Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es erschien mir im Zusammenhang mit der Behandlung des Fünften Nachtragshaushalts, auch wenn es sich um die erste Lesung handelt, nicht als die Aufgabe des Verteidigungsministers, hier eine Gesamtkonzeption der Landesverteidigung zu bieten, sondern es erschien mir als meine Aufgabe, die Grundsätze dieses Haushalts und die notwendigen einzelnen Punkte darin hervorzuheben und zu begründen. In den Jahren des reappraisal, dessen Durchführung ja gerade von der Opposition immer wieder mahnend verlangt worden ist, läßt sich nicht eine endgültige Konzeption, auch nicht von der ehemaligen EVG-Planung an mit Verbindlichkeit für eine Reihe von Jahren — man kann schon sagen, von zehn Jahren; so lange wäre es vom Anfang der Gespräche an — bieten.
Ich darf deshalb nur einen Gesichtspunkt sagen: 70 000 am 1. Januar, 90 000 Angehörige der Bundeswehr am 1. April mit einer Woche Überhang,
am Ende dieses Jahres zwischen 120 000 und 135 000 Mann und in den folgenden drei Monaten bis zum Ablauf des Rechnungsjahrs nochmals 30 000 Mann zu der Stärke des Jahres 1957. Das ergibt fünf Divisionen mit etwa 80 % ihrer Sollstärke und zwei kleinere Divisionen mit etwa 60 % ihrer Sollstärke, die ersten fünf, die ich genannt habe, in relativer Feldverwendungsfähigkeit. Davon werden die ersten drei ab 1. Juli dieses Jahres der NATO als assigned troops, wie es heißt, zur Verfügung gestellt, d. h. der NATO als beschränkt verwendungsfähig gemeldet.
Das Gesamtziel, ohne daß ich mich hier auf endgültige Zahlen festlegen kann und darf — beides trifft zu — geht dahin, Verbände in der Kampfkraft und Feuerwirkung zu schaffen, wie sie ursprünglich bei der EVG-Planung unter dem 500 000 - Mann - Schema gedacht waren. Wie das 1960/61 aussehen wird, vermag bei der raschen Entwicklung der Technik in der Bundeswehr heute niemand zu sagen.
— Ich sagte: das vermag heute niemand zu sagen.
Ich möchte als Ressortminister bei der Zusage bleiben, daß gemäß den in den Verträgen übernommenen und auch im Interesse unserer Landessicherheit für notwendig gehaltenen Verpflichtungen eine Bundeswehr aus Heer, Luftwaffe, Marine, bodenständiger Luftverteidigung und Heimatverteidigung aufgestellt werden muß, und zwar im Rahmen eines integrierten Systems, mit den mobilen Verbänden, wenn ich mich so ausdrücken darf, der NATO unterstellt, mit gewissen Verbänden zu Luft und zu Lande, mit nationaler Zuständigkeit im Verteidigungsfalle, in ihrer Gesamtstärke so, daß die Aufgabe erfüllt werden kann, die die 500 000 Mann Bundeswehr oder 500 000 Mann Wehrmacht nach der EVG-Vorstellung haben sollten.
Ich weiß nicht, ob ich mich damit deutlich genug ausgedrückt habe. Mehr läßt sich heute im Rahmen dessen, was mir und den Nachfolgern usw. an finanziellen Mitteln zur Verfügung steht, und im Hinblick auf das, was man heute in der Zeit der technischen Umwertung bei vorsichtigem Denken überhaupt feststellen kann, nicht sagen, ohne daß man Hochstapelei begeht oder bewußt etwas Falsches sagt.
Ich möchte deshalb nicht auf das eingehen, was im Rahmen einer besonderen Sitzung des Verteidigungsausschusses in wenigen Tagen im Bundesministerium für Verteidigung behandelt werden wird.
In einem Punkt, Herr Kollege Schmidt, darf ich Sie berichtigen. Da ist eine Ihrer Behauptungen objektiv unrichtig, nämlich, daß ich bis zum 1. April nicht eine einzige der Stellen besetzen könnte. Ich fürchte, es ist schon die eine oder andere besetzt; dafür bitte ich dann um Ihre Nachsicht.
Sie haben in meinen einleitenden Worten, glaube ich, einen Passus nicht recht verstanden. Wenn wir heute 80 000 Stellen haben, dann sind diese so aufgebaut, als ob die gesamte Bundeswehr 80 000 Mann umfassen würde. Da die — Chargen hätte man früher gesagt — Unteroffiziers- und Offiziersplanstellen zum weiteren Aufbau im Rahmen des 80 000-Mann-Programms schon für die geplante Friedenssollstärke nicht mehr ausreichen, muß ich, obwohl ich erst etwa 75 000 Soldaten im Bereich der Bundeswehr habe, schon einen Vorlauf von weiteren 40 000 bis 50 000 haben; 40 000 von Ihrem Typ, möchte ich sagen, dem Typ der Längerdienenden, und 10 000 Wehrpflichtigen — das ist unser Typ.
In dem Haushalt 1957, von dem Sie nur, damit er nicht aufgehalten wird, die erste Fassung mit der alten Konzeption bekommen haben, stehen noch die 270 000 drin. In dem, den Sie in wenigen Tagen bekommen werden, stehen für Ende dieses Jahres 195 000 drin. Das sind wiederum die 150- bis 165 000 und der Vorlauf für das weitere, den ich immer brauche, bis die Normalstärke der Bundeswehr im Jahre X erreicht sein wird. Dann allerdings werden Planstellen Und Ist-Stärke der Bundeswehr in Übereinstimmung sein. Aber bis dieses Ziel erreicht ist, wird immer ein gewisser Vorlauf notwendig sein.
Deshalb ist auch ein Vergleich mit dem Haushalt der Reichswehr vom Jahre 1929, wie Sie ihn gebracht haben, vielleicht gut gemeint, aber irreführend. Denn die Reichswehr hatte im Jahre 1929 schon seit Jahren ihre im Versailler Vertrag festgelegte Sollstärke erreicht. Die Reichswehr war über eine Reihe von Jahren hin mit ihrem 100 000-
Mann-Programm mit ganz geringen Änderungen dieselbe geblieben. Das Eigenartige an diesen Haushaltsplänen — das beweisen ja schon die Worte „Fünfter Nachtragshaushalt", „Sechster Nachtragshaushalt", „Vorwegbewilligungen", „Bindungsermächtigungen" —, zumindest bis wir im Jahre 1957 einen festen Plan haben, der dann vielleicht noch geringen Änderungen unterliegen wird, ist, daß im Zeitpunkt des Aufbaus der Bundeswehr, also in einer dynamischen Entwicklung, andere Maßstäbe angewendet werden müssen als die des mehr für statische Zwecke, wenn ich mich so ausdrücken darf, geltenden Haushaltsrechts. Darum ja die „Untugend" — nach Kollegen Schoettle — der Vorwegbewilligungen, darum ja der Notweg der Bindungsermächtigungen.
— Ich sage es ohne jeden Unterton.
— Ich habe „unerfreulicher Weg" gesagt, Sie haben mit der schwäbischen Präzision „Untugend" dafür gesagt; im Inhalt mehr oder weniger dasselbe. — Wenn die Bundeswehr einmal ihre Friedensstärke haben wird, dann wird es der Vorwegbewilligungen und der Bindungsermächtigungen nicht mehr bedürfen. Wir hoffen ohnehin, schon vom Haushalt 1957 an diese beiden unerfreulichen Notwendigkeiten auf ein wesentlich geringeres Maß herabsetzen zu können.
Ich darf Sie in diesem Zusammenhang auf ein Zweites aufmerksam machen. Ich bin ein über-
zeugter Anhänger der Notwendigkeit der parlamentarischen Kontrolle, ein überzeugter Anhänger der Notwendigkeit einer Öffentlichkeitskontrolle der Bundeswehr. Aber ohne Zweifel stehen sich hier immer zwei Gesichtspunkte gegenüber, die sich nicht voll vereinbaren lassen, nämlich einmal der Gesichtspunkt der Offenlegung und damit der Kontrolle durch Öffentlichkeit und Parlament und auf der anderen Seite die Notwendigkeit einer gewissen Geheimhaltung. Ich meine hier nicht die Geheimhaltung des inneren Gefüges mancher Offiziere, von denen Sie heute gesprochen haben, Herr Kollege Schmidt, sondern die Geheimhaltung dessen, was heute allein schon durch die Lektüre eines Haushaltsplans ein jeder Nachrichtendienst kostenlos oder für wenige Mark erwerben kann. Für dieselbe Kenntnis müssen wir uns bei den Ländern hinter dem Eisernen Vorhang eigentlich sehr viel kostspieligerer Mittel bedienen.
Das hat nicht im mindesten etwas zu tun mit einer Tendenz, etwa unter Berufung auf die Geheimhaltung die parlamentarische Kontrolle einschränken zu wollen.
Aber wenn jedes einzelne Objekt, jede einzelne Anlage, jedes Depot, jeder Flugplatz, beinahe jeder Munitionsstapel im Haushaltsplan aufgeführt sein muß, dann ist es für den, der dieses Land einmal überfallen wird, verhältnismäßig leicht, Angriffsobjekte für gewisse Waffen zu finden.
Was ich hier sage, hat mit Parteipolitik oder mit den Gegensätzen zwischen Regierung und Opposition überhaupt nichts zu tun. Das ist einfach ein Gebot der nackten Vernunft, möchte ich beinahe sagen.
— Darauf darf ich noch zu sprechen kommen. Ich möchte aber, gerade weil ich keinen konkreten Grund habe, eine Sorge zu äußern oder etwas zu beanstanden, hier sagen, daß es sehr wünschenswert wäre, wenn sich einmal Verwaltung und Legislative zusammensetzen würden, um eine heute noch bestehende theoretische Lücke in der Frage der Geheimhaltung bei Abgeordneten auch durch die Ergänzung der Bestimmungen zu schließen.
Das ist besser jetzt gesagt als dann, wenn man Grund hätte, es mit einem Vorwurf zu sagen.
In einer anderen Sache haben Sie, Kollege Schmidt, mich, glaube ich, auch falsch verstanden. Sie sagten. wenn ich mich recht erinnere, es seien heute im Verteidigungsministerium achtmal soviel Generale und Stabsoffiziere wie in der Truppe; aber ich kann es auch falsch gehört haben. Dazu möchte ich nur sagen: im Verteidigungsministerium sind nach dem 5. Nachtragshaushaltsplan vorgesehen
—die Offiziersstellen werden nach Ihrer Meinung immer viel schneller besetzt, aber auch in der Wirklichkeit stimmt es nicht — 560 Stabsoffiziere und Generale aus insgesamt 5000 Generalen und Stabsoffizieren,
also etwa 10 %. Daß aber bei der Form, wie sie nun einmal für den Aufbau der Bundeswehr gewählt worden ist, das Ministerium zunächst unendlichmal so viel Stabsoffiziere hatte wie die Truppe, ist ganz klar, denn bevor es einen einzigen Soldaten gab, bestand bereits ein Ministerium mit Soldaten.
Ich darf dann noch etwas weiteres klarstellen, und zwar betrifft das die Zurückziehung meiner Zusage gegenüber der Post. Kollege Schmidt, Sie wollen Ihren Leitartikel verteidigen. Aber eine solche Zusage hat nie bestanden. Das war ein Irrtum, wenn das behauptet worden ist.
— Stimmt, eine solche Zusage hat nie bestanden.
— Ich vermute, es war ein Irrtum, der zwischen dem Bundesfinanzminister und dem Bundespostminister entstanden sein kann.
Aber eine solche Zusage ist von mir weder schriftlich noch mündlich, weder direkt noch indirekt in irgendeiner Form gegeben worden. Denn Sie sehen schon aus der von mir heute vormittag gegebenen Übersicht, daß jetzt der Juliusturm, soweit Verteidigungsmittel in Betracht kommen, sich nicht —erlauben Sie mir, das Wort zu gebrauchen, das die „Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung" gebraucht hat — in einen Kaiser-Franz-JosephTurm oder ähnliches umgewandelt hat.
— Ja, „Kaiser" kann man weglassen, „Franz Joseph" genügt. — Ich möchte nur sagen, daß jetzt schon, im Haushaltsjahr 1956, aber noch stärker im Haushaltsjahr 1957 die Dinge sich hart im Raume stoßen. Und ich darf es hier sagen, daß jede Hoffnung, auch bei der reduzierten Planung aus dem Verteidigungshaushalt noch Mittel für andere Zwecke gewinnen zu wollen, illusorisch ist. Denn das würde nichts anderes bedeuten, als diese Planung nochmals, und zwar diesmal entscheidend zuungunsten der Bundeswehr — sie ist ja kein Selbstzweck —, zuungunsten der Landesverteidigung umstoßen zu müssen. Dazu könnte ich niemals bereit sein.
Herr Kollege Schmidt hat auch von der schon mehrfach erwähnten Bindungsermächtigung von 12 Milliarden DM gesprochen, von dieser ungeheuren Summe, über die noch niemals eindeutscher Kriegsminister, so sagte er, verfügt habe. Ich hoffe, auch das war ein lapsus linguae, den gestern mir gegenüber auch Herr Arndt gebraucht hat, ein Ausrutschen der Zunge. Ich bin Bundesverteidigungsminister und nicht Bundeswehr- und zum allerwenigsten Bundeskriegsminister.
Aber wenn nun einmal die gesamte Infrastruktur gebaut werden muß, wenn die Kasernen und
die Flugplätze angelegt werden müssen, dann kann man nicht von einem Flugplatz nur die ersten 200 m der Startbahn bauen und im übrigen sagen: Für die anderen 1800 m engagieren wir uns später. Man kann auch nicht von einer Kaserne nur den Keller bauen und sagen, das andere interessiere uns erst später. Gerade wenn wir ein solches Programm aufstellen, das Sie wünschen und das alle Ministerpräsidenten wünschen, um zu wissen, was in ihrem Lande aufzubringen ist und was sie in ihrer Regierung zu erledigen und zu regeln haben, gerade wenn wir uns bemühen, einmal Ordnung und Ruhe hineinzubringen und eine Übersicht zu bieten, dann ist diese Übersicht allerdings damit verbunden, daß wir gewisse Verbindlichkeiten eingehen und gewisse Zusagen geben müssen, die sich im Haushaltsplan in Form von Bindungsermächtigungen niederschlagen. Diese Bindungsermächtigungen stellen ja nicht das Recht zur Ausgabe dar; aber sie sind eine rote Lampe, eine Warnung für Legislative und Exekutive, bei der zukünftigen Finanzplanung und Haushaltsgestaltung auf die in den Vorjahren eingegangenen Bindungsermächtigungen Rücksicht zu nehmen.
Man kann nicht die erste Tranche eines Flugplatzes planen und dann den Flugplatz abschreiben und ein anderes Projekt anfangen. Was hier einmal angefangen worden ist und wo der Bau zwei bis drei Jahre dauert, das muß zu Ende geführt werden.
Ähnlich liegen die Dinge bei Schiffen und bei Flugzeugen. Auch hier lege ich Wert darauf, daß ein gewisser Betrag zur Verfügung gestellt wird, auch wenn wir heute die Typenauswahl noch nicht haben, Kollege Schmidt, auch wenn wir noch nicht wissen, für welchen Jäger wir uns mit Lieferungszeit 1959 oder für welchen Abfangjäger wir uns mit Lieferzeit 1960 entscheiden werden. Wir wünschen aber heute schon gerade im Interesse einer modernen Landesverteidigung, daß ein Betrag von 4 1/2 Milliarden DM für die Ausstattung unserer Luftwaffe mit den modernsten bis dahin lieferfähigen Flugzeugen sozusagen reklamiert und reserviert wird. Wir wären doch wirklich nach Ihrer Meinung sicherlich noch stümperhaftere oder noch unzulänglichere Planer, wenn wir heute von der Notwendigkeit der späteren Ausgabe von 4 bis 5 Milliarden DM für Flugzeuge keine Notiz nähmen, um dann eines Tages vor der Tatsache zu stehen, daß wir lauter auf der Erde sich bewegende Soldaten und kein einziges einsatzfähiges Flugzeug haben. Gerade aus Ihrem Munde kam doch immer der Vorwurf, wir bauten eine veraltete, eine unmoderne, eine vor der Entstehung bereits überholte Bundeswehr auf. Genau dem wollten wir vorbeugen, genau dem wollten wir zuvorkommen. Deshalb hatten wir eigentlich nicht erwartet, daß Sie, wenn wir hier einen Ihrer Wünsche erfüllen und einen Ihrer Kritikpunkte ausräumen, uns wegen der Beseitigung dieses Kritikpunktes nun wieder Vorwürfe machen.
Im übrigen darf ich bemerken, daß die Programme, die auf Grund der Bindungsermächtigungen zustande kommen, den beiden Ausschüssen laufend vorgelegt worden sind.
Sie haben vorhin die Frage der Unterausschüsse angesprochen. Ich bedauere, ich habe mich zur Frage der Unterausschüsse überhaupt nicht, weder direkt noch indirekt, weder öffentlich noch vertraulich irgendwie geäußert. Die Unterausschüsse haben ohne Zweifel brauchbare Arbeit geleistet.
Sie werden es mir nicht übelnehmen, wenn ich sage, daß die Beanspruchung auch leitender Beamter oder Offiziere des Hauses dabei manchmal außerordentlich groß war, so daß sie gerade für die Beseitigung der Mängel weniger Zeit haben, als sie ohne die Bearbeitung der Berichte über die Abstellung der Mängel gehabt hätten. Das ,ist unvermeidlich. Das ist ohne einen Vorwurf gesagt, das ist nun einmal so.
Ich glaube auch, daß der Verteidigungsausschuß weiterhin den Weg gehen muß, zumindest ad hoc solche Ausschüsse einzurichten, um bestimmte Fragen zu behandeln. Darüber läßt sich sehr vernünftig reden.
Wenn Sie aber sagen, Kollege Schmidt: Nun werden wir das in der gemeinsam beschlossenen Verfassungsergänzung enthaltene Mittel des Untersuchungsausschusses anwenden, um gewisse zweifelhafte Vorgänge, seien es materielle oder psychologische oder politische Dinge, aufzuklären, dann allerdings möchte ich zwei Dinge erklären:
Erstens mein Bedauern, daß infolge einer vom Parlament beschlossenen Maßnahme, die im Hin und Her der Argumente der Fraktionen des Parlaments so zustande gekommen ist, die Bundeswehr aus diesem Grunde in diese Form der Kontrolle hineingezogen wird.
Es bleibt unzweifelhaft, daß dabei, ob Sie es wollen oder nicht — wir wollen es bestimmt nicht —, zwischen Bundeswehr und gerade diejenigen, die diese Form der parlamentarischen Kontrolle in den Vordergrund stellen, von neuem belastende Momente hineingetragen werden. Sie können mir glauben, daß ich bestimmt den größten Wert darauf lege, daß zwischen Bundeswehr und Ihnen keine belastenden Momente bestehen; aus Gründen, die weit über diese Legislaturperiode rund weit über unseren augenblicklichen Aufgabenbereich hinausgehen.
Da haben wir ja schon einiges erlebt.
— Ich bemühe mich sehr, Kollege Schoettle.
Sie haben heute eine Reihe von zu beanstandenden Punkten genannt, Kollege Schmidt. Ich hoffe nicht, daß durch die Nennung dieser Dinge, die zum Teil ja das sind, was man „Hintergrundmaterial" nennt,
ein Element des Mißtrauens entsteht, etwa in der Weise, als ob die Opposition einen besonderen Nachrichtenkanal in der Bundeswehr aufgebaut hätte.
Das wäre außerordentlich unangenehm. Nicht deshalb, weil einmal das eine oder andere hochgeht, Kollege Schmidt. Es geht immer einmal etwas hoch. Wer kann in so kurzer Zeit und bei den gegebenen personellen Voraussetzungen einen sol-
chen Riesenapparat aufbauen, ohne daß — sei es mit Schuldigen oder sei es auch durch völlig unbewußte Maßnahmen — Pannen entstehen!
— Ja, aber dann sind es die falschen Offiziere!
Nicht weil sie Ihnen Berichte schicken, sind es die falschen Offiziere. Aber wenn unsere Vorstellungen von innerer Führung, wenn die Tätigkeit des Obersten Graf von Baudissin, wenn unsere Bemühungen um den Typ des neuen Soldaten, der also nicht im Kadavergehorsam erstarrt ist und der nicht von den Schulterstücken oder von den Tressen an alles schon als höhere, respekteinflößende Wesen sieht, — wenn diese Vorstellungen Wirklichkeit werden sollen, dann muß der Offizier den Mut haben, notfalls auch in einer Art MichaelKohlhaas-Haltung das, was er als Unrecht empfindet, auf dem normalen Wege nach oben zu geben,
und er muß den Mut haben, dabei zu bleiben.