Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet. Meine Damen und Herren, vor Eintritt in die Tagesordnung gebe ich bekannt, daß Punkt 2 der Tagesordnung — Wahl der Mitglieder kraft Wahl des Richterwahlausschusses — nach einer interfraktionellen Vereinbarung abgesetzt werden soll. Ich nehme an, daß das Haus damit einverstanden ist. — Das ist der Fall.
Punkt 1 der Tagesordnung: Fragestunde.
Frage 1 — Herr Abgeordneter Schneider — betrifft die Benutzung von Einbahnstraßen:
Ist das Bundesverkehrsministerium bereit, anzuordnen, daß Ärzte in eiligen Fällen ihre gekennzeichneten Fahrzeuge sowohl in Parkverbotszonen abstellen als auch Einbahnstraßen in entgegengesetzter Richtung befahren dürfen?
Ist das Ministerium nicht auch der Auffassung, daß in wirklich dringenden Fällen eine solche Möglichkeit im Interesse des gefährdeten Kranken geschaffen werden sollte?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister für Verkehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ist jeder Arzt berechtigt, das hochwertige Gut, nämlich das Menschenleben, unter Mißachtung des geringerwertigen Gutes, nämlich des Parkverbots, zu retten. Sein Handeln ist gerechtfertigt und seine Schuld ausgeschlossen; wegen Mißachtung des Parkverbots kann ,er in diesem Falle nicht verfolgt werden.
Außerdem wünscht die Bundesärztekammer eine ausdrückliche Ausnahme vom Parkverbot bei dringenden Krankenbesuchen; die Fahrzeuge der Ärzte sollen dabei durch ein besonderes Arztschild gekennzeichnet werden. Meine Rundfrage bei den Ländern ergab, daß die Bedenken gegen ein solches Vorrecht der Ärzte dort überwogen. Ich habe deshalb die Bundesärztekammer gebeten, Material zusammenzustellen, um den Ländern die bestehenden Schwierigkeiten der Ärzte durch solche Parkverbote näher darlegen zu können.
Sobald ,das Material vorliegt, soll die Frage mit den obersten Landesbehörden unter Teilnahme der Bundesärztekammer besprochen werden. Ich beabsichtige, versuchsweise eine allgemeine Ausnahmegenehmigung dafür zu erlassen, daß Ärzte bei dringenden Krankenbesuchen ,auch an Stellen parken ,dürfen, an ,denen dies ausdrücklich verboten ist, sofern in unmittelbarer Nähe kein Parkraum zur Verfügung steht. Als Ausweis des Arztes soll ein Steckschild eingeführt werden, das während der Zeit des Krankenbesuchs an der Innenseite der Windschutzscheibe anzubringen ist.
Keinesfalls kann mit einer Regelung gerechnet werden, nach der mit einem Artzschild versehene Kraftfahrzeuge in Einbahnstraßen auch gegen die Fahrtrichtung fahren dürften. Eine solche Maßnahme würde große Gefahren heraufbeschwören. Selbst der zu einem Schwerkranken gerufene Arzt darf bei seiner Autofahrt nicht das Leben anderer gefährden. Auch können ,derartige unerwartete Regelwidrigkeiten zu Stockungen und Verstopfungen im Verkehr führen, die geradezu verhindern, daß das Ziel einer möglichst raschen ärztlichen Hilfeleistung erreicht wird.
Eine Zusatzfrage?
Danke sehr!
Frage 2 — Herr Abgeordneter Schmidt — betrifft die Anpassung des Schiffahrtabgabentarifs für die Ruhrwasserstraße:
Aus welchen Gründen wird die bereits im Oktober 1956 grundsätzlich als kurzfristig bevorstehend zugesagte Anpassung des Schiffahrtabgabentarifs für die Ruhrwasserstraße an den Tarif für den Neckar immer wieder hinausgezögert?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister für Verkehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Anpassung des Schiffahrtabgabentarifs für die Ruhr an den Schiffahrtabgabentarif für den Nekkar hat sich verzögert, weil seit mehreren Monaten mit den beteiligten Bundesressorts und Ländern sowie mit den interessierten Verbänden über eine Erhöhung der Schiffahrtabgaben für den Nekkar verhandelt wird, ohne daß es gelungen ist, eine Einigung herbeizuführen. Die Wirtschaft und wir wünschten, die Tarife für Ruhr und Neckar gleichzeitig herauszugeben. Nachdem jedoch hinsichtlich des Neckar-Tarifs wider Erwarten neue Schwierigkeiten eingetreten sind, habe ich angeordnet, daß der Abgabentarif für die Ruhr mit rückwirkender Kraft vom 1. Januar 1957 dem neuen Neckar-Tarif angepaßt wird. Ich hoffe, daß der neue Neckar-Tarif bis zum 1. April herausgegeben werden kann.
Herr Abgeordneter Schmidt zu einer Zusatzfrage!
Herr Bundesminister, die Schaffung des neuen Neckar-Tarifs hat bereits fünf Jahre in Anspruch genommen, wenn ich richtig unterrichtet bin. Darf ich mir die Frage erlauben, ob Sie es wirklich als eine zweckmäßige Lösung ansehen, jetzt mit rückwirkender Kraft die Ruhrwasserstraßenabgaben auf einen Neckar-Tarif, der demnächst erst neu geschaffen werden soll, festlegen zu wollen, obwohl die bisherige Vorgeschichte der Neuschaffung des Neckar-Tarifs keineswegs vermuten läßt, daß er wirklich bis zum 1. April in Kraft treten kann?
Zweifellos, Herr Kollege Schmidt, ist diese Verbindung von Neckar und Ruhr nicht ohne weiteres einzusehen. Sie hat aber ihre besondere Bedeutung gehabt, da wir seit Jahren um den Ausbau eines anderen Flußsystems international gerungen haben und da die Abgaben für dieses Flußsystem mit dem Neckartarif und rückwirkend mit den anderen Tarifen in Zusammenhang stehen. Dadurch hat sich die Sache tatsächlich verzögert. Ich möchte aber, wie Sie meiner Antwort wohl entnommen haben, die Ruhr jedenfalls nichtlänger warten lassen.
Eine zweite Zusatzfrage!
Herr Minister, würden Sie es angesichts der Tatsache, daß die von Ihnen ins Auge gefaßte Regelung für die Ruhrwasserstraße dort in der überwiegenden Zahl der Fälle keineswegs zu einer Besserstellung führt, nicht vielleicht für eine angemessenere Lösung
halten, zunächst mit rückwirkender Kraft ab 1. Januar den Tarif der Ruhrwasserstraße auf den gegenwärtigen Neckartarif festzusetzen und sich für den Fall, daß es in Zukunft zu einer endgültigen Neuregelung für den Neckar kommt, vorzubehalten, sodann auch die Ruhrwasserstraße erneut anzupassen?
Das war durchaus unsere Meinung, Herr Kollege Schmidt, aber leider nicht die Meinung der mitbeteiligten Ressorts, ohne die ich in diesem Fall nicht handeln kann.
Die Frage 3 ist zurückgestellt.
Die Frage 4 des Herrn Abgeordneten Ritzel betrifft kostenlose Bestimmung der Blutgruppe und Bescheinigung:
Ich frage die Bundesregierung, ob sie im Hinblick auf das öffentliche Interesse unter Übernahme der Kosten auf die öffentliche Hand bereit ist, gemeinsam mit den Ländern Maßnahmen zu ergreifen, die auf Wunsch der in Frage kommenden Staatsbürger eine Bestimmung der Blutgruppe und die Erteilung des Ausweises hierüber ermöglichen?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär des Bundesinnenministeriums.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, mit der Schaffung eines Blutgruppenausweises haben sich in Verbindung mit den beteiligten Bundesressorts bereits eine Reihe von Organisationen befaßt, z. B. das Rote Kreuz, das Grüne Kreuz, die Bundesverkehrswacht, der Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften, Kraftfahrervereinigungen und Versicherungskonzerne. Wenn die freiwillige Blutgruppenbestimmung einem größeren Teil der Bevölkerung ermöglicht werden soll, so würden dazu allerdings noch weitere organisatorische Planungen und Maßnahmen erforderlich sein. Die Bundesregierung würde es begrüßen, wenn diese Planungen bald zu, einem positiven Abschluß gelangten. Nötigenfalls wird sie im Einvernehmen mit den Ländern und den in Frage kommenden Organisationen entsprechende Maßnahmen ergreifen. Dabei wird lallerdings die Frage der .Beteiligung der offentlichen Hand an der Tragung der Kosten noch einer besonderen Prüfung bedürfen.
Danke!
Frage 5 des Herrn Abgeordneten Reitzner betreffend Vorlage eines Entwurfs zur Novellierung des Fremdrenten- und Auslandsrentengesetzes:
Wann ist der Herr Bundesarbeitsminister in der Lage, einen Entwurf zur Novellierung des Fremdrenten- und Auslandsrentengesetzes vorzulegen?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister für Arbeit!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die hier gestellte Anfrage beantworte ich wie folgt. Leider bin ich heute noch nicht in der Lage, Ihnen einen festen Termin für eine Novelle zum Fremdrentengesetz zu nennen. Wir müssen zur Vorbereitung dieser Novelle die Stellungnahme der einzelnen Länderminister, soweit sie für diesen Fragenbereich zuständig sind, einholen. Zweitens haben wir uns mit den Rentenversicherungsträgern und mit den Unfallversicherungsträgern über die Frage zu unterhalten. Darüber hinaus ergeben sich aus den vor kurzem verabschiedeten Gesetzen über die Neugestaltung der Rentenversicherungen der Arbeiter und der Angestellten gewisse Verpflichtungen, die in diese Novelle hineingearbeitet werden müssen. Ich darf Ihnen aber sagen, wir werden diese Frage beschleunigt bearbeiten, damit die Novelle so bald wie möglich vorgelegt werden kann.
Eine Zusatzfrage.
Ist der Herr Minister nicht in der Lage, zu sagen, ob es noch in dieser Session möglich sein wird, den Entwurf vorzulegen, oder ob der Entwurf erst in der nächsten Legislaturperiode des Deutschen Bundestags vorgelegt werden wird?
Wir werden alles tun, damit der jetzige Bundestag den Entwurf noch behandeln kann.
Frage 6 — des Herrn Abgeordneten Reitzner — betreffend den Zustand von Straßenstücken:
Ist dem Herrn Bundesverkehrsminister der gefährliche Zustand der Straßenstücke am Tüntenhauser Berg und an der Amperleite der Bundesstraße B 301 bekannt, und was gedenkt er zu tun, um diese besondere Gefahrenquelle zu beseitigen?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister für Verkehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Verhältnisse am Tüntenhauser Berg und an der Amperleite im Zuge der Bundesstraße 301 sind mir bekannt. Die Straße weist in dieser Steilstrecke Steigungen bis zu 13 % auf. Die Abschnitte der Bundesstraße 301 am Tüntenhauser Berg und an der Amperleite sollen im Haushaltsjahr 1958/59 im Zuge des gesamten Umbaus dieser deutschen Hopfenstraße umgebaut werden. Ähnlich steile Abschnitte gibt es jedoch noch an vielen anderen Stellen der Bundesstraßen. Der Umbau aller dieser Abschnitte kann aber wegen der hohen Kosten erst nach und nach im Rahmen des Zehnjahresplanes erfolgen.
Eine Zusatzfrage!
Ist der Herr Minister der Auffassung, daß der Bau der Hopfenstraße, also der Bundesstraße 301, überhaupt in der ganzen Länge durchgeführt wird?
Jawohl, ich bin dieser Auffassung und habe das auch öffentlich bekundet. Wir werdet allerdings den Titel, der im diesjährigen Haushalt steht und der mit den diesjährigen Ausgaben erschöpft ist, im nächsten Haushalt mit einer Dotation versehen müssen, damit die Straße von Freising über Mainburg hinaus in Richtung Regensburg in ihrer ganzen Länge ausgebaut werden kann.
Keine Zusatzfrage.
Frage 7 — des Herrn Abgeordneten Walz — betreffend Gültigkeit von Netzkarten im Saarland:
Ist der Herr Bundesverkehrsminister bereit, die Gültigkeit der Netzkarten der Deutschen Bundesbahn schon jetzt auf das Saarland auszudehnen und in die Gültigkeit der Bezirkskarten das Saarland entsprechend mit einzubeziehen, um auf diese Weise die Anbahnung des Wirtschaftsverkehrs zwischen dem Saarland und der Bundesrepublik rechtzeitig zu fördern?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister für Verkehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu meinem Bedauern kann der Anregung des Herrn Kollegen im Augenblick noch nicht entsprochen werden, denn nach Art. 37 des Saarvertrags gelten für den Binnenverkehr des Saarlandes und für den Verkehr mit der übrigen Bundesrepublik vorläufig die französischen Tarife weiter. Sie werden nach und nach durch die deutschen Tarife abgelöst. Die Entscheidung darüber liegt bei einer gemischten deutsch-französischen Kommission, die ihre Arbeit in diesen Tagen aufnimmt. Ich werde mich bei dieser gemischten Kommission nachdrücklich dafür einsetzen, daß die Personentarife des Saarlandes unseren Personentarifen baldigst angeglichen werden. Dann wird die Bundesbahn die Eisenbahnstrecken des Saarlandes sofort in den Gültigkeitsbereich der in Betracht kommenden Netz- und Bezirkskarten einbeziehen.
Eine Art Bezirkskarte, Abonnement genannt, ist heute schon im Saarland eingeführt. Sie beruht aber auf den französischen Tarifen, gilt nur im Saarland, kann allerdings auch bei den größeren Dienststellen der Bundesbahn außerhalb des Saarlandes bezogen werden.
Zusatzfrage?
— Keine Zusatzfrage.
Frage 8 — des Abgeordneten Walz — betreffend Regelung zur Wiedergutmachung:
Ist die Bundesregierung bereit, mit der saarländischen Regierung darüber zu verhandeln, daß für die 891 deutschen Saareinwohner , die vom früheren Besatzungs- und Saarregime ausgewiesen oder vertrieben worden sind, alsbald eine Regelung zur Wiedergutmachung erfolgt?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär des Bundesfinanzministeriums.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 der Zweiten Verordnung über Ausgleichsleistungen nach dem Lastenausgleichsgesetz vom 24. März 1953 in der Fassung der Verordnung vom 21. August 1953 werden bereits jetzt Beihilfen zum Lebensunterhalt, zur Beschaffung von Hausrat und Wohnraum sowie zum Existenzaufbau an deutsche Staatsangehörige oder deutsche Volkszugehörige gewährt, ,die im Zeitpunkt der Besetzung ihren Wohnsitz im Saargebiet hatten und diesen auf Grund politisch bedingter und von ihnen nicht zu vertretender Maßnahmen der Besatzungsmacht oder der Saarbehörden aufgeben mußten oder aus den gleichen Gründen dorthin nicht zurückkehren konnten. Bei diesem Personenkreis handelt es sich um 'die in der Anfrage genannten Saarverdrängten.
Darüber hinaus können nach Richtlinien der Saarregierung vom 16. Januar 1956 Personen deutscher Staatsangehörigkeit, die nach dem 8. Mai 1945 aus politischen Gründen aus dem Saarland ausgewiesen wurden und nach Aufhebung der Ausweisung, spätestens jedoch am 31. Dezember
1957, wieder ihren Wohnsitz im Saarland begründet haben, die aus Anlaß ihrer Rückkehr entstandenen Umzugskosten für den Rücktransport der Familie sowie des Hausrates erstattet und außerdem eine Beihilfe zur Wiederbeschaffung und Einrichtung einer Wohnstätte in Höhe von 50 000 Fr. für den Haushaltsvorstand und von je 20 000 Fr. für jedes Familienmitglied gewährt werden. Ob die Saarregierung außer den genannten Maßnahmen noch eine weitere Regelung zur Wiedergutmachung der in der Anfrage genannten Verluste für notwendig hält und erwägt, ist noch nicht bekannt. Die Bundesregierung wird bemüht sein, diese Frage beschleunigt zu klären.
Zusatzfrage? Walz : Ja, eine Zusatzfrage. Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Bitte sehr.
Herr Staatssekretär, halten Sie die von Ihnen bekanntgegebenen Maßnahmen für ausreichend?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, darüber habe ich mir in den zwei Tagen, seit Ihre Anfrage vorliegt, noch kein Urteil bilden könen. Ich habe Ihnen aber zugesagt, daß die Bundesregierung mit der Saarregierung ins Benehmen treten wird.
Danke schön.
Frage 9 des Herrn Abgeordneten Schneider betreffend Sicherung des sozialen Wohnungsbaus:
Ist der Herr Bundeswohnungsbauminister bereit, darzulegen, ob und in welchem Umfange der soziale Wohnungsbau im Jahre 1957 finanziell gesichert ist?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister für Wohnungsbau.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß sagen: Ich bin bereit, darzulegen, aber das Hohe Haus wird, glaube ich, nicht ganz bereit sein, die Ausführungen jetzt in der Ausführlichkeit entgegenzunehmen, wie sie eigentlich gemacht werden müßten.
Ich glaube, ich muß mich also auf einige wenige Feststellungen beschränken und die Ergänzung dann zu einem späteren Zeitpunkt vorbehalten.
Für den gegenwärtigen Augenblick darf ich folgendes ausführen. Die endgültigen Ergebnisse des Jahres 1956 für den Wohnungsbau liegen noch nicht vor. Nach den vorläufigen Ergebnissen wissen wir, daß im vergangenen Jahre 581 000 Wohnungen — einschließlich Berlins — fertiggestellt worden sind. Das ist das bisher größte Ergebnis, das im Wohnungsbau in der Bundesrepublik überhaupt erreicht wurde.
Es ist darüber hinaus erfreulicherweise festzustellen, daß bereits am 1. Januar 1957 364 000 vollfinanzierte Wohnungen im Bau waren. Noch nicht begonnen, aber vollfinanziert sind 175 000 Wohnungen, so daß der Bau von mindestens 540 000 Wohnungen für das Jahr 1957 auch dann gesichert ist, wenn in diesem Jahr keine einzige Wohnung
noch zusätzlich gebaut werden sollte. Man darf wohl davon ,ausgehen, daß wir insgesamt zu einem noch besseren Ergebnis als im Jahre 1956 kommen werden.
Zum Zweiten: Das Jahr 1957 wird für den Sozialen Wohnungsbau aller Voraussicht nach das bisher größte Ergebnis bringen; denn wir haben allein in den letzten drei Monaten des Jahres 1956 öffentliche Mittel für 165 000 Sozialwohnungen bewilligt. Das ist für um rund 100 000 Wohnungen mehr ,als in jedem der vorausgegangenen letzten Vierteljahre ab 1949.
Wir sind damit in den Bewilligungen für den Sozialen Wohnungsbau für das ganze Jahr 1956 im Rahmen der ¡allein mit öffentlichen Darlehen belegten sozialen Wohnungen auf 366 000 ,gekommen, das bisher höchste Ergebnis. Dazu kommen noch in steigendem Maße — aber darüber kann ich im Augenblick keine Zahlenangaben vorlegen — die mit Zinssubventionen, Mietbeihilfen und ähnlichen Mitteln erstellten sozialen Wohnungen. Ich glaube sagen zu können, daß nach den bisher vorliegenden Ergebnissen der zusätzlichen Finanzierungsmaßnahmen und Vorfinanzierungsmaßnahmen das zu erwartende Rekordergebnis des sozialen Wohnungsbaus für das Jahr 1957 — wenn auch mit erheblichen Anstrengungen und Bemühungen der Bundesregierung - finanziell in vollem Umfang gesichert wird. Ich darf dazu zu einem späteren Zeitpunkt noch die Einzelheiten ausführen.
Aber die Sorge, die monatelang das deutsche Volk beherrscht hat, kann ich im Namen der Bundesregierung für das Rekordergebnis 1957 im Sektor des Sozialen Wohnungsbaues als beseitigt bezeichnen. Wieweit wir im steuerbegünstigten und frei finanzierten Wohnungsbau die dort in größerem Maße existenten Sorgen in den kommenden Wochen auch noch beheben werden, wird zum Teil von dem restlichen Ergebnis der Wohnungsbaufinanzierungsaktion bestimmt werden, die bis zum 31. März über die zusätzlichen gesetzlichen Möglichkeiten läuft.
Keine Zusatzfrage.
Frage 10 — des Herrn Abgeordneten Ritzel — betrifft das Überfliegen von dicht besiedelten Gebieten durch Düsenjäger:
Welche Fortschritte haben die Verhandlungen zwischen der Bundesregierung und der NATO in bezug auf den Schutz dichtbesiedelter Gebiete vor den Nachteilen des Überfliegens durch Düsenflugzeuge gemacht?
Sind insbesondere die dringend erforderlichen Zusagen wegen der Städte Bonn, Wiesbaden, Frankfurt und Offenbach erreicht worden, wonach diese Städte entweder überhaupt nicht oder in so großer Höhe überflogen werden sollen, daß keine Belästigung der Bevölkerung damit verbunden ist?
Ist der Herr Bundesverteidigungsminister bereit, die von den NATO-Streitkräften geplanten Abschußbasen im Odenwald zu verhindern und damit den berechtigten Beschwerden und Sorgen der Bevölkerung des hessischen Odenwaldes Rechnung zu tragen?
Das Wort hat der Herr Staatssekretär im Bundesministerium für Verteidigung.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf Ihre Frage, Herr Abgeordneter, bezüglich der Absätze 1 und 2 im Einvernehmen mit dem Herrn Bundesminister für Verkehr, wie folgt beantworten.
Zu Absatz 1: Auf eine früher von Ihnen gestellte Frage betreffend den Schutz dichtbesiedelter Gebiete vor Nachteilen des Überfliegens durch Düsenflugzeuge hat der Herr Bundesminister für Verkehr in der 161. Sitzung des Deutschen Bundestages am 28. September 1956 erklärt, daß in dem Ständigen Ausschuß zur Koordinierung der Luftfahrt auf Veranlassung der Bundesregierung bestimmte Regelungen vorbereitet würden. In der Zwischenzeit sind folgende Regelungen in diesem Ausschuß beschlossen und in Kraft gesetzt worden.
1. Über die allgemeinen, international festgelegten Luftverkehrsregeln hinausgehend, die eine Mindestflughöhe für das Überfliegen dichtbesiedelter Gebiete von 300 m vorschreiben, wird diese Mindestflughöhe für alle Luftfahrzeuge der Streitkräfte auf 650 m heraufgesetzt. Für Bonn und Wiesbaden gehen die Mindestflughöhen noch über diese Regelung hinaus. Es ist ferner für alle Luftfahrzeuge der Streitkräfte verboten, die Schallmauer unter einer Mindestflughöhe von 10 000 m zu durchbrechen.
2. Ein unmittelbares Schnellmeldeverfahren zwischen örtlichen deutschen Behörden und örtlichen Verbindungsoffizieren der Streitkräfte wurde eingeführt. Hierdurch wird den Streitkräften die Möglichkeit gegeben, Beschwerden der Bevölkerung über störende Tiefflüge unverzüglich zu verfolgen, gegebenenfalls verbotswidriges Fliegen zu ahnden oder Abhilfe in gemeinsamer Beratung mit dem Beschwerdeführer zu schaffen. Der Bundesminister für Verkehr hat darüber die obersten Landesbehörden zwecks Anwendung des Meldeverfahrens und Unterrichtung der Bevölkerung mit Rundschreiben vom 19. August 1956 für den Einsatzbereich der britischen Stationierungsstreitkräfte und mit Rundschreiben vom 22. Januar dieses Jahres für den Einsatzbereich der US- und der französischen Stationierungsstreitkräfte in Kenntnis gesetzt.
3. Durch örtliche Absprachen werden Vorkehrungen getroffen, um durch Umlegen der An- und Abflugstrecken und der Flugplatzrunden das niedrige Überfliegen von Krankenhäusern, Kirchen und ähnlichen Gebäuden in der Nähe von Flugplätzen zu vermeiden. Als weitere Maßnahme zum Schutz besonders gefährdeter Einrichtungen wird zur Zeit die Möglichkeit geprüft, derartige Anlagen bei Tag und Nacht zu markieren.
Erfahrungen mit den vorstehenden Maßnahmen sollen im Verlauf des Jahres 1957 gesammelt und gegen Ende des Jahres in erneuter Beratung ausgewertet werden.
Zu Absatz 2: Die Bundesregierung sieht in der grundsätzlichen Verdoppelung der Mindestflughöhen für Militärflugzeuge über dichtbesiedelten Gebieten und in den sonstigen vorerwähnten Abhilfemaßnahmen auch für die Städte Bonn, Wiesbaden, Frankfurt und Offenbach eine weitgehende Verminderung der Belästigung der Bevölkerung durch die Düsenflugzeuge. Sie ist der Auffassung, daß zunächst die Erfahrungen mit den neuen Schutzmaßnahmen abgewartet und gegebenenfalls nach deren Vorliegen weitere Schutzmaßnahmen im Ständigen Ausschuß zur Koordinierung der Luftfahrt beraten werden sollten.
Zu Absatz 3: Bei den vorgesehenen Nike-Stellungen handelt es sich um ein in sich geschlossenes Abwehrsystem. An dem Projekt sind die Länder Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz
beteiligt. Für Hessen sind zwei Nike-Batterien geplant. Die Bundesregierung hält die geplanten Abschußbasen der NATO-Streitkräfte für notwendig. Sie bejahlt das Vorhaben, weil die NikeRaketen zur Zeit als der wirksamste Schutz der Zivilbevölkerung gegen einfliegende Bombenflugzeuge anzusehen sind. Die beteiligten Landesregierungen haben sich der Notwendigkeit der Errichtung eines Nike-Verteidigungssystems, das unter weitgehender Berücksichtigung der Interessen der Bevölkerung angelegt werden soll, grundsätzlich nicht verschlossen. Die Verhandlungen mit der hessischen Landesregierung über die geeigneten Standorte und über das geeignete Gelände sind noch nichtabgeschlossen. Die Bundesregierung ist ,daher zur Zeit noch nicht in der Lage, zu dieser Frage eine Erklärung abzugeben.
Eine Zusatzfrage? - Bitte!
Herr Staatssekretär, wenn die Mindesthöhe für die Flugzeuge der NATO verdoppelt worden ist, dann gilt das doch auch für den Luftraum über Bonn. Darf ich fragen: haben Sie eine Garantie dafür, daß das, was sich in dieser Woche hier wieder ereignet hat, nämlich die Mißachtung dieser Vorschrift, nicht noch einmal passiert, und welche Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen, um diesem Abkommen Respekt zu verschaffen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, gegen Mißachtung bestehender Vorschriften gibt es leider nur im nachhinein Abhilfemöglichkeit. Sie haben gehört, daß die Regierung alles getan hat, damit jede Überschreitung dieser bindenden Vorschriften — bindend auch für die alliierten Streitkräfte — zum Anlaß einer besonderen Prüfung genommen wird. Das ist bis jetzt in jedem Einzelfallgeschehen. Wir nehmen auch an, daß die vorgesetzte Dienstbehörde gegen Verstöße gegen die Dienstvorschriften innerhalb der 'alliierten Streitkräfte der NATO vorgehen wird, wie es allgemein Gepflogenheit ist.
Eine weitere Zusatzfrage? — Bitte!
Eine weitere Zusatzfrage zu dem dritten Absatz. Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bzw. ist das Verteidigungsministerium bereit, dafür zu sorgen, daß keine Nike-Stellungen in der Nähe großer alliierter Munitionslager errichtet werden — ein Fall, der auf den Odenwald zutrifft —?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, Sie wissen, daß über jede einzelne Standortplanung eingehendste Verhandlungen mit sämtlichen in Betracht kommenden örtlichen und Länderinstanzen stattfinden. Wenn also im einzelnen dort besondere Gefährdungspunkte gegeben zu sein scheinen, wird ganz zweifellos versucht werden, dieser besonderen Gefährdung durch eine andere Ordnung der Standortfrage Rechnung zu tragen.
Danke sehr!
Frage 11 wird zurückgestellt.
Frage 12 — Herr Abgeordneter Wittrock — betreffend die Entschädigung bei Sachbeschädigung durch Düsenflugzeuge:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß Düsenflugzeuge beim Überschreiten der Schallgeschwindigkeit infolge der eintretenden explosionsähnlichen Detonation wiederholt Sachbeschädigungen an Gebäuden verursacht haben?
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die dann geltend gemachten Entschädigungsansprüche zurückgewiesen worden sind, wenn die Nationalität des Flugzeuges, das den Schaden verursacht hat, nicht ermittelt werden konnte, und welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung vorzuschlagen oder durchzuführen, um zu vermeiden, daß derartige Entschädigungsleistungen allein aus diesem Grunde verweigert werden?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär des Bundesfinanzministeriums!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundesregierung ist bekannt, daß vereinzelt Schäden durch Düsenflugzeuge der Stationierungsstreitkräfte bei Überschreiten der Schallgeschwindigkeit eingetreten sind. Schadensersatzpflichtig ist alsdann diejenige Stationierungsmacht, durch deren Flugzeug ein solcher Schaden entsteht. Es ist der Bundesregierung bekannt, daß von seiten der Stationierungsmächte die Anerkennung ihrer Schadensersatzpflicht bisher dann abgelehnt worden ist, wenn die Nationalität des den Schaden verursachenden Flugzeugs nicht einwandfrei festgestellt werden konnte.
Die Bundesregierung steht daher seit längerer Zeit in Verhandlungen mit den Botschaften der Drei Mächte, um zu erreichen, daß die Stationierungsstreitkräfte auch in Fällen dieser Art eine Schadensersatzpflicht anerkennen. Diese Verhandlungen sind noch nicht abgeschlossen. Um zu vermeiden, daß berechtigte Ansprüche Geschädigter mit der Begründung zurückgewiesen werden, die Stationierungsmächte lehnten eine Schadensersatzpflicht ab, hat das Bundesfinanzministerium das Ministerium für Finanzen und Wiederaufbau des Landes Rheinland-Pfalz, das bisher allein über Einzelfälle dieser Art berichtet hat, bereits ermächtigt, auf Antrag der Geschädigten in geeigneten Fällen Vorschüsse zu Lasten des allgemeinen Bundeshaushalts in Höhe des zuerkannten Entschädigungsbetrags zu zahlen. Das Bundesministerium der Finanzen ist bereit, diese Regelung auch auf andere Bundesländer, falls aus ihnen gleiche Schadensfälle berichtet würden, auszudehnen, und würde das Erforderliche alsdann veranlassen.
Eine Zusatzfrage? — Bitte!
Darf ich gegenüber dem Hinweis, daß es sich hier um vereinzelte Fälle handele, meinerseits darauf hinweisen, daß allein im Stadtgebiet von Wiesbaden bisher in 12 Fällen entsprechende Anträge an die zuständige Behörde gerichtet worden sind und daß in weiteren 8 Fällen von der Polizei, ohne daß es allerdings zu einer Antragsstellung gekommen ist, derartige Meldungen ergangen sind. Glauben Sie nicht, daß im Hinblick auf diese hieraus doch erkennbare Häufung der Fälle eine gesetzliche Regelung des Fragenkomplexes auf die Dauer gesehen unausweichlich ist?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, ich habe bisher nur Berichte aus dem Land Rheinland-Pfalz, und die Schäden haben nur in einem Falle den Betrag
von 1200 DM erreicht; soweit nach dem mir vorliegenden Material des Ministeriums Rheinland-Pfalz. Ich glaube, daß, nachdem ich mich namens des Bundesfinanzministeriums bereit erklärt habe, bereits vor Abschluß der Verhandlungen mit den Besatzungsmächten im Vorschußwege die Entschädigungen zu zahlen, im Augenblick ein Bedürfnis nach einer gesetzlichen Regelung nicht anzuerkennen ist.
Zweite Zusatzfrage!
Darf ich nur der Ordnung halber, Herr Staatssekretär, darauf hinweisen, daß Sie auch von seiten des zuständigen hessischen Landesministers auf derartige Fälle hingewiesen worden sind. Ein entsprechendes Antwortschreiben ist am 14. Februar von dem Bundesminister der Finanzen an den Hessischen Minister der Finanzen gerichtet worden.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, ich muß mich hier in derartigen Fällen auf die Stellungnahme meiner Abteilung verlassen. Ich danke Ihnen für Ihre Mitteilung; ich werde der Sache nachgehen.
Danke sehr.
Frage 13 — Herr Abgeordneter Paul — betreffend den Ausbau der Bahnstrecke Eßlingen—Plochingen:
Iat der Bundesregierung bekannt, daß auf der zweigleisigen Strecke der Bundesbahn zwischen Eßlingen am Neckar und Plochingen täglich 350 bis 400 Züge verkehren und daß bei notwendig werdenden Ausbesserungsarbeiten nicht nur der Lokalverkehr, sondern auch die Verbindung zwischen Stuttgart und Ulm—München blockiert werden kann?
Ist die Bundesregierung bereit, baldigst den Ausbau dieser Strecke durch Anlage eines dritten bzw. vierten Gleises zu veranlassen!
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister für Verkehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist bekannt, daß zwischen Stuttgart-Hauptbahnhof und Plochingen täglich etwa 380 Züge verkehren. Der Teil der Strecke zwischen Stuttgart-Hauptbahnhof und Eßlingen ist viergleisig, der Teil der Strecke zwischen Eßlingen und Plochingen zweigleisig ausgebaut. Dieser zweigleisige Abschnitt ist bei 91/2 km Länge wegen seiner starken Belastung durch acht Blockstellen mit automatischem Selbstblock unterteilt; er genügt daher den derzeitigen Anforderungen. Der Zuglauf wird von einer zentralen Stelle ständig überwacht. Dadurch können betriebliche Schwierigkeiten frühzeitig erkannt und abgestellt werden.
Sollten aber auf der Strecke Plochingen—Eßlingen noch mehr Züge als bisher verkehren müssen, so ist der Bau eines dritten und eventuell später eines vierten Gleises geplant. Der Grunderwerb dazu ist zum Teil bereits erfolgt. Die Kosten allein für den Einbau eines dritten Gleises dürften gegen 30 Millionen DM betragen.
Eine Zusatzfrage?
Darf ich den Herrn Bundesverkehrsminister darauf aufmerksam machen, daß es sich nach der Meinung von Fachleuten bei dieser Strecke um die meistbefahrene zweigleisige Strecke der Bundesbahn handelt und daß auch unter diesem Gesichtspunkt eine vordringliche Behandlung dieser Angelegenheit gerechtfertigt wäre?
Das ist zwar keine Frage, Herr Abgeordneter Paul; aber weil es unsere engere Heimat betrifft, wollen wir darüber hinwegsehen.
Herr Präsident, wenn ich um das Wort bitten darf: Ich bin ja der Meinung, daß die engere Heimat von Herrn Paul und mir nicht bei Eßlingen liegt.
Aber von mir;
vielleicht darf ich auch mal was sagen.
Jetzt kommt Frage 14 — Abgeordneter Kortmann — betreffend die unterschiedliche Auslegung des Art. 1 des Siebenten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes:
Ist dem Herrn Bundesfinanzminister bekannt, daß einzelne Finanzämter die Vergünstigung nach Artikel 1 des Siebenten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes vom 5. Oktober 1956 so auslegen, daß die Steuerfreigrenze für das Steuerjahr 1936 nur dann zur Anwendung kommen könne, wenn der Umsatz im letzten Vierteljahr 1956 den Betrag von 20 000 DM nicht überstiegen habe, selbst wenn der gesamte Jahresumsatz unter dem Betrag von 80 000 DM geblieben sei?
Billigt der Herr Bundesfinanzminister diese Auslegung?
Wenn nein, ist er bereit, die Finanzämter entsprechend anzuweisen?
Das Wort hat der Herr Staatssekretär der Finanzen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter, die Beantwortung der Frage ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Für das letzte Vierteljahr 1956 ist nicht Art. 1 maßgebend, sondern Art. 2 Abs. 2 des Gesetzes. In dieser Vorschrift hat der Bundestag bestimmt, daß für dieses letzte Vierteljahr die Grenze von 20 000 Mark und nicht die von 80 000 Mark gilt. Aus diesem Grunde isst der Bundesfinanzminister nicht in der Lage, die von Ihnen gewünschte Anweisung zu geben.
Zusatzfrage? Kortmann : Danke:
Keine.
Frage 15 — Herr Abgeordneter Faller — betreffend den Einbau von Schleusen:
Ist der Herr Bundesverkehrsminister bereit, beim bevorstehenden Neubau von Kraftwerken am Hochrhein, zwischen Basel und Konstanz, dafür einzutreten, daß mit dem Bau der Kraftwerke auch Schleusen für die zukünftige Schiffahrtsstraße mit eingebaut werden?
Haben bereits Verhandlungen mit dem Land Baden-Württemberg stattgefunden mit dem Ziel, die Konzessionserteilung mit einer Auflage zu verbinden, die den Einbau dieser Schleusen garantiert?
Zur Antwort der Herr Bundesminister für Verkehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf Sie, sehr geehrter Herr Kollege, daran erinnern, daß der Hochrhein nicht Bundeswasserstraße ist und daher bis jetzt nicht der Zustän-
digkeit des Bundes unterliegt. Nach den zwischen dem Bund und dem Lande Baden-Württemberg bestehenden staatsvertraglichen Vereinbarungen ist das Land als Eigentümer des deutschen Teiles des Hochrheins Träger des Ausbaus für Wasserkraft und Großschiffahrt. Die Einnahmen aus der Wasserkraft sollen dabei für diesen Verkehrszweck, also für die Großschiffahrt, verwendet werden. Daher werden die Konzessionen für Wasserkraftwerke am Hochrhein vom Lande Baden-Württemberg im Einvernehmen mit der Schweiz und unter Abstimmung der beiderseits zu stellenden Konzessionsbedingungen erteilt. Der Bund nimmt hierauf keinen unmittelbaren Einfluß. Er ist auch in der deutsch-schweizerischen Hochrheinkommission nicht vertreten.
Die Konzessionsbedingungen enthalten in allen Fällen auf Grund der vertraglichen Abmachungen zwischen Bund und Land und zwischen Bund und Schweiz Bestimmungen, die den späteren Bau der Schiffahrtsanlage an den Kraftstufen, also den Bau der Schleusen, der Schleusenkanäle und der Vorhäfen ermöglichen und erleichtern, insbesondere durch Sicherstellung des Baugeländes.
Sicherlich wird, sobald der Neckarausbau beendet ist, eine Umstellung der zwischen Bund und Land bestehenden Verträge erfolgen. Der damalige baden-württembergische Innenminister, Herr Ulrich, und ich haben diese Entwicklung schon 1952 bei unseren Vorträgen in Rheinfelden zugesagt.
Keine Zusatzfrage. Frage 16 ist zurückgezogen.
Frage 17 — Herr Abgeordneter Pohle — betreffend Verlauf des Prozesses in der Rentenangelegenheit Heydrich:
Ist der Herr Bundesarbeitsminister in der Lage, mitzuteilen, welchen Verlauf der Prozeß in der Rentenangelegenheit Heydrich vor dem Landessozialgericht in Schleswig genommen hat?
Ist im Wege des schriftlichen Verfahrens eine Entscheidung getroffen worden, oder darf. wenn dies nicht der Fall ist, mit einer erneuten Terminfestsetzung der im April 1956 vertagten Verhandlung in absehbarer Zeit gerechnet werden?
Zur Beantwortung hat das Wort der Herr Bundesminister für Arbeit.
Herr Präsident! Zu der Frage möchte ich folgendes sagen.
Das Landessozialgericht Schleswig hat in der Versorgungsstreitsache der Frau Heydrich bis heute noch keine Entscheidung getroffen. In der mündlichen Verhandlung am 24. April 1956 hat das Gericht den Professor an der Universität Kiel Dr. Michael Freund als Sachverständigen für zeitgeschichtliche Fragen gehört, der ein umfangreiches Gutachten über die geschichtlichen Hintergründe des Attentats auf Heydrich abgegeben hat. Das Gericht hielt es daraufhin für erforderlich, weitere Beweise zu erheben. So hat es am 12, Juni vergangenen Jahres den ehemaligen Leiter des kriminalistischen Referats der Staatspolizei in Prag und am 21. August den Kraftfahrer Heydrichs zur Sache vernommen. Nach Eintreffen eines Mikrofilms über die Materialien aus dem Reichssicherheitshauptamt, die in New York lagern, hat Professor Freund Ende November abschließend zu den strittigen Fragen des Prozesses Stellung genommen. Daraufhin hat das Landessozialgericht dem Anwalt der Frau Heydrich aufgegeben. etwaige Beweisanträge binnen einer Ausschlußfrist
bis 31. Dezember 1956 zu stellen und zum Beweisergebnis Stellung zu nehmen. Danach wollte das Gericht entscheiden.
In einem Schreiben an das Landessozialgericht Schleswig vom 25. Januar 1957 habe ich zum Ausdruck gebracht, daß ich den Sachverhalt für voll geklärt und für entscheidungsreif halte. Da neue Beweisanträge nicht gestellt worden sind, ist zu erwarten, daß das Gericht nunmehr baldigst seine Entscheidung fällt.
Danke!
Keine Zusatzfrage? —
Frage 18 — Herr Abgeordneter Pohle — betreffend Mittel für die Auslegung von Tageszeitungen in den Gemeinschaftsräumen der Bundeswehr:
Ist dem Herrn Bundesverteidigungsminister bekannt, daß seine in der Fragestunde im Dezember gegebene Auskunft, daß je Kompanie 5 bis 6 Tageszeitungen gehalten werden können, eine gute Aufnahme in der Öffentlichkeit und in der Bundeswehr gefunden hat?
Ist ihm aber weiterhin bekannt, daß die Truppenteile darüber klagen, daß die ihnen für diesen Zweck zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel nicht ausreichen und größtenteils jetzt schon erschöpft sind?
Was gedenkt der Herr Bundesverteidigungsminister zu tun, damit seine Zusage auch praktisch durchgeführt werden kann?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär des Bundesverteidigungsministeriums.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter, auf Ihre Frage darf ich wie folgt antworten.
Angesichts der guten Aufnahme, die die Antwort des Herrn Bundesministers für Verteidigung auf Ihre Frage, Herr Abgeordneter, in der Sitzung des Deutschen Bundestages vom 6. Dezember vergangenen Jahres gefunden hat, ist eine Verstärkung der für diesen Zweck vorgesehenen Haushaltsmittel veranlaßt, die bereits im letzten Quartal des Haushaltsjahres 1956 voll wirksam geworden ist. Dadurch konnte sichergestellt werden, daß die im Dezember angegebenene Zahl von fünf bis sechs Tageszeitungen je Kompanie erheblich erhöht wird.
Dem Bundesministerium für Verteidigung sind in letzter Zeit keine Klagen darüber bekanntgeworden, daß die für den Bezug von Zeitungen zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel nicht ausreichen oder bereits erschöpft sind. Es ist möglich, daß die von Ihnen, Herr Abgeordneter, erwähnten Klagen lautgeworden sind, bevor die Erhöhung der Mittelzuweisung wirksam wurde.
Eine Zusatzfrage?
Nein.
Frage 19 des Abgeordneten Pohle betreffend Inanspruchnahme der ehemaligen TVA Süd in Eckernförde durch die Marine:
Welche Pläne verfolgt der Herr Bundesverteidigungsminister für die Marine mit einer eventuellen Inanspruchnahme der ehemaligen TVA Süd in Eckernförde?
Ist der Herr Bundesverteidigungsminister bereit, bei der Verwirklichung der Inanspruchnahme auf die Schule und die Industriebetriebe, die in den trotz der Sprengung erhaltenen und wiederhergestellten Gebäudeteilen untergebracht sind, sowie auf die Stadt Eckernförde als Ostseebad gebührend Rücksicht zu nehmen?
Zur Beantwortung hat das Wort der Herr Staatssekretär im Bundesministerium für Verteidigung.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Zur Beantwortung dieser Frage darf ich folgendes sagen. Die Frage der Wiederinanspruchnahme der Torpedoversuchsanstalt Süd in Eckernförde für militärische Zwecke ist am 16. Februar 1957 zwischen Vertretern der Landesregierung Schleswig-Holstein, der Stadt Eckernförde und des Bundesministeriums für Verteidigung in Eckernförde abschließend behandelt worden.
Als Ergebnis dieser Verhandlung wurde unter weitestgehender Berücksichtigung ziviler Interessen Einvernehmen aller beteiligten Stellen darüber erzielt, daß unter endgültigem Verzicht auf die militärische Inanspruchnahme der erhaltenen Gebäude D 4 — Schulgebäude — und A 1 — Fabrikgebäude — ein Torpedoschießstand und eine Klarmachewerkstätte für die Erprobungsstelle der Marinewaffen auf dem Gelände der ehemaligen TVA Süd gebaut werden können.
Mit einer vorübergehenden Unterbringung des Vorauspersonals in leerstehenden Räumen des Fabrikgebäudes A 1 sind Stadt und Land einverstanden. Zur Errichtung der Bauten an Land wird der Uferstreifen zwischen den beiden Gebäuden mit angemessenem Abstand in einer Tiefe von 23 m in Anspruch genommen. Der besondere Wunsch der Stadt Eckernförde auf Rücksichtnahme während der Hauptbadesaison im Juli, August durch Einschränkung des Schießens von der TVA Süd aus wird, soweit die militärischen Interessen es zulassen, berücksichtigt werden.
Eine Zusatzfrage?
Nein, danke.
Frage 20 des Herrn Abgeordneten Dr. Arndt betreffend Erteilung von Bundesaufträgen für Bauten im Auslande:
Weichen deutschen Architekten sind Bundesaufträge für Bauten im Auslande, insbesondere in Paris, erteilt oder versprochen?
Welche Grundsätze werden hierbei befolgt, oder welche Voraussetzungen sind sonst von den Architekten zu erfüllen?
Wird eine größere Zahl von Baueinheiten jeweils an nur einen oder an mehrere Architekten vergeben?
Zur Beantwortung hat das Wort der Herr Staatssekretär des Bundesfinanzministeriums.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter, folgende Architekten erhielten bisher Bundesaufträge für Bauten im Ausland: Professor Krahn, Frankfurt, für die Botschaft in New Delhi, Professor Nissen in Hamburg für die Botschaft in Stockholm, Architekt van Dorp, Bonn, für die Botschaft in Rio de Janeiro, Professor Dr. Bartning, Darmstadt, für die Deutsche Schule in Lissabon, Architektenarbeitsgemeinschaft Professor Eiermann, Karlsruhe, und Professor Sep Ruf, München, für den Deutschen Pavillon auf der Weltausstellung in Brüssel.
In Paris wurde bisher vom Bund lediglich ein Entwurfsauftrag vergeben, und zwar für ein Wohnungsbauvorhaben an den Architekten — BDA —
Diplomingenieur Heribert Multhaupt, Köln, welcher eine Büro- und Arbeitsgemeinschaft mit Architekt — BDA — Diplomingenieur Hanns Koerfer, Köln, unterhält. Das Bauvorhaben besteht aus 28 Wohnungen von 11/2 bis 5 Zimmern für die Angehörigen der Botschaft und der ständigen Vertretung bei der NATO. Die Bauaufgabe wird von der Bundesbaudirektion durchgeführt. Die Mitwirkung des Architekten ist auf die Planung und die künstlerische Oberleitung beschränkt. Die örtliche Bauleitung wird entsprechend der Landesvorschrift durch einen französischen Architekten wahrgenommen.
Versprechungen über weitere Aufträge sind nicht gemacht worden.
Die Beauftragung freischaffender Architekten geschieht entweder auf Grund des Ergebnisses eines beschränkten Wettbewerbs oder, wo zweckdienlich, ohne einen solchen, wobei besondere Qualifikationen und gegebenenfalls Auslandserfahrungen berücksichtigt werden. Auch werden bei geeigneten Bauvorhaben jüngere Architekten herangezogen, um diesen Gelegenheit zu geben, bei der Planung neuartige, dem Zeitgeist entsprechend e schöpferische Gedanken zu entwickeln. Die Architekten werden stets im Einvernehmen mit den Berufsverbänden der deutschen Architekten, insbesondere auch mit dem „Bund Deutscher Architekten" — BDA —, ausgewählt.
Mit der Planung aller Wohnungsbauvorhaben, welche der Bundauszuführen hat, nämlich solche für Bundesbedienstete, für die Bauten im Rahmen des sogenannten Schäfferplans, für die Siedlungen für die kanadischen Streitkräfte und für US-Diplomaten und andere, werden grundsätzlich freischaffende Architekten unmittelbar betraut. Ein Wettbewerb ist in diesen Fällen unzweckmäßig und nicht üblich, da jeweils erst durch planerische Untersuchungen Art und Umfang des Bauprogrammes festgelegt werden kann. Dies trifft auch auf das erwähnte Projekt in Paris zu.
Bisher ist im Ausland die Entwurfsbearbeitung für eine größere Zahl von Baueinheiten an einen Architekten nicht vergeben worden. Es besteht vielmehr der Grundsatz, möglichst viele freischaffende Architekten zu beteiligen.
Eine Zusatzfrage?
Eine Zusatzfrage! Herr Staatssekretär, ist also das in Paris umlaufende Gerücht unzutreffend, daß mit den Wohnungsbauten in Paris der Architekt Herr Multhaupt beauftragt ist oder beauftragt werden soll? Und besitzt der Architekt Herr Multhaupt keine schriftliche Zusage aus dem Februar dieses Jahres, daß er zunächst einmal, ich weiß nicht, ob 27 oder 29 Wohnungseinheiten in Paris errichten soll und auch die weiteren etwa 50, 60 Wohnungen zusammen mit Herrn Dupis zu bauen hat?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, ich darf meine Antwort in den Kernpunkten noch einmal wiederholen. Der von Ihnen genannte Architekt hat einen Entwurfsauftrag bekommen.
Verzeihung, Sie haben den Architekten nicht genannt!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Sie haben nach einem Auftrag für Paris gefragt, und ich habe Ihnen den Namen eines Architekten genannt.
Aber nicht den, den ich genannt habe!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Welchen haben Sie denn genannt?
Den Architekten Herrn Multhaupt!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Bitte, den habe auch ich genannt.
Verzeihung, das habe ich nicht gehört.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das tut mir leid. Ich habe sogar gesagt, daß er in einer Büro- und Arbeitsgemeinschaft mit dem Architekten Koerfer ist. Dann sind wir einig.
Das habe ich nicht gehört.
Dann habe ich noch eine andere Zusatzfrage, Herr Staatssekretär. Ist auch in diesem Fall so wie sonst eine Empfehlung des Bundes Deutscher Architekten und aller in Betracht kommenden Organisationen geschehen, und entspricht dieser Entwurfsauftrag den sonst üblichen Gepflogenheiten?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, ich glaube ausgeführt zu haben, daß die Architekten stets im Einvernehmen mit den Berufsverbänden der deutschen Architekten, insbesondere auch mit dem Bund Deutscher Architekten, ausgewählt werden, — stets!
Stets! Danke schön.
Frage 21 — Herr Abgeordneter Baier — betreffend Projektierung der Autobahnstraße Heilbronn—Würzburg:
Welche Möglichkeiten sieht der Herr Bundesverkehrsminister, um bei der Projektierung der Autobahnstraße Hellbronn-Würzburg die wirtschaftlichen Interessen der nordbadischen Förderkreise zu berücksichtigen, damit die dortigen Notstandsgebiete zu erschließen und an die Großwirtschaftsräume hinzuleiten?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister für Verkehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die Linienführung der Autobahn Heilbronn—Würzburg gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die umfangreichen Planungsarbeiten sind noch im Gange; die Vorzüge und Nachteile der einzelnen Projekte lassen sich daher noch nicht eindeutig beurteilen. Erst wenn die Vorentwürfe vorliegen, wird es mir möglich sein, zu der Frage Stellung zu nehmen, in welcher Weise auf die Belange der nordbadischen Notstandsgebiete Rücksicht genommen werden kann. Ich brauche wohl nicht besonders zu betonen, daß diese Verhältnisse ihre Würdigung finden und die Planung mit allen einschlägigen Stellen durchgesprochen werden wird, bevor sie endgültig festgestellt wird.
Ich darf betonen, daß die Verhältnisse für diesen Raum durch den begonnenen Ausbau der B 27, die im blauen Netz verzeichnet ist, nicht unerheblich verbessert werden. Für diese Straße sind 1956 und 1957 je 3 Millionen DM bereitgestellt worden.
Zusatzfrage?
Herr Minister, darf ich Ihrer Antwort entnehmen, daß Sie grundsätzlich bereit sind, bei der Planung wirtschaftliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen?
Ja, selbstverständlich werden sie mit berücksichtigt; sie können aber naturgemäß nicht allein ausschlaggebend sein.
Danke schön! Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Frage 22 —
des Herrn Abgeordneten Dr. Will — betreffend Schaffung eines neuen Rechtsträgers für die Steinkohlenbergwerke im Saarland:
Welche Absichten verfolgt die Bundesregierung bei der Schaffung eines neuen Rechtsträgers für die Steinkohlenbergwerke im Saarland hinsichtlich der Besetzung der neuen Organe dieser Gesellschaft?
Ist die Bundesregierung bereit, diese Besetzung so lange auszusetzen, bis das Gesetz über die Mitbestimmung für Kohle und Stahl, das durch ein saarländisches Gesetz vom 31. Dezember 1956 im Saarland eingeführt worden ist, durch die noch ausstehenden Betriebsratswahlen in Wirksamkeit treten kann?
Das Wort zur Beantwortung hat der Herr Staatssekretär des Bundesministeriums der Finanzen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter, ich glaube nicht, daß es notwendig ist, die Besetzung der Rechtsträger für die Steinkohlenbergwerke im Saarland besonders lange auszusetzen, weil ohnedies diese Besetzung erst erfolgen kann, wenn durch ein Gesetz die Rechtslage bezüglich des Eigentums an den Bergwerken geklärt ist. In dieser Hinsicht wird die Bundesregierung in Kürze einen Gesetzentwurf den gesetzgebenden Körperschaften zuleiten.
Im übrigen darf ich die Frage dahin beantworten:
Die Bundesregierung beabsichtigt, den Aufsichtsrat für die Steinkohlenbergwerke im Saarland entsprechend dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der eisen- und stahlerzeugenden Industrie zu besetzen. Dem Aufsichtsrat wird es obliegen, sodann den Vorstand ebenfalls unter Berücksichtigung der Vorschriften dieses Gesetzes zu bestellen.
Da das Gesetz zur Änderung und Ergänzung betriebsverfassungsrechtlicher Vorschriften im Saarland bereits dem saarländischen Landtag zur Beschlußfassung vorliegt, kann damit gerechnet werden, daß der neue Betriebsrat für die Saarbergwerke, der bei der Durchführung des Mitbestimmungsgesetzes mitwirken muß, rechtzeitig vorhanden sein wird.
Diese meine Antwort ergeht im Einvernehmen mit dem Herrn Bundesminister für Wirtschaft und dem Herrn Bundesminister für Arbeit.
Danke sehr.
Eine Zusatzfrage?
Keine. Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Verzichtet.
Frage 23 — des Herrn Abgeordneten Dr. Will — betreffend Beteiligung des Bundes an der Gesellschaft für die Steinkohlenbergwerke im Saarland:
In welcher Höhe beabsichtigt die Bundesregierung sich an der Gesellschaft für die Steinkohlenbergwerke im Saarland zu beteiligen, und ist sie bereit, ihr Einlage so hoch zu bemessen, daß eine die Rentabilität der Gesellschaft wesentlich beeinträchtigende Fremdfinanzierung vermieden und die soziale Sicherheit der Belegschaften gewährleistet werden können?
Das Wort zur Beantwortung hat der Herr Staatssekretär des Bundesfinanzministeriums.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, diese Frage beantworte ich ebenfalls im Benehmen mit dem Herrn Bundesminister für Wirtschaft und dem Herrn Bundesminister für Arbeit.
Als neuer Rechtsträger für die Steinkohlenbergwerke im Saarland ist eine Aktiengesellschaft in Aussicht genommen. Die Gesellschaft soll bei ihrer Gründung mit Eigenkapital, auch in der Form von Barmitteln in der Höhe ausgestattet werden, die erforderlich ist, um ihr eine gesunde finanzielle Grundlage zu verschaffen und um ihr sobald wie möglich zur Rentabilität zu verhelfen, woran die Bundesregierung selbst stärkstens interessiert ist. Ein Anlaß zu der Befürchtung, daß die soziale Sicherheit der Belegschaft im Betriebe gefährdet werden könnte, besteht nicht.
Eine Zusatzfrage?
Nein, danke. Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Verzichtet.
Meine Damen und Herren, damit ist die Fragestunde beendet. Nächste Fragestunde am Mittwoch, dem 20. März. Sperrfrist: Freitag, 15. März 1957, 12 Uhr.
Punkt 2 der Tagesordnung ist abgesetzt. Punkt 3 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Vierten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1956 (Drucksache 2952), Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses (18. Ausschuß) (Drucksache 3184).
Wünscht der Herr Berichterstatter Friese das Wort? — Er wünscht nicht das Wort. Wir treten in die Aussprache der zweiten Lesung ein. Wird das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter Ritzel?
— In der dritten Lesung. — Nun die zweite Lesung.
Ich rufe zunächst den Antrag auf Drucksache 3184 auf, und zwar hier die Ziffer 1. Das Wort wird dazu nicht gewünscht. Wir stimmen ab. Wer dem Antrag Ziffer 1 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Es ist die Drucksache 3184, meine Damen und Herren, Antrag des Ausschusses, Ziffer 1. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Die Abstimmung muß wiederholt werden.
— Weil das Ergebnis unklar ist. Vielleicht haben Sie die Majorität. Bei dieser Besetzung des Hauses wollen wir aufstehen. Wer der Ziffer 1 des Antrags des Ausschusses 3184 zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit; der Antrag des Ausschusses ist angenommen.
Abstimmung über Ziffer 2. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe!
— Das gleiche Ergebnis; das erste war die Mehrheit, der Antrag ist angenommen.
Nun der Gesetzentwurf. Ich rufe auf die §§ 1, —2, — 3, — Einleitung und Überschrift. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit; in zweiter Lesung angenommen.
Dritte Beratung.
Allgemeine Aussprache. — Das Wort hat Herr Abgeordneter Ritzel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe namens der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion zur Feststellung eines Dritten Nachtragshaushalts zum Bundeshaushaltsplan 1956 die folgende Erklärung abzugeben:
Die Leistung von 1455 Millionen DM Stationierungskosten an sieben der NATO angehörende Staaten ist eine Folge der Politik der Bundesregierung, die sich auf den von der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion frühzeitig kritisierten unklaren Text des Art. 4 Abs. 4 des Finanzvertrags der Pariser Verträge stützt. Schon in der 70. und 71. Sitzung des Deutschen Bundestags hat die sozialdemokratische Bundestagsfraktion durch ihre Sprecher auf die in der bewußt unklaren Fassung des Art. 4 Abs. 4 liegenden Gefahren aufmerksam gemacht.
Der Wortlaut des Art. 4 Abs. 4 des Finanzvertrags, der Gegenstand des Gesetzes betreffend das Protokoll vom 23. Oktober 1954 über die Beendigung des Besatzungsregimes in der Bundesrepublik Deutschland ist, ist folgender:
Im Geiste des Art. 3 des Nordatlantikpakts erklärt die Bundesrepublik ihre Bereitschaft, bei Ablauf des in Abs. 2 dieses Artikels genannten Zeitraums mit anderen Mitgliedsregierungen der Nordatlantikpakt-Organisation, die Streitkräfte im Bundesgebiet stationiert haben, in Verhandlungen über Fragen bezüglich des Unterhalts dieser Streitkräfte einzutreten, wobei der Bedarf der Streitkräfte der Bundesrepublik zu berücksichtigen ist.
In der Begründung hierzu heißt es in der Drucksache 1000 vom 10. Dezember 1954 auf Seite 41:
Für die Zeit nach Ablauf der zwölf Monate ist eine Verpflichtung der Bundesrepublik zur Zahlung von Stationierungskosten weder dem Grunde noch der Höhe nach festgelegt. Die Bundesrepublik erklärt sich in Abs. 4 lediglich bereit, nach Ablauf der Frist mit den anderen beteiligten Staaten „in Verhandlungen über Fragen bezüglich des Unterhalts (z. B. Sach- und Werkleistungen) dieser Streitkräfte einzutreten". Diese Verhandlungen sind im Geiste des Nordatlantikpaktes zu führen. Die dabei etwa zu treffenden Vereinbarungen müssen sich daher in ihren finanziellen Auswirkungen im Rahmen der Stationierungsabkommen halten, die zwischen anderen Mitgliedstaaten des Nordatlantikpaktes abgeschlossen worden sind.
Die Stationierungskosten sind nach Abs. 5 von den Drei Mächten im Benehmen mit der Bundesregierung unter die beteiligten Mächte aufzuteilen. Welche Ausgaben im einzelnen zu Lasten der Stationierungskosten gehen, bestimmt Abs. 6; er lehnt sich eng an Abs. 5 alter Fassung an und ist der Lage angepaßt worden, die sich aus dem Überhang an Besatzungskosten ergibt.
Um den sich aus dem Überhang an nicht abgerufenen Mitteln ergebenden Schwierigkeiten vorzubeugen, haben sich die Drei Mächte auf deutschen Wunsch hin in Abs. 7 verpflichtet, alles zu tun, damit sich der Überhang nicht erhöht und so schnell wie möglich wesentlich vermindert. Unter Überhang sind dabei die nicht verbrauchten Mittel aus der Vorvertragszeit und des Stationierungskostenhaushalts der etwaigen Interimsperiode zu verstehen.
Das war der authentische Kommentar damals.
Als Sprecher der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion hat der Abgeordnete Herr Professor Dr. Gülich in der 71. Sitzung des Deutschen Bundestages an die Bestimmung des § 8 Abs. 2 der Reichshaushaltsordnung erinnert. Sie lautet:
Ausgaben zur Erfüllung von Verträgen, durch die das Reich zur Leistung von Zahlungen über ein Rechnungsjahr hinaus verpflichtet wird, sind bei der erstmaligen Anforderung von Mitteln nach Inhalt und Dauer des Vertrages zu erläutern.
Die Bundesregierung hat bis zur Stunde eine Unklarheit über den wirklichen und dauernden Inhalt der Auswirkungen der Pariser Verträge bestehen lassen.
Der Herr Bundesfinanzminister hat in der 70. Sitzung des 2. Deutschen Bundestags vom 25. Februar 1955 auf eine von mir gestellte Frage geantwortet, daß der Bund keine Verpflichtungen übernommen habe, in den kommenden Jahren weitere Leistungen zu erbringen. Er sagte wörtlich:
Wir haben nur eine Verpflichtung übernommen, zu verhandeln; von uns aus kann ich erklären: in der Absicht, daß wir das gleiche, was die anderen Stationierungsländer —Frankreich etc. — für die dort stationierten fremden Truppen tun, wohl anstandshalber auch tun müssen. Das kann aber nur ein ganz geringer Bruchteil der 3200 Millionen DM sein.
Dieser Mitteilung des Herrn Bundesfinanzministers entsprach es wohl, daß im Haushaltsplan 1956 als Stationierungskosten lediglich noch 232 258 000 DM als Leistung bis 5. Mai 1956 vorgesehen waren. Die in der Zwischenzeit mitgeteilte weit größere und heute zur Etatisierung anstehende Summe von 1 455 000 000 DM wird heute im Rahmen eines Dritten Nachtragshaushalts für 1956 vorgesehen, ohne daß damals, als die ersten Erklärungen abgegeben wurden, im entferntesten davon die Rede sein konnte.
Angesichts dieser Entwicklung wiederholt die sozialdemokratische Bundestagsfraktion die Feststellung ihres Sprechers Professor Dr. Gülich in der 71. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 26. Februar 1955:
Der Inhalt des Finanzvertrags und der übrigen Verträge ist unklar und widerspruchsvoll. Er ist nicht zu Ende gedacht und mithin nicht ausgehandelt. Er ist nicht klar und nicht gültig formuliert.
Professor Gülich zitierte damals einige Punkte. Er sagte:
Die Alliierten wünschen die Unklarheiten, weil sie aus gegebenen Situationen heraus hoffen, Vorteile für, sich zu gewinnen. Die Bundesrepublik, fürchte ich, wünscht die Unklarheiten, weil sie hofft, aus gegebenen Situationen heraus den finanziellen Druck der Besatzungsmächte mildern zu können.
Soweit damals Professor Gülich als Sprecher der sozialdemokratischen Fraktion.
Inzwischen hat das deutsche Volk Gelegenheit erhalten, den Inhalt der offiziellen Erklärungen der Bundesregierung auf ihren Wirklichkeitsgehalt zu überprüfen. Es sei nur an die Erklärung des Bundesfinanzministers in der 70. Sitzung des Bundestags vom 25. Februar 1955 erinnert:
Wir haben in diesen Verträgen
— sagte der Herr Bundesfinanzminister —
auch nach der Seite der Kostenerstattung und der Höhe der Leistungen unser deutsches Schicksal selbst in der Hand.
Die sozialdemokratische Fraktion befürchtet, daß die mit diesem Nachtragshaushalt und der Bewilligung einer Summe von 1 455 000 000 DM vorliegende Entwicklung noch nicht der Abschluß des ganzen leidigen Kapitels der Stationierungskosten oder, wie Sie vielleicht demnächst sagen werden, einer Verteidigungshilfe ist. Sie sieht in dieser Entwicklung die Folge einer verfehlten Finanzpolitik der Bundesregierung, die zur Hortung ungeheurer Summen im- sogenannten Juliusturm geführt hat und praktisch eine Herausforderung der Alliierten darstellt, auf weiteren Leistungen der Bundesrepublik zugunsten der Stationierungskosten zu bestehen.
Aber auch die weitere parlamentarische Behandlung und die Information des Parlaments über die deutschen Zahlungen an Stationierungskosten fordern die Kritik des Bundestages an dem Verhalten der Regierung geradezu heraus. Über die Verhandlungen mit den verschiedenen NATO-Mächten hat die Regierung Erklärungen abgegeben, die der rechtzeitigen parlamentarischen Bestätigung bedurft hätten. In dem Aide-mémoire vom 6. Juni 1956 hat sich die Bundesregierung bereit erklärt, der Regierung der Vereinigten Staaten als finan-
zielle Leistung einen Betrag von 650 Millionen DM zu zahlen. Sie hat sich unter dem gleichen Datum, also am 6. Juni des Vorjahrs bereit erklärt, geeignete parlamentarische und sonstige Maßnahmen einzuleiten oder zu ergreifen, ,die zur Durchführung dieser Vereinbarung erforderlich sind. Sie hat dieselbe Erklärung in einem Aide-mémoire in bezug auf die Stationierungskosten zugunsten des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland am 29. Juni 1956 hinsichtlich des Betrags von 400 Millionen DM abgegeben. Die Bundesregierung hat hinsichtlich eines Stationierungskostenbetrags zugunsten der Französischen Republik dieselbe Erklärung am gleichen Tage, am 29. Juni 1956, in Höhe von 278 Millionen DM abgegeben. Diesen Erklärungen folgte die gleiche Zusage, geeignete parlamentarische Maßnahmen wegen der Stationierungskostenbeträge zu unternehmen, und zwar für Dänemark am 6. Juli 1956, für die Niederlande am 10. Juli 1956, für Belgien am 20. Juli 1956 und für Kanada am 19. Juli 1956.
Die Bundesregierung ist ihren den alliierten Mächten gegenüber erklärten Verpflichtungen, alle parlamentarischen und sonstigen Maßnahmen einzuleiten oder zu ergreifen, die zur Durchführung dieser Vereinbarungen erforderlich sind, erst mit einer Vorlage an den Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestags am 5. Dezember 1956 — Ausschuß-Drucksache 1070 — und mit einem Schnellbrief des Herrn Bundesfinanzministers an den Haushaltsausschuß vom 8. Januar 1957 — Ausschuß-Drucksache 1138 — nachgekommen. So erweist sich die ganze Entstehungsgeschichte der Information und Mitwirkung des Deutschen Bundestages in bezug auf die Rechtsgrundlage, den Umfang und die künftige Entwicklung der Stationierungskosten als eine einzige Kette zum Teil unklarer, zum Teil falscher Behauptungen und in bezug auf den deutlich sichtbaren Mangel an Respekt vor dem Parlament als eine Herausforderung des Deutschen Bundestags. Der Bundestag hat einen Anspruch darauf, zu wissen, was geplant war und was geplant ist. Selbst seine Ausschüsse erhielten z. B. zu der Frage über die Präsenzstärke der Stationierungseinheiten in einem Fall überhaupt keine, in einem anderen Fall eine ausweichende Antwort von der Bundesregierung.
Die Bundesregierung hat bis zur Stunde auch keine klare Antwort auf die im Haushaltsausschuß gestellte Frage gegeben, welcher Art die über den Stationierungsbeitrag von 1455 Millionen DM etwa hinausgehenden Leistungen der Bundesrepublik Deutschland sind. Sie hat auch bezüglich der Frage nach weiteren Leistungen im Rechnungsjahr 1957 keine Auskunft gegeben, sondern im Verteidigungsausschuß durch das Auswärtige Amt erklären lassen, es sei nicht tunlich, jetzt darüber zu sprechen.
Unter diesen Umständen ist die sozialdemokratische Bundestagsfraktion nicht in der Lage, dem Dritten Nachtragshaushalt zuzustimmen. Sie ist nicht in der Lage, das blinde Vertrauen der Koalition in angebliche politische Notwendigkeiten zu teilen. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion kann auch in dieser Frage der Regierungspolitik kein Vertrauen entgegenbringen. Sie erinnert an die vielleicht noch im Bewußtsein des Hauses lebenden Bemerkungen der Abgeordneten Bausch, Dr. Gerstenmaier und Dr. Wuermeling in der 242. Sitzung des 1. Deutschen Bundestags vom 5. Februar 1952. Damals haben die genannten Herren den Eindruck zu erwecken versucht, daß die
Mächte — wie sich Herr Bausch damals ausdrückte — ihre gesamten Stationierungskosten selbst zu bezahlen hätten. Es ist nicht so gekommen, sondern die Befürchtungen der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion wegen der Auswirkungen einer unklaren Regierungspolitik und unklarer Verträge haben sich bewahrheitet. Die Verantwortung dafür tragen die Bundesregierung und die Parteien der Regierungskoalition.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Blank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der Fraktionen der Regierungskoalition CDU/CSU, DP, FVP habe ich folgende Erklärung abzugeben:
Die Bundesrepublik konnte sich den Verhandlungen über die Zahlung von Stationierungskosten für die Zeit vom 6. Mai 1955 bis zum 5. Mai 1956 nach Artikel 4 Abs. 4 des Finanzvertrags nicht entziehen.
— Deshalb konnte sie sich nicht entziehen. Das hatte ich gesagt, Herr Professor. — Hierbei wurde der sehr hohe Betrag von 1 455 633 000 DM als Beitrag für den Unterhalt der im Bundesgebiet stationierten nichtdeutschen Streitkräfte aufgewendet. Die Höhe dieses Betrags ist zu bedauern, wenn man auch Verständnis dafür haben muß, daß unsere Verbündeten, solange sie den effektiven Schutz unseres Landes ihrerseits gewährleisten, einen teilweisen Ausgleich ihrer materiellen Aufwendungen erwarten können. Bei den finanziellen Belastungen der Bundesrepublik insbesondere durch die Kriegsfolgelasten stehen ihr aber nicht uneingeschränkt Geldmittel zur Verfügung, so daß Stationierungskosten nicht für längere Jahre zusätzlich zu den Mitteln für die Aufstellung und die Ausrüstung der Bundeswehr bereitgestellt werden können.
Die Koalitionsparteien haben sich gleichwohl nicht entschließen können, die Zustimmung zu dem Ansatz von 1,455 Milliarden DM zu verweigern. Sie geben aber der Erwartung Ausdruck, daß — vielleicht mit Ausnahme noch eines weiteren Betrags für gegenseitige Hilfe — die von der Bundesrepublik aufzubringenden Geldmittel für Verteidigungszwecke in Zukunft tatsächlich zum Aufbau der Bundeswehr verwandt werden. Aus den Erklärungen des Herrn Bundesministers für Verteidigung, die er in der letzten Zeit insbesondere im NATO-Rat abgegeben hat, geht hervor, daß die ersten deutschen Divisionen demnächst der NATO zur Verfügung gestellt werden und daß der weitere Aufbau der Bundeswehr fortschreitet. Bei dieser Sachlage wäre es nicht zu verantworten, den in vollem Gang befindlichen Aufbau der Bundeswehr durch die Abzweigung weiterer erheblicher Beträge zu beeinträchtigen.
Herr Abgeordneter Feller.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der Fraktion des Gesamtdeutschen Blocks/BHE habe ich die Erklärung abzugeben, daß sie sich nicht in der Lage sieht, dem vor-
liegenden Entwurf eines Vierten — bzw. nach dem Vorschlag des Haushaltsausschusses eines Dritten — Nachtrags zum Haushalt 1956 zuzustimmen. Wir bringen damit zunächst unsere Einwände gegen das Verfahren zum Ausdruck, das von der Bundesregierung bei der Führung der einschlägigen Verhandlungen mit den verschiedenen Mächten ohne Information oder Befragung des Parlaments angewendet wurde. Die dabei gegenüber der Legislative begangenen Unterlassungen werden auch dadurch nicht geheilt, daß uns die Bundesregierung inzwischen eine Zusammenstellung der getroffenen Vereinbarungen und des damit verbundenen Schriftwechsels vorgelegt hat; denn auch ,diese Zusammenstellung hat nur die Bedeutung eine post-festum-Information nach vollzogenen und nicht mehr zu ändernden Tatsachen. Wir sind nicht bereit, diese zu sanktionieren, um so weniger als es sich dabei nicht um die Erfüllung rechtlicher Verpflichtungen, sondern um freiwillig von der Bundesregierung übernommene Leistungen handelt, die insgesamt weit über das hinausgehen, was als Überhangverpflichtung aus der Zeit vor dem 5. Mai 1956 noch bestand oder nach § 4 Abs. 4 des Finanzvertrages im Zuge von Verhandlungen noch zu vereinbaren unumgänglich notwendig gewesen wäre. Wir meinen auch, daß sowohl die Veränderungen, 'die sich in der effektiven Stärke der Stationierungstruppen vollzogen haben, als auch die Absicht zu ihrer Veränderung, die von den beteiligten Mächten der letzten Zeit zum Ausdruck gebracht wurde, eine Zahlung in dem vorgesehenen Umfang politisch nicht mehr rechtfertigen.
Es besteht zu der vorgesehenen Übertragung von 1,455 Milliarden aus dem Verteidigungshaushalt in den Verteidigungslastenhaushalt auch unter dem Gesichtspunkt keine Veranlassung, daß der Aufbau der Bundeswehr nicht die volle Verwendung der im Haushalt vorgesehenen Beträge im laufenden Haushaltsjahr erfordert hat. Denn wenn auch die Aufstellung der Bundeswehr hinter den Planzahlen zurückgeblieben ist, werden doch die inzwischen eingetretenen und von der Bundesregierung vorgesehenen Notwendigkeiten der Umrüstung in den kommenden Haushaltsjahren erhebliche Mehraufwendungen gegenüber den hier früher einmal genannten Zahlen erfordern. Es kommt hinzu, daß die bisher völlig vernachlässigten Aufgaben der Heimatverteidigung, insbesondere des Luftschutzes, gebieterisch nach Mitteln verlangen, deren bisher völlig unzureichende Bereitstellung eine Fortsetzung der Politik, wie sie die Bundesregierung hinsichtlich der Stationierungskosten bisher für angebracht gehalten hat, im eigenen Lebensinteresse unseres Volkes verbietet. Meine Fraktion wird sich daher bei der Abstimmung über den Nachtragshaushalt der Stimme enthalten.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. — Wir kommen zur Abstimmung.
Zunächst eine formelle Änderung, die der Ausschuß beantragt hat und die ich in der dritten Lesung nachhole. Der Ausschuß hat beantragt, die Überschrift zu ändern und nicht zu sagen „Vierter Nachtrag", sondern „Dritter Nachtrag". Wer dieser Änderung zustimmen will, den butte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Angenommen.
Nun zum Gesetz im ganzen! Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das Gesetz ist in dritter Lesung angenommen.
Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Regelung von Fragen, welche die Aufsichtsräte der in der Bundesrepublik Deutschland zum Betrieb von Grenzkraftwerken am Rhein errichteten Aktiengesellschaften betreffen ;
Schriftlicher Bericht 'des Ausschusses für Arbeit (Drucksache 3182).
Ich frage die Frau Berichterstatterin, ob sie das Wort zur Berichterstattung wünscht. — Frau Abgeordnete Döhring als Berichterstatterin!
Frau Döhring , Berichterstatterin: Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Ich möchte auf den Schriftlichen Bericht*) verweisen. Ich habe ihm mündlich nichts hinzuzufügen.
Ich danke vielmals.
In zweiter Lesung rufe ich den Art. 1 auf. Kein Änderungsantrag. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Angenommen.
Es liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD — Umdruck 964 **) — auf Einfügung eines Art. 1 a vor. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? — Bitte sehr, Herr Abgeordneter!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Aussprache zur ersten Lesung des vorliegenden Gesetzes ist ausführlich darüber debattiert warden, ob sich aus früher mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft geschlossenen Verträgen für die Bundesrepublik die zwingende völkerrechtliche Verpflichtung ergibt, die Grenzkraftwerke am Rhein aus dem Anwendungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes herauszunehmen. Bundesregierung und Regierungskoalition haben dies bejaht. Die SPD-Fraktion ist nach Prüfung der Unterlagen zu der Auffassung gekommen, daß eine solche Verpflichtung nicht besteht.
Wir haben uns aber aus der ,damaligen Diskussion und aus den Ausschußberatungen angemerkt, daß sowohl die Bundesregierung als ,auch die Koalitionsparteien der Meinung sind, daß es sich bei den Grenzkraftwerken am Rhein um eine einmalige Sondersituation handelt und daß diese Sondersituation — nach Auffassung der Regierungskoalition — auf den völkerrechtlichen Bindungen basiert.
Wenn das der Fall ist, sollte man in dem Ratifikationsgesetz auch auf diese Verträge Bezug nehmen, um jeden Zweifel von vornherein auszuschalten. Wir schlagen Ihnen deshalb vor, folgenden Artikel 1 a in das Gesetz aufzunehmen:
*) Siehe Anlage 2. **) Siehe Anlage 3.
Der Vertrag gründet sich auf
a) den Vertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Großherzogtum Baden vom 28. September 1867,
b) den Vertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Großherzogtum Baden vom 10. Mai 1879,
c) den Vertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Großherzogtum Baden vom 20. Dezember 1890,
d) den Vertrag der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Deutschen Reich vom
— hier bitte ich Sie einen Druckfehler zu berücksichtigen —28. März 1929.
Diese Bestimmung soll lediglich der Klarstellung dienen, Sie ändert nichts am Inhalt des mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft geschlossenen Vertrags. Sie soll aber jede weitere Anwendungsmöglichkeit ausschalten.
Ich bitte Sie im Namen meiner Freunde, diesem Antrag zuzustimmen.
Herr Abgeordneter Sabel!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst Herrn Dr. Bleiß erwidern, daß wir nie von einer zwingenden Verpflichtung, sondern von der Zweckmäßigkeit einer solchen Regelung gesprochen haben. Wir haben gesagt, daß wir es auf Grund der Situation — sie ist im Ausschuß eingehend erörtert worden — für zweckmäßig halten, dem Vertrag die Zustimmung zu geben.
Dem von Herrn Dr. Bleiß begründeten Änderungsantrag bitte ich nicht zuzustimmen. Wir halten diese Änderung weder für nötig noch für üblich. Es ist nicht üblich, in einem Ratifikationsgesetz derartige Materialien aufzuführen.
Nun sagt Herr Dr. Bleiß, mit der beantragten Einfügung solle klargestellt werden, daß es sich hier wirklich nur um eine Ausnahme handele. Ich stimme ihm darin zu, daß es selbstverständlich eine Ausnahme ist. Wir haben ,das auch im Ausschuß klar und deutlich ausgesprochen; das geht aus den Ausschußprotokollen hervor. Ich möchte deutlich sagen: auch uns ist es an sich nicht gerade sympathisch, wenn man ein bestehendes Gesetz für einen — wenn auch nur sehr begrenzten — Kreis ignoriert. Es ist vielleicht notwendig, die Damen und Herren noch einmal darauf aufmerksam zu machen, daß diese von der Regierung vorgeschlagene und vom Ausschuß akzeptierte Änderung des Betriebverfassungsgesetzes auf Wünsche zurückgeht, die von der Schweiz geäußert worden sind. Die Schweiz hat aber im anderen Fall auch uns gegenüber Entgegenkommen bezüglich der rechtlichen Stellung der Grenzkraftwerke gezeigt, die auf der Schweizer Seite liegen.
Man sagt nun: um den weiteren Ausbau der Grenzkraftwerke am Oberrhein nicht zu gefährden und insbesondere auch um der Finanzierung dieser Vorhaben willen wollen wir diese Konzession machen. Deswegen ist uns das ,auch leichter gefallen. Es handelt sich insgesamt um knapp 300 Beschäftigte, von denen etwa 30 Schweizer sind. Der Personenkreis der Betroffenen ist also nicht groß.
Ich darf darauf hinweisen, daß in dem Gesetz eine Vertretung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat bei Betrieben bis 150 Arbeitnehmern durch zwei Vertreter, bei Betrieben mit über 150 Arbeitnehmern durch drei Vertreter sichergestellt ist. Die Arbeitnehmervertreter werden genauso wie die anderen Aufsichtsratsmitglieder behandelt, haben allerdings kein Stimmrecht; da liegt die Zurücksetzung gegenüber dem allgemeinen Betriebsverfassungsgesetz. Obschon auch wir das Ganze nicht für schön halten, meinen wir, daß es vertretbar ist. Ich darf noch darauf hinweisen, daß sich die zuständige Landesregierung, Baden-Württemberg, aus den von mir dargelegten Gründen ebenfalls für die Annahme ausgesprochen hat.
Ich möchte also empfehlen, dem Änderungsantrag nicht zuzustimmen und das Gesetz in der vorliegenden Fassung anzunehmen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir stimmen ab über den Änderungsantrag Umdruck 964*). Wer ihm zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit; der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Ich rufe dann Art. 2 auf. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Art. 2 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Angenommen.
Art. 3. Hier ist der Vorschlag des Ausschusses zu berücksichtigen. Ich bringe diesen Ausschußvorschlag zur Abstimmung. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Art. 3 zustimmen will, ,den bitte ich um ein Handzeichen.
— Gegenprobe! — Angenommen.
Art. 4, Einleitung und Überschrift. Wird das Wort gewünscht? — Es wird nicht gewünscht. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen.
— Gegenprobe! — Angenommen.
Dritte Lesung.
Allgemeine Aussprache! — Herr Abgeordneter Bleiß!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der sozialdemokratischen Fraktion gebe ich zur dritten Lesung des zur Beratung anstehenden Gesetzes folgende Erklärung ab.
Die Bundesregierung hat den von ihr am 6. Dezember 1955 mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft geschlossenen Vertrag über die Regelung von Fragen, „welche die Aufsichtsräte der in der Bundesrepublik Deutschland zum Betrieb von Grenzkraftwerken am Rhein errichteten Aktiengesellschaften betreffen", damit begründet, daß diese Grenzkraftwerke einen besonderen internationalen Status hätten und daß die Anwendbarkeit des Betriebsverfassungsgesetzes auf die Grenzkraftwerke mit Rücksicht auf die gutnachbarlichen Beziehungen ausgeschlossen werden müsse. In der gleichen Begründung mußte die Bundesregierung zugeben, daß völkerrechtliche Bindungen der Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes nicht
entgegenstehen. Ohne zwingenden Grund hat die Bundesregierung auf Souveränitätsrechte verzichtet.
*) Siehe Anlage 3.
Mit dem Abschluß des Vertrages werden die Belegschaften von drei Betrieben von der Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes ausgeschlossen werden. Die SPD-Fraktion erblickt in diesem Vorgehen einen Verstoß der Bundesregierung gegen das in Art. 3 des Grundgesetzes verankerte Prinzip der Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz.
Die in dem Vertrag angebotene Ersatzlösung des Mitspracherechts ist völlig unzureichend. Mitsprache ist keine Mitbestimmung. Die Möglichkeit, den Erfordernissen des Betriebsverfassungsgesetzes dadurch Rechnung zu tragen, an Stelle einiger deutscher Anteilseigner Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat zu entsenden, wurde von der Bundesregierung abgelehnt mit dem Hinweis, daß sich dadurch der deutsche Einfluß vermindern würde. Die SPD-Fraktion erblickt in dieser Feststellung eine ebenso harte wie ungerechte Beurteilung der deutschen Arbeitnehmerschaft. Sie ist der Überzeugung, daß deutsche Arbeitnehmervertreter zumindest mit der gleichen Intensität die deutschen Interessen zu wahren wissen, wie es die Bundesregierung bei den deutschen Anteilseignern voraussetzt.
Die SPD-Fraktion bejaht ausdrücklich die Unterhaltung gutnachbarlicher Beziehungen zur Schweizerischen Eidgenossenschaft. Sie ist der Überzeugung, daß der Vertrag vom 6. Dezember 1955 durch eine innerdeutsche Regelung hätte vermieden werden können. Die SPD-Fraktion erblickt in dem Vertrag eine ohne zwingenden Grund vorgenommene Beeinträchtigung deutscher Arbeitnehmerinteressen. Sie wird aus diesem Grunde den Vertrag ablehnen.
Ehe ich dem Herrn Abgeordneten Sabel das Wort gebe, mache ich das Haus darauf aufmerksam, daß hier ein sinnentstellender Druckfehler ist. Auf Seite 2 steht in § 1 unter Artikel 2 der Satz:
An den Sitzungen der Ausschüsse des Aufsichtsrates können die Arbeitnehmervertreter teilnehmen, wenn der Vorsitzer des Aufsichtsrates etwas anderes bestimmt.
Da muß natürlich das Wort „nicht" hinein. Es muß heißen:
... wenn nicht der Vorsitzer dies Aufsichtsrates etwas anderes bestimmt.
Herr Abgeordneter Sabel, bitte sehr!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur Erklärung des Kollegen Bleiß nur eine Bemerkung. Bei den Beratungen ist nie, auch nicht von den Regierungsvertretern, irgend etwas zum Ausdruck gebracht worden, was auf eine Diskriminierung der deutschen Arbeitnehmer schließen läßt. Es ist von keiner Seite irgend etwas gesagt worden, was auch nur so ausgelegt werden könnte, daß man den deutschen Arbeitnehmer für unzuverlässiger hält als den Anteilseigner. Ich darf noch einmal darauf hinweisen, daß es nur Zweckmäßigkeitserwägungen waren, die zu dieser Regelung geführt haben. Ich habe soeben schon gesagt, wie die tatsächliche Situation ist, welcher Personenkreis von dieser Einschränkung betroffen wird, d. h. daß wohl eine entsprechende Vertretung beim Aufsichtsrat gegeben ist, diese Vertreter das volle Stimmrecht aber nicht haben.
Keine weiteren Wortmeldungen.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz mit der Berichtigung in Art. 2 § 1, die ich vorgetragen habe, zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das Gesetz ist angenommen.
Punkt 5 der Tagesordnung:
,a) Erste Beratung des von der Fraktion der .SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung eines Deutschen Forschungsrates ;
b) Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Kulturpolitik über den Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Nachwuchsmangel in technischen und naturwissenschaftlichen Berufen (Drucksachen 3105, 2330, Umdruck 614).
Meine Damen und Herren, ich schlage Ihnen vor, daß wir zunächst ,die Begründung zu a, dann den Bericht des Ausschusses hören und darauf in die gemeinsame Aussprache eintreten.
Das Wort zur Begründung hat Herr Abgeordneter Mellies.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der Debatte zu Punkt 5 der Tagesordnung beginnt der Deutsche Bundestag die Auseinandersetzung über eine Sache, die für die Zukunft unseres Volkes von entscheidender Bedeutung ist. Diese Debatte wird sicher nicht von der Leidenschaft getragen sein wie manche andere Auseinandersetzung in diesem Hause. Aber die Beschlüsse, die das Parlament nach der Beratung zu fassen haben wird, werden von größerer Bedeutung sein als manche Beschlüsse, die nach heftigen Auseinandersetzungen hier gefaßt 'wurden.
In unserer Zeit hat man sich leider sehr daran gewöhnt, in Superlativen zu reden. Bei Auseinandersetzungen, vor allen Dingen draußen im Lande, aber auch hier im Hause, wird oft auch das Wort von der „geschichtlichen Stunde", in der wir stehen, gebraucht. Die Geschichtswissenschaft stellt später oft fest, daß solche „geschichtlichen Stunden" nur kleine Episoden waren. Aber sie stellt gleichzeitig oft fest, daß wirkliche geschichtliche Stunden da waren, wenn man von den Ereignissen nicht viel Aufhebens machte.
In diesem Sinne — und darum habe ich diese Bemerkungen vorausgeschickt — ist die Auseinandersetzung über unser Thema wirklich eine geschichtliche Stunde. Was in diesem Augenblick auf dem Gebiete, das hier zur Debatte steht, versäumt wird, ist nur sehr schwer und unter großen Opfern wieder einzuholen. Es besteht sogar die Gefahr, daß keine Möglichkeit mehr gegeben ist, den Schaden, der durch solche Versäumnisse angerichtet würde, wiedergutzumachen. Nun kann kein Zweifel darüber bestehen, daß die moderne Wirtschaft ,außerordentlich abhängig ist von den Forschungsergebnissen in Wissenschaft und Technik. Wir wissen alle, daß Deutschland mehrere Jahre hindurch von der wissenschaftlichen Arbeit auf einigen Gebieten fast ausgeschlossen war. Durch die national-
sozialistische Barbarei verlor unser Volk einen Teil seiner besten Wissenschaftler.
Die immer weiter fortschreitende Isolierung der Wissenschaften von der Welt, die dann während des zweiten Weltkriegs fast vollständig wurde, mußte verhängnisvolle Konsequenzen haben.
Nach dem Krieg war die Wiederaufnahme der wissenschaftlichen Arbeit, vor allem auf dem Gebiete der Atomforschung, durch die Verbote der Besatzungsmächte behindert. Dazu kamen in den ersten Nachkriegsjahren die großen materiellen und personellen Schwierigkeiten.
Es kann aber auch kein Zweifel darüber bestehen, daß die Summen, die in Wissenschaft, Forschung und Lehre investiert werden, auf die Dauer gesehen einen größeren Erfolg als jede andere Investition bringen. Sicher sind vielen von Ihnen die amerikanischen Untersuchungen bekannt, die bewiesen haben, daß sich der Aufwand für die Forschung in relativ kurzer Zeit mit dem zehnfachen Betrag im jährlichen Sozialprodukt niederschlägt. Deshalb müssen auch bei uns Mittel und Wege gefunden werden, im Interesse der Entwicklung unserer volkswirtschaftlichen Leistungsfähigkeit die Investitionen gerade auf diesem Gebiete erheblich zu verstärken.
Es kann drittens auch keinen Zweifel darüber geben, daß das notwendige Wachstum der Wirtschaft und damit die Höhe des künftigen Lebensstandards unseres Volkes in starkem Maße von dem abhängt, was wir heute in Wissenschaft, Forschung und Lehre aller Disziplinen investieren.
Bei sachlicher Beurteilung wird es auch nicht zweifelhaft sein, daß man beim Wiederaufbau in Deutschland eigentlich an diesen dringenden Aufgaben, der Wissenschaft und Forschung zu helfen, und sie — gestatten Sie mir diese Formulierung — höher zu bauen, vorbeigegangen ist. Es ist hier vieles nachzuholen, und es ist höchste Zeit, daß es nachgeholt wird.
Mit den wenigen vorhandenen Wissenschaftlern allein ist es nicht getan. Der Kampf um die Absatzmärkte und der Kampf um den Lebensstandard ist zu einem Kampf der Hörsäle und der Laboratorien geworden. Die Vereinigten Staaten von Nordamerika und die Sowjetunion haben mit einem gewaltigen Einsatz von materiellen Mitteln die Heranbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses gefördert. In beiden Ländern werden jährlich Zehntausende von Hoch- und Fachschulingenieuren ausgebildet.
Die erste Lücke, die es in der Bundesrepublik zu schließen gilt, ist die des wissenschaftlichen Nachwuchses. Förderung dieses Nachwuchses bedeutet aber nicht nur die Erleichterung des Studiums derjenigen, die bereits diese Laufbahn eingeschlagen haben. Die Kapazität unserer wissenschaftlichen und unserer Forschungsinstitute reicht für die heutigen Aufgaben einfach nicht mehr aus. Wir brauchen mehr Plätze, die der Forschung und der Lehre dienen. Wir müssen erreichen, daß bei größerer Studentenzahl auf jeden Lehrer eine geringere Zahl von Studenten entfällt. Nur so kann eine möglichst gründliche Ausbildung gesichert werden. Deshalb müssen die vorhandenen Institute ausgebaut, und die Zahl der Institute muß vermehrt werden. Wir können es uns einfach nicht mehr leisten, wertvolle Begabungen ungenutzt zu lassen.
Die Methoden der Begabtenförderung bedürfen dringend der Verbesserung. Leider ist die Auslese für die akademische Laufbahn heute noch teilweise weitgehend vom Vermögen des Elternhauses bestimmt. Die Änderung dieses Zustandes ist sicher in erster Linie eine Forderung der sozialen Gerechtigkeit, sie ist aber auch eine Frage der Ausnutzung aller in unserem Volk vorhandenen Kräfte. Dabei geht es nicht nur darum — ich möchte hier nicht mißverstanden werden —, Spezialisten heranzubilden. Wir wissen, daß eine allzu einseitige Ausbildung zur Verkümmerung der Menschen und damit auch zu erheblichen Schäden in unserem gesellschaftlichen Zusammenleben führen muß. Auch die Techniker und Naturwissenschaftler müssen die geistigen Zusammenhänge unseres gesamten kulturellen und gesellschaftlichen Lebens kennen und Mitträger der besten Tradition unseres kulturellen Lebens sein. Für jede Form der beruflichen Ausbildung gilt der Satz, daß wir nicht Spezialisten züchten, sondern Menschen bilden wollen.
Es hat sich herausgestellt, daß in zahllosen Fällen wertvolle Kräfte, die gerade für die Lehraufgabe besonders geeignet waren, verlorengingen, weil die Industrie oder auch das Ausland bessere Arbeits- und Lebensmöglichkeiten bieten konnten. Wenn unsere Ausbildung auf der Höhe der Zeit bleiben will, muß auch für den Lehrberuf die notwendige Anziehungskraft geschaffen werden.
Was die sozialdemokratische Bundestagsfraktion dem Parlament an Anträgen vorgelegt hat und in den nächsten Wochen bei den Haushaltsplanberatungen noch vorlegen wird, ist das Ergebnis einer sehr eingehenden Überlegung und sehr eingehender Diskussion. Auf unserem Parteitag im Juli 1956 in München sind diese Probleme diskutiert worden. Anschließend sind in kleinerem Gremium die praktischen Vorschläge erarbeitet worden. Das Echo in der Öffentlichkeit war interessant und kennzeichnend. An den Universitäten und an allen Schulen atmete man auf und begrüßte lebhaft die Tatsache, daß hier eine große politische Partei sich diesen für die Zukunft so entscheidenden Aufgaben mit solchem Ernst widmete. Aus dem Regierungslager und von den Regierungsparteien kamen allerdings Äußerungen, die zeigten, daß man sich dort offenbar mit diesen Fragen kaum beschäftigt hat.
Das betrüblichste Kapitel war wohl der Brief, den der Herr Bundesinnenminister unter dem 15. Dezember vorigen Jahres an den Herrn Präsidenten dieses Hohen Hauses gerichtet hat. Nun, wir wissen ja aus einigen Erfahrungen, daß eine der hervorragendsten Eigenschaften unseres Innenministers seine Überzeugung ist, daß in seinem Ressort alles so vorbildlich sei. Wir erinnern uns noch an sein Wort, das die ganze Überheblichkeit kennzeichnet, als er in der Debatte über die Verwaltungsvereinfachung hier vor diesem Hause feststellte:
Ich kann aus der Kenntnis meines Haushalts, der ja keiner der kleinsten im Rahmen der Bundesregierung ist, nur sagen, daß ich die Überzeugung habe, daß hier nicht ein Pfennig unnütz oder zuviel ausgegeben wird.
Meine Damen und Herren, in einer guten parlamentarischen Demokratie wäre ein solch überhebliches Wort eines Innenministers wahrscheinlich gleichzeitig das Ende seiner Ministerlaufbahn gewesen.
Der Brief vom 15. Dezember vorigen Jahres ist von genau demselben Geist getragen. Es kennzeichnet auch weiter die Methoden des Herrn Innenministers, daß er darin den Versuch macht, die sozialdemokratischen Forderungen indirekt als kommunistische Anfälligkeit darzustellen. Man hätte von dem Herrn Innenminister aus der Verantwortung seines Amtes heraus doch wohl erwarten müssen, daß er sich Gedanken darüber machte, welche Auswirkungen, auf die Zukunft gesehen, die Tatsache haben wird, daß in der Sowjetunion auf eine Million Einwohner fünfmal soviel Ingenieurstudenten kommen als auf eine Million Einwohner in der Bundesrepublik.
Inzwischen ist man auch im Lager der Regierungsparteien zu einiger Besinnung gekommen. Offenbar hat man mindestens erkannt, daß die zuerst eingenommene Haltung die Wahlsituation für die CDU nicht gerade begünstigte. Man ist deshalb bemüht, den Schaden, den der Herr Innenminister angerichtet hat, dadurch wiedergutzumachen, daß man offenbar nun doch bereit ist, einiges zu tun.
Der Herr Bundeskanzler hat vor einigen Tagen die Summe von 100 Millionen DM genannt, die im Haushaltsplan zur Verfügung gestellt werden sollte. Aber offenbar sind auch dort noch keine Vorstellungen darüber vorhanden, wie diese Summe für die einzelnen Aufgaben eingesetzt werden soll.
— Sie haben nachher die Möglichkeit, es hier zu sagen. Bisher haben Sie es jedenfalls nicht gesagt. Der Herr Bundeskanzler hat, als er danach gefragt wurde, geschwiegen. Das ist auch Ihnen bekannt.
Als meine Freunde gestern die Vorschläge, die wir zum Haushaltsplan haben, der Öffentlichkeit übergaben, bezeichnete die CDU-Bundestagsfraktion diese Vorschläge nachher als unrealisierbar. Darüber werden wir uns ja in den Ausschüssen noch sehr ausgiebig zu unterhalten haben.
Gleichzeitig erklärt man, unsere Vorschläge ließen die Bedeutung der Länder für die Lösung dieser Fragen außer acht. Aber hier zeigt sich wieder, wie schlecht man sich über die sozialdemokratischen Vorschläge unterrichtet hat. Wir haben keinen Augenblick außer lacht gelassen, daß die Kulturhoheit nach unserem Grundgesetz bei den Ländern liegt. Deshalb soll die Lösung dieser Aufgaben ja auch durch ein Verwaltungsabkommen zwischen Bund und Ländern geregelt werden. Aber es ist doch unbestreitbar, daß bei der Größe der Aufgabe in erster Linie der Bund die erforderlichen Mittel zur Verfügung stellen muß. Es muß dann eben zwischen Bund und Ländern zu einer fruchtbaren Zusammenarbeit auf diesem Gebiet kommen. Die Diskussionen in einigen Länderparlamenten haben bereits den guten Willen der Länder gezeigt. Es wird nun die Aufgabe des Bundes sein, auch durch seinen guten Willen zu einer reibungslosen Zusammenarbeit beizutragen.
Meine Damen und Herren, es ist heute nicht möglich — und es ist auch nicht Aufgabe dieser Debatte —, einen umfassenden Überblick über alle Probleme zu geben, die sich aus der technischen Umwälzung unserer Zeit für unseren Staat und unsere gesellschaftliche Ordnung ergeben. Damit aber Parlament, Regierung und alle Stellen, die sich mit dieser Aufgabe zu beschäftigen haben, stets sachlich und vollständig über die Fragen unterrichtet werden, fordern wir in unserem Gesetzentwurf, der Ihnen vorliegt, die Errichtung eines
Deutschen Forschungsrates. Er soll die Aufgabe haben, unabhängig und unbeeinflußt die gesellschaftliche, wissenschaftliche, wirtschaftliche und technische Entwicklung zu beobachten. Erst wenn eine solche Institution geschaffen ist, können Parlamente und Regierungen im Bund und in den Ländern ihre Aufgaben auf diesem Gebiet voll erfüllen. Wir werden ja auch in diesem Hause noch manchesmal über diese Fragen zu sprechen haben; wir werden .uns darüber zu unterhalten haben, welche zweckmäßigen Lösungen im Einzelfall gefunden werden müssen.
Die Sozialdemokratische Partei .ist stolz darauf, daß seit ihrem Münchener Parteitag das Bewußtsein von der Dringlichkeit dieser Aufgaben weit über unsere Reihen hinaus in unserem ganzen Volke geweckt worden ist.
Die heutige Debatte ist nur ein erster Schritt auf dem Wege zur Lösung der Probleme. Meine Freunde Dr. Ratzel und Kahn-Ackermann werden anschließend zu einzelnen Vorschlägen noch besonders Stellung nehmen.
Ich darf zum Schluß nur noch einmal mit aller Eindringlichkeit darauf hinweisen, daß es sich hier um eine der entscheidendsten Fragen für die Zukunft unseres Volkes handelt. Wir werden diese Zukunft nur sichern, wenn wir entschlossen sind, unter großen Opfern alle Kräfte einzusetzen, die notwendig sind, unser Schulwesen so auszubauen und unsere Wissenschaft so zu fördern, daß wir den Anforderungen der Zukunft auch gewachsen sind.
Zur weiteren Begründung hat der Herr Abgeordnete Dr. Ratzel das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der große englische Mathematiker und Philosoph Bertrand Russell sieht in dem ständig steigenden Einfluß der Wissenschaft auf unser Leben eines der wesentlichsten Merkmale unserer Zeit. Er spricht geradezu von einem sich bildenden wissenschaftlichen Gemeinwesen, da die Wissenschaft in Verbindung mit der auf wissenschaftlicher Erkenntnis beruhenden Technik immer größeren Einfluß auf das Leben, die Wirtschaft und die politische Ordnung des Gemeinwesens nimmt.
Die Sozialdemokratie als eine .dem Fortschritt aufgeschlossene Partei, soweit dieser Fortschritt den Menschen dient, ist seit langer Zeit bemüht, Schlußfolgerungen für ihr politisches Tun aus dieser Entwicklung zu ziehen. Sie hat hier in diesem Hause am 7. Juni 1956 in zwei Großen Anfragen die Dinge zur Sprache gebracht. Sie hat das gleiche in verschiedenen Länderparlamenten getan. Besondere Impulse gingen jedoch von ihrem Parteitag in München aus, und wir können, glaube ich, erfreut darüber sein, welchen Widerhall dies gefunden hat. Bei der sozialdemokratischen Parlamentarierkonferenz in Düsseldorf wurden die Forderungen von München konkretisiert. In Düsseldorf forderte die SPD bekanntlich einmal die Errichtung eines deutschen Forschungsrates, der sich mit den Problemen der zweiten industriellen Revolution, insbesondere mit denen der Atomtechnik und der Automatisierung, befassen soll. Weiterhin forderte sie besondere zusätzliche Mittel im Bundeshaushalt für den
Ausbau unserer Forschungseinrichtungen und für die Forschung und Lehre überhaupt. Schließlich forderte die SPD in Düsseldorf eine bedeutende Erhöhung der Erziehungsbeihilfen für unsere Studierenden an sämtlichen Hoch- und Ingenieurschulen, und zwar durch Mittel im Bundeshaushalt.
Daß die Bundesregierung und die sie tragenden Parteien auf diese sozialdemokratische Initiative reagiert haben, war zu erwarten. Wir können, glaube ich, feststellen, daß sich diese Reaktion der Bundesregierung in drei Etappen gliedern läßt. Der Herr Bundesinnenminister hat am 15. Dezember in dem bereits erwähnten Brief an den Herrn Präsidenten des Deutschen Bundestages festgestellt, daß die kulturpolitischen Bemühungen in der Bundesrepublik einschließlich der für Forschung und Wissenschaft das erfreuliche Bild einer organischen Entwicklung bieten. Zweitens hat der Herr Bundesminister für Atomfragen Dr. Balke am 6. Februar im Bulletin der Bundesregierung einen Aufsatz veröffentlicht, in dem er nachzuweisen versucht, daß ,die zweite industrielle Revolution nicht stattfinde.
Drittens hat der Herr Bundeskanzler Dr. Adenauer auf Grund der Reaktion, die die sozialdemokratischen Forderungen in die Öffentlichkeit, insbesondere an den Hochschulen und bei den Studenten, gefunden haben, erklärt, daß die Bundesregierung im Haushalt 1957 etwa 100 Millionen DM für die Förderung der Forschung bereitstellen werde.
Gestatten Sie mir nun bitte einige wenige Ausführungen zum Grundsätzlichen. Herr Dr. Balke sieht in dem sich vollziehenden Prozeß keine Revolution. Nach ihm ist es eine Ingenieuraufgabe, die ebenso alt ist wie die Existenz des Menschen, daß menschliche Arbeitskraft immer weiter ersetzt oder ergänzt werden muß.
— Das ist die Antragsbegründung.
— Es sind keine Zeitungstexte. Sie können ja ruhig zuhören und es dann feststellen.
Ich sagte, Herr Dr. Balke sehe in dem sich vollziehenden Prozeß keine Revolution, sondern er sagte, daß es immer schon eine Ingenieuraufgabe gewesen sei, die menschliche Arbeitskraft durch maschinelle Vorrichtungen zu ergänzen, und den letzten Stand nenne man eben Automatisierung. Ich muß feststellen, daß das nicht richtig ist; denn die Ersetzung der menschlichen Arbeitskraft durch die von chemischer Energie gespeiste Maschine ist etwas, was erst vor 150 Jahren eingetreten ist, und das nennen wir eben die erste industrielle Revolution.
Ich darf aus dem Aufsatz des Herrn Ministers zwei Sätze zitieren, die im Zusammenhang mit unserem Antrag von Bedeutung sind. Der Herr Minister schreibt:
Was aber bedenklich ist an der Diskussion um die Automatisierung, ist der Versuch, den Menschen nun mit Gewalt einzureden, hier fände eine Revolution statt, die ihre gesamte Lebensgrundlage gefährdet....
Die größte Befürchtung der arbeitenden Menschen ist wohl die, daß diese Entwicklung zur immer stärker automatisierten Fertigung Massenarbeitslosigkeit hervorrufen kann.
Nun, außerhalb der Bundesrepublik ist man durchaus der Meinung, daß sich in unserer Zeit eine zweite industrielle Revolution vollzieht. Da die amerikanischen Stimmen häufig lieber gehört werden als die Stimme der Opposition, darf ich aus der „New York Times" vom Dezember 1954 zitieren. Dort heißt es:
Wir befinden uns jetzt in einer zweiten industriellen Revolution, die mit sensationeller Geschwindigkeit um sich greift. Ihre Wirkungen versprechen so tiefgehend zu werden wie die der ersten. Ihre Eigentümlichkeit liegt darin, Maschinen für die Steuerung und Kontrolle anderer Maschinen einzusetzen.
Die Amerikaner haben hier offensichtlich etwas andere Auffassungen als der Herr Bundesminister für Atomfragen. Was aber die Furcht der arbeitenden Menschen vor dieser Entwicklung betrifft, so kann ich doch wohl behaupten, daß sie begründet ist. Den Optimismus des Bundesministers in allen Ehren, aber es gibt doch viele arbeitende Menschen, die noch eigene Erinnerungen an die Zeit der Rationalisierung in den 20er Jahren haben,
als Millionen von Menschen arbeits- und, was noch schlimmer war, hoffnungslos wurden. Wir dürfen die Auswirkungen dieser Zeit nicht vergessen und sollten uns bemühen, die Mittel zu finden, die nötig sind, um den Problemen, die jetzt wieder auf uns zukommen, zu begegnen.
Wir Sozialdemokraten wissen sehr wohl, daß wir uns dieser wissenschaftlichen und technischen Entwicklung nicht entziehen können und uns ihr im Interesse unseres Volkes nicht entziehen dürfen. Aber wir sind der Meinung, daß alles getan werden muß, um die zweite industrielle Revolution nicht zu einem neuen Leidensweg für die arbeitenden Menschen werden zu lassen. Wir können nicht umhin, der Bundesregierung den Vorwurf zu machen, daß sie sich mit den sich aus dieser Entwicklung ergebenden Problemen ungenügend oder überhaupt nicht beschäftigt. Während man in Amerika Hearings zu diesen Fragen veranstaltet, während in England ein Department of scientific and industrial Research gebildet worden ist, das über die Probleme der Automatisierung einen ausführlichen Bericht herausgegeben hat, wird diesen Dingen bei uns von der Regierung zuwenig Aufmerksamkeit gewidmet. Wir Sozialdemokraten meinen, daß wir an der neuen Entwicklung der Wissenschaft und der Wirtschaft teilnehmen müssen, wenn wir in Zukunft auf den Weltmärkten konkurrenzfähig bleiben wollen. Dann aber ist es höchste Zeit, daß etwas Entscheidendes geschieht, um hierfür die Voraussetzungen zu schaffen. Dazu gehört in erster Linie eine Erhöhung unserer Leistungen für die Forschung und für die Förderung unseres wissenschaftlichen und sonstigen Nachwuchses.
Über die Lage unseres Bildungs- und Schulwesens allgemein, über die von Wissenschaft und Forschung sowie über die Fragen des naturwissenschaftlichen und technischen Nachwuchses haben wir in der 148. Sitzung dieses Hauses bereits eingehend gesprochen. Der Herr Bundesinnenminister hat damals darauf hingewiesen, daß die Bundes-
regierung die Notlage auf diesem Gebiet zwar sehe, daß aber die Kompetenzen der Bundesregierung hier äußerst gering seien. Wir haben Ähnliches vor einigen Tagen im Bulletin gelesen, als von einer Streikdrohung der Studentenberichtet wurde. Ich möchte hierzu feststellen, daß wir dieses Argument einfach nicht hinnehmen können. Erstens besitzt der Bund durchaus Zuständigkeiten in bezug auf die Forschung. Zweitens ist die Notlage auf den von mir umrissenen Gebieten zu einem erheblichen Teil eine Folge des Krieges, und es ist an der Zeit, daß diese Kriegsschäden beseitigt werden. Drittens sind wir der Meinung, daß nicht länger Kompetenzstreitigkeiten auf dem Rücken unserer Schulkinder und unserer studierenden Jugend ausgetragen werden dürfen. Viertens haben die Länder häufig genug erklärt, daß sie zu einem Verwaltungsabkommen mit dem Bund über Finanzierungsfragen bereit sind.
Eine etwas überraschende Note hat diese Diskussion durch den bereits zitierten Brief des Herrn Bundesinnenministers erhalten. Er schreibt darin, daß die jüngst in der Öffentlichkeit erhobenen Forderungen auf ein gesundes Maß zurückgeführt ,werden müßten, daß sich aber ,alles in allem eine stetig steigende und organische Entwicklung anzeige.
Man kann mit Zahlen bekanntlich trefflich streiten. Es hat aber nur dann einen Sinn, sich über Zahlen auseinanderzusetzen, wenn man diese Zahlen in Beziehung zu den tatsächlichen Gegebenheiten bringt. Wenn wir die Förderung von Wissenschaft und Forschung betrachten, dann müssen wir einmal feststellen, daß in dem ganzen Zeitraum vom Beginn des ersten Weltkrieges bis etwa in :das Jahr 1948 nur in ganz wenigen Jahren normal investiert worden ist. Wir müssen weiterhin beachten, daß nach 1945 8,5 Millionen Heimatvertriebene in die Bundesrepublik gekommen sind, die ihre Schulen, ihre wissenschaftlichen Einrichtungen nicht mitgebracht haben. Wir müssen ferner bedenken, daß durch den Bombenkrieg unsere Universitäten und Hochschulen in einem unvorstellbaren Ausmaß zerstört worden sind. Schließlich dürfen wir auch nicht vergessen, daß unsere Wissenschaft durch Emigration, durch Abwerbungen nach diesem Krieg einen schweren Aderlaß erlitten hat.
Aus den Zahlenangaben, die der Herr Minister
zur Verfügung stellt, kann man entnehmen, daß 1928 mindestens der gleiche Anteil des Bruttosozialproduktes für die genannten Zwecke aufgebracht wurde wie 1954. Aber 1954 wurde ,ein großer Teil dieser Ausgaben für Zwecke des Wiederaufbaues und zur Befriedigung ides Nachholbedarfs ausgegeben. Ich möchte deshalb an den Herrn Bundesinnenminister die Fragestellen: Wie groß war 1954 der Anteil der Aufwendungen für den Wiederaufbau und für den Nachholbedarf? Erst wenn wir diese Zahlen kennen, können wir uns ein Bild machen, was für die Entwicklung tatsächlich getan worden ist.
Nun, darüber, wie schlecht die Situation der Forschung und der Wissenschaft in der Bundesrepublik ist, können wir ja beinahe tagtäglich Stimmen und Äußerungen von Professoren und von Studenten und anderen Leuten, die im Bilde sind, hören. Ich erinnere an eine Äußerung des Rektors der Göttinger Universität, der gesagt hat: „Wir haben keine Klagen über Mangel an Ansehen in der Welt; doch wenn wir nicht ewig von unserem alten Ruhm leben wollen, muß bald etwas auf diesem Gebiet geschehen, damit wir wieder den Anschluß finden, nachdem wir jahrelang an der Spitze der internationalen Forschung marschierten. Die Verhältnisse, wie sie jetzt bei uns herrschen, sind mehr als kläglich." Wir haben etwas über die trostlosen Zustände an der Technischen Hochschule in Braunschweig gehört. Ich möchte über diese Dinge nichts weiter ausführen; sie sind zu bekannt.
Aber eine Feststellung halte ich doch für wichtig: Die Situation unserer studierenden Jugend ist heute schlechter, als sie je war. Wir haben im Regierungsbulletin vom 25. Januar dieses Jahres Verlautbarungen eines der Sprecher des Deutschen Studentenwerks gelesen. in diesen Äußerungen heißt es:
Die häufig vertretene Ansicht, daß auch die Studenten — oder wenigstens ihre Eltern — in irgendeiner Form an dem allgemeinen wirtschaftlichen Aufstieg teilgenommen hätten, lasse sich auf Grund der sehr sorgfältig ermittelten statistischen Ergebnisse nicht beweisen.
Weiter heißt es:
Es sei falsch und mit der Verantwortung für die kommenden Führungsschichten in Politik und Wissenschaft, in Wirtschaft und Kultur unvereinbar, wenn man den Studenten nur den Betrag des sogenannten Existenzminimums zugestehen wolle.
Weiter wird betont, daß die Anstrengungen durch Nebenarbeit, durch Ferienarbeit usw. auf Kosten der Ausbildung und sehr häufig ,auch auf Kosten der Gesundheit gehen.
Wenn man diese Dinge im Bulletin der Regierung liest und sie mit der Äußerung des Herrn Bundesinnenministers vergleicht — der in seinem Brief schreibt: „Stipendienmittel in dieser Höhe haben in keinem Land des freien Europas ihr Gegenstück, sondern nur dort, wo statt der Förderung des Begabtennachwuchses andere Ziele der staatlichen Kulturpolitik ihr Gepräge geben" —, dann möchte ich beinahe mit meinem Freund Herbert Wehner sagen: Einen solchen Satz muß man sich auf der Zunge zergehen lassen. Es tut mir leid, feststellen zu müssen, daß dieser Satz ein seltenes Maß von Unkenntnis und Unvermögen aufweist, die Notlage unserer studierenden Jugend und die Erfordernisse der Zeit zu erkennen. Dazu kommt dann der Satz, der in der bewußten Absicht geschrieben ist, die Sozialdemokratische Partei zu diffamieren.
Wir können diesen Satz des Herrn Ministers nicht unwidersprochen hinnehmen. Ich möchte in aller Deutlichkeit sagen: Es wäre schlecht um die Demokratie bestellt, wenn sie der deutschen Jugend nur auf Idem Kasernenhof die Möglichkeit gäbe, sich frei und gleich zu entfalten,
dagegen die freie Entfaltung an den Schulen und Hochschulen unseres Landes nicht ermöglichte. Nicht die allgemeine Wehrpflicht ist das Kennzeichen der Demokratie und eine Sicherheit für die Zukunft, sondern die gleiche Chance für jeden in unserem Volk, seine Fähigkeiten frei zu entwikkeln, ist die beste Voraussetzung für ,die Sicherung unserer Zukunft.
Zum Glück gibt es in der Welt, im freien Europa, in den Vereinigten Staaten, genügend Menschen, die wissen, daß es auf diese Dinge vor allem ankommt.
Was unseren Antrag auf Bildung eines Deutschen Forschungsrates im einzelnen angeht — —
— Herr Dr. Vogel, ich glaube, es ist durchaus üblich, daß man, wenn man einen Antrag begründet, auch die ihm zugrunde liegende allgemeine Situation schildert.
Die gegenwärtige Phase unserer Entwicklung, in der die Wissenschaft sowohl quantitativ als auch qualitativ viel stärker als früher in unser Leben eingreift, verlangt, daß wir mit neuen Methoden an die Probleme herangehen. Man kann in einer solchen Epoche nicht mit den herkömmlichen Mitteln und Methoden auskommen. Deshalb sind wir der Meinung, daß ein unabhängiger Forschungsrat gebildet werden soll, der die Aufgabe hat, die wissenschaftliche, technische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung zu beobachten, und der über das Ergebnis seiner Beobachtungen Feststellungen zu treffen hat. Daß Beobachtungen zu machen und Feststellungen zu treffen sind, zeigt unsere Situation. Es ist allgemein bekannt, daß bei uns in der Bundesrepublik z. B. noch keine exakten statistischen Unterlagen über diese Dinge existieren. Wir haben erst durch unseren Antrag, der heute auch zur Debatte steht, veranlaßt, daß solche statistischen Erhebungen durchgeführt werden. Daß die Feststellungen des Forschungsrates nicht nur zu Papier gebracht werden sollen, sondern daß sie den deutschen Parlamenten und den Regierungen auch eine Grundlage für zu treffende Entscheidungen sein sollen, ist wohl selbstverständlich. Ebenso müssen die Regierungen und die Parlamente die Möglichkeit haben, bei Problemen dieser Art sich an den Forschungsrat zu wenden, um sein Gutachten zu bestimmten Fragen einzuholen.
Wenn auch die Atomtechnik, die Automatisierung und die Naturwissenschaften ganz allgemein heute eine besondere Rolle spielen, können und dürfen doch die Geisteswissenschaften nicht vernachlässigt werden. Auch ihnen und vielleicht gerade ihnen muß der Forschungsrat seine besondere Aufmerksamkeit widmen. Denn wir wollen nicht, daß allein der Lebensstandard zum Götzen für die Menschen wird. Dem Problem der Freizeit kommt eine besondere Bedeutung zu und damit der Bildung schlechthin. Welche Gefahren für die Gemeinschaft und für die Demokratie entstehen können, brauchen wir nicht erst aus dem Roman von Orwell „1984" zu entnehmen. Wir können auch an die Zeit der 30er Jahre zurückdenken, an die damalige Bedeutung des Rundfunks. Es wäre gefährlich, wenn wir nur Spezialisten und Roboter ausbildeten. Es gibt sie nicht nur im Bereich der Technik, es gibt sie auch in anderen Bereichen. Deshalb kommt der politischen Bildung im Rahmen der allgemeinen Erziehung eine besondere Aufgabe zu.
Daß der Forschungsrat die Entwicklung im Ausland gleichfalls beobachten muß, braucht nicht besonders betont zu werden. Wir können aus dem, was man im Ausland für die Forschung, für die Wissenschaft tut, zumindest unsere Lehren ziehen. Das gilt für das gesamte Ausland, nicht nur für das westliche. Wir haben erlebt, daß auch England und Amerika aus den Maßnahmen der Sowjetunion für die Förderung des naturwissenschaftlichen und technischen Nachwuchses bedeutsame Konsequenzen gezogen haben.
Der Forschungsrat soll unserer Meinung nach eine Stelle sein, in der die Probleme der zweiten industriellen Revolution, die Aufgaben der Förderung von Forschung und Wissenschaft durchdacht werden und versucht wird, sie geistig zu verarbeiten. Die Bildung solcher Gremien ist in den fortschrittlichen Ländern der freien Welt ein durchaus übliches Verfahren.
Unser Antrag bringt zum Ausdruck, daß die Mitglieder des Forschungsrates anerkannte Wissenschaftler oder erfahrene Persönlichkeiten des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens sein müssen. Der Forschungsrat soll eine große moralische Autorität für das ganze Volk darstellen. Sein Wort soll Gewicht haben, und seine Berichte und Feststellungen sollen zu Konsequenzen führen. Das ist aber nur dann möglich, wenn er durch die Art seiner Bildung als unabhängig erscheint. Deshalb unser Vorschlag, daß seine Mitglieder durch eine ausgewogene Wahlkommission dem Herrn Bundespräsidenten zur Ernennung vorgeschlagen werden. Dadurch, daß die Mittel für den Forschungsrat in einem besonderen Einzelplan des Bundeshaushalts ausgewiesen werden, kommt auch nach außen hin seine Unabhängigkeit zum Ausdruck.
Der Forschungsrat soll nicht mit Aufgaben der Verwaltung und der Organisation belastet werden. Er soll nur die Funktion eines — wenn ich so sagen darf — Gehirntrustes ausüben und so seine Aufgabe für die Zukunft unseres Volkes wahrnehmen. Wir sind uns dabei völlig darüber klar, daß seine Tätigkeit erst nach einer gewissen Zeit Früchte tragen wird. Der Forschungsrat soll — das möchte ich noch einmal betonen — nicht mit der Verteilung der Forschungsmittel beauftragt werden. Dafür sind andere Einrichtungen zu schaffen. Die Diskussion der zurückliegenden Monate hat gezeigt, daß bei Wahrung der allseits gewünschten Kulturhoheit der Länder der Weg über ein Verwaltungsabkommen zwischen Bund und Ländern gangbar ist.
Alle Verantwortlichen müssen sich darüber klarwerden, daß die bereitzustellenden Mittel bedeutend zu erhöhen sind. Nicht nur, daß in Anbetracht des immer noch notwendigen Wiederaufbaus und des Nachholbedarfs eine solche Erhöhung erforderlich ist; vielmehr verlangen die Aufgaben der zweiten industriellen Revolution auch ein neues Denken auf den Gebieten des Schul- und Bildungswesens, der Wissenschaft und der Forschung und hinsichtlich der bereitzustellenden Mittel ein Denken in neuen Größenordnungen. Für uns heißt es nicht: weil wir arm sind, können wir wenig für die Forschung tun, sondern: weil wir arm sind, müssen wir viel für die Forschung tun. Das ist die Aufgabe, die uns gestellt ist.
Ich möchte abschließend sagen: Der Deutsche Forschungsrat soll nach unseren Vorstellungen eine besonders wichtige Funktion ausüben. Er soll uns helfen, hier in der Bundesrepublik den Geist für den friedlichen Wettstreit mit anderen Völkern zu mobilisieren.
Ich bitte um Überweisung unseres Antrages an den Ausschuß für Kulturpolitik — federführend — und zur Mitberatung an den Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung und an den Haushaltsausschuß.
Das Wort hat der Herr Bundesminister des Innern.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst nur mit dem Punkt „Forschungsrat" beschäftigen, werde mich dann im zweiten Teil meiner Darlegungen kurz mit der teils an mir, teils an der Bundesregierung geübten Kritik befassen und behalte mir vor, im Laufe der Debatte zu weiteren Einzelfragen Stellung zu nehmen.
Die Förderung der wissenschaftlichen Forschung und Lehre und die Koordinierung der Wissenschaftsfinanzierung sowohl zwischen den Bundesressorts als auch besonders zwischen Bund und Ländern gehören zu den Themen, die im Augenblick in der politischen Diskussion stark hervortreten. Nachdem jahrelang die Sorgen um wirtschaftliche und soziale Existenzfragen notgedrungen im Vordergrund des Bewußtseins gestanden haben, empfindet es unser Volk als eines seiner vornehmsten Anliegen, den Wissenschaften den ihnen gebührenden Platz einzuräumen. Dafür werden von allen Seiten eine schier unübersehbare Fülle von Vorschlägen gemacht. Der vorliegende Entwurf der SPD für ein Gesetz über die Errichtung eines Deutschen Forschungsrates ist einer von den vielen Vorschlägen, die sich besonders mit organisatorischen Fragen befassen. Den ersten Vorschlag dieser Art hat schon im Juli des vorigen Jahres der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft gemacht.
Wie ich am 19. Januar in Stuttgart, zwei Tage vor dem Datum des vorliegenden Gesetzentwurfs vom 21. Januar, erklärt habe, erscheint es der Bundesregierung dringend notwendig, daß ein Gremium von höchster Autorität berufen wird, dem die Aufgabe obliegt, sich einen umfassenden Überblick über die Bedürfnisse der deutschen Wissenschaft zu verschaffen und Vorschläge auszuarbeiten, die den Regierungen von Bund und Ländern als Grundlage für ihre Finanzierungs- und Koordinierungsmaßnahmen dienen können.
Ich bezweifle, ob der Initiativantrag der SPD zur Erreichung dieses Ziels geeignet ist. Ich möchte kurz dazu Stellung nehmen.
Zunächst muß die Frage gestellt werden, ob wirklich ein neues Gesetz erforderlich ist. Ein Gesetz erscheint mir unnötig, weil die Aufgabe anders lösbar ist. Es erscheint mir gefährlich, weil die Länder gerade im kulturellen Bereich besonders empfindlich sind, und schließlich erscheint mir die vorgeschlagene Einrichtung zu starr, um mit der Dynamik der Aufgaben fertig werden zu können.
Es ist daher nach Auffassung der Bundesregierung vorzuziehen, daß Bund und Länder eine Verwaltungsvereinbarung schließen. Diese hat den Vorteil, daß sie schneller und leichter den sich ändernden Verhältnissen angepaßt werden kann. Die Bundesregierung ist zum Abschluß eines solchen Abkommens bereit. Ohne den Entscheidungen der heutigen Ministerpräsidentenkonferenz in Wiesbaden vorgreifen zu wollen, die sich gerade in diesen Stunden mit diesem Problem befaßt, möchte ich annehmen, daß eine entsprechende Bereitschaft auch auf seiten der Länderregierungen vorhanden ist. Die Kultusminister haben jedenfalls bei ihrer letzten Plenarsitzung vom 17. und 18. Januar dieses Jahres ein entsprechendes Abkommen angeregt. Der Herr Bundeskanzler hat die Ministerpräsidenten zu einer gemeinsamen Erörterung auf den 21. März 1957 eingeladen.
In formeller Hinsicht mußte zunächst die Frage gestellt werden, ob wirklich ein neues Gesetz erforderlich ist. In materieller Hinsicht möchte ich das Folgende hervorheben.
Man sollte dem vorgeschlagenen Gremium nicht den Namen „Deutscher Forschungsrat", sondern „Deutscher Wissenschaftsrat" geben. Das ist nicht etwa, wie vielleicht der eine oder andere zunächst denken möchte, eine nebensächliche Frage, eine Belanglosigkeit in der Namensgebung. Vielmehr muß von vornherein zum Ausdruck gebracht werden, daß wissenschaftliche Forschung und Lehre eine untrennbare Einheit bilden. Die wissenschaftliche Lehre ist die Voraussetzung für die wissenschaftliche Forschung. Nach guter deutscher Wissenschaftstradition bilden Forschung und Lehre auf den deutschen Universitäten ein einheitliches Ganzes, das in dieser Art erhalten bleiben muß. Die deutsche wissenschaftliche Hochschule vereint damit in glücklicher Weise die beiden Seiten der Aufgaben, welche die Wissenschaft zu erfüllen hat: nämlich der Wahrheit in ständigem geistigem Bemühen näherzukommen und das Erkannte der nachdrängenden jungen Generation zu eigenem Besitz zu vermitteln. Der Wissenschaftsrat sollte sich daher nicht nur um die Notwendigkeiten der deutschen wissenschaftlichen Forschung bemühen, sein Augenmerk sollte vielmehr auf das Ganze von Forschung und Lehre gerichtet sein. Er sollte bei seinen Bemühungen alle Institutionen einbeziehen, die den Wissenschaften zu dienen bestimmt sind, mag es sich um Einrichtungen handeln, die nur der Forschung dienen, oder die — wie die wissenschaftlichen Hochschulen — Forschung und Lehre miteinander verbinden.
Bevor ich nun auf den Inhalt des vorliegenden Gesetzentwurfs näher eingehe, gestatten Sie mir, meine Damen und Herren, noch einige weitere grundsätzliche Hinweise, die für die Kritik an diesem Entwurf den Maßstab abgeben.
Es wird von prinzipieller kulturpolitischer wie staatspolitischer Bedeutung sein, daß bei der Bildung des Wissenschaftsrates die in Deutschland traditionellen und wohlbewährten Formen der Wissenschaftspflege nicht außer acht gelassen werden. Die Selbstverwaltung der Wissenschaften ist die uns überlieferte lebendige Ausprägung der in der Verfassung niedergelegten Garantie der Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre.
Diese Selbstverwaltung sollte eine wesentliche Grundlage für die Tätigkeit eines deutschen Wissenschaftsrats sein. Forschung und Lehre können sich nur in Freiheit entfalten. Die Selbstverwaltungstradition der Wissenschaft in Deutschland bietet Beispiele genug, wie sich in glücklicher Weise Initiative von seiten der Forschung und Hilfe von seiten des Staates im Interesse der Wissenschaft zusammenfinden. Ich denke hier z. B. an Konstruktion und Funktion der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Sie hat vorbildlich die Zusammen-
arbeit von Repräsentanten der Wissenschaft mit Vertretern des Staates und privater Förderungsorganisationen verwirklicht und zugleich auch ein Beispiel für das Zusammenwirken von Bund und Ländern bei der gemeinsamen Aufgabe der Förderung der Wissenschaften gegeben.
Ich betrachte es als entscheidend, daß mit einem deutschen Wissenschaftsrat eine Organisation geschaffen wird. die jeder Tendenz zur staatsverwalteten Wissenschaft widersteht und in Selbstverantwortung der Wissenschaft und unter Mitwirkung von Vertretern des Staates die zu meisternden Aufgaben ohne Dirigismus löst. Ich habe Zweifel, ob der vorliegende Gesetzentwurf diesen grundsätzlichen Überlegungen Rechnung trägt.
Die SPD, meine sehr verehrten Damen und Herren, möchte ihrem Forschungsrat, wie Sie in § 2 finden, die Beobachtung der gesellschaftlichen, wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und technischen Entwicklung übertragen. Ferner soll er neben der Darlegung der Möglichkeiten zur Förderung der deutschen Wissenschaft auch „die mit der Kontrolle der Macht im demokratischen Staat verbundenen Probleme" beobachten.
Das steht in Abs. 2 Ziffer 3. Diese Aufgabenstellung, meine Damen und Herren, würde einem solchen Gremium Befugnisse überantworten, die über das hinausgehen war in sinnvoller Weise an Aufgaben gestellt werden kann,
nämlich diese: Vorschläge für eine alle Notwendigkeiten der deutschen Wissenschaft berücksichtigende finanzielle Förderung zu erarbeiten und den entscheidenden Instanzen von Bund und Ländern vorzulegen. Man kann ihm nicht die Aufgabe stellen, als Kontrollorgan über das gesamte öffentliche Leben tätig zu sein.
Im demokratischen Staat wird diese Kontrolle von den hierfür eingesetzten verfassungsmäßigen Organen ausgeübt.
— Wo das steht, das läßt sich durch leichte Lektüre von § 2 ermitteln.
— Ich sage es noch einmal: das läßt sich leicht bei der Lektüre von § 2 ermitteln.
Gestatten Sie mir, meine Damen und Herren, daß ich Ihnen nach diesen Bemerkungen zu dem vorliegenden Gesetzentwurf in großen Zügen einige weitere Überlegungen zum Problem „Wissenschaftsrat" vortrage, wobei ich Sie bitten darf, sich die grundsätzlichen Erwägungen über die Stellung, die er als höchstes Selbstverwaltungsorgan der deutschen Wissenschaft einnehmen sollte, ins Gedächtnis zurückzurufen.
Zunächst zu den Aufgaben. Für einen deutschen Wissenschaftsrat stellen sich zwei Aufgabenkreise. Er sollte für einen gewissen Zeitraum, der vielleicht zunächst auf vier bis fünf Jahre zu bemessen wäre, einen Bedarfsplan für die Förderung der Wissenschaften erarbeiten. Er sollte ferner Pläne über den jeweils jährlich anfallenden entsprechenden Finanzbedarf aufstellen und den zuständigen Instanzen von Bund und Ländern vorlegen.
Der Deutsche Wissenschaftsrat müßte nach unseren Vorstellungen so zusammengesetzt sein, daß er mit größter Autorität sprechen kann, mit einer Autorität, die sich aus der Stellung und dem persönlichen Rang seiner Mitglieder ergibt. Nicht nur hervorragende Wissenschaftler und die Spitzen der großen Wissenschaftsförderungsorganisationen sollten ihm angehören, sondern auch hochgestellte Vertreter der Kultus- und Finanzverwaltungen von Bund und Ländern sowie angesehene Persönlichkeiten aus dem öffentlichen Leben, die entsprechend ihren Aufgaben und ihrer Neigung ein enges Verhältnis zu den Wissenschaften besitzen. Damit würde, so scheint uns, die Gewähr gegeben sein, daß die für die Förderung der deutschen Wissenschaft zuständigen Stellen des Bundes und der Länder, die Repräsentanten der an der Selbstverwaltung der Forschung beteiligten Institutionen und ein Kreis von Persönlichkeiten, die dem wissenschaftlichen Leben nahestehen, jedoch an keinen Auftrag gebunden sind, mit den Vertretern der Forschung selbst zur Planung und Beratung zusammengeführt werden. Sachfremde Einflüsse bei der Arbeit des deutschen Wissenschaftsrats wären damit ausgeschlossen. In wohlabgewogener Weise wären Vertreter der Wissenschaft und des Staates beteiligt. Dies entspricht der deutschen Tradition einer modifizierten Selbstverwaltung des Wissenschaftsbereichs.
Man könnte schließlich daran denken, die Förderung sowohl der Wissenschaften wie auch der Studenten und des technischen Nachwuchses der Beratung eines zentralen Gremiums anzuvertrauen. Man wird prüfen müssen, ob dieser Weg zweckmäßig ist, oder ob es nicht besser ist, gesonderte Wege der Förderung für jeden dieser Aufgabenbereiche zu suchen. Sollte sich die Überzeugung durchsetzen, daß ein alle erwähnten Bereiche umfassendes Gremium als die beste Lösung erscheint, könnte man entsprechend der verschiedenen Aufgabenstellung eine Unterteilung in verschiedene Ausschüsse vorsehen.
Lassen Sie mich meine kritischen Bemerkungen zu dem vorliegenden Gesetzentwurf dahin zusammenfassen: Nach Rechtsform, Aufgabenstellung, Arbeitsmethode, Entstehung und Zusammensetzung erscheint dieses Gremium wenig erfolgversprechend. Es wäre eine starre neue, durch Gesetz errichtete Institution an Stelle eines unserer Wirklichkeit angepaßten Arbeitsinstruments.
Der Entwurf erscheint mir etwas wie eine Kunststeinfassade und ist im übrigen — die Herren werden mir das nicht übelnehmen — offenbar im Schnellbauverfahren errichtet worden. Sollte diese Behauptung beanstandet werden, bin ich gern bereit, sie ausführlicher zu erläutern.
Was wir wirklich brauchen, ist ein einfacheres und schlichteres Haus aus den uns zur Verfügung stehenden Baustoffen. Wenn der von mir in den Grundzügen skizzierte Deutsche Wissenschaftsrat durch ein Abkommen mit den Ländern zustande kommt, hätte er den Vorteil, von vornherein die Reibungen, ,die sich aus der Kompetenzverteilung ergeben, auf ein Minimum zu beschränken.
Meine Damen und Herren, nun darf ich mich mit dem, was ich Angriffe nannte, auseinandersetzen.
— Herr Kollege Eschmann, ich kann Sie nur schwer verstehen. Wenn Sie durch Zwischenrufe teilnehmen möchten, auf die ich antworten soll, ist hier vorn oder dort durch das Mikrophon eine bessere Gelegenheit dazu gegeben. — Wenn ich es richtig verstanden habe, richteten sich die kritischen Bemerkungen gegen einen Brief, den ich am 15. Dezember an den Herrn Präsidenten dieses Hohen Hauses gerichtet habe, und zwar, weil ich ein entsprechendes Versprechen, wenn ich mich so ausdrücken darf, in der Bundestagsdebatte am 7. Juni gegeben hatte. Sie werden sich erinnern, daß man von der damaligen Debatte den Eindruck :gewinnen mußte, als ob wir in puncto Kultur wirklich am Ende 'der Schlange vergleichbarer Nationen rangierten.
Ich habe damals gesagt, wir sollten den Versuch machen über den Stand der kulturpolitischen Förderungsmaßnahmen in der Bundesrepublik im Vergleich zum Ausland Auskunft zu bekommen. Eine solche Untersuchung hatte es bis dahin überhaupt noch nicht gegeben. Den Zahlen, die hier ermittelt worden sind, gingen sehr schwierige und umfangreiche Arbeiten sowohl des Statistischen Bundesamts als auch anderer Stellen voraus. Im übrigen habe ich die Genugtuung — wenn ich das hier sagen darf —, daß diese Zahlen in ihrer absoluten Größenordnung inzwischen völlig unbestritten sind, ganz gleichgültig, was man für Kommentare daran knüpfen will, und daß sie geradezu zum Bestandteil der augenblicklichen Diskussion, nicht hier in diesem Hause, sondern ganz allgemein, gehören.
Das war der Zweck dieser Untersuchung. Ich darf hier einschaltend sagen, daß ich gerade in den letzten Tagen mit einem der hervorragendsten Vertreter der deutschen Wissenschaft rund Forschung gesprochen habe, der mir auf meine ausdrückliche Frage, was er denn glaube, wie stark wir in den letzten Jahren international .aufgeholt hätten, sagte, daß das ein ganz beträchtliches Stück auch internationalen Aufholens sei. Sie würden, wenn Sie den Gesprächspartner kennten, nicht daran zweifeln, daß er für solche Feststellungen wie kaum ein anderer legitimiert erscheint.
Das war zunächst der Zweck dieser Zahlen.
Zum anderen ist einiges herausgekommen, was, wie ich gerade gehört habe, wenn ich es richtig deute, auch Herr Kollege Ratzel mit Zustimmung verzeichnet. Wir haben nämlich zum erstenmal gesehen, was wir bis dahin nicht wußten: daß wir früher bis zum Jahre 1928 im kulturellen Aufwand eine steigende Linie hatten, daß aber .dann erst im Jahre 1951 der kulturelle Aufwand das Jahr 1928 wieder überholt hat. Und wohlgemerkt, wir sind natürlich nicht so naiv, das etwa ohne Korrekturen von Preisen usw. darzustellen, sondern nach den dafür gegebenen statistischen Ausgleichsmethoden.
Das war eine sehr interessante Erkenntnis, und man sollte sie nicht herabsetzen, sondern man sollte den Stellen, die sie erarbeitet haben, dafür getrost den Kredit zukommen lassen.
Diese Zahlen haben im übrigen ein Drittes ergeben, nämlich, daß wir im Vergleich mit Großbritannien, Frankreich, den Niederlanden und Belgien in Beziehung zum Bruttosozialprodukt des einzelnen Landes mit 3,6 % kulturellen Ausgaben, gemessen am Sozialprodukt, an der Spitze liegen. Auch das ist eine Zahl, die nicht etwa dazu verleiten könnte, nun zu sagen: „Wir haben alles erreicht!", aber sie kann mindestens unberechtigte Minderwertigkeitskomplexe etwas mildern.
Meine Damen und Herren, ich habe dann aus diesen Zahlen einige Schlußfolgerungen gezogen, Schlußfolgerungen, deretwegen man mir offenbar besonders böse ist. Ich habe gesagt — ich darf den Satz vorlesen —:
Die geforderte Steigerung der bisher vom Bund in Höhe von 28 Millionen DM gezahlten Ausbildungsbeihilfen für Studenten auf 200 oder gar 500 Millionen DM jährlich würde die Grenzen der Begabtenförderung weit überschreiten.
Ich habe hinzugefügt, daß es vergleichbare Stipendienmittel nicht gibt. Ich werde vielleicht Gelegenheit haben, im Laufe der Debatte darauf noch einmal ausführlicher zurückzukommen.
Aber, meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen doch eines vorlesen, etwas, das uns zum Nachdenken veranlassen könnte. Als vorsichtiger Mann lese ich das Zitat gleich aus einer sozialdemokratischen Zeitung vor; das erleichtert mir natürlich die Beweisführung ganz außerordentlich.
— Ich habe Sie nicht verstanden, Herr Kollege Mellies. — Es ist — um es gleich zu sagen — die „Neue Rhein-Zeitung" vom 26. Februar 1957; Sie sehen, eine durchaus noch aktuelle Nummer. Dort heißt es folgendermaßen:
Wie ein überraschender Paukenschlag wirkt deshalb die Nachricht aus dem NRW-Kultusministerium: Die Studenten schöpfen die ihnen von der Landesregierung gebotenen finanziellen Hilfsquellen nicht voll aus.
Ich lese es Ihnen weiter vor:
Der zuständige Referent im NRW-Kultusministerium hat jetzt die Meldung bekommen, daß im Sommer-Semester 1956 genau 25,2 Prozent aller Studenten in NRW keine Gebühren bezahlt haben. Die Gebühren betragen etwa 200 DM je Semester. Das Land hat aber so viel Mittel bereitgestellt, daß 30 Prozent aller Studenten in NRW ohne Gebühren studieren könnten; rund 2,4 Millionen DM. Warum, so fragt sich der ahnungslose Staatsbürger, werden diese Millionen zum Teil verschmäht?
Meine Damen und Herren, das ist doch eine Meldung, die uns, glaube ich, veranlassen sollte, aufzuhorchen, wenn wir uns im selben Augenblick vor Millionen-, vor Hunderte-von-Millionen-Forderungen sehen.
Diese Sache wird dann hier so erklärt, daß „ohne Fleiß-Billett kein Preis" sei, und es wird gesagt, daß es schwierig sei, eine Fleißprüfung zu machen. Meine Damen und Herren — gleich, Herr Kollege Kahn-Ackermann! —, soviel scheint mir sicher — viele von uns sind doch einen zum Teil mühseligen Weg durch die Hochschulen gegangen —: Es müssen zwei Dinge zusammenkommen, wenn man von der Gesamtheit Leistungen für sich entgegennehmen möchte; es genügt nicht die allgemeine Forde-
rung, sondern zu einer ausreichenden Begabung auch ein entsprechendes Fleißtestat.
Und es wurde offensichtlich nur von 25,2 % der Studenten für wert erachtet, diese 200 Mark Gebührenerlaß pro Semester zu bekommen.
Bitte sehr, Herr Kollege Kahn-Ackermann!
Herr Minister! Die Universität in Bonn ist ja nicht sehr weit. Ich frage Sie, ob Sie sich hier einmal bei den Studenten nach den Umständen erkundigt haben, die diese Fleißprüfungen begleiten, und ob Sie sich erkundigt haben, ob es Studenten, die darauf angewiesen sind, ihren Lebensunterhalt größtenteils selber zu verdienen, möglich ist, noch die Erfordernisse dieser Fleißprüfungen zu erfüllen — ich habe mich mit Studenten hier unterhalten! —; erst dann, glaube ich, könnten Sie uns sagen, ob die Nichtausschöpfung dieser Mittel ein grobes Versäumnis ist.
Herr Kollege Kahn-Ackermann, ich bin in meiner Darstellung wesentlich vorsichtiger gewesen. Ich habe das dargestellt, was der zuständige Hochschulreferent, der natürlich nicht nur Bonn, sondern auch Köln, Münster und Aachen sieht — ich weiß nicht, ob ich in der Aufzählung jetzt schon vollständig bin —, für das ganze Land zusammengefaßt berichtet hat. An den Fleißprüfungen der Bonner Universität, Herr Kollege Kahn-Ackermann, habe ich vor rund 30 Jahren teilgenommen. Die heutigen Erfordernisse der Fleißprüfungen kann ich nicht beurteilen. Die damaligen Erfordernisse erschienen mir bescheiden.
— Bitte sehr, Herr Kollege!
Herr Minister, ich bitte Sie, mir auf die Frage zu antworten, ob Sie glauben, daß Studenten, die ihren Lebensunterhalt neben dem Studium verdienen müssen, die Bedingungen dieser Fleißprüfungen zumutbar sind.
Herr Kollege Kahn-Ackermann, ich sagte schon, daß ich derzeit die Verhältnisse an der Bonner Universität nicht beurteilen kann. Zu meiner Zeit pflegte es so zu sein, daß für das Fleißzeugnis eine angemessene Beteiligung an den Vorlesungen selbst ausreichend war. Ob sich ,das heute wirklich geändert hat, vermag ich nicht zu sagen. Aber ein Student, der überhaupt nicht an den Vorlesungen teilnimmt oder aus irgendwelchen Gründen nicht teilnehmen kann, kann hier schwerlich in Betracht kommen.
Für diesen kleinen Teil der Studenten sind nach unserer Meinung — Begabung usw. vorausgesetzt — erleichternde Maßnahmen in weitem Umfang möglich und vorgesehen. Diese Maßnahmen sollen nach unseren neuesten Vorschlägen auch noch gesteigert werden.
Meine Damen und Herren, ich darf mit zwei Sätzen aus dem vielfach angegriffenen Brief von mir schließen, den Herr Kollege Mellies etwas zu unliebenswürdig charakterisiert hat. Wenn wir hier unserer Überzeugung Ausdruck geben, Herr Kollege Mellies, genießen wir dafür genauso gut den im Grundgesetz verbürgten Schutz der Meinungsfreiheit wie andere.
Die beiden Sätze, die ich zum Abschluß vorlesen möchte, lauten:
Es kann andererseits nicht eindringlich genug empfohlen werden, den bisher begangenen Weg ständiger organischer Steigerung der staatlichen Aufwendungen für kulturelle Zwecke fortzusetzen. Sie ist unerläßlich, wenn die Bundesrepublik im kulturellen Bereich ihren Platz behaupten will.
Ich gebe das Wort zur Berichterstattung über den Antrag des Kulturpolitischen Ausschusses der Abgeordneten Frau Dr. Maxsein.
Frau Dr. Maxsein , Berichterstatterin: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann auf einen mündlichen Bericht verzichten und verweise auf den Ihnen vorliegenden Schriftlichen Bericht*).
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Friedensburg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie, daß ich die Bedeutung, die wir in der Christlich-Demokratischen und Christlich-Sozialen Union diesem Problem beimessen, an einem kleinen Einzelbeispiel erläutere. Ich war vor einigen Wochen zum Besuch bei einer der großen Bergbaugesellschaften unseres Landes, dem Eschweiler Bergwerksverein, und habe dort festgestellt, daß die sehr moderne Betriebsführung zur Zeit nicht weniger als 103 akademisch gebildete Kräfte beschäftigt. Ich habe mich erkundigt, wie sich das früher verhalten hat, und dabei festgestellt, daß es im Jahre 1938, also vor dem Kriege, nur 37 und im Jahre 1914 4 gewesen sind. Der Umfang des Unternehmens hat sich in diesem Zeitraum nicht wesentlich geändert. Gegenüber der Zeit vor dem ersten Weltkrieg hat sich also die Zahl der notwendigen akademischen Kräfte verfünfundzwanzigfacht und gegenüber 1938 immer noch beinahe verdreifacht. Diese Entwicklung ist an sich schon vielleicht der Beachtung wert. Aber sie wird um so bemerkenswerter, wenn wir sie mit der Entwicklung der Zahl der Studierenden im gleichen Zeitraum vergleichen. Das ist nach den statistischen Jahrbüchern, die uns zur Verfügung stehen, nicht so leicht durchzuführen. Doch habe ich mit einiger Zuverlässigkeit ermittelt, daß sich die Zahl der Bergbaustudenten in Deutschland gegenüber 1914 heute nur etwa verdoppelt hat. Sie sehen also einen geradezu sensationellen Abstand des Bedarfs einer modernen Betriebsführung an akademischen Kräften von dem Angebot, das unser heutiges Hochschulwesen zu stellen vermag.
Nun handelt es sich hier um ein Unternehmen, das besonders modern ist und gerade auch in der Betriebsorganisation eine Reihe von sehr bemerkenswerten Fortschritten erzielt hat. Aber 'ich habe mir aus einer anderen Berechnung sagen lassen, daß die Zahl der akademischen Kräfte für den
*) Siehe Anlage 4.
ganzen Steinkohlenbergbau in der Bundesrepublik bei dem gegenwärtigen Zustand etwa verzweieinhalbfacht werden müßte, wenn der Bergbau seinen heutigen Anforderungen gewachsen sein will. Ich bitte, sich die Bedeutung dieser Zahlen für die heutige Wirtschaft vorzustellen.
Zu dieser internen Bedarfssteigerung kommt ein geradezu explosionsartiges Zunehmen des Bedarfs vom Ausland her. In dem Institut, das ich leite, haben wir in jeder Woche Anforderungen verschiedener Stellen, Leute nach Pakistan, nach dem Sudan, nach Nepal, nach Kaschmir, nach Indonesien usw. abzugeben. Wir sind gar nicht in der Lage, diesen Anforderungen zu genügen. Es ist schon so weit gekommen, daß ich mich fast nicht einmal mehr mit meinen Mitarbeitern bespreche; denn Leute, die etwas taugen — und nur bei solchen können wir es verantworten, sie an das Ausland abzugeben, wo sie ja in gewissem Sinne unser Land vertreten sollen —, stehen einfach schon für den eigenen Bedarf nicht ausreichend zur Verfügung.
Lassen Sie mich nun eine zweite Zahl nennen, die ich mir auch herausgesucht habe. Ich habe einmal versucht, zu ermitteln, wieviel Studenten früher auf ein Mitglied des Lehrkörpers entfallen sind und wie das Verhältnis heute an den deutschen Universitäten und Hochschulen ist. Das ist auch nicht ganz einfach festzustellen. Ich muß die preußischen Zahlen von 1914 heranziehen. Es ist nicht bloß mein preußisches Herz, das darin zum Ausdruck kommt, sondern ich habe die einzigen Zahlen, die mir für 1914 zur Verfügung stehen, verglichen mit den heutigen Zahlen, wie sie das Statistische Jahrbuch der Bundesrepublik veröffentlicht. Da stellt man schon eine Verschiebung fest, die zu denken Anlaß gibt. Während heute auf jeden Dozenten 22 Studenten kommen, waren es vor dem ersten Weltkrieg nur 11. Die Zahl der Studenten je Lehrperson hat sich verdoppelt.
Besonders besorgniserregend ist die Entwicklung an den Technischen Hochschulen seit 1914, wo ja eine enge Verbindung zwischen Lehrern und Schülern, zwischen Dozenten und Studenten nach der Eigenart des Unterrichts, gerade in den Übungen, besonders notwendig ist. Im Jahre 1914 entfielen 5 Studenten auf eine Lehrperson, heute sind es 20. Die Zahl der Studenten bezogen auf ein Mitglied des Lehrkörpers an den Technischen Hochschulen hat sich gegenüber der Zeit vor dem ersten Weltkrieg vervierfacht. Wenn unsere Kollegen an den Hochschulen unseres Landes über das klagen, was man im durchaus tadelnden Sinne mit „wissenschaftlichem Betrieb" bezeichnet, so glaube ich, ist die Richtigkeit der darin zum Ausdruck kommenden Sorge allein an ,dieser Zahlengegenüberstellung bewiesen.
Nach dem Gesagten brauche ich nicht zu betonen, daß wir gegenüber den vorgetragenen Wünschen durchaus aufgeschlossen sind und mit der Bundesregierung — ich nehme an, auch mit den meisten Mitgliedern dieses Hauses — bereit sind, nach Abhilfe Ausschau zu halten und mit allen zusammenzuarbeiten, deren Wünsche hierbei zweckmäßig und sachlich notwendig erscheinen.
Das erste und Wichtigste ist sicherlich die bereits von mir angedeutete zahlenmäßige Steigerung des Bedarfs an wissenschaftlichen akademischen Kräften sowohl in den technischen wie in den eigentlichen wissenschaftlichen Berufen. Wer sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten mit wissenschaftlicher Forschung beschäftigt hat, der weiß, wie rasch, wie gründlich und tiefgehend die Wandlung sich vollzogen hat sowohl hinsichtlich der Erweiterung wie hinsichtlich der inneren Verfeinerung der Forschungsaufgaben, in welchem Umfang die Spezialisierung um sich gegriffen hat. Es ist ganz klar, daß das einen außerordentlichen Mehrbedarf an Arbeitern auf dem Gebiet der Wissenschaft zur Folge haben muß.
Ich habe den Bedarf der Entwicklungsländer schon genannt. Ich bitte Sie, das nicht nur quantitativ zu sehen. Hier liegt eine große wichtige Verpflichtung unseres Landes vor. Wenn wir unseren alten guten Ruf innerhalb dieser Welt und namentlich bei den jungen Ländern, den sogenannten Entwicklungsländern, den Ländern, die nach Industrialisierung streben, behalten wollen, so müssen wir wissenschaftliche Kräfte, technische Kräfte in einem größeren Maß zur Verfügung stellen — das wirkt sich letzten Endes nachher auch wieder in der Entwicklung unserer Wirtschaft aus —, als wir heute es vermögen.
Hinzukommt der wachsende Bedarf der internationalen Organisationen. Wer in der wissenschaftlichen Forschung tätig ist, der weiß, was für ein unbequemer Wettbewerb von diesen internationalen Organisationen hinsichtlich der Heranziehung von Fachleuten ausgeht. Es wäre vielleicht einmal ganz zweckmäßig, sich zu überlegen, ob wir nicht auch auf eine gewisse Vereinfachung und eine größere Sparsamkeit in diesen internationalen Organisationen hinwirken sollten. Ich verstehe durchaus, daß die neuen übernationalen Organisationen bessere Gehälter zahlen müssen, um die Menschen anzuziehen. Aber ich habe bis heute nicht begriffen, warum sie von dem Vorrecht der Exterritorialität Gebrauch machen dürfen, keine Steuern zu zahlen. Jedenfalls ist das ein Kapitel, das praktisch sehr große Bedeutung hat. Unsere besten Kräfte werden allein durch diese Bevorzugung in den übernationalen Organisationen auf vielen Gebieten aus unseren Anstalten herausgezogen und vielfach Aufgaben zugeführt, die von mir in dieser Vielfältigkeit nicht als erforderlich angesehen werden können. Auf dem Gebiet der Förderung der Wirtschaft Europas sind nicht weniger als vier große Organisationen tätig: die ECE, die Organisation für wirtschaftliche Förderung Europas, eine Organisation, die von den Vereinten Nationen in Genf errichtet worden ist. Sie schwebt hoch in den Wolken, in erhabener Abgeschlossenheit, und hat, nicht zuletzt dank der hohen Bezahlung, einen Riesenstab von hervorragenden Leuten an sich gezogen. Wir haben zweitens die Montanunion in Luxemburg, die zweifellos sachlich unentbehrlich ist. Wir haben ferner die OEEC, die Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit in Paris, die meiner Ansicht nach von allen am besten arbeitet. Dann haben wir jetzt neuerdings noch eine wirtschaftliche Abteilung beim Europarat in Straßburg. Es herrscht hier eine Überorganisation, die gerade angesichts der Knappheit an wissenschaftlichen Kräften nicht als zweckmäßig angesehen werden kann. Für uns ergibt sich aus allem jedenfalls die Konsequenz, daß ein ständiger Sog, und zwar gerade auf unsere besten Kräfte, ausgeübt wird und daß wir ihm sowohl ziffernmäßig, hinsichtlich der Zahl der uns
zur Verfügung stehenden Kräfte, als auch hinsichtlich der Ausstattung der vorhandenen Kräfte
mit Gehalt usw. in keiner Weise gewachsen sind.
Wir haben bereits — ich glaube, Kollege Ratzel hat das schon angeführt — eine bedenkliche Unterlegenheit gegenüber dem sowjetischen Machtbereich festzustellen. Leider sind auch — man rührt nicht gerne daran, meine Damen und Herren, aber es muß doch ausgesprochen werden — in dem deutschen Gebiet zwischen Elbe und Oder auf vielen wissenschaftlichen Forschungsgebieten bessere personelle und technische Voraussetzungen gegeben als bei uns.
Wir brauchen uns nur die eine Tatsache in die Erinnerung zurückzurufen, daß es in der Sowjetunion heute 760 000 junge Leute gibt, die an den Technischen Hochschulen und Schulen lernen. Bei uns sind es etwas über 60 000. Sicherlich können wir uns damit trösten, daß die Zahl allein es nicht macht und daß noch sehr viel hinzugefügt werden muß, und gerade in diesem Fall haben wir von uns aus sehr viel hinzuzufügen. Aber ganz ohne Sorge können wir doch solche Zahlen nicht anhören. Ich habe festgestellt, daß die Zahl der Physiker, die die sowjetischen Universitäten absolvieren, ungefähr siebenmal so hoch als bei uns ist. Sicherlich ist auch diese Zahl mit allerlei Vorbehalten zu begleiten; aber immerhin sind es Zahlen, die uns zu denken Anlaß geben müssen.
Die zweite Sorge neben der zahlenmäßigen Unzulänglichkeit unserer wissenschaftlichen Forschung ist eine Sorge um die Qualität. Ich will nicht behaupten, daß schon ein Sinken, ein Nachlassen der Qualität eingetreten ist; aber wenn man das Glück gehabt hat, in den Zeiten vor 1914 zu studieren, und sich all die weltberühmten Namen vor Augen hält, die damals die deutschen Universitäten und Hochschulen zierten, wenn man daran denkt, daß in der Zeit zwischen den beiden Kriegen reichlich die Hälfte aller Nobelpreisträger Deutsche gewesen sind — manche sind durch das unselige System, das 1933 kam, aus dem Lande gejagt worden —, dann besteht jedenfalls Anlaß, sehr sorgfältig über diese äußere Geltung nachzudenken, nachzudenken darüber, ob wir noch dem hohen Standard entsprechen, den die wissenschaftliche und technische Leistung einmal in Deutschland gehabt haben.
— Wir müssen deshalb großen Wert und entscheidendes Gewicht — Kollege Ratzel, ich glaube, da unterscheiden wir uns sogar in manchem von Ihnen —, auf schärferes Hinwirken auf Qualität legen.
Wir wollen auch nicht Angst davor haben, zu verlangen, daß sich in der Wissenschaft eine gewisse Elitebildung zu vollziehen hat,
nicht eine Elitebildung im Sinne irgendeines gesellschaftlichen Anspruchs, nicht im Sinne des Privilegs einer bestimmten Klasse, aber eine Elitebildung hinsichtlich der tatsächlichen wissenschaftlichen Leistung.
Wir müßten darauf auch schon in der Schulbildung hinwirken. Wer dem akademischen Lehrkörper angehört, der sieht immer wieder mit Sorgen, wie das Wissen, das unsere jungen Leute von den Schulen mitbringen, nicht ausreicht.
Ich halte die Tendenz zur Egalisierung und Nivellierung der Schulbildung für völlig falsch.
Wir haben in Berlin in den ersten Jahren nach dem Kriege nicht einmal mehr den Begriff der Höheren Schule haben dürfen, weil das gewissen parteipolitischen Vorstellungen nicht entsprochen hat. Ich selbst bin Vorsitzender der Vereinigung der Freunde des Humanistischen Gymnasiums für Berlin. Wir haben um jedes Gymnasium jahrelang ringen müssen, um die alten, großen Anstalten, die erst gegen einen sehr peinlichen und sehr hartnäckigen Widerstand von bestimmten parteipolitischen Kreisen mühsam wieder zum Leben erweckt werden konnten.
Zu der Forderung nach Besserung der Qualität in der Leistung gehört selbstverständlich auch die Forderung nach besserer Bezahlung. Ich weiß nicht, Herr Minister, wieweit Sie in der Lage sind, darauf hinzuwirken; aber die auch in den Behörden bestehende Tendenz nach gehaltlicher Nivellierung ist genauso falsch wie die Forderung nach Nivellierung in der Schulbildung und in der höheren Bildung. Sie entspringt einem außerordentlich gefährlichen Prinzip, und wenn das manchmal von bestimmten Kreisen der alten Beamten gewünscht wird, bitte ich dringend darum, daß Ihr Ressort mit aller Schärfe entgegenwirkt. Wenn wir erreichen wollen, daß unsere Leute nicht nach irgendwelchen Hochschulen im Ausland abgezogen werden, womöglich in hochbezahlte Posten in internationalen Organisationen, müssen sie auch eine ihrer Leistung und ihrer Bedeutung entsprechende Bezahlung haben. Sowenig ich sonst geneigt bin, die Verhältnisse des Ostens als vorbildlich anzusehen, könnten wir doch in dieser Hinsicht manches vorn Osten lernen. Dort gilt der Hochschulprofessor als der bestbezahlte Mann; vielleicht sind noch die Tänzerinnen am Theater ungefähr gleichwertig, dort besteht ja eine sehr merkwürdige Rangstufung. Immerhin sieht man, wie stark der Osten die Wissenschaftler bevorzugt hat, und ich glaube, wir können insofern von ihm lernen.
Wir haben ferner Bedenken dagegen — auch da möchte ich mich an den Herrn Minister wenden —, daß wir immer mehr die zweckgebundene Forschung überbewerten, daß die Notwendigkeit der freien, der zweckfreien, der Grundlagenforschung nicht genügend anerkannt wird. Das gilt auch für die Verwendung der Bundesmittel. Ich habe da leider auf einem bestimmten Gebiet mancherlei trübe Erfahrungen gemacht. Ich würde gern eine Reihe meiner wissenschaftlichen Mitarbeiter z. B. für die Ausarbeitung neuer Erkenntnisse und Methoden auf dem Gebiet der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung oder des Nationalbudgets freistellen. Niemand an den Instituten und meines Wissens auch niemand an den Universitäten und Hochschulen ist dazu in der Lage. Man erwartet von uns ständig praktische und greifbare Ergebnisse. Wir haben kürzlich ein sehr merkwürdiges und beinahe lächerliches Ereignis erfahren: daß ein Bundesressort die Zuschüsse einem Institut — nicht meinem, einem anderen Institut — für das zweite Halbjahr des vorigen Jahres gesperrt hat, weil es in diesem Zeitabschnitt keine besonderen, ins Auge fallenden Leistungen an die Öffentlichkeit gebracht hatte. Das ist ein völliges Verkennen des Charak-
ters der Wissenschaft durch die Bürokratie. Es wäre gerade auch in diesem Zusammenhang, wo wir alle Fragen prinzipiell durchsprechen, wichtig, sich daran zu erinnern, daß ohne Grundlagenforschung, ohne eine zweckfreie und auch nicht an Zeit gebundene Forschung eine vernünftige Leistung auf wissenschaftlichem Gebiet gar nicht möglich ist.
Wir haben uns ferner — das ist auch in Ihrem sehr dankenswerten Bericht erwähnt; einer meiner Freunde wird auch noch dazu sprechen — mit der Frage der unzureichenden Unterstützung unserer Studentenschaft beschäftigt. Wir legen großen Wert darauf, daß hier Durchgreifendes, und zwar möglichst sofort, geschieht. Ich habe heute morgen hier im Hause einen jungen Studenten gesprochen, der bereits in einem höheren Semester steht und der für den wirklich nicht ganz angemessenen Lohn von 1,30 DM die Stunde Bücher im Hause austrägt, damit er sein Studium überhaupt fortsetzen kann. Das mag im ersten, zweiten oder dritten Semester noch recht sein, aber in einem höheren Semester ist das einfach verderblich. Da muß er frei sein, und da müßte auch der Staat ihm bei der vernünftigen Fortführung seines Studiums helfen. Selbstverständlich — darin bin ich mit dem Herrn Minister ganz einig — muß das mit einem klaren, unzweideutigen Fleißnachweis verbunden sein. Wir haben keinen Anlaß, Faulpelze aufzuziehen und ihnen ein Staatsstipendium zu geben, damit sie angenehm leben. Insofern bin ich auch gar nicht abgeneigt, ein gewisses Maß an praktischer Arbeit bei unseren Studenten gutzuheißen. Aber in den höheren Semestern sollte eine ganz andere, viel systematischere und umfassendere Unterstützung gegeben werden.
Ich möchte in diesem Zusammenhang namentlich auch an die Oststudenten erinnern. Wir haben an den Universitäten und Hochschulen unseres Landes heute nicht weniger als 18 000 Studenten, die aus dem deutschen Landesteil zwischen Elbe und Oder kommen und die dort aus dem einen oder anderen Grund an der Aufnahme oder an der Fortführung des Studiums gehindert sind. Ich selber habe die Freude und das Glück, viele davon immer wieder in meinem eigenen Kolleg zu sehen. Es sind zum Teil hervorragende junge Leute, die angesichts des harten Erlebnisses, das hinter ihnen liegt, aufgeschlossener und verantwortungsfreudiger als mancher Student in dem einigermaßen saturierten Westen sind. Auch diese 18 000 Studenten sind materiell nicht ausreichend gesichert. Ich möchte das aus verschiedenen Gründen nicht im einzelnen nachweisen. Hier sollten uns jedenfalls bald mehr Mittel zur Verfügung stehen.
Einer der ernstesten Mängel unseres wissenschaftlichen Systems ist das Fehlen einer vernünftigen Koordination. Es gibt unzählige Stellen, die sich mit der wissenschaftlichen Forschung beschäftigen. Infolgedessen sind Disproportionalitäten entstanden, die der Arbeit schaden. Insofern begrüßen wir durchaus Ihre Ankündigung, Herr Minister, daß Sie einen wissenschaftlichen Rat schaffen wollen. Ich glaube, Sie haben Feierbei die volle Unterstützung meiner politischen Freunde zu erwarten.
Ich möchte allerdings, ehe wir zu diesem wissenschaftlichen Rat kommen, noch einen Punkt zu der Frage der besseren Regelung unserer wissenschaftlichen Forschung erwähnen; das ist der Wunsch nach einer besseren Kontinuität. Da möchte ich mich gerade auch an die Kollegen wenden, die dem Haushaltsausschuß angehören und die — ich will sie gar nicht deswegen tadeln; sie halten das nach ihrem Verantwortungsgefühl für notwendig — möglichst jedes Jahr jeden Pfennig neu bewilligen wollen. Einer unserer Kollegen hat das immer in die Forderung gekleidet, die Zuschüsse an die wissenschaftlichen Forschungsanstalten dürften nicht zementiert werden. Meine Damen und Herren, sie m ü s s en zementiert werden. Keine wissenschaftliche Arbeit kann gedeihen, wenn jedes Jahr womöglich die Anstellungsverträge neu abgeschlossen werden müssen, wenn jedes Jahr von neuem die Sorge entsteht: wie kann ich meine Leute halten, wie kann ich sie weiterbringen? Auch da sind manche nicht sehr glücklichen Maßnahmen der Bundesressorts zu verzeichnen. Die Ministerien haben ihre Anstalten, die sie aus irgendeinem Grunde kennen oder die mehr oder weniger unter Mitwirkung irgendeines Ressorts neu entstehen. Wenn man nicht weiß, wo man die Mittel für sie hernehmen soll, dann wird den bestehenden Instituten das wieder weggenommen, was sie eigentlich schon als sicher für sich hatten buchen können. Ohne Kontinuität kann die Aufgabe, von der wir hier sprechen, nicht gelöst werden.
Es ist eine auch haushaltstechnisch sicher nicht ganz einfach zu lösende Aufgabe. Aber angesichts der Dringlichkeit und Notwendigkeit dieser Lösung wäre ich dankbar, wenn sie gelänge.
Ich wünschte auch, Herr Minister, daß die Verwaltung weniger bürokratisch als bisher erfolgte. Man schickt den Bundesrechnungshof, eine hochachtbare und sehr verdienstvolle Einrichtung, in die Institute, und irgendein braver Amtsrat prüft dann die Rechnungen nach den Maßstäben, die er bei der Eisenbahn oder in irgendeinem Ministerium anzulegen hat. Da wird mir gesagt, ein Abteilungsleiter — ein Mann, der etwa mit einem Ministerialrat zu vergleichen ist — habe einmal, als er nach Frankfurt gefahren sei, statt einer Taxe die Straßenbahn nehmen sollen. Das paßt einfach nicht in den Rahmen der Arbeit in einem solchen Institut. Ich kann nicht Leuten, von denen ich hochqualifizierte wissenschaftliche Leistungen verlange, mit solchen kleinlichen Einwendungen kommen. Ich bin im Gegenteil froh, wenn sie durch Benutzung aller denkbaren modernen Mittel ihre Zeit ausnutzen und so schnell wie möglich nach Berlin zurückkehren.
Was nun die Organisation betrifft, so wissen wir — und dazu muß ein Wort gesagt werden —, daß das Verhältnis zwischen Bund und Ländern der vernünftigen und zweckmäßigen Organisation dieses Arbeitsgebietes hinderlich im Wege steht.
Ich stehe nicht an — Frau Kollegin Vietje, Sie haben mir das damals ein wenig verargt —, auch heute an dieser Stelle zu sagen, daß ich die gegenwärtige Regelung nicht für glücklich halte. Selbstverständlich — das ist kein Geheimnis — werden die Angehörigen einer großen Partei wie der unseren, die sich aus so unzähligen Bevölkerungsgruppen aus den verschiedenen Landschaften zusammensetzt, in diesem Punkt verschiedener Ansicht sein. Es wird auch bei Ihnen nicht anders sein. Ich nehme an, Ihr Kollege Brandt — ich sehe ihn nicht im Hause — denkt hierüber auch anders
als Ihr Parteifreund Hoegner in München; das ist klar.
Aber die Aufgaben, die unsere Parteien zu erfüllen haben, können wir nur lösen, wenn wir das mit einer gewissen Duldsamkeit tun. So möchte auch ich sagen: ich werde nicht aus diesem Anlaß das Kriegsbeil mit dem Ziel einer Einschränkung des Föderalismus und einer stärkeren Betonung des Zentralismus ausgraben, wie es mir als Berliner vielleicht naheliegt. Wir werden jedenfalls diesen Streit nicht auf dem Rücken der Wissenschaft austragen und werden deshalb bei dieser Gelegenheit versuchen, ohne einen solchen Streit auszukommen.
Das ist einer der Gründe, weshalb ich den sozialdemokratischen Gesetzentwurf nicht für glücklich halte: weil er an diesen wunden Punkt rührt und weil er ohne einen Streit mit den Ländern wahrscheinlich gar nicht durchgeführt werden könnte. Das ist einer der Gründe, Herr Minister, weshalb ich durchaus bereit bin, der technischen Lösung zuzustimmen, die Sie hierzu vorgeschlagen haben. Ob das später einmal anders gemacht werden kann — Frau Kollegin Weber, Sie werden mir das nicht übelnehmen —, ist eine andere Frage; da mag der eine oder andere seine Hoffnung haben. Ich könnte mir denken, daß, wenn wir mal Gesamtdeutschland bekommen, es zu einer etwas gesünderen Regelung kommt.
Ich habe mit großem Interesse einen Bericht der OEEC, also der Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit, vom Jahre 1952 gelesen. Die OEEC hat im Jahre 1952 eine Kommission durch eine große Reihe europäischer Länder geschickt, um die Organisation der wissenschaftlichen Forschung zu studieren. Sie hat vieles auch bei uns vorbildlich gefunden, hat aber mit der vorsichtigen Diplomatie, mit der man so etwas in internationalen Organisationen auszudrücken liebt, gesagt: „Schwer erklärlich blieb die relativ schwache Stellung der Bundesbehörden auf diesem Gebiete." Sie sehen also, daß das auch vom Standpunkt einer ganz neutralen und außerhalb Deutschlands arbeitenden Organisation eine nicht ganz leicht begreifliche Schwäche der Organisation unserer Wissenschaft darstellt. Vielleicht gibt uns das Anlaß zum Nachdenken. Ich meine jedenfalls, daß wir auf die Dauer um eine bessere Lösung dieser Fragen nicht herumkommen. Aber es ist hier nicht der Ort und jetzt nicht der Anlaß dazu. Wir wollen bald eine vernünftige Organisation haben. Wenn das im Wege einer freiwilligen Vereinbarung zwischen Bund und Ländern möglich ist, soll das auch denen unter uns recht sein, die vielleicht eine etwas weniger föderalistische Förderung der wissenschaftlichen Forschung f zweckmäßig halten.
Nun noch ein paar Worte zur finanziellen Leistung. Der Herr Minister hat mit Recht auf die durchaus bemerkenswerte Stellung hingewiesen, die wir innerhalb der westeuropäischen Länder einnehmen; er hat die Zahlen über den Anteil am Sozialprodukt ja veröffentlicht. Die Zahlen wirken leider reichlich anders, wenn wir sie mit denen der Vereinigten Staaten oder der Sowjetunion vergleichen. Das Verhältnis von Westeuropa zu den USA und dann zur UdSSR ist ungefähr wie 1 : 2 : 4. Ich bin keineswegs geneigt, von irgendeiner Demontage zu sprechen, wie man uns das gelegentlich vorhält. Das war sehr falsch, aber auch sehr töricht. Ich glaube, da wir nun einmal in dem großen Ringen mit der östlichen Welt stehen, sollten wir uns sehr wohl überlegen, daß wir auch auf diesem
Gebiet unsere Kraft mehr als bisher anzustrengen haben.
Wenn wir daher zu den notwendigen Opfern kommen, dann wollen Sie diese Zahlen bitte im Auge behalten. Aber, meine Damen und Herren, etwas ganz Tröstliches zeigt uns auch wieder die leidige Statistik. Sie entschuldigen, wenn ich hier wieder einmal Zahlen nenne. Ich stand bisher etwas unter dem Eindruck, daß die Leistungen für die Förderung der Wissenschaft nicht ganz mit dem märchenhaften Aufschwung unserer Wirtschaft, mit jenem berühmten Wirtschaftswunder Schritt gehalten hätten.
— Diese Auffassung, lieber Kollege Schröter, ist nicht richtig. Im Statistischen Jahrbuch, wo das Statistische Bundesamt die Dinge nachgewiesen hat, können Sie sehen, daß der Anteil der Volksbildung und der wissenschaftlichen Forschung am deutschen Sozialprodukt in den letzten Jahren nicht abgesunken, sondern gestiegen ist. Es ist nicht viel, es ist aber immerhin ein gewisser Trost.
— Das ist nicht richtig, Kollege Schröter. Wir haben jedenfalls keinen Anlaß, auf diesem Gebiete klein von uns zu denken. Wir wollen uns nichts vormachen, wir wollen uns nicht in irgendwelchen Illusionen bewegen, aber wir wollen auch nicht in irgendeinen Pessimismus verfallen oder gar eine Kritik mitmachen, die unserer Situation nicht gerecht wird.
Nun komme ich zum Forschungsrat. Ich habe dazu einige Wünsche anzumelden. Ich habe bereits angedeutet, daß wir — ich spreche hierbei durchaus auch im Namen meiner politischen Freunde — damit einverstanden sind, daß die Regelung nicht durch Gesetz erfolgt. Wir sehen ein, daß das zu lange Zeit in Anspruch nehmen würde und angesichts der unsicheren grundgesetzlichen Rechtssituation unter Umständen zu weitreichenden und das Ganze lähmenden Streitigkeiten führen würde. Ich wäre dankbar, wenn sich auch unsere sozialdemokratischen Kollegen dieser Auffassung anschließen wollten.
Wenn wir dabei etwas erreichen wollen, so scheint mir dafür der vom Herrn Minister angedeutete Weg richtig zu sein. Ich würde es aber sehr begrüßen — nicht aus irgendeiner parlamentarischen Eitelkeit heraus, sondern um diesem neuen Gebilde von vornherein eine gute vertrauensmäßige Beziehung zur Volksvertretung zu sichern —, wenn wir in irgendeiner Form, sei es etwa im Ausschuß für Kulturpolitik, Gelegenheit hätten, diese Neuschöpfung, ehe sie rechtswirksam wird, zu erörtern. Ich glaube, daß sich eine solche Möglichkeit unschwer schaffen ließe.
Zweitens möchte ich dringend empfehlen, dafür zu sorgen, daß der Wissenschaftsrat, der hoffentlich zustande kommen wird, auch wirkliche Kompetenzen erhält. Er darf nicht so eine schöne Form haben, bei der die Leute das Gefühl haben: da ist ja nun endlich mal etwas geschehen, während er im Grunde nichts zu sagen hat. Wir werden niemals erreichen, daß die führenden Männer und Frauen der deutschen Wissenschaft in ein solches Organ
hineingehen, wenn dieses nur beratende, gewissermaßen dekorative Funktionen haben wird. Dieses Organ soll ja auch Autorität ausüben. Es soll nicht bloß Ratschläge geben, sondern es soll gegenüber der Regierung, dem Parlament, der Wirtschaft, ja der Bevölkerung auch mit einer gewissen Autorität sprechen können. Dann werden wir es viel eher erreichen, daß für unsere Sache auch etwas Gutes dabei herauskommt. Ich empfehle dringend, ebenfalls die Vertreter der Wissenschaft hierbei nicht nur als Dekoration anzusehen, sondern die Wissenschaft soll — ich glaube, ich habe Sie recht verstanden, es ist bei Ihnen wohl schon so vorgesehen — hierbei auch wirklich die entscheidende Mitwirkung erhalten und nicht nur mit freundlichem Rat am Rande stehen.
Sehr dankbar sind wir — und ich glaube, auch das darf ich im Namen meiner politischen Freunde aussprechen —, daß Sie, Herr Minister, den staatlichen Dirigismus bei dieser Gelegenheit unter allen Umständen ablehnen. Sie haben sehr schöne und erfreuliche Worte zur Notwendigkeit der Freiheit der wissenschaftlichen Forschung gefunden. Das soll nicht nur eine Deklaration sein, Herr Minister, sondern wir wünschen, daß es in der praktischen Arbeit auch so durchgeführt wird. Ich habe da ja einige Beispiele angeführt. Ich bin selber einmal in der Verwaltung gewesen und weiß, wie nahe bürokratische Einwirkungen liegen. Da muß von vornherein von oben her, vom Minister, vom Kabinett her eine klare und feste Haltung eingenommen werden, damit nicht die untergeordneten Organe ihre finanziellen Einwirkungsmöglichkeiten mißbrauchen, um der Forschung Fesseln anzulegen, die sie nicht tragen kann, ohne in ihrer Leistung nachzulassen.
Sodann würde ich meinen — Sie haben es auch bereits angedeutet —, daß wir von vornherein eine gewisse Dezentralisation vorsehen sollten. Wir beobachten eine solche in der Forschungsgemeinschaft, meiner Ansicht nach mit vielem Erfolg. Die Forschungsgemeinschaft arbeitet meiner Meinung nach überhaupt ausgezeichnet. Die Forschungsgemeinschaft hat Fachausschüsse gebildet, die in einer gesunden Mischung von zentraler Gesamtlenkung und von fachlicher Arbeit tätig werden, und das sollte auch der Wissenschaftliche Rat übernehmen. Jener OEEC-Bericht, den ich vorhin zur Frage der Seltsamkeit der deutschen Bundesorganisation zitierte, führt eine Reihe von wertvollen Beispielen, namentlich aus Schweden, dafür an, wie man diese Sache, die ja alle Länder beschäftigt, durch eine gewisse Dezentralisation mit gutem Erfolg ordnen kann. Ich glaube, man sollte nicht warten, bis das der Wissenschaftsrat von sich aus in die Hand genommen hat, sondern sollte das nun gleich von vornherein in der Satzung vorsehen.
Damit meine Damen und Herren, komme ich zum Schluß. Zu einigen Punkten werden noch mein Kollege Vogel und mein Kollege Gontrum etwas zu sagen haben. Ich möchte nur im allgemeinen für uns betonen, daß wir die Notwendigkeit durchgreifender organisatorischer und finanzieller Maßnahmen durchaus bejahen und bereit sind, die Bundesregierung in allem, was sie auf diesem Gebiet zu tun hat, zu unterstützen. Wir wünschen, daß die Lehrkörper und vor allen Dingen die Lehrstühle wesentlich vermehrt werden. Ich möchte mich auf keine Zahl festlegen, meine aber in der Tat, daß eine 50%ige Vermehrung für die nächsten Jahre das Ziel sein sollte. Wir wünschen eine bessere technische Ausstattung, eine bessere Besoldung, eine bessere, umfassendere und systematischere Unterstützung der Studenten. Wir wünschen ein strengeres Hinwirken auf Qualitätsleistung und wollen auch nicht davor zurückschrecken, wirklich hervorragende Leute ganz außerhalb der allgemeinen Regelung zu bevorzugen, damit sie auch Freude an ihrer besonderen Leistung haben.
Wir wünschen mit der Bundesregierung keinerlei Verstaatlichung. Wir sind der Ansicht, daß das verderblich wäre, und wollen jedenfalls in dieser Hinsicht nichts von dem großen östlichen Nachbarn annehmen.
Kurz, meine Damen und Herren, wir wünschen bessere Ordnung in der Forschung und wünschen mehr finanziellen Aufwand. Unsere sozialdemokratischen Freunde haben hier noch nicht die Forderung wiederholt, die sie gestern in einer Pressekonferenz aufgestellt haben und die ich nicht ganz ohne Verwunderung gehört habe. Ich habe selten das Bedürfnis, zur Opposition zu gehören. Aber, Kollege Kahn-Ackermann, in diesem Falle würde ich sehr gern zur Opposition gehören und gern auch solche schönen Traumschlösser aufbauen, wenn es da nicht auf Milliarden und nicht auf einen kleinen Konflikt mit der Bundesregierung und mit dem Grundgesetz ankommt. Wir sind in allem mit Ihnen einig; bloß in dem einen unterscheiden wir uns von Ihnen: wir sind nun einmal eine verantwortliche Regierungspartei und müssen deshalb sorgfältiger und verantwortlicher darauf schauen, daß die nun einmal für die Regierung gezogenen Grenzen eingehalten werden.
Meine Damen und Herren, seien wir uns aber darüber klar — und da stimmen wir mit den Ausführungen der Vorredner überein —, daß hier große, womöglich entscheidende Fragen auf dem Spiele stehen. Lassen wir uns nicht verwöhnen durch den verhältnismäßig ruhigen Zustand, den wir auf dem Gebiet der internationalen Politik und Wirtschaft haben. Es kann sehr wohl sein, daß einmal die Zeit eines schweren Wettbewerbskampfes auch lauf 'wirtschaftlichem Gebiete wiederkehrt, und dann kann Lebenswichtiges davon abhängen, ob wir unsere wissenschaftliche Rüstung rechtzeitig bereitgestellt haben. Das ist dann nicht zu improvisieren, sondern die Dinge, um die es sich hier handelt und von denen wir gesprochen haben, lassen sich nur auf lange Frist in vernünftiger Voraussicht, mit viel Geduld und mit großen Mitteln erreichen.
Ich glaube, es wäre schade, wenn für diese Aufgabe das deutsche Parlament sich als zu schwach erwiese.
Das Wort hat der Abgeordnete Kahn-Ackermann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Hause liegen ein Initiativgesetzentwurf der SPD über die Errichtung eines Deutschen Forschungsrates und ein einstim-
mig verabschiedeter Antrag des Kulturpolitischen Ausschusses zur Besserung und Behebung der Mängel bei der Ausbildung von wissenschaftlichem und technischem Nachwuchs vor.
Im ersten Fall haben wir bisher von der Regierung nichts anderes gehört als eine mit politischen Schlagworten begründete Ablehnung.
Im zweiten Fall, wo wir erwartungsvoll waren — immerhin steht 'in dem Antrag des Ausschusses allerhand drin, und er ist mit den Stimmen der Regierungsparteien verabschiedet worden —, haben wir gar nichts gehört; denn was hier bisher gesagt worden ist, enthält nach meiner Meinung kaum irgendeinen konkreten Vorschlag, wie die Anregungen in der Praxis verwirklicht werden können.
Ich möchte mich zunächst mit der Kritik des Herrn Ministers Schröder an unserem Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung eines Deutschen Forschungsrates auseinandersetzen. Herr Minister, ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß Sie weder unser Wollen noch den Inhalt dieses Gesetzes begriffen haben. Sie haben davon geredet, daß in diesem Gesetz ein Dirigismus ausgedrückt werde, daß man mit ihm beabsichtige, die Universitäten und die ganze Wissenschaft einer Kontrolle zu unterwerfen. Ich möchte Ihnen sagen: Verfallen Sie doch nicht in die Gewohnheit Ihrer Parteifreunde, nach der sie so oft verfahren, wenn es sich um einen sozialdemokratischen Gesetzentwurf handelt, mit dem Schlagwort „Dirigismus" hier einen Popanz aufzurichten, auf den man hinterher mit Knüppeln draufschlagen kann!
Dieser Gesetzentwurf will etwas ganz anderes als Dirigismus und Kontrolle von Wissenschaft und Forschung. Im Gegenteil! Wir wollen mit diesem Gesetzentwurf versuchen, eine organische Zusammenarbeit zwischen Politik und Wissenschaft herbeizuführen, die es heute in der Bundesrepublik überhaupt noch nicht gibt. Das ist das entscheidende Anliegen, das wir hier vertreten.
Der modernen Wissenschaft und Technik fallen im Staat von heute und von morgen völlig andere Rollen zu als in der Vergangenheit. Das sollte eine Regierung, die sich mit den Zeiterscheinungen auseinandersetzt, begriffen haben. In anderen Ländern hat man das begriffen. Auch Ihnen, meine verehrten Herren von der Regierung, dürfte nicht ganz unbekannt sein, was für Entwicklungen und Institutionen beispielsweise Großbritannien und' die Vereinigten Staaten von Amerika — denen Sie wahrlich nicht unterstellen werden, daß man dort auf einen Wissenschaftsdirigismus aus sei — in den Jahren nach dem Kriege hervorgebracht haben. Ich erwähne das in ,diesem Zusammenhang, weil der Herr Minister so getan hat, als wollten wir mit diesem Gesetzentwurf die Wissenschaftler vergewaltigen.
Ich möchte hierzu an Sie, Herr Minister, die Frage richten, ob Sie die Berichte über die dramatischen Entscheidungen gelesen haben, die amerikanische Wissenschaftler auf dem Gebiet der Politik zu treffen hatten, als es sich um die Fragen der Anwendung und der Weiterentwicklung der Atombombe und der Wasserstoffbombe handelte, politische Entscheidungen, denen sie, wie sie heute selber zugeben, damals nicht gewachsen waren, aus dem einfachen Grunde, weil die Rollen, die Wissenschaft und Politik in der Gesellschaft zu spielen haben, in der damaligen Zeit noch nicht so aufeinander abgestimmt waren, wie es das Atomzeitalter anscheinend erfordert.
Wir wünschen, daß mit diesem Gesetz in der Bundesrepublik der Anfang gemacht wird, ein Gremium zu schaffen, das, weit über den Parteien stehend, sich mit den Fragen der Zuordnung der Dinge im Staat beschäftigt, zu denen morgen zweifellos in erhöhtem Maße auch die Fragen von Wissenschaft und technischer Entwicklung gehören. Ja, wir sind sogar der Meinung, daß dieses Gremium diesem Hause sehr nützlich sein wird. Wir haben es doch oft genug erlebt, daß wir in der ständigen Tagesroutinearbeit, in der wir uns befinden, die größten Schwierigkeiten haben, eine sichere Rangordnung der wirklich vor uns liegenden großen Aufgaben festzulegen. Dabei könnte uns ein solcher Forschungsrat sehr behilflich sein.
Ich möchte in diesem Zusammenhang bloß daran erinnern, daß beispielsweise die amerikanische Regierung, die ja ein solches Instrument besitzt — und zwar ein sehr gut arbeitendes Instrument —, nicht mehr darauf verzichten würde, daß ihre Entscheidungen von einer ganzen Reihe wissenschaftlicher Gremien, die zu diesem Forschungsrat — er nennt sich dort ein wenig anders — beim Präsidenten gehören, weitgehend beeinflußt werden und daß man dort von diesen Methoden wissenschaftlicher Ordnung und der Erforschung der allgemeinen Situation für die Regierungsarbeit längst Gebrauch gemacht hat.
Sie haben uns vorgeworfen, wir mißachteten ein Prinzip, das bei uns in der Bundesrepublik gute Tradition geworden sei, nämlich das Zusammenwirken von wissenschaftlicher Lehre und Forschung an unseren Universitäten. Ich muß Ihnen erwidern, Herr Minister, daß es an manchen Fakultäten mancher Universitäten durch den Lehrbetrieb fraglich geworden ist, ob die Forschung überhaupt noch in dem Maße durchgeführt werden kann, wie sie für unseren Universitätsbetrieb notwendig ist. Auch das ist ja eines der Ziele, die wir mit unseren Vorschlägen erreichen wollen: daß hier eine Änderung eintritt und die Forschung wieder den Platz an unseren Universitäten erhält, der ihr zukommt. Diesen Platz hat sie nämlich heute nicht mehr.
Dieser Gesetzentwurf will keineswegs - wie Sie sagen — eine starre neue Institution — über Einzelheiten, wie es gemacht werden soll, kann man sich noch streiten —, sondern eine selbständige Körperschaft, die alle die Probleme, die heute im Staat auftauchen und in der Zukunft eine ganz große Rolle spielen werden, untersuchen soll, die festlegen soll: „Was muß getan werden?" oder „Was sollte getan werden?", und solche Empfehlungen an die Regierung und das Parlament weitergeben soll. Sie werden nicht leugnen können, daß im Rahmen der auf uns zukommenden Probleme in der neuen Gesellschaft, die ja durch all diese technischen Neuerungen, durch diese tiefgreifenden Revolutionen mit beeinflußt wird, auch die Beschäftigung mit dem Problem der Kontrolle der Macht im demokratischen Staat eine der Aufgaben sein könnte, die uns obliegen. Hier ist ja kein vollständiger Katalog herausgestellt worden, sondern hier ist nur auf einige sehr wichtige Aufgaben hingewiesen worden.
Außerdem, Herr Minister: Glauben Sie nicht, daß es vielleicht im Zuge kommender Entwicklungen gerade im Hinblick auf die durch Kernspaltung gewonnene Energie durchaus möglich sein könnte, daß wissenschaftliche Erkenntnisse dazu beitragen, neue Machtkonstellationen im Staate zu schaffen, mit denen wir bisher noch gar nicht zu tun gehabt haben und mit denen wir in Zukunft fertig werden müssen? Glauben Sie nicht, daß man sich von vornherein auf solche Aufgaben vorbereiten sollte?
Dieser Forschungsrat soll nichts zu tun haben etwa mit Vorschlägen, wie man nun im einzelnen praktische Finanzierungsaufgaben der deutschen Forschung löst. Das muß ein anderes Gremium tun, und dieses Gremium soll ja auch nach dem Willen der Ministerpräsidenten geschaffen werden. Es wird die Aufgabe haben, in Zusammenarbeit mit Bund und Ländern die Wege zu finden, wie man die vor uns liegenden Aufgaben auf diesem Gebiete am besten finanziert. Aber dieser Forschungsrat soll unabhängig die ganze Situation, soll alles untersuchen, was mit unserem Anliegen sowie mit der Entwicklung der Gesellschaft und des Staates zusammenhängt. Hier dreht es sich um viel mehr als nur um die Frage, ob wir morgen vielleicht 50 000 Ingenieure mehr ausbilden müssen oder ob wir unsere Bemühungen auf dem einen oder anderen Gebiet der angewandten Forschung verstärken sollen.
Auch die in unserem Antrag erwähnten Aufgaben sind untrennbar verbunden; sie beziehen sich auf die Lösung von Situationen auf Gebieten, die hier gar nicht angesprochen worden sind. Sie können — um hier nur ein Beispiel zu nennen — nicht eine Förderung des Nachwuchses für die kernphysikalische Forschung betreiben, wenn Sie nicht darangehen, sich damit zu beschäftigen, wie die Verhältnisse an unseren höheren Schulen sind, wo ja der Nachwuchs zum Studium dieser Fachrichtung angeregt werden soll. Hier möchte ich Ihnen sagen, daß es nach den Erfahrungen von Ländern, die auf diesem Gebiet wesentlich weiter sind — sowohl Großbritannien wie die USA —, entscheidend darauf ankommt, was für Mathematiklehrer man auf der höheren Schule hat, wieviel man hat, ob der Nachwuchs in dieser Kategorie gesichert ist und in welchem Umfang die Lehrer es verstehen, die Schüler schon in einem frühen Stadium für diese Probleme zu interessieren. Es nützt nicht, lediglich Geld zum Ausbau von Ingenieurschulen zu geben und neue Dozenturen an den Universitäten zu errichten, sondern hier muß zugleich auf den unteren Stufen unserer Bildungseinrichtungen nachgefaßt werden. Wenn wir das versäumen und nicht in einem Zug mit in Angriff nehmen, werden wir hier in einigen Jahren ein großes Fiasko erleben.
In diesen Zusammenhang gehört — wenn man das vielleicht auch nicht gern hört — ohne Zweifel auch das Problem des Schulhausbaus. Wir können an höheren Schulen, an denen wir Klassenbelegungen mit 45 und mehr Schülern haben — und das ist doch die Regel in der Bundesrepublik —, keinen Unterricht gewährleisten, der es möglich macht, junge Menschen individuell zu fördern und ihr Interesse von vornherein an gewisse wissenschaftliche Fachrichtungen zu binden.
Hier möchte ich Sie, meine Herren von der Regierung, ausdrücklich darauf aufmerksam machen, daß unser Förderungsprogramm — ich muß noch einmal sagen: von ihm haben Sie eben leider nicht gesprochen — auch beinhaltet, daß dieses Haus und speziell der Haushaltsausschuß sich mit der Frage befassen müssen, ob der Bund endlich darangehen wird, in diesem Jahr seine Verpflichtungen nach Art. 120 des Grundgesetzes auf dem Gebiet des Schulhausbaus zu erfüllen. Man sage Mir nicht, daß es hier keine Verpflichtungen gebe. Ich darf Sie, Herr Minister Schröder, vielleicht darauf aufmerksam machen, daß Ihr Kollege Schäffer schon vor Jahren im 1. Bundestag ausdrücklich diese Verpflichtung des Bundes festgehalten hat. Ich möchte Sie bitten, das Protokoll der 73. Sitzung des Bundestages vom 12. Juli 1950 nachzulesen, wo Ihr Kollege Schäffer ausgeführt hat, daß im Augenblick zwar die durch den Krieg verursachten Soziallasten vorgezogen würden, daß man sich später aber auch mit den anderen Kriegsfolgelasten des Bundes werde beschäftigen müssen, und als solche hat er ausdrücklich die Mehraufwendungen auf dem Gebiet des Schulwesens ,als Folge kriegsbedingter Zerstörungen genannt. Um dieses Problem hat sich leider die Bundesregierung seit dem Jahre 1950 nicht mehr gekümmert, sehr zum Schaden unseres Bildungswesens und auch zum Schaden der Entwicklung in Forschung und wissenschaftlicher Lehre. Ich muß das hier festhalten.
Ganz bestimmt wird nachher, wenn diese Fragen diskutiert werden, von Ihrer Seite der Einwand kommen, eine solche Verpflichtung könne nur gefordert werden, wenn auch die Länder in ihrem Rahmen das Menschenmögliche dazu beitrügen. Ich will mich im Augenblick gar nicht damit beschäftigen, ob das der Fall ist. Wir müssen zunächst einmal feststellen, daß andere Länder, die wissen, um was es geht, ein gewisses Verhältnis zwischen ihrem Nationaleinkommen und den Aufwendungen für das Bildungswesen, für Wissenschaft und Forschung herstellen. Es mag überraschen. daß sowohl die Sowjetunion wie die Vereinigten Staaten beinahe so viel Geld für diese Gebiete aufwenden wie für ihre Rüstung, ungefähr 90 % ihrer Rüstungsausgaben. Niemand in diesem Hause wird mir sagen können, daß in der Bundesrepublik gegenwärtig ein Betrag von 8 Milliarden für diesen Zweck aufgewandt wird. Nach den Unterlagen, die wir dem Herrn Minister verdanken, kommt gegenwärtig, wenn wir die Aufwendungen von Bund und Ländern zusammenrechnen, ein Betrag von ungefähr 5 Milliarden heraus. Hier ist eben das Wort von einem „illusionären Schloß" gefallen, das sich anscheinend auf unseren Antrag bezog, etwa 1,1 Milliarden in den Bundeshaushalt einzustellen. Herr Kollege Friedensburg, Sie werden nicht leugnen können, daß die rund 41/2 Milliarden, ,die die Länder im Augenblick für diesen Zweck aufwenden, in einem sehr schlechten Verhältnis zu den rund 170 oder 180 Millionen stehen, die der Bundeshaushalt dieses Jahres enthält. Ich habe dabei die Aufwendungen für die militärische Forschung abgezogen; andernfalls würde sich die Summe verdoppeln. Aber ich glaube, man kann sie hier nicht zuordnen. Zwischen der militärischen Forschung und der anderen Forschung muß ein gewisses Verhältnis herrschen, und auch der Herr Minister Strauß würde fehlgehen, wenn er glaubte, daß er diese Summe nur für die Zweckforschung seines Hauses ausgeben könnte, ohne andere Aufgaben zu berücksichtigen. — Bitte schön, Herr Kollege Vogel!
Darf ich eine kurze Zwischenfrage stellen? — Ist Ihnen bekannt, Herr
Kollege Kahn-Ackermann, daß 90 % der Ausgaben für die ,gesamten USA-Forschungsaufträge Aufträge betreffen, die von Militärseite gestellt werden?
Das ist mir bekannt, Herr Kollege Vogel. Aber ich möchte Sie nun meinerseits fragen: Ist Ihnen bekannt, daß ein hoher Prozentsatz dieser Forschungsmittel ohne irgendeine militärische Zweckbindung an die amerikanischen Universitäten gegeben wird? Deren Anteil an dieser Summe beträgt ca. 30 %. Das sind, nach D-Mark gerechnet, Milliardenbeträge, Herr Kollege Vogel. Ich habe mir das sehr genau angesehen, und ich kann Ihnen nach dieser Debatte sogar schwarz auf weiß die Unterlagen darüber aus amerikanischen Regierungsquellen vorlegen, falls Sie das möchten.
Die Frage, die es hier zu entscheiden gilt, heißt ganz einfach: Geben wir einen angemessenen Teil unseres Steueraufkommens für das Bildungswesen, für die Forschung und die Wissenschaft aus? Ich möchte sagen: wir geben nicht den angemessenen Teil aus. Wenn man allerdings auf dem Standpunkt steht, daß die Aufgaben unseres Bildungswesens, der Wissenschaft und der Forschung den Verteidigungsaufgaben und den allerdringendsten Staatsaufgaben nicht gleichrangig sind, dann kann man natürlich zu der Auffassung kommen, das sei nicht notwendig. Wir sind allerdings der Meinung, daß das im Hinblick auf die kommenden Aufgaben und die kommende Entwicklung auf diesem Sektor das Thema Nr. 1 einer Bundesregierung sein sollte.
Lassen Sie mich noch ein paar Worte über die Förderung der Studenten sagen, eine Frage, die hier auch erörtert worden ist. Es wird so getan, als ob wir Sozialdemokraten einer Entwicklung das Wort reden, durch die eine Studentenschaft im Staatssold geschaffen wird. Nichts ist so unwahr wie das. Wir alle haben uns einmal auf das Honnefer Modell geeinigt. In unseren Anträgen steht, daß die Förderung nach dem Honnefer Modell erfolgen soll. Das setzt voraus, daß der Student in den ersten Semestern noch ein bißchen als Werkstudent nebenbei arbeitet, und das schließt Darlehen in späteren Phasen ein. Plötzlich werden wir angeprangert, daß wir Entwicklungen fördern wollten, die denen in den Ostgebieten ähnlich seien. Ich muß sagen, das ist eine unanständige Unterstellung.
Niemals ist bei uns von etwas anderem die Rede gewesen als von einer Förderung nach dem Honnefer Modell.
Ich habe den Eindruck, daß am Schluß der Haushaltsberatungen, obwohl jetzt anders geredet wird, das Ergebnis etwa so aussehen wird — ich entnehme das auch den Ausführungen, die der Herr Bundeskanzler etwas orakelhaft gemacht hat, bevor er in seinen Urlaub gefahren ist —, daß die 100 oder 110 Millionen für die Studienförderung von diesem Hause bereitgestellt werden. Man darf aber nicht übersehen — das wird aber anscheinend
übersehen —, daß die Zahl der Studierenden an den deutschen Hochschulen gewaltig steigt, nach den amtlichen Unterlagen pro Jahr um etwa 20 000. Sie wollen es also auf sich nehmen, die Dinge treiben zu lassen oder eine ungenügende Vorsorge zu treffen, obwohl Sie wissen, daß wir in zwei Jahren wahrscheinlich 35 000 Studierende mehr haben werden. Sie wollen offensichtlich auch nicht darangehen — ich habe von einem entsprechenden Programm hier nichts vernommen —, etwas zur Vermehrung von Dozentenstellen und zur Inangriffnahme von Baumaßnahmen zu tun, die unbedingt notwendig sind. Nichts anderes aber wollen wir mit unseren Anträgen, die nach sehr sorgfältigen Beratungen und in Übereinstimmung mit den Länderregierungen, den Kultusministerien der Länder und der Rektorenkonferenz aufgestellt wurden. Sie enthalten das Minimum dessen, was im Jahre 1957 getan werden müßte.
Der Herr Kollege Friedensburg hat gesagt, die Entwicklung in der Sowjetunion und in den Oststaaten sei beunruhigend, aber es sei vielleicht nicht alles so. Andere Stimmen, die ich gehört habe, sagen, diese Staaten seien weit davon entfernt, große Erfolge errungen zu haben; das sei alles nicht so furchtbar ernst zu nehmen. Solche Worte sind in der Vergangenheit auch gefallen. Ich möchte hier nur darauf hinweisen, daß beispielsweise ein Mann wie Professor Teller, einer der berühmtesten amerikanischen Atomwissenschaftler, der die Gunst — das ist ein Ausnahmefall —aller amerikanischen Regierungen seit 1939 genossen hat, also eine der ersten Kapazitäten auf seinem Gebiet ist, vor wenigen Wochen die amerikanische Regierung darauf aufmerksam gemacht hat, daß selbst das umfangreiche Förderungsprogramm der Amerikaner für Wissenschaft, Schule und Forschung nicht ausreicht.
Ich möchte hier ausdrücklich darauf hinweisen, daß auch die Amerikaner ein umfangreiches Förderungsprogramm für das Schulwesen in Angriff genommen haben, weil sie erkannt haben, daß es ohne das nicht geht. Dieser Mann hat also der Regierung gesagt: Die Russen überflügeln uns in wenigen Jahren; die Entwicklung ist nicht aufzuhalten, wir haben zu spät angefangen, und es wird wahrscheinlich über ein Jahrzehnt dauern, bevor wir die Russen wieder einholen können.
Herr Minister, sagen Sie der Bundesregierung, daß sie solche Mahnungen nicht in den Wind schlagen soll. Was wir in diesem Jahr fordern, ist ein Mindestprogramm dessen, was getan werden müßte. Wir müssen in diesem Jahr endlich damit anfangen, und es genügt nicht, jetzt einige Millionen für die Studenten zu geben. Zugleich muß von seiten des Bundes etwas für die Hochschullehrer, für die Vermehrung der Stellen, für die Bauten, für die Ingenieurschulen und für den Schulhausbau getan werden.
Herr Abgeordneter Kahn-Ackermann, gestatten Sie eine Frage des Abgeordneten Dr. Friedensburg?
Ja, bitte schön.
Herr Kollege Kahn-Ackermann, Sie haben soeben sehr allge-
mein gesagt, ein amerikanischer Sachverständiger ersten Ranges habe behauptet, daß die Vereinigten Staaten im Begriff seien, von der Sowjetunion überflügelt zu werden. Es handelt sich um ein Gebiet, das mich sehr beschäftigt. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir das präzisieren wollten. Ich habe Sorge, wenn eine solche allgemeine Behauptung hier in der deutschen Volksvertretung ausgesprochen wird, ohne daß sie näher präzisiert wird.
Herr Abgeordneter Dr. Friedensburg, die Einrichtung der Zwischenfrage ist geschaffen worden, damit Fragen gestellt werden können, nicht, damit Bemerkungen gemacht werden können.
Herr Kollege Friedensburg, auch wenn es keine Frage war: ich werde Ihnen die Unterlagen gerne geben. Es handelt sich um ein Hearing vor dem amerikanischen Senat. Sie können darüber also eine Drucksache der amerikanischen Regierung bekommen.
Darf ich noch einmal fragen, um welches Gebiet es sich handelt: Gilt das ganz allgemein?
Es dreht sich wohlgemerkt um die allgemeine Wissenschaftsentwicklung.
Der Forschungsrat, den wir haben wollen, würde sich grundsätzlich von einem Regierungsgremium unterscheiden, wie es der Herr Minister haben will. Ein solches Regierungsgremium wird immer Pressionen auf Zweckforschungen unterworfen sein. Hier brauchen wir eine Institution, die warnend ihre Stimme erhebt, auch wenn beispielsweise zu viel auf dem Sektor der Naturwissenschaften und der Technischen Hochschulen getan wird. ohne daß man also ,daran denkt, daß in ,der gleichen Weise auch die Geisteswissenschaften — und zwar ganz allgemein — gefördert werden müssen. Auch das ist eine bittere Lehre, die bereits von Nationengezogen worden ist, die !auf diesem Gebiet schon etwas mehr als wir geleistet haben. Nur ein solches unabhängiges, gesetzlich fundiertes Gremium wäre unserer Meinung nach in der Lage, autoritativ — ich meine also, als Körperschaft, damit es das notwendige Gewicht hat — der deutschen Öffentlichkeit, der Regierung und dem Parlament zu sagen, wo es fehlt und was für Maßnahmen ergriffen werden müssen. Das hat nichts damit zu tun, daß schon einzelne Finanzierungsfragen geregelt sind. Hier dreht es sich nur um grundsätzliche Anregungen, die die Richtung anzeigen sollen und die uns bei der Lösung unserer Aufgaben in der Politik behilflich sein sollen.
Deswegen, glaube ich, verdient unser Gesetzentwurf etwas mehr Nachdenken und etwas mehr Würdigung, als der Herr Bundesminister des Innern ihm hat zuteil werden lassen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Vogel.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst einmal auf einige Punkte eingehen, die mein verehrter Herr Vorredner angeführt hat. Er hat einen weltberühmten Atomwissenschaftler — Professor Teller — zitiert; aber leider hat er ihn nicht vollständig zitiert. Wenn wir nämlich von Professor Teiler ausgehen wollen, Herr Kollege Kahn-Ackermann, dann können wir unsere Bemühungen sofort einstellen; denn Herr Professor Teller hat gesagt, es sei ganz sinnlos, jetzt noch etwas anzufangen. Der Vorsprung der anderen Seite sei so groß, daß er überhaupt nicht einzuholen sei. Man muß also mit derartigen Prophezeihungen sehr vorsichtig sein; sie haben sich in der Vergangenheit nicht gerade immer als richtig erwiesen.
Lassen Sie mich noch ein Zweites sagen! Sie haben in Ihrem Schlußsatz etwas gesagt, was keineswegs hier im Raume stehenbleiben darf. Sie haben der Regierung unterstellt, sie verbände mit ihren Vorschlägen 'eine Lenkung der Wissenschaft, eine zweckgebundene Auftragserteilung. Es ist Ihnen wie allen Mitgliedern des Hauses sehr genau bekannt, das wir seit Jahren die Grundlagenforschung der Forschungsgemeinschaft mit Millionenbeträgen dotieren, und Sie werden nicht in der Lage sein, auch nur in einem einzigen Fall nachzuweisen, daß die Regierung da etwa den Versuch gemacht hätte, in irgendeiner Weise dirigierend oder lenkend einzugreifen.
— Es ist auch kein Regierungsgremium geplant! Ich muß jetzt Ihnen den Vorwurf machen, daß Sie die Vorschläge des Herrn Bundesinnenministers nicht genügend gewürdigt haben. Der Herr Bundesinnenminister hat eine Reihe von Grundsätzen für die Vergabe aufgestellt, die völlig sichergestellt haben, daß von seiten der Regierung niemals dirigiert werden wird. Die Regierung hat in den vergangenen 71/2 Jahren den Beweis erbracht, daß es ihr mit dieser Auffassung ernst ist.
Lassen Sie mich, bevor ich zu anderen Fragen übergehe, auf eine Reihe weiterer Punkte eingehen, die in Ihrer Rede aufgetaucht sind. Sie haben etliche Vergleiche mit dem Ausland gezogen. Sie haben die Vereinigten Staaten als eines der Musterbeispiele der freien Welt hingestellt und ebenso England. Wer sich aber einmal das amerikanische System genauer ansieht, wird dort große Lücken sehen. Er wird feststellen, daß unmittelbar vor der letzten Präsidentenwahl in den VereinigStaaten eine große Denkschrift erschien, die sich mit der schreienden Not der Volksschulen in den Vereinigten Staaten befaßte: daß dort 80 000 Lehrer fehlen, daß dort, ich weiß nicht genau, hunderttausende Klassen keine richtige Unterkunft haben. Wenn das im reichsten Land der Welt sozusagen auf der untersten Ausbildungsstufe geschieht, sollte man in der Beurteilung der letzten Stufe etwas vorsichtiger sein. Es schickt sich nicht alles in den Vergleichen. Wir sind stolz darauf, daß wir in den Jahren nach dem Zusammenbruch zunächst einmal die vielen Volksschulen einigermaßen wiederaufgebaut haben.
Wenn wir auch nicht ganz damit zufrieden sind - -
Natürlich, sie werden auch noch auf ein paar Jahre hinaus fehlen, sie müssen auch noch fehlen. Aber wir dürfen nicht das Kind mit dem Bade ausschütten und alles in derselben Zeit herstellen wollen.
— Ich möchte Ihnen nur das eine darauf sagen: daß wir sehr stolz darauf sind, daß es uns gelungen ist, die Menschen vor dem Verhungern zu bewahren und daß wir sie kleiden und einigermaßen behausen konnten; das andere kommt jetzt nachher!
— Ich weiß nicht, was billiger ist, Ihr Vorwurf oder meine Feststellung.
Vergleichen Sie bei dem Problem, das hier aufgetaucht ist, mit den anderen Ländern! In England — um das nächste vergleichbare Land heranzuziehen — haben wir folgendes Problem vor uns. Wir haben eine stets wachsende Zahl von Studenten, das ist richtig, eine Zahl, die sich in den letzten Jahren um fast 10 000 pro Jahr vermehrt hat. Frage: War es wünschenswert, daß sie sich in bestimmten Kategorien überhaupt so vermehrte? Ich komme auch darauf noch zu sprechen. England hat gegenüber den 140 000 Studenten, die wir hier im Augenblick haben, nur 80 000 Studenten. Daß man mit dem Problem der 80 000 natürlich auch in der Vergabe der Stipendien etc. eher fertig werden kann als mit 140 000, liegt auf der Hand. Ich bitte aber eines zu bedenken: Wer in England — soweit ich darüber informiert bin
— ein solches Stipendium bekommt, muß sich in seinem Studiengang festlegen. Wenn dort jemand
— schon in Anlehnung an andere Modellfälle — vom Staat etwas bezieht, muß er dafür sozusagen in der einmal gewählten Richtung bleiben. Ich weiß nicht, ob das das für uns erstrebenswerte Modell ist.
Ich möchte noch ein drittes Problem behandeln. Hier ist gesagt worden, wir hätten an den Hochschulen einen Massenandrang, der dich von Jahr zu Jahr noch weiter steigern werde, und das, was bis jetzt vorgeschlagen worden sei, sei alles zuwenig. Mein Kollege Gontrum wird sich nachher speziell noch mit diesem Problem befassen. Aber ich möchte jetzt einmal fragen: Haben wir nicht allen Anlaß, an dieses Problem mit äußerster Sorgfalt heranzugehen? Ich stütze mich dabei auf eine Statistik, die zwar nur das Sommersemester 1955 umfaßt, die aber, fortgeschrieben, auch noch für 1956 ungefähr gelten sollte. Wir hatten im Sommersemester 1955 unter den Studenten 19 000 der Wirtschaftswissenschaften und 10 000 der Betriebswissenschaft gegenüber nur 18 000 der Geistes- und Kulturwissenschaften und 16 000 der Naturwissenschaften. Hier ist also ein offensichtliches Mißverhältnis, und wir werden uns fragen müssen, ob wir ein Interesse daran haben, eine so große, jährlich wachsende Anzahl von Studenten in einer Disziplin zu sehen, wo wir offensichtlich einen Angebotsüberschuß haben, während auf den Gebieten, wo wir eine Verstärkung lieber gesehen hätten, in den Geisteswissenschaften und in den Naturwissenschaften, offensichtlich ein Mangel besteht.
Auch hier taucht im Zusammenhang damit sofort das Problem der zu frühen Spezialisierung auf. Herr Kollege Kahn-Ackermann, ob wir richtig daran tun würden, wenn wir, wie es in anderen Ländern geschieht, dazu übergingen, bereits in einem sehr frühen Stadium, von der Mittelschule aufwärts, Spezialisten heranzubilden, weiß ich nicht. Das Problem der Wirtschaftsoberschulen wird auch heute noch unter den Erziehern heiß diskutiert, und die Erfahrungen, die man damit gemacht hat, sind nicht allseits befriedigend, obwohl der Andrang zu diesen Schulen sehr groß ist, Auch das ist eine Sache, die sehr ernst zu diskutieren sein wird.
— Ich bedauere sehr, aber dann haben Sie sich nicht so präzise ausgedrückt, wie Sie das eben nachträglich getan haben.
— Ich glaube immer noch sehr gute Ohren zu haben.
— Ich glaube, diese Eigenschaft teile ich mit Ihnen in auffallendem Maße.
Nun lassen Sie mich noch etwas zu dem sagen, was hier im Mittelpunkt der Ausführungen gestanden hat, die von Ihrer Seite gemacht worden sind. Ich komme damit zu der Verfahrensfrage überhaupt. Diese Debatte ist meiner Überzeugung nach um etliche Tage zu früh geführt worden. Es wäre viel vernünftiger gewesen, wenn wir diese Debatte im Besitz der Vorschläge der Ministerpräsidentenkonferenz geführt und dabei auch die Vereinbarungen oder die gegenseitigen Vorschläge der Ministerpräsidentenkonferenz und der Bundesregierung vor uns gehabt hätten.
— Entschuldigen Sie, wer hat einen Wahlschlager daraus gemacht?
— Ach, hören Sie doch bloß auf mit diesem Vorwurf! Ich habe mich absichtlich mit diesem Vorwurf, den Sie jetzt umdrehen wollen, Ihnen gegenüber zurückgehalten, obwohl es mir leicht gewesen wäre, ihn bei Ihnen nachzuweisen.
— Wir haben, weiß Gott, nicht mit der Propagierung dieser Dinge angefangen; das haben einzig und allein Sie an Ihre Fahne geheftet!
— Sie wollen doch nicht leugnen, daß Sie das propagiert haben! Wir wollen doch die Dinge hier nicht so umdrehen. Ich habe bis jetzt noch keinen Ton der Polemik über das verlauten lassen, was Sie in den vergangenen Monaten gesagt haben.
Ich möchte also noch einmal darauf zu sprechen kommen: War dieses Problem schon jetzt in diesem Hohen Hause anzusprechen, oder wäre es nicht besser gewesen, es nach der Konferenz der Ministerpräsidenten und nach der Besprechung zwischen Ministerpräsidenten und Bundeskanzler zu diskutieren? Ich muß im Zusammenhang damit die Frage stellen: Wie haben sich eigentlich die Länder in der Vergangenheit zu diesem Problem gestellt? Ich könnte eine Fülle von Zitaten vorlesen: Die Länder haben in der Präambel zum „Königssteiner Abkommen" und in den Haushaltsbemerkungen seit dem Haushaltsjahr 1951 es regelmäßig strikt abgelehnt, daß wir in irgendeiner Form Dotationen für Wissenschaft und Kultur von seiten des Bundes vornehmen.
Heute sehen sich die Dinge wesentlich anders an. Aber ich frage mich: Ist das Verfahren, das bis jetzt gewählt worden ist, richtig? Hat man nicht vor allen Dingen — diesen Vorwurf kann ich Ihnen nicht ersparen — durch die Nennung dieser Milliardenziffern Hoffnungen geweckt, die dann nachher beim besten Willen nicht zu erfüllen sein werden? Ich frage weiter: Hat man nicht in den vergangenen Diskussionen ein wenig zu sehr verschwiegen, was in Wirklichkeit bis jetzt geleistet worden ist und wie hoch die tatsächliche gegenwärtige Leistung ist? In dem ganz dankenswerten Dokument, das die Interparlamentarische Arbeitsgemeinschaft den Mitgliedern des Hohen Hauses gedruckt vorgelegt hat, sind zum erstenmal Globalziffern für die Gesamtausgaben von Bund und Ländern genannt worden, und zwar gestützt auf Unterlagen, Berechnungen und vorsichtige Schätzungen des Statistischen Bundesamts in Wiesbaden. Die Gesamtsumme für 1957, die auf rund 1,5 Milliarden geschätzt wird, trifft sich in etwa mit der Forderung, die oft in der Öffentlichkeit erhoben worden ist, man solle rund 1 % des Nettosozialprodukts für diese Zwecke aufwenden. Ich gebe offen zu, daß man hier noch einiges tim kann und einiges tun muß.
Herr Abgeordneter Dr. Vogel, gestatten Sie eine Frage des Abgeordneten Kahn-Ackermann?
Bitte.
Herr Kollege Vogel, wenn Sie sagen, daß man mit diesen 1,5 Milliarden ungefähr 1 % erreicht habe, dieses berühmte 1 %, das man für diese Zwecke ausgeben soll, sind Sie sich da nicht bewußt, daß wir auf diesem Gebiet doch einiges nachzuholen haben und daß wir uns damit wohl nicht zufrieden geben können, jedenfalls für eine ganze Reihe von Jahren, bis wir den Anschluß wieder gefunden haben?
Es ist unbestreitbar. Sie hätten aus meinen weiteren Ausführungen sofort entnehmen können, daß auch wir uns mit dem bis jetzt Geleisteten nicht zufriedengeben und daß auch wir die Absicht haben, zu höheren Beträgen zu kommen, und wir werden auch dazu kommen. Nur möchte ich hier auf eines zurückkommen: der Vorschlag mit dem Betrag von 1,2 Milliarden kam doch von Ihnen! Ich warne davor, Illusionen zu wecken, die dann nicht erfüllt werden können. Ich will Ihnen ganz offen sagen: Wenn Sie einen Betrag in der Höhe von einigen Hundert Millionen genannt hätten, hätte ich das viel ernster genommen. Aber daß ein Betrag von 1,2 Milliarden im kommenden Haushalt nicht ohne weiteres verkraftet werden kann und wir auch in der Zukunft vorsichtiger werden verfahren müssen, das sollte auch Ihnen nicht ganz unbekannt sein.
— Ganz richtig, es ist eine politische Entscheidung. Aber auch in politischen Entscheidungen soll man im Rahmen des Möglichen bleiben.
Wenn die Länder jetzt von sich aus an den Bund herantreten — ich nehme an, das wird jetzt in dem Beschluß der Ministerpräsidenten stehen — und sagen, wir können die Aufgaben, die uns laut Verfassung obliegen — mit Ausnahme der Forschung, wo die Einschränkung zu machen ist —, finanziell nicht mehr allein bewältigen, dann allerdings muß in aller Offenheit und mit allem Freimut etwas dazu gesagt werden. Der Bund befand sich bis jetzt in seiner Finanzgebarung stets unter der Kontrolle der Länder. Der Bund hat aber umgekehrt bis jetzt keine Einsicht in die Haushalte der Länder nehmen können. Wenn also die Länder für die Wissenschaft sozusagen den Offenbarungseid leisten und sagen, hier sind wir, wir können nicht mehr weiter, dann müssen wir vom Bund aus etwas näher untersuchen können. ob die Länder tatsächlich an der finanziellen Leistungsgrenze angelangt sind.
Hier habe ich einige berechtigte Zweifel. Nach den Berechnungen verschiedener Institute und nach der Bank deutscher Länder, auf die ich mich hier stützen kann, sieht die Sache folgendermaßen aus. Ich zitiere hier die Bank deutscher Länder in ihrem überaus lesenswerten Januarbericht über öffentliche Finanzen wörtlich:
So konnten die Länder dank ihres hohen Einkommens an Steuern und Ertrag rund 46 % der gesamten zusätzlichen Steuereinnahmen für sich buchen gegen nur 26 % im Jahre 1955, während die Beteiligung des Bundes an den Mehreinnahmen von 74 auf 54 % zurückging. Sein Steuermehraufkommen
— das des Bundes —
liegt damit auch dem absoluten Betrage nach hinter dem von 1955 zurück — nur rund 2,3 Milliarden im Jahre 1956 gegen 2,5 Milliarden im Jahre 1955 —, das der Länder dagegen war mit 1,9 Milliarden mehr als doppelt so hoch als das des Jahres 1955.
Niemand wird uns hier im Bundestag verübeln können, wenn wir angesichts derartiger Steuereinkünfte etwas vorsichtiger und etwas bedachtsamer an die Forderungen der Länder herangehen, die von allen Seiten an uns herangetragen werden. Ich empfinde es geradezu als scherzhaft, wenn der Bayerische Landtag am Schluß einer langen Diskussion über den Rucker-Plan fröhlich sagt: Wir genehmigen zwar diesen Plan, aber der Bund zahlt das Ganze.
Herr Abgeordneter Dr. Vogel, gestatten Sie eine Frage des Abgeordneten Kahn-Ackermann?
Bitte sehr.
Herr Kollege Dr. Vogel, fänden Sie es nicht richtig, bei Ihren Ausführungen über die angeblich so glänzenden Länderfinanzen zu erwähnen, ein wie hoher Teil dieser Mehreinnahmen durch die Gesetzgebung dieses Hauses, vornehmlich auch durch die Erhöhung der Gehälter für die Angehörigen des öffentlichen Dienstes, gebunden worden ist, und haben Sie sich einmal angesehen, in welchem Umfang in den Länderhaushalten der Anteil der Personalkosten gegenüber dem letzten Haushaltsplan allein durch die inzwischen getroffenen gesetzlichen Maßnahmen gestiegen ist?
Herr Kahn-Ackermann, ich kann Ihre Erwartungen sogar noch steigern. Ich bin nämlich gerade dabei, noch mehr dazu auszuführen. Die Zahlen, die die Bank deutscher Länder genannt hat, werden wesentlich übertroffen durch die Schätzungen, die in den letzten Tagen angestellt worden sind. Nach diesen Schätzungen wird sich nämlich das Einkommen der Länder wahrscheinlich nicht, wie das in einem Bericht gesagt worden ist und wie es auch das Deutsche Industrieinstitut geschätzt hat, um 655 Millionen DM steigern, sondern voraussichtlich um 1,5 Milliarden DM. Die Zunahme wird also noch wesentlich höher, fast doppelt so hoch liegen. Und gerade das gibt mir Veranlassung, hier einmal die Sonde anzulegen und ganz vorsichtig zu fragen: hat man von der anderen Seite auch alle Möglichkeiten ausgeschöpft, um an den Bund herantreten und sagen zu können, man könne nicht mehr weiter, um dann vom Bund eine Hilfe in der und der Größenordnung zu erhalten?
Ich erinnere an das Beispiel in meinem eigenen Land Baden-Württemberg, wo der Finanzminister bei einer Nachforderung in der Lage war — sehr zum Erstaunen bei der Koalition, die já den ganzen Landtag darstellt —, 70 Millionen DM einfach aus seiner Tasche herauszuholen, ohne zu sagen, woher er sie nahm. Die Vermutung, sagen wir es einmal vorsichtig, ist nicht ganz unbegründet, daß ein noch größeres Land ähnliche Reserven hat. Wenn das Land Nordrhein-Westfalen, das in seinen Kulturausgaben pro Kopf der Bevölkerung hinter anderen Ländern, die wesentlich steuerschwächer sind, herhinkt, wenn dieses große und starke Land 750 Millionen DM in seinem Nachtrag neu ausbringt und nur 50 Millionen für dieses spezielle Anliegen auswirft, dann scheint mir diese Größenordnung nicht mehr in dem richtigen Verhältnis zu dem Aufwand an Stimmen zu stehen, die wir gerade aus Nordrhein-Westfalen zu dem gleichen Problem gehört haben.
Ich möchte eine weitere Stimme sehr dankbar vermerken. Als man in Düsseldorf dieses Programm startete, mit dem wir uns heute hier zum Teil befassen müssen, hat ein jedenfalls von mir sehr hoch geschätzter Finanzmann, der frühere hessische Finanzminister Troeger , ganz offen erklärt, wenn man Ausgaben in dieser Größenordnung machen wolle, seien neue Steuern unerläßlich. Er hat auch gesagt, woran er dabei dachte.
Er dachte dabei an eine Erhöhung der Erbschaftsteuer, an einen Wegfall der Vergünstigungen und
an zusätzliche Steuern. Ich finde, es ist durchaus lobenswert, gleichzeitig für die Deckung zu sorgen, Herr Kollege Schoettle, wenn man neue Ausgaben fordert. Bund und Länder, das ist nun einmal sicher, können dieses Problem nur gemeinschaftlich, miteinander lösen. Wir wissen, daß sehr viel, ich möchte beinahe sagen, alles von der schnellen und reibungslosen Praktizierung dieses Zusammengehens abhängig sein wird, von der Rechtsfigur, die man dafür finden muß. Es ist nicht ganz einfach, zu einem solchen Übereinkommen zu gelangen.
Der Vorschlag der Kultusministerkonferenz ging dahin, der Bund möge dem Königsteiner Abkommen — ich vermute: unter einer Modifikation dieses Abkommens — beitreten. Daneben wird noch ein Verwaltungsabkommen notwendig sein. Wir stehen auf dem Standpunkt, daß die Empfangenden in dem Verteilergremium nicht Sitz und Stimme haben sollten. Diese beiden Dinge sollten klar geschieden sein. Wir werden infolgedessen, wie auch immer alle Konstruktionen auslaufen werden, ein Gremium haben, das sich mit der finanziellen Seite zu befassen haben wird, und werden ein unabhängiges Gremium haben müssen, das das finanzielle Gremium berät, in welcher Weise verfahren werden soll. Dafür hat der Herr Bundesinnenminister einen, wie ich glaube, sehr brauchbaren Vorschlag unterbreitet. Wir werden in den Ausschüssen, nehme ich an, Zeit haben, uns mit den Vorzügen und Nachteilen der einzelnen Vorschläge auseinanderzusetzen.
Ich möchte am Schluß noch einmal den Grundsatz betonen, nach dem wir bis jetzt laufend verfahren sind. Wissenschaft, auch ihre Nachwuchsfrage, ist laut Grundgesetz Angelegenheit allein der Länder. Für die Forschung ist eine Kompetenz des Bundes mindestens ebenso gegeben wie für die Länder. Wenn sich beide zusammentun wollen, erfordert das von beiden Seiten völlige Offenheit in der Darlegung der finanziellen Möglichkeiten und von beiden Seiten auch ein Höchstmaß an gutem Willen, diese finanziellen Möglichkeiten von Bund und Ländern so zu sehen, wie sie heute sind.
Das Wort hat der Abgeordnete Gaul.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Dr. Ratzel hat beantragt, den Entwurf Drucksache 3124 an den Ausschuß für Kulturpolitik — federführend — und an den Ausschuß für innere Verwaltung und an den Haushaltsausschuß — mitberatend — zu überweisen. Meine Fraktion stimmt diesem Überweisungsantrag zu. Wir tun das, einmal weil es sich um den Initiativgesetzentwurf einer Fraktion handelt, und zweitens, weil uns die Sache wichtig ist. Wir werden in den Beratungen des Kulturpolitischen Ausschusses, so hoffe ich, das Ergebnis der Entscheidungen der Ministerpräsidenten vor uns haben; das können wir dann bei den Beratungen verwerten.
Ich bin davon überzeugt, daß den Mitgliedern des Kulturpolitischen Ausschusses in der heutigen Diskussion schon eine ganze Anzahl von allgemeinen Fragen gekommen sind, die wir im Ausschuß beantworten müssen. Mir hat sich z. B. als erste Frage die aufgedrängt: Ist eine solche Einrichtung notwendig? Ich dachte, als ich zum erstenmal den
Gesetzentwurf las, an unsere Forschungsgemeinschaft hier in der Nachbarschaft, in Bad Godesberg. Das ist eine Selbstverwaltungskörperschaft der Wissenschaft. Dazu gehören die 31 Hochschulen in der Bundesrepublik, einschließlich West-Berlins, ferner die Akademien der Wissenschaften, die wir in Mainz, in Heidelberg, in Göttingen und in München haben; dazu gehört die Max-Planck-Gesellschaft und gehören noch eine ganze Reihe von Verbänden und Gesellschaften. Unter vielen anderen Aufgaben hat sie eine besondere, nämlich die, die Zusammenarbeit der Forscher zu fördern und einzelne Forschungsvorhaben aufzuzeigen und zu unterstützen. Die Forschungsgemeinschaft hat im Jahre 1954 1832 solcher Einzelforschungsvorhaben mit einem Betrag von 9,8 Millionen DM unterstützt. Für das Jahr 1956 hat sie 16 Millionen DM eingesetzt. Es gibt dort eine ganze Menge Fachausschüsse, z. B. einen zur Bekämpfung der Krebskrankheit, einen Ausschuß, der Vorschläge zur Luftfahrt machen soll, auch aus der Forschung heraus.
Ich hatte mir gedacht, man könnte diese Forschungsgemeinschaft, die schon über wirklich gute Erfahrungen verfügt, hier einbauen und sie zu einer solchen Stelle machen, wie man sie hier im Auge hat.
Als Zweites muß in unserem Ausschuß die Frage geklärt werden: Ist die Aufgabenstellung für den Forschungsrat richtig? Reicht das: „zu beobachten"? Mit welcher Kraft werden die Berichte ausgestattet, die an den Bundespräsidenten, den Bundestag, den Bundesrat, die Bundesregierung, die Länderparlamente und die Länderregierungen gegeben werden sollen, um dort anstoßend für Forschungsvorhaben zu wirken?
Zu diesem Forschungsrat sollen 24 Mitglieder gehören. 18 davon werden gewählt auf Vorschlag der 24 Mitglieder der Wahlkommission, die unter § 6 aufgeführt ist. Ich weiß nicht, ob die Bestellung der 18 Mitglieder auf dem Wege über eine Wahl die Gewähr bietet, daß es sich bei dieser Liste von Persönlichkeiten wirklich um anerkannte Wissenschaftler handelt.
Das sind Fragen, die wir in unserem Kulturpolitischen Ausschuß lösen werden. Ich bin davon überzeugt, daß wir sie mit allem Ernst lösen werden, um der Forschung und der Wissenschaft Nutzen zu bringen.
Nun zu der zweiten Vorlage, zu dem Bericht Drucksache 3105, der im Ausschuß einstimmig gebilligt worden ist. Wir haben unseren Antrag in drei Gruppen gegliedert.
Als erstes fordern wir eine Statistik, die in Zusammenarbeit von Bund und Ländern erstellt wird, aus der klar wird, wie im Augenblick der Stand der Entwicklung und der Bestand an Ingenieuren und Naturwissenschaftlern ist. Zum zweiten fordern wir, uns in einer Vorausschau eine Übersicht darüber zu geben, was in der Zukunft an Nachwuchs an Ingenieuren und Naturwissenschaftlern gebraucht wird. Zum dritten wollen wir etwas wissen über die Aufwendungen, die aus den verschiedensten Quellen, auch von der nichtöffentlichen Hand, gegeben werden.
In einem weiteren Abschnitt beschäftigen wir uns mehr mit 'den Menschen. Da sagen wir etwas über die Zulassungsbedingungen für die Ingenieure und etwas über die Leute, die nicht nur forschen, sondern auch lehren sollen; sie sollen echt eingestuft werden bei der Besoldungsneuregelung. Wir sprechen hier ferner von der Begabtenauslese.
Im dritten Teil unseres Antrags sind wir sehr vorsichtig gewesen: Wir, haben keinen konkreten Betrag angegeben, weil wir nicht wünschten, daß aus unserer Vorlage eine Finanzvorlage würde, die dann nur sehr zögerlich hätte bearbeitet werden können.
In der Diskussion, die in der letzten Zeit überall geführt worden ist, insbesondere in den technischen Verbänden, in der Wirtschaft und der Industrie, ging es vor allem um zwei Begriffe: Behebung des Ingenieurmangels und bessere Ausbildung. Die Industrie braucht mehr Ingenieure und besser ausgebildete Ingenieure. Für unsere Stellung gegenüber dem Ausland ist es sehr wichtig, daß die Leute nicht nur forschen und lehren, sondern auch planen und fertigen und beim Vertrieb mitwirken.
Nun könnte man sagen: Dann baut doch mehr Ingenieurschulen! Aber das ist ja nur ein Fernprogramm. Für uns kommt es auf das an, was im Augenblick möglich und notwendig ist. Da kann es nur darum gehen, unsere Bildungsstätten, wie sie jetzt da sind, auf- und auszubauen, und dafür brauchen wir Mittel.
Ich höre aus den Ausführungen von Herrn Kollegen Dr. Friedensburg, daß er bereit ist, mehr Mittel zu bewilligen. Meine Damen und Herren, wir haben jetzt die beste Gelegenheit dazu. Der Haushaltsausschuß berät, glaube ich, im nächsten Monat die kulturellen Posten rim Etat des Innenministeriums. Die Beratung der kulturellen Posten aus dem Ministerium des Auswärtigen hat er schon hinter sich. Die Kollegen und Kolleginnen im Haushaltsausschuß haben jetzt die Gelegenheit, die Ansätze zu erhöhen. Bei der zweiten und dritten Lesung hier 'im Hause haben wir wiederum die Möglichkeit, uns hierüber einig zu werden und mehr Mittel — sie sind wirklich notwendig — zu bewilligen.
Ich weise jetzt noch ganz besonders auf einen Satz in unserem Schriftlichen Bericht hin. Herr Kollege Friedensburg hat schon davon gesprochen, aber ich hätte gewünscht, er hätte es etwas deutlicher getan, so wie er es damals bei der Kulturdebatte hier im Hause getan hat. Auf der ersten Seite rechts oben der Drucksache 3105*) steht der Satz:
In der eingehenden Beratung im Auschuß für Kulturpolitik wurde zunächst die Frage der Zuständigkeit des Bundes für eine Unterstützung der Länder 'im Interesse ides im Antrag ausgesprochenen Anliegens behandelt.
Solange wir im Kulturpolitischen Ausschuß Anträge und Gesetzentwürfe beraten, wird diese Frage von uns immer wieder untersucht werden müssen, weil das Grundgesetz nun einmal die Kulturhoheit, die Schulhoheit in die Hand der Länder gegeben hat.
Wenn ich nun höre: hier wird ein Forschungsrat geschaffen — der Herr Minister sagt: ein Wissenschaftsrat; in den Verlautbarungen in der Presse auf Grund der Pressekonferenz, in der kürzlich die Kolleginnen und Kollegen von der SPD gesprochen haben, ist von einer Deutschen Kommission für Wissenschaft und Forschung die Rede —, dann frage ich mich: welche Namen werden wir noch erfinden?
*) Siehe Anlage 4.
Das alte Anliegen der Freien Demokratischen Partei ist: Schafft doch endlich dem Bund eine bestimmte Zuständigkeit! Wenn er diese Zuständigkeit hat, dann könnt ihr Mittel von ihm fordern; dann hat der Bund aber auch das Recht, über den Zweck der Mittel mit zu bestimmen und nachher auch eine notwendige Kontrolle mit auszuüben. Wenn sich diese zuständige Stelle — ich bin gar nicht darauf erpicht, sie so oder so zu taufen oder taufen zu lassen — dann noch einen Beirat zulegt — so wie die Ministerien ihn ja heute haben —, soll uns das recht sein.
Meine Damen und Herren, wenn Sie den jetzigen Haushaltsplan durchblättern, stellen Sie fest, daß in den Haushalten einer ganzen Anzahl von Ministerien Mittel für die Forschung ausgewiesen werden. Das sollte uns, meine ich, doch auch ein Zeichen dafür sein, daß wir hier etwas zusammenrücken müssen,
daß wir die Dinge etwas konzentrieren müssen. Wir sind nach wie vor der Meinung, daß wir Räte und Beiräte und Kommissionen nicht brauchten, wenn wir den Bund zuständig machten und mit bewilligen und über die bewilligten Beträge mit verfügen ließen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Strosche.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wäre sehr verlockend, das weite Feld, das die sehr verehrten Herren Vorredner bestellt und beleuchtet haben, nun auch noch des näheren zu betrachten. Aber ich will versuchen, vor allem auf die Vorlagen, die wir vor uns haben, Bezug zu nehmen und diese eingehend zu beleuchten und zu werten.
Allgemein einleitend sei mir indes gestattet, die Behauptung zu wagen, daß Wissenschaft und Forschung, ja zum Teil unser ganzes Erziehungs-, Bildungs- und Unterrichtswesen im weitesten Sinne des Wortes trotz unleugbarer Verbesserungen innerhalb des beschworenen organischen Wachstums der letzten Jahre in den vergangenen Jahren doch etwas zu kurz gekommen sind — auch in der Zeit des Wirtschaftswunders relativ zu kurz kommen. Ich will nicht besonders an jene berühmten nur 0,6 % des Volkseinkommens erinnern, die hier von der öffentlichen Hand bedient werden, und an jenes heute schon angesprochene 1 %, das da als erstrebenswertes Mindestziel immerzu genannt wird.
Wenn man sich fragt, wieso und warum dieses Zukurzkommen zustande kam, so braucht man sich, glaube ich, nicht so sehr an die Worte einer sehr seriösen Zeitung zu halten, die vor kurzem schrieb, Ursache seien die angeborene Bescheidenheit von Forschung und Wissenschaft und die altbekannte Tatsache, daß kulturpolitische Positionen in den Haushalten und bei deren Beratung oft die Stellen des schwächsten Widerstandes abzugeben pflegten. Ich glaube auch nicht, daß es infolge von Kollisionsgefahren in Sachen wissenschaftlicher Freiheit und der Einwirkung der öffentlichen Hand so gekommen ist. Vielleicht schon mehr infolge der Tatsache, daß im öffentlichen Wählerbewußtsein in der Vergangenheit kulturpolitische Probleme, insbesondere aus dem Bereich von Wissenschaft und Forschung, weniger gefragt und weniger aktuell gewesen sind. Aber ich möchte sagen: die Dinge stehen darum so schlimm — und da schließe ich mich den Worten des verehrten Herrn Vorredners, des Herrn Kollegen Gaul, an —, weil wir dauernd die konstitutionelle Crux weiterschleppen müssen, die nun eben alle gesamtstaatlichen, überregionalen Bemühungen und Regelungen im kulturpolitischen Felde so ungeheuer erschwert.
Denken Sie doch einmal daran, wie wir uns in allen Fragen etwa des Rundfunks gemüht haben und heute noch mühen, welche, wie ich es in Berlin bezeichnet habe, föderalistischen Preis- und Fleißaufgaben geleistet werden mußten und müssen, um die Konstituierung der deutschen Langwelle in Berlin zu erwirken! All das ist ein Beweis dafür, daß wir hier Hindernisse und Hemmnisse superföderalistischer Art eingebaut haben, die sich letzten Endes zum Schaden dieser vordringlichen Aufgaben und Probleme auswirken. Daß gerade im Feld von Wissenschaft und insbesondere Forschung die Dinge zentraler, überregionaler und einheitlicher gelenkt, gestaltet und unterstützt werden müssen, darüber, so glaube ich, ist sich jeder in diesem Hohen Hause klar. Allein die Erarbeitung einschlägiger statistischer Daten, die Feststellung von Tatbeständen und Entwicklungstendenzen bedarf besonderer Koordination und erst recht notwendige Förderungen und fühlbare Hilfeleistungen seitens der öffentlichen Hand. Derartiges kann heute nur mehr durch gewisse zentrale Instanzen gemacht werden, die hier wirken müssen, um einen Nachholbedarf in Höhe von mehr als einer halben Milliarde zu befriedigen oder um eine langfristig zu planende, koordinierende Förderung von Forschung und Wissenschaft zu ermöglichen, welche uns wettbewerbs- und konkurrenzfähig werden lassen soll unid die sich wohl in der Größenordnung von etwa 9 Milliarden, auf 10 Jahre gesehen, bewegen dürfte.
Wir bejahen daher im Grundsatz in dem Reigen der, wie heute schon gesagt wurde, plötzlich modern gewordenen diesbezüglichen Projekte und Pläne den SPD-Gesetzentwurf, wonach eine Art zentrales selbstverwaltendes Dachorgan geschaffen werden soll. Ich glaube, daß es auch die politische Fairneß und Gerechtigkeit verlangt, zu sagen, daß die SPD zweifellos gerade in diesen Fragen als erste der großen Parteien vordringlich diese Probleme angesprochen hat. Die Gerechtigkeit verlangt ferner auch, zu sagen, daß sich gerade das Land Bayern in einer vorbildlichen Weise mit diesen Problemen, auch auf Landesebene, beschäftigt hat. Ob nun dieses erwünschte Gremium „Deutscher Forschungsrat" oder „Deutscher Wissenschaftsrat" heißen solle, ist ja wohl eine Frage zweiten Ranges. Auf jeden Fall sollte eine Körperschaft öffentlichen Rechts zu den angedeuteten Zwecken geschaffen werden, und zwar sind meine politischen Freunde und ich ebenso wie die SPD der Meinung, daß dies auf gesetzlichem Wege geschehen müßte.
In diesem Zusammenhang lassen Sie mich oder uns ganz freimütig gestehen: Wir halten nichts von noch so kunstvoll abgewogenen Kompromissen, geboren aus konstitutioneller Überempfindlichkeit, und von fragwürdigen Provisorien, auch nicht viel von einem Verwaltungsabkommen zwischen Bund und Ländern, wie es der Wunsch der Konferenz der Länderkultusminister ist, noch weniger jedoch von einem simplen Beitritt des Bundes zum Königsteiner Abkommen der Länder aus dem Jahre 1949,
selbst wenn dieses novelliert werden sollte, — auch ein Wunsch der mit diesem Problem befaßten Länderminister und Ministerpräsidenten.
Im übrigen sind gerade hier auf dem Felde von Forschung und Wissenschaft und zum Teil auch im Unterrichtswesen die Rufe nach einem Bundesministerium für Unterricht, Erziehung, Wissenschaft und Forschung, man mag dazu stehen, wie man will, zumindest verständlich, wenn man etwa bedenkt — Herr Kollege Gaul hat darauf hingewiesen —, daß die bisherigen Minimalkompetenzen für die Förderung von Wissenschaft und Forschung auf sage und schreibe acht Bundesministerien verteilt sind, was keineswegs zu einem zweckvollen Einsatz führen kann, ganz abgesehen von verschiedenen Doppel- und Fehlleistungen, die zwangsläufig vorkommen müssen.
Wir treten für eine autorative, zentrale Instanz im Sinne etwa des hier vorgeschlagenen Beirates oder, wenn Sie wollen, Gehirntrusts ein, der die verschiedenen Aufgaben gerade auf diesem Gebiet einheitlich zu erfüllen hat. Dabei sollte auch der Vernachlässigung der zweckfreien Forschung und der Geisteswissenschaften gesteuert werden, d. h. die Einheit von Geist und Wissenschaft und Technik wiederhergestellt werden. Vor allem sollten die naturwissenschaftlich-technischen u n d geisteswissenschaftlichen Entwicklungen beobachtet und noch mehr als bisher in das allgemeine, auch politische Bewußtsein der Offentlichkeit gehoben werden. Sinn und Zweck des Gesetzentwurfs ist es ja wohl auch, die Voraussetzungen und Grundlagen für einen der Gesamtwissenschaft dienlichen Bedarfs- und Deckungsplan, für Hilfs- und Förderungsmöglichkeiten aller Art zu schaffen, die, das möchte ich betonen, in ein gewisses Ordnungssystem, in eine bestimmte Dringlichkeitsskala und auch eine gewisse Prioritätsliste gebracht werden müssen.
Angesichts unseres zwiegeteilten Vaterlandes, angesichts unserer Situation zwischen Ost und West und all dieser Dinge habe ich — lassen Sie mich das ganz ehrlich sagen — für sehr viele Forschungsvorhaben, die mehr oder weniger doch nur Spielereien zu sein scheinen, die man sich zu anders gearteten Zeiten leisten könnte, kein Verständnis. Wenn ich mir den Katalog der finanzierten Forschungsvorhaben auch der Deutschen Forschungsgemeinschaft — nichts gegen sie und ihren Einsatz — ansehe, so frage ich mich, ob z. B. ethnographische Forschungen auf der Osterinsel und das, was sonst noch an Randproblemchen und Forschungsaufträgen zu lösen ist, den Gesetzen der Dringlichkeit wie Notwendigkeit in unserer Situation gerecht werden. Diese Frage bleibt wohl unbeantwortet. Hauptanliegen also: Aufzeigen von Möglichkeiten zur Förderung deutscher Forschung und Wissenschaft und — anknüpfend an das, was ich soeben sagte —, wenn möglich, lebens- und zeitnah die Entwicklungstendenzen im In- und Ausland beobachten! Es ergibt sich hier eine ganze Fülle von zeitbedingten Sonderanliegen und technischen Sonderfragen: Atomforschung oder Atomtechnik, Automation, Elektronentechnik etc. und auch — und hier widerspreche ich manchen Vorrednern — gesellschaftswissenschaftliche Probleme, die um die politische Bildung schlechthin kreisen. Ich glaube, wir sollten gerade auf diesem Gebiet manche in der Vergangenheit zu beklagende Diskrepanz von Wissenschaft und Politik überwinden helfen.
Ich glaube übrigens, daß die Sätze im SPD-Gesetzentwurf — die ich für nicht sehr glücklich halte; da heißt es: „die mit der Kontrolle der Macht im demokratischen Staat verbundenen Probleme . . ." — wahrscheinlich auch um solche Gedanken kreisen. Die Formulierung ist nicht glücklich. Sie ist vielleicht nicht einmal umfassend genug. Es wird notwendig sein, diese Dinge im Ausschuß zu präzisieren.
Es erhebt sich weiter die Frage, ob ein solcher Forschungsbeirat — oder wie immer man ihn nennen mag — nicht auch ganz besondere gesellschafts-, wirtschafts- und kulturpolitische Vorbereitungsarbeiten in Richtung Wiedervereinigung im engeren und weiteren Wortsinne mit zu leisten hätte. Das heißt, daß man den Katalog für die besonderen Zwecke in Abs. 2 des § 2 erweitern könnte und sollte, und zwar im Hinblick auf Gesamtdeutschland, im Hinblick auch auf die unter fremder Verwaltung stehenden deutschen Heimatgebiete, im Hinblick auf den ostmitteleuropäischen Raum und Osteuropa überhaupt. Ein solcher Forschungsrat könnte auch manche Fehler der Vergangenheit und Vorvergangenheit und so manche Kurzsichtigkeit und Engstirnigkeit unserer Gegenwart in bezug auf Forschung und Wissenschaft — ich denke gerade in Richtung Osten — verhindern helfen.
Dabei sollten gleichgeartete verdiente Institutionen auf dem öffentlichen und privaten Sektor, in Bund und Ländern, auf dem Gebiet von Wirtschaft und Industrie, im öffentlichen Bildungs- und Forschungswesen oder im Bereich der stammes- und volksgruppengebundenen verwandten Bemühungen nicht überwuchert oder gar erstickt werden. Auch hier ist Zusammenarbeit vonnöten. Es sollten ferner dabei keine weltanschaulich gefärbten und sachfremden Zweckarbeitsaspekte eine Rolle spielen.
Über die Einzelheiten des Gesetzesvorschlags der SPD wird man sich wohl unterhalten müssen. Man wird darüber zu reden haben, ob die Berichterstattung über die Arbeitsergebnisse, ihre Veranlassung und ihre Erstellungsarten — § 3 — zweckentsprechend sind. Es könnte z. B. auch die Frage auftauchen, ob nicht, ähnlich der französischen Wirtschaftsplanungskommission, einem solchen Forschungsrat auch das Recht eingeräumt werden sollte, unmittelbar Vorschläge an den Bundestag, also außerhalb des jährlichen Feststellungsberichtes und der in § 3 Abs. 2 und 3 vorgesehenen Möglichkeiten, herüberzureichen. Auch das wäre zu prüfen, obwohl ich das bestimmte Gefühl habe, daß die Mehrheit in Ausschuß wie Plenum solchen Gedankengängen ablehnend gegenübersteht.
Die Zusammensetzung des Forschungsrates —„24 anerkannte Wissenschaftler oder erfahrene Persönlichkeiten des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens" — ist im Grundsatz akzeptabel. Vielleicht müßte er noch erweitert werden, wenn sich die Notwendigkeit herausstellte, Vertreter oder Sprecher dieser oder jener Sparte herbeizuziehen; ich denke da z. B. an die Kulturwerke der Vertriebenen und Flüchtlinge und ähnliches.
Was die Zusammensetzung der Wahlkommission für drei Viertel der Ratsmitglieder, die dem Bundespräsidenten zur Berufung vorgeschlagen werden sollen, anlangt, so glauben wir, daß diese Kommission noch etwas näher beleuchtet werden
müßte. Man wird sich fragen müssen, ob das Verhältnis von 8 Wissenschaftlern zu 16 Politikern, Industriellen und Gewerkschaftlern zweckmäßig, ob die innere Aufschlüsselung in den beiden Verhältnispositionen gut ist und ob qualifizierte oder einfache Vorschlagsmehrheiten festgesetzt werden sollten; ich verweise hier auf § 6 Abs. 4. Auch das Verfahren des Ausscheidens der erstmals berufenen und zugewählten Mitglieder, das in § 5 Abs. 2 und § 7 Abs. 2 angesprochen ist, d. h. der Losentscheid, bedarf meines Erachtens einer eingehenden Prüfung, besonders bezüglich der Eventualitäten, die eintreten könnten, und deren Auswirkungen auf die Zusammensetzung und damit die Arbeitsmöglichkeiten eines solchen Beirats.
Die zwangsläufig in innerem Zusammenhang stehenden §§ 8 und 9 Abs. 4, also der Passus über Gewissensbindung und Geschäftsordnung, lassen die Frage aufkommen, ob man nicht vielleicht bereits in das Gesetz manche Kautelen einbauen könnte, um jede Weisungs- und Auftragsbindung von vornherein auszuschalten.
Zusammenfassend wollen wir zu dem vorliegenden Gesetzentwurf sagen, daß er zu begrüßen ist. Daß die Kardinalfrage und die härteste Nuß die institutionelle und konstitutionelle Regelung sein wird, ist uns klar. Vielleicht bringt die heute in Wiesbaden begonnene Konferenz der Herren Ministerpräsidenten gangbare Wege, und vielleicht ergibt sich auch aus dem vorgesehenen Gespräch des Herrn Bundeskanzlers am 21. März noch manches Erfreuliche in dieser Richtung.
Bezüglich Aufgaben- und Arbeitsgebiet, noch mehr aber Aufgaben- und Arbeitsakzente, hinsichtlich der Zusammensetzung der Wahlkommission und hinsichtlich mancher technischer und geschäftsordnungsbezogener Einzelprobleme bleiben — wie angedeutet — Fragen offen, die durch die Ausschußarbeit geprüft, allenfalls erweitert oder eingeengt, aber jedenfalls als Fragen beantwortet werden müssen.
Im ganzen aber sind wir dankbar dafür, daß wir nun nach den vielen nebulosen Projektwirbeln einen tatsächlichen, von einer Partei geschaffenen Gesetzesvorschlag auf dem Tisch des Hauses liegen haben, der zumindest versucht, eine Instanz zu schaffen, die den — ich nenne es absichtlich doch so — Stiefkindern Wissenschaft und Forschung voranhelfen soll. Auch Wissenschaft und Forschung bedürfen ähnlich wie die Landwirtschaft mit ihrem Grünen Plan eines Plans, damit wir im Wettlauf der Nationen lebens- und existenzfähig, Wettbewerbs- und konkurrenzfähig bleiben.
Über den Schriftlichen Bericht in Drucksache 3105 bleibt angesichts dieser allgemeinen Aussprache und angesichts des eben Gesagten nicht mehr viel zu sagen übrig. Sie spiegelt im Kleinen gerade die Schwierigkeit der verfassungsmäßigen Hindernisse und Probleme im Großen wider, bei aller Übereinstimmung im Gesamten. Auch hier also die crux aeterna: das Fehlen einer einheitlichen Kultur- und Schulpolitik, der verfassungsmäßigen Zuständigkeiten des Bundes dafür, die unserer Auffassung nach das Chaos im Schulwesen beseitigen und eine einheitliche Gliederung eines zeitnahen Schulwesens in der Bundesrepublik sowie eine notwendige Förderung von Forschung und Wissenschaft und die Heranbildung eines technisch-naturwissenschaftlichen beruflichen Nachwuchses einzig und allein gewährleisten könnten.
Hinsichtlich der Arbeitsbedingungen an Forschungsinstituten und technischen Bildungsanstalten möchte ich nur noch zusätzlich sagen, daß es sich hier auch um ein Besoldungsproblem und ein Besoldungsordnungsproblem handelt.
Bezüglich der Begabtenauslese und Begabtenförderung glaube ich, daß wir nunmehr neue und bessere, immer auch sozial gerechte Wege suchen sollten und müßten und daß auch auf diesen Gebieten eben mehr Mittel notwendig sind.
Im ganzen gesehen zeigen alle erschreckenden Tatsachen — Fehlen von nahezu 50 000 Ingenieuren, unzulängliche Aufnahmekapazität der Ingenieurschulen und der naturwissenschaftlichen Fakultäten, oft antiquierte Lern- und Lehrmittel bei unmöglichen Arbeitsbedingungen, Mangel an geeigneten Lehrkräften, unzureichende Begabtenauslese und -förderung — die Mängel eines — ich kann es nur immer wieder sagen — überspitzt föderalistischen Systems in diesem Problemkreis, einer häufig auftretenden Doppelgleisigkeit auf, die sich dann gerade bei Fachgebieten, die jedem verzettelten Durcheinander und Gegeneinander infolge ihrer Struktur, ihres Förderungsmittelbedarfs von Natur aus eben besonders widersprechen, besonders katastrophal auswirken muß. Dies gilt für Forschung und für Wissenschaft im weitesten Sinne des Wortes. Wir müssen uns bemühen, im Großen — Forschung und Wissenschaft — und im Kleinen — ausreichender Nachwuchs in den naturwissenschaftlich-technischen Berufen — wieder zeitgerecht zu werden, nicht zuletzt auch im Hinblick auf unsere gesamtdeutschen Zielsetzungen, im Hinblick auf die technisch-weltanschaulich getönte Rasanz des östlichen Lagers, aber auch des gen wie materiellen Bedarfshungers gerade der sogenannten wirtschaftlich unterentwickelten, jedoch im Kommen befindlichen Länder. Dazu bedarf es nun einmal besonders konzentrierter Anstrengungen, koordinierender, vereinheitlichender Planungen, einer verstärkten Mittelhergabe und auch solcher Beiräte, Instanzen also, die imstande sind, die Dinge übersichtlich und über die Länder- und Ländchengrenzen hinweg einheitlich zu beobachten und nach Dringlichkeiten und Notwendigkeiten auch der gesamten Politik zu gestalten und anregend, beratend zu ordnen. Wenn wir solches nicht tun und haben, laufen uns Technik und Zeit davon, und alle Politik kann von einer anderen Seite her — ich möchte sagen: von der Hintertür her — ergebnislos gemacht werden. Wir dürfen hier nicht Notwendiges versäumen und im Blick auf föderalistische Prinzipien, die Sie hier zu Tode hetzen wollen, den Ruf der Zeit verpassen. Wir glauben, daß es in dieser Hinsicht 5 Minuten vor 12 ist!
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Elbrächter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich möglichst kurz fassen, nachdem eine so lange Diskussion schon stattgefunden hat und das meiste, was zu diesem Thema .gesagt werden mußte, bereits gesagt worden ist. Immerhin möchte ich im Namen meiner Freunde von den Fraktionen der DP und der FVP feststellen, daß wir den Vorschlag der SPD nicht begrüßen. Die Bedenken, die ins besondere von dem
Herrn Bundesinnenminister und meinem Kollegen Friedensburg vorgebracht warden sind, teilen auch wir. Wir halten ein solches Gremium für zu starr und sehen darin die Gefahr, 'daß die Richtung der Forschung dadurch beeinflußt werden kann. Ich habe ein tiefes Mißtrauen gegen alle Institutionen auf dem Gebiet der Forschung und der Wissenschaft. Gerade das Gebiet der Forschung und Wissenschaft ist eines der wenigen Gebiete im menschlichen Leben, auf denen der Wert der Person, das menschliche Ingenium sich voll und frei entfalten kann und entfalten soll. Ich möchte nicht, daß es durch irgendwelche Institutionen beengt wird.
Nun werden Sie mir sagen: Dais ist nicht die Absicht. Natürlich nicht. Aber wie sieht es denn in der Praxis heute für den Forscher aus? Er reist von Tagung zu Tagung, von Kongreß zu Kongreß. Er sitzt in soundsoviel Gremien. Herr Kollege Gaul hat bereits einige solcher Institutionen aufgezählt. Ich könnte noch eine ganze Reihe von wissenschaftlichen Vereinen, Spezialvereinen und allgemeinen Verbänden usw. anführen. Das Leben eines deutschen Hochschullehrers ist schon derart in Anspruch genommen, daß er zu seiner eigentlichen Aufgabe kaum mehr kommt.
Ich fürchte, wenn wir jetzt eine neue Institution schaffen, wird diese eigentliche Hochschullehrer- und Forscheraufgabe noch weniger erfüllt, als es schon jetzt der Fall ist. Unser Ziel sollte es sein, unseren Hochschullehrern nicht nur mehr Mittel — das werde ich auch begrüßen —, sondern auch mehr Zeit zu verschaffen und ihnen vor allem die Verwaltungsarbeit abzunehmen, die jetzt noch auf ihnen lastet. Wir erfüllen eine sehr verdienstvolle Aufgabe, wenn wir bei der Beratung dieses Gesetzentwurfs unser Augenmerk darauf richten: wie können Bund und Länder — ,gemeinsam hoffentlich nach den Wiesbadener Beratungen heute — den Hochschullehrern diese Sorgen abnehmen?
Worauf es nach unserer Auffassung ankommt, ist also nicht, ein neues Gremium zu schaffen mit Aufgaben, die nach unserer Überzeugung schon wahrgenommen werden. Gerade die Beispiele, die Herr Kollege Kahn-Ackermann angeführt hat, zeigen aufs deutlichste, daß viele der ,angeschnittenen Probleme uns bekannt sind. Es heißt Eulen nach Athen tragen, wenn man hier vorträgt, daß mehr Mittel bereitgestellt, mehr Lehrstühle geschaffen, mehr Institute eingerichtet, die Studenten unterstützt werden müssen. Das wissen wir alles, dazu brauchen wir keinen Forschungsrat.
Herr Ratzel hat in der Begründung gesagt, daß dieser Forschungsrat eine Art Gehirntrust werden soll. Ich darf meine Bedenken dagegen anmelden. Selbstverständlich — es ist deutlich geworden — muß sich eine Exekutive auf Spezialgebieten von Wissenschaftlern beraten lassen. Aber ich möchte nicht, daß ein Forschungsrat eine langfristige Planung vornimmt und wir, das Parlament, in Gefahr geraten, durch diese langfristigen Planungen überspielt zu werden.
— Wie soll aber ein Rat gegeben werden, bei dem man nicht eine ganz bestimmte Konzeption hat? Das liegt doch in der Sache, selbst wenn Sie es nicht wollen; ich glaube, daß Sie das nicht so gemeint haben. Es liegt in der Natur der Sache: wenn Sie eine solche Institution mit dem bezeichneten Zweck haben — ich komme gleich darauf zurück, Herr Kollege Ratzel —, dann können Sie sich dem Zwang einfach nicht entziehen. Dann müssen Forschungszweige und Forschungsaufgaben ganz langfristig geplant werden, nicht von Jahr zu Jahr. Herr Kollege Friedensburg hat durchaus richtig gesagt, daß das nicht möglfch ist, daß man nicht einfach von Jahr zu Jahr planen kann und etwa, indem man die Wissenschaftler etatmäßig nicht weiterführt, eine Forschungsaufgabe auf Eis legt. Deswegen wende ich mich gegen eine solche Institution.
Ich fürchte also, daß wir gerade durch solche Institutionen — diese Frage, nämlich das Problem der Machtverschiebung, schneiden ja auch Sie an — dem Staat wieder einmal zu viel Einfluß geben, und das möchte ich nicht. Was nach meiner Überzeugung nottut, ist, daß wir mehr Mittel bereitstellen. Da folge ich Ihnen, und ich sagte schon, daß das unser aller Überzeugung ist. Aber das Wie, die Verteilung der Mittel, soll Angelegenheit der Forscher selber sein, denn sie wissen am besten, wie sie ihre Forschungen fortführen können.
Herr Kollege Strosche, ich bin etwas enttäuscht über ein Wort, das Sie gesprochen und das ich hoffentlich mißverstanden habe. Sie haben Anstoß daran genommen, daß die Forschungsgemeinschaft eine Dringlichkeitsskala für gewisse Forschungsaufgaben aufstellt, und haben gesagt, das erscheine Ihnen als Spielerei. In der Forschung gibt es keine Spielereien. Es gibt sicherlich wie bei allen Menschen auch bei ihr Leerlauf. Aber ich darf daran erinnern, daß das, was Leibniz zur Infinitesimalrechnung geführt hat, seine Zeitgenossen als Spielereien betrachteten, und aus Leibniz` erster Rechenmaschine, die für seine Zeitgenossen sicherlich auch eine Spielerei war, sind heute die Elektronengehirne entwickelt worden; damit geht die ganze Automation auf diese „Spielereden", auf diese weitgehend theoretischen Untersuchungen des Zahlensystems zurück. Das müssen wir uns immer wieder klarmachen. Es mag in der Wissenschaft also Leerlauf geben, aber keine Spielereien. Ich hoffe, daß wir uns einig sind und ich Sie mißverstanden habe. Wenn ich Sie zitiert habe, dann nur deswegen, um deutlich zu machen, daß in diesem Punkte unsere Meinungen hoffentlich nicht auseinandergehen. — Bitte sehr!
Ich glaube auch, daß wir uns nicht mißverstehen. Aber sind Sie nicht auch der Auffassung, daß angesichts der ganz besonderen Situation, in der wir uns auch auf dem Gebiet von Forschung und Wissenschaft befinden, eine gewisse Schwerpunktverlagerung gerade dann notwendig ist, wenn es sich um Hingabe öffentlicher Mittel handelt? Sind Sie nicht auch der Meinung, daß wir uns bei der Knappheit der uns zur Verfügung stehenden Mittel so manches für bessere und politisch ruhigere Zeiten aufheben sollten?
Herr Kollege Strosche, die Forschung hat auszugehen vom Forscher, und es ist immer ein Glücksfall, wenn uns das Schicksal einen Menschen schenkt, der auf dem Spezialgebiet, das er sich ausgesucht hat, Großes leistet
Die Mittel, die für die Forschung aufzubringen sind, können uns natürlich Schmerzen bereiten.
Das ist ja die Problematik des heutigen Tages, daß wir Mittel nicht in dem Maße bereitstellen können, wie wir es gern möchten. Darüber streiten wir uns gar nicht. Aber wir sollten bei allen Betrachtungen die Forschung, die Wissenschaft als Einheit sehen. Gerade ich als Naturwissenschaftler darf Ihnen sagen, daß mir viel zuviel Gewicht auf die Naturwissenschaft und viel zuwenig Gewicht auf die Geisteswissenschaften gelegt wird.
— Ja, ich mache Ihnen ja nicht den Vorwurf. Ich
führe das nur ganz allgemein aus, damit klar ist,
worauf es nach unser aller Auffassung ankommt.
Herr Kollege Kahn-Ackermann hat wohl zu Unrecht geglaubt, daß irgendwie der Verdacht zum Ausdruck gebracht werde, daß Sie sich bei diesen Vorstellungen, auch bei der Größenordnung der Mittel usw. an einem östlichen Beispiel unterrichtet hätten. Ich glaube nicht, daß das richtig ist. Ich darf Ihnen meine persönliche Meinung dazu sagen. Ich bin sogar sehr glücklich, daß Rußland soviel Mittel dafür ausgibt und soviel Menschen dafür einsetzt. Ich glaube nicht, daß die Beobachter Rußlands recht haben — ich selber kenne es nicht aus eigenem Erleben —, die glauben, daß sich in der politischen Führung etwas Wesentliches getan hat. Was sich nach der Meinung der anderen Beobachter geändert hat, ist wahrscheinlich eine große Gruppe der russischen Menschen, nämlich der Techniker und der Wissenschaftler. Der russi- sehe Techniker und der Wissenschaftler leisten nur so viel, wie ihr Ingenium zu leisten vermag, und das ist unabhängig von den Mitteln — natürlich bedürfen sie der Mittel, das ist ganz klar —, aber auch unabhängig von den politischen Vorstellungen. Ein Elektron bewegt sich um einen Wasserstoffkern in Rußland genauso wie hier. In der Naturwissenschaft hat die Politik Gott sei Dank keinen Einfluß. Ich glaube, daß sich da eine Ironie der Geschichte entwickeln wird. Ich bin der Überzeugung, daß Marx nicht ganz unrecht gehabt hat, jedenfalls eine Teilwahrheit formuliert hat, als er sagte, daß der Mensch natürlich auch — das „auch" füge ich jetzt zu — von seiner Umwelt bestimmt wird.
— Dann sind wir uns in diesem Punkt mit Marx einig.
Nun entwickelt sich da etwas, was den Herren im Kreml wahrscheinlich gar nicht so recht ist, daß nämlich der Wissenschaftler und der Techniker, um leben zu können, eine gewisse Freiheit brauchen. Der russische Machthaber muß sich mit diesem Begriff Freiheit einmal auseinandersetzen. Bedauerlich ist natürlich — auch das darf ich als Naturwisenschaftler sagen —, daß gerade der Techniker und der Wissenschaftler ein so schlechtes Verhältnis zur Politik und damit zur Macht und damit zur Freiheit haben; das verzögert die Entwicklung. Aber ich bin überzeugt, daß die Entwicklung in Rußland diesen Weg gehen wird. Deswegen bin ich gar nicht so böse, daß sich infolge dieser Ironie der Geschichte, wie ich es nennen möchte, eines Tages auch der östliche Nachbar Lebensformen annähern muß, die unseren vergleichbar sind.
— Vorsichtig; selbstverständlich wird sich das anders abspielen, weil es ein anderer Menschentyp ist, sehr richtig.
Aber eine gewisse Richtung ist doch unverkennbar, und es wird sich so abspielen.
Nun komme ich zu dem eigentlichen Inhalt Ihres Antrags. Ich bin etwas überrascht. Erst einmal muß ich feststellen, daß sich, wenn ich Ihren Antrag recht verstehe, genau ein Paragraph mit den eigentlichen Aufgaben befaßt, während zwölf Paragraphen Organisationsfragen behandeln. Das scheint mir symptomatisch zu sein. Ich meine also, daß der Inhalt Ihres Antrags nicht in dem richtigen Verhältnis zu der Aufgabe steht. Was Sie dort in § 2 Abs. 1 fordern — „die gesellschaftliche, wissenschaftliche, wirtschaftliche und technische Entwicklung zu beobachten und Feststellungen über das Ergebnis seiner Beobachtungen zu treffen" —, meine Damen und Herren von der SPD, das geschieht doch laufend! Soundsoviel tausend Hochschullehrer, soundsoviel tausend Journalisten, Schriftsteller tun das tagtäglich und beschäftigen sich mit dieser Aufgabe. Mir scheint das Problem wiederum das zu sein — es ist hier schon einmal angeklungen; ich weiß nicht mehr, wer von den Kollegen es gesagt hat —, daß gerade wir in diesem Hause leider alle nicht die Muße haben, diese Ergebnisse, die uns an und für sich präsentiert werden, zu lesen und geistig zu verarbeiten. Wir täten wahrscheinlich sehr viel besser, wenn wir uns selber als Parlament eine Organisation gäben, die uns etwas mehr Zeit gäbe, damit wir diese geistige Aufgabe besser, als es bislang der Fall war, verfolgen könnten.
Ich glaube nach dem Inhalt des § 2 Abs. 1 nicht, daß es überhaupt noch notwendig ist, ein neues Gremium zu 'schaffen. Nun haben Sie insbesondere die Aufgabe des Fortschritts auf dem Gebiet der Atomtechnik, Kernenergie und Automation herangezogen. Das geht heute ja auch nicht anders, das gehört zum guten Ton. Ich will keinen Vergleich zu einem gewissen Buch ziehen. Aber anders geht es heute nicht, als daß man die Stichworte Atomtechnik, Kernenergie und Automation nennt. Meine Damen und Herren, ich glaube nicht, daß eine Organisation notwendig ist, um die sich aus den Fortschritten der Atomtechnik und der Automatisierung ergebenden Fragen zu verfolgen. Denn diese haben wir uns schon vor anderthalb Jahren geschaffen, indem wir ein Ministerium für Atomfragen eingerichtet haben. Ich war damals nicht ganz überzeugt, daß unbedingt ein Ministerium geschaffen werden muß. Ursprünglich war ich der Meinung, eine Bundesanstalt hätte es auch getan. Aber nachdem wir ein Atomministerium haben, müssen wir doch korrekterweise feststellen, daß die eigentliche Aufgabe dieses Ministerium darin besteht, ,alle Forschungsergebnisse zusammenzutragen, zu beobachten und dementsprechend gegebenenfalls politische Entscheidungen zu treffen und Schlüsse — siehe Atomgesetz usw. — daraus zu ziehen. Ich glaube also, diese Aufgabe, deren Erfüllung Sie verlangen, ist erfüllt.
Nun zur Automation; zweite industrielle Revolution! Herr Kollege Ratzel, Sie haben sich Ihre Ausführungen eigentlich einfach gemacht. Sie haben festgestellt, daß sich der Herr Bundeskanzler damit begnügt habe, festzustellen: Die zweite industrielle Revolution findet nicht statt.
— Und der Herr Bundeskanzler!
— Dann habe ich mich verhört. Entschuldigung! — Sie haben sich die Sache insofern einfach gemacht, als Sie sich damit begnügt haben, zu sagen: Zweite industrielle Revolution findet doch statt. Die Gründe haben Sie eigentlich nicht erwähnt, nach meiner Meinung jedenfalls nicht ausreichend.
Ich darf zu diesem Thema auch einmal beisteuern. Es ist auffallend, daß die Ausführungen, die Berichte, die Darlegungen von Nichttechnikern über dieses Thema eine gewisse Faszination erkennen lassen. Man ist fasziniert von einer Entwicklung, deren inneren Vorgang man als Nichttechniker im Grunde genommen nicht ganz begreift. Das ist kein Vorwurf. Ich möchte nicht irgendwelche Kritik an der geistigen Kapazität eines Menschen üben, sondern möchte nur feststellen: weil diese Menschen eben nicht von der Technik kommen, kennen sie das Wesen und den Sinn dieser Automation nicht genügend. Sie sehen nur das allerdings erstaunliche Äußere, daß auf einmal durch einen Riesenapparat tausend Arbeitskräfte freigesetzt werden. Das ist doch letzten Endes das Ergebnis.
Die Techniker sind Gott sei Dank sehr nüchterne Menschen. Sie kümmern sich um diese Fragestellung gar nicht. Sie haben vielmehr eine sehr schlichte Aufgabe zu lösen. In unserer heutigen Welt, jedenfalls hier in Europa, gibt es nicht mehr genügend Arbeitskräfte. Es ist vorausschaubar, wann wir an der Grenze sind. Infolgedessen sagt sich der Techniker: Ich setze den Weg fort, den ich bislang mit der Rationalisierung gegangen bin, ich mache mir aber die Kenntnisse der Kernenergie und der Elektronentechnik zunutze, indem ich jetzt in einem viel größeren Umfange als bisher Produktionsprozesse fern und automatisch steuere.
Ich könnte einige sehr schöne Beispiele für Automation nennen, nicht einmal aus einem Betrieb der Schwerindustrie, sondern aus einem Betrieb der chemischen Industrie, wo das schon lange in sehr starkem Umfange der Fall ist, oder sogar aus einem Versandhaus, wo man mit einem Elektronengehirn die ganze Lagerhaltung steuert, wo automatisch, wenn irgendein Fasten an einer bestimmten Grenze ist, eine Schreibmaschine in Tätigkeit gesetzt wird und die Bestellung an den Lieferanten automatisch geschrieben wird. Es gibt gerade in Deutschland in dieser Hinsicht viel modernere Einrichtungen als z. B. in den USA. Herren aus den USA haben sich gewundert, daß das in Deutschland eingeführt war. Man macht damit keine große Reklame, weil das die Konkurrenz wecken würde. Kurz und gut, so etwas ist nicht verwunderlich. Die Automation setzt nur das fort, was wir mit schwächerem Erfolg durch die Rationalisierung vor 30 bis 40 Jahren begonnen haben. Es ist also keine Revolution, sondern eine Evolution, ein ganz natürlicher Vorgang, der sich in die Entwicklung unserer Technik einpaßt.
Da die Automation nicht so sehr in der Spezialisierung auf einzelnen Gebieten als vor allen Dingen durch die Kapitalknappheit ihre Grenze findet, ist schon allein dadurch die langsame Entwicklung, die Evolution bedingt. Ich könnte Ihnen Zahlen nennen. Ich darf sagen, daß in gewissen chemischen Industrien die Automation etwa 800 000 DM je Arbeitsplatz erfordert. In anderen Industrien ist es weniger. Sie werden mir recht geben, wenn ich sage, daß man sich angesichts dieser Kosten sehr genau überlegen wird, ob es billiger ist, mit Menschen oder mit Elektronengehirnen zu arbeiten. Es handelt sich hier also nicht um etwas Absonderliches, sondern um einen ganz natürlichen Vorgang, und ich wäre dankbar, wenn wir wenigstens in diesem Hause nicht mit Schlagworten arbeiteten und wenn wir auch nicht die Köpfe unserer Mitbürger damit vernebelten und durch Vorgänge faszinierten, die im Grunde eine ganz einfache technische Entwicklung darstellen.
Soviel zur Automation. Ich glaube, daß wir uns darum nicht soviel Sorge machen sollten. Deswegen hat Ihr Antrag, auch was die materielle Seite betrifft, glaube ich, wenig Sinn.
Nun zu § 2 Ziffer 2, wonach der Forschungsrat Möglichkeiten zur Förderung der deutschen Wissenschaft darzulegen hat. Auf die Gefahr hin, meine Herren, daß Sie mich als Simplifikateur bezeichnen, sage ich Ihnen: diese Möglichkeiten stehen für mich in einem proportionalen Verhältnis zu den bereitgestellten Mitteln. Stellen wir die Mittel bereit, dann werden wir den Effekt haben, den Sie und wir alle wünschen.
Die Ziffer 3 hat mich wirklich befremdet. Ich bin nicht sicher, was Sie damit meinen, daß der Forschungsrat „die mit der Kontrolle der Macht im demokratischen Staat verbundenen Probleme zu beobachten" hat. Was bedeutet das? Ich habe Sie da nicht verstanden. Sie dürfen mich korrigieren, wenn ich jetzt etwas Falsches sage. Wahrscheinlich meinen Sie die uns allen nicht sehr bequeme, uns etwas unbehaglich vorkommende Machtverschiebung zwischen Exekutive und Legislative auf der einen Seite sowie die faktische Gewalt gewisser Wirtschaftsverbände auf der anderen Seite, wollen wir mal sagen, bei den Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Wahrscheinlich wollen Sie das damit ansprechen. Ich weiß aber nicht, wozu wir da eine neue Institution schaffen sollen; denn dieser uns alle nicht sehr freundlich stimmende Vorgang wird uns bereits klargemacht. Ich darf da die Namen Weber, Sternberger und Eschenburg nennen. Wir wissen also, was da geschieht. Es ist ein rein politischer Akt, die Konsequenz daraus zu ziehen. Das nimmt uns niemand ab. Da nützt uns ein Forschungsrat am allerwenigsten. Es besteht höchstens die Gefahr, daß sich seine Mitglieder darüber selber zerreden; denn das soll ja auch bei Wissenschaftlern vorkommen. Ich glaube nicht, daß wir dem Parlament einen Gefallen täten, wenn wir hier nach dem Entwurf verfahren würden.
Ich möchte den § 2 — darin erschöpft sich der materielle Inhalt des Entwurfs - nicht weiter zerpflücken. Wenigstens stichwortartig dürfte ich Ihnen aber klargemacht haben, warum wir über Ihren Entwurf nicht sehr entzückt sind, warum wir ihn sogar für überflüssig halten. Allerdings muß ich Ihnen konzedieren, daß Sie ein Kernproblem richtig gesehen haben; das ist, wie Herr Kollege Gaul sehr klar ausgesprochen hat, daß der
föderale Staatsaufbau zu einer Zerrissenheit auf diesem Gebiet und zu einem geringen Einfluß des größten Interessenten und Geldgebers, nämlich des Bundes, geführt hat. Das erscheint uns unerwünscht.
Ich spreche als Vertreter einer an und für sich föderativen Partei, einer Partei, die sich zu den Grundsätzen des Föderalismus bekennt. Ich muß aber gestehen, daß ich persönlich mehr Pragmatiker in der Politik bin. Wahrscheinlich bin ich da als Naturwissenschaftler verdorben. Bekanntlich muß jeder Naturwissenschaftler, weil er nur das Experiment und nicht Dogmen zulassen kann, Pragmatiker sein. So zähle ich mich persönlich zu den Pragmatikern in der Politik und muß sagen, daß mir der Föderalismus nur noch eine europäische und nicht mehr so sehr eine deutsche Angelegenheit zu sein scheint. Wenn wir das Problem, lösen wollen, können wir es nach meiner Auffassung richtig nur so tun, daß wir eine Instanz vom Rang eines Ministeriums schaffen. Den Namen will ich vorsichtshalber nicht nennen, nachdem selbst der Kollege von der Demokratischen Partei nicht den Mut gehabt hat, das Kind beim Namen zu nennen.
Wir kommen nur dann zu der letzten Konsequenz, wenn der Bund eine legale Instanz hat, dort mitzusprechen und Anregungen zu geben. Dann werden wir nach meiner Überzeugung auch Ihr Anliegen am besten erfüllen könen.
Nun wird man mir entgegenhalten, das sei politisch nicht durchsetzbar. Sehr richtig! Das weiß ich auch, und deswegen habe ich keinen Antrag gestellt. Ich darf daran erinnern, daß unser sehr viel zahmerer Antrag — Bundeskultminister — immer noch in den Ausschüssen schmort und nicht zur Erledigung kommt, obwohl auch das eine ebenso dringliche Sache war; breite Kreise der Elternschaft wären sehr daran interessiert gewesen, wenn dieses Problem in einem vernünftigen Sinne hätte gelöst werden können. Aber selbst das ist uns nicht gelungen. Ich habe mich daher gehütet, nun etwa einen Gegenantrag zu stellen, hier noch eine Bundesinstanz zu schaffen. Ich glaube vielmehr, daß wir im gegenwärtigen Augenblick klug tun, abzuwarten, was in Wiesbaden herauskommt.
Ich habe nur die Hoffnung, daß der Herr Bundesinnenminister seine Versprechung wahrmachen und uns eine Instanz bescheren wird, die ersatzweise diese Aufgabe vom Bunde her löst. Wir werden Ihnen dann gern Gefolgschaft leisten, wenn Sie unserem Anliegen entgegenkommen, daß wir hier eine größere Einflußmöglichkeit des Bundes schaffen und daß mehr Mittel dabei herauskommen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Frage?
Bitte schön!
Herr Kollege Elbrächter, die Drucksachen 621 und 622 schmoren nicht mehr in den Ausschüssen. Es dürfte Ihnen entgangen sein, daß die Berichte bereits seit November gedruckt vorliegen.
Ich bitte um Entschuldigung. Das war mir nicht bekannt, da ich nicht zu dem Ressort Ihres Ausschusses gehöre. Ich spreche hier heute mehr als Privatabgeordneter denn als Ressortabgeordneter.
Ich nehme es gern zur Kenntnis und hoffe, daß der Ältestenrat diese Anträge bald auf die Tagesordnung setzt.
Ich darf mit meiner Adresse an den Herrn Bundesinnenminister fortfahren und darf meine Vorstellungen in einem Satz zusammenfassen. Worauf es uns ankommt und wozu wir Ihre Unterstützung erbitten, Herr Minister, ist, daß wir unserem gemeinsamen Freunde Fritz Schäffer zur Zeit ganze 500 Millionen DM entreißen. Ich glaube, das ist die Summe, die real notwendig ist und die zu geben auch möglich wäre.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Niederalt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur deshalb, weil Stillschweigen unter Umständen als Zustimmung aufgefaßt werden könnte, möchte ich zu einigen Punkten Stellung nehmen, die heute im Laufe der Debatte angeklungen sind.
Da wurde immer wieder auf die Unzulänglichkeit des Grundgesetzes hingewiesen. Der Bundesregierung wurde der Vorwurf gemacht, sie habe nicht genügend getan.
Die Bundesregierung hat bereits Zahlen genannt. Aus den Zahlen haben wir zu unserer Überraschung gesehen, daß eigentlich mehr geschah, als wir bisher vermutet haben. Gott sei Dank, möchte ich sagen. Wir sind uns aber darüber klar, daß der Idealzustand sicher noch nicht erreicht ist.
Die Frage ist nur, ob wir dann sofort sagen dürfen: Es liegt am System, es liegt am Grundgesetz! Das müssen wir untersuchen. Ich habe da erhebliche Zweifel. Herr Kollege Vogel hat schon einiges angedeutet. Lassen Sie mich in dieser Richtung noch einiges sagen.
Der öffentliche Bedarf — das ist im Bund nicht anders als in den Ländern — kennt keine Grenzen. Es wird immer so sein, daß man eine Reihenfolge in der Dringlichkeit der Aufgaben aufstellt. Nun frage ich mich: Halten die Kultusminister und die Finanzminister der Länder diese Reihenfolge der Dringlichkeit gemessen an der Zuständigkeit der Länder immer ein? Sind — um es anders auszudrücken — die Kultusminister stark genug, sich in ihrer primären Aufgabe, der Wahrung der Kulturhoheit — diese ist nicht nur ein Recht, sondern auch eine Verpflichtung —,
dem Finanzminister gegenüber immer durchzusetzen? Da habe ich gewisse Zweifel.
Ich höre von einigen Ländern, daß sie Darlehen an die Bundesbahn zur Durchführung der Elektrifizierung geben. Nichts gegen Elektrifizierung der Bundesbahn selbstverständlich. Aber ich frage mich: Ist nicht die Erfüllung der primären Aufgabe der Länder, der Wahrung der Kulturhoheit, wichtiger,
und wäre es nicht besser, in bezug auf die Elektrifizierung der Bundesbahn etwa an den Bund heranzutreten?
Wäre das nicht natürlicher, als ausgerechnet auf dem Kultursektor, der nach unserer Verfassung nun einmal den Ländern verblieben ist, jetzt den Ruf nach dem Bund zu erheben?
Ein anderes Land bringt ein Sonderprogramm auf dem Gebiet des Wohnungsbaues, bringt Mittel dafür auf. Ja, warum diese Mittel nicht in die primäre Aufgabe des Landes, in die kulturelle Tätigkeit, in das kulturelle Gebiet?
Meine Damen und Herren, es ist leicht, dann, wenn irgendwo etwas nicht klappt, sofort zu sagen: „Nur der föderative Charakter unseres Grundgesetzes ist schuld!" Wir müssen schon ein bißchen tiefer gehen und müssen nachdenken, wer die Schuld trägt und was die Ursache ist. Ich glaube nicht, meine Damen und Herren, daß man so ohne weiteres — und deshalb habe ich mich zu Wort gemeldet, weil es immer durchgeklungen ist — das Grundgesetz auf die Anklagebank bringen darf; auch nicht die Bundesregierung.
Ich glaube, es sind hier heute indirekt die Kultusminister der Länder weitgehend angesprochen. Es genügt nun einmal nicht, theoretische Pläne aufzustellen und dann zu sagen: „Ich brauche 3 Milliarden, wenn ich alles das machen soll, und damit ist es geschehen." Dann muß der Kultusminister sich eben hineinstürzen in das Schlachtgetümmel mit seinem Finanzminister,
muß im Kabinett kämpfen, daß er seine Aufgabe zu erfüllen vermag.
— Ja eben! Dann müssen wir uns eben an die Adresse wenden, die zuständig ist; das sind die Länderparlamente.
Meine Damen und Herren, ein Wort zu den 1,1 Milliarden, zu dem Programm der SPD. Ich möchte vom Haushalt her nicht viel sagen. Man sollte annehmen, daß allmählich bekannt ist, daß auch beim Bund nicht ein allgemeiner Topf vorhanden ist, in dem immer etwas drinnen ist. Ich möchte auch nicht darauf hinweisen, daß diese Forderung der SPD von 1,1 Milliarden DM ja nicht die einzige Forderung ist, sondern daß man sie mit vielen, vielen anderen Forderungen im Zusammenhang sehen müßte. Ich möchte nur einmal auf die 250 Millionen für den Schulhausbau eingehen.
Meine Damen und Herren, als ich das in der Zeitung gelesen habe, habe ich mir gedacht: ich bin gespannt, wie man das nach dem Grundgesetz begründen will. Nun hat heute Herr Kollege KahnAckermann ausgeführt, mit Artikel 120 ginge das. Ich glaube, daß ich in dieser vorgerückten Stunde darauf nicht mehr näher einzugehen brauche; aber ich bin überzeugt davon, daß auch der Kollege Kahn-Ackermann nicht an seine Argumentation glaubt. Artikel 120 hier anzuziehen, ist offensichtlich nicht richtig.
Ich möchte aber etwas anderes sagen. Wenn ich von 1,1 Milliarden auf diesem Gebiet höre, dann kommt mir der alte Erfahrungssatz in den Sinn: Wer zahlt, schafft an. Meine Damen und Herren, dieser Satz, der immer Gültigkeit gehabt hat und auch in Zukunft Gültigkeit haben wird, lautet, in die Gesetzessprache übersetzt, etwa so: Wer die die Mittel aufbringt, hat auch die Zuständigkeit dafür. — Ich weiß, es gibt Länderfinanzminister, die nehmen das Geld von überallher. Non olet! — Nach diesem Grundsatz wird da gehandelt, nicht bloß auf dem kulturellen Gebiet. Ich könnte als Mitglied des Haushaltsausschusses ein Lied davon singen. Ich bin manchmal der Meinung: Olet — es riecht! Es riecht gerade in diesem Falle, wenn ich hier von 1,1 Milliarden DM höre, doch nach Bundeskultusministerium!
Davon lasse ich mich nicht abbringen. Es riecht penetrant danach. Das, was man durch die Vordertür bisher nicht erreichen konnte, das will man nun offensichtlich, zwar nicht auf einmal, nicht abrupt — wir sollen nicht erschreckt werden, weiß Gott, Sie sind ja liebe Menschen; Sie wollen es nicht so plötzlich machen —, sondern das will man uns schön langsam im Laufe der Zeit durch diese Mittel — Herr Gaul, ich sehe, Sie lachen; Sie sind sicher dieser Auffassung —
durch die Hintertür nehmen.
— Ja, ich halte es für falsch, Herr Kollege Strosche;
sonst würde ich das Thema ja nicht anschneiden.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Frage?
Bitte sehr!
Herr Kollege Niederalt, sind Sie nicht auch der Meinung, daß die eigentlichen Wegbereiter des Gedankens eines Bundesunterrichtsministeriums diejenigen Leute in den Länderunterrichtsverwaltungen sind, die durch die Insuffizienz ihrer Leistungen diese Forderung gerade heraufbeschwören?
Herr Kollege Graf, ich habe von diesem Platz aus schon des öfteren dargetan, daß diejenigen, die sich als sogenannte Föderalisten immer am meisten hervortun, sehr häufig am meisten zum Untergang des Föderalismus beitragen. Ihre Frage berührt das gleiche Problem.
Meine Damen und Herren, wenn Sie es wirklich ehrlich gemeint und nur ,an die kulturellen Dinge gedacht haben, warum schlagen Sie dann nicht den einfachen, sauberen Weg vor und sagen: 250 Millionen im Jahr für den Schulhausbau. 1 % des Anteils an der Einkommen- und Körperschaftsteuer macht rund 120 Millionen. 250 Millionen sind also 2 %. Wir treten an den Bund heran, wenn feststeht, daß die Länder nicht in der Lage sind, diese Aufgabe zu erfüllen, wenn weiter feststeht, daß bei den Ländern nicht die richtige Reihenfolge in der Dringlichkeit der Aufgaben vorgenommen wurde. Warum schlägt man dann nicht diesen Weg vor? Das wäre doch das richtige.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, gestatten Sie noch eine Frage?
Aber bitte!
Herr Abgeordneter Niederalt, auf welche Weise gedenken Sie sicherzustellen, daß dieses 1 % hernach in den Ländern wirklich für die kulturellen Dinge und nicht, wie Sie gerade vorher ausgeführt haben, für Sonderprogramme etwa auf dem Bausektor oder für irgendwelche anderen Dinge verwendet wird?
Ach, Herr Kollege Graf, da habe ich aber gar keine Angst. Stellen Sie sich einmal vor, im Bundestag werden an Stelle von 33 % — soviel haben wir jetzt, glaube ich — 31 % Einkommen- und Körperschaftsteuer beschlossen. Die ganze Presse ist hier. Vom Bund würde gesagt: Diese Differenz von 2 % bekommen die Länder mit der Auflage — jetzt nicht juristisch gesprochen; juristisch können wir keine Auflage erteilen —, sie für kulturelle Aufgaben der Länder zu verwenden. Ich möchte das Land, ich möchte das Landesparlament kennen, das sich dieser Aufgabe dann entzieht. Soviel Kontrolle haben wir Gott sei Dank in unserer Öffentlichkeit.
Aber, meine Damen und Herren, es hat wenig Sinn, darüber heute viel zu reden; die Dinge sind mit dem Verwaltungsabkommen ja schon viel zu weit gediehen. Ich möchte sagen, daß das noch einigermaßen ein gangbarer Weg ist, wenngleich mir der andere Weg viel richtiger und viel sauberer erschienen wäre. Aber diese Verwaltungsvereinbarung muß sich — das darf ich doch noch betonen — im Rahmen des Art. 74 halten, sonst kommen wir ins Uferlose.
Gestatten Sie mir, zum Abschluß noch eines aufzuzeigen. Schon jetzt besteht weitgehend ein Widerspruch zwischen der geschriebenen Verfassung und der Verfassungswirklichkeit, und wir sind auf dem Wege, eine weitere Kluft aufzureißen zwischen der Aufgabenverantwortung auf der einen Seite und der Ausgabenverantwortung auf der anderen Seite. Das war noch nie gut für den Steuerzahler.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Bitte, Herr Abgeordneter Wittrock.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege hat soeben angeregt, man solle doch den Einkommensteueranteil verändern. Diesen Vorschlag haben Sie gemacht. Ich möchte an Sie, verehrter Herr Kollege — übrigens auch, um falschen Vorstellungen von vornherein entgegenzutreten —, die Frage richten, wie Sie sich das eigentlich vorstellen. Hier ist mit viel Mühe und Not eine Kompromißformel zustande gekommen; kraft Verfassung ist es nicht zulssig, vor dem 31. März 1958 irgendwelche Veränderungen durchzuführen. Daraus ergibt sich, daß der von Ihnen angepriesene Weg völlig ungangbar ist.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Gontrum.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bitte im Namen meiner Fraktion, den Antrag des Ausschusses in
Drucksache 3105*) an den Kulturpolitischen Ausschuß — federführend — und an den Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung zurückzuverweisen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Herr Bundesminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will das Hohe Haus nicht mehr lange aufhalten; ich möchte nur zum Schriftlichen Bericht Drucksache 3105 eine Mitteilung machen. Ich habe bereits im Anschluß an die Debatte vom 7. Juni 1956 eine umfassende Erhebung über die Probleme des technischen Nachwuchses veranlaßt. Die Erhebungen, um die die Bundesregierung nunmehr in dem Antrag des Ausschusses Drucksache 3105 unter I ersucht wird, sind daher größtenteils schon abgeschlossen. Der Entwurf der Denkschrift ist soeben fertiggestellt worden und liegt mir vor. Ich hoffe, dem Hohen Hause diese Denkschrift in aller Kürze zuleiten zu können. Die Denkschrift enthält einen genauen Überblick über den Bestand an Ingenieuren und Technikern im Jahre 1956, eine Vorausschau des Bedarfs bis zum Jahre 1970 und Vorschläge für seine Deckung.
Ich würde daher vorschlagen, diese Fragen erst dann weiter zu behandeln, wenn durch die dem Hohen Hause in Kürze zugehende Denkschrift verläßliche Zahlen zur Verfügung stehen. Sie werden dann die Grundlage für die hier vorgeschlagenen Beratungen zwischen Bundesregierung und den Ländern bilden.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter Dr. Ratzel!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren, nur kurz zu dem Antrag des Herrn Kollegen Gontrum, den Ausschußantrag auf Drucksache 3105 an den Ausschuß zurückverweisen. Wir bitten, über den Antrag unter I zu beschließen und den Antrag unter II an den Ausschuß zurückzuverweisen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Weitere Wortmeldungen hegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.
Es ist beantragt, den Gesetzentwurf Drucksache 3124 an den Ausschuß für Kulturpolitik — federführend —, an den Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung und den Haushaltsausschuß — mitberatend — zu überweisen. — Das Haus ist damit einverstanden? — Es ist so beschlossen.
Es liegt weiter vor der Antrag des Abgeordneten Gontrum, den Schriftlichen Bericht Drucksache 3105 an den Kulturpolitischen Ausschuß — federführend — und an den Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung — mitberatend — zurückzuverweisen. Zu diesem generellen Antrag auf Rückverweisung liegt ein Änderungsantrag des Abgeordneten Dr. Ratzel vor. Danach soll — was nach der Geschäftsordnung möglich ist — über den Ausschußantrag unter I Beschluß gefaßt und der Ausschußantrag unter II an die genannten Ausschüsse zurückverwiesen werden. Wird dazu das Wort gewünscht? — Bitte, Herr Abgeordneter Gontrum.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir ziehen unseren
*) Siehe Anlage 4
Antrag zurück und werden dem soeben vom Herrn Präsidenten wiedergegebenen Antrag des Abgeordneten Dr. Ratzel zustimmen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Dann verfahren wir so; Sie haben also Ihren Antrag zurückgezogen.
Wer dem Ausschußantrag auf Drucksache 3105 unter Ziffer I zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zwei Enthaltungen angenommen.
Nun zu dem Vorschlag, den Antrag unter Ziffer II an den Ausschuß für Kulturpolitik und an den Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung zurückzuverweisen. Kein Widerspruch? — Dann ist es so beschlossen.
Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Ergänzung von Vorschriften des Umstellungsrechts (Drucksache 2912);
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit , [Drucksache 3168 (neu)]*).
Erste Beratung: 177. Sitzung.
Ich erteile das Wort dem Berichterstatter, dem Abgeordneten Seuffert.
— Verzichtet das Haus auf Berichterstattung? — Das ist der Fall.
Dann kommen wir zur zweiten Beratung des Gesetzes. Ich rufe auf in der Fassung des Ausschusses die §§ 1, — 2, — 3, — 4, — 5, — 6, —7, — 8, — 9, — 10, — 11, — 12, — 13, — 14, —15,-16,-17,-18,-19,-20,-21,-22,23, — 24, — 25, — 26, — 27, — 28, — die Einleitung und die Überschrift. — Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? — Dias ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer den aufgerufenen Paragraphen, der Einleitung und der Überschrift des Gesetzes zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit; angenommen.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. Änderungsanträge liegen nicht vor. Wer dem Gesetz im ganzen zuzustimmen wünscht, erhebe sich bitte. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich bitte um Entschuldigung, ich habe den Punkt 6 leider überschlagen. Ich rufe also jetzt Punkt 6 der heutigen Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen vom 5. März 1956 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland, Kanada, Australien, Neuseeland, der Südafrikanischen Union, Indien und Pakistan sowie der Französischen Republik über Militärfriedhöfe, Kriegsgräber und Gedenkstätten des Britischen Commonwealth und über das Abkommen vom 5. März 1956 zwischen
*) Siehe Anlage 5 der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland, Kanada, Australien, Neuseeland, der Südafrikanischen Union, Indien und Pakistan über Kriegsgräber, Militärfriedhöfe und Gedenkstätten des Britischen Commonwealth im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ;
Mündlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (Drucksache 3183).
Erste Beratung: 177. Sitzung.
Der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Kopf, schlägt dem Hause vor, es möge auf mündliche Berichterstattung verzichten; er bezieht sich auf seinen Schriftlichen Bericht. Ich unterstelle, daß das Haus damit einverstanden ist.
Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe auf Artikel 1, — Artikel 2, — Artikel 3, — die Einleitung und die Überschrift. — Wird das Wort gewünscht? — Dias ist nicht der Fall. Dann schließe ich ¡die Beratung. Wer den aufgerufenen Artikeln, der Einleitung und der Überschrift zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Wir treten in die
dritte Beratung
des aufgerufenen Gesetzes ein. Änderungsanträge zur dritten Beratung liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zuzustimmen wünscht, erhebe sich bitte. — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Punkt 8 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Verlängerung von Ermächtigungen zum Erlaß von Rechtsverordnungen zur Durchführung des Körperschaftsteuergesetzes und des Gewerbesteuergesetzes ;
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (Drucksache 3195) *).
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Dresbach. Erste Beratung: 183. Sitzung.
Verzichtet das Haus auf Berichterstattung? — Das ist der Fall. Dann treten wir in die zweite Beratung ein. Ich rufe Artikel 1, — Artikel 2, — Artikel 3, — Artikel 3 a und Artikel 4, — Einleitung und Überschrift auf. — Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Abstimmung. Wer in zweiter Lesung zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Wir treten in die
dritte Beratung
des Gesetzes ein. Änderungsanträge liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Wer zuzustimmen wünscht, erhebe sich bitte. — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 14. April 1956 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien über den Luftverkehr ;
*) Siehe Anlage 6
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen (Drucksache 3196).*)
Berichterstatter: Abgeordneter Srock. Erste Beratung: 177. Sitzung.
Verzichtet das Haus auch hier auf Berichterstattung? — Das ist der Fall.
Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe Artikel 1 in der Ausschußfassung auf. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Beratung. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe den Antrag Umdruck 965**) auf, wonach ein Artikel 1 a eingefügt werden soll. Dabei handelt es sich wohl um die Klausel für das Saarland. Soll der Antrag begründet werden? — Das Haus verzichtet auf Begründung.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag Umdruck 965 zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Damit ist in zweiter Lesung ein Artikel 1 a in das Gesetz eingefügt.
Ich rufe Artikel 2, — Einleitung und Überschrift auf. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Beratung.
Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen. Damit ist die zweite Lesung des Gesetzes beendet.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. Änderungsanträge liegen nicht vor. Wer dem Gesetz in der Gestalt, die es durch die zweite Lesung bekommen hat, zuzustimmen wünscht, erhebe sich bitte. — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Wir kommen zu Punkt 10 der Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 2. Mai 1956 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Luftverkehr ;
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen (Drucksache 3197).***)
Berichterstatter: Abgeordneter Jahn .
Erste Beratung: 177. Sitzung.
Ich nehme an, daß das Haus auch hier auf mündliche Berichterstattung verzichtet. — Sie sind einverstanden.
Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe Artikel 1 in der Ausschußfassung auf. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe den Antrag Umdruck 966****) auf. Auch hier soll ein Artikel 1 a eingefügt werden, die Saarklausel. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Abstimmung. Wer dem Änderungsantrag auf Umdruck 966 zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Hand-
*) Siehe Anlage 7 **) Siehe Anlage 8 ***) Siehe Anlage 9 ****) Siehe Anlage 10
zeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe Art. 2, Einleitung und Überschrift in der Ausschußfassung auf. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Wird das Wort in der allgemeinen Aussprache gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Änderungsanträge liegen nicht vor. Wer dem Gesetz in der Fassung der zweiten Lesung zuzustimmen wünscht, erhebe sich bitte. — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Punkt 11:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 12. Juni 1956 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Irland über den Luftverkehr ;
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen (Drucksache 3198).*)
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Leiske. Erste Beratung: 177. Sitzung.
Verzichtet das Haus auch hier auf Berichterstattung? — Das ist der Fall.
Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe Art. 1 in der Ausschußfassung auf. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Abstimmung. Wer dem aufgerufenen Art. 1 zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe den Antrag Umdruck 967**) auf, einen Art. 1 a — in der gleichen Form wie vorhin — einzufügen. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag Umdruck 967 zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe Art. 2, Einleitung und Überschrift in der Ausschußfassung auf. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Abstimmung. Wer dem aufgerufenen Artikel, der Einleitung und der Überschrift des Gesetzentwurfs zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe zur
dritten Beratung
auf und eröffne die allgemeine Aussprache. — Das Wort wird nicht gewünscht; ich schließe die allgemeine Aussprache.
Wer dem Gesetz in der Fassung der zweiten Lesung im ganzen zuzustimmen wünscht, erhebe sich bitte. — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Punkt 12:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Statistik der Seeschiffahrt .
Es ist interfraktionell vereinbart, daß auf Einbringung und Debatte in der ersten Beratung ver-
*) Siehe Anlage 11 **) Siehe Anlage 12
zichtet werden soll. — Das Haus ist damit einverstanden. Ich schlage dem Hause vor: Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuß für Verkehrswesen. — Ich höre keinen Widerspruch; dann ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 13 auf:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Ausbauplan für die Bundesfernstraßen .
Auf die Einbringung, Herr Minister, soll wohl verzichtet werden? — Danke sehr!
Wird das Wort zur Abgabe von Erklärungen gewünscht? — Bitte, Herr Abgeordneter Schmidt !
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu dem uns vorgelegten Entwurf eines Gesetzes über den Ausbauplan für die Bundesfernstraßen darf ich namens der sozialdemokratischen Fraktion in ,aller Kürze folgendes erklären.
1. Der Gesetzentwurf enthält zwar in den Anlagen eine dankenswerte Zusammenstellung der nach dem heutigen Stande der Erkenntnis vordringlich auszubauenden Bundesautobahnen und Bundesfernstraßen, er macht jedoch leider keinen Versuch, zur Lösung des in vielen Einzelfällen und im allgemeinen dringlicheren Straßenbauproblems der Städte und Gemeinden beizutragen.
2. Der Gesetzentwurf verzichtet auf jede zeitliche Festlegung für die Verwirklichung dieses Aufbauplanes. Damit ist die vom Bundesverkehrsminister vielfach offiziell publizierte Idee eines Zehnjahresplans zu unserem großen Leidwesen nunmehr in der offiziellen Regierungsvorlage fallengelassen worden. Die Vorlage erfüllt damit nicht das einstimmige Ersuchen des Bundestages vom 23. März 1955, in dem ausdrücklich ein Zehnjahresplan gefordert worden war.
3. Da einerseits im § 2 der Bau anderer, im Gesetz nicht aufgeführter Bundesstraßen ausdrücklich offengehalten wird und andererseits in § 3 dem Verkehrsminister ausdrücklich das Recht gegeben werden soll, im Einvernehmen mit dem Finanzminister je nach den Verkehrsbedürfnissen von diesem Ausbauplan abzuweichen, ist nicht zu erkennen, wem eigentlich durch den Gesetzentwurf Bindungen und Verpflichtungen auferlegt werden sollen.
4. Der entscheidende Mangel dieses Gesetzentwurfs liegt jedoch in dem völligen Fehlen jedweden finanziellen Rahmens. Der Bestimmung des § 4, nach der — ich darf zitieren, Herr Präsident —
bei Bemessung der Mittel im Bundeshaushaltsplan in angemessener Weise auf die Entwicklung des Aufkommens der Mineralölsteuer .. . Rücksicht zu nehmen
ist, fehlt jede Prägnanz; denn gerade über diese Angemessenheit besteht seit eh und je Streit zwischen dem Finanzressort und dem Verkehrsressort. Es bedeutet daher keinerlei Fortschritt oder auch nur irgendeine Veränderung der bisherigen Lage, wenn dieser diffuse, schon im Motiv absichtlich unklare Begriff der Angemessenheit ohne nähere Definition nunmehr im Gesetz verwandt werden soll.
Der Gesetzentwurf erwähnt nun in § 4 die Tatsache, daß ein Gesetz zur Straßenbaufinanzierung bisher nicht erlassen worden ist. In der beigefügten Begründung wird ausgeführt, ein solches Gesetz sei geplant. Offenbar konnte sich das Kabinett aber über dessen geplanten Inhalt bisher nicht einigen; denn sonst wäre es unverständlich, daß diese geplanten finanziellen Rahmenregelungen nicht bereits in den vorliegenden, heute zu besprechenden Entwurf aufgenommen wurden. Da allein eine solche finanzielle Rahmen-Regelung diesem Entwurf einen bedeutsamen Inhalt hätte verleihen können, ist davon auszugehen, daß, wenn über sie Einigkeit bestand, sie hier hätte eingefügt werden müssen. Die sozialdemokratische Fraktion behält sich vor, bei der weiteren Beratung der Vorlage ausdrücklich auf den beabsichtigten Inhalt des von der Regierung nunmehr offiziell angekündigten Straßenbaufinánzierungsgesetzes zurückzukommen.
6. Da jedoch das bisherige Verhalten der Regierung sowohl gegenüber einem dem Hohen Hause seit Monaten vorliegenden Initiativgesetzentwurf der CDU/CSU zur Straßenbaufinanzierung als auch besonders gegenüber dem Initiativgesetzentwurf der sozialdemokratischen Fraktion über die Straßenbaufinanzierung und die Schaffung eines Straßenbaufonds ausschließlich negativ war, so können die Sozialdemokraten der heutigen Ankündigung eines Straßenbaufinanzierungsgesetzes durch die Bundesregierung keinerlei Bedeutung beilegen. Nach unserer Auffassung kann eine Lösung der Straßenverkehrskrise in Deutschland im Grundsatz nur auf der Linie des dem Hause seit längerer Zeit vorliegenden sozialdemokratischen Initiativgesetzentwurfs, d. h. nur durch gesetzliche Verwendungszweckbindung des Aufkommens aus der Mineralölsteuer, Erfolg versprechen.
Nach alledem ist dem vorliegenden Torso einer Straßenbauvorlage keinerlei politische Bedeutung zuzumessen. Da dieser Entwurf aber auch keinen Schaden anrichtet und andererseits vielleicht dem Verkehrsressort in zukünftigen Kabinettsdiskussionen einen psychologischen Rückhalt gegenüber dem Finanzressort gewähren könnte, so haben wir gegen eine Ausschußberatung keinerlei Bedenken. Wir werden uns aber dagegen wehren, etwa im Ausschuß die seit einiger Zeit im Gange befindlichen Beratungen der beiden vorerwähnten viel weitergehenden und umfassenderen Initiativgesetzentwürfe zugunsten der heutigen Vorlage zu unterbrechen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wird das Wort weiter gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Aussprache.
Ich schlage dem Hause Überweisung der Vorlage Drucksache 3234 an den Haushaltsausschuß — federführend — und dann den Ausschuß für Verkehrswesen zur Mitberatung vor. Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 14:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Geld- und Sachbezüge und die Heilfürsorge der Soldaten, die auf Grund der Wehrpflicht Wehrdienst leisten (Drucksache 3233).
Auf Begründung und Aussprache in der ersten Lesung soll verzichtet werden.
Ich schlage dem Hause Überweisung an den Ausschuß für Verteidigung — federführend — und an
den Haushaltsausschuß zur Mitberatung vor. — Das Haus ist damit einverstanden; es ist so beschlossen.
Punkt 15:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Post- und Fernmeldewesen über den Antrag der Fraktion der FDP betreffend Änderung der Entfernungstarife der Deutschen Bundespost für den Postverkehr mit Berlin (Drucksachen 3166*), 279).
Das Haus verzichtet auf Berichterstattung. Wird das Wort zu dem Ausschußbericht Drucksache 3166 gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung.
Wer dem Ausschußantrag auf Drucksache 3166 zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Punkt 16:
Beratung des Entwurfs einer Sechsundsechzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Drucksache 3156).
Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schlage vor Überweisung der Vorlage an den Ausschuß für Außenhandelsfragen. — Das Haus ist damit einverstanden; dann ist so beschlossen.
Punkt 17:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung und Immunität betreffend Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abgeordneten Dr. Dehler gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 7. Juli 1956 (Drucksache 3178).
Berichterstatter ist der Abgeordnete Dr. Klötzer; bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Immunitätsausschuß hat sich in seinen Sitzungen am 5. Oktober 1956 und am 30. Januar 1957 mit einem Antrag auf Aufhebung der Immunität des Abgeordneten Dr. Dehler befaßt. Abgeordneter Euler hatte im März vergangenen Jahres durch seinen Anwalt gegen den Abgeordneten Dr. Dehler Strafantrag wegen Beleidigung gestellt. In der Begründung dieses Strafantrags war ausgeführt, Dr. Dehler habe auf einer Bundesvorstandssitzung seiner Partei in Stuttgart und auf einer anschließenden Pressekonferenz behauptet, dem Abgeordneten Euler seien von Staatssekretär Globke oder von dritter Seite 1,3 Millionen DM zugesichert worden, um die Gründung einer neuen regierungsfrommen Partei oder Parlamentsgruppe zu vollziehen; diese Behauptung stelle eine Beleidigung des Abgeordneten Euler im Sinne der §§ 185, 186 des Strafgesetzbuchs dar.
Auf Grund dieses Strafantrags ist von der Staatsanwaltschaft Stuttgart form- und fristgerecht über das Bundesjustizministerium Antrag auf Aufhebung der Immunität des Abgeordneten Dr. Dehler gestellt worden. Wegen des gleichen Tatbestandes war außerdem zwischenzeitlich von dem Abgeordneten Euler eine einstweilige Verfügung gegen den Abgeordneten Dr. Dehler erwirkt worden, durch welche letzterem untersagt worden war,
*) Siehe Anlage 13 diese Behauptung weiter zu verbreiten und zu wiederholen. Im Anschluß an dieses Verfahren zum Erlaß der einstweiligen Verfügung ist inzwischen das Hauptverfahren in einem Zivilprozeß anhängig, der noch nicht entschieden ist und sich augenblicklich im Stadium der Beweiserhebung befindet.
Bei der Beratung im Ausschuß war die Meinung zunächst geteilt. Während ein Teil der Ausschußmitglieder die Auffassung vertrat, daß es sich hier um eine sehr massive Anschuldigung handle und daß darüber hinaus auch im öffentlichen Interesse eine restlose Aufklärung der Sache erwünscht sei,
und, daraus folgernd, sich dafür einsetzte, die Immunität des Abgeordneten Dr. Dehler aufzuheben, hat sich ein anderer Teil der Ausschußmitglieder, und zwar der größere Teil, an die bisherige ständige Praxis sowohl des Ausschusses als auch des Plenums gehalten, die dahingeht, bei Beleidigungen und übler Nachrede im politischen Raum — nicht Verleumdungen — die Immunität nicht aufzuheben. Man hat anerkannt, daß eine Aufklärung der Sache im öffentlichen Interesse zweifellos erwünscht sei. Aber diese könne ebensogut in dem bereits anhängigen Zivilprozeß erfolgen.
Nach eingehender Prüfung und Beratung beschloß der Ausschuß mit großer Mehrheit, dem Hohen Hause zu empfehlen, die Immunität des Abgeordneten Dr. Dehler nicht aufzuheben.
Ich darf das Hohe Haus bitten, diesem Ausschußantrage, die Ihnen in der Drucksache 3178 vorliegt, die Zustimmung zu geben.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Dann komme ich zur Abstimmung. Wer dem Ausschußantrag auf Drucksache 3178 zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe Punkt 18 auf:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung und Immunität betreffend Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abgeordneten Seiboth gemäß Schreiben der Rechtsanwälte und Notare Dr. E. Vollrath, Dr. H. Westpfahl und F. Nessel, Frankfurt (Main), vom 2. November 1955 (Drucksache 3179).
Ich erteile dem Herrn Abgeordneten Höcker — wahrscheinlich als Vertreter des Berichterstatters — das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Immunitätssache des Abgeordneten Seiboth stellt sich der Sachverhalt wie folgt dar.
Die Rechtsanwälte Dr. Vollrath, Dr. Westpfahl und Nessel, Frankfurt/Main, haben mit Schreiben vom 27. September 1955 und 2. November 1955 den Bundestag ersucht, eine Entscheidung über die Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abgeordneten Seiboth wegen übler Nachrede und Verleumdung herbeizuführen.
Zugrunde liegt eine Privatklage gegen den Abgeordneten Seiboth vom 13. August 1952, und zwar
wegen eines Artikels in der Zeitschrift „Wegweiser für Heimatvertriebene" vom 30. November 1951 mit der Überschrift „Mißwirtschaft bei Siedlungsgesellschaft", für den der Abgeordnete Seiboth die Verantwortung trägt. In dem Artikel ist unter anderem ausgeführt, daß die Siedlungsgesellschaft, die sich mit der Durchführung der ländlichen Siedlung befassen soll, Privatbauten begünstigt habe. Den Privatklägern Dr. Riss und Dr. Amend wird eigennütziges Verhalten vorgeworfen. Dr. Riss und Dr. Amend waren von der Nassauischen Siedlungsgesellschaft m. b. H. mit Sitz in Frankfurt/Main gekündigt worden. Die Siedlungsgesellschaft hat inzwischen sowohl mit Dr. Amend als auch mit Dr. Riss einen Vergleich geschlossen und Schadensersatz geleistet.
Der Ausschuß für Wahlprüfung und Immunität hat sich seinerzeit eingehend mit dieser Angelegenheit beschäftigt, damals aber die Beschlußfassung ausgesetzt, um dem Abgeordneten Seiboth die Möglichkeit zu einer außergerichtlichen Bereinigung zu geben. Diese Bereinigung oder die Zurücknahme der Privatklage ist bis heute nicht erfolgt, so daß der Ausschuß in seiner Sitzung am 30. Januar 1957 eine Entscheidung herbeigeführt hat und den Bundestag bittet, entsprechend dem Antrag des Ausschusses auf Drucksache 3179 zu beschließen. Der Ausschuß hat sich bei seiner Entscheidung davon leiten lassen, daß es sich um eine Angelegenheit politischen Charakters handelt.
Ich bitte das Hohe Haus, gemäß der Drucksache 3179 zu beschließen: Die Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abgeordneten Seiboth wird nicht erteilt.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wird das Wort gewünscht?
- Das ist nicht der Fall. Dann komme ich zur Abstimmung über die Drucksache 3179. Wer dem Ausschußantrag zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einer Enthaltung, soweit ich sehe, angenommen.
- Dann stelle ich das noch nachträglich fest. Ich habe ja auch vorsichtigerweise gesagt: Soweit ich wahrnehmen konnte.
Punkt 19 der Tagesordnung:
Beratung des interfraktionellen Antrags betreffend Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse ).
Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann komme ich zur Abstimmung. Wer dem Antrag auf Umdruck 960 zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Damit, meine Damen und Herren, sind wir am Ende der heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste, die 197. Sitzung des Deutschen Bundestages, auf Donnerstag, den 14. März 1957, 14 Uhr, und schließe die heutige Sitzung.