch, das mörderische atomare Wettrüsten auf Gegenseitigkeit zu bremsen. Bisher hat sich das immer wieder festgefahren.
Bei all diesen Diskussionen sind wir aber nicht nur Zuschauer, sondern von unseren Lebensinteressen her beteiligt. Wir haben es doch mit jenem Kreislauf zu tun, daß das Wettrüsten aus den Spannungen heraus geboren wurde, aber seinerseits wieder Spannungen erhöht und verschärft. Wir wissen, daß das nicht nur Gefahren einer Explosion bei weiterer Zuspitzung der Spannungen in sich birgt. Das geht jedes Volk an. Wir wissen, daß das Wettrüsten nicht nur ein unerhörtes Maß an finanziellen Anstrengungen den einzelnen Völkern abfordert. Darüber hat sich Herr Stoltenberg ja vorhin in seiner Zwischenfrage geäußert. Wir wissen auch, daß es hier einen Zusammenhang mit der deutschen Frage gibt. Solange das Wettrüsten in der Welt allgemein weitergeht und sich auch auf deutschem Boden niederschlägt, gibt es kaum Aussichten, ein ernsthaftes Gespräch zur Lösung unseres Hauptproblems, nämlich zur Gewinnung ides Selbstbestimmungsrechts für alle Deutschen, auch die Deutschen jenseits der Zonengrenze, in Angriff zu nehmen.
Daher ist die deutsche Politik darauf angewiesen, immer wieder mit zu versuchen, eine Politik der Entspannung in Bewegung zu bringen, so schwer das sein mag. Nur wenn zwischen den Weltmächten durch Fortschritte auf dem Gebiet der Kontrolle und Begrenzung der Rüstungen ein besseres Klima zustande kommt, wird es möglich sein, auch an die deutsche Frage in einem besseren Gesprächsklima heranzugehen. Deshalb muß die deutsche Politik auch auf 'diesem Gebiet mitdenken, darf sie nicht, wie in der Vergangenheit geschehen, nur die Einwände gegen die Gedanken anderer produzieren, deshalb muß sie versuchen, frei von Phrasen und mit dem Rechenstift in der Hand auch diesen Problemen nachzuspüren. Es geht hier um die Aufrechterhaltung ides Gleichgewichts. Keine Begrenzung und Kontrolle der Rüstungen wäre für uns interessant, welche idas weltpolitische Gleichgewicht zum Nachteil des Westens und zum Vorteil der Sowjetunion veränderte. Es geht hier auch um verläßliche Kontrolle von Vereinbarungen, damit nicht der Anständige, der sich an die Vereinbarungen hält, das Opfer willkürlicher Täuschungsmanöver .des Unanständigen wird. Das wissen wir auch.
Aber wir wissen auch, daß man wohl kaum direkt vom Wettrüsten zu völliger Abrüstung springen kann. Es wird sich um einen langen Weg und wohl auch um einen Weg mit verschiedenen Etappen handeln müssen, ohne daß ich jetzt in die Sachfragen selber eindringen möchte; das würde zu viel Zeit erfordern und ist angesichts der betrüblichen Aussichten heute auch nicht sehr sinnvoll.
Ein paar Vorschläge für das gedankliche Verfolgen dieser Dinge: Um sachlich an der Diskussion mit anderen auch innerhalb der Allianz, auch dort, wo unter Umständen nicht auf offenem Markte diskutiert wird, mitwirken zu können, um aber auch in der ganz offen geführten wissenschaftlichen Diskussion mitreden und mitraten zu können, scheint es mir erforderlich, daß wir sowohl in unserem Regierungsapparat als auch in unseren wissenschaftlichen Einrichtungen bei Instituten und Universitäten diesen Problemen in Zukunft mehr Aufmerksamkeit widmen als bisher. Hier geht es um die Ausstattung der entsprechenden Referate im Verteidigungsministerium und im Auswärtigen Amt. Denken wir daran, daß andere Staaten sich nicht mit zwei Referaten begnügen, sondern daß zum Teil ganze Sonderbehörden auf diesem Gebiete tätig sind, sogar bei unserem französischen Nachbarn.
Ich meine, daß wir auch die freie Forschung fördern sollten, die dann natürlich mit den Grundfragen der Strategie zu tun hat, weil ja die Strategie Grundlage für Verteidigungsbemühungen und Abrüstungsdiskussionen gleichermaßen zu sein hat; denn bei beiden handelt es sich um zwei Seiten derselben Medaille, unserer Sicherheit.
Ich möchte erfreut feststellen, daß wir die sachliche Art der Behandlung der Verteidigungsprobleme durch den neuen Verteidigungsminister begrüßen. Er hat sich um eine weniger geräuschvolle Verteidigungspolitik bemüht. Das ist immer gut. Er hat versucht, keinen Disput mit dem größten Verbündeten auf offenem Markte auszulösen. Ein solcher Disput hat in der Vergangenheit allzu oft Mißtrauen geschürt. Das hat dann gelegentlich unten im Lande zu ganzen Kampagnen des Mißtrauens gegen die Zuverlässigkeit des größten Verbündeten geführt und hat damit u. a. die Wirkung der Abschrekkung verringert; denn wenn derartige Mißtrauensbekundungen gegen die Zuverlässigkeit der Vereinigten Staaten beim Schutz Europas laut genug von den Europäern ausgesprochen werden, besteht tatsächlich die Gefahr, daß die Sowjetunion den Europäern eines Tages glaubt, - und dann wäre der Sinn der amerikanischen Abschrekkung dahin. Zum zweiten vertreibt eine solche Mißtrauenswelle durch die Rückwirkungen in den Vereinigten Staaten selbst unter Umständen die USA aus dem Bereiche unserer Sicherheitsbemühungen. Daran sollte man sich ganz nüchtern erinnern. Deshalb bin ich froh über die Art, wie der Verteidigungsminister an dieses Problem sehr besonnen herangegangen ist bei aller Wahrung der verständlichen eigenen Interessen unseres Volkes im Verbande der Allianz.
Natürlich sagt der Minister, die Konzeption seines Vorgängers bleibe unverändert. Der Vorgänger hat ja auch gesagt, seine Konzeption sei identisch mit der NATO-Konzeption gewesen. Das war gar nicht immer so, da hat es erhebliche Differenzen gegeben, die sich in manchen deutschen Sonderentwicklungen



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niedergeschlagen haben, während man in der NATO längst weitergegangen war, etwa in der Truppenführung 60 oder in der Entwicklung eines etwas eigenwilligen besonderen Kriegsbildes innerhalb der Bundesrepublik Deutschland.
Hier spielt hinein die Auseinandersetzung, welche wir um die Mission, um den militärischen Auftrag des Starfighter-Flugzeuges gehabt haben. Lassen Sie mich zu dem Thema hier noch zwei kurze Bemerkungen machen. Für Detaildiskussionen ist es vielleicht nicht so ganz geeignet im Plenum des Bundestages. Ich finde, es hat doch keinen Sinn, Mängel einfach zu leugnen. Man sollte sich darum bemühen, wenn Mängel vorhanden sind, sie abzustellen. Wenn es nun einmal so ist, daß dieses Flugzeug eine höhere Unfallrate hat als vergleichbare andere, dann muß man dem doch sorgenvoll nachgehen. Wenn es so ist, daß die Leistungen, die das weiterentwickelte Flugzeug vollbringt, nicht mit den Leistungen übereinstimmen, die beim Ankauf in den Leistungsnachweisen vorgetragen worden sind, muß man sich doch damit beschäftigen. Wenn die weiteren Entwicklungskosten viel höher geworden sind, als uns beim Ankauf gesagt worden ist, geht das doch auch den Steuerzahler etwas an. Ist es sinnvoll, nun einfach stur ein solches Programm fortzusetzen, nur weil man unbedingt recht haben muß? Man soll das doch dann einmal sorgfältig prüfen!
Ich weiß, daß es Verträge mit Firmen gibt. Ich weiß, daß sich die Bundesrepublik Deutschland, wenn man an diesen Verträgen etwas ändert, unter Umständen schadensersatzpflichtig macht. Aber bei einem Waffenprojekt von vielen Milliarden Mark muß man das, was ich genannt habe, sorgfältig prüfen, um zu entscheiden, ob das Projekt in dieser Form wirklich unverändert fortgeführt werden sollte.
Ein weiteres solches Problem ist uns ja jetzt mit den U-Booten beschert worden. Wir haben darüber einiges in den Zeitungen gelesen. Ich verrate also keine Geheimnisse. Ich finde, wenn ein Stahl den Anforderungen nicht entspricht, die für den U-Bootbau gestellt werden müssen, dann scheinen mir die Umbauten ein bißchen schwierig zu sein. Was bleibt eigentlich von einem U-Boot noch übrig, wenn man den Stahl abmontiert?

(Beifall bei der SPD.)

Ich glaube, daß uns das also eine ganze Masse kosten wird. Da muß man doch mindestens einmal wissen: Ist dieser Stahl auf seine Tauglichkeit richtig untersucht worden oder nicht, wer ist eigentlich dafür verantwortlich, daß man — vielleicht etwas schnell — dieses wohl doch nicht allen Anforderungen entsprechende Material gekauft hat? Hier höre ich immer noch den Kollegen Brese von seinen Steuergeldern sprechen. In diesem Punkt ist mir seine Hilfe durchaus lieb und recht. Das schlägt mehr zu Buche als ein Angestellter in der Bundestagsverwaltung.

(Beifall bei der SPD.)

Der Vorgänger des derzeitigen Verteidigungsministers hat uns manchmal zu Diskussionen gezwungen, die sich daraus ergaben, daß die Stellung des Oberbefehlshabers der Bundeswehr und eines Parteiführers mit mitunter recht eigenwilliger persönlicher Färbung manchmal durcheinander ging. Korrekturen dieses Sachverhalts sind deutlich sichtbar geworden und werden von uns begrüßt. Es handelt sich schließlich um uns er e Bundeswehr, um die Bundeswehr aller Bürger unseres Landes, die ein Vertrauensverhältnis zu allen demokratischen Kräften unseres Landes haben muß.
Die gelegentlichen Versuche, die Angehörigen der Bundeswehr geistig etwas einseitig auf den Kurs der Regierungsparteien festzulegen, sind ja erfreulicherweise fehlgeschlagen. Die Wahlergebnisse sprechen eine deutliche Sprache. Ich glaube, sie sollten ein Anhaltspunkt dafür sein, daß diese Versuche von der größten Partei des Hauses gar nicht erst wieder aufgenommen werden sollten. Es lohnt sich nicht.

(Beifall bei der SPD.)

Damit bin ich bei einem weiteren geistigen Problem, dem ich noch ein paar Minuten widmen möchte, nämlich bei der inneren Führung. Es handelt sich bei der inneren Führung nicht etwa um einen Gegensatz zu harter Ausbildung. Harte Ausbildung spart im Notfall Blut. Aber Ausbildung muß frei von Schikanen sein und die Menschenwürde respektieren.

(Beifall bei der SPD.)

Da haben wir alle miteinander eine ganze Masse erreicht. Gerade weil wir es unserer Jugend schuldig sind, das Erreichte zu schützen, ist es Aufgabe des ganzen Hauses, zusammen mit dem Wehrbeauftragten, den wir alle miteinander gewählt haben, über die Einhaltung der Grundsätze der inneren Führung sorgsam zu wachen, um Rückschläge zu verhindern.

(Beifall bei der der SPD.)

Dabei geht es auch um Idas Bewußtsein des jungen Staatsbürgers von den Grundwerten der Demokratie. Wir wissen alle, daß die Bundeswehr nicht die Schule der Nation und schon gar nicht die Nachhilfeschule der Nation sein kann. Wir wissen ja, daß sie nur aufgebaut werden kann auf dem, was sie vorfindet, und wo Elternhaus und Schule versagt haben, soll man nicht nachher der Bundeswehr diese Unterlassungssünden anlasten. Das wissen wir auch.

(Beifall bei der SPD.)

.Aber das, was geschehen kann, um das, was vorher gepflanzt worden ist, 'zu erhalten und zu mehren, das ist nun auch Aufgabe jenes Teiles innerer Führung, der es mit moderner Menschenführung zu tun hat. Das ist mehr als eine negative Auseinandersetzung mit dem Bolschewismus. Hier handelt es sich nicht darum, einfach Antikommunismus zu pflanzen, weil 'derjenige, der nur anti denkt, in Wahrheit ein Spiegelbild ides Gegners ist. Die positiven, freiheitlichen Grundwerte sind unser Ausgangspunkt und nicht nur die negative Auseinandersetzung mit der bolschewistischen Ideologie.

(Beifall bei der SPD.)

Auf die Einhaltung aller dieser Prinzipien sollten wir achten, und deshalb kommt es auch im Be-



Erler
reiche des Verteidigungsministeriums und der Einrichtungen der Bundeswehr, der Schulen usw. und der entsprechenden Abteilungen im Ministerium sehr auf die personelle Besetzung gerade dieser für den geistigen Ruf der Bundeswehr in unserem Volke so wichtigen Einrichtungen an.
Noch ein Punkt sollte hier erwähnt werden. Seit langem steht eine Entscheidung über das Organisationsgesetz aus. Es ist ja einmal schon ein Entwurf einer früheren Bundesregierung in einem früheren Bundestag in einem Ausschuß hängen geblieben. Wir haben dann nie wieder einen neuen Entwurf gesehen. Inzwischen sind reiche Erfahrungen gesammelt worden. Das Organisationsgesetz muß auch die Spitzengliederung der Bundeswehr regeln; so lautet der Auftrag des Gesetzgebers, den wir selbst erteilt haben. Hoffentlich kann uns der Minister bald eine Vorlage auf diesem Gebiet in Aussicht stellen.
Ich kann mir denken, daß manche Diskussionen der jüngsten Wochen etwas mit dieser Aufgabe zusammenhängen, und ,da wird es darauf ankommen, daß wir gar nicht erst auf ein falsches Geleise kommen. Es handelt sich um ,den richtigen Einbau der bewaffneten Macht in den demokratischen Staat im Sinne unseres Grundgesetzes

(Abg. Dr. Schäfer: Sehr richtig!)

und im Sinne der ständigen, in diesem Punkte gemeinsamen Gesetzgebung dieses Hauses. Wir wissen, daß es keine demokratische Armee geben kann. Eine Armee muß auf den Ordnungsprinzipien von Befehl und Gehorsam beruhen; die demokratische Gesellschaft bildet ihren Willen auf andere Weise, nämlich durch Diskussion und Abstimmung. Worauf es ankommt, ist also nicht, eine diskutierende Armee zu schaffen, sondern dieser auf Befehl und Gehorsam beruhenden Armee den richtigen Ort in unserer demokratischen Gesellschaft anzuweisen.

(Beifall bei der SPD.)

Das haben 'wir bisher erfolgreich getan. Nach vielen bitteren Erfahrungen in der Vergangenheit können wir doch hier, wenn wir auf das Geschaffene und auch auf die Art des Umgangs der Bundeswehr mit der Offentlichkeit und der Offentlichkeit mit der Bundeswehr zurückschauen, sagen, daß wir in diesem Punkte ein erfolgreiches Stück gemeinsamer Arbeit in den letzten Jahren vollbracht haben. Herr Minister, das Organisationsgesetz wind nun dieses Werk krönen müssen und darf es nicht etwa schwächen. Wir hoffen dabei auf Ihre aktive Mitwirkung.
Wir haben es bei diesem Haushalt mit einem Haushalt des Übergangs zu tun. Er enthält noch viel zu Überholendes. Er ist ja gar nicht von dem jetzigen Minister aufgestellt worden. Manches in dem Haushalt hätte sicher einer nochmaligen Überlegung bedurft: das Flugkörperprogramm F 104 G, das Marinebauprogramm und ähnliches. Es war Ministerpräsident Meyers, der neulich ausdrücklich gesagt hat: Der Verteidigungshaushalt darf nicht tabu sein für eine Durchleuchtung durch das Parlament und notfalls auch für Änderungen, wo sie am Platze sind.
Daß Landesverteidigung Geld kostet, wissen wir alle. Daß die territoriale Verteidigung, wenn sie aufgebaut wird, mehr Geld kostet als heute, das wissen wir auch. Deshalb wird es notwendig sein, den Verteidigungshaushalt im ganzen daraufhin durchzuprüfen, wie man für diese wichtige Aufgabe dadurch Platz schaffen kann, daß andere Programme etwas gestreckt werden.
Alle Sprecher in diesem Hause haben an die selbstverständlichen Grenzen erinnert, die für den Verteidigungsaufwand in unserem Lande wie in anderen Ländern gesetzt sein müssen. Wir können nicht den Verteidigungsaufwand so hoch schrauben, daß das Sozialgefüge in der Bundesrepublik Deutschland in Mitleidenschaft gerät.

(Abg. Dr. Schäfer: Sehr richtig!)

Wir als ein Land hart am Eisernen Vorhang haben hier die Aufgabe, gerade für unsere Landsleute drüben Vorbild zu sein. Das setzt eben Grenzen in dem Auswuchern und Ausufern eines bestimmten Teils unseres Haushalts; er wird seinen Platz behalten müssen und kann nicht die anderen Haushalte allmählich in sich aufsaugen. Das ist eine Obergrenze. Wir wissen auch, daß das, was die Bundesrepublik Deutschland beispielsweise für Berlin tut, ein Stück Verteidigungsaufwand für die Sache unserer Freiheit ist und daß das auch in diesem Sinne bei unseren Verbündeten angemerkt werden muß und hoffentlich auch wird bei allen unseren Verhandlungen.
In dem nächsten Haushalt, meine Damen und Herren, werden wir sehen, welche Verteidigungspolitik im Rahmen des Bündnisses sichtbar wird, welche Aufmerksamkeit die Bundesregierung dem Abrüstungsproblem widmet, auch in der Ausstattung ihrer Referate, und ob der Minister seine zu Anfang eingenommene Haltung beibehalten wird, wie er die Probleme behandeln wird in seinem Verhältnis zum Bundestag, in seinem Verhältnis zum Verteidigungsausschuß und im Umgang mit der demokratischen Opposition. Das sind Dinge, die ich als Kriterien für die Beurteilung des Haushalts 1964 anmelde. Bei diesem Haushalt des Übergangs wird sich die sozialdemokratische Bundestagsfraktion der Stimme enthalten.

(Anhaltender Beifall bei der SPD.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0407510200
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Verteidigung.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0407510300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Sprecher der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion hat Herr Abgeordneter Erler die Darlegungen zum gegenwärtigen Haushalt mit einer Wiedergabe der Auffassung seiner Partei zur Gesamtverteidigungspolitik verbunden, die er heute hier vorgetragen hat.
Während seiner Rede kam ein Zwischenruf des Herrn Abgeordneten Dr. Stoltenberg über die Vereinbarkeit dieser Ausführungen mit der Haltung eines anderen Abgeordneten der SPD. Der Zwischenruf wurde beantwortet mit der Feststellung,



Bundesminister von Hassel
daß Herr Erler bislang die Auffassung des derzeitigen Verteidigungsministers vorgetragen habe.
Meine Damen und Herren! Am Ende der Rede des Herrn Abgeordneten Erler werden wohl diejenigen, die im Verteidigungs- oder im Auswärtigen Ausschuß des Bundestags mehrfach Gelegenheit gehabt haben, meine Meinung zu hören, bestätigen, daß die Darstellung des Herrn Erler im großen und ganzen auch die Auffassung des derzeitigen Verteidigungsministers widerspiegelt. Ich glaube, ni t meiner bisherigen Haltung innerhalb der drei oder vier Monate seit Übernahme meines Amtes dem Parlament gegenüber, insonderheit dem Verteidigungsaussschuß und dem Auswärtigen Ausschuß gegenüber, bewiesen zu haben, daß ich zu der engen Zusammenarbeit zwischen dem Parlament, seinen besonderen Ausschüssen und dem Verteidigungsministerium stehe.
Ich darf zunächst an die Bemerkung des Herrn Abgeordneten Erler anknüpfen, daß seine Ausführungen die Meinung des derzeitigen Verteidigungsministers treffen, und zumindest ein paar Gedanken zu der Bemerkung des derzeitigen anfügen, weil sie impliziert, daß der vorhergehende Verteidigungsminister offenbar in wesentlichen Punkten anderer Meinung gewesen sei als der neue Ver,teidigungsminister. Beim Studium der Dokumentation in meinem Hause, all dessen, was ich in den Ausschüssen gesagt oder was ich früher als Ministerpräsident eines Landes geäußert habe, der ja über den Bundesrat und eben durch seine Stellung als Ministerpräsident Mitverantwortung für die Bundespolitik trägt, sind keinerlei Unterschiede festzustellen. Die bisherige Auffassung der Bundesregierung, die biherige Auffassung der NATO, die bisherige Auffassung des Verteidigungsministers — des Vorgängers und des jetzigen — mögen sich vielleicht in Nuancen irgendwo unterscheiden, in der Grundlinie nicht.
Die Grundlinie ist — Herr Abgeordneter Erler hat im ersten Teil seine Grundauffassung dargelegt —, daß eine Abschreckung, eine Verteidigungsbereitschaft, glaubwürdig sein muß, daß sie unteilbar ist, daß die ganze NATO zusammenstehen muß, daß man nur dm Verband mit der Allianz gemeinsam mit anderen NATO-Partnern diese Unteilbarkeit des Schutzbedürfnisses aller Partner sehen kann, daß der Verteidigungswille der westlichen Welt, der Allianz, auch Deutschlands, jederzeit dokumentiert werden muß, daß man keinen Fußbreit Boden aufgeben darf, daß die Mittel die zur Abwehr eines etwaigen Angriffs eingesetzt werden müssen, der Größe des Angriffs angemessen sein müssen, daß man also nicht — Vielleicht haben Sie es so sagen wollen — einen begrenzten lokalen Angriff mit der größten Abschreckungswaffe der amerikanischen Verteidigungskräfte beantwortet.
Der Widerstand gegen einen möglichen Aggressor muß über jeden Zweifel erhaben sein. Deshalb müssen die Abwehrmittel über eine große Breite entwickelt werden. Ein Angriff gegen die Bundesrepublik oder gegen die NATO muß von vornherein durch ,die Ungewißheit des Risikos, das ein solcher
Angriff für den möglichen Aggressor bedeutet, abgewehrt werden, indem man sagt: Wir verteidigen uns mit den Waffen, die dem Angriff angemessen sind.
Wenn Sie die Verteidigungspolitik in den vergangenen Jahren zusammenraffen, werden Sie sehen, daß darin eigentlich die Ausgewogenheit der konventionellen und der atomaren Komponente, die Unteilbarkeit des Bündnisses liegt und daß insofern zwischen Ihrer Auffassung, Herr Erler, die Sie heute dargestellt haben, und der Auffassung der NATO bisher, der Bundesregierung, überhaupt der Verteidigungskonzeption bisher eigentlich vielleicht nur noch in dieser oder jener Nuance ein Unterschied besteht.
Ich darf noch einmal darauf aufmerksam machen, daß bislang immer über die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands innerhalb der Allianz, über die Verteidigungsbereitschaft Deutschlands und der Allianz und hinsichtlich der Glaubwürdigkeit unserer festen Absicht, Widerstand zu leisten, auch nicht der geringste Zweifel gelassen worden ist. Das war die Grundlage unserer Konzeption, die Grundlage der Konzeption der NATO und nicht nur eines Mannes, sondern der Bundesregierung, nicht nur einer Person, sondern der Mehrheit, die hier in diesem Hause die Bundesregierung unterstützt.
Herr Abgeordneter Erler ist dann auf eine Reihe von Fragen eingegangen. Zunächst darf ich das herausgreifen, was er zu der konventionellen Seite unserer Verteidigung gesagt hat. Er hat bestätigt, was ich mehrfach in den Ausschüssen des Bundestages dargelegt habe, nämlich daß eine Forderung auf 750 000 Soldaten an uns nicht gestellt worden ist, daß wir uns vielmehr bereit erklärt haben, im Rahmen der Gesamtkonzeption der NATO 12 Divisionen — Kräfte der Luftwaffe, der Marine, der Territorialverteidigung oder auch der Basis — zu stellen.
In den Ausführungen des Herrn Erler ist angeklungen, daß wir zu diesem Konzept der 12 Divisionen stehen und daß alle übrigen Überlegungen in eine Reihe von Gedanken einzubetten sind, die sich zunächst einmal aus der personellen, der wirtschaftlichen Lage und den finanziellen Möglichkeiten der Bundesrepublik ergeben. Herr Erler hat ausgeführt, daß diese Möglichkeiten mit unseren Wünschen und mit unseren Überlegungen hinsichtlich der Erfordernisse in Einklang zu bringen seien.
Im Verteidigungsausschuß, im Haushaltsausschuß und im Auswärtigen Ausschuß habe ich dargelegt, wie die Überlegung der Bundesregierung, wie die Koordinierung des Wünschenswerten mit den Möglichkeiten aussieht. Wir haben eine Reihe von Vorschlägen untersucht, von der Lösung der 750 000 über eine Zwischenformel bis hin zu der, die von uns als Ziel der langfristigen Planung festgelegt worden ist. Ich sage: der langfristigen Planung; denn jeder wird mir zustimmen, daß man ein Instrument wie die Bundeswehr im' Rahmen der NATO nicht aus kurzfristigen Überlegungen gestalten kann, sondern daß man auf lange Sicht planen muß, um zu einer abgewogenen Konzeption zu gelangen, aber auch innerhalb dieser Konzeption die einzelnen Phasen



Bundesminister von Hassel
mit den vielen, vielen Fragen, die dabei gelöst werden müssen, abzustimmen.
Herr Abgeordneter Erler hat erklärt—ich wiederhole es —, es sei von uns nicht verlangt worden, 750 000 Mann aufzustellen. Ich darf vielleicht einmal sagen, wie es zu dieser Formel, die draußen in der Öffentlichkeit noch diskutiert wird, gekommen sein könnte. Unsere 12 Divisionen — 11 sind aufgestellt, die 12. ist in der Aufstellung —, die voll der NATO unterstellt werden, haben eine moderne, bewegliche Gliederung erhalten, die sowohl für den konventionellen wie für den atomaren Einsatz geeignet ist. Die Stärke einer Division mag bei ungefähr 20 000 Mann liegen. Es droht nun immer die Gefahr, daß die amerikanischen Zahlen über die Streitkräfte in Europa oder in Deutschland durch die Zahl der amerikanischen Divisionen geteilt werden. Die sich so ergebende Stärke einer Division wäre wesentlich höher als die unserer modernen, nach NATO- Gesichtspunkten personell ausgestatteten deutschen Divisionen. So käme man für den amerikanischen Bereich etwa zu einer Zahl von 40 000. Dazu muß man aber die ganzen Unterstützungstruppen, die ganzen Depots, die ganze Versorgung praktisch bis an die Atlantikküste hinzurechnen. Wenn man dann die 12 Divisionen, zu denen wir uns verpflichtet haben, mit der Zahl der amerikanischen Soldaten multipliziert, kommt man zu einer sehr viel höheren Zahl. Diese sehr viel höheren Zahlen werden dann bei Hinzurechnung von Luftwaffe, Marine und Territorialverteidigung in einer größeren Zahl der Gesamtstreitkräfte ihren Niederschlag finden. Wir bemühen uns, eine genaue Untersuchung über unsere Struktur und die der Amerikaner anzustellen. Ich bin überzeugt, daß die Auffassungsunterschiede im Grunde genommen ausräumbar sein werden.
Herr Erler hat dann gesagt, es komme jetzt darauf an, die Qualität, die Ausrüstung und den Personalbestand zu verbessern. Genau das sind die Formeln, ,die ich dem Haushaltsausschuß, dem Verteidigungsausschuß und dem Auswärtigen Ausschuß vorgetragen habe. Ich habe hinzugefügt, daß infolge der außerordentlich starken Ausweitung der Bundeswehr im Zusammenhang mit dem 13. August und der Kuba-Krise nunmehr eine Phase der Konsolidierung und der Beruhigung für die Bundeswehr notwendig 'ist, die benutzt werden sollte, um den Personalbestand aufzufüllen, den Mangel an Offizieren und Unteroffizieren zu vermindern — ganz beseitigen kann man das in einer kurzen Zeit nicht —, um die Ausrüstung zu verbessern und um all die vielen, vielen anderen Fragen zu lösen, die heute noch uns alle bei der ganzen Situation der Bundeswehr bedrücken.
Ich möchte hier ausdrücklich betonen, daß die Bundesregierung Vorstellungen über diesen Weg nicht erst heute, sondern bereits vor Jahresfrist entwickelt hat, diesen Weg, durch den festgelegt ist, bis zu welchem Grade wir personell und auf der Grundlage von Wirtschaftskraft und Finanzkraft auch in diesen Bereichen unsere konventionelle Bewaffnung verstärken können. Ich möchte das deshalb sagen, weil in der Offentlichkeit bei meinem Amtsantritt sehr viel darüber geredet worden ist, ob der neue Minister die Zahl der konventionellen Streitkräfte wesentlich vermehren werde und ob er wisse, was ansonsten im Staatsleben, in der Wirtschaft, in den Finanzen usw. erforderlich ist. Sie werden den Eindruck haben, daß wir uns darum bemühen, die wünschenswerte Verdichtung unserer Kräfte und die Möglichkeiten miteinander in Einklang zu bringen.
Ich sagte, diese Zeit der vor uns liegenden zwei, vielleicht drei Jahre diene der Konsolidierung, der Festigung, der besseren Unterbringung, der besseren Ausstattung. Sie dient aber auch der Ruhe, damit nach dem enormen Aufbau mit den vielen Bewegungen Ruhe auch beim Menschen selber, beim Soldaten, beim Unteroffizier oder beim Offizier eintreten kann.
Herr Kollege Erler hat eine Reihe von kritischen Bemerkungen an den Schluß seiner Rede gestellt, Fragen, die zur Zeit in der Öffentlichkeit diskutiert werden, im Zusammenhang mit dem Star-Fighter, mit den U-Booten, mit der Spitzengliederung, mit der Organisation und ähnlichem. Ich darf darauf nachher noch zu sprechen kommen. Er hat aber etwa folgendes gesagt: es komme doch darauf an, daß man die Dinge nicht nur im geheimen sehe, daß man nicht also versuche, zu verschleiern, zu tarnen.
Herr Abgeordneter Erler, ich glaube, Sie werden den Eindruck haben, daß nicht nur ich persönlich, sondern auch meine Mitarbeiter sich darum bemühen, soweit Gründe für Geheimhaltung nicht entgegenstehen, das Parlament entsprechend zu unterrichten. Es ist im übrigen wohl ziemlich witzlos, den Versuch zu unternehmen, etwas zu verschleiern oder zu tarnen. Ich habe nämlich inzwischen auch gemerkt, auch in meiner achtjährigen Zeit in Kiel, daß eigentlich in Bonn nichts geheim bleibt und ein Versuch, etwas geheimzuhalten, vermutlich nicht sonderlich erfolgreich sein wird.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Heiterkeit.)

Wir stehen also auch nicht an, Herr Erler, darzulegen, wo die Schwierigkeiten liegen. Ob im Personellen, ob beim ganzen Thema des Baugeschehens, des Kasernenbaus, des Depotbaus, des Wohnungsbaus für Soldaten, gleichgültig, wo es ist: es gibt Schwierigkeiten über Schwierigkeiten. Wir haben davon gesprochen, weil wir uns selbst um eine Lösung bemühen, die Lösung aber nicht allein im Schoße des Verteidigungsministeriums geboren werden kann, sondern gemeinsam mit den dafür zuständigen Gremien des Bundestages und der Bundesregierung in der Gesamtheit gefunden werden muß. Ich sagte, die Schwierigkeiten haben wir dargelegt. Wir haben sie bei den Haushaltsberatungen dargelegt. Diejenigen Mitglieder des Haushaltsausschusses, die dabeigewesen sind, wissen sehr wohl, um welche Probleme es sich handelt.
Ich möchte nur ein paar Probleme einmal aufgreifen und zeigen, wie man sich bisher bemüht hat und wie wir uns in Zukunft in zunehmendem Maße bemühen müssen, eine langfristige Planung aufzustellen. Sie geht von den Erfordernissen einer Gesamtallianz aus, ohne daß wir aber auf deutscher



Bundesminister von Hassel
Seite die Teile der Erfordernisse, die von anderen Partnern der Allianz nicht gestellt werden, nun etwa noch zusätzlich aus der deutschen personellen, der Wirtschafts- oder Finanzkraft ergänzen. Wir meinen also, daß wir zunächst einmal für unseren Teil verantwortlich sind und daß wir uns bemühen sollten, auf die Partner in der Allianz entsprechend einzuwirken, ohne aber deren Fehlbestände etwa in den Erfordernissen der NATO von uns aus zu übernehmen.
Die abgestimmte Gesamtplanung auf lange Frist vom Personellen her bedeutet, daß man wissen muß, wen man wann einziehen kann. Wir haben dabei — Herr Erler hat davon nicht gesprochen — beispielsweise Schwierigkeiten bei der Aufrufung der Wehrpflichtigen. Das gegenwärtige System, bei dem wir losen müssen, ist fraglos nicht sonderlich erfreulich. Ein besseres System aber, das die jungen Männer gleichmäßiger anspricht, ist sicher nicht so ohne weiteres zu finden. Aber darüber wird man wohl später vielleicht einmal neue Überlegungen konzipieren können.
Die personelle Seite zwingt uns aber, daß wir die Fragen der Unterbringung und der Bewaffnung lösen, ebenso die Frage der dazugehörigen Depots, der vielen rückwärtigen Einrichtungen, die Frage der Übungsplätze, gleichgültig, ob es große oder Standortübungsplätze sind. Diese Fragen stehen vor uns und müssen unablässig in jedem Einzelfall behandelt werden, und es sind tausende von Einzelfällen.
Der Herr Abgeordnete Erler hat darauf verwiesen, der nordrhein-westfälische Ministerpräsident habe dieser Tage erklärt, daß auch vor dem Verteidigungshaushalt nicht haltgemacht werde. Er sei kein Tabu mehr, auch ihn, den Verteidigungshaushalt, müsse man untersuchen. Ich glaube, daß bei uns nie in Abrede gestellt worden ist, daß man prüft und genau klärt, ob das oder jenes wirklich notwendig ist. Aber, Herr Abgeordneter Erler, ich glaube, daß diejenigen, die unablässig mit dem Haushalt des Verteidigungsministeriums zu tun haben, vermutlich sehr wenig nennen können, was etwa eine Revision notwendig mache, da im großen und ganzen wohl die Generallinie festliegt und man nur in dieser oder jener Nuance vielleicht. etwas ändern oder ergänzen könnte.
Ich habe z. B. gelesen — ich darf das sehr offen sagen —, daß mein persönlicher Freund, der Ministerpräsident Dr. Meyers, auch gesagt hat, daß wir, das Verteidigungsministerium, z. B. die Preise verdürben, wenn wir Liegenschaften zu höheren Preisen anmieteten. Es wurde auch gesagt, daß, wenn eine bisher industriell-gewerblich genutzte Liegenschaft von ,der Bundeswehr als Depot benützt werde, sie damit für die Wirtschaftskraft der Gemeinde ausfalle. Dadurch sinke dann auch z. B. das Gewerbesteueraufkommen der Gemeinde.
Ich habe eigentlich das Bedürfnis, die Legenden, die über dieses Thema draußen gerankt werden, hier etwas eingehender zu behandeln. Das ist aus Zeitgründen nicht möglich. Ich kann Ihnen nur versichern, daß mein Haus wirklich weiß, was innerhalb der Wirtschaft los ist, und sich darum bemüht, das Wirtschaftsgefüge und damit das Sozialgefüge nicht auseinanderzubringen. . Herr Abgeordneter Erler hat ja zum Schluß formuliert, es komme darauf an, nicht nur Fragen der Verteidigung zu sehen, sondern darauf, sie irgendwie auch eingebettet zu wissen in die großen politischen Fragen — Berlin —, aber auch — und das schloß sich daran an — in die sozialpolitischen Erfordernisse.
Herr Abgeordneter Erler, ich glaube, daß nicht nur der Verteidigungsminister, sondern die Bundesregierung insgesamt unid die sie tragenden Parteien sehr genau wissen, daß eine großartige äußere militärische Verteidigung nicht ausreicht, wenn neben der äußeren Sicherheit nicht auch die innere Sicherheit, die soziale Sicherheit in Ordnung ist.

(Beifall bei den Regierungsparteien und bei Abgeordneten der SPD.)

Daran haben wir nie einen Zweifel gelassen. Aber wenn man nun — etwa darauf konzentriert — sagt, dieses wirtschaftliche Gefüge werde durch den Verteidigungshaushalt durcheinandergebracht, dadurch, daß plötzlich in einem großen Ausmaß gebaut werde oder daß die Mietpreise für Liegenschaften in der gewerblichen Wirtschaft durcheinandergerieten, möchte ich dazu nur feststellen, daß alles, was vom Verteidigungsministerium zum Einzelvorgang draußen in den Ländern getan wird,' immer im Einvernehmen mit den Ländern und den Gemeinden geschieht und nicht isoliert nur von Soldaten oder dazugehörigen Bürokraten betrachtet wird.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Ich möchte hier ausdrücklich sagen, daß wir eine ganz klare Regelung dieser Art haben, die sich nicht nur auf das konzentriert, was mein Haus tut. Mein Haus arbeitet vielmehr eng mit den in Frage kommenden anderen Ressorts, dem Finanzministerium, dem Bundeswohnungsbauministerium oder etwa idem Burndesschatzministerium, zusammen.
Im übrigen ist es interessant, festzustellen, daß in den letzten Tagen die Kritik draußen lautet, es würden Milliardenbeträge durch die Bundeswehr verbaut, damit würden die Baupreise nach oben getrieben, und man könne vieles sparen, wenn man rationeller, moderner, mit modernsten Baumethoden arbeite. Wir sind den Dingen nachgegangen. Es wird das Hohe Haus interessieren, daß idas gesamte Bauvolumen in der Bundesrepublik bei etwa 50 Milliarden DM liegt, während die gesamten Bauten der Bundeswehr, wenn Sie die Aufgaben der NATO unid den Wohnungsbau für Soldaten hinzunehmen, nur ein Volumen von etwa 2 Milliarden DM ausmachen. Also 50 Milliarden zu 2 Milliarden, das ist die Relation. Ich nehme für mein Haus in Anspruch, daß wir nichts unternommen haben, um die durch den starken Winter versäumten Baufertigstellungstermine beispielsweise dadurch wieder einzuhalten, daß wir das Geschehen durch Überstundenarbeit, durch Nachtarbeit, durch Sonderzulagen beschleunigt und damit auf die Preise eingewirkt hätten. Derartige Vorwürfe gegenüber dem Verteidigungsministerium sind völlig unbegründet.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)




Bundesminister von Hassel
Wenn es irgendwo eine Diskussion über die Preise gegeben hat, dann im Zusammenhang mit der Entwicklung nach dem 13. August, als die NATO eine Reihe von Forderungen unter höchste 'Dringlichkeit stellte 'und wir gezwungen waren, in einer Reihe von Fällen von den Preisen ein wenig abzuweichen, die wir sonst gezahlt oder vereinbart hätten.
Ich sagte, man muß auf lange Sicht planen, die personelle Lage zusammen mit den Liegenschaften und auch mit den Wohnungen für die Soldaten. Ich mache kein Hehl daraus, daß die Wohnungssituation schwierig ist. Sie ist in Sonderheit dadurch schwierig, weil die Gewinnung eines guten Unteroffiziers- oder Offiziersnachwuchses in Zusammenhang steht mit der Frage der Versorgung dieser jungen Menschen, die eine Familie gründen wollen, mit Wohnungen. Wir haben einen Wohnungsbedarf der Bundeswehr von rund 125 000. Wir haben einen Wohnungsbestand zur Zeit im wesentlichen durch Neubau von 70 000. Wir hätten einen Bedarf von 50 000. Wenn man ihn auf die nächsten Jahre — 1963, 1964, 1965 — überschaubar aufgliedert, glauben wir zwar, daß wir diese Aufgabe lösen können, machen aber darauf aufmerksam, daß es leider nicht in dem Tempo geht, wie wir es gern tun würden. Ich weiß, daß der Haushalt insgesamt nicht mehr Mittel zur Verfügung stellen kann. Wir sind dabei zu überlegen, ob man mit den vorhandenen Mitteln durch Streckung mehr bauen kann. Der Haushaltsausschuß hat sich bereits mit der Bundesregierung in einer Formel verständigt, die ebenfalls sicherstellt, daß auch in den kommenden zwölf Monaten in einem Rhythmus von 1000 Wohnungen monatlich dieses Baugeschehen vorangetrieben wird. Ich weiß nicht, ob nachher die Debatte zu diesem Punkt vertieft wird. Ich glaube, daß es ausreicht, Ihnen einmal darzustellen, wie die Situation auf der einen Seite vom Baugeschehen her unsere weitere Entwicklung ebenfalls begrenzt, wie aber auf der anderen Seite das ganz schwierige Thema des Soldatenwohnungsbaues von uns einer Lösung zugeführt werden muß, und wie wir — ich darf das am Rande erwähnen — nicht nur Soldatenwohnungen, sondern genauso auch die Soldaten- und die Offiziersheime als eine Maßnahme zugunsten des Soldaten anders fördern müssen als bisher. Ich bin dem Haushaltsausschuß dafür dankbar, daß er bereits eine gewisse Erleichterung, eine gewisse Lösung gebracht hat.
Meine Damen und Herren, ich sagte, andere Schwierigkeiten sind die Ausstattung mit Waffen, mit Gerät. Sie kennen doch die Anfangszeit. In Deutschland selbst gab es keine Waffen mehr. Wir waren darauf angewiesen, Waffen in der Welt zu erwerben. Wir haben zunächst einmal durch eine großzügige Hilfe der Amerikaner gebrauchte Waffen bekommen. Dann haben wir weiter nachfolgende neue Waffen ebenfalls beschafft und haben in der Zwischenzeit eigene Waffen entwickelt.
Zu diesen eigenen Waffen, Herr Abgeordneter Erler, gehört auch das Unterseebot. Wir haben dieses Unterseeboot seit etwa zwei Jahren im Dienst. Wir stellen jetzt fest, daß am Unterseebot Schwierigkeiten aufgetreten sind und lesen nun in den Zeitungen die Worte Rüstungsaffäre, „Rüstungsskandal und ähnliche. Ich darf zunächst einmal dazu hier deutlich folgendes sagen: Das Bundesverteidigungsministerium hat, sobald eine einigermaßen klare Kenntnis vorlag, an den Verteidigungsausschuß geschrieben und ihn vom Sachverhalt unterrichtet. Das Verteidigungsministerium hat gleichzeitig die Öffentlichkeit von dem unterrichtet, was hier an Fehlern aufgetreten ist; pauschal gesagt: ein Materialfehler. In der Zwischenzeit steht in vielen Zeitungen zu lesen, um was für einen Materialfehler es sich handelt, nämlich um die Frage amagnetischen Materials. Viele Zeitungen glossieren nun darüber und fragen, ob dieses Material richtig untersucht worden sei? Es ist aus Osterreich geliefert. Die Frage lautet: Haben die Osterreicher es vielleicht vorher den Russen angeboten? Die Russen hätten es abgelehnt, weil es für ihre U-Boote ungeeignet wäre. So etwa lautet die Formel.
Meine Damen und Herren, das Verteidigungsministerium hat ein Interesse daran zu wissen: Was ist hier passiert? Wie waren die Untersuchungen? Es ist eine Fülle von Untersuchungen gewesen. Waren Sie ausreichend? Waren Sie nicht ausreichend? Das Verteidigungsministerium hat aber auch ein Interesse daran, darauf hinzuweisen, warum wir bisher geschwiegen haben. Es handelt sich um amagnetisches Material. Meinen Sie nicht, daß Chruschtschow ein großes Interesse daran hat, zu wissen, daß unsere U-Boote aus amagnetischem Material gebaut sind? Er braucht sich dann nämlich mit seinen Abwehrmaßnahmen nicht mehr auf die für die U-Boote gefährlichen Magnetminen zu konzentrieren, weil er weiß, die Deutschen haben ein Material genommen, auf das die sowjetischen Magnetminen nicht ansprechen. Ich meine, daß es im Interesse letztlich der Erhaltung der Glaubwürdigkeit unserer Verteidigung auch gelegen hätte, wenn hinsichtlich der Frage, um was für ein Material es sich handelt, ein bißchen Disziplin gehalten worden wäre.

(Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. Zustimmung bei Abgeordneten der SPD.)

Meine Damen und Herren, wenn die Sowjets wissen — —(Zurufe von der SPD.)

— Nein, ich mache Ihnen gar keinen Vorwurf; aber es gibt einige Zeitungen, die damit gekommen sind.

(Abg. Erler: Um es nur klarzustellen: Sie haben in dieser Sache vollkommen recht, Herr Minister!)

— Dann wäre ich außerordentlich dankbar, wenn auch Sie Ihren Einfluß geltend machen könnten, in Ihren Organen, in Ihrer Publizistik darauf hinzuwirken, daß es sich nicht um die Frage eines Rüstungsskandals oder einer Rüstungsaffäre handelt, sondern daß die Militärs die Forderung stellten, amagnetisches Material zu nehmen, und die Techniker sich nach bestem Wissen und Gewissen bemüht haben, dieser Forderung der Militärs zu entsprechen, amagnetischen Stahl zu finden, weil — ich wiederhole es — unsere U-Boote nach der Gesamtkonzeption in der Ostsee fahren und nicht wie die sowjetischen U-Boote in den Atlantik müssen.



Bundesminister von Hassel
Für die sowjetischen U-Boote stellt sich die Frage 'des Materials völlig anders; deren Blickrichtung ist der Atlantik, ist der Nachschub zwischen Amerika und Europa, aber nicht die Ostsee. Dort im Atlantik oder bei unseren Freunden in Norwegen braucht man kein amagnetisches Material, weil im Atlantik Magnetminen infolge der Tiefe des Wassers nicht eingesetzt werden können.
Das war das, was geheimnisumwittert hinter dieser Frage steht. Ich meine, daß ich Ihnen heute hier einmal in dieser Form eine Aufklärung geben darf.

(Abg. Erler: Wie ist das eigentlich bekanntgeworden?)

— Sie kommen gerade aus Amerika zurück, Herr Abgeordneter Erler. In Amerika gibt es eine 64 000-Dollar-Question in einem Fernsehquiz. Das ist die schwierigste Frage, deren Beantwortung mit dem höchsten Preis ausgezeichnet wird. Ich würde sagen: That ist a 64 000-Dollar-Question.

(Beifall in der Mitte. — Heiterkeit.)

Ich sagte bereits, das Verteidigungsministerium überprüft die Sache. Es überprüft auch — ich sage es ganz offen — jene Frage eines Regresses, weil ich in diesem Punkte verlange, daß Klarheit herrscht, damit uns derartige Dinge, wenn es Regreßfragen sind, nicht wieder passieren können.
Wir haben dem Verteidigungsausschuß, während meines kurzen Urlaubs, angeboten — Herr Staatssekretär Hopf hat dies in meiner Abwesenheit getan —, ihn Über alle Fragen zu unterrichten. Zu diesen Fragen gehört auch das, 'was die Regierung jetzt veranlaßt hat, um die Sicherheit der Mannschaften zu gewährleisten. Die Antwort geben wir im Verteidigungsausschuß. Sie können sicher sein, daß alles getan wird, um die U-Boot-Mannschaft in einer Form zu sichern, daß keinerlei Schwierigkeiten oder Gefahren für sie auftreten.
Die zweite Frage ist, was geschehen kann, um die U-Boote in irgendeiner Form von diesem Schaden zu befreien und in der Zukunft im Einsatz zu halten. Auch darüber wird der Verteidigungsausschuß von uns eine genaue Darstellung unserer Überlegungen bekommen. Ich glaube, man sollte sich deshalb hier darauf 'beschränken, das Thema in dieser Art im Plenum zu behandeln.

(Zustimmung bei der CDU/CSU.)

Aber auf eines muß man hinweisen. Es ist bisher nie möglich gewesen, bei einem U-Boot einen Prototyp zu entwickeln und ihn einige Jahre einzusetzen, ihn zu erforschen, d. h. die Mängel im Material und in der Konstruktion festzustellen. Eine solche Erprobung hätte mindestens zwei Jahre in Anspruch genommen. Eine solche Erprobung hätte man nicht mit einem Boot allein machen können, sie hätte ohnehin mit mehreren Booten durchgeführt werden müssen. Insofern hat das ganze Thema auch eine etwas andere Blickrichtung dadurch; daß man eine Erprobung nicht vornehmen kann, es sei denn unter Inkaufnahme eines ganz großen Zeitverlustes, und es besteht kein Zweifel darüber, daß wir diesen Zeitverlust nicht in Kauf nehmen konnten.
Zur Ehre der Techniker sei gesagt: Die Konstruktion dieses Bootes ist ganz unbestritten eine Glanzleistung unserer Techniker und Schiffbauer.

(Beifall in der Mitte.)

Daß man mit dem Material heute diesen Ärger hat, bitte ich zu verstehen und bitte ich nicht in der Form zu beantworten, daß man über alle Techniker, die Bundesmarine, die Bundeswehr, den Verteidigungsminister, das Verteidigungsministerium oder das Kabinett etwa den Stab bricht.
Ich sagte, wir waren darauf angewiesen, schnell zu handeln. Die Zeit hat gedrängt. Genau das gleiche, Herr Abgeordneter Erler, spielt bei der Frage des Starfighter eine immense Rolle. Die Diskussion darüber geht draußen hoch. In der Presse wird der Starfighter oftmals abgewertet. Man bringt jetzt auf, ein neues System der Radarlenkung verteuere das Flugzeugprogramm. Das habe man vorher offenbar nicht gewußt, und jetzt sei man in der Kalamität.
Auch hier bin ich bereit, im Verteidigungsausschuß die ganze Geschichte der Auswahl der Flugzeuge, der Entscheidungsgründe für die Auswahl dieses Flugzeugtyps darzulegen. Ich bin nicht der Meinung, daß das eine Frage ist, die in der Offentlichkeit diskutiert werden kann, weil im Hintergrund die Frage der Einsatzmöglichkeiten, der Schwerpunkte usw. eine Rolle spielt.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Die zuständige Kommission hat seinerzeit, wenn ich mich nicht irre, 14 Flugzeugmuster eingehend untersucht. In diesem langen Auswahlverfahren ist der Starfighter als bestes Muster anerkannt worden. Für den einen Zweck als Jäger ist, gleichgültig, ob man diese Muster oder .ein anderes nimmt, ein derartiges Radarleitsystem erforderlich. Das ist nicht eine Eigentümlichkeit der F 104 G, sondern eine Eigentümlichkeit fast aller Jagdflugzeuge.
Im übrigen habe ich die Zeit genutzt, mich mit den Männern der auf F 104 umgerüsteten Staffeln zu unterhalten, und habe den Eindruck gewonnen, daß die Piloten, daß die Einheitsführer, die mit diesen Maschinen im Einsatz sind — und sie haben viele tausend Flugstunden hinter sich —, dieses Flugzeug im großen und ganzen außerordentlich loben.
Wir sollten versuchen, die Dinge im Verteidigungsausschuß in Ruhe zu behandeln. Sie werden am Ende sehen, daß die damalige Entscheidung richtig gewesen ist und daß man sich heute höchstens ,darüber unterhalten kann, Herr Abgeordneter Erler, inwieweit man das Programm vielleicht strecken kann. Aber ich weise darauf hin — was auch Sie sagten —: Wir sind international in einem Konsortium zusammen mit den Kanadiern, Holländern, Belgiern und Italienern. Wir sind in dieser Frage nicht allein und sollten auch aus dieser Blickrichtung einer gemeinsamen Bewaffnung in der NATO diese Frage studieren.
Ich darf hier einmal die Situation zeichnen, wie sie sich bei der Forschung, der Entwicklung und der Produktion der Waffen und Geräte darbietet. Es ist unstreitig, Herr Abgeordneter Erler, daß wir zur



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Zeit auf Grund von vielen, vielen Verträgen bilateral, trilateral und multilateral. sowie auch allein für uns in Deutschland forschen und entwickeln. Es ist das Prinzip des Hauses gewesen — und ich bekenne mich uneingeschränkt zu diesem Prinzip; ich gebe zu, daß es nicht -ganz einfach ist, es durchzusetzen —, daß wir nicht mehr in der Lage sein werden, allein, auf nationaler Ebene, zu forschen und zu entwickeln. Wir sind dazu nicht mehr in der Lage, insonderheit wegen der Situation unserer Finanzen. Ich bin nicht bereit, für die gleiche Waffe getrennte Forschungen zu betreiben auf Grund von Verträgen zwischen Deutschland und Frankreich, zwischen Deutschland und England, zwischen Deutschland und Amerika und vielleicht in einer vierten Version noch zwischen Deutschland und Italien. Wir müssen uns in möglichst vielen Staaten der Gemeinschaft zusammenfinden, die ein gemeinsames Interesse an der einen Sache haben. Das Interesse ist ein wenig unterschiedlich von den Voraussetzungen in den einzelnen Räumen her. Ich meine also, daß wir uns dazu bekennen müssen, gemeinsam eine Forschung und Entwicklung zu betreiben, weil sie anders nicht finanzierbar ist.
Das ist nicht ganz einfach. Ich möchte nur ein paar Schwierigkeiten zeigen. Man muß eine gemeinsame militärische Forderung aufstellen. Ich trete sicher niemandem zu nahe, wenn ich sage, Militärs, Generale oder Admirale, auf einen einzigen Nenner zu bringen, ist deshalb schwierig, weil jeder andere Erfahrungen hat. Man muß also als erstes eine militärische Grundkonzeption haben. Man muß daran anschließend eine technische Entwicklung konzipieren. Und wenn es nach mir ginge, würde ich sagen, man muß einen gemeinsamen Fonds haben, in den die Partner dieser Forschung und Entwicklung gemeinsam einzahlen, um sicherzustellen, daß die Dinge nicht irgendwo national auseinandertreiben.
Meine Damen und Herren! Diese Frage spielt eine Rolle bei einer Reihe von Instrumenten oder Waffen, die gegenwärtig in der Entwicklung sind. Sie spielt eine Rolle beim Senkrechtstarter, spielt eine Rolle beim Panzer, spielt auch eine Rolle bei Fragen der Hubschrauber oder etwa der Transportflugzeuge.
Ich möchte Ihnen zwei Beispiele nennen. Das erste ist die Frage des Senkrechtstarters. Man ist zwischen Deutschland und Frankreich zusammengekommen, um einen Senkrechtstarter, Nachfolger des Flugzeuges F 104, zu entwickeln. Man ist schließlich wieder mit getrennten Entwicklungen auseinandergegangen. Es ist ferner eine gemeinsame Erforschung, Entwicklung und Erprobung für einen gemeinsamen Panzer zwischen Deutschland und Frankreich festgelegt worden. Auf dem Wege . dieser Entwicklung ist man wieder auseinandergegangen, man hat heute zwei Typen. Ich glaube, daß jeder das Unbefriedigende dieser Situation einsehen und Verständnis dafür haben wird, daß wir in möglichst vielen Nationen zusammenstehen, um gemeinsam zu forschen und zu entwickeln.
Das bedeutet, daß man sich mit den Schwierigkeiten auseinandersetzen muß, die in Deutschland hochkommen könnten. Denn nationale Wünsche nationaler Forschungsgruppen, nationaler Betriebe, nationaler Rüstung werden vielfach .dieses Konzept nicht gerade erleichtern. Insofern glaube ich, daß man hier auch ein sehr positives Beispiel wählen kann, nämlich das Beispiel des Transportflugzeuges, das vor ein paar Tagen vorgeführt wurde, wo zwischen Frankreich und Deutschland von vornherein militärische Forderungen zusammengebündelt zwar nicht gleich in einer Richtung waren, aber in eine Richtung gebracht wurden, die Forscher dann gemeinsam etwas konzipierten, so daß die Produktion gemeinsam zwischen Deutschland und Frankrech aufgenommen werden kann, wenn die Gremien des Bundestages diesem Projekt zustimmen.
Ich nenne dieses Beispiel hier nur, um zu zeigen, wo die Schwierigkeiten liegen. Die Schwierigkeiten der Umrüstung auf modernste Waffen verlangen also, daß man zunächst die Frage der Forschung, der Entwicklung dieser Waffe klärt, alsdann die Frage der Produktion, und daß man sich dann darum bemüht, eine möglichst einheitliche und geschlossene Konzeption für möglichst viele Teile der NATO zu finden.
Herr Abgeordneter Erler hat dann bei der Betrachtung der konventionellen Komponente dargelegt, daß man sie wesentlich verbreitern könne durch den Aufbau der territorialen Verteidigung. Herr Abgeordneter Erler, das ist vielleicht der einzige Punkt, an dem ich — ich will nicht sagen: mich von meinem Vorgänger unterscheide, aber an dem ich die Gewichte vielleicht ein wenig anders setze. Ich meine nämlich, dieser territorialen Verteidigung jetzt einen stärkeren Vorrang geben zu müssen, nachdem durch meinen Vorgänger die Kampfverbände aufgebaut worden sind. Über dieses Konzept der territorialen Verteidigung, Herr Abgeordneter Erler, wird der Verteidigungsausschuß in dem Augenblick unterrichtet werden, in dem die Gedankengänge, die in meinem Hause, ich möchte sagen, nahezu zu Ende durchdacht sind, durch das Kabinett behandelt worden sind und damit dem Parlament zugeleitet werden können. Es würde also zu weit führen, hier einzelne Elemente unserer Überlegungen darzustellen. Aber so viel sei gesagt: Für die Aufgaben im rückwärtigen Bereich, für die Aufgaben an den Rändern, in meinem eigenen Heimatland Schleswig-Holstein, an den Küsten, am Kanal, an der Elbe, in den weiten Gebieten, in denen Luftlandungen möglich sind, wird auf die ausgebildeten Soldaten der Wehrpflichtigen mit 12 oder 18 Monaten zurückgegriffen, wird auf ein Konzept zurückgegriffen, von dem ich nicht bezweifle, daß es das Hohe Haus mit eindeutiger Mehrheit bejahen wird. Ich möchte Ihnen nur so viel andeuten, daß das vielleicht der einzige Punkt ist, in dem ich mich ein bißchen weiterbewege, als es mein Amtsvorgänger aus dem Zwang der Verhältnisse damals hat tun können. Ansonsten aber — das werden Sie bisher gesehen haben — ist eine Unterscheidung zwischen der bisherigen Politik der Verteidigung und der neuen Politik der Verteidigung nicht vorhanden.
Sie bringen nun, über die konventionelle Seite hinausgehend, das Konzept der atomaren Seite hinein, ob es die atomaren Waffen im taktischen Raum sind, ob es der ganze Mittelstreckenbereich oder die



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strategische Bewaffnung ist. Ich glaube, daß ich dazu ebenfalls nichts hinzuzufügen brauche. Herr Abgeordneter Erler, Sie haben etwa dargestellt, man müsse mitsprechen können, man müsse die Türen öffnen, die uns bisher verschlossen waren, man dürfe nicht zwischen SHAPE hier und dem Pentagon drüben unterscheiden, man müsse den NATO-Rat stärken, man müsse zusammen planen; ob nachher ein Mann die Auslösung gebe, sei eine zweite Frage.
Herr Abgeordneter Erler, bei Ihrer Reise in die Vereinigten Staaten wird Ihnen ja dargestellt worden sein, wie die Amerikaner zum atomaren Konzept stehen, daß sie nämlich die Zahl der atomaren Waffen bei uns in Europa, auch in unseren eigenen Verbänden, wesentlich erhöht haben. Dort gibt es also kein atomares Disengagement, sondern sie haben die Waffen hier bei uns in Europa. Sie haben bei Ihrem Besuch drüben ebenfalls den Eindruck gehabt, daß die Amerikaner gewillt sein werden, in dem Augenblick, in dem die Gefahr bestünde, daß bei einem Angriff der Sowjets Boden verloren ginge, von den Waffen Gebrauch zu machen, die notwendig sind, um mit dieser Gefahr fertigzuwerden. Ich sehe gar nicht ein, was eigentlich für ein Unterschied gegenüber der bisherigen Konzeption ist. Genau das ist die bisherige, ausgewogene, glaubwürdige, abgestufte Abschreckung, genau so ist die bisherige Konzeption.
Nun sagen Sie aber, man müsse die Türen aufmachen, die uns bisher versperrt waren: in Omaha. Ich bin in Omaha gewesen. Die leitenden Herren der amerikanischen Verteidigung haben mich unterrichtet. Ich darf hier eine Frage stellen: Herr Abgeordneter Erler, glauben Sie, daß ohne die Instrumente, die zur Zeit in der Diskussion sind — die interalliierte NATO-Streitmacht oder die multilaterale Streitmacht —, diese Tür so ohne weiteres geöffnet wird? Wenn man sieht, was die Amerikaner dort an Potential haben, was sie dafür aufwenden, wie sie die Verantwortung dafür tragen, dann, glaube ich, wird jeder, der die Forderung stellt, dort mit sitzen zu können, auch die Frage der Amerikaner gestellt bekommen: Bist du bereit, auch einen Anteil an diesem Instrument finanziell zu tragen? Meine Damen und Herren, das wird weit über das hinausgehen, was wir heute für die multilaterale oder interalliierte NATO-Streitmacht zu zahlen haben.
Die militärische Seite einer solchen multilateralen Streitmacht brauche ich hier nicht im einzelnen zu erläutern. Ich habe es übrigens im Ausschuß für Verteidigung, im Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten und im Haushaltsausschuß dargelegt. Es handelt sich hier um eine Streitmacht, bestehend aus 200 Raketen — das ist offen — mit einer Reichweite über 2500 Meilen — das ist auch eine offen genannte Zahl — und mit einer ungeheuren Treffgenauigkeit sowie mit einer Sprengkraft, die Sie sicher hier nicht von mir dargestellt erwarten. Rein militärisch halte ich diese multilaterale Streitmacht für eine ganz veritable Verstärkung der atomaren Seite im Mittelstreckenraum in Europa. Es ist darauf verwiesen worden, daß der Vorgänger des Generals Lemnitzer die Mittelstreckenraketen verlangt hat. Dieses Verlangen haben wir unterstützt. Es ist gegenwärtig aber relativ obsolet, darüber zu streiten, weil es diese Mittelstreckenraketen noch nicht gibt. Meine Damen und Herren, wenn es diese bewegliche, landgebundene Mittelstreckenrakete gäbe --- ich sage das nur einmal als ein Punkt, den Sie sich überlegen müßten —, dann begänne in dem Augenblick, wo sie Europa zugeführt würde, sofort der politische Ärger mit den Gemeinden, in deren Nähe die landgebundene Rakete aufgebaut würde. Wer sich in dieser Richtung äußert, muß also auch wissen, was für Schwierigkeiten es letztlich geben kann. Aber ich wiederhole: an diesem Konzept der landgebundenen Mittelstreckenraketen halten auch wir nach wie vor fest.
Abgeordneter Erler hat dargelegt, welche politische Bindekraft die multilaterale Atomstreitmacht hat. Es wird Ihnen doch so ergangen sein wie mir, Herr Erler. Sie werden gefragt worden sein: Wo steht eigentlich Deutschland? Wie bisher treu zur NATO, oder wendet es sich nun mehr Frankreich zu, nicht so sehr mit England in Kontakt und mit uns Amerikanern auch nicht in Kontakt? Ich nehme an, daß auch Ihnen diese Frage gestellt und daß Ihnen berichtet worden ist, was wir darauf geantwortet haben — ob es zuletzt Herr von Brentano gewesen ist oder zuvor ich gewesen bin oder Herr Staatssekretär Carstens gewesen ist —: daß wir zur Allianz stehen, daß wir dazu stehen, daß England zum Kontinent heran muß, daß Amerika und Europa untrennbar miteinander verbunden sein müssen, daß aber darin das deutsch-französische Verhältnis einen ganz besonderen Raum einnimmt.
Ich glaube, wenn Sie diese Frage vom Politischen her sehen, erkennen Sie, daß man dieser Angst in Europa, die Amerikaner könnten uns verlassen, oder der Angst der Amerikaner, Europa könnte sie herausdrängen, auf beiden Seiten am ehesten dadurch begegnet, daß man ein Instrument schafft, das eine militärisch veritable Kraft ist, das eine große Verantwortung für alle Gliedstaaten, die sie tragen, bedeutet, und daß man damit Amerika und Europa auf die Dauer sehr viel enger zusammenbinden kann.

(Beifall in der Mitte.)

Nun geht es los! Man sagt: Ja, aber statt Unterseeboote wollen uns die Amerikaner nur Überwasserschiffe geben. Und Ida spricht man von Raketenfrachtern. Das Wort Raketenfrachter erinnert mich irgendwie an das „Grabensystem" ; das ist auch so ,ein schreckliches Wort, und damit fiel damals das Ganze, Herr Abgeordneter Mende. Das Wort Raketenfrachter soll abwertend sein. Und dann heißt es: Mal wird das U-Boot genannt und mal das Überwasserschiff. Und aus diesem Hin und Her leitet man ab, daß die Amerikaner offenbar gar nicht wüßten, was sie wollten.
Meine Damen und Herren, wie war es historisch? Die Amerikaner haben vor Jahren eine atomare Überwasserstreitkraft mit Polarisraketen, also Überwasserschiffe, konzipiert. Das ist die Ottawa Force. Sie sind dann auf den Bahamas in der Konferenz von Nassau den Engländern gegenüber mit dem Thema



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Unterseeboote gekommen, weil die Engländer die Unterseeboote im Bau haben. Sie haben nachher gesagt: Überwasserschiffe.
Was haben wir zu der Nachricht aus Nassau gesagt, als es hieß: Unterseeboote? Da haben wir gesagt, wir bitten zu prüfen, ob bei dem Einsatz dieser Schiffe im europanahen Raum die gleichen Voraussetzungen hinsichtlich des Antriebs gegeben sein müssen wie für atomar getriebene U-Boote der Amerikaner, die über den Atlantik in den europäischen Einsatz und wieder zurückgehen müssen; ob man, von Europa aus gesehen, wegen des näheren Raumes diese komplizierte, teure Antriebsart wirklich benötigt. Da haben wir erklärt: Bitte, prüft das atomar angetriebene Unterseeboot und das konventionell angetriebene Unterseeboot, prüft bitte auch die Frage .des Überwasserschiffs, und zwar in zwei Richtungen, hinsichtlich der Kosten der Investition und hinsichtlich der Kosten des Betriebs.
Meine Damen und Herren, das atomar angetriebene Unterseeboot hat zur Zeit vielleicht eine etwas größere Überlebenschance; aber man hat ja auch keine Wahl zwischen Flugzeug und Unterseeboot. Man kann nicht sagen: Das Unterseeboot ist sicherer als das Flugzeug, schafft also das Flugzeug ab. Es kommt darauf an, eine möglichst breite Skala der Waffen zu haben, konventionell und atomar breit angelegt, konventionell in vielen Formen, atomar in vielen Formen, um den einzig möglichen Gegner zu zwingen, auf jede einzelne Waffe eine Abwehrwaffe zu entwickeln und seine Abwehr auf das breitgefächerte Arsenal der Waffen der westlichen Allianz zu zersplittern. Es ist interessant, zu hören — ich bin gerne bereit, im Verteidigungsausschuß darüber zu sprechen —, was nun eigentlich die Pluspunkte und die Minuspunkte bei dieser Version oder bei jener sind. Aber genügt nicht vielleicht eine Feststellung in zwei Richtungen?
Zunächst 'die eine Feststellung: Das Bundesverteidigungsministerium bemüht sich nicht nur, das Wünschenswerte zu tun, es soll auch noch das von uns Tragbare und Finanzierbare sein.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

Bei dieser Überlegung kommen Sie zu der Feststellung: Das in der Investition teure Unterseeboot ist um ein Vielfaches teurer im Einsatz als das Überwasserschiff.
Die zweite Feststellung; Eine multilaterale Überwasserstreitmacht wird eine gemischte Crew haben. Das Wort gemischte Crew hat zum Teil Diskussionen ausgelöst; man hat gesagt: Das kann doch gar nicht funktionieren, eine Crew muß doch eine Mannschaft sein; wenn man aber auf den Schiffen Deutsche, Engländer, Holländer, Belgier, Italiener, Amerikaner, Kanadier, Franzosen und was weiß ich hat, dann ist das in dem Sinne keine Mannschaft; das kann nicht funktionieren. — Ich darf hier einblenden: Warum haben wir uns dazu bekannt, wir Deutschen? — Weil wir nicht wollen, daß irgendwo auch nur der Schein einer Diskussion aufkommen könnte: hier sind sechs, sieben oder acht Schiffe, mit Deutschen bemannt, mit einem deutschen Kapitän, deutschen Offizieren, deutschen Matrosen, deutschen Mechanikern, deutschen Ingenieuren, die dann plötzlich auf ein gemeinsames Signal Dampf aufmachen, in einen deutschen Hafen fahren und sagen: Jetzt endlich haben wir eine deutsche nationale Atomstreitmacht. Vor dieser Frage steht man doch, sicher bei einer solchen Betrachtung.
Wenn man aber eine gemischte Crew hat — Deutsche, Engländer, Amerikaner und Kanadier zusammen —, dann meine ich, daß diese Gefahr nicht mehr gegeben ist, sondern daß man sieht: Hier ist eine Streitkraft der Allianz.

(Zuruf von der SPD: Die verstehen sich doch sprachlich gar nicht! — Lachen bei der CDU/CSU.)

— Herr Abgeordneter, ich komme aus Norddeutschland. Ich gebe zu, daß ich mitunter meine Freunde aus Süddeutschland auch nicht so ohne weiteres verstehe. Ich muß einmal mehr hinhören, um sie genau zu verstehen. Ich glaube schon, daß die Verständigung gegeben ist, Herr Abgeordneter, wenn klar ist, daß die Mannschaft aus erstklassigen Leuten zusammengesetzt sein muß; sonst könnte man ein solches Instrument überhaupt nicht bedienen. Und erstklassige Amerikaner, erstklassige Deutsche, erstklassige Italiener, erstklassige Engländer und Holländer usw. werden sich immer, nach meinem Dafürhalten nicht nur sprachlich, sondern auch menschlich ausgezeichnet verstehen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Aber bei dieser Frage der gemischten Mannschaft ist doch eines wohl sicher, daß nämlich von vielleicht 10 000 Mann — oder wie viele auf allen Schiffen dazugehören — etwa ein Drittel Deutsche sind und ein reichliches Drittel Amerikaner. Wenn diese Überwasserschiffe so schlecht wären, glauben Sie wirklich, daß der amerikanische Präsident und der Kongreß und der Senat es wagen würden, ihre amerikanischen Seesoldaten mit den unsrigen zusammen auf schlechte Schiffe zu setzen? Sie würden dann doch sofort in die gleiche Gefahr geraten, weil sie mit uns im gleichen Boot sitzen. Das alles sind Fragen, die die Zukunft klären wird.
Ich sage nur: Man soll nicht von vornherein damit rechnen, daß man alle Punkte bis zur dritten Dezimalstelle hinter dem Komma lösen kann. Ich glaube, Sie haben Verständnis dafür, wenn man sagt: Wir sollen die großen Linien festlegen; die einzelne Entscheidung mag dann späterer Zusammenarbeit vorbehalten bleiben.
Zu dieser Entscheidung gehört sicher auch das Thema, wer nachher eigentlich den Einsatzbefehl gibt. Heute versteht man völlig, daß der Amerikaner nicht von der Einstimmigkeit der Entscheidung abgehen kann. Ich verbinde aber damit die Frage, ob eine Überlegung, die ich persönlich angestellt habe, richtig ist, daß wir nämlich auf die Dauer gerne auch die Franzosen als Mitglied dieser multilateralen Streitmacht, der Gesamtstreitmacht der NATO sehen würden und daß es bei der Haltung der Franzosen doch wohl unstreitig ist, daß sie nichts mitmachen, was von dem Veto beispielsweise der Amerikaner abhängig ist. Deshalb habe ich gesagt, wenn man auf lange Sicht versuche, die Fran-



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zosen in diesen Bereich einzubeziehen, müsse man eine Konstruktion finden, die auch die Franzosen dann zu einer neueren ,Überlegung bereit finde, wenn diese Streitmacht wirklich einen entsprechenden Aufbaugrad erreicht habe. Das war der Vorschlag, den ich, Herr Abgeordneter Erler, in der Offentlichkeit auch den Amerikanern gegenüber gemacht habe und der nach meinem Dafürhalten in den Vereinigten Staaten sehr ernsthaft geprüft werden wird. Wir werden Ihnen, bevor wir weitere Schritte tun, laufend darüber Bericht erstatten. Ich darf mich wohl mit dieser kurzen Darstellung hier begnügen.
Zum Schluß, Herr Abgeordneter Erler, möchte ich nur auf das noch eingehen, was Sie zu der Frage des Organisationsgesetzes im Zusammenhang mit dem Verteidigungsministerium gesagt haben. Sie haben mich gebeten, den Gesetzentwurf bald vorzulegen, positiv mit Ihnen daran gemeinsam zu arbeiten. Ich fühle mich nun doch so ein bißchen veranlaßt, auf die Diskussion über die Frage bezüglich dieses Organisationsgesetzes einzugehen.
Die vergangenen Übungen, insonderheit Fallex 62, und die Krise um Kuba haben uns bei der Auswertung eine Reihe von Erkenntnissen gegeben, die auch schon voraufgegangene Vorgänge bestätigen. Mein Herr Amtsvorgänger hat vor etwa eineinhalb Jahren die Weisung gegeben, aus diesen Erkenntnissen, den Lücken, den Schwächen, den Schwierigkeiten folgernd, weitere Überlegungen darüber anzustellen, was man denn in Fragen der Organisation tun könne, auf daß sie beweglicher werde, I) auch beim Umschalten von dem Friedenszustand auf den Zustand eines Verteidigungsfalles. Er hat eine entsprechende Weisung an die Abteilung gegeben, die dafür zunächst einmal die Federführung hatte. Ich habe diese Weisung wiederholt.
Die Gedanken, die dort konzipiert wurden, haben bereits dazu geführt, daß das Verteidigungsministerium schon heftig kritisiert wurde, bevor sie der Öffentlichkeit genau bekannt waren. Es ist in diesem Zusammenhang sehr interessant, all die Zeitungskommentare aus den ersten Apriltagen zu lesen. Einer der Abgeordneten dieses Hohen Hauses hat die Vorgänge sehr hart kommentiert. Es sei nichts anderes als das Unternehmen, die Bundeswehr aus der unmittelbaren politischen Verantwortung, aus der Kontrolle durch Parlament und Regierung herauszunehmen. Daran ändere auch nichts die Tatsache, daß der Generalinspekteur und der Minister das letzte Wort zu reden hätten. Es geht also los, ob das eine Reform oder eine Revolution in diesem Verteidigungsministerium wäre und ähnliches. — Ich habe mit Interesse gelesen, daß dann die Ausführungen des Abgeordneten Sänger in einer Zeitung während meines Urlaubs kommentiert worden sind mit der Überschrift: „Des Sängers Fluch"; so etwa war der Kommentar.
Meine Damen und Herren, wenn Erkenntnisse vorliegen, die dazu zwingen, die Überprüfung der gesamten Gliederung vorzunehmen, muß man auch in der Lage sein, solche Überlegungen zu studieren, ohne daß sofort das Wort geht, die Generale wollten die Macht übernehmen.

(Beifall bei der CDU/CSU.) Es gibt nicht einen einzigen Vorgang, nicht einen einzigen Halbsatz, nicht eine einzige Besprechung bei mir, in meinem Ministerum, bei der nicht sehr klargemacht worden ist, daß die Verantwortung bei uns, den Politikern, liege, und ich nehme für unsere Soldaten, die Generale und Admirale, aber auch die Obersten, in Anspruch, daß sie dieses Primat der Politik anerkennen. Daß vielleicht in dem einen oder anderen Hirn noch etwas anderes spukt, mag sein; das will ich nicht bestreiten; bei über 400 000 Soldaten kann das schon sein.

Aber, Herr Abgeordneter Erler, ich muß Sie darauf aufmerksam machen, daß die Vorlegung des Organisationsgesetzes im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich ist. Es muß zunächst in aller Ruhe untersucht werden: Wie sehen diese Überlegungen aus? Was gibt es an Erkenntnissen aus der Übung „Fallex 62" ? Zunächst einmal müssen viele Varianten durchgespielt sein. Die Konsolidierungsphase der Bundeswehr muß weiter vorangeschritten sein, um dann auf die Dauer zu entscheiden, wie das in einem Gesetz aussehen könnte. Heute ist dafür der Zeitpunkt noch nicht reif. Wir werden einmal diese Frage zu einem überschaubaren Zeitpunkt im Verteidigungsausschuß behandeln müssen. Dazu bin ich bereit.
Es ist nun ungemein schwer, etwas offen zu behandeln, wenn man nachher gewisse Gefahren läuft. Ich war beispielsweise bereit, eine der Lücken, die sich aus den Übungen ergeben haben, nämlich die Frage des Einsatzes der Frauen in der Bundeswehr, offen zu behandeln, indem ich vor allen weiblichen Abgeordneten des Bundestages aus allen Parteien sprach. Am nächsten oder übernächsten Tag mußte ich aber in der Zeitung lesen: Alle Frauen — ich weiß nicht, ob „alle" dabei stand; wahrscheinlich aber hieß es „alle" — sind wütend auf von Hassel. Warum? Weil er einmal dargelegt hat-- —

(Zurufe von der SPD.)

— Nicht die eigene, meine Herren Zwischenrufer. Die eigene wäre wütend, wenn ich nicht alles getan hätte, um zu versuchen, Lücken zu schließen, die wir erkannt haben.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Ich möchte an diesem Beispiel nur zeigen, daß wir zu jedem Gespräch bereit sind, daß das aber ungemein erschwert wird, wenn schon der Anfang einer solchen Überlegung dann zu einer harten Polemik in der Öffentlichkeit führt, die nur dazu angetan ist, diejenigen, die zur Diskussion bereit sind, in dieser Bereitschaft irgendwie einzuengen.

(Beifall in der Mitte und rechts.)

Ich persönlich, Herr Abgeordneter Erler, habe vielleicht einen Fehler, nämlich daß ich zu offen und zu aufrichtig bin. Den mögen Sie mir verzeihen. Aber ich bin zu einem gemeinsamen Gespräch bereit und freue mich, daß Sie eigentlich eine Rede gehalten haben, die von mir schon zuvor im Verteidigungsausschuß fast mit denselben Formeln gehalten worden und in der sichtbar geworden ist, daß die politischen Ereignisse die Richtigkeit der Wehrpolitik der Regierung voll bestätigten.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)





Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0407510400
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Supf.

Dr. Ernst Supf (FDP):
Rede ID: ID0407510500
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Nachdem sich bis jetzt die Diskussion und auch die Rede des Herrn Verteidigungsministers auf sehr hohen Ebenen bewegt hat, erlauben Sie mir, ein wenig in die Tiefen hinabzusteigen und Wünsche anzumelden, die die kleinen Rädchen in der Bundeswehr, in erster Linie den Soldaten, betreffen.
Zunächst kann ich namens meiner Fraktion erklären, daß wir dem Einzelplan zustimmen, wohl wissend, daß damit eine außergewöhnliche Belastung für unsere gesamte Finanzgebarung gegeben ist. In Parenthese möchte ich sagen: man könnte ab und zu auch bei der Bundeswehr ein bißchen mehr sparen, indem man manche Dinge sinnvoller einkauft, sinnvoller bereitstellt und sinnvoller verwendet. Aber das sind Einzelheiten, die zur Beratung im Verteidigungsausschuß gehören. Ich möchte mich mit ein paar anderen Fragen beschäftigen.
Es kann niemand verlangen, daß nach dem ungemein raschen Aufbau unserer Bundeswehr nun alles schon so geordnet ist, wie wir uns das vorstellen. Wir begrüßen deshalb die Ankündigung des Herrn Bundesministers der Verteidigung, daß nun diese junge Bundeswehr zunächst einmal einer Periode der Ruhe und der Konsolidierung entgegengeführt werden soll. Sie, Herr Minister, mögen wie bisher diese Periode der Ruhe und der Konsolidierung zu Gesprächen mit den Fraktionen benützen, die von uns immer freudig begrüßt werden.
Wir kennen alle in diesem Hohen Hause die stark ausgeprägte Neigung des Deutschen zur Perfektion. Wir sind überzeugt, daß aus Pflichtbewußtsein, aber auch aus dieser deutschen Veranlagung heraus in der Bundeswehr von oben nach unten ein wenig zu viel perfektioniert wird. Dies führt auf der unteren und der mittleren Ebene zu einem ungeheuerlichen Papierkrieg. Es hält die Kommandeure und Einheitsführer viel zu sehr an ihren Schreibtischen fest, so daß sie sich ihren eigenen Führungs- und Erziehungsaufgaben nicht so widmen können, wie es tunlich erscheint. Dadurch lernt der Soldat seine direkten Vorgesetzten oft recht wenig kennen. Der Einfluß der Offiziere und zum Teil auch der Unteroffiziere auf ihre jungen Untergebenen wird zu gering. Es ist nicht mehr die Zeit vorhanden, die zweifellos wohlgemeinten Anforderungen, die die innere Führung an die Kommandeure und die Einheitsführer stellt, genügend zu beachten. Vor allem ist dem Soldaten nicht mehr die Möglichkeit gegeben, im Einzelgespräch und im Diskussionsrahmen einer kleinen Gruppe seine Zweifel an dem Sinn und Zweck seines militärischen Daseins geklärt zu erhalten.
Der Herr Wehrbeauftragte hat kürzlich sehr stark betont, daß auch in der Bundeswehr im Mittelpunkt der Mensch zu stehen habe. Der Mensch rückt aber aus dein Mittelpunkt heraus, wenn der Vorgesetzte in einem Übermaß von Papier erstickt und dadurch selbst sein eigenes Menschtum verliert.
Glauben Sie mir, der Soldat empfindet den! menschlichen Kontakt dankbar und lohnt jede Mühe, die man sich mit ihm gibt. Er empfindet sehr genau, ob er beobachtet wird und ob sein redliches Bemühen, seine Pflicht zu tun und seine Sache richtig zu machen, auch Anerkennung findet. Der Soldat in der deutschen Bundeswehr hat es — wenn wir ehrlich sein sollen — psychologisch nicht ganz leicht. Er trägt, ob er das nun im einzelnen bei sich genau empfindet oder nicht, alles das mit sich herum, was einer noch nicht bewältigten, ungeheuerlichen Niederlage anhaftet. Er begegnet in der Bevölkerung heute zwar keiner Antipathie mehr. Aber er empfindet doch, daß ein großer Teil des Volkes nicht mit dem Herzen hinter ihm, dem Soldaten, steht. Er empfindet sich als Anhängsel der Politik und weiß oft nicht so recht, warum er da ist.
Zugegeben, es wird viel getan durch staatsbürgerlichen Unterricht in der Truppe. Ich habe kürzlich selber einen erleben dürfen. Es war ein famoses Wechselgespräch zwischen dem Leiter dieser politischen Übungsstunde und seinen Zuhörern. Ich war erstaunt, wie es 'dieser junge Reserveoffizier verstand, seine Soldaten zu einer freimütigen Diskussion zu ermuntern, auf die er dann klug und, als junger Mensch zu jungen Menschen sprechend, ausgezeichnet eingegangen ,ist. Aber ich fürchte, daß derartige gute Lehrer im staatsbürgerlichen Unterricht selten sind. Ich befürchte, daß zuwenig Zeit darauf verwandt werden kann, diese jungen Offiziere zu guten Lehrern in diesem Bereich heranzubilden. Vielleicht wäre der Gedanke erwägenswert, zu diesem Unterricht auch geeignete Männer aus dem zivilen Bereich heranzuziehen.
Man sagt dem Soldaten nun Jahr um Jahr, seine Aufgabe sei, einen Krieg zu verhindern. Das ist richtig und ist falsch. Praktisch ist die Aufgabe, einen Krieg zu verhindern, nicht eine solche der Soldaten, auch nicht der Unteroffiziere und auch nicht der Offiziere, sondern eindeutig eine Aufgabe der Politiker, die sich der Bundeswehr nur als Mittel zum Zweck bedienen können. Die Aufgabe des Soldaten ist es einzig und allein, sich während seiner Dienstzeit zu einem wirksamen Instrument für die Politik ausbilden zu lassen. Je mehr er sieht, daß diese Ausbildung gut betrieben wird, daß die Waffen, die er zur Ausbildung braucht, vorhanden sind und daß er menschlich wohl hart angefaßt, aber absolut gerecht behandelt wird, desto freudiger ist der Soldat.
Ein Weiteres. Der Soldat — das ist eine Sache, die mir und vielen meiner Freunde sehr am Herzen liegt — hat kein Verständnis dafür, wenn seine Zeit vergeudet wird. In einer ganzen Reihe von Diskussionen hier in diesem Hohen Hause mit Besuchergruppen und auch bei Truppenbesuchen wird immer wieder geklagt, daß er zu viel Wache schieben muß — nun, das ist im einzelnen verschieden; aber häufiger ist, daß er oft untätig herumsteht — und daß er dadurch die Überzeugung von seinem eigenen Wert verliert.
Zweifellos überschneiden sich die Dinge. Ich weiß von einem jungen Fliegeroffizier, der in Amerika eine phantastische Ausbildung an den modernsten



Dr. Supf
Maschinen erlebt hat, daß er nicht zum Fliegen kommt, weil nicht genügend Flugzeuge vorhanden sind. Ich weiß, daß Formationen bei Übungen nur mit der Hälfte oder einem Drittel der Stärke ausrücken müssen. Ich weiß, daß bei einem Artilleriebatallion ein Teil der Geschütze beim Ausrücken nicht bemannt werden kann. Ich weiß auch, daß es bei den motorisierten Formationen — das sind ja nahezu alle — oft am Nachwuchs an tüchtigen Fahrern fehlt. Wegen dieses Mangels an Fahrern können oft Kanonen, Haubitzen und Fahrzeuge nicht ausrücken. Es sind nicht genug Ausbilder in der Truppe vorhanden, um diese Aufgaben durchführen zu können. Ich habe mir sagen lassen — ich habe es nicht nachprüfen können —, daß in der amerikanischen Armee Zivilisten verpflichtet und sogar in Uniform gesteckt werden, um die Lücke zu schließen, die durch das Fehlen von Ausbildern enstanden ist.
Dem Soldaten fehlt aber noch etwas anderes, und das ist meiner und unserer Ansicht nach sehr gravierend — es fehlt nicht nur ihm, es fehlt dem ganzen Volke — daß er sich ungefähr ein Bild von einem zukünftigen Krieg machen kann. Gut, der Geheimnisschleier, der um dieses Kriegsbild gehüllt wird, in allen Ehren! Aber wie sollen der Soldat und das ihn tragende Volk ein echtes Interesse an der Aufgabe des Soldaten bzw. an einer Unterstützung dieser Aufgabe haben, wenn von diesen Dingen — bei aller gebotenen Vorsicht zu wenig oder gar nichts bekannt ist?
Der Soldatenberuf ist eben kein Beruf wie jeder andere. Ihm fehlen eine Reihe von Merkmalen. Er kann nicht dienen, wann und wo er will. Er kann nicht ausscheiden, wann er es für richtig hält. Er kann nicht so bezahlt werden, wie das im freien Beruf üblich und möglich ist. Er muß dienen, weil dieser Dienst für den Bestand unseres Volkes notwendig ist. Er muß das um wenig Geld tun, und Ersatz dafür kann ihm nur das feste Gefühl der soldatischen Ehre und die Achtung der Bevölkerung sein. Ganz allgemein und vielleicht etwas brutal ausgedrückt: der Begriff des Dienens als empfundenes Glück ist leider mehr oder minder verlorengegangen. An seine Stelle ist ein forderndes Dienen getreten. Meine Kollegen, die Diskussionen mit jungen Soldaten in diesem Hause haben doch gezeigt, daß diese Gespräche zwischen Politikern und Soldaten manchmal in eine sinnlose Diskussion um Sonderzulagen usw. einmündeten. Der Soldat empfindet es auch als bedrückend, daß Dinge, die auf politischer Ebene schon längst hätten erledigt sein sollen, wie die gesamte Nostandsgesetzgebung, noch nicht über die Bühne dieses Hohen Hauses gezogen worden sind.
Wir sollten uns auch ein wenig darum -kümmern, daß eine vernünftige Traditionspflege Boden gewinnt. Es soll hier nicht einer neuen Form von Hurra-Patriotismus das Wort geredet werden. Um Gottes willen, nein! Aber in Sieg und Niederlage haben doch die Väter und Großväter dieser Soldatengeneration für ihr Vaterland selbstlos vieles geleistet, was einer bewußten Pflege würdig ist.
Es tritt die Frage auf — das sind nur relative Kleinigkeiten, die gehören aber nun einmal dazu —, warum der Soldat von der Möglichkeit, in Zivil auszugehen, so häufig Gebrauch macht. Man sollte vielleicht die Erlaubnis hierzu erst nach einer gewissen Dienstzeit geben. Erst sollte man den Soldaten veranlassen, auch außerhalb der Kaserne mit einem gewissen Stolz seine Uniform zu zeigen, und das Volk sollte dafür Verständnis haben. Dazu gehört allerdings vielleicht die Frage, ob die augenblickliche Uniformierung unserer Bundeswehr attraktiv genug ist, um diesen Stolz fördern zu können. Ich habe kürzlich von einem Major eines Ausbildungsregiments gehört, daß er bei der Ausgabe der Uniformen für den Ausgang von der ersten bis zur letzten Minute selbst dabei war und dafür sorgte, daß für den einzelnen Mann passende Uniformen ausgegeben wurden. Der Erfolg war verblüffend. Die Leute sind gern in ihren Uniformen ausgegangen.
Der Soldat soll aber nun in seiner Freizeit nicht nur auf die Wirtshäuser seiner Garnison, also des Städtchens oder der Dörfer, angewiesen sein. Er soll sich nach Dienstschluß auch in der Kaserne wohlfühlen. Dazu gehört — der Herr Finanzminister wird darüber wohl ein bißchen stöhnen; aber das ist ja sein Beruf — ein baldiger Ausbau der Soldatenheime, der Unteroffiziersheime und der Offiziersheime. Der Herr Minister hat das schon erwähnt. Das braucht man ja um Gottes willen nicht alles aufwendig zu betreiben. Aber es muß die Möglichkeit geschaffen werden, daß die Kameraden unter sich, ohne viel Geld ausgeben zu müssen, zusammensitzen und untereinander Kameradschaft pflegen. Es muß damit auch erreicht werden, daß sie einmal mit ihren Offizieren und Unteroffizieren in einer aufgeschlossenen Runde zusammensitzen. Ich weiß, daß der Herr Wehrbeauftragte auf diese Dinge immer wieder abhebt, und möchte ihn ermuntern, hier nicht nachzulassen.
Was uns halt überall fehlt — und das ist für die Werbung um Soldaten draußen schlecht —, sind Sportplätze, Sportplätze, Sportplätze. Ich glaube, daß Sportplätze für die Truppe in der Herstellung gar nicht so teuer sind. Das Gelände ist ja meistens da. Man sollte daran denken.
Man sollte auch an etwas anderes denken. Es gibt noch eine ganze Reihe von Baracken und sogenannten Notunterkünften, in denen Truppenteile hausen. Man sagt ihnen Jahr um Jahr zu, daß sich das ändern werde. Es ändert sich eben wenig, weil die Dinge am lieben Geld scheitern. Trotzdem könnte man — solche Beispiele sind genannt worden -- oft mit wenig Mitteln solche Notunterkünfte ein wenig attraktiver gestalten, damit sich auch unsere jungen Mitbürger in Uniform darin wohlfühlen. Ich habe mir sagen lassen — bitte, Perfektion —, daß derartige Verbesserungen und die attraktivere Gestaltung der Notunterkünfte an den starren Baubestimmungen scheitern. Nach diesen Bestimmungen soll nicht etwas Altes ausgebessert werden, wenn man doch gelegentlich einmal etwas Neues bauen will. Nun, darüber sollte man hinwegkommen. Aber daß diese Menschen in den schlechten Unterkünften vergrämt sind und verkümmern und daß diese Unterkünfte für die Werbung nicht sehr attraktiv sind, das ist klar.



Dr. Supf
In bezug auf die Verpflegung habe ich, beauftragt mit einer Sonderaufgabe, gute Erfahrung gemacht. Ich habe nur eine Bitte. Es gibt ausgezeichnete Teams bei den Wehrbezirken — Köche, Beamte usw. —, die zu den Truppen hinausgehen, um mit den Köchen bei der Truppe, die wirklich alles tun, was sie können, die Dinge zu besprechen, Verbesserungen
anzubringen, Vorschläge zu machen. Diese Teams werden bei der Truppe herzlich begrüßt, und sie bringen immer einen Fortschritt hinsichtlich der Abwechslung in der Verpflegung. Aber es scheinen zuwenig solcher kleinen Gemeinschaften vorhanden zu sein. Den wenigen vorhandenen Teams gelingt es wegen der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht in ausreichendem Maße, bei der Truppe herumzukommen.
Wir sollten auch darauf dringen — und jetzt komme ich zu einem Steckenpferd —, daß endlich die Militärfahrkarte für die Wehrpflichtigen eingeführt wird. Der Verteidigungsausschuß hat vor einigen Monaten einstimmig das Ministerium gebeten, die nötigen Schritte zu tun. Wir haben seitdem nichts mehr gehört. Vielleicht sind die interministeriellen Besprechungen zwischen dem Bundesverteidigungsministerium, dem Bundesverkehrsministerium und dem Bundesfinanzministerium nach nicht zum Abschluß gekommen. Die Kommandeure würden diese Einrichtung, soweit mir gesagt worden ist, begrüßen. Die jungen Menschen könnten dann leichter zu ihren Angehörigen fahren, sie könnten sich auch einmal da und dort in Deutschland umsehen, statt ihre Zeit in mehr oder weniger zweckdienlicher Weise in den oft doch sehr bescheidenen Garnisonsorten zu verbringen. Ich glaube auch, daß die Schaffung ,der Militärfahrkarte keine große Belastung für die Generaldirektion der Bundesbahn darstellen würde; denn die Züge sind ja ohnehin nicht immer besetzt; im Gegenteil!
Wichtig ist auch — das ergibt sich aus einer ganz neuen Erfahrung —, daß der junge Soldat, der gedient hat, wenn er ins Zivilleben zurücktritt, alle möglichen Vergünstigungen und Berücksichtigungen erfahren sollte. Es ist ja schon ungut, daß viele Leute nicht zu dienen brauchen, während andere dienen müssen. Ich halbe vor einigen Tagen von einem Soldaten, 'der als Leutnant der Reserve ausgeschieden ist und ,damit wohl den Beweis erbracht hat, daß er seine Pflicht getan hat, gehört, daß er Schwierigkeiten bei der Aufnahme an einer Universität bekommen habe, weil schon alle Plätze besetzt gewesen seien. Dabei hatte sich der Mann rechtzeitig bemüht. Nun, eine kurze Besprechung mit der Universität hat die Sache in Ordnung gebracht. Man sollte aber vielleicht an eine gesetzliche Regelung denken, daß der Soldat ein Vorrecht vor denen hat, die nichtgedient haben.
Was zu mancherlei Klagen führte — ich habe das immer wieder gehört —, ist die ausgesprochen verschiedenartige Handhalbung der Gerichtsbarkeit für die Angehörigen der Bundeswehr. Für viele Vergehen werden oft in Norddeutschland ganz andere Urteile gefällt als im Süden. Sogar bei benachbarten Städten oder ,Gerichtsbezirken sind derartige Unterschiede festzustellen. Dies spricht sich natürlich herum und mindert das Vertrauen, gerecht behandelt zu werden. Ich möchte deshalb namens meiner Freunde unserem schmerzlichen Bedauern Ausdruck geben, daß beim Haushalt des Wehrbeauftragten die beantragte A 15-Stelle gestrichen worden ist, mit der bei dieser Dienststelle ein Beobachter für Disziplinarsachen und Strafrecht vorgesehen war. Vielleicht könnte ein solcher Mann auch etwas vorbereitend für eine einheitliche Gesetzgebung sorgen.
Wir müssen uns auch gelegentlich einmal mit der Frage der Bundeswehrbeamten beschäftigen. Wir haben eine Vorlage; ich halte ,sie nicht für sehr glücklich. Aber wir werden darüber zu sprechen haben. Ich glaube, hier muß man grundsätzlich auf ältere Regelungen zurückgreifen. Es wurde von den Technikern im Verteidigungsausschuß auch immer wieder verlangt und gefordert, und es wurden Überlegungen angestellt, wie man einen vernünftigen Technikerstab schaffen könnte.
Dann haben wir noch eine Überlegung angestellt; ich möchte sie Ihnen nur in aller Kürze vortragen. Wir glauben, daß es richtig wäre, die gesamte Kriegsopferversorgung in den Bereich des Bundesministers der Verteidigung zu übernehmen und etatmäßig einzubauen.

(Beifall bei der FDP.)

Es rücken ja immer mehr Bundeswehrsoldaten in die Versorgung hinein. Auch außenpolitisch hätte eine solche Regelung vielleicht eine ganz gute Nebenwirkung.
Die Hauptsorge, die uns alle beseelt, gilt der Frage der Unteroffiziere. Es gibt vielleicht verschiedene Möglichkeiten, hier eine Besserung zu erreichen. Mehr Unteroffiziersschulen mit hervorragender Ausbildung, eventuell Verlängerung der Ausbildung an diesen Bundeswehrschulen. Man könnte daran denken, daß Kündigungen nach dem vierten Dienstjahr erst wieder nach vier, acht, zwölf Jahren erfolgen sollen. Man könnte daran denken, unter anderem den Fachschulunterricht geschlossen ans Ende der Dienstzeit zu verlegen, weil dann nach Absolvierung der Fachschule der Mann auch mit gewissen Kenntnissen in das Zivilleben übertritt. Man könnte diese Schulen auch mit gewissen Berechtigungen ausstatten. So ist der Unteroffizier jedes Jahr soundso lange weg und fehlt, und der Unterricht nützt ihm vielleicht nicht sehr viel.
Dann sollte man — ein altes Anliegen; zu seiner Berücksichtigung dient vielleicht diese Periode der Ruhe — endlich mit den entsetzlich vielen Versetzungen Schluß machen. Das trifft die Offiziere, das trifft aber auch die Unteroffiziere. Unteroffiziere, auch Offiziere, die gerade warm geworden sind und nun ein wichtiges Bindeglied zwischen ihrem Chef und den Untergebenen darstellen, müssen sich wieder neu einleben. Sie erschweren dadurch ihre Beförderung usw. usw. Sie haben die schwierigen Wohnungsfragen. Sie haben vor allem die Schwierigkeiten mit der jeweils notwendigen Umschulung der Kinder. Ich habe im Verteidigungsausschuß und auch in Gesprächen mit dem Herrn Wehrbeauftragten auf dieses Kreuz immer wieder hingewiesen. Ich hoffe, daß die Konferenz der Kultusminister nunmehr bald wenigstens zu einem einheitlichen Schulanfang



Dr. Supf
in Deutschland kommt. Man sollte alles versuchen, dieses Vorhaben zum Ziel zu bringen. Man sollte darüber hinaus über eine Vereinheitlichung der Schulpläne sprechen, wobei ich mir klar bin, daß das ein bißchen schwer sein wird. Aber so ist es wirklich entsetzlich. Die Leute kommen von einer Garnison in die andere, von einem Schulverhältnis ins andere und machen sich große Sorgen um ihre Familie.
Auch das Beförderungswesen gerade bei den Unteroffizieren scheint mir nicht ganz in Ordnung zu sein. Das ganze System der Stellenpläne wird auch von militärischer Seite als bedenklich und falsch angesehen. Wenn ein Unteroffizier sich in eine Spezialaufgabe eingearbeitet hat und dann befördert werden will, wird er oft aus seiner Aufgabe herausgenommen und bekommt ein anderes Gebiet übertragen. Dadurch kommt er nicht weiter. Die Truppe möchte gern wieder eine Bündelung der Unteroffiziere, aus der heraus sie dann verdiente Unteroffiziere weiterkommen lassen kann.
So sind die Zustände jedenfalls auf die Dauer nicht haltbar. Das weiß aber das Ministerium auch. Wenn mir bei einer Truppe, bei der ich selber war, zuverlässig mitgeteilt wird, daß sie nur über 30 % ihrer Unteroffiziere verfügen kann, wenn ich höre, daß im Jahre 1962 33 000 Unteroffiziere versetzt worden sein sollen, dann, muß ich sagen, ist das gerade nicht sehr glücklich.
Nun, der Unteroffizier ist ein bißchen durch die Zeit angeschlagen; er hat einen Prestigeverlust erlitten. Es wären Überlegungen anzustellen, wie man sein Ansehen auch bei der Zivilbevölkerung wieder heben kann. Daß er sich nach jeder Richtung nur durch seine Persönlichkeit durchsetzen kann und sollte, wäre etwas zuviel verlangt. Man könnte vielleicht wieder an eine Reform der Grußpflicht denken. Ich weiß, daß dieser Gedanke auf Widerstand stoßen wird; aber überlegen sollte man es sich, um den Beruf des Unteroffiziers wieder attraktiver zu machen.
Weitere Einzelheiten will ich nicht bringen, sondern zum Schluß kommen. Wir sollten anerkennen, was die junge Bundeswehr geleistet hat. Wir sollten allen Führungskräften der Bundeswehr anheimstellen, die Übergangsfrist in bezug auf die Ausstattung mit Waffen, Heranbildung des Offizierskorps, des Unteroffizierskorps und in bezug auf die psychologische Verbesserung des derzeitigen Klimas auszunutzen. Man sollte einmal von diesem Antikomplex, nämlich von dem Komplex gegen alles Frühere, dem Komplex, daß alles Frühere falsch gewesen ist, wegkommen. Man sollte sich manchmal auch noch an dem guten Alten erfreuen können, und man sollte nicht ja zur Bewaffnung sagen, sondern vor allem ja zum Soldaten. Wir Abgeordneten jedenfalls sollten gute Väter und Brüder unserer jungen Soldaten sein.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0407510600
Das Wort hat Herr Abgeordneter Benda.

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0407510700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein verehrter Vorredner, der Herr Kollege Dr. Supf, hat über eine Reihe von Einzelfragen gesprochen, die zweifellos wichtig sind. Ich möchte mich aber auf diese Diskussion nicht einlassen, sondern vorschlagen, sie doch wieder ein wenig auf die Gesichtspunkte und Fragen zurückzuführen, die Herr Kollege Erler und der Herr Bundesverteidigungsminister hier zur Diskussion gestellt haben.
Der Herr Minister hat — wenn ich mich nicht täusche — heute das erstemal von diesem Platze aus vor diesem Hohen Hause gesprochen. Es ist nicht nur ein Gebot der Freundlichkeit, die wir den Jungfernrednern entgegenbringen, sondern ich möchte ihm auch im Namen meiner Freunde ein Wort wirklicher Anerkennung sagen, wenn ich feststelle, daß er eine ausgezeichnete Einführungsrede zu Fragen der Verteidigungspolitik heute vor diesem Hause gehalten hat.

(Beifall.)

Ich teile auch — um nun gleich auf die Sachfragen einzugehen — den Eindruck, den der Herr Bundesverteidigungsminister gehabt hat, daß die Ausführungen des Herrn Kollegen Erler zu den grundsätzlichen Fragen der Verteidigungspolitik ein breites Feld von Themen gebracht haben, in denen offenbar zwischen dem Herrn Kollegen Erler oder — darf ich so sagen? — zwischen der Fraktion der SPD und uns sowie der Bundesregierung nunmehr Übereinstimmung besteht. Es ist erfreulich, das feststellen zu können.
Eines, Herr Kollege Erler, ist mir nicht klar ,geworden, und ich wäre dankbar, wenn wir da noch etwas mehr Aufklärung bekommen könnten. Wenn in den Grundsatzfragen, zu denen Sie gesprochen haben und in denen — wie auch ich glaube — Übereinstimmung zwischen uns besteht, ist mir und meinen Freunden doch nicht recht klar geworden, warum die Fraktion der SPD heute mitteilt, daß sie sich bei diesem Verteidigungshaushalt der Stimme enthalten will, diesem Haushalt also ihre Zustimmung nicht geben will. Sie haben dafür an zwei Stellen Ihrer Ausführungen, wenn ich sie richtig verfolgt habe, eine Begründung gegeben. Sie haben zum Schluß gesagt, es handle sich um eine Situation des Übergangs, in der man noch nicht klar sehen könne, wohin der politische Kurs gehen werde. Das sei ein Grund.
An der anderen Stelle war die Kontroverse mit dem Kollegen Dr. Stoltenberg, auf die ich gleich eingehen werde.
Zu dem ersten Argument darf ich zunächst einmal sagen, daß es mir wirklich darauf ankommt, diese Frage nicht polemisch zu behandeln; vielmehr lege ich Wert auf den Versuch, eine solche Frage, die wichtig ist, wirklich zu klären.
Die Argumentation des Übergangs könnte sich auf die Person des Ministers beziehen. Wir haben einen neuen Verteidigungsminister. Ich darf diese Gelegenheit benutzen, um eines zu sagen, auch im Anschluß an das, was der Herr Minister selber schon gesagt hat: Man kann zwar sagen, wir haben einen neuen Verteidigungsminister; es gibt aber



Benda
von seiten der Bundesregierung und von seiten des gegenwärtigen Bundesverteidigungsministers sowie der Parteien, die die Regierung und den Minister stützen, keine neue Verteidigungspolitik.

(Zustimmung in der Mitte.)

Die Verteidigungspolitik, die der neue Verteidigungsminister betreibt und betreiben wird, ist eine konsequente Fortsetzung der Politik seines Amtsvorgängers, des Kollegen Strauß.

(Beifall in der Mitte.)

Sie haben eine Andeutung gemacht, indem Sie von einer weniger geräuschvollen Verteidigungspolitik sprachen. Wir alle kennen Temperamentsunterschiede und auch Unterschiede des Stils. Das übersehe ich nicht. Aber wenn heute, wie es erfreulicherweise auch der Sprecher der SPD getan hat, nunmehr die Richtigkeit einer bestimmten verteidigungspolitischen Konzeption bestätigt wird und damit noch das, was im Rahmen der Verteidigung in unserem Lande und insbesondere in der Bundeswehr seit Jahren geschehen ist, anerkannt wird, dann möchte ich daraus die Berechtigung entnehmen, vielleicht nicht nur im Namen unserer Fraktion, sondern des ganzen Hauses ein Wort der Anerkennung für die Arbeit des ehemaligen Ministers Strauß in seinem Amt als Bundesverteidigungsminister auszusprechen.

(Beifall in der Mitte.)

Bei allen Diskussionen, die um Vorgänge im letzten 3) Jahr möglich und zulässig sind, scheint es mir nicht mehr als recht und billig zu sein, das mit aller Nüchternheit zu sagen. Darüber kann es keine Diskussion geben, wenn man, wie es heute geschehen ist, in der Sache erklärt, man stimme mit unserer Konzeption der Verteidigungspolitik überein.
Auf die Tatsache, daß ein neuer Minister gekommen ist, kann sich also das Argument der Übergangszeit nicht beziehen.
Nun kommt der andere Punkt. Herr Erler, Sie haben Ausführungen gemacht, denen wir insoweit zustimmen können, als Sie sagten, daß es ein billige Verteidigung nicht geben könne. Das wissen wir alle, das weiß insbesondere jeder, der sich im Verteidigungsausschuß, im Haushaltsausschuß oder allgemein im Hause mit Verteidigung befaßt. Die Verteidigung verschlingt ungeheure Beträge, und es ist eine ernste Frage, die im Einzelfall durchaus strittig sein kann, wo das Maß des aus volkswirtschaftlichen, sozialen und allgemeinen Gesichtspunkten Zulässigen im Einzelfall überschritten wird. Darüber wird man sich von Fall zu Fall unterhalten müssen, es sind Meinungsverschiedenheiten darüber denkbar.
Nun kommt das Merkwürdige, und da wäre ich für eine 'Klarstellung dankbar, weil ich mir beinahe nicht vorstellen kann, daß ich Sie richtig verstanden habe. Sie sagten auf die Zwischenfrage des Herrn Kollegen Dr. Stoltenberg, wie denn das in Einklang mit jenen Äußerungen zu bringen sei, die er von Ihnen, Herr Kollege Merten, zitiert hat: Ich habe doch nur das vorgetragen, was der neue Minister hier vorgetragen hat, und weil der das vorgetragen hat, wollen wir uns der Stimme enthalten.
Wenn ich das nicht überhaupt akustisch falsch verstanden habe, muß ich daraus entnehmen, daß Sie oder Ihre Fraktion in dieser Grundfrage einer anderen Auffassung sind als wir. In der Tat, Herr Kollege Erler, sind wir hier an einer grundsätzlichen Frage angelangt. Natürlich stimmen wir mit Ihnen überein, daß man nicht Verteidigung ohne Rücksicht auf die Folgen innerhalb der allgemeinen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung betreiben kann. Auf der anderen Seite stimmen wir darin überein — das glaube ich aus Ihren Ausführungen zu einer notwendigen und im Ernstfall wirksamen Abschreckung entnehmen zu können —, daß die Verteidigung von uns so gestaltet werden muß, daß sie effektiv ist. Wir unterstützen völlig Ihre Ausführungen etwa zum Problem der territorialen Verteidigung und der notwendigen personellen Konsequenzen. Sie haben die Notwendigkeit angesprochen, auf dem Gebiet der freien Forschung etwas mehr zu tun als bisher.
Auch das alles hat natürlich Konsequenzen, und man muß sich darüber im klaren sein, daß die These, daß es eine billige Verteidigung nicht gebe, eine bittere Wahrheit, aber nichtsdestoweniger eine Wahrheit ist, von der man ausgehen muß. Insofern klafft hier also, wie ich glaube, zwischen Ihren Ausführungen und dieser Gesamtkonzeption, die ich aus dem, was Sie sonst gesagt haben, doch eigentlich entnehmen möchte, ein Widerspruch, der mir zunächst nicht erklärlich ist.
Man kann nicht — wenn Ihre Ausführungen vor den Kriegsopfern, Herr Kollege M er t en, richtig zitiert worden sind, was ich nicht weiß — einfach sagen, daß man Verbesserungen etwa in der Kriegsopferversorgung oder auf anderen Gebieten erreichen könne oder müsse durch Abzweigung von Mitteln aus dem Verteidigungshaushalt. Ich brauche denen, die mit den konkreten Haushaltsberatungen des letzten Herbstes und des Frühjahrs befaßt waren, wohl nichts zu sagen über die konkrete Haushaltslage, über die finanziellen Einschränkungen z. B. auf dem von dem Vorredner erwähnten Gebiet der Soldatenheime, zu denen sich aus bitteren militärischen Notwendigkeiten die Bundesregierung und das Bundesverteidigungsministerium veranlaßt gesehen haben. Da genügt es nicht, zu sagen, irgendwoher aus dem Nebel nehmen wir das Geld; da muß man dann schon konkret seine andere Konzeption vorlegen und muß bei dem allgemeinen Einverständnis, das hier behauptet wird, das konkrete Einverständnis oder die konkrete Abweichung vortragen und sagen: in diesem Punkte, meinen wir, macht ihr Ausgaben, die überflüssig sind, oder in diesem Punkte haben wir eine Vorstellung, wie man es anders machen kann.
Das ist heute nicht gekommen. Ich will das gar nicht polemisch sagen. Aber aus der allgemeinen politischen Diskussion, wie man sie manchmal in bestimmten Parteiversammlungen erlebt, muß das Argument heraus, daß ein Düsenjäger so viel koste wie zwei Schulen oder ein Krankenhaus.

(Beifall bei der CDU/CSU.)




Benda
Das ist die demagogische Fragestellung, die doch die nach Ihren eigenen Ausführungen, Herr Kollege Erler, falsche Behauptung impliziert, .als sei die Schule — was wir alle wissen — eine lebensnotwendige Einrichtung und der Düsenjäger im Grunde eben eine Verschwendung öffentlicher Gelder. Wer das behauptet — ich wiederhole: ich entnehme eine solche Auffassung nicht aus Ihren Ausführungen, sondern sage nur, daß das hier und da in der öffentlichen Diskussion eine Rolle spielt —, wer eine solche Auffassung vertritt, muß sich die Frage gefallen lassen, welche Vorstellung er überhaupt über Verteidigung hat.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

Da käme man dann also doch wieder auf die Grundfragen zurück.
Noch zu • wenigen Einzelpunkten, Herr Kollege Erler! Ich glaube ich darf es noch einmal wiederholen —, daß gewisse Dinge, die von Ihnen hier vorgetragen worden sind, ein echter Fortschritt in der Diskussion sein könnten. Ich will nun nicht, schon aus zeitlichen Gründen, das in diesem Hause gelegentlich beliebte Spiel anstellen, zurückzublikken — manchmal im Zorn zurückzublicken — und zu überlegen, wie es früher war und wie es heute ist, obwohl das nicht unnützlich ist, weil man ja Fortschritte eigentlich nur dadurch messen kann, daß man die Distanz zwischen zwei Punkten mißt.
Ich möchte nur als Beispiel sagen, daß es gut gewesen wäre, wenn wir in der Atomdebatte oder besser gesagt Antiatomdebatte des Jahres 1958 von der SPD etwa eine Äußerung gehört hätten wie die, die ich heute mit besonderer Freude gehört habe: daß diejenigen Länder, nun auch auf die Bundesrepublik bezogen, die einen konventionellen Verteidigungsbeitrag leisten, dann auch — ich glaube, ich zitiere ziemlich wörtlich — die Eintrittskarte in diejenigen Gremien in der Hand haben müßten, in denen die wirkliche und letzte Entscheidung falle. Das ist das Problem, um das im Jahre 1958 unter anderem doch hier gerungen worden ist, und wenn wir damals im ganzen Hause von einer solchen Auffassung hätten ausgehen können, wäre uns, glaube ich, ein guter Teil der damaligen Diskussion erspart . geblieben,

(Beifall bei der CDU/CSU)

was nicht von Nachteil gewesen wäre.
Ich bin im übrigen — und damit komme ich zu dem nächsten Punkt — auch in dieser Beziehung nicht übermäßig zimperlich. Herr Kollege Erler, Sie haben die Frage angeschnitten, inwieweit man in der deutschen Öffentlichkeit durch die Diskussion — Sie haben Kampagne gesagt — im vergangenen Jahr vielleicht ein bestimmtes Mißtrauen gegen die Bündnispartner, insbesondere die Vereinigten Staaten, genährt habe, und haben gemeint, daß das der Glaubhaftigkeit der Abschreckung abträglich sei. Darf ich dazu für meine Freunde sagen: Eine solche Kampagne ist von uns weder jemals begonnen noch genährt noch unterstützt worden. Ich glaube nicht, daß man die Behauptung aufstellen kann, daß die CDU-Fraktion oder ganz allgemein CDU und CSU ein solches Mißtrauen genährt hätten.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0407510800
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Erler?

(Abg. Benda: Bitte sehr!)


Fritz Erler (SPD):
Rede ID: ID0407510900
Stehen die Bonner „Informationen aus erster Hand" der CDU nahe oder nicht?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0407511000
Es gibt so viele Informationen aus erster Hand, meistens aber aus zweiter und dritter Hand, die in Bonn herausgegeben werden, daß ich nicht immer deren Hintergrund kenne. Ich halte es für möglich, daß sie, wenn Sie so wollen, oder daß der Herausgeber der CDU nahestehen. Ich weiß übrigens nicht, auf welchen konkreten Beitrag Sie anspielen. Aber unterstellt, es steht etwas darin, was Ihre These stützen würde, so möchte ich doch meinen, daß es etwas problematisch ist, wenn wir uns gegenseitig Ausführungen vorhalten, die keinen sozusagen offiziellen Charakter haben. Ich darf vielleicht der Kürze halber an das erinnern, was der Kollege Leber mit vollem Recht zu der Zitierung von gewerkschaftlichen Äußerungen zu die Gewerkschaften interessierenden Themen hier gesagt hat: die Sache mit dem Mann, der auch einmal seine proletarische Vergangenheit beweisen muß. Das liegt auf einer ähnlichen Ebene, und das führt nicht sehr weit. Ich könnte auch Ihnen einen ziemlichen Packen von Äußerungen vorlegen, von denen Sie sich dann, vielleicht mit Recht, distanzieren würden. Ich darf also wiederholen, daß von unserer Seite eine solche Argumentation nicht gekommen ist.
Ich glaube im übrigen auch, daß eine solche öffentliche Diskussion in sich kein Schade sein muß. Wir können nicht darauf verzichten — das haben Sie in einem ganz anderen Zusammenhang selber gesagt —, zur Notwendigkeit einer Verteidigungsdiskussion eine Reihe von Fragen in aller Offenheit hier in diesem Hause anzusprechen. Ich glaube, die Allianz zwischen den Vereinigten Staaten und ihren europäischen Bündnispartnern, auch der Bundesrepublik, ist stärker und sicherer, als wir glauben. Das deutsch-amerikanische Bündnis hat schließlich die Anti-Atomkampagne des Jahres 1958 und einige andere Dinge überdauert, es wird auch diese gelegentlichen Diskussionen in der Presse — das glaube ich sagen zu können — glücklich überdauern.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Ich darf schließlich noch auf ganz konkrete Punkte eingehen. Herr Minister, nur eine Anmerkung zu der Frage des Starfighter. Ich will Ihren Ausführungen in der Sache. nichts hinzufügen. Ich möchte nur sagen, daß es — was Sie vielleicht nicht wissen können — kaum ein sachliches Problem gibt, das so eingehend und so oft im Verteidigungsausschuß diskutiert worden ist wie die Starfighter-Frage. Ich erinnere mich selbst an sehr eingehende, stundenlange, wiederholte Diskussionen. Ich würde sagen, daß es ein sehr freundliches Angebot ist, noch einmal die Gesichtspunkte im einzelnen vorzutragen in dieser schönen Art mit bunten Bildchen usw., wie es das Verteidigungsministerium immer sehr nett macht. Ich möchte meinen, daß die Kollegen jedenfalls, die seit zwei oder drei Jahren older länger im Verteidigungsausschuß sind, etwas Neues nicht mehr wer-



Benda
den hören können, sofern in der Zwischenzeit nicht ganz neue Gesichtspunkte hinzugekommen sind, die ich mir aber kaum vorstellen kann. Insofern meine ich, da zu diesem Punkt in den letzten Monaten an neuen Argumenten überhaupt nichts gekommen ist, wäre es vielleicht zweckmäßiger, diese Geschichte nach einer abschließenden Diskussion im Ausschuß einmal aus der öffentlichen Diskussion zu beseitigen.
Eine andere Sache ist diese U-Boot-Geschichte, zu der ich mich in der Sache überhaupt nicht äußern will, weil ich meine, daß der Ausschuß einen Anspruch darauf hat, hierüber im einzelnen unterrichtet zu werden, auch über die Dinge, die hier schlecht oder gar nicht diskutiert werden können. Ich würde nur darum bitten, nicht zu einer Art Vorurteil im doppelten Sinn des Wortes — zu kommen, indem zunächst einmal dieser oder jener Stelle eine mangelnde Zuverlässigkeit unterstellt wird und dann geprüft wird, ob sich dieser Vorwurf vielleicht als unbegründet erweist. Wir sollten gemeinsam — ich hoffe, daß wir darin einig sind — ganz unvoreingenommen und vorurteilsfrei eine solche Frage, die wegen ihrer vielfältigen Auswirkungen wichtig ist, prüfen und sollten dann versuchen, zu einem vernünftigen Ergebnis zu kommen.
Ich stimme dem zu — aber das kann ich eigentlich übergehen —, was sowohl der Herr Minister als auch Herr Kollege Erler zu wesentlichen Problemen der inneren Führung gesagt haben. Es gibt im Bundesverteidigungsministerium — schon in der Zeit des Amtsvorgängers des jetzigen Herrn Ministers — gute Bemühungen, über den bloßen, Sie nannten es: Antikommunismus, also über die bloße Abwehrhaltung hinaus zu einer positiven Ordnung, zu positiven Vorstellungen in der Bundeswehr zu kommen. Wir alle sollten uns vielleicht einmal selbstkritisch die Frage vorlegen, ob wir nicht den Herren, die im Bundesverteidigungsministerium damit befaßt sind, die Bewältigung dieser wichtigen Aufgabe manchmal etwas schwierig machen. Man muß von einem Offizier oder einem Beamten, der sich mit Fragen der inneren Führung befaßt, den Mut zu einer eigenen Meinung nicht nur erwarten, sondern man muß diesen Mut auch respektieren. Ich habe bestimmte konkrete Vorgänge im Auge, eine Diskussion, die nicht im Ausschuß stattgefunden hat. Sie kennen etwa die Geschichte des Deutschen Soldatenbuches.
Das ist also, wenn Sie wollen, ein heißes Eisen. Da wird die jüngste Geschichte angesprochen. Begreiflicherweise gibt es über bestimmte Fragen der neuesten Geschichte Meinungsverschiedenheiten. Man darf es dann aber nicht dahin bringen, daß man wegen der verschiedenen Meinungen — jedem paßt irgend etwas nicht — den armen Offizier oder Beamten, der mit einer solchen Frage befaßt ist, alles das wegstreichen läßt, was irgendwie kontrovers sein kann, so daß dann ein dritter oder vierter Aufguß einer lauen Brühe herauskommt, womit man gerade das, was wir gemeinsam erreichen wollen, nämlich ein positives Bewußtsein, nicht erreicht.
Gelegentlich sind wir alle -- ich sage das nicht nur der SPD-Fraktion, sondern auch meiner eigenen Fraktion, uns allen — nicht sehr weit entfernt von dieser Gefahr, und wir sollten versuchen, sie in der Zukunft zu vermeiden.
Noch eine Bemerkung an den Herrn Minister! Ich stimme mit ihm überein in der Bewertung des Umstandes, daß in Bonn leider Gottes viele Dinge oder fast alle Dinge nicht geheim bleiben. Ich möchte nur meinen, daß das doch einer gewissen Ergänzung bedarf, und ich glaube, so hat es der Herr Minister auch gemeint: daß uns das nicht von unserer gemeinsamen Verpflichtung entbinden sollte, mehr noch, als es in diesem Hause und anderswo bisher geschehen ist, darauf zu achten, daß Dinge, die ihrer Natur nach geheimzuhalten sind, wirklich geheimgehalten werden. Wir können, meine Damen und Herren, wenn wir in diesem Hause selber nicht die notwendige Disziplin und die notwendige Technik aufbringen, um diese Frage zu bewältigen, von dem einfachen Soldaten und dem Offizier der Bundeswehr, dem Geheimnisse anvertraut sind, billigerweise nicht erwarten, daß er das Problem besser bewältigt als wir.

(Beifall in der Mitte.)

Ich sage das ganz allgemein und ohne Blickrichtung auf irgend jemanden. Es gibt konkrete Vorgänge, die uns beschäftigen. Das wissen Sie alle. Dazu will ich heute nichts sagen, weil das Dinge sind, die hier nicht vor der Beendigung der laufenden Untersuchung besprochen und beurteilt werden sollten. Ich will nur das Folgende sagen, auch im Blick auf manche Pressestimmen, die meinen, das Ganze sei doch mehr eine Art verspäteter Karnevalsvorstellung und habe keinen rechten Sinn. Dazu möchte ich sagen, daß denjenigen, die sich im Ausschuß dieser schwierigen und nicht gerade sehr dankbaren Aufgabe unterziehen, so etwas nicht unterstellt werden sollte. Es geht — ich glaube das für alle Beteiligten sagen zu sollen — um das ernsthafte Bemühen, eine Sache, die in diesem Hause nicht in Ordnung ist, im allgemeinen Interesse nun einmal in Ordnung zu bringen. Ich würde es persönlich sehr begrüßen, wenn der Wille, der hinter diesen Bemühungen steht — manchmal ist es ein bißchen komisch, wenn der Richter auf die Zeugenbank umwechselt und umgekehrt — nicht verkannt würde.
Ich komme zum Schluß. Ich bin dankbar dafür, daß in diesem Hause Übereinstimmung darüber zu bestehen scheint, daß die Bundeswehr ein selbstverständlicher, geradezu alltäglicher Bestandteil unseres öffentlichen Lebens, des Bildes unseres Volkes und Staates in der Öffentlichkeit ist und daß darüber Diskussionen nicht mehr notwendig sind. Dinge wie etwa der Einsatz der Bundeswehr in der Flutkatastrophe sind nur dann in ihrem vollen Wert erfaßt, wenn man darüber gar nicht mehr zu reden braucht, weil es eben eine völlige Selbstverständlichkeit geworden ist.
Ich möchte aber bei diesem Thema als Letztes den Fortschritt, den wir erzielt haben und über den wir uns freuen sollten, an einer Episode darstellen. Es hat in den Vorgängen des letzten strengen Winters das Hilfeersuchen einer großen Stadt unseres Landes, der Stadt Kassel, gegeben, wo infolge der Witterungsverhältnisse die Trinkwasserversorgung zu-



Benda
sammengebrochen war, Bundeswehr möge einspringen und mit ihren Fahrzeugen das Wasser ranbringen. Die Hilfe wurde selbstverständlich gewährt und so der schlimmste Notstand beseitigt. Meine Damen und Herren, dieselbe Mehrheit der Gemeindevertretung, die diese selbstverständliche Bitte ausgesprochen hat, die auch selbstverständlich akzeptiert wurde, hat erst vor wenigen Jahren — doch wohl stellvertretend für die Bürger der Stadt Kassel, wie behauptet wurde — eine Entschließung gefaßt, daß in Zukunft nie wieder ein deutscher Soldat den Boden der Stadt betreten dürfe. Nun waren die Soldaten da! Ich sage das wirklich nicht, um jemandem einen kleinen Tritt zu geben, sondern ich sage das deshalb, weil wir uns alle darüber freuen sollten, daß man über diese Diskussionen in unserem Volke hinweggekommen ist und heute Dinge als selbstverständlich. ansieht, die vor einigen Jahren noch nicht selbstverständlich waren. Ich glaube, daß man auch insoweit den Verlauf der heutigen Debatte positiv bewerten kann.

(Beifall in der Mitte.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0407511100
Das Wort hat der Abgeordnete Merten.

Hans Merten (SPD):
Rede ID: ID0407511200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin vorhin durch eine Zwischenfrage des Kollegen Stoltenberg angesprochen worden und möchte dazu zunächst einige Sätze sagen. Herr Dr. Stoltenberg, Sie sind ja, glaube ich, solange Sie ) Mitglied des Hauses sind, auch Mitglied des Haushaltsausschusses in diesem Hause. Sie wissen daher, daß man die Kosten der Landesverteidigung nur im Zusammenhang mit den übrigen öffentlichen Ausgaben sehen kann. Insbesondere kann man die Kosten der Landesverteidigung nicht sehen, ohne den Zusammenhang mit der sozialen Sicherheit der ehemaligen Soldaten und ihrer Hinterbliebenen zu beachten, weil sich doch inzwischen klar herausgestellt hat — und Sie wissen das auch —, daß militärische Sicherheit ohne soziale Sicherheit eine Illusion ist, und dieser Illusion will natürlich niemand dienen. Deswegen war ich der Meinung und bin es auch heute noch, daß es durch die Streckung einiger Vorhaben über längere Zeiträume im Rahmen des Verteidigungshaushalts möglich wäre, die Mittel für die Versorgung der Kriegsopfer frei zu machen, wenn sich keine andere Möglichkeit im Bundeshaushalt ergibt, die wir bis heute noch nicht sehen.
Es handelt sich dabei um rund 700 Millionen DM, die hier zusätzlich gebraucht würden.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0407511300
Herr Abgeordneter Merten, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Stoltenberg?

Dr. Gerhard Stoltenberg (CDU):
Rede ID: ID0407511400
Herr Kollege Merten, sind Ihnen nicht 'die Berechnungen von amerikanischer und deutscher Seite bekannt, die besagen, daß eine Verwirklichung der hier soeben von Herrn Erler vorgetragenen Verteidigungsvorstellungen eine Steigerung des Verteidigungshaushalts auf mindestens 20 Milliarden DM, und zwar sofort, erfordert, und wie verträgt sich das mit den Kürzungsvorschlägen um 700 Millionen DM? Ist das nicht ein Widerspruch, den Sie bisher nicht aufklären konnten?

Hans Merten (SPD):
Rede ID: ID0407511500
Ich habe gesagt, daß durch die Streckung einiger Vorhaben — wenn sich die 700 Millionen DM nicht an anderer Stelle des Bundeshaushalts fänden — hier geholfen werden könnte, weil die soziale Sicherheit insbesondere der ehemaligen Soldaten genauso wichtig ist wie die militärische Sicherheit und eines ohne das andere eine Illusion bedeuten würde. Ich bin auch ganz froh, daß ich mich dabei in guter Gesellschaft befinde, Herr Dr. Stoltenberg; denn auch Herr Ministerpräsident Meyers, der Ihnen politisch wohl wesentlich näher steht als mir, und der Finanzminister Pütz des Landes Nordrhein-Westfalen haben ähnliche Gedankengänge gepflogen. Ich wollte das hier nur klarstellen, damit keine Widersprüche konstruiert werden, wo es keine Widersprüche gibt, und damit es nicht heißt: der eine Sozialdemokrat fordert militärische Anstrengungen, die 20 Milliarden DM kosten, und dem anderen sind die 18,4 Milliarden DM schon zuviel. So ist es nun doch nicht.

(Abg. Dr. Stoltenberg: So war es bis jetzt!)

Zu dem, was Herr Kollege Benda ausgeführt hat, möchte ich ihm folgendes sagen. Herr Benda, sowohl Sie als auch der Herr Minister haben erklärt: eine Änderung der Verteidigungspolitik gibt es nicht. Nun, wir nehmen Ihnen derartige Erklärungen nicht übel; denn keine politische Partei hört es gerne, daß die Kontinuität ihrer politischen Arbeit und ihrer politischen Ziele irgendwo einen kleinen Bruch hat. Auf der anderen Seite stellen wir als Opposition aber fest: Die Haltung des Herrn Bundesverteidigungsministers beispielsweise zum Aufbau der Territorialverteidigung ist eine andere als die seines Vorgängers. Während unsere Forderungen bei seinem Vorgänger doch im wesentlichen auf taube Ohren gestoßen sind, ist die Haltung des heutigen Bundesverteidigungsministers zu dieser Frage genau die gleiche, die auch wir in der Sozialdemokratischen Partei haben, und das begrüßen wir.
Außerdem ist es dem Herrn Bundesverteidigungsminister gelungen, ganz erhebliche Mißverständnisse, die durch seinen Vorgänger in unserem Verhältnis zu den Vereinigten Staaten von Amerika entstanden waren, zu beseitigen. Das begrüßen wir als Sozialdemokraten außerordentlich, weil wir eine Politik der engsten Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten insbesondere auch auf militärischem Gebiet für außerordentlich notwendig halten und jede Mißstimmung und jede Vertrauensminderung auf diesem Gebiet nur bedauern können. Auch aus diesem Grunde sind wir dem Herrn Bundesverteidigungsminister in diesen seinen Bestrebungen zugetan und mit ihm einverstanden.
Das dritte, das ich in diesem Zusammenhang erwähnen möchte, ist, daß der Herr Bundesverteidigungsminister, was die Stärkung der konventionellen Kräfte innerhalb der Landesverteidigung anbe-



Merten
trifft, doch eine wesentlich deutlichere, positivere Haltung einnimmt, als es sein Herr Vorgänger getan hat. Auch hier trifft er bei den Sozialdemokraten auf das gleiche Bestreben, und auch hier haben wir ihm heute gesagt, daß wir in diesem Punkte mit ihm einverstanden sind.
Zuletzt möchte ich etwas hinzufügen, was vielleicht nicht unmittelbar etwas mit Politik zu tun hat, was aber natürlich auch bei der Opposition seine Wirkung nicht verfehlt: Das ist die persönliche Haltung des Herrn Bundesverteidigungsministers. Wir haben vom Herrn Bundesverteidigungsminister den Eindruck, daß sein Bestreben darauf geht, auszugleichen und nicht zuuzspitzen. Weil wir dieses Bestreben anerkennen wollen, deshalb haben wir auch unsere Haltung in bezug auf unsere Zustimmung oder Ablehnung zum Verteidigungshaushalt geändert. Wir vergessen darüber nicht, daß dieser Verteidigungshaushalt auf einer Wehrkonzeption beruht, die noch von dem Herrn Vorgänger des Herrn Bundesverteidigungsministers stammt; denn als er sein Amt antrat, lag dieser Haushalt, soweit ich mich erinnere, sogar dem Bundestag schon vor, und es konnte also von da her daran nichts mehr getan werden. Wir behalten uns für die Zukunft vor, wie wir uns zu diesem Haushalt einstellen werden: je nachdem, wie sich die Zusammenarbeit zwischen dem Herrn Bundesverteidigungsminister und der Opposition entwickelt. Aus diesem Grunde, so glaube ich, Herr Benda, wäre die Opposition stark überfordert, wenn sie nach der kurzen Zeit, in der sie mit dem Herrn Bundesverteidigungsminister hat ) zusammenarbeiten können, nun schon heute dazu übergehen sollte, einem Haushalt ihre Zustimmung zu geben, dessen Grundlagen noch in die Ära eines Mannes zurückreichen, mit dessen Politik sie nicht einverstanden gewesen ist.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0407511600
Herr Abgeordneter Merten, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Benda?

Hans Merten (SPD):
Rede ID: ID0407511700
Bitte!

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0407511800
Herr Kollege Merten, ich glaube, ich habe Sie noch nicht verstanden, und darf Sie noch einmal fragen: Halten Sie die Wehrkonzeption, die dem gegenwärtigen Haushalt, dem Haushalt 1963, zugrunde liegt, für richtig, für falsch, oder wissen Sie es noch nicht genau?

(Beifall und Heiterkeit in der Mitte.)


Hans Merten (SPD):
Rede ID: ID0407511900
Herr Kollege Benda, Sie wissen genau, daß ich im Verteidigungsausschuß zu Beginn der Haushaltsberatungen die Frage an die Bundesregierung gerichtet habe, welche Wehrkonzeption nun eigentlich diesem Haushalt zugrunde liege. Sie wissen ebenfalls, daß die Antwort auf diese Frage mehr als kümmerlich gewesen ist, weil sie ausgerechnet in die Zeit des Ministerwechsels fiel und die armen Generale, die diese Anwort zu geben hatten, ganz offensichtlich in außerordentlicher Bedrängnis waren; wir haben sie dann auch nicht weiter bedrängt. Einen Minister konnten wir nicht fragen, weil es keinen Minister gab, und einen Staatssekretär konnten wir auch nicht fragen, weil er sich damals als in Urlaub befindlich betrachtete. Aus diesem Grunde ist uns nicht klargeworden, welche Wehrkonzeption denn nun eigentlich diesem Haushalt zugrunde liegt. Was wir wissen, ist das, was der Herr Bundesverteidigungsminister später zu diesen Dingen ausgeführt hat. Wir sind mit einem großen Teil seiner Ausführungen einverstanden, nicht aber mit dem einen Satz, daß es eine Änderung der Verteidigungspolitik in der Bundesrepublik nicht gebe. Wir beurteilen das auch völlig anders als Sie und er. Aber mit dem anderen sind wir einverstanden; jedoch müssen Sie zugeben: das waren nur Bruchstücke aus einem sehr großen Gebiet, und es kann einer großen Partei nicht zugemutet werden, sich mit einem Teil für das Ganze zufriedenzugeben und davon ihre politische Entscheidung abhängig zu machen. Deshalb enthalten wir uns heute der Stimme.
Zu dem, was der Herr Bundesverteidigungsminister ausgeführt hat, möchte ich nur einiges wenige hinzufügen.
Herr Minister von Hassel, ich bin etwas enttäuscht über das, was Sie zur Frage des Organisationsgesetzes ausgeführt haben. Wenn ich richtig verstanden habe, sind Sie der Meinung, daß die Zeit zur Vorlage dieses Gesetzes noch nicht reif sei.
Ich darf Sie an .den Brief erinnern, den der Herr Vorsitzende der Verteidigungsausschusses am 5. April an Sie geschrieben hat und mit dessen Inhalt auch ich voll und ganz übereinstimme. Ich möchte Sie bitten, ,die Forderungen und die Wünsche, die in diesem Brief zum Ausdruck gekommen sind, zu erfüllen, damit, solange es noch kein Gesetz über die Organisation und Spitzengliederung der Streitkräfte gibt, wenigstens einige Änderungen der Organisation und der Spitzengliederung, die Sie inzwischen vorhaben, um Erfahrungen zu sammeln, vorher im Verteidigungsausschuß besprochen werden.
Dieser Wunsch beruht auf einer internen Abmachung, die wir mit Ihren Herren Vorgängern, und zwar mit beiden, getroffen hatten, und ich nehme nach Ihrer ganzen Einstellung gegenüber den parlamentarischen Körperschaften an, daß Sie sich auch an diese Abmachung gebunden fühlen. Ich hoffe, daß es dann gelingt, vielleicht etwas eher, als Sie heute noch glauben, zu einer gesetzlichen Regelung .dieser Frage zu kommen. Wir sind völlig damit einverstanden, daß' erst Erfahrungen gesammelt werden. Aber inzwischen ist eine sehr lange Zeit verstrichen. Auch die von Ihnen erwähnten Fälle des Manövers im vorigen Jahr und der KubaKrise liegen doch schon viele Monate zurück, so daß man daraus .die nötigen Folgerungen ziehen könnte. Uns Sozialdemokraten wäre es lieb, wenn es noch in diesem Bundestag zu einer Verabschiedung eines Gesetzes über ,die Organisation und Spitzengliederung käme.
Als weiteres Thema möchte ich hier die Stellung der Technik innerhalb der Bundeswehr behandeln. Wir haben in diesem Haushalt erstmalig die Stelle
3586 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Donnerstag-, den 9. Mai 1963
Merten

(bisher der Fall ist. Wenn ich mir die Rolle der Techniker graphisch darstelle, muß ich feststellen, daß sie im Jahre 1913 hinsichtlich der Generalsstellen wesentlich stärker gewesen ist als heute, und das hat wieder einen unheilvollen Einfluß auf den Nachwuchs auf diesem Gebiet, von dem wir ja wissen, daß er zahlenmäßig sehr zu wünschen übrigläßt. Auch ,da könnte viel getan werden, wenn die Laufbahn Ich möchte sehr empfehlen, der Rede große Aufmerksamkeit zu schenken, die der General Foertsch am 29. November 1962 auf einer Kommandeurbesprechung in Hannover zur Frage der Bewältigung der Technik in der Bundeswehr gehalten hat. Dort ist in einer umfassenden Weise der Versuch gemacht worden, die Bedeutung des Menschen 'in der Truppe und 'die Bedeutung der Technik in der Truppe in einer vernünftigen Art nebeneinanderzustellen. Das Fazit dessen, was der General Foertsch damals vor den Kommandeuren ausgeführt hat, ist doch wohl, daß der Soldat als Person voll ausgebildet werden muß, auch auf technischem Gebiet, weil das beste und modernste Material nichts nützt, wenn es nicht von den Soldaten in einer vorbildlichen Art und Weise bedient werden kann. In diesem Zusammenhang denke ich auch an das Geld des Steuerzahlers. Wir wissen, daß schon in Friedenszeiten der durch unsachgemäße Behandlung hervorgerufene Verschleiß des vorhandenen außerordentlich wertvollen Geräts so groß ist, daß er kaum noch verantwortet werden kann. Wir haben uns im Verteidigungsausschuß mit den Vertretern des Ministeriums eingehend über die Verbesserung der Situation der Techniker in der Bundeswehr auf dem militärischen und zivilen Gebiet unterhalten. Dabei sind wir noch nicht zu abschließenden Ergebnissen gekommen. Ich hoffe, daß der Herr Bundesverteidigungsminister oder seine Beamten und Offiziere uns recht bald brauchbare Vorschläge unterbreiten, damit 'der Technik in der Bundeswehr eine bessere Rolle zugewiesen wird, als sie sie heute hat; denn es ist nun einmal so, daß innerhalb der deutschen Streitkräfte nur zwei Siebentel einer Division mit der Waffe in der Hand in den Kampf eingreifen, während 'fünf Siebentel mit der Technik, mit der Logistik und mit anderen für die Truppen notwendigen Dingen zu tun haben. Es muß auch in der Truppe klar sein, daß Verantwortungsfreude und Leistungsfähigkeit bei den Technikern genauso wichtig sind wie beim Truppenoffizier, weil eben der eine ohne den anderen gar nicht auskommen kann. In dieser Richtung haben wir einige gute Ansätze festzustellen. Ich will das Thema hier nicht weiter verbreitern. Ich möchte das nur anmerken, weil wir sehr bald versuchen müssen, hier neue Wege zu gehen. Das Material der Bundeswehr nimmt von Jahr zu Jahr zu. Aber die Menschen, die dieses Material betreuen und erhalten müssen, nehmen von Jahr zu Jahr ab. Das ist eine Entwicklung, die wir nicht länger dulden können. Ich möchte als zweiten Punkt anmerken, Herr Minister, daß es einmal der Überprüfung wert wäre, festzustellen, ob es nicht zweckmäßig ist, schon 'in Friedenszeiten die Logistik der Bundeswehr so zu gliedern, wie es der Kriegsgliederung entspricht, damit nicht gerade in Spannungszeiten eine Umgliederung erfolgen muß, d. h. damit sie nicht gerade dann, wenn die logistische Organisation größte Anforderungen erfüllen muß, nicht arbeitsfähig ist, weil (sie sich in der Umgliederung befindet. Es wären dann noch einige 'technische Einzelheiten zu erwägen — auch darüber können wir im Ausschuß sprechen —: daß in allen Teilstreitkräften dasselbe Depotsystem angewendet wird, das in der NATO eingeführt ist, so daß nicht verschiedene Systeme angewendet werden, die nur zu erhöhten Anforderungen an das Personal und damit auch zu erhöhten Kosten führen müssen. Der Herr Minister ist sehr ausführlich — und ich danke ihm dafür — auf die Frage des Umbaus der Neubauten von U-Booten eingegangen, und ich glaube, auch Herr Kollege Benda hat diese Frage in seiner Rede kurz erwähnt. Herr Minister, ich erinnere mich, daß wir mit einer kleinen Delegation des Verteidigungsausschusses in der HowaldtsWerft in Kiel dieses U-Boot einmal im Holzmodell besichtigt haben und daß uns bei dieser Gelegenheit der berühmte Stahl, von dem jetzt in der Presse die Rede ist, vorgeführt wurde. Es ist uns — den wenigen, die mit diesen Dingen zu tun hatten — damals versichert worden, daß dieser Stahl in jeder Hinsicht geprüft worden sei und für den vorgesehenen Zweck brauchbar sei. Dieser amagnetische Stahl ist keineswegs etwas Neues. Er wurde bereits zu Ende des letzten Krieges öffentlich behandelt, und zwar im Zusammenhang mit magnetischen Torpedos, die von ihrem Opfer angezogen wurden. Schon damals hat man sich auf diesem Gebiet betätigt. Nach dem Kriege war bei Kriegsschiffen und bei Handelsschiffen immer wieder von diesem amagnetischen Stahl die Rede. So ganz geheim war die Existenz dieses Stahls nicht. Allerdings war geheim, daß die für die Ostsee bestimmten U-Boote aus diesem Stahl gebaut werden sollten. Ich bedauere es ebenfalls lebhaft, daß es nicht gelungen ist, diese Tatsache, die seit Jahren einigen wenigen Menschen bekannt war, in der Offentlichkeit geheimzuhalten. Wir hoffen, daß eine eingehende Untersuchung stattfindet, so daß wir uns im Verteidigungsausschuß einmal über die Frage der Verantwortung in diesem Punkt unterhalten können. Ich darf hier bloß anmerken, daß entgegen den Meldungen in der Öffentlichkeit der Verteidigungsausschuß als solcher über diese Misere nicht unterrichtet worden ist. Es gibt keinen Bericht darüber außer einem Brief, den Herr Staatssekretär Hopf an den Herrn Vorsitzenden des Merten Verteidigungsausschusses geschrieben hat und der — ich muß das leider sagen — etwas weniger enthält, als in einigen deutschen Zeitungen gestanden hat. Lassen Sie mich nun zu einem Problem kommen, das mir besondere Sorgen bereitet und das auch innerhalb der Bundeswehr in der letzten Zeit recht vergiftend gewirkt hat, dem Problem des Wohnungsbaus für die Bundeswehr. Der Herr Minister hat dieses Problem in seinen Ausführungen ebenfalls angesprochen. Er hat gesagt: 125 000 Wohnungen brauchen wir, 70 000 davon haben wir, also werden noch 50bis 55 000 Wohnungen gebraucht. Nun weiß jedermann, daß gerade für junge Berufssoldaten, seien sie nun Unteroffiziere oder Offiziere, die Trennung von der Familie eine außerordentlich mißliche Sache ist. Wir haben im Ausschuß wiederholt den Wunsch geäußert, daß im Rahmen der Planungen der Bundeswehr nicht nur die Kasernen, sondern zur gleichen Zeit auch die Wohnungen an den betreffenden Standorten gebaut werden. Das ist leider nicht in dem Umfang gelungen, den wir immer für notwendig gehalten haben. Ich mache dafür das System des Wohnungsbaus für die Bundeswehr mit verantwortlich. Die Bundeswehr — bzw. der Bund — baut diese Wohnungen nicht selbst, sondern läßt sie durch private Bauträger bauen, die dafür bisher 90 % der Baukosten als Darlehen vom Bund erhalten haben. Nicht an jedem Standort finden sich private Bauträger, die zum Bau dieser Wohnungen bereit sind. Aus diesem Grunde ist auch der Wohnungsbau dem Kasernenbau nicht gefolgt, sondern es hat da außerordentliche Spannungen gegeben. Ich halte dieses System auch deshalb nicht für gut, weil der private Bauherr mit den Mieten, die er von den verheirateten Berufssoldaten bekommt, das Kapital verzinst und zurückzahlt und dann in 20 Jahren frei über dieses Haus verfügen kann. Er ist dann also nicht mehr genötigt, Angehörige der Bundeswehr in diesem Haus unterzubringen; und wir fangen dann wieder von vorn an, Wohnungen für die Bundeswehr zu bauen. Ich hätte es von Anfang an für richtig gehalten, diese Wohnungen genauso zu bauen wie die Wohnungen für die Stationierungsstreitkräfte, nämlich als bundeseigene Dienstwohnungen, wie das auch bei anderen Beamten getan wird. Ich denke dabei z. B. an den Zoll. Dann wären wir. aus diesen Schwierigkeiten heraus, auch aus den Schwierigkeiten, die sich durch die Höhe der Mieten ergeben. Auch hier haben nämlich die Bundeswehrsoldaten berechtigten Grund 'zur Klage. Wir haben zwar ein recht kompliziertes System von Mietbeihilfen eingeführt, einführen müssen, weil die Besatzungswohnungen sehr groß waren — 140 qm — und es einem Unteroffizier also gar nicht möglich war, die Miete für eine solche Wohnung aufzubringen, weil sie ungefähr so hoch war wie sein gesamtes Gehalt, das ihm netto ,ausgezahlt wurde. Dieses System der Mietbeihilfen erfordert einen erheblichen Verwaltungsaufwand, der letzten Endes zu nichts anderem dient als dazu, daß der Bund Geld auf der einen Seite gibt, auf der anderen Seite wieder einnimmt, also quasi von einer Hosentasche in die andere befördert, aber nicht ohne daß er dazu eines gewaltigen Verwaltungsaufwandes bedarf. Wenn das Gesetz über die Mietund Wohnbeihilfen, das augenblicklich dem Hause zur Beratung vorliegt, in Kraft treten sollte, ist die Bundeswehr nicht mehr in der Lage, die bisherigen Mietbeihilfen zu zahlen. Ich möchte jetzt schon die Aufmerksamkeit des Hauses darauf lenken, daß es auch dann noch notwendig sein wind, für die Bediensteten des Bundes eine Sonderregelung zu ermöglichen, weil diese sich nicht des freien Wohnungsmarkts bedienen könen, sondern mehr oder weniger die Wohnungen nehmen müssen, die ihnen der Bund an den einzelnen Standorten zur Verfügung stellen kann. Ich möchte nun aber auch die Bundesregierung auf einen Mißstand aufmerksam machen, der die Wohnungslage noch verschärft. Wir hörten vom Minister, daß noch rund 50 000 Wohnungen gebraucht werden. Für die Vorbereitung des Wohnungsbaus in den Jahren 1964 und 1965 muß das Bundesfinanzministerium heute schon die Bindungsermächtigungen erteilen, damit die Planung vorbereitet, die Grundstücke gekauft und 'die anderen Vorbereitungen getroffen 'werden können. Tatsächlich aber hat das Bundesfinanzministerium seit Oktober 1962 keine Bindungsermächtigungen erteilt. Das bedeutet, daß im Jahre 1963 wesentlich weniger Wohnungen gebaut wenden können, als vorgesehen war, und daß im Jahre 1964 statt der geplanten 12 000 Wohnungen möglicherweise nur 2000 errichtet werden können. Das bedeutet mit anderen Worten, daß besonders die neu für die Bundeswehr verpflichteten Berufssoldaten in absehbarer Zeit nicht mit Wohnungen rechnen können und von ihren Familien getrennt leben müssen mit allen Schwierigkeiten, die das mit sich bringt. Das hat nicht nur Einfluß auf diejenigen, die jetzt schon getrennt leben müssen, sondern auch auf diejenigen, die sich neu verpflichten sollen und wollen. Ich wäre dankbar, wenn innerhalb der Bundesregierung dafür gesorgt würde, daß der Stopp für die Bindungsermächtigungen wenigstens im Rahmen der Bundeswehr möglichst schnell aufgehoben würde. Es geht beim Wohnungsbau für die Bundeswehr um mehr, als daß schlechthin Wohnungen für irgend jemand gebaut werden. Es geht vielmehr einfach 'darum, daß die Bediensteten des Bundes, die oft in Standorte kommen, in denen es kaum die Möglichkeit der freien Wohnungswahl gibt, gleichzeitig auch die Möglichkeit erhalten, ihre Familien in den betreffenden Standorten unterzubringen, weil es ihnen einfach nicht zugemutet werden kann, neben allen anderen Beschwernissen, die der Dienst in der Bundeswehr hat, nun auch noch die Trennung von der Familie auf sich zu nehmen. Die Lücke von acht Monaten, die durch den Stopp der Bindungsermächtigungen entstanden ist, können wir sowieso nicht wieder aufholen. Wir 'kommen also sowieso in Verzug mit diesem Wohnungsbau, insbesondere weil auch die Oberfinanzdirektionen angewiesen worden sind, auch vorbereitende Arbeiten einzustellen. Daher geht der Wohnungsbau für 'die Bundeswehr auf keinem Gebiet weiter, solange diese Sache nicht von der Bundesregierung in Ordnung gebracht worden ist. Ich glaube, daß ich mich da der Unterstützung Merten des Bundesverteidigungsministeriums und vor allen Dingen des Ministers nicht besonders zu versichern brauche. Es ist selbstverständlich, daß er sich für diese Dinge einsetzen wird. Ich hoffe, daß auch das Bundesfinanzministerium, insbesondere der Minister selber, einsieht, daß wir hier einen Sonderfall vor uns haben, bei dem unbedingt, und zwar schnell, geholfen werden muß. Ähnliches gilt für die Familienheimdarlehen, die gegeben werden. Ich will darauf aber, weil es sich um Spezialfragen handelt, wegen des Zeitmangels nicht näher eingehen. Aber angesichts der Tatsache, daß nun sehr viele Berufssoldaten fehlen — die letzten Zahlen, die ich hörte, waren 6000 Offiziere und 20 000 Unteroffiziere —, sollten wir alles tun, um diesen Beruf auch dadurch attraktiv zu machen, daß wir den Soldaten erlauben, mit ihren Familien zusammenzuwohnen. Zum Schluß lassen Sie mich noch auf ein Thema eingehen, das auch vom Minister und von meinem Kollegen Erler hier angedeutet worden ist. Das ist die Frage der Verwendung der Reservisten. Ich hoffe, daß uns das Ministerium und der Minister im Verteidigungsausschuß sehr bald einmal einen Vorschlag machen können, was aus den Reservisten werden soll, deren Zahl heute schon höher ist als die Zahl der aktiven Soldaten. Nur ein kleiner Teil dieser Reservisten wird ja benötigt, um die NATODivisionen auf volle Kriegsstärke zu bringen. Was aber soll mit den anderen werden? Wir haben hier, glaube ich, ein gutes Reservoir für den dringend notwendigen Aufbau der Territorialverteidigung, und wir sollten versuchen, diese Reservisten schon jetzt in Einheiten zusammenzufassen; denn ich befürchte, daß das im Spannungsfall und im Ernstfall kaum noch möglich sein wird. Außerdem würden sich die Angehörigen einer solchen Reserveeinheit vom Kommandeur über den Chef und den Zugführer bis zum letzten Soldaten auch durch die Wehrübungen schon in Friedenszeiten kennenlernen können, und das wäre mir weit wichtiger als die etwas sehr schwache Betreuung der Reservisten, wie sie hier und da von den einzelnen Einheiten und von den Wehrersatzämtern versucht wird, die doch letzten Endes für die militärische Schlagkraft der Reservisten eine sehr geringe Bedeutung hat. Außerdem sind nur 10 % der Reservisten durch diese Betreuung erfaßt. Ich glaube, daß man hier mehr Phantasie und mehr Elastizität nötig hat, um zu einer Verbesserung der Verhältnisse zu kommen. Der Verteidigungsminister hat öffentlich und auch im Ausschuß erklärt, daß er eine Art Pause eintreten lassen wolle, um der inneren Konsolidierung der Bundeswehr den nötigen Raum zu geben. Wir sind dem Minister dankbar für diese Absicht, und wir hoffen, daß diese Pause nun auch genutzt wird, um innerhalb der Bundeswehr und innerhalb der Organisation der Territorialverteidigung zu einer Konsolidierung im Sinne einer Erhöhung der Schlagkraft der Verbände zu kommen. Insbesondere die Territorialverteidigung hat so außerordentlich umfangreiche Verpflichtungen zu erfüllen, daß, glaube ich, ohne ihre Stärkung und ohne ihre Vervollkommnung ein großer Teil der Anstrengungen, die wir auf anderen Gebieten gemacht haben, sinnlos wird. Hier ist also sehr bald eine Ergänzung durch eine Verstärkung der Territorialverteidigung erforderlich. Die kompliziertesten und teuersten Waffensysteme werden zur Wirkungslosigkeit verurteilt sein, wenn wir den einfachen Dingen der Landesverteidigung zuwenig Aufmerksamkeit widmen. Ich habe hier in meinen Ausführungen fast nur solche einfachen Dinge angesprochen. Wir fordern — und ich hoffe, daß Sie da mit mir einig sind — eine Ausgewogenheit der Bundeswehr in bezug auf die Teile, die der NATO unterstellt sind, und auf die Teile, die der nationalen Verantwortung unterliegen. Wir hoffen — das darf ich zum Schluß sagen—, daß eine von der Sache her bestimmte Zusammenarbeit mit dem Verteidigungsminister in Zukunft Platz greifen wird, so, wie sie sich in den Anfängen bereits gezeigt hat. Dann werden wir auch dem Verteidigungsminister einen guten Rat geben dürfen, im besonderen, was seinen Umgang mit Frauen betrifft. Herr Bundesverteidigungsminister, ich meine eine ganz bestimmte Sorte von Frauen, nämlich die Abgeordneten dieses Hauses. Ich hätte Ihnen einen anderen Weg empfohlen, um diese Frauen von dem, was Sie vorhaben, zu überzeugen. Wenn wir mal Zeit haben, reden wir vielleicht darüber. Immerhin ist es anzuerkennen und das möchte ich lobend erwähnen —, daß auch hier der Herr Bundesverteidigungsminister versucht hat, einen neuen Weg zu gehen, wenn dieser Weg auch nicht gleich zum Erfolg geführt und in der Öffentlichkeit scharfe Kritik hervorgerufen hat. Das Anliegen, um das es ihm dabei ging, war ja nun wirklich sehr berechtigt. Wir werden uns im Hause sicher noch damit beschäftigen müssen, wie diesem Anliegen Rechnung getragen werden kann. In der Hoffnung auf eine sachliche Zusammenarbeit, Herr Minister, werden wir Ihren Haushalt nicht ablehnen, sondern uns der Stimme enthalten. Ich unterbreche hier die Beratung des Einzelplans 14 und bitte um Ihr Einverständnis, daß wir die zurückgestellten Abstimmungen über Einzelplan 31, Ministerium für Atomkernenergie — Wissenschaftliche Forschung, und Einzelplan 36, Zivile Notstandsplanung, noch durchführen. — Ich höre keinen Widerspruch. Wir stimmen dann ab über den Einzelplan 31, Antrag des Ausschusses auf Drucksache 1125. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Gegenprobe! Enthaltungen? — Bei Enthaltung der Fraktion der SPD angenommen. Ich rufe dann den Einzelplan 36 auf. Hier liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 258 *)








(Heiterkeit.)


(Beifall bei der SPD.)

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0407512000
(Abg. Schmitt-Vockenhausen: Geschlossen
abstimmen!)
') Siehe 74. Sitzung Anlage 9



Vizepräsident Dr. Dehler
— Es kann geschlossen abgestimmt werden, Herr Dr. Schäfer?

(Abg. Dr. Schäfer: Einzelpositionen!)

— Also über die Einzelpositionen.
Es muß dann zunächst über die Anträge zu Kap. 36 04, Ziff. 1 des Umdrucks, abgestimmt werden. Wer zustimmt, gebe Zeichen. — Gegenprobe!
— Enthaltungen? — Der Antrag ist abgelehnt.
Ziff. 2: Ich bitte um Zeichen. — Gegenprobe! — Mit der gleichen Mehrheit gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Ziff. 3: Ich bitte um Zeichen. — Gegenprobe! — Ebenfalls abgelehnt.
Ziff. 4: Ich bitte um Zeichen. — Gegenprobe! — Ebenfalls abgelehnt.
Ziff. 5: — Gegenprobe! — Abgelehnt.
Ziff. 6: Ich bitte um Zeichen. — Gegenprobe! — Ebenfalls abgelehnt.
Dann stimmen wir ab über die Anträge zu Kap. 36 05, bei dem es richtig Ziff. 7 und Ziff. 8 heißen muß. Zunächst Ziff. 7 des Umdrucks. Ich bitte um Zeichen. — Gegenprobe! — Abgelehnt.

(Zuruf von der SPD: Die ewigen Neinsager!)

Ziff. 8: Ich bitte um Zeichen. — Gegenprobe! — Ebenfalls abgelehnt.
Wir kommen dann zu dem Änderungsantrag des Herrn Abgeordneten Windelen auf Umdruck 271 (neu) *). Kann geschlossen abgestimmt werden?

(Zuruf: Jawohl!)

— Wer dem Antrag zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Gegenprobe! — Einstimmig angenommen.
Wir kommen dann zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache 1129 unter Berücksichtigung der Änderung des angenommenen Antrags auf Umdruck 271 (neu). Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich unterbreche die Sitzung; sie wird um 14.45 Uhr fortgesetzt.

(Unterbrechung der Sitzung von 13.11 bis 14.47 Uhr.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0407512100
Die Sitzung ist wieder eröffnet.
Wir fahren in der Aussprache über den Einzelplan 14 fort. Das Wort hat der Abgeordnete Kreitmeyer.

Reinhold Kreitmeyer (FDP):
Rede ID: ID0407512200
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und meine Herren! Ich finde es außerordentlich wohltuend, daß wir bei der Beratung des Einzelplans 14 in der zweiten Lesung des Haushalts 1963 in einer so übereinstimmenden Atmosphäre bisher verfahren sind, und ich darf auch
*) Siehe Anlage 2 für meine Partei besonders begrüßen, daß es diesmal keine ablehnende Stimme zum Einzelplan 14 geben wird.
Wenn nun noch Bedenken bestehen, grundsätzlich zuzustimmen, dann sind diese wohl eher zeitbedingt als grundsatzbedingt, und ich würde meinen, daß es nach den Begründungen, die uns der Herr Kollege Merten gegeben hat, wohl nicht mehr notwendig ist, die Frage zu wiederholen, welche Verteidigungskonzeption nun eigentlich gemeint sei.. Denn ich möchte bei dieser Gelegenheit gleich versuchen, im Namen meiner Partei eine Ergänzung zu den Ausführungen des Kollegen Erler zu machen, die ja nicht nur in ihren ersten zwanzig Minuten, sondern auch insgesamt vom Bundesverteidigungsminister gutgeheißen wurden. Diese Ergänzung fällt allerdings, Herr Bundesverteidigungsminister, unter die Rubrik „Nuancen".
Ich bitte es also nicht als Korrektur aufzufassen, Herr Kollege Erler, wenn ich betone, daß der Wandel in der Abschreckungsdoktrin mit dadurch eingetreten ist, daß unser größter Partner zu der Erkenntnis gekommen ist, auch die taktische Atomwaffe könne in einer sehr gefährlich kurzen Spirale zur großen atomaren Auseinandersetzung führen, und daß wir uns in ihrem Schutz nicht mehr in Sicherheit wiegen dürfen, wie wir es bis 1957 taten.

(Abg. Erler: Sehr richtig!)

Diese kleine Nuance, Herr Bundesverteidigungsminister, ist es nun andererseits, die uns zu Überlegungen zwingen muß, die viel weiter sind, als wir es bisher voreinander haben wahrhaben wollen. Diese Tatsache gibt nämlich der Forderung nach mehr konventioneller Kraft erst den entscheidenden Rückhalt — und nicht nur den Rückhalt, sondern diese Erkenntnis, daß die taktische atomare Waffe nicht in der Lage ist, fehlende konventionelle Kraft zu ersetzen, muß nunmehr unsererseits in die Verpflichtung umgewandelt werden — und jetzt kommt die entscheidende Frage —, im Rahmen der vorhandenen Mittel und Möglichkeiten uns jetzt darum zu bemühen, diese Fragen zu lösen, ohne die soziale Sicherheit zu gefährden, ohne andererseits die politischen Verpflichtungen hintanzustellen. Denn es gibt neben der militärischen und neben der sozialen Sicherheit auch ein politisches Sicherheitsdenken, das auf einer ganz anderen Basis beruht, des do ut des ; das spielt bis in die Aufgaben der Entwicklungshilfe hinein.
Da erhebt sich nun als nächste Folge wiederum eine leidige Frage, die nach meinem Dafürhalten ebenfalls zu den Nuancen gehört. Es ist die zweite Nuance, die ich hier nur kurz ansprechen will. Das ist die Frage: Für welches Kriegsbild rüsten wir eigentlich? Diese Frage ist etwa zur gleichen Zeit, als die bisherige Doktrin ins Wanken kam, ebenfalls beantwortet worden. Es ist ja kein geringerer als der derzeitige Chef der Vereinigten Stabschefs Nordamerikas, der diese Frage als erster aufgeworfen, kritisch untersucht und beantwortet hat und nunmehr, zurückgerufen, vor die Aufgabe gestellt worden ist, die entsprechenden Konsequenzen auch hier in Europa mit verwirklichen zu helfen.



Kreitmeyer
Wenn Sie vorhin in netter, wohlwollender und etwas scherzhafter Weise darauf angesprochen wurden, Herr Bundesverteidigungsminister, wie Sie den Damen dieses Hohen Hauses nun das beibringen wollten, was von Ihrer Seite aus jetzt von unseren Frauen insgesamt im Volke als Beitrag erwartet wird, dann kann ich mir vorstellen, daß wir uns bisher in der Frage des Offenbarens, des Klarmachens eines wirklich vertretbaren möglichen Kriegsbildes einer außerordentlichen Zurückhaltung befleißigt haben. Ich will das Wort Geheimhaltung nicht gebrauchen; aber wir haben doch sehr geheimnisvoll darum getan. In Wirklichkeit ist das eine Sache, die allmählich jeder Bürger, jede Bürgerin unseres Landes kennen und begriffen haben sollte. Darin, Herr Kollege Erler und Herr Kollege Wehner, sehe ich den ganz besonderen positiven Aspekt, daß wir heute von Ihnen noch eine Enthaltung bekommen, morgen vielleicht schon eine Zustimmung zum Verteidigungshaushalt bekommen werden. Denn ich glaube, das ist dann ja die große Frage, daß es in der Landesverteidigung überhaupt keine Parteipolitik mehr gibt, wenn wir hier auf breiter Grundlage in aller Wahrhaftigkeit und Sauberkeit, ohne uns oder der Öffentlichkeit etwas vorzumachen, vorgehen. Damit wird wohl auch die Rolle, die unsere Frauen in diesem ganzen Geschehen zu spielen haben, etwas deutlicher, einfacher, klarer, vor allem aber verständlicher.
Denn die schmerzhafte Erkenntnis, die wir doch nun einmal gewinnen müssen, lautet: Was wir im Frieden, unter friedlichen Umständen nicht organisiert und vorbereitet haben, käme dann zu spät, wenn es darauf ankäme. Nun, ich bin nach wie vor mit meinen politischen Freunden der Überzeugung, daß es darauf ankommt, eben diesen Fall von vornherein nicht eintreten zu lassen, und der Gedanke der Abschreckung wird von uns genauso gesehen wie von Ihnen. Er ist aber nur glaubhaft, wenn mit Überzeugung zu erkennen ist, daß tatsächlich die Alternativhandlung dahintersteht, die Fähigkeit und der Wille, sich wirklich zu verteidigen.
Und da, Herr Bundesverteidigungsminister, möchte ich nun kurz eine dritte Nuance ansprechen. Wir haben uns schon gelegentlich im Verteidigungsausschuß darüber ausgesprochen; ich halte es aber für erforderlich, daß wir es auch hier in der breiten Öffentlichkeit tun, da es ebenfalls nichts besonders Geheimnisvolles ist. Es ist die Theorie vom unkalkulierbaren Risiko des Einsatzes der atomaren Waffen. Hier bin ich vielleicht auch mit Ihnen, Herr Kollege Erler, nicht ganz einer Meinung. Denn erstens: die Wirksamkeit dieser Theorie muß angezweifelt werden, solange die erforderlichen Voraussetzungen des zivilen Bevölkerungsschutzes, der zivilen Notstandsplanung, einer ausreichenden Territorialverteidigung und der Bildung einer beträchtlichen Anzahl von Reserveeinheiten nicht gegeben sind. Denn solange das nicht vorhanden ist, glaubt man einfach nicht an diese doch die letzte Reaktion auslösende Handlungsweise.
Auf der anderen Seite — und das ist die Forderung, die das Mehr an konventionellen Waffen unterstützt — steht doch das ganz klare, berechenbare und kalkulierbare Risiko des konventionellen Abschreckungspotentials. Das ist zu sehen. Das bedeutet Engagement aller Bürger und Bürgerinnen unseres Landes. Das bedeutet auch, der sogenannten Theorie von der NATO-Vorwärtsverteidigung wirklich Inhalt zu geben: Verteidigung auch der bundesrepublikanischen Bürger und Bürgerinnen von der Demarkationslinie an.
Das führt mich zu der Überlegung und Frage, Herr Minister, wenn wir diese Forderungen, die durchaus alle im Sinne der NATO-Konzeption stehen, erfüllen wollen: Ist das bisherige System, das wir zur Anwendung gebracht haben, das rationellste, das finanziell tragbarste, das politisch effektivste? Es ist ein System, das bei den Heeresverbänden zu 55 % bei der Marine mit 95% und bei der Luftwaffe bis zu 85 % aus Berufssoldaten und langdienenden Freiwilligen aufgebaut ist. Wir können also schon gar nicht mehr von einem allgemeinen Wehrpflichtheer sprechen. Auf der anderen Seite sind andere Systeme in unserem Volke in der jüngsten Zeit nicht weiter versucht worden. Es ist also jetzt die Frage: Befinden wir uns an einem solchen Punkt der grundsätzlichen Überprüfung? Diese Frage möchte ich mit absoluter Gewißheit bejahen. Diese Überprüfung muß geschehen.
Ich darf die Durchführbarkeit nur ganz kurz begründen. Wenn 267 000 Berufssoldaten, Soldaten auf Zeit und langdienende Freiwillige vorhanden sind und dazu eine große Armee von Verwaltungspersonal — insgesamt 169 000 Mann —, das teilweise wiederum Soldaten ersetzt, dann sollte das keine organisatorische Schwierigkeit mehr sein. Man muß allerdings davon abgehen, die 18 Monate Dienstzeit für alle verbindlich hintereinander zu verlangen. Man muß sich dazu aufraffen, ähnlich anderen Systemen, nur eine kurze Ausbildungszeit am Anfang verbindlich festzulegen und weitere Monate auf die nächsten Lebensjahre, bis zum 50. Lebensjahr zu verteilen. Wenn ich meinen Vorschlag in einem Wort zusammenfassen soll: Von den bisherigen bekannten Systemen wäre dies das System einer Reservistenarmee.
Hier glaube ich ein Problem bestimmt lösen zu können, das nicht gelöst ist und vor dem wir stehen: Die nötigen Techniker und Spezialisten findet man nur, wenn man sie aus den zivilen Berufen in eine militärische Funktion angemessen übernimmt. Das ist nur eine Organisationsfrage, und sie würde uns viel Zeit und Kosten sparen.
Lassen Sie mich zum Schluß noch ein Wort zur Organisationsfrage 'sagen. Herr Minister, alle Übungen — der schwarze, rote, grüne, gelbe Löwe, die Fallex-Übung usw. — beweisen uns eine Tatsache: Eine Spitzengliederung, die im atomaren Zeitalter nicht schon im Frieden den möglichen Konflikten entsprechend organisiert ist, kommt in jedem Falle zu spät. Aus diesem Grunde, meine ich, sollte dies das oberste Leitbild dafür sein. Hier liegt bestimmt kein böser Anschlag böser oder machthungriger Generale vor, sondern hier geht es einzig und allein darum, die zweckmäßigste, rationellste und damit auch abschreckendste Spitzengliederung zu finden, die es uns erlaubt, mit einem möglichst geringen



Kreitmeyer
Reibungsverlust den höchstmöglichen politischen Effekt der Abschreckung zu erzielen.
Ich darf zum Schluß noch ein Anliegen vorbringen, Herr Minister. Ich habe es bereits vor drei Jahren in Anwesenheit Ihres Herrn Vorgängers hier vorgetragen. Es betrifft ausschließlich die Truppe. In einem der vorzüglichen Informationsdienste, die von der Bundeswehr herausgegeben werden, war einmal ein Aufschrei zu verzeichnen. Er lautete etwa so und der Verfasser dürfte Ihnen auch wohlbekannt sein —: Der Geist der Verantwortungsfreude, .der Entschlußfreudigkeit, der Selbständigkeit im Handeln und der Improvisationskunst als System der militärisch notwendigen Aushilfen im Gefecht, dieser Geist wird durch die derzeitige Bürokratie getötet.
Es wäre bitter schade, Herr Minister, wenn es Ihnen nicht gelingen sollte, diesem Zustand ein Ende zu bereiten; dann wären alle unsere redlichen Bemühungen vergeblich gewesen.

(Beifall bei der FDP.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0407512300
Das Wort hat der Abgeordnete Schmitt-Vockenhausen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0407512400
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte hier noch einen Beitrag zu einem in den letzten Jahren etwas zu kurz gekommenen Problem leisten. Es ist Ziel und Aufgabe des Unterhaltssicherungsgesetzes, daß für die Angehörigen in angemessenen Grenzen gesorgt wird. Das Opfer für die Wehrpflichtigen und für die Familie bleibt ohnehin in jedem Fall sehr groß. Nun ist dieses Unterhaltssicherungsgesetz, Herr Minister, seit Jahren überprüfungsbedürftig. Ich weiß, daß Ihr Haus neue Verwaltungsbestimmungen in Aussicht gestellt hat, um einige Härten abzumildern. Aber mir ist jetzt gesagt worden, es sei unsicher, ob .sie in diesem Jahre kämen.
An Hand einiger Beispiele möchte ich Ihnen klarlegen, wie durch die Ableistung des Wehrdienstes junger Menschen den Familien Nachteile erwachsen, die sich bei der Bevölkerung, vor allem bei den Wehrpflichtigen und ihren Familienangehörigen, psychologisch zweifellos ungünstig auswirken müssen.
Zunächst 'muß ich sehr bedauern, daß es keine amtlichen Vordrucke für die Anträge der Wehrpflichtigen und ihre Familienangehörigen gibt. Die Angehörigen haben sehr viele Nachteile 'dadurch, daß sie nicht alle Tatsachen, die für die Beurteilung von Anträgen von Bedeutung sind, kennen. Das hängt nicht zuletzt damit zusammen, daß es — im Unterschied z. B. zu den Vertriebenen — verständlicherweise keine Verbände gibt, die die Wehrpflichtigen oder ihre Familienangehörigen beraten. Es wäre aber gut, wenn das Ministerium den Wehrpflichtigen und ihren Familienangehörigen helfen würde, zu ihrem Recht zu kommen. Es sollte also ein amtlicher Vordruck entwickelt werden, 'in dem die Rechte und die Möglichkeiten klargelegt sind. Ich glaube, das Vertriebenenministerium wind Ihrem
Hause die Erfahrungen, 'die es in dieser Hinsicht beim Lastenausgleich gemacht hat, gerne mitteilen.
Von den ausführenden Behörden und auch von der Bevölkerung wird das Deutsch der Verwaltungsvorschriften beklagt. Es wird darauf hingewiesen, daß viele Vorschriften sehr unklar sind und deshalb zu Entscheidungen führen, die die Gerichte nachher aufheben. Ich weiß z. B., daß in einer bestimmten Sache, in der es um die Hilfe für Familienangehörige in kleinen landwirtschaftlichen Betrieben geht, eine grundsätzliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts Darmstadt vorliegt, gegen die auch die Behörden kein Rechtsmittel eingelegt haben, weil sie diese Entscheidung für richtig halten. Solange die Verwaltungsvorschriften und das Gesetz nicht geändert sind, muß jeder Wehrpflichtige zunächst klagen, um zu seinem Recht zu kommen. Es wäre gut, wenn recht bald Konsequenzen aus solchen Urteilen gezogen würden.
Eine der wichtigsten Fragen ist die der Bedürftigkeitsgrenze; sie liegt für die Eltern bei 400 DM, bei einem Elternteil bei 230 DM. Nun sind es gerade in diesen Jahren sehr viele Kriegerwitwen, deren Söhne ihren Wehrdienst ableisten. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, daß gerade sie auf die Unterstützung durch ihre Söhne angewiesen sind. Mir ist folgender Fall vorgetragen worden. Die Frau hat ein Einkommen von 231,20 DM. Sie können sich denken, daß diese Frau auf den Sohn angewiesen war unid daß diese 1,20 DM, die nun ausgerechnet über den seit 6 Jahren unverändert gebliebenen Richtsatz hinausgehen, kein Äquivalent für den Verdienstausfall sind.
Ein sehr wichtiges Problem ist die Unterstützung von Familienangehörigen beim Bau von Eigenheimen. Während die Eigentumsbildung für alle von der Regierung in zahlreichen Reden gefordert wird, wird sie bei vielen Angehörigen von Wehrpflichtigen gebremst, wenn sie sich bemühen, zu einem Eigenheim zu kommen. In § 7 Abs. 2 des Gesetzes über die Sonderleistungen ist unter Ziffer 6 d zunächst einmal bestimmt, daß die Wehrpflichtigen nur dann unterstützt werden können, wenn sie selbst als Eigentümer eingetragen sind.
Meine Damen und Herren, wer ländliche Verhältnisse kennt, der weiß, daß nur in den wenigsten Fällen rechtlich der Sohn gesichert ist, und daß selbst in den Fällen, in denen die Söhne das Haus mitgebaut haben, weil sie nach der Ableistung des Wehrdienstes heiraten wollen, die formelle Übertragung oder Grundbucheintragung nicht vorgenommen worden ist. Das ist auf dem Lande nun mal so. Sie wissen, die alten Leute sagen: „Wer wird sich vorzeitig ausziehen?! Die Angehörigen der Wehrpflichtigen kommen deshalb leicht in große wirtschaftliche Bedrängnis, weil sie die Zinsen und die Tilgungsraten nicht zahlen können. Die steigenden Baukosten haben ohnehin zu zahlreichen Schwierigkeiten geführt, die mit der Einberufung des Sohnes in manchen Fällen unlösbar werden.
Wenn man bedenkt, daß in den Fällen, in denen auch ohne Eigentumseintragung gezahlt werden kann, 15 % des Nettoeinkommens als Höchstgrenze



Schmitt-Vockenhausen
bestimmt sind, so zeigt sich, daß die Bestimmungen des Gesetzes praktisch gegen die Eigentumsbildung vieler kleiner Leute einen Schlag führen.
Auch die Ausschlußfrist von einem Jahr ist sehr unbillig, gerade weil viele Eltern erst nach Beendigung der Lehrzeit ihres Sohnes den Sprung zum Eigenheim wagen und mit dem Verdienst des jungen Mannes rechnen. Es kommt hinzu, daß diese jungen Menschen, wenn sie wegen der Einberufung über kein Geld verfügen und die Verträge nicht weiterführen können, auch noch die Prämie und die Verwaltungsgebühren der Bausparkasse verlieren. Es muß hier eine Regelung gefunden werden, die diese Nachteile ausgleicht.
Ähnlich sieht es bei den Mieten aus. Bei 4,48 DM Mietzuschuß — ich habe diese Bescheide gesehen, Herr Minister — kann niemand über die Zeit der Wehrpflicht ein Zimmer halten. Wenn ich dann noch daran denke, daß den Eltern, bei denen der Wehrpflichtige nicht zum Unterhalt beigetragen hat — das sind also vor allem Studierende —, überhaupt kein Mietzuschuß gezahlt werden kann, so daß diese Eltern vielmehr in jedem Fall die Miete völlig allein weitertragen müssen, dann finde ich, ist es wirklich an der Zeit, daß Sie dieses Gesetz einmal überprüfen und für eine Verbesserung sorgen.
Ich würde es sehr bedauern, Herr Minister, wenn — wie sich das jetzt in einigen Fällen zugespitzt hat — Menschen ihr Eigentum deshalb verlieren, weil der junge Mann zur Bundeswehr gekommen ist und weil die gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich der Lage und der Existenz der Familien der Wehrpflichtigen nicht ausreichen. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Ihr Haus recht bald mit einer Novelle zu diesem wichtigen Gesetz käme.

(Beifall bei der SPD.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0407512500
Das Wort hat der Abgeordnete Leicht.

Albert Leicht (CDU):
Rede ID: ID0407512600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den vielen Reden, die wir jetzt zum Haushalt des Verteidigungsministeriums gehört haben, könnte der Eindruck entstehen, als ob in diesem Hause in den Fragen, die hier behandelt worden sind, überhaupt keine Gegensätze mehr bestünden, als ob in allen Reihen dieses Hauses ein fröhlicher Einklang vorhanden sei. Dieser Eindruck konnte wohl dadurch entstehen, daß wir uns anläßlich der Beratungen über diesen Etat leider zu wenig über das Geld unterhalten haben. Wenn wir die Frage nach dem Geld stellen und wenn es heißt, an die Kasse zu gehen, werden wahrscheinlich Gegensätze, die zunächst verwischt sind, wieder auftauchen und dann wird auch offenbar werden, daß wir uns in diesem Hause zu den Vorschlägen bekennen oder aber, wenn wir nicht in der Lage sind, uns dazu bekennen, andere Vorschläge machen müssen.
Wie sind die Fakten, was das Geld angeht? — Die Opposition hat gestern durch ihren Sprecher, Herrn Kollegen Schoettle, sagen lassen, daß sie für einen Bundesanteil von 38 % an der Einkommen- und Körperschaftsteuer ist. Wenn wir uns über 38 % statt der geforderten 40,5 % unterhalten, so bedeutet das doch, daß darunter — da ja dann das notwendige Geld nicht zur Verfügung steht — auch dieser Verteidigungshaushalt leiden wird und daß dann auch hier unter Umständen mit Abstrichen zu rechnen ist. Uns ist aber nicht gesagt worden, wo diese Abstriche möglich sind.
Ein weiteres Faktum, meine Damen und Herren, besteht darin, daß sich die Opposition gegen notwendige Erhöhungen im Verteidigungshaushalt einmal schon Ende des Jahres 1962 ausgesprochen hat, als wir notgedrungen 1,1 Milliarden DM nachbewilligen mußten, zum zweiten auch bei diesem Haushalt 1963, als wir — unserer Meinung nach ebenso notgedrungen, ohne daß dagegen andere Vorschläge gemacht werden konnten — den Verteidigungsetat von 17 auf 18,4 Milliarden DM erhöhen mußten.
Immer wieder, meine Damen und Herren, hört man draußen in der Öffentlichkeit Kritik darüber, die oft auch von diesem Hause ausgeht, die Wirtschaftlichkeit und die Sparsamkeit im Bereich dieses Sektors Verteidigung sei doch nicht diejenige, die man eigentlich erwarten müßte. Sicherlich ist einzuräumen, daß manches verbessert und manches sicherlich auch rationalisiert werden kann. Sicher stimmen wir auf allen Seiten dieses Hauses darin überein, daß wir hier laufend überprüfen müssen, wo das geschehen und wie es besser gemacht werden kann. Man muß aber wohl scharf der These widersprechen, daß das Volumen des Verteidigungsetats niedriger gehalten werden kann; das sollte man einmal offen sagen, damit hier nicht Erwartungen geweckt werden, die sicherlich nicht erfüllt werden können, daß nämlich Ersparnisse im Verteidigungshaushalt noch möglich wären.
Die Kernfrage unserer Bekenntnisse, meine Damen und Herren, die wir hier immer ablegen, auch der Bekenntnisse der Opposition, bleibt doch, ob wir hier gemeinsam — auch die Opposition! — den Haushalt des Verteidigungsministeriums in der jetzt vorliegenden Fassung und insbesondere in der jetzt vorliegenden Höhe bejahen. Sicherlich kann man nein sagen; dann müssen wir aber erwarten, daß zu diesem Nein auch die Begründung gegeben, eine konkrete Begründung gegeben wird.
Meiner Meinung nach geht es nicht an, hier, so wie es Herr Kollege Merten heute morgen getan hat, global zu erklären, man glaube, daß 700 Millionen DM, die noch für einen anderen Bereich erforderlich sind, aus dem Verteidigungsetat herausgeschnitten werden könnten, um eben an der anderen Stelle Verwendung zu finden. Auch geht es nicht an, meine Damen und Herren, bei der allgemeinen Aussprache über den Etat zu erklären — Herr Kollege Ritzel hat es gestern getan —, daß ein Abgeordneter der Regierungskoalition einen Betrag von 1,4 Milliarden DM dem Hohen Hause — wenn ich mich recht entsinne, ist es so gesagt worden — „unter die Weste gejubelt" habe. So kann man nicht verfahren, meine Damen und Herren.
Wie ist es dazu gekommen, daß wir gezwungen waren, einmal 1,1 Milliarden DM Ende 1962 nach-zubilligen und jetzt die 1,4 Milliarden DM aufzu-



Leicht
stocken? Sie wissen, daß diese Frage sowohl im Verteidigungsausschuß als auch im Haushaltsausschuß eine große Rolle gespielt hat. Wir haben die Notwendigkeiten erkennen müssen, die aus gewissen Ereignissen vor allem seit dem 13. Aug. 1961 erwuchsen: in der Planung, in der schnelleren Abwicklung bei. der Aufstellung der Bundeswehr, bei ihrer Ausrüstung. Wir haben erkennen müssen, daß wir daraus Konsequenzen zu ziehen haben, und haben im Dezember 1962 zunächst die 1,1 Milliarden DM nachgeschoben. Weiter müssen wir infolge dieser Ereignisse heute noch die Folgerung ziehen, den Etat für 1963 um 1,4 Milliarden DM zu erhöhen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0407512700
Herr Abgeordneter Leicht, sind Sie bereit, eine Zwischenfrage zuzulassen?

Albert Leicht (CDU):
Rede ID: ID0407512800
Bitte.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0407512900
Bitte, Herr Abgeordneter Ritzel!

Heinrich Georg Ritzel (SPD):
Rede ID: ID0407513000
Herr Kollege Leicht, haben Sie dieses Verfahren als korrekt empfunden: Umgehung des Bundesrats und Unterlassung einer Vorlage der Bundesregierung?

Albert Leicht (CDU):
Rede ID: ID0407513100
Herr Kollege Ritzel, ich hätte im Verlauf meiner Ausführungen noch zu dieser Frage Stellung genommen.
) Ihre Fraktion hat im Haushaltsausschuß die Aufstockung um 1,4 Milliarden DM mit der formellen Begründung abgelehnt, es sei kein anständiges Verfahren, unter Umgehung des Bundesrates nun diesen Etat um 1,4 Milliarden DM zu erhöhen.
Nun, wir hatten schon aus Anlaß der Nachbewilligung der 1,1 Milliarden DM im Jahre 1962 gesagt, wir legten Wert auf eine realistische Veranschlagung auch im Verteidigungssektor, und wir hatten damals — das wissen Sie noch — sehr stark kritisiert, daß man es im Jahre 1962 trotz besserer Kenntnis auf seiten der Regierung nicht getan habe. Wir, hatten anläßlich auch dieser Beratungen schon erklärt, wir erwarteten von der Regierung, daß im Jahre 1963 der Entwurf, der bereits damals vorlag, überarbeitet und daß er nun realistisch gestaltet werde.
Der Herr Bundesfinanzminister — ich muß mich auf ihn beziehen, damit ich Sie nicht allzu lange aufhalte — hat gestern erklärt, warum die Bundesregierung nicht in der Lage war, einen Ergänzungshaushalt vorzulegen. So blieb uns einfach nichts anderes übrig, Herr Kollege Ritzel, als auf diesem zwar ungewöhnlichen Weg — das mag Ihnen zugestanden sein —, aber immerhin formell doch gangbaren Weg das Notwendige zu tun, um zu einer realistischen Veranschlagung im Verteidigungshaushalt zu kommen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0407513200
Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage? — Bitte, Herr Abgeordneter Ritzel.

Heinrich Georg Ritzel (SPD):
Rede ID: ID0407513300
Darf ich Sie fragen, Herr Kollege Leicht, ob Sie, 'bevor Sie hier als Fraktion der CDU/ CSU .den Lückenbüßer für die Unterlassung der Regierung machten, nicht die Möglichkeit vor Augen hatten, der Regierung zu empfehlen, ohne einen Nachtragshaushalt einfach eine eigene Vorlage einzubringen und damit 'die Verantwortung zu übernehmen, die in dieser Frage auch nach dem Grundsatz der Teilung der Gewalten bei der Regierung und nicht beim Parlament zu liegen hatte?
Da ich gerade das Wort habe, darf ich Sie in bezug auf Ihre vorhin 'geäußerte Kritik wegen des Inhalts des Verteidigungshaushalts fragen: Glauben Sie, daß Ihr Parteikollege, Herr Ministerpräsident Meyers, seine Behauptungen, die mit den unseren übereinstimmen, aus der hohlen Hand ohne jede Grundlage aufgestellt hat?

Albert Leicht (CDU):
Rede ID: ID0407513400
Ich habe auch vom Herrn Ministerpräsidenten Meyers noch keine Begründung gehört, Herr Kollege Ritzel, genauso wenig wie von Ihnen. Aber ich werde gleich zu dieser Frage und 'zu der Kritik, ,die von seiten .der Länder kommt, noch ein. Wort sagen.
Im übrigen habe ich erklärt, daß es aus den vom Herrn Finanzminister dargelegten Gründen nicht möglich war, noch einen Ergänzungshaushalt vorzulegen. Andererseits haben wir als Mitglieder des Haushaltsausschusses uns die sogenannten Nachschiebelisten verbeten. Es blieb somit gar kein anderer Weg übrig, um zu einer realistischen Veranschlagung zu kommen, als !der, den wir dann leider gehen mußten.

(Abg. Dr. Vogel: Außerdem ist das unser gutes Rocht!)

— Ich habe schon gesagt: das ist formell nicht zu beanstanden.
Man mußte zu der Überzeugung kommen, daß diese realistische Veranschlagung in Höhe von 18,4 Milliarden DM notwendig war. Sicherlich werden Sie, Herr Kollege Ritzel, das auch zugeben müssen, wenn Sie sehen, daß .die fortdauernden Ausgaben von 6,5 Milliarden im Jahre 1962 in diesem Sektor auf eine Größenordnung von nunmehr 8,4 Milliarden DM im Jahre 1963 gestiegen sind, und wenn Sie sich dann überlegen, was da noch für Ausstattung, Ausrüstung und Beschaffung bleibt, also für Dinge, die erst die Schlagkraft einer Truppe ausmachen.
In diesem Zusammenhang darf ich noch auf folgendes hinweisen. Die Infrastrukturprogramme sind uns bekannt. Sie werden uns zum Teil vorgeschrieben. Daß die Abwicklung auf Grund der Ereignisse, von denen wir alle Kenntnis 'haben, beschleunigt werden muß, ist uns heute schon dargestellt worden. Wir wissen aber auch, daß ein Großteil des Volumens in diesem Verteidigungshaushalt sich aus sogenannten Beschaffungstiteln zusammensetzt. Die Aufstockung im Betrag von 1,4 Milliarden DM liegt zum größten Teil, nämlich in einer Größenordnung von über 800 Millionen DM, in diesem Bereich der Beschaffungsprogramme, und das sind Beschaffungsprogramme, die wir schon vor langer, langer Zeit im Verteidigungsausschuß festgelegt haben. Daraus



Leicht
ist zu erkennen, daß die Notwendigkeit, diese Dinge realistisch zu veranschlagen, einfach nicht zu umgehen ist.
Ich möchte auch auf Grund der Vorgänge sowohl um die überplanmäßigen Ausgaben im Jahre 1962 als auch auf Grund der Vorgänge um die Erhöhung des Haushalts in diesem Gesetzgebungsverfahren darauf hinweisen, daß man daraus lernen kann und muß, wie notwendig eine langfristige Planung im Verteidigungsbereich ist. Hierauf haben heute morgen der Herr Verteidigungsminister und, wenn ich mich recht entsinne, auch Herr Kollege Erler hingewiesen. Auf Anforderung des Haushaltsausschusses hat der Bundesrechnungshof z. B. zu dem Schiffbauprogramm ein Gutachten erstattet. Er ist zu ähnlichen Ergebnissen gekommen, wie das heute morgen vorgetragen worden ist: daß es auch im Interesse der Wirtschaftlichkeit und der Sparsamkeit notwendig ist, eine langfristige Planung aufzustellen. Gewisse Vorgänge in den USA — ich erinnere hier an Skybolt — lassen uns davon überzeugt sein, daß es notwendig ist, auch zu modernen Planungsmethoden zu kommen, damit die Lösung der gestellten militärischen Aufgaben vorangetrieben werden kann. Ein kleiner Anfang in diesem Bereich wird in der Tat durch die Errichtung einer Bundesanstalt für mathematische Planungsforschung, die jetzt zum erstenmal im Haushalt erscheint, gemacht.
In den Diskussionen um den Verteidigungshaushalt stößt man häufig auch auf das Argument — es kommt immer wieder —, daß die Bundeswehr bei Bauten und Grundstücksbeschaffungen nicht genügend Rücksicht auf die konjunkturellen Erfordernisse nehme. Der Herr Minister hat heute morgen schon eindrucksvoll mit Zahlen darzustellen versucht, mit welchen Schwierigkeiten man hier zu rechnen hat. Hier ist aber oft auch die Haltung sowohl der Kommunen als auch mancher Dienststellen im Bereich der Länder schuld. Denn oft wird von daher der Betreffende, vor allen Dingen beim Grundstückserwerb, sogar dazu animiert, hohe Preise zu verlangen. Es werden oft Einschränkungen bei_ Grundstückserwerbsvorhaben der Bundeswehr gemacht, z. B. im Lande Hessen, daß nur der freihändige Kauf zugelassen wird, was natürlich dazu beiträgt, daß die Schwierigkeiten, die die Leute haben, wenn sie diese Dinge arrangieren wollen, nicht geringer werden.
Ich darf, bevor ich das Kapitel Bauten, das ich mir kurz anzuschneiden erlaubte, verlasse, in diesem Zusammenhang noch auf folgende Frage eingehen. Wir sollten nicht versäumen, unserer Sorge Ausdruck zu geben — es ist heute morgen, wenn ich mich recht entsinne, schon geschehen —, daß der Knappheit an Haushaltsmitteln die für die Fürsorge für die Soldaten so wesentlichen Programme zum Opfer fallen oder wesentlichen Einschränkungen unterworfen werden. Ich darf hier für meine Freunde feststellen: Wir lassen es uns nicht nehmen, gerade auf diesem Bereich, Fürsorge für die Soldaten, alles zu tun, was nur möglich ist. Andererseits haben wir natürlich auch hier mit Schwierigkeiten zu rechnen. Wenn Sie überlegen, daß von dem finanziellen Bauvolumen — ausgenommen das der NATO-Infrastruktur —, das wir in diesem Haushaltsplan mit 1,5 Milliarden DM haben, fast ein Drittel für den Wohnungsbau, also für die Fürsorge für die Soldaten verwendet wird, können Sie sich auch vorstellen, wie schwierig es ist, hier noch mehr zu tun, wenn wir nicht andere Aufgaben vernachlässigen wollen.
Ich habe noch ein Wort der Kritik anzubringen: wir müssen auch auf den konjunkturellen Ablauf in der Bundesrepublik von seiten der Bundeswehr Rücksicht nehmen. Meinen Freunden und mir scheint es oft so, daß man dort Rücksicht nimmt, wo es nicht allzu notwendig ist. Was will ich damit sagen? Es wird notwendig sein, den einen oder den anderen Bau auch im Bereich der Bundeswehr zurückzustellen. Man sollte aber die Zurückstellung zum Beispiel nicht in ländlichen Gegenden vornehmen, wo konjunkturell kein Schaden entstehen kann, wenn dort weitergebaut wird. Man sollte es aber in den Ballungsräumen tun. Mir scheint, daß hier auf dem Verwaltungswege noch viel zu tun wäre.
Meine Damen und Herren! Ich habe wohl manches kritische Wort gesagt und manche kritische Anmerkung auch zum Verteidigungshaushalt gemacht. Abschließend möchte ich hierzu folgendes klarstellen. Diese Kritik hat keinen negativ zu wertenden Sinn. Sie nimmt vielmehr — das sollte für uns alle zutreffen — in positiver Weise Ansätze auf, die sich schon im Verteidigungsministerium oder aus der Schau der Bundesregierung oder aber aus unserer eigenen Schau ergeben haben. Sie soll die Gedankengänge weiterführen, die in der Diskussion sowohl im Verteidigungsausschuß als auch im Haushaltsausschuß erörtert wurden. Sie soll Anregungen geben, positiv weiterzubauen und hierbei einen Gedanken Wirklichkeit werden lassen, der meiner Meinung nach allen Parteien gemein sein sollte, den Gedanken, daß unsere Verteidigung mit den großen Opfern, die unser Volk hierfür bringt, zur höchsten Wirksamkeit gebracht wird.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0407513500
Das Wort hat der Herr Bundesverteidigungsminister.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0407513600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Hohe Haus hat sich wohl einen Arbeitsplan zurechtgelegt, der zu einem baldmöglichen Abschluß der Beratungen führen soll. Ich darf mich daher auf einige wenige Gesichtspunkte aus der Debatte vom Vormittag beschränken. Ich darf zunächst Herrn Abgeordneten Leicht dafür danken, daß er eine Reihe der Gesichtspunkte, die ich behandeln wollte, bereits vorweg angeführt hat. Ich könnte es wohl nicht besser tun, als es eben geschehen ist.
Ich muß aber noch zu einer Frage, die in der Diskussion nicht nur von einem, sondern von mehreren Sprechern als Vorwurf aufklang, einiges sagen, nämlich zur Sparsamkeit. Ich darf darauf verweisen; daß es zwischen meinem Haus und dem angesehenen Institut Finanzen und Steuern dieserhalb vor einigen Wochen eine Kontroverse gegeben hat, weil



Bundesminister von Hassel
das Institut Finanzen und Steuern eine Reihe von Thesen aufstellte, die auch in der Diskussion hier mehr oder weniger hochgekommen sind. Das Verteidigungsministerium und das Institut Finanzen und Steuern haben zusammengesessen, und es ist eine gemeinsame Erklärung herausgegeben worden, in der wohl sehr deutlich die von dorther geäußerte Kritik nach Kenntnis der Tatsachen als mehr oder weniger gegenstandslos bezeichnet worden ist. Es verdient wohl festgehalten zu werden, daß durch das Kennenlernen der Tatsachen wirklich ein Beweis dafür erbracht werden kann, daß sich das Verteidigungsministerium alle überhaupt nur erdenkliche Mühe gibt, nach den Prinzipien der Sparsamkeit zu arbeiten. Dies gilt nicht erst heute, wo uns der Verteidigungshaushalt mit einem gewissen Druck zu dieser Sparsamkeit zwingt, sondern galt schon von Haus aus, weil wir als Abgeordnete oder Minister sehr genau wissen, was 1 Million DM, 100 Millionen DM oder 1 Milliarde DM bedeuten.
Man könnte darstellen, in welcher Form wir diese Sparsamkeit demonstrieren. Aber es genügt wohl, darauf hinzuweisen, wie sich das sehr kritische Institut nunmehr uns gegenüber geäußert hat. Ich darf aber darauf verweisen, daß bei der Frage nach der Sparsamkeit auch manche andere Betrachtung eine Rolle spielt, die letztlich doch Ausdruck der politischen Auffassungen des Parlaments gewesen ist, beispielsweise daß man jenen Beschaffungen einen gewissen Vorrang gibt, die aus dem Zonenrandgebiet kommen, oder daß man Beschaffungen auch in den sogenannten Bereich des Mittelstandes hineinlenkt. Wenn man es mit den Beschaffungen aus dem Mittelstand oder Zonenrandgebiet ernst nimmt, muß man auch davon ausgehen, daß es vielleicht in der einen oder anderen Form zu einer gewissen Kostensteigerung kommen könnte.
Weitere Kritik, beispielsweise von Herrn Dr. Supf, aber später auch noch einmal vom Abgeordneten Kreitmeyer, bezieht sich auf den ungeheuren Papierkrieg, der in der Bundeswehr herrscht, Papierkrieg bei den Einheiten, also im soldatischen Bereich, genauso aber im Verwaltungsteil. Ich bin dafür dankbar, daß das hier kritisiert worden ist. Aber mir sei gestattet, ein Wort dazu zu sagen.

(Abg. Schmitt-Vockenhausen: Papierkrieg ist doch immer noch die einfachste Form des Krieges!)

— Auf diesen Zwischenruf gibt es einiges zu entgegnen. Wenn es schon Papierkrieg gibt, dann muß man auch wissen, woher er kommt. Er kommt nicht etwa nur von den Soldaten als deren Erfindung,

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

er kommt auch nicht etwa nur von der Verwaltung, sondern, Herr Abgeordneter, er kommt, mit Verlaub zu sagen, auch aus Ihrem eigenen Hohen Hause, dem ich ja nicht angehöre.

(Abg. Ritzel: Wie verteidigen Sie sich da gegen, Herr Minister? — Heiterkeit.)

Meine Damen und Herren, wer verlangt, daß. der Verwaltungsgang vereinfacht wird, damit der Soldat draußen bis hinunter zur Kompanie entlastet wird, der muß sich auch Gedanken darüber machen, woher denn diese Belastung kommt. Ich habe versucht, wenigstens ein paar Punkte einmal zu analysieren. Wenn das Hohe Haus schon Kritik am Verteidigungsressort in allen seinen Gliedern übt, muß es doch wohl Interesse dafür haben, woher diese Komplizierung der Verwaltung kommt.
Ich darf hier einmal auf die Vorschriften verweisen, die beispielsweise allein schon bei der Abwicklung der Unfall- und Schadenersatzfälle, bei Kraftfahrzeugunfällen, bei Havarien, bei Flugunfällen, bei Fischereientschädigungen, bei Manöverschäden, bei Straßenschäden usw. usw. eine Rolle spielen. Ich darf darauf verweisen, .daß in ungezählten Fällen Verwaltungsgerichtsverfahren angeschlossen werden, weil wir uns ja zur allgemeinen Überprüfbarkeit auch unserer Verwaltungsakte bekennen. Durch dieses ganze Gerichtswesen, durch die Arbeit der Verwaltungsgerichte usw. entsteht unendlich viel Verwaltungsarbeit. Ich darf auf die Schwierigkeiten im Beschwerdeverfahren nach der Wehrdienststrafordnung, auf das Disziplinarstrafverfahren, ich darf auch auf die ungezählten Arbeitsgerichtsverfahren verweisen.
Wir haben uns im Bereich des Wehrpflichtgesetzes uneingeschränkt zu Art. 19 des Grundgesetzes bekannt, nach dem jedem, der durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt worden ist, der Rechtsweg eröffnet wird. Da jede Verfügung, jede Anordnung, jede Entscheidung oder jede sonstige Maßnahme als Verwaltungsakt anzusehen ist, die von einer Verwaltungsbehörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts getroffen wird, hat der größte Teil der täglich auf dem Gebiete des Wehrersatzwesens und des übrigen Wehrrechts zu treffenden Entscheidungen diesen Charakter. Infolgedessen wurden z. B. durch den § 32 des Wehrpflichtgesetzes für Rechtsstreitigkeiten bei der Ausführung dieses Gesetzes — die öffentlich-rechtliche Streitigkeiten sind — der Verwaltungsrechtsweg und die Verwaltungsgerichtsordnung für anwendbar erklärt. In der gleichen Weise wurde durch § 59 des Soldatengesetzes für Klagen von Soldaten aus dem Wehrdienstverhältnis der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Ich könnte noch einiges anschließen, möchte aber nur einmal diese paar Punkte nennen, um die Ursachen für diesen ganzen Verwaltungsaufwand aufzuzeigen.
Weiter spielen eine Rolle Fragen der Durchführung des Gesetzes zu Art. 131 des Grundgesetzes, die Umzugskostenregelung, nach der mangels einer ausreichenden Höhe der Pauschalsätze jeweils Zuschüsse gegeben werden, für die Einzelnachweisungen erforderlich sind, die geprüft werden müssen. Ich darf verweisen auf das System der Beihilfen, Unterstützungen und Gehaltsvorschüsse.

(Abg. Schmitt-Vockenhausen: Dürfen wir auf Ihre Unterstützung rechnen, damit das neue Umzugskostenrecht bald kommt?)

— Schauen Sie, Herr Schmitt-Vockenhausen, das ist typisch, daß Sie zunächst einmal über das Umzugskostenrecht sprechen, wo also im jeweiligen Fall dem einzelnen besser geholfen werden soll. Wenn es aber um die großen Prinzipien der Verteidigung



Bundesminister von Hassel
geht, hoffe ich genauso auf Ihre Unterstützung wie etwa in dieser Frage des Umzugskostenrechts.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Schmitt-Vockenhausen: Das war doch billig, daß Sie, wenn wir hier darauf hinweisen, daß das Gesetz nun seit Jahren nicht vorgelegt wird, mit einer so allgemeinen Replik kommen, um von unserem offensichtlich berechtigten Begehren abzulenken!)

— Verehrter Herr Abgeordneter, das ist keine allgemeine Replik.

(Abg. Schmitt-Vockenhausen: Doch!)

Ich glaube, das Hohe Haus hat den Eindruck, daß durch Ihren Diskussionsbeitrag zur Frage etwa der Trennungsentschädigung oder zur Frage der Wohnungsfürsorge oder ,der Frage der Mieten dokumentiert werden soll, daß die Sozialdemokratie sich um den Soldaten und um die sozialen Dinge kümmere und daß Wir das nicht täten. Wenn Sie sich zur Verteidigung bekennen, dürfen Sie sich nicht nur um diese Fragen kümmern, sondern dann müssen Sie sich, scheint mir, um ,den Gesamtkomplex der Verteidigung kümmern.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Deshalb meine ich, man kann nicht hierherkommen und das einzelne bejahen und bei der Kritik dann nur derartige für die Soldaten 'interessante soziale Einzelfälle herausgreifen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0407513700
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0407513800
Bitte schön!

Fritz Erler (SPD):
Rede ID: ID0407513900
Herr Minister, haben Sie schon etwas von Arbeitsteilung gehört, und habe ich mich in meiner Rede mit der Verteidigung im ganzen oder mit den sozialen Sorgen der Soldaten beschäftigt?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0407514000
Herr Abgeordneter Erler, ich habe Ihrer Rede nicht nur mit großem Interesse zugehört. Ich habe sogar gesagt, diese Rede könnte ich gehalten haben. Aber ich glaube, Herr Erler, daß das, was Sie sagen und was Ihre Kollegen sagen, nicht immer synchron ist.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Es ist beispielsweise von Herrn Abgeordneten Kreitmeyer gesagt worden, zur Glaubwürdigkeit, die Sie unbedingt bejahen, gehöre nicht nur konventionelle Bewaffnung, atomare Bewaffnung, sondern gehöre auch das Thema der Notstandsregelung. Mir ist eine Dokumentation zu Gesicht gekommen, Herr Abgeordneter Erler, in der zur Frage Ides Notstandsrechts, der Notstandsregelung, die ein Bestandteil der Verteidigung ist — und darauf habe ich nicht unmittelbar Einfluß, weil es in einem anderen Hause ressortiert — beispielsweise bei den großen Kundgebungen zum 1. Mai von Ihren Freunden zum Teil sehr harte Kritik geübt und ein ganz hartes Nein
zu diesem Teil der glaubwürdigen Abschreckung,
der glaubwürdigen Verteidigung gesagt worden ist.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Wenn Sie aber glauben, daß ich durch diese Zwischenbemerkung aus dem Konzept geraten bin, dann irren Sie sich. Ich könnte jetzt also fortfahren, einmal darzustellen, woher denn .die ganze Komplizierung der Verwaltung in der Bundeswehr, im militärischen Teil, im zivilen Teil kommt. Ich will das nicht hier tun. Aber ich behalte mir vor, es im Ausschuß für Verteidigung einmal darzustellen. Aber eines: Man kann — das gilt den Herren Diskussionsrednern auch von der FDP — die Kompliziertheit der Verwaltung nur kritisieren, wenn man bereit ist, ihre Wurzel zu erkennen und auch im Parlament mitzuhelfen, diese Wurzel, die das Komplizieren gebracht hat, irgendwie zu beschneiden und zu einer neuen Form zu kommen, z. B. dann, Herr Abgeordneter Kreitmeyer, wenn man auch bereit ist, Verantwortung von oben nach unten 2u verlagern. Wenn unten dann jemand einmal eine falsche Entscheidung getroffen hat, dann soll man sich auch vor ihn stellen und nicht gleich ,beim Verteidigungsminister nachfragen, was eigentlich geschehen ist; daß so etwas nicht hätte passieren können, was man aus Vertrauen zu den Männern nach unten in ihre Entscheidung verlegt hat.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0407514100
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0407514200
Bitte sehr!

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0407514300
Bitte, Herr Abgeordneter Kreitmeyer.

Reinhold Kreitmeyer (FDP):
Rede ID: ID0407514400
Herr Bundesverteidigungsminister, darf ich darauf hinweisen, daß wir vom Hohen Haase aus nicht bis in alle letzten Details Änderungsvorschläge machen können, und Sie fragen, ob Sie bereit sind, von Ihrem Hause aus dem Bundestag die entsprechenden Änderungsvorschläge vorzulegen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0407514500
Ich darf noch einmal darauf verweisen, Herr Abgeordneter, wir alle leiden darunter, daß die Kompliziertheit der Verwaltung — und jetzt sage ich — im Ministerium, aber genauso draußen in der eigentlichen Truppe so unerträglich geworden ist, daß wir Wege finden müssen, zu einer Entlastung zu kommen. Und dazu werden Sie von uns Vorschläge bekommen. Meine Bitte geht nur dahin, daß das Hohe Haus dann auch bereit ist, mit uns gemeinsam diese Vorschläge zu diskutieren.

(Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

Die dritte Frage +ist die des Wohnungsbaues. Ich habe versucht, in meiner Antwort heute morgen zu dem Thema der langfristigen Planung darzulegen, daß die Frage des Wohnungsbaues für Soldaten, für Unteroffiziere, für Offiziere oder für die Bediensteten der Bundeswehr von uns ,aus mit großem



Bundesminister von Hassel
Ernst betrachtet werde. Meine Herren von .der SPD, Sie haben Kritik daran geübt — ich bedauere eigentlich, daß der stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Verteidigung, Herr Merten, in seiner Darstellung darauf verwiesen hat —, daß wahrscheinlich 1964 oder 1965 nur 2000 Wohnungen gebaut werden könnten, wenn wir so fortführen wie bis heute. Wir haben zur Zeit — ich wiederhole die Zahlen von heute morgen — 17 000 Wohnungen im Bau oder unmittelbar vor Beginn. Wir haben die Finanzierung sichergestellt mit Hilfe der Überlegungen .aus dem Haushaltsausschuß für weitere 12 000 Wohnungen. Ich glaube, die Opposition kann davon ausgehen, daß auch wir wissen, daß zur Betreuung der Soldaten die Wohnung gehört, und wir sicher genauso wie Sie überlegen, was wir dabei tun können. Ich habe dargelegt, daß wir uns mit dem Finanzministerium und dem Wohnungsbauministerium über ,die Fortsetzung unterhalten. Herr Abgeordneter Merten, ich weiß nicht, ob es für den jungen Menschen, der sich überlegt, ob er sich für einen längeren Zeitraum als Soldat auf Zeit, als Unteroffizier oder Feldwebel verpflichten will, besonders attraktiv wirkt, wenn Sie hier erklären, daß wir, wenn das so weiter ginge, 1964 und 1965 keine Wohnungen mehr hätten.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

Wir sollten uns darum bemühen, den Menschen zu uns zu bekommen, um dann nicht mit solchen Zahlen schwarz in schwarz zu malen und damit vielleicht zu erreichen, daß er sagt: es hat doch keinen Zweck; ich bekomme ja keine Wohnung. Bisher haben wir bewiesen, daß wir den Wohnungsbau fördern. Bisher haben wir uns angestrengt, ihn aufrechtzuerhalten. Bisher besteht kein Grund zu sagen, es ginge nicht weiter.
Ich habe im übrigen versucht, etwas in meinem Gedächnis zu kramen, und einige meiner Mitarbeiter haben mich darauf aufmerksam gemacht. Als das Zweite Wohnungsbaugesetz hier im Parlament behandelt wurde, haben Sie von der Opposition doch erklärt, daß der Soldat wie jeder andere Staatsbürger behandelt werden müsse, in bezug auf den Wohnraum, in bezug auf die Miete. Ich kann mir nicht vorstellen, daß wir die Probleme etwa durch bundeswehreigenen Wohnungsbau hätten erleichtern können. Es handelt sich doch um eine Frage des Geldes, um eine Frage des Geländes, und bundeswehreigener Wohnungsbau hätte auch nicht mehr Geld und mehr Gelände geschaffen. Wir werden — daran ist nicht zu zweifeln — für die Kontinuität im Wohnungsbau sorgen, und ich hoffe, daß uns geeignete Überlegungen und Instrumente dazu dann auch in die Lage versetzen. Ich zweifle nicht daran, daß das geschehen wird.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0407514600
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0407514700
Bitte schön!

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0407514800
Bitte, Herr Abgeordneter Merten.

Hans Merten (SPD):
Rede ID: ID0407514900
Herr Minister, sind Sie in der Lage zu dementieren, daß das Bundesfinanzministerium seit Oktober 1962 keine Bindungsermächtigungen mehr für den Wohnungsbau der Bundeswehr erteilt hat?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0407515000
Die Frage der Ermächtigungen für den Wohnungsbau geht auf das Thema des Jahres 1964. Bisher geht es um das Jahr 1963. Über das Jahr 1964 und die dazu erforderlichen Bindungsermächtigungen sind wir mit dem Bundesfinanzminister im Gespräch, und ich zweifle nach den Erörterungen, die wir gehabt haben, nicht daran, daß der Bundesfinanzminister diese Frage genauso sieht wie der Verteidigungsminister, daß nämlich Bindungsermächtigungen zur Fortsetzung der Programme für 1964 gegeben werden sollen. Wir sind aber heute dabei, den Etat für 1963 zu verabschieden. Ist es nicht richtig, daß man zunächst einmal diesen Etat verabschiedet, dann Bilanz macht und sieht, wo noch Lücken sind, wo noch Fragen sind, die geregelt werden müssen? Ich zweifle nicht daran — angesichts der Haltung des Finanzministers —, Herr Abgeordneter Merten, daß wir dann auch noch zu einer entsprechenden Lösung kommen.

(Abg. Merten: Darf ich noch eine zweite Frage stellen?)

— Bitte sehr.

Hans Merten (SPD):
Rede ID: ID0407515100
Sind Sie nicht auch der Meinung, daß, wenn acht Monate lang die Vorbereitungen für den Wohnungsbau gestoppt werden müssen — und das ist leider wegen mangelnder Bindungsermächtigungen und wegen der Anweisungen an die Oberfinanzdirektionen der Fall —, es sehr schwer sein wird, diesen Zeitverlust wieder aufzuholen, und dadurch ein Engpaß eintreten wird, den ich gerade durch meine Hinweise mit Ihrer Hilfe habe vermeiden wollen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0407515200
Ich weiß nicht, ob man mir hilft, wenn man sagt, wir würden im nächsten oder übernächsten Jahr nur noch 2000 Wohnungen erhalten. Ich halte das nicht für eine Hilfe, sondern im Hinblick auf den jungen Soldaten, den wir bewegen wollen, sich bei uns zu melden, für ein Hindernis, Herr Abgeordneter Merten.

(Abg. Merten: Es ist aber richtig, Herr Minister!)

— Ich wiederhole: Es ist ein Bauüberhang. Im Bau befindlich sind nach dem Stand von Ende Februar rund 15 000 Wohnungen. Wir standen Ende Februar kurz vor dem Baubeginn von 1601 Wohnungen. Verplant sind über 20 000 Wohnungen. Ich glaube, daraus ist zu ersehen, daß es weitergeht und daß jeder davon ausgehen kann, daß wir einen Weg finden. Über diesen Weg brauchen wir uns aber erst zu unterhalten, wenn der Haushalt verabschiedet ist und wenn das Finanzministerium und wir — ich wiederhole es — eine klare Bilanz ziehen können, was in




Bundesminister von Hassel
den nächsten acht oder zwölf Wochen zu geschehen hat.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Das letzte, wozu ich noch etwas sagen wollte, schließt auch an Äußerungen des Herrn Abgeordneten Merten an. Er brachte zum Ausdruck, es sei durch mich gelungen — das ist als ein Lob gedacht —, die Mißverständnisse zu beseitigen, die in unserem Verhältnis zu den Vereinigten Staaten durch meinen Amtsvorgänger entstanden seien. Ich nehme dieses Lob nicht entgegen, denn mir ist von Mißverständnissen zwischen uns und den Amerikanern im Zusammenhang mit der Verteidigungspolitik, mit der Haltung des Verteidigungsministers nichts bekannt. Ich kann aus meiner persönlichen Kenntnis über die Sicht von draußen und von drinnen nur sagen, daß der Herr Amtsvorgänger sich unablässig um die Festigung der Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten, Deutschland und Europa bemüht hat.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Insofern meine ich, daß es eines derartigen Hinweises nicht bedarf.
Ich habe heute morgen darzustellen versucht, daß die Konzeption der Bundesregierung, die Konzeption der NATO sich in nichts geändert hat, daß zwar das Konzept in diesem oder jenem Punkt weiterentwickelt wird — das ist selbstverständlich —, daß aber, wie gesagt, das Konzept der Bundesregierung sich nicht geändert hat. Ich stelle das nur fest, nachdem der Herr Kollege Erler in seiner Rede erklärt 1) hat, daß zwischen uns keine Diskrepanz zu sein scheine. Ich darf daraus wohl die Schlußfolgerung ableiten, daß die Konzeption, nach der wir bisher die Grundlagen der Verteidigungspolitik aufgebaut haben, richtig gewesen ist. Mir scheint, daß das die heutige Diskussion ergeben hat.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0407515300
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Anträge zum Einzelplan 14 liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan 14. Ich bitte diejenigen Damen und Herren, die dem Einzelplan 14 zustimmen wollen, um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen?

(Zurufe von der CDU/CSU: Aha!)

Bei zahlreichen Enthaltungen und einigen NeinStimmen ist der Einzelplan 14 in zweiter Beratung angenommen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Wer hat dagegen gestimmt? — Abg. Erler: Ja, Sie sind eine Einheitspartei! — Gegenrufe von der CDU/ CSU.)

Ich rufe auf: Einzelplan 12
Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen IV/ 1111, zu IV/ 1111).
Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? — Das Wort hat der Abgeordnete Ritzel.

Heinrich Georg Ritzel (SPD):
Rede ID: ID0407515400
Erschrecken Sie nicht, meine Damen und Herren! Ich habe eine Korrektur zu dem Bericht mitzuteilen, der Ihnen in der Drucksache zu IV/ 1111 vorliegt. Nach der Drucklegung dieses Berichts hat der Haushaltsausschuß noch einen Beschluß gefaßt, der der Vollständigkeit wegen in den Bericht aufgenommen werden muß. Danach ist der Schriftliche Bericht auf Seite 5 links unten, Buchstabe g), Satz 2 und 3, wie folgt neu zu fassen:
Die Zinsen sollen danach für die Jahre 1961 und 1962 bis auf 4 (statt 5) v. H., höchstens aber um 3 (statt 21/2) v. H. verbilligt werden können. Im Höchstfalle werden für diese Jahre jährlich bis zu 550 000 DM (bisher 450 000 DM) je Unternehmen gewährt.
Ferner habe ich die Verpflichtung, unter Hinweis auf die letzte Seite des vorliegenden Berichtes eine Entschließung vorzutragen, die der Haushaltsausschuß in Übereinstimmung mit dem Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen dem Hohen Haus zur Beschlußfassung vorschlägt. Diese Entschließung ist von Bedeutung. Sie lautet:
Der Bundestag macht die Bundesregierung auf die Notwendigkeit einer weiteren Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Seeschiffahrt und der deutschen Luftfahrt aufmerksam. In Anerkennung der bisherigen Bemühungen der Bundesregierung stellt der Deutsche Bundestag fest, daß der Diskriminierung der deutschen Seeschiffahrt und Luftfahrt durch geeignete Maßnahmen begegnet werden muß.
Der Bundestag bedauert, daß die bisherigen Bemühungen noch keinen ausreichenden Erfolg gezeitigt haben, und er ersucht die Bundesregierung, erneut dafür Sorge zu tragen, daß nicht durch einseitige Maßnahmen des Auslandes, insbesondere durch Maßnahmen von Staaten, denen die Bundesrepublik Hilfe für ihren wirtschaftlichen Aufbau gewährt, die deutsche Seeschiffahrt und Luftfahrt gegenüber der Seeschiffahrt und Luftfahrt anderer Staaten benachteiligt werden.
Die Bundesregierung wird in Lebensfragen der deutschen Seeschiffahrt zudem aufgefordert zu prüfen, ob in Verhandlungen mit anderen Schiffahrt treibenden Ländern ein gemeinsames Vorgehen erreicht werden kann.
Der zweite Absatz lautet:
Darüber hinaus wird die Bundesregierung aufgefordert, vor Zusage von Anleihen; Krediten und etwaigen Bundesbürgschaften an das Ausland in geeigneter Art und Weise dafür Sorge zu tragen, daß berechtigten deutschen Forderungen auf dem Verkehrsgebiet (z. B. Verkehrsrechte für die Deutsche Lufthansa) in weitestmöglichem Umfang entsprochen wird.
Ich darf den Herrn Präsidenten bitten, am Schluß der Beratung dieses Einzelplans über die Entschließung nach dem Antrag der beiden Ausschüsse abstimmen zu lassen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0407515500
Das Wort hat der Abgeordnete Rademacher.




Willy Max Rademacher (FDP):
Rede ID: ID0407515600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es besteht wohl allgemeines Einverständnis, über die Fragen des Verkehrs möglichst kurz zu sprechen. Immerhin, einige Grundsatzfragen müssen angeschnitten werden.
Wenn im Jahre 1962 alle Lastträger des Verkehrs etwa 10 Milliarden DM investiert haben, wenn nach vorsichtigen Schätzungen von 1949 bis heute etwa 80 Milliarden DM investiert worden sind, dann, glaube ich, zeigt das eindrucksvoll die Bedeutung des Verkehrs für die deutsche und gleichzeitig für die internationale Wirtschaft. Es dürfte überraschend sein, wenn man feststellen muß, daß selbst diese gewaltigen Investitionen für Bahn, Straße und Binnenschiffahrt, insbesondere im Zuge der kommenden EWG, zu gering sind und daß leider trotz der schwierigen Haushaltslage in den nächsten Jahren weit höhere Beträge aufgewandt werden müssen.
Zur allgemeinen Bedeutung des Verkehrs darf ich auf ein Beispiel hinweisen: In den Vereinigten Staaten hat vor etwa anderthalb Jahren kein geringerer als Präsident Kennedy zwei Stunden vor dem Kongreß gesprochen, um klarzumachen, welche Bedeutung der Verkehr — Güterverkehr und Personenverkehr — für die ganze Nation hat. Vielleicht dürfen wir annehmen, daß, wenn im Herbst ein anderer Bundeskanzler, der ja aus der Sphäre der Wirtschaft kommt, die Richtlinien der Politik auch hinsichtlich des Verkehrs bestimmt, dieser, Bundeskanzler sich dann ebenfalls aufgeschlossener gegenüber den wichtigen und dringenden Fragen des Verkehrs zeigen wird.
Das wichtigste Ereignis in der Verkehrspolitik sind zweifelsohne die Novellen von 1961 gewesen, nach denen der Bundesverkehrsminister nur noch das Recht hat, über die autonomen Tarife der Verkehrsträger zu entscheiden, wenn sie das Allgemeinwohl verletzen oder wenn es sich um einen unbilligen oder unlauteren Wettbewerb handelt. Ich bin damals bei der Beschlußfassung über diese Novellen nicht zugegen gewesen; sonst hätte ich mich leidenschaftlich gegen diese Formulierung gewandt. Hier kann ich nur sagen: Wo Begriffe fehlen, da stellt zur rechten Zeit ein Wort sich ein. Nunmehr ist der Schwarze Peter im Hause des Bundesverkehrsministers, mit der ungeheuerlich schwierigen Aufgabe, durch Richtlinien zu definieren, was ein Verstoß gegen das Allgemeinwohl ist, was überhaupt unbilliger und unlauterer Wettbewerb ist. Aber das BVM hat es damals auch so gewollt, und wir können nur hoffen, daß diese Richtlinien für die Arbeiten der Verkehrsträger bei der Festsetzung ihrer Tarife so schnell wir möglich das Licht der Welt erblicken.
Meine Damen und Herren! Diese Novellen sollten eine größere Liberalisierung und eine Abkehr vom Dirigismus im Verkehr einleiten. Ich darf aber darauf aufmerksam machen, daß auch die verkehrspolitischen Grundsätze der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft wenigstens bis 1970 von dem Grundsatz ausgehen — auch in dem Aktionsprogramm —, einen geordneten Wettbewerb zu haben. Wir haben ja das merkwürdige Ereignis erlebt, daß ein so angesehener Wirtschaftspolitiker wie Fried
kürzlich sogar davon gesprochen hat, es gehe gar nicht mehr anders, als daß man auch in den Fragen der Produktion und es Handels gewisse Planifikationen einführe. Wenn die Leute des Verkehrs sich gegen eine allzu große Ausweitung der Freiheit im Verkehr wehren, dann einfach aus dem Grunde, weil sie nicht später wegen der Besonderheiten des Verkehrs in die Situation kommen möchten, daß dann erneut und schärfer geplant werden muß, als es heute der Fall ist.
Meine Damen und Herren, ich muß bei diesen Grundsatzausführungen auch auf das Preisgesetz hinweisen. Das Preisgesetz betrifft ja nicht mehr die verschiedenen Verkehrsträger, wohl aber gibt es dazwischen eine Reihe von .sogenannten Dienstleistungsbetrieben — ich muß es in aller Öffentlichkeit hier aussprechen —, für die das Preisgesetz mehr oder weniger brüchig geworden ist. Daher bin ich der Meinung, daß wir uns sehr eingehend überlegen sollten, ob wir auch für diese dazwischenstehenden Gruppen eine Preisautonomie schaffen sollten, wobei ich Ihnen verraten darf, daß der Lieblingswunsch der verladenden Wirtschaft und auch des Wirtschaftsministeriums durchaus erfüllt werden könnte, und zwar in Form von Margentarifen, wie sie in Novellen vorgesehen sind, zu prozedieren.
Den Dienstleistungsbetrieben — übrigens nicht des Verkehrs allein, sondern auch der Hotellerie und ,der Gastronomie — machen die Fragen des Entwurfs des neuen Umsatzsteuergesetzes allergrößte Sorgen. Ich bin der Meinung, wir sollten dem Bundesfinanzminister Dahlgrün dankbar sein, daß er bereit ist, nicht nur im Mai, sondern auch später mit den i einzelnen betroffenen Gruppen noch ausführlich zu verhandeln, um Lösungen zu finden, die erträglich sind.
Abschließend möchte ich in den allgemeinen Ausführungen auf die beabsichtigte europäische Verkehrsintegration hinweisen und auch dem Herrn Bundesverkehrsminister bei dieser Gelegenheit den Dank aussprechen, daß er bei den Verhandlungen in dem Fachministerrat mit aller Kraft danach strebt, daß die Harmonisation genau so gleichberechtigt behandelt wind wie die Integration selbst. Wäre das nicht der Fall, dann würde nämlich gerade der deutsche Verkehr in bezug auf Beneluxhäfen usw. in eine noch schwierigere Lage kommen, als es heute schon der Fall ist.
Kein Verständnis habe ich dafür, daß in diesem Augenblick vom Europäischen Parlament aus ein einzelner, leider deutscher, Abgeordneter die Frage der Unterstützungs- und der Wettbewerbstarife mit mehreren Anfragen aufgegriffen hat. Das ist geradezu eine Provokation der EWG, sich nun mit den Seehafentarifen, die wir nach wie vor zum Schutz der deutschen Häfen und zum Schutz der deutschen Bundesbahn z. B. als reine Wettbewerbstarife ansehen, und mit der Frage zu befassen: Ist das noch ein Unterstützungstarif oder schon ein Wettbewerbstarif?
Wenn ich nun kurz zu den einzelnen Verkehrsdisziplinen, d. h. zu den einzelnen Verkehrsträgern, kommen darf, kann ich erfreulicherweise feststellen, daß erstens einmal die Ansprüche der Deutschen Bundesbahn, die berechtigt sind und die sie aus



Rademacher
Eigenem nicht erarbeiten kann, auch in diesem Haushalt anerkannt werden. Die Frage, ob man nicht die Bundesbahn zur wirklichen Durchführung ihrer Aufgabe, kaufmännisch zu arbeiten, in eine Körperschaft des öffentlichen Rechts umwandeln sollte, wird nicht verstummen und wird meines Erachtens immer wieder auf der Tagesordnung sein.
Ich würde allerdings auch den Herren der Deutschen Bundesbahn empfehlen, mit einigen Argumenten in der Öffentlichkeit sehr vorsichtig zu sein. Ich denke hierbei an die Versorgungslasten, die mit mehr als 50 % beziffert werden und im Vergleich zu der Wirtschaft für einen Betrieb wie die Deutsche Bundesbahn natürlich eine ungeheure Belastung sind. Man 'muß aber nach meiner Ansicht eine Dreiteilung vornehmen. Man muß fragen: Wie sind die Versorgungslasten für Beamte, wie sind sie für Angestellte, und wie sind sie für Arbeiter? Dann kommt man zwar immer noch auf einen höheren Betrag als vergleichsweise 'in der freien Wirtschaft, aber dann sehen die Dinge doch schon wesentlich anders aus.
Ich kann auch in diesem Jahr erfreulicherweise feststellen, daß trotz großer Schwierigkeiten die Deutsche Bundesbahn auf dem Wege der Rationalisierung erfolgreich weitergegangen ist. Es gibt dann noch eine ganze Reihe von Problemen, z. B. die Regelung des Kleingutverkehrs, eines der Hauptgründe für den Verlust der Deutschen Bundesbahn. Man brauchte sich einmal nur folgendes zu überlegen. Wenn bei der Deutschen Bundesbahn, die heute mit 9 Milliarden fremdverschuldet ist, Zinsen und Tilgung wegfielen, wenn der Bund außerdem sein Institut besser mit Kapital ausgestattet hätte, dann würde die Bundesbahn nicht mehr mit Verlust arbeiten, vorausgesetzt, daß die berechtigten Ansprüche an den Bund, wie sie 'im Etat zum Ausdruck kommen, erfüllt werden.
Erfreulicherweise wird die Deutsche Bundesbahn in diesem Jahr eine weitere Möglichkeit zur Verbesserung ihrer Situation haben, und zwar durch das Kreuzungsgesetz, das wir demnächst hier verabschieden. Infolge der berechtigten Aufteilung der Lasten wird die Deutsche Bundesbahn zusätzlich 120 Millionen pro anno bekommen. Ich will nur hoffen, daß der Haushaltsausschuß und vor allem der Bundesfinanzminister bei den Verhandlungen über den Haushalt 1964 nicht die Gelegenheit ergreifen werden, die entsprechenden Zuschüsse — dieses Wort soll man nicht benutzen —, die berechtigten Ausgleichsforderungen der Bundesbahn um diese 120 Millionen DM zu kürzen.
Meine Damen und Herren, ich komme zu einem sehr prekären Punkt, zu der deutschen Luftfahrt. Ich habe sorgfältig in Erwägung gezogen, was Herr Dr. Vogel in seiner Denkschrift über Probleme der Deutschen Lufthansa geschrieben hat. Ich kann Ihnen nur empfehlen, das einmal zu lesen; dais gibt eine sehr gute Aufklärung über die ganze Situation.
Zunächst aber etwas Persönliches! Wir haben in der Öffentlichkeit gehört, daß die Lufthansa einen Generaldirektor haben solle. Dabei hat auch unser Herr Bundesverkehrsminister mit zur Diskussion gestanden. Er hat das dann allerdings kürzlich dementiert. Es besteht ja immer die Gefahr, daß solche Dementis so verstanden werden, als bestätigten sie nur, was dementiert wurde. Aber das sind mehr persönliche Angelegenheiten. Ich wollte nur ganz grundsätzlich sagen, daß ein Generaldirektor bei der Lufthansa meines Erachtens genauso erforderlich ist, wie er bei der Deutschen Bundesbahn erforderlich ist. Ich habe schon immer die Auffassung vertreten, daß auch die Deutsche Bundesbahn einen Generaldirektor statt dines Kollegiums von Vorstandsmitgliedern haben sollte.
Nun kommt das schwierige Thema einer Air Union. Wir haben zur dritten Lesung einen Entschließungsantrag eingebracht, der eigentlich nichts weiter sein sollte als eine Art Initialzündung, damit wir einmal eingehend darüber informiert werden, welche Chancen überhaupt noch dafür bestehen, daß die Air Union eines Tages dais Licht der Welt erblickt. Ich habe inzwischen Informationen bekommen, daß die Dinge doch nicht so schlecht stehen, wie es in der Öffentlichkeit nach Pressemeldungen usw. aussieht. Ich stehe daher nicht an — auch aus allgemeinen außenpolitischen Gründen —, diesen Entschließungsantrag namens meiner Fraktion unter der Voraussetzung zurückzuziehen, daß die Frage in allerkürzester Frist im Ausschuß für Verkehr
— Herr Dr. Bleiß, unter Ihrem Vorsitz — eingehend behandelt Wird und daß wir uns überlegen, was wir tun können, damit die Deutsche Lufthansa bei den innerdeutschen Flügen und bei den europäischen Flügen zum Vorteil des Reisenden — denn er ist immer noch die Hauptsache — leistungsfähiger wird.

(Abg. Fürst von Bismarck: Sehr richtig!)

— Für den Reisenden, Fürst Bismarck, jawohl; ich habe es ausdrücklich betont. Ich danke Ihnen für die Zustimmung.
Damit möchte ich das Thema Luftfahrt, über das man natürlich noch sehr viel sagen könnte, abschließen. Vielleicht sollte ich noch erwähnen, daß es eigentlich höchst ungewöhnlich ist, daß der Vorsitzende des Aufsichtsrates, Herr Dr. Abs, dem Vorstand auferlegt hat, sich nun über Rationalisierung mehr Gedanken als in der Vergangenheit zu machen. Das wird dieses Haus, insbesondere der Haushaltsausschuß, sicherlich sehr gern hören. Ich könnte dazu aus der Praxis eine Menge sagen, weil ich ja mit allen Fluggesellschaften zu tun habe. Ich könnte z. B. darauf hinweisen, daß eine völlige Übersetzung in der Werbung festzustellen ist — das trifft auch für die Lufthansa zu — und daß diese Werbung die Arbeit der Leute in den Betrieben, wo die Buchungen für Fracht und Passage vorgenommen werden, eigentlich nur aufhält.
Nun kurz zum Thema Seeschiffahrt, die Küstenschiffahrt eingeschlossen. Hier geht es bekanntlich um die 80 Millionen DM. Ich möchte meinen Dank dafür aussprechen, daß mit Datum vom 11. April 1962 endlich Richtlinien geschaffen worden sind, die wesentliche Verbesserungen hinsichtlich dieses Ansatzes erbracht haben. Man soll aber nicht glauben, daß mit den 80 Millionen DM und mit diesen Richtlinien die Grundprobleme der deutschen Seeschifffahrt und der Küstenschiffahrt gelöst sind. Diese 80 Millionen DM waren eine Stütze gegen die



Rademacher
schweren Folgen, die aus der 5%igen Aufwertung der D-Mark entstanden sind, die ja, wie Sie wissen, auch die Werften entsprechend treffen. Ich will hier nicht über die Grundsatzfrage sprechen; sicherlich macht man sich Gedanken darüber, ob man die Aufwertung der D-Mark nicht etwas voreilig vorgenommen hat. Sie trifft, wie gesagt, die Seeschiffahrt und die Werften ganz besonders schmerzlich.
Meine Damen und Herren, wir haben auch dazu eine Entschließung eingebracht; leider hat sie in ihrem zweiten Teil nicht die Unterstützung der CDU gefunden. Es geht dabei um drei Punkte, zunächst um den Bau von Eisbrechern. Der letzte Winter hat gezeigt, in welch schwierige Situation wir gekommen sind. Zweitens haben wir das Anliegen, daß im engen Verbund mit den Reedern und mit den Schiffen selbst für eine bessere Aufklärung über die Eissituation und die Wetterverhältnisse gesorgt wird. Als Mittelstück sehen wir den Beitritt zur skandinavischen Eisbrecherkonvention an. Ich weiß nicht, aus welchen Gründen die CDU/CSU diesen Satz herausgestrichen haben wollte. Nachdem wir von den Skandinaviern verschiedene Male aufgefordert worden sind, dieser Konvention beizutreten, sollten wir, glaube ich jedenfalls, diese Forderung und diesen Wunsch an das Bundesverkehrsministerium richten, damit wir im nächsten Jahr nicht wieder in dieselbe Schwierigkeit kommen. Die Behauptung, solche Winter kommen nur alle hundert Jahre vor, ist eine billige Ausrede. Meine Damen und Herren, wer ist in der Lage, das zu bestätigen und das zu beschwören? Wir sollten also schon im nächsten Winter durch den stärkeren Einsatz von Eisbrechern in der Lage sein, ähnliche Schwierigkeiten, wie wir sie gehabt haben, zu verhindern.
Die große Frage, die immer wieder auftaucht, ist: Was ist eigentlich mit der Seeschiffahrt im Rahmen der EWG? Das gleiche gilt für die Luftfahrt. Dazu möchte ich noch folgendes sagen. Ich habe gar nichts dagegen, daß im Rahmen der EWG die Fragen der Seeschiffahrt mitgeregelt werden, allerdings nur unter der Voraussetzung, daß Großbritannien und einige skandinavische Staaten Mitglieder der EWG werden. Dann repräsentieren wir nämlich 42 % der Weltflotte, und mit dieser Macht und mit dieser Kraft sind wir in der Lage, wirklich etwas gegen die Flaggendiskriminierung und auch in bezug auf andere Fragen zu tun.
Der Beschluß des Haushaltsausschusses bezüglich der Seeschiffahrt und auch der Luftfahrt, vom Kollegen Ritzel hier vorgetragen, wird natürlich von uns unterstützt.
Es gibt noch eine Reihe von Eingaben der deutschen Reeder, in denen inbesondere darauf hingewiesen wird — es ist vielleicht doch ganz iriteressant, das noch einmal zu sagen —, daß im Laufe des Jahres 1962 eine Reihe von Reedereien die Zahlungen einstellen mußten. Ich glaube, es waren sieben oder acht mit einer Gesamttonnage von 28 000 t.
Um es noch einmal zu wiederholen: Was die Richtlinien zum Ausgleich der D-Mark-Aufwertung bringen, ist noch nicht das Grundsätzliche. Wir müssen erwarten, daß sich das Bundesverkehrsministerium in dieser Beziehung mit den Reedern unterhält. Denn, meine Damen und Herren, das ist nicht sentimental, sondern es ist eine Realität: Seefahrt ist not, und zwar in doppelter Beziehung, des Wortes und des Begriffes. Ich bitte Sie daher abschließend zu diesem Kapitel, auch die Opposition, in der dritten Lesung den Entschließungsantrag der Koalition anzunehmen.
Meine Damen und Herren, ich komme dann zu einem schwierigen Thema — alle Themen des Verkehrs sind schwierig; das ist nun einmal so —, und zwar zur Frage der Beteiligung des Bundes am Bau des Nord-Süd-Kanals. Ich bin mir vollkommen klar darüber, daß der Antrag, den ich hier zu begründen habe, bei dieser Gelegenheit keine großen Chancen hat, in diesem Hause angenommen zu werden.
Ich müßte dazu endlos lange Ausführungen machen, will mich aber auf wenige Bemerkungen beschränken. Herr Brese hat gestern über die Bürokratie gesprochen, und ich hatte in weiser Voraussicht der Chancen dieses Antrags schon einen weiteren Antrag dahin eingebracht, daß — alternativ, wenn dieser erste Antrag abgelehnt wird — mein Antrag an den Verkehrsausschuß überwiesen werde, in dem dann zu überlegen wäre, ob man für den Nord-Süd-Kanal — nebenbei bemerkt wahrscheinlich auch andere Kanäle, so den Saar-PfalzKanal — einen Leertitel einsetzen kann.
Die Annahme dieses Antrags — ich bestehe also nicht auf Abstimmung; ich will nur die Dinge erläutern — hätte für die Haushaltslage des Bundes im Augenblick und für die nächsten Jahre überhaupt keine Bedeutung. Es möge also niemand kommen und sagen, das Geld sei überhaupt nicht vorhanden. Die Kosten des Objekts werden von neutralen Gutachtern auf 660 Millionen DM geschätzt, die Baudauer auf etwa acht Jahre. Die Freie und Hansestadt Hamburg, für die ich im Augenblick spreche, meine Damen und Herren, ist bekanntlich bereit, sich mit 220 Millionen DM zu beteiligen, nicht in Form von Darlehen, sondern effektiv zu beteiligen. Das bedeutet, daß für die ersten drei, wahrscheinlich sogar vier Jahre die Finanzierung dieses lebenswichtigen Kanals sichergestellt ist, so daß mutmaßlich der Bund erstmalig im Jahre 1968 in Auslage treten muß.
Meine Damen und Herren, wie ist denn die Situation?! Halten Sie sich doch bitte einmal das verkehrsgeographische Bild hier in Mitteleuropa vor Augen! Die Verkehrswege gehen im wesentlichen in Nord-Süd- oder — wenn Sie wollen — in Süd-Nord-Richtung. Jeder potente Hafen in Europa hat einen Binnenwasseranschluß neben der notwendigen Straße, neben der notwendigen Schiene. Benelux hat den Rhein; Emden hat den ausgebauten Dortmund-Ems-Kanal; Bremen mit den Unterweserhäfen hat die kanalisierte Weser. Hamburg hat in dieser Beziehung nichts, aber auch gar nichts. Die Schiffe müssen von dort mit vielen, vielen Kilometern Umweg, mit vielen Schleusen — von den politischen Dingen ganz abgesehen — über die Elbe fahren, und Sie wissen, daß z. B. diese Schleuse, die von der Elbe in den Mittellandkanal führt, nicht



Rademacher
immer intakt ist. Daher ist es wohl wirklich ein berechtigtes Anliegen dieses größten nationalen Hafens, nun endlich auch einmal einen Anschluß zu bekommen. Wir haben übrigens, meine Damen und Herren, im Vierjahresplan für den Binnenwasserstraßenbau einen Vormerktitel für die Nord-SüdVerbindung; das können Sie nachlesen. Alles, was wir wollen, ist diese grundsätzliche Anerkennung, ist, nun einen Leertitel im Haushaltsplan zu erhalten.
Übrigbliebe die Opposition und die Gegnerschaft der Deutschen Bundesbahn.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0407515700
Herr Rademacher, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Willy Max Rademacher (FDP):
Rede ID: ID0407515800
Bitte sehr!

Heinrich Gewandt (CDU):
Rede ID: ID0407515900
Herr Kollege Rademacher, wie sollen wir Ihre Ausführungen verstehen? Wollen Sie den Antrag aufrechterhalten? Sie haben davon gesprochen, Sie mäßen ihm keine besonderen Aussichten zu.

(Abg. Rademacher: Ja!)

— Ist er also noch als gestellt oder als zurückgezogen zu betrachten? Das war unklar.

Willy Max Rademacher (FDP):
Rede ID: ID0407516000
Vielleicht wollte ich erst einmal so ein bißchen physiognomisch die Reaktion des Parlaments abwarten.

(Heiterkeit.)

Aber man muß ja sich selbst gegenüber ehrlich sein. Mir kam es im wesentlichen darauf an, dieses Thema vor diesem Hause zu diskutieren. Also, Herr Gewandt, wenn Sie es vielleicht selber wieder zum Antrag erheben, bin ich damit einverstanden. Wir würden aus verkehrspolitischen Gründen in Hamburg einen guten Eindruck machen.

(Abg. Gewandt: Aber nichts erreichen!)

— Gut, ich erkläre hiermit ausdrücklich: mir genügt die Diskussion und die Tatsache, dem Hohen Hause die Situation klargemacht zu haben. Der Antrag als solcher ist zurückgezogen. Aber Sie werden einen Antrag bekommen, in einem Nachtragshaushalt — der ja todsicher für 1963 kommen wird — diesen Leertitel einzubringen. Dann werden wir noch einmal die Gelegenheit haben, uns in den zuständigen Ausschüssen darüber zu unterhalten. Ich hoffe nur, Herr Gewandt, daß Sie dann Ihre Fraktion dazu bewegen, einen solchen konkreten Antrag auch entsprechend zu unterstützen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0407516100
Herr Abgeordneter, gestatten Sie noch eine Frage? — Bitte sehr.

Dr. Gerhard Fritz (CDU):
Rede ID: ID0407516200
Herr Kollege Rademacher, sind Sie sich darüber im klaren, daß ein solcher Antrag zur Folge haben wird, daß beispielsweise die Pfälzer und die Saarländer einen ähnlichen Antrag im Hinblick auf den SaarPfalz-Kanal stellen müßten, daß die Hessen und die Freunde vom Oberrhein etwas Ähnliches für den Rhein-Main-Donau-Kanal tun 'müßten? Sie wollen hier einen Alleinritt für Hamburg machen, offensichtlich aus rein propagandistischen Zwecken. Dafür ist die zweite Lesung des Haushalts wohl nicht der richtige Platz; denn das verzögert lediglich die Debatte.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0407516300
Eine Zwischenfrage sollte nicht zu einer Rede ausarten.

Willy Max Rademacher (FDP):
Rede ID: ID0407516400
Wahrscheinlich, Herr Präsident, auch nicht zu einer Kritik und zur Verdächtigung, daß man hier in einer lebenswichtigen Frage lediglich aus Propagandagründen spreche.

(Beifall rechts.)

Die Freie und Hansestadt Hamburg wird sich niemals gegen fortschrittliche Projekte wehren. Wenn man also meint, daß der Saarland-Pfalz-Kanal eine Notwendigkeit ist, wären 'wir die letzten, die sich dagegen wenden würden. Aber Sie sind offenbar — jetzt muß ich auch einmal scharf antworten — über den Rhein-Main-Donau-Kanal überhaupt nicht unterrichtet; denn das ist 'eine Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland als Nachfolgerin des Reiches, die ohnehin, ob Sie wollen oder nicht, mit oder ohne Anträge, den Rhein-Main-Donau-Kanal weiter ausbauen muß.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0407516500
Gestatten Sie eine Zwischenfrage? — Bitte.

Dr. Gerhard Stoltenberg (CDU):
Rede ID: ID0407516600
Kollege Rademacher, wenn Sie nun auch schon für den SaarPfalz-Kanal sprechen, würden Sie dann bei dem Nachtragshaushalt dazu übergehen, uns nicht nur einen Leertitel vorzuschlagen, sondern auch Finanzierungsvorschläge zu machen?

Willy Max Rademacher (FDP):
Rede ID: ID0407516700
Das wäre dann wiederum Ihre Aufgabe, erst einmal einen solchen Antrag einzubringen.

(Heiterkeit und Zurufe.)

— Ich weiß nicht, welche Interessen Sie im Augenblick vertreten. Folgen Sie doch dem guten Beispiel der Freien und Hansestadt Hamburg und sagen Sie: „Für das Kanalprojekt, das mich interessiert, ist mein Land bereit, ein Drittel zu finanzieren" ! Erst dann ziehen Sie mit uns gleich.
Lassen Sie mich das Thema beenden und nur noch ein paar Worte zu der Haltung der Deutschen Bundesbahn sagen. Die Deutsche Bundesbahn erklärt: Man kann der Sache mit „Als-ob"-Tarifen begegnen. Ich kann es verstehen, wenn die Deutsche Bundesbahn im Interesse ihres Hauses eine solche Haltung einnimmt. Aber eines scheint man am Platz der Republik in Frankfurt bei der Hauptverwaltung zu vergessen. Große Verkehrspolitik wirkt sich immer so aus — ich bin nicht der Erfinder dieses Gedankens —: mehr Verkehr bringt mehr Verkehr. Ich bin der Überzeugung: wenn dieses Kanalprojekt, also der Nord-Süd-Kanal, vollendet ist, wird die Deutsche Bundesbahn nicht nur kein Kilo verlieren, sondern sie wird, weil dann die großräumigen Schiffe mit 80- und 100 000 t in den Vor-
Deutscher Bundestag e- 4. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. Mai 1963 3603
Rademacher
häfen auf uns zukommen werden, im Gegenteil von diesem Kanal gewaltig profitieren.
Eigentlich sollten nun im Anschluß meine Kollegen Ramms und Eisenmann — der erste über die Binnenschiffahrt, der zweite über den Straßenverkehr und den Straßenbau — sprechen. Wir haben uns geeinigt, davon Abstand zu nehmen. Ich möchte nur auf Wunsch von Herrn Ramss, der ja Fachmann auf dem Gebiet der Binnenschiffahrt ist, auf eines hinweisen. Was nützt uns ein Vierjahresplan — das bezieht sich übrigens auch auf die Straße —, wenn die darin vorgesehenen Posten nicht einmal im Etat verankert sind? Das ist eine Angelegenheit, mit der wir. uns noch einmal eingehend befassen müssen.
Genauso ist noch immer die Frage akut, was mit der Zweckbindung für den Straßenbau geschieht. Ich darf hier einen Appell an den Herrn Bundesfinanzminister richten. Wir wolle nur hoffen, daß, wenn jetzt auf Grund der EWG-Vereinbarungen der Mineralölzoll hält und in die Mineralölsteuer eingearbeitet wird, das nicht gleich eine Gelegenheit für das Finanzministerium ist, einen Schluck aus der Buddel zu tun. Es geht hier nicht darum, daß dieser Betrag zweckgebundeen wird. Aber wir wollen nicht als Folge dieser Umschichtung noch einmal eine Erhöhung haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin außerordentlich dankbar über die Opposition, die ich teilweise sogar von Koalitionsfreunden auf dem Gebiete des Kanalbaus gefunden habe. Opposition belebt die Diskussion. Ich hoffe jedenfalls, daß es ) mir mit der allgemeinen Übersicht, die ich namens meiner Partei gegeben habe, die sich seit 1949 immer sehr stark für Verkehrsfragen interessiert hat, gelungen ist, nicht nur diesem Hohen Hause, sondern vielleicht auch der Offentlichkeit noch einmal in aller Deutlichkeit klarzumachen, welche Bedeutung — um einen Satz, den ich schon gesagt habe, zu wiederholen — der Verkehr national und international nicht nur zum Besten der Verkehrsträger, sondern für die gesamte deutsche verladende Wirtschaft und auch für das reisende Publikum hat.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0407516800
Herr Abgeordneter Rademacher, ich darf also feststellen, daß Ihr Antrag auf Umdruck 264 *) betreffend den Leertitel zum Bau des Nord-Süd-Kanals zurückgezogen ist?

(Abg. Rademacher: Jawohl!)

Das Wort hat jetzt der Herr Abgeordnete Ritzel.

Heinrich Georg Ritzel (SPD):
Rede ID: ID0407516900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zu dem vorliegenden Einzelplan 12 vom Standpunkt der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion aus einige Bemerkungen machen und mich zunächst mit dem Problem der Bundesstraßen befassen. Ich darf das Haus darauf aufmerksam machen, daß im Jahre 1970 der Gemeinsame Markt voll wirksam werden soll und daß auch nach den wiederholten Erklärungen des Herrn Bundes-
*)Siehe Anlage 3
verkehrsministers bis dahin der Anschluß unseres Straßennetzes an das Straßennetz der EWG-Staaten sichergestellt sein muß. Es gibt Anlaß dafür — und das sollte sich der Bundestag rechtzeitig vor Augen führen und entsprechende Beschlüsse fassen —, zu befürchten, daß dieses Ziel nicht erreicht werden kann. Wir hinken im Vergleich zu unseren Planungen in der Praxis nach.
Der Herr Bundesverkehrsminister hat an die Mitglieder des Hohen Hauses am 29. Januar dieses Jahres einen Brief gerichtet, von dem ich einen kleinen Teil verlesen darf. Es heißt darin:
Da schon der auf .8,150 Milliarden abgestellte
1. Vierjahresplan 1959-1962 um mehr als 1,2 Milliarden DM bzw. — nach Fortfall von drei Monaten wegen der Anpassung des Rechnungsjahres 1960 an das Kalenderjahr — um etwa 0,75 Milliarden in seinem auf 33/4 Jahre begrenzten Rahmen gekürzt werden mußte, ist der 2. Vierjahresplan in dieser Höhe bereits von vornherein vorbelastet. An unverbrauchten, aber verplanten Mitteln, die vom 1. auf den
2. Vierjahresplan übergehen, stehen 68 Millionen DM = rund 1 % der im 1. Vierjahresplan zur Verfügung gestellten Mittel noch weiter bereit. Da auch im Rechnungsjahr 1963 die veranschlagte Pauschalsumme von 2,750 Milliarden DM auf Grund der Bestimmungen des § 9 des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1963 haushaltsmäßig nur mit 2 372 Millionen DM gedeckt ist, kann auch das Plansoll des 2. Vierjahresplanes nur dann voll erfüllt werden, wenn es gelingt, den Verlust in geeigneter Weise wieder aufzuholen.
Auf dieser Grundlage und auf Grund früherer Überlegungen hat die sozialdemokratische Fraktion seit Jahr unid Tag die möglichst volle Inanspruchnahme des Ertrags der Mineralölsteuer gefordert. Was wir Ihnen gestern in bezug auf eine stärkere Belastung der Extraordinariums des Bundeshaushalts vorzutragen hatten, beruht mit auf den Überlegungen, mehr Rückenfreiheit in allen diesen Fragen zu gewinnen.
Wir befürchten aber, daß die Mehrheit dieses Hohen Hauses eher bereit ist, eine entgegengesetzte Entwicklung einzuleiten. Es gibt Leute — vielleicht wissen sie mehr als die Abgeordneten, auch die des Haushalts- und Verkehrsausschusses —, die sehr ernsthaft befürchten, daß eine neue generelle Kürzung zum Ausgleich des Haushalts eintreten soll, wenn im übrigen das Latein zu Ende ist, wenn es bei 38 % verbleiben sollte. Eine neue Kürzung genereller Natur würde dann eventuell auch die Mittel für die Straßen erfassen. Da möchte ich Sie, verehrte Kollegen, beizeiten darauf aufmerksam gemacht haben, daß damit eine Verantwortung verbunden ist, die eigentlich niemand tragen kann.
Ich darf Ihnen sagen, daß im Jahre 1961 der Ertrag aus der Kraftfahrzeugsteuer 1678,4 Millionen DM betrug. Die Kraftfahrzeugsteuer wies damit im Vergleich zum Vorjahr eine Steigerung um 13,8 % auf. Der Ertrag an Mineralölsteuer betrug im Jahre 1961 3,036 Milliarden DM, eine Steigerung gegenüber dem Jahre 1960 um 18,5 %, Die beiden Steuerlei-



Ritzel
stungen — Kraftfahrzeugsteuer und Mineralölsteuer
— zusammengenommen zeigen, daß die Kraftfahrer im Jahre 1961 insgesamt 4714,5 Millionen DM entrichteten. Wenn Sie dagegen die Leistungen aus der Mineralölsteuer für den Straßenhaushalt des Bundes vergleichen, kommen Sie zu dem Ergebnis, daß die Dinge so nicht weiter verantwortet werden können.
Aber es kommt noch etwas anderes hinzu. Wir stehen vor einer Entwicklung im Straßenwesen, die meiner Schätzung nach — ich befürchte, daß ich nicht irre — in absehbarer Zeit zu einem Chaos auf den Bundesstraßen und Bundesautobahnen, erst recht in den Gemeindestraßen, in den Straßen der großen und der größeren Städte zu führen vermag. Die Zahl der Unfälle muß sich ständig häufen. Wir hatten im Jahre 1959 im Kraftfahrzeugverkehr 330 156 Unfälle in Ortschaften jeder Größe in der Bundesrepublik zu verzeichnen, demgegenüber auf großen und auch auf kleineren und mittleren Straßen außerhalb der Ortschaften nur 154 000. An sich eine erschreckende Zahl, aber betrachten Sie die Relation!

(Lachen und Zurufe von der CDU/CSU: Nur?!)

— Da ist wirklich nichts zu lachen, meine Herren Kollegen. Wenn Sie an die Toten denken, sollten Sie eher trauern als grinsen.

(Abg. Dr. Vogel: Was soll denn das?)

— Ich meine nicht Sie da vorn, sondern die Herren da hinten.
Wenn Sie diese Überlegungen anstellen, dann
B) kommen Sie zu dem Ergebnis: im Zusammenhang mit der Steigerung der Zahl der Kraftfahrzeuge ist eine Situation gegeben, angesichts derer man es einfach nicht bei den bisherigen Mitteln belassen kann. Wir müssen zu einer Änderung der Verhältnisse kommen. Ich habe nicht die Hoffnung, daß dieses Haus heute die Ansätze für die Straßen wesentlich verbessern wird. Aber ich darf Ihnen doch ein Blatt, das mir vorhin in die Hand kam, im Auszug zur Kenntnis geben:
Auf der Autobahn Frankfurt—Mannheim zählte man im Höhepunktmonat Juli 1962 im Monatsdurchschnitt innerhalb von 24 Stunden 43 800 Fahrzeuge. In Hessen wunden 1961
— nur in Hessen! —814 000 Kraftfahrzeuge registriert; 1962 waren ,es bereits 904 600.
Meine verehrten Damen und Herren, das ist doch eine Situation, die dazu zwingt, Maßnahmen in größerem Umfang zu ergreifen, .als in dem sie bis jetzt getroffen worden sind. Die Frage ist: Wieweit werden die verfügbaren Mittel durch gesteigerte Aufwendungen auf Grund der Frostaufbrüche des vergangenen harten Winters beeinträchtigt? Die Frage ist, ob der Straßenbau in jeder Hinsicht, auch in bezug auf die personellen Voraussetzungen, zur Durchführung der erforderlichen Aufgaben in der Lage ist. Die Kapazität der Straßenbauindustrie, der Straßenbauwirtschaft reicht aus. Aber die Frage ist offen: Sind die personellen Voraussetzungen, besonders bei den Ländern, zur glatten und reibungslosen Durchführung des 2. Vierjahresplanes gegeben? Die weitere Frage: Was geschieht denn nun endlich seitens des Bundes, um den Gemeinden, besonders den Großstädten, die wegen ihrer schon übermäßigen Verschuldung aus eigener Kraft nicht in .der Lage sind, die zweite Verkehrsebene zu schaffen, zu helfen?

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0407517000
Herr Kollege Ritzel, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Heinrich Georg Ritzel (SPD):
Rede ID: ID0407517100
Bitte!

Karl Heinz Lemmrich (CSU):
Rede ID: ID0407517200
Herr Kollege Ritzel, wären Sie bereit, Ihre politischen Freunde zu bitten, wie wir das in Bayern getan haben, den Gemeinden die Kraftfahrzeugsteuer zum Verkehrsausbau zur Verfügung zu stellen?

Heinrich Georg Ritzel (SPD):
Rede ID: ID0407517300
Ich darf Ihnen antworten, verehrter Herr Kollege, daß beispielsweise der sozialdemokratische Finanzminister in Hessen und die sozialdemokratische Regierung in Hessen bereits die Vermögensteuer für die Gemeinden bereitgestellt haben. Was tut der Bund? Wir reden hier vom Standpunkt des Bundes!
Nun einige wenige Bemerkungen zu dem Problem der Bundesbahn. Die Bundesbahn, meine Damen und Herren, die selbstverständlich in reichem Maße und großem Umfang investieren muß, die nicht in der Lage ist, diese Investitionen ,aus eigener Kraft zu leisten, und die auf den Kapitalmarkt angewiesen ist, zeigt heute eine bedenkliche Tendenz. Diese Tendenz sollte meiner Meinung nach Veranlassung sein, auch einmal im Verkehrsausschuß des Deutschen Bundestages, vielleicht in Gestalt eines Hearing, eine nähere Prüfung durchzuführen. Es ist die Tendenz der Einschränkung oder gar der Stillegung von Nebenlinien zugunsten der Hauptverkehrslinien. Es ist die Tendenz eines sich ständig steigernden Ausweichens, einer Verlegung des Verkehrs von der Schiene auf die Straße, und zwar unter Umständen, die zu der Feststellung zwingen, daß die Straßen dieser Steigerung des Verkehrs nicht gewachsen sind.
Eine andere Bemerkung in bezug auf die nichtbundeseigenen Eisenbahnen. Wir haben von Bundes wegen ein Abkommen mit den nicht-bundeseigenen Eisenbahnen getroffen. Wir geben, wenn ich mich recht erinnere, seit 1955 jährlich 10 Millionen DM im Darlehenswege. Nun wird in diesem Haushalt der Betrag auf 7,5 Millionen DM gekürzt. Wir können uns mit dieser Kürzung nur auf Grund der Tatsache abfinden, daß den nicht-bundeseigenen Eisenbahnen noch ein unverbrauchter Rest von nahezu 3 Millionen DM zur Verfügung steht.
Ein Wort zur Lufthansa! Herr Kollege Dr. Vogel hat vor einiger Zeit einen sehr interessanten und, wie ich sagen darf, auch sehr klugen Artikel über die Situation der Lufthansa veröffentlicht. Wenn diese Situation, die vorhin von Herrn Kollegen Rademacher und seiner Seite aus betrachtet worden ist, dazu führen sollte, daß die Lösung der noch offenen Fragen und die Überwindung des Defizits der Lufthansa durch eine Änderung der Struktur



Ritzel
ihrer Verwaltung herbeigeführt wird, muß doch, glaube ich, Herr Rademacher, erst einmal ernsthaft das Problem geprüft werden, ob das System des Generaldirektors den Vorzug gegenüber dem heute bestehenden Kollegialprinzip verdient. Man wird darüber in aller Ruhe in den zuständigen Ausschüssen sprechen müssen.
Aber in diesem Zusammenhang ein Hinweis in bezug auf die Airunion! Wir warten eigentlich seit geraumer Zeit auf ein positives Ergebnis der Air-union. Soweit ich im Bilde bin, liegen nun gewisse Vorschläge vor. Ich möchte die Diskussion heute nicht vertiefen. Aber ich möchte an den Herrn Bundesverkehrsminister die Bitte richten, die vorliegenden Vorschläge im Laufe des Sommers so gründlich zu prüfen, daß das Bundesverkehrsministerium mit Eintritt des Herbstes in der Lage ist, sowohl die in Frage kommenden Ausschüsse — Verkehrsausschuß und Haushaltsausschuß — als auch das Hohe Haus selbst über die Entwicklung auf dem Gebiete der Airunion zu informieren.
Bedauerliche Kürzungen sind auf dem Gebiete der Flugwissenschaften vorgenommen worden. Ich hoffe, daß es möglich ist, das in einem Nachtrag noch zu bereinigen. Es ist hier nicht Ort und Zeit, die Hintergründe und die Auswirkungen einer derartigen Kürzung zu beleuchten. Aber es sind unter anderem auch politisch sehr gewichtige Dinge, die mit einer derartigen Kürzung ausgelöst werden. Der Verband deutscher Reeder ist einer derjenigen, der die Befürchtungen hegt, die vorhin in bezug auf die etwa noch drohende Kürzung genereller Natur des Bundeshaushalts 1963 ausgesprochen worden sind.
Im ganzen gesehen, glaube ich, können wir mit der Entwicklung der Bundesbahn zufrieden sein. Wir könnten noch zufriedener sein, wenn die Bundesbahn endlich restlos von ihren betriebsfremden Lasten entlastet würde. Wir können nicht zufrieden sein mit der Entwicklung der Bereitstellung der erforderlichen Mittel für das Straßenwesen. Ich möchte das Hohe Haus dringend bitten, sich sehr zu überlegen, welche Maßnahmen endlich getroffen werden können, um den Straßen das zu geben, was sie brauchen, worauf unsere Bevölkerung ein Recht hat und was notwendig ist, um zu verhüten, daß die Zahl der Unglücksfälle auf den Bundesstraßen, den Bundesautobahnen und in den Gemeindebereichen noch weiter steigt. So können die Dinge nicht weitergehen. Auf keinen Fall aber ist es möglich, anzunehmen, daß etwa eine Mehrheit des Hauses die für das Straßenwesen bereitgestellten zweckgebundenen Mittel aus den Erträgnissen der Mineralölsteuer noch weiter kürzt, als es bisher der Fall gewesen ist.

(Beifall bei der SPD.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0407517400
Das Wort hat der Abgeordnete Müller-Hermann.

Dr. Ernst Müller-Hermann (CDU):
Rede ID: ID0407517500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur wenige Bemerkungen zum Einzelplan 12 machen.
Im Bereich des Verkehrs haben wir eine Reihe von Fragen, die zur Entscheidung anstehen, aber noch nicht entscheidungsreif sind. Ich erinnere an die Entschließung, die wir bei den letztjährigen Haushaltsberatungen verabschiedet haben, in der wir die Bundesregierung aufforderten, die Verantwortlichkeiten zwischen Bund und Bundesbahn zu klären, die Abnahme der politischen Lasten, der überhöhten Versorgungslasten und die Frage der Fremdverschuldung. Wir haben weiter vor uns die Anpassung des Angebots im Straßenverkehr an das gewachsene Verkehrsbedürfnis. Wir haben, wie schon erwähnt, zu klären eine internationale Regelung der Frage Abmessungen und Gewichte im Straßenverkehr und das sicherlich sehr schwierige Thema der Sonderbesteuerung des Werkfernverkehrs. Ich möchte auf all diese Fragen hier nicht eingehen; darüber wird zu passender Zeit zu sprechen sein.
Ich möchte aber, ehe ich auf einige Schwerpunkte zu sprechen komme, dem Haushaltsausschuß meinen besonderen Dank dafür aussprechen, daß er diesmal ein so großzügiges Verständnis in besonderem Maße für die Belange der Seeschiffahrt gezeigt hat. Der Entschließungsentwurf, der vom Haushaltsausschuß und vom Verkehrsausschuß diesem Hohen Hause gemeinsam vorgelegt worden ist, spricht für das Verständnis, das das Hohe Haus für die speziellen Belange der Küste beweist. Ich darf daran die Bitte anschließen, daß gerade auch bei den Entwicklungshilfen die Interessen der deutschen Seeschiffahrt und der Deutschen Lufthansa angemessen berücksichtigt werden und wir gemeinsam dem speziellen Problem der Flaggendiskriminierung weiterhin unsere ganze Aufmerksamkeit zuwenden.
Ich möchte auch nicht weiter auf das Thema eingehen, was der Binnenschiffahrt an Hilfe angesichts der besonderen Schwierigkeiten gewährt werden kann, die ihr durch die Winterperiode entstanden sind. Ich hoffe, daß wir gemeinsam mit der Bundesregierung und mit dem Haushaltsausschuß in dieser Sache möglichst rasch zu einer Verständigung kommen.
Ich darf die Gelegenheit benutzen, insbesondere der Bundesbahn und ihrem Personal sowie allen Sparten des Kraftverkehrs für die Dienste zu danken, die sie geleistet haben, um die besonderen Schwierigkeiten in der Versorgung während der harten Winterperiode zu meistern.

(Beifall in der Mitte.)

Diese Feststellungen bedeuten keine Verkleinerung der Aufgaben, die auch der deutschen Binnenschifffahrt erwachsen.
Ich will auch nicht weiter auf die Frage der weiteren Entwicklung der Lufthansa eingehen. Wir müssen dankbar feststellen, daß die Deutsche Lufthansa ihre energischen und erfolgreichen Bemühungen fortgesetzt hat, die Preis-Kosten-Schere zu schließen. Es sind sehr beachtliche Erfolge erzielt worden. Wir wissen, daß ebenso wie bei der Bundesbahn auch bei der Deutschen Lufthansa die schwere Last der Fremdverschuldung ein besonderes Problem darstellt, dem wir uns auch in Zukunft widmen müssen.



Müller-Hermann
Nun zu den Schwerpunkten. Hier möchte ich auf das eingehen, wats meine Vorredner behandelt haben, nämlich auf die besonderen Sorgen, die uns die sogenannten Infrastrukturmaßnahmen bereiten und bereiten werden. Sehr geehrter Kollege Rademacher, Sie haben den Antrag auf Einsetzung eines Leertitels für den Nord-Süd-Kanal eingebracht. Es ist bereits erwähnt worden, daß noch andere Projekte anstehen. Ich glaube, wir würden der Sache gar keinen guten Dienst erweisen, wenn wir heute in einer Haushaltsberatung ad hoc zu solchen Dingen Stellung bezögen. Wir sind uns, wie ich glaube, über die Problematik neuer Kanalbauten quer durch alle Reihen völlig im klaren. Alle Interessenten mögen davon überzeugt sein, daß wir in diesem Hohen Hause mit absoluter Sachlichkeit und Neutralität darangehen werden, zu prüfen, inwieweit solche Bauvorhaben unter ökonomischen und auch unter politischen Gesichtspunkten notwendig und zu verantworten sind.

(Zustimmung in der Mitte.)

Daher empfehle ich dringend, von allen Entscheidungen 'im Augenblick Abstand zu nehmen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0407517600
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Ramms?

Dr. Ernst Müller-Hermann (CDU):
Rede ID: ID0407517700
Bitte.

Egon Wilhelm Theodor Ramms (FDP):
Rede ID: ID0407517800
Herr Müller-Hermann, sind Sie nicht der Meinung, daß die Zeit drängt, da sonst
durch die Entwicklung von Europort unter Umständen ,der Umschlag in unseren deutschen Nordseehäfen noch weiter geschmälert werden könnte?

Dr. Ernst Müller-Hermann (CDU):
Rede ID: ID0407517900
Sicher ist es nötig, daß wir möglichst bald zu Entscheidungen kommen. Aber bei dem finanziellen Umfang, den diese Projekte haben, ist eben eine sehr sorgfältige Prüfung zwangsläufig nötig. Wir würden gewissenlos handeln, wenn wir jetzt nicht ausgereifte Entscheidungen träfen.
Nun komme ich zu dem besonderen Problem des Straßenbaus, worüber sowohl von dem Kollegen Rademacher als auch von ,dem Kollegen Ritzel gesprochen worden ist, sowie zu dem Thema der Zweckbindung. Ich mache gar kein Hehl daraus, daß die Zweckbindung ein sehr heißes Eisen ist, über das die Meinungen zumindest in den Reihen meiner eigenen Fraktion etwas auseinandergehen, allerdings nur im Prinzip, nicht aber in der Sache oder in den Zielen, die wir uns gesetzt haben. Herr Kollege Ritzel, wir würden keine Gerechtigkeit üben, wenn wir in unseren Ausführungen ein Bild darstellen, als ob praktisch von seiten des Bundes auf dem Gebiete des Straßenbaues nichts geschehen wäre oder nichts geschehe.

(Abg. Ritzel: Das habe ich nicht gesagt!)

— Das habe ich auch nicht unterstellt, Herr Kollege Ritzel. Wenn wir aber einen Blick auf den Straßenbau über unsere Landesgrenzen hinaus werfen, kann man nur sagen: Hochachtung vor uns selbst, vor dem., was der Bund und sicherlich auch die Länder
und .die Gemeinden auf dem Gebiete des Straßenbaus geleistet haben und zur Zeit leisten!

(Beifall Nun, das hebt natürlich nicht .die Probleme auf, die noch vor uns liegen. Sie haben mit Recht darauf hingewiesen, daß wir mit einem jährlichen Zuwachs von 1 bis 1,2 Millionen Personenkraftwagen rechnen müssen, eine Entwicklung, die wir, ich würde sagen, aus soziologischen, aber auch aus volkswirtschaftlichen Gründen ja nicht bremsen, sondern durchaus fortsetzen wollen. Das erfordert natürlich auch, daß der entsprechende Straßenraum, die entsprechende Straßenkapazität zur Verfügung gestellt wird, und sicherlich gibt es ein ganz besonderes Problem mit den Verkehrsnotständen der Gemeinden. Alber, Herr Kollege Ritzel, wir sollten ganz energisch einen Wall gegen alle Versuche aufrichten, gerade tim Hinblick auf die Verkehrsnotstände der Gemeinden immer nur an den Bund zu appellieren. Sicherlich ist die Lösung dieses Problems eine große Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Gemeinden. Aber ich habe den Eindruck, daß die Länder über das bisherige Maß hinaus noch wesentlich mehr tun könnten, um die Gemeinden bei der Lösung ihrer Verkehrsprobleme zu unterstützen. Nun die Frage der Leistungen des Bundes! Herr Kollege Ritzel, Sie haben mit Recht das Jahr 1970 erwähnt, auf das auch der Bundesverkehrsminister hinweist, indem er sagt: 1970 müssen wir mit unserem Straßenausbau so weit sein, daß wir 'im Wettbewerb der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft bestehen können. Wir haben bereits im vergangenen Jahr und auch in ,diesem Haushaltsjahr Kürzungen im Straßenbau auf uns nehmen müssen. Nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, und jetzt bitte ich gerade auch einmal um Verständnis bei den Kollegen, die sich der Probleme des Verkehrs besonders annehmen: Ichwürde es für engstirnig — entschuldigen Sie — halten, wenn wir bei der Betrachtung der Dinge nur immer den schmalen Sektor sähen, für den wir speziell verantwortlich sind. Wir müssen die Dinge vielmehr 'im Zusammenhang sehen, und auch bei den Aufwendungen, die für Infrastrukturmaßnahmen notwendig sind, dürfen' wir den Gesamthaushalt und seinen Ausgleich nicht außer acht lassen. Deshalb bin ich der Meinung, daß gewisse Kürzungen, gewisse Streckungen, gewisse Zurückstellungen in Kauf genommen werden müssen, daß wir nicht daran vorbeikommen, auch auf dem Gehret der Infrastruktur gewisse Zugeständnisse zu machen. Andererseits werden wir im Interesse der Allgemeinheit an bestimmten festgelegten Zielen unter allen Unständen festhalten. Da darf ich zurückkommen, Herr Kollege Ritzel, auf den zweiten Vierjahresplan, für den wir uns ein Volumen von 13 Milliarden DM zum Ziel gesetzt haben. Ich habe im Gegensatz zu Ihrer Auffassung nicht die pessimistische Erwartung, daß wir dieses Ziel gefährdet sehen müssen, auch wenn in diesem Haushaltsjahr eine auch mir nicht sehr angenehm Müller-Hermann erscheinende Kürzung vorgenommen wird. Ich habe vor mir liegen, übermittelt aus einer Quelle, deren Zahlenangaben sich immer als sehr exakt erwiesen haben, eine Zusammenstellung über die zu erwartenden Mineralölsteuereinnahmen des Bundes für den Zeitraum bis zum Jahre 1966, und zwar auf der Grundlage der Änderungen, die im Laufe dieses Jahres vorgenommen werden müssen, wenn der Mineralölzoll zu einer Mineralölsteuer umgebaut wird und gewisse Präferenzen, die zur Zeit gewährt werden, zwangsläufig abgebaut werden. Danach ergibt sich ungefähr folgendes Bild, Herr Kollege Ritzel. Wir haben zu erwarten, mit umgebautem Mineralölzoll, für die Jahre 1963 bis 1966 — vorsichtig geschätzt — ein Aufkommen von 24,980 Milliarden DM. Davon geht zunächst einmal ein Betrag für die Heizölsteuer ab, der unumstritten für Zwecke des Straßenbaus nicht zur Verfügung gestellt werden kann. Es verbleiben 22,98 Milliarden DM. Davon sind abzuziehen Beihilfen für das deutsche Rohöl im Betrage von schätzungsweise 1,2 Milliarden DM. Danach verbleibt für den Vierjahreszeitraum bis 1966 ein Aufkommen an Mineralölsteuer von 21,7 Milliarden DM. Davon sind abzurechnen die Mittel, die durch das Verkehrsfinanzgesetz und andere gesetzliche Bestimmungen festgelegt sind. Ich denke an die Betriebsbeihilfen für die Landwirtschaft, für den Schienenverkehr, für die gewerbliche Wirtschaft und den Mineralölzollanteil in einer Größenordnung von 1 Milliarde DM pro Jahr ab 1964 im I Durchschnitt der drei Jahre. Ferner soll theoretisch zunächst einmal abgezogen werden ein Sockel von 600 Millionen DM, wie wir ihn bisher gehabt haben. Nach Abzug dieser Beträge bleibt ein Rest von 14,950 Milliarden DM für die Jahre 1963 bis 1966 übrig, der für den Straßenbau zur Verfügung stehen würde. Bei einem angestrebten Volumen von 13 Milliarden DM hätten wir also immerhin noch einen Bewegungsspielraum von 1,9 Milliarden DM, von dem wir allerdings schon jetzt abziehen müssen für das Jahr 1963 die 400 Millionen DM, die bereits abgezweigt sind. (Abg. Ritzel: Und dreiviertel Milliarden nur aus dem ersten Vierjahresplan!)


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Schmidt.)




— Wie weit wir von einem Vierjahresplan zum nächsten verrechnen wollen, müssen wir noch einmal überlegen. Ich möchte mit diesen Zahlen nur deutlich machen, daß wir keinen Anlaß haben, die Dinge zu dramatisieren. Ich würde auch dringend empfehlen, das Thema der Zweckbindung jetzt nicht zu vertiefen. Wir werden uns im Zusammenhang mit der Umlegung des Mineralölzolls auf die Mineralölsteuer bei einer Novelle zum Mineralölsteuergesetz über diesen ganzen Fragenkomplex im Laufe dieses Jahres noch sehr eingehend Gedanken machen müssen. Ich bin der Meinung — und da wird, wie ich hoffe, nicht nur unter den speziell am Verkehr interessierten Abgeordneten, sondern auch in der Breite dieses Hauses Übereinstimmung bestehen —, daß als Minimum zum mindesten jeweils für den Turnus eines Vierjahresplanes die finanzielle Basis sichergestellt sein muß, durch die Zurverfügungstellung des Mineralölsteueraufkommens abzüglich eines bestimmten Sockels, der für allgemeine Haushaltszwecke abgezweigt werden kann. Aber an dem Prinzip, daß die Straßenbaufinanzierung unabhängig von dem einzelnen Haushaltsjahr langfristig durchgezogen werden muß, müssen und werden wir unter allen Umständen festhalten. Herr Kollege Ritzel, ich bin zuversichtlich genug, zu glauben, daß gerade auch unsere Freunde vom Haushaltsausschuß für diese Überlegung volles Verständnis aufbringen und idaß wir eine Lösung finden werden, die demdringend notwendigen Straßenbau dient, ohne den größeren Rahmen zu vernachlässigen, in den auch der Straßenbau gestellt ist.
Damit sind wir natürlich noch nicht am Ende unseres Lateins und unserer Überlegungen. Ich bin in bezug auf die Lösung der schwierigen Straßenbauprobleme optimistischer als Sie und bin zuversichtlich, daß wir gemeinsam im Bewußtsein der Bedeutung des Problems für die Allgemeinheit zu einer volkswirtschaftlich vernünftigen und zugleich den Interessen des Haushalts dienenden Lösung werden kommen können.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0407518000
Das Wort hat der Abgeordneter Cramer.

Johann Cramer (SPD):
Rede ID: ID0407518100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte hier noch eine Frage aus dem Einzelplan 12 anschneiden, die von den Sprechern I der anderen beiden Fraktionen wahrscheinlich mit Absicht nicht angeschnitten worden ist. Sie haben gesagt, aus Zeitgründen. Auch ich will es kurz machen; aber ich glaube, dieser Punkt muß hier behandelt werden. Es ist die Frage nach dem Schicksal der Drucksache 1076. Wir haben am 20. März dieses Jahres einen interfraktionellen Antrag eingebracht, in dem eine Hilfe für die finanziellen Verluste der Binnenschiffahrt durch die Eisperiode des letzten Winters gefordert wird. Ich will die einzelnen Punkte, die bier gefordert sind, nicht aufführen. Das Plenum des Bundestages hat ohne Aussprache, aber einstimmig den Antrag an den Ausschuß überwiesen. Der Haushaltsausschuß wollte sich mit dieser Angelegenheit beschäftigen, konnte jedoch zu keinem Entschluß kommen, weil in dieser Sitzung — sie war am 26. April — die Bundesregierung noch nicht die notwendigen Unterlagen vorlegen konnte. Er hat die Beratungen auf den 2. Mai verschoben; aber auch am 2. Mai lagen die notwendigen Unterlagen nicht vor. Der Haushaltsausschuß konnte daher bis heute keine Vorschläge machen, wie den berechtigten Wünschen der Binnenschiffahrt entsprochen werden kann.
Meine Damen und Herren! Die lange Periode des Niedrigwassers auf unseren Binnengewässern und die ungewöhnlich lange Eisperiode auf den Küstengewässern, auf der Ostsee und auf den Kanälen haben der Binnenschiffahrt erhebliche Verluste zugefügt. Ich will nur einige wenige Zahlen dazu nennen. Der Ausfall an Frachteinnahmen betrug bis Ende Februar 80 bis 90 Millionen DM. Das Bundes-



Cramer
verkehrsministerium schreibt in einer Stellungnahme:
Im Vergleich zu der gesamten jährlichen Bruttofrachteinnahme der Binnenschiffahrt in Höhe von 650 Millionen DM muß dieser Ausfall als sehr erheblich bezeichnet werden.
Nach dieser Stellungnahme errechnet sich die jährliche Belastung der Binnenschiffahrt aus der Bedienung des Kapitaldienstes für 1963 wie folgt: Die Reeder haben 67,88 Millionen DM aufzuwenden, die Partikuliere 44 Millionen DM. Auf die beiden Monate Januar und Februar, also auf die Monate, an denen dieser Zweig der Wirtschaft keine Einnahmen gehabt hat, entfallen auf die Reeder 11,31 Millionen DM und auf die Partikuliere 7,38 Millionen DM. Eine sehr unangenehme Folge dieser Eiszeit war dann die Tatsache, daß die Schiffseigner ihr Personal nicht entlassen konnten. Sie mußten es behalten und mußten die Löhne zahlen. Das waren wiederum für die Reedereien 12 972 000 DM, für die Partikuliere 12 181 000 DM.
Ich bin und wir alle sind der Auffassung, daß von dieser Härte des Winters ganz besonders die Partikuliere betroffen wurden. Das sind die mittelständischen Schiffseigner, die teils mit Familienangehörigen und teils mit wenigem Fremdpersonal ihr Gewerbe betreiben. Durch die Wettbewerbslage waren gerade diese Leute in den letzten Jahren gezwungen, ihre Schiffskörper zu erneuern und zu modernisieren, und sie haben dadurch erhebliche Fremdmittel aufnehmen müssen, die sie nun verzinsen müssen. Wir sind der Meinung, daß ihr Wunsch nach finanzieller Hilfe durchaus berechtigt ist und daß man schnellstens handeln soll.
Deshalb halten wir es für sehr bedauerlich, daß die Bundesregierung sich so lange Zeit nimmt, um die notwendigen Feststellungen zu treffen. Das Bundesverkehrsministerium hatte schon im März Unterlagen, angeblich nach einem sehr sicheren System geschätzt. Ich verstehe einfach nicht, warum nun Bundesfinanzministerium und Bundesverkehrsministerium gemeinsam nicht in der Lage sind, diese Unterlagen kurzfristig zu beschaffen, damit die Binnenschiffer wissen, woran sie sind. Von den Hilfsmaßnahmen sollen ebenso die Küstenschiffer und alle schiffahrttreibenden Betriebe, die unter ähnlichen oder gleichen Verhältnissen arbeiten, betroffen werden.
Ich begrüße es, daß hier die Frage der Eisbrecher angeschnitten wurde. Ich hoffe, daß mindestens in diesem Jahr darüber eine Einigung erzielt wird, so daß wir im nächsten Haushaltsplan die Mittel für einen oder für zwei neue Eisbrecher einsetzen können. Im letzten Winter hat die Bundeswehr sehr schätzenswerte Hilfe mit ihren beiden kleinen Eisbrechern geleistet. Dazu kam ein etwas größerer privater Eisbrecher, die „Pazifik", mit 8500 PS, während die beiden Eisbrecher der Bundesmarine nur 2000 bzw. 2400 PS stark waren. Wir brauchen zwei Eisbrecher, einen in der Größe von 7500 und einen in der Größe von 3500 PS. Wir sollten sehen, ob wir diese Mittel im nächsten Haushaltsplan unterbringen können, vielleicht in Verbindung mit dem
Verteidigungshaushalt. Wir sollten auch prüfen, ob wir diese Eisbrecher dann auf einer deutschen Werft bauen lassen können.
Wir sollten schnell helfen; denn wer schnell hilft, hilft doppelt. Sonst laufen wir Gefahr, daß, bis diese Hilfsmaßnahmen durchgeführt werden, schon der eine oder andere der mittelständischen Partikulierbetriebe unter den schweren Lasten zusammengebrochen ist, die die Betriebe an sich schon zu tragen haben und die nun noch durch den schlimmen Winter, durch das Niedrigwasser und durch die lange Eiszeit verschärft worden sind. Ich bin der Auffassung, die Regierung kann, sie muß schneller arbeiten, damit die Ausschüsse zu Beschlüssen kommen können, die dann hoffentlich nicht zu spät kommen.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0407518200
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bleiß.

Dr. Paul Bleiß (SPD):
Rede ID: ID0407518300
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich zu Wort gemeldet, um zwei Äußerungen des Herrn Kollegen Müller-Hermann, die hier gefallen sind, nicht im Raume stehen zu lassen.
Herr Kollege Müller-Hermann, Sie haben in Ihrem Beitrag u. a. gemeint, daß wir, wenn wir über die Grenzen unseres Landes schauten, eine gewisse Hochachtung vor uns selbst haben müßten, wenn wir den Zustand unserer Straßen betrachteten.

(Abg. Müller-Hermann: Wenn wir die Ausgaben für den Straßenbau betrachten!)

Hier betreiben Sie einen Zweckoptimismus, der in gar keiner Weise gerechtfertigt ist. Ich möchte feststellen, daß wir Sozialdemokraten in dem Stopp des Straßenbaues einen verhängnisvollen Fehler sehen.

(Zurufe von der CDU/CSU: Wer stoppt denn?)

— Sie haben doch den Straßenbau gestoppt, indem Sie die Haushaltsansätze nur in der Höhe des vergangenen Jahres vorgenommen haben. Herr Kollege Müller-Hermann, Sie haben noch am 19. April in Ihrem Deutschland-Union-Dienst geschrieben:
Alle Beteiligten sind sich darüber im klaren, daß dieser Zustand bei aller Anerkennung für die Schwierigkeiten des Haushaltsausgleichs einer Abhilfe bedarf.
Heute waren Sie etwas anderer Auffassung; heute haben Sie gesagt, man müsse den gesamten Ausgleich des Haushalts im Auge haben.

(Zuruf des Abg. Müller-Hermann.)

Man kann nicht dauernd die Sprache regulieren, wie es gerade für den Augenblick angemessen erscheint.
Ich warne vor diesem Zweckoptimismus. Ich habe die Furcht — das sage ich ganz offen —, daß es schon im Laufe dieses Sommers zu einem völligen Fiasko auf vielen Gebieten unseres Straßennetzes kommen wird und daß die Verkehrslawine einfach über uns hinwegrollt.

(Zurufe.)





Dr. Bleiß
— Ich bin gleich fertig. Ich möchte nur nicht, daß Äußerungen mit unverkennbarem Zweckoptimismus hier im Raume stehen bleiben. Ich fürchte, daß die Einsparungsmaßnahmen an Straßenbaumitteln zu einem ins Unendliche gehenden Verschleiß von Zeit, Material und Arbeitskraft führen werden und daß die volkswirtschaftlichen Schäden, die daraus entstehen werden, ein Vielfaches von dem ausmachen, was wir heute an Haushaltsmitteln im Straßenbau einsparen. Nirgends ist die Sparsamkeit so verfehlt wie gerade im Straßenbau.
Lassen Sie mich eine abschließende Bemerkung machen. Wir sind mit der Entwicklung im Straßenbau denkbar unzufrieden. Wir dürfen nicht so lange warten, bis Sie, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, eines Tages neue Finanzquellen erschließen. Wir müssen diesem Problem so schnell wie möglich, bevor die Katastrophe eintritt, zu Leibe rücken. Ich kann Ihnen schon heute sagen, meine Damen und Herren: die SPD-Fraktion wird von sich aus Unterlagen erarbeiten und wird Sie schon in aller Kürze erneut vor die Problematik stellen und eine Entscheidung von Ihnen darüber verlangen, ob Sie dem Straßenbau ausreichend Mittel zur Verfügung stellen wollen oder nicht.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0407518400
Das Wort hat der Abgeordnete Müller-Hermann.

Dr. Ernst Müller-Hermann (CDU):
Rede ID: ID0407518500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wüßte nicht, warum ich so mißverstanden worden bin. Herr Kollege Dr. Bleiß, ich habe nicht gesagt, daß wir in bezug auf das vorhandene Straßennetz sehr von uns eingenommen sein können, sondern habe von den Ausgaben für den Straßenbau gesprochen. Da stehen wir auf europäischer Basis tatsächlich weitaus an der Spitze der Leistungen. Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen einige Zahlen nennen. Natürlich besteht immer die Schwierigkeit, daß man die Zahlen in der richtigen Relation sehen muß.

(Zuruf von der SPD: Auch für Belgien?)

Auch für Belgien. Die Aufwendungen betrugen 1961 in der Bundesrepublik 1,8 Milliarden DM, in Belgien 350 Millionen DM, in Frankreich 750 Millionen DM, — —

(Zurufe von der SPD.)

Bitte, Sie können doch wohl Frankreich und die Bundesrepublik in eine gewisse Relation setzen. Die Aufwendungen in Italien betrugen 750 Millionen, in Luxemburg 15 Millionen, in den Niederlanden 570 Millionen DM. Wir sind jetzt bei einem Volumen von 2,4 Milliarden DM, und der Bund hat bis zu diesem Jahr immerhin rund 13 Milliarden DM für den Straßenbau ausgegeben. Ich sage nicht: Das ist genug, wir können jetzt die Hände in den Schoß legen. Aber ich wende mich immer wieder dagegen, daß von Ihnen der Versuch gemacht wird, die Dinge so darzustellen, als ob der Bund auf diesem Gebiet überhaupt nichts getan habe oder nichts tue.

(Zurufe von der SPD.)

Selbstverständlich! Die gesamte Volkswirtschaft hat die Mittel erarbeitet, die wir für diesen Zweck ausgeben.

Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0407518600
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Dr. Ernst Müller-Hermann (CDU):
Rede ID: ID0407518700
Bitte!

Walter Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0407518800
Herr Müller-Hermann, ich habe eine Frage an Sie zu richten. Sie erwähnten vorhin bei der Frage der StraßenFinanzierung der kommunalen Baulastträger, daß die Länder die Gemeinden beim Straßenbau stärker unterstützen sollten. Haben Sie bei dieser Bemerkung auch bedacht, daß gerade in diesen Tagen hier im Hause darüber beraten wird, ob man den Anteil des Bundes an der Einkommen- und Körperschaftsteuer von 35 % auf 38 % und im nächsten Jahr höchstwahrscheinlich auf 40,5 % erhöhen soll? Wie wollen Sie dann unter diesen Aspekten, Herr Kollege Müller-Hermann, den Ländern diese Empfehlung geben?

Dr. Ernst Müller-Hermann (CDU):
Rede ID: ID0407518900
Darauf kann ich Ihnen eine sehr klare Antwort geben, Herr Kollege. Ich halte es für völlig fehl am Platze, daß die Länder und Gemeinden ständig Forderungen an den Bund richten, er müsse mehr Mittel für den Straßenbau in den Gemeinden aufwenden, während sich die Länder auf der anderen Seite weigern, dem Bund den Anteil an dem Steueraufkommen zu geben, den er braucht, um mit seinen eigenen Problemen fertig zu werden.
Persönlich bin ich der Meinung, es wäre das Ideale, wenn wir eine Reform der Finanzverfassung hätten, die die Gemeinden durch die eigene Steuerkraft in die Lage brächte, mit ihren Problemen fertig zu werden, aber das würde wahrscheinlich auch weitgehend zu Lasten der Länder gehen müssen; denn beim Bund können Sie doch weiß Gott nichts mehr abnehmen.
Ich darf auf das Beispiel hinweisen, das Kollege Lemmrich schon gebracht hat. Das Land Bayern hat sich mit dem bekannten Eberhard-Plan grundsätzlich bereit erklärt, das gesamte Aufkommen an Kraftfahrzeugsteuer den Gemeinden speziell für den Straßenausbau zur Verfügung zu stellen. Wenn andere Länder zumindest dies täten, dann wären wir sicherlich einen gewaltigen Schritt weiter.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0407519000
Das Wort hat der Abgeordnete Schwabe.

Wolfgang Schwabe (SPD):
Rede ID: ID0407519100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich spreche zu dem Ihnen vorliegenden Änderungsantrag Umdruck 269. Er befaßt sich mit den Mitteln, die zur Förderung des Fremdenverkehrs ausgegeben werden.
Ich bitte zunächst um Ihre Aufmerksamkeit für die Feststellung, daß die Zweckbestimmung, die Sie auf Seite 25 des Haushaltsplanentwurfs finden, miß-



Schwabe
verständlich ist. Es steht dort: „Zur Förderung des Reiseverkehrs in Deutschland". Das trifft die Sache nicht. Es muß vielmehr richtig heißen: „Zur Förderung des Ausländer-Reiseverkehrs nach Deutschland".
Die Werbung im Ausland wird betrieben von den vierzehn Büros der Deutschen Zentrale für Fremdenverkehr in den europäischen Hauptstädten und in einigen Städten Amerikas. Diese Büros sind in ihrer Arbeit eingeengt. Sie könnten nach Ansicht aller Fachleute viel mehr Einzel- und Gruppenreisende für die Reise nach Deutschland gewinnen, wenn sie die nötigen Mittel und Möglichkeiten bekämen. Deshalb der Antrag auf Aufstockung. Ich habe erfahren müssen, daß auch sehr vielen Kolleginnen und Kollegen dieses Hohen Hauses die Arbeit dieser Einrichtung überhaupt nicht bekannt ist. Ich möchte Ihnen deshalb wenigstens einige Sätze dazu sagen.
Diese Büros haben sämtliche Anfragen, die telefonisch, mündlich und schriftlich eingehen, als Grundlage ihrer Tagesarbeit. Sie haben eine Vielfalt von Fragen zu bearbeiten, z. B. preiswerte Herzkuren, Studienreisen für Landwirte, Handwerker usw., Reisen immer wieder in die Schwerpunkte München, Heidelberg, Rothenburg, Studienaufenthalte in Deutschland, Kartenwünsche für die Festspiele in Bayreuth und Oberammergau, für die Filmfestspiele in Berlin usw. Zusammengefaßt ist das eine sehr vielfältige Aufgabe und nicht etwa eine einfache Sache, die man schablonenmäßig abwickeln könnte. Wenn man aber nur das, was ins Haus kommt, bearbeitet und nicht auch weiter wirbt, gleicht man einem Kaufmann, der nur die Kunden bedient, die zufällig in seinen Laden kommen, und nicht einem aktiven, werbenden Geschäftsmann, der vordrängt, weil die anderen auch vordrängen.
Sie sagen — ich weiß das, und ich weiß auch, daß diesem Antrag die Gefahr droht, hier wieder einfach abgewürgt zu werden —: Neue Aufgaben und neue Ausgaben! Ja, gewiß, meine Damen und Herren; aber bedenken Sie bitte, daß die Einrichtungen vorhanden sind und daß der Wirkungsgrad dieser Einrichtungen mit verhältnismäßig geringen Mitteln mehr sehr stark verbessert werden kann! Wir müssen über die informatorische Arbeit hinaus nun daran gehen und zusätzlich Gäste werben; wie im einzelnen, will ich Ihnen hier gar nicht ausführen, weil ich weiß, daß auch diese Beratung wieder unter dem hektischen Drang der Zeitnot steht.
Aber ich will zusammenfassen: Das ist keine wirtschaftliche Frage allein; ein wirtschaftliche Frage wohl insofern, als alle, die sich heute hier Gedanken zum Thema Verkehr gemacht haben, zur Kenntnis nehmen sollen, daß mit diesen geringen Mitteln allen einzelnen Verkehrszweigen zusätzliche Impulse, zusätzliche Umsätze gegeben werden. Wir haben eine politische Pflicht. Wir haben alle miteinander die eindeutige Pflicht, alles zu tun, um so viele ausländische Besucher wie überhaupt irgend möglich für Deutschland zu gewinnen, nicht sosehr um der Deviseneinnahmen willen, obschon auch diese Frage einmal eine große Rolle spielen wird. Wichtiger als die zählbaren Gewinne an Valuta ist der Aufbau eines Vertrauenskapitals, und das schaffen wir, wenn wir viele ausländische Gäste nach Deutschland holen und ihnen Gelegenheit geben, selber Erfahrungen zu sammeln, selber Kontakte zu finden, und sie schließlich Gewißheit finden lassen, daß hier ein fleißiges Volk dem ausländischen Gast mit Freundschaft entgegenkommt und ihm für seinen Besuch dankbar ist, ein Volk, das sich mit all diesen Menschen vertragen will. Damit bauen wir Vorurteile ab, die leider noch in viel zu starkem Maße draußen bestehen.
Wenn diese Auslandswerbung so als eine politische Notwendigkeit anerkannt und bejaht wird, muß man konsequenterweise gemeinsam prüfen, wo sich Ansatzpunkte für eine Intensivierung finden, weil jeder, der sich zu einer Reise nach Deutschland entschließt, als ein Botschafter des guten Willens bezeichnet werden muß. Wir haben keine Zeit zu verlieren. Die meisten Reiseländer machen da — das ergibt der Augenschein in den europäischen Hauptstädten — viel größere Anstrengungen als Deutschland. Meist sind es sogar kleinere Länder, die, gemessen an Deutschland, ein Vielfaches für die Auslandswerbung einsetzen, und wir wissen, daß deren Regierungen nicht kurzsichtig und deren Parlamente nicht verschwenderisch sind. Wir fürchten vielmehr, daß man in Deutschland gar zu lange diese ganzen Probleme an der Elle des Deviseneingangs gemessen und die politische Seite sträflich vernachlässigt hat. Wir rufen dazu auf, darin endlich Wandel zu schaffen, und wir sollten uns auch jetzt nicht mehr darum streiten, sondern uns einig sein in der wichtigen Erkenntnis: Deutschland braucht Freunde in der Welt, braucht mehr Freunde in der Welt. Hier ist ein Weg. Nur deshalb ist vom Politiker her, von Ihnen her gesehen die Deutsche Zentrale für Fremdenverkehr zu stärken in einer progressiven Arbeit, die wir ermöglichen müssen.
Lassen Sie mich darauf hinweisen, daß nicht nur die klassischen Reiseländer der Welt ihre Auslandswerbung verstärkt haben. Mit steigender Aktivität werben jetzt bekanntlich auch die Länder des Ostblocks; der Ulbricht-Staat hat seine ersten Werbebüros im Ausland eröffnet. Im Flughafen von Kopenhagen leuchten einem die Plakate entgegen, die zum Besuch der Leipziger Messe einladen. In London haben wir die schönen Broschüren bekommen, in denen es in deutscher und englischer Sprache heißt: Besucht Berlin, die Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik! Vielleicht gibt das auch Anlaß, darüber nachzudenken, daß wir keine Zeit zu verlieren haben. Wir müssen 1963 eingreifen und — die Eilbedürftigkeit bedingt das — vom Bunde aus helfen.
Der Plan, den Sie mir entgegenhalten oder der Sie bewegen mag, die Länder über ihre bisherigen einschlägigen Leistungen hinaus zu den Kosten der Auslandswerbung heranzuziehen, ist entstanden, als die Länder noch nicht global zum Ausgleich des Bundeshaushalts beitragen mußten. Das war etwas anderes damals, und wenn auch die Notwendigkeit fortbesteht, die Bemühungen der Länder zu verstärken, darf keine Zeit mehr verloren werden, diese Auslandsaufgabe des Bundes in einer wirksameren Form als bisher durchzuführen.



Schwabe
Auch der Bundesrechungshof hat in seinem Gutachten von 1961 über die Deutsche Zentrale für Fremdenverkehr eine Erhöhung der Mittel für die Förderung des Ausländerreiseverkehrs nach Deutschland vorgeschlagen. Es ist noch nicht hinreichend bekannt, daß die Länder bereits von Anfang an zusammen mit den Städten und Gemeinden durch die Bereitstellung fast des gesamten Werbematerials einen erheblichen Beitrag leisten. Wenn wir also jetzt die Arbeit der Auslandswerbestellen zuständigerweise vom Bund her intensivieren und fördern, müssen auch automatisch die Länder mit mehr Plakaten, mehr Broschüren, mehr Lichtbildern und mehr Filmen tätig werden, ganz abgesehen von weiteren Mitteln, die sie da zur Verfügung stellen.
Noch ein Weiteres, das vielleicht gerade die ängstlichen Finanzpolitiker noch etwas beruhigen könnte. Durch eine verstärkte Werbung in diesem Fall im Ausland — also bei Partnern jenseits der Grenze — erreichen wir mit Sicherheit einen verstärkten Umsatz. Dadurch erhöhen wir wieder die Steuereinnahmen, und die Ausgaben bei diesen Förderungsbeiträgen kommen mit Sicherheit wieder herein.
Lassen Sie mich auch darauf hinweisen, daß der vorliegende Antrag keine Ausweitung des Haushalts bedeutet. Bs bleibt bei diesem Betrag. Worum wir bitten, ist nur die Streichung der Sperrklausel, weil die angedeuteten Verhandlungen mit den Ländern für 1963 jetzt doch nicht zum Tragen kommen. Dann wird es eben wieder nichts. Man muß wenigstens klar wissen, daß das nicht geht.
Ich hoffe weiter auf Ihre Zustimmung, weil eine ganze Reihe von Kollegen, auch von den anderen Fraktionen, sich freundlicherweise dafür interessiert und ihre Zustimmung dazu gegeben haben. Ich bitte diejenigen um Entschuldigung, die ich in der Eile — ich weiß, daß auch sie interessiert sind — nicht ansprechen konnte. Es wären sonst mehr Unterschriften da.
Ich habe nicht die Absicht, Sie noch lange aufzuhalten, darf Ihnen aber für Ihre Entscheidung noch einen Gedanken mit auf den Weg geben, einen Hinweis auf 'die politische Seite ,des Problems. Die in Frage stehende Auslandswerbung betrifft in erster Linie auch die Werbung für Berlin. Wir wissen, daß die überaus schwere Nachkriegssituation Deutschlands und Berlins nur durch .den eindeutigen und unerschütterlichen Beistand aller Völker des freiheitlichen Bereichs gemeistert werden konnte. Ein derartiger Beistand kann bei allen diesen Völkern nicht emotionell anbefohlen werden. Ich glaube vielmehr — für diese Auffassung gibt es viele Beweise —: Die Hunderttausende von Menschen aus aller Welt, die in den letzten Jahrzehnten in Berlin länger oder kürzer, zu welchem Zweck auch immer, zu Gast waren, sind heute die Kerntruppe des Goodwill für Berlin und für Deutschland in der ganzen Welt. Das sollten wir nicht vergessen. Es liegt an uns, durch eine sinnvolle Förderung gerade des Ausländerbesuchs diese friedlichen Kerntruppen zu verstärken. Deutschland, meine Kolleginnen und Kollegen, braucht mehr Freunde in der
Welt, heute mehr denn je, und hier ist eine Möglichkeit, in dieser Hinsicht wirksam zu werden.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0407519200
Das Wort hat der Abgeordnete. Conring.

Dr. Hermann Conring (CDU):
Rede ID: ID0407519300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Herrn Vorredners sind in beinahe der gleichen Weise im Haushaltsausschuß vorgetragen worden. Ich habe in den Ausführungen, die hier gemacht wurden, nichts Neues erkannt. Das hindert natürlich nicht, daß dem gesamten Hohen Hause die Argumente heute erneut vorgetragen werden. Ich möchte mit dem Hinweis, daß dieselben Darlegungen schon im Haushaltsausschuß gemacht worden sind, in etwa begründen, warum der Haushaltsausschuß den sachlich berechtigten Wünschen trotzdem nicht hat nachkommen könnten.
Auch im Haushaltsausschuß war der. Antrag gestellt worden, die Vorjahresmittel von 6 Millionen DM um 50 % auf 9 Millionen DM zu steigern. Das ist angesichts der allgemein schwierigen Haushaltslage immerhin ein recht nennenswerter Steigerungsbetrag. Im HauShaltsausschuß waren die Parteien gemeinsam der Auffassung, daß hier etwas geschehen sollte. Aber der Haushaltsausschuß, der sich ja nicht erstmalig mit dieser Sache beschäftigte, hat sich daran erinnert, daß die Länder seit langem Verhandlungen mit dem Bundesverkehrsministerium führen und auch durchaus guten Willen gezeigt haben, ihrerseits einen Anteil an der Fremdenverkehrswerbung im Ausland zu übernehmen. Ich brauche nicht auszuführen, daß gute sachliche Gründe die Länder dazu bewegen, die Fremdenverkehrswirtschaft auch durch Werbung im Ausland zu fördern. Ich möchte bei dieser Gelegenheit nebenbei auch darauf hinweisen, daß nicht nur der Bund — und, wie ich hoffe, demnächst ;die Länder —, sondern auch die Bundesbahn mit etwa 4 Millionen DM an der Fremdenverkehrs-Werbung beteiligt ist — den Fremdenverkehr wünscht sie sich in erster Linie über ;die Bundesbahn — und daß auch die Deutsche Lufthansa, die natürlich in erster Linie für sich, aber auch für Deutschland wirbt, für ähnliche Zwecke 17 Millionen DM im Jahr ausgibt. Es kommt einiges zusammen.
Bitte, meine Damen und Herren, erkennen Sie den guten Willen des Haushaltsausschusses auch daran, daß er sich auf den Standpunkt gestellt hat: wir brauchen nach dem Vorschlag des Bundesverkehrsministers etwa 12 Millionen statt der bisherigen 6 Millionen DM für die Fremdenverkehrswerbung im Ausland aus den Gründen, die der Herr Vorredner deutlich dargelegt hat. Die Frage ist nur: Wie kommen wir zu diesen 12 Millionen DM? Daraufhin hat der Haushaltsausschuß, weil sich die Verhandlungen mit den Ländern immer wieder hinziehen und bisher zu keinem Ergebnis geführt haben, obwohl man nahe am Ziel war, gesagt: Gut, wir stellen trotz der bedenklichen Haushaltslage im Augenblick 50 % mehr zur Verfügung, wenn die Länder ihrerseits bereit sind, wenigstens im näch-



Dr. Conring
sten Jahr, 1964, 3 Millionen DM zur Verfügung zu stellen. Das, was der Haushaltsausschuß wollte, sollte also gerade ein Anreiz sein, um diese 12 Millionen DM zusammenzubekommen. Denn es ist nicht allein Angelegenheit des Bundes, iauch nicht allein der Bundesbahn und der Lufthansa, das Ihrige zu tun. Vielmehr scheint uns im Haushaltsausschuß das gemeinsame Zusammenwirken von Bund und Ländern für die Fremdenverkehrswirtschaft idas Richtige zu sein.
Ich bitte meine Freunde und die Freunde von der Koalition, es in diesem Jahr bei dem Ansatz von 9 Millionen DM zu belassen, unter der Voraussetzung, daß die Länder im nächsten Jahr bereit sind, 3 Millionen DM bereitzustellen.

Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0407519400
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Bleiß?

Dr. Hermann Conring (CDU):
Rede ID: ID0407519500
Bitte sehr.

Dr. Paul Bleiß (SPD):
Rede ID: ID0407519600
Herr Kollege Conring, bis zu welchem Zeitpunkt würden Sie das Einverständnis der Länder erwarten?

Dr. Hermann Conring (CDU):
Rede ID: ID0407519700
Wir erwarten das Einverständnis der Länder vor den Beratungen ihrer Haushaltspläne für idas Jahr 1964; denn die Länderbeiträge müssen ja in den Haushalt der Länder für das Jahr 1964 eingesetzt werden.

(Abg. Dr. Schäfer: Also ist dieser Ansatz F)

der Meinung, daß bis dahin das Etatjahr 1963 verstrichen ist?)
— Das Etatjahr 1963 ist bereits heute beinahe zur Hälfte verstrichen. Das ändert nichts daran, daß wir zu dem Ziel kommen müssen, das uns allen vorschwebt, nämlich auf den Betrag von 12 Millionen DM zu kommen. Ich meine, auf dem Wege, den wir vom Haushaltsausschuß vorgezeichnet haben, wäre dieses Ziel in möglichst kurzer Zeit zu erreichen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0407519800
Meine Damen und Herren, es sind keine weiteren Redner gemeldet.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Antrag auf Umdruck 264 ist zurückgezogen. Dann haben wir nur noch über den Antrag auf Umdruck 269 *) —Förderung des Reiseverkehrs nach Deutschland — abzustimmen. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Wir müssen die Abstimmung wiederholen. Ich bitte diejenigen, die dafür sind, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Es besteht keine Möglichkeit, festzustellen, wo die Mehrheit liegt; wir stimmen durch Auszählung ab. —
Meine 'Damen und Herren, ich gebe das Ergebnis der Auszählung bekannt. Insgesamt sind 323 Stimmen abgegeben worden. Mit Ja haben gestimmt 152 Mitglieder des Hauses, mit Nein 169; 2 haben sich enthalten. Damit ist der Antrag abgelehnt.
') Siehe Anlage 4
Nunmehr stimmen wir über den Einzelplan 12 ab. Wer ihm zustimmen will, der gebe das Handzeichen.
— Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Gegenstimmen angenommen.
Meine Damen und Herren, ich erinnere daran, daß nach einer Vereinbarung der Fraktionen um 18 Uhr die Juristen drankommen sollten. Die Sache soll zurückverwiesen werden.

(Zurufe.)

Stimmt das nicht?

(Zurufe: Doch! Ja!)

Ich möchte die Sache um 18 Uhr aufrufen — wir unterbrechen dann kurz —, damit die Juristen an die Arbeit gehen können. Ist das Haus einverstanden?

(Zustimmung.)

— Ja.

(Abg. Rasner: Ist hier keine Arbeit?)

— Doch, aber das ist eine spezifisch juristische Arbeit.

(Abg. Rasner: Aber doch nicht heute mehr!)

— Ich hoffe.

(Abg. Rasner: Nein!)

— Doch! Da geht es um ernste Probleme. Deren Lösungen lassen sich nicht so leicht aus dem Ärmel schütteln wie bei anderen Problemen.

(Abg. Rasner: Nach Pfingsten!)

Ich rufe auf:
Einzelplan 10
Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen IV/ 1109, zu IV/ 1109);
dazu:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Ausschuß) über die Entschließungsanträge der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und der Fraktion der SPD zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksache IV/ 1209, Umdrucke 185, 186);
dazu:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Ausschuß) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag .der Kommission für eine Verordnung des Rates der EWG betreffend gewisse Maßnahmen, welche die Mitgliedstaaten für das Getreidewirtschaftsjahr 1963/64 und die folgenden Wirtschaftsjahre auf dem Gebiet der Preise anwenden müssen (Drucksachen IV/ 1138, IV/ 1225, zu IV/ 1225).
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die Beratung des zuletzt aufgeführten Berichts abgesetzt werden. — Das Haus ist damit einverstanden, daß diese Sache abgesetzt wird.



Vizepräsident Dr. Schmid
Wir kommen zur Aussprache über den Einzelplan 10. — Das Wort hat Herr Abgeordneter Müller (Ravensburg), zur allgemeinen Aussprache in Verbindung mit den Anträgen.

Karl Müller (SPD):
Rede ID: ID0407519900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Einzelplan 10 hat in seinem Aufbau insofern einige Änderungen erfahren, als in Kap. 02. die Förderung von allgemeinen Maßnahmen aus den Sondertiteln des Grünen Plans herausgenommen wurde und nunmehr aus ordentlichen Titeln finanziert wird. Die Mittel für marktordnerische Maßnahmen wurden in einem neu geschaffenen Kapitel ausgebracht. Es ist also ein erster Schritt in Richtung auf bessere Übersichtlichkeit des Haushalts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten getan. Der notwendige zweite Schritt sollte im nächsten Haushalt folgen und darin bestehen, daß die Mittel für Strukturverbesserungen in der Landwirtschaft und was sonst noch an Fördermitteln im Grünen Plan zur Verfügung gestellt wird, ebenfalls in einem eigenen Kapitel ausgebracht werden.
Materiell ist interessant, daß das Volumen dieses Haushalts 1963 die Grenze von 4 Milliarden DM überschritten hat. Der Zuschußbedarf liegt bei 3 154 500 000 DM. Interessant ist auch ein Vergleich mit dem Haushalt von 1955, in dem noch ein Zuschußbedarf von rund 258 Millionen DM vorhanden war. Das Personal zählte 1955 insgesamt 691 Köpfe; es ist mittlerweile auf etwa 780 angewachsen. Dem Herrn Kollegen Brese dürfte es eine Genugtuung sein, daß in den acht Jahren in diesem Ministerium die Personalstellen nicht in gleichem Maße gewachsen sind wie die ausgebrachten Mittel.
Die Erstellung und parlamentarische Behandlung des Einzelplans 10 für das Haushaltsjahr 1963 ist ein Kapitel für sich, das nicht gerade schön ist und unter keinen Umständen als nachahmenswertes Vorbild gelten kann. Ob die Führungslosigkeit der Bundesregierung oder die Probleme der Überleitung der Agrarwirtschaft in die EWG oder gar wahltaktische Überlegungen die größere Schuld tragen, sei dahingestellt. Jedenfalls war die Bundesregierung bereit, nach Einbringung des Haushalts den Grünen Plan aufzustocken. Ein Kabinettsbeschluß ging dahin, den im Haushalt ausgebrachten 3942 Millionen DM weitere 240 Millionen DM zuzufügen. Dabei wurde offen gelassen, ob die Differenz von 160 Millionen DM, also eine Aufstockung um insgesamt 400 Millionen DM, noch genehmigt werden sollte. Das ist nicht geschehen. Dafür hat man den bequemeren Weg gewählt und es dem Haushaltsausschuß überlassen, den Wunsch der Bundesregierung auf Erhöhung der Ausgaben durch Aufnahme in den Haushaltsplan zu realisieren. Daß den Antragstellern im Haushaltsausschuß dieses Vorhaben nicht ganz unbedenklich erschien, läßt sich daran erkennen, daß sie den Versuch machten, die ungute optische Wirkung dadurch zu mildern, daß Kürzungen bei anderen Titeln vorgenommen wurden.
Gegen Kürzungen ist in einem Haushalt der sogenannten „Sparsamkeit" absolut nichts einzuwenden, sofern sie an der richtigen Stelle und mit der nötigen Sorgfalt vorgenommen werden. Das ist in diesem Fall aber sehr zweifelhaft, weil sie willkürlich gemacht wurden und weil sie selbst das Fachministerium zu einer protestierenden Erklärung veranlaßten. Betroffen wurden Kap. 10 02 Tit. 571 b) mit einer Kürzung von 20 Millionen DM; Tit. 572 b) wurde um 20 Millionen DM gekürzt und Tit. 573 wurde unter a) um 40 Millionen DM und unter b) um 20 Millionen DM gekürzt. Bei diesen Titeln handelt es sich um die Förderung der ländlichen Siedlung, der Flurbereinigung, um die Aufstockung und Aussiedlung, sowie um besondere agrarstrukturelle Maßnahmen, insgesamt um 100 Millionen DM.
Die mit diesen Titeln zu fördernden Maßnahmen gehören auch nach Verlautbarungen der Bundesregierung mit zu den wichtigsten, um unsere Landwirtschaft leistungsfähig und im Existenzkampf in der EWG konkurrenzfähig zu machen. Diese Maßnahmen erfordern langfristige Planungen und Verhandlungen und ziehen sich in der Ausführung oft über Jahre hin. Das bedeutet, daß das Ministerium laufend Mittel zur Verfügung haben muß, um zügig weiterarbeiten zu können. Die Durchführung der Maßnahmen liegt zwar bei den Ländern, die mit großen Mitteln • beteiligt sind; die Länder müssen jedoch bei Aufstellung ihrer Haushalte in etwa wissen, mit welchen Mitteln von der Bundesregierung sie rechnen können, um auch ihren Haushalt darauf abstimmen und planen zu können.
Um die schädlichen Auswirkungen der Kürzungen in etwa zu mildern, wurden von den Antragstellern Bindungsermächtigungen in der Höhe der Kürzungen genehmigt. Bindungsermächtigungen sind Vorgriffe auf den nächsten Haushalt und stehen auf dem Papier. Der Finanzminister ist nicht gehalten, sie einzulösen, und kann die Ablehnung mit seiner mageren Kasse begründen. Zudem hat die Praxis der vergangenen Jahre, in denen auch mit Bindungsermächtigungen gearbeitet wurde, gelehrt, daß ein großer Verwaltungsaufwand durch Schriftwechsel, Telefonate und Verhandlungen erforderlich ist, bis das Finanzministerium bereit ist, einem Antrag auf Einlösung einer Bindungsermächtigung zuzustimmen.
Wie sich die Kürzung des Ansatzes bei Tit. 571 auswirkt, sei Ihnen nicht vorenthalten. Der Ansatz der Bundesregierung war 118,9 Millionen DM. Er wurde im Haushaltsausschuß um 20 Millionen DM gekürzt. Zu bezahlen sind von diesem Betrag vorweg zirka 68 Millionen DM an Nebenkosten, so daß an Zuschüssen für die ländliche Siedlung noch ganze 30 bis 31 Millionen DM übrigbleiben. Damit kann man natürlich keine Siedlungspolitik mehr betreiben. Unser Kollege Rehs wird dies noch begründen.
Alles in allem genommen muß gesagt werden, daß diese Art von Haushaltspolitik nicht gut ist. Ist die Bundesregierung bereit, bestimmte Vorhaben zu fördern, hat sie die Verpflichtung, die erforderlichen Mittel bereitzustellen. Ist sie zur Förderung nicht gewillt, soll sie die Verantwortung nicht auf einen Ausschuß abwälzen.

(Beifall bei der SPD.)





Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0407520000
Das Wort hat der Abgeordnete Rehs.

Reinhold Rehs (SPD):
Rede ID: ID0407520100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag, den ich begründen möchte, bezweckt die Wiederherstellung des Haushaltsansatzes, wie ihn der Regierungsentwurf vorsah. Es ist die erfreuliche Tatsache festzustellen, daß bei diesem Regierungsansatz sowohl das Ernährungsministerium wie das Finanzministerium und das Vertriebenenministerium in Übereinstimmung gehandelt und den vorgesehenen Betrag für notwendig, aber auch tragbar gehalten haben. Ganz offenbar ist auch der Haushaltsausschuß bis zu dem letzten Stadium seiner Beratungen dieser Auffassung gewesen, denn erst im letzten Zug hat man dann wegen der Notwendigkeit, irgendwo noch Einsparungsmöglichkeiten zu suchen, offenbar auch zu diesem Titel gegriffen.
Es ist dabei aber folgendes festzustellen. Aus den Erläuterungen in der Regierungsvorlage zu Tit. 571 geht hervor, daß im Jahre 1963 Verpflichtungen zur Rückzahlung von Anleihen früherer Jahre vorliegen. Ausgerechnet dieser Teil des Ansatzes im Siedlungstitel, nämlich die sogenannten Nebenkosten, soll nach dem Beschluß des Haushaltsausschusses entgegen allen vorgetragenen ministeriellen Bedenken um 20 Millionen DM gekürzt werden.
Dieser Beschluß bedeutet, wie von meinem Fraktionsfreund Müller (Ravensburg) schon betont worden ist, daß der für die Finanzierung des von der Bundesregierung bereits verabschiedeten Siedlungseingliederungsprogramms zur Verfügung gestellte Betrag, soweit es sich um die anteiligen Bundesmittel handelt, um diese 20 Millionen DM gekürzt sind.
Die Herren im Haushaltsausschuß, die diese Kürzung vertraten, waren der Ansicht, daß mit Rücksicht auf den langen Winter die Bauzeit ohnehin eine Einsparung möglich machen würde oder — wie Sie meinten, Herr Kollege Conring — daß zwar Bewilligungen erfolgen könnten, diese aber noch nicht vollzogen werden würden. Diese Überlegungen sind jedoch bereits im Haushaltsausschuß von den Herren der Ministerien übereinstimmend widerlegt worden. Die Herren des Ernährungsministeriums haben darauf hingewiesen, daß im vergangenen Jahr sämtliche Mittel ausgeschöpft worden sind und daß auch die jetzigen Mittel nicht ausreichen, um die Anforderungen zu erfüllen. Es kommt hinzu, daß einfach infolge der hohen Rückzahlungen, wie Staatssekretär Hüttebräuker dankenswerterweise in dieser Erörterung betonte, eine Vorbelastung vorhanden ist, die in diesem bzw. im nächsten Jahr nicht aufgefangen werden kann, und daß im nächsten Jahr ohnehin auch für diesen Zweck höhere Ansätze erforderlich sind.
Wir haben ja in den vergangenen Monaten sehr lebhafte Erörterungen und Auseinandersetzungen über diese Frage gehabt. Ich darf auf die Auseinandersetzungen auf dem Zweiten Ostdeutschen Bauerntag und auf die Zusicherungen, die bei dieser Veranstaltung den Betroffenen von allen Fraktionen gemacht worden sind, verweisen. Ich darf darauf verweisen, daß in dem vom Vertriebenenausschuß des Bundestages einstimmig verabschiedeten Memorandum zu dieser Frage, das allen Damen und Herren des Hauses zugegangen ist, die Notwendigkeit einer weiteren Förderung eingehend dargelegt worden ist. Sowohl von Herrn Dufhues wie von der FDP ist in der Folgezeit immer wieder betont worden, daß auch diese Fraktionen und Parteien für eine Steigerung, eine Intensivierung der Siedlungsmaßnahmen eintreten. Ich darf auf die Entschließung verweisen, die die FDP in diesen Tagen, am 4. und 5. Mai, sehr dezidiert auf ihrem Kongreß in Hameln gefaßt hat.
Nach den vorliegenden Zahlen ist diese Bevölkerungsgruppe in der Tat heute noch nicht einmal zu 5% voll eingegliedert. Bitte berücksichtigen Sie diese Situation, soweit Sie bisher der Meinung gewesen sein sollten, daß eine Kürzung dieses Titels vertretbar wäre. Ich möchte abschließend sagen: Wenn alle die Erklärungen, die von den verschiedenen Fraktionen der Regierungsseite hierzu abgegeben worden sind, einen Sinn haben sollen, dann darf man nicht wieder kürzen. Meine Bitte geht also dahin, unserem Antrage zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0407520200
Ehe ich das Wort weiter erteile, darf ich dem Hause eine Mitteilung machen. Mir wurde gesagt, daß sich der Herr Landwirtschaftsminister seit einiger Zeit in Spanien befindet. Sein Staatssekretär ist plötzlich erkrankt. Das Ministerium ist also nicht parlamentsfähig vertreten. Das Ministerium — wie man mir sagt — entschuldigt sich dafür.
Das Wort hat der Herr Bundesfinanzminister.

Dr. Rolf Dahlgrün (FDP):
Rede ID: ID0407520300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte die Bitte äußern, es bei der Entscheidung des Haushaltsausschusses zu belassen. Man kann dafür verschiedene Gründe anführen. Ich will mich sehr kurz fassen.
Bindungsermächtigungen bedeuten auch Geld. Im übrigen würden Sie durch diese Maßnahmen —20 Millionen DM Kürzung bei der Bindungsermächtigung und Erhöhung des Ansatzes bei Tit. 571 b — den Plafond des Haushalts erhöhen, was ich nicht gut fände. Außerdem, meine Damen und Herren, gibt es keinen Sachverständigen, der heute schon während dieser Beratungen etwas darüber aussagen kann, wie die Entwicklung dieser Vorhaben, beeinflußt durch den harten und langen Winter, sich gestalten wird. Niemand kann sagen, ob diese Vorhaben überhaupt noch so weit .vorangetrieben werden können, daß diese Beträge ausgegeben werden können. Ich würde sagen, wir sollten das erst einmal abwarten.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0407520400
Das Wort hat der Abgeordnete Peters.

Walter Peters (FDP):
Rede ID: ID0407520500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es war vereinbart worden,



Peters (Poppenbüll)

heute keine größere agrarpolitische Debatte zu führen, und wir wollen uns auch daran halten. Aber ich will eines als Entgegnung 'bringen. Herr Müller, Sie haben in Ihrer Kritik erklärt, daß die Strukturmittel gekürzt worden sind und daß dafür für preisverbessernde oder kostensenkende Maßnahmen 400 Millionen DM eingestellt worden sind. Man muß bei dieser Gegenüberstellung zunächst einmal feststellen, daß die Strukturmittel im Verhältnis zum Vorjahr um 173 Millionen DM vermehrt worden sind. Wir sind genau wie der Herr Finanzminister 'der Meinung, daß wir alle Mühe im Baubereich haben werden, um diese Mittel ausgeben zu können. Dazu kommen noch weitere 100 Millionen DM Bindungsermächtigungen, für die Verpflichtungen eingegangen werden können. So sind insbesondere die Ansätze für Aufstockung und Aussiedlung um 60 Millionen DM, für Wasserwirtschaft um 46,5 Millionen DM und für ländliche Siedlung um 53,8 Millionen DM in diesem Haushalt höher als im Vorjahr eingesetzt. Wir sind der Meinung, daß die preisverbessernden oder kostensenkenden Maßnahmen deshalb nötig sind, weil der Grüne Bericht des letzten Jahres ausgewiesen hat, daß die Lage der Landwirtschaft sich wesentlich verschlechtert hat. Ich glaube, meine Damen und Herren von der SPD, es ist auch in Ihrem Sinne, .daß gerade die Altershilfe um 150 Millionen DM, die Zuschüsse für Berufsgenossenschaften um 100 Millionen DM, die Förderung der Vermarktung um 40 Millionen DM, die Milchfördenungsbeiträge uni 40 Millionen DM und die Zinsverbilligungen um 50 Millionen DM aufgestockt worden sind.
Wir sind aber darüber hinaus der Meinung — das darf ich als Schlußbemerkung sagen —, daß wir eine ganz klare Trennung zwischen preisverbessernden Maßnahmen und Strukturmaßnahmen brauchen. Es war in den letzten Jahren ein großer Fehler, beide Positionen in einem Plan zu haben. Dadurch ist eine Verwischung und Vermischung in der Zweckbestimmung der Mittel eingetreten.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0407520600
Das Wort hat der Abgeordnete Struve.

Detlef Struve (CDU):
Rede ID: ID0407520700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Müller, Sie haben die Bundesregierung kritisiert, daß sie nach Einbringung des Haushalts noch einmal die Mittel des Grünen Plans erhöht hat. Im Gegensatz dazu hat die CDU/ CSU-Fraktion kritisiert, daß der Grüne Plan schon gleich bei der Vorlage in den Haushalt eingearbeitet wurde. Dem Landwirtschaftsgesetz entsprechend ist die Bundesregierung verpflichtet, in Verbindung mit dem Grünen Bericht einen Grünen Plan vorzulegen, der die Konsequenzen aus einem Grünen Bericht zieht. Seinerzeit waren die Auffassungen insofern unterschiedlich, als die Bundesregierung 240 Millionen DM zusätzlich zu den Voranschlägen des eingereichten Haushalts bewilligte, während von seiten der Koalitionsparteien 400 Millionen DM zusätzlich verlangt wurden. Ich glaube also, wir sind uns alle darüber im klaren, daß Grüne Pläne entsprechend Grünen Berichten vorgelegt werden sollten.
Im Zusammenhang damit müssen wir anerkennen, daß der Haushaltsausschuß in der Tat diese 400 Millionen DM bewilligt hat. Allerdings haben Sie recht, daß durch die erhöhten Bindungsermächtigungen im Struktursektor ein Haushaltsausgleich geschaffen wurde.
Herr Kollege Rehs hat die Bedeutung der ländlichen Siedlung hervorgehoben. Ich möchte hinzufügen, Herr Bundesfinanzminister, daß wir von seiten der CDU/CSU-Fraktion davon ausgehen, daß diese Mittel nicht nur für die Siedlung, sondern ebenfalls für die Flurbereinigung, für die Aufstockung und Aussiedlung in Tit. 573 genauso wie für die Aufstockung und Aussiedlung bei besonderen agrarstrukturellen Maßnahmen, wo die Bindungsermächtigungen insgesamt um 100 Millionen DM erhöht sind, flüssig gemacht werden, sofern diese Mittel im Zusammenwirken mit den Ländern verkraftet werden können. Hier wird sicherlich der sehr lange Winter, den wir hatten, Schwierigkeiten bereiten. Aber das Hohe Haus ist sich immer darüber einig gewesen, daß auf dem ganzen Gebiet der Strukturverbesserung einschließlich der ländlichen Siedlung bloß wegen Mangels an Mitteln nichts ungeschehen bleiben dürfe. Darüber waren wir uns nicht nur mit den Mitgliedern des Haushaltsausschusses, sondern, wie gesagt, mit dem ganzen Hohen Haus einig.
Es sei mir gestattet, in diesem Zusammenhang eine weitere Anregung zu geben. In 'diesem Jahr sind zum Teil die Zins- und Tilgungsbedingungen im Rahmen des Strukturprogramms, aber auch bei anderen Mitteln des Grünen Planes, geändert worden. Weitestgehend, wenn auch nicht voll und ganz, ist hier der Haushaltsausschuß den Beschlüssen des Ernährungsausschusses gefolgt. Wir begrüßen das. Ich möchte aber hinzufügen, daß alle diese Maßnahmen, die im Zusammenhang mit dem Grünen Plan stehen, erst wirksam werden können, wenn die dafür notwendigen Richtlinien erlassen werden. Im vergangenen Jahr haben wir in dieser Beziehung eine bittere Enttäuschung erlebt; denn in gewissen Bereichen, vor allen Dingen im Investitionsbereich, haben die vorgesehenen Zinsverbilligungsmittel bei weitem nicht ausgegeben werden können, weil die Richtlinien nicht da waren. Das Hohe Haus wird, wenn es den Vorschlägen des Haushaltsausschusses folgt — und ich zweifele nicht daran, ,daß es dies geschlossen tun wird —, zinsverbilligte Investitionsmittel in einem Umfang von etwa 1 1/2 Milliarden DM mobilisieren. Das ist eine gewaltige Summe. Wir haben aber im Ernährungsausschuß wiederholt einmütig die Bundesregierung darum gebeten, sie möge dafür sorgen, daß unverzüglich die Richtlinien herauskommen, damit nicht so viel Zeit zwischen Antragstellung und Genehmigung verlorengeht. damit die vom Hohen Haus bewilligten Mittel auch praktisch verwendet werden. Das Hohe Haus sollte, glaube ich, noch einmal geschlossen diese Bitte der Regierung übermitteln.
Vor allen Dingen legen wir Wert darauf, daß nicht durch neue Dotationsauflagen wieder Schwierigkeiten bei den Verhandlungen mit den Ländern



Struve
auftreten und dann einzelne Maßnahmen, die hier einmütig beschlossen worden sind, zu spät oder gar nicht anlaufen können. Wir haben das im Vorjahre erlebt. Es darf nicht vorkommen, daß durch die Abstimmung unter den einzelnen Ressorts mit dem Rechnungshof und mit den Ländern so große Zeitverluste entstehen.
Ich wäre sehr dankbar, wenn das Hohe Haus dieser meiner Bitte und Anregung durch die einmütige Annahme der Vorlage des Haushaltsausschusses Rechnung trüge.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0407520800
Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

(Abg. Dr. Schäfer: Herr Präsident, wir wollen eine Erklärung zur Abstimmung abgeben!)

Zu einer Erklärung zur Abstimmung, Herr Abgeordneter Schmidt (Gellersen).

Dr. R. Martin Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0407520900
Meine Damen und Herren! Zur Gesamtabstimmung über den Einzelplan 10 darf ich namens meiner Fraktion folgendes erklären.
Die SPD-Fraktion hat im Rahmen der Beratungen des Grünen Plans eine ganze Reihe von Anträgen auf anderweitige Verwendung und Verteilung der Mittel gestellt. Diese Anträge fanden in den Ausschußberatungen Berücksichtigung. Die von meiner Fraktion wiederholt gewünschte Umgestaltung des Einzelplans 10 hat ebenfalls in der Vorlage ihren Niederschlag gefunden.
Der im Sinne unserer Vorstellungen immer mehr entwickelte Grüne Plan mit den für den Haushalt entscheidenden Positionen kann dennoch nicht Veranlassung sein, dem Einzelplan 10 zuzustimmen. Der Politik der Bundesregierung im Hinblick auf die Entwicklung der gemeinsamen Agrarpolitik und im Hinblick auf die Anpassungsmaßnahmen in der deutschen Landwirtschaft haben meine Freunde unid ich wiederholt in diesem Hause widersprochen. Wir halten diese Politik den Lebensinteressen unserer Landwirtschaft für abträglich und im allgemeinen europäischen Interesse für wenig ermutigend. In Abwägung der vorgetragenen Gedanken und Argumente wird die sozialdemokratische Fraktion sich der Stimme enthalten.

Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0407521000
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag Umdruck 251 *). Wer ihm zustimmen will, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Einzelplan 10 im ganzen. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei Enthaltung der SPD angenommen.
Wir haben weiterhin abzustimmen über den Antrag auf Drucksache IV/ 1209. Wer diesem Antrag des
*) Siehe Anlage 5 Ausschusses auf Drucksache IV/ 1209 zustimmen will, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Damit ist 'dieser Punkt erledigt.
Ich rufe gemäß der Ankündigung vor einer halben Stunde Punkt V der Tagesordnung auf:
Dritte Beratung des vor der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes (StPÄG) (Drucksachen IV/ 178, IV/ 1020, zu IV/ 1020);
Zusammenstellung der Beschlüsse des Bundestages in zweiter Beratung (Drucksache IV/ 1171).
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Rasner.

Will Rasner (CDU):
Rede ID: ID0407521100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beantragen interfraktionell Rücküberweisungan den Rechtsausschuß.

Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0407521200
Ich habe noch eine Reihe von Änderungsanträgen bekommen, nämlich die Umdrucke 276, 275, 274, 268. *) Die sollen mit überwiesen werden?

(Zustimmung. — Abg. Rasner: Technisch wohl nur als Material!)

— So nennen Sie es; wir überweisen die Anträge mit. Ist das Haus einverstanden? — Dann ist so beschlossen.
Wir kommen 'zurück zur zweiten Beratung des Haushaltsplans.
Ich rufe auf:
Einzelplan 11
Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (Drucksachen IV/ 1110, zu IV 1110);
Der Berichterstatter

(Abg. Dr. Götz: Ich verweise auf den Schriftlichen Bericht!)

— verweist auf den Schriftlichen Bericht. — Das Wort hat der Abgeordnete Seidel (Fürth).

Max Seidel (SPD):
Rede ID: ID0407521300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion hat zum Einzelplan 11 keine Anträge gestellt. Sie will das Nein-Konto der Koalitionsmehrheit in bezug auf die SPD-Anträge nicht noch weiter vermehren.

(Zuruf des Abg. Dr. Stoltenberg.)

Wir wollen auch Herrn Kollegen Conring als charmanten Scharfrichter für SPD-Anträge bei den Haushaltsberatungen nicht bemühen.

(Heiterkeit bei der SPD. — Lachen in der Mitte und rechts.)

*) Siehe Anlagen 6, 7, 8 und 9



Seidel (Fürth)

Wir beabsichtigen nur, ein paar Anmerkungen zum Einzelplan 11 und in bezug auf den Herrn Minister zu machen; von einer grundsätzlichen Sozialdebatte sehen wir heute ab.
Der Einzelplan 11 -- Geschätfsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — weist in seinen Ausgaben 11,5 Milliarden DM aus. Das ist neben dem Etat der Verteidigung mit seinen 18,4 Milliarden DM der zweitgrößte Einzeletat im Bundeshaushalt. Die Zeit ist vorbei, in der beide Einzelpläne in ihren Endsummen noch miteinander in Konkurrenz standen. Für den Einzelplan „Arbeit und Sozialordnung" muß aber festgestellt werden, daß seine Gesamthöhe in den letzten drei Jahren fast gleich geblieben ist, obwohl der Bundeshaushalt laufend Rekordhöhen in der Endsumme erreichte. Wir hatten 1961 einen Bundeshaushalt mit einer Endsumme von 48,1 Milliarden DM; im Einzelplan 11 waren 11,3 Milliarden DM ausgewiesen. Im Jahre 1962 erreichte der Bundeshaushalt eine Endsumme von 53,4 Milliarden DM; der Einzelplan 11 wies 11,2 Milliarden DM aus. In diesem Haushalt 1963 werden wir die Endsumme von 57,9 Milliarden DM erreichen; der Einzelplan 11 steht in seinen Ausgaben auf 11,5 Milliarden DM.
Ich vermerke das deshalb, weil in der öffentlichen Diskussion über den Sozialetat unentwegt der Eindruck erweckt wird, als sei schon das Maß der vertretbaren sozialen Leistungen erreicht, trotzdem aber gebe es laufend neue, zusätzliche Ausgaben.
Wir anerkennen keineswegs, daß das Maß der sozialen Leistungen mit diesen 11,5 Milliarden DM überzogen sei. Es stimmt nicht, daß die Ausgaben für soziale Zwecke im Bundeshaushalt von Jahr zu Jahr ein enormes Ansteigen aufweisen. Das Sozialministerium kann vielleicht darauf antworten, daß die neuen Sozialgesetze, die zur Beratung anstehen, das Zahlenbild des Sozialetats bald wesentlich verändern werden. Bei dieser Antwort aber ist Skepsis am Platze. Niemand kennt bisher das Ergebnis der anstehenden Beratungen, und niemand kann voraussagen, in welchem Verhältnis die neue Endsumme des Einzeletats dann zur Summe des Gesamthaushalts stehen wird. Wir erachten es als selbstverständlich, daß die soziale Sicherung ständig fortentwickelt wird.
Im Zusammenhang mit diesen Anmerkungen zum Sozialetat stelle ich mir die Frage, ob nicht im Rahmen der Gesamtpolitik der Bundesregierung das Sozialministerium die Rolle des Stiefkindes einnimmt. Wenn man den Inhalt der Regierungserklärungen aus den Jahren 1961, 1962 und 1963, soweit sie sich auf die sozialen Fragen beziehen, betrachtet, kann man zu einer solchen Schlußfolgerung kommen. Die in den Regierungserklärungen enthaltenen Passagen über die Sozialaufgaben sind sehr allgemein und wenig verpflichtend gehalten. Daraus ergibt sich wohl auch der Verzug des Ministers bei mancher angekündigten Regierungsvorlage, obwohl der Minister gern erklärt, hinsichtlich der Konzeption der Sache sei alles klar, er brauche nur in die Schublade zu greifen, und die Beratungen könnten beginnen. Das traurige Beispiel dafür, daß es anders ist, ist die Vorlage zur Kriegsopferversorgung: Der
Herr Minister wird zur eigenen Vorlage gedrängt; vom Bundestag werden Termine gesetzt; die Abgeordneten bringen eigene Vorlagen ein; der Minister kommt aber mit seiner Vorlage nicht mit. Kommt er dann endlich, dann sind viele Monate seit dem gestellten Termin vergangen.
Herr Minister Blank, das ist eine leidige Sache nach mehreren Richtungen hin, erstens, daß Sie zu den Vorlagen erst angestoßen werden müssen, zweitens, daß Sie durch Ihre hinhaltende Taktik schon vor Einbringung Ihrer Vorlage scharfe öffentliche Auseinandersetzungen um die Person des Ministers auslösen und drittens, daß sich die Betroffenen mit Recht durch diese Terminverschiebungen als überrollt vorkommen müssen, weil sie viele Monate der erhofften Leistungsverbesserungen verlieren. Diese Ihre Arbeitsmethode schafft Ärger und Unmut unter den Betroffenen, der völlig unnötig ist und in vielen Fällen zur Staatsverdrossenheit beiträgt.
Man wird den Eindruck nicht los, daß der Herr Minister ein sehr getreuer Diener des Finanzministers ist. Er hält sich an den gebilligten finanziellen Plafond, baut darauf seine sozialpolitische Konzeption und legt das in die Gesetzesvorlage um, und später geht dann trotzdem alles anders, als er gedacht hatte. Das, Herr Minister, tut dem Sozialministerium nicht gut. Vielleicht probieren Sie es einmal andersherum: erst die soziale Konzeption, dann die Vorlage und nun der Kampf mit dem Finanzministerium.

(Abg. Windelen: Und anschließend die Notenpresse!)

Ich weiß, Sie haben darüber andere Auffassungen, eigenwillige, wie man das nennt. Wenn der Zug schon abgefahren ist, rennen Sie aussichtlos noch hinterher.
Jedermann in der Bundesrepublik hatte erwartet, daß der Sozialminister im jetzt ausgestandenen Tarifkonflikt als Mittler auftreten würde. Aber das Gegenteil war passiert. Als Sozialminister konnten Sie es nicht lassen, sich durch einseitige Parteinahme zugunsten der Arbeitgeber vernehmlich einzuschalten mit der Bemerkung: Eine Lohnerhöhung, die über 4 % hinausgeht, trägt zur Geldentwertung bei. Nun, ,die Einigung der Tarifpartner ohne Ihre Mittlerrolle liegt jetzt mit 5 % Lohnerhöhung vor. Niemand hat Ihren Unkenruf der Geldentwertung aufgenommen. Kein Wort davon in den Kommentaren zu dem gefundenen Kompromiß. Im Gegenteil, allgemein wurde das Ergebnis ,als tragbar für die Wirtschaft und Währung empfunden.
Von einem .Sozialminister sollte man die Bereitschaft erwarten, daß er sich bei den sozialen Auseinandersetzungen stellt. Dazugehört allerdings, daß der Sozialminister sich u. a. auch an den Diskussionen über seine Vorlagen in den Ausschüssen des Bundestages beteiligt. So etwas Selbstverständliches gibt es leider in diesem Fall nicht. Mit Fleiß und Hartnäckigkeit hält sich der Sozialminister den Ausschußberatungen seit Jahr und Tag fern.

(Sehr wahr! bei der SPD.)

Selbstverständlich kann der Minister diese eigene
Linie auch dann gegenüber dem Haushaltsausschuß



Seidel (Fürth)

nicht brechen, wenn sein Haushalt zur Beratung ansteht. Auch dort glänzt er durch Abwesenheit. Diese Zurückhaltung und diese Genügsamkeit halte ich aber für nicht vereinbar mit den Aufgaben des Sozialministers.
Im Zusammenhang mit meinen Bemerkungen zum letzten Arbeitskampf muß 'die Bundesregierung an die Realisierung ihrer Versprechungen hinsichtlich der Förderung der Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand erinnert werden. Das bestehende Gesetz über „die Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand" aus dem Jahre 1961 ist z. B. in seiner Wirkung sehr bescheiden ausgefallen. Viele halten es sogar für untauglich. So weit will ich nicht gehen. Herr Minister, Sie haben Verbesserungen angekündigt. Wir sehen Ihren Vorlagen mit Interesse entgegen. Aber ich glaube, es wäre endlich an der Zeit, daß nach gründlichen Gesprächen mit den Sachkundigen der Wissenschaft, der Arbeitgeber und der Gewerkschaften brauchbare Vorlagen zur Verwirklichung des Versprechens der Regierung dem Parlament zur Beschlußfassung eingereicht werden.
Das Zahlenbild des Etats Arbeit und Sozialordnung ist :in der Hauptsache durch gesetzliche Verpflichtungen festgelegt. Für die zur Beratung anstehenden Sozialgesetze ist aber keine Mark im Etat 1963 vorsorglich eingesetzt worden.

(Abg. Dr. Stoltenberg: Das haben wir noch nie getan!)

Das soll, so lautet 'die Versicherung des Finanzministers, einem Nachtragshaushalt vorbehalten sein. Ich hoffe, die Regierung und die Mehrheit des Hau') ses werden dieses sehr bedeutsame Versprechen halten.

(Abg. Mengelkamp: Darauf können Sie sich verlassen!)

Es wäre sehr schlecht, wenn ein neuer Terminhandel um das Inkrafttreten der anstehenden Sozialgesetze zu Lasten der Empfänger z. B. von Kindergeld und Kriegsopferversorgung ginge.
Die sozialdemokratische Fraktion wird sich bei der Abstimmung über den Einzelplan 11 der Stimme enthalten.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0407521400
Das Wort hat der Bundesminister für Arbeit.

Theodor Blank (CDU):
Rede ID: ID0407521500
Herr Kollege Seidel, ich stelle fest, daß sich Ihre Einstellung zu mir immerhin erfreulich gewandelt hat. Diesmal wollen Sie sich nur bei der Abstimmung über den Etat der Stimme enthalten. Wenn ich recht im Bilde bin, haben Sie mir beim vergangenen Mal das Gehalt streichen wollen. Ich bin Ihnen außerordentlich dankbar für diesen Stimmungsumschwung

(Abg. Metzger: Sie sind aber nachtragend!)

— gar nicht, wie Sie sehen —, der mittlerweile in der SPD-Fraktion Platz gegriffen hat.

(Abg. Dr. Schäfer: Meinen Sie! Unser Urteil hat sich nicht geändert!)

— Herr Schäfer, so tragisch nehme ich das auch wieder nicht.
Nun weiter. Sie haben, Herr Seidel, nichts gesagt, was ich nicht schon dieser Tage im „PPP" gelesen hätte. Ich will gar nicht auf die Einzelheiten eingehen. Daß ich bei Ihnen nicht beliebt bin, ist mir bekannt.

(Zuruf von der SPD: Bei wem denn? — Heiterkeit bei der SPD.)

Wenn das neu wäre, würde mich das vielleicht schockieren. Das ist aber nicht neu. Sie wissen ganz genau, daß ich entschieden dagegen bin, mit Ihnen zusammen in eine Regierung einzutreten. Deshalb können Sie mich ruhig, wenn Sie wollen, hassen. Mir macht das gar nichts aus.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

Mit beweist das, daß ich auf dem richtigen Wege bin.

(Zuruf von der SPD: Ist das die ganze Politik?)

— Ich denke, die ist etwas gehaltvoller als die Ihre, die nur darin besteht: Schaut einmal her, wie fein wir sind, und laßt uns doch mal mitspielen!

(Lachen bei der SPD.)

Es wird gesagt, die soziale Sicherung müßte ständig zunehmen. Ich behaupte, daß die soziale Sicherung in Deutschland wie in keinem anderen Land der Welt zunimmt, und ich behaupte, daß wir trotz des katastrophalen Ausgangspunktes und trotz der Belastung mit der größten Sozialhypothek, die je ein Volk bei einem so ungeheuren Zusammenbruch auf sich nehmen mußte, schon wieder mit an der Spitze vergleichbarer Kultur-, Wirtschafts- und Sozialnationen in der Welt stehen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.) Daran beißt keine Maus einen Faden ab.


(Abg. Dr. Schäfer: Durch die Leistung des ganzen Volkes!)

— Ach so, eben haben Sie es bestritten, und jetzt sagen Sie nur, wir seien nicht die Ursache. Sehen Sie, so können Sie nicht argumentieren.

(Zuruf von der SPD: Sie auch nicht! — Weitere Zurufe und Unruhe bei der SPD.)

Sie haben gesagt, die Abgeordneten bringen eigene Vorlagen ein. Ist das im Sinne eines Vorwurfs an die Abgeordneten gesagt? Unser Grundgesetz, zu dem wir uns bekennen, gibt den Abgeordneten die Möglichkeit, initiativ zu werden. Es wären merkwürdige Menschen, wenn sie von diesem ihrem Recht nicht nach eigenem Ermessen Gebrauch machten. Welche Ideen ich entwickelt habe, das, meine Damen und Herren, habe ich Ihnen gezeigt. Ich habe Ihnen bei meinem Amtsantritt meine sozialpolitische Konzeption ganz klar auf den Tisch gelegt. Die sieht allerdings nicht so aus — und das bekennen ich freimütig —: Immer nur mehr und mehr ohne Rücksicht darauf, wo es herkommt. Die Regierung ist nicht Anwalt irgendeiner Gruppe, irgendeiner Schicht, sondern diese Regierung — und in ihr auch ich — betrachtet sich als Anwalt des



Bundesminister Blank
I ganzen Volkes. Ich bin nicht ein getreuer Parteigänger des Finanzministers, was Sie, Herr Seidel, beklagten, sondern ich bin ein getreuer Sachwalter gegenüber dem ganzen deutschen Volk.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD.)

— Daß Ihnen da nur ein paar Schmährufe einfallen, nehme ich Ihnen gar nicht übel.

(Abg. Dr. Schäfer: Das ist doch Ihre Pflicht! Das haben Sie doch beeidet!)

Jeder demonstriert sein Niveau auf seine Weise.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Lachen und ironischer Beifall bei der SPD.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0407521600
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Schäfer?

Theodor Blank (CDU):
Rede ID: ID0407521700
Gern!

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0407521800
Herr Minister, meinen Sie nicht, daß Ihr Amtseid Sie verpflichtet, sich darum zu bemühen?

(Zurufe von der CDU/CSU: Worum?)

— Um das, was Sie hier vortragen!

Theodor Blank (CDU):
Rede ID: ID0407521900
Herr Schäfer, als ich neulich hier einmal meinen Amtseid zitierte und Ihnen sagte, was dieser Amtseid von mir verlangt, wissen Sie, was da die Antwort war? Eben solche höhnischen Bemerkungen und ein Lachen wie das, von dem jener Satz, den ich eben gesprochen habe, von Ihnen begleitet wurde.

(Abg. Dr. Schäfer: Wahrscheinlich gaben Sie den Grund dafür!)

— Ach, Herr Schäfer, ich sage Ihnen noch einmal: jeder demonstriert in seiner Weise.

(Abg. Metzger: Sie sind aber empfindlich!)

Nun sagen Sie, der Minister sei ein getreuer Parteigänger des Finanzministers. Diese Auffassung kenne ich. Sie stellen sich wohl die Bundesregierung als eine Art Bravos vor, bei .der jeder mit allen erdenklichen Mitteln gegen den Finanzminister kämpft, um eine möglichst große Summe zur Verfügung zu haben. Die Bundesregierung ist eine Einheit, und die Bundesregierung verwaltet Einnahmen und Ausgaben des deutschen Volkes.

(Abg. Dr. Schäfer: So steht es im Gesetz!)

Ich bin bereit, bei allem, was ich auf sozialem Gebiet tue, mir auch immer klar darüber zu sein, woher die Mittel dazu kommen und wer sie zu guter Letzt bezahlen muß.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Ich Will Ihnen einmal aus dem Gedächtnis ohne jede Unterlage — darum werden einige Angaben nicht bis auf die letzte Mark zutreffen, aber ungefähr stimmen — folgendes sagen. Wir haben in diesem Jahr einen Aufwand an öffentlichen Sozialleistungen von etwas über 44 Milliarden DM. Haben Sie eigentlich den Mut, dem deutschen Volke einmal zu sagen, daß im Grunde genommen die Empfänger das selber finanzieren? Haben Sie einmal den Mut, dem deutschen Volke zu sagen, daß jeder Erwerbstätige in Deutschland 1800 DM jährlich, also 150 DM im Monat, dafür zahlt?Meine sehr verehrten Damen und Herren, das sind Fragen, mit denen wir konfrontiert werden. Halten wir uns einmal den statistischen Durchschnittsverdienst eines Industriearbeiters im November des vergangenen Jahres vor Augen. Betrachten wir einmal, inwieweit dieser mit Sozialabgaben belastet war. Wir, ,die wir der Auffassung sind, daß Sozialabgaben auch Lohnkosten sind, stellen dann fest, daß zwischen dem zu zahlenden Lohn, den der Arbeitgeber auf den Tisch legen muß, und dem Lohn, den der Verdienende empfängt, eine Diskrepanz von sage und schreibe 200 DM steht. Nun bin ich aber im Gegensatz zu Ihnen, weil ich eigene Konzeptionen habe —

(Zuruf von der SPD)

— ob Sie das bestreiten oder nicht, ist unerheblich --, der Auffassung, daß eis nicht sozial ist, jemandem 200 DM, die er sauer verdient hat, nicht zukommen zu lassen, um ihn dann für einen Sozialfall zu erklären, für den der liebe Staat etwas tue. Nein, ich habe eine andere Auffassung von der menschlichen Freiheit, eine andere Auffassung vom Staat, 'ich habe eine andere Auffassung von der sozialen Sicherheit.
Was die Leistung anbetrifft, so habe ich pünktlich jedes Jahr, solange ich im Amt bin, das Rentenanpassungsgesetz vorgelegt. Wir haben in dieser Legislaturperiode auf keinem anderen Gebiet der deutschen Innenpolitik so viele entscheidende Dinge behandelt wie auf dem Gebiete der Sozialpolitik. Ich denke nur an die Unfallversicherungsreform, von der sogar ein Mann aus Ihren Reihen, der mich mit Sicherheit nicht mag, öffentlich sagte, sie sei ein gelungener Wurf. Die haben wir verabschiedet. Wir Sozialpolitiker von der Christlich Demokratischen Union und auch meine übrigen Freunde von der Koalitionsfraktion brauchen uns ob unserer Taten nicht zu schämen.
In einem aber konkurrieren wir mit Ihnen nicht. Das ist auch der Grund, warum ich gegen eine Koalition mit Ihnen bin.

(Heiterkeit.)

Ich bin der Meinung, daß es unverantwortlich ist, hier Agitationsanträge in Höhe von 1,9 Milliarden DM auf den Tisch zu legen und dann dem deutschen Volke klarmachen zu wollen, man sei im übrigen für die NATO, man sei für die Verteidigung, man sei für dieses, man sei für jenes.

(Zurufe von der SPD.)

Nein, man muß dem deutschen Volke auch sagen, wo solche Summen hergenommen werden sollen.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. Schäfer: Das haben wir immer getan! Lesen Sie mal die Reden von gestern nach! Reden Sie nicht ins Blaue hinein!)




Bundesminister Blank
— Herr Schäfer, bemühen Sie sich doch nicht so viel! Denn eine Fähigkeit haben Sie nicht: Sie können nicht zuhören. Das bedauere ich an Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Schäfer: Oder Sie nicht überzeugen!)

— Ja, wenn Ihnen die Fähigkeit des Überzeugens nicht verliehen ist, können Sie das doch mir nicht zum Vorwurf machen.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

Meine Damen und Herren, ich will Ihre Aufmerksamkeit, die Sie nun schon zwei Tage so haben strapazieren müssen, nicht länger in Anspruch nehmen. Ich stelle nur fest: Zum ganzen Sozialetat
— und ist das nicht erschütternd? frage ich —, zum ganzen Sozialetat, dem zweitgrößten unter allen Etats, der sich mit Problemen beschäftigt, die das ganze deutsche Volk angehen, zu alledem weiß die deutsche Sozialdemokratie hier und heute nichts zu sagen als ein paar persönliche Anwürfe gegen den Minister für Arbeit und Sozialordnung.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Lebhafte PfuiRufe von der SPD. — Abg. Dr. Schäfer meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

— Nein, Herr Schäfer, jetzt nicht, jetzt rede ich!

Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0407522000
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Theodor Blank (CDU):
Rede ID: ID0407522100
Nein, ich gestatte sie jetzt nicht, Herr Präsident. Ich möchte meine Rede fortsetzen.

(Abg. Dr. Schäfer: Nach einer so unwahren Behauptung ist das klar!)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0407522200
Es ist im Belieben des Redners, ob er antworten will oder nicht.

(Zurufe von der SPD.)

Der Redner will nicht antworten. Also gibt es keine Frage. Sie können sich zum Wort melden.

(Zuruf des Abg. Dr. Schäfer.)


Theodor Blank (CDU):
Rede ID: ID0407522300
Ach, Herr Schäfer, ich fürchte Sie doch nicht! Das habe ich Ihnen doch mehr als einmal bewiesen.

(Abg. Dr. Schäfer: Wenn Sie unwahre Angaben machen! — Weitere Zurufe von der SPD.)

— Nein, ich wende jetzt nicht antworten.
Ich wiederhole: Zu diesem ganzen Etat weiß die Sozialdemokratie, die sozialdemokratische Fraktion diesels Hauses nichts zu sagen

(Widerspruch unid anhaltende Pfui-Rufe von der SPD)

als ein paar persönliche Anwürfe gegen den Minister. Das ist doch bedauerlich.

(Fortgesetzte Pfui-Rufe von der SPD. — Abg. Dr. Schäfer: Das ist doch unter dem Niveau eines Ministers, was Sie hier vortragen! Was ist mit dem Zweiten Neuregelungsgesetz? Wie können Sie denn die ganzen Gesetzentwürfe, die die SPD vorlegte, einfach unterschlagen? — Gegenruf von der CDU/CSU: Dazu hat er doch was gesagt! Abg. Dr. Schäfer: Sie verzögern doch 'die Behandlung ! )

— Herr Schäfer, regen Sie sich doch nicht auf!

(Anhaltende Pfui-Rufe von der SPD. — Große Unruhe.)

Was Sie hier so demonstrieren, ist Ihr Niveau, nicht das meinige. Sehen Sie zu, wie Sie mit dem Ihrigen zurechtkommen.

(Fortgesetzte Pfui-Rufe von der SPD. — Abg. Braun: Ihr Niveau ist es, nie in den Ausschüssen zu erscheinen und hier das Parlament zu diskriminieren!)

— Je mehr Sie Ihren Hals strapazieren, um so mehr gefährden Sie Ihre Gesundheit.

(Anhaltende Zurufe von der SPD.) — Tun Sie es bitte nicht!

Ich kehre zurück zu dem — —

(Abg. Herold: Treten Sie zurück, Herr Minister! Das ist das beste!)

— Ich könnte mir denken, daß Ihnen das Spaß machen würde. Nein, das tue ich aber gar nicht. Ich bleibe hier auf diesem Platz, und 'Sie brauchen gar keine Sorge zu haben: Machen Sie weiter mit diesen Agitationsanträgen, und Ihre unstillbare Sehnsucht nach diesem Platz wind sich nicht erfüllen.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Lachen bei der SPD.)

Nun, um ein versöhnliches Wort zu sagen — —

(Zurufe von der SPD.)

— So lassen Sie mich doch mal was Nettes sagen! — Um ein versöhnliches Wort zu sagen:

(Anhaltende Zurufe von der SPD)

ich bedanke mich bei der deutschen Sozialdemokratie, bei der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion dafür,

(Abg. Dr. Schäfer: Dann haben wir etwas falsch gemacht!)

daß die Anerkennung meiner Arbeit insoweit gestiegen ist, als mir für dieses Jahr wenigstens das Gehalt gegönnt ist. Ich danke Ihnen.

(Heiterkeit und Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Herold: Mit Rücksicht auf Ihre Familie, Herr Minister!)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0407522400
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Einzelplan 11 zustimmen will, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei Enthaltung der sozialdemokratischen Fraktion angenommen.




Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0407522500

Einzelplan 13
Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen

(Drucksache IV/ 1112).

Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Jürgensen. Verzichten Sie aufs Wort? — Gut. — Das Wort hat der Abgeordnete Cramer.

Johann Cramer (SPD):
Rede ID: ID0407522600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Einzelplan 13 gibt keine Gelegenheit, Änderungsanträge zu stellen, weil er ja nur das Ministergehalt ausweist, das Gehalt der Staatssekretäre und den Abschluß der Staatsdruckerei, der Bundesdruckerei in Berlin. Aber die Behandlung des Einzelplans 13 ist für uns die einzige Möglichkeit, zur Frage der Bundespost überhaupt etwas zu sagen.
Nun hat die Deutsche Bundespost in den letzten Monaten sehr stark im Rampenlicht der öffentlichen Kritik gestanden. Diese Kritik bezog sich in erster Linie auf die sehr überstürzte und ich glaube deshalb auch nicht bis zur letzten Konsequenz durchdachte Vorlage der neuen Postordnung und einer neuen Postgebührenordnung. Der Herr Bundespostminister hatte auf unsere diesbezüglichen Anfragen bei vorhergehenden Haushaltsberatungen und auch bei sonstigen Gelegenheiten in der Öffentlichkeit immer wieder erklärt, daß er keinesfalls an einzelne Gebührenerhöhungen denke, sondern eine allgemeine Gebührenreform vorschlagen werde, die aber gekoppelt sein müßte und abhängig sei von einer Neufassung der Postordnung. Diese Neuordnung erfordere aber — so hieß es immer wieder — eine längere Vorbereitungs- und Beratungszeit im Ministerium und im Verwaltungsrat der Deutschen Bundespost.
Die Öffentlichkeit, vielleicht auch der Herr Minister selbst, wurde jedoch durch einen Kabinettsbeschluß von Anfang Oktober des vergangenen Jahres überrascht, wonach die Postgebühren mit Wirkung vom 1. Januar 1963 an erhöht werden sollten. Zu diesem Zeitpunkt waren dem Verwaltungsrat die neuen Ordnungen noch nicht einmal zugeleitet worden. Ihm war vom Kabinett eine Frist gesetzt worden, die gar nicht einzuhalten war. Diese kurze Frist war vielleicht auch schuld daran, daß der zuständige Ausschuß dieses Hauses, der Ausschuß für Post- und Fernmeldewesen, sich aus der Presse die Einzelheiten der geplanten Neuordnung heraussuchen mußte.
Es besteht zwischen dem Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen und zwischen den beiden Ministerien, dem Bundesministerium für Verkehr und dem Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen, ein Abkommen, wonach Verordnungen von grundsätzlicher Bedeutung dem Ausschuß vorher zur Kenntnis gegeben werden sollen, damit der Ausschuß seine Wünsche und Bedenken vorher vortragen kann. Ich muß zugeben, Herr Minister Stücklen hat dem Ausschuß später Bericht erstattet, aber zu einem Zeitpunkt, als die Beschlüsse des Verwaltungsrates ziemlich unverrückbar feststanden.
Die Ausschaltung des Parlaments bei so wichtigen Veränderungen ist sehr bedauerlich, wenn auch seine Anhörung nach dem Postverwaltungsratsgesetz nun nicht mehr juristisch und zwingend vorgeschrieben ist. Aber es bleibt eine peinliche Lücke, daß solch wichtige Angelegenheiten nicht mehr den Ausschuß dieses Hauses passieren und somit auch im Parlament selber nicht zur Sprache kommen.
Im übrigen, meine Damen und Herren, scheinen uns die Erhöhungen mancher Gebühren ziemlich willkürlich gegriffen zu sein. Allein die Briefgebühr bis zu 20 Gramm ist geblieben wie sie war, nämlich 20 Pfennig. Damit sollte angeblich — das ist im Ernst gesagt worden — die Währungsstabilität gewahrt bleiben. Als ob die Währungsstabilität von der 20-Pf-Briefmarke abhinge! Aber dafür sind die übrigen Gebühren dann sehr erheblich angehoben worden, zum Teil sogar über 100 0/o.
Besonders kritisiert worden sind die erschwerenden Bestimmungen für den Versand von Drucksachen, Päckchen und Paketen. Ein ganz besonderer Stein des Anstoßes für die Postabholer ist die neu eingeführte Lagergebühr. Wer seine Post und seine Pakete selber abholt und der Post die Zustellung erspart, zahlt heute mehr als derjenige, der der Post diese Arbeit überläßt. Ich glaube nicht, daß das eine sehr kluge Gebührenpolitik ist. Es gibt übrigens ganz schlaue Leute, die schon herausgefunden haben, wie man die Post um diese Lagergebühr schädigen kann. Ich will das Rezept hier nicht verraten.

(Zurufe: Schade! Schade!)

Vielleicht läßt sich das Ministerium auch noch bewegen, einige der Öffentlichkeit völlig unverständliche Vorschriften abzuändern. Wenn Sie eine Glückwunschkarte verschicken und nur Ihren Namen Julius Meyer schreiben, dann kostet das Drucksachengebühr. Schreiben Sie aber „Dein Julius", dann kostet das die volle Gebühr, also die Gebühr eines Briefes.

(Abg. Schulhoff: Das ist bei der Ansichtskarte schon immer so gewesen!)

— Nein, bei der Ansichtskarte war es nicht so. Sie durften fünf Worte zu dem vorgedruckten Text hinzufügen, jetzt dürfen Sie nur Ihren Namen hinzu setzen. Das ist eine Vorschrift, die den alten Leuten wohl kaum eingehen wird. Aus dieser unverständlichen Bestimmung heraus werden sehr viele Nachgebühren erhoben werden müssen.
Bei den Postzeitungsgebühren hoffe ich, daß sich zwischen Post und Verlegerverbänden noch eine befriedigende Lösung anbahnt. Die zuerst vorgelegte Lösung hätte zweifellos zu schwerwiegenden Folgen für manchen Zeitungsverlag geführt, besonders für die Zeitungen, die auf einen umfangreichen Postversand eingestellt sind. Ich weiß, daß Verhandlungen im Gange sind und daß da noch einiges geschehen wird. Ich bin dafür auch dankbar.
Die übereilte Vorlage der neuen Postordnung und der neuen Postgebührenordnung hat zu einer peinlichen Situation geführt. Da für gewisse Neuregelungen die Einhaltung bestimmter Fristen zwingend



Cramer
vorgeschrieben ist, tritt nun die Postordnung nicht im selben Augenblick in Kraft wie die Postgebührenerhöhungen. Das ist auch eine Folge der übereilten Maßnahme. Man hat eine Notlösung gefunden. Das ist aber immerhin, glaube ich, kein Beweis dafür, daß die ganze Sache mit der notwendigen Ruhe und Sachlichkeit, die erforderlich gewesen wäre, durchgeführt worden ist.
Die Bundespost wollte mit der Gebührenordnung ihr voraussichtliches Defizit von schätzungsweise 600 Millionen DM für 1963 ausgleichen. Das ist jetzt nicht mehr möglich, da die einzelnen Erhöhungen nicht, wie vorgesehen wurde, am 1. Januar in Kraft treten konnten, sondern sehr unterschiedlich — die einen zum 1. März, die anderen zum 1. Juli .und einige sogar, wie die Postzeitungsgebühren, am 1. Januar 1964 — in. Kraft getreten sind bzw. treten.
In der öffentlichen Diskussion ist ein interessanter Vorschlag — sogar vom Herrn Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen selbst — gemacht worden. Dieser Vorschlag hat jedoch leider nicht die Zustimmung des Bundesfinanzministers und auch nicht die Zustimmung des Kabinetts gefunden. Die Bundespost führt nämlich jährlich 62/3 °/o ihrer Bruttoeinnahmen — also nicht ihres Gewinnes — an den Bundeshaushalt ab. Das waren im Jahre 1961 388 Millionen DM, 1962 422 Millionen DM. Für 1963 sollten es bei den alten Gebühren etwa 480 Millionen DM sein. Wenn die neuen Gebühren wie beabsichtigt termingerecht zur Wirkung gekommen wären, dann wären es 580 Millionen DM gewesen. Das ist genau die Summe, die dem Bundespostminister fehlt, um das Defizit auszugleichen.
Die Abführungen sind sehr erheblich gewesen. Seit 1949 hat die Bundespost an den Bundeshaushalt rund 3,3 Milliarden DM abgeführt. 1966 sollen das sogar 700 Mililonen DM sein. Das würde, wenn es sich um eine Ausschüttung handelte, eine 30 %ige Dividende bedeuten. Neulich hat einmal jemand gesagt, ich glaube der Minister selber, bei einem solchen Ergebnis müßte man eigentlich überlegen, ob die Bundespost nicht zu privatisieren wäre. 30'°/o Dividende ist ja immerhin sehr beachtlich.
Hätte der Bundesfinanzminister für eine gewisse Zeit auf die Ablieferung verzichtet, dann hätte die Bundespost eine Atempause bekommen, die sie zu einer reiflicheren Beratung ihrer Vorlage hätte benutzen können.

(Zuruf von der CDU/CSU: Dann hätten wir ein Loch im Etat gehabt!)

Niemand von uns verlangt oder wünscht, daß die Bundespost in die roten Zahlen kommt. Deshalb mußte etwas geschehen. Die Art und Weise aber und das Tempo, wie es geschehen ist, hat die gesamte Öffentlichkeit befremdet, vor allem unsere Wirtschaft, die gar nicht so schnell ihre einzelnen Versandarten umstellen und ihre Formulare umdrucken konnte, wie das die Anpassung an das Tempo der Gebührenerhöhung verlangte.
Ein Wort des Dankes an dieser Stelle an das Personal der Deutschen Bundespost. Der Dienst bei der Deutschen Bundespost ist trotz Hausbriefkästen und Postleitzahlen gewiß nicht leichter, sondern eher schwerer geworden. Das hängt nicht zuletzt mit dem Personalmangel zusammen, der auch bei der Post festzustellen ist. Ich darf bitten, daß das Ministerium in Zusammenarbeit mit dem Verwaltungsrat die Bemühungen fortsetzt, die Zahl der Dienstposten mit der Zahl der verfügbaren Personalstellen immer mehr in Übereinstimmung zu bringen, und mit Nachdruck dafür sorgt, daß eine befriedigende Lösung eintritt.

(Zuruf von der Mitte: Völlig verkehrt!)

— Nein, das ist nicht verkehrt bei der Bundespost. Die Folge dieser Tatsache ist nämlich, daß die an sich interessierten jungen Leute nicht mehr zur Bundespost gehen, wenn sie vor der Berufswahl stehen, sondern in andere Wirtschaftszweige abwandern.
Die Zahl der Antragsteller, die auf einen Fernsprechanschluß warten, ist immer noch erschreckend hoch. Wir haben gehört, daß die Bundespost in ihrem Fünfjahresplan etwa 9 Milliarden DM aufwenden will, um nach und nach zu kürzeren Wartefristen zu kommen. Wir haben aber auch hören müssen, daß in zehn Jahren immer noch eine Warteliste existieren wird. Das ist ein unerträglicher Zustand. Man sollte der Bundespost helfen, daß sie erstens die erforderlichen Gelder bekommt; leider muß sie sie auf dem Kapitalmarkt aufnehmen. Zweitens sollte man versuchen, die Kapazitäten der Industrie so auszunutzen, daß der Engpaß nach und nach überwunden wird.
Wir sehen eine Gefahr darin, daß die Bundespost gezwungen wird, ihren Finanzbedarf auf dem Kapitalmarkt aufzunehmen. Das ist richtig. Wir würden es lieber sehen, wenn man einen Mittelweg fände, um das Eigenkapital aufzustocken. Ein Weg wäre der, den Wunsch des Ministers zu erfüllen und für einige Jahre auf die Ablieferungspflicht zu verzichten. Dann würde man wieder ein gesundes Verhältnis herstellen, und darauf kommt es an. Die Bundespost ist ein Sondervermögen — so hat der Minister kürzlich gesagt —, und wir müssen aufpassen, daß es nicht ein sonderbares Vermögen der Bundesrepublik wird. Das ist auch unser Interesse, und ich meine, wir müssen alles tun, damit die Bundespost ein leistungsfähiges Unternehmen bleibt.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten in der Mitte.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0407522700
Das Wort hat der Herr Staatssekretär des Bundesministeriums für das Post- und Fernmeldewesen.

Dr. Willy Steinmetz (CDU):
Rede ID: ID0407522800
Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! In diesen Tagen finden in Paris die Feierlichkeiten aus Anlaß der 100. Wiederkehr der Ersten Internationalen Postkonferenz in Paris 1863 statt. Es sind dort neben dem amerikanischen Postminister fast alle europäischen Postminister versammelt, und entsprechend dem Gewicht der Deutschen Bundespost ist es erforderlich, daß auch Herr Bundespostminister Stücklen



Staatssekretär Dr. Steinmetz
persönlich anwesend ist. Gestatten Sie deshalb mir, daß ich einige Bemerkungen zu den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Cramer mache.
Im Zuge der von der gesamten Welt bewunderten wirtschaftlichen Entwicklung der Bundesrepublik haben sich die Verkehrsleistungen der Deutschen Bundespost in den letzten zehn Jahren verdoppelt. Der Personalbestand jedoch wurde nur um ein Fünftel erhöht. In all diesen Jahren sind auf Grund der erhöhten Verkehrsleistungen selbstverständlich die Erträge gestiegen. Leider aber konnten sie mit der ungleich stärkeren Steigerung der Aufwendungen nicht Schritt halten. Unter Berücksichtigung der Gebührensenkung 1948 und einiger weniger seitdem vorgenommener Gebührenerhöhungen blieb das Gebührenniveau in etwa auf dem Stande der Währungsreform. Damit, meine Damen und Herren, hat die Deutsche Bundespost eine einmalige, vorbildliche Tarifdisziplin gezeigt.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Wo ist so etwas auf der Welt noch einmal zu finden?
Die starken Steigerungen der Aufwendungen haben ihre Ursache außer in den laufenden Preissteigerungen für Sachgüter im wesentlichen und entscheidend in den Lohn- und Gehaltserhöhungen. Im Haushalt 1963 betragen die veranschlagten Personalaufwendungen mit 4,71 Milliarden DM fast zwei Drittel der gesamten Aufwendungen. Sie sind damit seit der Währungsreform um rund 262 % gestiegen. Ich möchte dabei ausdrücklich bemerken, daß sowohl der Herr Bundespostminister 'als auch seine nächsten Mitarbeiter immer und bei jeder Gelegenheit feststellen, daß insbesondere im unteren und mittleren, aber auch im gehobenen Dienst die Einkünfte der Postbeamten, der Angestellten und Arbeiter nicht der derzeitigen gesamtwirtschaftlichen Lage entsprechen.
In ,der Schere zwischen Erträgen und Aufwendungen mußte sich die Finanzlage besonders in den Jahren 1961 und 1962 erheblich verschlechtern. Im Jahre 1960 hatten wir noch einen Gewinn von 70,6 Millionen DM, das Jahr 1961 brachte bereits einen Verlust von 142,5 Millionen DM, und soweit der endgültige Abschluß des Jahres 1962 feststeht, hat sich eine Steigerung ides Defizits auf 380 Millionen DM ergeben. In Fortsetzung dieser Entwicklung mußte für 1963 mit einem Verlust von rund 600 Millionen DM gerechnet werden. Meine Damen und Herren, ich glaube, kein verantwortungsbewußter Bundespostminister konnte dieser Entwicklung tatenlos zusehen. Schon deshalb ist der Vorwurf unberechtigt, daß die neuen Maßnahmen, die von dem Verwaltungsrat beschlossen worden sind, überstürzt durchgeführt worden seien. Sie mußten einfach, um den Betrieb aufrechtzuerhalten, durchgeführt werden. Ich werde nachher noch mit einem Wort auf diese Dinge zurückkommen.
Verehrter Herr Abgeordneter Cramer, wenn Sie einzelne Maßnahmen der Gebührenreform oder einzelne neue Bestimmungen der Postordnung kritisiert haben, dann hätte ich vielleicht doch gewünscht oder angenommen, daß Sie sich mit Ihren Kollegen, die von Ihrer Fraktion in den Verwaltungsrat ,geschickt worden sind, einmal unterhalten hätten. Diese Ihre Kollegen hätten Sie ,glaube ich, eines besseren belehren können. Denn ich glaube mich noch zu erinnern, daß auch diese Herren alle für die Neuerungen gestimmt haben. Im übrigen sind diese Gebührenerhöhungen nur in den stark defizitären Dienstzweigen vorgenommen worden.
Es ist klar — wir haben das ja hier in den Fragestunden mehrmals diskutiert —, daß die vielen einzelnen und verästelten Neuerungen in den ersten Wochen dies Übergangs eine Reihe von Schwierigkeiten brachten. Sie sind — 'das darf ich heute wiederholen und bestätigen — dank des Einsatzes des Personals heute weitestgehend überwunden. Ihr Vorwurf, man hätte bei längeren Fristsetzungen all diesen zwangsläufigen Anfangsschwierigkeiten begegnen können, trifft nicht zu. Jeder, der die Gegebenheiten eines so großen Betriebes oder auch vergleichbarer privater Betriebe kennt, weiß, daß solche anfänglichen Schwierigkeiten nur ,im praktischen Dienstbetrieb behoben werden können.
In dem Voranschlag für 1963 sind Mehreinnahmen von insgesamt 542,4 'Millionen DM aus der Gebührenerhöhung eingesetzt. Dennoch schließt der Voranschlag in Einnahmen unid Ausgaben mit 10,8 Milliarden DM und einem Verlust von 63 Millionen DM. Ich darf in diesem Hohen Hause ausdrücklich bemerken, daß für Erhöhungen auf Grund neuer Tarifverträge für Arbeitet und Angestellte schon aus haushaltsrechtlichen 'Gründen im Voranschlag keine Mittel eingesetzt sind. Es muß also damit gerechnet werden, daß das Defizit unter Umständen noch höher wird.
Herr Abgeordneter Cramer hat die Probleme des Fernmeldewesens angeschnitten. Wir wissen das, und wir bedauern es sehr, daß wir nicht entsprechend unseren Wünschen und den Wünschen der gewerblichen Wirtschaft in noch stärkerer Weise die Investitionen für das Fernmeldewesen vornehmen können. Sie wissen alle, worauf das beruht. Es beruht einmal auf den mangelnden Finanzierungsmöglichkeiten, zum anderen aber auch auf der mangelnden Planungs- und Baukapazität sowohl der Deutschen Bundespost als auch der elektrotechnischen Industrie.
Sie haben die Leistungen des Personals angesprochen, Herr Abgeordneter Cramer. Ich danke Ihnen dafür, daß Sie den Einsatz des Personals gelobt haben. Ich kann mich diesem Ihrem Lob nur anschließen. Ich darf Ihnen aber auch sagen, daß man bei einzelnen Ihrer Kritiken am Betriebsablauf gerade vor allem unserem einfachen Betriebspersonal Vorwürfe macht. Ich hoffe nicht, daß Sie das wollen.
Wenn ich Zeit hätte, wäre ich in der Lage, Ihnen noch einiges über die Personalsituation und die Schere zwischen Dienstposten und Planstellen vorzutragen. Ich hatte unlängst schon Gelegenheit, in der Fragestunde einiges dazu zu sagen. Wir bedauern es sehr, daß wir bis heute nicht in der Lage sind, in einer Reihe von Sparten insbesondere des gehobenen Dienstes diesen Puffer fast zu 100 % abzubauen. Aber die Zahlen der letzten Jahre beweisen, daß wir auf gutem Wege sind. Ich bin sicher,



Staatssekretär Dr. Steinmetz
daß der Herr Bundesminister der Finanzen für das nächste Jahr uns dazu hilft, daß wir weitere Verbesserungen vornehmen können.

(ist selbstverständlich, daß der Bundespostminister sich streng auf dem Wege der Legalität zu halten hat. Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Staatssekretär? — Bitte, Herr Abgeordneter Cramer. Herr Staatssekretär, ist es richtig, daß der Postausschuß des Deutschen Industrieund Handelstages von Ihnen die Unterlagen bekommen hat, die der Ausschuß dieses Hauses nicht bekommen hat? Herr Bundestagsabgeordneter Cramer, ich habe an sich mit dieser Frage gerechnet. Ich darf aber noch einmal darauf zurückkommen, daß Sie vorhin gesagt haben, die Wirtschaft sei nicht rechtzeitig unterrichtet worden. Jetzt steht also auch für Sie fest, daß die Wirtschaft richtig und rechtzeitig unterrichtet worden ist. Es ist kein Zweifel, daß in diesen schwierigen Fragen mit dem Deutschen Industrieund Handelstag längere Zeit verhandelt worden ist. Daß dabei auch gewisse Unterlagen hergegeben worden sind, ist, glaube ich, selbstverständlich. Sie erinnern sich, daß der Herr Bundespostmnister selbst Ihnen in Ihrem Ausschuß einiges dazu gesagt hat, in dem Ausschuß, in dem er Sie auch über die Maßnahmen und die Absichten unterrichtet hat; der im übrigen — auf Grund des Protokolls darf ich das feststellen — am 6. Dezember 1962 tagte, also einige Wochen, bevor der Postverwaltungsrat seine entsprechenden Beschlüsse faßte. Meine Damen und Herren, die Kürze der Zeit erlaubt es mir nicht, noch weitere Ausführungen zu machen. Ich darf aber noch einmal wiederholen: Diese grundsätzliche Gebührenerhöhung, die der Minister immer angekündigt hat, war dringend nötig. Sie ist nach den entsprechenden notwendigen Vorbereitungen von den gesetzlich bestimmten Gremien verabschiedet worden. Wir wissen nicht, in welcher Weise und ob diese Gebührenreform den Anforderungen, die an die Post in Zukunft noch gestellt werden, gerecht wird. Wir werden das erst am Ende des Jahres sagen können. Eines darf ich aber zum Abschluß feststellen. Der Herr Bundesminister für das Postund Fernmeldewesen wird gemäß seiner Verpflichtung alles tun, um die Deutsche Bundespost auch weiterhin als wirksames Instrument jeglichen Fortschrittes sowie des allgemeinen Wohls auf allen Sektoren des Post-und Fernmeldewesens zu erhalten und ständig zu verbessern. Herr Abgeordneter Besold! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir noch einige Worte zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Cramer. Herr Kollege Cramer, mit Ihren Ausführungen gegen den Herrn Bundespostminister haben Sie eigentlich den Postverwaltungsrat getroffen; denn er ist das maßgebende Organ, das die Beschlüsse faßt, die den Postminister binden. Sie haben erklärt, daß die Erhöhung mancher Postgebühren willkürlich sei. Sie haben weiter gesagt, es sei bedauerlich, daß das Parlament in Sachen der Post ausgeschaltet sei. Das bedeutet nichts anderes, als daß Sie dein vom Gesetz bestimmten Organ, nämlich dem Postverwaltungsrat, das Mißtrauen aussprechen. Das sollte nicht geschehen. Sie kritisieren damit nicht nur uns; denn der Postverwaltungsrat setzt sich aus Vertretern der Angestellten und Arbeiter, aus Vertretern der Gewerkschaften, aus Vertretern der Wirtschaft und aus Vertretern des Bundestages zusammen. Im Postverwaltungsrat sind auch Ihre Parteifreunde; auch diese haben die Gebührenerhöhung mit beraten und mit beschlossen. Es mag sein, daß die Gebührenordnung unter einer gewissen Zeitnot zustande kam. Das besagt aber nicht, daß es der Postverwaltungsrat oder sein Arbeitsausschuß irgendwie an der nötigen Sorgfalt, an der nötigen Gewissenhaftigkeit habe fehlen lassen. Ihre Ausführungen gegen die Entscheidungen des Postverwaltungsrats dienen wirklich nicht dazu, das Vertrauen in diese Einrichtung zu stärken. Ich muß Ihnen nochmals sagen: Sie kritisieren nicht nur uns, sondern auch Ihre Parteifreunde, die diese Gebührenordnung mit beraten und ihr zugestimmt haben. Gestatten Sie eine Zwischenfrage? Herr Kollege Besold, Sie werden doch sicher zugeben, daß in dem Augenblick, als das Kabinett die Erhöhung der Gebühren zum 1. Januar 1963 beschloß, der Verwaltungsrat noch nicht einmal die Vorlage für die Postgebührenordnung hatte. Herr Kollege — — Einen Augenblick! Ich bin für diese Art der Diskussion; aber sie ist ja nicht zulässig. Ich habe die Fr a g e nicht gehört. Es müßte so heißen: „Geben Sie zu . . .?" Herr Kollege, geben Sie zu, geben Sie zu, daß das Kabinett die Gebührenerhöhung zum 1. Januar 1963 schon in einem Augenblick beschlossen hat, als der Postverwaltungsrat noch nicht die entsprechenden Unterlagen in Händen hatte? Herr Kollege Cramer, ich kann jetzt nicht genau sagen, ob das so ist; das habe ich jetzt nicht mehr in Erinnerung. Ich habe Ihnen gesagt, wir waren unter einem gewissen Zeitdruck. Aber ich füge folgendes hinzu: Wir haben die Unterlagen so rechtzeitig bekommen, daß wir sie studieren konnten, und wir haben uns im Arbeitsausschuß und im Plenum des Postverwaltungsrats so ausführlich darüber unterhalten können, daß Ihre Freunde genauso wie wir und wie die Vertreter der Wirtschaft der Postgebührenordnung nach gewissenhafter Prüfung zustimmen konnten. Ich glaube, es besteht kein Anlaß dazu, daß Sie hier in der Öffentlichkeit den Mitgliedern des Postverwaltungsrates das Mißtrauen aussprechen. Meine Damen und Herren, dem Präsidenten des Hauses steht es natürlich ganz schlecht an, eine so hochwichtige Debatte in irgendeiner Form beengen zu wollen. Auf der anderen Seite ist es das Ziel des Hauses, heute abend mit der zweiten Lesung des Haushalts 3)


(Abg. Cramer: Eine Zwischenfrage!)

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0407522900
Johann Cramer (SPD):
Rede ID: ID0407523000
Dr. Willy Steinmetz (CDU):
Rede ID: ID0407523100

(Beifall in der Mitte.)

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0407523200
Dr. Anton Besold (CSU):
Rede ID: ID0407523300
Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0407523400
Johann Cramer (SPD):
Rede ID: ID0407523500
Dr. Anton Besold (CSU):
Rede ID: ID0407523600
Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0407523700

(Heiterkeit,)




Johann Cramer (SPD):
Rede ID: ID0407523800

(anhaltende Heiterkeit)

Dr. Anton Besold (CSU):
Rede ID: ID0407523900

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0407524000

(Beifall.)

— Das ist sehr freundlich, daß Sie mir auf diese Weise Mut zusprechen.

(Heiterkeit.)

Aber, meine Damen und Herren, wir haben noch fünf Einzelpläne von insgesamt 31 zu behandeln. Wir haben außerdem das Haushaltsgesetz. Das macht insgesamt noch sechs Vorlagen. Zu vieren davon sind mehrere Änderungsanträge gestellt. Ich bin jetzt noch nicht sicher, ob wir es heute abend schaffen. Es ist insofern von Wichtigkeit, weil je nachdem heute abend entschieden werden muß, ob für morgen die Präsenzpflicht aufgehoben werden kann oder nicht.

Dr. Paul Bleiß (SPD):
Rede ID: ID0407524100
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich zu Wort gemeldet, um etwas richtigzustellen. Mein Fraktionsfreund Cramer hatte nicht die Absicht, etwa Zweifel in die Zuverlässigkeit und Integrität .des Verwaltungsrats der Deutschen Bundespost zu setzen. Das hat ihm sicher ganz fern gelegen. Er wollte vielmehr nur daran erinnern, daß es im Verkehrsausschuß — das ist Ihnen ja auch bekannt, Herr Kollege Besold —, doch eine gute Einrichtung gibt, nämlich die, daß wir mit dem Herrn Minister vereinbart haben, daß er, wenn wichtige Verordnungen beabsichtigt sind, vorher den Verkehrsausschuß davon in Kenntnis setzt, damit wir über diese Verordnungen sprechen können. Derselbe Wunsch ist von Herrn Kollegen Cramer auch hier im Zusammenhang mit einer Gebührenerhöhung geäußert worden, d. h. mit einer Verordnung deren Auswirkung sich immerhin in einer Größenordnung von einigen hundert Millionen DM bewegt.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0407524200
Gestatten Sie eine Zwischenfrage? — Bitte!

Dr. Anton Besold (CSU):
Rede ID: ID0407524300
Herr Kollege Bleiß, sind Sie nicht auch der Auffassung, daß es ein Mißtrauen gegenüber dem Postverwaltungsrat ist, wenn Herr Kollege Cramer erklärt, daß manche Erhöhungen ziemlich willkürlich gemacht worden seien und daß es bedauerlich sei, daß das Bundesparlament nicht mehr über diese Dinge beschließe? Das sind doch Ausdrücke des Mißtrauens.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0407524400
Das ist keine Frage mehr.

Dr. Paul Bleiß (SPD):
Rede ID: ID0407524500
Ich darf auf diese Frage antworten, Herr Kollege Besold. Verschiedene Gebührenerhöhungen sind in der Öffentlichkeit als offensichtliche Ungerechtigkeiten empfunden worden. Sie stellen für verschiedene Gewerbe auch zweifellos eine ganz erhebliche Kostenbelastung dar. Gerade deswegen hätte man vorher auch im zuständigen Ausschuß darüber sprechen sollen. Vielleicht wäre dann die Milderung der einen oder anderen Härte möglich gewesen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0407524600
Keine weiteren Wortmeldungen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan 13. Änderungsanträge sind nicht gestellt. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit; Einzelplan 13 ist angenommen.
Einzelplan 14 ist erledigt. Ich rufe auf:
Einzelplan 15
Geschäftsbereich des Bundesministers für Gesundheitswesen (Drucksache IV/ 1114).
Ich frage die Berichterstatterin, Frau Abgeordnete Krappe, ob sie das Wort wünscht.

(Abg. Frau Krappe: Ich verzichte!)

— Ich bedanke mich bei der Frau Berichterstatterin. Wortmeldungen in der allgemeinen Aussprache? — Herr Abgeordneter Schmidt (Offenbach)!

Dr. Horst Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0407524700
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Beratung des Einzelplans 15 — Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheitswesen — gibt uns Gelegenheit und wohl auch die Berechtigung, bei aller gebotenen Höflichkeit gegenüber dem einzigen weiblichen Mitglied der derzeitigen Bundesregierung ein ernstes Wort der Kritik an diesem Ministerum und seiner Spitze zu sagen, zumal die



Dr. Schmidt (Offenbach)

anfängliche Schutzfrist, die üblicherweise einem neu geschaffenen Ministerium gewährt wird, inzwischen abgelaufen ist und das Parlament schon in die zweite Halbzeit seiner Tätigkeit eintritt.
Zunächst einige Worte zur Entstehungsgeschichte dieses Ministeriums. Nachdem sich in den letzten Legislaturperioden auf dem Gebiet des Gesundheitswesens und der damit verbundenen Gesetzgebung eine erfreuliche Aktivität entwickelt hatte, kam es nach der letzten Bundestagswahl zur Bildung eines neuen Ministeriums für Gesundheitswesen, was in der ersten Regierungserklärung seinerzeit mit der besonderen Bedeutung dieses politischen Sachgebiets begründet wurde.
Wir Sozialdemokraten haben damals die Errichtung dieses Ministeriums begrüßt, obschon man über die Art der Installierung in der Reihenfolge — erst Person, dann Ressort — geteilter Meinung sein konnte. Wer aber immer die Bildung eines neuen Gesundheitsministeriums begrüßte, knüpfte damit auch eine ganze Reihe von Eiwartungen an dieses Ministerium. Diesen hochgespannten Erwartungen wurde schon bald ein erster Dämpfer aufgesetzt. Zunächst gab es Schwierigkeiten bei der Überführung der einzelnen Abteilungen aus den verschiedenen anderen Ministerien; sie führten zu Kompetenzschwierigkeiten, die heute noch nicht abgeschlossen zu sein scheinen, wobei es erwiesen zu sein scheint, daß einfache Zusammenfügung noch kein harmonisches Ganzes zu ergeben braucht.
Die Besetzung der Stelle des Staatssekretärs ist ein besonderes Kapitel in der Geschichte dieses neuen Ministeriums. Wir wissen um die verständliche und auch berechtigte Forderung der Ärzteschaft, diese Stelle mit einem in der Gesundheitspolitik erfahrenen Arzt zu besetzen. Die Monate gingen jedoch ins Land, ohne daß eine Lösung gefunden wurde, und als die Besetzung schließlich erfolgte, nahm man einen weiteren Juristen an die Spitze dieses Ministeriums, womit ich nichts gegen die Person von Herrn Dr. Bargatzky gesagt haben möchte. Wir Sozialdemokraten sind aber der Auffassung, und wir wissen uns dabei mit weiten Kreisen unserer Bevölkerung einig, daß in die Spitze eines Ministeriums, das für das Gesundheitswesen verantwortlich zeichnet und damit verantwortlich ist für die Erfüllung einer der großen Gemeinschaftsaufgaben unserer Zeit, ein Arzt gehört, der von dieser -Warte aus seinen Teil zum guten Funktionieren dieses Ministeriums beiträgt und mit seiner fachlichen Autorität Einfluß nehmen kann.
Schließlich hemmt noch eine andere Tatsache die Arbeit dieses Ministeriums: Es leidet an chronischer Unterbesetzung. Hier ist die Gefahr gegeben, daß die laufende Arbeit kaum bewältigt werden kann und damit kein Raum und keine Zeit für die große, dringend notwendige gesetzgeberische Arbeit auf dem Gebiet des Gesundheitswesens ist.
Registriert man diese Entwicklung, dann nimmt es nicht wunder, daß von einer zielstrebigen, erfolgreichen Gesundheitspolitik dieser Bundesregierung nicht die Rede sein kann. Das zeigt auch ganz deutlich ein Vergleich zwischen notwendigen Aufgaben und durchgeführten Leistungen. Diese Aufgaben sind vielfältig und berühren viele Bereiche unserer Bevölkerung. Ich kann hier nur einige Probleme, die es zu lösen gilt, aufzählen.
Da sind die allmählich immer unerträglicher und gefährlicher werdenden Einflüsse von verunreinigter Luft, verschmutztem Wasser und belästigendem Lärm, die in der ganzen Bevölkerung in zunehmendem Maße Unruhe hervorrufen. Wir alle wissen um die schädigende Wirkung dieser Umwelteinflüsse; wir kennen die Schmutzglocke über dem Ruhrgebiet und anderen Industriezentren; wir erleben den immer stärker werdenden Lärm im Verkehr der Städte und in der Nähe der großen Flughäfen. Wir sehen tagtäglich den hohen Verschmutzungsgrad unserer Flüsse.
In dieser schon bedrohlich werdenden Situation reicht es nicht mehr aus, die Probleme nur beim Namen zu nennen oder vielleicht Fachausschüsse ins Leben zu rufen, die sich der Dinge annehmen sollen.

(Beifall bei der SPD.)

Hier dürfen notwendige Maßnahmen nicht deshalb weiter aufgehalten werden, weil zuständige Dienststellen zwischen den Ministerien hin- und hergeschoben werden, weil in verschiedenen Ministerien die gleichen Probleme behandelt werden und dies zu Kompetenzschwierigkeiten führt, weil die Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern zu immer neuen Klagen Anlaß geben. Hier gilt es vielmehr, durch klare Haltung und Kompromißbereitschaft bei den gemeinsamen Verhandlungen endlich den Weg zu einer modernen Gesetzgebung frei zu machen. Und das vermissen wir bis heute bei der Tätigkeit des Bundesgesundheitsministeriums, das allein schon auf Grund seines Namens die Pflicht zur Initiative und Federführung hat.
Auf dem Gebiete des Lebensmittelrechts haben wir eine ähnliche Situation. Auch hier sind noch eine ganze Reihe von offenstehenden Fragen zu klären. Hier sind die dringend nötigen Durchführungsverordnungen zum Lebensmittelgesetz längst überfällig. Ein wirksamer Schutz für den Verbraucher ist noch nicht voll ausreichend vorhanden.
Initiativen hierzu sind nicht vom Bundesgesundheitsministerium ausgegangen, sondern wir Sozialdemokraten haben einen Antrag auf Lebensmittelkennzeichnung eingebracht und damit versucht, einen ersten Schritt in dieser Richtung zu tun. Wir hoffen dabei auf Ihre Unterstützung.
Ähnlich liegt die Problematik auf dem Gebiet des Arzneimittelrechts. Die tragischen Erfahrungen mit dem Schlafmittel Contergan haben gezeigt, daß unser Arzneimittelgesetz noch nicht ausreichende Sicherheitsfalktoren enthält.

(Beifall bei der SPD.)

Die SPD-Fraktion hat aus diesem Grunde schon im vergangenen Jahr einen Änderungsentwurf eingebracht, der für neue Arzneimittel mit bisher unbekannten Wirkstoffen eine Rezeptpflicht vorsieht. Der Entwurf der Bundesregierung, der zum gleichen Zeitpunkt erwartet wurde, isst nach langem Warten zwar bis zum Bundesrat gelangt, liegt aber bis



Dr. Schmidt (Offenbach)

heute noch nicht dem federführenden Ausschuß für Gesundheitswesen zur Behandlung vor, ganz zu schweigen von dem Gesetzentwurf über die Werbung auf dem Gebiete des Arzneimittelwesens, der sicher dringend notwendig ist und von dem auch schon seit Beginn dieser Legislaturperiode geredet wird.
Es gibt aber auch noch eine ganze Reihe von anderen gesundheitspolitischen Aufgaben, die mehr oder weniger in die Sphäre des einzelnen hineinreichen und seiner Gesunderhaltung dienen. Ich meine hier Aufgaben und Maßnahmen der gesundheitlichen Vorsorge und der Gesundheitsfürsorge. Da scheinen aber innerhalb der Bundesregierung die Begriffe noch nicht geklärt zu sein.
Während das Bundesarbeitsministerium in seinem Entwurf zur Neuregelung der Krankenversicherung das Problem der Vorsorge nur zögernd, unvollkommen und mit finanziellen Belastungen für den Versicherten anspricht und damit die ganze Vorsorge unwirksam zu machen droht, während man gleichzeitig dein Begriff „Gesundheit" aus der Krankenversicherung heraushalten will, hören wir auf der anderen Seite des öfteren aus 'den Reden der Frau Ministerin von der Notwendigkeit der gesundheitlichen Vorsorge, der Gesunderhaltung und der Gesundheitserziehung. Hier wäre es wirklich einmal an der Zeit, daß der Fachminister für das Gesundheitswesen dem für die Krankenversicherung verantwortlich zeichnenden Minister eine Begriffsabklärung unterbreitet und diese .auch durchsetzt.

(Beifall bei der SPD. — Zuruf von der Mitte: Das ist Sache des Parlaments!)

Ein Gleiches erwarten wir Sozialdemokraten bei der Behandlung des Mutterschutzgesetzes, das nun schon fast ein Jahr diesem Hohen Hause vorliegt. Dieses Gesetz sieht neben dringend nötigen Verbesserungen im Arbeitsschutz der werdenden Mutter als Kernpunkt Vorsorgeleistungen .an alle Mütter vor. Die Frau Ministerin. für das Gesundheitswesen ist sicher gut beraten — wenn man schon nicht längst überfällige Vorsorgegesetze wie beispielsweise das Jugendzahnpflegegesetz oder ein Schulgesundheitsfürsorgegesetz selbst vorlegen kann oder will —, wenigstens den in diesem Hause vorliegenden Gesetzen, wie z. B. dem Mutterschutzgesetz, ihre besondere Fürsorge angedeihen zu lassen, damit dieses Gesetz beschleunigt verabschiedet werden kann. Wir erwarten dies von 'ihr um so mehr, als wir noch sehr genau ihre Rede auf dem DGB-Frauenkongreß in Nürnberg im Gedächtnis haben, wo sie zum gleichen Sachgebiet die 'gleichen Maßnahmen als dringlich befürwortet hat.

(Zustimmung bei der SPD.)

Frau Dr. Schwarzhaupt sagte iauch bei der Eröffnung der 3. Sitzungsperiode ides Bundesgesundheitsrats im Rahmen einer umfassenden Betrachtung über den Menschen in der modernen Industriegesellschaft, daß sie mit Sorge seit langem die ernste Situation auf dem ,Gebiete des Krankenhauswesens beobachte. Dabei wies sie auf die Zuschußleistung des Bundes von 25 Millionen DM jährlich für freie, gemeinnützige und private Krankenhäuser hin, die in Wirklichkeit nur einen Tropfen auf den heißen Stein darstellt, wenn man die finanziellen Schwierigkeiten berücksichtigt, die Länder und Gemeinden vor allen Dingen mit ihren Krankenhäusern haben. Wir meinen nicht nur, daß hier der Bund mehr tun müßte, zumal es sich teilweise noch um Kriegsfolgelasten handelt. Wir glauben auch, daß sich ein Bundesgesundheitsministerium mehr als bisher um die Situation der Pflegeberufe kümmern müßte, seien es die Krankenhausärzte, seien es die Schwestern und die anderen Pflegeberufe, sei es die Situation der Hebammen, seien es auch die berufsständischen Aufgaben wie die Novellierung der Tierärzteordnung und der Bestallungsordnungen für Tierärzte und Ärzte. Im letzten Fall ging anscheinend selbst den Koalitionsparteien die ,Geduld zu Ende; denn sie haben dazu einen eigenen Initiativantrag eingebracht, der das Ministerium auffordert, endlich einmal, diese Bestallungsordnung zu erlassen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Liste der gesundheitspolitischen Notwendigkeiten ist bei genauer Betrachtung gleichzeitig eine Liste der Versäumnisse dieser Bundesregierung und damit des Ministeriums für Gesundheitswesen in den letzten beiden Jahren. Es ist nicht die Aufgabe der Opposition, die Ursachen dieser bisherigen Inaktivität zu untersuchen. Das wollen wir gerne anderen überlassen. Wir zeigen nur deutlich die vorhandenen Mängel und bemühen uns gleichzeitig, durch Eigeninitiative das Notwendige in der Gesundheitspolitik möglich zu machen. Denn guter Wille allein und noch so zahlreiche Reden allein reichen nicht aus, die Gemeinschaftsaufgabe der Gesunderhaltung unserer Bevölkerung durchzuführen. Hier bedarf es nicht nur der Zusammenarbeit aller Verantwortlichen, sondern erst recht einer zielstrebigen und 'systematischen Arbeit, die wir bis heute leider vermissen.
Aus diesem Grunde kann die SPD-Bundestagsfraktion dem Einzelplan 15 nicht ihre Zustimmung erteilen. Sie wird sich der Stimme enthalten.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0407524800
Das Wort hat die Frau Bundesministerin für das Gesundheitswesen.

Dr. Elisabeth Schwarzhaupt (CDU):
Rede ID: ID0407524900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich Idas zusammenfasse, was der Herr Vorredner gesagt 'hat, so komme ich zu dem Ergebnis, daß er weitgehend Dinge vorgebracht hat, die ich selbst tun will und vorbereite; nur meint er, es müsse schneller gehen. Ich bedaure es eigentlich, daß sich eine große Oppositionsfraktion die Dinge so leicht gemacht hat. Bitte bedenken Sie den Zustand, in dem die Gesetzgebungsarbeit des Gesundheitsministerium war, als wir angetreten sind! Sie haben eine Reihe Gründe genannt, die für uns hinderlich waren. Aber den wesentlichen Grund für dieses scheinbare Stagnieren der Produktion großer Gesetze haben Sie nicht gesagt. Wir übernahmen dieses Ministerium in einem Augenblick, als in der vorangegangenen Legislaturperiode des Bundestages nach 8- und 10jähriger Vorbereitung große



Bundesminister Frau Dr. Schwarzhaupt
Gesetze erlassen worden waren: das Bundesseuchengesetz, das Arzneimittelgesetz, das Lebensmittelgesetz. Alle diese Gesetze sind nicht auf einen Schlag zustande gekommen, sondern lagen zum Teil bereits in der vorhergehenden Legislaturperiode vor und waren nicht fertiggeworden. Sie kamen dann in der letzten Legislaturperiode zusammen. Die Gesetzgebungsvorhaben, die die Gesundheitsabteilung — die Sie vor allem angesprochen haben — vorbereitet hatte, waren in dieser letzten Legislaturperiode Gesetz geworden.
Das Erbe, das wir übernahmen, bestand darin, daß wir eine große Zahl von Verordnungen zu erlassen hatten. Von uns wurde erwartet, daß über 30 Verordnungen auf Grund dieser Gesetze erlassen werden: eine Arbeit, die nach außen hin nicht sehr deutlich wird. Es sind zum großen Teil Verordnungen, die so kompliziert sind, daß sie fast Gesetzescharakter haben, und die sehr viel Arbeit für meine Mitarbeiter mit sich gebracht haben.
Für meine Mitarbeiter kommt hinzu, daß sich nach der Entstehung des Ministeriums der Schriftwechsel und die Zahl der Eingaben außerordentlich vervielfältigt haben. Das Referat, das sie besonders angegriffen haben, in dem etwa das Gesetz über Jugendzahnpflege und das Gesetz über die Fürsorge für Mutter und Kind zu erarbeiten sind, hat eine kaum meßbare Vervielfältigung seines Schriftwechsels erfahren. Während früher etwa sechs bis acht Anfragen im Monat aus der Bevölkerung eingingen, sind es jetzt 400. Daneben soll der gleiche Menschenkreis, der kaum ergänzt worden ist, außer den Verordnungen, die uns durch die vorangegangenen Gesetze aufgetragen sind, noch ein großes Gesetzgebungsprogramm mit nach außen evident werdenden Gesetzen entwickeln. Das ist so schnell nicht möglich.
Sie haben gesagt, es fehle an systematischer Arbeit. Das sind solche allgemeinen Reden, die man außerordentlich leicht dahinsagen kann. Ich kann aber nicht finden, daß Sie das irgendwie konkret belegt haben.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD: Das können wir nachholen!)

— Das wäre sehr schön.
Sie haben eine Reihe von Aufgaben aufgezählt; sie werden auch bei uns durchaus gesehen, und wir bemühen uns darum. Ich bin mit Ihnen einig, daß die Durchführungsverordnungen zum Lebensmittelgesetz erarbeitet werden müssen. Daß es noch nicht geschehen ist, liegt daran, daß meine Mitarbeiter nicht alles zugleich machen können. Eine Novelle zum Arzneimittelgesetz haben wir vorgelegt. Sie ist durch das Kabinett gegangen.
Sie haben nun noch einiges zu den Fragen im Zusammenhang mit den Umweltschäden gesagt. Sie sagen, es genüge nicht, in Fachausschüssen mitzuarbeiten. Wir meinen auch, daß das nicht genügt. Ich habe immer wieder betont, wie wichtig diese Fragen sind. Ich habe aber zugleich auch gesagt, daß es uns nicht gelingen wird, innerhalb von drei, vier Jahren, innerhalb einer Legislaturperiode den von Ihrer Seite gelegentlich zitierten blauen Himmel über dem Ruhrgebiet zu erreichen. Wir waren uns vielmehr immer der Schwierigkeit dieser Aufgabe bewußt, die man mit Nüchternheit lösen muß.

(Abg. Dr. Schäfer: Vorher haben Sie es immer belacht und schöne Reden geschwungen! — Weitere Zurufe von der SPD.)

— Ich habe das nie belacht, sondern ich habe nur gesagt, daß es nicht so schnell geht.

(Zuruf von der SPD: Aber Ihre Freunde haben Sie zitiert! —Weitere Zurufe von der SPD und Gegenrufe von der CDU/CSU.)

Zu der Sache selbst ist zu sagen, daß sich in den letzten Jahren die Dinge nicht verschlimmert haben. Nach den Messungen, die gerade im Ruhrgebiet angestellt worden sind, hat sich die Lage in vielen Gebieten allmählich verbessert. Die Emissionen aus Zementfabriken haben sich vermindert. Aber die Lösung dieser Probleme braucht Zeit.
Sie haben von notwendigen Maßnahmen gesprochen. Sie haben mir aber nicht gesagt, welche es sind. Sie haben mir gesagt, man brauche „eine klare Haltung" und „eine gezielte Kompromißbereitschaft". Meine Damen und Herren, was soll das heißen? Was ist eine klare Haltung und eine gezielte Kompromißbereitschaft?

(Abg. Dr. Schäfer: Wir haben es deutlich genug gesagt!)

Bitte, sagen Sie, mit wem ich Kompromisse schließen soll! Wir haben zum Beispiel im Augenblick damit zu tun, daß wir auf Grund der Gewerbeordnung eine technische Anleitung herausbringen, die den Menschen, die an Ort und Stelle mit diesen Fragen zu tun haben, den Überwachungsbeamten, die notwendigen Handhaben gibt. Diese technische Anleitung, die außerordentlich große Schwierigkeiten technischer Art in sich birgt, wird im Laufe der nächsten beiden Monate vorgelegt werden. Das ist nicht mit klarer Haltung und nicht mit gezielter Kompromißbereitschaft zu machen.

(Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

Das läßt sich nur so machen, daß man sich Sachverständige holt, die die außerordentlich komplizierten technischen Fragen, die Schwierigkeiten bei der Messung von Emissionen, bewältigen. Auf diesem Gebiet ist nicht mit großen Bundesgesetzen etwas zu machen. Bitte verlangen Sie von mir nicht, daß ich mit Schaumschlägerei beginne.

(Beifall bei den Regierungsparteien und bei Abgeordneten der SPD. — Abg. Dr. Schäfer: Genau um das geht's!)

Wir haben die Gewerbeordnung, die gute Grundlagen gibt. Es sind hier einige Lücken. Wenn wir diese im Augenblick ausfüllten, hätte das nur zur Folge, daß die Überwachungsbeamten, die schon mit der Durchführung der zur Zeit gültigen Gesetze kaum fertig werden können, noch mehr überfordert und von den Großverschmutzern und von den wichtigen Aufgaben auf weniger wichtige Aufgaben abgelenkt würden. Wir haben uns allerdings zur Aufgabe gemacht, diese sehr schwierigen Fragen nüchtern und praktisch zu sehen und nur dasjenige



Bundesminister Frau Dr. Schwarzhaupt
zu tun, was wirklich im praktischen Leben in den Gebieten, die unter den Umweltschäden leiden, hilft. Wir wollen nicht Dinge tun nur um der Optik willen, nur um nach außen etwas Scheinbares vorweisen zu können.

(Zurufe von der SPD.)

Wir meinen, daß mit Schlagworten wie klarer Haltung und „gezielter Kompromißbereitschaft auf diesem Gebiet nichts zu machen ist. Lassen Sie uns Zeit, ruhig und sachlich weiterzuarbeiten!

(Abg. Dr. Schäfer: Jawohl, zeigen Sie's uns!)

Eine technische Anleitung zur Gewerbeordnung ist kein Gemeinplatz.

(Abg. Dr. Schäfer: Bis jetzt haben Sie gar nichts gezeigt, Frau Ministerin!)

Lassen Sie uns Zeit, diese uns aufgegebenen gesetzgeberischen Maßnahmen vorzulegen! Lassen Sie uns Zeit, die Dinge gründlich und sachlich zu beraten.

(Zuruf von der SPD: Die Hälfte der Wahlperiode ist schon vorbei!)

Das gleiche gilt von einer ganzen Reihe anderer Dinge, die Ihnen nicht schnell genug gehen, z. B. den Fragen auf dem Gebiet des ärztlichen Berufsrechts und der Heilberufe. Wir wissen auch, daß hier in bezug auf die Zahnärzte, in bezug auf die Ärzte, in bezug auf die Hebammen und in bezug auf die Krankenschwestern noch gesetzgeberische Maßnahmen nötig sind. Sie müssen abgestimmt werden mit den Standesvertretungen dieser Berufe, und wir stehen mit diesen in einem ständigen Gespräch und in Verhandlungen. Wir werden Ihnen bald unsere Vorlagen machen. Aber lassen Sie uns Zeit, die Vorlagen gut und sorgfältig durchzuarbeiten.
Es ist ein billiges Verfahren, Dinge, die im Ministerium in Vorbereitung sind, die mit den beteiligten Kreisen abgesprochen werden, plötzlich durch einen Initiativantrag vorwegzunehmen.

(Zustimmung bei der CDU/CSU.)

Das ist ein Verfahren, das wir von der Opposition aus dem vorigen Bundestag in Erinnerung haben. Etwas davon ist in dem SPD-Entwurf zum Mutterschutzgesetz enthalten. Wir bereiten ein Gesetz mit aller Sorgfalt auch in bezug auf die praktischen Durchführungsmöglichkeiten auf diesem Gebiet vor. Wir sind nun sozusagen überholt durch ein nicht ausgereiftes Gesetz, das in den Ausschüssen sehr viel Arbeit machen wird und für das unsere Formulierungshilfe immer wieder in Anspruch genommen werden muß. Ich hoffe, daß sich dies nicht wiederholt und daß wir nicht weitere nicht ausgereifte Vorlagen für Regelungen bekommen, die in unserem Hause, wie Sie ganz genau wissen, in Vorbereitung sind und die von uns besser, ausgereifter, sorgfältiger vorbereitet in nächster Zeit vorgelegt werden.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0407525000
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Dr. Elisabeth Schwarzhaupt (CDU):
Rede ID: ID0407525100
Bitte!

Dr. Horst Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0407525200
Frau Ministerin, ist Ihnen nicht bekannt, daß sich der Ausschuß für Arbeit überhaupt noch nicht mit dem Mutterschutzgesetz befaßt hat, also auch gar keine besondere Arbeit damit haben kann?

(Zurufe von der CDU/CSU.)


Dr. Elisabeth Schwarzhaupt (CDU):
Rede ID: ID0407525300
Das ist mir bekannt, Herr Kollege. Aber ich verstehe nicht ganz, weshalb Sie diese Frage an mich gerichtet haben.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

Denn ich habe ja leider auf die Dispositionen der Ausschüsse und des Parlaments keinen Einfluß.

(Zuruf des Abg. Dr. Schmidt [Offenbach].) — Bitte, wir wollen nacheinander reden!


(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0407525400
Keine weiteren Wortmeldungen zu Einzelplan 15.
Wer dem Einzelplan 15, Geschäftsbereich des Bundesministers für Gesundheitswesen, zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einer Reihe von Enthaltungen ist dieser Einzelplan angenommen.
Ich rufe auf Einzelplan 23
Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit (Drucksachen IV/ 1117, zu IV/ 1117).
Ich frage den Herrn Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Gewandt, ob er dazu das Wort wünscht?

(Abg. Gewandt: Nicht als Berichterstatter!)

— Nicht als Berichterstatter. Dann danke ich dem Herrn Berichterstatter dafür, daß er verzichtet, natürlich aber auch dafür, daß er sich die Mühe gemacht hat, einen Bericht zu erstellen.
Wir kommen zur Beratung dieses Einzelplans. Hier liegt ein Änderungsantrag der Abgeordneten Gewandt, Dr. Fritz, Dr. Vogel und Dr. Emde auf Umdruck 260 *) vor. Zur Begründung Herr Abgeordneter Gewandt.

Heinrich Gewandt (CDU):
Rede ID: ID0407525500
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mir im Zusammenhang mit der Begründung einige Bemerkungen zum Einzelplan 23 gestatten. Herr Präsident, ich würde sehr gern auch auf den Umdruck 261 **) eingehen, über den allerdings erst beim Haushaltsgesetz abzustimmen ist, der aber sachlich zu diesem Thema gehört. Ich möchte ihn dabei in die Betrachtung mit einschließen. Dann könnte ich mir später eine Begründung sparen.
*) Siehe Anlage 10 **) Siehe Anlage 11




Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0407525600
Wollen Sie das jetzt gleich mitbegründen?

(Abg. Gewandt: Ja, gleich mitbegründen!) — Bitte sehr, ich habe keine Bedenken.


Heinrich Gewandt (CDU):
Rede ID: ID0407525700
Wie Sie aus dem Bericht des Haushaltsanschusses ersehen, haben wir die Ansätze der Kapitalhilfe um 170 Millionen DM gekürzt. Diese Kürzung ist nicht willkürlich erfolgt. Wir haben uns nicht von dem Gedanken leiten lassen, den Haushalt ausgleichen zu müssen; denn das wäre eine sehr kurzsichtige Betrachtungsweise. Wir haben wiederholt festgestellt, daß im Rahmen der zwischen Regiereung und Parlament haushaltsgesetzlich verankerten Zusammenarbeit allen Verpflichtungen, die der Bundesrepublik erwachsen, voll entsprochen werden muß. Wir sind aber nach sorgfältiger Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, daß die von der Regierung angeforderte Summe in diesem Haushaltsjahr nicht benötigt wird.
Wir stützen diese Auffassung vor allen Dingen auf den Bericht der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Diesem Bericht ist klar zu entnehmen, daß möglicherweise eine noch geringere Inanspruchnahme zu erwarten ist. Dieser Bericht zeigt, daß erfreulicherweise die Projekte sorgfältig geprüft werden, wie wir es wünschen. Allerdings beweist dieser Bericht auch — ich möchte es nicht verschweigen — in gewisser Hinsicht bedenkliche Verzögerungen. Bedenkliche Verzögerungen, sage ich, und zwar deshalb, weil es außerordentlich problematisch wäre, wenn wir in den nächsten Jahren nur zu einer geringen Inanspruchnahme des Haushalts kämen und sich plötzlich die Projekte kumulieren und wir dann den Haushalt in einem Umfang bedienen müßten, der unsere finanziellen Möglichkeiten überschreitet. Wenn wir zu lange mit der Bearbeitung von Projekten warten, so dämpfen wir die Wirkung nach außen. Auch ;in der Entwicklungshilfe gilt: Wer schnell gibt, gibt doppelt.
In diesem Zusammenhang möchte ich mir auch einige kritische Bemerkungen zu der Arbeitsweise der Bundesregierung gestatten. In den letzten Jahren sind zwar Fortschritte erzielt worden, aber, eine gewisse Kritik ist doch noch berechtigt. Wenn man sich vorstellt, daß heute Kapitalhilfeanträge von elf verschiedenen Ressorts bearbeitet werden, so ist das, meine ich, eine unnötige Inanspruchnahme von Beamten, und es führt zu einer Mehrarbeit, die nicht zu vertreten ist. Man muß auch bei Doppelbesteuerungsabkommen feststellen, daß fünf verschiedene Ressorts beteiligt werden.
. Ich will noch einen anderen Gesichtspunkt im Zusammenhang mit der Projektprüfung vortragen. Man sollte in verstärktem Maße die deutschen Botschaften einschalten, und zwar nicht irgendwelche untergeordnete Instanzen, sondern die Botschafter selbst. Ein Botschafter, der über die Grundsätze der deutschen Entwicklungspolitik nicht unterrichtet ist, gehört nicht in ein Entwicklungsland.

(Beifall in der Mitte.)

Ich möchte Klage über etwas führen, was immer
wieder zu beanstanden ist: daß bedeutende Projekte
der deutschen Entwicklungshilfe von den Botschaftern nicht einmal in Augenschein genommen worden sind.
Der Bericht der Kreditanstalt enthält einen Satz, der nach meiner Auffassung nicht unwidersprochen bleiben darf, und zwar die Feststellung, daß Kapitalhilfe primär Sache des Staates sei. Ich begrüße es außerordentlich, daß die Tendenz der Regierung dahin geht, die öffentliche Hand in bezug auf die Kapitalhilfe stärker zu entlasten und auf Infrastrukturprobleme zu konzentrieren, die auf privatwirtschaftlicher Basis nicht zu lösen sind. Die öffentliche Hand wird nicht in der Lage sein, den gesteigerten Bedürfnissen zu entsprechen.
Wenn man den Clay-Bericht durchliest, stellt man fest, daß von amerikanischer Seite in zwei Punkten Kritik an unsere Adresse gerichtet wird. Einmal wünscht man sich stärkere deutsche Beteiligung und zum anderen günstigere deutsche Bedingungen. Diese stärkere deutsche Beteiligung ist nach meiner Auffassung nur möglich, wenn es gelingt, in stärkerem Maße private Kapitalien zu mobilisieren und das Know-how der Privatwirtschaft für die deutsche Entwicklungshilfe zu nutzen. Es ist erforderlich, daß wir das Risiko, das die Investitionen in Entwicklungsländern laufen, begrenzen und einen stärkeren Anreiz für diese Investitionen bieten.
Im Augenblick ist es noch so, daß in vielen Ländern fremde Investitionen weder durch nationale Gesetze noch durch bilaterale Abkommen geschützt sind. Wir möchten auch den Investoren die Furcht vor Enteignung nehmen. Wir glauben, daß es unerträglich ist, daß in einigen Ländern Auslandskapital noch diskriminiert wird. In vielen Ländern fehlt die Transfergarantie und die Einrichtung von Schiedsgerichten bei Vertragsverletzungen. Wir müssen von den Entwicklungsländern erwarten, daß sie ihren Beitrag zur Verbesserung des Investitionsklimas leisten.
Dazu gehört, daß die Entwicklungsländer nicht wie bisher die deutsche Wirtschaft diskriminieren. Wir stellen mit Befriedigung fest, daß es der Intervention der Bundestagsausschüsse und im Bundestag z. B. im Fall Brasilien gelungen ist, zu erreichen, daß die deutsche Flagge nicht mehr diskriminiert wird. Ich glaube, daß auch hinsichtlich der Niederlassungsrechte Verbesserungen eintreten müssen. Die deutschen Unternehmer müssen die Garantie haben, daß deutsche bzw. europäische Facharbeiter sich frei in dem Entwicklungsland betätigen können und ,ein Wirtschaftszweig nicht durch Betätigungsbeschränkungen zum Erliegen kommt.
Aber nicht nur von den Entwicklungsländern müssen wir Anreize und Schutz erwarten; auch von unserer Seite hat etwas zu geschehen. Wir haben mit großer Befriedigung zur Kenntnis genommen, daß die Bundesregierung eine Vorlage vorbereitet, die steuerliche Anreize für deutsche Investoren im Ausland vorsieht. Ich hoffe, daß diese Bemühungen bald zu einem Abschluß führen. Das steuerliche Problem ist nur zu lösen, wenn auch die Abschreibungen berücksichtigt werden und man sich nicht nur auf Anerkennungen von Rückstellungen beschränkt.



Gewandt
In diesem Zusammenhang möchte ich eine Bemerkung anfügen zu der Verbesserung der Kreditbedingungen. Wir wissen, daß 25% der Exporterläse der Entwicklungsländer für Zinsendienste in die Industrieländer gehen. Nach einem Bericht der Weltbank fließen 27 % der Gesamtleistung an Kapitalhilfe der Industrieländer jährlich wieder zurück als Zinsendienst und Amortisationen. Das ist ,auf die Dauer unmöglich und für eine Gesundung der Wirtschaft in den Entwicklungsländern unerträglich.
Ich meine, daß das im Clay-Bericht enthaltene Petitum, wir sollten günstigere Bedingungen bieten, durchaus begründet ist. Das gilt nicht nur für die Kapitalhilfe der öffentlichen Hand. Wenn man die private Initiative stärker mobilisieren will, dann sollte man sich überlegen, ob man nicht zu Zinsbeihilfen kommt.
Abschließend zu den Krediten möchte ich noch eine Bemerkung machen zu der Frage, ob Kapitalhilfe projektgebunden sein sollte older nicht. Die Projektbindung bietet uns die Gewäir, daß eine Zweckentfremdung der Mittel vermieden wird. Auf der anderen Seite aber ist eine so einseitige Festlegung der Kredite für Investitionsgüter nachteilig. Die Folge ist eine Stagnation der Konsumgütereinfuhr der Entwicklungsländer. Sicher wird die Einfuhr von Konsumgütern seitens der Entwicklungsländer im Laufe der Zeit zurückgehen, denn gerade Konsumgüterindustrie und die Leichtindustrie wenden in den Entwicklungsländern aufgebaut werden und aufgebaut werden 'müssen. Aber eine völlige Stagnation
3 des Warenaustauschs ,auf diesem 'wichtigen Wirt- schaftsgeb.iet kann auch nicht im Interesse der Entwicklungsländer liegen. Es ist beklagenswert, .daß eine Reihe von Industrienationen Kredite gewähren mit der Bindung, bestimmte Konsumgüter bei ihnen zu beziehen. Das wollten wir nicht tun. Allerdings glaube ich, daß man in stärkerem Maße bei der Kapitalhilfe ,auch ungebundene Kredite zulassen sollte.
Wenn wir unis nun bei der Kapitalhilfe in stärkerem Maße private Quellen zu erschließen bemühen, dann sollte das auch in der technischen Hilfe möglich sein. Das heißt, man sollte auf dem Gebiet der technischen Hilfe in stärkerem Maße zur Inanspruchnahme von privaten Darlehen kommen. Bei der technischen Hilfe hat ,es sich ergehen, daß die Durchführung .an der Unmöglichkeit krankt — so werden jedenfalls die haushaltsrechtlichen Bestimmungen aufgefaßt —, Grundausrüstungen im voraus zu beschaffen. Ich bin der Meinung, man sollte prüfen, ob nicht eine Bevorratung möglich ist.
Wir sind mit dem Antrag, den wir gestellt haben, den Weg gegangen, der Bundesregierung die Möglichkeit von Gewährleistungen zu erschließen, damit sie die Finanzierung von förderungswürdigen Bauvorhaben in Entwicklungsländern auf privater Basis sicherstellt. Wir werden uns überlegen, ob wir nicht noch zu ,anderen, besseren, neueren Wegen der Kapitalbeschaffung kommen können, und wir hoffen, daß uns das Hohe Haus folgt und zunächst diesem Antrag ‘zustimmt.
Ich möchte noch eine grundsätzliche Bemerkung anschließen, die mit einer Bitte an den Herrn Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit verknüpft ist. Die Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft entscheidet auch darüber, in welchem Umfang wir unis ,auf privatwirtschaftlicher Basis Mittel beschaffen können. Aber die Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft hängt davon ab, ob es gelingt, unsere liberale Außenhandelspolitik fortzusetzen. Ich habe gewisse Bedenken, denn im Rahmen der EWG- Politik, so wie sie sich jetzt abzeichnet, könnte eher der Eindruck entstehen, daß Bestreibungen zur Autarkie vorhanden sind, Bestrebungen, die wir für außerordentlich beklagenswert halten.
Wir haben einen weiteren Antrag gestellt, der in Gegensatz zu dem Antrag, über den beim Haushaltsgesetz abgestimmt wird, eigentlich nur eine haushaltstechnische Änderung vorsieht. Nach den Beschlüssen des Haushaltsausschusses und des Ausschusses für Entwicklungshilfe ist es möglich, Gegenwertmittel für die Lieferung von Ernährungs-
und landwirtschaftlichen Produktionsgütern zu mobilisieren. Wir haben aber bei den Haushaltsberatungen den Fehler gemacht — der Kollege Hermsdorf hatte uns damals in weiser Voraussicht auf diese mögliche Fehlerquelle hingewiesen —, daß wir die. Erläuterungen dazu benutzt haben, unsere Absichten kundzutun, während wir das im Dispositiv hätten tun sollen. Wir beantragen jetzt also, den Teil der Erläuterungen, der aus haushaltsrechtlichen Gründen ins Dispositiv gehört, auch dort aufzunehmen.
Ich möchte das Hohe Haus mit dieser Begründung bitten, jetzt dem Änderungsantrag Umdruck 260 zuzustimmen und später bei der Abstimmung über das Haushaltsgesetz unserem Antrag Umdruck 261 die Zustimmung zu geben.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0407525800
Herr Abgeordneter Hermsdorf!

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0407525900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte mich ursprünglich zu einer allgemeinen Aussprache zu diesem Ministerium gemeldet. Inzwischen ist durch Herrn Gewandt praktisch die allgemeine Aussprache eröffnet worden.
Ich möchte mich zunächst auf die Anträge beschränken, die hier von seiten eines Teils der CDU- und eines Teils der FDP-Fraktion gestellt worden sind.
Ich bin Herrn Gewandt sehr dankbar dafür, daß er meine damaligen Bemerkungen im Haushaltsausschuß hier zitiert hat. Ich brauche sie nicht zu wiederholen. Wir stimmen selbstverständlich dieser Änderung zu. Es war ja damals unser Vorschlag.
Auch dem Änderungsantrag zum Haushaltsgesetz werden wir unsere Zustimmung geben. Gestatten Sie mir aber, dazu folgendes zu sagen: Wir haben die Kürzung, die damals erfolgt ist, für falsch gehalten. Uns wäre lieber gewesen, Sie hätten hier diese Kürzung wieder aufgehoben, als diesen Ausweg zu beschreiten, den Sie jetzt mit Ihrem Antrag vorgeschlagen haben. Wir halten das aber für einen Ausweg, wenn auch nicht für einen sehr guten, und werden auch diesem Antrag zustimmen.



Hermsdorf
Herr Gewandt, Sie haben sodann einige Bemerkungen über die Arbeit des Ministeriums gemacht und haben insbesondere die teilweise Verzögerung bei den einzelnen Projekten herausgestellt und kritisiert. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hat bei der letzten Haushaltsberatung in der dritten Lesung dem Haushalt zugestimmt. Es war fast ein einmaliger Vorgang. Ich erinnere mich nicht, daß es bei Haushaltsberatungen einen ähnlichen Vorgang gegeben hat, daß wir in der zweiten Beratung den Haushalt abgelehnt oder uns der Stimme enthalten haben, ihm aber in dritter Lesung zugestimmt haben. Wir haben damals auf Grund unserer Anfragen in der Diskussion von seiten des Ministeriums eine Zusage erhalten, daß unsere Wünsche — es ging hauptsächlich um die Information des Entwicklungsausschusses und des Haushaltsausschusses — berücksichtigt werden sollten. Wir haben diese Zusage des Herrn Ministers akzeptiert und dann in der dritten Lesung mit Ja gestimmt. Ich möchte hier in aller Offenheit sagen, daß das Ministerium diese Zusage gehalten hat und daß wir deshalb auch in diesem Jahr Ihrem Haushalt, Herr Minister, zustimmen werden.
Ich möchte aber eine kleine Einschränkung hinsichtlich Ihrer bisherigen Zusagen und Ihrer bisherigen Zusammenarbeit machen.
Ich möchte Sie erstens bitten, bei größeren Projekten vorher, bevor die Dinge passieren, dieses Haus oder die Ausschüsse zu informieren, damit noch die entsprechende Meinungsbildung der verschiedenen Fraktionen zu den Projekten erfolgen kann.
Der zweite Punkt: Wir werden in diesem Jahr zustimmen. Was im nächsten Jahr sein wird, das hängt von der Entwicklung dieses Ministeriums und von der Entwicklung der Organisationsgewalt innerhalb der Zuständigkeit dieses Ministeriums und anderer Ministerien ab.
Was uns Sorgen macht, Herr Minister, ist der Kompetenzstreit, der zwischen Ihnen und einigen Häusern besteht und der bis zum heutigen Tage nicht beendet ist. Dieser Kompetenzstreit verhindert eine ordentliche Koordinierung, und er verhindert auch, daß die Projekte fristgemäß mit dem politischen Effekt und dem politischen Nutzen durchgeführt werden, den wir uns davon versprechen. Sie erinnern sich, daß wir im November 1962 in unserer Großen Anfrage diesen Zustand bereits beklagt haben und daß Sie uns damals sehr freundlich und nett, wie wir das von Ihnen gewöhnt sind, zugesagt haben, daß sich das ändern wird.
Die Generalfrage, die wir heute an Sie, Herr Minister, zu richten haben, ist die Frage: Ist seit November vorigen Jahres auf dem Wege der Koordinierung und der Gesamtverantwortung für Ihr Haus irgendein Fortschritt erzielt worden? Sollte Ihre Antwort eine bejahende sein, so möchte ich Sie jetzt schon bitten, mir doch auch die bescheidensten Erfolge, die Sie eventuell zu verzeichnen haben — ich glaube nicht, daß Sie irgendwelche zu verzeichnen haben, aber wenn es bescheidene sein sollten, auch die bescheidensten Erfolge — zu sagen, damit wir wissen, woran wir sind. Wir sind nämlich der Meinung, daß die Koordinierung bisher nicht erreicht werden konnte, da Ihrem Ministerium, dem Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, nur der Vorsitz im Interministeriellen Ausschuß für Entwicklungshilfe zugesprochen wurde, nicht jedoch der Vorsitz in den für die Frage der Entwicklungsarbeit ausschlaggebenden Interministeriellen Referentenausschüssen für die technische Hilfe und für die Kapitalhilfe. Ich halte es für eine ganz entscheidende Voraussetzung für die Arbeit Ihres Hauses, daß hier eine Änderung erfolgt im Interesse, wenn Sie wollen, des Haushalts, nämlich des Sparens von Steuergeldern und des möglichst wirksamen Einsatzes der Mittel und der Projekte generell.
Herr Minister, könnte ich vielleicht von Ihnen auch erfahren, wie es sich mit ,dem berühmten VetoRecht der einzelnen Ministerien verhält? Ist das Veto-Recht in Ihrer Arbeit ein Fortschritt oder ist das Veto-Recht der einzelnen Häuser in Ihrer Arbeit nicht ein gewaltiger Nachteil, der die Projekte auf sehr lange Sicht hinausschiebt?
Eine weitere Frage: Wie sieht das eigentlich mit der Gesamtverantwortung Ihres Hauses aus? Ich habe die Überzeugung und ich glaube, das ganze Haus hat die Überzeugung, daß Sie darangegangen sind, für dieses Gebiet der Entwicklungshilfe die Gesamtverantwortung zu haben. Was ist die Praxis? Der Eindruck, den wir haben, ist doch, daß die Gesamtverantwortung nicht bei Ihnen liegt, sondern daß vier, fünf Häuser in dieser Frage glauben die Verantwortung für Entwicklungspolitik zu tragen. Wir halten auch das für einen unmöglichen Zustand, weil diese Verantwortung in den einzelnen Häusern bei den einfachsten Dingen Einsprüche erzeugt und diese Einsprüche zu Verzögerungen führen bei Projekten, von deren Verwirklichung wir erstens den politischen Effekt, zweitens den sozialen Nutzen und drittens den politischen Erfolg für das Empfängerland erhoffen.
Es gibt sicherlich noch eine ganze Reihe von Fragen, wo die Koordinierung ebenfalls nicht klappt. Ich denke z. B. an die Entwicklungsstatistik. Nach meinen Informationen ist auch in der Frage der Entwicklungsstatistik noch keine Einigung erzielt worden, weil man sich unter den verschiedenen Häusern bis zur Stunde noch nicht einmal über die Federführung hat einigen können. Ich hätte von 'ihnen auch gerne gehört, wie Sie das in Zukunft handhaben wollen. Wir haben bei der Beratung des Haushalts Einzelplan 23 festgestellt, daß eine ganze Reihe von Titeln von den verschiedensten Häusern verwaltet werden: von Ihrem Haus, vom Auswärtigen Amt, vom Bundesministerium für Wirtschaft, vom Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten, vom Bundesministerium der Finanzen usw. So werden z. B. Forschungsaufträge aus vier verschiedenen Häusern finanziert. Das Wirtschaftsministerium geht so weit, daß es teilweise Forschungsaufträge pauschal erledigt und sagt: Wir zahlen einfach, forscht mal weiter!
Ich halte das im Hinblick auf die Arbeit Ihres Hauses und die Arbeit unseres Hauses für einen untragbaren Zustand, weil hier Mittel einfach verplempert werden und weil Sie bis zur Stunde nicht



Hermsdorf
die Möglichkeit haben, das organisatorisch so zu gestalten, daß das in alleiniger Verantwortung Ihres Hauses behandelt wird.
Ich könnte Ihnen eine Reihe von Beispielen dafür nennen, wie man durch diesen Instanzenweg einzelne Dinge verzögert. Ich möchte, da ich das Haus nicht sehr lange aufhalten will, hier nur zwei oder drei Beispiele erwähnen.
An der Zuständigkeit scheitert z. B. folgendes Projekt. Da ist eine Flugsicherungsanlage in Damaskus angefordert worden. Die Bearbeitung dieses Projekts liegt beim Bundeswirtschaftsministerium, nicht bei Ihnen, Herr Minister. Nach dem Organisationsplan der Bundesregierung ist aber für Flugsicherungsanlagen das Bundesverkehrsministerium zuständig, weil der Flugsicherungsdienst dem Bundesverkehrsminister zugeordnet ist. Was ist ,das Resultat? Der Streit ist so lange gegangen, daß jetzt, wenn der Flugplatz fertig ist, die Flugsicherungsanlage bereits veraltet und nicht mehr verwendbar ist. Das ist doch wohl nicht der Sinn der Sache.
Ein ähnlicher Fall betrifft ein Fischereigutachten für Senegal. Für Fischereifragen wäre das Bundeslandwirtschaftsministerium zuständig gewesen. Bearbeitet hat es aber das Bundeswirtschaftsministerium; es hat das Beratungsbüro Kienbaum beauftragt, ein Gutachten hierüber zu erstellen. Als das Gutachten vorlag, kam prompt der Einspruch des Bundeslandwirtschaftsministeriums. Das Gutachten wurde beanstandet; es wurde nicht endgültig erstattet. Das Ergebnis ist, daß das von Senegal gewünschte Anschlußprojekt bis zur Stunde nicht verwirklicht werden konnte.
Ein ähnlicher Fall — ich will ihn nur streifen — ist das Siedlungsprojekt in Pintorana in Brasilien. Hier geht, obwohl maßgebende Fachleute das Projekt vorbereitet haben, der Streit seit 2 Jahren.
Meine Damen und Herren, es muß im Interesse dieses Hauses — nicht nur im Interesse des Ministeriums — liegen, daß wir wissen, wer in der Entwicklungspolitik Koch und wer Kellner ist. Wir wissen alle, daß die Entwicklungspolitik im Augenblick alles andere als populär ist. Wir haben ein großes Interesse daran, daß jede Mark, die wir für diese Arbeit ausgeben, so effektiv wie nur möglich eingesetzt wird. Die Arbeit ist infolge des Kompetenzstreites, infolge des Umstandes, daß sich die verschiedenen Ministerien nicht geeignet haben, bei allem guten Willen des Ministers nicht so getan worden, wie es nötig wäre. Ich konstatiere nochmals, Herr Minister, daß wir nicht den geringsten Grund zu Klagen gegenüber Ihrem Hause haben. Wir wollen nur endlich wissen, wie das in der Zukunft weitergehen soll.
Herr Minister, es hat keinen Sinn, uns wieder mit freundlichen Worten abzuspeisen. Ihren Optimismus in Ehren, aber heute muß von Ihnen vor diesem Hohen Hause in aller Deutlichkeit gesagt werden, wie Sie das in Zukunft zu tun gedenken und ob Sie eventuell bereit sind, daraus die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen, wenn nicht unser Geld zum Fenster hinausgeworfen werden soll und wenn wir nicht die Entwicklungshilfe um das letzte Renommee berauben wollen.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0407526000
Herr. Abgeordneter Freiherr von Mühlen.

Freiherr Klaus von Mühlen (FDP):
Rede ID: ID0407526100
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Hermsdorf hat eine Frage angeschnitten, die bei den Haushaltsberatungen in Zukunft meines Erachtens etwas mehr in den Vordergrund gerückt werden sollte.
Es ist das vornehmste Recht des Parlaments, den Haushalt festzulegen und auch mittels der Haushaltskontrolle die Regierungsarbeit zu bestimmen und zu steuern. Dazu genügt es aber nicht, lediglich mit dem Rotstift des Revisors oder des Wirtschaftsprüfers vorzugehen. Es gilt vielmehr auch sorgsam darauf zu achten, ob der politische Auftrag, der von diesem Hause vergeben wurde, von den einzelnen Ressorts erfüllt worden ist. Gerade diese Frage ist soeben bei dem Herrn Kollegen Hermsdorf und vorher auch Herrn Kollegen Gewandt angeklungen. Ich möchte diese Frage in den Mittelpunkt meiner kurzen Bemerkungen zum Haushalt des Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit stellen.
Als die Errichtung dieses Ministeriums im April 1962 von diesem Hohen Hause letztinstanzlich bestätigt wurde, waren alle Fraktionen darin einig, daß es sich dabei nicht um die Frucht einer Koalitionsbildung, sondern um eine echte Notwendigkeit in Erfüllung derjenigen Aufgaben handelt, die in steigendem Maße der Bundesrepublik auf dem Gebiete der Entwicklungshilfe zufallen. Damals wie heute — das hat der Verlauf der bisherigen Aussprache zum Einzelplan 23 gezeigt — war das Hohe Haus auch einer Meinung, daß das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit damit beauftragt wird, die Koordinierung sowohl der vom Bund, als auch der von anderen öffentlichen oder privaten Stellen vorgesehenen Entwicklungshilfe in einer Weise anzustreben, daß alle Maßnahmen auf diesem Gebiete auf ein einheitliches entwicklungspolitisches Ziel ausgerichtet werden können. Der einzig sinnvolle Weg, dieses Ziel zu erreichen, war es eben, die Gesamtverantwortung für den Bereich der Entwicklungshilfe nur einem Ressort zu übertragen.
Inwieweit ist bis heute dieses Ziel erreicht worden? — Wir haben soeben in den Bemerkungen des Herrn Kollegen Gewandt und in den Ausführungen des Herrn Kollegen Hermsdorf genauso wie seinerzeit in der Haushaltsdebatte des Jahres 1962 und anläßlich der Aussprache über die Große Anfrage der SPD im Herbst vergangenen Jahres gehört — und es hat sich jeweils deutlich herausgeschält —, welche Gesichtspunkte bei der Errichtung des neuen Ministeriums für dieses Hohe Haus wegweisend waren und es heute noch sind.
Es erscheint zweckmäßig, sie noch einmal kurz zu subsumieren:



Freiherr von Mühlen
Erstens: die Gesamtverantwortung für die deutsche Entwicklungspolitik durch ein Ressort sowohl gegenüber der deutschen Öffentlichkeit wie gegenüber den Entwicklungsländern.
Zweitens: die Koordinierung der bisher von Aden verschiedensten Ressorts sowie von nachgeordneten Behörden und von privaten Organisationen wahrgenommen entwicklungspolitischen Aufgaben.
Drittens: die Zusammenfassung der in den verschiedenen Einzelplänen ausgebrachten Titel, aus denen entwicklungspolitische Aufgaben finanziert werden.
Viertens: die Durchführung derjenigen entwicklungspolitischen Aufgaben, die bisher von anderen Ressorts nicht wahrgenommen wunden oder werden konnten.
Fünftens: die Abstimmung aller Hilts- und Förderungsmaßnahmen untereinander im Rahmen einer einheitlichen entwicklungspolitischen Konzeption.
Aufgabe und Aufgabenbereich des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit waren also von diesem Hohen Haus aus von vornherein klar und eindeutig konzipiert als politischer Auftrag an die Exekutive.
Welches Schicksal ist nun im vergangenen Jahr der Durchführung dieser Aufgabe beschieden gewesen? — Es scheint mir, daß der Gang der Dinge in Sachen dieses Ministeriums unter dasselbe Motto gestellt werden kann, dessen sich eine Firma bedient, die das Protokoll der Bundesregierung mit der Ausrüstung festlicher Empfänge betraut hat. Es lautet: Unmögliches wind sofort erledigt — Wunder brauchen etwas länger."
Das vielen langdienenden Entwicklungspolitikern in- und außerhalb der Ressorts als unmöglich Erscheinende oder als unmöglich Erhoffte, nämlich 'die Bildung eines Ministeriums für Entwicklungsaufgaben, ist rasch erfolgt. Trotz vieler Fährnisse, vor allem im Hinblick auf die personalpolitische Ausstatt'ung — die wir heute nicht mehr erörtern wollen — steht das Ministerium unbestritten als eine funktionsfähige Behände, die alle ihr inzwischen zugefallenen Aufgaben im großen und ganzen und im Rahmen der vorhandenen Kompetenzen gelöst hat. Die Erfüllung ides Wunders allerdings, d. h. 'der Bereitschaft der Ministerialbürokratie anderer Ressorts, durch eine Kompetenzbereinigung die von dem Hohen Hause bereits vor einem Jahr gewünschte Gesamtverantwortung des Bundesministeriums für 'wirtschaftliche Zusammenarbeit herbeizuführen, läßt noch immer auf sich warten.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0407526200
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Hermsdorf?

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0407526300
Herr Kollege, glauben Sie nicht, daß es nicht an der Ministerialbürokratie liegt, sondern daß es hier einfach um eine Kalhnettsentscheidung geht, mit der alles erledigt wäre?

Freiherr Klaus von Mühlen (FDP):
Rede ID: ID0407526400
Herr Kollege, ich gebe Ihnen vollkommen recht; aber auch Kabinettsentscheidungen pflegen leider zunächst eine gewisse Rücksicht auf die Ministerialbürokratie zu nehmen. Ich komme noch darauf zu sprechen.

(Zuruf von der SPD: Das ist aber eine sehr schlechte Sache!)

— Ich schlage Ihnen vor, Herr Kollege, das Ende meiner Ausführungen abzuwarten.
Wir haben auch aus den Ausführungen meines Herrn Vorredners gehört, daß das Hohe Haus allen Anlaß hat, festzustellen, daß die Koordinierung der entwicklungspolitischen Aufgaben unter dem Dache des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit noch keineswegs in dem erforderlichen Umfang erreicht worden ist, wobei die Verantwortlichkeit hierfür — auch darin besteht erfreulicherweise völlige Einigkeit in diesem Hohen Hause — keineswegs dem Ministerium oder seinem Minister zufällt.
Dem BMZ — ich darf jetzt diese Abkürzung verwenden — ist bislang lediglich der Vorsitz in dem Interministeriellen Ausschuß für Entwicklungspolitik zugesprochen worden. In den interministeriellen Referentenausschüssen für Technische Hilfe und Kapitalhilfe, die für die praktische Entwicklungsarbeit weitgehend ausschlaggebend sind, ist eine rasche Überprüfung der Beteiligung und der Einwirkungsmöglichkeit des BMZ dringend erforderlich.
Durch die Errichtung des BMZ einerseits und seiner bisher mangelhaften Ausstattung mit Kompetenzen andererseits ist, was die deutsche Offentlichkeit und die Entwicklungsländer betrifft — das sollen wir beachten —, eine völlig falsche Optik entstanden. In der deutschen Öffentlichkeit und in den Entwicklungsländern besteht, von außen her gesehen, der Eindruck, daß die Gesamtverantwortung für die deutsche Entwicklungspolitik dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit obliegt.
In der interministeriellen Praxis dagegen wird dem BMZ weiterhin in sehr entscheidenden Fragen von anderen Ressorts immer noch diese Gesamtverantwortung bestritten. Die entsprechenden Folgen für die praktische Arbeit können nicht ausbleiben. Optik und Wirklichkeit decken sich nicht. In gleicher Weise deckt sich nicht der Auftrag dieses Hohen Hauses mit der Erfüllung, die ihm zuteil wurde.
Dies trifft für die haushaltstechnische Seite zu. Im Einzelplan 23 ist zwar für das Jahr 1963 eine Zusammenfassung der im Bundeshaushaltsplan für die Entwicklungshilfe ausgebrachten Mittel rein formell ziemlich weitgehend erfolgt. Die materielle Zuständigkeit verschiedener Ressorts ist aber dadurch, soweit ich das als Nicht-Haushaltsexperte übersehen kann, nicht berührt worden.
Trotzdem sind seit der Errichtung des BMZ hinsichtlich der Ausrichtung der deutschen Entwicklungsmaßnahmen unter einer einheitlichen Konzeption Fortschritte erzielt worden. Eine Reihe neuer Aufgaben konnte in Angriff genommen werden. Wir haben soeben bei der Beratung der Anträge zum Einzelplan 23 ein solches Novum behandelt: die An-



Freiherr von Mühlen
rechnung der Lieferung von Lebensmitteln an die Entwicklungsländer auf die Entwicklungshilfe. Das ist alles erfreulich, reicht aber nicht aus.
Gerade die Tatsache, daß dieses Ministerium nach erst so kurzer Arbeitszeit und mit nach allen Seiten hin eingeengten Kompetenzen unbestreitbare Erfolge seiner Arbeit vorweisen kann, rechtfertigt die Feststellung, daß noch weit mehr hätte erreicht werden können, wenn eine größtmögliche Selbständigkeit und Eigenverantwortlichkeit des BMZ gegeben gewesen wäre.
Es ist also an der Zeit — und ich glaube, alle Diskussionen, die in diesem Hause bisher zu diesem Thema stattgefunden haben, brachten dies zum Ausdruck —, daß nunmehr so rasch wie irgend möglich eine eindeutige Richtlinienkompetenz dieses Ministerium festzulegen sein wird, eine Richtlinienkompetenz, die sowohl die Haushaltsansätze als auch die Bindungsermächtigungen umfaßt und sich in gleicher Weise auch auf Planungsaufgaben, auf Koordinierungsmaßnahmen sowie auf die Durchführung von Entwicklungsvorhaben erstreckt. Ohne eine solche Maßnahme können die Mittel für Entwicklungshilfe nicht einheitlich verwaltet, bewirtschaftet und von einer Gesamtverantwortung aus vertreten werden.
Ich habe schon darauf hingewiesen — und es ist auch von allen meinen Vorrednern unter Zustimmung des Hohen Hauses anerkannt worden , daß das BMZ trotz aller organisatorischen Mängel bemerkenswerte Leistungen vorzuweisen hat.

(in wesentlichen Punkten eine Neuausrichtung erfahren. Gleichzeitig ist die Durchführung von Einzelmaßnahmen in vielen Bereichen der Entwicklungshilfe beschleunigt worden. Was den ersten Punkt betrifft, so möchte ich besonders die Änderung der Zusagen für die Kapitalhilfe erwähnen, bei der nunmehr die Rahmenzusagen nach Möglichkeit vermieden werden sollen. Künftig dürfte jedoch hier noch eine bessere Vorplanung der deutschen Hilfen erforderlich sein mit dem Ziel, schon im Zeitpunkt der Zusage einen klaren Überblick über die Verwendung der Mittel zu besitzen. Es dürfte ferner verstärkte Aufmerksamkeit auf die Liefergebundenheit der Kapitalhilfe gelegt werden müssen, um die entwicklungspolitische Wirkung der Hilfsmaßnahmen zu sichern und die Interessen der deutschen Wirtschaft besser zu gewährleisten. Das BMZ ist auf allen Gebieten bereits auf gutem Wege. Die Frage einer sinnvollen Koordinierung bzw. der Zusammenfassung der Zuständigkeiten drängt sich aber überall in den Vordergrund. Das betrifft auch die Durchführung der Verwendungsprüfung der Entwicklungshilfemittel im Ausland. Das BMZ hat hierzu eine ausführliche Stellungnahme ausgearbeitet und auch den zuständigen Ausschüssen des Bundestages übermittelt. Aus ihr ergibt sich im wesentlichen, daß man bei der Ausarbeitung endgültiger Richtlinien für die Verwendungsprüfung in den einzelnen Bereichen der Entwicklungshilfe noch nicht ,sehr weit gekommen ist. Auch hier gilt es noch, unterschiedliche Auffassungen bei den beteiligten Ressorts auszugleichen. Auch die auf dem Gebiet der Förderung privater Institutionen, die sich das BMZ besonders angelegen sein läßt, besteht meines Erachtens die Notwendigkeit, alle diese Bestrebungen unter entwicklungspolitischen Gesichtspunkten zusammenzuführen und in ihren gegenseitigen Auswirkungen aufeinander abzustimmen. Dasselbe gilt auch für die Bürgschaftshilfe, die Abwicklung von Ausfuhrgarantien und viele andere Fragen, die ich heute angesichts der kurzen Zeit, die uns zur Verfügung steht, nicht im einzelnen aufgreifen möchte. Eine Frage jedoch, die heute noch behandelt werden sollte und die nach einer baldigen Klärung drängt, stellt sich im Bereich der internationalen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Entwicklungshilfe. Es liegt im Interesse einer klaren Verantwortung in diesem Bereich, darum bemüht zu sein, daß die gegenwärtige Aufsplitterung der Zuständigkeiten baldigst beseitigt wird. Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang nur ein Beispiel anführen: Anläßlich der UN-Konferenz im Februar 1963 in Genf ist die ungenügende Vorbereitung und die unzureichende Vertretung der Bundesrepublik 'in der Offentlichkeit nicht nur aufgefallen, sondern auch kritisiert worden. In der Presse sowohl des Inlandes wie des Auslandes ist dafür, im Zeichen der falschen Optik, auf die ich eingangs hingewiesen habe, das BMZ verantwortlich gemacht worden, obwohl die Federführung für die Vorbereitung der Konferenz beim Bundeswirtschaftsministerium und die Delegationsleitung beim Auswärtigen Amt gelegen hat. Lassen Sie mich abschließend zu diesem Koordinationslamento noch kurz auf die technische Hilfeleistung zu sprechen kommen, die ja schon die Herren Kollegen Gewandt und Hermsdorf angeschnitten haben. Es ist erwiesen, daß auch auf diesem Gebiet die Zuständigkeit von vier Hauptressorts und des jeweiligen Fachressorts sich als höchst nachteilig herausgestellt hat. Eine sinnvolle personelle Steuerung aller notwendigen Maßnahmen nach einer einheitlichen Konzeption ist bisher in diesem Bereich schlechterdings nicht möglich gewesen. Diese Schwierigkeiten haben die Gefahr zur Folge, daß bei der Durchführung von Projekten nach wie vor Verzögerungen auftreten und in Kauf genommen werden müssen, die in den Augen der Entwicklungsländer den Wert der Projekte oftmals herabsetzen und damit die entwicklungspolitische Wirksamtkeit der Hilfsmaßnahmen im Hinblick auf die Bundesrepublik in Frage stellen. Auch für die Einschaltung von Institutionen auf dem Gebiet der Entwicklungshilfe außerhalb der Bundesverwaltung sollte sichergestellt werden, daß für die Verbände in diesem Bereich nur e i n Bundesministerium zuständig ist. Für eine sinnvolle Mitarbeit dieser gesellschaftlichen Gruppen ist es notwendig, ihre Tätigkeiten und ihre Maßnahmen mit den Entwicklungsförderungsmaßnahmen zu koordinieren. Freiherr von Mühlen Und das Fazit: Hoffen wir, daß bis zur Beratung des nächsten Haushaltsplans des BMZ das Wunder geschehen ist, nachdem das unmöglich Erscheinende getan wurde, das Wunder nämlich, daß durch entsprechende Maßnahmen seitens der Bundesregierung über ererbte ministerialbürokratische Beharrungstendenzen hinweg der von diesem Hause bereits vor einem Jahr ausgesprochene und heute wiederum betonte — man darf sagen: betont betonte — Wunsch nach Kompetenzausgleich zwischen den mit Entwicklungshilfe befaßten Ressorts in einer Art und Weise erfüllt wird, die den Erfordernissen einer Gesamtverantwortung der deutschen Entwicklungspolitik sowohl gegenüber der deutschen Öffentlichkeit wie gegenüber den Entwicklungsländern entspricht. Dies, meine sehr verehrten Damen und Herren, erfordert doch bei weitem keine Bereitschaft zur Selbstentleibung irgendwelcher ministerieller Fachressorts. Ich glaube auch, daß dieses Hohe Haus künftig seine Verantwortlichkeit und seine Aufmerksamkeit mehr auch auf die weitere Gestaltung und die weitere Handhabung dieser Fragen seitens der Regierungsspitze lenken muß. Im übrigen: Ich glaube, es hätte im Rahmen der Entwicklung gelegen, wenn z. B. das Auswärtige Amt, das gerade zu Beginn dieses Jahres eine völlige Neugestaltung seines Arbeitsplanes vorgenommen hat, im Rahmen dieser Neuverteilung auch die Ressortprobleme hinsichtlich des Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit gelöst hätte. I Im Herbst dieses Jahres, wenn eine Ablösung an der Regierungsspitze erfolgt, wird die Zeit gekommen sein, dafür zu sorgen, daß die Wünsche, die das Hohe Haus im Hinblick auf das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit vorgebracht und der Exekutive zu erfüllen aufgetragen hat, erfüllt werden. Sie haben recht, Herr Kollege Hermsdorf, der Regierungschef kann hier entscheidend mitwirken. Aber letzten Endes sind doch wir, das Parlament, die politische Kontrollinstanz. Wir haben in diesem Hohen Hause die Errichtung dieses neuen Ministeriums und die Ausstattung dieses neuen ministeriellen Gartens beschlossen und Herrn Minister Scheel zum Grundherrn dieses Gartens bestellt. Ich glaube deshalb auch, wir wären in einer sehr unerfreulichen Lage, wenn anläßlich der Beratung des nächsten Haushalts der Grundherr im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit kommen und sagen müßte: Was nützt mir dieser schöne Garten, wenn andere drin spazierengehen? Das Wort hat Herr Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn Sie, Herr Präsident, erlauben, will ich hier doch zu einigen Punkten Stellung nehmen. Ich beginne mit der wesentlichen Frage der Zuständigkeitsverteilung. Die Verteilung der Zuständigkeiten ist natürlich eine Sache der Regierung und nicht des Parlaments. Die Herren Sprecher haben mit Recht darauf hingewiesen, daß Mängel, die hier offenbar vorhanden sind — und ich glaube, es war nicht zufällig, daß eis Mitglieder ,des Haushaltsausschusses waren, die hier gesprochen haben —, innerhalb der Regierung abgestellt werden sollten. Die Aufgabe, die hier in einem eigenen Ministerium zusammengefaßt wurden, ist ganz neu. Sie ist schwierig zu bewältigen, nicht nur in der Bundesrepublik, sondern in allen westlichen Ländern gleichermaßen. Ich darf darauf hinweisen, daß die Vereinigten Staaten von Amerika, die seit 1945 Entwicklungspolitik betreiben, in dieser Zeit häufige Organisationsänderungen haben vornehmen müssen, um sich neuen Entwicklungen anzupassen. Diese Schwierigkeiten gelten auch für uns. Zunächst müssen wir einige Zeit Erfahrungen sammeln. Aber aus den Bemerkungen der Kollegen ist doch hervorgegangen, daß auf jeden Fall schon eine ganze Strecke Weges zurückgelegt worden ist. Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Hermsdorf? Bittesehr. Herr Minister, selbst wenn ich Ihre Auffasssung billige, halbe ich doch die konkrete Frage an Sie, in dem Falle als Mitglied des Haushaltsausschuß: Sind Sie nicht der Auffassung, daß uns 'dieses Hinauszögern eine ganze Menge Geld kostet, was auch nicht zu übersehen ist? Herr Kollege, ich würde sagen: nein, das kann wirklich heute niemand sagen. Ich möchte aber darauf hinweisen: gerade der Haushaltsausschuß weiß am allerbesten, daß wir 'auf idem Wege zu einer besseren Regelung sind. Der Haushaltsausschuß hat ja die Regierung dadurch unterstützt, daß er den Bundesbevollmächtigten für Wirtschaftlichkeit vor nicht allzu langer Zeit beauftragt hat, die Grundlagen zu erstellen, die zu einer wirklichen Beurteilung der Situation nötig . Entwicklungspolitik ist nun einmal nur in der Zusammenarbeit einer Anzahl, um nicht zu sagen, einer Vielzahl einzelner Stellen zu bewältigen. Wir sind darauf angewiesen, daß sich mehrere mit diesen Dingen befassen. Ob die augenblickliche Organisationsform die beste ist, das wage auch ich zu bezweifeln. Ich bin deswegen hier in einer etwas schwierigen Lage. Auf der einen Seite, als Vertreter der Regierung, muß ich die versuchte Einmischung der Kollegen in unsere Organisationsgewalt zunächst einmal zurückweisen. Andererseits, als Ressortminister, muß ich sagen, um ganz offen zu sein: Ich teile vielleicht die eine oder andere Auffassung, die hier vorgetragen worden ist. Aber ich muß auch feststellen — die Herren Kollegen Bundesminister Scheel werden das ja nicht bestreiten —, daß wir auf dem Wege sind, eine bessere Lösung zu. erreichen, auch mit Hilfe der Untersuchungen, die erst einmal durchgeführt werden müssen. Es ist richtig — wenn ich jetzt auf einzelne Fragen eingehen darf —, daß das Problem des Vorsitzes in den verschiedenen Unterausschüssen sicherlich nicht ideal gelöst ist. Aber diese Regelung hat sich aus der Entwicklung heraus ergeben. Als wird dieses Ministerium gegründet haben, war diese Aufgabe zunächst einmal auf eine ganze Anzahl von Häusern aufgeteilt. Von da aus mußte die neue Arbeit sich entwickeln. Und dank der guten und loyalen Zusammenarbeit aller Beteiligten ist doch etwas erreicht worden. Niemand unter Ihnen wird nach dem, was er heute gehört hat, behaupten, daß die sachliche Aufgabe nicht so gut bewältigt worden wäre, wie das überhaupt möglich war. Das ist von den Sprechern der drei Fraktionen, auch von der Oppositionspartei, anerkannt worden. Ich habe mir doch heute mit Freude gerade Ihre Zustimmung zum Haushalt holen dürfen. Sie haben gesagt, der Kompetenzstreit verzögere die Wirksamkeit. Ich muß sagen: Der Begriff Streit ist falsch; wir haben uns bisher nicht gestritten. Wir werden uns auch nicht streiten, sondern wir werden nach der besten Lösung suchen. Das liegt im Interesse aller Beteiligten in der Bundesregierung. Sie haben nach der Gesamtverantwortung gefragt, Sie kennen die Kompetenzverteilung, in der wir, und zwar nach den gegebenen Zuständigkeiten, das Beste, das überhaupt möglich war, gemacht haben. Die Gesamtverantwortung für diese Aufgabe — das ist nun einmal eine Eigenart der Massendemokratie — wird normalerweise demjenigen zugeschrieben, der sich in erster Linie mit den Problemen befaßt. Und es unterliegt gar keinem Zweifel, daß die Offentlichkeit im Inland und Ausland, insbesondere auch in den Entwicklungsländern, der Auffassung ist, daß ich als der Minister für Wirtschaftliche Zusammenarbeit die Gesamtverantwortung für Entwicklungspolitik trage. Ich will auch gar nicht versuchen, hier die Verantwortung nunmehr auf die einzelnen Ministerien zu zergliedern. Wenn im einzelnen Kritik an Maßnahmen geübt worden ist, die hier und da vielleicht nicht Ihren Beifall gefunden haben, so könnte ich sagen: Ich habe acht verschiedene Punkte gehört; Punkt 1 gehört zur Kompetenz des Auswärtigen Amts. Punkt 2 fällt in die Zuständigkeit des Wirtschaftsministeriums, Punkt 3 in die des Finanzministeriums, Punkt 4 in die eines anderen Ministeriums usw. Meine Damen und Herren, das tue ich gar nicht; denn auch ich fühle die Verantwortung für diese Aufgabe mir selbst übertragen. Und verlassen Sie sich darauf: ich werde in nächster Zukunft entsprechend handeln. Um damit diesen Fragenkomplex abzuschließen: ich werde bei einer passenden Gelegenheit dafür sorgen, daß Ihren Wünschen Rechnung getragen wird. Meine Damen und Herren: in der Politik gibt es passende und unpassende Gelegenheiten. In den letzten Monaten gab es keine passende Gelegenheit, dieses Problem, das Sie gemeinsam gelöst sehen wollen, in geeigneter Form zu lösen. Aber es wird Ihnen nicht entgangen sein, daß eine solche, und zwar eine besonders passende Gelegenheit in nicht allzu ferner Zeit vor uns steht. Ich glaube, es liegt im Interesse aller Beteiligten, daß wir sie wahrnehmen; ich hoffe, daß wir sie in der rechten Form wahrnehmen. Lassen Sie mich nun ein paar Bemerkungen zu Einzelfragen machen, vor allen Dingen zu den Haushaltsfragen, die Herr Kollege Gewandt hier vorgetragen hat. Ich möchte keinen Zweifel daran lassen, daß ich natürlich — ich möchte sagen: hilfsweise — mit Ihren Anträgen einverstanden bin, weil damit die Bewegungsfreiheit der Regierung wiederhergestellt wird. Ich habe den mit der Materie befaßten Kollegen schon gesagt, daß es mir am liebsten gewesen wäre, man hätte die Kürzung gar nicht vorgenommen; denn in der Praxis ändert sie ja nichts an dem wirklichen Verhalten der Bundesregierung. Wir sind eben gezwungen, unsere eingegangenen Verpflichtungen einzulösen; sind Mittel vorhanden, aus den vorhandenen Mitteln; sind keine Mittel vorhanden, müssen wir einen Ausweg suchen. Gäben wir weniger aus, als im Haushalt eingesetzt ist, verblieben praktisch die nicht verwendeten Mittel als Reste. Insofern ändert sich in der Praxis nichts. Ich hatte nur eine Sorge: daß bei Aufrechterhaltung der Streichung, ohne zu verdeutlichen, was gemeint ist, nach außen hin, auch unseren Partnern gegenüber, der Eindruck hätte entstehen können, wir hätten nunmehr unsere Anstrengungen für die Entwicklungspolitik V verringern wollen. Meine Damen und Herren, das wollen wir nicht. Das festzustellen, daran liegt mir heute. Ich habe gerade die Presseerklärung vor mir liegen, die gestern nach der DAC-Sitzung in Paris herausgegeben wurde und die sich mit dem Deutschland-Examen befaßt. In dieser Presseerklärung wird gesagt, man befürchte, das Volumen der deutschen Entwicklungshilfe könnte in den kommenden Jahren nachlassen, so daß es nicht mehr der Leistungskraft der Bundesrepublik und den Anstrengungen anderer Industriestaaten entsprechen würde. Ich möchte hier ausdrücklich feststellen, daß dieser formale Vorgang der Streichung durch die Wiederherstellung der Bewegungsfreiheit der Regierung kompensiert, daß unsere Leistungsbereitschaft also um keinen Deut vermindert worden ist. Und noch etwas, meine Damen und Herren! Das wird gerade die Kritiker in ihrer Kritik bestätigen, soweit sie hier die Beschleunigung der Auszahlung verlangt haben. Her Gewandt hat darauf hingewiesen, daß es nötig ist, die Auszahlungen bei genehmigten Projektabkommen zu beschleunigen, nicht zuletzt auch deshalb, daß nicht später die Auszahlungen auf einen ganz kurzen Zeitraum zusammenfallen. Dieser Vorschlag, diese Gedankengänge sind ebenfalls in der erwähnten Presseerklärung ausgedrückt worden. Dort wurden die Beratungen über das Examen der Bundesrepublik und GroßBundesminister Scheel . britanniens wie folgt zusammengefaßt: Die Bemühungen um eine beschleunigte Auszahlung der Entwicklungshilfegelder und eine Verbesserung der Wirksamkeit der Entwicklungshilfe sollen intensiviert werden. Auch daran sehen Sie aber, meine Damen und Herren, daß nicht nur wir diese Schwierigkeiten haben, die vereinbarten Projektzusagen beschleunigt auszuführen. Das ist vielmehr eine Sorge, die auch andere Länder haben. Vielleicht darf ich auch darauf hinweisen, daß wir diese Sorge nicht zuletzt aus einem Grunde haben, der von ihnen behoben werden kann. Wir haben zu wenige Mitarbeiter. Die Vereinigten Staaten befassen 19 000 Menschen mit diesen Aufgaben, und auch Großbritannien und Frankreich beschäftigen viele Tausende in der Zentrale, während das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit 192 Mitarbeiter hat und versucht, mit diesen wenigen Menschen seine Aufgaben zu lösen. Es liegt daher auch an Ihnen, meine Damen und Herren, uns hier zur Beschleunigung zu verhelfen, indem Sie unsere Arbeitsfähigkeit weiter erhöhen. Ich möchte, weil die Zeit schon so weit fortgeschritten ist und der Herr Präsident in so liebenswürdiger Art darauf hingewiesen hat, es wäre vielleicht sogar im Interesse der Kollegen, ihrer guten Nerven und auch ihrer Gesundheit, unsere Diskussion nicht zu lange auszudehnen, auf die einzelnen Fragen nicht eingehen, obwohl ich das mit besonderer Lust getan hätte. Vielmehr möchte ich zum Abschluß trotz der Kritik, die mich ja nur zum Teil getroffen hat und auch nur zum Teil treffen sollte, den Rednern für die Anregungen danken, die mit der Kritik verbunden waren und die mir Basis sein werden für die weitere Behandlung der Frage. Ich hoffe, daß wir auch im nächsten Jahr in gemeinsamer Arbeit weiter Fortschritte machen werden. Keine weiteren Wortmeldungen. Wir kommen zur Abstimmung, zunächst zum Änderungsantrag Umdruck 260. Wer ihm zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist einstimmig angenommen. Wir kommen zu Einzelplan 25 im ganzen. Wer ihm zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Einzelplan 25 ist einstimmig angenommen. Nun, meine Damen und Herren, bin ich erneut gebeten worden, ein paar kräftige Worte zu sagen. Sie wissen schon, welchem Thema das gilt. Ich möchte mich dieses Auftrags entledigen, indem ich den folgenden Rednern versichere, daß ihnen die angespannte Aufmerksamkeit dieses Hauses trotz der vorgerückten Stunde totsicher ist, wenn sie ganz Sensationelles zu sagen haben. Aber eben auch nur dann! Ich weiß ,allerdings nicht, ob das einen Abgeordneten, der fest entschlossen scheint, jetzt noch länger zu reden, dm mindesten zubeeindrucken vermag. (Heiterkeit. — Zuruf von der CDU/CSU: Solange er auf einem Bein stehen kann!)





(Lebhafter Beifall.)

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0407526500
Walter Scheel (FDP):
Rede ID: ID0407526600
Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0407526700
Walter Scheel (FDP):
Rede ID: ID0407526800
Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0407526900
Walter Scheel (FDP):
Rede ID: ID0407527000




(Abg. Hermsdorf: Sie sind eben ein höflicher Mann; immer wieder dasselbe!)


(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)





(Allgemeiner Beifall.)

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0407527100

(Allgemeiner Beifall.)


(Heiterkeit und allgemeiner Beifall.)

Mehr, meine Damen unid Herren, läßt sich nicht machen.
In diesen kräftigen Worten spiegelt sich der Entschluß dieses Hauses wider, heute abend mit der Haushaltsberatung fertig zu werden.

(Beifall.)

Einzelplan 24
Geschäftsbereich des Bundesschatzministers (Drucksache IV/ 1118).
Ich frage den Herrn Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Windelen, ob er das Wort wünscht.

(Abg. Windelen: Unter diesen Umständen nicht!)

— Der Herr Berichterstatter .verzichtet. (Bravo-Rufe und Beifall.)

Ich eröffne die allgemeine Aussprache zu diesem Einzelplan. Hier liegen eine Reihe von Änderungsanträgen vor. Eine Wortmeldung ist bereits zurückgezogen. — Wortmeldung des Herrn Abgeordneten Wellmann. — Er verzichtet. Ausgezeichnet!

(Beifall.)

Dann kommen wir zu den Änderungsanträgen, zunächst zum interfraktionellen Änderungsantrag Umdruck 272 *) der Abgeordneten Schoettle, Dr. Vogel, Dr. Emde und Genossen. Wird dazu das Wort gewünscht?

(Abg. Windelen meldet sich zum Wort.)

— Möchten Sie als Berichterstatter oder zur Begründung dieses Antrags sprechen?

(Abg. Windelen: Zu den Anträgen!)

— Wollen Sie zu den Umdrucken 270 **) und 272 sprechen? — Das Wort hat der Abgeordnete Windelen zur Begründung der Anträge.

Heinrich Windelen (CDU):
Rede ID: ID0407527200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur wenige Worte zur Begründung dieser beiden interfraktionellen Änderungsanträge. Auf Umdruck 270 wird der Erlös aus der Veräußerung von Anteilsrechten und der Liquidation von Bundesunternehmen um 23 250 000 DM erhöht. Es handelt sich um den Veräußerungserlös aus der Veräußerung der VTG bzw. um den Anteil, der im Haushaltsjahr 1963 fließen wird.
Der Änderungsantrag auf Umdruck 272 steht in einem unmittelbaren Zusammenhang zu diesem Antrag. Er befindet nämlich über die Verwendung dieser einkommenden Erlöse, indem die 23 250 000 DM zur Erhöhung des Kapitals bei der Salzgitter AG in den Haushalt eingestellt werden sollen. Sowohl der Ausschuß für wirtschaftlichen Besitz des Bundes als auch der Haushaltsausschuß waren sich darüber
*) Siehe Anlage 12
**) Siehe Anlage 13



Windelen
einig, daß die Kapitalerhöhung bei Salzgitter einen Gesamtbetrag von 40 Millionen DM umfassen sollte. Der Restbetrag von 16 750 000 DM sollte im nächsten Haushaltsjahr ausgebracht werden. In die Erläuterungen dieses Haushaltsjahres, und zwar bei dem gleichen Tit. 892 Kap. 24 02 des außerordentlichen Haushalts, ist ein entsprechender Hinweis aufzunehmen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0407527300
Wird dazu das Wort gewünscht? — Bitte sehr, Herr Abgeordneter Wellmann.

Hans Wellmann (SPD):
Rede ID: ID0407527400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir begrüßen den auf Umdruck 272 von Mitgliedern des Haushaltsausschusses eingebrachten Antrag auf Kapitalaufstockung bei der Salzgitter AG auf 45,6 Millionen DM in diesem Jahr. Ein von uns geplanter und vorgesehener Antrag in der gleichen Richtung ist .dadurch hinfällig geworden, und wir werden dem Antrag auf Umdruck 272 zustimmen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0407527500
Zu Umdruck 270 liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Änderungsantrag der Abgeordneten Schoettle, Dr. Vogel, Dr. Emde und Genossen auf Umdruck 270 zustimmt, den bitte ich, ein Handzeichen zu geben. — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Wir kommen zum Antrag Umdruck 272. Wer ihm zuzustimmen wünscht, gebe bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Umdruck ist ebenso einstimmig angenommen.
Zur Begründung des Änderungsantrags der Fraktion der SPD auf Umdruck 256 *) erteile ich Frau Abgeordneten Krappe das Wort.

Edith Krappe (SPD):
Rede ID: ID0407527600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei dem Antrag Umdruck 256 handelt eis sich ferner um eine Bewilligung von Mitteln für die Flutlichtanlage für das Olympiastadion in Berlin. Der Bund bzw. Idas Bundesschatzministerium sind Eigentümer des Olympiastadions. Es hat in der Vergangenheit Unklarheiten über das Verwaltungsrecht gegeben. Der Berliner Senat hat sich mit dem Bundesschatzministerium am 26. April dahin geeinigt, daß der Bund das Verwaltungsrecht hat. Das ist auch der Grund, warum dieser Antrag erst heute gestellt werden kann.
An sich ist das Bundesschatzministerium selbst davon überzeugt, daß diese Flutlichtanlage notwendig ist. Ich möchte nur daran erinnern, daß das Olympiastadion mit 100 000 Plätzen eine großartige Sportanlage ist, die sich fiür große Sportveranstaltungen wunderbar anbietet. Dazu ist aber eine Flutlichtanlage notwendig, die heute ,schon auf viel kleineren Sportplätzen zur Selbstverständlichkeit geworden ist.
Ich bitte also freundlichst um Ihre Zustimmung zu diesem Antrag.

(Beifall bei der SPD.)

*) Siehe Anlage 14

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0407527700
Wird dazu das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter Windelen.

Heinrich Windelen (CDU):
Rede ID: ID0407527800
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Darf ich gleichzeitig den Änderungsantrag auf Umdruck 278 *) mitbegründen? — Wir bitten Sie, Idem Änderungsantrag der SPD nicht zuzustimmen, und begründen dies wie folgt: Der Tit. 951 Kap. 24 02 ist sachlich für den Zweck nicht zuständig. Sachlich wäre Tit. 713 Kap. 24 03 zuständig, bei idem es sich um das ehemalige Reichssportfeld handelt. Es ist festzustellen, daß der Bund in sehr erheblichem Maße Aufwendungen für das ehemalige Reichssportfeld gemacht
hat. Immerhin sind es über 13 Millionen DM, die seit 1954 im Bundeshaushalt für dieses Objekt aufgewendet worden sind. Auch für das Haushaltsjahr 1963 steht ein Betrag von über 1 Million DM für den Ausbau und die Instandsetzung des Reichssportfeldes zur Verfügung. Die bereitgestellten Bundesmittel konnten nicht einmal voll ausgeschöpft werden. Es haben sich Reste von 2 1/2 Millionen DM angesammelt. Der Betrag von 650 000 DM für die Flutlichtanlage ist im Entwurf ides Haushaltsplanes 1964 ohnehin vorgesehen. Die Lieferfristen für die Anlage sind so, daß eine Ausgabe dieses Betrages im Haushaltsjahr 1963 nicht mehr möglich sein wird. Um aber dem Senat der Stadt Berlin die Vorbereitung, die Planung und die Bestellung zu ermöglichen, würde eine Bindungsermächtigung ,genügen.
Frau Kollegin Knappe hat angeführt, daß sich der Antragstellung bisher hemmend :entgegengestellt habe, daß ein Verwaltungsabkommen noch nicht abgeschlossen sei. Das trifft zu. Es muß aber bei dieser Gelegenheit vermerkt werden, daß es immerhin drei Jahre gedauert hat, bis dieses Verwaltungsabkommen zustande gekommen ist. Es hätte sehr viel früher zustande kommen können. Dann hätte auch über diese Frage schon sehr viel eher gesprochen werden können.
Ich darf Sie deshalb bitten, den Antrag der SPD auf Umdruck 256 abzulehnen, und bitte Sie, meinem Änderungsantrag auf Umdruck 278 — der im übrigen noch geringfügig redaktionell berichtigt werden muß: es handelt sich beim Einzelplan 24 um den Geschäftsbereich des Bundesschatzministers — zuzustimmen.

(Beifall in der Mitte.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0407527900
Der Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 256
ist der weitergehende; über ihn wird zunächst abgestimmt. Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. —Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit. Der Änderungsantrag 'ist abgelehnt.
Ich lasse nun über den Änderungsantrag des Abgeordneten Windelen auf Umdruck 278 abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen! -- Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
*) Siehe Anlage 15



Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Ich komme zur Abstimmung über den Einzelplan 24, Geschäftsbereich des Bundesschatzministers, im ganzen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen! — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Einzelplan ist bei zahlreichen NeinStimmen angenommen.
Ich rufe auf: Einzelplan 25
Geschäftsbereich des Bundesministers für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung (Drucksache IV/ 1119).
Ich frage den Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Heiland, ob er das Wort wünscht. — Der Herr Berichterstatter verzichtet.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Jacobi.

(Abg. Rasner: Aber nur Sensationelles!)


Werner Jacobi (SPD):
Rede ID: ID0407528000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich höre gerade den Zwischenruf, ich möge mich der Anregung des Herrn Präsidenten fügen, und Herr Rasner meint, ich würde den Beifall dieses Hauses finden, wenn ich. nur Sensationelles vortrage. Die Frage ist nur, was eine Sensation ist. Lasse ich in meinen Ausführungen Kritik an .dem Herrn Wohnungsbauminister aus, dann ist die Sensation weg, kritisiere ich ihn, dann ist das eine Sensation, die Ihnen nicht lieb ist. Ich werde mach trotzdem bemühen, sehr viel weniger auszuführen, als ich vorhatte.
Ziehen Sie aber aus der Tatsache, daß wir nur zwei Änderungsanträge vorlegen, die gleich kurz begründet werden — das ist nicht meine Sache —, nicht den Schluß, daß wir gegen die Wohnungsbaupolitik der Bundesregierung keine Einwände zu erheben hätten. Es gibt deren eine ganze Menge, und ich muß sagen, in diesem Jahr gibt es stärkere Einwände, Sorgen und Vorbehalte als im vergangenen Jahr.
Wir können auf eine Reihe von kritischen Bemerkungen Bezug nehmen, die wir immer wieder gemacht haben. Auch in diesem Jahre müssen wir bedauern, daß die Degression der Bundesmittel, also die Minderung des ursprünglichen Ansatzes von 700 Millionen DM um 10 %, fortgesetzt wird. Da wir aber immer wieder erleben mußten, daß Sie Anträge, die von uns gestellt wurden und die das abstellen sollten, ablehnten, gehört nicht sehr viel Phantasie dazu, sich auszurechnen, daß Sie auch dieses Mal nein sagen würden. Wir verzichten also auf einen entsprechenden Antrag, sosehr wir es bedauern.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die bekannten Kürzungen, die wir immer wieder bedauert haben, sind erfolgt trotz der Erschwerungen, die besonders im öffentlich geförderten Wohnungsbau eingetreten sind, und trotz der zusätzlichen Lasten, die sich aus Preissteigerungen vielfacher Art ergaben, so daß auch in diesem Jahre, da Sie diese Politik fortgesetzt haben, Länder und Gemeinden stärker denn je in die Tasche greifen müssen, um der weiterhin gestiegenen Baukosten im Interesse
der Fortsetzung des sozialen Wohnungsbaus Herr zu werden. Aber derartige Hinweise machen auf Sie ja kaum noch Eindruck.
Dennoch vermeiden Sie kaum eine Gelegenheit, immer wieder zu betonen — und der Herr Bundeswohnungsbauminister tut dies stets —, daß Ihnen daran liegt, sich nach wie vor besonders des Wohnungsbaues für die einkommensschwachen Schichten anzunehmen. Die Praxis lehrt, daß hier Worte und Taten nicht immer miteinander in Einklang stehen. Auch Sie können doch nicht leugnen, daß die Entwicklung der Bauland- und Baupreise mit ihren ständigen sich auf die Mieten und Lasten niederschlagenden Kostensteigerungen eine Reduzierung der öffentlichen Mittel im Wohnungsbau für die einkommensschwachen Bevölkerungskreise nach wie vor verbietet. Dennoch ist die Bundesregierung und dennoch sind Sie, meine Damen und Herren mit Ihrer Mehrheit, nicht bereit, durch eine Änderung der Haushaltsansätze hier korrigierend einzugreifen.
Ich will das alte leidige Thema der Baulandpreise hier nicht noch einmal aufrollen. Hier gilt unverändert das, was wir besonders im vergangenen Jahr kritisch vermerkt haben, und wir bedauern, von den Bemerkungen, die wir damals gemacht haben, nichts zurücknehmen zu können. Nach wie vor haben wir das Recht, die Nachlässigkeit, ja Untätigkeit der Regierung auf diesem Gebiete zu tadeln. Es hat sich nichts gebessert, und nichts haben die uns von Ihnen immer wieder beschwichtigend entgegengehaltenen bodenordnungspolitischen Maßnahmen des Bundesbaugesetzes in Richtung auf einen Abbau der schwindelhaft angestiegenen Bodenpreise erreicht.

(Abg. Dr. Conring: Lesen Sie eigentlich Zeitungen?)

— Meine Herren, wenn Sie mir Zwischenrufe machen, rede ich noch länger. Ich bin gewohnt, auf Zwischenrufe zu antworten. Sie haben es selbst in der Hand, die Länge der Rede zu bestimmen.

(Abg. Dr. Conring: Aber die Baulandpreise sind doch gefallen!)

— Wie kann man einen solchen Einwand machen: wo es in den Zeitungen gestanden hat! Gehen Sie einmal zu den Bausparern, versuchen Sie selbst einmal, ein Grundstück zu bekommen! Sie werden dann feststellen, daß sich die Baulandpreise vielleicht irgendwo und irgendwie in einem Zustand der Stagnation befinden, daß aber die Höhe der auch heute noch zu zahlenden Preise an sich unverantwortlich ist, weil es sich um legalisierte Schwarzmarktpreise von gestern handelt. Das sind keine normalen Preise. Hier ist unsere Kritik nach wie vor berechtigt.
Auch in anderer Hinsicht' läßt sich über den Wohnungsbau nicht mehr ganz so unbeschwert diskutieren, wie das noch vor Jahren der Fall war. Die imponierenden Leistungen, die seit der Schaffung des Ersten Wohnungsbaugesetzes in der Bundesrepublik durch die gemeinsamen Anstrengungen des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Bauherren aller Kategorien erbracht worden sind, sind und bleiben eine Gemeinschaftsleistung, die der



Jacobi (Köln)

Bundesrepublik wohl ansteht und die uns alle mit Genugtuung erfüllen darf. Dies sei heute und hier noch einmal ausdrücklich festgestellt, damit nicht nachher der törichte Vorwurf erhoben wird, die Opposition beschränke sich auf bloße Kritik. Wenn wir Kritik üben, dann nur, um Sie anzuregen, dort, wo wir diese Kritik anbringen, Ihre politischen Handlungen und Maßnahmen zu überdenken.
Meine Damen und Herren! Der Bundeswohnungsbauminister hat in seinem Tätigkeitsbericht über das Jahr 1962 selbst anklingen lassen, daß es gewisse Schwierigkeiten gibt. Er hat selbst darauf hingewiesen, daß der Wohnungsbau, besonders der Soziale Wohnungsbau, nicht ganz so verlaufen ist, wie man es erhofft hat, daß der Soziale Wohnungsbau sogar rückläufig ist. In dieser Feststellung liegt zugleich ein wichtiger Hinweis darauf, daß der von gewisser Seite immer wieder gemachte Versuch, den öffentlichen geförderten Wohnungsbau zum Prügelknaben für die baukonjunkturellen Überhitzungserscheinungen zu machen, der realen Grundlage entbehrt. Das ist ein Punkt, in dem wir uns mit dem Minister einig wissen und immer einig sein werden. Hier sind seine Gegner auch unsere Gegner, wobei allerdings bemerkenswert ist, daß einzelne dieser Gegner in der unmittelbaren Nähe des Ministers, sowohl im Kabinett als auch in den Reihen seiner Partei- und Koalitionsfreunde, zu finden sind. Darunter gibt es sicherlich manchen, der sich mit der Wohnungsbaumaterie nicht genügend vertraut gemacht hat und möglicherweise besserer Einsicht fähig ist. Etliche aber dürften unbelehrbar sein. Zu ihnen gehört Herr Dr. Viktor Muthesius, der stets gegen den Wohnungsbau polemisierende Markttheoretiker, der sich geradezu befremdende Thesen zu eigen macht. Für ihn und seine Nachbeter ist die Wohnungsnot eine Fiktion, und nach seiner Meinung und der seiner hyperliberalistischen Freunde sollte die Wohnungsbauförderung schnellstens eingestellt werden. Die Herren meinen, eine gleichzeitige Mietenfreigabe regle die Dinge dann schon zum besten. So und ähnlich hört man und liest man es.
Wir sind dem Wohnungsbauminister dankbar, daß er bei der Bekämpfung dieser unmöglichen Theorien nicht müde wird und daß neulich im Wohnungsbaublatt in geharnischter Weise gegen derartige Thesen Stellung genommen worden ist. Dort war der Hinweis auf die Tatsache zu lesen, daß Art. 20 des Grundgesetzes uns verpflichtet, alles zu tun, um einen sozialen Bundesstaat in der Praxis zu präsentieren, und daß hierzu auch der Wohnungsbau gehört. Dort wurde ausgeführt, daß es, wenn wir glaubhaft sein wollen, auch in einer Sozialen Marktwirtschaft nicht nur mit Phrasen möglich ist, dies darzutun, sondern daß hier eine wirkliche Verpflichtung besonders zur Fortführung des Sozialen Wohnungsbaus entsteht. Dort — ich darf darauf Bezug nehmen — ist auch auf die noch bestehende Wohnungsnot und auf das unabdingbare Erfordernis einer Fortsetzung des Wohnungsbaus hingewiesen worden. Es wurde nicht vergessen, auf die 1,6 Millionen Menschen zu verweisen, die nach der letzten Gebäudezählung immer noch in Baracken, Nissenhütten, Kellerwohnungen und Lagern hausen. Kurz und gut, hier wurde sachliche Kritik geübt.
Hier sind wir uns in der Beurteilung der Tatsachen völlig einig.
Nur eines hat uns bei diesen Feststellungen nicht erfreut: der Hinweis darauf, daß der Bundeswohnungsbauminister — es hieß dort: wenn auch schweren Herzens — die erheblich gekürzten Bundesmittel für den Wohnungsbau dieses Jahres bisher nicht an die Länder verteilt hat und nur der Lage am Baumarkt entsprechend mit dem Ziel der Preisstabilität verteilen will. Bei aller Bereitschaft, dem Bundeswohnungsbauminister gegen jeden zu helfen, der den Wohnungsbau hemmt und eindämmt, ohne daß hierfür ein sachlich vertretbares Erfordernis besteht, — hier hat er ein schlechtes Beispiel gegeben. Der Bauüberhang aus dem vergangenen Jahr ist kein überzeugender Grund für eine derart weite Hinausschiebung der Baumittelzuteilungen an die Länder, wie sie offenbar trotz der Einwände der Landeswohnungsbauminister bis zur Stunde immer noch beabsichtigt ist. Die hier eingeschlagene Methode zeugt von einem Mißtrauen gegen das staatspolitische Verantwortungsbewußtsein der Länder, für das wir keinerlei sachlich fundierten Grund erkennen können. Wir möchten die Hoffnung aussprechen, daß die durch die unerwartete Verschiebung der Zuteilungen entstandenen Meinungsverschiedenheiten und Spannungen so rasch wie möglich ein Ende finden. Wie sollen sonst die Voraussetzungen für eine auch nur einigermaßen funktionierende Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern auf dem Gebiete des Wohnungsbaus und für dessen kontinuierliche Weiterführung geschaffen werden?
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will darauf verzichten, hier noch einmal, wie wir das bei der Erörterung des Wirtschaftsberichtes getan haben, näher auf eine recht interessante Frage einzugehen, die mein Freund Dr. Deist sehr klar herausgestellt hat, auf die Frage nämlich, ob es nicht besser ist, sich nicht nur mit Dämpfungsmaßnahmen, sondern vor allen Dingen mit der Frage zu beschäftigen, was getan werden kann, um die Bauleistungen zu steigern, ohne damit negative konjunkturelle Wirkungen auszulösen.
In diesem Zusammenhang wurde auf den Fertigbau und auf die Möglichkeiten, die sich hieraus ergeben, hingewiesen. Ich brauche die Zahlen nicht zu wiederholen, die dazu von meinem Freund Deist vor einigen Wochen in diesem Hause bekanntgegeben wurden. Aber ich wiederhole die Frage, ob es nicht gut wäre, wenn wir uns in diesem Hause und wenn sich vor allen Dingen die Bundesregierung stärker als bisher Gedanken darüber machen würden, wie wir zu einer Verbesserung der objektiven Voraussetzungen kommen, und zwar etwa dadurch, daß wir für die Errichtung von Fabriken für Fertigbauteile steuerliche Erleichterungen schaffen.
Es ist nicht damit getan, auf die Schwierigkeiten hinzuweisen, etwa darauf, daß wir im EWG-Raum nicht ohne weiteres Zustimmung zur zollfreien Einfuhr von skandinavischen Fertighäusern finden. Es ist wahrscheinlich ein besserer Weg, hier, bei uns selbst, zu einer Produktion zu kommen. Hier mahnt die sozialdemokratische Opposition die Bundesregie-



Jacobi (Köln)

rung, aktiver als bisher zu werden. Das Beispiel anderer Länder lehrt, daß das geht. Das gilt auch für Behördenbauten, das gilt für Kasernenbauten und Verwaltungsbauten der Bundeswehr. Es gibt ein weites Betätigungsfeld, wo gezeigt werden kann, daß wir mit neuen Ideen und mit Rationalisierungsmethoden einem Teil der leidigen Probleme vielleicht zu Leibe gehen können.
Ich darf darauf hinweisen, daß es auf einer Reihe von Gebieten Meinungsverschiedenheiten zwischen uns gibt, die nicht so rasch ausgeräumt werden können, und daß wir hier besorgt sind, daß wir aber heute nicht Gelegenheit nehmen wollen, diese Dinge in aller Breite zu erörtern.
Es gibt jedoch ein paar Probleme, die mindestens anklingen müssen. Wir haben in letzter Zeit immer wieder gehört, daß mit der Überführung in marktwirtschaftliche Regelungen deshalb keine Sorgen und Probleme verbunden seien, weil es ja demnächst Wohnbeihilfen gebe. Nun, mit dem Problem der Wohnbeihilfen beschäftigen wir uns seit einigen Wochen im federführenden Ausschuß. Die Beratungen sind schwierig, weil die Materie schwierig ist. Es fehlt niemandem am guten Willen; aber wir haben gemerkt, daß uns wegen der Zeitnot, in die wir geraten sind, die Möglichkeit fehlt, sorgfältig zu beraten und zu befriedigenden Ergebnissen zu kommen.
Der Herr Minister hat immer wieder darauf hingewiesen, wie wichtig die Wohnbeihilfenregelung sei. Wir geben zu, daß sie von Bedeutung ist. Aber weil wir dieser Meinung sind, glauben wir, daß die Zeitnot, in die wir geraten sind, keine Garantie für eine sorgfältige Beratung gibt und daß infolgedessen auch die Ergebnisse problematisch sind.
Wir haben schon im Januar dem Hause eine Vorlage unterbreitet, in der wir darauf hinweisen —sie wurde im einzelnen im März von dieser Stelle her von uns begründet —, daß es vielleicht besser, ja, daß es zweckmäßig und nach unserer Meinung unerläßlich sei, die erste Frist für die Überführung der Wohnungswirtschaft in die Marktwirtschaft in den sogenannten weißen Kreisen um ein Jahr zu verschieben.
In der Diskussion und bei anderen Gelegenheiten hat uns der Herr Minister dargetan, daß er alles tun werde, um die von uns kritisch dargestellten statistischen Zahlen, also die Unterlagen über das Wohnungsdefizit, zu überprüfen. Eine Vorlage haben wir bisher nicht bekommen. Den Mitgliedern des federführenden Ausschusses ist gestern eine Art Skizze zugegangen ohne ein Anschreiben, das den Veranlasser kennzeichnete, in der sich gewisse Ausführungen und Ausarbeitungen zur Änderung des Wohnraumbewirtschaftungsgesetzes und des Zweiten Bundesmietengesetzes finden. Wir haben aber bis zur Stunde die uns vor Wochen schon versprochenen Unterlagen nicht, und mir ist vor einigen Tagen noch durch meinen Freund Wittrock, bevor er dieses Haus verließ, ein Brief des Herrn Bundeswohnungsbauministers an die Hand gegeben worden, der sich mit diesem Problem beschäftigt. Dort steht der recht verwunderliche Satz, daß der
Bundestagsausschuß für Wohnungswesen, Städtebau 'und Raumordnung von ihm, dem Minister, angeregt worden sei, einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Änderung des Wohraumbewirtschaftungsge'setzes und des Zweiten Bundesmietengesetzes einzubringen. Das ist genau das Gegenteil dessen, was uns hier gesagt worden ist. Ich entsinne mich noch sehr genau, daß der Herr Minister im Ausschuß seinen Mitarbeitern die Weisung gab, einen Gesetzentwurf auszuarbeiten und vorzulegen. Das ist die Sache .der Regierung und nicht dieses Hauses, das hiermit überfordert sein würde.
Ich kann mich kaum noch zurechtfinden angesichts solchen Wirrwarrs. Ich glaube auch nicht, 'daß man der Bevölkerung klarmachen kann, daß hier vernünftig verfahren wird.
Es geht hier wirklich nicht um Bagatellen. Die Frage, was demnächst mit den Mieten in den weißen Kreisen wird und was mit dem Kündigungsschutz, darf doch wohl als so wichtig angesehen wenden, daß ihr mit der eindeutigen Bereitschaft zu völlig klaren Antworten begegnet werden sollte. Wir haben leider in den letzten Wochen verstärkt den Eindruck gewonnen, daß die immer wieder in der Öffentlichkeit .aufkommenden Sorgen über die Gefahren einer Mietfreigabe und einer Aufhebung des Mieterschutzgesetzes bei noch bestehendem Wohnungsdefizit nicht überall in diesem Hause ausreichend 'gewürdigt werden. Nach wie vor sind wir der festen Überzeugung, daß der von uns im Januar eingebrachte Gesetzentwurf zur Verschiebung der ersten Freigabe-Etappe des Abbaugesetzes um ein Jahr mehr denn je berechtigt ist. Ich will die Begründung zu dieser Vorlage Drucksache IV/ 900 hier nicht noch einmal wiederholen. Ich beziehe mich auf das am 8. März in der 63. Sitzung hierzu Ausgeführte.
Wenn Sie an diesem Termin trotz der Schwierigkeiten, die wir kennen, festhalten und wenn Sie es wirklich fertigbringen sollten, diesen Termin einzuhalten, würden Sie, wie wir fürchten einen Pyrrhussieg erleben. In den weißen Kreisen könnten Mietsteigerungen erfolgen, denen viele Mieter ohne ausreichende, sozial befriedigende Hilfen gegenüberstehen würden. Einen wirklich funktionierenden Wohnungsmarkt finden die Mieter nicht vor. Das bisherige Mieterschutzgesetz steht ihnen nicht mehr zur Seite. Ein neues soziales Mietrecht existiert noch nicht. Ebensowenig bestehen Rechtsverordnungen und Durchführungsbestimmungen zum Wohnbeihilfengesetz. Es bleibt für eine vermutlich nicht auf wenige Wochen beschränkte Zeit ein für die Praxis nicht ausreichendes, unzulängliches Gesetz. Wie sollen die Verwaltungen, wie die Gerichte, wie jedoch vor allein die Menschen mit solchem Flick- und Stückwerk fertig werden?
Meine Damen und Herren, das sind nur einige Andeutungen, die unsere Vorbehalte geltend machen, die wir gegenüber der Wohnungsbaupolitik des Herrn Bundeswohnungsbauministers aus Anlaß der Etatberatung vorbringen möchten.
Wir dürfen darauf aufmerksam machen, daß wir voller Sorgen sind, und wir sind der Meinung, daß es dem Herrn Bundeswohnungsbauminister wohl an-



Jacobi (Köln)

stehen würde, wenn er die von der Opposition vorgebrachten Bedenken nicht immer mit unbekümmerten optimistischen Hinweisen abtäte. Es geht bei unseren Auseinandersetzungen — das möchte ich abschließend sagen — nicht um einen Prinzipienstreit, und es geht insoweit nicht um ein Ja oder Nein zu marktwirtschaftlichen Regelungen im Wohnungswesen. Diese Entscheidung ist längst eindeutig gefallen. Es geht um die Beurteilung der Perspektiven für die zukünftige Entwicklung. Hier ist uns der Bundeswohnungsbauminister, wie wir immer wieder feststellen müssen, optimistischer, als dies die objektive Situation gestattet. Er und seine Mitarbeiter wischen uns zuviel offene Probleme allzugern mit leichter Hand vom Tisch.

(Zustimmung bei der SPD.)

Das alles besorgt uns. Es macht es uns unmöglich, dem Einzelplan 25 zuzustimmen. Wir werden uns der Stimme enthalten.

(Beifall bei der SPD. — Zurufe von der CDU/CSU.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0407528100
Das Wort zur Begründung des Änderungsantrags der Fraktion der SPD Umdruck 257 *) Ziffer 1 hat die Abgeordnete Frau Berger-Heise.

Margarete Heise (SPD):
Rede ID: ID0407528200
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Für die Kollegen, die die letzten Einzelpläne des Etats hier zu begründen haben, wäre es wesentlich angenehmer, wenn die Mahnung, Sensationelleres oder nur Sensationelles zu bringen, immer zu Beginn der jährlichen Etatberatungen gegeben würde

(Zustimmung bei der SPD)

oder wenn die Einzelpläne vielleicht einmal in der Reihenfolge der Beratung umgestellt würden.
Nun, ich habe Ihnen keinen sensationellen Antrag zu unterbreiten, sondern nur einen notwendigen. Wir beantragen, in den Erläuterungen zu Tit. 582 die Zahl 24 durch 21 zu ersetzen. Das hat folgende Bewandtnis. Richtiger wäre es, die Zeile überhaupt zu streichen; wir glauben aber, auch mit dieser Änderung vielen jungen Menschen helfen zu können.
Bisher sind alleinstehende Flüchtlinge, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, als sie zu uns in die Bundesrepublik kamen, von der Wohnraumversorgung aus SBZ-Mitteln ausgeschlossen, sie bleiben es auch, wenn sie das 24. Lebensjahr überschreiten, bleiben es auch, wenn sie heiraten, also eine Familie gründen. Nun mochte diese Ausschließung noch eine Begründung im Jahre 1961 haben angesichts der Tatsache, daß zu jener Zeit 205 000 Personen ein Anrecht auf eine Wohnung aus SBZ-Mitteln hatten, darunter große und kleinere Familien, die zuerst versorgt werden mußten und von denen die Jugendlichen damals nur ein Familienmitglied waren.
*) Siehe Anlage 16
1962 waren es dann nur noch 30 000, und nach der beinahe hermetischen Abschnürung durch die Mauer in Berlin und die Minenfelder an der Zonengrenze ist die Zahl natürlich weiter zurückgegangen. Heute sind es aber in der Hauptsache alleinstehende Jugendliche, die das Risiko der Flucht von Deutschland nach Deutschland noch auf sich nehmen. Für sie sollten wir diese heute nicht mehr gerechtfertigte Beschränkung aufheben oder wenigstens mildern.
Ein Beispiel! Zwei Freunden, 23 und 25 Jahre alt, gelingt die Flucht aus dem Ostsektor Berlins über die Mauer. Sie bekommen beide Arbeit, sitzen aber weiterhin im ziemlich weit entfernten Lager, weil ein Zimmer in Untermiete heute beinahe so schwierig wie eine Wohnung zu bekommen ist. Nach einem Jahr wollen beide heiraten. Der jetzt 26jährige hat ein Anrecht auf eine mit SBZ-Mitteln erbaute Wohnung, während der 24jährige trotz gleicher Fluchtgründe und Umstände diese Chance nicht hat und nie haben wird. Er muß sich einreihen in die Schlange der übrigen Wohnungsuchenden und damit rechnen, noch Jahre warten zu müssen.
Uns sollte aber daran liegen, daß junge Menschen aus Mitteldeutschland und aus dem Ostsektor möglichst bald wieder in normale Wohnverhältnisse kommen und nicht etwa die erschreckend hohen Zahlen der Nichtseßhaften in der Bundesrepublik noch vergrößern. Daß hier ein Fehler zu korrigieren ist, hat die Bundesregierung übrigens selbst eingesehen in ihrem Entwurf eines Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Deutsche aus der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands und dem Sowjetsektor von Berlin, der dieser Tage den Bundesrat passiert hat. Darin heißt es in der Begründung zu § 19:
In den Sonderwohnungsbauprogrammen für die wohnraummäßige Versorgung der Flüchtlinge ... insbesondere der Personen, die als alleinstehende Jugendliche unter 25 Jahren zugezogen sind, keine Vorsorge getroffen....
Darum sieht ein § 19 Aufbaudarlehen für den Wohnungsbau nach den Bestimmungen des LAG vor. Nun wird dieses Gesetz aber kaum vor dem 1. Januar nächsten Jahres — Fachleute meinen sogar, kaum vor dem 1. April 1964 — in Kraft treten. Außerdem werden aber über den 31. Dezember 1965 hinaus Bundesmittel zur Durchführung dieses Gesetzes nur gegeben, wenn und soweit über dieses Datum hinaus Mittel zur Gewährung von entsprechenden Leistungen und für einen vergleichbaren Personenkreis aus dem Härtefonds des Lastenausgleichs bereitgestellt werden.
Es ist also in diesem Entwurf noch vieles offen. Seine Wirkung und seine Dauer sind nicht voraussehbar. Dagegen werden bereits erstellte Wohnungen aus den Mitteln des SBZ-Wohnungsbaues heute schon mit anderen Mietern besetzt, weil für die Bewilligungsbehörde nur das Alter und der Personenstand des Flüchtlings am Tage seiner Ankunft maßgebend sind. Einem Teil der bisher Benachteiligten könnten wir also mit unserem kleinen Änderungsantrag bestimmt schnell helfen. Wenn ich Ihnen sage, daß der Bund dabei noch Geld spart, sind Sie vielleicht eher dazu bereit. Der Bund spart Geld dabei; denn wenn er die Flüchtlinge auf Grund unse-



Frau Berger-Heise
res Antrags mit Wohnungen versorgt, trägt er 50 % der Kosten; die anderen 50 % tragen die Länder. Das ist die sogenannte Kanzlerlösung. Versorgt er aber die Jugendlichen nach seinem Gesetzentwurf später mit Wohnungen, muß er sich nach seinem eigenen Vorschlag mit 75 % an den Kosten beteiligen.
Es liegt also jetzt in Ihrer Hand, ob Sie Geld sparen wollen. Wenn Sie unserem Änderungsantrag zustimmen, werden wir Ihnen in Kürze auch einen Paragraphen des Zweiten Wohnungsbaugesetzes, der denselben Inhalt hat, zur Änderung vorlegen.

(Beifall bei ,der SPD.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0407528300
Wird das Wort zur Begründung des Änderungsantrags Umdruck 257 Ziffer 2 gewünscht? — Frau Meermann, bitte.

Hedwig Meermann (SPD):
Rede ID: ID0407528400
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Gestatten Sie mir, den Antrag der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion Umdruck 257 auf Einstellung von 20 Millionen DM in den Einzelplan 25 zum Bau von Altenwohnungen zu begründen.
Die SPD-Fraktion hat einen ähnlichen Antrag schon im vergangenen Jahr gestellt, der aber von der Mehrheit dieses Hauses abgelehnt worden ist. Da sich in der Zwischenzeit die Wohnungslage der alten Menschen keineswegs verbessert, sondern eher verschlechtert hat, hoffe ich, wenn nicht das Ohr dieses Hauses, so doch vielleicht die helfende Hand der Damen und Herren Kollegen von der Regierungsmehrheit zu finden. Wenn ich dieses Hohe Haus für die Wohnungssorgen der alten Menschen zu interessieren versuche, so möchte ich darauf hinweisen, daß diese Frage allein von der Zahl der Betroffenen her kein nebensächliches Problem darstellt.
Nach den Ermittlungen des Statistischen Bundesamts lebten in der Bundesrepublik im Jahre 1960 rund 5,7 Millionen Menschen, die älter als 65 Jahre waren. Zur Zeit werden es etwa 6 Millionen sein. Im Jahre 1975 werden voraussichtlich 15 % unserer Bevölkerung älter als 65 Jahre sein. Ein großer Teil der zur Zeit lebenden Menschen, die über 65 Jahre alt sind, leben allein. Das sind rund 3,8 Millionen, also 64 %. Viele von ihnen werden recht mangelhaft oder überhaupt nicht betreut. Sehr viele leben in völlig unzureichenden Wohnverhältnissen. So hat eine Repräsentativerhebung, die kürzlich in Köln vorgenommen worden ist, ergeben, daß von den alleinlebenden Frauen über 65 Jahre 33% nur in einem Zimmer ohne Küche hausen müssen, von den alleinlebenden Männern über 65 Jahre 39%.
Von den alten Menschen, die nicht allein leben, wohnen viele mit ihren Kindern zusammen. Das ist ganz sicher immer dann eine Ideallösung, wenn die alten Menschen im Zusammensein mit Kindern und Enkelkindern eine neue Bereicherung ihres Lebensinhalts finden können. Aber das kann man nicht erzwingen. Manche alten Menschen sind nur
geduldet. Es ist in sehr vielen Wohnungen auch, weil sie zu klein sind, gar nicht möglich, daß mehrere Generationen miteinander wohnen. Außerdem ziehen nach neueren Untersuchungen die meisten alten Menschen eine gewisse Selbständigkeit vor. Sie möchten zwar in der Nähe ihrer Kinder, aber doch für sich leben, wohl aus der Erkenntnis heraus, daß eine nicht zu große räumliche Distanz die Aufrechterhaltung positiver Familienbeziehungen erleichtert.
Ich bitte Sie um Verständnis dafür, daß ich hier etwas ,ausgeholt habe. Aber wenn 'wir uns über den Wohnungsbau für alte Menschen unterhalten, müssen wir uns darüber im klaren sein, daß Leitbilder, die vor gar nicht langer Zeit noch allgemeine
tigkeit hatten, heute einfach nicht mehr auf alle Familien zu übertragen sind. Wir müssen uns dabei auch über die gewandelten Familienbeziehungen Gedanken machen, und wir müssen die Wünsche kennen; die die alten Menschen selbst in bezug auf ihre Wohnung haben.
Es kommt bei alten Menschen häufig vor, daß sie ihre gewohnte Umgebung verlassen müssen. Das ist immer besonders hart. Es geschieht aus den verschiedensten Gründen, etwa aus gesundheitlichen Gründen oder aus finanziellen Gründen. Es geschieht auch, weil sie z. B. nach der Zuruhesetzung nicht länger in einer Werkswohnung bleiben können oder weil sie aus einem Sanierungsgebiet weichen müssen; denn gerade in den Sanierungsgebieten gibt es immer einen 'besonders hohen Prozentsatz alter Bewohner. Alte Menschen müssen heutzutage manchmal .auch weichen, weil ihre Vermieter in Erwartung der Mietrechtsänderung und der Mietpreisfreigabe schon jetzt eine vorsorgliche Kündigung aussprechen. Wenn solche Kündigungen auch rechtsunwirksam ,sind,so wissen die Betroffenen doch, daß sie in absehbarer Zeit ,ausziehen müssen.
Wohin sollen sich nun alte Menschen wenden, um eine Wohnung zu finden? Haben sie eine Chance auf dem freien Wohnungsmarkt? Die Mieten frei finanzierter Wohnungen betragen heute zwischen 3,50 und 6 DM pro qm. Die Durchschnittsrenten oder -pensionen lagen aber nach den Ermittlungen des Statistischen Bundesamts im Jahre 1960 bei 354 DM. Es leuchtet ohne weiteres ein, daß ein Bezieher einer solchen Pension oder Rente als Mieter für eine frei finanzierte Wohnung einfach nicht in Frage kommt. Aber auch von denen, die über idem Durchschnitt liegen, können sich nur sehr wenige eine frei finanzierte Wohnung leisten.
Hier wird übrigens auch das zu erwartende Wohnbeihilfengesetz nicht viel ändern können. Denn bei den sehr teuren Wohnungen wird der Anteil, den der Mieter selbst zu tragen hat, trotz Wohnbeihilfen immer ganz beachtlich bleiben und insbesondere von alten Menschen nur in den allerseltensten Fällen aufzubringen sein.
Es erhebt sich die Frage, ob die Wohnungssorgen alter Menschen nicht dadurch gelöst werden können, daß ihnen die Wohnungen des sozialen Wohnungsbaus bevorzugt zur Verfügung gestellt werden. Damit könnte man aber nur sehr wenigen helfen. Denn erstens gibt es nicht genug Wohnungen im sozialen



Frau Meermann
I Wohnungsbau, und zweitens entspricht von den vorhandenen ,Sozialwohnungen nur eine ganz geringe Anzahl den Bedürfnissen der alten Menschen. Ein alter Mensch braucht im allgemeinen nur eine kleine Wohnung. Aber sie muß mit guten sanitären Einrichtungen ausgestattet sein. Sie muß leicht zu heizen und zu reinigen und so unfallsicher wie nur möglich sein. Solche Wohnungen sind im Verhältnis zu ihrer Größe teuer und mit den normalerweise im öffentlichen Wohnungsbau gewährten Mitteln nur schwer zu finanzieren. Daher konnten Altenwohnungen in größerem Umfang bisher nur in sehr wenigen Großstädten und nur unter erheblichem Einsatz eigener Mittel gebaut werden.
Ich möchte in diesem Zusammenhang aber doch auch auf die Bestrebungen einiger Länder, den Bau von Altenwohnungen zu fördern, hinweisen, insbesondere auf die Bestrebungen der Länder Niedersachsen und Hessen.
Aber alles, was bisher geschehen konnte, ist wirklich nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Im vergangenen Jahr wurde bei der Haushaltsberatung vom Herrn Kollegen Baier gesagt, daß hier keine weitere Töpfchenwirtschaft betrieben werden solle. Jeder, der in der kommunalen Praxis steht, wird mir doch bestätigen, daß es auch heutzutage noch zwei Gruppen von Menschen gibt und daß es diese Gruppen noch auf lange Sicht hinaus geben wird, die im Wohnungsbau einer über das übliche Maß hinausgehenden Förderung bedürfen. Das sind einmal die jungen Familien, und das sind zum_ anderen die alten Menschen. Daß für die jungen Familien etwas Besonderes getan werden muß, kommt in dem uns vorliegenden Haushaltsplan in dankenswerter Weise zum Ausdruck, wenn ich auch der Auffassung bin, daß für den Mietwohnungsbau für junge Ehepaare nicht genügend in diesem Haushaltsplan vorgesorgt ist. Den jungen Familien könnte aber mittelbar noch weiter geholfen werden, wenn mehr alten Menschen Gelegenheit gegeben würde, in bequeme Altenwohnungen umzusiedeln und ihre bisherige größere Wohnung für junge Familien freizumachen.

(Sehr wahr! bei der SPD.)

Das ist nämlich eine weitere Gruppe von alten Menschen, die durch den Bau von besonders für sie geeigneten Wohnungen aus ihren Wohnungssorgen befreit werden könnten: diejenigen, die zwar eine Wohnung haben, die auch gar nicht aus ihr heraus müssen, denen sie aber zu groß und zu unbequem geworden ist. Viele von ihnen würden in einer auf sie zugeschnittenen Wohnung bis an ihr Lebensende bleiben können. Sie könnten also ihre Selbständigkeit behalten; und das ist doch der Wunsch fast aller alten Menschen.
Für die, die es nicht können, müßten in größerem Umfange als bisher Wohnheime und Altersheime gebaut werden können. Im Jahre 1960 hatten nach den Ermittlungen des Statistischen Bundesamtes nur 4 % aller Menschen über 65 Jahre überhaupt die Möglichkeit, entweder in einem Altenheim oder Alterspflegeheim oder auch in einer Altenwohnung unterzukommen.

(Händeklatschen bei der CDU/CSU.)

— Es tut mir leid, ich muß meine Rede zu Ende halten; es geht jetzt aber schneller.

(Heiterkeit.)

Wir Sozialdemokraten meinen, der Deutsche Bundestag ist es den alten Menschen schuldig, daß er ihre Wohnungsversorgung weder dem freien Spiel der Kräfte überläßt noch sich darauf verläßt, daß sich Länder und Gemeinden schon irgendwie darum kümmern werden. Einige tun es, und andere tun es nicht. Viele können es auch nicht, wenn ihnen nicht vom Bund finanziell geholfen wird. Aber dringlich ist diese Frage überall, in der ganzen Bundesrepublik.

(Sehr wahr! bei der SPD.)

Alte Menschen pflegen still zu sein. Sie treten nicht als Massenorganisation auf, um ihre Forderungen zu präsentieren. Daher gehen ihre Sorgen uns oft nicht so ganz ins Bewußtsein. Sie werden in der Offentlichkeit nur wenig beachtet. Wie sehr aber gerade die alten Menschen unserer besonderen Hilfe bedürfen, das hat der Herr Bundespräsident in seiner Ansprache zur Eröffnung der Fernsehlotterie „Deutsche Altershilfe" am 1. Februar dieses Jahres in wirklich ergreifender Weise zum Ausdruck gebracht. Der Herr Bundespräsident hat sich dabei an jeden einzelnen Staatsbürger gewandt.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das haben wir im Fernsehen gehört!)

Die Wohnungsnot der alten Menschen kann aber nicht vom einzelnen Mitbürger behoben werden. Sie ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Der Deutsche Bundestag sollte sich dieser Verpflichtung nicht entziehen. Ich bitte Sie daher, unserem Antrag auf Umdruck 257 zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0407528500
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Baier (Mosbach).

Fritz Baier (CDU):
Rede ID: ID0407528600
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es fällt mir sehr schwer, in dieser Stunde auf diese umfangreichen Ausführungen kurz zu antworten. Aber ich bin nur ein Mann und keine charmante Dame und darf sicherlich Ihre Geduld nicht so lange in Anspruch nehmen.

(Heiterkeit und Beifall.)

Lassen Sie mich etwas zu dem Antrag der SPD- Fraktion auf Umdruck 257 sagen. Die alleinstehenden Personen ab 21 Jahre, die als Flüchtlinge aus der Sowjetzone in die Bundesrepublik kommen, in den Wohnungsbau zugunsten der Flüchtlinge einzubeziehen, hat sicherlich einiges für sich. Sie haben auf das nun eingebrachte Flüchtlingsgesetz hingewiesen, nach dem ja für diese jungen Flüchtlinge in der Form von Aufbaudarlehen für den Wohnungsbau etwas getan werden soll.
Auf der anderen Seite möchte ich aber doch einer Änderung der gegenwärtigen Finanzierung widersprechen. Ich darf darauf hinweisen, daß die Fassung der Erläuterungen im Einzelplan 25 in der vorliegenden Form genau mit dem § 18 des Zweiten



Baier (Mosbach)

Wohnungsbaugesetzes übereinstimmt. Verehrte Frau Kollegin, Sie wissen es auch, daß diese Regelungen in jahrelangen, sehr langwierigen Verhandlungen mit den Ländern ausgehandelt worden sind. Es hat sehr lange gedauert, bis man damals zu dieser sehr großzügigen Lösung, der „Kanzler-Lösung", bei ,der Finanzierung des Wohnungsbaues für die Zonenflüchtlinge kam. Es scheint mir im Augenblick nicht möglich zu sein, daß wir, ohne mit den Ländern, die ja auch die Hälfte der Mittel zu tragen haben, darüber zu sprechen, hier von unis aus eine Änderung herbeiführen. Ich möchte daher bitten, diesen Antrag abzulehnen.

(Abg. Frau Krappe: Das war mager, Herr Kollege!)

Nun zu den Zuschüssen zum Bau von Altersheimen! Sie hatten ja bereits im vorigen Jahr einen Antrag hierzu gestellt. Damals sprachen Sie — ich habe es mir genau gemerkt — von „Alterswohnheimen", dieses Jahr schreiben Sie „Alterswohnungen".
Nicht nur Sie von der SPD-Fraktion, sondern auch wir erkennen und anerkennen die Sorgen und die Probleme unserer alten Menschen. Ich stimme mit Ihnen darin überein, daß es sich bei der Versorgung unserer alten Menschen in erster Linie um ein gesellschaftspolitisches Problem handelt. Ich gaube sagen zu können, daß wir, soweit es die wohnungsmäßige Unterbringung betrifft, auch einiges getan haben.
Bitte lesen Sie den § 28 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes. Dort heißt es:
In angemessenem Umfange sind auch die Wohnbedürfnisse von Alleinstehenden, von berufstätigen Frauen mit Kindern und von älteren Ehepaaren zu berücksichtigen.

(Abg. Frau Krappe: Das ist eine Deklamation!)

Dieser Auftrag wurde vom Bund erteilt. Es liegt bei den Ländern und bei den Gemeinden, entsprechend diesem Gesetz zu handeln.
Aber ich möchte auch sagen, daß es mir widerstrebt, daß wir heute wieder einen Sondertitel und damit diesen berühmten Sondertopf für einen bestimmten Personenkreis einführen. Die gesonderte Berücksichtigung eines bestimmten Personenkreises bringt eine erhebliche Komplizierung der Verwaltung mit sich, die unzweckmäßig und unerwünscht ist. Es war auf manchem Gebiet notwendig; da haben wir es getan. Das wissen Sie. Sie haben es bekanntlich immer kritisiert. Und nun wollen Sie das tun, was wir damals nur in dem unbedingt notwendigen Rahmen getan haben.
Abgesehen von dieser im Gesetz festgelegten Berücksichtigung der alten Menschen im sozialen Wohnungsbau durch Bund, Länder und Gemeinden hat bekanntlich auch der Bundeswohnungsbauminister seit Jahren aus seinem Sonderfonds Zusatzdarlehen zur Verfügung gestellt, um den Bau von Alterswohnungen zu fördern und insbesondere eine Mietverbilligung herbeizuführen. Ich darf letztlich darauf hinweisen, daß auch im Bundesinnenministerium für die Schaffung von Altersheimen aus einem 12-Millionen-Fonds alljährlich etwa ein Drittel zur Verfügung gestellt wird.
Ich möchte eine letzte Anmerkung zu diesem Thema machen, nämlich die Feststellung treffen, daß es nicht spezielle Aufgabe des Bundes auf Grund des Grundgesetzes ist, diese Aufgabe wahrzunehmen, sondern daß es in erster Linie eine Aufgabe der Länder und wohl auch der gewerbesteuerstarken Gemeinden und Städte wäre, wo sich dieses Problem ganz besonders zeigt, sich dieser Sorge anzunehmen.

(Abg. Jacobi [Köln] : Wir wollen die anspornen!)

— Es wird ja einiges getan, Herr Jacobi. Aber es geht nicht an, daß wir in einem Zeitpunkt, wo der Bund kaum in der Lage ist, seine ureigensten Aufgaben zu finanzieren, hier in den Bereich von Landes- und Gemeindezuständigkeiten einsteigen und versuchen, die auch mitzutragen.

(Abg. Dr. Schäfer: Sie sind dafür, und deshalb lehnen Sie es ab! — Heiterkeit bei der SPD.)

— Ich bin für die Bewältigung dieses Problems. Der Bund tut einiges. Aber Sie können ihm nicht die ganze Last auftragen. Herr Dr. Schäfer, Sie kennen doch genau die Diskussionen. Wenn Sie hier wieder 20 Millionen ausgeben wollen, reißt das in den Gesamtetat natürlich in diesem Augenblick ein neues Loch.

(Abg. Jacobi [Köln] : Der außerordentliche Haushalt! — Abg. Dr. Schäfer: Herr Baier, die Aufgabe, es abzulehnen, ist nicht leicht! Ich verstehe es!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf nur wenige Worte auch zu dem sagen, was Herr Jacobi als Sprecher der SPD heute abend hier sagte. Herr Jacobi, Ihre Einwände gegen die Wohnungsbaupolitik des Bundes sind nicht neu und auch nicht sensationell, was man heute abend eigentlich hätte erwarten sollen.

(Zuruf von der SPD: Sie sind aber Tatsachen!)

— Freilich, auch das! Wir wissen das genau. Es ist nicht alles rosig auf dem Wohnungsbausektor. Sie haben den Jahresbericht der Bundesregierung zitiert. Dort steht, daß das verflossene Jahr auf dem Gebiet des Wohnungsbaus voller Schwierigkeiten, aber auch erfolgreich gewesen ist. Das ist das Entscheidende, wenn wir die Arbeit des Ministeriums und der Bundesregierung heute auf diesem speziellen Sektor betrachten und diskutieren. Ich glaube, daß man die Wohnungsbaupolitik eben auch in die Gesamtzusammenhänge unserer Wirtschaft mit einordnen muß. Wenn wir es so betrachten, können wir feststellen, daß auch im Jahre 1962 sehr beachtliche Erfolge auf dem Wohnungsbaugebiet erreicht wurden, daß dieses Jahr aber auch voller wachsender Schwierigkeiten und voller Hemmnisse war. Immerhin, die Zahl von 530 000 fertiggestellten Wohnungen bei all den wirtschaftlichen Schwierigkeiten zeigt auch, daß es eine großartige Leistung



Baier (Mosbach)

ist, wenn wir gleichzeitig bedenken, daß auch in diesem Jahr die Größe und die Ausstattung der Wohnungen wiederum verbessert wurde.
Sie haben auf die Probleme, die es auf dem Wohnungsbausektor gibt, und auf die Steigerung der Baupreise hingewiesen. Ich glaube, daß es nicht Aufgabe des Wohnungsbauministers allein sein kann, etwa die Baupreise in den Griff zu bekommen, sondern wir alle kennen die vielfältigen Faktoren, die dazu beitragen, die bei Lohnerhöhungen, Arbeitszeitverkürzungen, Kostenerhöhungen und Überziehen der Kapazität anfangen.

(Zuruf von der SPD: Trifft das nicht auch für Grundstückspreise zu?)

— Im Augenblick rede ich von den Baupreisen. Von dem anderen können wir reden, wenn Sie Lust dazu haben. Auch da gibt es verschiedene Gründe. Die Ursache liegt doch darin, daß am Ende des Jahres 1962 ein Bauüberhang von rund 800 000 Wohnungen in der Bundesrepublik vorhanden gewesen ist. 155 % der fertiggestellten Wohnungen eines Jahres waren als Überhang am Jahresende vorhanden. Ich glaube, hier zeigt sich die ganze Problematik; hier zeigt sich auch, weshalb auch auf dem Wohnungsbausektor einiges zur Beruhigung der Überkonjunktur getan werden muß. Wir bekennen uns dazu, um die Baukonjunktur insgesamt wieder in ruhigere Bahnen zu bringen. Natürlich wissen auch wir, daß der Wohnungsbau nicht die eigentliche Ursache der Überhitzung auf dem Baumarkt ist. Das hat der letzte Vierteljahresbericht 1962 der Bundesregierung sehr genau ausgewiesen, der lediglich beim öffentlichen Hochbau eine Steigerung um 7,4 % gegenüber einer Minderung beim Wohnungsbau von 0,7 % aufzeigte.
Trotz aller Kritik, die Sie angebracht haben, und trotz aller Schwierigkeiten, die wir sehen, müssen wir feststellen, daß der Wohnungsbau in der Bundesrepublik ,auch im vergangenen Jahr erfolgreich war und daß wir heute an der Spitze der Leistungen im Wohnungsbau in der ganzen Welt stehen. Wie Sie, Herr Kollege Jacobi, wohl auch ,aus dem Jahresbericht ersehen haben, marschiert die Bundesrepublik mit 10,5 Wohnungen auf 1000 Personen an der Spitze aller anderen Länder.

(Beifall in der Mitte.)

Deshalb muß ich Ihre Behauptung mit aller Schärfe zurückweisen, die soziale Marktwirtschaft sei auf diesem speziellen Gebiet eine Phrase, während wir in Wirklichkeit an der Spitze der Leistungen in der ganzen Welt stehen.

(Abg. Jacobi [Köln] : Das habe ich ja gar nicht behaupttet, Herr Baier! Dias hat das „Bundesbaublatt" gegenüber Herrn Muthesius gerügt. Unterstellen Sie mir doch eine solche Feststellung nicht!)

— Ich will es gern zur Kenntnis nehmen, daß Sie es nicht behauptet haben. Ich hatte es anders verstanden. Es wäre wohl auch unglaubwürdig, wenn Sie so etwas behaupten wollten, wo solche großen Taten hier vollbracht worden sind.
Die Notwendigkeit, auch weiterhin zu bauen, wird von allen anerkannt. Der Wohnungsbau wird auch in der notwendigen Weise fortgesetzt werden. Ich möchte hier an dass Zweite Wohnungsbaugesetz erinnern, in dem in § 1 Abs. 5 ,als Zielsetzung vermerkt ist, daß in den Jahren 1957 bis 196'2 möglichst 1,8 Millionen Wohnungen gebaut werden sollen. Wir haben diese Zahl nicht nur erreicht, wir haben sie überschritten. Sie wissen, daß wir in diesem Jahr insgesamt 'die 7 000 000. Wohnung in der Bundesrepublik bauen werden. Der Wohnungsbau wird Schritt if& Schritt mit dem Abbau der Zwangswirtschaft fortgesetzt werden, und wir werden mit allen verfügbaren Bundes- und Landesmitteln — allerdings unter Beachtung der Maxime für einen ruhigen Ablauf und für eine ruhigere Entwicklung des Baumarktes — ,versuchen, das endgültige Ziel zu erreichen, nämlich bis zum Jahre 1965 die Wohnungsnot in der Bundesrepublik zu beseitigen.
Wenn dieses Ziel erreicht sein wird — und bereits heute sind wir nicht weit 'vor dem Ende —, können wir feststellen, daß es sich um eine großartige Leistung sicherlich des ganzen deutschen Volkes, aber auch der Bundesregierung, die diese Wohnungsbaupolitik mitgetragen hat, handelt.

(Beifall in der Mitte.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0407528700
Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Kiep-Altenloh.

Dr. Emilie Kiep-Altenloh (FDP):
Rede ID: ID0407528800
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Sensationelles kann ich Ihnen nicht versprechen, sondern nur, daß ich es kurz mache.

(Bravo! in der Mitte.)

Ich möchte auf drei Fragen eingehen, die Herr Jacobi angeschnitten hat und von denen eine mir und meinen Freunden in der Fraktion in der Tat ebenfalls .Sorge macht; das ist die Frage: Wann wird ein Kreis zum weißen Kreis erklärt? Hier scheinen die 'statistischen Unterlagen nicht immer mit dem übereinzustimmen, was in den Städten selbst festgestellt wird.

(Abg. Jacobi: Sehr gut!)

Ich möchte daher auch für meine Fraktion sagen, daß diese echte Situation doch nicht nur an Hand einer Statistik, deren Voraussetzungen sich durch irgendwelche Umstände dauernd ändern können, sondern an Ort und Stelle noch einmal überprüft wird, ehe ein Kreis zu einem weißen Kreis erklärt wird und damit aus !der Wohnraumbewirtschaftung ausscheidet. Es 'kann dafür verschiedene Grande geben. Es kann eine neue Fabrik errichtet sein, es kann eine Kaserne fertig geworden sein, wobei der Wohnungsbau, wie wir heute morgen von dem Herrn Minister gehört haben, nicht immer mitgekommen ist. Kurzum, diese Gründe sollten genauestens untersucht werden, damit wir nicht neue Wohnungsnöte schaffen.
Etwas erstaunt bin ich, Herr Kollege Jacobi, daß Sie hier beanstanden, die Bundesregierung habe nicht das Erforderliche getan, damit in ausreichendem Ausmaß neue Baumethoden angewandt wer-



Frau Dr. Kiep-Altenloh
den. Herr Jacobi, wir haben in unserem Haushaltsplan einen Posten von 33 Millionen DM, der ausschließlich für die Erforschung neuer Baumethoden vorgesehen ist. Es ist Sache der Länder, daß sie sich dieser neuen Baumethoden bedienen. Da sind allerdings die Unterschiede sehr groß.

(Abg. Jacobi [Köln] : Frau Kollegin, wir regen Steuererleichterungen als Anreiz an!) — Dias haben Sie aber nicht gesagt.


(Abg. Jacobi [Köln] : Doch!)

Ich halte es jedenfalls für notwendig, daß moderne Baumethoden wie z. B. Fertigbau weitere Verbreitung finden. Denn wenn wir die Mietpreisbindung lockern wollen, dann, muß in der Tat der soziale Wohnungsbau weiter vorangetrieben werden, so daß die erforderlichen Wohnungen zur Verfügung stehen, damit die Mieten in die normale Marktwirtschaft überführt werden können, natürlich mit den Einschränkungen, die aus sozialen Gründen
nötig sind.
Ich komme jetzt zu den Antrag, den Frau Meermann begründet hat. Über die Situation der Alten brauche ich hier kein Wort 'zu verlieren. Es ist in der Tat so, wie Frau Meermann es geschildert hat. Auf der andern Seite hat, wie ich im Anschluß an eine Anfrage wegen der Wohnungen für Alleinstehende, die ich im vorigen Jahr im Bundestag gestellt habe, vermerken konnte, der Bau von Wohnungen für Alleinstehende in den Ländern während der letzten Jahre außerordentliche Fortschritte ge-
macht. Ich weiß, daß das noch nicht genug ist und daß bei der steigenden Überalterung unserer Bevölkerung gerade diesem Wohnungsbau noch mehr Augenmerk zugewandt werden muß.
Aber ich muß hier zwei Anregungen geben. Liebe Frau Meermann, Ihrer Fraktion steht ein großer Teil der Baugenossenschaften sehr nahe. Wie wäre es, wenn Sie Ihre Ausführungen an diese Baugenossenschaften richteten, damit sie im Rahmen ihrer Bauten die erforderlichen Alterswohnungen jeweils mit einplanen?!

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf des Abg. Jacobi [Köln].)

Ich weiß auch nicht, ob dieser Antrag nicht an die verkehrte Adresse geht. Sie haben einen Antrag zum Bau von Alterswohnungen für Sowjetzonenflüchtlinge gestellt. Unter den Sowjetzonenflüchtlingen ist der Prozentsatz der Alten sehr viel geringer, als er im Durchschnitt der Bevölkerung ist.

(Abg. Jacobi [Köln] : Das ist ein Mißverständnis!)

— Sie haben es bei den Sowjetzonenflüchtlingen gesagt.

(Abg. Jacobi [Köln] : Sie haben es verwechselt!)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0407528900
Frau Abgeordnete, der Umdruck 257 enthält zwei Änderungsanträge, die sachlich nichts miteinander zu tun haben.

Dr. Emilie Kiep-Altenloh (FDP):
Rede ID: ID0407529000
Ich danke für die Berichtigung.
Dieser Bau von Alterswohnungen sollte zweifellos gefördert werden. Aber ich frage mich, ob man hier vom Bunde ein Extratöpfchen errichten sollte. Ich weiß, wie ungern es die Länder sehen, wenn sie Mittel mit bestimmten Bindungen zugewiesen bekommen, weil in den einzelnen Ländern die Verhältnisse sehr verschieden liegen. Es würde der richtige Weg sein, an die Länder heranzutreten und sie nochmals auf den im Wohnungsbaugesetz vorgesehenen Paragraphen hinzuweisen, wonach der Bau von Alterswohnungen noch stärker als bisher betrieben werden sollte. Notwendig ist es. Aber wir dürfen uns nicht auf die Aufgaben und die Leistungen beschränken, die hier im Bundestag zu erledigen sind, sondern wir sollten — und ich persönlich habe es getan — auch an unsere Parteifreunde in den Länderparlamenten herantreten; denn dort wird entschieden, wieviel von den Mitteln für den Wohnungsbau für Alleinstehende verwendet wird. An diese sollten wir uns also wenden, wie ich es getan habe. Ich kann es Ihnen empfehlen. Daher habe ich auch meine Weisheit über die Entwicklung des Wohnungsbaus für Alleinstehende. Hier müßte ein stärkerer Druck ausgeübt werden; denn das Anliegen ist zweifellos sehr groß, und man sollte es weiterhin fördern.
Nun ist ja der Bau von Wohnungen nicht nur eine Frage der Mittel, sondern auch eine Frage des Arbeitsmarktes, und wir wissen, daß gerade die Kleinwohnungen bei den . Bauunternehmern nicht sehr beliebt sind, weil man hier nicht rüstig und schnell weiterbauen kann. Bei der heutigen Überbelastung des Baumarktes wird es daher nicht ganz einfach sein, dieses dringliche Anliegen in den Vordergrund zu bringen.
Ich glaube also — und damit komme ich schon zum Schluß —, daß es nicht so sehr darauf ankommt, ob wir zusätzliche Mittel bewilligen. Ich bin der Meinung, daß im Rahmen der Wohnungsbaumittel, die ja leider — ich sage auch hier leider — erst im Herbst entsperrt werden, genügend Mittel da sein werden, um auch .die Altenwohnungen zu berücksichtigen. Aber wir müssen — das kann ich nur noch einmal unterstreichen, und das sollten alle Fraktionen tun — in den Länderparlamenten einen Druck ausüben, damit trotz der starken Baukonjunktur diese Wohnungen für Alleinstehende gebaut werden.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0407529100
Keine weiteren Wortmeldungen.
Wird zu dem Änderungsantrag getrennte Abstimmung beantragt? — Keine getrennte Abstimmung! Ich lasse dann abstimmen über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD Umdruck 257. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das zweite war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan 25. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich



Präsident D. Dr. Gerstenmaier
um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen!
Ich rufe auf: Einzelplan 29
Geschäftsbereich des Bundesministers für Familien- und Jugendfragen

(Drucksache IV/ 1123).

Ich frage die Frau Berichterstatterin, ob sie das Wort wünscht.

(Frau Abg. Krappe: Ich verzichte!) — Die Frau Berichterstatterin verzichtet.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Liehr.

Harry Liehr (SPD):
Rede ID: ID0407529200
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich in bezug auf die Forderungen des Herrn Präsidenten folgendes sagen: Einerseits stehen wir als Mitglieder dieses Hauses im Kreuzverhör der Öffentlichkeit, weil wir es angeblich mit unserer Arbeit nicht ernst genug meinen, und wir werden hier mit Maßnahmen konfrontiert, die diesem Hohen Hause — lassen Sie es mich so sagen — unangemessen und seiner unwürdig sind. Andererseits wird, wenn es hier um die Beratung des so bedeutsamen Haushalts geht, gesagt: so ernst war es letzten Endes auch nicht gemeint, sondern wir wollen uns hier auf sensationelle Äußerungen — mit einem Augenblinkern gesagt — verständigen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0407529300
Einen Augenblick, Herr Abgeordneter! Es muß auch dem Präsidenten dieses Hauses verstattet sein, in einer späten Abendstunde eine facon de parler zu wählen, die wiederum nicht so todernst ist, daß der Eindruck entstehen muß, daß die Deutschen überhaupt keinen Spaß mehr verstehen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Harry Liehr (SPD):
Rede ID: ID0407529400
Herr Präsident, dürfte ich mir den Hinweis erlauben, daß es dann angebracht wäre, solche Späße auch zu anderen Zeitpunkten der Beratung zu machen, und nicht kurz vor Toresschluß.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0407529500
Einen Augenblick, Herr Abgeordneter! Ich spreche hier jetzt wirklich für das Haus. Ich bin auf Grund einer interfraktionellen Übereinkunft gebeten worden, dafür zu sorgen, daß diese Aussprache ohne unangemessene Eile und ohne unsachgemäße Verkürzung, aber doch so zu Ende geht, daß sie noch in Anstand durchgeführt werden kann, und das bedeutet, daß wir gegen 11 Uhr fertigwerden müssen. Es bestand die andere Möglichkeit, meine Damen und Herren, morgen vormittag um 9 Uhr weiterzutagen. Die Fraktionen haben mir kund- und zu wissen getan, daß sie das erste vorgezogen haben. Sie haben vorhin dazu applaudiert. Wir verfahren entsprechend. — Bitte fahren Sie fort!

Harry Liehr (SPD):
Rede ID: ID0407529600
Meine Damen und Herren, ich darf Sie dennoch um Verständnis bitten. Denn es wurde schon bei anderer Gelegenheit gesagt: Diejenigen, die sich beispielsweise für Jugendpolitik interessierren, haben ja keinen Einfluß darauf gehabt, daß der Einzelplan ,die Nummer 29 trägt.
Zur Sache selbst! Seit Verkündung des Bundesjugendplans sind mehr als zwölf Jahre vergangen — ein Zeitraum, in dem wir allerhand Erfahrungen, gute und weniger gute, sammeln konnten. Aber gleich, wie man zum Bundesjugendplan stehen mag, eines kann man nicht leugnen: daß der Inhalt der Jugendarbeit in weitestem Sinne sich gegenüber den Zeiten der Jugendbewegung grundlegend gewandelt hat, ein Wandel, der, ausgelöst durch den nationalsozialistischen Unrechtsstaat und durch den völkermordenden Weltkrieg, prägende Spuren hinterlassen hat, ein Wandel, der die junge Generation im weiteren Verlauf mit dem politischen Umbruch unserer Gesellschaft und mit dem Problem der zweiten industriellen Revolution, kurzum ein Wandel, der die junge Generation tagtäglich mit dem Fortschritt konfrontiert, andererseits aber jenseits von Mauer und Stacheldraht den Rückfall in die Barbarei erleben läßt. Das, meine Damen und Herren, sind, ganz grob und oberflächlich skizziert, die äußeren Etappen, in denen die Jugendarbeit unserer Zeit bewältigt werden muß.
Das wird nur möglich sein, wenn der Idealismus und die Einsatzbereitschaft des einzelnen für die Gemeinschaft sich voll entfalten können und wenn diese Haltung, vielfältig gestützt vor allem durch die Familie, die Schule und den Betrieb, nicht zuletzt auch eine breite öffentliche Förderung erhält. Darum geht es letzten Endes beim Bundesjugendplan, und es liegt im Wesen des Bundesjugendplans, daß er eben fördert, anregt, zur Selbsthilfe und zur Eigenverantwortung ermutigt. Unter diesen Vorzeichen bejaht die sozialdemokratische Fraktion den Bundesjugendplan nach wie vor.
In der Stellungnahme der Bundesregierung auf unsere Kleine Anfrage Drucksache IV/ 1134 vom 21. 3. 1963 ist uns noch einmal der Strukturwandel der Bundesjugendplanförderung vergegenwärtigt worden. Uns ist deutlich geworden, daß neue Schwerpunkte gefunden worden sind und weitere entwickelt werden, womit der Bundesjugendplan gegenüber seinem Ursprung eine zum Teil völlig veränderte Form erhalten hat. Die sozialdemokratische Fraktion möchte den Bundesjugendplan als einen Jugendförderungsplan verstanden wissen, der sich sinnvollerweise von der Kinder- und der Erwachsenenarbeit abgrenzt, in dem auch Platz für die Jugendfürsorge sein muß, in dem aber nicht die Maßnahmen der Jugendfürsorge überwiegen dürfen. Der Bundesjugendplan ist nicht zuletzt angesichts seiner Begrenztheit der Mittel nach unserem Dafürhalten in erster Linie als eine Hilfe für die politisch, geistig und sittlich intakte Jugend zu verstehen. Er soll also sowohl den in Verbänden organisierten Jugendlichen als auch denjenigen Jugendlichen zugute kommen, die .sich bis jetzt noch nicht entschließen konnten, einer Jugendgemeinschaft beizutreten.
Bei dieser Gelegenheit lassen Sie uns dankbar feststellen, daß neben den Jugend-, Studenten- und



Liehr
Wohlfahrtsorganisationen auch die öffentlichen Jugendeinrichtungen in vorbildlicher Weise mit der Jugend zusammenwirken. Wir möchten jedenfalls den Bundesjugendplan als eine Einheit der gesamten Jugendhilfe verstanden wissen, möchten, daß dies deutlich und unmißverständlich zum Ausdruck kommt und auch durch eine Verstärkung der Jugendpflegemaßnahmen betont wird, was durch eine Mittelverschiebung im Bundesjugendplan Ausdruck finden muß. Es gibt gar kein Zweifel, es gibt viele Beispiele dafür, vor allen Dingen in Großstädten wie Berlin, München und Hamburg, daß eine Verstärkung der Jugendpflegearbeit zugleich auch einen erfreulichen Rückgang der Jugendfürsorgemaßnahmen mit sich gebracht hat. Die Verstärkung der Jugendpflegearbeit bedeutet zugleich, daß die Ansätze für die Maßnahmen der politischen Bildungsarbeit vertieft und verbreitert werden.
Da die Positionen des Bundesjugendplans miteinander deckungsfähig sind, erwarten wir, daß zunächst die nicht voll ausgenutzten Ansätze des Bundesjugendplans vor allem der staatsbürgerlichen Bildungsarbeit zugute kommen. Ich sage das unbeschadet der Tatsache, daß wir bereits durch die Beratung im Ausschuß für Familien- und Jugendfragen eine Erhöhung dieser Ansätze erreichen können. Aber wir dürfen uns nicht durch die Endzahlen im Tableau bluffen lassen; denn entblättert man einmal die Ansätze, die hier in Frage kommen, dann bleibt nur ein geringer Teil übrig, der der Jugend gewissermaßen unmittelbar durch Maßnahmen der politischen Bildungsarbeit zugute kommt.
Es wird deshalb erforderlich sein — und darum bitten wir —, daß im Einzelplan 29 in die Erläuterungen zu Tit. 571 a unter C I die Positionen so untergliedert werden, daß man künftig sofort ersehen kann, wie hoch die Ansätze z. B. bei den Jugendorganisationen, beim Ring Politischer Jugend, bei den Studenten für Maßnahmen der politischen Bildungsarbeit tatsächlich sind.

(Zurufe von der CDU/CSU: Das ist alles nichts Neues!)

Das wird notwendig sein, um den Bedarf für die politischen Bildungsmaßnahmen besser übersehen und ihm gerechter entsprechen zu können. Auf jeden Fall verdient die positive Haltung der Jugend, sich weiterzubilden und mit den Gemeinschaftsaufgaben vertraut zu machen, unsere Anerkennung.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0407529700
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Harry Liehr (SPD):
Rede ID: ID0407529800
Bitte, Herr Präsident!

Fritz Baier (CDU):
Rede ID: ID0407529900
Herr Kollege, ist Ihnen nicht bekannt, daß sich der Bundesminister für Familien- und Jugendfragen mit dem Bundeskuratorium für Jugendfragen seit geraumer Zeit damit befaßt, den Bundesjugendplan nach zeitgemäßeren Gesichtspunkten aufzugliedern, und halten Sie es für zweckmäßig, daß wir uns trotzdem in dieser späten Stunde hier darüber unterhalten?

Harry Liehr (SPD):
Rede ID: ID0407530000
Herr Kollege, darf ich Ihnen sagen, daß der Aktionsausschuß zur Beratung der Bundesregierung installiert worden ist. Die Entscheidung darüber, wie der Bundesjugendplan letzthin strukturiert werden muß, muß aber durch das Parlament getroffen werden und kann nicht durch einen wie auch immer gearteten Ausschuß ersetzt werden.
Ich möchte also darauf verzichten, auf die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Berlin-Begegnung besonders einzugehen; aber zur internationalen Begegnung der Jugend möchte ich doch einige Feststellungen treffen.
Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion bejaht den weiteren Ausbau gerade dieser Position. Es ist ganz gewiß kein Nachteil, wenn sich dabei auch Schwerpunkte der Freundschaft und der freundschaftlichen Begegnung zu dem einen oder anderen Lande ergeben.
Wenn aber, wie von dem Herrn Bundesminister für Familien- und Jugendfragen mitgeteilt worden ist, künftig für den deutsch-französischen Jugendaustausch etwa das Zehnfache des Betrages gewährt werden soll, der bislang für die Begegnung mit der Jugend der übrigen Welt zur Verfügung steht, dann ist das nach unserem Dafürhalten keine vernünftige Relation und stellt — diese Sorge haben wir jedenfalls — den Erfolg jahrelanger Bemühungen auf diesem Gebiet in Frage.
Wohl verstanden, wir sind sehr für eine Intensivierung gerade des deutsch-französischen Jugendaustausches; aber wir stimmen sicherlich alle darin überein, daß die Völkerversöhnung nicht an der deutsch-französischen Grenze haltmachen darf. Die Aussöhnung mit Frankreich darf nicht den Eindruck hinterlassen, als solle sie auf Kosten der Möglichkeiten zu einer Verständigung mit anderen Völkern in und außerhalb Europas geschehen.
Lassen Sie mich hier sagen: Gerade die deutsche Jugend — das ist wohl hinreichend bekannt — möchte nicht, daß die Ansätze für ein größeres, vereintes Europa verschüttet werden. Wir müssen auf jeden Fall den Eindruck vermeiden, daß eine ungleiche Förderung mit öffentlichen Mitteln gleichzusetzen wäre mit einer unterschiedlichen Stärke unseres Willens zur Völkerverständigung.
Lassen Sie mich deshalb unmißverständlich sagen: Wir sind keineswegs gegen die Absicht der Bundesregierung, den Jugendetat um 20 Millionen DM zu verstärken, wenngleich es interessant wäre, einmal die Berechnungsgrundlage dafür kennenzulernen. Aber weder der deutsch-französische Jugendaustausch allein noch, wie verlautete, eine Begegnung mit der Jugend anderer Völker — etwa unter deutsch-französischer Führung — wäre eine ausreichende Motivierung für eine so beachtliche Aufstockung der Mittel gerade für diese Position, sondern nur die Vielfalt internationaler Jugendbegegnungen, das gleichberechtigte Miteinander der Jugend der freien Welt, zu der ja, für Europa gesehen, bei aller Respektierung nicht nur die französische Jugend, sondern auch die englische und skandinavische Jugend gehören, würde eine solche Aufstockung — und in dieser Höhe — rechtfertigen.



Liehr
Wir meinen, daß die Bundesregierung gut beraten wäre, wenn sie ihre Absichten sorgfältig überprüfte und konkretisierte.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir begrüßen im übrigen die Absicht der Bundesregierung, den Bundesjugendplan übersichtlicher zu gestalten, zu straffen und, wie gesagt wurde, auch in gewisser Weise zu bereinigen. Aber zu dieser Bereinigung wird auch das Sachverständigengremium, von dem Sie gerade eben gesprochen haben, Herr Kollege, das zur Beratung der Bundesregierung in Jugendfragen zuständig ist, und wird auch eine Trennung von Beratern und Interessenten gehören müssen. Ohne jemandem nahetreten zu wollen: weder der Aktionsausschuß noch das Bundesjugendplankuratorium konnte trotz aller Bemühungen der einzelnen Persönlichkeiten bei den Beratungen des Bundesjugendplans immer eine klare Trennung walten lassen. Die Zusammensetzung brachte es eben mit sich, daß der einzelne nicht nur als Berater tätig war, sondern auch in die Rolle des Interessenvertreters gedrängt wunde, der letzten Endes für seinen Verband oder für seine Gruppe einen möglichst hohen Anteil herausschlagen sollte.
Nach § 26 des Jugendwohlfahrtsgesetzes ist nun ein Bundesjugendplankuratorium zu bilden, das die Bundesregierung in grundsätzlichen Fragen der Jugendhilfe zu beraten hat. Wir nehmen an, daß damit die Tage des Aktionsausschusses und des Bundesjugendplankuratoriums gezählt sind. Wir halten es jedenfalls für richtig, wenn das neu zu bildende Bundesjugendkuratorium in bezug auf den Bundesjugendplan nur noch die Grundsätze berät, ohne — wie bisher — Einzelheiten zu diskutieren.
Die Beratungen des Jugendetats sollten nach unserem Dafürhalten, wie das bei allen anderen Einzelplänen der Fall ist, einzig und allein im zuständigen Ausschuß des Bundestages geführt werden, der dann natürlich auch die vom Bundesjugendkuratorium erarbeiteten Grundsätze in seine Beratungen einbeziehen müßte.
Ansonsten, meine Damen und Herren, sehen wir dem in diesem Jahr fälligen Bericht der Bundesregierung über die Lage der Jugend und über Bestrebungen auf dem Gebiete der Jugendhilfe mit großem Interesse entgegen. Wir erwarten, daß der Bericht möglichst bald dem Hohen Hause vorgelegt wird, zumal angenommen werden kann, daß sich daraus auch für den Bundesjugendplan weitere Konsequenzen ergeben.
Abschließend darf ich sagen: wir sind gewiß, daß all dies einer weiteren Versachlichung der um den Bundesjugendplan geführten Diskussionen dienlich sein wird. Wir werden uns erlauben, im Ausschuß auf diese und einige andere Punkte im einzelnen zurückzukommen.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0407530100
Keine weiteren Wortmeldungen.
Wir stimmen ab über den Einzelplan 29. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen ist der Einzelplan 29 angenommen.
Ich rufe auf: Einzelplan 60
Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksache IV/ 1130).
Ich frage die Berichterstatter, Frau Krappe und Herrn Windelen, ob sie das Wort zu nehmen wünschen. — Bitte sehr, Frau Abgeordnete Krappe als Berichterstatterin.

Edith Krappe (SPD):
Rede ID: ID0407530200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur einen Satz! Das Berlin-Darlehen ist nachträglich, nachdem die Haushaltsberatungen beendet waren, in den außerordentlichen Haushalt gekommen. Ich möchte nur, daß der Finanzminister, vielleicht in einer Erklärung, bestätigt, daß Berlin unbedingt bedient wird, wenn auch aus dem außerordentlichen Haushalt.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0407530300
Ich danke der Frau Berichterstatterin und eröffne die Aussprache. Es liegt vor ein Änderungsantrag der Abgeordneten Schoettle, Dr. Vogel, Dr. Emde und Genassen — Umdruck 273 *). Wird hierzau das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht.
Ich lasse über den Änderungsantrag Umdruck 273 abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! Enthaltungen? — Der Antrag ist angenommen.

(Abg. Dr. Schäfer: Herr Präsident, was war das?)

— Das war ,ein interfraktioneller Antrag, der Antrag Umdruck. 273. Sie haben also keinen Fehler gemacht.

(Heiterkeit.)

Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan 60 im ganzen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit; Einzelplan 60 ist in zweiter Lesung angenommen.
Ich rufe auf:
Haushaltsgesetz 1963 (Drucksache IV/ 1131).
Ich frage den Herrn Berichterstatter und Vorsitzenden des Haushaltsausschusses, ob er das Wort wünscht. — Der Herr Berichterstatter hat das Wort.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0407530400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Befürchten Sie keine Rede! Ich habe nur eine Korrektur anzubringen. Bei der Drucklegung des Haushaltsgesetzes ist übersehen worden, daß die Summe des außerordentlichen Haushalts in Höhe von 2 218 369 200 DM identisch sein muß mit dem Ansatz in § 22 Abs. 2, nämlich mit dem Ansatz des Anleiheplafonds des Haushaltsgesetzes. Dort steht noch der alte Betrag in Höhe von 1 802 204 200 DM. Der muß ersetzt werden durch die Summe, die vorne in § 1 des Haushaltsgesetzes als
*) Siehe Anlage 17



Schoettle
Schlußsumme des außerordentlichen Haushalts ausgebracht warden ist. Ich glaube, ,die Korrektur ist notwendig, damit wir später nicht vor einer etwas schwierigen Situation stehen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0407530500
Ich danke .dem Herrn Berichterstatter.
Ich rufe auf§ 1,—§2,—§3,—§4,—§5,§ 6, — § 7. — Soweit liegen keine Änderungsanträge vor. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe ! — Enthaltungen ? — Das erste war die Mehrheit; die §§ 1 bis 7 sind angenommen.
Ich rufe auf § 8. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD — Umdruck 2591 — vor. Ich frage, ob ,das Wort zur Begründung gewünscht wird? Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen!

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0407530600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Stoltenberg hat gestern abend selbst schon von den Bauchschmerzen Ihrer Fraktion im Hinblick auf diesen Paragraphen gesprochen. Bei Anwendung der 20 %igen Sperre würde sich der für Baumaßnahmen bei den Hochschulen usw. zur Verfügung stehende Betrag auf 153 Millionen DM verringern. Es wäre also noch nicht einmal die Fortführung der begonnenen Bauten möglich. Ich. bitte Sie dringend, im Bereich der Hochschulen und für den zivilen Bevölkerungsschutz hier eine entsprechende Bestimmung vorzusehen, wie wir sie vorgeschlagen haben.
Zu § 12 a möchte ich folgendes bemerken. — Ich darf das wohl gleich mit begründen?

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0407530700
Ich habe nichts dagegen; ich will nur sagen: das ist der Änderungsantrag Umdruck 262. **)

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0407530800
Es handelt sich um das in der Harmonisierungsnovelle geregelte Problem. Die Beratungen im Ausschuß stehen unmittelbar vor dem Abschluß. Die Novelle wird bestimmt noch vor den Sommerferien beschlossen. Ich bitte Sie dringend, nicht eine aus dem Beamtenrecht stammende Bestimmung in einer auch sachlich nicht sehr glücklichen Weise in das Haushaltsgesetz aufzunehmen.
Ich bitte um Annahme unserer Anträge.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0407530900
Wird zu dem Antrag Umdruck 259 noch das Wort gewünscht? —Das ist nicht der Fall. -
Wer diesem Antrag der Fraktion der SPD — Umdruck 259 — zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
*) Siehe Anlage 18 **) Siehe Anlage 19
Ich rufe jetzt den — schon begründeten — Änderungsantrag Umdruck 262 auf. Wird dazu das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer diesem Änderungsantrag der SPD Umdruck 262 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Wir müssen die Abstimmung wiederholen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich 211 erheben. — Gegenprobe! — Das letzte war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wir kehren zurück zu § 8. Der dazu gestellte Änderungsantrag 259 ist abgelehnt.
Wer den §§ 8, 9, 9 a, 10, 11 und 12 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Die aufgerufenen Paragraphen sind angenommen.
Wir kommen damit zu § 12 a. Der dazu gestellte Änderungsantrag Umdruck 262 ist schon abgelehnt. Wir können also über den § 12 a in der Ausschußfassung abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit; § 12 a ist angenommen.
Ich rufe nunmehr auf §§ 13, — 14, — 15, — 16, —17, — 18, — 19, — 20 — und 21. — Soweit liegen keine Änderungsanträge vor. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer den aufgerufenen Paragraphen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Die Paragraphen sind angenommen.
Ich rufe jetzt auf den Änderungsantrag der Fraktion der SPD Umdruck 250 *). Wird das Wort zur Begründung gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wird in der Aussprache das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer dem Änderungsantrag Umdruck 250 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das letzte war die Mehrheit; der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Ich rufe nunmehr § 22 in der Ausschußfassung auf, wobei die Zahl, deren Abänderung der Herr Berichterstatter dem Hause vorgetragen hat, als berichtigt unterstellt wird. Wer dem § 22 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — § 22 ist angenommen.
Zu § 23 liegt ein Änderungsantrag Umdruck 261 vor, der schon begründet ist. Ich lasse über diesen Änderungsantrag der Abgeordneten Gewandt, Dr. Fritz, Dr. Vogel und Dr. Emde abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Änderungsantrag ist angenommen.
Ich lasse nunmehr über den so geänderten § 23 abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — § 23 ist gegen zahlreiche Gegenstimmen angenommen.
*) Siehe Anlage 20

Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Zu §§ 24 und 25 liegen keine Änderungsanträge vor. Wer diesen Paragraphen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — §§ 24 und 25 sind angenommen.
Zu § 26 liegt ein Änderungsantrag Umdruck 277 *) der Abgeordneten Kuntscher, Dr. Vogel, Dr. Emde und Genossen vor. Wird zur Begründung das Wort gewünscht? — Auf das Wort zur Begründung wird verzichtet. In der Aussprache keine Wortmeldungen.
Wer diesem Änderungsantrag Umdruck 277 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist einstimmig angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über den § 26 in der so geänderten Fassung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — § 26 ist angenommen.
Damit sind die Änderungsanträge zum Haushaltsgesetz erledigt. Wir kommen zur Abstimmung über die §§ 27, 28, 29, 30, 31, 32, 33, 34 sowie Einleitung und Überschrift. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Damit sind auch diese Bestimmungen des Haushaltsgesetzes in zweiter Lesung angenommen.
Meine Damen und Herren, der Bundeshaushalt 1963 ist damit in zweiter Lesung verabschiedet. Wir sind aber noch nicht am Ende der Tagesordnung.
Ich rufe auf Punkt VI der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Internationalen Weizen-Übereinkommen 1962

(Drucksache IV/ 1169).

Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses (Drucksache IV/ 1222).

(Erste Beratung 72. Sitzung).

Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er das Wort wünscht. — Der Herr Berichterstatter verzichtet.
Ich rufe auf in zweiter Lesung die Art. 1, — 2, —3, — Einleitung und Überschrift. — Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, gebe ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — In zweiter Lesung angenommen.
Dritte Beratung
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetzentwurf in dritter Lesung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. — 'Gegenprobe! — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Das Gesetz ist in dritter Lesung angenommen.
Punkt VII der Tagesordnung:
Beratung des Berichts des Außenhandelsausschusses (17. Ausschuß) über die von der Bun*) Siehe Anlage 21
desregierung erlassene Neunte Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste — Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz (Drucksachen IV/ 1095, IV/ 1223).
Ich frage den Herrn Abgeordneten Diebäcker als Berichterstatter, ob er das Wort wünscht. — Der Herr Berichterstatter verzichtet.
Ich frage, ob Anträge aus der Mitte des Hauses gestellt werden. — Das ist nicht der Fall. Das Haus hat damit diesen Bericht zur Kenntnis genommen.
Punkt VIII der Tagesordnung:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik (20. Ausschuß) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag für eine Verordnung des Rates der EWG zur Änderung verschiedener Anhänge zur Verordnung Nr. 3 über die Soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer und zur Verordnung Nr. 4 zur Durchführung und Ergänzung der Verordnung Nr. 3 (Drucksachen IV/ 1199, IV/ 1212).
Ich frage den Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Becker, ob er dazu das Wort zu nehmen wünscht. — Der Herr Berichterstatter verzichtet.
Keine Wortmeldungen. Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Punkt IX der Tagesordnung:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Außenhandelsausschusses (17. Ausschuß) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Rates der EWG über eine von Artikel 7 und 8 der Verordnung Nr. 20 des Rates abweichende Regelung betreffend die Festsetzung der Einschleusungspreise und der Zusatzbeträge für einige Schweinefleischerzeugnisse (Drucksachen IV/ 1176, IV/ 1226).
Ich frage Herrn Abgeordneten Glüsing als Berichterstatter, ob er das Wort wünscht. — Der Herr Berichterstatter verzichtet.
Ich frage, ob das Wort gewünscht wird. — Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer dem Antrag des Ausschusses auf Drucksache IV/ 1226 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Der Antrag ist angenommen.
Damit, meine Damen und Herren, sind wir am Ende unserer langen Tagesordnung. Ich bedanke mich, daß Sie so lange mitgearbeitet haben. Die für morgen vorgesehene Sitzung findet nicht statt. Ich hebe die Präsenzpflicht für morgen, Freitag, den 10. Mai, auf.
Ich berufe 'die nächste Sitzung deis Deutschen Bundestages ein auf Mittwoch, den 15. Mai, 9 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.