Protokoll:
2189

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 2

  • date_rangeSitzungsnummer: 189

  • date_rangeDatum: 1. Februar 1957

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 10:03 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 16:01 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 189. Sitzung. Bonn, Freitag, den 1. Februar 1957 10743 189. Sitzung Bonn, Freitag, den 1. Februar 1957. Zur Geschäftsordnung, betr. Änderungen der Tagesordnung: Rasner (CDU/CSU) 10746 C Schmidt (Hamburg) (SPD) 10746 D Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . 10747 A, 10800 C Vizepräsident Dr. Schneider . . . . 10785 B Anträge der Abg. Dr. Dr. h. c. Pünder, Dr. Mommer u. Gen. betr. Empfehlungen und Entschließungen des Europarates und der Versammlung der Westeuropäischen Union (Drucksache 3131) und der Fraktion der SPD betr. Gemeinsamer Markt und Euratom (Drucksache 3138) 10747 A Sabaß (CDU/CSU) 10747 A Überweisung der Anträge an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten, des Antrags Drucksache 3138 außerdem an den Ausschuß für Atomfragen 10747 A Fragestunde (Drucksache 3076): 1. Frage des Abg. Wienand (SPD) betr. Wohnungsverhältnisse ausländischer Diplomaten im Bonner Raum: Dr. Wandersieb, Staatssekretär im Bundesministerium für Wohnungsbau 10747 B 2. Frage des Abg. Freidhof (SPD) betr. Massenvernichtung von Zugvögeln in Italien: Zurückgezogen 10747 C 3. Frage des Abg. Dr. Arndt (SPD) betr. Inhaftierung von Frau Klara Pförtsch ohne stichhaltigen Grund: Dr. von Brentano, Bundesminister des Auswärtigen 10747 C Frage des Abg. Wienand (SPD) betr. Zahlung von Umsatzsteuer bei Abgabe von Blutkonserven aus einer Krankenanstalt in eine andere: Hartmann, Statssekretär des Bundesministeriums der Finanzen . . 10747 D 4. Frage des Abg. Wienand (SPD) betr. „Interministeriellen Filmausschuß": Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 10748 A, C Wienand (SPD) 10748 B, C 5. Frage des Abg. Kroll (CDU/CSU) betr. Rechtsstellung der nicht im aktiven Dienst befindlichen Beamten nach Art. 131 GG: Dr. Schröder, Bundesminister des Innern 10748 D 6. Frage des Abg. Kroll (CDU/CSU) betr. namentliche Erfassung und Betreuung der deutschen Staatsangehörigen in der UdSSR bzw. schnelle Verwirklichung der Moskauer Vereinbarungen: Dr. Dr. Oberländer, Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte 10749 B Dr. von Brentano, Bundesminister des Auswärtigen 10749 D Kroll (CDU/CSU) 10750 B 8. Frage der Abg. Frau Hütter (FDP) betr. in Frankreich inhaftierte deutsche Kriegsverurteilte: Dr. von Brentano, Bundesminister des Auswärtigen 10750 C 9. Frage der Abg. Frau Hütter (FDP) betr. Kriegsverurteilte in Landsberg, Wittlich und Werl: Dr. von Brentano, Bundesminister des Auswärtigen . . . . 10750 D, 10751 A Frau Hütter (FDP) 10750 D 10. Frage des Abg. Wolf (Stuttgart) (CDU/ CSU) betr. Eingliederung von Rußlandheimkehrern in das Wirtschaftsleben im Bundesgebiet: Dr. Dr. Oberländer, Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte 10751 B 11. Frage zurückgestellt 10751 C 12. Frage des Abg. Kahn-Ackermann (SPD) betr. Aufwendungen für ausländische von der Bundesregierung eingeladene Besucher: Dr. von Brentano, Bundesminister des Auswärtigen 10751 C 13. Frage des Abg. Kahn-Ackermann (SPD) betr. Umsatzausgleichsteuer für eingeführte Pressefotos: Hartmann, Staatssekretär des Bundesministeriums der Finanzen . 10751 D, 10752 A Kahn-Ackermann (SPD) 10751 D 14. Frage des Abg. Dr. Arndt (SPD) betr. deutsche Beteiligung an der Exposition universelle et internationale de Bruxelles 1958: Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 10752 B 15. Frage des Abg. Wehr (SPD) betr. Dankrede des Handelsrichters Knappertsbusch in Wuppertal für die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes: Dr. von Merkatz, Bundesminister der Justiz 10752 C 16. Frage des Abg. Heide (SPD) betr. Aufkündigung der Mieträume für das Bundesinstitut für Arbeitsschutz in Soest: Sauerborn, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit . 10753 A, C, D Heide (SPD) 10753 C 17. Frage der Abg. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders (FDP) betr. Arbeitsschutz und Arbeitszeit für Krankenpflegepersonal und Kinderpflegerinnen: Sauerborn, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit . . . 10753 D, 10754 A, B Frau Dr. Dr. h. c. Lüders (FDP) . 10754 A 18. Frage des Abg. von Manteuffel (Neuß) (FVP) betr. Übernahme von als Angestellte beschäftigten ehemaligen Offizieren und Beamten der Abteilung XII des Bundesverteidigungsministeriums als Soldaten der Bundeswehr bzw. als Beamte der Wehrverwaltung: Strauß, Bundesminister für Verteidigung 10754 B, D von Manteuffel (Neuß) (FVP) . . . 10754 D 19. Frage des Abg. Pohle (Eckernförde) (SPD) betr. Vergabe von Aufträgen der Bundeswehr an kriegsblinde Handwerker: Strauß, Bundesminister für Verteidigung 10754 D 20. Frage des Abg. Pohle (Eckernförde) (SPD) betr. Vergünstigungen für Schwerbeschädigte aus der sowjetisch besetzten Zone bei Besuchen in der Bundesrepublik: Dr. Schröder, Bundesminister des Innern 10755 B 21. Frage des Abg. Pohle (Eckernförde) (SPD) betr. Verwendungszweck für die ehemaligen Wehrmachtliegenschaften im Raum Kaltenkirchen-Moorkaten: Strauß, Bundesminister für Verteidigung 10755 D 22. Frage zurückgestellt 10755 D Frage des Abg. Held (FDP) betr. Voraussetzungen für Durchsuchung der Geschäftsräume von Verbänden und Innungen bei Verdacht einer Preisabsprache: Dr. von Merkatz, Bundesminister der Justiz 10756 A 23. Frage des Abg. Dr. Rinke (CDU/CSU) betr. Wirtschaftswerbung durch Diapositive und Werbefilme in Lichtspieltheatern und Einschränkung der Vorführung guter Kultur-Kurzfilme: Dr. Westrick, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft 10756 C 24. Frage des Abg. Hilbert (CDU/CSU) betr. Hebung der Grenzkreisstädte Waldshut und Säckingen in die Ortsklasse A: Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . 10757 A 25. bis 28. Frage zurückgestellt 10757 B Nächste Fragestunde 10757 B Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Neuburger, Häussler, Scharnberg und Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (Drucksache 1585); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit (Drucksache 2973 [neu], Umdruck 928) . . . 10757 B Neuburger (CDU/CSU): als Berichterstatter 10757 C Schriftlicher Bericht 10803 C Abstimmungen 10757 D Beratung der Übersicht 20 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages betreffend Petitionen nach dem Stand vom 10. Januar 1957 (Drucksache 3069) 10758 A Beschlußfassung 10758 A Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Außenhandelsfragen über den Entwurf einer Siebenundsechzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Gemüsekonserven) (Drucksachen 3111, 3102, Umdrucke 924, 926) 10758 A Frau Strobel (SPD) : als Berichterstatterin (Schriftlicher Bericht) 10806 B als Abgeordnete 10758 B, 10760 B Dr. Horlacher (CDU/CSU) 10759 B Weber (Untersontheim) (FDP) . . 10759 C, 10760 B Elsner (GB/BHE) 10760 A Abstimmungen 10760 C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Schutz des Arbeitsplatzes bei Einberufung zum Wehrdienst und die Eingliederung entlassener Soldaten in einen Zivilberuf (Arbeitsplatzschutzgesetz) (Drucksache 3117) 10760 D Überweisung an den Ausschuß für Verteidigung und an den Ausschuß für Arbeit 10760 D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Fünften Nachtragshaushaltsgesetzes 1956 (Drucksache 3058) 10746 D, 10760 D Strauß, Bundesminister für Verteidigung . 10761 A, 10791 D, 10795 B, 10796 B Dr. Jaeger (CDU/CSU) . . 10764 D, 10766 B, 10767 D, 10768 B, 10769 C, 10770 B, C, 10772 B, 10799 D, 10800 B Erler (SPD) . . . 10766 A, 10767 D, 10768 B, 10769 B, 10770 B, C, 10790 D Wehner (SPD) 10772 B, 10795 B Schmidt (Hamburg) (SPD) 10772 D, 10782 C, 10796 B Dr. Kliesing (CDU/CSU) . . 10782 B, 10799 B Dr. Mende (FDP) 10785 B, 10789 B von Manteuffel (Neuß) (FVP) . . 10789 A, C, 10791 A Dr. Arndt (SPD) . . 10798 D, 10799 C, 10800 A Überweisung an den Haushaltsausschuß und an den Ausschuß für Verteidigung 10800 C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Durchführung einer Repräsentativstatistik der Bevölkerung des Erwerbslebens (Mikrozensus) (Drucksache 2695); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Angelegenheiten der inneren Verwaltung (Drucksache 3054) 10800 C Dr. Bergmeyer (CDU/CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 10807 A Beschlußfassung 10800 D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über forstliches Saat- und Pflanzgut (Drucksache 3063) 10800 D Überweisung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 10800 D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, des Gesetzes über das Zugabewesen und des Rabattgesetzes (Drucksache 1478); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (Drucksachen 3064, zu 3064, Umdruck 930) 10800 D Dr. Hoffmann (FDP), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 10807 A Beschlußfassung 10801 A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Allgemeine Statistik in der Industrie und im Bauhauptgewerbe (Drucksache 3056) 10801 B Überweisung an die Ausschüsse für Angelegenheiten der inneren Verwaltung und für Wirtschaftspolitik 10801 B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen vom 22. Dezember 1955 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Italienischen Republik über Kriegsgräber (Drucksache 3055) 10801 B Überweisung an den Auswärtigen Ausschuß 10801 B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Zusatzprotokoll zum Abkommen zwischen dem Deutschen Reich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 15. Juli 1931 zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der direkten Steuern und der Erbschaftsteuern (Drucksache 3059) 10801 B Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen 10801 C Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag der Abg. Günther, Even, Nellen, Mühlenberg u. Gen. betr. Unwetterkatastrophe in der Eifel am 29. Mai 1956 (Drucksachen 2963, 2489) 10801 C Beschlußfassung 10801 C Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über die Anträge der Fraktion der FDP betr. Hilfe für die Hochwassergeschädigten in Hessen, in Niedersachsen und in Nordrhein-Westfalen (Drucksachen 2964, zu 2964, 2646, 2650, 2652) 10801 C Beschlußfassung 10801 D Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag der Abg. Dr. Horlacher, Bauknecht, Struve, Lücker (München) u. Gen. betr. Hochwasser- und Unwetterschäden (Drucksachen 2965, zu 2965, 2693) . . . . 10801 D Beschlußfassung 10801 D Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag der Fraktionen der DP, FVP betr. Hochwasser- und Witterungsschäden an der Ernte 1956 (Drucksachen 2966, zu 2966, 2711) 10801 D Beschlußfassung 10801 D Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag der Fraktion der FDP betr. Hilfsfonds für den Obst- und Weinbau (Drucksachen 2967, 2731) 10802 A Beschlußfassung 10802 A Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Hochwasserschäden (Drucksachen 2968, zu 2968, 2770) 10802 A Beschlußfassung 10802 A Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag der Abg. Josten, Ritzel, Lahr, Arndgen, Schlick u. Gen. betr. Hilfe für die Eisund Hochwassergeschädigten des Rheins und der Nebenflüsse (Drucksachen 2977, zu 2977, 2199) 10802 A Beschlußfassung 10802 C Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen betr. Entlastung der Bundesregierung wegen der Bundeshaushaltsrechnung für das Rechnungsjahr 1953 auf Grund der Bemerkungen des Bundesrechnungshofes (Drucksache 3033) 10802 C Überweisung an den Haushaltsausschuß 10802 C Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen betr. Verkauf zweier Lagerhallen in Sudheim bei Northeim, Regierungsbezirk Hannover (Drucksache 3066) 10802 C Überweisung an den Haushaltsausschuß 10802 C Nächste Sitzung 10802 D Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 10803 A Anlage 2: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit über den von den Abg. Neuburger, Häussler, Scharnberg und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (Drucksache 2973 [neu] 10803 C Anlage 3: Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP, FVP zum Entwurf eines Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (Umdruck 928) 10806 A Anlage 4: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen über den Entwurf einer Siebenundsechzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Gemüsekonserven) (Drucksache 3111) . . 10806 B Anlage 5: Änderungsantrag der Abg. Mauk u. Gen. zum Entwurf einer Siebenundsechzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Gemüsekonserven) (Umdruck 924) 10806 C Anlage 6: Änderungsantrag der Fraktion der SPD zum Entwurf einer Siebenundsechzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Gemüsekonserven) (Umdruck 926) 10806 D Anlage 7: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Angelegenheiten der inneren Verwaltung über den Entwurf eines Gesetzes über die Durchführung einer Repräsentativstatistik der Bevölkerung und des Erwerbslebens (Drucksache 3054) 10807 A Anlage 8: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, des Gesetzes über das Zugabewesen und des Rabattgesetzes (zu Drucksache 3064) 10807 A Anlage 9: Änderungsantrag der Abg. Dr. Hoffmann, Dr. Hellwig, Lange (Essen), Petersen, Dr. Elbrächter, Dr. Henn zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, des Gesetzes über das Zugabewesen und des Rabattgesetzes (Umdruck 930) 10808 D Die Sitzung wird um 10 Uhr 3 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier eröffnet.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Arnholz 15. 2. Dr. Bärsch 1. 2. Dr. Bartram 1. 2. Bauknecht 1. 2. Baur (Augsburg) 1. 2. Berendsen 1. 2. Frau Beyer (Frankfurt) 1. 2. Böhm (Düsseldorf) 9. 2. Frau Brauksiepe 16. 2. Brese 1. 2. Dr. Brühler 2. 2. Cillien 2. 3. Corterier 1. 2. Dr. Dehler 28. 2. Dr. Deist 1. 2. Diedrichsen 9. 2. Diekmann 1. 2. Engelbrecht-Greve 1. 2. Even 1. 2. Frehsee 1. 2. Freidhof 1. 2. Fuchs 1. 2. Gedat 1. 2. Geiger (München) 1. 2. Gockeln 2. 3. Dr. von Golitschek 1. 2. Grantze 1. 2. Dr. Gülich 1. 2. Hepp 1. 2. Dr. Hesberg 1. 2. Heye 1. 2. Höfler 28. 2. Illerhaus 1. 2. Dr. Jentzsch 1. 2. Keuning 1. 2. Dr. Köhler 2. 3. Dr. Kopf 1. 2. Dr. Kreyssig 1. 2. Kriedemann 1. 2. Kunz (Schwalbach) 1. 2. Dr. Leiske 1. 2. Dr. Leverkuehn 1. 2. Mauk 1. 2. Meyer (Oppertshofen) 1. 2. Meyer-Ronnenberg 23. 2. Dr. Miessner 1. 2. Müller (Wehdel) 1. 2. Neumann 1. 2. Neumayer 16. 3. Odenthal 15. 2. Dr. Oesterle 1. 2. Dr. Pohle (Düsseldorf) 1. 2. Frau Dr. Rehling 1. 2. Reitz 1. 2. Scharnberg 1. 2. Dr. Schmid (Frankfurt) 2. 3. Schmücker 1. 2. Schneider (Bremerhaven) 1. 2. Schneider (Hamburg) 1. 2. Schrader 1. 2. Frau Schroeder (Berlin) 15. 4. Schwarz 1. 2. Dr. Siemer 1. 2. Stahl 1. 2. Sträter 1. 2. Struve 1. 2. Thieme 1. 2. Dr. Vogel 2. 2. Wagner (Ludwigshafen) 1. 2. Frau Dr. h. c. Weber (Aachen) 1. 2. Dr. Welskop 1. 2. Frau Welter (Aachen) 1. 2. b) Urlaubsanträge bis einschließlich Eberhard 28. 2. Anlage 2 Drucksache 2973 (neu) (Vgl. S. 10757 C) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit (22. Ausschuß) über den von den Abgeordneten Neuburger, Häussler, Scharnberg und Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (Drucksache 1585). Berichterstatter: Abgeordneter Neuburger Der Bundestag hat in seiner 101. Sitzung am 22. September 1955 den von den Abgeordneten Neuburger, Häussler, Scharnberg und Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Gesetzentwurf an den Ausschuß für Geld und Kredit - federführend - und an die Ausschüsse für Finanz- und Steuerfragen sowie für Wirtschaftspolitik zur Mitberatung überwiesen. Nach Einholung einer Stellungnahme der Bundesregierung, die wiederum ihrerseits die Verbände des Kreditgewerbes angehört hatte, faßte der Ausschuß für Geld und Kredit in der Sitzung am 20. April 1956 über eine Reihe grundsätzlicher Fragen Beschluß. Der Gesetzentwurf wurde daraufhin umgeformt. Sachverständige der bestehenden Kapitalanlagegesellschaften erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme zu den vorgesehenen Vorschriften. Die Vorschläge des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen wurden vom federführenden Ausschuß in vollem Umfange, die des Ausschusses für Wirtschaftspolitik ganz überwiegend übernommen. Das Ergebnis der Beratungen wird den Mitgliedern des Deutschen Bundestages durch nachstehenden Bericht zur Kenntnis gebracht. I. Allgemeines Die noch immer nicht befriedigende Lage auf dem Kapitalmarkt beruht nicht zuletzt darauf, daß dem Kapitalmarkt das stabilisierende Element eines breit gestreuten, von Liquiditätsschwankungen wenig berührten Publikumsbesitzes fehlt. Mit dem Investmentsparen ist ein Mittel gegeben, den Wertpapierbesitz auf eine breitere Basis zu stellen. Die Investment- oder Kapitalanlagegesellschaften legen ihnen anvertraute Kapitalien in gemischten Wertpapierbeständen an und beteiligen die einzelnen Geldgeber anteilmäßig an der Gesamtheit der erworbenen Wertpapiere. Das im Ausland, insbesondere in USA, in der Entwicklung schon weit fortgeschrittene, in Deutschland jedoch verhältnismäßig junge Investmentsparen eröffnet breiten Bevölkerungskreisen die Möglichkeit, sich beim Wertpapiererwerb der Vorteile, die sonst nur ein großes Vermögen bietet, zu bedienen. Während der unmittelbare Erwerb einzelner Wertpapiere Sachkunde des Kapitalanlegers voraussetzt und trotzdem die Gefahr von Verlusten einschließt, (Neuburger) wird das Risiko beim Investmentsparen durch die breite Streuung des Wertpapierbestandes und durch die fachmännische Auswahl der Anlagewerte vermindert. Diese Funktion der Kapitalanlagegesellschaften ist heute besonders wichtig, weil denjenigen Schichten, die auf Grund ihrer Einkommensverhältnisse normalerweise schon für den Wertpapierbesitz in Betracht kommen, im allgemeinen noch die Kenntnisse auf dem Gebiet des Wertpapiermarktes fehlen. Wenn das Investmentsparen die erhoffte Verbreitung gewinnt, so werden in zunehmendem Maße weite Bevölkerungskreise an Bestand, Zuwachs und Erträgen des Produktionsvermögens der Wirtschaft beteiligt. Hierdurch wird einerseits die private Eigentumsbildung und damit das Gefühl der Mitbeteiligung und Mitverantwortung am wirtschaftlichen Geschehen gefördert. Zum anderen ist zu erwarten, daß bei einer Ausweitung des Investmentsparens auch neue Kapitalquellen für Investitionen und Rationalisierungsmaßnahmen der Wirtschaft erschlossen werden. Wenn auch zunächst noch mit einer gewissen Umschichtung von Kapital zugunsten des Investmentsparens gerechnet werden muß, wird auf die Dauer durch das Investmentsparen bei ausreichender Werbung und erfolgreicher Geschäftsführung der Kapitalanlagegesellschaften zusätzliches Kapital aufkommen. Auf weitere Sicht ist deshalb keine Benachteiligung der übrigen Sparformen und damit etwa des mittelständischen Kredits durch das Investmentsparen zu befürchten. Dies wird auch durch die Entwicklung in den anderen Ländern erwiesen. So betrugen in den USA Ende 1955 die Investmentfonds zwar rd. 9 Milliarden Dollar, dennoch waren rd. 228 Milliarden Dollar Bundesschuldverschreibungen und rd. 175 Milliarden Dollar sonstige Wertpapiere im Umlauf. Berechtigt nach allem das Investmentsparen zu Hoffnungen in kapitalmarktpolitischer und sozialpolitischer Hinsicht, so erscheint es andererseits, insbesondere nach den Erfahrungen in den USA, notwendig, durch gesetzliche Vorschriften den Schutz der Investmentsparer sicherzustellen und gleichzeitig steuerliche Nachteile, die sich aus der Zwischenschaltung der Kapitalanlagegesellschaft ergeben, zu beseitigen. Diesen Zwecken dient das vorliegende Gesetz. II. Die Vorschriften im einzelnen 1. Die Kapitalanlagegesellschaft § 1 Abs. 2 bestimmt, daß Kapitalanlagegesellschaften nur in Form von Aktiengesellschaften oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung betrieben werden dürfen. Da alle Aktiengesellschaften und diejenigen Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die das Kreditgeschäft betreiben, gesetzlich zur Prüfung und Veröffentlichung ihres Jahresabschlusses verpflichtet sind, ist durch diese Vorschrift eine ausreichende Publizität der Kapitalanlagegesellschaft selbst sichergestellt. Der Entwurf sieht in § 5 Abs. 1 vor, daß die Kapitalanlagegesellschaft das Sondervermögen treuhänderisch für die Anteilinhaber verwaltet und von ihrem eigenen Vermögen getrennt hält. Es bleibt der Regelung der Vertragsbedingungen überlassen, ob das Sondervermögen im Miteigentum der Anteilinhaber oder im treuhänderischen Eigentum der Kapitalanlagegesellschaft stehen soll. Die in den USA häufige sogenannte aktienrechtliche Lösung, bei der Anteilinhaber und Aktionäre identisch sind, würde in Deutschland einschneidende Änderungen des Aktienrechts notwendig machen. Zunächst müßten die Bilanzierungsvorschriften geändert werden, um die Ausschüttung der Erträgnisse des Sondervermögens auch bei Kursrückgängen zu ermöglichen. Weitere Änderungen wären erforderlich, um die laufende Ausgabe und Rücknahme von Anteilscheinen je nach den Marktverhältnissen möglich zu machen. Denn diese Form der Investmentgesellschaft, der sogenannten openend-fund, verdient vor dem sogenannten closedend-fund, bei dem der Betrag des Fonds und damit auch die Zahl der Anteile von vornherein festgelegt wird, den Vorzug, vor allem, weil bei dem openend-fund spekulative Sonderentwicklungen der Anteilskurse vermieden werden. Eine Kapitalanlagegesellschaft kann mehrere Sondervermögen bilden. Diese müssen sich durch ihre Bezeichnungen unterscheiden und getrennt gehalten werden (§ 5 Abs. 3). Auf Anregung des Ausschusses für Wirtschaftspolitik ist durch § 1 Abs. 3 und 4 festgelegt worden, daß bei den in der Form von Aktiengesellschaften betriebenen Kapitalanlagegesellschaften nur Namensaktien ausgegeben werden dürfen und daß die Übertragung von Aktien bzw. Geschäftsanteilen der Kapitalanlagegesellschaft der Zustimmung der Gesellschaft bedarf. Damit soll die Publizität der Kapitalanlagegesellschaft auch in bezug auf die Gesellschafter erreicht werden. Durch § 2 Abs. 1 Satz 1 wird zur Vermeidung etwaiger Zweifel festgestellt, daß die Kapitalanlagegesellschaften Kreditinstitute sind. Als solche unterliegen sie den Vorschriften des Gesetzes über das Kreditwesen. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 soll die Aufsicht über Kapitalanlagegesellschaften auf Bundesebene ausgeübt werden, weil die Kapitalanlagegesellschaften im gesamten Bundesgebiet tätig sein werden und ihre Beaufsichtigung nach einheitlichen Gesichtspunkten erfolgen muß. Die Aufsicht wird bis zur Errichtung eines Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen dem Bundesminister für Wirtschaft übertragen. Die verfassungsrechtliche Grundlage für die Bundesaufsicht gibt Art. 74 Nr. 11 in Verbindung mit Art. 87 Abs. 3 GG. Im übrigen hält der Ausschuß für Geld und Kredit nicht nur aus Anlaß des vorliegenden Investmentgesetzes, sondern viel mehr noch aus Anlaß des am 6. Dezember 1956 beschlossenen Gesetzes zur Aufhebung der Beschränkung des Niederlassungsbereichs von Kreditinstituten (Drucksache 2899) die Wiedereinführung einer Bundesaufsicht über alle Kreditinstitute für angezeigt. Der Ausschuß ist der Meinung, daß die künftig rezentralisierten Großbanken einschließlich der Gemeinwirtschaftsbank schon wegen ihres über das gesamte Bundesgebiet ausgedehnten Niederlassungsbereichs nicht von zehn verschiedenen Länderbehörden beaufsichtigt werden können und daß überhaupt das Kreditwesen seiner Natur nach eine überregionale Aufsicht, wie sie bereits im Versicherungswesen besteht, verlangt. Der Ausschuß hält die Errichtung eines Bundesaufsichtsamts für so vordringlich, daß nach seiner Meinung die Bundesregierung alsbald eine Initiative in dieser Richtung ergreifen sollte. In § 2 Abs. 2 wird ein voll eingezahltes Mindestkapital der Kapitalanlagegesellschaft von 500 000,— (Neuburger) DM verlangt und ihr die Vornahme von anderen als Investmentgeschäften verboten. Schließlich wird für Kapitalanlagegesellschaften in der Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung die Bildung eines Aufsichtsrates vorgeschrieben (§ 3). Die von Gesellschafterseite gewählten Aufsichtsratsmitglieder bedürfen der Bestätigung durch die Bankaufsichtsbehörde (§ 4 Abs. 1 Satz 1). Die Aufsichtsratsmitglieder müssen ihrer Persönlichkeit nach die Wahrung der Interessen der Anteilinhaber gewährleisten und mindestens zur Hälfte aus Wertpapierspezialisten bestehen (§ 4 Abs. 1 Satz 2). 2. Das Sondervermögen Das Investmentsparen ist auf börsengängige Wertpapiere beschränkt, weil nur diese jederzeit bewertbar und veräußerlich sind. Der Erwerb von ausländischen Wertpapieren ist durch § 6 Abs. 1 Buchstabe c zugelassen worden, sofern die Vertragsbedingungen dies vorsehen. Als zusätzliche Sicherung bei Auslandswerten wurde in § 13 Abs. 2 Satz 2 vorgesehen, daß die Bankaufsichtsbehörde durch die Bezeichnung bestimmter ausländischer Börsen die Anlegung auf die an diesen Börsen gehandelten Wertpapiere beschränken kann. Zwei der wichtigsten Bestimmungen enthält § 6 Abs. 3 und 4 mit der prozentualen Beschränkung der Anlagemöglichkeiten. Absatz 3 soll die Risikomischung sichern durch die Vorschrift, daß höchstens 5 % jedes Sondervermögens in Wertpapieren desselben Ausstellers angelegt werden können. Wegen der verhältnismäßig geringen Anzahl der für die Anlegung in Betracht kommenden Werte können ausnahmsweise, wenn die Vertragsbedingungen dies vorsehen, mit Zustimmung der Bankaufsichtsbehörde Papiere bestimmter Aussteller bis zu 7,5 % des Fondswertes erworben werden. Die 5 %- Klausel von § 6 Abs. 4 soll verhindern, daß die Kapitalanlagegesellschaft sich mit Mitteln der Anteilinhaber Machtpositionen in einzelnen Unternehmen verschafft. Deshalb wird für alle Sondervermögen einer Kapitalanlagegesellschaft zusammen der Erwerb von mehr als 5 % der stimmberechtigten Aktien bzw. Kuxe eines Unternehmens verboten. Zur Sicherung der Anteilinhaber verlangt § 10 Abs. 1, daß die Kapitalanlagegesellschaft ein anderes Kreditinstitut (Depotbank) nach Zustimmung der Bankaufsichtsbehörde mit der Verwahrung des Sondervermögens beauftragt. Die Depotbank hat sowohl für die Wertpapiere als auch für das Geld des Sondervermögens gesperrte Depots bzw. Konten anzulegen (§ 10 Abs. 2). Da auch die Ausgabe und Rücknahme der Anteilscheine über die Depotbank erfolgt, kann und soll sie überwachen und sicherstellen, daß die Gegenwerte für die auf Weisung der Kapitalanlagegesellschaft durchgeführten Geschäfte stets wieder in die gesperrten Konten bzw. Depots des Sondervermögens gelangen (§ 10 Abs. 5). Die Depotbank hat entsprechend ihrer Zweckbestimmung lediglich eine formelle Überwachungsfunktion, jedoch kein sachliches Mitspracherecht bei der Führung der Geschäfte durch die Kapitalanlagegesellschaft. An weiteren Schutzbestimmungen sind zu erwähnen: a) Das Verbot von Wertpapiergeschäften zwischen der Kapitalanlagegesellschaft einerseits und ihren Aufsichtsrats- und Vorstandsmitgliedern andererseits (§ 4 Abs. 3). b) Das Verbot von Verpfändungen und Sicherungsübereignungen von Werten des Sondervermögens (§ 7 Abs. 2). c) Die Abschirmung der Sondervermögen gegen alle Ansprüche Dritter (§ 8 Abs. 2). d) Die Festlegung von Mindestvorschriften für die Vertragsbedingungen (§ 13 Abs. 3) und die Genehmigung der Vertragbedingungen durch die Bankaufsichtsbehörde (§ 13 Abs. 2 Satz 1). Der Entwurf sieht im übrigen bewußt davon ab, ähnlich dem nordamerikanischen Gesetz für jeden denkbaren Mißbrauch Sicherungsvorschriften aufzustellen, die unter Umständen doch umgangen werden können. Als allgemeinen Schutz vor Mißbräuchen hält der Entwurf eine weitgehende Publizität der Sondervermögen und die damit verbundene Überwachung der Kapitalanlagegesellschaft durch die öffentliche Meinung für erforderlich und ausreichend. § 18 Abs. 1 bestimmt deshalb, daß die zum Sondervermögen gehörenden Werte zweimal jährlich im Bundesanzeiger veröffentlicht werden, wodurch eine Kontrolle der Öffentlichkeit ermöglicht wird. Im Hinblick auf diese Publizität wird es sich eine Kapitalanlagegesellschaft kaum erlauben können, die Geschäfte in einer den Interessen der Anteilinhaber zuwiderlaufenden Weise zu führen. Außerdem würde jeder Mißbrauch im Wert der Anteilscheine sehr bald zum Ausdruck kommen. Der Ausschuß für Wirtschaftspolitik hatte vorgeschlagen, zum Schutz der Anteilinhaber die Verpflichtung zur Rücknahme der Anteilscheine im einzelnen gesetzlich festzulegen. Der federführende Ausschuß hält das Risiko einer gesetzlich bis in die Einzelheiten festgelegten Rücknahmeverpflichtung der Kapitalanlagegesellschaft für nicht tragbar. Er ist der Ansicht, daß bei grundsätzlicher Festlegung der Rücknahmeverpflichtung die Genehmigung der Vertragsbedingungen durch die Bankaufsichtsbehörde, die Bekanntgabe der Rücknahmebedingungen auf den Anteilscheinen und der Wettbewerb zwischen den Kapitalanlagegesellschaften ausreichen werden, um für die Anteilinhaber ungünstige Rücknahmebedingungen zu verhindern. Entsprechend einer Anregung des Ausschusses für Wirtschaftspolitik wurde durch Einfügung von § 16 Abs. 3 bestimmt, daß der Preis der Anteilscheine bei der Ausgabe des ersten Anteilscheines 100 DM nicht übersteigen darf. Damit soll der Gefahr vorgebeugt werden, daß die steuerlichen Vorteile der Kapitalanlagegesellschaft dazu benutzt werden, Sondervermögen ausschließlich für große Kapitalanleger zu schaffen. 3. Steuerliche Vorschriften Die Steuerbestimmungen des § 19 befreien das Sondervermögen von der Körperschaftsteuer, der Abgabe „Notopfer Berlin", der Gewerbesteuer und der Vermögensteuer, während die Kapitalanlagegesellschaft mit ihren Gewinnen voll steuerpflichtig ist. Die von den Werten des Sondervermögens einbehaltene Kapitalertragsteuer wird an das Sondervermögen zurückerstattet. Kapitalertragsteuer in Höhe von 25% wird nur von Ausschüttungen an Anteilinhaber, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder weder ihre Geschäftsleitung noch ihren Sitz haben, nach Maßgabe einer Rechtsverordnung erhoben. In (Neuburger) dieser Rechtsverordnung soll das Nähere darüber bestimmt werden, wie die Durchführung dieser Vorschrift sicherzustellen ist. Der erste unmittelbare oder mittelbare Erwerb sowie der Rückkauf der Anteilscheine unterliegt nicht der Besteuerung nach dem Kapitalverkehrsteuergesetz. Durch § 20 wird der Erwerb von Anteilscheinen als steuerbegünstigter Kapitalansammlungsvertrag zugelassen, falls das Sondervermögen ausschließlich aus solchen Werten besteht, deren Erwerb als Kapitalansammlungsvertrag anerkannt ist. Mit diesen Besteuerungsvorschriften ist steuerlich die Gleichstellung des Anteilinhabers mit dem unmittelbaren Erwerber von Wertpapieren erreicht. In § 22 war die Anfügung des folgenden Absatzes beantragt worden: „(8) § 19 Abs. 1 Satz 3 gilt auch für die Kapitalertragsteuer, die auf Erträge des Anlagevermögens einbehalten ist, welche Gegenstand der Ausschüttung für eine im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes noch nicht beendete Rechenschaftsperiode sind." Hiervon wurde jedoch Abstand genommen, da eine entsprechende Regelung durch die Ermächtigung zum Erlaß der Rechtsverordnung nach § 19 Abs. 5 Nr. 2 bereits ermöglicht worden ist. Bonn, den 10. Januar 1957 Neuburger Berichterstatter Anlage 3 Umdruck 928 (Vgl. S. 10757 C) Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP, FVP zur zweiten Beratung des von den Abgeordneten Neuburger, Häussler, Scharnberg und Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (Drucksachen 2973 [neu], 1585). Der Bundestag wolle beschließen: Folgender neuer § 24 a wird eingefügt: § 24 a Dieses Gesetz gilt nicht im Saarland. Bonn, den 31. Januar 1957 Dr. Krone und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Dr. Becker (Hersfeld) und Fraktion Feller und Fraktion Schneider (Bremerhaven) und Fraktion von Manteuffel (Neuß) und Fraktion Anlage 4 Drucksache 3111 (Vgl. S. 10758 A) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (23. Ausschuß) über den Entwurf einer Siebenundsechzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Gemüsekonserven) (Drucksache 3102). Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Strobel Der Ausschuß für Außenhandelsfragen hat sich in seiner Sitzung vom 18. Januar 1957 mit dem Entwurf einer Siebenundsechzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Gemüsekonserven) — Drucksache 3102 — befaßt; er hat sich der Begründung der Bundesregierung angeschlossen und mit Mehrheit dem Verordnungsentwurf zugestimmt. Bonn, den 18. Januar 1957 Frau Strobel Berichterstatterin Anlage 5 Umdruck 924 (Vgl. S. 10759 A, C, 10760 C) Änderungsantrag der Abgeordneten Mauk und Genossen zur Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Außenhandelsfragen (23. Ausschuß) über den Entwurf einer Siebenundsechzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Gemüsekonserven) (Drucksachen 3111, 3102). Der Bundestag wolle beschließen, zu dem Verordnungsentwurf — Drucksache 3102 — den Änderungsvorschlag anzunehmen, daß in § 1 die lfd. Nr. 2 Tarifnr. 2002 gestrichen wird, und der entsprechend neugefaßten Siebenundsechzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Gemüsekonserven) zuzustimmen. Bonn, den 21. Januar 1957 Mauk Dr. Czermak Eberhard Frühwald Graff (Elze) Held Dr. Hammer Frau Hütter Kühn (Bonn) Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein Schloß Schwann Schwertner Weber (Untersontheim) Wedel Anlage 6 Umdruck 926 (Vgl. S. 10758 B, 10760 C) Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Außenhandelsfragen über den Entwurf einer Siebenundsechzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Gemüsekonserven) (Drucksachen 3111, 3102). Der Bundestag wolle beschließen, zu dem Verordnungsentwurf — Drucksache 3102 — den Änderungsvorschlag anzunehmen, daß 1. in § 1 lfd. Nr. 1 Tarifnr. aus 0702 in der Zollsatzspalte die Zahl „10" durch das Wort „frei", 2. in § 1 lfd. Nr. 2 Tarifnr. 2002 in der Zollsatzspalte die Zahl „20" jeweils durch das Wort „frei" ersetzt wird, und der entsprechend neugefaßten Siebenundsechzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Gemüsekonserven) zuzustimmen. Bonn, den 23. Januar 1957 Ollenhauer und Fraktion Anlage 7 Drucksache 3054 (Vgl. S. 10800 C) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Angelegenheiten der inneren Verwaltung (8. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes über die Durchführung einer Repräsentativstatistik der Bevölkerung und des Erwerbslebens (Mikrozensus) (Drucksache 2695). Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Bergmeyer Der Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung hat in seiner Sitzung vom 28. November 1956 zu dem Entwurf eines Gesetzes über die Durchführung einer Repräsentativstatistik der Bevölkerung und des Erwerbslebens (Mikrozensus) — Drucksache 2695 — Stellung genommen und einstimmig beschlossen, den von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf mit der Maßgabe zur Annahme zu empfehlen, daß in § 2 der Absatz 2 gestrichen wird. Bonn, den 20. Dezember 1956 Dr. Bergmeyer Berichterstatter Anlage 8 zu Drucksache 3064 (Vgl. S. 10801 A) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (21. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, des Gesetzes über das Zugabewesen und des Rabattgesetzes (Drucksache 1478). Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Hoffmann I. Allgemeines Der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, des Gesetzes über das Zugabewesen und des Rabattgesetzes — Drucksache 1478 — verfolgt in erster Linie den Zweck, die Einigungsstellen für Wettbewerbsstreitigkeiten, deren Einrichtung bereits durch die Verordnung zum Schutze der Wirtschaft vom 9. März 1932 (Reichsgesetzbl. I S. 121, 124) ermöglicht worden war, im Umfang der ihnen bis 1945 zustehenden Befugnisse wieder funktionsfähig zu machen. Schon vor dem Erlaß der Verordnung zum Schutze der Wirtschaft waren mit den bei mehreren Industrie- und Handelskammern eingerichteten Einigungsstellen zur Beilegung von Wettbewerbsstreitigkeiten gute Erfahrungen gemacht worden. Ein Mangel haftete diesen Stellen nach Auffassung der beteiligten Wirtschaftskreise nur insofern an, als sie nicht die Befugnis hatten, die streitenden Parteien zu einem persönlichen Erscheinen vor den Einigungsstellen zu zwingen. Die Verordnung zum Schutze der Wirtschaft suchte diesem Mangel dadurch abzuhelfen, daß sie die Einigungsstellen durch Einfügung des § 27 a in das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) auf eine gesetzliche Grundlage stellte und ihnen die Befugnis verlieh, das persönliche Erscheinen der Parteien anzuordnen und gegebenenfalls durch Ordnungsstrafen zu erzwingen. Die auf dieser Grundlage arbeitenden Einigungsstellen haben sich nach dem übereinstimmenden Urteil aller Beteiligten bewährt. Die Tätigkeit dieser Stellen wurde jedoch nach dem Kriegsende unterbrochen, da die bis 1945 als Körperschaften des öffentlichen Rechts bestehenden Industrie- und Handelskammern, bei denen die Einigungsstellen eingerichtet waren, in einem Teil des Bundesgebiets auf Grund besatzungsrechtlicher Vorschriften nunmehr in privatrechtlicher Form neu gebildet wurden und man die Auffassung vertrat, daß Organisationen des privaten Rechts Hoheitsbefugnisse wie die Befugnis zur Anordnung des persönlichen Erscheinens der Parteien und zur Verhängung von Ordnungsstrafen nicht übertragen werden dürften. Der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf zielt darauf ab, die Einigungsstellen für Wettbewerbsstreitigkeiten wieder auf eine einheitliche Rechtsgrundlage zu stellen. Als der Entwurf der Bundesregierung eingebracht wurde, waren die Unterschiede in der Rechtsform der Industrie- und Handelskammern in den verschiedenen Teilen des Bundesgebiets noch nicht beseitigt. Dies hat den Bundesrat veranlaßt, gegen den Entwurf der Bundesregierung eine Reihe von Bedenken geltend zu machen, die sich insbesondere gegen die im Entwurf der Bundesregierung vorgesehene Verpflichtung der Landesregierungen zur Einrichtung von Einigungsstellen und gegen die Übertragung hoheitsrechtlicher Befugnisse auf diese Stellen richteten. Diesen Bedenken dürfte jedoch inzwischen insofern Rechnung getragen worden sein, als durch das Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern vom 18. Dezember 1956 (Bundesgesetzbl. I S. 920) alle im Bundesgebiet bestehenden Industrie- und Handelskammern wieder einen öffentlich-rechtlichen Status erhalten haben. Damit besteht für die Einrichtung der Einigungsstellen der gleiche Rechtszustand, wie er bei der Schaffung dieser Stellen im Jahre 1932 bestanden hat. Mit der von der Bundesregierung vorgeschlagenen Neufassung des § 27 a UWG wird infolgedessen der schon nach der bisherigen Fassung dieser Vorschrift bestehende Rechtszustand lediglich ausdrücklich bestätigt mit der Maßgabe, daß die bisherige Regelung durch eine Reihe zum Teil technischer Einzelheiten verbessert und den gegenwärtigen Verhältnissen angepaßt wird. Der Bundestag hat den Entwurf der Bundesregierung in seiner 96. Sitzung am 8 Juli 1955 dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik als dem federführenden Ausschuß und dem Ausschuß für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht zur Mitberatung überwiesen. Beide Ausschüsse haben den Entwurf eingehend beraten. Der federführende Ausschuß für Wirtschaftspolitik hat in seiner Sitzung vom 13. Dezember 1956 den Entwurf in der aus der Drucksache 3064 ersichtlichen Fassung beschlossen. II. Im einzelnen Zu den einzelnen Bestimmungen des Entwurfs ist nach dem Ergebnis der Ausschußberatungen folgendes zu bemerken: 1. Umstritten war zunächst die Frage, ob die Landesregierungen zur Errichtung der im Entwurf vorgesehenen Einigungsstellen verpflichtet werden sollten und welchen Organisationen die Einigungsstellen angegliedert werden sollten. Gegen die von der Bundesregierung vorgeschlagene Verpflichtung der Landesregierungen sind nach Auffassung des federführenden Ausschusses mit Rücksicht auf das bereits erwähnte Gesetz zur vorläufigen Regelung (Dr. Hoffmann) des Rechts der Industrie- und Handelskammern keine Bedenken mehr zu erheben. Der mitberatende Ausschuß für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht hatte vor der Verabschiedung dieses Gesetzes im Anschluß an die vom Bundesrat geltend gemachten Bedenken noch die Ersetzung der MußVorschrift durch eine Kann-Vorschrift vorgeschlagen. Um sicherzustellen, daß die Einigungsstellen nur bei öffentlich-rechtlichen Organisationen eingerichtet werden, schlägt der federführende Ausschuß vor, die Einigungsstellen nur bei den Industrie- und Handelskammern und nicht auch bei sonstigen überfachlichen Berufsvertretungen der gewerblichen Wirtschaft zu errichten, wie es die Bundesregierung vorgeschlagen hatte. Die erforderliche Beteiligung der nicht den Industrie- und Handelskammern angehörenden Gewerbetreibenden wird nach dem Vorschlag des federführenden Ausschusses durch eine entsprechende Ergänzung der in § 27 a Abs. 10 UWG vorgesehenen Ermächtigung der Landesregierungen gewährleistet. 2. Umstritten war ferner die Frage, in welchem Umfang die Parteien in die Lage versetzt werden sollten, auf die Besetzung der Einigungsstellen Einfluß zu nehmen. Dem Vorschlag der Bundesregierung, die Frage der Besetzung der Einigungsstellen im vollen Umfang der Regelung durch die Landesregierungen zu überlassen, konnte sich der federführende Ausschuß nicht anschließen. Die Mehrheit des Ausschusses hielt es andererseits auch nicht für zweckmäßig, die Berufung der Beisitzer der Einigungsstellen von der Zustimmung beider streitenden Parteien abhängig zu machen. Die Mehrheit des Ausschusses schlägt deshalb in § 27 a Abs. 2 eine Regelung vor, nach der die Berufung der Beisitzer aus einer alljährlich für das Kalenderjahr aufzustellenden Liste grundsätzlich im Einvernehmen mit den Parteien erfolgen soll, im einzelnen Fall aber auch ohne die Zustimmung der Parteien erfolgen kann. Für die Ausschließung und Ablehnung von Mitgliedern der Einigungsstelle sollen nach dem Vorschlag des federführenden Ausschusses die diesbezüglichen Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden sein. 3. Umstritten war schließlich die Frage, welche Befugnisse den Einigungsstellen für den Fall des Nichtzustandekommens eines Vergleichs zu übertragen seien. Die Bundesregierung hatte vorgegeschlagen, die Einigungsstelle in diesem Falle entsprechend dem geltenden Recht zu ermächtigen, sich gutachtlich über den Streitfall zu äußern. Diese Regelung wurde von der Mehrheit des federführenden Ausschusses nicht für zweckmäßig gehalten. Der Ausschuß schlägt statt dessen vor, die Einigungsstelle nur zu ermächtigen, den Parteien einen schriftlichen, mit Gründen versehenen Einigungsvorschlag zu machen. Um Mißbräuchen vorzubeugen, sollen nach der vom federführenden Ausschuß beschlossenen Fassung der Einigungsvorschlag und seine Begründung nur mit Zustimmung der Parteien veröffentlicht werden dürfen. 4. Entsprechend einer von dem mitberatenden Ausschuß für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht gegebenen Anregung schlägt der federführende Ausschuß vor, durch Einfügung eines Absatzes 8 a in den § 27 a UWG zu bestimmen, daß durch die Anrufung der Einigungsstelle die Verjährung in gleicher Weise wie durch Klageerhebung unterbrochen wird. Diese Regelung soll verhindern, daß in Wettbewerbsstreitigkeiten Klage nur zum Zwecke der Unterbrechung der Verjährung erhoben werden muß. 5. Die übrigen von dem federführenden Ausschuß beschlossenen Änderungen des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs beziehen sich im wesentlichen auf technische Einzelheiten des Verfahrens vor den Einigungsstellen und tragen weitgehend den Änderungsvorschlägen des Bundesrates und des mitberatenden Ausschusses für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht Rechnung. Durch den Beschluß des federführenden Ausschusses, den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf — Drucksache 1478 — in der vom Ausschuß beschlossenen Fassung dem Plenum zur Annahme zu empfehlen, erübrigt sich die weitere Behandlung des den gleichen Gegenstand betreffenden Antrages der Abgeordneten Stücklen, Griem, Schmücker und Genossen — Drucksache 1329 —. Dieser Antrag war noch vor dem Entwurf der Bundesregierung eingebracht worden und unterscheidet sich von diesem Entwurf, abgesehen von einer Reihe technischer Einzelheiten, im wesentlichen nur dadurch, daß er eine erweiterte sachliche Zuständigkeit für die Einigungsstellen vorsieht. Die Mehrheit der beiden beteiligten Ausschüsse hielt es jedoch in Übereinstimmung mit der Auffassung der Bundesregierung nicht für zweckmäßig, die sachliche Zuständigkeit der Einigungsstellen gegenüber der bisherigen Regelung zu erweitern. Der federführende Ausschuß empfiehlt dem Plenum des Bundestages, den Antrag der Abgeordneten Stücklen, Griem, Schmücker und Genossen als durch die Beschlußfassung zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf erledigt abzulehnen. Bonn, den 29. Januar 1957 Dr. Hoffmann Berichterstatter Anlage 9 Umdruck 930 (Vgl. S. 10801 A) Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Hoffmann, Dr. Hellwig, Lange (Essen), Petersen, Dr. Elbrächter, Dr. Henn zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, des Gesetzes über das Zugabewesen und des Rabattgesetzes (Drucksachen 3064, 1478). Der Bundestag wolle beschließen, in Artikel 4 folgenden § 4 a einzufügen: § 4a Dieses Gesetz gilt nicht im Saarland. Bonn, den 31. Januar 1957 Dr. Hoffmann Dr. Hellwig Lange (Essen) Petersen Dr. Elbrächter Dr. Henn
Gesamtes Protokol
Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218900000
Die Sitzung ist eröffnet.
Vor Eintritt in die Tagesordnung gebe ich das Wort zur Geschäftsordnung dem Abgeordneten Rasner.

Will Rasner (CDU):
Rede ID: ID0218900100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte, die heutige Tagesordnung zu erweitern um den Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung eines Fünften Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1956, Drucksache 3058. Ich bitte, diesen Punkt als Punkt 5 der heutigen Tagesordnung, also nach Punkt 4, zu behandeln.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218900200
Herr Abgeordneter Schmidt!
Schmidt (Hamburg) (SPD)): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion bedauert, diesem Geschäftsordnungsantrag des Kollegen Rasner nicht zustimmen zu können. Der vorgelegte oder vielmehr jetzt von Ihnen noch zu verteilende Entwurf eines Fünften Nachtragshaushalts hat mit dem jüngst hier behandelten Dritten oder Vierten Nachtragshaushalt gemein, daß er in keiner Weise das zum Ausdruck bringt, was die Bundesregierung und das Verteidigungsministerium auf dem Gebiete des Aufbaus der Bundeswehr tatsächlich zu tun beabsichtigen. Ich will als Beispiel nur nennen, daß hier insgesamt 130 000 Stellen eingeplant werden sollen für den Zeitraum bis zum 31. März dieses Jahres, d. h. für einen Zeitraum von insgesamt noch 2 Monaten. Der Herr Verteidigungsminister weiß genau, wie wir alle, daß er in diesem Zeitraum die Bundeswehr bestenfalls auf 80 000 Mann bringen kann. Es handelt sich hier um ein weiteres Stück völlig irrealer Verteidigungshaushalte. Wir sehen keinen Grund, dieses Theater weiter fortzusetzen.

(Beifall bei der SPD. — Oho-Rufe bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Seffrin: Ist die Verteidigung ein Theater?)



Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218900300
Sie haben den Antrag gehört, meine Damen und Herren. Es ist widersprochen worden; ich lasse abstimmen. Wer dem Antrag des Herrn Abgeordneten Rasner auf Aufnahme des Fünften Nachtragshaushalts, Drucksache 3058, in die heutige Tagesordnung — ich habe verstanden, als Punkt 5 der Tagesordnung —

(Abg. Rasner: Ja!)

zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das letzte ist die Minderheit; die Aufsetzung ist beschlossen.
Dann, meine Damen und Herren, haben wir aus der gestrigen Tagesordnung dringend noch zwei Überweisungen nachzuholen. Es ist beantragt worden, den Antrag der Abgeordneten Dr. Pünder, Dr. Mommer und Genossen betreffend Empfehlungen und Entschließungen der Beratenden Versammlung des Europarates und der Versammlung der Westeuropäischen Union sowie den Antrag der Fraktion der SPD betreffend den Gemeinsamen Markt und Euratom an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten zu überweisen. Darf ich annehmen, daß das Haus damit einverstanden ist? — Herr Abgeordneter Sabaß!

Wilmar Sabaß (CDU):
Rede ID: ID0218900400
Ich beantrage Überweisung zur Mitberatung an den Ausschuß für Atomfragen!

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218900500
Ist das Haus damit einverstanden? — Einverstanden; es ist so beschlossen.
Damit, meine Damen und Herren, kommen wir zu der Tagesordnung. Ich rufe auf den Punkt 1:
Fragestunde (Drucksache 3076).
Frage 1 — Herr Abgeordneter Wienand — betreffend Wohnungsverhältnisse ausländischer Diplomaten im Bonner Raum:
Sind der Bundesregierung die schwierigen Wohnungsverhältnisse vieler ausländischer Diplomaten im Bonner Raum bekannt?
Liegen Nachrichten darüber vor, inwieweit diese Verhältnisse im Ausland einen ungünstigen Eindruck erwecken oder hinterlassen haben?
Was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, um hier Abhilfe zu schaffen?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär des Bundeswohnungsbauministeriums.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0218900600
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In Vertretung des Herrn Bundesministers für Wohnungsbau darf ich im Benehmen mit dem Herrn Bundesminister des Auswärtigen zur Frage des Herrn Abgeordneten Wienand erklären: Der Bundesregierung ist bekannt, daß zur Zeit 75 ausländische Angehörige diplomatischer Vertretungen im Raum Bonn mit ihren Familien Unterkünfte suchen.
Im Jahre 1951 hatte die Bundesregierung ein sogenanntes Diplomatenwohnungsprogramm durchgeführt. Es wurden rund 200 Wohnungen erstellt und durch private Bauträger vermietet. Damals gab es 32 diplomatische Vertretungen bei der Bundesregierung in Bonn. Heute ist diese Zahl auf das Doppelte gestiegen und zudem bei vielen Vertretungen der Personalbestand vergrößert worden. Nachrichten darüber, daß die hier tatsächlich schwierigen Wohnungsverhältnisse für Angehörige diplomatischer Vertretungen im Ausland einen ungünstigen Eindruck erwecken oder hinterlassen haben, liegen der Bundesregierung nicht vor. Aber auch ohnedem bemühen wir uns natürlich, die Angehörigen der ausländischen Missionen bei der wohnlichen Unterbringung über den sogenannten freien Markt nach besten Kräften zu unterstützen. Dieser Hilfsdienst wird von den Vertretungen auch dankbar anerkannt, aber seine Erfolge reichen nicht aus.
Deshalb haben die Herren Bundesminister des Auswärtigen und für Wohnungsbau immer wieder den Herrn Bundesminister der Finanzen um. Mittel zur Wiederholung eines solchen Programms gebeten, wie wir es 1951 durchgeführt haben. Der Herr Bundesminister der Finanzen hat sich aber unter Hinweis auf die Haushaltslage bisher nicht in der Lage gesehen, diesen wiederholt gestellten Anträgen zu entsprechen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218900700
Eine Zusatzfrage? — Das ist nicht der Fall.
Die nächste Frage, Frage 2, ist zurückgezogen.
Frage 3, Abgeordneter Dr. Arndt, betreffend Verhaftung von Frau Klara Pförtsch:
Wie lange soll Frau Klara Pförtsch, die ohne stichhaltigen Grund bald 20 Jahre Inhaftiert ist, noch im Gefängnis bleiben?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister des Auswärtigen.

Dr. Heinrich von Brentano (CDU):
Rede ID: ID0218900800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Klara Pförtsch ist am 25. Januar 1957 zusammen mit vier weiteren deutschen Kriegsverurteilten aus französischer Haft entlassen worden.

(Abg. Dr. Arndt: Danke schön!)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218900900
Frage 4, Abgeordneter Wienand, betreffend Zahlung von Umsatzsteuer bei Abgabe von Blutkonserven aus einer Krankenanstalt in eine andere:
Trifft es zu, daß bei Abgabe von Blutkonserven aus einer Krankenanstalt In eine anders Umsatzsteuer gezahlt werden muß?
Hält die Bundesregierung dies für sinnvoll, oder ist sie bereit, im Bundestag ein entsprechendes Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes einzubringen?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0218901000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es trifft zu, daß die Abgabe von Blutkonserven durch ein Krankenhaus an ein anderes nach geltendem Recht in der Regel der Umsatzsteuer unterliegt. Lediglich in einigen Ausnahmefällen, in denen das Krankenhaus, an das die Blutkonserven abgegeben werden, von einem Sozialversicherungsträger betrieben wird, sind solche Umsätze bereits nach geltendem Recht von der Umsatzsteuer befreit.
Im Bundesfinanzministerium ist bereits vor einiger Zeit die Frage geprüft worden, ob nicht die Abgabe von Blutkonserven durch ein Krankenhaus an ein anderes im Rahmen einer Änderung des Umsatzsteuergesetzes von der Umsatzsteuer befreit werden sollte. In Bejahung dieser Frage hat das Bundesfinanzministerium in einer der letzten Sitzungen des Unterausschusses „Umsatzsteuer" diese Angelegenheit zur Sprache gebracht. Aus dem Kreis der Mitglieder des Unterausschus-


(Staatssekretär Hartmann)

ses ist jedoch die Frage aufgeworfen worden, ob nicht durch die zahlreichen neuen Befreiungen einzelner Leistungen eine zu große Kasuistik in das Umsatzsteuerrecht hineingetragen würde und ob es nicht zweckmäßiger wäre, durch eine Vorschrift im Umsatzsteuergesetz den Bundesfinanzminister zu ermächtigen, in Fällen der vorliegenden Art auf die Erhebung der Umsatzsteuer zu verzichten. Diese Frage soll auf Wunsch des Unterausschusses „Umsatzsteuer" noch näher geprüft werden.
Ich bitte, hieraus zu ersehen, daß die Bundesregierung dem Antrag positiv gegenübersteht.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218901100
Frage 5 — Herr Abgeordneter Wienand — betreffend gesetzliche Grundlagen für den „Interministeriellen Filmausschuß":
Auf welche gesetzlichen Grundlagen stützt sich der ,,Interministerielle Filmausschuß"?
Wie ist die Zusammensetzung des Ausschusses, und welche Aufgaben und Kompetenzen besitzt er?
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Wirtschaft.

Dr. Ludwig Erhard (CDU):
Rede ID: ID0218901200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bezug von belichteten Filmen, die ihren Ursprung in den Ostblockstaaten oder in der sowjetisch besetzten Zone haben, bedarf einer devisenrechtlichen Genehmigung. Bei der Erteilung dieser Genehmigung sind wirtschaftliche, insbesondere handelspolitische Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die eine Besichtigung des Filmes erforderlich machen. Die Genehmigung zur Einfuhr muß stets dann versagt werden, wenn der in das Bundesgebiet zu verbringende Film verfassungsfeindliche Tendenzen verkörpert, deren Verfolgung durch § 93 des Strafgesetzbuchs unter Strafe gestellt ist. Gerade bei Filmen aus den angegebenen Herkunftsgebieten ist mit Tendenzen zu rechnen, die durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17. August 1956 für verfassungswidrig erklärt worden sind. Die mit dem Genehmigungsverfahren befaßten Beamten würden daher fortgesetzt einem Vergehen nach § 93 des Strafgesetzbuchs Vorschub leisten und sich selbst der Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung aussetzen, falls sie den Bezug der Filme unbesehen genehmigen würden. Deshalb muß vor Erteilung der Bezugsgenehmigung die erforderliche Klarheit über die Unbedenklichkeit des Films durch dessen Besichtigung herbeigeführt werden. Um jede Einseitigkeit der Beurteilung auszuschließen, lassen sich die zuständigen Referate meines Hauses hierbei durch ein Sachverständigengremium beraten, das als Interministerieller Filmprüfungsausschuß bezeichnet wird. Da der Ausschuß keine Entscheidungsbefugnis hat, liegt seine Einschaltung im Rahmen meines Verwaltungsermessens.
In dem Ausschuß sind das Bundesministerium des Innern, das Auswärtige Amt, das Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, das Bundesministerium der Justiz und das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung vertreten.

Karl Wienand (SPD):
Rede ID: ID0218901300
Eine Zusatzfrage!

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218901400
Bitte sehr! — Herr Bundesminister, eine Zusatzfrage!

Karl Wienand (SPD):
Rede ID: ID0218901500
Herr Minister, Sie sagten vorhin, daß dieser Ausschuß nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts errichtet worden sei. Irre ich, wenn ich der Meinung bin, daß dieser Ausschuß schon vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts bestand?

Dr. Ludwig Erhard (CDU):
Rede ID: ID0218901600
Ich kann Ihnen diese Frage datumsmäßig exakt nicht beantworten.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0218901700
Eine zweite Zusatzfrage.

Karl Wienand (SPD):
Rede ID: ID0218901800
Herr Minister, sind Sie nicht mit mir der Auffassung, daß die Filmselbstkontrolle ebenfalls die Aufgaben wahrnehmen könnte, die Sie vorhin diesem interministeriellen Ausschuß zugesprochen haben?

Dr. Ludwig Erhard (CDU):
Rede ID: ID0218901900
Nein, ich glaube, dieser Ausschuß hat seine Berechtigung, und er hat sich auch bewährt.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218902000
Frage 6 — des Herrn Abgeordneten Kroll — betreffend Rechtsstellung der nicht im aktiven Dienst befindlichen unter das Gesetz nach Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen bei der Umbildung von Körperschaften des öffentlichen Rechts:
Fallen unter die zu Obernehmenden Beamten Im Sinne von § 22 Abs. 2 und 3 des Beamtenrechts-Änderungsgesetzes auch Beamte, die nach dem Gesetz zu Art. 131 des Grundgesetzes anspruchsberechtigt sind, sich aber im Zeitpunkt des Aufgabenüberganges nicht im aktiven Dienst befanden?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister des Innern.

Dr. Gerhard Schröder (CDU):
Rede ID: ID0218902100
Herr Präsident! Ich muß das Hohe Haus gleich um etwas Geduld bitten; denn es ist eine ziemlich lange Rechtsauskunft, die ich hier zu erteilen habe.
Ich darf wohl annehmen, daß mit den nach dem Gesetz zu Artikel 131 des Grundgesetzes anspruchsberechtigten Beamten die unter Kapitel II des Gesetzes fallenden Beamten gemeint sind. Die Frage, ob § 22 des sogenannten Beamtenrechtsänderungsgesetzes vom 30. Juni 1933 auf diese Beamten unmittelbar anwendbar ist, wird man meines Erachtens verneinen müssen.
Für die im Zusammenhang mit der Neuordnung der staatsrechtlichen Verhältnisse nach dem Zusammenbruch eingetretenen Fälle eines Übergangs von Aufgaben des früheren Dienstherrn auf eine andere Körperschaft ist in § 82 des Gesetzes zu Artikel 131 des Grundgesetzes eine spezielle Regelung geschaffen. Sie stellt abweichend von § 22 des Beamtenrechtsänderungsgesetzes darauf ab, ob die Aufgaben durch die neue Körperschaft ganz oder überwiegend übernommen worden sind. Ist dies der Fall, so ist die neue Körperschaft kraft Gesetzes Dienstherr der Beamten geworden; einer Übernahmeverfügung bedarf es nicht. Neben dieser speziellen Regelung ist für eine Anwendung des § 22 des Beamtenrechtsänderungsgesetzes kein Raum.
Gehen zu einem späteren Zeitpunkt Aufgaben einer Körperschaft, die nach Kapitel II des Gesetzes zur Unterbringung von Beamten verpflichtet ist, auf eine andere Körperschaft über, so ist es Sache des den Aufgabenübergang regelnden Organisationsgesetzes, eine den Umständen angemessene Regelung zu treffen; hierbei kann auf § 22 des Be-


(Bundesinnenminister Dr. Schröder)

amtenrechtsänderungsgesetzes, das für den Bereich des Bundes und der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts in der sogenannten Bundesfassung vom 24. Januar 1951, im übrigen in der jeweiligen Landesfassung gilt, Bezug genommen werden. Ein Beispiel für eine solche Regelung im Bundesbereich bietet § 38 des Gesetzes über die Errichtung einer Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vom 10. März 1952. Dort ist bestimmt, daß die Bundesanstalt die Beamten, die am 8. Mai 1945 einem Arbeitsamt oder Landesarbeitsamt angehört haben, aus anderen als beamtenrechtlichen Gründen ausgeschieden sind und bisher nicht oder nicht ihrer früheren Stellung entsprechend verwendet werden, zu betreuen hat. Auch die Länder sind nach § 82 Abs. 3 des Gesetzes zu Art. 131 des Grundgesetzes zu einer solchen Regelung befugt. Sollte sich diese Möglichkeit einer Regelung durch Organisationsgesetz nicht als ausreichend erweisen, um allen in der Praxis aufgetretenen Bedürfnissen gerecht zu werden, so könnte bei der bevorstehenden Beratung einer Zweiten Novelle zum Gesetz zu Art. 131 des Grundgesetzes erwogen werden, ob eine ergänzende bundesrechtliche Regelung angebracht ist.
Es tut mir leid, daß die Beantwortung etwas länger gedauert hat. Aber die Frage war sehr schwierig, Herr Kollege.

Ludwig Kroll (CDU):
Rede ID: ID0218902200
Danke sehr.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218902300
Keine Zusatzfrage?

Ludwig Kroll (CDU):
Rede ID: ID0218902400
Keine Zusatzfrage.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218902500
Frage 7 des Herrn Abgeordneten Kroll betrifft die Erfassung und Betreuung der 83 000 deutschen Staatsangehörigen, die sich noch im Gebiet der Sowjetunion befinden:
Was wurde durch den Herrn Bundesvertriebenenminister zur namentlichen Erfassung und Betreuung der 83 000 deutschen Staatsangehörigen unternommen, die sich nach seiner Angabe noch in der UdSSR befinden und die unter die Moskauer Vereinbarungen fallen?
Was hat das Auswärtige Amt unternommen, uni eine schnelle Verwirklichung der Moskauer Vereinbarungen vom September 1955 über die Ausreise dieser deutschen Staatsangehörigen aus der UdSSR zu erreichen?
Zur Beantwortung des ersten Teils der Frage der Herr Bundesminister für Vertriebene.

Dr. Theodor Oberländer (CDU):
Rede ID: ID0218902600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit dem Besuch des Herrn Bundeskanzlers in Moskau im September 1955 sind — insbesondere nach Errichtung einer Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Moskau zu Beginn des Jahres 1956 — bei den verschiedensten Stellen Meldungen über Deutsche eingelaufen, die sich noch in der UdSSR befinden. Sie alle haben die Hoffnung, auf Grund der Zusicherung der Regierung der UdSSR, daß deutsche Staatsangehörige aus der UdSSR ausreisen dürften, nach Deutschland zurückkehren zu können.
Nach Feststellungen, die auf amtlich geprüften Heimkehreraussagen und auf anderen Beobachtungen beruhen, handelt es sich um etwa 80 000 bis 100 000 Deutsche, auf die die Voraussetzungen für eine Ausreise aus der UdSSR zutreffen. Neben einer Gruppe von Ostpreußen und Memeldeutschen sind es zum Teil Volksdeutsche, die von 1939 bis 1945 in Gebieten lebten, die unter deutscher Hoheit standen. Beim Vormarsch der Roten Armee 1944/45 und nach der Kapitulation wurden sie von den Sowjets aufgegriffen und gegen ihren Willen in die UdSSR verschleppt.
Das Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte hat durch den von ihm beauftragten Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes in Hamburg bereits seit Jahren Unterlagen über diese Personengruppe in der UdSSR sammeln lassen. Im Einvernehmen mit den beteiligten Ressorts der Bundesregierung bestimmte das Ministerium diesen Suchdienst als Sammelstelle für alle Meldungen und Anträge auf Rückführung von Deutschen aus der UdSSR. Der Eingang solcher Meldungen hat einen derartigen Umfang angenommen, daß der Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes in Hamburg sogar Nachtschichten eingelegt hat, um das Material mit der gebotenen Beschleunigung zu bearbeiten. Alle neu eingehenden Meldungen über Deutsche in der UdSSR werden sehr sorgfältig geprüft und bei Notwendigkeit durch Rückfragen bei diesen Deutschen selbst oder bei ihren Angehörigen ergänzt. Die Prüfung muß sich vor allem auch darauf beziehen, ob die gemeldete Person tatsächlich die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, da sich die Zusicherung der Regierung der UdSSR vom September 1955 nur auf diesen Personenkreis bezieht.
Aus den sorgfältig geprüften Unterlagen über Deutsche in der UdSSR werden seit längerer Zeit laufend sogenannte Anforderungslisten erstellt, die dem Auswärtigen Amt für eine Übergabe an die Regierung der UdSSR durch die deutsche Botschaft in Moskau zur Verfügung gestellt werden.
Alle Deutschen in der UdSSR, bei denen feststeht, daß sie deutsche Staatsangehörige sind, oder bei denen aus den vorhandenen Unterlagen geschlossen werden kann, daß es deutsche Staatsangehörige sein dürften, werden bei Vorliegen einer Bedürftigkeit aus Mitteln des Bundesvertriebenenministeriums betreut. Diese Betreuung erfolgt durch Geldsendungen oder durch vorverzollte Pakete. Für diesen Zweck wurden so ausreichende Beträge zur Verfügung gestellt, daß bisher keine berechtigten Betreuungswünsche unerfüllt geblieben sein dürften. Daneben werden die Kosten der Rückführung von Deutschen aus der UdSSR voll getragen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218902700
Zur Beantwortung des zweiten Teils der Frage hat der Herr Bundesminister des Auswärtigen das Wort.

Dr. Heinrich von Brentano (CDU):
Rede ID: ID0218902800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 13. September 1955 hat die Sowjetregierung der deutschen Delegation zugesagt, daß 9626 deutsche Kriegsgefangene entlassen würden und daß sie bereit sei, weitere Personen, die auf Grund von deutschen Listen aufgefunden würden, zur Verfügung zu stellen, sofern sie deutsche Staatsangehörige seien. Ferner hat die Sowjetregierung am 13. September 1955 zugesagt, daß es den deutschen Fachkräften, die sich auf Grund von Arbeitsverträgen in der Sowjetunion befänden, nach Beendigung dieser Verträge selbstverständlich freistehe, auszureisen, wohin sie wollten.
Die Entlassung der 9626 Kriegsgefangenen wurde am 6. Oktober 1955 begonnen und im Januar 1956 zum Abschluß gebracht. Eine geringe Anzahl


(Bundesaußenminister Dr. von Brentano)

von Gefangenen wird noch in dem Lager Potjma — offenbar zur Feststellung der Staatsangehörigkeit — zurückgehalten. Aus diesem Lager sind in den letzten Monaten Deutsche in kleineren Gruppen entlassen worden. Weiterhin bestehen bleibt die Nachforschung nach rund 90 000 in sowjetischer Kriegsgefangenschaft verschollenen Deutschen und nach rund 1,2 Millionen Wehrmachtsvermißten.
Die deutsche Botschaft in Moskau hat nach Arbeitsaufnahme damit begonnen, die Rückführung der noch in der Sowjetunion befindlichen deutschen Staatsangehörigen in die Wege zu leiten. Unter Zugrundelegung der Zusagen vom September 1955 wurden der Sowjetregierung Listen mit den Namen dieser deutschen Staatsangehörigen zugeleitet. Die Sowjetregierung hat zunächst zu erkennen gegeben, daß die Frage der Repatriierung in den Fällen, in denen es sich um deutsche Staatsangehörige handle, auf keine Schwierigkeiten stoßen und daß der deutschen Botschaft in Moskau die notwendige Unterstützung gewährt werde. Tatsächlich wurde aber eine großzügige Repatriierung dadurch erschwert, daß die Sowjetregierung im weiteren Verlauf Deutsche als sowjetische Staatsangehörige beansprucht hat. Hinzu kommt noch, daß das sowjetische Verfahren für die Erteilung von Ausreisegenehmigungen sehr langwierig und umständlich ist. Durch wiederholte Vorstellungen konnte zwar in manchen Einzelfällen Abhilfe geschaffen, jedoch eine Lösung der Frage im Sinne der Zusage nicht erreicht werden, was in Anbetracht gerade der menschlichen Seite dieses Problems tief bedauert wird. Seit Ende Januar 1956 konnten rund 800 Deutsche in die Bundesrepublik zurückkehren. Die Bundesregierung wird auch weiterhin nichts unversucht lassen, um die Rückkehr der noch in der Sowjetunion zurückgehaltenen deutschen Staatsangehörigen zu ermöglichen.
Das gilt auch für die deutschen Fachkräfte, die zur Zeit noch in Ssuchumi am Schwarzen Meer zurückgehalten werden. Diese Personen wurden in den Jahren 1945/46 zur Arbeitsleistung in der Sowjetunion verpflichtet. Ihre Verträge sind 1954/55 abgelaufen. Gleichwohl wurde ihnen die Ausreise nicht gestattet. Am 12. September 1955 wurden sie zum Zwecke der weiteren Zurückhaltung aus der Nähe Moskaus, wo sie bis dahin gearbeitet hatten, nach Ssuchumi am Schwarzen Meer verbracht. Wie bereits erwähnt, hat die Sowjetregierung der deutschen Delegation einen Tag später in Moskau versichert, daß es diesen deutschen Fachkräften nach Beendigung ihrer Arbeitsverträge freistehe, auszureisen. Trotz sehr zahlreicher deutscher Interventionen werden diejenigen deutschen Fachkräfte, die in die Bundesrepublik auszureisen wünschen, auch heute noch nicht aus Ssuchumi entlassen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218902900
Eine Zusatzfrage?

Ludwig Kroll (CDU):
Rede ID: ID0218903000
Hat die Bundesregierung besondere Bemühungen und Aktionen um diese 80- bis 100 000 Deutschen in Aussicht genommen?

Dr. Heinrich von Brentano (CDU):
Rede ID: ID0218903100
Meine Damen und Herren, die besonderen Bemühungen bestehen darin, daß die Botschaft in Moskau bei jeder Gelegenheit — und ich habe einen Stoß von Berichten darüber — an die Erledigung der Listen erinnert und versucht, die unzähligen Tausende von Anfragen und Briefen, die bei ihr liegen, zu bearbeiten und mit den Briefschreibern in Verbindung zu treten. Wie ich schon in meiner Antwort angedeutet habe, ist das außerordentlich schwer, weil die Regierung der Sowjetunion bisher leider keine Bereitschaft zu einer sachlichen und einigermaßen menschlichen Erledigung dieser Angelegenheit gezeigt hat. Es kommen auch Nachrichten, gerade aus jüngster Zeit, daß Leuten, wenn sie mit der deutschen Botschaft in Verbindung getreten sind, an anderen Orten ein Zwangsaufenthalt angewiesen wird, um diese Verbindung zu unterbrechen. Auf jeden Fall glaube ich sagen zu dürfen, daß in den Gesprächen hier in Bonn mit der Botschaft der Sowjetunion und der Botschaft der Bundesrepublik mit der Sowjetregierung in Moskau ohne Unterbrechung und immer wieder von neuem dieses Problem angeschnitten und an Einzelfällen auch behandelt wird.

Ludwig Kroll (CDU):
Rede ID: ID0218903200
Danke schön!

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218903300
Frage 8, Frau Abgeordnete Hütter, betreffend die noch in Frankreich inhaftierten deutschen Kriegsverurteilten:
Hat die Bundesregierung die deutsch-französischen Gespräche der letzten Zeit dazu benutzt, das zwischen Deutschland und Frankreich noch offene Problem der in Frankreich inhaftierten deutschen Kriegsverurteilten zu bereinigen?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister des Auswärtigen.

Dr. Heinrich von Brentano (CDU):
Rede ID: ID0218903400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf die Frage 8 möchte ich antworten: Von 867 deutschen Gefangenen, die sich Anfang 1950 noch in Frankreich befanden, sind heute noch 17 in Haft. Auch im vergangenen Jahr ist die Gefangenenfrage bei jeder Gelegenheit Gegenstand von deutschfranzösischen Gesprächen gewesen, die dazu beigetragen haben, weitere Gnadenerweise zu ermöglichen. Diese Bemühungen wurden wirksam durch die Tätigkeit der für die Gefangenen bestellten deutschen und französischen Anwälte ergänzt. Es darf aber nicht verkannt werden, daß die Fälle der jetzt noch in Haft befindlichen Gefangenen von französischer Seite als besonders ernst und schwerwiegend angesehen werden.

Margarete Hütter (FDP):
Rede ID: ID0218903500
Danke.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218903600
Frage 9, Frau Abgeordnete Hütter, betreffend Entlassung von Kriegsverurteilten aus Landsberg, Wittlich und Werl:
Wie viele Kriegsverurteilte sind aus Landsberg, Wittlich und Werl seit meiner letzten Anfrage im Bundestag am 27. Juni 1956. entlassen worden, wie viele werden noch festgehalten?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister des Auswärtigen.

Dr. Heinrich von Brentano (CDU):
Rede ID: ID0218903700
Seit Juni 1956 sind aus Landsberg 8, aus Wittlich 7 und aus Werl 4 deutsche Gefangene entlassen worden. In den genannten Haftorten befinden sich zur Zeit noch insgesamt 35 Gefangene.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218903800
Zusatzfrage?

Margarete Hütter (FDP):
Rede ID: ID0218903900
Ja, bitte! Welche Schritte hat die deutsche Bundesregierung seitdem unternommen, Herr Minister, um dieses Problem endgültig zu bereinigen?


Dr. Heinrich von Brentano (CDU):
Rede ID: ID0218904000
Wie ich sagte, Frau Kollegin Hütter, haben wir sowohl bei den betreffenden Regierungen als auch bei dem Gnadenausschuß, der eingerichtet worden ist, jede Bemühung unternommen. Ich darf hier versichern, daß die Bundesregierung aus rein menschlichen Gründen ständig und stetig bemüht ist, bei den Gewahrsamsländern darauf hinzuweisen, daß eine Entlassung als ein Gnadenakt von uns erbeten und erwartet wird. Ich betone: aus rein menschlichen Gründen; denn ich kann nicht verschweigen, daß einige dieser Fälle, soweit wir sie kennen, sehr ernst sind und daß es sich zuweilen um Tatbestände handelt, die juristisch eine Intervention nicht zulassen würden. Das ändert aber nichts daran, daß dieses Problem immer wieder von neuem auch in persönlichen Gesprächen, die ich selbst und der Herr Bundeskanzler geführt ha-. ben, angeschnitten wird. Wir haben daran erinnert, daß auch diese Menschen Angehörige, Frauen, Kinder, Eltern, haben, und erklärt, daß es nach zehn Jahren wohl möglich sei, durch einen Gnadenerweis einen Schlußstrich auch unter das Schicksal dieser Menschen zu ziehen.

Margarete Hütter (FDP):
Rede ID: ID0218904100
Ich danke Ihnen, Herr Minister.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218904200
Frage 10, Herr Abgeordneter Wolf (Stuttgart), betreffend Eingliederung der von Oktober 1955 bis Januar 1956 eingetroffenen Rußlandheimkehrer in das Wirtschaftsleben im Bundesgebiet:
Welche Erkenntnisse hat der Herr Bundesvertriebenenminister aus einer bei den in der Zeit von Oktober 1955 bis Januar 1956 eingetroffenen Rußlandheimkehrern durchgeführten Umfrage hinsichtlich der Eingliederung der Heimkehrer In das Wirtschaftsleben im Bundesgebiet gewonnen?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister für Vertriebene.

Dr. Theodor Oberländer (CDU):
Rede ID: ID0218904300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Zeit von Anfang September bis Ende November 1956 wurde bei den seit Mitte Oktober 1955 bis August 1956 anerkannten Heimkehrern eine Befragung über deren gegenwärtige wirtschaftliche und soziale Lage durchgeführt.
Ein abschließender Bericht über das Ergebnis der Umfrage kann heute noch nicht erstattet werden, da laufend noch Eingänge erfolgen. Nach dem gegenwärtigen Stande haben 69 % der Befragten geantwortet. Von diesen wollten etwa 70 % Rat oder Hilfe in Schwierigkeiten, die folgende Fragen betreffen: noch nicht realisierte Ansprüche bzw. Möglichkeiten nach dem Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz, also Auszahlung der Kriegsgefangenenentschädigung und Darlehen- bzw. Beihilfegewährung 23 %, unzureichender Wohnraum 20%, erstrebte Leistungen nach dem Lastenausgleich 16 %, noch nicht anerkannte Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz 13 %, fehlender bzw. nicht zusagender Arbeitsplatz 12 %, Schwierigkeiten nach dem Gesetz zu Art. 131, insbesondere die Zahlung des Übergangsgeldes betreffend, 10 %.
In überraschend vielen Fällen dürfte die Ursache der Schwierigkeiten weder im Gesetz noch bei den ausführenden Behörden noch in dem Status bzw. der fehlerhaften Gesetzeskenntnis des Antragstellers liegen, sondern in dem vom Staat her kaum zu beeinflussenden Bereich des Verhältnisses von
Mensch zu Mensch. Es fehlt oft an dem Verständnis für die psychische und physische Sonderlage des Spätheimkehrers, die sich aus der langen und harten Gefangenschaft ergibt.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218904400
Keine Zusatzfrage. Die Frage 11 ist zurückgestellt.
Ich rufe die Frage 12 des Abgeordneten KahnAckermann betreffend Einladungen ausländischer Besucher vom September 1955 bis September 1956 in die Bundesrepublik auf:
Wie viele ausländische Besucher sind von September 1955 bis September 1956 auf Kosten der Bundesregierung nach der Bundesrepublik eingeladen worden? Welcher Betrag ist für Aufenthalt und Reise dieser Besucher aufgewandt worden? Wie viele der von der Bundesregierung eingeladenen Besucher kamen aus den USA, wie viele aus Großbritannien und wie viele aus Asien?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister des Auswärtigen.

Dr. Heinrich von Brentano (CDU):
Rede ID: ID0218904500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frage beantworte ich wie folgt: Im Zeitabschnitt September 1955 bis September 1956 wurden 493 ausländische Persönlichkeiten in die Bundesrepublik eingeladen. Die Kosten dafür beliefen sich auf insgesamt 996 500 DM. Von den 493 Gästen entfielen auf die Vereinigten Staaten von Amerika 59, auf Großbritannien 18, auf Asien 121, auf die übrigen Bereiche Europas, Mittel- und Südamerika, Kanada und Afrika 295.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218904600
Zusatzfrage? — Nicht. Dann rufe ich die Frage 13 des Abgeordneten Kahn-Ackermann betreffend Umsatzausgleichsteuer für eingeführte Pressefotos auf:
Beabsichtigt der Herr Bundesfinanzminister, weiterhin Umsatzausgleichsteuer für eingeführte Pressefotos zu erheben, und welche Gründe veranlassen ihn gegebenenfalls dazu, auf dieser Maßnahme zu bestehen?
Der Herr Bundesministers der Finanzen bzw. der Herr Staatssekretär zur Beantwortung!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0218904700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die Einfuhr ausländischer Pressefotos muß auf Grund der gesetzlichen Vorschriften auch künftig Umsatzausgleichsteuer erhoben werden; denn nach dem geltenden Recht ist eine Befreiung der Einfuhr von Pressefotos von der Ausgleichsteuer nicht möglich. Es gibt nur zwei grundsätzliche gesetzliche Befreiungstatbestände für die Ausgleichsteuer:
Erstens. Die Steuerbefreiung von Roh- und Hilfsstoffen unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 1 b des Umsatzsteuergesetzes. Pressefotos sind weder Roh- noch Hilfsstoff und können deshalb in die Freiliste 1 nicht aufgenommen werden.
Zweitens. Die zollrechtlichen Befreiungsvorschriften, die über § 4 Nr. 1 a des Umsatzsteuergesetzes Befreiung von der Ausgleichsteuer herbeiführen. Diese sehen eine allgemeine Begünstigung der Pressefotos nicht vor.
Es wird jedoch geprüft werden, ob eine Herabsetzung des Ausgleichsteuersatzes für Pressefotos von 6 auf 4 % möglich ist.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218904800
Zusatzfrage?

Georg Kahn-Ackermann (SPD):
Rede ID: ID0218904900
Ja. Ist dem Herrn Staatssekretär bekannt, daß in verschiedenen Oberfinanzdirektionen die Errechnung der Um-


(Kahn-Ackermann)

satzausgleichsteuer für Pressefotos so lange dauert, daß sie, wenn sie beim Empfänger ankommen, nicht mehr aktuell sind, und ist sich die Bundesregierung darüber im klaren, daß die gegenwärtige gesetzliche Lage zumindest dem Geist entsprechender internationaler Abkommen, denen auch die Bundesregierung beigetreten ist, widerspricht? Ist die Bundesregierung von sich aus bereit, einen eigenen Vorschlag zur Änderung dieser gesetzlichen Zustände zu machen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0218905000
Herr Abgeordneter, es ist mir nicht bekannt, daß in verschiedenen Oberfinanzbezirken die Abfertigung der Pressefotos ungebührlich lange dauert. Um das zu verhindern, darf ich Sie bitten, mir einzelne Tatbestände dieser Art mitzuteilen. Ich werde dann dort nach dem Rechten sehen.
Was die Rechtsfrage betrifft, so ist die Bundesregierung bereit, darüber im Ausschuß für Finanzen und Steuern oder in dem schon bestehenden Unterausschuß „Umsatzsteuer" dieses Ausschusses in eine Erörterung Ihrer Frage einzutreten.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218905100
Frage 14 des Herrn Abgeordneten Dr. Arndt betreffend die deutsche Beteiligung an der Exposition universelle et internationale de Bruxelles:
Wird die deutsche Beteiligung an der Exposition universelle et internationale de Bruxelles 1958 so geplant und gestaltet, daß das Menschliche, Geistige und Soziale bei dieser kulturellen Repräsentation im Mittelpunkt stehen wird?
Sind für die Arbeiten zur Lösung dieser musischen Aufgabe der Deutsche Rat für Formgebung und der Deutsche Werkbund von der Bundesregierung mit einer verantwortlichen Mitberatung betraut worden?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister für Wirtschaft.

Dr. Ludwig Erhard (CDU):
Rede ID: ID0218905200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung hat für die deutsche Beteiligung an der Weltausstellung Brüssel 1958 beschlossen, sich eng an das von der belgischen Regierung gestellte Generalthema der Ausstellung „Le Progrès et l'Homme" zu halten. Demgemäß ist der deutsche Plan darauf abgestellt, die Mitwirkung der Bundesrepublik an der Lösung der sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Probleme unserer Zeit in ihren vielseitigen Beziehungen zum Menschen darzustellen. Darüber hinaus wird sich die Bundesrepublik auch bei dem außerhalb ihres Ausstellungsgeländes liegenden internationalen „Palast der Wissenschaft" und dem internationalen „Palast der Künste" beteiligen.
Bei der Gestaltung der deutschen Beteiligung an der Brüsseler Ausstellung sind von vornherein der Rat für Formgebung und der Deutsche Werkbund maßgebend beteiligt worden. Vertreter des Rates für Formgebung und des Deutschen Werkbundes werden auch künftig — neben anderen Vertretern sonstiger zur Mitwirkung berufener Kreise - in den beim Generalkommissar der Bundesrepublik Deutschland bei der Weltausstellung Brüssel 1958 gebildeten Gremien verantwortlich mitberaten.

Dr. Adolf Arndt (SPD):
Rede ID: ID0218905300
Danke sehr!

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218905400
Frage 15 — des Herrn Abgeordneten Wehr — betreffend Äußerungen des Handelsrichters Knappertsbusch:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß der Handelsrichter G. W. Knappertsbusch in Wuppertal bei seiner Dankrede für die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes I. Klasse durch den Herrn Bundespräsidenten u. a. äußerte: „Ich habe schließlich zugesagt . . ., obwohl ich starke Bedenken hatte, jenen Orden anzunehmen, da ich weder in dem Sinne Demokrat noch Republikaner bin, so daß ich es nicht für richtig hielte, einen Orden anzunehmen von einem Staat, hinter dem ich nicht restlos stehen kann
Was hat die Bundesregierung getan bzw. was gedenkt sie zu tun, um diese Verhöhnung zurückzuweisen? Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um Beamte, die erklären, nicht restlos hinter dem Staate zu stehen, aus ihrer Gewissensnot zu befreien?
Der Herr Bundesminister der Justiz zur Beantwortung.

Dr. Hans-Joachim von Merkatz (CDU):
Rede ID: ID0218905500
Im Benehmen mit dem Herrn Bundesminister des Innern beantworte ich die Frage des Herrn Abgeordneten Wehr wie folgt.
Das Bundesverdienstkreuz I. Klasse wurde am 23. August 1956 dem Handelsrichter Knappertsbusch überreicht. Herr Knappertsbusch hat in einer längeren Rede gedankt und dabei auch die von Herrn Abgeordneten Wehr wiedergegebenen Äußerungen getan. Andererseits hat Herr Knappertsbusch vor Verleihung der Auszeichnung wie auch mehrfach danach zum Ausdruck gebracht, daß er diese Auszeichnung hoch schätze und dankbar entgegengenommen habe. Die gleiche Auffassung hat er auch bei Überreichung des Bundesverdienstkreuzes vor und nach den beanstandeten Sätzen klar zu erkennen gegeben. Unter diesen Umständen lag in den wiedergegebenen Sätzen keine Mißachtung der Auszeichnung oder Verhöhnung der Bundesrepublik. Der Herr Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen hat mißbilligt, daß keiner der anwesenden Behördenvertreter die beanstandeten Äußerungen an Ort und Stelle zurückgewiesen hat.
Ich darf noch darauf aufmerksam machen, daß der Herr Bundespräsident das Vorschlagsrecht für das Bundesverdienstkreuz I. Klasse gemäß den Ordensstatuten den Herren Ministerpräsidenten überläßt. So ist im vorliegenden Fall die Auszeichnung auf Vorschlag des Herrn Ministerpräsidenten Steinhoff verliehen worden. Die Regierung von Nordrhein-Westfalen hat die erwähnten Äußerungen nicht zum Anlaß für irgendwelche Schritte gegen Herrn Knappertsbusch genommen, der im 71. Lebensjahr steht.
Die Anfrage wünscht weiterhin eine Stellungnahme dazu, was die Bundesregierung zu tun gedenke, um Beamte, die erklären, nicht restlos hinter dem Staat zu stehen, aus ihrer Gewissensnot zu befreien. Ich darf dazu auf § 52 Abs. 2 des Deutschen Beamtengesetzes verweisen, der in wörtlicher Übereinstimmung mit § 63 Abs. 2 des Landesbeamtengesetzes von Nordrhein-Westfalen folgendes vorschreibt:
Der Beamte muß sich durch sein gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.
Durch diese Vorschriften ist dem Beamten zur Pflicht gemacht, sich sowohl innerlich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu bekennen als auch nach außen, nötigenfalls durch die Tat, für sie einzutreten. Glaubt ein Beamter, die ihm auferlegte Pflicht aus Gewissensgründen nicht erfüllen zu können, so kann er, wenn er sich nicht einer Disziplinarverfolgung aussetzen will, seine Entlassung beantragen.


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218905600
Keine Zusatzfrage. — Frage 16 — des Herrn Abgeordneten Heide — betreffend Aufkündigung der Mieträume für das Bundesinstitut für Arbeitsschutz in Soest durch den Herrn Bundesarbeitsminister:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß mit der Aufkündigung der Mieträume für das Bundesinstitut far Arbeitsschutz (früher Reichsstelle für Arbeitsschutz Sitz Berlin) durch den Herrn Bundesarbeitsminister mit Schreiben vom 28. Mai 1956 der Herr Bundesminister sich in einem vertraglosen Zustand mit der Stadt Soest befindet und die Stadt Soest jederzeit kurzfristig um Räumung des Hauses bitten kann, wenn dringendere Interessen dieses notwendig machen?
Warum konnte der ursprüngliche Plan, das Bundesinstitut für Arbeit am 30. November 1956 nach Koblenz zu verlegen, nicht eingehalten werden?
Zur Beantwortung hat das Wort der Herr Staatssekretär des Bundesarbeitsministeriums.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0218905700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach dem mit der Stadt Soest abgeschlossenen Mietvertrag hätte sich das Mietverhältnis ab 1. 12. 1956 um ein Jahr verlängert, wenn es nicht 6 Monate vor Ablauf der Mietzeit, also vor dem 1. 6. 1956 gekündigt worden wäre. Im Mai 1956 war noch nicht mit Sicherheit zu übersehen, ob der Neubau in Koblenz, in dem Räume für das Bundesinstitut für Arbeitsschutz angemietet werden sollten, Ende des Jahres 1956 bezugsfertig sein würde. Deshalb hat vorsorglich vor der Kündigung eine Rücksprache mit der Stadtverwaltung Soest stattgefunden. In dieser Besprechung hat der Vertreter der Stadtverwaltung Soest, und zwar der Leiter der Grundstücksverwaltung, dem Vertreter meines Hauses zugesagt, daß das Bundesinstitut für Arbeitsschutz trotz der formellen Kündigung zum 30. 11. 1956 bis zum möglichen Umzug nach Koblenz noch in seinen bisherigen Räumen verbleiben könne. Das Ergebnis dieser Besprechung ist der Stadtverwaltung Soest auch schriftlich mitgeteilt worden, ohne daß diese innerhalb einer angemessenen Frist widersprochen hätte.
Wider Erwarten konnten Räume für das Bundesinstitut in Koblenz nicht bis zum Ende des Jahres 1956 zur Verfügung gestellt werden. Die Grundstückseigentümerin, in deren Neubau Räume für das Institut vorgesehen waren, hatte nämlich im Juli 1956 trotz der festen Zusage des Bundesministeriums für Arbeit, das Mietobjekt zu übernehmen, die Zeit bis zum Vorliegen aller Genehmigungen für den formellen Abschluß des Mietvertrages nicht abgewartet, sondern das Objekt anderweitig vermietet. Ein Schadenersatzanspruch wurde vorbehalten.
Das daraufhin ausgewählte neue Objekt, für das der Mietvertrag inzwischen abgeschlossen worden ist, wird etwa im Juni 1957 bezogen werden können. Über die veränderte Sachlage ist die Stadt Soest sofort unterrichtet worden. Daraufhin hat die Stadt Soest mit Schreiben vom 28. 11. 1956 unter anderm mitgeteilt, daß eine verbindliche Zusage, das Haus in Soest über den 30. 11. 1956 hinaus benutzen zu können, von einem Angestellten der Stadt — gemeint ist der Leiter der Grundstücksverwaltung — gar nicht hätte abgegeben werden können. Diese Rechtsfolge kann man nicht anerkennen. Der Leiter der Grundstücksverwaltung hat sich meinem Vertreter gegenüber als zur Abgabe einer verbindlichen Erklärung berechtigt erklärt. Wir sind aber noch einmal mit der Stadt Soest in Fühlung getreten, um auch die letzten fünf Monate zu überbrücken.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218905800
Eine Zusatzfrage? — Bitte!

Johann Karl Heide (SPD):
Rede ID: ID0218905900
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung und auch Ihrem Herrn Bundesminister nicht der Aufruf des Kuratoriums Unteilbares Deutschland auf seiner Arbeitstagung in Berlin vom 22. bis 24. November vorigen Jahres zur Kenntnis gebracht worden, worin gesagt wird, Bauten, die für oberste Bundesbehörden erforderlich werden, sind nur noch in Berlin durchzuführen? Ist die Bundesregierung und ist der Herr Bundesminister für Arbeit gewillt, diesem Aufruf nachzukommen und, wenn ja, bis zu dieser Entscheidung der Stadt Soest einen entsprechenden Bescheid zu erteilen, daß dieses Institut bis zu seiner Verlegung nach Berlin in Soest verbleibt?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0218906000
Der Beschluß des Kuratoriums Unteilbares Deutschland ist uns selbstverständlich bekannt, auch meinem Herrn Minister. Welche Konsequenzen er daraus zieht, muß nach Prüfung der Sach- und Rechtsumstände und der Notwendigkeiten, die sich für den Betrieb der betreffenden Einrichtung ergeben, von Fall zu Fall entschieden werden.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218906100
Noch eine Zusatzfrage? — Bitte!

Johann Karl Heide (SPD):
Rede ID: ID0218906200
Herr Staatssekretär, würden Sie so freundlich sein, davon — das Protokoll wird es ja ausweisen — Ihrem Herrn Minister Kenntnis zu geben? Vielleicht kann ich von ihm darauf noch eine Antwort bekommen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0218906300
Ich werde den Herrn Minister unterrichten.

Johann Karl Heide (SPD):
Rede ID: ID0218906400
Danke sehr!

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218906500
Frage 17 — der Abgeordneten Frau Dr. Dr. h. c. Lüders — betreffend Regelung des Arbeitsschutzes und der Arbeitszeit für das Krankenpflegepersonal und die Kinderpflegerinnen:
Ist dem Herrn Bundesarbeitsminister bekannt, daß der ehemalige Bundesminister für besondere Aufgaben, Dr. Schäfer, in seiner schriftlichen Antwort auf meine Frage in der Fragestunde am 28. September geantwortet hat, daß das Problem des Arbeitsschutzes und der Arbeitszeit für das Krankenpflegepersonal und die Kinderpflegerinnen vordringlich geregelt werden müßte und daß hierzu ein Entwurf des Herrn Bundesministers für Arbeit vorliege, der noch weiter beraten werden müsse?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0218906600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die schriftliche Antwort, die seinerzeit die Dienststelle des früheren Herrn Bundesministers für besondere Aufgaben Dr. H. Schäfer auf Ihre für die Fragestunde des Bundestages am 28. September 1956 vorgesehene mündliche Anfrage gegeben hat, ist vorher mit unserem Hause abgestimmt worden. Es ist richtig, daß in unserem Hause der Entwurf eines Gesetzes über den Arbeitsschutz für Pflegepersonen in Krankenanstalten ausgearbeitet worden ist. Die Beratungen über diesen Entwurf mit den Sozialpartnern, den beteiligten Fachverbänden, den Ländern und den Bundesressorts sind noch nicht abgeschlossen.


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218906700
Eine Zusatzfrage?

Dr. Marie-Elisabeth Lüders (FDP):
Rede ID: ID0218906800
Wann können wir damit rechnen, daß endlich der seit langem zugesagte Gesetzentwurf vorgelegt wird? Der Regierung ist doch wohl bekannt, wie unerträglich die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse im gesamten Bereich des Krankenpflegepersonals sind?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0218906900
Ich könnte Ihnen vielleicht eine Antwort über die Beendigung der Vorarbeiten geben. Aber den genauen Zeitpunkt der Vorlage des Gesetzentwurfs und der Zuleitung an den Bundestag kann ich Ihnen im Augenblick noch nicht nennen; denn es sind hierbei Fragen zu lösen, die außerhalb unseres Bereichs liegen. Sie wissen, daß die Herabsetzung der Arbeitszeit des Pflegepersonals für die Krankenhausträger die Einstellung von neuem Personal bedingt. Das erfordert unter allen Umständen, daß ausgebildetes Personal zur Verfügung steht. Diese Frage ist ebenso wie die der Finanzierung mit den Krankenhausverwaltungen selbst zu besprechen und zu lösen. Aber ich kann Ihnen versichern, daß wir unsererseits alles tun werden, den unmöglichen Zuständen, wie sie heute bestehen, möglichst bald ein Ende zu bereiten.

Dr. Marie-Elisabeth Lüders (FDP):
Rede ID: ID0218907000
Ist die Regierung nicht der Meinung, daß man sich fortgesetzt im Kreise dreht, wenn man sich immer wieder darauf beruft, es sei nicht genug Krankenpflegepersonal da, und gleichzeitig nichts tut, die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Krankenpflegepersonals so zu gestalten, daß es attraktiver wird, diesen Beruf zu ergreifen? Glauben Sie nicht, daß wir uns durch dieses Sichherumwinden, auch durch die Auskunft, die ich soeben bekommen habe, selber den Weg verbauen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0218907100
Das glaube ich nicht, Frau Abgeordnete. Ich glaube aber, daß wir den Tatsachen Rechnung tragen, daß wir wirklichkeitsnah bleiben müssen, wenn wir wirklich eine Verbesserung der Lage des Krankenpflegepersonals herbeiführen wollen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218907200
18. Frage —Herr Abgeordneter von Manteuffel (Neuß) — betreffend Übernahme von im Bundesverteidigungsministerium beschäftigten ehemaligen Offizieren und Beamten als Soldaten oder Beamte:
Wann ist damit zu rechnen, daß die in der Abteilung XII des Bundesverteidigungsministeriums seit Jahren als Angestellte (V A) beschäftigten ehemaligen Offiziere und Beamten als Soldaten der Bundeswehr bzw. als Beamte der Wehrverwaltung übernommen werden, wie dies bei der überwiegenden Anzahl der in den militärischen Abteilungen dieses Ministeriums Tätigen längst der Fall ist, wobei viele der ehemaligen Offiziere und Beamten dieser Abteilungen inzwischen sogar befördert worden sind?
Zur Beantwortung Herr Bundesminister für Verteidigung.

Dr. Franz Josef Strauß (CSU):
Rede ID: ID0218907300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich gebe auf diese Frage folgende Antwort.
Die Abteilung XII — Technik — des Bundesministeriums für Verteidigung ist im Frühjahr 1956 gebildet worden. Ihr Personal besteht teilweise aus Kräften, die vorher in anderen Abteilungen des Hauses beschäftigt waren. Beamten- und Soldatenplanstellen für die Abteilung XII konnten erst im 5. Nachtrag zum Haushaltsplan 1956 angefordert werden, der dem Hohen Hause heute zur Beratung vorliegt.
Voraussetzung für die Übernahme der langjährig beschäftigten Angestellten als Soldaten ist die Erfüllung der Einstellungsbedingungen, die auf Grund des Soldatengesetzes und der Richtlinien des Personalgutachterausschusses in den Durchführungsbestimmungen allgemein gültig festgelegt worden sind. 7 der insgesamt 19 bei Abteilung XII beschäftigten ehemaligen Berufssoldaten sind auf Planstellen anderer Aufstellungsvorhaben in das Soldatenverhältnis übernommen worden. Für 5 Bewerber, deren Übernahme als General oder Oberst in Aussicht genommen worden ist, steht die erforderliche Zustimmung des Personalgutachterausschusses noch aus, für 2 Bewerber ist sie jetzt erteilt worden. Ein ehemaliger Offizier ist bereits über 62 Jahre alt und scheidet daher für die Übernahme als Soldat aus. 4 frühere Soldaten streben die Übernahme in das Beamtenverhältnis an.
Von den 20 früheren Beamten der Abteilung XII, die dem Hause seit längerem angehören, sind unter Inanspruchnahme der durch den Haushaltsplan 1955 für andere Abteilungen zugewiesenen Planstellen bisher 11 in das Bundesbeamtenverhältnis übernommen worden. Bei weiteren fünf Beamten zur Wiederverwendung ist die Übernahme eingeleitet; sie hat sich durch laufbahnrechtliche Schwierigkeiten verzögert, die erst auf Grund der neuen Bundeslaufbahnverordnung ausgeräumt werden konnten.
Die übrigen früheren Beamten werden ebenso wie die noch nicht in das Soldatenverhältnis übergeführten ehemaligen Offiziere nach Verabschiedung des Fünften Nachtrags zum Haushaltsplan 1956 übernommen werden, soweit sie die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen erfüllen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0218907400
Eine Zusatzfrage?

Hasso von Manteuffel (FDP):
Rede ID: ID0218907500
Herr Minister, darf ich die Hoffnung hegen, daß Sie sich für eine annähernde Gleichstellung dieser ehemaligen Offiziere und Beamten mit ihren Kameraden gleichen Dienstalters einsetzen werden, die, soweit sie bereits in Ihrem Hause arbeiten, in übergroßer Zahl befördert und auch geldlich bessergestellt sind als diejenigen, die noch in der Abteilung XII arbeiten?

Dr. Franz Josef Strauß (CSU):
Rede ID: ID0218907600
Im Grundsatz ja.

Hasso von Manteuffel (FDP):
Rede ID: ID0218907700
Danke schön.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218907800
Frage 19 — des Abgeordneten Pohle (Eckernförde) — betreffend Vergabe von Aufträgen an kriegsblinde Handwerker durch die zuständigen Dienststellen der Bundeswehr:
Ich frage den Herrn Bundesverteidigungsminister, welche Maßnahmen er ergriffen hat, damit die kriegsblinden Handwerker von den zuständigen Dienststellen der Bundeswehr bei Vergabe von Aufträgen eine wohlwollende Berücksichtigung finden.
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister für Verteidigung.

Dr. Franz Josef Strauß (CSU):
Rede ID: ID0218907900
Ich beantworte die Frage des Kollegen Pohle folgendermaßen. Nach eingehenden Beratungen mit den


(Bundesminister Strauß)

Verbänden der Kriegs- und Zivilblinden sind sowohl für die zentrale Vergabe wie für die dezentrale Beschaffung besondere Anordnungen über die Berücksichtigung von Blindenwerkstätten bei der Vergabe von Aufträgen für die Bundeswehr ergangen. Sie beschränken sich nicht auf kriegsblinde Handwerker, sondern sie sollen der besonderen Notlage aller Blindenwerkstätten Rechnung tragen.
Durch diese Regelung ist sichergestellt, daß im Bereiche des Verteidigungsministeriums bei der Beschaffung von Waren, die für eine Fertigung durch Blinde geeignet sind, vor jeder Vergabe regelmäßig eine Teilmenge von 50 v. H. abgezweigt und unter den anerkannten Blindenwerkstätten oder ihren Zusammenschlüssen beschränkt ausgeschrieben wird.
Die für den Verteidigungsbereich verfügten Maßnahmen gehen über die vom Bundesministerium des Innern am 1. März 1956 und vom Bundesministerium für Wirtschaft am 1. Mai 1956 gegebenen Empfehlungen noch hinaus, da sie eine die beschaffenden Stellen der Bundeswehr bindende Anordnung darstellen.

Kurt Pohle (SPD):
Rede ID: ID0218908000
Danke.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218908100
Frage 20 — des Herrn Abgeordneten Pohle (Eckernförde) — betreffend Teilnahme von Schwerbeschädigten aus der sowjetisch besetzten Zone an den Vergünstigungen für Schwerbeschädigte bei Besuchen in der Bundesrepublik:
Ich frage den Herrn Bundesinnenminister, welches Ergebnis die am 1. Juli 1955 angekündigten Verhandlungen betreffend Teilnahme von Schwerbeschädigten aus der sowjetisch besetzten Zone bei Besuchen in der Bundesrepublik an den Vergünstigungen für Schwerbeschädigte hatten und inwieweit die in der Zone ausgestellten Ausweise für Schwerbeschädigte hier anerkannt werden?
Der Herr Bundesminister des Innern zur Beantwortung.

Dr. Gerhard Schröder (CDU):
Rede ID: ID0218908200
Ich darf Herrn Kollegen Pohle folgende Antwort geben. Die in der Bundesrepublik an Schwerbeschädigte und Schwerkriegsbeschädigte gewährten Vergünstigungen bestehen im wesentlichen in Fahrpreisermäßigungen bei Benutzung der Kraftposten der Bundespost und der Verkehrsmittel der Bundesbahn sowie in der unentgeltlichen Beförderung auf den Nahverkehrsmitteln.
Bundespost und Bundesbahn erkennen die in der sowjetisch besetzten Zone ausgestellten Schwerbeschädigtenausweise ,grundsätzlich an. Die Bundespost gewährt also auch Besuchern aus der sowjetisch besetzten Zone mit entsprechenden Ausweisen 50%ige Fahrpreisermäßigung und freie Beförderung für eine notwendige Begleitperson; die Bundesbahn räumt Inhabern von Schwerbeschädigtenausweisen, in denen entsprechende Vermerke enthalten sind, auf Grund einer Gegenseitigkeitsabsprache mit der „Reichsbahn" folgende Vergünstigungen ein: a) Benutzung der Schwerbeschädigtenabteile bzw. -plätze, b) unentgeltliche Beförderung des ständigen Begleiters des Schwerbeschädigten oder des Führhundes für Blinde, c) frachtfreie Beförderung der Trag- und Fahrstühle sowie Selbstfahrer.
Die Nahverkehrsunternehmen erkennen, da sie nach der Verordnung vom 23. Dezember 1943 nur verpflichtet sind, Schwerkriegsbeschädigte unentgeltlich zu befördern, die in der sowjetisch besetzten Zone ausgestellten Schwerbeschädigtenausweise, die keine Hinweise auf die Ursache des Körperschadens enthalten, nicht an. Es ist jedoch möglich, solchen Schwerbeschädigten aus der sowjetisch besetzten Zone, die auf Grund noch vorhandener Unterlagen nachweisen können, daß ihr Erwerbsminderungsgrad mindestens 70 v. H. beträgt und auf eine Kriegsbeschädigung zurückgeht, für die Dauer ihres Aufenthalts in der Bundesrepublik einen Schwerkriegsbeschädigtenausweis auszuhändigen. Im übrigen gehen die Betreuungsstellen, um den Beschädigten aus der sowjetisch besetzten Zone auch in dieser Hinsicht zu helfen, mehr und mehr dazu über, Freifahrtscheine zur Benutzung der örtlichen Nahverkehrsmittel auszugeben.

Kurt Pohle (SPD):
Rede ID: ID0218908300
Danke.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0218908400
Zusatzfrage? —Nicht der Fall.
Frage 21 — Herr Abgeordneter Pohle (Eckernförde) — betreffend Verwendungszweck der ehemaligen Wehrmachtliegenschaften im Raum Kaltenkirchen-Moorkaten:
Ist der Herr Bundesverteidigungsminister bereit anzugeben, welchen Verwendungszweck er für die ehemaligen Wehrmachtliegenschaften Im Raum Kaltenkirchen-Moorkaten Kreis Segeberg (Schleswig-Holstein) vorgesehen hat?
Der Bundesminister für Verteidigung hat das Wort.

Dr. Franz Josef Strauß (CSU):
Rede ID: ID0218908500
Ich darf Ihre Frage folgendermaßen beantworten. Bei den ehemaligen Wehrmachtliegenschaften im Raum Kaltenkirchen-Moorkaten handelt es sich um den ehemaligen Flugplatz Kaltenkirchen, der unter anderem auch die Gemarkung Moorkaten umfaßt. Dieser sollte zunächst als militärischer Flugplatz wiederverwendet werden. Die Landesregierung Schleswig-Holstein hat jedoch aus verschiedenen Gründen gebeten, von diesem Vorhaben abzusehen. Dem Wunsche der Landesregierung ist vom Bundesministerium für Verteidigung vorerst entsprochen worden.
Zur Zeit wird geprüft, ob das bundeseigene Flugplatzgelände als Landübungsplatz für Truppenteile dienen kann, die in Hamburg stationiert sind. Die Verhandlungen hierüber sind jedoch noch nicht abgeschlossen.

Kurt Pohle (SPD):
Rede ID: ID0218908600
Danke.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218908700
Frage 22 wird zurückgestellt.
Frage 23 — Herr Abgeordneter Held — betreffend Durchsuchung von Verbands- und Innungsbüros wegen Verdachts von Preisabsprachen:
Was genügt, um den Verdacht einer Preisabsprache zu begründen, der eine Staatsanwaltschaft veranlaßt, die Durchsuchung der Geschäftsräume von Verbänden und Innungen anzuordnen, und wie stellt eine Staatsanwaltschaft sicher, daß allen unter solchem Verdacht stehenden Verhaltensweisen aller in Frage kommenden Wirtschaftszweige mit Schritten begegnet wird, die nicht einen einzelnen Gewerbezweig diskriminieren, wie z. B. bei der neulichen Durchsuchung der Geschäftsräume der Bäckerinnung München und Nürnberg?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister der Justiz.


Dr. Hans-Joachim von Merkatz (CDU):
Rede ID: ID0218908800
Ich darf wie folgt antworten. Nach einer Mitteilung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz haben in München, Nürnberg, Regensburg und Rosenheim Verfahren gegen Bäcker wegen strafbarer Preisabsprachen stattgefunden. Dabei sind Durchsuchungen von Geschäftsräumen bei Bäckereien und Bäckerinnungen vorgenommen worden. Anlaß zu diesen Durchsuchungen waren die Tatsache, daß in einer größeren Anzahl von Bäckereien entgegen den geltenden Strafvorschriften gleichzeitig der Brotpreis erhöht worden ist, weiterhin anonyme Rundschreiben, die an Bäcker verschickt wurden und in denen zur Erhöhung des Brotpreises aufgefordert wurde, außerdem Presseveröffentlichungen mit Ankündigungen von Preiserhöhungen sowie die Durchführung von Innungsversammlungen, in denen über Brotpreiserhöhungen verhandelt wurde. Weitere Einzelheiten sind der Bundesregierung nicht bekannt.
Es kann jedoch festgestellt werden, daß Tatsachen, wie sie das Bayerische Staatsministerium der Justiz mitgeteilt hat, geeignet sind, in einem Verfahren wegen strafbarer Preisabsprachen die Anordnung einer Durchsuchung von Geschäftsräumen zu rechtfertigen. Gemäß § 102 der Strafprozeßordnung kann bei dem, der als Täter oder Teilnehmer einer strafbaren Handlung oder als Begünstiger oder Hehler verdächtig ist, eine Durchsuchung der Wohnung und anderer Räume sowie der ihm gehörigen Sachen vorgenommen werden, wenn zu vermuten ist, daß die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen wird. Das Gesetz fordert demnach weder das Vorliegen eines dringenden Verdachts, der Voraussetzung für den Erlaß eines Haftbefehls ist, noch das Vorliegen eines hinreichenden Verdachts, wie er bei Eröffnung des Hauptverfahrens gegeben sein muß. Es genügt das Vorhandensein zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte. Solche Anhalts-. punkte liegen schon dann vor, wenn sich aus den der Staatsanwaltschaft bekanntgewordenen Tatsachen eine gewisse Wahrscheinlichkeit ergibt, daß die weitere Sachaufklärung einen zur Anklageerhebung hinreichenden Verdacht ergeben wird. Richtet sich der Verdacht gegen mehrere Personen, so ist die Durchsuchung bei allen Personen zulässig, bei denen zu vermuten ist, daß die Durchsuchung Beweismittel über eine Beteiligung an einer strafbaren Preisabsprache zutage fördern werde.
Ob bei einem größeren Kreis von Beschuldigten die Durchsuchung bei allen oder bei einzelnen Personen vorzunehmen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab, insbesondere von den Erfolgsaussichten. Die mit einer Durchsuchung unter Umständen verbundene Diskriminierung der Betroffenen darf für die Staatsanwaltschaft kein Anlaß sein, von den gesetzlich gebotenen Maßnahmen abzusehen. Daß sie dabei den Grundsatz der Gleichheit aller vor dem Gesetz zu wahren hat, ist selbstverständlich.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218908900
Zusatzfrage?

(Abg. Held: Danke schön!)

— Keine Zusatzfrage.
Frage 24, Abgeordneter Dr. Rinke, betreffend Wirtschaftswerbung durch Diapositive und Werbefilme in Lichtspieltheatern:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Wirtschaftswerbung durch Diapositive und Werbefilme In den Lichtspieltheatern der
Bundesrepublik, insbesondere in den Großstädten, einen Umfang angenommen hat, der von einem immer größer werdenden Teil der Kinobesucher als unerwünschte Belästigung und Einschränkung seiner Freizeit empfunden wird, besonders dann, wenn immer wieder die gleiche Werbung — manchmal monatelang — vorgeführt wird?
Ist der Bundesregierung weiter bekannt, daß durch die starke Inanspruchnahme der von den Kinobesuchern bezahlten Vorstellungen für reine Werbezwecke die ohnehin schon bedauerlich geringe Vorführung guter Kultur-Kurzfilme immer weiter eingeschränkt wird und fast ganz zum Erliegen gekommen ist?
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um diese offensichtlichen Mißstände zu beseitigen und darüber hinaus sicherzustellen, daß den Kinobesuchern als Beiprogramm neben der aktuellen Wochenschau wieder mehr gute Kulturfilme gezeigt werden?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0218909000
Der Bundesregierung ist bekannt, daß die Wirtschaftswerbung durch Diapositive und Werbefilme in Lichtspieltheatern, besonders in den Großstädten, einen steigenden Umfang annimmt und von einem Teil der Kinobesucher als unerwünscht empfunden wird. Filmtheaterbesitzer haben demgegenüber mehrfach verlauten lassen, sie seien auf die Einnahmen aus der Vermietung ihrer Einrichtungen für Werbezwecke angewiesen. Dem Überhandnehmen der Werbung hat der Fachverband der Film- und Diapositivwerbung, der Mitglied des Zentralausschusses der Werbewirtschaft ist, durch Aufstellung von allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Werbung zu steuern versucht. Darin ist festgelegt, daß mehr als 30 Diapositive je Vorstellung nicht gezeigt werden dürfen und daß die Standzeit je Diapositiv 10 Sekunden — stumm — und 20 Sekunden — mit Ton — nicht überschreiten dürfe. Die Länge von Werbefilmen ist nach diesen Geschäftsbedingungen auf 200 m je Vorstellung beschränkt, was einer maximalen Laufzeit von 7 Minuten entspricht.
Der Bundesregierung ist ferner bekannt, daß gute Kulturfilme in den Lichtspieltheatern noch nicht in wünschenswertem Umfange gezeigt werden. Dies ist mit dadurch bedingt, daß bei dem Umfang des Gesamtprogramms einschließlich der Werbung den Theaterbesitzern für das Vorführen von Kulturfilmen keine oder nur geringe Zeit verbleibt.
Die Bundesregierung ist bemüht, bei den Spitzenorganisationen der Filmwirtschaft darauf hinzuwirken, daß die in der Anfrage geschilderten Mängel abgestellt werden. Was den Kulturfilm anlangt, so hat die Bundesregierung seine Förderung schon immer als ihre besondere Aufgabe angesehen. Es isst ihr in den beiden letzten Jahren möglich gewesen, diesen Bemühungen auch stärkeren finanziellen Ausdruck zu verleihen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218909100
Zusatzfrage? — Keine Zusatzfrage.
Frage 25, Abgeordneter Hilbert, betreffend Ortsklasse A für die Grenzkreisstädte Waldshut und Säckingen:
Ist die Bundesregierung bereit, den wiederholten Antragen der beiden Grenzkreisstädte Waldshut und Säckingen auf Hebung In die Ortsklasse A stattzugeben, da diese nachgewiesen haben, daß ihre Durchschnittswohnraummieten ebenso hoch, sogar höher liegen als die Durchschnittsmieten in Städten der Ortsklassen A und S und die Lebenshaltungskosten infolge der unmittelbaren Grenznähe höher sind als in fast allen Großstädten der Bundesrepublik?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0218909200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf Grund der im Besoldungsgesetz in der Fassung von 1953 gegebenen Ermächtigung sind durch zwei Rechtsverordnungen 387 Gemeinden mit Zustimmung des Bundesrates im Ortsklassenverzeichnis höhergestuft worden. Die Höherstufung wurde vorgenommen auf Grund von Richtlinien, die gemeinsam vom Bundesminister der Finanzen, den Ländern, den kommunalen Spitzenverbänden, der Tarifgemeinschaft deutscher Länder und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände erarbeitet worden sind. Gemäß den Vereinbarungen hatten die Finanzminister der Länder dem Bundesminister der Finanzen Aufstellungen derjenigen Orte vorzulegen, die die Voraussetzungen der Richtlinien für eine Höherstufung erfüllten. Die Aufstellungen des Finanzministers des Landes Baden-Württemberg haben die Gemeinden Waldshut und Säckingen nicht enthalten.
Ob die Durchschnittsraummieten der Gemeinden Waldshut und Säckingen ebensohoch oder gar noch höher liegen als die Durchschnittsmieten in Städten der Ortsklassen A und S, war bisher ohne Bedeutung, weil der Begriff der Durchschnittsraummieten in den Städten der Ortsklassen A und S in den Richtlinien keine Berücksichtigung gefunden hat.
Da bei der Beratung des Entwurfs des neuen Besoldungsgesetzes vom Beamtenrechtsausschuß bestimmte Voraussetzungen für die Einreihung in das Ortsklassenverzeichnis festgelegt worden sind und auf Grund der im Herbst vorigen Jahres durchgeführten Erhebungen demnächst neue statistische Unterlagen vorliegen werden, wird das Ortsklassenverzeichnis alsdann neu aufgestellt werden können. Die Voraussetzungen dafür werden durch das neue Besoldungsgesetz gegeben, das sich noch in der Beratung des Hohen Hauses befindet. Die Aufstellung des neuen Ortsklassenverzeichnisses ist also erst nach der Verabschiedung des neuen Besoldungsgesetzes möglich.

(Abg. Hilbert: Danke schön!)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218909300
Keine Zusatzfrage.
Meine Damen und Herren, damit ist die Fragestunde beendet. Die nicht aufgerufenen Fragen werden schriftlich beantwortet.
Die nächste Fragestunde findet am Mittwoch, dem 6. Februar, statt, Sperrfrist ist heute, 1. Februar 1957, 12 Uhr.
Wir fahren in der Tagesordnung fort. Ich bin gebeten worden, den Punkt 6 der heutigen Tagesordnung jetzt aufzurufen, da sich eine Debatte erübrige.
Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Neuburger, Häussler, Scharnberg und Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (Drucksache 1585);
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit (22. Ausschuß) (Drucksache 2973 [neu], Umdruck 928).

(Erste Beratung: 101. Sitzung.)

Der Berichterstatter, Abgeordneter Neuburger, will lediglich einen kurzen Bericht über die durch den neu vorliegenden Ausschußantrag entstandene Situation geben. Ist das Haus mit der Vorziehung
dieses Punktes einverstanden? — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Dann gebe ich das Wort dem Herrn Abgeordneten Neuburger zu dem soeben angekündigten Gegenstand.

August Neuburger (CDU):
Rede ID: ID0218909400
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Berichterstatter darf ich auf den dem Hohen Hause vorliegenden Schriftlichen Bericht Drucksache 2973 (neu)*) verweisen. Ich unterstelle, daß auf die mündliche Wiedergabe verzichtet wird. — Das ist der Fall.
Damit kann ich mich darauf beschränken, das Hohe Haus zu bitten, dem Antrag des Ausschusses, der einstimmig beschlossen wurde, stattzugeben und dem Gesetzentwurf zuzustimmen.
Das Bundesjustizministerium hat festgestellt, daß in dem Entwurf selbst sich drei Druckfehler eingeschlichen haben. Ich beantrage entsprechende Berichtigung gemäß dem Schreiben des Bundesjustizministers vom 26. Januar, das ich hiermit übergebe.
Gleichzeitig sei es mir gestattet, noch den Änderungsantrag Umdruck 928**) zu stellen, der von allen Fraktionen unterzeichnet ist. Der Antrag lautet:
Der Bundestag wolle beschließen:
Folgender neuer § 24 a wird eingefügt:
§ 24 a
Dieses Gesetz gilt nicht im Saarland.
Mit dieser Ergänzung bitte ich dem Entwurf die Zustimmung zu geben.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218909500
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wir treten in die zweite Lesung ein. Ich rufe auf die §§ 1 bis 24. — Wird dazu das Wort gewünscht?
— Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Beratung. Wer den aufgerufenen Paragraphen zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen.
— Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich komme zu dem Änderungsantrag Umdruck 928 auf Einfügung eines § 24 a. Die Begründung ist soeben erfolgt. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf die §§ 25 und 26, — Einleitung und Überschrift. — Wer ihnen zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! —Enthaltungen? — Bei einer Enthaltung -

(Abg. Pelster: Jedesmal Ablehnung!)

Ich korrigiere mich: bei einer ablehnenden Stimme des Herrn Abgeordneten Pelster angenommen.
Dann war es also auch bei den übrigen Bestimmungen keine einstimmige Annahme, sondern es ist jeweils eine Gegenstimme festzustellen. Trotzdem sind die aufgerufenen Paragraphen und damit das Gesetz in zweiter Beratung angenommen.
*) Siehe Anlage 2.
**) Siehe Anlage 3.


(Präsident D. Dr. Gerstenmaier) Ich komme zur

dritten Beratung.
Allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer dem Gesetz in der dritten Lesung zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe? — Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Bei einer Gegenstimme ist das Gesetz angenommen.
Damit ist der Punkt 6 der Tagesordnung erledigt. Ich kehre zurück zu dem Tagesordnungspunkt 2:
Beratung der Übersicht 20 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages betreffend Petitionen nach dem Stand vom 10. Januar 1957 (Drucksache 3069).
Der Ausschuß verzichtet auf mündliche Berichterstattung. Ich frage, ob das Wort gewünscht wird.
— Das Wort wird nicht gewünscht.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag des Ausschusses Drucksache 3069 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe!
— Enthaltungen? — Angenommen.
Punkt 3 der Tagesordnung:
Beratung des Schriftlichen Berichts*) des Ausschusses für Außenhandelsfragen (23. Ausschuß) über den Entwurf einer Siebenundsechzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Gemüsekonserven) (Drucksachen 3111, 3102, Umdrucke 924, 926).
Das sind die Zollsatzänderungen über Gemüsekonserven, die wir neulich zurückgestellt haben.
Wird das Wort zur Berichterstattung gewünscht?
— Frau Abgeordnete Strobel verzichtet auf mündliche Berichterstattung.
Ich eröffne die Beratung. Wird das Wort gewünscht? — Zunächst Frau Abgeordnete Strobel. Zu den Änderungsanträgen oder allgemein?

(Abg. Frau Strobel: Zum Änderungsantrag!)

— Dann rufe ich zunächst auf den Änderungsantrag Umdruck 926**) Ziffer 1 Frau Abgeordnete Strobel zur Begründung.

Käte Strobel (SPD):
Rede ID: ID0218909600
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben uns über diese Angelegenheit bereits in der Plenarsitzung am 13. Dezember sehr ausführlich unterhalten. Ich nehme an, daß es Sie nicht sehr begeistern würde, wenn wir diese Debatte heute hier wiederholten. Da aber inzwischen die Bundesregierung in der Siebenundsechzigsten Verordnung eine Vorlage gemacht hat, die in etwa dem damals angenommenen Antrag entspricht, aber nicht dem von uns eingebrachten Antrag, haben wir uns erlaubt, Ihnen in Umdruck 926 zu dieser Verordnung einen neuen Änderungsantrag vorzulegen, der genau wie unser damaliger Antrag das Ziel hat. Bohnen- und Erbsenkonserven und die Tiefkühlkonserven derselben Gemüsearten für die Zeit bis zum 31. März völlig vom Zoll zu befreien.
Die Argumente dafür finden Sie im Protokoll der Plenarsitzung vom 13. Dezember 1956. Ich möchte aber heute doch noch einmal ganz kurz dar-
*) Siehe Anlage 4. **) Siehe Anlage 6.
auf aufmerksam machen, daß in diesem Winter die Preise für Gemüsekonserven um etwa 20 bis 25 % über den Preisen des Vorjahres liegen. Ich nenne nur ein Beispiel. Eine Dose junge Schnittbohnen, die Sie im Vorjahr um 1,20 DM kaufen konnten, kostet heute 1,50 DM.
Von der Bundesregierung sind für etwa 20 Millionen DM Einfuhren ausgeschrieben worden mit dem Ziel, die Versorgungslücke zu schließen. Da auf diesen Einfuhren aber ein Zoll von 30 % und eine Umsatzausgleichsteuer von 6 % liegen, bedeuten diese Einfuhren absolut keine Entlastung auf dem Preisgebiet.
Der uns nun vorliegende Verordnungsentwurf sieht zwar eine Zollsenkung um 10 % vor. Das ist aber im Vergleich zu der Gesamtbelastung nur eine minimale Entlastung; nach dieser Vorlage beträgt die Belastung für die eingeführten Waren immer noch 26 %.
Bezeichnend ist meiner Meinung nach die Begründung, die die Regierung dafür gibt, daß sie nunmehr bereit ist, den Zoll für Tiefgefrierkonserven auf 10 % zu senken. In dieser Begründung heißt es nämlich tatsächlich, die Preise im Ausland seien in der Zwischenzeit so gestiegen, daß eine Zollsenkung den deutschen Preis nicht mehr gefährden würde. Das bedeutet also praktisch, daß die Regierung nicht bereit ist, vorzuschlagen, daß mit der Zollsenkung weitergegangen wird, als es für den gegenwärtigen überhöhten deutschen Gemüsekonservenpreis tunlich erscheint. Sie erwartet sich weiter nach ihrer Begründung von der 10%igen Senkung bei den Gemüsekonserven in Dosen eine Dämpfung der gegenwärtigen Preisentwicklung, gibt also zu, daß diese Dämpfung notwendig ist. Ich glaube allerdings, daß die geringfügige Senkung kaum einen Einfluß auf die Preise ausüben kann.
Es wird als Begründung dafür, daß man nicht bereit sei, den Zoll vorübergehend völlig zu beseitigen, immer angeführt, daß heuer sowieso ein sehr schleppender Absatz bei Gemüsekonserven vorhanden sei. Nun, das ist bei den hohen Preisen, die die Gemüsekonserven jetzt haben, absolut verständlich. Die Hausfrau ist bei diesen hohen Preisen einfach nicht in der Lage, ihren Küchenzettel mit Gemüsekonserven in dem Maße zu bereichern, wie sie das früher tun konnte. Ohne den Zoll würden die Gemüsekonserven zu einem normalen Preis, nämlich dem des Vorjahres, auf den Markt gebracht werden können.
Nun wird immer behauptet, wenn jetzt der Zoll beseitigt würde, dann müßten darunter die Anbauverträge, die die Konservenindustrie mit der Landwirtschaft abschließt, leiden. Bei der Auseinandersetzung darum, ob dies Argument richtig oder unrichtig, wägbar oder unwägbar sei, hat sich für meine Begriffe herausgestellt, daß sich die gegenwärtigen hohen Gemüsekonservenpreise nicht etwa an den Preisen orientiert haben, die die Landwirtschaft auf Grund der Anbauverträge für ihr Gemüse bekommen hat, sondern an den von der Konservenindustrie zugekauften Spitzen, die wesentlich über dem Preisniveau liegen, das im allgemeinen für die Bezahlung an den Gartenbau maßgebend gewesen ist. Wenn wir also das gegenwärtige Preisniveau erhalten wollten, dann würden wir uns damit schuldig daran machen, daß der Verbraucher für alle Gemüsekonserven einen Preis bezahlen muß, für den die Konservenindustrie praktisch nur in geringfügigen Spitzen einen so hohen Preis bezahlt hat.


(Frau Strobel)

Auf der andern Seite wundert mich das Argument, daß die Konservenindustrie jetzt zögere, Anbauverträge abzuschließen, heute nicht mehr; denn solange überhaupt das Gespräch im Gange ist, ob man den Zoll für die Gemüsekonserven senken soll oder nicht, so lange wurde der Konservenindustrie dauernd in den Mund gelegt — leider nicht nur von der Landwirtschaft, sondern auch vom Ministerium und in jüngster Zeit sogar vom Bundesrat —, daß der Abschluß der Anbauverträge darunter leiden wird.
Im übrigen darf ich in diesem Zusammenhang sagen, daß es mir völlig unverständlich ist, wieso der Bundesrat dazu kommen konnte, einen Teil dieser Vorlage abzulehnen, nachdem er in seiner Berliner Sitzung auch die Bundesregierung aufgefordert hatte, ihre Einfuhrpolitik mehr als bisher auch auf die Interessen des Verbrauchers, auf ein niedrigeres Preisniveau abzustellen. In diesem Fall hat er selber nicht nach seinen eigenen Wünschen gehandelt und sich ausschließlich vom Agrarausschuß beraten lassen.
Ich möchte zusammenfassend sagen: Es sind heute drei Möglichkeiten gegeben. Die eine ist, daß man, wenn man die Regierungsvorlage annimmt, das gegenwärtige überhöhte Preisniveau erhält. Die zweite Möglichkeit besteht darin, den Antrag Umdruck 924*) anzunehmen — das ist ein Antrag einer kleinen Gruppe von Kollegen, die nicht einmal die Zollsenkung auf 20 % wollen — und weitere Erhöhungen für die Gemüsekonserven anzustreben. Die dritte Möglichkeit ist, unsern Antrag anzunehmen, nämlich für Gemüsekonserven und Tiefkühlkonserven ausschließlich auf dem winzigen Teilgebiet Bohnen und Erbsen den Zollsatz vorübergehend auszusetzen und auf diese Weise eine echte Senkung etwa auf das Preisniveau des Vorjahres zu erreichen. Ich darf Ihnen dafür ein einziges Beispiel nennen. Wie ich schon sagte, kosteten Schnittbohnen im Vorjahr 1,20 DM; sie kosten heuer 1,50 DM. Das entspricht einem Großhandelspreis von 1,26 DM. Wenn man bei dieser Konserve bei der Importware auf den Zoll verzichtet, dann wird in etwa ein Großhandelspreis von 1,09 bis 1,10 DM zustande kommen, und das würde genau dem vorjährigen Gemüsekonservenpreis entsprechen.
Ihre Entscheidung in diesem Fall wird ein Beispiel dafür sein, was Sie wirklich wollen: weitere Preiserhöhungen, Stabilisierung des gegenwärtigen hohen Preisniveaus oder Senkung der Preise für diese Konserven auf die Höhe des Vorjahres. Wenn Sie für diese Senkung der Preise sind, bitte ich Sie dringend, unsern Antrag anzunehmen.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218909700
Das Wort hat Herr Abgeordneter Horlacher.

Dr. Michael Horlacher (CSU):
Rede ID: ID0218909800
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will hier keine große Gemüsekonserven-Rede mehr halten. Ich verweise auf das Protokoll der Sitzung vom 12. Dezember, in dem alles enthalten ist, auch hinsichtlich der Frage, wer den Zoll trägt. Das ist nämlich eine entscheidende Frage. Wir wollen uns darüber also nicht unterhalten. Außerdem hat die Bundesregierung durch Mehrheitsbeschluß des Bundestages den Auftrag erhalten, eine Verordnung über Zollermäßigung, nicht über Zollbeseitigung, vorzulegen. Eine Zollbeseitigung ist bereits durch Mehrheitsbeschluß des Bundestages abgelehnt worden.
*) Siehe Anlage 5.
Nun ergibt sich folgender Tatbestand. Seit 1. Januar 1957 wird die Zollermäßigung so gehandhabt, wie es jetzt im Entwurf vorgesehen ist, d. h. die Zölle werden in dem Maße gestundet. Deswegen ist es höchste Zeit, daß das jetzt Rechtens wird, damit sich die Beteiligten auskennen.
Ich bin dafür, daß wir alle Änderungsanträge ablehnen. Erschrecken Sie nicht, wenn ich auch den Änderungsantrag Mauk einbeziehe, der es bei zwei Positionen bei dem 30%igen Zoll belassen will. Auch das halte ich momentan für überholt; denn unser Ziel ist, daß die Anbauverträge nicht gestört werden; sie werden auch bei einer Zollermäßigung auf 20 % jetzt nicht gestört. Außerdem weiß man nach der Tendenz der Verordnung, daß am 31. März 1957 die Zölle in der alten Höhe wieder in Kraft sein werden.
Aus all den praktischen Gründen bitte ich Sie, die jetzt vorliegenden Änderungsanträge abzulehnen und dem Verordnungsentwurf der Regierung zuzustimmen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218909900
Jetzt ist zu allen Änderungsanträgen gesprochen. Ich frage deshalb den Antragsteller des Änderungsantrags Umdruck 924*), ob er vor der Abstimmung zur Begründung das Wort wünscht. — Herr Abgeordneter Weber!

Fritz Weber (FDP):
Rede ID: ID0218910000
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf im Auftrag von Herrn Abgeordneten Mauk den Änderungsantrag Umdruck 924 begründen.
Zunächst muß ich klarstellen, weshalb nochmals ein Antrag gestellt wurde, für einen Teil der Konserven — und zwar handelt es sich um die Naßkonserven — die Zollsatzherabsetzung in der entsprechenden Verordnung aufzuheben.
Ich will Ihnen sagen, weshalb die Regierungsvorlage gegen den Beschluß des Plenums verstößt. Ich muß da etwas zurückgreifen. Der erste Antrag, der gestellt wurde, ging dahin, für sämtliche Gemüsekonserven die Zölle aufzuheben. Damals wurde dann von Herrn Abgeordneten Mauk der Änderungsantrag gestellt, für einen Teil, und zwar für die eben genannten Naßkonserven, die Zollsatzherabsetzung aufzuheben und es bei den seitherigen Zollsätzen zu belassen, weil eben die Herabsetzung des Zolls für die Naßkonserven die Anbauverträge unserer einheimischen Landwirtschaft mit der einheimischen Konservenindustrie gestört hätte. Wenn die Anbauverträge gestört werden, dann zahlt nicht der Anbauer die Kosten — der Gemüseanbauer kann auf andere Kulturen ausweichen, er kann sich helfen —, sondern die Zeche zahlt am Ende der deutsche Verbraucher, die deutsche Hausfrau. Das will der Antrag der Abgeordneten Mauk und Genossen vermeiden. Die Regierungsvorlage entspricht nicht dem damals beschlossenen Änderungsentwurf, den der Abgeordnete Mauk eingebracht hatte, nämlich nur für einen Teil, für das Gefriergemüse den Zollsatz zu senken und nicht für die Naßkonserven.
Ich bitte Sie also, im Sinne des damaligen Beschlusses im Plenum dem Änderungsantrag des Abgeordneten Mauk zuzustimmen. Soviel mir bekannt ist, hat in der vergangenen Woche auch der Bundesrat dieser von Herrn Kollegen Mauk heute hier
*) Siehe Anlage 5.


(Weber [Untersontheim])

beantragten Änderung zugestimmt. Ich bitte Sie also nochmals im Interesse der Verbraucher und zur Gewährleistung einer ruhigen Entwicklung bei den Anbauverträgen dringend, diesem Änderungsantrag zuzustimmen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218910100
Herr Abgeordneter Elsner!

Martin Elsner (GB/BHE):
Rede ID: ID0218910200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur Sache ist bereits in der Debatte vom 13. Dezember vorigen Jahres und auch heute genügend gesagt worden. Ich werde mich deshalb auf ein paar sehr kurze Anmerkungen beschränken.
Meine Fraktion bedauert außerordentlich, daß die Regierungsvorlage erst heute zur Beratung ansteht, obwohl der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten bereits am 13. Dezember die Eilbedürftigkeit dieser Vorlage ausdrücklich betont und eine beschleunigte Vorlage und Behandlung in Aussicht gestellt hat. Inzwischen sind zwei Monate vergangen. Wertvolle Zeit ist verlorengegangen, in der die Verbraucherpreise hätten entlastet werden können. Wenn man in Betracht zieht, daß praktisch die Zeitspanne der Zollbegünstigung auf zwei Monate zusammengeschrumpft ist, dann ist es um so mehr zu bedauern, daß man bei der Regierungsvorlage nicht die Möglichkeit wahrgenommen hat, die Zollsatzänderung voll auszuschöpfen. Eine zeitlich begrenzte völlige Aufhebung bis zum 1. April 1957 hätte den Erzeugerinteressen wie auch den Interessen der Konservenfabriken nicht im mindesten geschadet.
Wir werden dem Änderungsantrag auf Umdruck 926 zustimmen, weil er der zeitlichen Begrenzung in der Regierungsvorlage — eigentlich eine Abwertung — Rechnung trägt.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218910300
Das Wort hat Frau Abgeordnete Strobel.

Käte Strobel (SPD):
Rede ID: ID0218910400
Meine Damen und Herren! Ich muß mich ganz entschieden dagegen wenden, daß bei solchen Gelegenheiten immer das Verbraucherinteresse vorgeschützt wird. Für den Verbraucher ist deutlich sichtbar abzulesen, daß heuer die Gemüsekonservenpreise um 20 bis 25 % höher sind als im vorigen Jahr. Ein Antrag, der darauf abzielt, diese hohen Preise zu erhalten, ist nicht im Interesse des Verbrauchers, sondern gegen das Interesse des Verbrauchers. Es war notwendig, das richtigzustellen.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des GB/BHE.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218910500
Wollen Sie noch das Wort, Herr Abgeordneter Weber? — Bitte sehr!

Fritz Weber (FDP):
Rede ID: ID0218910600
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muß hier der Frau Abgeordneten Strobel widersprechen. Ich möchte versuchen, die Dinge ganz sachlich darzulegen. Es ist noch immer so gewesen und wird immer so sein, daß, wenn es eine Mißernte gibt, eine Gemüseverteuerung die Folge ist. Dem läßt sich auch mit Zollsenkungen nicht begegnen. Ich darf aber auf etwas anderes hinweisen, was wir alle erlebt haben. Hier müssen nämlich marktwirtschaftliche Betrachtungen angestellt werden. In dem Moment, in dem der deutsche Anbau — also der Partner auf dem Markt, der Gegenkonkurrent — ausgeschaltet wird und sich auf andere Anbauarten umstellt, erleben wir das, was wir vor fünf oder sechs Jahren mit dem Zwiebelbau erlebt haben. Da kosteten bei uns die Zwiebeln 8 bis 12 DM. Als der deutsche Anbau ausgeschaltet war — dann wissen nämlich die anderen auch, was sie verlangen müssen —, haben die Zwiebeln das Acht- bis Zehnfache gekostet. Ich glaube, daß ich mit diesem Beispiel meine Ausführungen von vorhin genügend begründet habe.
Ich möchte Sie nochmals bitten — zumal sich, wie vorhin gesagt wurde, die Zollsatzänderung jetzt gar nicht mehr auswirken kann —, im Interesse eines geordneten Anbauverhältnisses dem Antrag auf Umdruck 924 zuzustimmen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218910700
Keine weiteren Wortmeldungen. Jetzt kommen wir zur Abstimmung, zunächst über den Änderungsantrag Umdruck 926*) Ziffer 1, begründet von der Frau Abgeordneten Strobel. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Ich bitte, die Abstimmung noch einmal zu wiederholen. Wer dem Änderungsantrag auf Umdruck 926 Ziffer 1 zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit. Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Nun komme ich zu dem Änderungsantrag auf Umdruck 924**), begründet von dem Herrn Abgeordneten Weber. Wer ihm zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Ich komme zu dem Änderungsantrag auf Umdruck 926 Ziffer 2. Wer ihm zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit; der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Damit sind sämtliche Änderungsanträge abgelehnt. Wer der Vorlage im ganzen zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Angenommen.
Ich komme zu Punkt 4 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Schutz des Arbeitsplatzes bei Einberufung zum Wehrdienst und die Eingliederung entlassener Soldaten in einen Zivilberuf (Arbeitsplatzschutzgesetz) (Drucksache 3117).
Wird das Wort zur Einbringung gewünscht? — Es wird darauf verzichtet.
Ich eröffne die Beratung der ersten Lesung. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Beratung der ersten Lesung.
Beantragt ist Überweisung an den Ausschuß für Verteidigung als federführenden und den Ausschuß für Arbeit als mitberatenden Ausschuß. Wer diesen Anträgen ,auf Ausschußüberweisung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Es ist so beschlossen.
Nun folgt, entsprechend der Vereinbarung, als Punkt 5 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes
über die Feststellung eines Fünften Nachtrags
zum Bundeshaushaltsplan für das Rech-
*) Siehe Anlage 6. **) Siehe Anlage 5.


(Präsident D. Dr. Gerstenmaier)

nungsjahr 1956 (Fünftes Nachtragshaushaltsgesetz 1956) (Drucksache 3058).
Zur Einbringung der Herr Bundesminister für Verteidigung!

Dr. Franz Josef Strauß (CSU):
Rede ID: ID0218910800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung hat dem Hohen Hause für das Verteidigungsressort am 5. Januar 1957 den Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung eines Fünften Nachtragshaushalts zum Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1956 vorgelegt. Dieser Entwurf enthält ausschließlich Ansätze für das Verteidigungsressort. Wegen der technischen Kompliziertheit des Verteidigungshaushalts möchte ich meinen Ausführungen einige Bemerkungen über die Haushaltsgestaltung des Verteidigungsressorts für das Rechnungsjahr 1956 vorausschicken.
Das Verteidigungsressort konnte seine praktischen Arbeiten erst nach dem Zustandekommen des Vertragswerks über die NATO beginnen. Für die Aufstellung der Bundeswehr mußten — neben der Inkraftsetzung des sogenannten Freiwilligengesetzes — eine Reihe von gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen werden, um mit der tatsächlichen Aufstellung der Bundeswehr auf breiterer Basis beginnen zu können. Das Verteidigungsressort war daher im Gegensatz zu den übrigen Ministerien nicht in der Lage, den Entwurf des Haushaltsplans 1956 schon im Herbst 1955 vorzulegen. Daher wurde ebenso wie im Vorjahr nur ein globaler Haushaltsansatz in den Einzelplan 14 des Haushaltsplans 1956 eingesetzt, und zwar in Höhe von rund 8,7 Milliarden DM. Dieser Globalbetrag wird aber für die Verplanung und Verausgabung dem Verteidigungsministerium nur zugänglich durch Nachtragshaushaltspläne, in die nun die einzelnen Ansätze aufgenommen werden. Nur für besonders dringende Fälle ist im Haushaltsgesetz 1956 die Bereitstellung von Geldmitteln durch Vorwegbewilligungen vorgesehen.
Der Ausschuß für Verteidigung und der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages haben vier derartige Vorwegbewilligungen ausgesprochen. Die ersten drei Vorwegbewilligungen sind in einer Höhe von 2 634 187 100 DM inzwischen durch den ersten Nachtragshaushaltsplan aufgefangen worden, der vor kurzem in Kraft getreten ist. Die vierte Vorwegbewilligung wurde von den Ausschüssen genehmigt, um die eingeholten amerikanischen Angebote auf Lieferung von Waffen, Flugzeugen, Kampffahrzeugen und Gerät der verschiedenen Art annehmen zu können. Die vierte Vorwegbewilligung enthält Genehmigungen von 1 080 147 500 DM. Insgesamt sind daher im Rechnungsjahr 1956 für das Verteidigungsministerium Vorwegbewilligungen über 3 738 460 800 DM ausgesprochen worden. Der Betrag der vierten Vorwegbewilligung in Höhe von 1,08 Milliarden DM wird entsprechend dem Haushaltsgesetz 1956 in einem späteren abschließenden sechsten Nachtragshaushaltsplan noch die gesetzliche Sanktionierung finden müssen.
Außer dem inzwischen genehmigten ersten Nachtragshaushaltsplan ist bereits vor einigen Monaten ein weiterer Nachtragshaushalt eingereicht worden, der zur Zeit von den zuständigen Ausschüssen beraten wird. Er umfaßt einen Gesamtansatz von 24 126 200 DM für Aufbau und Arbeit des Wehrersatzwesens. Mit dem Entwurf des Fünften Nachtragshaushaltsplans, der heute dem Hohen Hause zur ersten Lesung vorliegt, beantragt die Bundesregierung die Bewilligung von 1 683 977 500 DM aus den rund 8,7 Milliarden DM des Globalansatzes. Damit sind nunmehr 5,4 Milliarden DM in Form von Einzelansätzen belegt. Es ist allerdings zu berücksichtigen, daß von der Differenzsumme zu den rund 8,7 Milliarden DM noch die Stationierungskosten für 1956 in Höhe von 1 455 000 000 DM zu zahlen sind, sie sind im vierten Nachtragshaushaltsplan enthalten, der dem Hohen Hause zur Beratung und Beschlußfassung vorgelegt ist.
Der heute zu beratende fünfte Nachtragshaushaltsplan hat drei Schwerpunkte.
Erstens. Er sieht 50 000 neue Planstellen für Soldaten zu den bereits im Rechnungsjahr 1955 genehmigten 80 000 Planstellen vor, so daß mit Verabschiedung des fünften Nachtragshaushaltes die Möglichkeit bestehen wird, bis zu 130 000 Soldaten in Dienst zu stellen. Natürlich hat der Kollege Schmidt damit recht, daß die Bundeswehr bis Mitte Januar etwa 70 000 Soldaten erreicht hat, daß sie nach Ablauf der ersten Aprilwoche voraussichtlich die Zahl von 90 000 überschritten haben wird. Man darf aber hier nicht die Stärke der Bundeswehr insgesamt und die Gesamtzahl der für ihren Aufbau benötigten Planstellen gleichsetzen. Die Gesamtzahl der für ihren Aufbau benötigten Planstellen muß einen Vorlauf von sechs bis neun Monaten haben. Die jeweilige Stärke der Bundeswehr weist nicht einen normalen Alterskegel oder einen normalen Dienstgradkegel auf; die Haushaltspläne mit ihrem Vorlauf von sechs bis neun Monaten müssen diesen Kegel berücksichtigen; darum eine Anforderung von Planstellen, um die Vorausplanung für die nächsten sechs bis neun Monate nach dem 1. April vornehmen zu können.
Zum zweiten enthält der fünfte Nachtragshaushaltsplan insbesondere in seinen Kapiteln 14 01, 14 04 und 14 21 eine große Anzahl von Planstellen für Beamte und von Haushaltsansätzen für Angestellte und Arbeiter, um den für die Bundeswehr notwendigen Aufbau des Beschaffungswesens, der Depots, der Werkstätten usw. durchführen zu können.
Zum dritten bringt der Fünfte Nachtragshaushaltsplan eine große Menge von Einzelansätzen, um die der Bundeswehr zur Verfügung gestellten Kasernen und sonstigen Anlagen wiederherzustellen und in einen für die künftige Verwendung brauchbaren baulichen Zustand zu versetzen. Darüber hinaus enthält das Kap. 1412, im einzelnen aufgeschlüsselt auf die einzelnen Wehrbereiche, eine größere Anzahl von Haushaltsansätzen für Neubauobjekte, insbesondere zur Unterbringung von jeweils einem Bataillon.
Ich benutze diese Gelegenheit, um zu dem seit vielen Monaten auch in der Öffentlichkeit erörterten Problem eines Neubaus zur Unterbringung des Verteidigungsministeriums Stellung zu nehmen. Das Verteidigungsministerium für eine moderne technisierte Armee, einheitlich für Heer, Luftwaffe und Marine, Territorialorganisation, bodenständige Landverteidigung, Heimatluftverteidigung, erfordert sehr viel militärisches und ziviles Personal. Dieses Personal in den vorhandenen Gebäuden in Bonn unterzubringen, erwies sich als unmöglich. Daher wurden Überlegungen dahingehend angestellt, einen einheitlichen Gebäudekomplex


(Bundesminister Strauß)

für das Ministerium zu schaffen. Für technische und sonstige Vorbereitungen wurden bereits im Haushaltsplan 1955 500 000 DM genehmigt. Eine erste Teilrate wurde in Höhe von 15 Millionen DM in den heute zur Beratung stehenden Fünften Nachtrag eingesetzt. Dies geschah bereits vor mehr als einem halben Jahr.
Inzwischen sind die Erörterungen über die zweckmäßige Organisation des Ministeriums und über die den praktischen Erfordernissen Rechnung tragende Spitzengliederung der Bundeswehr weitergegangen. Hierbei hat sich in der Bundesregierung eine Auffassung entwickelt, die einen Neubau eines Ministeriums zunächst nicht als zweckmäßig erscheinen ließ. Das heißt nicht, daß die vorgenommenen Projektierungsarbeiten vergeblich gewesen sind. Wenn sie nicht für den Neubau eines Ministeriums verwendet werden, dann für den Bau einer Kaserne.
Daher wurde der Plan eines Ministeriumsneubaus vorerst fallengelassen. Der Ansatz befindet sich noch in dem Entwurf. Ich habe ja bereits im November und Dezember 1956 beim ersten Durchgang dieses Nachtragshaushaltsplans im Deutschen Bundesrat erklären lassen, daß der Ansatz aus den angeführten Gründen gestrichen würde. Die gleiche Erklärung habe ich zur Vorweginformation vor etwa acht Wochen im Haushaltsausschuß abgeben lassen. In einzelnen Meldungen der letzten Wochen wurde die Ansicht vertreten, daß der Neubau auch heute noch beabsichtigt sei. Das ist nicht zutreffend. Die Streichung durch eine neue Regierungsvorlage, die erneut über den Bundesrat hätte geleitet werden müssen, würde die Verabschiedung des für uns dringend erforderlichen Fünften Nachtrags erheblich verzögern. Ich habe daher im Bundesrat Ende vorigen Jahres vorgeschlagen, daß der Ansatz von 15 Millionen DM bei den Beratungen im Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages gestrichen wird.
In diesem Zusammenhang möchte ich zu den umfangreichen Personalanforderungen für das Verteidigungsministerium folgendes bemerken. Nach der bisherigen Konzeption des Bundestages und der Bundesregierung sollten im Ministerium nicht nur alle grundsätzlichen Fragen bearbeitet werden, sondern auch die Teilstreitkräfte, also Heer, Luftwaffe und Marine, sollten in der Spitze, im Ministerium ihren Arbeitsplatz haben. Bisher gehören auch eine umfangreiche technische Abteilung und das kommende Rüstungs- oder Beschaffungsam zum Ministerium. Die Abteilung Gesamtstreit kräfte ist ebenfalls eine Abteilung des Ministeriums und hat nicht die Möglichkeit, ihre koordinierende Tätigkeit in Form von Weisungen an Heer, Luftwaffe und Marine auszuüben.
In den anderthalb Jahren seit dem Inkrafttreten des NATO-Vertragswerkes haben wir weitere Erfahrungen gesammelt. Ich habe vor wenigen Tagen im Verteidigungsausschuß diese Erfahrungen und die sich daraus ergebenden neuen Überlegungen für eine andere Organisationsform vorgetragen. Die weiteren Erörterungen im Verteidigungsausschuß werden zu erheblichen Änderungen des Entwurfs des Organisationsgesetzes führen.
Die heute zu behandelnden Stellenanforderungen für das Ministerium beruhen noch auf der bisherigen Konzeption. Diese Planstellenanforderungen sind erforderlich, gleichgültig ob bestimmte Arbeitsgebiete durch das Organisationsgesetz in
Zukunft aus dem Ministerium ausgegliedert werden oder ob diese Arbeitsgebiete im Ministerium bleiben. Nach Inkrafttreten des Organisationsgesetzes werden sich voraussichtlich Änderungen ergeben, die in einem Nachtragshaushaltsplan ihre Konsequenz finden werden. Es ist aber bereits jetzt vorauszusehen, daß sich weniger eine Verminderung der Stellenzahl — was in einem gewissen Umfang der Fall sein kann —, sondern vielmehr eine Verschiebung auf Dienststellen außerhalb des Ministeriums ergeben wird.
Nach dem augenblicklichen Stand befinden sich über 70 000 Soldaten im Dienst. Bis ungefähr 5. April werden etwa 20 000 weitere Soldaten im Dienst sein. Der genaue Termin des Inkrafttretens des Bundeshaushaltsplans 1957 ist noch nicht vorauszusehen. Es ist aber erforderlich, gesetzlich Planstellen für Soldaten zur Verfügung zu haben, um die Einberufung von freiwillig länger dienenden Soldaten vorbereiten zu können. Von der Meldung eines freiwilligen Soldaten bis zu seiner Indienststellung vergehen mehrere Monate. Es muß eine sorgfältige persönliche Überprüfung erfolgen, Auskünfte müssen eingeholt werden. Ferner muß der einzuberufende Soldat die Möglichkeit haben, sein bisheriges Arbeitsverhältnis unter Wahrung der gesetzlichen Kündigungsfristen zu lösen. Mit dem heute zu behandelnden 5. Nachtragshaushaltsplan fordert die Bundesregierung daher weitere 50 000 Planstellen an, um die erforderlichen Arbeiten für die Einberufung in gesetzlich einwandfreier Weise und ohne Überstürzung durchführen zu können.
Durch das — inzwischen außer Kraft gesetzte —Freiwilligengesetz konnte leider nur die Möglichkeit geschaffen werden, Soldaten einzuberufen. Das Freiwilligengesetz bot dagegen nicht die Möglichkeit der Schaffung von Planstellen für Beamte. Die Einberufung von Soldaten ohne die vorherige Schaffung einer Mindestverwaltung hat außerordentliche Schwierigkeiten erzeugt. Die Nachtragshaushaltspläne des Rechnungsjahres 1955 brachten insgesamt 80 000 Planstellen für Soldaten, aber nicht in ausreichender Anzahl Planstellen für Beamte und Geldmittel für Angestellte und Arbeiter. Dies führte zu der Folge, daß zwar eine größere Anzahl von Soldaten einberufen wurde, daß aber der Aufbau der Wehrverwaltung bis zu den Standortkassen, Standortverwaltungen, Depots und Instandsetzungswerkstätten zeitlich in starkem Abstand nachhinkte. Mit dem 5. Nachtragshaushaltsplan beantragt die Bundesregierung daher eine sehr beträchtliche Anzahl von Planstellen für Beamte und erhebliche Geldbeträge für die Einstellung von Arbeitern und Angestellten. Hierdurch soll die Möglichkeit geschaffen werden, daß der gesamte zivile Hilfsapparat für die Bundeswehr nun beschleunigt aufgebaut werden kann, damit Mängel, die sich aus der zu späten Aufstellung der Verwaltung ergeben haben, beschleunigt beseitigt werden können.
Einen die zügige Aufstellung der Bundeswehr zeitlich hemmenden Engpaß stellt das Unterkunftsproblem dar. Im ersten Jahr mußten wir uns darauf beschränken, die vorhandenen nicht belegten Kasernen instand zu setzen und durch Ersatzbauten vorhandene Kasernen frei zu machen. Mit dem 5. Nachtragshaushaltsplan werden diese Bemühungen fortgesetzt. Darüber hinaus werden nun aber bereits erhebliche Geldmittel beantragt, damit neue militärische Unterkünfte gebaut werden


(Bundesminister Strauß)

können. Da das Landbeschaffungsgesetz noch nicht in Kraft ist, kann es sich zunächst nur um Unterkünfte handeln, die auf Bundesgelände oder auf solchem Gelände gebaut werden sollen, das von Eigentümern zum Kauf angeboten ist. Die Bautypen und die Bauweise der neuen Kasernen sind im Verteidigungsausschuß bereits seit längerer Zeit eingehend besprochen worden. Es konnte dahingehend allseitig Übereinstimmung erzielt werden, daß bei sparsamer Bauweise doch die Grundsätze einer neuzeitlichen aufgelockerten Unterbringung durchgeführt werden.
Bei meinen einführenden Bemerkungen möchte ich mich nun darauf beschränken, noch zwei Einzelpunkte anzusprechen.
Im Kap. 1414 Tit. 530 ist ein Darlehen an die Deutsche Bundespost für die Durchführung eines Fernmeldebauprogramms und im Tit. 950 ein Abgeltungsbetrag an die Deutsche Bundespost für die Durchführung des Fernmeldebauprogramms vorgesehen.

(Zuruf von der SPD: Haushaltsbankier Strauß!)

— Das war ein typischer Frühzünder, Kollege Schmidt.

(Abg. Schmidt [Hamburg] : Ich habe den Zwischenruf gar nicht gemacht; aber sprechen Sie weiter, daß das nachher mit der Zündung kommt!)

— Na, das wird zum Rohrkrepierer.
Die Bundesregierung wird — und hier bitte ich genau achtzugeben, um zu merken, was für eine Bewandtnis es mit dem Stichwort „Strauß als Bankier" hat — im Gegensatz zu früheren Verhältnissen und im Gegensatz zu anderen Staaten davon absehen, ein eigenes Leitungsnetz zu errichten. Dies entspricht dem von allen Fraktionen des Hohen Hauses übereinstimmend gebilligten Grundsatz und dem Grundsatz der Bundesregierung, nur das militärisch zu organisieren, was militärisch organisiert werden muß. Daher wird die Deutsche Bundespost bei der allgemeinen Erweiterung ihres Leitungsnetzes zugleich die für die Bundeswehr erforderlichen Leitungen und sonstigen Anlagen bauen. Diese Anlagen werden sodann von der Bundeswehr angemietet werden.
Im Rahmen des allgemeinen Investitionsprogramms der Deutschen Bundespost ist in eingehenden Verhandlungen der auf die Bundeswehr entfallende Anteil auf 150 Millionen DM festgelegt worden. Der ,Bundesverteidigungsminister erklärt sich bereit, jederzeit auf seine Rolle als „Bankier" in diesem Falle zu verzichten, wenn es dem Bundespostminister und dem Postverwaltungsrat gelingt, die militärischen Anlagen aus eigenen Kräften zu erstellen.

(Abg. Stücklen: Auf Kosten des Postbenutzers!)

Einen entsprechenden ersten Teilansatz in Höhe von 68 Millionen DM finden Sie in Kap. 14 14 Tit. 950 des Fünften Nachtragshaushalts. Um das allgemeine Investitionsprogramm der Deutschen Bundespost zu erleichtern, ist ferner in Aussicht genommen, daß aus dem Verteidigungshaushalt an die Bundespost ein Darlehen von 100 Millionen DM gegeben wird. Ein erster Teilbetrag in Höhe von 22 Millionen DM ist bei Tit. 530 veranschlagt. Es handelt sich hierbei in Wirklichkeit um eine Vorauszahlung von Gebühren an die Deutsche 1 Bundespost. Die Verrechnung der Gebühren auf die Vorauszahlung würde jedoch technisch und buchungsmäßig erhebliche Schwierigkeiten bereiten und einen erheblichen Arbeitsaufwand erfordern. Um eine solche unnütze Verwaltungsarbeit zu vermeiden, wurde die Form eines Darlehns .gewählt, das in zehn gleichen Jahresraten zurückzuzahlen ist. Die Tilgungsbeträge fließen dem Bundesministerium für Verteidigung wieder zu, so daß sie für die Zwecke der Bundeswehr verwendet werden können.

(Vizepräsident Dr. Schneider übernimmt den Vorsitz.)

Die Zinsen von 5 % werden zwar im Haushalt des Bundesministers für Verteidigung vereinnahmt, stehen aber dem Bundeshaushalt und nicht dem Bundesverteidigungsminister zur Verfügung.
Das sollte zugleich eine Klarstellung von seiten des Bundesverteidigungsministers gegenüber den vom Kollegen Schmidt (Hamburg) im SPD-Pressedienst vom 8. Januar 1957 gemachten Bemerkungen sein, in denen es heißt, daß unter dem Aspekt der Wahrheit und Klarheit des Bundeshaushalts dieses „Finanzkunststück" schärfste Kritik verdiene; die Rolle des Verteidigungsministers als Bankier von Bundesunternehmungen sei wahrlich neuartig.
Schließlich darf ich Ihre Aufmerksamkeit noch auf Kap. 14 21 lenken, d. h. auf die Planstellen und Geldansätze für das künftige Rüstungs- oder Beschaffungsamt. Dieses zukünftige Amt wird zur Zeit noch als Abteilung des Ministeriums geführt, weil die Schaffung einer Bundesoberbehörde nur durch ein besonderes Gesetz möglich ist und mit diesem Gesetz noch gewartet werden sollte, um es als Teil des Organisationsgesetzes zu verabschieden. Bei dem Beschaffungsproblem ist zu berücksichtigen, daß im Laufe der Jahre große Milliardenbeträge bewegt werden und daß es sich um vielschichtige Beschaffungen von zum Teil kompliziertesten Geräten handelt. Eine weitere Komplizierung tritt dadurch ein, daß die Beschaffungen nicht nur im Inland, sondern zu einem erheblichen Teil auch im Ausland durchgeführt werden und daß die allgemeinen Grundsätze für das öffentliche Beschaffungswesen zu beachten sind. Die Beachtung der allgemeinen Beschaffungsgrundsätze erfolgt, obwohl sie bei den geheimzuhaltenden komplizierten militärischen Beschaffungen nicht immer angebracht sind.
Mit dem Fünften Nachtrag wird der Personalstand des künftigen Rüstungsamtes auf 596 Beamte, 1044 Angestellte und 116 Arbeiter gebracht.
Nach meinen Ausführungen über den Inhalt des Fünften Nachtragshaushalts darf ich noch auf ein Problem eingehen, das in den letzten Monaten wiederholt erörtert worden ist. In den bisherigen Vorwegbewilligungen und in den Nachtragshaushaltsplänen sind neben den Haushaltsansätzen Bindungsermächtigungen erwähnt. Diese Bindungsermächtigungen entsprechen dem deutschen Haushaltsrecht, wie es insbesondere bei Bauten angewandt wurde. Der Grund für die Bindungsermächtigungen bei Bauten liegt darin, daß sich die Durchführung eines Baues meist auf eine längere Zeit als auf das laufende Rechnungsjahr erstreckt. Dies trifft aber fast allgemein auf die Beschaffungen für die Bundeswehr zu. Es ist zu berücksichtigen, daß es sich bei den Beschaffungen nicht um Gegenstände handelt, die laufend in


(Bundesminister Strauß)

einem Geschäft gekauft werden können, sondern daß sich in den meisten Fällen die Entwicklung, Herstellung und Auslieferung über einen Zeitraum von mehreren Jahren erstreckt. Wenn die Haushaltspläne dann aber nur den Haushaltsansatz, nicht dagegen die Bindungsermächtigungen erwähnen, besteht die Gefahr, daß das Parlament die Ubersicht über die derzeitige und die künftige Haushaltsgestaltung verliert.

(Abg. Schmidt [Hamburg]: Übersicht ist gut, Herr Minister; die haben wir noch nie gehabt!)

— Wenn Sie den Haushaltsplan genau lesen, haben Sie eine komplette Übersicht, Herr Kollege.

(Abg. Blachstein: Aber Herr Minister, das glauben Sie doch selber nicht! — Zuruf von der SPD: Übersicht oder Einsicht?)

Die Bindungsermächtigungen stellen daher eine ständige Mahnung an Legislative und Exekutive dar, finanziell auch die Zukunft sorgfältig im Auge zu behalten. Die Bundesregierung hat daher auf den Seiten 100 bis 103 — so weit sind Sie in der Lektüre vielleicht nicht gekommen

(Zurufe von der SPD: Doch, doch, vollkommen!)

der Drucksache 3058, also des Fünften Nachtragshaushalts, die Bindungsermächtigungen im einzelnen aufgeführt.

(Abg. Schmidt [Hamburg] : Lesen Sie mal die Endsumme vor!)

Aus den Spalten 10 und 11 dieser Aufstellung — das ist sie — ersehen Sie, daß sich die früher erteilten Bindungsermächtigungen durch den Fünften Nachtragshaushaltsplan bereits um 2 1/2 Milliarden DM verringern. Diese Verringerung erklärt sich daraus, daß im Fünften Nachtragshaushaltsplan zum Teil bereits zweite und dritte Raten für frühere Erstansätze enthalten sind.
Bei den früheren Erörterungen über die angeblichen Gefahren von Bindungsermächtigungen ist folgendes übersehen worden. Mit Hilfe einer Bindungsermächtigung kann die Exekutive nicht frei wirtschaften und etwa einen Zustand herbeiführen, bei dem plötzlich und ohne Haushaltsansätze Milliarden von DM zu zahlen sind. Die Bindungsermächtigungen sollen lediglich die Möglichkeit schaffen, Verträge abzuschließen.

(Abg. Schmidt [Hamburg] begibt sich an ein Saalmikrophon.)

— Herr Kollege Schmidt, es wäre besser, Sie hätten das Wort hernach.

(Abg. Schmidt [Hamburg] : Herr Strauß, ich wollte Sie bitten, aus dem Tableau, aus dem Sie die Zahlen vorlesen, auch die Gesamtzahl der noch existierenden Bindungsermächtigungen vorzulesen. Meines Erinnerns sind es 12 1/2 Milliarden!)

— Das will ich gar nicht verschweigen; ich überlasse es Ihnen, das hernach als Diskussionsredner zu bringen. — Die Bindungsermächtigungen sollen lediglich die Möglichkeit schaffen, Verträge abzuschließen. Bei Abschluß der Verträge hat aber die Exekutive neben den gesetzlich zugestandenen Haushaltsansätzen für jeden Einzelfall einen Zahlungsplan für die weiteren Raten aufzustellen. Wenn dieser Zahlungsplan ergibt, daß die Belastung künftiger Haushaltspläne zu groß würde, so ist die Beschaffung entweder zu unterlassen
oder es ist zunächst nur ein Teil der zu beschaffenden Ausrüstung in Auftrag zu geben. Hierdurch wird nicht nur eine Überlastung künftiger Haushaltspläne, sondern auch eine Überhitzung der Wirtschaftskonjunktur vermieden. Die Beschaffungen werden im übrigen in ständigem engem Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft und dem Bundesminister der Finanzen durchgeführt. Zu berücksichtigen ist dabei, daß ein Teil der Aufträge ins Ausland geht, so daß auch hierdurch eine Überlastung der deutschen Kapazitäten vermieden wird.
Zum Abschluß meiner Ausführungen möchte ich noch auf folgendes hinweisen. In den Haushaltsplänen 1955 und 1956 mußte mit dem System der sogenannten Vorwegbewilligungen gearbeitet werden. Dies ist keine rechtliche Sonderschöpfung für das Verteidigungsressort, sondern die Vorwegbewilligungen wurden nach Entstehen der Bundesrepublik für alle Haushaltspläne, und zwar mehrere Jahre lang, angewandt.

(Abg. Blachstein: Aber nie in diesem Umfang!)

— Das ergibt sich aus der Natur der Aufgabenstellung, Kollege Blachstein! — Die Vorwegbewilligungen waren deshalb erforderlich, weil die Verabschiedung eines Haushaltsplanes von der Einreichung an den Finanzminister bis zum Inkrafttreten eine Zeit von durchschnittlich einem halben Jahr erfordern muß. Die Vorwegbewilligungen sind auch nicht illegal, da sie in den Haushaltsgesetzen jeweils gesetzlich festgelegt wurden.

(Abg. Schoettle: Sie sind eine absolute Untugend!)

Die Vorwegbewilligungen haben aber die unerfreuliche Begleiterscheinung, daß sie zu einer Ausschaltung des Bundesrates und der ersten, zweiten und dritten Lesung des Bundestages führen. Mit der Verabschiedung des vorliegenden 5. und des in Kürze einzureichenden abschließenden 6. Nachtragshaushaltsplans 1956 ergibt sich aber nunmehr eine neue Situation. Das Verteidigungsressort hat durch diese Nachtragshaushaltspläne nun eine klare finanzielle Grundlage;

(Abg. Schmidt [Hamburg]: Das kann man wohl sagen: 11 Milliarden!)

diese Grundlage dient zugleich auch dem Haushaltsplan 1957. Der Haushaltsplan 1957 für das Verteidigungsministerium wird gleichzeitig mit dem übrigen Bundeshaushalt verabschiedet werden können. Für 1957 ist daher das System der Vorwegbewilligungen, Kollege Schoettle, nicht mehr vorgesehen und damit für das Verteidigungsressort derselbe Zustand der Ordnung erreicht, der für die übrigen Ressorts ebenfalls erst nach mehreren Jahren erreicht werden konnte.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0218910900
Meine Damen und Herren, ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Jaeger.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0218911000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der ChristlichDemokratischen und Christlich-Sozialen Union begrüßt die Erklärung, die der Herr Bundesminister für Verteidigung soeben abgegeben hat. Wir freuen uns, wenn die Planungen im Bundesministerium für Verteidigung nunmehr endgültig auf feste haushaltsmäßige Grundlagen gestellt werden. Wir


(Dr. Jaeger)

teilen die Meinung des Ministers, daß es notwendig ist, die Einstellungen von Berufssoldaten wie später die Einberufungen planmäßig und vorausschauend vorzunehmen und nicht im Galopp, immer erst gerade kurz bevor eine einzelne Einstellung fällig wird. Diese Methode hat sich bisher nicht vermeiden lassen; wir freuen uns um so mehr, daß sie in Zukunft vermeidbar ist. Nicht zuletzt aus Gesichtspunkten des Haushaltsrechts und wegen der Bedeutung, die das Plenum dieses Hohen Hauses hat, freuen wir uns, daß im neuen Haushaltsjahr Vorwegbewilligungen, wie sie in der Vergangenheit leider notwendig waren, nicht mehr erforderlich sein werden.
Der Fünfte Nachtragshaushalt, über den wir hier sprechen, hat ein parlamentarisch ungewöhnliches Schicksal erlitten, weil er nicht, wie es sonst bei Haushaltsplänen üblich ist, ohne Diskussion im Ältestenrat auf die Tagesordnung gesetzt werden konnte. Nur nach einer Kampfabstimmung ist es möglich gewesen, ihn heute auf die Tagesordnung zu bringen, ja ihn überhaupt auf die Tagesordnung zu bringen.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

Dieses ungewöhnliche Verhalten hat die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei durch ihren Redner Schmidt (Hamburg) mit politischen Motiven begründet. Nach Ihrer Meinung also sprechen politische Gründe dagegen, diese Haushaltsvorlage zu behandeln. Wir sagen, gerade politische Gründe sprechen dafür, sich mit ihr hier in der Methode auseinanderzusetzen, die bei einer ersten Lesung üblich ist, wo man sich nicht in Einzelfragen verliert, die der zweiten Lesung vorbehalten sind, sondern zu den Grundsatzfragen, die hinter dem Haushalt stehen und auf denen er beruht, Stellung nimmt.
Bei einer solchen grundsätzlichen Auseinandersetzung kann ein Teil allerdings sehr kurz gefaßt werden, denn über die Grundlagen der Wehrpolitik der Regierungskoalition ist in der außenpolitischen Debatte gestern bereits gesprochen worden, und sie sind, soweit es sich um meine politischen Freunde handelt, auch geklärt worden.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Der Grund für die Wehrpolitik, die die Christlich-Demokratische und Christlich-Soziale Union betreibt, ist die Bedrohung des freien Teiles Deutschlands durch die Rote Armee. Meine Damen und Herren, die Rote Armee ist keine Chimäre und kein Popanz und kein Schreckgespenst, das wir erfinden, wie wir das gestern abend alles hören mußten,

(Zurufe von der SPD: Unerhört! — Abg. Könen [Düsseldorf]:: Kein Mensch hat so etwas gesagt! Kein Mensch hat gesagt, daß die Rote Armee ein Popanz sei!)

sondern sie ist die stärkste Territorialarmee, die es auf dieser Erde gibt. Auch die Bedrohung durch diese Armee ist keine Chimäre und kein Popanz und kein Schreckgespenst; daß sie eine Bedrohung ist, ist im vorigen Herbst in Ungarn erneut bewiesen worden auch für den, der es schon vergessen hatte.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD.)

Gegen diese Bedrohung wird allerdings nicht die
Bundeswehr geschaffen, wie es manche kurzschlüssig meinen. Gegen diese Bedrohung hilft nur
das Bündnis der im Atlantikpakt organisierten freien Welt.
Innerhalb dieses Bündnisses aber hat unser Wehrbeitrag seine Bedeutung. Er hat die Bedeutung, unsere Vertragspartner von der Glaubwürdigkeit unserer Bemühungen zur gemeinsamen Verteidigung der freien Welt zu überzeugen. Er hat ferner die Bedeutung, in dem Damm, der die rote Sturmflut im Ernstfall aufhalten muß, eine Lücke zu schließen, die im Augenblick leider immer noch besteht.
Unsere Wehrpolitik ist gerad und eindeutig gewesen. Es mag in der Frage, zu welchem Termin die ersten Freiwilligen einberufen werden und mit welchem Tempo die Aufstellung vorgenommen wird, also in den rein militärischen Fragen, eine Entwicklung gegeben haben, die auch mit den allgemeinen Überlegungen und strategischen Planungen in der ganzen Welt zusammenhängt und nur ein Beweis für jene geistige Beweglichkeit bei uns ist, die uns die Linke so gern abspricht.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Wehner: Das war ein saudummes Gesetz damals!)

— Es freut mich, daß Sie Fortschritte in der bayerischen Sprache machen, wenn Sie auch die Begriffe nicht richtig anwenden!

(Heiterkeit in der Mitte und rechts. — Abg. Mellies: Ihr wirkliches Urteil über dieses Gesetz ist ja ganz anders!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unsere grundsätzliche Wehrpolitik ist klar und gerad und eindeutig, vom ersten Tage, da wir, ich glaube, es war im Jahre 1951, über dieses Gebiet gesprochen haben, bis zum heutigen Tag, und wird es auch in Zukunft bleiben. Unsere bedeutendste Gegnerin, die Sozialdemokratische Partei, hat dagegen eine Wehrpolitik betrieben, die man einmal sehr höflich und vorsichtig als doppelgleisig bezeichnen kann.

(Zurufe von der CDU/CSU: Das kann man wohl sagen! — Abg. Majonica: Ein ganzer Verschiebebahnhof!)

Ich habe mich bei einer anderen Gelegenheit, bei der ersten Lesung des Wehrpflichtgesetzes, der Mühe unterzogen, mir den berühmten Zettelkasten, den ich gar nicht hatte, anzulegen, um die Reden der Sprecher der Sozialdemokratischen Partei seit 80 Jahren zum Thema der Wehrpflicht miteinander zu vergleichen.

(Sehr gut! bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)

Ich werde das heute nicht wiederholen, weil ich zwar vielleicht Anlaß hätte, Ihnen die Dinge nochmals in Erinnerung zu rufen,

(Zuruf von der SPD: Denken Sie an Herrn Lenz!)

aber meine Parteifreunde nicht langweilen möchte.

(Erneute Zurufe von der SPD.)

— Meine Damen und Herren, wir stehen in einer Diskussion, und Sie. haben bereits einen sehr zungengewandten Redner bereitgestellt, auch einige andere stehen Ihnen zur Verfügung. Sie können mir also nachher noch erwidern. Jetzt sollten Sie bitte einmal meine Argumente hören. Ich werde nachher die Ihren hören.

(Abg. Majonica: Die können gar nicht zuhören! — Fortgesetzte Zurufe von der SPD.)



(Dr. Jaeger)

— Meine Damen und Herren, Sie werden vielleicht etwas ruhiger werden, wenn ich den Herrn Kollegen Mellies zitiere, und zwar kein Zitat aus der Vergangenheit. Zu mitternächtlicher Stunde hat Herr Kollege Mellies gestern eine ganz interessante Nebenbemerkung gemacht. Er hat gesagt, es würde uns nicht gelingen, die sozialdemokratische Fraktion zu zwingen, den einen oder anderen Redner heraufzuschicken; es kämen nur die, die die Fraktion vorher dazu bestimmt hätte.
Meine Damen und Herren, ich sehe daraus, daß also immerhin bei dieser Fraktion von vornherein nur der reden darf, der dazu ermächtigt ist.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Lachen bei der SPD.)

Ich freue mich wieder einmal, nicht zu Ihrer Fraktion zu gehören;

(anhaltende Zurufe von der SPD)

denn in meiner Fraktion kann ich nicht nur dann reden, wenn ich — wie heute — dazu beauftragt bin, sondern auch dann, wenn ich als Einzelperson einmal eine abweichende Meinung habe.

(Abg. Erler: Gestatten Sie eine Frage?) — Bitte!


Fritz Erler (SPD):
Rede ID: ID0218911100
Herr Kollege Dr. Jaeger, ich nehme an, es ist Ihnen bekannt, daß es durchaus ein Unterschied ist, ob jemand als Redner hier nur seine Meinung sagt oder ob jemand für seine Fraktion spricht. Da allerdings, wenn man für die Fraktion spricht, ist es bei uns üblich, daß man vorher mit der Fraktion darüber spricht, was man sagt.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0218911200
Obwohl ich nicht weiß, Herr Kollege Erler, ob das eine Frage war, will ich darauf eingehen.

(Zurufe von der SPD.)

— Meine Damen und Herren, etwas Niveau dürfte man eigentlich auch einer Opposition zutrauen,

(Beifall bei der CDU/CSU)

zumal ich mich erinnere, auf einem Wahlplakat gelesen zu haben, SPD heiße, selbständig politisch denken. Offenbar heißt es nicht, selbständig politisch reden; dazu braucht es eine Ermächtigung, wir haben es gestern von Herrn Kollegen Mellies gehört.

(Abg. Mellies: Sie wissen genau, daß es eine völlige Verdrehung ist, die Sie jetzt sagen!)

Meine Damen und Herren, der Grund hierfür ist ja klar. Wenn bei unserer verehrten Oppositionsfraktion jeder zur Außen- und Wehrpolitik reden würde, wie er könnte, würde der Salat der Widersprüche noch etwas größer werden.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Schoettle: Wollen wir mal bei Ihnen die Probe aufs Exempel machen!)

— Wir haben volle Freiheit!

(Zuruf von der SPD: Wie Sie sie auffassen!) Wir sind doch keine Sozialisten!

Wenn ich aber einen sehr eindeutigen Beweis für die Doppelgleisigkeit der Wehrpolitik der Sozialdemokratischen Partei Ihnen bringen darf — ohne Sie mit langatmigen Zitaten zu ermüden —, dann will ich auf den Unterschied hinweisen, der zwischen der sachlichen Arbeit Ihrer Mitglieder im Verteidigungsausschuß und der grundsätzlichen Ablehnung der übrigen hier im Plenum des Bundestages besteht.

(Abg. Wehner: Ihre Pflichtrede!)

— Der Begriff der Pflichtrede kommt aus einer Welt, die mir völlig fremd ist, Herr Kollege Wehner!
Mitunter merkt man j a auch im Verteidigungsausschuß eine andere Stimmung, wenn ein verehrtes Mitglied in seinem jugendlichen Temperament, das er auf bayerischen Dörfern allerdings nicht ausläßt, wie er uns gestern versichert hat, sondern sonst auf dem Asphalt großer Städte,

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

temperamentsmäßig explodiert, was ich ihm gar nicht so sehr übelnehme. Aber man sieht es auch bei einigen politischen Entscheidungen. Lassen Sie mich eine Tatsache hier einmal vor aller Öffentlichkeit feststellen. Bei den Beratungen über das Soldatengesetz, das nichts mit der Frage, jedenfalls nichts mit der Einführung der Wehrpflicht zu tun hat, sondern nur die Rechte der Soldaten festlegt, hat die sozialdemokratische Fraktion im Ausschuß jedem einzelnen Paragraphen des Gesetzes zugestimmt — das waren, ich weiß es nicht mehr genau, 80 oder 100, das ist gleich — und hat am Ende das gesamte Gestz abgelehnt.

(Zuruf von der SPD: Na und?)

Das ist doch weiß Gott eine recht bemerkenswerte Tatsache.

(Abg. Schoettle: Sie wissen doch, warum!)

Der Herr Kollege Erler, der ja der Avantgardist der wehrpolitischen Dinge, auch eines Versuchs, sich mitunter positiv zu verhalten, in Ihren Reihen ist, hat im Jahre 1954 in einer bekannten Zeitschrift geschrieben — in Anerkennung der außenpolitischen Situation —: „Die Deutschen werden sich nicht aus der Weltgeschichte herausstehlen können." Ich freue mich dieses Wortes. Aber wenn ich sehe, daß die sozialdemokratische Fraktion bei einem solchen Gesetz gegen keinen einzelnen Paragraphen eine Einwendung hat, das gesamte Gesetz aber ablehnt, dann habe ich das Gefühl, daß die sozialdemokratische Fraktion sich jedenfalls aus der Verantwortung für die Wehrpolitik herausstehlen will.

(Abg. Könen [Düsseldorf]: Sie hätten es lieber gesehen, wenn wir nicht mitgemacht hätten, Herr Dr. Jaeger!)

— Nein, ich hätte es lieber gesehen, wenn Sie konsequent gehandelt hätten.

(Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie können aber nun nicht leugnen, daß Sie an einer ganz entscheidenden Stelle der Wehrgesetzgebung Verantwortung mit übernommen haben. Das haben wir Ihnen sogar gedankt, weil es ja besonders bemerkenswert ist, wenn bei Ihnen ein so hoher Sinn für staatsbürgerliches Verantwortungsbewußtsein vorhanden ist, wie Sie ihn zweifellos gezeigt haben, indem Sie der zweiten Verfassungsreform Ihre Zustimmung gegeben haben.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

Sie, meine Damen und Herren, begründen das damit, daß mit dieser zweiten Verfassungsreform die
Fragen der parlamentarischen Kontrolle weit-


(Dr. Jaeger)

gehend in ihrem Sinne geregelt worden seien. Ich darf Ihnen erwidern, daß diese Fragen meinen politischen Freunden genauso am Herzen lagen und daß fast alle entscheidenden Punkte der Verfassungsreform auf formulierte Anträge zurückgehen, die ich im Ausschuß gestellt habe.

(Abg. Schmidt [Hamburg] : Die Sie allein gar nicht gegen Ihre deutschnationale Führung durchsetzen konnten, Herr Jaeger! — Pfui-Rufe und Zurufe bei der CDU/ CSU. — Beifall bei der SPD.)

— Ich kann mich nicht erinnern, daß Herr Dr. Krone als Fraktionsvorsitzender, Herr Dr. von Brentano als sein Vorgänger oder gar der Herr Bundeskanzler in der Vergangenheit deutschnational gewesen sind!

(Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)

Im übrigen sind wir eine Partei, in der alle aus der Vergangenheit etwas gelernt haben. Auch das unterscheidet uns von Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)

Genauso muß ich hier einmal in aller Deutlichkeit sagen: Es ist nicht wahr, was gestern von einem Redner mehr oder minder deutlich ausgesprochen worden ist, daß es das Verdienst der Sozialdemokratischen Partei ist, daß die deutsche Jugend nur zwölf und nicht achtzehn Monate zu dienen braucht. Herr Kollege Erler ist Zeuge jener Versammlung in der Mensa der Bonner Universität, die schon einmal zitiert worden ist, einer Versammlung des Ringes politischer Jugend, in der ich erstmals, eher als jeder andere Politiker dieses Hauses, mich dafür ausgesprochen habe, daß die Wehrpflicht im Rahmen einer zwölfmonatigen Dienstpflicht durchgeführt wird, weil das nach meiner und, wie Sie gesehen haben, auch der großen Mehrheit meiner Freunde Meinung durchaus den militärischen Erfordernissen entspricht.

(Zuruf von der SPD: Der große Jaeger! — Abg. Eschmann: Ich traue Ihnen zu, daß Sie es nach der Wahl wieder ändern!)

— Das betrachte ich als eine persönliche Beleidigung, Herr Eschmann.

(Abg. Erler: Haben Sie noch in Erinnerung, daß hier in diesem Saal das Argument kam, eine so kurze Dienstzeit sei organisierter Mord?)

— Herr Kollege Erler, ich habe der Wahrheit gemäß von der Mehrheit meiner Freunde gesprochen, die mich unterstützt haben. Ich habe volles Verständnis dafür, wenn ein einzelner, der in seiner Vergangenheit einen hohen Rang im deutschen Heer gehabt hat, die Dinge naturgemäß etwas anders sieht als derjenige, der das Militär sechs Jahre hindurch von unten erlebt hat, wie das bei mir der Fall gewesen ist. Vielleicht sind für die Frage der Ausbildung diese letzteren Erfahrungen bedeutsamer; aber ich achte auch die andere Meinung. Ich habe hier nicht das Unrichtige gesagt. In jeder Fraktion gilt ja die Mehrheit derer, die entscheiden. Ich glaube, bei Ihnen gilt sie sogar noch mehr als bei uns.
Ich möchte also festhalten: es war die Fraktion der Christlichen Demokraten, die durch meinen Mund — mit Zustimmung, wie ich weiß, des heutigen Verteidigungsministers — diese Linie vertreten hat. Wir können für uns in Anspruch nehmen, daß wir den Grundsatz vertreten, zwar von der deutschen Jugend die Erfüllung von Pflichten zu verlangen, aber nicht mehr, als unbedingt notwendig ist. Herr Kollege Eschmann, wir arbeiten seit sechs Jahren im Bundestagsausschuß für Verteidigung zusammen. Sie sollten mich langsam so weit kennen, um zu wissen, daß ich eine solche Meinung nicht wegen einer Wahl vertrete oder nach einer Wahl wieder umstoße.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)

Lassen Sie mich aber zu der zentralen Bedeutung der zweiten Verfassungsreform für unsere Wehrgesetzgebung, auch für die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht zurückkommen. Ich darf Ihnen — es soll das einzige große Zitat sein, daß ich heute bringe — noch einmal in Erinnerung rufen, was die zweite Kammer unserer Gesetzgebung, der Bundesrat, in seiner 151. Sitzung zum Soldatengesetz erklärt hat. Er hat erklärt:
Die dem Bundesminister für Verteidigung im § 1 erteilte Ermächtigung zur Aufstellung von Streitkräften begegnet verfassungsrechtlichen Bedenken, solange die hierfür erforderliche Änderung des Grundgesetzes noch nicht erfolgt ist. Der Bundesrat ist im übrigen der Ansicht, daß dieses Gesetz erst verkündet werden kann nach vorausgegangener Ergänzung oder Änderung des Grundgesetzes, durch welche die Verwaltungszuständigkeit des Bundes im Bereich des Wehrwesens geschaffen wird.
Sie sehen also: obwohl in der ersten Verfassungsreform, die gegen Ihre Stimmen durchgeführt wurde, bereits der allgemeine Grundsatz der allgemeinen Wehrpflicht ausgesprochen war, war der Bundesrat der Meinung, wir könnten keine Streitkräfte aufstellen, damit also auch keine Wehrpflicht einführen, bevor wir nicht diese Verwaltungszuständigkeit und sonstige notwendige Ergänzungen des Grundgesetzes geschaffen hätten.

Fritz Erler (SPD):
Rede ID: ID0218911300
Herr Dr. Jaeger, entsinnen Sie sich noch, daß Sie selbst hier den Standpunkt vertreten haben, Grundgesetzergänzungen dieser Art seien verfassungspolitisch erwünscht, aber juristisch nicht erforderlich, und wenn sie nicht zustande kämen, dann würden Sie die Wehrpflicht auch ohne Ergänzungen des Grundgesetzes einführen? Entsinnen Sie sich noch?

(Oh-Rufe in der Mitte.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0218911400
Sehr verehrter Herr Kollege Erler, warum nehmen Sie mir mit Ihrer Ungeduld alles vorweg? Wenn Sie nämlich ein wenig gewartet hätten, hätten Sie zu dieser Rechtsauffassung noch etwas von mir gehört. Natürlich haben wir in den Regierungsfraktionen eine andere Meinung vertreten. Sie wissen aber genausogut wie ich, daß niemand vorhersehen kann, wie das höchste deutsche Gericht in solchen Fällen entscheidet. Ich bin Jurist. Ich urteile niemals endgültig über diese Dinge, bevor nicht das Urteil vorliegt. Man hat ja schon privat, aber auch sonst dabei manche Erfahrungen gesammelt, sicherlich auch Erfahrungen bei unserem höchsten Gericht. Jedenfalls gehe ich davon aus, Herr Erler, daß für Sie und den Herrn Kollegen Arndt und die übrigen Herren Ihrer Fraktion nicht unsere Rechtsüber-


(Dr. Jaeger)

zeugung maßgebend ist, sondern die Ihrige, so wie es für uns die unsere ist.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

Und Herr Kollege Arndt hat in der Sitzung des Rechtsausschusses vom 2. Februar 1956 erklärt:
In Übereinstimmung mit dem Bundesrat ist deshalb für mich der Ausgangspunkt, daß es ohne eine Verfassungsänderung weder rechtlich zulässig noch politisch möglich ist, eine bewaffnete Macht aufzustellen.
Wenn es nach der Meinung des Herrn Kollegen Arndt, deren Ehrlichkeit ich sowenig bezweifle wie irgendeine andere Meinungsäußerung, die Sie tun, wenn es also nach dieser seiner ehrlichen Meinung nicht möglich war, ohne Verfassungsergänzung Streitkräfte aufzustellen, dann wäre es auch nicht möglich, ohne diese zweite Verfassungsergänzung die Wehrpflicht einzuführen, und dann haben Sie mit der Zustimmung zur Verfassungsreform nach Ihrer eigenen Auffassung uns die Einführung der Wehrpflicht erst möglich gemacht.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FVP. — Zurufe von der SPD.)

— Meine Damen und Herren, Sie hören das nicht gern, aber ich darf Ihnen noch einmal für diese Ihre damalige staatspolitische Einsicht danken.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD. — Abg. Erler meldet sich zum Wort.)

— Herr Kollege Erler!

Fritz Erler (SPD):
Rede ID: ID0218911500
Herr Abgeordneter Dr. Jaeger, wollen Sie damit sagen, daß Sie sich scheuen, vor dem deutschen Volk die Verantwortung für die Einführung der Wehrpflicht allein zu tragen?

(Beifall bei der SPD. — Oho!-Rufe von der Mitte.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0218911600
Ich wundere mich über so viele rhetorische Fragen. Ich habe hier in drei Lesungen des Wehrpflichtgesetzes jedes Mal für die Wehrpflicht gesprochen, und Sie haben dagegen gesprochen. Also ich scheue mich nicht, meine Verantwortung zu tragen. Aber Sie wollen die Konsequenz dessen, was Sie damals beschlossen haben, nicht wahrhaben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FVP. — Abg. Bals: Ihre Beschlüsse, Herr Dr. Jaeger! — Gegenrufe von der Mitte: Unsere! — Weitere Zurufe von der SPD.)

Der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei, Herr Kollege Ollenhauer, der, wenn ich recht sehe, leider dieser bedeutenden Debatte — denn bedeutsam ist sie heute, sonst hätten Sie nicht der Aufsetzung dieses Punktes auf die Tagesordnung widersprochen —

(Heiterkeit in der Mitte)

nicht beiwohnt, hat in jener Rede, in der er die Wahlparole der SPD „Sicherheit für alle" ausgegeben hat, einen Satz gesprochen, den ich als einzigen hier zitieren will, zitieren nach dem „Parlamentarisch-Politischen Pressedienst", also bestimmt nach keiner Ihnen ungünstigen Quelle. Es heißt hier:
Der SPD-Vorsitzende betonte, daß die CDU-
Politik . . . . da versagt habe und habe versagen müssen, wo wirkliche Opfer erforderlich gewesen seien.
Meine Damen und Herren, das größte Opfer, das die Politik der letzten acht Jahre vom deutschen Volk fordert, ist die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht.

(Zustimmung in der Mitte.)

Wer hat das Opfer gefordert, und wer hat sich versagt?

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD.)

Meine Damen und Herren, ich weiß doch, daß die Wehrpflicht unpopulär ist, aber wir tun eben etwas aus unserem staatspolitischen Verantwortungsbewußtsein und zielen nicht immer auf den Schlitz der Wahlurne.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD: Im Augenblick zielen Sie! Gerade Sie!)

Die Frage der Opferbereitschaft, die Herr Kollegen Ollenhauer angeschnitten hat, ist eine sehr ernste Frage. Es ist die Frage, ob unser Volk einem praktischen Materialismus verfällt und nicht mehr weiß, daß die großen Rechte, die der freiheitliche Staat gibt, nur dann erhalten werden können, wenn man ihnen ebenso große Pflichten gegenüberstellt und diese Pflichten erfüllt.

(Abg. Könen [Düsseldorf] : Das brauchen Sie uns nicht zu sagen!)

— In der Frage der Wehrpflicht scheint mir dies sehr notwendig zu sein.
Auf der Tagung der Parlamentarier der NATO-Staaten im November, zu der wir auch die Vertreter Ihrer Fraktion eingeladen hatten, die aber leider unserer Einladung nicht Folge leisteten, haben sowohl in den privaten Gesprächen wie auch in der allgemeinen öffentlichen Diskussion die Vertreter der anderen NATO-Staaten, vor allem der Vereinigten Staaten und Großbritanniens, immer wieder die Frage gestellt, ob sich das deutsche Volk eigentlich vor jedem Opfer für die Freiheit drücken wolle und ob die Briten und Amerikaner die einzigen seien, die bereit seien, große Teile ihres Haushalts für den finanziellen Verteidigungsbeitrag zur Verfügung zu stellen und das Opfer der Wehrpflicht, sogar für 24 Monate, von ihren jungen Männern zu verlangen.
Ich möchte bemerken, daß derjenige Redner, der diese Frage am deutlichsten an uns gestellt hat und der uns Deutsche wegen unserer mangelnden Bereitschaft zur allgemeinen Wehrpflicht am meisten getadelt hat, der britische Oppositionsführer Gaitskell war, der ja wohl ein Sozialist ist, meine Herren.

(Hört! Hört! in der Mitte. — Zurufe von der SPD.)

— Jawohl, es gibt auch einsichtige Sozialisten, vielleicht nur außerhalb Deutschlands.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU.)

Wenn wir vor den übrigen Völkern der Welt glaubwürdig erscheinen wollen, dann müssen wir beweisen, daß wir bereit sind, einen finanziellen und auch einen persönlichen Beitrag zu leisten, nicht geringer als die anderen Länder; und glaub-


(Dr. Jaeger)

würdig ist das nur mit der allgemeinen Wehrpflicht!

(Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD: Das ist Ihre Meinung!)

Meine Damen und Herren der SPD, Wehrpflicht und Demokratie — so las man es 80 Jahre lang auch in Ihren Reden — stehen in einem unlösbaren Zusammenhang, und niemand hat das im Parlamentarischen Rat besser zum Ausdruck gebracht als unser heutiger verehrter Bundespräsident Professor Heus s.

(Abg. Wehner: Der stand aber damals nicht in unseren Reihen!)

— Nein, der stand nie in Ihren Reihen. Das wollte ich damit nicht gesagt haben. Aber über Demokratie kann man doch auch reden, wenn man nicht in Ihren Reihen steht, meine Herren!

(Heiterkeit und Beifall bei den Regierungsparteien.)

Es ist keine Meinung der Sozialdemokratischen Partei allein, es ist eine Meinung aller Parteien dieses Hohen Hauses — und der Herr Bundeskanzler hat ihr kürzlich erst wieder Ausdruck verliehen —, daß mit jeder Armee, und zwar sozusagen von selbst, immanent, die Gefahr besteht, sie könnte ein Staat im Staate werden, wenn sie allein aus Berufssoldaten besteht.

(Zurufe von der SPD.)

Wenn Sie diese Gefahr in Kauf nehmen wollen, dann wollen Sie also zurück zu jener Reichswehr, die Sie einstens entschieden bekämpft haben.

(Sehr gut! in der Mitte.)

Wir wollen dieses Denken überwinden, aber Sie sprechen gegen Ihre eigene Tradition und gegen die politischen Erfahrungen, die wir in der Weimarer Republik gemacht haben.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD.)

Vor allem, meine verehrten Damen und Herren, fürchte ich aber eines: die geistige Grundlage unseres Wehrbeitrages, die Idee des Staatsbürgers in Uniform, wird von Ihnen gefährdet, wenn Sie die Wehrpflicht leugnen. Denn darin besteht doch diese Idee, daß der Mann, der sonst einen Beruf ausübt, zur Waffe greift, um sich auszubilden, und im Ernstfall zur Waffe greift, um sein Vaterland zu verteidigen, im übrigen aber mitten im Leben seines Volkes steht, daß das ein wirklicher Staatsbürger in Uniform ist und nicht nur ein Mann, der berufsmäßig Soldat ist; dieser ist sicher auch ein Staatsbürger in Uniform, —

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0218911700
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Frage?

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0218911800
— aber im eigentlichen Sinne ist diese Idee doch für den Wehrpflichtigen gemeint. — Einen Satz darf man ja wohl zu Ende reden, damit der Herr Kollege Erler nicht mehr Fragen stellt, als ich Sätze aussprechen kann. — Herr Erler!

(Heiterkeit.)


Fritz Erler (SPD):
Rede ID: ID0218911900
Darf ich Sie noch einmal um die Präzisierung bitten, daß doch hoffentlich auch und gerade der berufsmäßige Angehörige auch einer Wehrpflichtarmee in vollem und nicht in eingeschränktem Sinne Staatsbürger in Uniform sein soll?

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0218912000
Ich habe das ja bereits gesagt, weil in diesem Falle Sie nicht so rasch zum Fragen kamen wie ich zur Rede.

(Heiterkeit.)

Herr Kollege Erler, selbstverständlich ist er auch Staatsbürger in Uniform, ist auch im vollen Sinne Staatsbürger in Uniform. Aber, wenn ich so sagen darf, der Staatsbürger in Uniform par excellence ist doch der Soldat, der etwa nach Schweizer Muster zu den Waffen greift, wenn es notwendig ist, im übrigen aber im bürgerlichen Leben mitten in seinem Volk steht. Das ist sozusagen das Musterbeispiel. Das ist ja auch die größte Zahl derer, die von der Wehrpflicht betroffen sind.
Meine Damen und Herren, diese Idee des Staatsbürgers in Uniform wird heute nicht mehr, wie man das mitunter bei Ihnen (zur SPD) hören kann, von den Berufssoldaten gefährdet. Diese sind nun elf Jahre im Zivilleben gestanden, haben sich zum großen Teil eine sehr beachtliche Position geschaffen und sind in ihren alten Beruf zurückgekehrt, obwohl sie heute weniger verdienen, als sie im Zivilleben verdient haben, sind also Idealisten. Diese Männer standen im bürgerlichen Leben und stehen damit gar nicht in der Gefahr, hochnäsig auf den Zivilisten herabzublicken. Aber ein großer Teil der Zivilisten steht in Gefahr, diese Soldaten als eine nicht zu beachtende Größe irgendwie außerhalb unserer demokratischen Gesellschaft zu stellen; denn anders sind die Schilder „Uniformen unerwünscht", „Soldaten nicht erbeten" gar nicht zu verstehen.

(Sehr gut! in der Mitte. — Zurufe von der SPD.)

— Meine Damen und Herren, daß Sie diese Schilder nicht aushängen, weiß ich auch. Aber mit einer Propaganda gegen die allgemeine Wehrpflicht schafft man ein Ressentiment gegen das Soldatentum!

(Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD.)

Wenn eine Münchener Abendzeitung, die wie die meisten Nachtfalter der deutschen Journalistik das rote Licht sehr gern sieht und außerdem das Leib- und Magenblatt eines Kollegen Ihrer Fraktion ist, am Tage der Verkündung der allgemeinen Wehrpflicht unter der Überschrift „Deutschlands schwärzester Tag" mit schwarzem Trauerrand erschienen ist, dann ist doch damit die geistige Grundlage für die Schilder „Soldaten unerwünscht" geschaffen worden, weil man das Volk gegen seine Armee aufwiegelt.

(Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Gegenrufe von der SPD.)

— Selbst wenn der Redakteur diese Folge nicht gewünscht hat — was ich annehme —, hätte er doch als verantwortlicher Redakteur so verantwortlich sein müssen, an diese Folgen zu denken.

(Abg. Kahn-Ackermann: Ein Parteikollege von Ihnen!)

— Nein, er ist nicht Mitglied unserer Partei; für so jemanden würden wir uns bedanken.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf von der SPD: So eine Hetze! — Weitere Zurufe links.)



(Dr. Jaeger)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte das einmal hier mit aller Deutlichkeit herausstellen. Denn wenn Sie sagen — Herr Ollenhauer hat es ausgesprochen —, Sie wollen keine Kluft zwischen den Sozialisten und den Soldaten, dann kann ich Ihnen nur sagen: Helfen Sie einmal, die Kluft zu schließen, die Sie zwischen dem Volk und den Soldaten aufgerissen haben!

(Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Schröter [Wilmersdorf] : Jetzt demaskieren Sie sich! Jetzt wissen wir, was Sie wollen! — Anhaltende erregte Zurufe von der SPD. — Abg. Könen [Düsseldorf] : Sie brauchen uns nur noch Hochverrat vorzuwerfen! — Abg. Schröter [Wilmersdorf] : Die alte Masche! — Große Unruhe.)

— Nein, nein, so etwas werfe ich Ihnen nicht vor, Herr Kollege Könen. Ich bin doch Jurist. Ich weiß doch, was Hochverrat ist. Im übrigen haben Sie nachher Gelegenheit, zu sprechen, Herr Kollege Könen und Herr Kollege Schröter (Wilmersdorf).

(Anhaltende Zurufe von der SPD.)

Ich werde Ihnen sehr gerne zuhören, Herr Schröter (Wilmersdorf), weil Sie ein humorvoller Mann sind; aber regen Sie sich nicht ganz so auf, dann wirken Sie viel überzeugender.

(Beifall und Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

Meine Damen und Herren, nachdem ich mich der Frage Demokratie und Wehrpflicht zugewendet habe, möchte ich mich aber doch noch einmal dem Hauptargument zuwenden, das für die allgemeine Wehrpflicht spricht. Wir sind davon ausgegangen, daß es für die Zahl von 500 000 Soldaten, die wir zur Grundlage gemacht haben, nicht genügend Freiwillige gibt. Aber Sie, meine Damen und Herren (zur SPD), wollen ja — nach einer jüngst erfolgten Veröffentlichung des Herrn Erler — eine andere Zahl. Danach denken Sie an ein Berufsheer mit einer Zahl von etwa 200 000 Mann. Stimmt das?

(Abg. Bausch: Darauf geben sie keine Antwort, und darauf sagen sie nichts!)

Jedenfalls habe ich das in einer Zeitung gelesen, in der Sie selbst geschrieben haben, Herr Erler, Sie werden es kaum hier verleugnen können. — Bitte, Herr Kollege Erler.

Fritz Erler (SPD):
Rede ID: ID0218912100
Darf ich Sie fragen, ob Ihnen bekannt ist, daß auch das Verteidigungsministerium noch nicht imstande ist, eine Angabe über seine Endplanung zu machen?

(Lebhafte Zurufe von der Mitte: Das ist nicht die Frage!)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0218912200
Zur Zeit ist die Frage, ob Sie geschrieben haben, daß Sie an 200 000 Mann denken.

Fritz Erler (SPD):
Rede ID: ID0218912300
Daß ich persönlich an 200 000 Mann denke. Der Verteidigungsminister denkt auch persönlich etwas. Die Regierung denkt zur Zeit noch an gar nichts.

(Beifall bei der SPD. — Erneute Zurufe von der Mitte: Sie sind gefragt!)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0218912400
Daß der Herr Verteidigungsminister an mehr denkt, kann ich Ihnen versichern, und er könnte es im übrigen auch selber tun. — Meine Damen und Herren, Sie denken also an 200 000 Mann, Herr Erler. Das ist immerhin beachtlich; denn zwischen Null und 200 000 ist ja doch politisch ein größerer Unterschied als zwischen 200 000 und 500 000.

(Heiterkeit und Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD: Wie billig! — Herr Jaeger, an was denken Sie?)

— An was ich denke? Ich denke an unsere alte Verpflichtung von 500 000 Mann, um es glatt und klar zu sagen.

Fritz Erler (SPD):
Rede ID: ID0218912500
Herr Dr. Jaeger, ist Ihnen bekannt, daß das genau der Unterschied zwischen Wehrpflicht und Freiwilligen ist?

(Sehr gut! bei der SPD.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0218912600
Moment, Sie eilen wieder voraus.

(Zuruf von der Mitte: Er ist nervös! — Weitere Zurufe von der Mitte.)

Ich wollte Ihnen nämlich jetzt gerade sagen, Herr Kollege Erler: Wenn ich die 200 000 zur Grundlage nehme, dann könnte es sein, daß man unsere Verpflichtung noch mit Freiwilligen erfüllen kann. Gut, unter dieser Voraussetzung. Aber bitte, wir gehen von einer anderen Zahl aus; denn nach unserer Auffassung erfordert die Vertragstreue — nach dem Sinn, nicht nach dem Wortlaut des Vertrags, ich habe darüber ja mit Ihnen einmal ausführlich gesprochen —, daß wir die Armee in der genannten Größe aufstellen.
Aber selbst wenn ich das also weglasse, gilt doch eines, und das werden auch Sie nicht bestreiten können. Ich habe es schon einmal bei der Debatte des Wehrpflichtgesetzes gesagt, meine Damen und Herren, und ich sage es eben heute noch einmal. Es ist doch so: Jede Armee, die nur aus Berufssoldaten besteht und für die es keine Reserven gibt, verliert mit jedem Tage des Krieges durch ihre Ausfälle an militärischem Wert.

(Sehr richtig! in der Mitte.)

Habe ich keine Reserven, muß ich sie nach der Methode des Volkssturms einziehen, und das wäre wirklich organisierter Massenmord. Dazu geben wir uns nicht her.

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

Wenn unsere potentiellen Gegner wissen: man hat hier in Westeuropa, vor allem bei den Deutschen, nur eine Armee ohne Wehrpflicht, dann können sie sich ausrechnen, wann diese Armee wenigstens 50 °/o an militärischem Wert verloren hat. Wenn sie aber wissen, hinter den Soldaten — seien es 200 000, seien es 400- oder 500 000 — steht die Zahl der ausgebildeten Reservisten, die einspringen können, dann werden sie unsere Kampfkraft höher veranschlagen, und damit steigt das Risiko des Krieges, und damit steigt auch die Hoffnung, den Frieden erhalten zu können.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Ein Berufsheer, hinter dem keine Reserven stehen, ist im Ernstfall ziemlich wertlos. Deshalb gibt es eine Sicherheit für alle nur auf der Grundlage der allgemeinen Wehrpflicht.

(Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien.)

Solange Sie, meine Damen und Herren von der
SPD, das nicht anerkennen, ist das schöne Wort


(Dr. Jaeger)

von der „Sicherheit für alle" wahrhaftig nicht mehr als eine Wahlparole.

(Wiederholter Beifall bei den Regierungsparteien.)

Sie müssen endlich einmal begreifen, daß Sicherheit kein Geschenk ist, das man vom lieben Gott oder von den Amerikanern bekommt, sondern daß man sich Sicherheit erarbeiten und verdienen muß.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Aber ich komme jetzt zu Ihrer Konzeption; alles der Reihe nach. Sie stehen jetzt, nachdem Sie früher gegen alles waren, auf dem Boden des Freiwilligenheeres. Das ist immerhin etwas. Herr Kollege Ollenhauer, der leider hier nicht anwesend ist,

(Abg. Wehner: Das haben Sie schon einmal gesagt!)

hat das so erklärt, so daß es doch wohl die Meinung seiner Partei ganz offiziell ist und ich es auch als solche hier annehmen darf. Wenn es die Meinung der Sozialdemokratischen Partei ist, ist es hoffentlich auch die Meinung der sozialdemokratischen Fraktion, nicht nur der Mitglieder des Verteidigungsausschusses, sondern beispielsweise auch des Herrn Kollegen Blachstein, der in einem bekannten Nachrichtenmagazin als der Hauptgegner des Herrn Erler herausgestellt wurde. Es ist hoffentlich auch die Meinung des Herrn Kollegen Dr. Wenzel. Ich fände es sehr beachtlich, wenn der Präsident der deutschen Kriegsdienstverweigerer für ein Berufsheer ist, denn damit wertet er den Soldatenberuf moralisch höher, als seine Anhänger das mitunter tun. Ich stelle das alles nur einmal fest als logische Schlußfolgerung ,aus dem, was Herr Kollege Ollenhauer gesagt hat. Aber wenn Sie für eine Berufsarmee sind, wenn Sie eine Freiwilligentruppe wollen und wenn Herr Kollege Erler— er muß uns vielleicht noch einmal sagen, ob als Privatmeinung oder als Meinung seiner Fraktion — 200 000 Mann für erforderlich hält, dann scheint es mir unverständlich, warum Sie bisher so gut wie alles, was wir haushaltsmäßig für dieses Heer gefordert haben, abgelehnt haben; denn wir haben bisher ja nur ein Berufsheer.
Herr Kollege Schmidt (Hamburg) hat im Bundestagsausschuß für Verteidigung in sehr scharfer Weise gegen das Programm zur Beschaffung von Waffen, vor allem gegen das Panzerprogramm operiert. Er hat es mit Argumenten getan, die mir nicht durchschlagend zu sein scheinen; denn er hat gesagt, das sei zuviel, und das sei nicht das Richtige, und man müsse alles anders machen. Wie allerdings, wurde nicht gesagt. Wir haben dann — nicht weil es Herr Schmidt (Hamburg) so gewünscht hat, sondern weil es die Meinung meiner politischen Freunde war, der ich schon sehr früh Ausdruck gegeben habe — das Programm sehr wesentlich geändert und daraus alles gestrichen, was nach dem 1. April 1958 liegt, in der Erkenntnis, daß man nicht weiß, wie dann rüstungsmäßig die Anforderungen sind, und daß wir uns auf das beschränken sollen, was im Augenblick notwendig ist. Nachdem wir das Programm so weitgehend gekürzt hatten und vor der Schlußabstimmung standen, hat Herr Kollege Schmidt mir die Frage zugeworfen: Herr Vorsitzender, könnten wir nicht noch mehr kürzen? Dann habe ich gesagt, Herr Schmidt, ich lasse gern mit mir reden; wollen wir einmal miteinander reden. Wenn ich jetzt vorschlage, den Rest, den wir noch bewilligen wollen, um 50 % zu kürzen, stimmen Sie dann zu? Da hat Herr Schmidt gesagt: Sie können kürzen, was Sie wollen, wir stimmen nicht zu.

(Lachen und Zurufe von der Mitte.)

Es geht nicht um die Art der Bewaffnung, sondern es geht gegen die Bewaffnung überhaupt.

(Sehr richtig! in der Mitte.)

Man will also freiwillige Soldaten, aber man will ihnen keine Waffen in die Hand geben; eine sehr konsequente Wehrpolitik!
Wie steht es nun mit den Stellen? Heute werden 50 000 neue Stellen geschaffen. Unter diesen 50 000 neuen Stellen stehen aber nur 10 000 Wehrpflichtige; 40 000 sind Berufssoldaten. Meine Damen und Herren von der Linken, wir werden Ihnen eine Freude bereiten: wir werden im Ausschuß beantragen, daß man diese zwei Punkte stellenplanmäßig scheidet in Stellen für die Wehrpflichtigen und Stellen für die Berufssoldaten. Dann können Sie gegen die 10 000 Wehrpflichtigen stimmen; aber was tun Sie mit den 40 000 Berufssoldaten? Das wollen wir dann einmal sehen!

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Mellies: So dünn sollten Sie es nicht machen, sondern Sie sollten wissen, daß die allgemeine Konzeption dahintersteht!)

Meine Damen und Herren, Sie haben gesagt, Sie wollen keine Kluft zwischen Soldaten und Sozialisten. Wie wollen Sie denn ein positives Verhältnis der Soldaten zur Sozialdemokratischen Partei haben, wenn Sie ihnen keine Waffen bewilligen, wenn Sie ihnen keine Stellen bewilligen und wenn Sie ihnen durch die Ablehnung des Soldatengesetzes keine Rechte bewilligt haben?!

(Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD: Macht Ihnen das Sorge? — Weitere Zurufe links.)

Was Sie tun, meine Damen und Herren, das ist doch gar nichts anderes, als theoretisch ja sagen zur Bundeswehr und in Wirklichkeit diese Bundeswehr materiell und personell aushungern.

(Abg. Könen [Düsseldorf]: Was Sie tun, dafür gibt es einen leider unparlamentarischen Ausdruck! — Weitere Zurufe von der SPD.)

Ihre Politik ist gegen die Bundeswehr und damit gegen die neuen Soldaten gerichtet.

(Fortgesetzte Zurufe von der SPD.) Lassen Sie mich jetzt darauf kommen!


(Abg. Rehs: Sie fühlen sich wohl gestern zu kurz gekommen?)

— Ach, Herr Kollege, ich habe gestern darauf verzichtet, zu sprechen, weil ich mir noch einiges für heute vorbehalten wollte.

(Zurufe von der SPD.)

Denn gestern haben die Argumente meiner Freunde völlig ausgereicht, um Sie in die Ecke zu spielen.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Lachen und Zurufe bei der SPD.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein Berufssoldat, wie Sie ihn theoretisch wollen, der sich der Sozialdemokratischen Partei annähert, würde nicht nur beruflich Selbstmord begehen — weil Sie ihm die Stelle verweigern —, er würde


(Dr. Jaeger)

überhaupt Selbstmord begehen, weil er im Ernstfall keine Waffen hätte.

(Abg. Wehner: Mit „perverser Genugtuung" wahrscheinlich! — Weitere Zurufe von der SPD.)

— Ich bin ,darüber gar nicht erfreut. Mir wäre es viel lieber, wir brauchten uns, wie es in anderen Parlamenten ist, über die Grundlagen der Außen- und der Wehrpolitik überhaupt nicht zu streiten.

(Abg. Wehner: So geht es aber nicht, Herr Jaeger!)

— Meine Damen und Herren, wenn man Ihnen einmal Ihre eigenen Widersprüche vorhält, dann sind Sie zutiefst betroffen. Aber ich kann Ihnen versichern, ich nähere mich dem Ende — Sie können froh sein —; es hat völlig ausgereicht.
Lassen Sie mich aber noch eins sagen. Der Bundesvorsitzende der Sozialdemokratischen Partei, Herr Kollege Ollenhauer, steht vor einer bedeutsamen Reise, er fährt nach Amerika.

(Zurufe von der SPD und Auseinandersetzungen zwischen Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD.)

Ich finde dies außerordentlich erfreulich. Die Vereinigten Staaten sind ein großes und ein großartiges Land, in dem wir alle, die wir dort waren, gelernt haben und in dem hoffentlich auch Herr Kollege Ollenhauer das eine oder andere noch neu hinzulernen wird.

(Abg. Dr. Seffrin: Sie Optimist!)

Ich bin aber aus einem ganz anderen Grund froh, daß der Kollege Ollenhauer hinüberreist. Sie betonen immer — mit vollem Recht —, daß das ganze Deutschland aus Koalition und Opposition besteht und daß auch die Opposition Deutschland repräsentiert. Folglich wird Herr Kollege Ollenhauer Deutschland in Amerika auch zu repräsentieren haben, und er wird sich sehr schwer tun.

(Fortgesetzte Zurufe von der SPD.)

Denn wenn man nach Amerika kommt, wird man immer gefragt: „Ach, Sie kommen aus Deutschland, Sie kommen aus Adenauers Deutschland; wie glücklich, daß Sie einen so großen Staatsmann haben!"

(Heiterkeit und anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe und lautes Lachen bei der SPD und dem GB/ BHE. — Abg. Wehner meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

— Bitte, Herr Kollege Wehner!

Herbert Wehner (SPD):
Rede ID: ID0218912700
Ich muß erst die Ovationen sich legen lassen. — Herr Dr. Jaeger, darf ich Sie, weil Sie in diesem Moment so große Sorge darüber verraten, ob Herr Ollenhauer sich dort als ein Vertreter Deutschlands aufführen wird, fragen — und zugleich bitten —, ob Sie sich einmal über die Äußerungen unterrichten lassen, die Ihr Parteivorsitzender der Christlich-Demokratischen/Christlich-Sozialen Union in seiner Eigenschaft als Bundeskanzler gegenüber anderen Staatsmännern im Ausland über sozialdemokratische Politiker und über Mitglieder dieses Hauses gemacht hat.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0218912800
Herr Kollege Wehner, ich habe gar keine Sorge, daß Herr Ollenhauer sich nicht als ein Vertreter Deutschlands fühlt; denn dazu ist er staatspolitisch viel zu verantwortlich. Ich stelle nur fest, daß er es ist, und gebe meiner Freude darüber Ausdruck. Ich glaube aber, daß, wenn man in Amerika über die deutsche Innenpolitik etwas weiß — und man weiß auf dem Gebiet der Wehrpolitik viel. davon —, Herr Ollenhauer sich sehr viel schwerer tun wird als beispielsweise der Herr Bundeskanzler.

(Lebhafte Zurufe von der SPD.)

Nun ist Herr Ollenhauer nach der Meinung des bayerischen Landesvorsitzenden der SPD, des Herrn von Knoeringen, der einzig mögliche Kanzlerkandidat der SPD, im Falle eines Wahlsieges also der deutsche Bundeskanzler. Er ist ein Mann, dem man im In- und Ausland mit besonderer Aufmerksamkeit gegenübertreten wird. Man wird die Bedeutung dieses Mannes und seiner Politik danach bemessen, wieweit die Außenseite der sozialdemokratischen Politik bei den Erklärungen in Amerika und die Innenseite der sozialdemokratischen Politik bei den Erklärungen hier im Bundestag miteinander übereinstimmen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Herr Ollenhauer hat sich neulich zur Vertragstreue bekannt. Das verschafft ihm sicherlich in Amerika ein gutes Echo, auch wenn man ihm sagen wird, daß eine volle Vertragstreue nur bei Einführung der Wehrpflicht möglich ist.

(Abg. Eschmann: Das ist doch Unfug und Quatsch! — Weitere Zurufe von der SPD.)

— Verzeihung! „Unfug und Quatsch!" ist doch kein Argument, Herr Eschmann! Als ehemaliger Hauptmann hätten Sie mir so etwas vielleicht am Kasernenhof sagen können, als ich noch Rekrut war; hier nehme ich das nicht an.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD.)

Meine Damen und Herren, ich komme zum Ende. Ihre Meinung — links — ist, daß die Vertragstreue durch ein Berufsheer von 200 000 Mann erfüllt werden kann. Nun gut, dann lassen Sie es nicht bei den Worten bewenden, dann lassen Sie Taten folgen, dann, meine verehrten Damen und Herren, stimmen Sie den 50 000 Planstellen zu, die wir haben wollen. Sie liegen im Limit der Armee von 200 000 Mann, die Herr Erler bejaht hat. Sie erhöhen die Gesamtzahl nur auf 130 000. Es sind nur 10 000 Wehrpflichtige dabei; denen brauchen Sie nicht zuzustimmen. Aber stimmen Sie den 40 000 Berufssoldaten zu! Das ist die Frage, die ich hier und heute an Sie, an die Partei des Herrn Ollenhauer, richte. Ich bitte Sie, hier und heute darauf zu antworten: wie wollen Sie Ihre Grundsatzerklärung zur Vertragstreue durch ein Berufsheer mit Ihrer Ablehnung dieser Vorlage vereinbaren?

(Anhaltender lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0218912900
Das Wort hat der Abgeordnete Schmidt (Hamburg).

Helmut Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0218913000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu dem von dem Herrn Verteidigungsminister recht sachlich und nüchtern begründeten Entwurf eines Fünften Nachtrags-


(Schmidt [Hamburg])

haushalts möchte ich eine Reihe von Einzelbemerkungen machen.

(Abg. Bausch: Wir haben hier die erste Lesung mit einer Grundsatzdebatte! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

— Haben Sie keine Angst, Herr Bausch! Sie haben mich doch sonst nicht unterschätzt.
Herr Minister Strauß, soweit ich sehe, ist dies der erste Etat, der voll unter Ihrer Verantwortung hier eingebracht wird. Infolgedessen wäre es an und für sich zu erwarten gewesen, daß Sie die Grundsatzdebatte, die Herr Bausch von uns verlangt, Ihrerseits zunächst einmal mit einer grundlegenden Darlegung Ihrer sogenannten Konzeption vorbereitet hätten.

(Zuruf von der Mitte: Wie oft denn noch!)

— Wie oft denn noch? Ich komme gleich darauf zurück. — Um die neue Konzeption kennenzulernen, werden wir ja noch etwas warten müssen. Deswegen können wir uns heute hier, soweit die Konzeption den Verteidigungsminister angeht, nicht auseinandersetzen, wohl aber, soweit sie diese bemerkenswerte, weil außerordentlich üble Rede des Herrn Dr. Jaeger angeht.

(Zurufe von der Mitte: Ausgezeichnet! — Das war ein sehr gutes Lob!)

— Ich bleibe dabei, meine Damen und Herren von der Rechten: das war eine der übelsten Reden der letzten zwölf Monate.

(Beifall bei der SPD. — Abg. Majonica: Jetzt unterschätzen Sie sich selbst, Herr Schmidt! — Abg. Dr. Kliesing: Was wir von Ihnen hören, Herr Schmidt, beruhigt!)

— Herr Jaeger hat zu beweisen versucht, wir Sozialdemokraten hätten die Wehrpflicht erst dadurch ermöglicht, daß wir der zweiten Grundgesetzänderung zugestimmt hätten. Zwei Minuten später hat er zu beweisen versucht, Sie hätten zwar dem Volk das Opfer der Wehrpflicht auferlegen wollen, wir aber nicht. Wo ist da die Logik?

(Zuruf von der Mitte: Sie haben nicht recht zugehört!)

Es kommt mir aber eigentlich darauf an, den Zettelkasten des Herrn Jaeger etwas zu vervollständigen. Er hat ja von dem „großen Staatsmann", dem Bundeskanzler der Bundesrepublik und Parteivorsitzenden der CDU/CSU, gesprochen

(Zuruf von der Mitte: Sie sind nicht im Bilde!)

und gleichzeitig behauptet, daß die Wehrpolitik dieses Kanzlers und dieser Partei seit 1951 vom ersten Tage an „klar, gerade und eindeutig" gewesen sei. Es tut mir leid, daß der Herr Dr. Jaeger mit seinen Zitaten bei dem Jahre 1951 angefangen hat. Warum eigentlich nicht bei 1950, Herr Dr. Jaeger? Ich habe hier ein Zitat Ihres „großen Staatsmannes" aus dem Jahre 1950. — Das mit dem „großen Staatsmann" haben Sie gesagt, ich zitiere das nur. —

(Abg. Dr. Jaeger: Es ist auch meine Überzeugung!)

Der Herr Bundeskanzler hat am 20. April 1950 erklärt: „Eine Aufstellung von militärischen Streitkräften in Deutschland wünschen wir nicht, wir haben genug vom Kriege."
Zuruf von der Mitte: Haben wir auch! —
Weitere Zurufe von der Mitte.)
Am 6. August 1950, als gleichzeitig schon seine geheimen Verhandlungen mit den Hohen Kommissaren da oben über jene Angebote im Gange waren,

(Zuruf: Petersberg-Abkommen!)

erklärte er: „Ich habe mich wiederholt gegen die Wiederaufrüstung Deutschlands ausgesprochen,

(Zurufe von der Mitte: Richtig! — weitere Zurufe von der Mitte — Abg. Dr. Mommer: Waren damals die Russen nicht so gefährlich?)

weil ich vor allem dem tiefen Friedenswillen des deutschen Volkes und der deutschen Jugend Ausdruck geben will, die einen tiefen Abscheu vor Uniformen und Waffen hat."

(Erneute Zurufe von der Mitte.)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0218913100
„Es muß ein für allemal klargestellt werden, daß wir prinzipiell gegen eine Wiederaufrüstung der Bundesrepublik und damit auch gegen die Errichtung einer deutschen Wehrmacht sind."
Was heißt nun „prinzipiell"? Ist das ein Grundsatz mit Ausnahmen, wobei die Ausnahme zur Regel wird? Oder wie war es gemeint?

(Zuruf von der Mitte: Das wissen Sie ja selbst! — Abg. Dr. Mommer: Damals waren die Russen noch harmlos?!)

— Nein, die waren gar nicht harmlos. Herr Kiesinger hat uns gestern erklärt, daß die russische Machtpolitik von 1945. 1946, 1947, 1948 bis heute immer dieselbe gewesen sei, immer dieselbe; sie war infolgedessen 1949, als der Bundeskanzler diese Äußerung machte, schon dieselbe, ebenso 1950 und 1951, wenn Herr Kiesinger recht hat.

(Abg. Dr. Jaeger: Aber die Politik der Westmächte war eine andere!)

— Herr Dr. Jaeger, es hat sich eben nicht nur die Politik der Westmächte gewandelt, sondern es haben sich insbesondere — und darauf kommt es mir jetzt an, ich rede ja nicht von- den Staatsmännern der Westmächte, sondern von Ihrem „großen Staatsmann" — und vor allem cl essen Auffassungen gewandelt; d a s steht hier zur Diskussion.
Wenn einer im Glashaus sitzt, soll er nicht nach anderen mit Steinen werfen. Und wenn Sie aus dem Zettelkasten Inkonsequenzen und zu verschiedenen Zeitpunkten und unter verschiedenen Umständen verschiedene Nuancen bei Sozialdemokraten feststellen wollen, dann haben wir wohl ein gutes Recht, festzustellen, daß die unbedingte Ablehnung jeder Wiederaufrüstung durch den Bundeskanzler im Jahre 1949 und das heutige unbedingte Bekenntnis zu einer möglichst umfangreichen, mit möglichst großen Reserven ausgestatteten Aufrüstung nicht mehr ein Widerspruch in der Nuance, sondern ein kategorischer Widerspruch ist.

(Beifall bei der SPD.)

Nun geht das ja weiter. In den folgenden Jahren haben Sie zunächst gesagt: Wir sind verpflichtet,


(Schmidt [Hamburg])

509 000 Mann zu stellen. Darauf haben Ihnen die Sozialdemokraten nachgewiesen, daß wir dazu nicht verpflichtet sind. Dann hat die Bundesregierung — das war der Verteidigungsminister Blank — gesagt: Wir sind doch verpflichtet. Und dann haben die Sozialdemokraten ihn in die Ecke getrieben, und darauf ist Herr Dr. Richard Jaeger auf diesen Platz gegangen und hat gesagt: „Ich will ja zugeben, daß wir nicht verpflichtet sind, aber wir wollen 500 000 Mann." Das war schon die nächste Inkonsequenz. Herr Dr. Jaeger hatte das noch gar nicht lange ausgesprochen, da kam es in Königswinter, oder wo es immer gewesen ist, zu internen Auseinandersetzungen in der CDU/CSU-Fraktion, und da hat der gegenwärtige Verteidigungsminister und damalige Sonderminister Strauß gesagt: „300 000 Mann tun es auch."
Nun, ich kann verstehen, Herr Dr. Jaeger, daß Herr Strauß genau wie Herr Erler das Recht hat, eine private Meinung zu haben. Aber wenn Sie dem Herrn Erler das vorwerfen — was Sie getan haben —, dann haben wir vielleicht das Recht, den Verteidigungsminister zu fragen, was eigentlich die wirkliche Meinung und die wirkliche Planung der Bundesregierung ist. Sie haben von 50 000 Stellen geredet, und Sie wissen ganz genau, daß der Verteidigungsminister von diesen 50 000 Stellen bis zum 30. April nicht eine einzige besetzen kann. Wenn er sie für die zukünftige Planung braucht, wie er gesagt hat, dann wird Ihre Mehrheit sie ihm ja im Haushalt 1957 verschaffen, der am 1. April in Kraft treten wird. Da gibt es also gar keine Rederei, sondern es handelt sich darum, daß die verschiedenen Verteidigungsminister der Bundesrepublik im Laufe der letzten vier Monate verschiedene Zahlen über ihre Aufstellungsplanungen in die Öffentlichkeit gegeben haben. Ich brauche es wohl im einzelnen nicht vorzulesen; ich habe die dpa-Meldungen hier. Das ist also Ihr „stetiger, klarer, eindeutiger" Kurs. Insgesamt ist das, was wir bisher aus offiziellem Munde über die Planung des Aufbaus der Bundeswehr gehört haben, deswegen so unglaubwürdig, weil es sich laufend widerspricht und weil nicht der Herr Strauß hier eine sachliche, nüchterne Rede über den von ihm geplanten Aufbau der Bundeswehr gehalten hat, sondern der Herr Dr. Jaeger eine Wahlrede.
Es wäre sehr erfreulich, sehr wünschenswert, wenn die Bundesregierung, da sie sich schon nicht mit mündlichen Erklärungen auf dieses Gebiet begibt, dem Hause wenigstens einmal eine Denkschrift über den geplanten Aufbau der Bundeswehr, sagen wir, für die nächsten zwei, drei Jahre — wenn Sie noch so lange hier allein bestimmen können — vorlegte. Das Vorlegen der Denkschrift hätte den Nachteil, daß sie jedenfalls vorher darüber nachdenken müßte, was sie da hineinschreiben soll. Für uns wäre es ein Vorteil, daß wir so endlich einmal in den Genuß einer klaren Konzeption Ihrer Seite kämen.
Wir möchten auch endlich wissen, ob die Bundesregierung wirklich die Absicht hat, die Wehrpflicht vor der Wahl durchzuführen, oder ob es nicht vielmehr so ist, daß Sie nur dem Schein nach — um vor der Öffentlichkeit so tun zu können, als ob Sie Ihren Standpunkt durchgesetzt hätten — die Wehrpflicht durchführen, während es sich in Wirklichkeit um als Wehrpflichtige getarnte Freiwillige handelt. Das ist eine der vielen großen Unklarheiten, die zur Zeit in Ihrer Wehrpolitik festzustellen sind. Dabei wissen wir ganz genau, daß genug Freiwillige zur Verfügung stehen, so daß Sie Wehrpflichtige eigentlich noch nicht brauchen.
Im Zusammenhang mit dieser Personalplanung möchte ich fragen: Wie ist denn nun die Aufstellungsplanung? Der Herr Blank hat uns unter „geheim" oder sogar „GKdos" vor einiger Zeit im Verteidigungsausschuß eine Reihe von Divisionen und anderen Einheiten, Stäben oder Verbänden genannt, die er aufstellen will. Das ist aber offenbar inzwischen auch nach Ihrer eigenen Einsicht hinfällig. Der Herr Bundesverteidigungsminister von heute hat uns bisher nicht — wohl aber der Presse — eine solche Aufstellungsplanung gegeben. Wohl befinden sich einige Erläuterungen in dem Fünften Nachtragshaushalt, der uns heute vorliegt, und in dem Entwurf des Bundeshaushalts 1957. Aber diese Erläuterungen stimmen wiederum nur mit den Planstellenziffern überein, die dort eingesetzt sind. Herr Strauß hat selber angekündigt, daß er in Wirklichkeit gar nicht so viel Planstellen brauche. In dem Haushalt für 1957 stehen, glaube ich, 270 000 Planstellen. Herr Strauß hat selber vor der Presse gesagt, er werde bis Ende 1957 nur 120 000 Mann unter Waffen bringen, und wenn es hoch komme und die Räumung der Kasernen durch die Alliierten und das Neubauprogramm es zuließen, würden es vielleicht 135 000 werden. Er hat also doppelt so viel Planstellen drin, wie er wirklich ausfüllen kann. Es ist also die Frage, wieviel er im Rahmen dieser doppelt so vielen Planstellen tatsächlich aufstellen will. Wir wissen es nicht; wir möchten es aber gern einmal wissen, Herr Minister.
Art. 78 a des Grundgesetzes bestimmt, daß sich die Grundzüge der Organisation und die Stärke der Streitkräfte aus dem Haushaltsplan ergeben müssen. Das ist einstweilen nicht der Fall. Vielleicht werden Sie das im Verteidigungsausschuß noch nachholen und korrigieren können. Was zur Zeit in den Erläuterungen des Haushaltsplans drinsteht, wird dieser grundgesetzlichen Anforderung materiell und, ich füge hinzu, auch formell nicht gerecht. Ich möchte den Haushaltsbearbeitern und den sonstigen Mitarbeitern des Herrn Ministers Strauß empfehlen, sich einmal den Reichswehrhaushalt des Jahres 1929 anzuschauen. In der Weimarer Reichsverfassung gab es meines Wissens keine Bestimmung, wonach die Stärke und die Gliederung aus dem Haushalt hervorgehen mußten. Aber schauen Sie sich einmal an, mit welcher Akribie das damals gemacht worden ist! Da können Sie genau feststellen, wieviel Nachrichtenabteilungen, wieviel Bataillone, wieviel Zeugämter usw. es geben sollte. Sie können feststellen, daß z. B. die 7 Bataillone der Pionierwaffe 7 Oberste haben würden, 28 Hauptleute, 42 Oberleutnante, 70 Oberfeldwebel, 14 Köpfe Dienstgrade verschiedener Art, 147 Feldwebel usw. usw., ganz genau! Da war kein Muscheln möglich, kein Hin-. und Herschieben. Was wir dagegen heute haben, ist eine unbeschränkte Möglichkeit des Hin-und Herschiebens ohne jede parlamentarische Kontrolle. Diese Sorgfalt beim Aufstellen von Wehrhaushalten einschließlich der Organisation der Gesamtwehrmacht und ihrer Stellenpläne gab es, nebenbei bemerkt, auch schon viel früher, nämlich schon 1913 und in den Jahren davor. Was wir heute haben, ist ein Rückfall in Zeiten weit vor Wilhelm II!
Übrigens, bei dem Vergleich der Haushaltspläne der Reichswehr mit heute ist mir aufgefallen, daß die Reichswehr im Jahre 1929 insgesamt 750 Generale und Stabsoffiziere hatte. Davon entfielen auf das Ministerium 130, das sind rund 20 %. Heute sollen im Ministerium insgesamt achtmal soviel


(Schmidt [Hamburg])

Stabsoffiziere sitzen wie in der ganzen Truppe zusammengenommen.

(Hört! Hört! bei der SPD.)

Es ist vielleicht nützlich, daß man auf diesen Punkt einmal hinweist; er liegt im übrigen nicht im Zentrum meiner Darlegungen. Aber ich glaube, Herr Verteidigungsminister, bei solchen Dingen darf man sich nicht wundern, wenn in der Truppe von Ihrem „Bonner Wasserkopf" die Rede ist.
Nun haben Sie im Zusammenhang mit dem Haushalt von Ihrer Rolle als Postbankier gesprochen. Aber Sie haben dabei nur die Hälfte der Tatsachen dargelegt. Über das, was der Verteidigungsminister vorgetragen hat, hinaus, d. h. über die Gebührenvorauszahlung und das Darlehen an die Bundespost — das an und für sich schon zweifelhaft ist, das ich aber einmal gelten lassen will — über dieses hinaus hat der Postminister Lemmer vor der Presse im Januar und übrigens vorher in einer Sitzung des Postverwaltungsrates — ich wäre nicht darauf gekommen, Herr Strauß; aber Sie haben es aufgebracht, und so muß ich dazu Stellung nehmen — erklärt, zusätzlich zu den Dingen, die in Ihrem Haushalt stehen, würden Sie für 5 Jahre 250 Millionen Schatzwechsel der Bundespost ins Portefeuille nehmen. Ich habe das gestern im Postverwaltungsrat zur Sprache gebracht und dort erfahren, daß Sie das Angebot inzwischen zurückgezogen haben. Ich begrüße es, daß Sie es zurückgezogen haben; das war nämlich haushaltsrechtlich wirklich nicht möglich. Ich bedaure es natürlich für die Post, die nunmehr in der Klemme sitzt und nicht weiß, wie sie sich da heraushelfen soll.
Im übrigen haben Sie darauf hingewiesen, daß Ihrem Haushaltsentwurf eine Übersicht über die Bindungsermächtigungen angefügt sei, und Sie haben gemeint, Bindungsermächtigungen seien ein haushaltsrechtlich einwandfreies Instrument. Zweifellos, Herr Strauß, nur daß es sich hier um insgesamt 12 1/2 Milliarden handelt, die heute schon aufgelaufen sind, die wir nicht formell beanstanden, sondern materiell. Ich habe vor 4 Wochen bei einer ähnlichen Debatte diese Summe auf 11 Milliarden geschätzt. Sie ist also inzwischen noch um 1 1/2 Milliarden höher, wie ich jetzt sehe. Und ich sage Ihnen, meine Damen und Herren, es hat seit 1870/71 mit Ausnahme der beiden Weltkriege und mit Ausnahme der Aufrüstung unter den Nazis kein einziges Jahr in der deutschen Finanzgeschichte gegeben, in dem Bindungsermächtigungen von einer solchen Gesamthöhe im Verhältnis zum Gesamthaushalt jemals in Erscheinung getreten wären.

(Hört! Hört! bei der SPD.)

Das hat es wirklich nur während der beiden Kriege und bei den Nazis gegeben. Eine so ungesunde Finanzplanung ist erstmalig und einmalig in Deutschland seit 1871.

(Abg. Dr. Seffrin: Das habe ich Ihnen doch schon einmal klarzumachen versucht!)

— Ja, Sie haben das klarzumachen versucht, Herr Seffrin! Sie haben klargemacht, daß Sie nichts davon verstehen!

(Lebhafte Zurufe von der CDU/CSU. — Abg. Dr. Jaeger: Ein bissel höflicher könnten Sie schon sein! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Ist das Ihr Stil?)

— Nein, das ist der Stil von Herrn Jaeger, den ich hier kopiere.

(Abg. Dr. Jaeger: Was Stil ist, wissen Sie überhaupt nicht!)

In diesen 12 1/2 Milliarden befinden sich 3 1/2 Milliarden für Panzer und gepanzerte Fahrzeuge. Kein Mensch in diesem Hause, vielleicht mit Ausnahme des Herrn Berendsen und des Herrn von Manteuffel, weiß, was mit diesen 3 1/2 Milliarden tatsächlich gemacht wird. Keiner weiß es! Wir wissen nur, daß die alten Pläne ad acta gelegt worden sind. Es befinden sich 1,6 Milliarden DM für Schiffe drin. Keiner von uns weiß, was damit gemacht wird. Wir hören nämlich nur, daß die alten Programme zweifelhaft geworden sind.
Es befinden sich 4 1/2 Milliarden DM für Flugzeuge drin. Das ist, grob gesprochen, genauso viel, wie neulich die ganze Rentenreform ausgemacht hat. Nur für Flugzeuge! Und keiner von uns weiß, was dafür gekauft wird und bei wem.

(Zuruf von der SPD: Unerhört!)

Der Herr Verteidigungsminister hat völlige Freiheit, im Rahmen seiner 12 1/2 Milliarden DM Bindungsermächtigung, aufgeschlüsselt auf die einzelnen Waffengruppen, zu bestellen zu Zeitpunkten, die er für richtig hält, und zu bestellen, was er für richtig hält.

(Abg. Dr. Kliesing: Das ist ja nicht wahr! Das ist unwahr!)

— Das ist nicht unwahr. Herr Kliesing. — Wir wären sehr dankbar, wenn wir hierüber wieder einmal unterrichtet werden könnten, nachdem wir bisher nur wissen, daß die alten Pläne nicht mehr gelten. Auch das gehört in das Kapitel der „Klarheit" und „Stetigkeit", von dem Herr Jaeger hier gesprochen hat.
Eine solche plein pouvoir, wie sie der Verteidigungsminister heute hat, hat noch niemals ein deutscher Kriegsminister gehabt, weder unter Wilhelm II., noch in der Weimarer Republik, noch unter Hitler.

(Lebhafte Rufe von der SPD: Hört! Hört!)

Ich werde nachher Veranlassung haben, auf die Zeit vor 1913 zurückzukommen, nachdem Herr Dr. Jaeger dauernd in der Vergangenheit gekramt und auch Herr Strauß mehrfach unsern alten Parteivorsitzenden August Bebel zitiert hat.

(Abg. Dr. Jaeger: Ich habe Ollenhauer zitiert; der ist doch frischer!)

— Sie haben Ollenhauer zitiert, Herr Strauß hat Bebel zitiert, und ich werde mir erlauben, Ihre geistigen Väter aus jener Zeit zu zitieren,

(Abg. Dr. Jaeger: Das können Sie ruhig tun!)

um den Verfall der Sitten im Wehretatwesen und
im Parlamentarismus Ihnen deutlich zu machen.
Dabei komme ich zunächst auf eine Äußerung des Abgeordneten Stücklen in der Wehrdebatte des Jahres 1913.

(Abg. Dr. Jaeger: 1913?)

— 1913! Das war der Onkel von unserem Freunde Stücklen. Sie sehen, der Neffe ist inzwischen politisch ein wenig entartet — wenn er es mir nicht übelnimmt!

(Heiterkeit.)



(Schmidt [Hamburg])

Der Onkel Stücklen hat den damaligen Reichsmilitäretat, von dem ich noch einmal sage: er war wesentlich übersichtlicher und klarer als der von Herrn Strauß, damals als das Unübersichtlichste bezeichnet, was man sich denken könne. Sie sehen also, der Onkel war aus aufrechterem Holz gemacht als der Neffe.

(Abg. Dr. Jaeger: Eine geringere Phantasie!)

Das dürfte der nämlich heute nicht öffentlich sagen, auch wenn er es glauben würde.
Übrigens gab es damals auch eine FVP. Das hieß allerdings etwas anders, wurde aber genauso abgekürzt. „F" bedeutete damals „fortschrittlich" — so ändern sich eben die Zeiten!

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD.)

Der Redner Müller-Meiningen von der Fortschrittlichen Partei sagte damals in derselben Debatte — es war die Wehrdebatte im Jahre der Heeresvermehrung; das war eine große Geschichte, die damals passierte —:
Wir haben allen Grund, das Budgetrecht des
Reichstags so ängstlich zu wahren wie jemals.
Wenn doch die FVP von heute und ihr General
von Manteuffel ähnlich gute Parlamentarier wären!
Übrigens hat derselbe Abgeordnete dabei abgehoben auf die Unterstützung sogenannter vaterländischer Vereine aus dem Fonds des damaligen Kriegsministeriums. Heute heißen diese vaterländischen Vereine „Arbeitsgemeinschaft demokratischer Kreise" oder ähnlich. Ihre Aktivität ist eher schlimmer als besser. Ich komme darauf nachher zurück.
Zunächst noch ein paar Worte zur Rüstungsplanung. In diesem Haushalt stehen 80 Millionen DM für Forschung, Entwicklung und Erprobung. Jeder von uns weiß, daß diese 80 Millionen DM von heute bis zum 31. März nicht ausgegeben werden können. Aber für die nächsten beiden Jahre zusammen sind auch schon wieder 600 Millionen DM angekündigt. Ich will gar nicht die Höhe kritisieren, sondern ich möchte nur, fragen: Was soll damit eigentlich entwickelt und erprobt werden? Wer macht was in Zusammenarbeit mit wem? Der Lobbyismus auf diesem Gebiet treibt ungeahnte Blüten bis weit ins Parlament hinein.

(Abg. Dr. Seffrin: Woher wissen Sie denn das, Herr Schmidt?)

— Wir sind bereit, notfalls einen Untersuchungsausschuß über solche Themen herbeizuführen, Herr Seffrin.

(Abg. Dr. Seffrin: Das wäre gut!)

Der Bundestag besaß einmal neun Monate lang ein Organ zur Überwachung dieser und ähnlicher Vorgänge. Ich spreche von dem aufgelösten Unterausschuß für Rüstung und Beschaffung.
Zunächst möchte ich aber gerade unter diesem speziellen Gesichtspunkt des Ausschusses für Rüstungs- und Beschaffungsfragen die historische Parallele weiterführen. Im Jahre 1913, im Jahre der Heeresvermehrung, beantragte die damalige sozialdemokratische Fraktion die Einsetzung einer parlamentarischen Kommission zur Prüfung der gesamten Rüstungslieferungen für Reichsheer und -marine. Zu diesem Antrag sagte damals der Abgeordnete Erzberger von der Zentrumsparted, die damals eine bedeutende Partei war, — —

(Abg. Kiesinger: Wir haben es nicht vergessen! — Abg. Dr. Kliesing: Sie haben recht!)

— Ja, wenn man so sieht, wie Sie heute mit der Zentrumspartei umgehen,

(Heiterkeit bei der SPD)

war es vielleicht doch angebracht, diesen Hinweis zu machen. — Herr Erzberger, der damals für den sozialdemokratischen Antrag sprach, sagte wörtlich folgendes — das könnte man heute genauso sagen —:
Ich muß der Auffassung, als hätte der Reichstag nicht das Recht, sich um die Verwendung dieser Mittel zu bekümmern, auch soweit Lieferungen vergeben werden, auf das allerentschiedenste widersprechen.
Klammer auf im Protokoll:
Lebhafter Beifall im Zentrum, bei den
Nationalliberalen, links und bei den Sozialdemokraten.)

(Abg. Kiesinger: Das waren noch schöne Zeiten!)

— Das war eben noch ein Parlament, obwohl es verfassungsmäßig weniger Rechte hatte als dieses, das von seinen Rechten keinen Gebrauch macht, Herr Kiesinger!

(Lebhafter Beifall bei der SPD.) Herr Erzberger fuhr fort:

Das Budget- und Kontrollrecht des Reichstags schließt nicht nur die Bewilligung, sondern zweifellos auch das Recht zur Prüfung ein, ob die bewilligten Gelder zweckentsprechend ausgegeben werden.
Was hätte dieser Mann, den wir um seiner nachmaligen Schaffung des Reichsfinanzausgleichs, der Reichssteuerreform, der Reichsfinanzverwaltung willen als einen der hervorragendsten Finanzpolitiker bezeichnen müssen, die Deutschland je gehabt hat, was hätte Erzberger damals wohl gesagt, wenn er die Panzermisere, von der Herr Jaeger sprach, des Jahres 1956 hätte vorausahnen können!
Herr Erzberger fuhr fort — und ich schließe mich wiederum völlig der Meinung dieses Mannes an, der im Jahre 1913 zu demselben Problem
sprach —:
Ich meine, daß gerade diejenigen Parteien, die entschlossen sind, eine Vermehrung unserer Rüstung durchzuführen, das größte Interesse daran haben, der Einsetzung einer solchen Kommission zuzustimmen, die volle Klarheit schaffen soll. Der Schlußeffekt wird sein, daß wir manche Million künftig sparen werden.
In bezug auf die M-47-Panzer würden wir heute nur statt „Million" „Milliarde" zu setzen brauchen, dann wäre alles wieder parallel.
Der damalige Sprecher der Nationalliberalen hat sich in ähnlicher Weise ausgesprochen, damals waren eben die Herren von der Rechten bessere Demokraten als heute.

(Abg. Dr. Seffrin: Was war das für ein Satz?)

Die Debatte um den ständigen Unterausschuß des Reichstages mit Recht auf zeugeneidliche Ver-


(Schmidt [Hamburg])

nehmung zur Prüfung der gesamten Rüstungslieferungen hatte natürlich auch einen konservativen Redner. Es war der Graf Westarp. Graf Westarp sagte:
Wir sind der Meinung, daß die Durchführung der Rüstungslieferungen, die Vergebungen, der Abschluß der Geschäfte, daß das alles Sache der Exekutive ist und daß dem Reichstag weder selbst noch durch Kommissionsmitglieder ein Recht zusteht, sich an dieser Durchführung der Lieferungen zustimmend oder mitwirkend zu beteiligen. Der Reichstag hat nur das Recht der etatrechtlichen und rechnungsmäßigen Kontrolle.
Ich darf zum Schluß noch erklären, daß ich meine Ausführungen gleichzeitig auch im Auftrage der Herren von der Reichspartei gemacht habe.
Könnte heute auch so passieren! Damals hießen diese Leute Westarp und nannten sich konservativ, später hießen sie Hugenberg oder ähnlich und nannten sich deutschnational, heute heißen sie Berendsen und nennen sich christlich-demokratisch.

(Beifall bei der SPD.)

Aber Namen sind Schall und Rauch, meine Damen und Herren; auf den Geist kommt es an, und der blieb absolut der gleiche.

(Abg. Rasner: Jetzt sind Sie wieder jenseits der Grenze, Herr Schmidt! — Abg. Bausch: Das ist so künstlich aufgemacht!)

— Herr Bausch, ich sehe ein, daß Sie das ärgert, aber ich setze es noch ein wenig fort.

(Abg. Bausch: Nein, das ist so sehr an den Haaren herbeigezogen, daß es auf uns keinen Eindruck macht!)

— Vorhin hat Sie die Demagogie von Jaeger gar nicht aufgeregt, Herr Bausch.
Der Vertreter des Reichskanzlers, Herr von Delbrück, erklärte damals im Reichstag, die Reichsregierung könne einer solchen parlamentarischen Kommission nicht zustimmen; sie könne nur erwägen, eine Ressortkommission einzusetzen; und sie wolle gern dazu auch ein paar Parlamentarier hinzuziehen, allerdings nur, soweit sich diese als sachkundig erwiesen hätten. — Das entsprach der damaligen Verfassungslage; die Regierung konnte es verweigern, daß das Parlament sich um solche Dinge bekümmerte. Aber sie wollte immerhin ein paar Parlamentarier zulassen. Heute ist es so, daß das Parlament, obwohl ihm das Recht zusteht, freiwillig darauf verzichtet.

(Zustimmung bei der SPD.)

Wie gesagt, neun Monate lang waren wir etwas fortschrittlicher als 1913. Inzwischen sind wir zurückgefallen. Sie haben diese vier Unterausschüsse aufgelöst. Ich glaube, daß Herr Kollege Mende seinerseits noch etwas dazu sagen will. Ich möchte glauben, daß sich der Infrastrukturausschuß unter seinem Vorsitz wirklich hohe Verdienste um das Wohl der Truppe erworben hat, hohe Verdienste aber auch um die Abstellung irrealer Planungen im Verteidigungsministerium. Ich glaube, daß Herr Kollege Dr. Kliesing und seine Kollegen im Ausschuß „Innere Führung" sich wirklich Verdienste bei der Durchsetzung moderner Gesichtspunkte bei der inneren Führung erworben haben.
Und noch ein paar Worte zu dem Ausschuß, in dem ich selber tätig gewesen bin: Wären nicht ohne unsere Bemühungen diese 14 000 Schützenpanzer längst bestellt? Wären nicht ohne unsere Bemühungen diese 4000 M-47-Panzer längst bestellt?

(Widerspruch in der Mitte.)

Wären nicht ohne unsere Bemühungen diese ganzen Flugzeugbestellungen längst erfolgt? Sie haben doch in Ihrer eigenen Fraktion das Gespräch über diese Dinge, mit dem Sie sich jetzt brüsten, Herr Jaeger, erst angefangen, nachdem wir in der Öffentlichkeit Alarm geschlagen hatten!

(Beifall bei der SPD.)

Aber das war eben peinlich, wenn in der Öffentlichkeit solche Fehler bloßgestellt wurden, und das tat Ihnen weh. Ach, wie tat das weh! Ich sehe ja ein, daß die Panzerfrage die letzte Latte zum Sarge des ersten Verteidigungsministers der Bundesrepublik gewesen ist. So etwas darf eben nicht wieder passieren. Da machte sich der Kollege Berendsen, Oberst im Generalstab a. D., auf mit dem Argument: Man hat der Presse zuviel erzählt. Als ob es erstens nicht die vornehmste Pflicht des Abgeordneten wäre, Mißstände in der Öffentlichkeit auszusprechen, damit der Druck der Öffentlichkeit die Abstellung solcher Mißstände erzwingt, wenn es die parlamentarische Minderheit allein eben nicht kann,

(Beifall bei der SPD und dem GB/BHE)

und als ob es zweitens nicht der CSU-Abgeordnete Dr. Jaeger gewesen wäre, der in einer von ihm einberufenen Pressekonferenz das Wort gesprochen hat von den Knochen eines deutschen Panzergrenadiers, die ihm für diese Panzer zu schade seien. Das waren Sie nämlich, nicht wir!

(Abg. Dr. Jaeger: Ich habe nur nicht gesagt: „diese"!)

Die Formulierung mit den Knochen eines deutschen Panzergrenadiers, die für das Zeug da zu schade sind, stammt von Ihnen. Diese — entschuldigen Sie, ich will es nicht sagen; „demagogisch" ist in diesem Hause ja mit Strafe belegt — außerordentlich eindrucksvolle Formulierung haben noch nicht einmal wir gebraucht, sondern Sie. Aber Herr Berendsen hat ja im Pressedienst seiner Partei das alles gerechtfertigt. Er schreibt:
Ich bin selbst stets bereit gewesen, eine Möglichkeit zu finden, die eine Weiterarbeit der Unterausschüsse gewährleistet hätte. Ich kann deshalb um der Sache willen die Auflösung der Unterausschüsse zwar bedauern, aber nicht mehr ändern.
Es fällt schwer, das keine Heuchelei zu nennen, meine Damen und Herren.

(Zuruf von der SPD: Er handelt nur nach Befehl! — Abg. Dr. Jaeger: Wer hat das geschrieben?)

— Herr Berendsen im Deutschland-Union-Dienst. Nun, das Rauschen im deutschen Blätterwald über diese rücksichtslose Ausnutzung parlamentarischer Mehrheitsverhältnisse zur Unterdrückung parlamentarischer Kontrolle war ja ganz schön, unisono „von der Etsch bis an den Belt",

(Heiterkeit)

von der „Süddeutschen Zeitung"

(Abg. Dr. Jaeger: Sie haben außenpolitische Vorstellungen!)



(Schmidt [Hamburg])

— nein, ich habe mich in diesem Falle nur an die Nationalhymne gehalten! —

(Abg. Dr. Jaeger: Sind Sie eigentlich deutschnational?)

bis hin zu Herrn Friedrich Sieburg in der „Frankfurter Allgemeinen", eine bemerkenswerte Unterstützung oppositioneller Gesichtspunkte, wie man wohl zugeben muß. Damit konnten wir zufrieden sein.
Nun hat mir vor ein paar Tagen ein CSU-Bürgermeister geschrieben. Ich nenne den Namen nicht
— ich kündige das gleich an —, weil ich nicht möchte, daß er ähnlichen Nachstellungen ausgesetzt wird, wie der eine oder andere seiner Parteifreunde sie erlebt hat,

(Na, na! bei der CDU/CSU)

der in öffentlicher Rede die Verteidigungspolitik seiner Partei kritisiert hat.

(Zurufe von der CDU/CSU.)

Ich lese diesen Brief vor. Der genannte Bürgermeister hat irgendwo in der Zeitung einen Artikel über die Auflösung dieser Unterausschüsse gelesen, und er schreibt nun:
Den beigefügten Artikel habe ich mit Freude und mit Bedauern gelesen. Gefreut habe ich mich, daß der Unterausschuß für Verteidigungsfragen
- er verwechselt die Begriffe etwas —
in Sachen Wehrkontrolle Mut und Geschick bewiesen hat. Bedauerlich ist es, daß im parlamentarischen Leben, wie die Auflösung des Unterausschusses zeigt, vieles von Zufällen abhängig ist.
Es war kein Zufall, meine Damen und Herren!
Ich nehme an, daß Sie trotzdem nicht locker lassen und Ihre Mitarbeit im Bundestag weiterhin von Erfolg gekrönt sein möge.
Mit verbindlichster Hochachtung
Sie können sich darauf verlassen, daß wir hier nicht locker lassen werden. Uns liegen eine Reihe von Unterlagen über höchst zweifelhafte Vorgänge im Bereich des Verteidigungsministeriums vor.

(Zurufe von der CDU/CSU: Ah!)

Wir haben alle diese Dinge bisher loyal in den Unterausschüssen behandelt ohne große Tagesordnungsdebatten. Das war im Unterausschuß Kliesing so, das war bei Herrn Mende so, das war in den anderen Unterausschüssen der Fall. Sie haben uns dieses Instrument weggenommen und zwingen uns dazu, in jedem Einzelfall ein formelles Untersuchungsverfahren herbeizuführen. Wir werden die parlamentarische Kontrolle über die Rüstung auf diesem Wege erzwingen, wenn Sie sich nicht, um die Fronten nicht unnötig zu versteifen, in der Zwischenzeit einen anderen Ausweg überlegen wollen. Die Haltung einiger Ihrer Kollegen im Verteidigungsausschuß zu dieser umstrittenen Sache hat mir ein wenig Hoffnung gelassen.
Herr Kollege Dr. Jaeger hat bei seinen Ausführungen sehr nachhaltig und wiederholt versucht, einen Keil zwischen die Soldaten und die Sozialdemokraten zu treiben. Er hat das sicherlich nicht aus dem Handgelenk, sondern nach sorgfältiger Überlegung getan. Und das ist der Punkt, Herr Jaeger, der mich dazu berechtigte, das eine „üble Rede" zu nennen.

(Zustimmung bei der SPD.)

Wir Sozialdemokraten haben weiß Gott bei jeder Gelegenheit, hier und im Ausschuß, für die Rechte der Soldaten gekämpft. Deshalb haben wir z. B. auch zu den hundert Paragraphen des Soldatengesetzes Änderungsanträge eingebracht und dafür gesorgt, daß die Änderungen hineinkamen. Daß wir dem Gesetz als Ganzem nicht zustimmten, das ist ja wohl parlamentarischer Brauch, da doch die ganze Wehrpolitik gegen unsere Richtung gemacht wird. Das machen Ihre Kollegen unter Führung des Herrn Ehard im bayerischen Landtag doch wohl nicht anders. Sie wollen doch mit Ihren Redensarten nur die Tribüne verdummen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Jaeger meldet sich zum Wort.)

— Nein! (Zurufe von der Mitte.)

— Ich gestatte keine Zwischenfrage von Ihnen.

(Abg. Dr. Jaeger: Ich habe keine Zwischenfrage abgelehnt! — Abg. Dr. Kliesing: Warum kneifen Sie denn, Herr Schmidt?)

— Herr Dr. Jaeger weiß ganz genau, daß ich bei anderer Gelegenheit auf jede Zwischenfrage geantwortet hätte. Hier ist mit einer Reihe von Bemerkungen, die über den Rundfunk, die Presse und über die literarischen Erzeugnisse der Arbeitsgemeinschaft für „demokratische Umtriebe" in die Truppe infiltriert werden sollen, der Versuch gemacht worden, die Truppe gegen die Sozialdemokratische Partei aufzuwiegeln.

(Beifall bei der SPD. — Abg. Eschmann: Herrliche Aussichten! — Weitere Zurufe von der SPD.)

Sie können nicht abstreiten, Herr Jaeger, daß wir uns bei jenem Gesetz, bei jeder Maßnahme, die beraten wurde, ob im Plenum oder in einem der Ausschüsse, mit aller Sorgfalt und Akribie und Leidenschaft dort eingesetzt haben, wo wir das Gefühl hatten, daß dem Soldaten nicht das gegeben wurde, was ihm nach unseren moralischen Begriffen zustand. Das galt genauso für die Besoldung der Unteroffiziere wie für die Ausrüstung mit Bekleidung wie für die staatsbürgerlichen Rechte wie für alles das, was nach unserer Vorstellung dem Soldaten zusteht.
Ihre Sache ist es gewesen, Zehntausende von Soldaten einzuziehen, ohne ihnen ordentlich Bett und Dach über dem Kopf zu geben.

(Sehr gut! bei der SPD.)

Ihre Sache war es, Truppen aufzustellen, die weder Waffen noch Ausrüstung hatten.

(Abg. Wehner: Sogar die Socken sind zusammengeschrumpft!)

Ich will Ihnen einige Beispiele vorlesen. Ich habe vor mir das Heft 2/1957 der Zeitschrift „Der deutsche Soldat". Das ist eine Zeitschrift, die in Ihrer Richtung, also rechts steht.

(Abg. Dr. Jaeger: Ich sitze doch in der Mitte!)



(Schmidt [Hamburg])

— Sie sitzen ganz falsch, Sie gehören nach Ihrer
heutigen Rede an den rechten Flügel, Herr Jaeger!

(Beifall bei der SPD und beim GB/BHE. — Abg. Dr. Jaeger: Ich rücke gern von Ihnen ab! — Zuruf von der SPD: Scharfmacher par excellence!)

Die Zeitschrift „Der deutsche Soldat" bringt einen ausführlichen Aufsatz über die Infanterieschule: „Hammelburg - Wiege der Infanterie". Ich zitiere daraus einige Bemerkungen. Sie sind sicherlich nicht von einem Sozialdemokraten geschrieben, sondern von einem der vielen Journalisten, die auf dem Umweg über das Bundespresseamt aus Mitteln des Verteidigungsministers Geld für die Wehrpropaganda bekommen. Aber immerhin, auch dieser Mann schreibt folgendes:
Heute sind einige im Stil eines Gartentanzlokals der neunziger Jahre ausgerüstete, mit etwa 20 Mann belegte Stuben für Daueraufenthalt kaum noch verwendbar. Sie werden vorerst trotzdem benutzt, bis Besseres erstellt sein wird.
Oder weiter:
Nicht einzusehen vermag der Soldat, daß bei einer kochentwickelten deutschen Textilindustrie Uniformhosen nach dem Waschen 5 cm kürzer werden, daß ein Halstuch aus barschem Stoff und von Taschentuchgröße ein Unding ist. Daß die Hosen des Kampfanzuges zu weit sind, mag bei der ersten Prüfung nicht sofort aufgefallen sein.
usw. usw.
Die Entwicklungsgeschichte des Stiefels scheint von unerklärlicher Voraussetzungslosigkeit zu zeugen. ... Allerdings ist sicher die Darstellung übertrieben, man habe anfangs jeder Kompanie einen Mann zum Einsammeln der in dem seifigen Hammelburger Mergelton verlorenen Stiefelabsätze folgen lassen müssen.
Ich glaube auch, daß das übertrieben ist. Aber immerhin, das schreiben die von Ihnen bezahlten Journalisten, nicht wir.
Oder es geht weiter:
Zwar besitzt das Lehrbataillon in Hammelburg einige MG 42 und ein paar Lafetten. Aber die Richtaufsätze fehlen. Sie haben weder Platzmunition noch Handgranaten noch einen Infanteriespaten. Das Schanzgerät ist zu schwer und zu selten.
Oder es geht weiter:
MG-Feuer dargestellt durch Klappern mit Blechbüchsen, die Steine enthalten,

(große Heiterkeit)

verführt, um nur ein Beispiel zu nennen, auf die Dauer zum Unernst, und dann könnte das eintreten, was der Landser von früher als „Beschäftigungstheorie" bezeichnet.

(Sehr gut! bei der SPD.)

Ich lese weitere Beispiele vor, nur damit Sie nicht glauben, ich hätte sie irgendwo zusammengeharkt oder mühselig herausgezogen. Sie sind wirklich massenhaft da. Die neueste Nummer der „Bundeswehr" — das ist das offizielle Organ des Bundeswehrverbandes — vom Januar schreibt zu all diesen Schwierigkeiten:
Der tiefere Grund liegt nicht zuerst in einem Versagen der planenden Generalstabsoffiziere, sondern an der truppenfremden Organisation der Zentralbehörde.
Es heißt weiter, daß sich im übrigen viele Reibungen daraus ergeben, daß unsere Bundeswehr bereits im Aufbau mit allen Finessen der Überbürokratisierung verwaltet, aber nicht geführt wird. Dies hätten Regierung und Parlament längst zur Kenntnis genommen. Das stimmt. Aber gerade weil das Parlament es zur Kenntnis genommen hat, deswegen werden ja auch die Ausschüsse des Parlaments aufgelöst, damit diese Dinge nicht auch zur Kenntnis der Öffentlichkeit gebracht werden können.

(Abg. Dr. Seffrin: Steht doch alles da drin!)

— Das ist meine Schlußfolgerung, die Sie mir wohl gestatten wollen, Herr Seffrin. Es gibt sehr viel Unmut in der Truppe, und Sie wissen genau — und das kann Herr Jaeger uns mit all seiner Rabulistik nicht abstreiten —, daß wir uns lange und immer wieder um die Abstellung dieser Anlaufschwierigkeiten bemüht haben. Er versucht hier wider besseres Wissen — wider besseres Wissen! —,

(Abg. Wehner: Sehr wahr!)

einen Keil zu treiben zwischen die Menschen in der Sozialdemokratie und die Menschen in der Bundeswehr.

(Sehr wahr! bei der SPD. — Abg. Dr. Jaeger: Herr Ollenhauer hat von der Kluft gesprochen, nicht ich! — Gegenruf von der SPD: Vom Schließen der Kluft! — Abg. Erler: Wir wollten keine Kluft!)

Herr Dr. Jaeger, Sie haben in raffiniertester Methode Ihren Kollegen Kiesinger von gestern morgen weit übertroffen! Herr Dr. Jaeger versucht diesen Keil zu treiben, spekulierend auf die Leute, die auf der Tribüne oder am Rundfunk

(Abg. Dr. Jaeger: Kein Rundfunk heute!)

oder als Zeitungsleser Kenntnis nehmen von Ihren Machenschaften, ohne eine Übersicht darüber zu haben, was hier wirklich vorgeht.

(Beifall bei der SPD.)

Die Klagen aus der Truppe, deren wir uns auch weiterhin annehmen werden, sind vielfältig. Es gehören auch solche Klagen dazu, daß man heute infolge der umgestellten Personalplanung Leute wieder loswerden muß, die man vorher mit gewissen Versprechungen in bezug auf Beförderungen eingestellt hat. Herr Strauß weiß das sicher selbst. Das fällt auch unter das Kapitel „Stetigkeit" der Wehrplanung.
In diesem Zusammenhang entstehen wirklich große soziale Härten, und ich glaube, man muß im Verteidigungsministerium ernsthaft überlegen, ob es hier nicht eine institutionelle Hilfe gibt oder geben müßte, insbesondere für viele derjenigen, die tatsächlich bei der Behandlung ihres Falles vor der Annahmestelle zwar nicht bindende Zusagen oder Versprechungen, aber doch gewisse legere Zusagen erhalten haben, die sie selber als viel rechtsverbindlicher aufgefaßt haben als derjenige, der sie gab. Da gibt es also eine große Zahl von Mißständen, und man muß ernsthaft darüber nachdenken, wie man diesen Menschen helfen kann.


(Schmidt [Hamburg])

Übrigens kommen bei den Annahmeverfahren auch einige eigenartige Dinge zutage. Mir liegt ein Brief eines abgelehnten Bewerbers vor, der sagt, daß das Gespräch, das man mit ihm geführt habe, 50 Minuten gedauert und sich nicht nur auf militärische, sondern auch auf rein politische Themen erstreckt habe. „Was halten Sie von der Politik der Stärke?", hat man ihn gefragt, und: „Schreiben Sie auch politische Artikel in der, Hannoverschen Presse?". Das hat man den gefragt, und nachher hat man ihn abgelehnt.
Es sind einige gefährliche Keimzellen bereits dabei, sich in der Richtung zu entwickeln, wie der Herr Dr. Jaeger die Keime dieser antisozialdemokratischen Einstellung legt, hier und dort. Ich habe erfahren, daß es in der Truppe und im Verteidigungsministerium einen Fachausdruck für eine außerordentlich interessante psychologische Erscheinung gibt. Offiziere vollbringen nämlich, wenn sie ihre vier Monate Eignungsübung hinter sich haben und endgültig bestallt werden, den berühmten „Gesinnungsknick". Die Soldaten nennen das in soldatischer Kürze den Gesinnungsknick nach bestandener Eignungsübung. Dieser Gesinnungsknick soll sich doch schon an verschiedenen Stellen bemerkbar machen. Ich nenne einige Beispiele.
Sie kennen sicherlich den Namen des Oberstleutnants Oster, des Sohnes des im Zusammenhang mit dem 20. Juli umgekommenen Generals Oster. Dieser Oberstleutnant Oster wurde aus irgendwelchen Gründen aus dem Verteidigungsministerium zu irgendeiner Division versetzt. Der Divisionär soll in der Nazizeit ein für seine innere Bereitschaft des Mitmachens bekannter Offizier gewesen sein.

(Zuruf von der Mitte: Soll gewesen sein!) — Ich sage „soll gewesen sein".


(Abg. Dr. Kliesing: Da hat der Personalgutachterausschuß aber nicht gut aufgepaßt!)

— Moment, Dr. Kliesing! Jedenfalls kam folgendes vor. Der Divisionskommandeur sagte: Den Oster will ich in meiner Division nicht haben, — und er wurde auch nicht hineinversetzt.

(Hört! Hört! bei der SPD.)

Dann gab es z. B. im Dezember, Herr Kollege Jaeger — Sie haben vom Staatsbürger in Uniform so geschwärmt —, in Köln eine Tagung für Truppenkommandeure des Heeres. Als auf dieser Tagung ein Mann aus dem Verteidigungsministerium von der Abteilung „Innere Führung" sprach, der im Rang niedriger als diese Kommandeure war, nahmen die ihre Zeitungen heraus und lasen, um demonstrativ deutlich zu machen, daß sie das nichts angehe und nicht interessiere

(Hört! Hört! von der SPD.)

Und im übrigen, wenn Sie so viel vom Staatsbürger in Uniform schwärmen, — wissen Sie, von wem dieses Wort stammt? Sie forschen doch so gern in der Geschichte.

(Abg. Dr. Jaeger: Von Graf Baudissin?)

— Nein, nein, mein Lieber. Ich weiß nicht, ob Baudissin weiß, woher es stammt. Es stammt aus einer Reichstagsdebatte des Jahres 1873, aus sozialdemokratischem Munde, aus einer Auseinandersetzung mit Moltke. Lesen Sie das nach!

(Abg. Dr. Jaeger: Damals waren Sie noch für die Wehrpflicht! — Abg. Wehner: Damals war Deutschland nicht so gespalten! Sie lesen doch sonst gern 80 Jahre alte Sachen, seien Sie nicht so bequem! — Abg. Dr. Jaeger: Bequemlichkeit können Sie mir ja kaum vorwerfen!)

— Herr Dr. Jaeger, die Sozialdemokratie hat noch niemals erklärt, für welches Wehrsystem sie eintreten würde für den Fall, daß die Wiedervereinigung hergestellt wird.

(Abg. Dr. Jaeger: Das zu wissen wäre aber sehr interessant!)

Wenn wir uns heute immer wieder gegen die Wehrpflicht aussprechen, so wissen Sie ganz genau, daß das nur mit der Tatsache des gespaltenen Vaterlandes zu tun hat.

(Beifall bei der SPD. — Abg. Rasner: Dann erzählen Sie es mal heute, Herr Schmidt! — Abg. Wehner: Für Sie ist es doch nur ein Jokus, Herr Rasner, Sie kennen doch gar keine Verantwortlichkeit! — Lebhafte Gegenrufe von der Mitte. — Zuruf von der SPD: „Wehrschuldopfer"! — Abg. Rasner: Wer schimpft, Herr Wehner, hat nie recht!)

Ich bringe einige weitere Beispiele dafür, meine Damen und Herren, wie die Saat des Herrn Kollegen Dr. Jaeger bereits in der Bundeswehr aufgeht. Es hat einen, wie mir scheint, außerordentlich umstrittenen und wahrscheinlich zu Recht umstrittenen Fernsehfilm in irgendeiner Rundfunkanstalt gegeben. Darüber haben sich Offiziere und Soldaten, wie mir scheint, mit erheblichem Recht geärgert. Ich war gerade zu der Zeit bei einer Truppe und habe diesen Arger miterlebt. Ich habe dieser Truppe — es waren Fahnenjunker oder Fähnriche — empfohlen, sie sollten doch unmittelbar einen Brief an das Fernsehstudio schreiben, daß sie das und das gesehen hätten, und sie sollten sich zur Auseinandersetzung anbieten. — So etwas Ähnliches ist nachher ja auch tatsächlich passiert.
Woanders hat man anders reagiert. Ein Brigadegeneral der deutschen Bundeswehr — ich nenne den Namen nicht; ich bin gerne bereit, ihn dem Verteidigungsminister zu nennen — hat eine Reihe von solchen Äußerungen zusammengefaßt, die aus der Truppe kamen, und hat ein Anschreiben dazu verfaßt, — nicht unter seinem persönlichen Namen, sondern unter dem Namen seiner Dienststelle. Datum: 23. 10. 56. In diesem Anschreiben — mit seiner Unterschrift — steht — als ob das etwas mit dieser Fernsehsendung zu tun haben könnte —:
Eine parlamentarische Opposition, sie möge heute so und morgen anders zusammengesetzt sein, die sich aus wahltaktischen oder anderen Gründen die innere Gegnerschaft der Streitkräfte des Staates zuzieht, kann nicht erwarten, daß der Soldat sie anerkennt und aus Überzeugung sogar für sie kämpft, wenn sie nach einer Wahl selbst die Regierung stellt.

(Lebhafte Rufe bei der SPD: Hört! Hört! — Unglaublich!)



(Schmidt [Hamburg])

Das ist genau die Saat, die dieser Mann heute gesät hat!

(Beifall und Pfui-Rufe von der SPD. — Zuruf links: Das sind ihre Methoden! — Gegenrufe und Auseinandersetzungen zwischen CDU/CSU und SPD. — Abg. Dr. Mommer: Was sagt Herr Strauß dazu? — Große Unruhe.)

„Eine parlamentarische Opposition kann nicht erwarten, daß der Soldat sie anerkennt und für sie kämpft, wenn sie nach einer Wahl selbst die Regierung stellt,"

(Hört! Hört! bei der SPD)

nämlich dann nicht, wenn sie sich die innere Gegnerschaft der Soldaten zuzieht. Und was Sie versuchen, lieber Herr Dr. Jaeger, das ist, diese bisher nur teilweise und in wenigen Ansätzen hier und dort vorhandene innere Gegnerschaft mit Fleiß zu schüren und auszuweiten.

(Abg. Bausch: Es ist Ihre Zweispältigkeit, die die Gegensätze hervorruft! — Gegenrufe von der SPD.)

Die Generale wie die Kanoniere der Bundeswehr haben dieser Bundesrepublik und jeder verfassungsmäßigen Regierung gleichermaßen loyal und treu zu dienen.

(Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Jaeger: Das habe ich doch nicht bestritten!)

— Sie haben es nicht bestritten. Sie waren zu geschickt, Herr Dr. Jaeger, um sich hinterher festnageln zu lassen in bezug auf die Politik, die Sie heute machen.

(Abg. Dr. Jaeger: Sie unterstellen das! — Gegenruf des Abg. Schröter [Wilmersdorf] : Sie haben sich heute demaskiert, Herr Jaeger! — Weitere Zurufe von der SPD.)

Damit Sie nicht den Eindruck gewinnen, als ob ich Beispiele an den Haaren herbeigezogen hätte, muß ich noch ein paar mehr bringen, damit Sie sehen, daß hier Gefahren vorliegen. Vor wenigen Tagen passierte in Bonn folgendes. Ein Offizier des Verteidigungsministeriums, den die Herren des Verteidigungsausschusses übrigens kennen — ich will auch ihn schonen und seinen Namen weglassen —, hat im leichten Suff eine Autofahrt unternommen. Er hat gar nichts pekziert. Aber irgendwie wurde er von einem Polizisten sistiert und ist mit diesem dann in einen Wortwechsel geraten. Nun ist es ja so, daß der Alkohol bisweilen die Zunge löst, und dann kommen die eigentlichen Meinungen und Auffassungen zum Vorschein, die im nüchternen Zustand verborgen bleiben. Da hat nun dieser Mann auf den Polizisten, der ihn anhielt, geschimpft und gesagt: Wie könnt ihr es überhaupt noch wagen — ihr tragt die Farben der alten Wehrmacht —, uns hier Schwierigkeiten zu machen, wo wir dazu verurteilt sind, das Mausgrau der Verräter tragen zu müssen?

(Hört! Hört! bei der SPD.)

Damit waren die Verräter vom 20. Juli gemeint. Das ist die Ideologie gewisser, hoffentlich zahlenmäßig noch nicht zahlreicher Kreise der Bundeswehr, die die gegenwärtigen neuen Symbole und Formen der Bundeswehr in ihrer Abwehr gegen das Neuartige mit dem Geist oder dem angeblichen Geist der Gruppe vom 20. Juli identifizieren. So schlägt sich das nieder.
Ich gebe Ihnen ein anderes Beispiel. Vor einer Reihe von Zeugen hat jüngst ein bereits zu dieser Dienststellung ernannter Divisionskommandeur auf einem Essen gemeinsam mit dänischen Offizieren — es gibt ja bei uns oben in Norddeutschland noch eine kleine dänische und norwegische Einheit — berichtet, wie schlecht es ihm in russischer Gefangenschaft gegangen sei. Jeder, der ein bißchen davon kennt, wird überzeugt sein, daß es ihm dort sicherlich schlecht gegangen ist. Darauf hat der dänische Kommandeur geantwortet: „Ja, das kann ich gut verstehen, ich war vier Jahre lang während des Krieges in einem deutschen KZ." Wenn es damit zu Ende wäre, wäre es gut. Aber jetzt hat der deutsche Divisionskommandeur gesagt: „Donnerwetter, da müssen Sie aber was ganz Tolles ausgefressen haben!"

(Hört! Hört! bei der SPD.)

Ich behaupte wiederum nicht, Herr Dr. Jaeger, daß das symptomatisch sei für die allgemeine Haltung unserer Soldaten; Gott sei Dank nicht. Aber es gibt solche Ansätze. Ich glaube, wir haben allen Anlaß, uns gemeinsam um diese Dinge zu bemühen, statt hier zusätzlich zu schüren.

(Abg. Bausch: Sagen Sie die Namen, Herr Schmidt!)

— Ich bin bereit, die Namen dem Herrn Verteidigungsminister zu nennen!

(Abg. Bausch: Nicht hintenherum reden! Nennen Sie Roß und Reiter! — Weitere Zurufe von der Mitte und Gegenrufe von der SPD. — Große Unruhe.)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0218913200
Bitte, Herr Abgeordneter Schmidt, fahren Sie fort.

Helmut Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0218913300
Ich habe vorhin schon angekündigt, daß ich bereit bin, die Namen dem Bundesverteidigungsminister zu nennen. Sie werden doch nicht glauben, daß ich so blöd bin, meine ganzen parlamentarischen Möglichkeiten dadurch zu entwerten, daß ich aufs Blaue hinaus Fälle konstruiere, die gar nicht stimmen. Ich wäre ja verrückt, Herr Bausch.
Ich möchte hervorheben, daß es Gott sei Dank sehr positive Gegenbeispiele gibt. Ich möchte mit besonderer Genugtuung dankbar anerkennen, daß der Kommandeur des Panzer-Lehrbataillons in Munster-Lager, der Oberstleutnant Molinari — hier fällt es mir leicht, den Namen öffentlich zu nennen —, gleichzeitig, wie ich glaube, der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, mit seinen Soldaten die verwahrlosten Gräber und Gedenkstätten von Bergen-Belsen wieder hergerichtet hat und fortlaufend pflegt.

(Lebhafter Beifall bei der SPD. — Beifall bei den anderen Fraktionen. — Abg. Dr. Kliesing meldet sich zu einer Zwischenfrage.)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0218913400
Herr Abgeordneter, gestatten Sie — —

Helmut Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0218913500
Sofort! — Ich möchte noch ein weiteres positives Beispiel erwähnen, damit nicht hinterher Herr Dr. Jaeger kommt und sagt, wir hätten alles schwarz in schwarz gemalt, seien überall dagegen und wollten nur die Soldaten beschimpfen.


(Schmidt [Hamburg])

Ich habe mich sehr gefreut, daß z. B. in den offiziellen Informationen für die Truppe, die das Verteidigungsministerium herausgibt, im Heft 3/56 eine sorgfältige Darstellung über die von uns Deutschen begangenen Judenvernichtungen zu lesen war mit all den makabren Statistiken, die man wirklich nur mit Entsetzen immer wieder zur Kenntnis nehmen kann. Aber die Hefte dieser gleichen offiziellen Unterrichtsmaterialien des Verteidigungsministeriums haben auch schon recht zweifelhafte Sachen gebracht, Herr Minister. Ich habe hier vor mir das Heft 4/56. Dort steht in der Abhandlung über die Wehrdienstverweigerer z. B. folgendes:
Es soll nur so viel gesagt werden, daß die Fassung des § 25 des Wehrpflichtgesetzes dem entspricht, was der Grundgesetzgeber gemeint und gewollt hat.
Das wissen die ja nicht, was der Grundgesetzgeber gewollt hat; das wird das Verfassungsgericht feststellen. In diesem Artikel sind eine Reihe von solchen unzulässigen Formulierungen enthalten, die um so schwerer wiegen, als der Empfänger, der einfache Truppenoffizier, der daraus unterrichtet, sie naturgemäß noch weiter vergröbern muß, um überhaupt klar anzukommen bei seinen Leuten.
In demselben Heft fiel mir ein anderer Satz auf. Da heißt es:
Als im Winter 1918/19 Ebert zum Schutze der jungen Republik aufforderte, versagten sich die Arbeiter dieser Aufgabe. Dagegen stellten sich Freikorps unter monarchistisch eingestellten Führern zur Verfügung.
Das ist eine, wie Sie selbst zugeben werden, sehr unzulässige Zusammenfassung eines sehr komplexen historischen Tatbestandes. Die Republik, die es hier zu schützen galt, hatten jedenfalls diese monarchistischen Freikorps nicht geschaffen und sie waren nicht gerade dabei, sie aufzubauen.

(Abg. Stücklen: Ebert war ja auch kein so erklärter Antimonarchist!)

Herr Stücklen, Sie hätten Ihren Zwischenruf vorhin machen müssen, als von Ihrem Onkel die Rede war!

(Heiterkeit.)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0218913600
Herr Abgeordneter, — —

Helmut Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0218913700
Einen Moment, Herr Dr. Kliesing, ich möchte diesen Gegenstand eben zu Ende behandeln.
Ich möchte damit nur sagen: bei der Abfassung solchen Unterrichtsmaterials ist große Sorgfalt notwendig, weil — ich wiederhole — es beim Gebrauch der Truppe notfalls nochmals simplifiziert werden muß, da das Niveau der Zeitschrift viel höher ist, als man es zum Truppenunterricht gebrauchen kann. Ich glaube aber, Herr Minister Strauß, daß sich die guten Ansätze in diesen Informationen für die Truppe auf die Dauer fortsetzen können.
Herr Kliesing, bitte!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0218913800
Herr Kollege Schmidt, ich habe Verständnis dafür, daß Sie, ehe Sie meine Zwischenfrage zuließen, erst Ihren Abschnitt beenden wollten. Umgekehrt werden. Sie Verständnis dafür haben, daß ich jetzt gleich zwei Fragen an Sie stellen möchte.
Die erste Frage: Sie haben hier die angebliche Entfremdung zwischen Ihnen und einem Teil der Bundeswehr beklagt. Meine Frage ist nun: Sind Sie nicht auch der Überzeugung, daß es zu einer derartigen Entfremdung beiträgt, wenn beispielsweise ein Fraktionskollege von Ihnen in öffentlichen Versammlungen unter dem Thema „Wie bleibe ich Zivilist" eine sehr bösartige Hetzpropaganda gegen das Soldatentum überhaupt treibt, wobei es nebenbei bemerkt eine merkwürdige Beschäftigung für Bundestagsabgeordnete zu sein scheint, Vorträge unter einem Thema zu halten, dessen Formulierung den Schluß erlaubt, es handle sich hier um eine Gebrauchsanweisung für die Umgebung eines Gesetzes?
Meine zweite Frage ist die: Wäre es nicht wahrhaftig von Ihnen, wenn Sie, um sowohl der Öffentlichkeit als auch der Bundeswehr ein Gesamtbild Ihrer Einstellung zu geben, die Reden, die Sie bei Ihren Besuchen in den Kasernen unter dem Tenor: „Laßt mal die SPD drankommen, dann wird es für die Soldaten viel besser!" halten, auch in den Versammlungen beispielsweise der Wehrdienstgegner halten würden und umgekehrt solche Ausführungen, wie Sie sie in den Versammlungen der Wehrdienstgegner machen, auch einmal in den Kasernen der Bundeswehr machen würden?

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Helmut Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0218913900
Herr Dr. Kliesingzunächst zur ersten Frage. Den Artikel, auf den Sie sich bezogen, kenne ich nicht.

(Abg. Dr. Kliesing: Es war ein öffentlicher Vortrag!)

Ich kann leider nicht dazu Stellung nehmen, ich kenne ihn nicht. Aber in Ihrer Fragebegründung war ein kleiner falscher Zungenschlag enthalten. Ich habe nicht eine Entfremdung zwischen Bundeswehr und Sozialdemokraten beklagt, sondern den Versuch, eine solche Entfremdung künstlich herbeizuführen.

(Beifall bei der SPD.)

Zur zweiten Frage. Ich kann nicht übersehen, welchen Herrn Kollegen Sie gemeint haben. Was meine Person angeht, so habe ich vor Wehrdienstverweigerern, vor Soldaten in der Kaserne und in internen oder öffentlichen sozialdemokratischen Versammlungen zu all diesen Fragen immer dieselbe Sprache gesprochen. Sie können in den Annalen der Evangelischen Akademie in Bad Boll in Württemberg nachlesen, daß ich dort in einer Debatte, in der auch Ihre Partei vertreten war — Herr Dr. Jaeger war anwesend —, den Standpunkt vertreten habe, daß nach meiner Auffassung auch der gewissensüberzeugte Wehrdienstverweigerer ein Interesse daran haben müßte, daß im übrigen die Bundeswehr so anständig, sauber und zweckmäßig wie möglich aufgebaut werden muß. Das ist mein Standpunkt.

(Beifall bei der SPD.)

Diese „Information für die Truppe", auf die ich jetzt zurückkommen muß, ist verhältnismäßig spät ins Leben getreten, weil man dem Ressort des Grafen Baudissin lange die bekannten Schwierigkeiten gemacht hat. Er hat erst sehr spät Mittel für diese Dinge zur Verfügung bekommen. Die Mittel für die Information und Erziehung sind


(Schmidt [Hamburg])

überhaupt minimal und geradezu lächerlich, wenn man sie mit dem Umfang der geheimen Reptilienfonds für Wehrpropaganda vergleicht.
Weil hierfür kein Geld zur Verfügung stand, hat sich inzwischen ein anderer in diese Lücke gedrängt, hat ein anderer diese Informations- und Erziehungsaufgaben weitgehend übernommen, nämlich die vorhin schon genannte Arbeitsgemeinschaft demokratischer Kreise. Diese Arbeitsgemeinschaft hat eine Schriftenreihe zur Wehrpolitik herausgegeben. Ich glaube, es sind bisher 19 Hefte mit einer Auflage von rund 3000 Stück gewesen, so daß jeder Offizier von diesen Schriften jeweils eine bekommen kann. Sie sind offiziell über den Verteiler des Bundesverteidigungsministeriums verteilt worden. Natürlich sind sie vom Presse- und Informationsamt und aus verschiedenen Fonds bezahlt worden.
Es gibt viele andere Schriften, die aus der gleichen Quelle bezahlt werden. Darin stehen manchmal sehr ambivalente Formulierungen. Hören Sie mal diese an:
Der Soldat steht im Dienst der politischen Führung seines Landes. Er muß aus eigenem Antrieb mehr leisten, als ihm vorgeschrieben wird. Wie könnte er das, wenn er dem politischen Weg seines Landes nicht zustimmt!
Ein sehr ambivalenter Satz.
Solche Sätze werden häufig ganz anders ausgelegt, als sie vielleicht gemeint sein könnten, so z. B. die „Politik der Stärke". Ich werde Ihnen gleich Beispiele dafür bringen, wie diese Sätze in den offiziellen Lehrgängen und Kursen der Bundeswehr ausgelegt werden. Das hängt nämlich auch mit dieser famosen Arbeitsgemeinschaft für demokratische Umtriebe zusammen. Warum muß man überhaupt die AdK für diese Aufgaben benutzen! Warum nimmt man nicht die Bundeszentrale für Heimatdienst, die unter dem Blickwinkel aller Parteien dieses Parlaments steht, während die Arbeitsgemeinschaft demokratischer Kreise ein Spezialkind von Herrn Lenz ist, auf das wir gar keinen Einfluß haben?! Weswegen hat sich das Verteidigungsministerium dagegen gewehrt, diese Informationsschriften in der Bundeszentrale für Heimatdienst entstehen zu lassen? Die Arbeitsgemeinschaft demokratischer Kreise gibt Lehrgänge, welche die Offiziere — auch Unteroffiziere — nichts kosten, zu denen sie dienstlich kommandiert oder beurlaubt werden. Diese selben Leute machen dann zu Hause in der Truppe den politischen Unterricht mit dem, was sie bei der AdK gelernt haben. Übrigens ist das nicht nur für aktive, sondern auch für ehemalige Soldaten. Die AdK bezahlt die Reisekosten; die Mittel kommen alle aus dem Presse- und Informationsamt.
Aber Sie machen sich keine Vorstellung davon, meine Damen und Herren, was da gesagt wird. Wir haben hier einige Berichte von Offizieren, die an solchen Lehrgängen teilgenommen haben. Hier habe ich z. B. einen dienstlichen Bericht über einen Lehrgang, zu dem die Bundeswehr einberufen hat, zu dem offiziell Redner der AdK als Referenten geladen waren. In diesem Bericht, den ein Offizier nach der Rückkehr gab, heißt es: In dem Referat des Herrn Jahn — das ist also wohl der Vorsitzende der AdK — wie des Herrn Dr. Linder „werden Töne angeschlagen und Gedanken laut, deretwegen man einen Offizier moralisch steinigen müßte".

(Hört! Hört! bei der SPD.)

In Klammer steht: „Säbelrasseln und starke Überheblichkeit hinsichtlich des militärischen Könnens
der Deutschen im Vergleich zu den Westmächten".
Ich darf aus einem anderen Bericht zitieren. Da soll auf diesem Lehrgang der Dr. Linder von der AdK Ausführungen gemacht haben, die den Berichterstatter zu folgenden Feststellungen führten: Wie Jahn ist auch Dr. Linder von der AdK der Auffassung, daß die Auseinandersetzung mit der Sowjetunion unausbleiblich ist.

(Hört! Hört! bei der SPD.)

Er läßt keinen Zweifel, daß er hiermit auch die „heiße" Auseinandersetzung meint.
Sehen Sie, so wird Ihre Politik der Stärke drunten ausgelegt und nicht so, wie es der Herr Strauß gestern etwas bagatellisierend versucht hat; und so wird das Wort ausgelegt, das der Herr Bundeskanzler, der „große Staatsmann" im Gürzenich zu Köln gesprochen hat, das Wort von dem Todfeind, der Sowjetunion. Zu solchen Revanche-Ideologien kann das führen.

(Zuruf links: Das ist schon in der Truppe drin!)

Da kommen dann folgende Sachen vor. Bitte, ich spreche von einem offiziellen Lehrgang der Bundeswehr, wo Redner der AdK auftraten. Da sagte einer von der AdK: Die Bolschewiki sammeln die Masse, die Quantität bis zum Größtmöglichen. Gegen sie kann der Weiseste, der Beste, soweit er als einzelner auftritt, nicht ankommen, selbst Gottes eingeborener Sohn nicht. — Was ist das für eine perfide Überheblichkeit!

(Pfui-Rufe von der SPD. — Abg. Wehner: NS-Schulungsbrief! — Weiterer Zuruf links: Ja, das kann man wohl sagen!)

Das ist der Geist, Herr Dr. Jaeger, den Sie, wie ich hoffe, eigentlich auch nicht wollen, wir auf keinen Fall.

(Abg. Dr. Jaeger: Nein, überhaupt nicht!)

Bisher waren wir uns darin einig, daß wir gemeinsam an der Unterdrückung solcher Schweinereien arbeiten wollten. Aber was Sie heute getan haben, war doch ganz klar und deutlich der Versuch in der Öffentlichkeit, diesen letzten Rest gemeinsamer menschlicher Anständigkeit auch noch unmöglich zu machen.

(Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Jaeger: Das ist eine ungeheure Unterstellung! Wir sind schließlich christliche Demokraten! — Zuruf von der Mitte: Eine unverschämte Beleidigung ist das! — Abg. Spies [Emmenhausen] : Sie schließen von sich auf andere! — Gegenrufe von der SPD. — Zuruf von der Mitte: Das wird langsam abscheulich! — Abg. Bausch: Das ist ganz schlecht, was Sie hier gesagt haben!)

— Sie haben ja gehört, was Herr Dr. Jaeger vorher gesagt hat, Herr Abgeordneter Bausch. Das gibt mir nicht nur das Recht, sondern erlegt mir die Pflicht auf, solche Feststellungen hier zu treffen.

(Beifall bei der SPD. — Zuruf von der Mitte: Das hat er aber nicht gesagt, was Sie ihm jetzt unterstellt haben! — Abg. Dr. Jaeger: Sie wehren sich dagegen, daß wir Sie mit den Bolschewisten auf eine Stufe stellen; ich wehre mich dagegen, daß Sie mich mit den Nazis auf eine Stufe stellen!)


(Schmidt [Hamburg])

— Herr Dr. Jaeger, da haben Sie mich mißverstanden.

(Zurufe von der Mitte.)

— Hören Sie zu! Ich habe ausdrücklich gesagt: wir waren uns immer darin einig, daß wir solche Gefahren gemeinsam bekämpfen wollten, aber Sie machen es uns durch Reden wie Ihre heutige unmöglich, diesen letzten Rest von Gemeinsamkeit des menschlichen Anstandes gemeinsam zu praktizieren.

(Erneute Zurufe von der Mitte.)

Meine Damen und Herren, es hat schon eine Reihe solcher Fehler in der Bundeswehr gegeben, eine Reihe von Übelständen und Pannen. Pannen können überall passieren, unter jedem Minister, in jeder Bundeswehr, unter jeder Bundesregierung. Übelstände können sich auch überall entwickeln. Wir haben eine Reihe von Pannen und Übelständen — diese hier waren recht bedeutsame Übelstände, nicht so en passant und beiläufig — abgestellt.

(Abg. Dr. Jaeger: Den Übelständen wird der Herr Verteidigungsminister schon nachgehen! — Weitere Zurufe von der Mitte.)

Soweit es sich um das Problem handelt, von dem ich eben sprach, so hat sich der Unterausschuß unter dem Vorsitz von Dr. Kliesing schon mit solchen Fragen beschäftigt. Wir haben ganz loyal und freundschaftlich versucht, solche Dinge miteinander ins Reine zu bringen. Sie zwingen uns durch die Einschränkung der parlamentarischen Kontrolle über die Bundeswehr

(Abg. Dr. Jaeger: Ich doch nicht!)

und über Ihre Verteidigungspolitik, all diese Dinge von jetzt an dem Plenum des Bundestages vorzutragen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Jaeger: Herr Schmidt, das können Sie doch nicht als einen Angriff gegen mich sagen! Das ist doch einfach unglaublich!)

— Ich kündige Ihnen hier, Herr Dr. Jaeger, einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß über die Umtriebe dieser sogenannten Arbeitsgemeinschaft demokratischer Kreise und ihre Finanzierung an.

(Beifall bei der SPD.)

Vielleicht wird uns der Kollege Lenz bei dieser Untersuchung helfen.

(Zuruf von der SPD: NS-Versorgungsring!)

Aber damit Sie nicht glauben, ich spräche, um Ihren Ausdruck von heute morgen zu gebrauchen, von Chimären, von Popanzen oder Schreckgespenstern

(Abg. Dr. Jaeger: Das haben Ihre Freunde gestern erfunden!)

— ich habe das von Ihnen gehört —, noch ein letztes Zitat aus dem Munde des Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft demokratischer Kreise, der laufend als Redner auf Kursen der Bundeswehr eingesetzt wird. Hier eine Äußerung vom 15. November in Hamburg vor sämtlichen Offizieren einer recht großen Dienststelle, die sehr viele Offiziere
in ihren Reihen hat. Das fängt zunächst einmal im Stil einer CDU-polemischen Wahlrede an, gegen die ich noch gar nichts hätte; der Mann redete ja in Zivil. Zunächst einmal heißt es:
Der deutsche Kredit und das Ansehen in der Welt stehen und fallen mit dem Bundeskanzler, der durchaus nicht alt ist, sondern frisch und arbeitsintensiv wie wenige junge Leute.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das stimmt doch!)

Was bei der afro-asiatischen Welt — — (Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

— Nur daß so etwas nicht vor eine Offiziersversammlung gehört, verehrter Herr Kollege!

(Zuruf von der CDU/CSU: Doch, das sollen sie wissen! Warum nicht?)

— Warten Sie ab! Ich würde an Ihrer Stelle nicht so unvorsichtig protestieren. Sie wissen ja nicht, wie dick der Hund noch wird, der hier kommt.

(Abg. Spies [Emmenhausen] : Es kommt darauf an, wie dick Sie ihn machen!)

— Ich lese nur vor, und zwar etwas, was nicht ich geschrieben habe, sondern was ich zugeschickt bekommen habe aus den Akten der dortigen Dienststelle.

(Abg. Spies [Emmenhausen] : Vom Hörensagen!) Es kommt weiter darin vor:

Ich
— also Jahn —
habe meinen englischen Freunden gesagt: Die Suessache habt ihr nicht richtig angefaßt. Wir hätten über Nacht mit einem großen Angriff alle Punkte besetzt und dann erst der Welt verkündet: Wir sind schon da.

(Hört! Hört! bei der SPD. — Abg. Dr. Seffrin: Haben Sie das vorher bestellt?)

Auf derselben Versammlung von Offizieren hat derselbe Mann gesagt:
Eine schlechtere Politik als Eisenhower hätte auch ein anderer nicht machen können. Er verhindert stets die Sprache der Waffen. Wie anders Truman in Korea! Das ist der einzige Weg im Umgang mit der Sowjetunion.

(Hört! Hört! bei der SPD. — Abg. Dr. Arndt: Unglaublich!)

Jetzt geht es weiter:
Das sind alles nur Affen, die auf Empfängen in Bonn den Botschafter der USSR hofieren. Nur die Narren der deutschen Presse können selbst heute noch von Wiedervereinigungsverhandlungen mit der USSR reden. Die Auseinandersetzung mit der SU ist unausbleiblich.

(Hört! Hört! bei der SPD. — Abg. Bausch: Das ist reiner Schwindel, was Sie hier erzählen, Herr Schmidt!)

— Lassen Sie uns untersuchen, ob das Schwindel ist!

(Zurufe von der CDU/CSU: Vielleicht können Sie das beweisen, was Sie uns hier erzählt haben! — Warten Sie uns doch mit dem Namen auf!)



(Schmidt [Hamburg])

Ich sage nochmals, meine Damen und Herren: Ich bin fest überzeugt, daß es sich bei all diesen Dingen zunächst um Keimzellen hier und da und dort handelt, die allerdings von außen — siehe AdK — geschäftig ausgeweitet werden. Aber ich glaube, man kann das noch eindämmen. Zu dem Versuch, das einzudämmen, Herr Dr. Jaeger — ich weiß, daß Sie das genauso mißibilligen wie ich —, gehört wahrscheinlich eine etwas andere Sprache zu diesen Problemen, als Sie sie heute morgen hier geführt haben. Dazu gehört wahrscheinlich ein weit stärkeres Abrücken von dem Terminus „Politik der Stärke", als es Herr Strauß gestern getan hat, und ein weit eindeutigeres Abrücken von dem Terminus „Todfeind". Hier, Herr Dr. Jaeger, in diesen Bestrebungen sind die Gefahren einer Reichswehr à la Weimar und nicht in der Frage: Wehrpflicht oder Berufsheer, wie Sie es hingestellt haben.

(Abg. Dr. Jaeger: Auf beiden Seiten!)

Wenn ich solchen Leuten außerdem noch für zwölf Monate Rekruten in die Hand gebe, besteht nur die Gefahr, daß womöglich auch die Rekruten in diesem Sinne beeinflußt werden. Oder glauben Sie, daß ein Zwölf-Monate-Soldat diese Offiziere geistig beeinflussen kann? — Sehen Sie!

(Zuruf des Abg. Samwer. — Gegenrufe von der SPD.)

— Ich verstehe den Zwischenruf nicht, Gott sei Dank. Ich weiß, es war sehr unangenehm, was ich hier zitiert habe.

(Widerspruch in der Mitte. — Abg. Dr. Jaeger: Nein, für uns nicht!)

Ich hoffe, meine Damen und Herren von der Rechten, Sie sind wirklich der Meinung, daß so etwas mit Stumpf und Stiel ausgerottet werden muß, und wir hoffen sehr, meine Damen und Herren von rechts, daß Sie uns bei dieser wichtigen Aufgabe parlamentarischer Kontrolle über die Bundeswehr unterstützen werden.
Ich bedanke mich für ihre liebenswürdige Aufmerksamkeit.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD. — Unruhe.)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0218914000
Ich möchte dem Hause noch mitteilen: im Ältestenrat ist vereinbart worden, daß dieser Punkt der Tagesordnung heute noch abgewickelt werden soll.
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Dr. Mende.

Dr. Erich Mende (CDU):
Rede ID: ID0218914100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der VIII. Ordentliche Bundesparteitag der Freien Demokraten in Berlin hat vor wenigen Tagen einmütig zum Ausdruck gebracht, daß Fragen der nationalen Verteidigung Angelegenheit des ganzen Volkes sind, nicht einer Partei. Um so bedauerlicher sind die Spannungen und die Schärfe der Auseinandersetzung zwischen den beiden größten Fraktionen dieses Hauses. Wir Freien Demokraten als die drittgrößte Fraktion haben uns —wie CDU und SPD bestätigen müssen—jahrelang bemüht, die Schärfen zwischen diesen beiden Auffassungen zu mildern und in den Grundfragen der nationalen Verteidigung möglichst zu einer Gemeinsamkeit zu kommen. Aber genauso wie der gestrige Tag kein großer Tag des Deutschen Bundestages war — Sie brauchen nur das heutige Presseecho zu prüfen —, ist auch der heutige Tag mit dieser übersteigerten Auseinandersetzung kein Ruhmesblatt. Ich fürchte, wir verwechseln immer mehr dieses Haus mit der Wahlarena, und das dient dem deutschen Parlamentarismus nicht!

(Lebhafte Zustimmung rechts.)

Lassen Sie mich nun zunächst zu einigen grundsätzlichen Fragen im Zusammenhang mit der Einbringung dieses Haushalts Stellung nehmen, um dann eine wesentliche, in diesem Hause bisher noch nicht diskutierte Angelegenheit Ihnen vorzutragen.
Wenn man nach den Ursachen der hier zutage getretenen Spannungen forscht, so ist eines jetzt schon durch die beiden Sprecher der CDU und SPD bewiesen: die CDU/CSU hat sich als Regierungspartei durch die Auflösung der Unterausschüsse einen sehr schlechten Dienst erwiesen.

(Zustimmung bei der FDP und SPD.)

Vieles, was in diesen Unterausschüssen hätte sachlich geprüft werden können, muß nunmehr vor dem ganzen Hause dargestellt werden. Wir sind sehr daran interessiert, die schwerwiegenden Vorwürfe zu prüfen, die der Kollege Schmidt von der sozialdemokratischen Opposition hier erhoben hat. Wir unterstützen daher die Arbeit eines Untersuchungsausschusses, der in der Lage sein muß, zu prüfen, was an diesen schwerwiegenden Behauptungen der Wahrheit entspricht, was entstellt oder was möglicherweise Mißverständnis ist. Wir haben auch die Überzeugung, daß der Bundesverteidigungsminister seinerseits Untersuchungen einleiten wird. Denn an der Abstellung solcher Mängel, meine Damen und Herren, sind wir alle gleichermaßen interessiert, wo immer wir politisch auch stehen. Wir alle tragen die Verantwortung dafür, daß die neue Bundeswehr auf den Schultern des ganzen deutschen Volkes ruht, nicht auf denen nur einer Partei oder Koalition, schon lange aber nicht Instrument einiger noch immer nicht Bekehrter sein darf.

(Beifall bei der FDP. — Abg. Lücke: Sie sind bekehrt?)

— Da ich nie Nationalsozialist und nie Pg. war, brauche ich nicht bekehrt zu werden wie manches andere ältere Mitglied dieses Hauses.

(Beifall bei der FDP und der SPD.)

Wir haben in Berlin grundsätzlich unsere Auffassung zur Wehrpolitik dargelegt, indem wir als Leitsatz verkünden:
Wir sind bereit, die Freiheit mit allen Kräften zu verteidigen. Wir bejahen daher eine Wehrpolitik, die der politisch-geographischen Lage der Bundesrepublik, den militärischen Gegebenheiten und der Entwicklung der Rüstungstechnik entspricht!
Die Freien Demokraten sind sich darüber im klaren, daß die Freiheit niemals nur durch Bekenntnisse gesichert werden kann. Man muß bereit sein, sie in der Notwehr sogar mit der Waffe zu verteidigen. Es ist daher unser Bemühen, eine Verteidigung aufzubauen, die im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten unsere Volkskraft wirkungsvoll zur Geltung bringt. Diese Aufgabe sollte nicht gelöst werden ohne eine zeitgemäße Verbindung mit der geschichtlichen Entwicklung unserer soldatischen Vergangenheit.


(Dr. Mende)

Auf sich allein gestellt wird nach unserer Auffassung die Bundesrepublik ihre Sicherheit nicht gewährleisten können. Wir bejahen deshalb unsere gleichberechtigte Teilnahme an der NATO in der Überzeugung, daß die für uns notwendige Verteidigungsbereitschaft und die deutsche Wiedervereinigung sich gegenseitig nicht ausschließen. Wir Freien Demokraten sind von der Notwendigkeit überzeugt, im Einvernehmen mit unseren Vertragspartnern die bestehenden Militärpakte zu einem allgemeinen europäischen Sicherheitssystem zu erweitern, um dadurch eine weltweite Entspannung zu erreichen. Dabei muß auch nach unserer Auffassung die NATO so lange erhalten bleiben, bis das neue europäische Sicherheitssystem unter Einschluß der beiden Giganten dieser Erde, Washington und Moskau, seine Zuverlässigkeit und Wirksamkeit nach menschlichem Ermessen erreicht hat.
Wir bekennen uns zu einer allgemeinen Verteidigungsdienstpflicht. Wir glauben, daß die herkömmliche Form der Wehrpflicht den Notwendigkeiten einer neuzeitlichen Landesverteidigung nicht mehr gerecht wird. Es bedarf einer umfassenderen Regelung. — Ich verweise hier auf meine Ausführungen sowohl beim Wehrpflichtgesetz im Sommer vorigen Jahres wie beim Dienstzeitgesetz im Herbst des vergangenen Jahres. — Die allgemeine Verteidigungsdienstpflicht scheint uns die modernere Form jenes Opfers des Bürgers für die Sicherheit seiner Nation zu sein. Sie hat, nach Art und Zeit abgestuft, den personellen Bedarf für den Verteidigungsfall rechtzeitig unter Berücksichtigung aller Faktoren sicherzustellen. Sie ist entsprechend gesetzlich zu regeln.
Im einzelnen schwebt uns als die ideale Lösung der Gliederung des deutschen Verteidigungsbeitrags folgendes vor. Der deutsche Verteidigungsbeitrag soll sich im militärischen Bereich auf drei Säulen aufbauen.
Erstens auf dem vertraglichen NATO-Kontingent, d. h. einer operativen Truppe unter dem übernationalen Kommando der NATO als dem Schwert. Diese Truppe wird gebildet aus Berufssoldaten und längerdienenden Freiwilligen, den sogenannten Soldaten auf Zeit; aus Verteidigungsdienstpflichtigen nur insoweit, als letztere zur Einhaltung der vertraglichen Stärke und zur Bildung der notwendigen Reserven erforderlich sind. — Schon der Bundesverteidigungsminister hat hier vor Monaten vorgetragen, daß sich der Schwerpunkt unseres Verteidigungsbeitrags aus der technischen Entwicklung zwangsläufig nach der Seite der Berufssoldaten und längerdienenden Freiwilligen verlagert — eine Frage, die in der ganzen Welt aktuell ist. Es werden bei dem Heer daher 60 % des geplanten Verteidigungsbeitrags, bei Marine und Luftwaffe sogar 90 % Berufssoldaten und längerdienende Freiwillige sein.
Auch der vorliegende Fünfte Nachtragshaushalt fordert daher 40 000 Planstellen für Berufssoldaten und längerdienende Freiwillige und nur 10 000 für die sogenannten Wehrpflichtigen an.
Die zweite Säule soll die bodenständige Heimatverteidigung sein, die unter deutscher Wehrhoheit — zum Unterschied von dem supranationalen Kommando des NATO-Kontingents — mit der Aufgabe des unmittelbaren Schutzes der deutschen Heimat betraut werden soll, gewissermaßen als Schild. Sie wird sich aus kleinen aktiven Stämmen von Berufssoldaten und längerdienenden Freiwilligen und großen Kontingenten der Verteidigungsdienstpflichtigen zusammensetzen.
Die dritte Säule ist der zivile Bevölkerungsschutz mit seinen Freiwilligengliederungen — Atomschutz, Luftschutz, Technisches Hilfswerk, Feuerwehr und Rotes Kreuz —, ebenfalls unter deutscher Verantwortlichkeit. Dieser Bevölkerungsschutz soll der Ergänzung der militärischen Landesverteidigung dienen und ist daher nach unserer Auffassung in die wehrgesetzliche Gesamtplanung einzubeziehen. Im Verteidigungsfall wird auch der zivile Bevölkerungsschutz auf eine Verpflichtung im Rahmen der allgemeinen Verteidigungsdienstpflicht angewiesen sein.
Lassen Sie mich nach dieser Darlegung der grundsätzlichen Einstellung zu der Wehrpolitik und der Gliederung des deutschen Wehrbeitrages nunmehr auf eine Frage zu sprechen kommen, die in diesem Hause bisher nicht diskutiert wurde, die normalerweise auch im Unterausschuß hätte diskutiert werden sollen, die aber nach Auflösung der Unterausschüsse ebenfalls hier vor dem Hause ausgebreitet werden muß. Wir haben bisher auch in diesem Hause immer nur entweder von der personellen Frage, d. h. also von den jeweiligen personellen Stärken, oder von der Frage der Ausrüstung gesprochen. Wir wissen aber, daß zu einem Soldaten auch die Munitionierung gehört. Auf dem Gebiet der Munitionsversorgung der neuen Bundeswehr herrscht noch eine ziemliche Unklarheit. Nach einer Entscheidung des Verteidigungsministeriums soll die Munition bis zu 40 mm Kaliber in der Bundesrepublik gefertigt, darüber hinaus im Ausland beschafft werden. Bei der jetzigen Ausstattung der NATO hieße das, daß die Wurfgranaten der Kaliber 60 mm, 81 mm und 120 mm sowie die Granaten der Kaliber 75, 90, 88 und 105 mm im Ausland beschafft werden sollen. Bezüglich der Kaliber 155 mm und größer verlautet, daß die Amerikaner die geringen erforderlichen Mengen zur Verfügung stellen. — Für die Vergabe an das Ausland spricht einmal die Tatsache, daß gegenwärtig in Deutschland keine Laborieranstalten vorhanden sind. Die frühere Wehrmacht fertigte die einzelnen Munitionselemente selbst.
Die erste Frage lautet daher — und wir hoffen, die Antwort entweder hier oder im Verteidigungsausschuß zu erhalten —: Erwartet das Verteidigungsministerium für die Zukunft die Einrichtung deutscher Fertigungsanstalten durch die Industrie, oder wird es die alte Übung wieder aufnehmen, indem die Bundeswehr eigene Munitionierungsfertigungen errichtet?
Die zweite Frage. Es ist, für die größeren Kaliber zumindest, weder in der Bundesrepublik noch anderswo eine nennenswerte Kapazität für Geschosse und Hülsen da. Für diese beiden Munitionselemente sind aber Einzweckanlagen erforderlich, die nicht mit ziviler Produktion ausgelastet werden können. Die deutsche Wehrmacht, später auch die Amerikaner haben deshalb 'die Werkstätten auf eigene Kosten gebaut und an Industriebetriebe verpachtet. Im Falle des Auftragsmangels sind dann nur die Stillegungskosten zu zahlen. Wenn die Bundesregierung an ihrer Auffassung festhält, auch diese Geräte von der Industrie in eigener finanzieller Verantwortung fertigen zu lassen, wird die Industrie Auftragsgarantien verlangen müssen und die Investitionskosten über den Preis dieser garantierten Mindestmengen zu amortisieren haben. Das bedeutet, daß die Preise für diese Geräte sich erheblich er-


(Dr. Mende)

höhen werden und im Endergebnis höher liegen werden, als wenn der Staat die Investitionskosten auf sich nimmt. Wir möchten also die zweite Frage stellen: Welche Absichten hat das Bundesverteidigungsministerium bezüglich dieser Investitionsprobleme?
Die dritte Frage. Die Amerikaner haben durch die Offshore-Aufträge wesentlich zur Errichtung moderner Kapizitäten in den NATO-Ländern beigetragen. Nach diesem Programm entstanden Anlagen in Belgien, in Frankreich, in Italien, in Griechenland und in der Türkei. Mit einem Geringerwerden der Offshore-Aufträge konzentrierten sich die Amerikaner darauf, nicht mehr neue Kapazitäten zu fordern, sondern die volle Amortisation der im Anfangsstadium neu errichteten Kapazitäten sicherzustellen. Es bietet sich also für die Bundesregierung an, in diese Länder im Rahmen der so entstandenen Kapazitäten Aufträge zu erteilen, wobei die bestehende Konkurrenz und die Tatsache, daß die Anlagen weitgehend abgeschrieben sind, billigste Preise bewirken können.
Bekanntgeworden ist nun in der deutschen Öffentlichkeit das Türkei-Projekt. Es ist sehr umstritten. Die Bundesregierung soll beabsichtigen, für 700 Millionen DM Munition in der Türkei zu bestellen. Hier erheben sich folgende Fragen: Welche Mengen welcher Kaliber sollen bestellt werden? Über welchen Zeitraum soll sich die Lieferung erstrecken? Welche Munitionsmengen sollen darüber hinaus nach anderer Seite vergeben werden, und woher gedenkt die Bundesregierung später nach Abwicklung des 700-Millionen-Auftrags ihre Munition zu beziehen? Der Betrag von 700 Millionen DM ergibt nach der Rechnung von Fachleuten Liefermengen, die den Bedarf der Bundesregierung auf viele Jahre decken. Die türkische Regierung hat in Aussicht genommen, Investitionen in Höhe von etwa 250 bis 300 Millionen für diesen Auftrag vorzunehmen. Das bedeutet gleichzeitig, daß das Schwergewicht der Liefermengen auf den Jahren 1960 und 1961 liegen würde; denn selbst bei schnellstem Fertigungstempo müssen mindestens zwei Jahre für die Errichtung neuer Werkstätten einkalkuliert werden.
Es ist verständlich, ,daß das Bundeswirtschaftsministerium danach trachtet, die deutschen Guthaben in der Türkei abzubauen. Aber bei einer derartigen Auftragsgröße wird wahrscheinlich nicht viel mehr von den Zahlungen in der Türkei bleiben als im Fall kleinerer Aufträge, die mit den vorhandenen Kapizitäten abgewickelt werden können. Es erhebt sich also wiederum die Frage: Stimmt der Investitionsbedarf von 250 bis 300 Millionen, und was muß die Türkei an Stahl, Sprengstoffen und Zündern importieren, um dem deutschen Auftrag gerecht werden zu können?
Die türkische Regierung hat beispielsweise bereits bei deutschen Firmen angefragt, ob nicht nur Anlagen seitens deutscher Firmen, sondern auch 81-
mm-Wurfgranatengeschoßhülsen aus deutscher Produktion geliefert werden können. Es würde also die groteske Situation eintreten, daß wir nach der Türkei liefern, seien es Maschinen, seien es Geschoßhülsen, um dann die so verfertigte Munition aus der Türkei wieder anzunehmen. Es besteht natürlich ein großes Interesse bei der deutschen Investitionsgüterindustrie, daß die Guthaben in der Türkei aufgetaut werden. Wenn die Investitionsgüterindustrie dadurch wieder Lieferungen übernehmen kann, kann es dieser Industrie gleichgültig sein, ob sie statt Einrichtungen für Munitionswerkstätten Ausrüstung für Bergwerke, Kraftwerke oder dergleichen produktive Projekte liefert. Im Gegenteil, man möchte sagen, daß derartige Lieferungen an die Türkei viel besser geeignet sind, einen ständigen Markt zu schaffen, als die Aufblähung einer Munitionskapazität über den normalen türkischen Bedarf hinaus.
Bei aller Freundschaft zu der Türkei — und ich gehöre zu denen, die als Vorstandsmitglieder einer deutsch-türkischen Freundschaftsvereinigung besonderes Verständnis für die wirtschaftlichen Sorgen der Türkei haben — muß man doch einmal prüfen, ob wir der Türkei einen Dienst dadurch erweisen, daß wir ihr einen Munitionslieferungsauftrag im Umfang von 700 Millionen DM geben.
Ich darf außerdem darauf hinweisen, daß die strategischen Versorgungsgesichtspunkte nicht von der Hand zu weisen sind. Schließlich ist das Mittelmeer nicht mehr eine ungefährdete Zone — man denke an die vielen U-Boote des möglichen Gegners —, und auch der Landweg über Jugoslawien dürfte für eine Munitionsversorgung nicht ungefährdet sein. Wir bitten, daß uns dieses bisher nicht bis ins einzelne geprüfte Projekt auch der Munitionsfertigung und Munitionsversorgung der neuen deutschen Bundeswehr bekanntgegeben wird, möglichst im Ausschuß. Verzeihen Sie, daß ich diese Dinge hier vortragen mußte. Der Unterausschuß „Beschaffung" ist aufgelöst.
Als letztes noch einige Bemerkungen zu dem psychologischen Problem des Aufbaus unserer Bundeswehr. Wir wissen, daß vieles von dem, was der Kollege Schmidt hier vorgetragen hat, nicht dem jetzt amtierenden Bundesverteidigungsminister FranzJosef Strauß angelastet werden kann, sondern die Objektivität gebietet, festzustellen, daß er hier noch an der großen Hypothek trägt, die ihm sein Vorgänger leider hinterlassen hat. Um so mehr müssen wir den Verteidigungsminister in dem Bemühen unterstützen, diese Hypothek schlechter Planungen und falscher Entschlüsse abzutragen.
Hier erhebt sich auch die Frage: Was können wir alle gemeinsam tun, um die schwierige psychologische Situation der neuen Bundeswehr zu erleichtern? Wir Freien Demokraten haben bereits vor Jahresfrist, am 31. Januar vorigen Jahres, in einem Memorandum an den Bundeskanzler die sehr problematische Frage der Uniformgestaltung aufgeworfen. Es ist selbstverständlich, daß für die Uniformierung unserer neuen Soldaten in erster Linie die Zweckmäßigkeit ausschlaggebend sein muß. Über die eingeführten Kampfanzüge besteht also gar kein Streit. Aber die sonstigen Uniformen sind nach unserer Auffassung zu sehr aus den alten Vorstellungen der EVG entstanden, wo man bestrebt war, möglichst nicht an das äußere Bild des Soldaten der früheren Wehrmacht zu erinnern. Das war bei der Planung im Jahre 1951/52 noch verständlich. Man mußte damals auf die Überempfindlichkeit eines Teils der Bevölkerung in den Partnerstaaten Rücksicht nehmen. Wir glauben aber, daß das heute nicht mehr so ist, sondern ein großer Teil der damaligen Ressentiments abgebaut ist und man sich des guten Willens auch unserer Soldaten versichern kann, abgesehen von den wenigen Einzelfällen, die Herr Kollege Schmidt zitiert hat. Wir glauben, daß es daher zweckmäßig wäre, nunmehr bei einer neuen Auffüllung um weitere 50 000 zu prüfen, ob man beim bisherigen Uniformbild bleiben will oder ob man nicht das Uniformbild wählen sollte, das bisher der Bundesgrenzschutz und die Polizei mit we-


(Dr. Mende)

sentlich weniger Angriffsflächen in der öffentlichen Meinung geboten haben, als sie die mißgestaltete Bundeswehruniform leider bietet.
Wir wissen, daß diese äußeren Formen auch mit der inneren Gesinnung in Zusamenhang stehen. Die katholische Kirche weiß, warum sie seit 2000 Jahren die Symbolkraft ihrer Zeremonien betont und pflegt. Der Mensch ist nun einmal nicht nur eine Addition von Fleisch und Blut und Geist. Die Seele ist nach unserer Auffassung der entscheidende Teil. Auch die Bundeswehr ist keine Addition von Offizieren, Unteroffizieren, Soldaten und Material, sondern ein sehr empfindlicher Organismus. Der Geist dieser Bundeswehr kann nicht gut sein, wenn man nicht einmal die bescheidensten soldatischen Traditionen der Vergangenheit pflegt.
Man sollte daher in der Neugestaltung der Uniformen ein Bild wählen, das in der Bevölkerung populärer ist. Man braucht nicht alle Einzelheiten aus der Vergangenheit wiederkommen zu lassen. Niemand von uns denkt an den Kaiser-WilhelmGedächtnis-Rock der alten Wehrmacht. Aber ebensowenig ist es nötig, die Uniformgestaltung durch eine Kombination südamerikanischer, europäischer und operettenhafter Elemente zusammenzufügen.

(Sehr richtig! bei der FDP. — Abg. Lücke: Aber der Verteidigungsausschuß hat sie doch vorher geprüft!)

— Nein, der Verteidigungsausschuß hat gar keine Möglichkeit, das Recht der letzten Entscheidung für sich in Anspruch zu nehmen. Er wurde im übrigen vor vollendete Tatsachen gestellt. Das Entscheidungsrecht liegt beim Bundespräsidenten. Der Bundespräsident hat damals auf Vorschlag des Ministers entschieden. Ich hoffe, daß der neue Bundesverteidigungsminister dem Herrn Bundespräsidenten die besseren und moderneren Vorschläge macht, die zur Ablösung der jetzigen Fehlentwicklung führen können. Was das — Herr Kollege Heiland, Sie sind ja Oberbürgermeister — an Fehlinvestitionen und damit Steuergeldern für die einigen Hunderttausend bereits fertigen Uniformen kostet, ist eine andere Frage. Es wäre überhaupt interessant, einmal zu prüfen, was man als Steuerzahler auf Grund falscher Planungen schon alles zahlen muß, die weder auf die Zeit noch auf die Schwierigkeiten eines Neuaufbaus bei der Bundeswehr genügend Rücksicht nahmen. Aber das ist die Hypothek, von der ich soeben sprach und um die wir den neuen Verteidigungsminister keineswegs beneiden.
Lassen Sie mich, da ich von Herrn Kollegen Schmidt angesprochen wurde, noch mit wenigen Sätzen auf die Unterausschüsse eingehen. Der Vorwurf, den uns der CDU-Pressedienst „DUD" gemacht hat, die Unterausschüsse hätten aufgelöst werden müssen, weil sie den Neuaufbau der Bundeswehr verzögert hätten, ist völlig ungerechtfertigt, im Gegenteil! Ich zitiere hier die beiden Kollegen der CDU, die uns begleitet haben, als der Unterausschuß militärische Anlagen in SchleswigHolstein, Hamburg und Bayern besichtigt hat. Ich zitiere sie, um zu zeigen, wieviel Schwierigkeiten überhaupt erst an Ort und Stelle ausgeräumt werden konnten. Es ist doch leider so, daß in unserem Verteidigungsministerium in den vergangenen Jahren zuviel Generalstäbler aus höchsten Stäben theoretisch geplant haben und viel zuwenig Offiziere aus der Truppe da waren, die Theorie mit der Praxis in Einklang zu bringen.
Wir haben vor drei Jahren hier in einer Wehrdebatte dem Herrn Bundeskanzler schon nahegelegt: Sehen Sie sich im Verteidigungsministerium einmal daraufhin um, daß neben den selbstverständlichen Mitgliedern aus dem Generalstab des OKH, des OKW und des OKL auch jene Menschen in den Aufbau der Bundeswehr eingeschaltet werden, die über praktische Truppenerfahrung verfügen. Gottlob scheint das jetzt mehr und mehr der Fall zu sein.
Wie weit die theoretischen Planungen hoher und höchster Stäbe im Widerspruch zu der grausamen Praxis standen, das hat niemand mehr erlebt als der Landser des zweiten Weltkrieges, der mit Blut bezahlen mußte, was man oben fahrlässig versäumt oder falsch gemacht hatte.

(Beifall bei der FDP.)

Wir hoffen, daß es möglich sein wird, eine Lösung zu finden, mit der man zu so guten Ergebnissen kommt, wie sie beispielsweise der Besuch unseres Unterausschusses in Kiel mit sich gebracht hat. Wir, die Mitglieder des Unterausschusses, die einzelnen Bundesministerien, die Vertreter der Stadt Kiel — an der Spitze Oberbürgermeister Dr. Müthling —, der Landesregierung SchleswigHolsteins haben einen Streit entschieden, der vorher nicht durch Notenwechsel innerhalb der Ressorts oder zwischen Landesregierung und Stadt Kiel, zwischen Landesregierung und Bundesverteidigungsministerium entschieden werden konnte, nämlich: Welche Hafenanlagen werden in Kiel auch weiterhin der Stadt Kiel zur Verfügung stehen — der Admiral-Scheer-Hafen wurde gewünscht —, und welche Hafenanlagen muß die Bundesmarine haben? Natürlich hat die Bundesmarine nach Möglichkeit alles gefordert, was früher die alte Kriegsmarine einmal hatte. Jede Wehrmacht hat ein einnehmendes Wesen, das ist bei allen Staaten der Fall. An Ort und Stelle haben wir eine Synthese gefunden zwischen den berechtigten Ansprüchen der Stadt Kiel und ihres Außenhandels und den berechtigten Ansprüchen der Bundesmarine. Was in Kiel möglich war, ist in Hamburg, ist in Bayern ebenfalls möglich gewesen: sehr viel an Ort und Stelle zu klären.
Allerdings haben wir — hier hat der Herr Kollege Schmidt recht — auch an Ort und Stelle festgestellt, daß die baulichen Planungen des Verteidigungsministeriums sich in keiner Weise mit den realen Möglichkeiten deckten und daß Verzögerungen in der Fertigstellung der Militärbauten zu erwarten waren, die bis zu 18 Monaten bei dem jeweiligen Objekt gingen, beispielsweise bei der Fischbek-Kaserne in Hamburg.
Als wir zurückkamen, haben wir dem Verteidigungsausschuß zwei Schriftliche Berichte — einen hat Herr Kollege Gerns von der CDU, den anderen Herr Kollege Frenzel von der SPD verfaßt — übergeben. Der Verteidigungsausschuß hat diese Berichte einstimmig angenommen und hat das Verteidigungsministerium ersucht, eine neue, realistischere Planung aufzustellen und gleichzeitig die Mängel abzustellen, die wir an Ort und Stelle festgestellt hatten.
So war beispielsweise der Flugplatz Ütersen völlig überbelegt. Wo höchstens 1400 Mann sein durften, lagen 3200 Mann. Der Oberstleutnant Taubert bat uns: „Sorgen Sie, daß wir baldigst entlastet werden; denn nichts von neuem innerem Gefüge,


(Dr. Mende)

nichts von einem besseren Neuaufbau ist zu erwarten, wenn wir so zusammengepfercht bleiben, wie es im Augenblick der Fall ist."

(Sehr richtig! bei der FDP.)

Angesichts dieser Fälle können Sie doch nicht den Vorwurf erheben, wir hätten in unseren Unterausschüssen den Aufbau der Bundeswehr verzögert! Ganz im Gegenteil, wir haben alle mit gutem Willen dazu beigetragen, daß erkannte Mängel abgestellt werden und das uns gemeinsame Anliegen, nämlich der Aufbau einer nationalen Verteidigung, gefördert wird. Wir hoffen, daß eine Lösung gefunden werden kann, die den vielleicht spontanen, vielleicht aus Unkenntnis der parlamentarischen Möglichkeiten gefaßten Beschluß — Möglichkeiten, die man jetzt der Opposition bietet — wieder aufhebt und viele Dinge wieder in die Unterausschüsse zurückbringt, die nunmehr zwangsläufig im Plenum auch dann diskutiert werden müssen, wenn es bereits Freitagmittag 14.30 Uhr ist.
Wir Freien Demokraten stimmen der Überweisung des Fünften Nachtragshaushalts in die Ausschüsse zu und werden diesen Nachtragshaushalt genauso annehmen wie die bisherigen vier Vorwegbewilligungen.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU.)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0218914200
Das Wort hat der Abgeordnete von Manteuffel.

Hasso von Manteuffel (FDP):
Rede ID: ID0218914300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich in die Geschäftsordnung des Hauses, die Sie beschlossen haben, streng einordnen. — Ich war nicht im 1. Bundestag. — Wir sprechen nämlich über den Fünften Nachtragshaushalt,

(Sehr gut! in der Mitte)

wogegen, darf ich sagen, von Jaeger bis Mende diese Debatte außerordentlich ausgeweitet worden ist zu einer Aussprache, wie sie sonst bei der allgemeinen Besprechung des Jahreshaushalts — das war im Reichstag so und wird auch bei uns im Bundestag so gehandhabt — üblich ist. Bei dieser Debatte über den Jahreshaushalt spricht man über die allgemeinen wehrpolitischen Fragen usw.

(Abg. Welke: Es geht ja nicht gerade um einen Pappenstiel dabei!)

— Ich komme auf Einzelheiten zurück. Allgemein kann ich sagen, ich stimme voll mit dem Kollegen Dr. Mende überein, daß z. B. die Frage der Munitionsbeschaffung besprochen werden muß, und zwar in dem in dem Vertrag mit der Türkei vorgesehenen Volumen, das er angedeutet hat. Das ist ja kein Geheimnis mehr. Wir haben damals die Besprechung dieser Frage im Rahmen der Beratung des Fünften Nachtragshaushalts auch vorgesehen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0218914400
Herr Abgeordneter, verzeihen Sie! Gestatten Sie eine Frage? Ich habe dauernd versucht, in Ihren Satz zu kommen; Sie schließen die Sätze aber so schnell aneinander an, daß ich die Lücke nicht finde.

(Heiterkeit.)


Hasso von Manteuffel (FDP):
Rede ID: ID0218914500
Bitte!

Dr. Erich Mende (CDU):
Rede ID: ID0218914600
Herr Kollege von Manteuffel, ist Ihnen bekannt, daß die Geschäftsordnung des
Bundestages ausdrücklich in der ersten Lesung eines Haushalts eine generelle politische Debatte vorschreibt?

Hasso von Manteuffel (FDP):
Rede ID: ID0218914700
Selbstverständlich ist mir das bekannt. Dies ist aber ein Nachtragshaushalt, und deswegen darf ich vielleicht sagen: Bei der Besprechung des Jahreshaushalts 1957 wäre eine solche allgemeine Debatte am Platze gewesen. Hier handelt es sich aber um ein Nachtragshaushaltsgesetz, und ich war allerdings der Auffassung, daß man die Aussprache darüber nicht so ausweiten kann.
Zwei sachliche Feststellungen! Über den Ansatz für Munition in dem Umfang, wie er in diesem Fünften Nachtragshaushalt enthalten ist — ich weiß nicht, ob der Herr Kollege Mende zufällig an diesem Tage im Ausschuß anwesend war —, ist eingehend im Ausschuß gesprochen worden, und zwar bei der allgemeinen Debatte über die Beschaffung, wo auch die Munitionsfrage besprochen wurde. Für Uniformen ist hier nichts angesetzt. Wahrscheinlich werden wir darüber in einem anderen Nachtragshaushalt, bei Vorwegbewilligungen oder beim ganzen Haushalt etwas hören.
Ich darf mich deshalb auf das beschränken, was hier mit dem fünften Nachtragshaushaltsgesetz zur Debatte steht, und wegen der vorgerückten Stunde
— um Sie nicht zu lange zu bemühen; das Haus ist außerdem recht leer — nur ganz wenige Sachen zur Sprache bringen. Ich kann die Auffassung des Herrn Kollegen Schmidt nicht teilen. Er sagt: „Wie kommt das Verteidigungsministerium dazu, hier bereits die 50 000 Mann anzufordern, die auf Seite 22 usw. in Ansatz gebracht sind? Es kann sie gar nicht bis zum 31. März aufstellen." Wer aber aufmerksam zugehört hat, wird gehört haben, was der Bundesminister für Verteidigung dazu gesagt hat. Er hat erklärt, daß eine gewisse Apparatur
— erlauben Sie diesen Ausdruck — sowohl für die Verwaltung als auch für die Soldaten beschafft werden müsse. Es handelt sich doch auch nicht darum, daß 'die Soldaten links- und rechtsum machen und morgen anfangen können. Für die Beamten kommt das sowieso nicht in Frage. Hier geht es doch zunächst um Behörden und Dienststellen. Auch im zivilen Sektor müssen Sie den Leuten eine ganz bestimmte Zeit zubilligen, in der sie eingewiesen werden, damit sie nachher wirksam arbeiten können. Alle Parteien in diesem Haus sind doch dafür eingetreten, in dieser Beziehung nichts zu überstürzen. So haben jedenfalls wir in unserer Arbeitsgemeinschaft diesen Ansatz im fünften Nachtragshaushalt aufgefaßt. Wir teilen da also die Auffassung des Bundesverteidigungsministers.
Es ist sehr 'beliebt, von hier oben zu sagen: Ich nehme das Wort zu einer notwendigen Klarstellung. Was ich hier sage, ist eine Klarstellung. Ich war ebenso häufig wie der Herr Kollege Schmidt im Verteidigungsausschuß anwesend. Wir haben nur wenige Male gefehlt. Gerade nach Weihnachten hat der Bundesminister für Verteidigung den Gesamtplan vorgelegt, nachdem er die Billigung der NATO und der nachgeordneten Organe hatte und die Sache im Kabinett und in seinem Ministerium durchgearbeitet worden war. Ich habe diesen Plan nicht hier. Aber in seiner Konzeption, im zahlen- und zeitplanmäßigen Aufbau, hält er sich im Rahmen dieser 130 000 Mann. Es trifft also nicht zu, was Herr Kollege Schmidt sagt, daß darüber nicht gesprochen worden sei und daß es keine


(von Manteuffel [Neuß])

Konzeption gegeben habe. Der Bundesverteidigungsminister hat sich auch dazu bereit erklärt, daß wir über die strategische Konzeption und die Konzeption der ganzen Landesverteidigung in wenigen Tagen im Ausschuß etwas hören; das scheint mir auch der richtige Platz zu sein.
Noch eine andere Klarstellung ist notwendig in bezug auf das, was der Herr Kollege Schmidt gesagt hat. Gerade vor zwei Tagen hat der Herr Bundesverteidigungsminister — ich irre mich nicht, ich habe heute noch ein Mitglied des Ausschusses gefragt — ausdrücklich gesagt, daß er zu der Grundgesetzänderung des Art. 87a steht, wodurch bestimmt wird, daß ,die Gesamtorganisation der Streitkräfte und ihre Zahl im Bundeshaushalt festzulegen sind. Das hat der Bundesverteidigungsminister von sich aus gesagt, bevor irgendein Mitglied ,des Hauses darüber gesprochen hat, und er hat damit seine weiteren Ausführungen eingeleitet.
Ich weiß nicht, warum der Kollege Schmidt mich dabei im Namen meiner Partei apostrophiert. Sie wissen, daß ich mich — gar nicht einmal so sehr zur Freude meiner Koalitionsfreunde — damals sehr für die Grundgesetzänderung in dem Rahmen eingesetzt habe, wie sie dann beschlossen worden ist. Der Verteidigungsminister hat sich dazu ausdrücklich bekannt. Das ist eine Selbstverständlichkeit. Ich sage das nicht, um ihn zu verteidigen; das kann er allein machen. Aber ich war Zeuge dieses Ausspruches.
Was ist nun mit den Panzern M 47 und M 48? Sie geistern immer noch durch die Zeitungen und durch die Parteipressedienste. Herr Kollege Schmidt — er kommt gerade herein —, wir haben uns vor dem Abflug nach Hannover noch unterhalten. Sie waren ebenso wie ich mit den verschiedensten Materialien ausgerüstet, die uns Auskunft über die Panzer gaben, die wir von der westlichen Welt, am Weltmarkt — möchte ich beinahe sagen — kaufen können. Sie waren bei der Schlußbesprechung, die der Bundesminister für Verteidigung für den Ausschuß angesetzt hatte, so schweigsam. Es waren dort alle Experten anwesend, die überhaupt für die Vorführung im Rahmen dieses Panzerbeschusses greifbar waren. Ich hatte, weil Sie so schweigsam waren, geglaubt, diese sehr überzeugende Vorführung wäre für Sie der Anlaß gewesen, Ihre Meinung zu ändern. Die Vorführung war zwar wegen der Wetterverhältnisse auf einen gewissen Rahmen eingeschränkt gewesen. Ich hatte geglaubt, daß Sie durch die Ausführungen der wirklich hochgradigen Experten, die als Offiziere oder Beamte in der Forschung und Entwicklung des Panzerbaus tätig sind und die vom Bundesministerium für Verteidigung dem Ausschuß zur Verfügung gestellt waren und von denen ein großer Teil auch gesprochen hat, die Auskunft erhalten hätten, die Sie brauchen.

(Abg. Schmidt [Hamburg]: Herr von Manteuffel, an dieser Veranstaltung war nur überzeugend. daß der Herr Verteidigungsminister abschließend erklärte, jetzt könne eine Entscheidung über die Auswahl noch nicht getroffen werden!)

— Das war doch schon sehr viel. Denn die anderen 1100, Herr Schmidt, bekommen wir doch durch die Nash-Liste. Also es war doch ein ganz wesentliches Stück des Mosaiks oder vielleicht sogar das Fundament dazu. Deshalb kann man nicht — wie man es liest und wie es in Verdächtigungen ausgesprochen wird — sagen, daß die Bundeswehr heute mit veralteten Waffen aufgerüstet werde.
Dann bin ich persönlich angesprochen worden, obwohl keiner meinen Namen genannt hat. Aber es hat sich wohl herumgesprochen, daß ich den Antrag Berendsen, die Unterausschüsse aufzulösen, angeregt habe. Ich bin also der Angeklagte, den Sie deswegen ansprechen wollen. Ich habe das aber — das Protokoll weist es aus, vielleicht gibt der Kollege Schmidt mir aber auch seine Zustimmung
— mit völlig anderen Motiven begründet, als sie, wie ich jetzt zum erstenmal höre, im Pressedienst der Partei von Herrn Berendsen angegeben sind. Ich habe damals gesagt — das Protokoll weist es aus —, daß die Unterausschüsse eine sehr nützliche und vorzügliche Arbeit geleistet hätten und daß ich den Antrag nur deshalb stellte, weil durch ihre Einrichtung die wiederholte Anwesenheit einer großen Anzahl von Offizieren, Beamten und Angestellten des Verteidigungsministeriums wegen desselben Gegenstandes erforderlich wird und ich das für eine Verschwendung an Arbeitszeit, Arbeitskraft und Geld halte. So waren in einem der Unterausschüsse bei einer Sitzung im November 6 Mitglieder des Ausschusses und 53 Offiziere, Beamte und Angestellte anwesend. Zwei Tage später waren es bei 4 Abgeordneten 49 Offiziere, Beamte und Angestellte, die zum Teil aus Köln, Koblenz und anderen Orten, wo Abteilungen des Bundesverteidigungsministeriums stationiert sind, herbeigeholt werden mußten. Und diese ganze Apparatur, verehrter Herr Vorsitzender des Unterausschusses, muß nachher noch einmal zusammengezogen werden, weil zumindest jedes Mitglied des Verteidigungsausschusses — vielleicht auch dieses Hohen Hauses — das Recht hat, volle Aufklärung zu bekommen, wenn ihm der Bericht des Unterausschusses nicht genügen sollte. Es wäre nicht so schlimm, wenn zu diesem Zweck nur Angehörige des Verteidigungsministeriums aus Bonn nochmals herbeigerufen werden müßten — ohne daß ich damit die Arbeitsbelastung der Herren im Bundesverteidigungsministerium kritisieren will —; aber es kommt ja mehrfach vor, daß auch die Herren aus Köln und Koblenz nochmals hierher kommen müssen. Mitglieder des Verteidigungsausschusses wie Herr Kollege Schmidt und ich und andere hören auf diese Weise das Ganze zwei- bis dreimal. Auch das wäre nicht schlimm. Aber die Notwendigkeit, den ganzen Apparat für das Plenum des Ausschusses noch einmal aufzubauen, hat mich auf den Gedanken gebracht — —

(Abg. Wehner: Aber Ihr Beispiel mit all den Leuten bedeutet doch, daß man den Kontrollapparat ganz abbaut!)

— Mit diesem Antrag, den der Verteidigungsausschuß angenommen hat, ist in keiner Weise die Kontrolle beschränkt. Wir können doch für irgendeine Frage, z. B. wenn so schwere Anwürfe erhoben und Mißstände aufgezeigt werden, wie dies durch Herrn Schmidt geschehen ist — ich habe keinen Zweifel, daß sich das zugetragen hat —, ad hoc einen Untersuchungsausschuß einsetzen.

(Abg. Wienand: Das können Sie auch nicht verhindern! — Abg. Erler meldet sich zu einer Zwischenfrage. — Zurufe.)

— Bitte!

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218914800
Herr Kollege Erler!

Fritz Erler (SPD):
Rede ID: ID0218914900
Herr Kollege von Manteuffel, meinen Sie nicht auch, daß man vielleicht den Weg hätte


(Erler)

gehen können, daß an Stelle der 49 oder 52 Herren im wesentlichen ihre Vorgesetzten erschienen wären, so daß der Apparat verkleinert worden wäre? Das ist doch nicht die Schuld des Parlaments!

Hasso von Manteuffel (FDP):
Rede ID: ID0218915000
Sehr verehrter Herr Erler, es werden doch ins einzelne gehende Fragen gestellt.

(Abg. Schmidt [Hamburg] : Das war nämlich unbequem, Herr von Manteuffel!)

Erlauben Sie, daß ich Herrn Erler antworte, der gesagt hat: warum kommen die Vorgesetzten nicht? Ich glaube davon etwas zu verstehen. Im Panzerbau spielen die verschiedensten Elemente eine Rolle, und der Mann, der Panzer führt, kann Ihnen keine nach dem neuesten Stand der Technik ausgerichtete Auskunft etwa über den Motor oder das Fahrgestell geben. Deswegen müssen diese Unglücksleute den ganzen Schwanz von anderen mitbringen, die über die Fragen Auskunft geben können. Von „unbequem", Herr Kollege Schmidt, kann nicht die Rede sein, auch wenn davon etwas im Pressedienst einer Partei gestanden haben sollte. Ich habe nichts zu verteidigen, ich will mich gar nicht wehren; ich will das nur erklären. Aber es darf doch nicht verschwiegen werden, daß es uneingeschränktes Recht des Verteidigungsausschusses ist, jederzeit von sich aus, ohne die ganze Apparatur des Plenums in Anspruch zu nehmen, einen Untersuchungsausschuß — den Sie gar nicht verhindern können oder wollen, da pflichten Sie mir sogar bei — zu berufen. Wir haben doch für die Wehrdisziplinarordnung und, ich glaube, auch für die Wehrbeschwerdeordnung für eine gewisse Zeit Unterausschüsse eingesetzt. Das war der Grund, und es war von meinen politischen Freunden und mir in keiner Weise beabsichtigt, irgend etwas dabei totzuschweigen.
Bei den dargelegten schweren Mißständen — ich unterstelle einmal, sie haben sich in etwa, dann wäre es schon schlimm genug, oder womöglich in der Gänze so zugetragen, wie Sie, Herr Schmidt, sie uns hier von einzelnen Offizieren oder Soldaten mitgeteilt haben — handelt es sich um Fragen ides Verteidigungsausschusses oder eines Untersuchungsausschusses. Aber ich bin nicht der Auffassung, daß dies alles, weil damals die Beschaffungsausschüsse, der Ausschuß für Unterbringung und die beiden anderen Ausschüsse aufgelöst wurden, notwendigerweise hier im Plenum vorgebracht werden muß. Diese Übelstände scheinen mir so schwerwiegend zu sein, verehrter Herr Schmidt, daß ich meine, da sollte gar keine Zeit verloren werden, das sollte sofort dem Bundesverteidigungsministerium zugeleitet werden, damit solche Elemente — ich unterstelle immer, es hat sich so zugetragen — sofort ausgemerzt werden. Das ist der Wunsch Jailer Damen und Herren, die hier sitzen.

(Zustimmung in der Mitte.)

Das ist der kürzeste Weg. Dazu braucht man doch nicht eine Debatte über den Haushalt abzuwarten. Deshalb verstehe ich das nicht ganz. Ich halte die Vorwürfe für sehr schwerwiegend.

(Abg. Wehner: Sie müssen noch manches in der parlamentarischen Behandlung von Haushaltplänen hinzulernen!)

— Es mag sein, Herr Wehner, 'dazu sind wir noch
gar nicht so furchtbar alt, auch mit 60 Jahren kann
man noch etwas zulernen. Wir haben sehr viele
Kollegen unter uns, die älter als 60 Jahre sind und noch etwas zulernen wollen.

(Abg. Schmidt [Hamburg]: Sagen Sie bloß, sehr viele ältere Herren würden roch etwas zulernen!)

— Ich nehme immer das Günstigste an. — Ich meine, Herr Schmidt, das können wir dort zur Sprache bringen, damit die Dinge sofort, auf dem kürzesten Wege, abgestellt werden können.
Etwas zu meinem Kollegen Dr. Mende. Auch ich halte es zeitlich und arbeitsmäßig nicht für richtig, beim 5. Nachtragshaushalt die Frage der Munition und der Uniform zur Sprache zu bringen. Er sagt in der Parteikorrespondenz der Freien Demokraten, die Öffentlichkeit müsse orientiert werden, und erst die Freien Demokraten hätten die festgestellten Mängel bekanntgemacht, als das Bundesverteidigungsministerium noch an den optimistischen Terminen der Planung festhielt. Meine Damen und Herren, wir haben dazu keine Zeit, und es ist hier nicht der geeignete Ort. Ich glaube, die Akten des Bundesverteidigungsministeriums allein auf diesem Sektor könnten ausweisen, daß auch wir von der Regierungskoalition in direktem Gespräch mit dem Bundesverteidigungsministerium und seinen zuständigen Stellen schon vorher sehr viele Mängel aufgedeckt haben. Das war auch schon eingeleitet, und man kann nicht sagen, das war der Anlaß, daß der erste Bundesminister für Verteidigung gehen mußte. Es war also nicht diese Rundreise des Ausschusses für Unterbringung, sondern es waren andere Momente, die zu gleicher Zeit eingewirkt haben. Also auch das gab keinen Grund, verehrter Herr Kollege Dr. Mende. Auch das konnte in dem Gesamtausschuß zur Sprache gebracht werden — aber alles zu seiner Zeit —, und es besteht die Möglichkeit, die Sache in einem Unterausschuß im einzelnen zu besprechen.
Die Arbeitsgemeinschaft stimmt daher den Ausführungen des Bundesverteidigungsministers und der Überweisung der Drucksache 3058 an den Ausschuß für Verteidigung und an den Haushaltsausschuß zu.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218915100
Das Wort hat der Bundesminister für Verteidigung.

Dr. Franz Josef Strauß (CSU):
Rede ID: ID0218915200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es erschien mir im Zusammenhang mit der Behandlung des Fünften Nachtragshaushalts, auch wenn es sich um die erste Lesung handelt, nicht als die Aufgabe des Verteidigungsministers, hier eine Gesamtkonzeption der Landesverteidigung zu bieten, sondern es erschien mir als meine Aufgabe, die Grundsätze dieses Haushalts und die notwendigen einzelnen Punkte darin hervorzuheben und zu begründen. In den Jahren des reappraisal, dessen Durchführung ja gerade von der Opposition immer wieder mahnend verlangt worden ist, läßt sich nicht eine endgültige Konzeption, auch nicht von der ehemaligen EVG-Planung an mit Verbindlichkeit für eine Reihe von Jahren — man kann schon sagen, von zehn Jahren; so lange wäre es vom Anfang der Gespräche an — bieten.
Ich darf deshalb nur einen Gesichtspunkt sagen: 70 000 am 1. Januar, 90 000 Angehörige der Bundeswehr am 1. April mit einer Woche Überhang,


(Bundesverteidigungsminister Strauß)

am Ende dieses Jahres zwischen 120 000 und 135 000 Mann und in den folgenden drei Monaten bis zum Ablauf des Rechnungsjahrs nochmals 30 000 Mann zu der Stärke des Jahres 1957. Das ergibt fünf Divisionen mit etwa 80 % ihrer Sollstärke und zwei kleinere Divisionen mit etwa 60 % ihrer Sollstärke, die ersten fünf, die ich genannt habe, in relativer Feldverwendungsfähigkeit. Davon werden die ersten drei ab 1. Juli dieses Jahres der NATO als assigned troops, wie es heißt, zur Verfügung gestellt, d. h. der NATO als beschränkt verwendungsfähig gemeldet.
Das Gesamtziel, ohne daß ich mich hier auf endgültige Zahlen festlegen kann und darf — beides trifft zu — geht dahin, Verbände in der Kampfkraft und Feuerwirkung zu schaffen, wie sie ursprünglich bei der EVG-Planung unter dem 500 000 - Mann - Schema gedacht waren. Wie das 1960/61 aussehen wird, vermag bei der raschen Entwicklung der Technik in der Bundeswehr heute niemand zu sagen.

(Abg. Schmidt [Hamburg]: Herr Dr. Jaeger hatte doch gesagt, diese Konzeption sei immer klar und eindeutig gewesen; jetzt erklären Sie, niemand könne es sagen!)

— Ich sagte: das vermag heute niemand zu sagen.

(Abg. Schmidt [Hamburg] : Und was hat Kollege Jaeger vorhin behauptet?)

Ich möchte als Ressortminister bei der Zusage bleiben, daß gemäß den in den Verträgen übernommenen und auch im Interesse unserer Landessicherheit für notwendig gehaltenen Verpflichtungen eine Bundeswehr aus Heer, Luftwaffe, Marine, bodenständiger Luftverteidigung und Heimatverteidigung aufgestellt werden muß, und zwar im Rahmen eines integrierten Systems, mit den mobilen Verbänden, wenn ich mich so ausdrücken darf, der NATO unterstellt, mit gewissen Verbänden zu Luft und zu Lande, mit nationaler Zuständigkeit im Verteidigungsfalle, in ihrer Gesamtstärke so, daß die Aufgabe erfüllt werden kann, die die 500 000 Mann Bundeswehr oder 500 000 Mann Wehrmacht nach der EVG-Vorstellung haben sollten.
Ich weiß nicht, ob ich mich damit deutlich genug ausgedrückt habe. Mehr läßt sich heute im Rahmen dessen, was mir und den Nachfolgern usw. an finanziellen Mitteln zur Verfügung steht, und im Hinblick auf das, was man heute in der Zeit der technischen Umwertung bei vorsichtigem Denken überhaupt feststellen kann, nicht sagen, ohne daß man Hochstapelei begeht oder bewußt etwas Falsches sagt.

(Abg. Schmidt [Hamburg] : Sehr gut!)

Ich möchte deshalb nicht auf das eingehen, was im Rahmen einer besonderen Sitzung des Verteidigungsausschusses in wenigen Tagen im Bundesministerium für Verteidigung behandelt werden wird.
In einem Punkt, Herr Kollege Schmidt, darf ich Sie berichtigen. Da ist eine Ihrer Behauptungen objektiv unrichtig, nämlich, daß ich bis zum 1. April nicht eine einzige der Stellen besetzen könnte. Ich fürchte, es ist schon die eine oder andere besetzt; dafür bitte ich dann um Ihre Nachsicht.

(Abg. Schmidt [Hamburg] : Da wollen wir uns auch einigen, Herr Strauß!)

Sie haben in meinen einleitenden Worten, glaube ich, einen Passus nicht recht verstanden. Wenn wir heute 80 000 Stellen haben, dann sind diese so aufgebaut, als ob die gesamte Bundeswehr 80 000 Mann umfassen würde. Da die — Chargen hätte man früher gesagt — Unteroffiziers- und Offiziersplanstellen zum weiteren Aufbau im Rahmen des 80 000-Mann-Programms schon für die geplante Friedenssollstärke nicht mehr ausreichen, muß ich, obwohl ich erst etwa 75 000 Soldaten im Bereich der Bundeswehr habe, schon einen Vorlauf von weiteren 40 000 bis 50 000 haben; 40 000 von Ihrem Typ, möchte ich sagen, dem Typ der Längerdienenden, und 10 000 Wehrpflichtigen — das ist unser Typ.
In dem Haushalt 1957, von dem Sie nur, damit er nicht aufgehalten wird, die erste Fassung mit der alten Konzeption bekommen haben, stehen noch die 270 000 drin. In dem, den Sie in wenigen Tagen bekommen werden, stehen für Ende dieses Jahres 195 000 drin. Das sind wiederum die 150- bis 165 000 und der Vorlauf für das weitere, den ich immer brauche, bis die Normalstärke der Bundeswehr im Jahre X erreicht sein wird. Dann allerdings werden Planstellen Und Ist-Stärke der Bundeswehr in Übereinstimmung sein. Aber bis dieses Ziel erreicht ist, wird immer ein gewisser Vorlauf notwendig sein.
Deshalb ist auch ein Vergleich mit dem Haushalt der Reichswehr vom Jahre 1929, wie Sie ihn gebracht haben, vielleicht gut gemeint, aber irreführend. Denn die Reichswehr hatte im Jahre 1929 schon seit Jahren ihre im Versailler Vertrag festgelegte Sollstärke erreicht. Die Reichswehr war über eine Reihe von Jahren hin mit ihrem 100 000-
Mann-Programm mit ganz geringen Änderungen dieselbe geblieben. Das Eigenartige an diesen Haushaltsplänen — das beweisen ja schon die Worte „Fünfter Nachtragshaushalt", „Sechster Nachtragshaushalt", „Vorwegbewilligungen", „Bindungsermächtigungen" —, zumindest bis wir im Jahre 1957 einen festen Plan haben, der dann vielleicht noch geringen Änderungen unterliegen wird, ist, daß im Zeitpunkt des Aufbaus der Bundeswehr, also in einer dynamischen Entwicklung, andere Maßstäbe angewendet werden müssen als die des mehr für statische Zwecke, wenn ich mich so ausdrücken darf, geltenden Haushaltsrechts. Darum ja die „Untugend" — nach Kollegen Schoettle — der Vorwegbewilligungen, darum ja der Notweg der Bindungsermächtigungen.

(Abg. Schoettle: Darüber sind wir uns ja alle einig!)

— Ich sage es ohne jeden Unterton.

(Abg. Schoettle: Ich beanspruche nicht die Priorität in der Erfindung dieses Ausdrucks!)

— Ich habe „unerfreulicher Weg" gesagt, Sie haben mit der schwäbischen Präzision „Untugend" dafür gesagt; im Inhalt mehr oder weniger dasselbe. — Wenn die Bundeswehr einmal ihre Friedensstärke haben wird, dann wird es der Vorwegbewilligungen und der Bindungsermächtigungen nicht mehr bedürfen. Wir hoffen ohnehin, schon vom Haushalt 1957 an diese beiden unerfreulichen Notwendigkeiten auf ein wesentlich geringeres Maß herabsetzen zu können.
Ich darf Sie in diesem Zusammenhang auf ein Zweites aufmerksam machen. Ich bin ein über-


(Bundesverteidigungsminister Strauß)

zeugter Anhänger der Notwendigkeit der parlamentarischen Kontrolle, ein überzeugter Anhänger der Notwendigkeit einer Öffentlichkeitskontrolle der Bundeswehr. Aber ohne Zweifel stehen sich hier immer zwei Gesichtspunkte gegenüber, die sich nicht voll vereinbaren lassen, nämlich einmal der Gesichtspunkt der Offenlegung und damit der Kontrolle durch Öffentlichkeit und Parlament und auf der anderen Seite die Notwendigkeit einer gewissen Geheimhaltung. Ich meine hier nicht die Geheimhaltung des inneren Gefüges mancher Offiziere, von denen Sie heute gesprochen haben, Herr Kollege Schmidt, sondern die Geheimhaltung dessen, was heute allein schon durch die Lektüre eines Haushaltsplans ein jeder Nachrichtendienst kostenlos oder für wenige Mark erwerben kann. Für dieselbe Kenntnis müssen wir uns bei den Ländern hinter dem Eisernen Vorhang eigentlich sehr viel kostspieligerer Mittel bedienen.

(Sehr wahr! in der Mitte.)

Das hat nicht im mindesten etwas zu tun mit einer Tendenz, etwa unter Berufung auf die Geheimhaltung die parlamentarische Kontrolle einschränken zu wollen.

(Abg. Schmidt [Hamburg]: Na, na!)

Aber wenn jedes einzelne Objekt, jede einzelne Anlage, jedes Depot, jeder Flugplatz, beinahe jeder Munitionsstapel im Haushaltsplan aufgeführt sein muß, dann ist es für den, der dieses Land einmal überfallen wird, verhältnismäßig leicht, Angriffsobjekte für gewisse Waffen zu finden.

(Sehr gut! in der Mitte.)

Was ich hier sage, hat mit Parteipolitik oder mit den Gegensätzen zwischen Regierung und Opposition überhaupt nichts zu tun. Das ist einfach ein Gebot der nackten Vernunft, möchte ich beinahe sagen.

(Abg. Schmidt [Hamburg]: Was Sie eben gesagt haben, spricht doch für die vertrauliche Information in dafür zuständigen Fachausschüssen des Parlaments! Die haben aber Ihre Freunde abgeschafft!)

— Darauf darf ich noch zu sprechen kommen. Ich möchte aber, gerade weil ich keinen konkreten Grund habe, eine Sorge zu äußern oder etwas zu beanstanden, hier sagen, daß es sehr wünschenswert wäre, wenn sich einmal Verwaltung und Legislative zusammensetzen würden, um eine heute noch bestehende theoretische Lücke in der Frage der Geheimhaltung bei Abgeordneten auch durch die Ergänzung der Bestimmungen zu schließen.

(Zustimmung in der Mitte.)

Das ist besser jetzt gesagt als dann, wenn man Grund hätte, es mit einem Vorwurf zu sagen.

(Sehr richtig! in der Mitte.)

In einer anderen Sache haben Sie, Kollege Schmidt, mich, glaube ich, auch falsch verstanden. Sie sagten. wenn ich mich recht erinnere, es seien heute im Verteidigungsministerium achtmal soviel Generale und Stabsoffiziere wie in der Truppe; aber ich kann es auch falsch gehört haben. Dazu möchte ich nur sagen: im Verteidigungsministerium sind nach dem 5. Nachtragshaushaltsplan vorgesehen

(Abg. Schmidt [Hamburg] : Wir reden ja von der Wirklichkeit, nicht von den papierenen Plänen, Herr Strauß! Die stimmen ja nicht!)

—die Offiziersstellen werden nach Ihrer Meinung immer viel schneller besetzt, aber auch in der Wirklichkeit stimmt es nicht — 560 Stabsoffiziere und Generale aus insgesamt 5000 Generalen und Stabsoffizieren,

(Abg. Schmidt [Hamburg] : Die noch gar nicht da sind!)

also etwa 10 %. Daß aber bei der Form, wie sie nun einmal für den Aufbau der Bundeswehr gewählt worden ist, das Ministerium zunächst unendlichmal so viel Stabsoffiziere hatte wie die Truppe, ist ganz klar, denn bevor es einen einzigen Soldaten gab, bestand bereits ein Ministerium mit Soldaten.
Ich darf dann noch etwas weiteres klarstellen, und zwar betrifft das die Zurückziehung meiner Zusage gegenüber der Post. Kollege Schmidt, Sie wollen Ihren Leitartikel verteidigen. Aber eine solche Zusage hat nie bestanden. Das war ein Irrtum, wenn das behauptet worden ist.

(Abg. Schmidt [Hamburg] : Ein Irrtum des Postministers offenbar?)

— Stimmt, eine solche Zusage hat nie bestanden.

(Abg. Schmidt [Hamburg] : Wessen Irrtum war es, Herr Srauß?)

— Ich vermute, es war ein Irrtum, der zwischen dem Bundesfinanzminister und dem Bundespostminister entstanden sein kann.

(Zurufe von der SPD.)

Aber eine solche Zusage ist von mir weder schriftlich noch mündlich, weder direkt noch indirekt in irgendeiner Form gegeben worden. Denn Sie sehen schon aus der von mir heute vormittag gegebenen Übersicht, daß jetzt der Juliusturm, soweit Verteidigungsmittel in Betracht kommen, sich nicht —erlauben Sie mir, das Wort zu gebrauchen, das die „Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung" gebraucht hat — in einen Kaiser-Franz-JosephTurm oder ähnliches umgewandelt hat.

(Heiterkeit. — Zuruf von der SPD: „Kaiser" kann man weglassen, „Franz Joseph" wird genügen!)

— Ja, „Kaiser" kann man weglassen, „Franz Joseph" genügt. — Ich möchte nur sagen, daß jetzt schon, im Haushaltsjahr 1956, aber noch stärker im Haushaltsjahr 1957 die Dinge sich hart im Raume stoßen. Und ich darf es hier sagen, daß jede Hoffnung, auch bei der reduzierten Planung aus dem Verteidigungshaushalt noch Mittel für andere Zwecke gewinnen zu wollen, illusorisch ist. Denn das würde nichts anderes bedeuten, als diese Planung nochmals, und zwar diesmal entscheidend zuungunsten der Bundeswehr — sie ist ja kein Selbstzweck —, zuungunsten der Landesverteidigung umstoßen zu müssen. Dazu könnte ich niemals bereit sein.
Herr Kollege Schmidt hat auch von der schon mehrfach erwähnten Bindungsermächtigung von 12 Milliarden DM gesprochen, von dieser ungeheuren Summe, über die noch niemals eindeutscher Kriegsminister, so sagte er, verfügt habe. Ich hoffe, auch das war ein lapsus linguae, den gestern mir gegenüber auch Herr Arndt gebraucht hat, ein Ausrutschen der Zunge. Ich bin Bundesverteidigungsminister und nicht Bundeswehr- und zum allerwenigsten Bundeskriegsminister.
Aber wenn nun einmal die gesamte Infrastruktur gebaut werden muß, wenn die Kasernen und


(Bundesverteidigungsminister Strauß)

die Flugplätze angelegt werden müssen, dann kann man nicht von einem Flugplatz nur die ersten 200 m der Startbahn bauen und im übrigen sagen: Für die anderen 1800 m engagieren wir uns später. Man kann auch nicht von einer Kaserne nur den Keller bauen und sagen, das andere interessiere uns erst später. Gerade wenn wir ein solches Programm aufstellen, das Sie wünschen und das alle Ministerpräsidenten wünschen, um zu wissen, was in ihrem Lande aufzubringen ist und was sie in ihrer Regierung zu erledigen und zu regeln haben, gerade wenn wir uns bemühen, einmal Ordnung und Ruhe hineinzubringen und eine Übersicht zu bieten, dann ist diese Übersicht allerdings damit verbunden, daß wir gewisse Verbindlichkeiten eingehen und gewisse Zusagen geben müssen, die sich im Haushaltsplan in Form von Bindungsermächtigungen niederschlagen. Diese Bindungsermächtigungen stellen ja nicht das Recht zur Ausgabe dar; aber sie sind eine rote Lampe, eine Warnung für Legislative und Exekutive, bei der zukünftigen Finanzplanung und Haushaltsgestaltung auf die in den Vorjahren eingegangenen Bindungsermächtigungen Rücksicht zu nehmen.
Man kann nicht die erste Tranche eines Flugplatzes planen und dann den Flugplatz abschreiben und ein anderes Projekt anfangen. Was hier einmal angefangen worden ist und wo der Bau zwei bis drei Jahre dauert, das muß zu Ende geführt werden.
Ähnlich liegen die Dinge bei Schiffen und bei Flugzeugen. Auch hier lege ich Wert darauf, daß ein gewisser Betrag zur Verfügung gestellt wird, auch wenn wir heute die Typenauswahl noch nicht haben, Kollege Schmidt, auch wenn wir noch nicht wissen, für welchen Jäger wir uns mit Lieferungszeit 1959 oder für welchen Abfangjäger wir uns mit Lieferzeit 1960 entscheiden werden. Wir wünschen aber heute schon gerade im Interesse einer modernen Landesverteidigung, daß ein Betrag von 4 1/2 Milliarden DM für die Ausstattung unserer Luftwaffe mit den modernsten bis dahin lieferfähigen Flugzeugen sozusagen reklamiert und reserviert wird. Wir wären doch wirklich nach Ihrer Meinung sicherlich noch stümperhaftere oder noch unzulänglichere Planer, wenn wir heute von der Notwendigkeit der späteren Ausgabe von 4 bis 5 Milliarden DM für Flugzeuge keine Notiz nähmen, um dann eines Tages vor der Tatsache zu stehen, daß wir lauter auf der Erde sich bewegende Soldaten und kein einziges einsatzfähiges Flugzeug haben. Gerade aus Ihrem Munde kam doch immer der Vorwurf, wir bauten eine veraltete, eine unmoderne, eine vor der Entstehung bereits überholte Bundeswehr auf. Genau dem wollten wir vorbeugen, genau dem wollten wir zuvorkommen. Deshalb hatten wir eigentlich nicht erwartet, daß Sie, wenn wir hier einen Ihrer Wünsche erfüllen und einen Ihrer Kritikpunkte ausräumen, uns wegen der Beseitigung dieses Kritikpunktes nun wieder Vorwürfe machen.
Im übrigen darf ich bemerken, daß die Programme, die auf Grund der Bindungsermächtigungen zustande kommen, den beiden Ausschüssen laufend vorgelegt worden sind.
Sie haben vorhin die Frage der Unterausschüsse angesprochen. Ich bedauere, ich habe mich zur Frage der Unterausschüsse überhaupt nicht, weder direkt noch indirekt, weder öffentlich noch vertraulich irgendwie geäußert. Die Unterausschüsse haben ohne Zweifel brauchbare Arbeit geleistet.
Sie werden es mir nicht übelnehmen, wenn ich sage, daß die Beanspruchung auch leitender Beamter oder Offiziere des Hauses dabei manchmal außerordentlich groß war, so daß sie gerade für die Beseitigung der Mängel weniger Zeit haben, als sie ohne die Bearbeitung der Berichte über die Abstellung der Mängel gehabt hätten. Das ,ist unvermeidlich. Das ist ohne einen Vorwurf gesagt, das ist nun einmal so.
Ich glaube auch, daß der Verteidigungsausschuß weiterhin den Weg gehen muß, zumindest ad hoc solche Ausschüsse einzurichten, um bestimmte Fragen zu behandeln. Darüber läßt sich sehr vernünftig reden.
Wenn Sie aber sagen, Kollege Schmidt: Nun werden wir das in der gemeinsam beschlossenen Verfassungsergänzung enthaltene Mittel des Untersuchungsausschusses anwenden, um gewisse zweifelhafte Vorgänge, seien es materielle oder psychologische oder politische Dinge, aufzuklären, dann allerdings möchte ich zwei Dinge erklären:
Erstens mein Bedauern, daß infolge einer vom Parlament beschlossenen Maßnahme, die im Hin und Her der Argumente der Fraktionen des Parlaments so zustande gekommen ist, die Bundeswehr aus diesem Grunde in diese Form der Kontrolle hineingezogen wird.

(Abg. Schmidt [Hamburg] : Sagen Sie das Ihren Freunden, die den Streit angefangen haben!)

Es bleibt unzweifelhaft, daß dabei, ob Sie es wollen oder nicht — wir wollen es bestimmt nicht —, zwischen Bundeswehr und gerade diejenigen, die diese Form der parlamentarischen Kontrolle in den Vordergrund stellen, von neuem belastende Momente hineingetragen werden. Sie können mir glauben, daß ich bestimmt den größten Wert darauf lege, daß zwischen Bundeswehr und Ihnen keine belastenden Momente bestehen; aus Gründen, die weit über diese Legislaturperiode rund weit über unseren augenblicklichen Aufgabenbereich hinausgehen.

(Abg. Schmidt [Hamburg]: Wir 'begrüßen diese Erklärung, Herr Strauß!)

Da haben wir ja schon einiges erlebt.

(Abg. Schoettle: Man müßte auch einiges tun!)

— Ich bemühe mich sehr, Kollege Schoettle.

(Abg. Könen [Düsseldorf] : Er hat sich ja schon bemüht, sich nicht auf Bayrisch auszudrücken; das müssen wir anerkennen!)

Sie haben heute eine Reihe von zu beanstandenden Punkten genannt, Kollege Schmidt. Ich hoffe nicht, daß durch die Nennung dieser Dinge, die zum Teil ja das sind, was man „Hintergrundmaterial" nennt,

(Sehr gut! bei der CDU/CSU)

ein Element des Mißtrauens entsteht, etwa in der Weise, als ob die Opposition einen besonderen Nachrichtenkanal in der Bundeswehr aufgebaut hätte.

(Zurufe von der CDU/CSU: Sehr richtig!)

Das wäre außerordentlich unangenehm. Nicht deshalb, weil einmal das eine oder andere hochgeht, Kollege Schmidt. Es geht immer einmal etwas hoch. Wer kann in so kurzer Zeit und bei den gegebenen personellen Voraussetzungen einen sol-


(Bundesverteidigungsminister Strauß)

chen Riesenapparat aufbauen, ohne daß — sei es mit Schuldigen oder sei es auch durch völlig unbewußte Maßnahmen — Pannen entstehen!

(Abg. Schmidt [Hamburg] : Die Sorge kann ich Ihnen immediat nehmen, Herr Strauß! Diese Berichte sind uns zugeschickt worden von Offizieren, die diese Mißstände nicht mit ansehen wollten, die 'aber offenbar nicht ganz soviel Zivilcourage hatten, damit zu ihren Vorgesetzten zu gehen. Dafür habe ich übrigens ein gewisses Verständnis.)

— Ja, aber dann sind es die falschen Offiziere!

(Abg. Dr. Kliesing: Herr Schmidt, Sie haben von Akten einer Dienststelle gesprochen! — Abg. Schmidt [Hamburg]: Warten Sie mal die parlamentarische Untersuchung ab über Ihre Arbeitsgemeinschaft demokratischer Kreise! — Abg. Dr. Kliesing: Sie haben von Akten einer Dienststelle der Bundeswehr gesprochen!)

Nicht weil sie Ihnen Berichte schicken, sind es die falschen Offiziere. Aber wenn unsere Vorstellungen von innerer Führung, wenn die Tätigkeit des Obersten Graf von Baudissin, wenn unsere Bemühungen um den Typ des neuen Soldaten, der also nicht im Kadavergehorsam erstarrt ist und der nicht von den Schulterstücken oder von den Tressen an alles schon als höhere, respekteinflößende Wesen sieht, — wenn diese Vorstellungen Wirklichkeit werden sollen, dann muß der Offizier den Mut haben, notfalls auch in einer Art MichaelKohlhaas-Haltung das, was er als Unrecht empfindet, auf dem normalen Wege nach oben zu geben,

(Beifall bei den Regierungsparteien) und er muß den Mut haben, dabei zu bleiben.


(Abg. Wehner meldet sich zu einer Zwischenfrage.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218915300
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Dr. Franz Josef Strauß (CSU):
Rede ID: ID0218915400
Bitte!

Herbert Wehner (SPD):
Rede ID: ID0218915500
Herr Minister, würden Sie es als eine Belastung für einen Offizier ansehen, wenn er in dieser Zeit, ich will einmal sagen, des Aufbaues über bestimmte Dinge aus seinem Erfahrungsbereich, die nicht Dienstgeheimnisse sind, einem Abgeordneten, der Sozialdemokrat ist, seine Meinung sagt? Wäre das für den Mann belastend?

Dr. Franz Josef Strauß (CSU):
Rede ID: ID0218915600
Ich darf die Frage in zwei Teile aufgliedern.
Die Tatsache, daß er es einem Abgeordneten der Sozialdemokratie gibt, ist genauso unerheblich wie wenn er es einem Abgeordneten der CDU, der FDP, der FVP oder des BHE geben würde. Denn das Bemühen geht ja nicht dahin, zwischen Bundeswehr und Sozialdemokratie eine eiserne Wand, eine chinesische Mauer zu errichten, sondern dahin, die Bundeswehr zum Gegenstand der Kontrolle, aber auch des Vertrauens sämtlicher demokratischen Kräfte unseres Staates zu machen. Ich glaube, darüber brauchen wir nicht zu reden.
Aber ich habe Bedenken dagegen, daß er nur den Mut hat, an einen Abgeordneten zu schreiben — auch wenn der Abgeordnete Franz-Josef Strauß hieße, und auch an ihn ist in den letzten Monaten geschrieben worden —, und nicht den Mut hat, mit Mannesmut vor Königsthronen gegenüber reaktionären Elementen — die es sicherlich auch dort gibt — den modernen Geist zu vertreten.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Schmidt [Hamburg]: Darin sind wir völlig einig! Dann ist es Aufgabe der Dienstvorgesetzten in der Bundeswehr, zu dieser Zivilcourage zu erziehen!)

Ich habe zum Beispiel den Brief eines Pioniers bekommen, der in München auf der Schreibstube sitzt, einen Brief mit einer Reihe von schauerlichen Behauptungen über die Zustände in seiner Dienststelle. Was soll ich tun? Ich habe den Mann von seinen Vorgesetzten vom Inspekteur des Heeres an abwärts einvernehmen lassen, um festzustellen, ob die Angaben über die Zustände stimmen. Ich habe dann seine Antwort überprüfen lassen. Was ist herausgekommen? Er hat 95 % dessen, was er behauptet hat, zurückgenommen, und von dem Rest war auch nicht mehr viel übrig.
Aber Sie haben in einem völlig recht, daß natürlich die Angst um die Beförderung, die Angst vor der Entlassung, vor einer schlechteren Behandlung ohne Zweifel hier einen Komplex erzeugen kann, der dann solche an sich falsche Reaktion auslöst. Auch aus diesem Grunde bin ich ja für das Gesetz über den Wehrbeauftragten, damit sich eine über jeden Verdacht der parteipolitischen Ausnutzung — was ich Ihnen nicht unterstelle; aber hier haben Sie heute immerhin einigen Krach damit veranstaltet — erhabene Instanz mit diesen Dingen befassen kann.

(Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

Darin, glaube ich, würden wir uns sehr rasch zu einer vernünftigen Lösung zusammenfinden können.
Sie haben, Herr Kollege Schmidt — ich möchte Sie nicht mehr lange aufhalten; aber das ist bezeichnend auch für die Art und Weise, wie rabulistisch Sie argumentieren können; nehmen Sie das Wort jetzt nicht zu tragisch! —, vorhin einiges zitiert. Ich habe mir Ihre beiden Quellen jetzt schnell besorgen lassen. Ursprünglich habe ich gemeint, Sie seien ausnahmsweise an rechtsradikales Material geraten. Diese Annahme war falsch. Es handelt sich um das Blatt „Der Frontsoldat erzählt", eine parteipolitisch nicht festgelegte Zeitung. Darin steht dieser Bericht: „Hammelburg — Wiege der Infanterie — Besuch der Infanterieschule — Eine moderne Grenadierkompanie stellt sich vor — Die Tore bleiben offen". Wer diesen Bericht liest — ich stelle für jedermann im Hause genügend Exemplare gern zur Verfügung —, wird feststellen, daß, abgesehen von einigen Kleinigkeiten, die geändert werden müssen, der Gesamteindruck eines Besuchs, und zwar eines bei offenen Toren gemachten Besuchs, nicht von Potemkinschen Dörfern, der denkbar positivste war.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU. — Abg. Schmidt [Hamburg] : Für diesen Gesamteindruck wird ja diese Zeitschrift auch von der Bundesregierung subventioniert! Trotzdem hat das nicht verhindern können, daß an einigen Stellen gesagt wird, was ist!)



(Bundesverteidigungsminister Strauß) — Das wissen Sie; ich weiß es nicht.


(Abg. Schmidt [Hamburg] : Fragen Sie einmal im Bundespresseamt!)

— Das wissen Sie; ich weiß es nicht.

(Abg. Schmidt [Hamburg] : Sie verwalten ja auch die Mittel nicht, die für diesen Zweck ausgeworfen werden!)

— Aber eines kann ich Ihnen mit Bestimmtheit sagen, daß ich noch niemals und daß auch mein Pressereferat noch niemals auf die Gestaltung des Inhalts dieser Zeitung den geringsten Einfluß genommen haben. Ich habe nicht die geringste Ahnung davon.
Aus dieser Zeitung greifen Sie jetzt also ein paar Details wegen der Unterkünfte, der Schulen usw. heraus. Wenn ich nur Ihre Rede gehört hätte, würde mir das Leben in Hammelburg bei dem Infanteriebataillon und bei der Infanterieschule schlechthin als die Hölle auf Erden erscheinen

(Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

Aber ich habe nicht nur den Titel gelesen, und nach dem Inhalt scheint mir das eine trotz des militärischen Dienstes angenehme Lebensweise zu sein. Zwar gibt es noch einige Flecke an der Wand; aber die mag es auch in gutbürgerlich oder modern eingerichteten Wohnungen des sozialen Wohnungsbaues geben.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

In diesem Zusammenhang führen Sie in bezug auf den Kampfanzug an: Die Hose rauscht, die Hose flattert.

(Heiterkeit.)

Dabei wissen Sie, Herr Schmidt, als alter Soldat ganz genau, daß es nur eine Alternative gibt, nämlich entweder einen Wollkampfanzug, wie die Finnen ihn haben, der geräuschlos ist, den aber unsere Soldaten ablehnen, weil er für unser Klima zu heiß ist, oder den imprägnierten, gegen infrarote Strahlen einigermaßen gesicherten Kampfanzug, der so rauscht, daß der Spähtrupp sogar für einen Blinden oder Taubstummen auf 100 m erkennbar ist.

(Heiterkeit bei den Regierungsparteien.)

Darüber ist die Technik noch nicht hinweggeschritten. Aber deshalb können wir die Leute nicht in der Badehose herumlaufen lassen, bis sie den idealen Kampfanzug haben.

(Beifall und Heiterkeit bei den Regierungsparteien.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218915700
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Dr. Franz Josef Strauß (CSU):
Rede ID: ID0218915800
Bitte.

Helmut Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0218915900
Sind Sie bereit, zuzugeben, Herr Bundesverteidigungsminister, daß Sie in puncto Rabulistik — ich meine das genauso freundschaftlich wie Sie eben — mir insofern nicht nachstehen, als Sie die Sache mit der rauschenden Hose Ihrerseits aus dem Artikel herausgefischt haben? Ich habe sie nicht erwähnt.

Dr. Franz Josef Strauß (CSU):
Rede ID: ID0218916000
Ich habe den schlechten Kampfanzug in Erinnerung gehabt, und der steht hier unter der Überschrift: „Die Hose rauscht".

(Heiterkeit bei den Regierungsparteien.)

Ferner haben Sie als Beweis für die völlige Konzeptionslosigkeit der Bundeswehr auch die schöne Geschichte vom deutschen bundesrepublikanischen, demokratisch zulässigen Wehrstiefel angeführt und hier wörtlich zitiert:
Und die Entwicklungsgeschichte des Stiefels scheint von unerklärlicher Voraussetzungslosigkeit zu zeugen ...
usw. usw. — Herr Schmidt, sind wir doch auf beiden Seiten ehrlich: Hatten wir denn nicht Angst, den zweckmäßigsten Stiefel, wenn auch mit einigen Änderungen, einzuführen, weil er uns nun einmal unter unangenehmen politischen Vorzeichen — im ersten Weltkrieg schon in schlechter Erinnerung, im zweiten in einer für Hunderte von Millionen unserer Nachbarn unerträglichen Erinnerung — nicht akzeptabel erschienen ist?

(Zustimmung bei der CDU/CSU.)

Das ist doch der Hintergrund. Wenn ich heute anfange, den Stiefel wieder etwas zu ändern — der Erlaß dafür ist mit Genehmigung des Herrn Bundespräsidenten herausgegeben —, damit der demokratische Kampfstiefel mit Schnalle, Lasche und drei Öffnungen eingeführt wird

(Heiterkeit und Beifall bei den Regierungsparteien — Lachen bei der SPD und beim GB/BHE)

— das ist jetzt eine Mischung zwischen dem Kampfstiefel der früheren Wehrmacht und dem Kampfstiefel des Bundesgrenzschutzes —, dann bekomme ich heute schon von zahlreichen, sicherlich ehrlich besorgten Persönlichkeiten aus Ihren Reihen und aus den Reihen der Ihnen nahestehenden Presse die Mahnung: Ja, hier ergänzt sich eins zum andern, bis der alte Nazi wieder da ist.

(Große Heiterkeit in der Mitte.)

Die einen wollen die Orden, die anderen wollen den SS-Marschstiefel, die dritten wollen wieder die Uniform des „Dritten Reiches", die vierten wollen die innere Führung auflösen, die fünften wollen die Parademärsche wieder einführen, die sechsten die zackige Grußform, und das geht so peu à peu, und auf einmal sind sie alle wieder da, und wir sind dabei die Geprellten. Das ist doch die Sorge.
Nur übertreibt man hier etwas. Ich bin fest überzeugt: Wenn wir jetzt zu einem Waffenrock zurückkehren — um dem Kollegen Mende eine Antwort zu geben —, wie ihn die Amerikaner, Franzosen, Holländer, Belgier usw. tragen, wie ihn nicht die Schweizer und, ich glaube, auch nicht die Österreicher — ob auch die Schweden, weiß ich nicht — tragen, nämlich der einreihigen, vom Bundespräsidenten genehmigten Feldbluse mit aufgesetzten Taschen, ohne die 20 % Zellwollbeimischung
— das war das Geschenk der deutschen Chemie —,

(Sehr gut! in der Mitte)

oben offen, Hemd mit Binder — das ist ungefähr die Uniform, wie sie in sämtlichen Streitkräften der Erde mit ganz wenigen Ausnahmen getragen wird —, dann werde ich gefragt werden, und ich bin schon gefragt worden: Aber die Rückkehr zum Einreihigen ist doch auch eine allmähliche Rückkehr zum alten Stil?! Und ich bin fest überzeugt: Hätten wir früher die amerikanische Uniform eingeführt und wollten wir sie jetzt wieder abschaffen, dann würde das bestimmt als erster Akt der Reaktion ausgelegt werden. Begibt man sich aber auf diese Gleise, dann muß man wirklich auch an-


(Bundesverteidigungsminister Strauß)

nehmen, daß jeder, der auf der Autobahn fährt, ein verkappter Anhänger und Bewunderer Hitlers ist.

(Große Heiterkeit und Beifall bei den Regierungsparteien.)

Es gibt ein paar bestimmte Fragen der Zweckmäßigkeit, der ganz nackten, nüchternen Zweckmäßigkeit, die mit den vergangenen Systemen nichts zu tun haben. Allerdings muß man hier Grenzen setzen, damit dann nicht aus der Zweckmäßigkeit der Mythos entsteht.
Ich darf noch etwas bemerken. Sie bemängeln, daß in der Annahmestelle politische Fragen gestellt werden. Sicherlich sind in den Annahmestellen nicht alles Edelpädagogen und Musterpsychologen. Aber es sollen ja gerade politische Fragen gestellt werden. Der Betreffende soll ja nicht allein nach Kaliberlänge, Leistungsgewichten und ähnlichen Dingen gefragt werden. Er soll auch durch Stellungnahme zu politischen Fragen erkennen lassen, welcher Gesinnung er ist, er soll erkennen lassen,

(Abg. Schmidt [Hamburg]: Das war genau der Punkt! Hier wurde unter Umgehung des Verbots, nach der Partei zu fragen, der Mann gefragt, für welche Parteizeitung er Artikel geschrieben habe! Genau das war der Punkt!)

ob er politisch zu denken vermag und nicht nur die Vorschriften auswendig lernt und sie am Montag in der Früh zwischen 8 und 11 Uhr beim Dienstunterricht wiedergibt, weil ihm sonst nichts Besseres einfällt.
Im übrigen werden die Annahmestellen jetzt allmählich aufgelöst werden. Ein ideales Prüfungsverfahren gibt es nie.

(Sehr richtig! in der Mitte.)

Auch ich halte den Fragebogen mit 40 Fragen, auf die die Idealantwort dann schon auf dem Schwarzen Markt zu haben war — von solchen, die bestanden hatten, oder auch von solchen, die nicht bestanden hatten — nicht für die ideale Form. Aber das ist eine Frage der Menschen, die diese Dinge handhaben.
Sie haben den Fall Oster erwähnt. Ich bin überrascht darüber — Oster ist ein alter Freund von mir —, daß er selbst mir davon nie etwas gesagt hat. Er war erst vor wenigen Tagen bei mir. Daß er keine Angst hatte, das zu sagen, ich glaube, davon sind wir beide überzeugt. Ich glaube aber den Hintergrund zu wissen. Ja, ich muß beinahe Dinge aus dem Nähkörbchen sagen. Er wollte selbst nicht zu dieser Division unter diesem Divisionskommandeur. Und warum? Wie es häufig ist, wenn sich zwei alte Soldaten nicht mögen. Sie haben sich im Krieg gegenseitig zu gut kennengelernt, wer dabei recht oder unrecht hat, ist schwer zu entscheiden; aber der eine war I-sowieso und der andere war I-sowieso in ein und demselben Verband, und deshalb will der eine den anderen nicht mehr als Untergebenen und der andere den einen nicht mehr als Vorgesetzten haben.

(Abg. Schmidt [Hamburg] : Was heißt hier „Sowieso"?)

Das hat aber mit dem Fall Oster, dem Fall seines Vaters — was Sie wahrscheinlich meinen — nichts zu tun, daß etwa hier einer den anderen nicht will, weil der Name Oster irgendwie in der Bundeswehr nicht gelitten wäre.
Aber solche Dinge, Kollege Schmidt, sollten Sie uns mitteilen, statt sie in jahrelanger Materialsammlung so als „Bundeswehr-Schubladensparer",

(Heiterkeit)

wie Sie es hier tun, als Material anzuhäufen, um es dann konzentriert auf einmal hier loszulassen. Ich kenne auch die Einzelheiten nicht. Aber ich bitte Sie herzlich, mir die Namen der militärischen Vorgesetzten zu nennen, die Sie heute erwähnt haben. Das dient nicht dazu, jetzt einen Gesinnungsterror gegen diese Leute auszuüben; denn es sind viele unter ihnen, bei denen man Verständnis haben muß. Ich glaube, ich weiß jetzt einen. Der ist erst sehr spät aus russischer Kriegsgefangenschaft heimgekommen, er war über zehn Jahre in sowjetischer Gefangenschaft. Bei diesen Leuten, die ja ein sehr hartes Schicksal hinter sich haben, ist es nicht böser Wille und ist es nicht falsche politische Einstellung. wenn ihnen das Maß dessen, was man heute sagen kann, und die Dimensionen, innerhalb deren man wieder denken und fühlen und leben muß, noch nicht wieder voll geläufig geworden sind.

(Sehr richtig! in der Mitte.)

Denen muß man helfen, sich da hineinzufinden.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Schmidt [Hamburg]: Herr Strauß, wir sind Ihrer Meinung! Nur kann man ihnen, wenn es sich um solche Menschen handelt, dann eben heute noch keine Division anvertrauen und sie kein Gespräch mit ausländischen Offizieren dieses Ranges führen lassen, wie ich es hier zitiert habe!)

— Aber bitte, geben Sie mir die Einzelheiten dazu. Die Quelle brauchen Sie nicht zu geben, nur die Einzelheiten dafür, daß man mit den betreffenden Offizieren darüber sprechen kann.
Sie dürfen auch den Fall des Oberstleutnants, der im Suff spricht, nicht symptomatisch nehmen. Ich kenne diesen Fall, er ist über meinen Schreibtisch gegangen. Da läuft eine Disziplinaruntersuchung, die sehr ernst geführt wird. Denn uns würde es auch interessieren, den Hintergrund dieses Mannes kennenzulernen. In vino veritas! Bei manchen ist es auch umgekehrt,

(Heiterkeit)

das wissen Sie ganz genau, und wenn man jedes Wort, das in diesem Zustand gesagt wurde, als eigentlichen Lügen- und Wahrheitsdetektor bezeichnete, wäre, glaube ich, bei manchem intra muros et extra muros schon ein merkwürdiges Charakterurteil zustande gekommen.
Ich sehe auch nicht, welchen Sinn das Wort „Mausgrau der Verräter" haben soll; denn die Leute vom 20. Juli haben eine schneidige Wehrmachtsuniform getragen, und der Schnitt der neuen Uniform ist bestimmt nicht von den Widerstandskämpfern vom 20. Juli ausgewählt worden. Aber irgendwie scheinen die normalen Denkmaßstäbe in diesem Zustand schon erheblich durcheinandergekommen zu sein.
Eines darf ich am Schluß noch zurückweisen, Herr Kollege Schmidt, und das ist Ihre Kritik an dem von dem bei Ihnen ja sicherlich sehr hochgeschätzten Grafen Baudissin herausgegebenen Informationsdienst, der allerdings auch über meinen Schreibtisch geht. Ich habe aber an dem Artikel über die Kriegsdienstverweigerung nicht eine Silbe,


(Bundesverteidigungsminister Strauß)

glaube ich, geändert. Sie haben hier wieder einen Satz herausgezogen. Hätten Sie den ganzen Absatz verlesen, sähen die Dinge ganz anders aus. Ich muß es leider — wenn der Präsident es noch gestattet
— tun. Es heißt dort:
Gegen den § 25 des Wehrpflichtgesetzes sind bekanntlich gewichtige verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht worden.
Das heißt, der Soldat wird darauf hingewiesen, daß es diese Bedenken gibt.
Es ist hier nicht der Ort, im einzelnen das verfassungsrechtliche Für und Wider der widerstreitenden Auffassungen darzulegen. Es soll nur so viel gesagt werden, daß die Fassung des § 25 des Wehrpflichtgesetzes dem entspricht, was der Grundgesetzgeber gemeint und gewollt hat.

(Abg. Dr. Arndt: Das ist doch unmöglich, so was zu bringen! — Gegenruf von der Mitte: Das meinen Sie!)

Weiter, als es hier geschehen ist, kann kein Staat gehen, will er nicht Gefahr laufen, sich selbst aufzugeben. Würde auch die situationsgebundene politische Gewissensentscheidung
— das heißt: weil ich Adenauer nicht traue, rücke ich so lange nicht ein, wie er Kanzler ist, was mit meiner grundsätzlichen Auffassung über Gewaltlosigkeit gar nichts zu tun hat, um es einmal ganz einfach zu sagen —
einbezogen werden, so käme das letzten Endes einer Auflösung der staatlichen Autorität zugunsten einer unendlichen Vielzahl souveräner Einzelpersonen gleich. Das kann niemand im Ernst wollen.
Im übrigen wird das Verfassungsgericht das letzte Wort zu sprechen haben. Bis dahin ist jedenfalls der § 25 des Wehrpflichtgesetzes geltendes Recht.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. Arndt: Es ist doch purer Unsinn, so etwas zu schreiben! — Abg. Niederalt: Nach Ihrer Auffassung vielleicht, Herr Arndt! — Weitere Zurufe von der SPD.)

— Ich gehe bisher von der Meinung aus, daß das, was ein Parlament mit einer ordnungsgemäßen Mehrheit in einem einwandfreien Verfahren beschlossen hat, so lange geltendes Recht ist, bis das Verfassungsgericht es aufgehoben oder geändert hat.

(Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. Arndt: Das ist doch reiner Unsinn! Sie haben doch auch Juristen unter sich! So einen Quatsch zu behaupten! — Abg. Schmidt [Hamburg]: Der Art. 3 des Grundgesetzes ist unmittelbar geltendes Recht und in seiner Auslegung völlig unabhängig von den Gesetzen, die Sie hier beschließen!)

— Ich kann und möchte mich hier nicht in eine rechtliche Debatte darüber einlassen. Wir werden ja erleben, was das Verfassungsgericht in diesem Zusammenhang entscheiden wird.

(Abg. Dr. Arndt: Darüber gibt es gar keinen Streit!)

— Das meinen Sie, Herr Kollege Arndt.

(Abg. Dr. Arndt: Nein, grundgesetzlich ist ein verfassungswidriges Gesetz auch schon vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nichtig! Darüber gibt es keinen Streit!)

— Es gibt nie einen Streit, Kollege Arndt, wenn alle übrigen sich einer Meinung anschließen.

(Beifall und Heiterkeit bei den Regierungsparteien.)

In dem Fall gibt es aber auch eine andere Meinung.

(Abg. Dr. Arndt: Das ist barer Unsinn! — Weitere Zurufe von der SPD.)

Schließlich darf ich noch dem Kollegen Mende antworten. In meinem Hause ist eine Verfügung erlassen worden — das ist bisher noch nicht veröffentlicht worden —, daß die längste Zeit innerhalb eines höheren Stabes oder innerhalb des Ministeriums drei Jahre betragen soll und daß, wer drei Jahre erreicht hat, dann zugunsten einer Truppenverwendung abgelöst werden muß und daß dann Truppenoffiziere in die Stäbe und in das Ministerium kommen. Der Drei-Jahres-Turnus — bis zur Durchführung im ersten Fall wird es allerdings beinahe ein Jahr dauern — scheint notwendig zu sein, um gerade die Umschichtung hervorzubringen, die verhindert, daß es zwei verschiedene Kategorien von Soldaten gibt: Das eine sind die Schreibtischoffiziere, und das andere sind die Gelände- oder — im ungünstigen Fall — Kasernenhofoffiziere. Eigentlich sollte es der Wunsch eines militärischen Vorgesetzten sein, im Gelände bei der Truppe zu sein, und nicht, hinter einem Schreibtisch zu sitzen.

(Sehr gut! in der Mitte.)

Damit habe ich die Einzelheiten beantwortet. Ich will bewußt nach der Auseinandersetzung zwischen dem Kollegen Jaeger und dem Kollegen Schmidt
— und der Kollege Jaeger hat die Meinung meiner Freunde vertreten — auf das Thema der Notwendigkeit einer allgemeinen Wehrpflicht nicht eingehen. Diese Debatte wäre wahrscheinlich nur der Auftakt zu einer neuen, längeren Auseinandersetzung, die ich angesichts der fortgeschrittenen Zeit vermeiden will. Aber nur eines bitte ich abschließend wenigstens entgegennehmen zu wollen, meine Damen und Herren von der Opposition: daß ein Landesverteidigungssystem, das die Erfüllung der auch von Ihnen anerkannten Vertragspflichten bedeutet, mit einem aus 200 000 Mann bestehenden Freiwilligenheer rein technisch unmöglich ist, abgesehen von allen politischen, außenpolitischen oder sonstigen Erwägungen. Aber ich hoffe, darüber das nächste Mal in diesem — ich darf nicht sagen: Theater, obwohl das Wort einmal gesagt worden ist —, in diesen Hohen Hallen mehr!

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218916100
Herr Abgeordneter Arndt!

Dr. Adolf Arndt (SPD):
Rede ID: ID0218916200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Herrn Bundesministers für Verteidigung über das, was in der „Information für die Truppe", 1956, Heft 4, steht, veranlassen mich doch zu einer Kritik seiner Rede insoweit. Ich hatte ohnehin vor — ich werde das


(Dr. Arndt)

auch noch im Zusammenhang mit dem Vierten Strafrechtsänderungsgesetz tun —, auf einige Ausführungen in der „Information" zu kommen. Herr Bundesminister, ich bitte Sie, daß Sie sich doch auch einmal mit dem Bundesministerium der Justiz in Verbindung setzen, wenn das in Ihrem Hause nicht geklärt werden kann. Es ist erstens rechtlich manches falsch, und es ist vor allen Dingen auch nach anderer Richtung hin so nicht vertretbar, wie es hier steht. Ich fange vom Ende her an, weil wir darüber zuletzt gesprochen haben. Dort heißt es:
Bis dahin
— nämlich bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichts —
jedenfalls ist der § 25 des Wehrpflichtgesetzes geltendes Recht.
Das ist mit dem Grundgesetz unter keinen Umständen vereinbar. Nach dem Grundgesetz ist völlig klar, daß unabhängig von einer gerichtlichen Entscheidung grundgesetzwidriges Recht von Anfang an nichtig ist. Wir streiten darüber, ob der § 25 grundgesetzwidrig ist. Aber wenn er grundgesetzwidrig ist, dann ist er von Anfang an nichtig und in keinem Zeitpunkt geltendes Recht. Darüber gibt es nach dem Grundgesetz keine Meinungsverschiedenheit. Infolgedessen kann man so etwas hier nicht ernsthaft hineinschreiben und den rechtsunkundigen Soldaten und Offizieren einen solchen Unfug einreden. Das ist das eine.
Das andere ist — jetzt nach einer politischen Richtung hin —, daß hier folgendes Verfahren geübt wird. Es heißt erst sehr loyal und gut, es sei hier nicht der Ort, im einzelnen das verfassungsrechtliche Für und Wider der widerstreitenden Auffassungen darzulegen. Ausgezeichnet, zumal es vorher sehr anerkennenswert heißt, daß gewichtige verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht worden sind. Im dritten Satz wird das aber dann alles aufgehoben durch die kühne Behauptung, es solle nur so viel gesagt werden, daß der § 25 dem entspricht, was der Grundgesetzgeber gemeint und gewollt hat. Was er gemeint und gewollt hat, ist Verfassung. Damit wird alles zurückgenommen, was vorher steht. Das ist unmöglich. So kann man schließlich in einem Unterricht und in einer Erziehung zum Denken nicht verfahren.
Dann gibt es schließlich einen sehr bösen Punkt,
den nämlich, daß es heißt:
Würde er
- nämlich der Gesetzgeber —
auch die situationsgebundene, politische Gewissensentscheidung in den Kreis einbeziehen, so käme das einer Auflösung der staatlichen Autorität gleich.
Nun, es gibt keine ernst zu nehmende Stelle, die die politische Entscheidung als solche etwa in der Form unter den Schutz des Bonner Grundgesetzes stellt, wie Sie es vorhin gesagt haben: „Solange Herr Dr. Adenauer Kanzler ist, werde ich nicht Soldat, und wenn dann irgend jemand anders Bundeskanzler wird, dann werde ich Soldat." Darüber geht ja gar kein Streit. Der Streit, der hier im Hause war und der auch draußen geführt wird, ist der, ob durch Art. 4 des Bonner Grundgesetzes nur die generellen, abstrakten, intellektuellen, dogmatischen Pazifisten als solche geschützt werden — bei denen ist es doch Doktrin, nicht notwendig in jedem Einzelfalle Gewissensentscheid —, oder ob auch das geschützt wird, was sowohl die Katholische wie auch die Evangelische Kirche übereinstimmend als Gewissen ansehen, nämlich die konkrete situationsbedingte Entscheidung. Sowohl die Evangelische Kirche als auch aus Kreisen der Katholischen Kirche, etwa von der katholisch-konservativen Herder-Korrespondenz, wird gesagt, daß der § 25 insoweit weder voll mit den naturrechtlichen Vorstellungen noch mit den Ratschlägen des Rates der Evangelischen Kirche übereinstimme. Dann darf man hier eines nicht machen, was einfach — höflich gesagt — nicht fair ist, nämlich die situationsgebundene konkrete Gewissensentscheidung mit einer bloß „politischen" Entscheidung gleichstellen.

(Abg. Dr. Kliesing: Geschieht ja gar nicht!)

— Das geschieht hier. Diesen Eindruck müssen der Soldat und der Offizier bekommen, und das wäre ein sehr böser Eindruck. Das hätte niemals so abgefaßt werden dürfen.
Bitte schön, Herr Kollege Kliesing.

Dr. Georg Kliesing (CDU):
Rede ID: ID0218916300
Herr Kollege Arndt, ist Ihnen entgangen, daß es in diesem Zitat gar nicht um die von Ihnen hier angesprochene rein situationsbedingte Gewissensentscheidung, sondern um eine Entscheidung geht, die durch zwei Dinge charakterisiert ist: sowohl das Situationsgebundene wie auch das Politische, das Sie vorhin doch selbst abgelehnt haben? Nur das als einheitliches Ganzes ist doch in diesem Zitat gemeint.

Dr. Adolf Arndt (SPD):
Rede ID: ID0218916400
Aber, Herr Dr. Kliesing, in der situationsgebundenen Entscheidung kann doch die politische Schätzung, das politische Werturteil als Inzidenturteil enthalten sein. Das ist mindestens nach der Erklärung des Rates der Evangelischen Kirche völlig außer jedem Zweifel.
Das, was hier steht, steht ja nicht isoliert. Etwa in demselben Sinne hat sich der Herr Bundesminister in der „Jungen Stimme" geäußert. Es handelt sich um eine ganz bestimmte Propaganda, nämlich, die konkrete, situationsbezogene Gewissensentscheidung als eine bloß politische zu diskreditieren, und das sollte in einer solchen Information nicht geschehen.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218916500
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Jaeger.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0218916600
Meine Damen und Herren! Nach den politischen Ausführungen des Herrn Ministers möchte ich nur noch als Jurist zu den juristischen Ausführungen des Herrn Kollegen Dr. Arndt Stellung nehmen. Denn er scheint mir auf richtige Erkenntnisse falsche Akzente zu setzen und dadurch zu falschen Schlüssen zu kommen. Ich habe nicht die Absicht, noch einmal die nächtliche Kriegsdienstverweigerungs-Debatte zu wiederholen. Ich begnüge mich mit der Bemerkung, daß die „Herder-Korrespondenz" eine schätzenswerte Sache, aber nicht die Stimme der katholischen Kirche ist.
Es geht hier um die Auslegung und die Anerkennung des Grundgesetzes. Es ist unbestritten, daß das Grundgesetz unmittelbar gilt. Das will ich gar nicht bestreiten, Herr Dr. Arndt. Auch der Art. 4 des Grundgesetzes gilt unmittelbar; das ist unumstritten. Umstritten aber ist, ob der § 25 des Wehrpflichtgesetzes mit dem Art. 4 des Grundgesetzes übereinstimmt oder nicht. Die Mehrheit dieses Hauses und des Bundesrats, also der Gesetz-


(Dr. Jaeger)

geber, ist der Meinung, daß der § 25 mit dem Grundgesetz übereinstimmt. Diese Meinung ist u. a. dadurch erhärtet, daß Staatssekretär Dr. Strauß im Rechtsausschuß erklärt hat, es komme hier genau das zum Ausdruck, was der Parlamentarische Rat — dem er selbst angehört hat — sich gedacht habe. Aber unbeschadet dessen, ob diese Meinung von Herrn Dr. Strauß richtig ist oder nicht: der Gesetzgeber hat § 25 gesetzt in dem vollen Bewußtsein: er ist in Übereinstimmung mit dem Grundgesetz. Folglich ist er für jeden Staatsbürger bindend, auch für die Bundeswehr,

(Widerspruch bei der SPD)

bis das Bundesverfassungsgericht ihn eventuell aufhebt. Erst wenn das Bundesverfassungsgericht — was es wahrscheinlich nicht tun wird — den § 25 aufhebt, ist er mit rückwirkender Kraft ungültig.

(Abg. Dr. Arndt: Nein!)

Aber bis zu diesem Zeitpunkt gilt jedes Gesetz, das wir beschließen; sonst haben wir die Anarchie.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe und große Unruhe bei der SPD.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218916700
Herr Abgeordneter Dr. Arndt!
Dr. Arndt ;SPD): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Auffassung, die soeben Herr Dr. Jaeger geäußert hat, ist noch niemals seit 1949 irgendwo im Schrifttum oder in der Rechtsprechung geäußert worden. Sie ist einfach unhaltbar, und ich halte es für unverantwortlich, Herr Jaeger, daß Sie, der Sie Jurist sein wollen, etwas Derartiges gesagt haben.

(Beifall bei der SPD. — Zuruf von der CDU/CSU: Es gibt auch noch außer Ihnen einige Juristen! — Weitere erregte Zurufe von der CDU/CSU.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218916800
Herr Abgeordnerter Dr. Jaeger!

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0218916900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann genauso erklären, daß die Äußerung des Herrn Dr. Arndt noch nirgendwo belegt ist. Im übrigen will ich eins sagen: Ich will ja gern zugestehen, daß Herr Dr. Arndt der Kronjurist dieses Hauses ist und daß wir alle dagegen — —

(Lebhafter Widerspruch bei der CDU/CSU.) — Jedenfalls hält ihn die SPD dafür.


(Zuruf von der SPD: Was soll denn das?)

Aber sich so aufzuspielen, als wenn man selbst das
Bundesverfassungsgericht wäre, geht doch zu weit.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0218917000
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

(Abg. Dr. Arndt: Es lohnt sich nicht, auf so etwas zu antworten! — Gegenrufe von der CDU/CSU.)

Ich schließe die allgemeine Aussprache in der ersten Lesung.
Beantragt ist Überweisung an den Haushaltsausschuß

(Abg. Dr. Jaeger: Verteidigungsausschuß mitberatend!)

— und zur Mitberatung an den Verteidigungsausschuß. Wer dieser Überweisung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! Gegen zahlreiche Stimmen beschlossen.
Ich bitte, noch einen Blick auf die Tagesordnung zu werfen. Ich glaube, das Präsidium hat sich geirrt, wenn es Ihnen in Aussicht gestellt hat, daß wir jetzt gleich nach Hause gehen können. Wir sind im Ältestenrat übereingekommen — das ist zwingend notwendig —, noch die Tagesordnungspunkte zu erledigen, die ohne Debatte erledigt werden können. Deshalb bitte ich, sich zu vergegenwärtigen, daß die Punkte 5, 8 und 14 der Tagesordnung abgesetzt werden. Ich bin gebeten worden, darauf hinzuweisen, daß die Drucksachen für diese Tagesordnungspunkte am Mittwoch noch einmal mitgebracht werden möchten. Sie können nicht noch einmal verteilt werden.
Der Punkt 6 ist erledigt. Ich rufe den Punkt 7 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Durchführung einer Repräsentativstatistik der Bevölkerung und des Erwerbslebens (Mikrozensus) (Drucksache 2695);
Schriftlicher Bericht*) des Ausschusses für
Angelegenheiten der inneren Verwaltung

(8. Ausschuß) (Drucksache 3054).

Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Bergmeyer.

(Erste Beratung: 169. Sitzung.)

Auf Berichterstattung wird verzichtet. Ich rufe auf die §§ 1 bis 6, Einleitung und Überschrift. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Paragraphen, der Einleitung und der Überschrift zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Angenommen, und zwar mit der Änderung.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich mache darauf aufmerksam, daß nach dem Antrag des Ausschusses in § 2 der Abschnitt 2 gestrichen ist. Wer dem Gesetz in der dritten Lesung mit diesem Antrag des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. — Gegenprobe! — Das Gesetz ist angenommen.
Punkt 9 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über forstliches Saat- und Pflanzgut (Drucksache 3063).
Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht; die Beratung ist geschlossen. Vorgeschlagen, ist die Überweisung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 10:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, des Gesetzes über das Zugabewesen und des Rabattgesetzes (Drucksache 1478);
*) Siehe Anlage 7.


(Präsident D. Dr. Gerstenmaier)

Schriftlicher Bericht*) des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (21. Ausschuß) (Drucksachen 3064, zu 3064, Umdruck 930). Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Hoffmann.

(Erste Beratung: 96. Sitzung.)

Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich rufe auf die Artikel 1, — 2, — 3, — 4, — Einleitung und Überschrift. Zu Art. 4 befindet sich ein Änderungsantrag auf Umdruck 930**): „Das Gesetz gilt nicht im Saarland." Wer diesem Änderungsantrag auf Umdruck 930 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Angenommen.
Wer den aufgerufenen Paragraphen, der Einleitung und der Überschrift zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich komme zur Abstimmung. Wer dem Gesetz mit der Ergänzung, die in der zweiten Lesung nach Umdruck 930 erfolgt ist, zustimmen will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Auf Drucksache 3064 befindet sich ein Antrag des Ausschusses, den Gesetzentwurf Drucksache 1329 durch die Beschlußfassung zu Ziffer 1 als erledigt abzulehnen. Das kann ich so nicht zur Abstimmung bringen, weil es sich um einen Initiativgesetzentwurf handelt. Ich rufe auf die Artikel 1 bis 3, Einleitung und Überschrift. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Niemand will zustimmen. — Abgelehnt.
Punkt 11 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Allgemeine Statistik in der Industrie und im Bauhauptgewerbe (Drucksache 3056).
Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Beratung. Es ist Überweisung an den Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung als federführenden Ausschuß und an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik zur Mitberatung vorgeschlagen. Das Haus stimmt zu? — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 12:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen vom 22. Dezember 1955 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Italienischen Republik über Kriegsgräber (Drucksache 3055).
Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Es ist Überweisung an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten vorgeschlagen. Das Haus ist damit einverstanden? — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 13:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes
zu dem Zusatzprotokoll zum Abkommen zwischen dem Deutschen Reich und der Schwei-
*) Siehe Anlage 8. **) Siehe Anlage 9.
zerischen Eidgenossenschaft vom 15. Juli 1931 zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der direkten Steuern und der Erbschaftsteuern (Drucksache 3059).
Das Wort wird in der ersten Beratung nicht gewünscht. Ich schließe die Beratung. Beantragt ist Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen. ist das Haus damit einverstanden? — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 14 ist auf Mittwoch vertagt. Punkt 15 a:
Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses (18. Ausschuß) über den Antrag der Abgeordneten Günther, Even, Nellen, Mühlenberg und Genossen betreffend Unwetterkatastrophe in der Eifel am 29. Mai 1956 (Drucksachen 2963, 2489).
Berichterstatter: Abgeordneter Ritzel.
Auch hier wird auf das Wort verzichtet. Der Antrag des Ausschusses geht dahin, den Antrag abzulehnen. Wer diesem Antrag des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Der Antrag des Ausschusses ist angenommen, d. h. der Antrag der Abgeordneten Günther und Genossen ist abgelehnt.
Punkt 15 b:
Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses (18. Ausschuß) über die Anträge der Fraktion der FDP betreffend Hilfe für die Hochwassergeschädigten in Hessen, in Niedersachsen und in Nordrhein-Westfalen (Drucksachen 2964, zu 2964, 2646, 2650, 2652).
Berichterstatter: Abgeordneter Brese.
Auch hier wird auf mündliche Berichterstattung verzichtet. Wer dem Antrag des Ausschusses auf Drucksache 2964 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Der Antrag des Ausschusses ist angenommen.
Punkt 15 c:
Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses (18. Ausschuß) über den Antrag der Abgeordneten Dr. Horlacher, Bauknecht, Struve, Lücker (München) und Genossen betreffend Hochwasser- und Unwetterschäden (Drucksachen 2965, zu 2965, 2693).
Berichterstatter: Abgeordneter Brese.
Das Wort wird nicht gewünscht. Auf Berichterstattung wird verzichtet. Wer dem Antrag des Ausschusses auf Drucksache 2965 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Angenommen.
Punkt 15 d:
Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses (18. Ausschuß) über den Antrag der Fraktionen der DP, FVP betreffend Hochwasser- und Witterungsschäden an der Ernte 1956 (Drucksachen 2966, zu 2966, 2711).
Berichterstatter: Abgeordneter Brese.
Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Der Antrag des Ausschusses ist angenommen.


(Präsident D. Dr. Gerstenmaier) Punkt 15 e:

Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses (18. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der FDP betreffend Hilfsfonds für den Obst- und Weinbau (Drucksachen 2967, 2731).
Berichterstatter: Abgeordneter Brese.
Das Wort wird nicht gewünscht. Auf Berichterstattung wird verzichtet. Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Der Antrag des Ausschusses ist angenommen.
Punkt 15 f:
Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses (18. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU betreffend Hochwasserschäden (Drucksachen 2968, zu 2968, 2770).
Berichterstatter: Abgeordneter Brese.
Auf mündlichen Bericht wird verzichtet. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich komme zur Abstimmung über den Antrag des Haushaltsausschusses auf Drucksache 2968. Wer diesem Antrag des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Der Antrag des Ausschusses ist angenommen.
Punkt 15 g:
Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses (18. Ausschuß) über den Antrag der Abgeordneten Josten, Ritzel, Lahr, Arndgen, Schlick und Genossen betreffend Hilfe für die Eis- und Hochwassergeschädigten des Rheines und der Nebenflüsse (Drucksachen 2977, zu 2977, 2199).
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Conring.
Auf mündliche Berichterstattung wird verzichtet. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich komme zur Abstimmung über den Antrag des Haushaltsausschusses auf Drucksache 2977. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Bei einigen Gegenstimmen ist der Antrag des Ausschusses angenommen.
Punkt 16 der Tagesordnung:
Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen betreffend Entlastung der Bundesregierung wegen der Bundeshaushaltsrechnung für das Rechnungsjahr 1953 auf Grund der Bemerkungen des Bundesrechnungshofes (Drucksache 3033).
Hier ist die Überweisung an den Haushaltsausschuß vorgeschlagen. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer der Überweisung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Sie ist beschlossen.
Punkt 17:
Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen betreffend Verkauf zweier Lagerhallen in Sudheim bei Northeim, Regierungsbezirk Hannover (Drucksache 3066).
Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Es ist Überweisung an den Haushaltsausschuß vorgesehen. — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Damit, meine Damen und Herren, ist die Tagesordnung erledigt.
Ich berufe die nächste, die 190. Sitzung des Deutschen Bundestages ein für Mitwoch, den 6. Februar, 14 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.