Gesamtes Protokol
Meine Damen und Herren! Vor Eintritt in die Tagesordnung habe ich einige Dinge bekanntzugeben.
Zunächst: Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem 9. März dieses Jahres auf Grund des § 33 Abs. 1 Reichshaushaltsordnung die Übersicht über die über- und außerplanmäßigen Haushaltsausgaben im dritten Vierteljahr des Rechnungsjahrs 1955 überreicht, die als Drucksache 2208 vervielfältigt ist. Nach einer Vereinbarung im Ältestenrat werden solche Übersichten dem Haushaltsausschuß überwiesen. — Das Haus ist wohl mit der Überweisung der Drucksache einverstanden.
Weiter: Der Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat darum gebeten, den ihm in der 19. Sitzung des Deutschen Bundestages am 12. März 1954 zur federführenden Behandlung überwiesenen Teil des Ausschußantrags betreffend Reorganisation des Agrarrechts und der Agrarwirtschaft, Drucksache 251 Nr. 1 Buchstabe g, dem Sonderausschuß „Wasserhaushaltsgesetz" zur federführenden Behandlung zuzuweisen. — Auch damit ist das Haus wohl einverstanden.
Für die heutige Tagesordnung hat der Bundesrat einige Wünsche zum Ausdruck gebracht. Der Bundesrat tritt um 10 Uhr zusammen, und er möchte in der Lage sein — hoffentlich irrt er sich nicht —, einige Punkte der ursprünglich für heute vorgesehenen Tagesordnung noch zu behandeln.
Dann treten wir in die Tagesordnung ein, zunächst, indem wir in der gestern unterbrochenen Tagesordnung fortfahren.
Ich rufe zunächst auf Ziffer I, Punkt 3 1:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen über den Antrag der Fraktion der SPD betreffend Zollfreie Einfuhr von
Kaffee und Tee im Reiseverkehr .
Hier konnte gestern die Abstimmung nicht stattfinden, weil das Haus nicht beschlußfähig war. Wird das Wort gewünscht? Es müßte sich um ein Wort zur Abstimmung handeln, nicht mehr zur Sache. — Zur Abstimmung? — Dann bitte, Herr Abgeordneter Mommer, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Abstimmung gestern abend hat bewiesen, daß manche nicht da waren, also auch jetzt nicht wissen, worum es geht. Ich glaube, daß deshalb wegen der Klarheit der Abstimmung eine ganz kurze Bemerkung notwendig ist.
Herr Abgeordneter Mommer, wir müssen davon ausgehen, daß ohne Rücksicht auf die Besetzung des Hauses eine Kontinuität des Bewußtseins des Hauses von dem, was in seiner Mitte vor sich geht, besteht.
Ohne diese Annahme ist parlamentarische Tätigkeit wohl nicht möglich.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer für den Antrag des Ausschusses ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Meine Damen und Herren, der Tag fängt schlecht an. Es ist nicht möglich, festzustellen, wo die Mehrheit ist. Hier ist das Haus dichter besetzt, dort weniger dicht. Es ist also sehr schwer festzustellen, wo die Mehrheit liegt; wir müssen auszählen.
Ich bitte, die Türen zu schließen. — Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen.
Die Auszählung ist beendet. Ich bitte, die Türen zu schließen.
Meine Damen und Herren, ich gebe das Abstimmungsergebnis bekannt. An der Abstimmung haben sich 298 Mitglieder des Hauses beteiligt. Das Haus ist also beschlußfähig gewesen. Mit Ja haben 133 Mitglieder des Hauses gestimmt, mit Nein 164; ein Mitglied des Hauses hat sich der Stimme enthalten. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Damit ist dieser Punkt erledigt.
— Herr Abgeorneter Erler zur Geschäftsordnung!
Herr Präsident, ich glaube nicht, daß der Punkt damit in der Sache endgültig erledigt ist. Wir haben den Ausschußbericht abgelehnt; nun muß noch über den ursprünglichen Antrag entschieden werden. Das Haus hat sich der Meinung des Ausschusses nicht angeschlossen; jetzt müssen wir zur Sache entscheiden, nämlich über den zugrunde liegenden sozialdemokratischen Antrag.
Das wäre der Antrag Drucksache 1773. Ich bitte das Haus um Entschuldigung. Aber es liegt ein solcher Wirrwarr von
Papier auf dem Präsidententisch, daß man sich nicht mehr zurechtfindet. Außerdem ist das Haus heute so erfreulich lebendig und bewegt, daß auch das Gehör des Präsidenten erheblich in Anspruch genommen ist.
Wir stimmen nunmehr über den Antrag Drucksache 1773 ab. Besteht Klarheit darüber, worüber abgestimmt wird? — Wer für die Annahme ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe!
— Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
— Meine Damen und Herren, ich bitte um ein klein wenig Ruhe.
Punkt I 3 i ist gestern zurückgestellt worden. Ich rufe ihn nunmehr auf:
Große Anfrage der Abgeordneten Dr. Mommer, Dr. Dr. h. c. Pünder, Graf von Spreti, Dr. Becker und Genossen betreffend Maßnahmen zur Erleichterung der Reisen von Flüchtlingen (Drucksache 2160).
Wer begründet die Große Anfrage?
— Sie wird nicht begründet? — Dann hat das Wort zur Beantwortung der Großen Anfrage Herr Staatssekretär Dr. Hallstein.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir, ehe ich in die Beantwortung der Großen Anfrage eintrete, zwei Sätze zu den übrigen Anträgen, die unter der Ziffer 3 zusammengefaßt sind. Ich hatte gehofft, diese Worte gestern sagen zu können. Aber die Abstimmung hat sich so rasch vollzogen, daß ich dazu nicht kam. Wenn es demnach auch etwas post festum ist, so möchte ich doch für die Bundesregierung sagen dürfen, daß wir nicht nur die Tendenz aller dieser unter Ziffer 3 zusammengefaßten Anträge mit lebhafter Zustimmung begrüßen, sondern auch fast alle Detailfolgerungen, die daraus gezogen worden sind, daß wir gemäß dieser Grundhaltung bisher gehandelt haben und weiter handeln werden.
— Eben das habe ich zurückweisen wollen mit der Bemerkung, die ich soeben gemacht habe. Es hat keines Zwanges, auch keines Zwanges dieses Hohen Hauses bedurft, um uns zu dieser Aktivität zu veranlassen. Ich hatte das im einzelnen gestern begründen wollen, bin aber nicht zu Wort gekommen und darf es deshalb in dieser summarischen Feststellung heute dem Hohen Hause doch sagen.
Ich komme zur Beantwortung der Großen Anfrage Drucksache 2160. Die Antwort zu 1 lautet: Die Bundesregierung ist bereit, im Ministerausschuß der Empfehlung 86 der Beratenden Versammlung des Europarates über Maßnahmen zur Erleichterung der Reisen von Flüchtlingen zuzustimmen.
Zu 2. Die diplomatischen Vertretungen der Bundesrepublik in den Beneluxstaaten haben am 25. Oktober vorigen Jahres Weisung erhalten, bei den Regierungen ihrer Gastländer anzufragen, ob diese einem Beitritt der Bundesrepublik zu dem
Niederländisch-Belgischen Abkommen vom 4. April 1955 über die Aufhebung des Sichtvermerkzwanges für anerkannte Flüchtlinge zustimmen könnten.
Die Regierungen der drei Beneluxstaaten haben diese Anfrage bisher noch nicht endgültig beantwortet. Sie haben vielmehr in verschiedenen Zwischenantworten, deren letzte vom 3. März dieses Jahres datiert, wissen lassen, daß die Prüfung der Frage durch ihre zuständigen innerstaatlichen Behörden noch nicht abgeschlossen ist. Die diplomatischen Missionen der Bundesrepublik bei den drei Benelux-Staaten werden an die noch ausstehende endgültige Beantwortung ihrer Anfrage weisungsgemäß laufend erinnern.
Zu 3. Die Bundesregierung beabsichtigt, in weitem Umfang den Sichtvermerkzwang für die Inhaber von Reiseausweisen für Flüchtlinge einseitig aufzuheben. Zu diesem Zweck wird der Herr Bundesminister des Innern dem Bundesrat in wenigen Tagen den Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Paßverordnung zuleiten. Nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung wird es möglich sein, Flüchtlingen, die in einem der Mitgliedstaaten des Europarates anerkannt worden sind, die sichtvermerkfreie Einreise in das Bundesgebiet zu genehmigen.
Wie ich bereits in der Fragestunde des Hohen Hauses am 19. Oktober vorigen Jahres auf eine Anfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Mommer in Aussicht gestellt habe, sind die deutschen Auslandsvertretungen angewiesen worden, ausländischen Flüchtlingen, die ihren Wohnsitz oder ihren ständigen Aufenthalt in einem der Mitgliedstaaten des Europarates haben, Sichtvermerke gebührenfrei zu erteilen.
Die Große Anfrage ist beantwortet. Wird eine Aussprache gewünscht?
— Das ist nicht der Fall. Damit ist Punkt I Ziffer 3 der Tagesordnung erledigt.
Wir kommen zu Ziffer 4. Der Herr Bundesarbeitsminister hat erklärt, daß er auf Abgabe einer Stellungnahme für die Bundesregierung verzichte; er werde die mit diesen Fragen befaßten Ausschüsse bei nächster Gelegenheit über die Stellung der Bundesregierung unterrichten. Er wählt dieses Verfahren im Interesse der beschleunigten Abwicklung der Tagesordnung.
Nach einer gestern erfolgten Vereinbarung soll zu den einzelnen Ziffern von Punkt I nicht mehr gesprochen werden. Die Frage ist, ob das Haus wünscht, daß die Herren Bericherstatter ihre Berichte mündlich geben,
oder ob das Haus sich damit begnügt, daß Schriftliche Berichte eingereicht werden.
- Das Haus begnügt sich mit den Schriftlichen Berichten.
Dann rufe ich Ziffer 4 a auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Mommer, Dr. Dr. h. c. Pünder, Graf von Spreti, Dr. Becker und Genossen betreffend Sozialabkommen der Brüsseler Vertragsstaaten (Drucksache 2163).
Hier schlägt der Ältestenrat Überweisung an den Ausschuß für Sozialpolitik als federführenden Ausschuß, an den Ausschuß für Arbeit und an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten vor. — Herr Abgeordneter Pünder, wünschen Sie das Wort?
— Bitte, dann treten Sie an die Tribüne.
Herr Präsident, ich wäre sehr dankbar, wenn das Haus sich dessen erinnern wollte, was wir gestern abend bezüglich des weiteren Ablaufs beschlossen haben, nämlich, daß wir möglichst — möglichst — von der Überweisung an Ausschüsse absehen wollen. Ein solcher Fall liegt auch hier wieder vor. Der Antrag, den Sie soeben aufgerufen haben, ist, wie ein kurzer Blick zeigt, von Mitgliedern aller Fraktionen des Hohen Hauses unterzeichnet. Es hat völlige Einigkeit bei der Formulierung des Antrages bestanden. Er basiert außerdem auf einer in der Beratenden Versammlung ebenso einstimmig angenommenen Entschließung. Ich möchte deshalb wiederholen, was ich gestern abend sagte: Es würde sowohl innen- wie außenpolitisch außerordentlich gut wirken, wenn auch dieser Antrag betreffend die Sozialabkommen ohne weitere Ausschußberatung, die wirklich nichts Neues bringen kann, heute hier in voller Einmütigkeit angenommen werden könnte. Ich möchte daher hiermit beantragen, den Antrag sofort zu verabschieden.
Der Ältestenrat kann keine Anträge stellen, sondern nur Vorschläge machen. Da Herr Abgeordneter Dr. Pünder den Antrag gestellt hat, nicht an den Ausschuß zu überweisen, gehe ich davon aus, daß kein Antrag auf Überweisung an einen Ausschuß vorliegt.
Wir stimmen daher über den Antrag Drucksache 2163 ab. Wer für die Annahme ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich rufe Punkt 4 b auf:
Große Anfrage der Abgeordneten Dr. Mommer, Dr. Dr. h. c. Pünder, Graf von Spreti, Dr. Becker und Genossen betreffend Ratifizierung von Konventionen (Drucksache 2164).
Wird die Anfrage begründet? — Das ist nicht der Fall. Wer beantwortet die Große Anfrage? — Das Wort zur Beantwortung hat Herr Staatssekretär Dr. Hallstein.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die allgemeine Frage, die in Nr. 1 der Großen Anfrage enthalten ist, warum sich die Ratifizierung von Konventionen verzögert hat, ist schon Gegenstand von Erörterungen im Auswärtigen Ausschuß gewesen. Die Bundesregierung begrüßt es aber, eine Gelegenheit zu haben, ihre Antwort vor diesem Hohen Hause abzugeben.
Ich möchte zwei Bemerkungen zu dieser allgemeinen Frage machen. Die erste lautet, daß der föderative Aufbau der Bundesrepublik eine sorgfältige Berücksichtigung der zahlreichen landesrechtlichen Gesetze und Sonderbestimmungen bei der Transformierung zwischenstaatlicher Konventionen in innerstaatliches Recht erfordert. In den meisten Fällen ist daher eine Beratung mit den zuständigen obersten Landesbehörden erforderlich. Daß diese Arbeit zum Teil erhebliche Zeit in An-
spruch nimmt, ist leider unvermeidlich. Auch das ist unvermeidlich, daß der Schwerpunkt dieser Arbeit, wenn die Bundesregierung eine Verzögerung der Unterzeichnung der Konventionen vermeiden will — was sie will —, in den Zeitraum n a c h der Unterzeichnung fällt.
Die zweite Bemerkung, die ich machen will, ist ein Hinweis auf die Ratifizierungstabelle der Konventionen des Europarats. Ein Blick auf diese Tabelle zeigt, daß die Bundesrepublik in der Reihenfolge der Ratifizierungen im Vergleich zu anderen Ländern ziemlich weit vorn liegt. Ein paar Beispiele: Bei der Ratifizierung der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und des Zusatzprotokolls dazu war sie unter den ersten Ländern, die ratifiziert haben. Die Anerkennung der Zuständigkeit der Kommission für Menschenrechte zur Entgegennahme von Individualbeschwerden hat sie als fünfter Staat von 14 vorgenommen. Ebenso hat sie als fünftes Land die Übereinkunft über Formerfordernisse bei Patentanmeldungen ratifiziert. Die „Kulturkonvention" haben wir als sechster Staat, das „Abkommen über die Gleichwertigkeit der Reifezeugnisse" als achtes Land ratifiziert.
Zur zweiten Frage: Bei der Unterzeichnung der Europäischen Niederlassungskonvention in Paris am 13. Dezember vorigen Jahres hat nur ein Teil der Mitgliedstaaten des Europarats die Vorbehaltsliste zu den Artikeln 6, 13 und 14 der Konvention vorgelegt. Deshalb mußte die Frist für die Einreichung dieser Listen auf den 1. Februar 1956 verschoben werden. Noch heute hat die Bundesregierung keine Kenntnis von dem Inhalt der Vorbehaltslisten der folgenden Staaten: Frankreich, England, Italien, Schweden, Island, Türkei, Irland. Sie hält es nicht für vertretbar, den gesetzgebenden Körperschaften den Entwurf eines Gesetzes über die Ratifikation der Europäischen Niederlassungskonvention vorzulegen, bevor sie die Möglichkeit erhalten hat, die Vorbehaltslisten dieser Staaten zu prüfen und die gesetzgebenden Körperschaften über Umfang und Bedeutung der von diesen Staaten gemachten Vorbehalte erschöpfend zu unterrichten.
Die dritte Frage lautet, wieviel Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation die Bundesregierung zugestimmt hat, die noch nicht ratifiziert sind. Ich antworte darauf: Seit der Aufnahme der Bundesrepublik in die Internationale Arbeitsorganisation im Jahre 1951 sind von der Internationalen Arbeitskonferenz sechs Übereinkommen angenommen worden. Von diesen sechs Übereinkommen sind durch die Bundesrepublik drei ratifiziert worden. Eines wird in diesen Tagen vorn federführenden Ressort im Kabinett eingebracht werden. Bleiben zwei. Davon kommt eines, das es mit den Arbeitsvertragsverhältnissen eingeborener Arbeitnehmer in abhängigen Gebieten zu tun hat, aus sachlichen Gründen für eine Ratifikation durch die Bundesrepublik nicht in Betracht. Und das sechste, das Übereinkommen Nr. 103 über Mutterschutz, ist entsprechend den Bestimmungen der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation behandelt, nämlich diesem Hohen Hause mit einer Stellungnahme der Bundesregierung vorgelegt worden. Diese Stellungnahme ist in der Bundestagsdrucksache 163/1953 enthalten und durch eine weitere Stellungnahme — Bundestagsdrucksache 1219/1955 — ergänzt worden.
Die Anfrage ist beantwortet.
Wird eine Besprechung gewünscht? — Das ist nicht der Fall; dann ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe auf Ziffer 4 c:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Paul, Graf von Spreti, Dr. Mommer, Dr. Becker und Genossen betreffend Europäischer Flüchtlingsfonds (Drucksache 2165).
Auch hier wird das Wort offenbar nicht gewünscht. — Wird ein Antrag auf Überweisung an einen Ausschuß gestellt? — Das ist nicht der Fall.
Wir kommen somit zur Abstimmung. Wer für die Annahme des Antrags Drucksache 2165 ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe; — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich rufe nunmehr auf Ziffer 4d:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Europäische Fürsorgeabkommen vom 11. Dezember 1953 und das Zusatzprotokoll zu dem Europäischen Fürsorgeabkommen ;
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Fragen der öffentlichen Fürsorge (Drucksache 2202).
Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Bennemann
Auch hier wird auf die Erstattung des Mündlichen Berichts verzichtet. Es liegt ein Schriftlicher Bericht*) vor.
Ich rufe auf Art. 1, — Art. 2, — Art. 3, — Einleitung und Überschrift. — Die Einleitung ist auf Vorschlag des Bundesrates geändert worden.
Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Ich stelle einstimmige Annahme fest; damit ist die zweite Beratung abgeschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Anträge sind nicht gestellt. Wer für die Annahme des Gesetzes als eines Ganzen ist, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Wir haben noch abzustimmen über Nr. 2 des Ausschußantrags: den von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zu dem Europäischen Fürsorgeabkommen nebst Zusatzprotokoll — Drucksache 1558 — als durch die Beschlußfassung zu Nr. 1 erledigt abzulehnen. Wer dafür ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Ich. stelle einstimmige Annahme fest.
Punkt 4 ist damit erledigt. Wir kommen zu Punkt 5 a:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Erler, Frau Dr. Rehling, Graf von Spreti, Dr. Mommer, Dr. Becker und Genossen betreffend Kulturelle Zusammenarbeit im Rahmen des Europarates (Drucksache 2166).
Der Antrag wird nicht begründet. Überweisungsanträge werden nicht gestellt. Wir kommen zur
*) Siehe Anlage 2.
Abstimmung. Wer für die Annahme dieses Antrags ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Punkt 5 b:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Gräfin Finckenstein, Dr. Mommer und Genossen betreffend Förderung des „Europäischen Schultages" .
Hierfür wird wohl dasselbe gelten wie für den vorher verabschiedeten Antrag. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer für die Annahme ist, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Auch hier stelle ich einstimmige Annahme fest.
Punkt 5 c:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Dr. h. c. Pünder, Dr. Mommer, Dr. Becker und Genossen betreffend Flagge des Europarates (Drucksache 2168).
Wird hierzu das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme dieses Antrages ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Punkt 5 d:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Dr. h. c. Pünder, Dr. Mommer, Graf von Spreti, Dr. Becker und Genossen betreffend Maßnahmen zur Förderung des kulturellen Austausches sowie des Reise- und Besuchsverkehrs zwischen den Mitglied- Staaten des Europarates (Drucksache 2169).
Das Wort wird nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Damit ist Punkt 5 erledigt. Ich rufe auf Punkt 6:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Dr. h. c. Pünder, Dr. Mommer, Graf von Spreti, Dr. Becker und Genossen betreffend Haushaltsfragen des Europarates (Drucksache 2170).
Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ein Antrag auf Überweisung an einen Ausschuß liegt nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist angenommen.
Damit ist Ziffer I der gestrigen Tagesordnung erledigt.
Zu II soll eine Begründung gegeben werden. Es handelt sich unter II im einzelnen um folgende Punkte:
1. Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betreffend Förderungsmaßnahmen für wirtschaftlich unterentwickelte Länder ;
2. Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betreffend Wirtschaftliche Förderung unterentwickelter Länder ;
3. Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betreffend Errichtung einer Körperschaft zur
Durchführung von Hilfs- und Förderungsmaßnahmen für wirtschaftlich unterentwickelte Länder .
Wer begründet? — Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Dr. Kreyssig.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, das Haus wird mir dankbar sein, wenn ich die Begründung so knapp wie möglich halte, nachdem wir gestern sehr viel Zeit verloren haben.
Die Anträge, die wir gestellt haben — ich werde zunächst zu den beiden ersten sprechen —, gehen über Europa hinaus und schauen in die gesamte Welt. Wir haben in Drucksache 2112 beantragt, in den Haushaltsplan bei Kap. 0501 einen neuen Titel 962 mit einem Betrag von 50 Millionen DM einzusetzen. Diese 50 Millionen DM sollen zu Förderungsmaßnahmen für wirtschaftlich unterentwickelte Länder verwandt werden. Bei diesem Antrag kommt es uns wesentlich darauf an, daß die Bundesrepublik etwas nachholt, was sie unseres Erachtens schon seit Jahren hätte tun müssen: daß wir in jenen unterentwickelten Ländern, in die wir immerhin pro Jahr für etwa 2 Milliarden DM Ausfuhr haben, durch eine aktive Arbeit versuchen, Boden zu gewinnen und eine gute Figur zu machen. Ich sage das deshalb, weil wir aus den Berichten aus den Ländern im Fernen Osten, in Asien und auch in Afrika wissen, daß die Deutsche Demokratische Republik durch ihre Vertreter sehr aktiv und nachhaltig arbeitet, und es unseres Erachtens höchste Zeit wird, diesen Ländern zum Bewußtsein zu bringen, daß es Deutsche gibt, die in der Bundesrepublik wohnen und, glaube ich, mehr Anspruch haben, Deutschland in diesen Ländern zu vertreten. Der relativ geringfügige Betrag, den wir einzusetzen verlangen — 50 Millionen sind bei einem Haushalt von 32 bis 33 Milliarden eine geringfügige Summe —, soll nicht etwa dafür verwendet werden, daß wir uns wirtschaftlich in einer ähnlichen Form betätigen, wie das Amerika tut — dafür ist die Summe viel zu klein —, sondern die Idee ist, daß wir durch Hinaussendung von Technikern, Ingenieuren, Ärzten, Wissenschaftlern und dergleichen das Können, das Wissen und die Fähigkeiten unserer Menschen in jenen Ländern nutzbringend zu Gewicht bringen.
Sie werden mir vielleicht entgegenhalten, daß die Bundesrepublik auf diesem Gebiet schon dieses und jenes getan habe. Ich darf Sie jedoch daran erinnern, daß die Beträge, die bisher im Haushalt für diese Zwecke vorgesehen sind, außerordentlich geringfügig und unseres Erachtens völlig unzureichend sind. Wir haben im Haushaltsplan des Bundeswirtschaftsministeriums einen Betrag von 3 500 000 DM, und aus den Beratungen geht nach dem, was wir erfahren haben, hervor, daß dieser Betrag nur für ein einziges Land — für Indien — bestimmt ist, während für die übrigen Länder in diesen Räumen nichts zur Verfügung steht. Der Betrag, der im Haushaltsplan des Auswärtigen Amts steht — es handelt sich um eine Million —, ist unseres Erachtens nicht nur unzureichend, sondern auch nicht effektiv, weil er praktisch nicht als deutsche Leistung in diesen Ländern in Erscheinung tritt. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn wir die gute Sitte, oder ich will treffender sagen: den praktischen Gebrauch, den wir gestern und heute in diesem Hause geübt haben, auch für diesen Antrag gelten ließen. Ich würde es sehr begrüßen, wenn der Antrag direkt angenommen werden könnte.
Damit kein Irrtum entsteht, möchte ich mit zwei Sätzen jedoch auf eines aufmerksam machen. Wir haben in den Abkommen, die bei der Schaffung des gemeinsamen Marktes vorgesehen sind — wir haben es gestern auch vom Herrn Bundeswirtschaftsminister gehört, daß er bereit ist, diese Bemühungen zu unterstützen —, einen Anpassungsfonds und einen Investitionsfonds, und ich möchte nachdrücklich darauf hinweisen, daß das, was wir hier beantragen, mit jenen konstruktiven wirtschaftlichen Maßnahmen, die mit Hilfe eines großen Investitionsfonds durchgeführt werden sollen, nichts zu tun hat und mit ihnen nicht verwechselt werden darf.
Meine Hoffnung, daß meine Bitte, diesen Antrag anzunehmen, Erfolg hat, stützt sich nicht zuletzt darauf, daß der Herr Bundestagspräsident Dr. Gerstenmaier am Mittwoch im Bayerischen Rundfunk in der Sendung „Politik aus erster Hand" auf die gestrige und heutige Europa-Debatte eingegangen ist und daß er bei dieser Gelegenheit erfreulicherweise erwähnt hat, daß die Anträge, die im Bundestag für die Förderung unterentwickleter Gebiete vorgelegt werden, den Blick aller auf die Notwendigkeiten richten sollen, die wir in diesen Ländern zu erfüllen haben. In diesem Zusammenhang hat er gesagt:
Sie erinnern uns an unsere unmittelbare deutsche Mitverantwortung als Europäer für Fragen, die für die künftige Entwicklung von großer Bedeutung sind.
Vielleicht hilft dieser Appell des Herrn Bundestagspräsidenten dazu, daß der Antrag angenommen wird.
Der zweite Antrag, den wir gestellt haben, scheint mir noch einfacher und beinahe selbstverständlich zu sein. Sie finden ihn auf Drucksache 2196. Hier haben wir beantragt, daß der Bundestag beschließen möge, die Bundesregierung aufzufordern, sich zwei wichtigen Entscheidungen anzuschließen: einmal dem Vorschlag der Beratenden Versammlung des Europarates — und damit sind wir wieder unmittelbar bei dem Hauptthema von gestern und heute — vom 5. Juli 1955 und zum andern einem gleichartigen Antrag der Regierung der Französischen Republik vom 12. Juli 1955. Beide Anträge beinhalten gleichlautend, daß man sich bei internationalen Verhandlungen dafür einsetzen soll und einsetzen will, daß ein Teil der finanziellen Ersparnisse bei der Abrüstung, falls sie verwirklicht werden sollte, für die wirtschaftliche Entwicklung unterentwickelter Länder verwendet wird. Ich glaube, es ist eine hervorragende Haltung, daß man die Abrüstung so weit und so rasch wie möglich vorantreibt und die Beträge, die den Ländern dadurch zur Verfügung stehen, benutzt, um auf möglichst breiter Basis jenen Ländern zu helfen, denen es nicht vergönnt war, eine so gute wirtschaftliche Entwicklung zu haben wie andere. Ich wäre dankbar — und ich glaube, ich befinde mich auch hier in Übereinstimmung mit dem Kollegen Pünder und allen Kollegen der Beratenden Versammlung des Europarates —, wenn man den Vorschlag der Beratenden Versammlung des Europarates und der Regierung der französischen Republik annähme.
Zu dem dritten Antrag bitte ich Sie, meinen Kollegen Kahn-Ackermann zu ein paar kurzen Worten zu hören.
Das Wort hat Herr Staatssekretär Dr. Hallstein.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Anträge unter Ziffer II der Tagesordnung lassen übereinstimmend den Wunsch erkennen, die Zusammenarbeit der Bundesrepublik mit den Ländern und Gebieten zu vertiefen, deren wirtschaftliche Entwicklung noch der Förderung bedarf. Die Bundesregierung stellt mit Befriedigung fest, daß das Bewußtsein der Verbundenheit mit den Bewohnern dieser Länder und Gebiete und damit zugleich das Gefühl der Verpflichtung zur Mithilfe bei der Erschließung ihrer noch unerschlossenen wirtschaftlichen Hilfsquellen zusehends an Boden gewinnt. Wir sehen hier eine große und vielschichtige, zugleich politische und wirtschaftliche Aufgabe vor uns, die wir nur gemeinsam lösen können, gemeinsam mit den Ländern, die der Förderung bedürfen, und gemeinsam mit den Ländern, die auch diese Aufgabe sehen und zu ihrer Lösung beitragen wollen.
Das Hohe Haus hat gestern einen Antrag über die wirtschaftliche Hilfe für die Gebiete Südeuropas angenommen. Sie liegen uns räumlich und politisch besonders nahe. Aber wir fühlen uns darüber hinaus mit allen Ländern verbunden, die ihre Volkswirtschaften noch nicht in dem Maße entwickeln konnten, wie es nach dem heutigen Stand der Technik möglich und wünschenswert wäre. Diese Verbundenheit haben wir nicht zuletzt durch eine weltoffene Handelspolitik, die einem fast stürmischen Wachstum des Warenaustausches Raum gegeben hat, bekundet und zugleich weiter gefördert. Sie hat auf beiden Seiten das Vertrauen gefestigt und damit die Grundlage für engere und stetigere Bindungen geschaffen, ohne die eine nachhaltige Förderung der in Frage stehenden Länder und Gebiete nicht denkbar wäre. Zahlreiche multilaterale und bilaterale Vereinbarungen bilden den Rahmen für diese sich ständig verstärkenden Bindungen im staatlichen und im privaten Bereich. Exportfördernde und andere innerwirtschaftliche Maßnahmen haben geholfen, diesen Rahmen zu füllen. Die für die technische Hilfe bereitgestellten Mittel waren bisher gering. Die für 1956 vorgesehene Erhöhung auf einigen Teilgebieten unserer wirtschaftlichen Außenbeziehungen ändert das Bild nicht wesentlich. Ein Anfang ist gemacht. Aber es bleiben Lücken, die wir ungeachtet der besonderen Belastungen, denen die deutsche Volkswirtschaft ausgesetzt ist, versuchen müssen auszufüllen, sofern wir bereit sind, unsere Aufgabe draußen in ihren politischen und wirtschaftlichen Proportionen richtig zu sehen. Wir sollten in gemeinsamer Bemühung mit unseren Freunden zu verhindern wissen, daß hier ein Vakuum entsteht, das auszufüllen der Ostblock sicher kein politisches und wirtschaftliches Mittel scheuen würde.
In diesem Sinne ist jede Anregung erwünscht, die die Förderung der sogenannten unterentwickelten Gebiete zum Gegenstand hat. Die vorliegenden Anträge berühren Fragen der Bereitstellung von Mitteln und der internen Organisation. Beide Komplexe umfassen eine Fülle von rechtlichen, wirtschaftlichen und verwaltungstechnischen Fragen, an deren Klärung in interministeriellen Ausschüssen und Arbeitskreisen bereits gearbeitet wird.
Die Bundesregierung würde es sehr begrüßen, wenn zunächst den zuständigen Ausschüssen die-
ses Hohen Hauses Gelegenheit gegeben würde, sich mit den Anträgen im einzelnen zu befassen.
Das Wort hat der Abgeordnete Kahn-Ackermann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind sehr erfreut, daß die Bundesregierung offensichtlich unseren Anträgen so viel Sympathie entgegenbringt. Nach den Worten des Herrn Staatssekretärs sollte man fast meinen, daß das Hohe Haus bereit sein könnte, den Anträgen zuzustimmen.
Denn was der Herr Staatssekretär bezüglich des Ausmaßes unserer Hilfe gesagt hat und bezüglich der Aussichten, in welcher Form sie erfolgen kann, muß ich doch noch ein paar Bemerkungen hinzufügen. Es ist zweifellos so, daß die Bundesrepublik in der Vergangenheit auf diesem Gebiet einiges versäumt hat und daß es augenblicklich dringend geboten ist, diese Versäumnisse nachzuholen. Es kann gar nicht genügend betont werden, wie dramatisch die Auseinandersetzungen über die Möglichkeiten sind, diesen unterentwickelten Ländern — besonders im Nahen Osten und in Südostasien — bei dem Bemühen, ihre staatliche Selbständigkeit zu festigen, Hilfe zu leisten. Es wäre vielleicht gut, wenn wir hier mehr Zeit für einige Bemerkungen über die Schwierigkeiten hätten, die auf diesem Gebiet bestehen, und über die Möglichkeiten, die gerade der Bundesrepublik gegeben sind.
Wir haben den Antrag Drucksache 2210, der die Bundesregierung auffordert, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Errichtung einer Körperschaft zum Ziele hat, die diese Angelegenheiten koordiniert, die die Mittel bewirtschaftet und die Planung durchführt, eingebracht, weil wir der festen Überzeugung sind, daß diese Hilfe nur durch eine derartige Körperschaft geleistet werden kann. Wir haben in der Vergangenheit festgestellt, daß durch eine Reihe von politischen Rücksichtnahmen, die bei der Politik des Auswärtigen Amtes offensichtlich eine Rolle gespielt haben, manche dieser Aufgaben, die wir in der Vergangenheit schon mit geringen Mitteln hätten durchführen können, zu kurz gekommen sind. Hier liegen Aufgaben vor uns, zu deren Erfüllung wir als eine der größten Industrienationen der Welt verpflichtet sind, die offensichtlich auch die Verpflichtung hat, in der Auseinandersetzung um die Festigung und die Einbeziehung der unterentwickelten Länder in Asien in den Kreis der demokratisch gesinnten Völkergemeinde, ihren Teil beizutragen. Wir müssen diese Aufgaben nach unseren besten Kräften erfüllen; vielleicht sollten wir sogar dafür Opfer bringen, wenn wir daran denken, wie uns in der Vergangenheit von anderen Ländern in einer Situation, in der wir bei uns wieder aufbauen mußten, geholfen wurde.
Ich kann mich dabei auf etwas präzisere Äußerungen stützen, die von Vertretern der Bundesregierung in dieser Sache getan worden sind. Beispielsweise hat der Herr Staatssekretär am 10. März in Hamburg eine Rede gehalten, in der er ausgeführt hat, es sei selbstverständlich, daß die Bundesrepublik verpflichtet sei, ihren Anteil an diesen Unterstützungs- und Hilfsmaßnahmen gegenüber diesen Völkern allein und in Verbindung mit anderen Völkern zu tragen. Heute morgen ist hier schon betont worden: in den Positionen und
Summen, die in unserem Haushalt eingestellt sind, drückt sich leider Gottes bis jetzt noch in keiner Weise aus, daß die Bundesrepublik bereit ist, ihren Anteil an diesen Aufgaben zu erfüllen. Das würde erst der Fall sein, wenn wir die vorliegenden Anträge angenommen hätten und ein Beginn gemacht worden wäre.
Einige Bemerkungen noch zu der Notwendigkeit, diese Körperschaft zu errichten. Sie alle wissen, daß ein großer Teil der Dinge, die man von uns erwartet und die wir gut leisten können, auf kulturellem Gebiet liegt. Hier sind, wie wir alle wissen und jedes Jahr bei den Haushaltsberatungen erleben, eine Reihe von Schwierigkeiten zu überwinden, die in der verfassungsrechtlichen Struktur der Bundesrepublik liegen. Wenn ich daran denke, daß die Maßnahmen, die in den einzelnen Ländern ergriffen werden sollten, und die Hilfeleistungen, die man von uns erwartet, sehr unterschiedlichen Charakters sind und in dem großen Rahmen der ministeriellen Arbeit in den dafür zuständigen Ministerien sehr schwer geleistet werden können — zumal da in den meisten Fällen dann noch eine Übereinkunft mit den einzelnen Bundesländern notwendig wäre —, scheint es mir ziemlich selbstverständlich zu sein, daß wir nach einer Institution suchen müssen, wie sie in anderen Ländern auch besteht, die diese Aufgaben rationell, wirksam und praktisch durchführen kann.
Ich möchte in diesem Zusammenhang nur sagen, daß die vordringliche Aufgabe, die hier bewältigt werden muß, z. B. auch darin liegt, daß wir anfangen, die zahlreichen Chancen zu nutzen, die sich uns dadurch bieten, daß wir als Bundesrepublik in manchen dieser Länder, in denen in der öffentlichen Meinung eine gewisse Abneigung gegen andere große Mächte des Westens besteht, gewisse Verpflichtungen erfüllen können, die zu erfüllen für andere wesentlich schwieriger ist. Hierin liegt im besonderen die Aufgabe der Bundesrepublik. Diese Aufgabe ist im Augenblick durch die Tatsache erschwert, daß es uns an Menschen, nicht nur an Technikern, sondern auch an Wissenschaftlern und allen möglichen Persönlichkeiten mangelt, die die von uns erwarteten Funktionen in diesen Ländern ausfüllen könnten. Dieser Mangel ist auch darin begründet, daß zur Zeit bei uns viel zuwenig Menschen in die Lage versetzt werden, die Sprachen dieser Länder zu lernen. Es ist ein häufig vorgetragener Wunsch der Regierungen dieser Länder, daß es die Bundesrepublik mit ihren Mitteln möglich macht, einen größeren Teil von Spezialisten hierfür auszubilden.
Eine andere Angelegenheit, die unbedingt im Rahmen dieser Körperschaft geregelt werden müßte, ist die Bewirtschaftung jener Mittel für die vermehrte Betreuung von Studenten dieser Länder, deren Einsetzung in den Haushalt des Auswärtigen Amts und des Bundesinnenministeriums wir in diesem Jahre erreicht haben. Immerhin ist es erfreulich, daß durch unsere Initiative in diesem Jahre 2,5 Millionen DM eingesetzt werden konnten und daß die Bundesrepublik endlich anfängt, aus eigenen Mitteln Stipendien für Studenten aus diesen Ländern zu geben. Wie grotesk die Situation ist, ergibt sich z. B. daraus, daß von den Studenten aus dem Iran, aus dem ungefähr anderthalbtausend Studenten und Praktikanten in der Bundesrepublik ausgebildet werden, bis zu diesem Jahre nur acht ein Stipendium aus Mitteln der Bundesregierung bezogen haben; für Indonesien, das unser größter Handelspartner im südost-
asiatischen Raum ist, betrug die Ziffer ungefähr 20 und für Indien ungefähr 30. Das ist, verglichen mit den Leistungen anderer Staaten auf diesem Gebiet, völlig unzulänglich und muß unzulänglich bleiben, solange die Ministerien die bisher diese Aufgaben durchgeführt haben, selbstverständlich ihr Augenmerk auf die gesamte Situation der Bundesrepublik in dieser Hinsicht richten müssen und sich nicht spezifisch dieser wichtigen und auch für unsere politische Zukunft mit entscheidenden Aufgabe einer echten Hilfe für die unterentwickelten Völker im Nahen Osten, in Südostasien und in anderen Teilen der Welt widmen können. Wir haben in der Vergangenheit trotz fehlender Mittel vielleicht manchmal mehr getan. Bedenken Sie auch, was die Initiative einzelner unserer Universitäten für Früchte in den Beziehungen mit diesen Ländern getragen hat. Ich denke dabei z. B. nur an das Forstwirtschaftliche Institut in Debra Dun in der Indischen Republik, durch das auf deutsche Initiative hin die gesamte Forstwirtschaft der Indischen Republik aufgebaut worden ist. Ähnliche Wünsche richten sich heute in großer Zahl aus allen diesen Staaten an die Bundesrepublik. Es hat bisher immer an den Mitteln gefehlt, diese Aufgaben durchzuführen, die vielleicht mehr Zinsen tragen als manche direkte Investitionshilfe in diesen Ländern.
Wenn man daran denkt, daß in Indonesien, wo es für das ganze Land mit seinen ungefähr 80 Millionen Einwohnern nur 1200 Ärzte gibt, ein Viertel dieser Ärzte, also 300, Deutsche sind, die auf Kosten der indonesischen Regierung und unter Regierungsvertrag dort arbeiten, so drängt sich der Gedanke auf, daß es keine schlechte Idee für die Bundesregierung wäre, für diese Ärzte irgendwie einen Mittelpunkt zu schaffen und der indonesischen Regierung vielleicht einmal ein deutsches Krankenhaus zu schenken, dessen sie dringend bedarf.
Aber auf solche Ideen kann man eigentlich bei der
bisherigen Behandlung der Dinge nicht kommen.
Deswegen ist es notwendig, daß die Durchführung dieser Aufgabe in kompetente Hände gelegt wird und daß die Schwierigkeiten verfassungsrechtlicher und sonstiger rechtlicher Natur, die sich hier ständig auftun und die wir bei der Behandlung dieser Dinge von Jahr zu Jahr erlebt haben, dadurch überwunden werden, daß wir eine Körperschaft schaffen, die sich ausschließlich der Durchführung dieser Aufgabe widmen kann.
Es ist notwendig. daß noch in diesem Jahr ein Anfang in diesen Dingen gemacht wird.
Mein Kollege Kreyssig und auch der Herr Staatssekretär haben bereits darauf hingewiesen. daß nicht nur die Ostblockstaaten, sondern auch die sowjetisch besetzte Zone beginnen, uns in diesen Dingen den Rang abzulaufen. Ich hätte hier gern einige Bemerkungen des Herrn Staatssekretärs über das Ausmaß der Verwirrung gehört, die in einzelnen dieser Länder bereits dadurch angerichtet worden ist, daß Vertreter der sowjetisch besetzten Zone dort sozusagen als d i e Sprecher Deutschlands auftreten und auch als die Sprecher Deutschlands akzeptiert werden.
Die Zahl der Studenten aus diesen Ländern, die
heute schon auf Regierungskosten in der sowjetisch
besetzten Zone studieren können, beträgt ein Vielfaches von dem, was die Bundesrepublik bisher zu gewähren bereit war, ein Hundertfaches, möchte ich sagen.
Diese Situation können wir unmöglich länger tolerieren. Wir kämpfen nicht bloß hier in unserem engen Bereich gegen den Anspruch der Ostblockstaaten in ideologischer Hinsicht, sondern dieser Kampf vollzieht sich in einer Front, die von uns bis hinauf an die Grenzen der Volksrepublik China reicht. Ich glaube, es wäre töricht, anzunehmen, daß wir uns hier in der Bundesrepublik praktisch einigeln könnten. Wir geben hier an dieser Stelle der Front Milliarden für eine militärische Sicherung aus, die möglicherweise in wenigen Jahren durch ganz andere Mittel auf dem asiatischen Kontinent durchbrochen wird, so daß alle Mittel, die wir hier auf diesem Gebiet zur Sicherung unseres Daseins ausgeben, da man all diese Anstrengungen eben nur auf diesen einen Punkt konzentiert, für unser Land vielleicht völlig vergeblich und für die Katz gewesen sind.
Es sind nicht große Mittel, die wir hier verlangen, und es ist nur ein Anfang. Aber glauben Sie mir: die Forderungen, die hier an uns gerichtet sind und die, wie ich Ihnen sagte, erfreulicherweise von Vertretern der Bundesregierung unterstützt worden sind, müssen jetzt auch einmal materiell von uns honoriert werden. Die Zeit dazu drängt. Wenn wir heute nicht anfangen, wird es dazu zu spät sein!
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wird ein Antrag auf Überweisung dieser Anträge an Ausschüsse gestellt?
— Oder soll nach der Empfehlung des Ältestenrates verfahren werden? Diese geht dahin, die Anträge an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten als federführenden Ausschuß sowie an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik, an den Ausschuß für Kulturpolitik und an den Haushaltsausschuß zur Mitberatung zu überweisen.
— Das Haus ist einverstanden.
— Herr Kollege Kahn-Ackermann, Sie haben das Wort zur Geschäftsordnung.
Meine Damen und Herren, ich sehe keine Notwendigkeit dafür, den ersten und den dritten Antrag noch einem Ausschuß zu überweisen. Ich habe nach den Ausführungen, die der Herr Staatssekretär hier gemacht hat, den Eindruck, daß es durchaus möglich ist, diese Anträge direkt anzunehmen.
Der erste Antrag kann im Rahmen der zweiten Lesung des Haushalts noch einmal behandelt werden, der letzte bedarf ohnehin nicht noch einer Beratung in den Ausschüssen. Ich beantrage daher namens meiner Fraktion, daß über diese Anträge direkt entschieden wird.
Der Antrag ist gestellt; ein gestellter Antrag muß beschieden wer-
den. Ich werde also abstimmen lassen, und zwar über die einzelnen Punkte.
Zunächst II Punkt 1. Es ist der Antrag auf Überweisung an die von mir vorher genannten Ausschüsse gestellt. Dieser Antrag hat den Vorrang. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben.
— Gegenprobe! — Der Antrag ist angenommen.
II Punkt 2. Auch hierzu ist der Antrag auf Überweisung an die von mir vorher verlesenen Ausschüsse gestellt. Wer für die Überweisung an die Ausschüsse ist, den bitte ich, die Hand zu erheben.
— Gegenprobe! — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
II Punkt 3, derselbe Fall. Wer für die Überweisung an die genannten Ausschüsse ist, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Ich stelle auch hier einstimmige Annahme fest. Damit ist Abschnitt II der Tagesordnung erledigt.
Wir kommen zu Abschnitt III, der mit den europäischen und internationalen humanitären Angelegenheiten wenig zu tun hat. Es handelt sich um die
Erste Beratung des Entwurfs einer Wehrdisziplinarordnung (Drucksache 2181).
Hier schlägt der Ältestenrat vor, auf eine Begründung und eine Aussprache zu verzichten und die Vorlage unmittelbar an folgende Ausschüsse zu überweisen: Ausschuß für Verteidigung als federführenden Ausschuß, Ausschuß für Beamtenrecht, Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht. Ist das Haus einverstanden? — Dann ist so beschlossen.
Wir können nunmehr zu der ursprünglich für heute vorgesehenen Tagesordnung übergehen. Ich habe zunächst zu wiederholen, was ich zu Beginn unserer Verhandlung gesagt habe. Nach dem Vorschlag des Ältestenrats soll die Tagesordnung um eine Reihe weiterer Punkte, 18 bis 25, ergänzt werden. Das Haus ist einverstanden? — Das ist der Fall. Nach Punkt 1 der für heute vorgesehenen Tagesordnung - mit Rücksicht auf die Sitzung des Bundesrats müssen wir ihn jetzt behandeln, können ihn nicht verschieben — werde ich den neuen Punkt 22 aufrufen, zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu den Abkommen vom 7. Juli usw.
Zur Geschäftsordnung der Abgeordnete Körner!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach der für die heutige Tagesordnung vorgeschlagenen Ergänzung ist eine zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Luftverkehr zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vorgesehen. Ich habe die Bitte, daß das Hohe Haus beschließen möge, gleichzeitig auch das Abkommen über den internationalen Luftverkehr zusätzlich auf die Tagesordnung zu setzen, da wir gestern im Verkehrsausschuß beide Abkommen, sowohl das direkte mit den USA als auch das internationale, durchberaten und einstimmig angenommen haben. Es wäre günstig, wenn das Haus dementsprechend beschlösse.
Um welche Drucksachen handelt es sich?
Die Drucksachen sind bereits verteilt worden. Es handelt sich um die Drucksache
2192 und den Schriftlichen Bericht dazu vom Abgeordneten Dr. Bucerius, Drucksache 2251.
Das Haus ist wohl damit einverstanden.
Ich rufe dann auf Punkt 1 der für heute vorgesehenen Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes zu dem Gesetz zur Förderung der deutschen Eierwirtschaft (Drucksache 2235).
Das Wort als Berichterstatter hat der Herr Senator Dr. Weber.
Dr. Weber, Senator des Landes Hamburg, Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens des Vermittlungsausschusses des Bundestages und des Bundesrates habe ich Ihnen folgenden Bericht zu erstatten.
Der Deutsche Bundestag hat in seiner Sitzung vom 10. Februar 1956 den Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der deutschen Eierwirtschaft einstimmig angenommen. Nach den Bestimmungen des Gesetzes soll für jedes abgelieferte Ei, das nach den einschlägigen Vorschriften gekennzeichnet wurde, ein Ausgleichsbetrag gezahlt werden, der 3 Pf nicht überschreiten darf.
Der Bundesrat hat dem Grundgedanken des Gesetzes zugestimmt, jedoch in drei Punkten Änderungsvorschläge gemacht. Wenn man nämlich Ausgleichsbeträge für Hühnerhalter in der Bundesrepublik zahlt, so muß verhindert werden, daß auch für eingeführte Eier mißbräuchlich Ausgleichsbeträge angefordert werden. Diese Gefahr hatte bereits der Haushaltsausschuß des Bundestages gesehen, der in seiner Sitzung vom 11. Januar 1956 den Ernährungsausschuß um eine Klärung der Frage gebeten hatte. Der Ernährungsausschuß hat sich, jedenfalls nach seinem Protokoll vom 18. Januar 1956, über diese Frage nicht weiter geäußert.
Auf Anregung der Bundesregierung sind weiterhin in dem vom Bundesrat aus den erwähnten Gründen neu vorgeschlagenen § 4 a die Worte „vor der Zollabfertigung" durch die Worte „vor der Abfertigung durch die Zolldienststellen" ersetzt worden, um eine mißbräuchliche Inanspruchnahme des Ausgleichsbetrages auch für solche Eier auszuschließen, die aus der sowjetisch besetzten Zone etwa in den Geltungsbereich des vorliegenden Gesetzes eingeführt werden.
Wenn man solche Bestimmungen einführt, müssen Vorschriften geschaffen werden, die Zuwiderhandlungen ahnden. Daher die Einführung des neuen § 5 a über Ordnungswidrigkeiten. Schließlich ist das Inkrafttreten des Gesetzes dem dritten Vorschlag des Bundesrates entsprechend auf den 1. April 1956 festgelegt worden.
Der Vermittlungsausschuß ist den Vorschlägen des Bundesrates mit der erwähnten Änderung nachgekommen. Er hat weiter beschlossen, daß über die drei Vorschläge gemeinsam abgestimmt werden soll.
Ich habe die Ehre, Ihnen namens des Vermittlungsausschusses die Annahme dieses Vermittlungsvorschlages zu empfehlen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Das Wort wird nicht erteilt; denn wir stimmen ohne Beratung ab.
Wir stimmen ab. Wer für die Annahme des Antrags des Vermittlungsausschusses ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Als Punkt 2 rufe ich nunmehr den neu eingeführten Punkt 22 auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 7. Juli 1955 über den Luftverkehr zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika ;
Schriftlicher Bericht*) des Ausschusses für Verkehrswesen (Drucksache 2250).
Herr Dr. Bucerius, der Berichterstatter ist, verzichtet auf die Erstattung eines mündlichen Berichts. — Das Haus ist wohl damit einverstanden.
Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe auf Art. 1, — 2, — 3, — Einleitung und Überschrift. — Wer mit diesen Bestimmungen einverstanden ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einmütige Annahme fest. Die zweite Beratung ist abgeschlossen.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
Eine allgemeine Aussprache wird nicht gewünscht. Anträge sind nicht gestellt.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer für die Annahme des Gesetzes als eines Ganzen ist, den bitte ich, sich von seinem Sitz zu erheben. — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Als Punkt 3 rufe ich auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Verkehrswesen über den Entwurf eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu dem Abkommen vom 7. Dezember 1944 über die Internationale Zivilluftfahrt und die Annahme der Vereinbarung vom 7. Dezember 1944 über den Durchflug im Internationalen Fluglinienverkehr .
Auch hier ist Berichterstatter der Abgeordnete Dr. Bucerius. Er verzichtet auf eine mündliche Ergänzung seines schriftlich vorliegenden Berichts**). — Das Haus ist damit einverstanden.
Ich rufe auf Art. 1, — Art. 2, — Einleitung und Überschrift. — Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Ich stelle einstimmige Annahme fest. Die zweite Beratung ist abgeschlossen.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
Eine allgemeine Aussprache wird nicht gewünscht. Anträge sind nicht gestellt.
*) Siehe Anlage 3. **) Siehe Anlage 4.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer für die Annahme des Gesetzes als eines Ganzen ist, den bitte ich, sich von seinem Sitz zu erheben. — Ich stelle einstimmige Annahme fest. Dann ist auch dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Nunmehr rufe ich auf als nächsten Punkt den bisherigen Punkt 2 der für heute vorgesehenen Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Petitionen über seine Tätigkeit gemäß § 113 der Geschäftsordnung (Drucksache 2108).
Berichterstatterin ist Frau Abgeordnete Albertz. Ich erteile ihr das Wort zur Berichterstattung. — Sie scheint aber nicht anwesend zu sein.
— Verzichtet das Haus auf Berichterstattung?
— Nein, das Haus verzichtet nicht. Dann stelle ich diesen Punkt zurück. Ich glaube, daß dieser Punkt es auch verdient, zurückgestellt und dann behandelt zu werden, denn das Petitionsrecht der Bürger dieses Staates ist eines der wichtigsten Rechte, und die Bescheidung von Petitionen ist eine unserer wichtigsten Pflichten.
Dann rufe ich auf Punkt 3 der heutigen Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Beschluß vom 8. Dezember 1954 betreffend die Anwendung des Artikels 69 des Vertrages vom 18. April 1951 über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl ;
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (Drucksache 2216).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Lenz . Auf Berichterstattung wird nicht verzichtet. Ich erteile ihm das Wort zur Berichterstattung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Entwurf eines Ratifikationsgesetzes betreffend die Anwendung des Art. 69 des Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl befaßt sich mit der Freizügigkeit der Arbeitskräfte der beiden Industrien und ihrem gegenseitigen Austausch. Auf Grund der vorgelegten Ratifikationsurkunde haben die beteiligten Ausschüsse für Arbeit und Wirtschaft und der Unterausschuß Montanunion sich mit der Materie beschäftigt. Sie sind in ihren Beratungen übereinstimmend zu der Auffassung gekommen, dem Hohen Hause die Zustimmung zu der Gesetzesvorlage empfehlen zu sollen, weil mit diesem Gesetz zu dem bereits bestehenden gemeinsamen Markt für die Güter der Gemeinschaft nun auch ein gemeinsamer Markt für Arbeitskraft und für die Menschen eingeführt wird.
Im Auftrage der beteiligten Ausschüsse habe ich das Hohe Haus zu bitten, der Gesetzesvorlage zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wir treten ein in die zweite Beratung. Ich rufe auf Art. 1. — Keine Wortmeldungen. Art. 2, — Einleitung und Überschrift. — Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest. Die zweite Beratung ist abgeschlossen.
Wir treten ein in die
dritte Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache und erteile das Wort dem Abgeordneten Dr. Kreyssig.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten stimmen diesem Abkommen zu. Aber wir können es nicht tun, ohne zu einigen der Punkte doch etwas Kritisches zu sagen. In der Begründung, die die Bundesregierung der Vorlage gegeben hat, wird ausgeführt, mit dem Beschluß würden die Verpflichtungen erfüllt, die sich aus Art. 69 §§ 1 und 2 des Montanunion-Vertrages für die Regierungen ergeben. Diese Bestimmungen besagen, daß alle Staatsangehörigen, soweit sie anerkannte Kohle-und Stahlfacharbeiter sind, in ihrer Beschäftigung keinen Beschränkungen unterworfen sein sollen und daß sie die Möglichkeit haben sollen, in einem der Mitgliedsländer zu arbeiten.
Die Verpflichtung, die die Regierungen übernommen haben, wird unseres Erachtens nicht in vollem Maße, jedenfalls nicht in dem Maße erfüllt, wie es notwendig wäre. Wir haben leider den Eindruck, daß in diesem Abkommen eine ganze Portion mehr Optik als praktische Wirkung liegen wird. Ich will Ihnen sagen, weshalb wir Sozialdemokraten die Fassung, wie sie hier vorliegt, bedauern. Die Beschränkung auf 28 Facharbeiterberufe im Bergbau und auf 23 Facharbeiterberufe in der Stahlindustrie bedeutet bereits eine sehr erhebliche Einschränkung der nach Art. 69 des Montan-Vertrages vorgesehenen Freiheit der Beschäftigung und der Wanderung, die den Menschen im Gebiet der Montan-Gemeinschaft gewährt werden soll. Da die Freizügigkeit unserem Gefühl nach zu stark nur auf einen kleinen Kreis von Facharbeitern beschränkt worden ist, glauben wir, daß die Erreichung des eigentlichen Ziels, nämlich die allmähliche Angleichung der Arbeitsbedingungen und des Lebensstandards, dadurch eher verlangsamt als gefördert wird. Eine großzügigere Auslegung wäre uns weit sympathischer gewesen.
Zweitens haben wir den Eindruck und das Gefühl, daß in diesem Vertrag, vor allem in den Artikeln 18 bis 21, hinsichtlich der Zusammenführung von Stellenangeboten und Stellengesuchen ein sehr schwerer und langsamer bürokratischer Weg und eine bürokratische Methode angewandt wird, die nicht zu schnellen Ergebnissen führt, die sogar die Gefahr in sich birgt, daß von dem einen oder anderen Land oder von der Behörde eines Landes durch bürokratische Maßnahmen der eigentliche Zweck dieses Abkommens verhindert werden kann. Wir bedauern insbesondere, daß es keine zentrale Vermittlungsbehörde gibt, keine Clearingstelle für den Arbeitsmarkt der gesamten Gemeinschaft, wo jeder Arbeiter sich leicht orientieren kann, wo er einen besseren oder geeigneteren Arbeitsplatz findet.
Schließlich müssen wir noch mit Bedauern feststellen, daß nach dem Art. 11 der Arbeitnehmer
nicht selbst in der Lage ist, sich in einem der Länder der Montan-Gemeinschaft selbst nach einem Arbeitsplatz umzuschauen. Eine wirkliche Freizügigkeit, wie wir sie gern gehabt hätten, ist damit wiederum erheblich und bedauerlich eingeschränkt.
Schließlich muß auf einen Umstand hingewiesen werden, den wir für besonders bedauerlich halten, die Tatsache nämlich, daß, wenn es nun einem der Facharbeiter gelungen ist, über all die Schwierigkeiten und den langen bürokratischen Weg hinwegzukommen und in einem anderen Land einen Arbeitsplatz zu erhalten, er in dem Augenblick, wo er dort unfreiwillig arbeitslos wird, in dem Land, in dem er sich befindet, seine Rechte verliert und schlechter gestellt ist als der in diesem Land beheimatete Arbeiter. Wenn er dann in dem Land bleiben will, in dem er vorher gearbeitet hat, muß er für eine Arbeitsaufnahme eine besondere Genehmigung bekommen. Er ist in dem Augenblick also nicht mehr der „freizügige Facharbeiter" aus dem Gebiet von Kohle und Stahl, sondern ein „Fremdarbeiter", der eine besondere Genehmigung einholen muß. Man kann sich leicht vorstellen, wie schwer es für ihn sein wird, eine solche Genehmigung zu bekommen. Ich möchte sogar sagen: man kann mit Sicherheit damit rechnen, daß er sie nicht bekommt, wenn sich die wirtschaftliche Lage in einem der Länder der Gemeinschaft ungünstig verändert.
Außerdem ist es für uns natürlich ein bedauerlicher Umstand, daß in diesem Abkommen keine neutrale Berufungsstelle vorgesehen ist, an die sich der Arbeiter wenden kann, der Schwierigkeiten hat oder Berufung gegen eine Entscheidung einlegen will. Eine wirklich neutrale Berufungsstelle hätte unseres Erachtens einen echten supranationalen Charakter haben müssen. Jetzt ist die Situation so, daß der Arbeiter sich nur bei der gleichen Stelle beschweren kann, bei der er bisher schlecht gefahren oder von der er abgelehnt worden ist.
Wir Sozialdemokraten befinden uns in voller Übereinstimmung mit dem gesamten Montan-Parlament, wenn wir auf folgendes hinweisen, und wir möchten vor allem unseren abwesenden Herrn Arbeitsminister nachdrücklich an diese Resolution erinnern. Die Gemeinsame Versammlung hat am 13. Mai 1955 in Straßburg in einer Entschließung einstimmig festgestellt, daß die Artikel 11, 17, 18, 19, 20 und 21 dieses Abkommens ihren Wünschen nicht voll entsprechen und nicht so formuliert sind, wie sie es gern gehabt hätte. Ich darf weiter daran erinnern, daß sich alle Abgeordneten des Montanparlaments sämtlicher Länder in dieser Resolution verpflichtet haben, in ihrem eigenen Heimatland den zuständigen Behörden, hier also dem Herrn Bundesarbeitsminister, nahezulegen, bezüglich der nach unserem Gefühl und, wie ich eben dargelegt habe, allgemein als unzureichend empfundenen Formulierung möglichst bald Revisionsverhandlungen gemäß Art. 31 einzuleiten. Wenn wir als Sozialdemokraten diesem Abkommen, das natürlich gegenüber dem bisherigen Zustand einen Fortschritt bedeutet, den niemand leugnen will und auch niemand verkleinern soll, unsere Zustimmung geben, bitte ich dennoch, daß der Herr Bundesarbeitsminister besonders das, was ich zuletzt gesagt habe, sorgfältig beachtet und möglichst von sich aus die Initiative ergreift, innerhalb der sechs Länder zu besseren Formulierungen des Abkommens zu kommen. — Ich danke.
Das Wort wird nicht weiter gewünscht. Ich schließe die allgemeine Aussprache. Anträge sind nicht gestellt. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer für die Annahme des Gesetzes als eines Ganzen ist, den bitte ich, sich von seinem Sitz zu erheben. — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich rufe den Punkt 2 der ursprünglichen Tagesordnung auf:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Petitionen über seine Tätigkeit gemäß § 113 der Geschäftsordnung (Drucksache 2108).
Ich erteile das Wort der Berichterstatterin, der Frau Abgeordneten Albertz.
Frau Albertz , Berichterstatterin: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin beauftragt, Ihnen im Namen des Ausschusses, wie es die Geschäftsordnung in § 113 Abs. 1 vorschreibt, einen mündlichen Bericht über seine Tätigkeit zu erstatten. Diese Berichterstattung soll Sie gleichzeitig über das allgemeine staats-, wirtschafts- und sozialpolitische Stimmungsbild unterrichten, wie es sich aus einer vierteljährlichen Generalübersicht über die Petitionen herauslesen läßt.
Die Ihnen vorliegende Drucksache 2108 enthält in den Anlagen 1 und 2 statistische Übersichten, die mit dem letzten Kalendervierteljahr des Jahres 1955 abschließen. Inzwischen hat sich nach Ablauf von weiteren zweieinhalb Monaten die Endsumme der beim Bundestag und Petitionsausschuß eingegangenen Petitionen in der zweiten Wahlperiode vom 6. Oktober 1953 bis zum 23. März 1956 auf 20 650 erhöht. In dem gleichen Zeitraum der ersten Wahlperiode waren es 15 500 Petitionen. Das sind also 33 % mehr in der zweiten Wahlperiode. Zusammen mit den 27 200 Petitionen der ersten Wahlperiode ist die Gesamtzahl der bis zum heutigen Tage eingegangenen Petitionen auf 47 850 angewachsen.
In den letzten Berichterstattungen des Ausschusses sind grundsätzliche Ausführungen über das Petitionsrecht und das Petitionsverfahren gemacht worden, so daß ich heute darauf verzichten kann, zumal da damit gerechnet werden muß, daß in der anschließenden Aussprache die von mir erwähnten Petitionen noch näher behandelt werden. Ich möchte lediglich nochmals hervorheben, was Herr Kollege Dr. Strosche in seiner letzten Berichterstattung am 1. Dezember 1955 über die Schwierigkeiten in der Berichterstattung der Länder gegenüber dem Ausschuß gesagt hat.
Die Unterrichtung über das Ergebnis der Nachprüfung von Einzeleingaben hat nicht nur den Zweck, die Auswirkungen der derzeitigen Bundesgesetze in der Praxis kennenzulernen, sondern sie bedeutet auch eine praktische Hilfe für den einzelnen Staatsbürger. In einem Fall, in welchem es sich um die Berufsförderungsmaßnahmen für Schwerbeschädigte nach § 26 des Bundesversorgungsgesetzes und die Verhältnisse der Versehrten-Berufsfachschulen handelt, haben sowohl der Sozialminister von Rheinland-Pfalz als auch der niedersächsische Sozialminister eingehend berichtet. Nur das bayerische Innenministerium glaubte dieser Aufforderung nicht nachkommen zu können.
Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, aus der Anlage 1, der statistischen Ubersicht, zu entnehmen, daß in 2 1/4 Jahren der zweiten Wahlperiode 19 000 Petitionen eingegangen sind. In der gleichen Zeit der ersten Wahlperiode waren es lediglich 14 800. Von diesen 19 000 konnten bis zum 31. Dezember 1955 17 261, also 90 %, erledigt werden.
Es wurden folgende Beschlüsse gefaßt. 68 Eingaben — 0,36 % — wurden an die Bundesregierung zur Berücksichtigung, zur Erwägung oder als Material überwiesen. 3992 Eingaben — 21,01 % — wurden durch Erklärung der Bundesregierung als erledigt angesehen. 4219 Eingaben — 22,21 % — wurden an die Bundesregierung zur Kenntnisnahme oder zur weiteren Veranlassung gesandt. 4222 Eingaben — 22,21 % — wurden durch einen Beschluß über einen anderen Gegenstand als erledigt angesehen. Es handelt sich also hierbei um Eingaben, bei denen unter dem gleichen Anliegen bereits entsprechende Beschlüsse des Ausschusses oder des Bundestages gefaßt worden waren. 3773 Petitionen — 19,85 % — wurden zuständigkeitshalber an die Landtage zur Kenntnisnahme und zur weiteren Veranlassung überwiesen. 639 Petitionen — 5,27 % — wurden gemäß § 112 Abs. 1 Satz 2 der Geschäftsordnung an die Fachausschüsse im Hause überwiesen. 1378 Eingaben — 7,25 % —konnten bisher im Petitionsausschuß noch nicht abschließend behandelt werden, weil sie sich zum Teil noch bei der Bundesregierung oder anderen Stellen befinden. 350 Eingaben — 1,84 % — wurden als nicht geeignet zur Beratung im Bundestag angesehen.
Außerdem finden Sie in der Anlage 1 Angaben darüber, aus welchen Ländern seit Oktober 1954 bis zum 31. Dezember 1955 die insgesamt 10 460 Petitionen eingegangen sind. An erster Stelle steht hier das Land Nordrhein-Westfalen mit 30,53 % Dann folgen Niedersachsen mit 16,32 % und Bayern mit 12,18 %. Es folgen schließlich der Reihe nach Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz, Hessen, Hamburg, Berlin, Bremen, das Ausland und die sowjetische Besatzungszone.
Von diesen 10 460 Petitionen sind 69,70 % von Männern, 28,28 % von Frauen und 1,79 % von Organisationen eingebracht worden. Als anonym, beleidigend oder verworrenen Inhalts waren lediglich 0,23 % zu verzeichnen.
Aus der Anlage 2 zur Drucksache 2108 bitte ich den wesentlichen Inhalt der beim Bundestag in der zweiten Wahlperiode eingegangenen und behandelten Petitionen zu entnehmen. An erster Stelle stehen hier nach wie vor die Ansprüche aus der Sozialgesetzgebung und den privaten und sonstigen Versicherungen. Dann folgen wie bisher die Ansprüche aus dem Lastenausgleichsgesetz, aus dem Bau- und Wohnungswesen, der Kriegsopferversorgung, der Wiedergutmachung, dem öffentlichen Dienst und schließlich diejenigen, die sich aus dem Zivilrecht ergeben. Den wesentlichen Inhalt der übrigen Petitionen bitte ich Sie aus der Struktur zu entnehmen.
Nach diesem etwas nüchternen Zahlenmaterial gestatten Sie mir, einige kurze Ausführungen darüber zu machen, was den Mitgliedern des Ausschusses bei der Bearbeitung der Petitionen besonders aufgefallen ist.
Zunächst verweise ich in der Gruppe des Zivilrechts auf den Fall Hildegard Aichinger, der in der vorliegenden Drucksache zusammengefaßt dargelegt ist. Zu dieser Petition stellt der Ausschuß den Antrag: Die Bundesregierung wird aufgefordert,
die Eingabe beschleunigt in der Weise zu berücksichtigen, daß der Petentin der ihr zustehende Betrag unverzüglich ausgezahlt wird. Der Sachverhalt ist kurz folgender.
Das Bayerische Landesamt für Vermögensverwaltung und Wiedergutmachung, Außenstelle Kempten, verpachtete am 17. Januar 1947 einen Teil des schwer beschädigten Kasernengeländes am Ostbahnhof in Kempten an mehrere Firmen, darunter auch bestimmte Grundstücke an die Firma Jungwirth & Co. Diese betrieb dort ein Hammerwerk, in dem etwa 200 Arbeiter, meist Flüchtlinge, beschäftigt wurden. Für den Wiederaufbau und die Instandsetzung der Gebäude auf dem Pachtgelände wendete sie rund 226 000 RM und 39 000 DM auf.
Am 6. Juni 1950 wurde über ihr Vermögen der Konkurs eröffnet. Der Betrieb des Hammerwerkes wurde eingestellt. Der Kläger forderte als Konkursverwalter vom Freistaat Bayern Ersatz der erwähnten Aufwendungen.
Nach längeren Verhandlungen erklärte sich schließlich Bayern „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht" bereit, die DM-Aufwendungen voll und die RM-Aufwendungen im Umstellungsverhältnis 2 : 1 in DM zu ersetzen. Bayern zahlte nach Aufrechnung von Gegenforderungen einen Teilbetrag von 35 000 DM, so daß noch eine Restschuld des Freistaates Bayern in Höhe von rund 80 000 DM verblieb.
Auf Grund des Vorschaltgesetzes vom 21. Juli 1953 wurde das Kasernengelände Eigentum des Bundes. Der Freistaat Bayern weigerte sich nunmehr, den Vergleich zu erfüllen. Der Konkursverwalter verklagte darauf im April 1953 den Bund auf Erfüllung. Der Bund wurde antragsgemäß verurteilt. Gegen dieses Urteil legte der Bund Berufung ein. Diese Berufung wurde jedoch durch Urteil des Oberlandesgerichts München als unbegründet zurückgewiesen. Auch gegen dieses Urteil legte der Bund Revision ein, so daß nunmehr — also nach fast drei Jahren — der Rechtsstreit vor dem Bundesgerichtshof anhängig ist.
Inzwischen ist der Konkursverwalter, der Ehemann der Petentin, verstorben. Die Petentin ist durch den Tod ihres Ehemannes mittellos geworden. Auf Grund des von ihrem Ehemann geführten Prozesses gegen den Bund hat sie noch erhebliche Gebührenforderungen, die aus der Prozeßführung ihres Ehemannes gegen den Bund erwachsen sind. Der Bund hat jedoch die Bezahlung der Anwaltskosten bis zur rechtskräftigen Erledigung dieses Rechtsstreites abgelehnt. In ihrer Eingabe vom 12. April 1954 bringt nun die Petentin zum Ausdruck, daß Bayern und der Bund unverantwortlich handelten, wenn sie ihre Streitigkeiten auf dem Rücken der Staatsbürger austrügen.
Aus den vom Petitionsausschuß erbetenen schriftlichen und mündlichen Stellungnahmen des Bundesfinanzministeriums geht hervor, daß maßgebend für das Zustandekommen des Vergleichs fürsorgliche Gesichtspunkte gewesen seien. Diese sozialpolitischen Erwägungen seien aber mit den Grundsätzen einer fiskalischen Verwaltung nicht in Einklang zu bringen.
Die von Bayern eingegangenen Verpflichtungen
seien der fiskalischen Verwaltung sachfremde Verwaltungshandlungen, für die der Bund nicht einzustehen brauche.
In der Sitzung vom 9. März 1955 beschloß der Ausschuß nach Anhörung des Regierungsvertreters, die Bundesregierung möge in Anbetracht dessen, daß der Bund bereits in der zweiten Instanz zur Erfüllung des Vergleichs verurteilt worden sei, von einer Weiterführung des Rechtsstreites absehen und eine vergleichsweise Erledigung dieses Rechtsstreites anstreben, um weitere Prozeßkosten zu ersparen, zumal da es letztlich nur noch darum gehe, ob der Bund oder der Freistaat Bayern zu zahlen habe.
Der Ausschuß war sich in seiner Sitzung vom 19. Januar 1956 bei dieser Sachlage darüber einig, daß die Bundesregierung nicht alle ihr zu Gebote stehenden Möglichkeiten ausgeschöpft habe, um zu einer raschen Erledigung dieser Sache zu gelangen. Der Ausschuß hält es daher im Interesse einer baldigen Abwicklung des Rechtsstreites und aus Gründen der Kostenersparnis sowie der Rücksichtnahme auf die berechtigten Belange der Staatsbürger, insbesondere der Petentin, für erforderlich, den soeben begründeten Antrag einzubringen.
Von den zahlreichen Petitionen, die sich mit dem Kriegsfolgenschlußgesetz befassen, möchte ich anschließend die Eingabe des Max Schade in Wedel in Holstein hervorheben. Herr Schade führte bis zum Kriege in Hamburg ein großes Baugeschäft. Im Jahre 1941 wurde er mit seinem Betrieb dienstverpflichtet. Er baute u. a. Finnenhäuser, Baracken und die Erweiterung eines Kranken- und Arzthauses in Wedel in Holstein. Die erheblichen Forderungen aus diesem Bauvorhaben in Wedel wurden von der Marineabwicklungsstelle anerkannt; sie kamen aber nicht zur Auszahlung. Die Baracken und Finnenhäuser stehen auf Grundstücken, die von der Oberfinanzdirektion Kiel verwaltet werden, das Arzthaus und der Krankenhausneubau auf dem Grundbesitz der Stadt Wedel. Da die Bauten als Reichseigentum behandelt werden, zahlt die Stadt Wedel Miete an die Vermögensverwaltung für Reichsvermögen. Die Baracken und Finnenhäuser werden von der Vermögensverwaltung vermietet. Teilweise sind sie an Privateigentümer verkauft worden.
Der der Reichsvermögensverwaltung hierdurch zufließende Betrag übersteigt bei weitem die Forderung des Petenten. Es ergibt sich somit der groteske Zustand, daß seit Jahren die von dem Petenten errichteten Bauten gewinnbringend durch die Bundesfinanzverwaltung genutzt, die Forderungen des Erbauers aber nicht beglichen werden.
Ich erwähne diesen Fall aber auch besonders deshalb, weil es als ungewöhnlich angesehen werden muß, daß der Petent auch noch nach dem Zusammenbruch Ausbesserungs- und Fertigstellungsarbeiten im Auftrage der Marineabwicklungsstelle geleistet hat und die hierfür berechneten Forderungen nicht beglichen worden sind. Hierdurch ist seine Existenz vernichtet worden.
Zur Begründung dieses ungewöhnlichen Vorfalls und dieser ungewöhnlichen Situation beruft sich die Bundesregierung auf die bisherige Nichtverabschiedung des Kriegsfolgenschlußgesetzes. Der Petitionsausschuß richtet daher nochmals die eindringliche Bitte an die Mitglieder des Ausschusses, der dieses Gesetz zu verabschieden hat, und an die
Fachausschüsse, dieses Gesetz beschleunigt zu verabschieden.
— Das weiß ich; aber es kann ja mit behandelt werden. Es wird auch als Material an Sie überwiesen.
Außerdem möchte ich noch die Eingabe des Ernst Rohse aus Bad Segeberg hervorheben. Hier geht es um die Alters- und Hinterbliebenenversorgung der ehemaligen Angehörigen der Deutschen Werke Kiel. Durch die Verschmelzung der Deutschen Werke Kiel und der Howaldtswerke ist die Versorgung einer bestimmten Gruppe von ehemaligen Angestellten der Deutschen Werke unterschiedlich geregelt worden, — in einem Werk! Eine andere Gruppe von Angestellten erhält neben einer Bundesbeihilfe in Höhe von 50 DM monatlich zusätzlich laufende Zahlungen durch den Hilfsverein für die Gehaltsempfänger der Deutschen Werke e. V. — Marineunterstützungskasse —.
Der Ausschuß hat sich in seiner Sitzung vom 12. Dezember 1955 eingehend mit der Frage befaßt, ob nicht in Form einer Billigkeitsmaßnahme für den betroffenen Personenkreis eine Besserung zu erreichen ist. Nach den damaligen Äußerungen des Vertreters des Bundesministers der Finanzen hat der Vorstand der Howaldtswerke eine Billigkeitsmaßnahme abgelehnt. Auch der Bund hat eine solche Maßnahme abgelehnt, da hierfür ein Fonds nicht vorhanden sei. Der Ausschuß war aber der Meinung, daß eine positive Regelung eine finanzielle Belastung für das Großunternehmen der Deutschen Werke Kiel nicht bedeuten könne.
Ganz allgemein fiel dem Ausschuß auf, daß wir in der Kriegsopferversorgung immer wieder die Ohnmacht der Ausschußmitglieder gegenüber der Beurteilung der ärztlichen Gutachten festzustellen haben. Bei der Petition Werner Steinke, DortmundMengede, war es so, daß der Petent 1943 in einem Geschützbunker durch einen Bombenangriff verschüttet wurde. Als er im Feldlazarett wieder das Bewußtsein erlangte, hatte er eine Sprachstörung. Nach der Verwundung ist ihm zwar wegen der Verwundung eine Minderung der Erwerbsfähigkeit zuerkannt worden; die Sprachstörung wurde jedoch nicht berücksichtigt, weil es sich hier um ein psychogenes Leiden handle, das anlagebedingt sei.
Die Mediziner stehen hier auf dem Standpunkt, daß zwischen der psychogenen Reaktion und der Verschüttung wohl ein zeitlicher, aber kein kausaler Zusammenhang besteht. Es liege an der Struktur der Persönlichkeit des Petenten, aber nicht an dem militärischen Ereignis.
In einem weiteren Fall aus der Kriegsopferversorgung hatte der Petent wegen des im ersten Weltkrieg eingetretenen Verlustes des rechten Auges Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 % erhalten. Im Jahre 1939 erblindete er auch auf dem linken Auge. Die medizinischen Gutachten besagen jedoch, daß die eingetretene praktische Erblindung des linken Auges keine Schädigung im Sinne des § 1 des Bundesversorgungsgesetzes sei. Der Petent strebte die Zustimmung zur Gewährung eines Härteausgleichs an. Er glaubte hierzu berechtigt zu sein, weil ihm nach dem Reichsversorgungsgesetz eine solche gewährt worden war. Der Herr Bundesminister für Arbeit lehnte jedoch eine Anwendung des Härteparagraphen 89 BVG ab.
In einem anderen Fall hat ein Petent in einer Verwaltungsstreitsache wegen der Berücksichtigung einer Beförderungsstelle gegen die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung in Nürnberg vor dem Sechsten Senat des Oberverwaltungsgerichts des Landes Nordrhein-Westfalen ein obsiegendes rechtskräftiges Urteil erstritten. Die Bundesanstalt war verurteilt worden, bei der Berechnung der Versorgungsbezüge dessen Beförderung zum Regierungsoberinspektor zu berücksichtigen. Der Präsident der Bundesanstalt weigerte sich jedoch, die Vollstrekkung des Urteils durchzuführen. Er äußerte gegenüber dem Petenten, daß die Auszahlung der Versorgungsbezüge nicht in Betracht komme. Nachdem der Petent sich daraufhin an den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts gewandt hatte, teilte ihm dieser mit:
Die Vollstreckung des rechtskräftigen Urteils muß durch die Dienstaufsichtsbehörde durchgesetzt werden. Da der Beklagte
— die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung —
sich weigerlich gezeigt hat, habe ich den Herrn Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf gebeten, beim Bund die erforderlichen Schritte zu tun, damit Ihr Rechtsanspruch durchgesetzt wird.
Nachdem der Petitionsausschuß den Bundesminister für Arbeit zur Stellungnahme aufgefordert
hatte, berichtete dieser unter anderem folgendes:
Wie ich dem Bericht der Bundesanstalt entnehme, hat sich der Herr Präsident der Bundesanstalt nach nochmaliger Überprüfung seiner Rechtsauffassung entschlossen, die Versorgungsbezüge des Regierungsoberinspektors Kannen dem Antrag entsprechend zu berechnen.
Der Ausschuß war der Meinung, daß ès sich hier nicht mehr um einen Antrag handelt, dem der Präsident der Bundesanstalt entsprechen konnte oder nicht, sondern um ein rechtskräftiges Urteil, dessen Durchführung er verweigerte.
Die Mitglieder des Ausschusses glaubten, daß ein solches Verhalten mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar sei.
Auf einem anderen Gebiet liegt es, wenn dem Ausschuß die Notlage alter Menschen in der Bundesrepublik oft in erschütternder Weise nahegebracht wird. Den Eingaben solcher Menschen sieht man schon von außen an, daß ihre Verfasser des Schreibens ungewohnt, oft sogar nicht sehr kundig sind. Es müssen also außerordentliche Gründe sein, die sie dazu bewogen haben, den Federhalter in die Hand zu nehmen und an den Bundestag zu schreiben. Welche Verzweiflung, welche beschämende Armut spricht aus diesen Zeilen! Es sollte uns alle angehen, die Not dieser alten Leute zu beseitigen. Es geht hier aber nicht nur um Geld und um Rentenerhöhung, es geht auch um die Art, wie wir uns um die alten Leute bemühen.
Sie sollten diese Briefe einmal lesen, meine Damen und Herren, Briefe von alten Menschen, die im Monat mit weniger als 85 DM auskommen müssen; davon müssen sie essen, sich kleiden, wohnen und im Winter ihre Stube heizen. Diese Einzelschicksale sind offensichtlich ein Gradmesser für die verzweifelte wirtschaftliche Lage dieser alten Menschen. Aus fast allen Briefen schlägt uns eine Resignation und Hoffnungslosigkeit entgegen. Eine Petentin zitiert den Bundespräsidenten, der einmal gesagt haben soll: „Ich habe schon so viele Ausstellungen eröffnet, alle waren sie gut, nur mit unseren Renten können wir keine Ausstellung machen!"
Daß die alten Leute in Not sind, ist nichts Neues, meine Damen und Herren. Deshalb richtet sich der Ruf in der Hauptsache an den Bundestag und an die Bundesregierung. Ich appelliere darum an die Bundesregierung, die Petitionen und Eingaben solcher Menschen beschleunigt zu behandeln und die Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen nicht so engherzig vorzunehmen.
Schließlich sind es ja unsere alten Menschen.
Abschließend bitte ich Sie im Namen des Petitionsausschusses, nach der Beratung den Anträgen des Ausschusses, wie Sie sie in der Übersicht 16 verzeichnet finden, entsprechend der Drucksache 2108 Ihre Zustimmung zu geben.
Ich danke der Frau Berichterstatterin.
Das Wort hat der Herr Staatssekretär Hartmann.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf mir erlauben, zu der Angelegenheit Jungwirth, zu der unter I ein Beschluß des Petitionsausschusses vorliegt — nämlich die Bundesregierung aufzufordern, daß der Petentin der ihr zustehende Betrag unverzüglich ausgezahlt wird —, einige Ausführungen namens des Bundesfinanzministeriums zu machen.
In dem Bericht des Petitionsausschusses auf Seite 3 oben, wie ihn auch die Frau Vorsitzende des Ausschusses und Berichterstatterin hier vorgetragen hat, liegt hinsichtlich des Tatbestandes ein offenbares Mißverständnis vor, ein Irrtum, der auch zu nach unserer Ansicht nicht völlig zutreffenden Folgerungen in der Sache geführt hat. Auf Seite 3 oben steht: „Inzwischen ist der Konkursverwalter, der Ehemann der Petentin, verstorben." Das trifft nicht zu. Nicht der Konkursverwalter, der die Klage gegen den Bund erhoben hat, ist verstorben, sondern der Rechtsanwalt, der von dem Konkursverwalter mit der Einreichung der Klage gegen den Bund beauftragt war; und die Witwe des verstorbenen Rechtsanwalts und Prozeßbeauftragten macht nicht die Klage zur Hauptsache, nämlich die Aufwendungen geltend, die die in Konkurs gegangene Firma für dieses Grundstück
gemacht hat, sondern die Honorarforderung ihres Mannes. Das ist ja wohl ein ganz grundlegender Unterschied.
— Ja, gut! — Ich darf in meinen Ausführungen fortfahren.
Der Petitionsausschuß hat sich ausführlich in der Hauptsache mit der Klage befaßt. Ich muß mich aber zunächst mit der Honorarforderung befassen. Die Honorarforderung eines Rechtsanwalts richtet sich gegen den, der ihm den Auftrag zur Prozeßführung erteilt hat — das ist der Kläger, der Konkursverwalter —, und richtet sich primär nicht gegen den Beklagten. Der Beklagte hat bei einer Gebührenforderung nur dann die Gebühren des Rechtsanwalts des Klägers zu entrichten, wenn der Rechtsstreit rechtskräftig entschieden und die Gegenseite, also hier der Bund, zur Kostentragung verurteilt worden ist. Das ist nicht der Fall. Der Rechtsstreit ist noch nicht rechtskräftig entschieden.
— Herr Präsident, ich habe doch noch das Wort?
Ja, Sie haben das Wort.
Herr Staatssekretär, es ist in diesem Hause üblich, Zwischenrufe zu machen. Die Zwischenrufe können beantwortet werden.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren! Ich habe soeben ausgeführt, daß der Rechtsstreit nicht rechtskräftig entschieden ist, so daß aus diesem Grunde eine Verpflichtung des Bundes, die Prozeßkosten, die Gebührenforderung des gegnerischen Anwalts zu bezahlen, nicht besteht.
Der zweite Fall könnte der sein, daß der Rechtsstreit durch Vergleich entschieden wäre und die Gegenpartei, d. h. der Bund, die Kosten übernommen hätte. Das ist auch nicht der Fall. Der dritte Fall wäre der, daß der Anwalt einen vollstreckbaren Kostenfestsetzungsbeschluß hinsichtlich seiner Gebühren in den Händen hat und die Vollstreckung aus diesem Beschluß nicht eingestellt ist. Auch das ist nicht der Fall.
Was nun den Rechtsstreit als solchen betrifft, der ja Gegenstand der Behandlung im Petitionsausschuß und der heutigen Berichterstattung gewesen ist, so bin ich gerne bereit, wenn das Hohe Haus es wünschen sollte, ausführlich darüber zu berichten. Ich darf mich zunächst, da der Herr Abgeordnete Seuffert die Angelegenheit noch darlegen wird, auf einige grundsätzliche Bemerkungen beschränken. Es handelt sich hier um Bauaufwendungen, die zum größten Teil zur Reichsmarkzeit, jedenfalls im ganzen Umfang während der Zeit gemacht worden sind, als das Land Bayern die Verwaltung dieses Grundstücks hatte. Erst geraume
Zeit später, nachdem diese Aufwendungen gemacht worden waren und nachdem die klägerische Firma in Konkurs gegangen war, ist die Verwaltung dieses Grundstücks auf Grund des Vorschaltgesetzes auf den Bund übergegangen.
Die Rechtsmittel, also die Berufung und die Revision, mußten nach sorgfältiger Prüfung pflichtgemäß eingelegt werden, da es sich hier nicht um irgendeinen Einzelfall handelt, in dem man hätte von Billigkeitserwägungen ausgehen können, sondern um Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung für eine Vielzahl gleich oder ähnlich liegender Fälle. Sie wissen, daß die Länder in den Jahren, als sie die Verwaltung des ehemaligen Reichsvermögens hatten, zum Teil diese Verwaltung als endgültige angesehen haben. Das Land Bayern, aber auch andere Länder haben damals Grundstücke, die dem Reich gehörten, im Grundbuch als ihr Eigentum eintragen lassen. Alle diese Dinge mußten nach der Rückübernahme der Verwaltung auf den Bund erst in Ordnung gebracht werden. Daraus ergibt sich, daß man nicht einen Einzelfall im Billigkeitswege so oder so regeln kann, sondern daß man die präjudizielle Wirkung einer solchen Entscheidung auf Hunderte und Tausende anderer Fälle mit berücksichtigen mußte.
Insbesondere hat das Oberlandesgericht München einen Rechtssatz aufgestellt, den wir nicht billigen konnten. Es ist nämlich von einer analogen Anwendung des § 419 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, also einer Vorschrift über die bürgerliche Gesamtrechtsnachfolge ausgegangen. Wenn wir dem zugestimmt hätten, hätten wir unter Umständen Lasten von Millionen auf den Bund übernommen. Daher mußten wir eine höchstrichterliche Entscheidung anstreben. Wir sind der Allgemeinheit gegenüber verpflichtet, die Steuermittel sorgfältig zu verwalten,
und wir können nicht ohne weiteres, auch nicht in Fällen, in denen aus sozialen Gründen eine andere Entscheidung naheliegen würde,
einfach Verpflichtungen der Länder übernehmen.
Es wird dem Hohen Hause auch bekannt sein, daß bisher noch kein Land aus sozialen Erwägungen Bundesverpflichtungen übernommen hat.
Wir haben im Gegenteil gegen das Land Bayern noch Forderungen von etwa 150 bis 200 Millionen DM aus der Überleitung der Kriegsopferausgaben, die nach unserer Ansicht ungerechtfertigterweise vom Land Bayern auf den Bund überwälzt worden sind. Wenn hier - das ist unsere Ansicht — der falsche Beklagte von dem Kläger verklagt worden ist, dann kann die Bundesverwaltung nicht einfach den Betrag zahlen und sich dann ihrerseits auf einen Prozeß gegen das betreffende Land verweisen lassen. Wir haben mehrfach versucht, mit dem Land Bayern zu einem vergleichsweisen Ausgleich zu kommen.
— Wir haben versucht, zweimal —
— Nach meiner Unterrichtung — ich bin aber gern bereit, alle diese Dinge ausführlich darzulegen — haben wir zweimal versucht, mit dem Land Bayern zu einem Ausgleich zu kommen. Im übrigen hat der Bund selbstverständlich an den Kläger das gezahlt, was unzweifelhaft war.
Ich darf zum Abschluß noch sagen: Es sind erneut Vergleichsverhandlungen mit dem Konkursverwalter aufgenommen worden. Zu diesen Verhandlungen konnte sich der Bund nunmehr deshalb entschließen, weil sich eine Abgrenzung des Ausgleichs zwischen Bund und Ländern über die Einnahmen und Ausgaben der Verwaltung in dem § 17 des Entwurfs eines Reichsvermögensgesetzes abzuzeichnen beginnt. Über diesen Gesetzentwurf haben Verhandlungen zwischen den Vertretern der Bundesregierung und der Länderregierungen stattgefunden, die zu einer Übereinkunft geführt haben, der auch der Vertreter des Landes Bayern zugestimmt hat. Infolgedessen konnten wir in der Sache an die Oberfinanzdirektion neue Instruktionen ergehen lassen und rechnen damit, daß die Vergleichsverhandlungen in der Hauptsache in Kürze zu einem positiven Ergebnis führen werden.
Ich darf nochmals sagen, daß ich bereit bin, dem Hohen Hause, falls es dies wünscht, in dieser Sache noch ausführlicheren Aufschluß zu geben, daß das Bundesfinanzministerium aber nach den- jetzigen Stande aus haushaltsrechtlichen Gründen nicht in der Lage ist, der Petentin die von ihr geltend gemachte Honorarforderung auszuzahlen. Sollten daran Zweifel bestehen, so darf ich bitten, daß der Haushaltsausschuß des Hohen Hauses an dieser Angelegenheit beteiligt wird.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär, ich habe Ihnen bereits durch meine Zwischenrufe zum Ausdruck gebracht, daß Sie meiner Ansicht nach von Ihren Sachbearbeitern über den vollen Tatbestand nicht genügend unterrichtet worden sind. Sie sind offenbar nicht über die Gesichtspunkte unterrichtet worden, die der Ausschuß in zwei ausführlichen Verhandlungen Ihren Sachbearbeitern sehr deutlich nahegelegt hat.
Ich kann mir nicht denken, daß Sie, dessen Einsicht und dessen Urteilskraft ich kenne, wenn Sie den Tatbestand und wenn Sie die Urteile so kennten, wie ich Sie kenne, so geantwortet hätten, wie es hier geschehen ist.
Es handelt sich hier bei diesem Prozeß Jungwirth ganz eindeutig nur um die Frage, ob eine gewisse Summe vom Bund oder vom Land Bayern zu zahlen ist. Daß die Staatsbürger, die hier beteiligt sind, das Geld zu bekommen haben, ist vollkommen unstreitig. Das Land Bayern hat während seiner Verwaltung der fraglichen Grundstücke einen Vergleich geschlossen. Es ist eine Rechtsfrage, ob dieser Vergleich den Bund, der die Grundstücke nunmehr übernommen hat, unmittelbar bindet oder nicht. Bei diesem Tatbestand wird über die Frage, ob der Bund oder das Land Bayern zahlt, ein Prozeß geführt, und zwar nicht etwa zwischen dem Bund und Bayern, obwohl das ohne weiteres möglich wäre — denn das Land Bayern
ist ja als Nebenintervenient gegen den Bund an dem Prozeß beteiligt —,
sondern mit dem Staatsbürger, dem die Auszahlung seines Geldes, das er zu bekommen hat — das ist ganz unstreitig —, verweigert, verzögert wird, weil die beteiligten Stellen — das ist klar und deutlich gesagt, sogar schriftlich gegeben worden — sich über das Kassenprinzip bei der 'Obernahme dieser Grundstücksverwaltungen nicht einigen konnten.
Den beteiligten Behörden ist es bekannt, daß die Abwicklung des Konkurses und damit die Befriedigung einiger Forderungen, z. B. auch einer Anwaltshonorarforderung, die einer Anwaltswitwe gegen die Konkursmasse zusteht, nicht möglich ist. Das ist der einzige Zusammenhang mit dem Honorar, Herr Staatssekretär. Aber auch andere Leute warten dringend auf die Bezahlung ihrer Forderungen gegen die Konkursmasse, und aus der Konkursmasse kann nicht gezahlt werden, der Konkurs kann nicht abgewickelt werden, weil das Land Bayern und der Bund jetzt schon in der dritten Instanz diesen Prozeß führen müssen.
Dazu ist die Rechtsauffassung, die von seiten des Bundes vertreten wird, bereits in zwei Instanzen eindeutig abgelehnt worden. Man hat es für notwendig gehalten, in die Revision zu gehen.
Ich würde nichts gesagt haben, wenn man es für richtig gehalten hätte, zwischen den beteiligten Stellen einen Prozeß zu führen. Ob die Prozeßkosten wirklich notwendig sind oder ob es nicht möglich sein sollte, zwischen zwei Verwaltungen eine solche Frage ohne Prozeß bis zur dritten Instanz zu klären — sie ist vielleicht inzwischen geklärt worden —, ist eine Frage, die ich zunächst der Verwaltung überlassen würde. Aber man ist nicht auf den einfachen Gedanken gekommen, auf den man zuerst kommen müßte, nämlich eine Vereinbarung zwischen dem Bund und Bayern zu treffen: „Ich, der Bund, zahle" oder „Ich, Bayern, zahle", und je nachdem, wie die Sache dann entschieden wird, auf die eine oder andere Weise, mit Prozeß oder nicht, zahlt der andere zurück, oder ich habe es endgültig gezahlt, und der Staatsbürger braucht nicht zu warten.
Das ist doch das Einfachste und Nächstliegende.
Es handelt sich gar nicht um eine Entscheidung im Billigkeitsweg oder etwas anderes, sondern um einen unbestrittenen Anspruch dieses Staatsbürgers, hier einer Konkursverwaltung, von dem nur streitig ist, ob nach dem Kassenprinzip oder nach der Verbindlichkeit irgendeines Vergleichs die eine oder die andere Stelle zu zahlen hat. Von Billigkeit ist hier gar keine Rede. Was ich dem Bundesfinanzministerium in erster Linie zum Vorwurf mache, ist die Unfähigkeit seiner Beamten, diesen einfachen Weg, die Interessen des Staatsbürgers, die in erster Linie zu stehen haben, zu wahren, von vornherein selbst zu beschreiten.
Zweitens ist das Bundesfinanzministerium in einer Sitzung des Petitionsausschusses, die im April des vorigen Jahres stattgefunden hat, eindeutig auf diesen Weg gewiesen worden. Es hat versprochen, sich um den Vergleich zu bemühen und Bericht zu erstatten. Es mußte im Juni gemahnt werden, weil es keinen Bericht erstattet hatte. Es hat einen schriftlichen Bericht im September erstattet,
in dem nichts über diese Vergleichsbemühungen stand, sondern große Ausführungen, warum das Finanzministerium seine Rechtsauffassung, die in zwei Instanzen mißbilligt worden war, aufrechterhalte, usw.
Als der Petitionsausschuß dann wieder eine Sitzung ansetzte und Bericht verlangte, stellte sich heraus, daß die ganzen Vergleichsbemühungen darin bestanden, daß man — mit dem Konkursverwalter hatte man überhaupt nicht verhandelt — einen Brief an das zuständige bayerische Ministerium geschrieben hatte, der Bund sei bereit zu zahlen, wenn sich Bayern unter einer bestimmten Formulierung verpflichte, im Falle einer Klärung zugunsten des Bundes den Betrag zurückzuzahlen. Diese Formulierung ist vom bayerischen Ministerium zurückgewiesen worden. Damit war die Korrespondenz erledigt, Herr Staatssekretär! Das ist jedenfalls das, was dem Ausschuß vorgelegen hat, und nicht mehr. Niemand hat sich weiter bemüht, etwa eine andere, einverständliche Formulierung zu finden. Damit war alles aus.
Sie haben jetzt von haushaltsrechtlichen Gründen gesprochen, Herr Staatssekretär. Haben denn damals etwa haushaltsrechtliche Gründe entgegengestanden, dem Land Bayern einen solchen Vergleich anzubieten? Sie können sich auch heute noch i über irgendeine andere Formulierung mit Bayern einigen. Von haushaltsrechtlichen Gründen war damals und ist heute nicht die Rede. Ich mache also dem Finanzministerium zweitens den Vorwurf, daß es dem Ausschuß absolut ungenügend Bericht erstattet und daß es der klar zum Ausdruck gebrachten Willensäußerung des Ausschusses in keiner Weise Rechnung getragen hat.
Ich muß noch eine dritte Sache hier vorbringen. Es ist mir im Zusammenhang mit dieser Angelegenheit zu Ohren gekommen, daß man in der Oberfinanzdirektion München, in der dortigen Außenstelle der Bundesvermögensverwaltung, der Petentin, die auch dort vorgesprochen hat, man möge die Sache doch nun endlich einmal erledigen, dem Sinn nach gesagt hat — ich kenne den Namen des Beamten, der das gesagt hat —: Wenn Sie hier Petitionen an das Parlament einbringen, so können Sie von uns ja wohl kein Entgegenkommen erwarten.
Ich habe der Oberfinanzdirektion München in dieser Sache Vorhaltungen gemacht. Aber die Entschuldigung, die ich bekommen habe, war meines Erachtens durchaus unbefriedigend.
Ich möchte das Bundesfinanzministerium und alle Ministerien bitten, ihre Beamten auf das entschiedenste darauf hinzuweisen, daß das Petitionsrecht des Staatsbürgers, wenn es auch die Beamten ärgert, ein wichtiges und unantastbares Recht ist.
Ich hoffe, die Zustimmung des ganzen Hauses zu haben, wenn ich sage, daß dieses Haus jede Beeinträchtigung, ja, auch nur jede Kritisierung dieses Petitionsrechtes von bürokratischer Seite mit den schärfsten Mitteln ahnden wird.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Herr Staatssekretär des Bundesfinanzministeriums.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Seuffert hat dargelegt, daß ich von meinen Beamten oder Beamtinnen vielleicht nicht ausführlich oder nicht zutreffend über die Angelegenheit unterrichtet worden sei. Ich werde dem selbstverständlich nachgehen; wenn das der Fall sein sollte, wird das Erforderliche veranlaßt werden.
Er hat dann eine Äußerung der Oberfinanzdirektion München über das Recht der Petition an das Hohe Haus dargelegt. Eine solche Äußerung der Oberfinanzdirektion ist absolut ungehörig. Ich werde der Sache nachgehen.
— Eines Beamten der Direktion, nun bitte!
Gut, die Äußerung eines Beamten der Direktion. Eine solche Äußerung ist ungehörig, und ich werde der Sache nachgehen. Es ist ganz selbstverständlich, daß das Petitionsrecht der Staatsbürger auch nicht durch solche Bemerkungen von Beamten irgendwie beeinträchtigt werden darf.
Das zu der persönlichen Seite der Sache.
Meine Damen und Herren, der Herr Abgeordnete Seuffert hat gesagt, daß die Forderung an sich unbestritten sei und daß es sich nur noch darum handele, wer zahlen solle, das Land Bayern oder der Bund. Diese Wendung „nur noch" findet sich auch auf Seite 3 des Berichts des Petitionsausschusses. Ich weiß nicht, ob man der Sache mit dem Wort „nur noch" wirklich gerecht wird;
denn das ist ja der Kern, ob Bayern oder der Bund zahlt.
— Ich glaube, daß auch im Privatleben Herr Meier nicht bereit ist, eine Schuld zu zahlen, die Herr Müller zu zahlen hat.
Man muß eben den Richtigen verklagen. Wenn dem Konkursverwalter vielleicht in München gesagt worden ist, er möge den Bund verklagen
— ja, ich komme noch darauf zurück —, dann scheint mir das doch etwas die Methode des heiligen Florian zu sein; denn diese Aufwendungen sind während der Verwaltung durch Bayern für das Land Bayern gemacht worden und nicht für den B u n d. Der Bund hat erst Jahre danach die Verwaltung übernommen. Das Land Bayern hat den Vergleich abgeschlossen. Es ist gar nicht einzusehen, weshalb das Land Bayern nicht die Verpflichtungen erfüllt, die es aus einem von ihm selbst abgeschlossenen Vergleich hat. Ich glaube wirklich, das Wort „nur noch" trifft den Kern der Sache nicht. Ich habe eben schon gesagt, daß bisher noch kein Land auch nur einen Pfennig gezahlt hat, den nach Ansicht der Länder der Bund hätte zahlen müssen. Wir haben aber Forderungen von weit über 100 Millionen an das Land Bayern, wir haben auch noch Forderungen an andere Länder. Die Mitglieder des Haushaltsausschusses und des Rechnungsprüfungsausschusses wissen das ja. Sollen wir hier in einem Fall aus sozialen Erwägungen zahlen und dann auf den Prozeßweg gegen das Land gehen? Denn es handelt sich, wie ich schon sagte, um eine grundsätzliche Sache.
Nun unsere Verhandlungen mit Bayern! Herr Abgeordneter Seuffert, in meinen Unterlagen ist aufgezeichnet, daß mehrfach, bereits vor Beginn und im Laufe des Prozesses, mit dem Land Bayern von uns aus Verbindung aufgenommen wurde, um eine außergerichtliche Erledigung der Angelegenheit zu erreichen.
— Ich habe ja einleitend den Vorbehalt gemacht, Herr Abgeordneter: ich werde der Sache nachgehen. — Nachdem nun das Hohe Haus am 9. März 1955 die Bundesregierung aufgefordert hatte, eine vergleichsweise Erledigung des Rechtsstreites anzustreben, sind wir erneut, nicht erstmalig, mit dem Land Bayern in Verbindung getreten. Wir haben uns bereit erklärt, den Vergleich zu schließen, wenn das Land Bayern seinerseits sich bereit erklärt, den Betrag zurückzuerstatten für den Fall, daß nach Maßgabe der künftigen gesetzlichen Regelung dem Bund im vorliegenden Falle die Zahlungspflicht nicht obliegt. Das ist vom Land Bayern abgelehnt worden.
— Aber warum nehmen Sie das dem Land Bayern nicht übel und nehmen Sie es uns übel, da wir doch einen Vergleichsvorschlag gemacht haben?
— Die bayerische Ablehnung war doch endgültig! Bayern hat es abgelehnt, auf diese Formulierung einzugehen.
— Gut, dazu darf ich auf meinen einleitenden Vorbehalt verweisen. Ich würde es sehr bedauern, wenn der Ausschuß darüber nicht vollständig unterrichtet worden wäre. — Jedenfalls hat Bayern unseren Vergleichsvorschlag, der uns instand gesetzt hätte, die Zahlung vorzunehmen, abgelehnt.
Trotzdem sind wir nun in unmittelbare Vergleichsverhandlungen mit dem Kläger, dem Konkursverwalter, gekommen. Dazu waren wir in der Lage, weil, wie ich eben dargelegt habe, über den § 17 des Entwurfs eines Reichsvermögensgesetzes inzwischen eine Einigung zwischen Bund und Ländern, auch mit Bayern, erreicht worden war. Damit hat die Sache nun nicht mehr die grundsätzliche Bedeutung, die wir befürchtet hatten, und
ich hoffe, daß in ganz kurzer Zeit ein Vergleich mit dem Kläger möglich sein wird.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Matzner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe kurz zu einem anderen Fall, der in der Berichterstattung aufgetaucht ist, Stellung zu nehmen, weil er mir als ein Musterfall erscheint, wie Behörden nicht vorgehen dürften. Wenn vorhin Herr Kollege Seuffert davon gesprochen hat, daß das Petitionsrecht unantastbar bleiben müsse, so gilt das besonders für diesen Fall, den ich Ihnen in die Erinnerung zurückrufen will.
Es ist der Fall Kannen . Dieser Mann mußte jahrelang auf die Erfüllung seiner Rechtsansprüche warten. Er bekam von der Verwaltung nicht recht und mußte durch alle Instanzen gehen, bis ihm das Oberverwaltungsgericht in Münster schließlich Recht zuerkannte. Nach dieser Zuerkennung seiner Rechtsansprüche wartete er vier Monate auf die Erfüllung. Die Beklagte und Verurteilte, die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung in Nürnberg, hat ihn vier Monate vertröstet und gesagt, sie werde neuerlich Revision einlegen. Das hat sie nicht getan, und nach diesen vier Monaten ist wieder keine materielle Erfüllung erfolgt, so daß der Petent sich nach weiteren acht Monaten an uns, an den Deutschen Bundestag gewandt hat. Daraus ersehen Sie, wie wichtig das Petitionsrecht ist. Der Mann hat von keiner anderen staatlichen Stelle das Recht, das ihm schon von einem Gericht zugesprochen worden war, erfüllt bekommen.
Was mich veranlaßt, das Hohe Haus noch einmal mit dieser Petition zu bemühen, ist das, was nach dem Eingang der Petition des Herrn Kannen geschehen ist. Unsere Vorsitzende, Frau Kollegin Albertz, hat schon darauf hingewiesen, daß sich Herr Kannen zuerst einmal an das Gericht gewandt und gebeten hat, ihm dazu zu verhelfen, daß seine Rechtsansprüche erfüllt werden. Das Gericht hat ihm geantwortet, es stehe unstreitig fest, daß die Dienstaufsichtsbehörde das Urteil durchführen müsse. Jetzt kommt das Bezeichnende. Die Petition wurde an das Arbeitsministerium gegeben. Ich bitte genau den Wortlaut zu beachten, den das Schreiben des Arbeitsministeriums an den Petitionsausschuß aufweist. Das Arbeitsministerium schreibt zuerst, daß in der Angelegenheit des Regierungsoberinspektors z. Wv. Kannen das erkennende Gericht sich an den Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen als Dienstaufsichtsbehörde gewandt habe. Auf dem Wege über diesen sei der Herr Präsident des Bundesamtes um Stellungnahme gebeten worden. Ich bitte zu beachten: „um Stellungnahme", obgleich es klar war, daß hier eine Verurteilung vorlag und daß das Bundesamt dem Urteil nicht nachgekommen war. Jetzt schreibt der Arbeitsminister weiter:
Wie ich dem Bericht der Bundesanstalt entnehme, hat sich der Herr Präsident der Bundesanstalt nach nochmaliger Überprüfung seiner Rechtsauffassung
— ich verweise auf das gerichtliche Urteil —
entschlossen, die Versorgungsbezüge des Regierungsoberinspektors z. Wv. Kannen dem Antrag entsprechend zu berechnen.
Beachten Sie: Nicht dem gerichtlichen Urteil, sondern dem seinerzeitigen Antrag entsprechend. Ich brauche dazu keinen weiteren Kommentar zu geben. Ich bin überzeugt, daß das Hohe Haus mit mir darin übereinstimmt, daß es sich hier um einen unglaublichen Fall handelt, den wir entsprechend beurteilen müssen, und daß das Hohe Haus mit mir der Meinung ist, daß sich ein solcher Fall nicht mehr wiederholen darf.
Ich glaube, daß das Arbeitsministerium, als es uns diesen Bericht gab, nicht gut beraten war, diese Formulierung zu wählen. Ich möchte nur noch darauf hinweisen, daß uns das Arbeitsministerium in sonstigen Fällen auch die Stellungnahme derjenigen Stelle zugehen läßt, die angesprochen wurde. In diesem Falle — es handelte sich um die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung — hat es diese Stellungnahme bei der Beantwortung der Petition nicht beigefügt,
wahrscheinlich, um zu vermeiden, daß dieser Fall noch ungeheuerlicher erscheint.
Ich bitte also das Hohe Haus, wenn es heute den Bericht des Petitionsausschusses und die Anträge genehmigt, damit gleichzeitig zum Ausdruck zu bringen, auch wenn das in den Anträgen nicht wörtlich steht, daß sich ein solcher Fall nicht mehr wiederholen darf; sonst könnten die Bürger an der Rechtsstaatlichkeit unserer Bundesrepublik zweifeln.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Banse.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir einige wenige Bemerkungen zu zwei Problemkreisen, die sehr häufig Gegenstand von Beratungen des Petitionsausschusses sind. Frau Kollegin Albertz hat als Berichterstatterin bereits auf die oft tragischen Folgen bei Anträgen nach dem Bundesversorgungsgesetz hingewiesen, die häufig der Ablehnung verfallen mit der Begründung, daß das Leiden anlage- oder schicksalsbedingt sei. Fast in jeder Sitzung müssen sich die Mitglieder des Petitionsausschusses mit derartigen Eingaben beschäftigen, die auf mit solcher Begründung abgelehnte Rentenanträge Bezug nehmen. Sehr häufig macht sich bei allen Kolleginnen und Kollegen des Ausschusses ein Unvermögen breit, den ärztlichen Begründungen zu folgen, die oft menschliche Schicksale nach Aktenlage entscheiden, und zwar nach Akten, die häufig zehn Jahre alt oder älter sind.
Die ärztliche Abteilung beim Bundesarbeitsministerium hat zwar die Anhaltspunkte für die Gutachtertätigkeit auf insgesamt 182 Seiten säuberlich katalogisiert. Wir haben auch sehr häufig — und das sei hier dankbar anerkannt — sehr echte Bereitschaft bei den Herren der ärztlichen Abteilung des Arbeitsministeriums feststellen können, in den Fällen zu helfen, wo das Bundesversorgungsgesetz eine Handhabe dazu bot. Aber es sind allzuviel Fälle, in welchen die Ablehnung eines Rentenantrags mit der Begründung, das Leiden sei keine Folge des geleisteten Kriegsdienstes, sondern anlage- und schicksalsbedingt, für die Mitglieder des Ausschusses einfach nicht faßbar ist. Wir müssen
natürlich gestehen, daß wir als Laien diesen ärztlichen Urteilen nichts entgegenzusetzen haben als die Überzeugung, daß auch Mediziner Menschen und damit Irrtümern unterworfen sind. Weiterhin darf man doch wohl feststellen, daß ärztlich-wissenschaftliche Lehrmeinungen ebenfalls Änderungen unterworfen sind; denn in allen wissenschaftlichen Disziplinen kommt es ständig zu neuen Entwicklungen und Erkenntnissen.
Im Ausschuß wurde z. B. mehrmals ein Fall behandelt, in welchem einer Witwe eine Rente nach dem BVG versagt wurde, weil der Mann als Soldat Selbstmord verübte. Die Begründung in all solchen Fällen war, daß es sich wahrscheinlich um einen „Bilanzselbstmord" gehandelt habe. Nun, wer will nach oft unvollständigen Akten beurteilen können, ob ein nach Granatsplitterverletzung oberschenkelamputierter Soldat im Lazarett nicht im Affekt seinem Leben ein Ende bereitete, weil er sich in seinen Lebenserwartungen betrogen sah? Ein solcher Fall hat den Ausschuß beschäftigt.
Die Meinung der Mitglieder aller Fraktionen im Ausschuß war bisher, daß allzuoft von der Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, die Rentenanträge abzulehnen, weil das Leiden anlage- oder schicksalsbedingt sei. Diesem oft fiskalischen Denken kann in den Fällen einfach nicht beigetreten werden, wo die auslösende Ursache der Kriegsdienst mit seinen erschwerenden Lebensumständen war. Frau Kollegin Albertz hat solche Fälle bereits angeführt. Wenn die darin vorgetragene medizinische Auffassung richtig ist, dann muß man doch die Feststellung treffen, daß der Staat eine Unterlassungssünde beging; denn meiner Auffassung nach hätte der Staat dann die Pflicht, Untersuchungen bei allen zum Wehrdienst einzuziehenden Menschen sehr gründlich vorzunehmen und zu prüfen, ob der Mann Anlagen mitbringt, deren Wirkungen durch den Wehrdienst zur Auslösung gebracht werden können.
Solange das nicht der Fall ist, muß der Staat, der die Dienste des einzelnen in Anspruch nimmt, kraft Gesetzes auch für die daraus entstehenden Folgen aufkommen. Der Staat hat dann das Risiko zu tragen und seine Versorgungspflicht zu erfüllen, wenn bestimmte Menschen mit derartigen, in ihnen ruhenden Anlagen einer bestimmten außergewöhnlichen Situation, die mit Wehrdienst immer verbunden sein kann, nicht gewachsen sind. Es wäre, solange der jetzige Zustand beibehalten wird, wirklich ratsam, die in § 1 des Bundesversorgungsgesetzes gegebenen Möglichkeiten recht weitherzig auszulegen, auch in den Fällen, in denen die ärztliche Gutachtertätigkeit herangezogen werden muß.
Ich darf mir noch kurz erlauben, die Aufmerksamkeit des Hauses auf eine auf die Dauer untragbare Härte des § 1286 der Reichsversicherungsordnung zu lenken, die in vielen Fällen ebenfalls der Anlaß zu Petitionen ist. Das Versicherungsgesetz für Angestellte in der Fassung vom Jahre 1912 sah in § 32 folgende Regelung vor:
Die Hinterbliebenenrenten beginnen unbeschadet des § 23 mit dem Todestage des Ernährers.
Der angezogene § 23 hatte folgenden Wortlaut:
Länger als auf 1 Jahr rückwärts, vom Eingang des Antrags an gerechnet, werden Ruhegeld und Rente nicht gezahlt.
Der § 1286 der Reichsversicherungsordnung sieht demgegenüber vor, daß die Rente mit dem Ablauf des Kalendermonats beginnt, in dem ihre Voraussetzungen erfüllt sind; wird sie jedoch nach dem Ende des folgenden Kalendermonats beantragt, so beginnt sie erst mit dem Ablauf des Antragsmonats.
Ich darf dazu folgenden konkreten Fall anführen, der in seiner Grundtendenz für sehr, sehr viele derartige Fälle spricht. Eine 74jährige sehr gebrechliche Witwe eines Invalidenrentners hatte nach dem Tode des Mannes, mit dem sie über 50 Jahre durch Heirat in einer engen Lebensgemeinschaft verbunden war, versäumt, sofort nach dem Tode ihres Ehemannes den Antrag auf Hinterbliebenenrente zu stellen. Erst nach dem Ablauf von vier Monaten wurde sie auf ihre Frage, wo denn nun ihr Geld bliebe, von dritter Seite darauf aufmerksam gemacht, daß sie einen Antrag auf Witwenrente aus der Invalidenversicherung zu stellen habe.
Der Standpunkt der zuständigen Landesversicherungsanstalt, die sich weigert, der alten Frau die Rente für die vier Monate zu zahlen, die zwischen dem Tode und der Antragstellung liegen, ist rechtlich absolut einwandfrei. Ich wage aber zu bezweifeln, ob dieser Standpunkt es auch moralisch und ob er es politisch ist, insbesondere wenn man bedenkt, daß das alte Angestelltengesetz von 1912 hier viel klüger und viel menschlicher gefaßt war. Es ist doch verständlich, daß eine alte Frau, die nach jahrzehntelanger Ehegemeinschaft ihren Mann verliert, zunächst einmal völlig hilflos wird und in ihrer seelischen Not an alles andere zuerst denkt als an versorgungs- und versicherungsrechtliche Erfordernisse.
Durch die starre Auslegung des Gesetzes werden diejenigen, die beim Todesfall des Ernährers seelisch zusammenbrechen, am härtesten betroffen. Es ist nicht jedermanns Sache, sich bei einem Todesfall in der Familie nun sofort eiskalt um die geldlichen und die finanziellen Dinge zu kümmern. Gerade die Menschen, die der Hilfe am meisten bedürfen, weil sie noch Gefühl und Seele haben, werden hier nun einmal vom Gesetz am schwersten benachteiligt.
Witwen von Beamtenpensionären können in solche Kalamitäten nicht geraten, weil in solchen Fällen die Pflicht der Antragstellung entfällt.
Ich hoffe, daß spätestens bei der Sozialreform diese unsoziale Härte in der Reichsversicherungsordnung in Wegfall kommt, damit Petitionen, die aus solchem Anlaß an den Bundestag gelangen, der Vergangenheit angehören.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Strosche.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte der Frau Vorsitzenden des Petitionsausschusses herzlichen Dank dafür sagen, daß sie heute in ihrer Berichterstattung nochmals ein Problem erwähnt hat, das ich bereits anläßlich der letzten der üblichen mündlichen Berichterstattungen des Ausschusses für Petitionen am 1. Dezember 1955 hier betont und herausgestellt habe.
Ich möchte auch heute darauf hinweisen, daß wir sehr negative Auswirkungen unserer Staatsstruktur darin erblicken müssen, daß die Kontrollmöglichkeiten der Bundesministerien über Gesetze, deren Durchführung den Ländern überantwortet ist, zumindest unterschiedlich gehandhabt werden. Das heißt, daß die Einwirkungsmöglichkeiten unseres Ausschusses bei seinem Bestreben, petitionierenden Bundesbürgern wirksam zu helfen, gerade durch diesen „Sand im Getriebe" sehr stark behindert, ja lahmgelegt werden. Das heißt: einzelne Länder und in ihnen wieder einzelne Länderminister legen ihre Auskunftspflicht oder, sagen wir besser, ihre mithelfenden Auskunftsaufgaben verschieden eng bzw. verschieden weit aus, was — das müssen Sie zugeben — ein kaum erträglicher Zustand ist und weitgehend auch nach außen hin sehr ungünstig wirken muß, ganz abgesehen davon, daß, wie gesagt, die Arbeit des Petitionsausschusses dadurch stark gehemmt werden kann.
Einzelne Bundesministerien und Bundesorgane vermögen diese „Grundgesetzhürden", so möchte ich sie nennen, sehr geschickt und sehr erfolgreich zu überwinden z. B. das Bundesarbeitsministerium, das Bundesfinanzministerium und auch das Bundesausgleichsamt. Manche aber schaffen es kaum oder gar nicht; und dazu gehörte bis in die jüngste Vergangenheit hinein das Bundesvertriebenenministerium. Der Ausschuß hat immer wieder feststellen müssen, daß seitens dieses Ministeriums lapidare Aufführungen gesetzlicher Bestimmungen und Verordnungen, also der einzelnen Paragraphen, dargeboten wurden, daß aber eine in den Einzelfall eindringende, also individuelle Überprüfung sehr selten, ja gar nicht gegeben wurde. Man ist also bei der Erarbeitung der Stellungnahme nicht in den Fall eingestiegen, wie es andere Ministerien machen, die bis zur untersten Dienststelle, wenn ich so sagen darf, den Fall eben klarzulegen vermochten.
Ich habe anläßlich der großen Debatte über den Stand der Eingliederung von Flüchtlingen, Vertriebenen, Evakuierten und Heimkehrern in der 129. Sitzung dieses Hohen Hauses am 10. Februar dieses Jahres diese Tatsachen — Erfahrungstatsachen aus der Arbeit im Petitionsausschuß — noch verstärkt hervorgehoben und festgestellt, daß Vertreter des Ministeriums im Ausschuß darlegten, noch gar nicht recht gewußt zu haben, daß der Ausschuß diese Art von Stellungnahmen, will sagen: das Einsteigen in den einzelnen Fall, das Durchleuchten und Durchforschen des einzelnen Falles, fordere. Ich habe in der 129. Sitzung weiter zum Ausdruck gebracht, daß einzelnen Herren des Bundesvertriebenenministeriums offensichtlich der in den Ausschuß- und Plenarsitzungsprotokollen niedergelegte Wunsch des Ausschusses nach einer solchen Art von Stellungnahmen unbekannt geblieben sei.
Sie werden fragen: Wozu das heute, wozu bei dieser Gelegenheit?
Ich darf Ihnen verraten, daß ich durch einen Brief des Herrn Bundesvertriebenenministers Dr. Oberländer, den er am 20. Februar an mich richtete, veranlaßt bin, diese Ausführungen in noch konkreterer Form zu machen. Ich habe im übrigen dem Herrn Bundesminister brieflich geantwortet, daß mir für eine Beantwortung solcher Fragen einzig
und allein dasjenige Forum das richtige zu sein I scheint, in dem die Ausführungen seinerzeit gemacht wurden: das ist der Bundestag, das Plenum, und zwar anläßlich des Berichtes des Petitionsausschusses. Ich darf daher hier darauf antworten, daß die Stellungnahme der Vertreter des Ministeriums hinsichtlich ihrer Unkenntnis und Unwissenheit über die Art ihrer Stellungnahmen im Kurzprotokoll der 101. Sitzung des Petitionsausschusses vom 8. Februar 1956 Seite 5 und folgende nachzulesen ist und daß die Unkenntnis über Meinungen und Äußerungen im Ausschuß und im Plenum durch ein Zwiegespräch, durch Zwischenrufe — die allerdings nicht im Protokoll niedergelegt sind, — evident ist, für die alle damals anwesenden Mitglieder des Ausschusses gleichfalls Zeugenschaft ablegen könnten.
Ich habe damit die erbetene Aufklärung gegeben, die vom Herrn Bundesvertriebenenminister gewünscht wurde, und zwar in dem einzig und allein zuständigen Kreis. Im übrigen darf ich, um einen versöhnlichen Schluß zu machen, sagen: unsere Einwände haben Früchte getragen. Die Stellungnahmen, die wir jetzt erhalten, sehen anders aus als vor einem viertel oder halben Jahr; sie sind besser und praktikabler geworden. Wir hoffen, daß die von uns geförderte Selbsterkenntnis ein erster Schritt zur Besserung ist und daß nun auch die Protokolle des Hohen Hauses und der Ausschüsse in diesem Ministerium gelesen und ausgewertet werden. Wir hoffen, daß dieser Schritt zur Besserung ein konstanter bleibt und sagen „Glück auf!" dazu.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Stammberger.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Arbeit im Petitions-. ausschuß gibt sehr interessante Aufschlüsse über das, woran es in der Gesetzgebung und in der Verwaltung noch fehlt. Mit letzterem haben wir uns ja heute sehr ausführlich befaßt. Herr Kollege Seuffert hat bereits sehr treffend gesagt, was wir einheitlich im gesamten Ausschuß ohne Rücksicht darauf, aus welcher Partei wir kommen, im Falle der Frau Aichinger, München, zu sagen hatten. Ich muß Sie, Herr Kollege, allerdings in einem berichtigen. Meiner Erinnerung nach ist wohl von der Referentin des Bundesfinanzministeriums gesagt worden, daß man sich mehrfach bemüht hat, mit Bayern übereinzukommen. Aber darauf kommt es ja gar nicht an; denn es ist sehr typisch, daß man versucht hat, sich mit Bayern zu vergleichen, und, weil man das mit Bayern nicht kann, was mit diesem Prozeß doch an und für sich gar nichts zu tun hat, nun diesen Konflikt zwischen Blind und Land auf dem Rücken des Staatsbürgers ausgleicht.
Was den Konflikt zwischen Bund und Land betrifft, so möchte ich noch sagen, Herr Staatssekretär, daß durch das Vorschaltgesetz das ehemalige Reichseigentum ex tunt auf den Bund übergegangen ist und daß er damit selbstverständlich auch die Verpflichtungen aus Geschäftsführung ohne Auftrag, und wie man das sonst rechtlich begründen kann, übernommen hat; man kann es aus vielen Gründen durchaus rechtfertigen. Damit ist der Bund selbstverständlich auch verpflichtet, die darauf liegenden Lasten zu übernehmen, wenn das Land Bayern aus durchaus berechtigten — sowohl aus rechtlichen wie auch sozialen — Gründen einen zu rechtfertigenden Vergleich geschlossen hat.
Ich möchte aber noch ganz kurz auf eine Sache eingehen, die Herr Kollege Matzner bereits erwähnt hat, wobei er den wesentlichen Punkt meines Erachtens nicht klar genug herausgestellt hat; das ist der Fall Kannen in Köln. Dieser Fall ist so ungeheuerlich, daß man sich eigentlich fragt, warum so etwas möglich ist, ohne daß seitens der Bundesregierung gegenüber den betreffenden Beamten sofort die Konsequenzen gezogen werden. Dieser Herr Kannen hat ein rechtskräftiges Urteil eines Oberverwaltungsgerichts gegen eine oberste Bundesbehörde, und als er die Vollstreckung aus diesem Urteil verlangt bzw. als er die Rechte aus diesem Urteil herleiten will, bekommt er einen Entscheid zugestellt, in dem es sinngemäß heißt, daß man dieses Urteil nicht anerkennen könne, da die Gründe nicht geeignet seien, die bisherige Rechtsauffassung der Behörde zu entkräften.
Es ist eine alte Tatsache, daß der im Prozeß Unterlegene das Urteil nicht anerkennt, aus welchen Gründen auch immer. Das weiß ich als Anwalt sehr genau. Man ist immer enttäuscht, wenn man einen Prozeß verloren hat. Aber daher entscheiden ja die unabhängigen Gerichte darüber, was nach Ansicht des Gerichts Rechtens ist, und das hat man anzuerkennen, ob das der kleine Mann auf der Straße ist oder eine oberste Bundesbehörde.
Als dieser Mann sich nun an den Petitionsausschuß wandte, wir die Petition weiterleiteten und die Bundesregierung zur Stellungnahme aufforderten — und ich muß auch hier sagen: im Gegensatz zum Finanzministerium hat sich das Arbeitsministerium nicht hinter die Haltung der Bundesanstalt gestellt, sondern hat sie bei der mündlichen Berichterstattung im Ausschuß verurteilt —, erklärte die Bundesanstalt mit einer großzügigen Geste — Herr Kollege Matzner sagte es bereits —: Wir haben die Angelegenheit noch einmal überprüft und wir sind nun bereit, dem Antrag stattzugeben. Meine Damen und Herren, die Überprüfung der Bundesanstalt in allen Ehren, aber die Meinung der Bundesanstalt, die sie unter dem Druck der Verhältnisse nun plötzlich gezwungenermaßen geändert hat, ist höchst gleichgültig. Hier ging es lediglich noch um eins: um die Anerkennung und die Ausführung eines vor einem unabhängigen Gericht erstrittenen Urteils. Daß das auch die Verwaltung tut, ist der Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit, den wir Gott sei Dank in der Bundesverfassung niedergelegt haben. Der Nationalsozialismus hat als eine seiner ersten Heldentaten die Vollstreckungsmöglichkeit gegenüber den Behörden abgeschafft, zum mindesten durchlöchert. Wir sollten nicht gezwungen sein, aus der gegenteiligen Tendenz heraus nunmehr wegen der Hybris einiger Verwaltungsstellen — man darf das natürlich nicht generalisieren — die Vollstreckungsmöglichkeiten so zu verschärfen, damit ein jeder Staatsbürger selbst dann zu seinem Recht kommt und selbst dann die Möglichkeit hat, sein Recht durchzusetzen, wenn ihm von einem unabhängigen Gericht gegenüber einer Behörde Recht gegeben worden ist.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung zu Punkt 2 der heutigen Tagesordnung.
Ich komme zur Abstimmung. Wer dem Ausschußbericht auf Drucksache 2108 zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Punkt 3 ist bereits erledigt. Ich rufe auf Punkt 4: Beratung des Antrags der Fraktion der DP betreffend Entgiftung und Verkleinerung des Manövergeländes für die Panzerfahrübungen in der Lüneburger Heide .
Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Matthes.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist nicht das erste Mal, daß wir uns mit dem leidigen Kapitel der Panzerfahrübungen in der Lüneburger Heide beschäftigen müssen. Schon der 1. Deutsche Bundestag und auch der 2. Deutsche Bundestag haben wiederholt Veranlassung genommen, sich diesem Problem zuzuwenden. Nicht allein wir in unserem Hohen Hause haben uns mit dieser Frage befaßt, nein, auch der niedersächsische Landtag und selbst die Hamburger Bürgerschaft, wo die sozialdemokratische Fraktion dieses Thema hat aufgreifen müssen.
Wir bedauern es sehr, daß wir erneut gezwungen sind, dieses Problem im Hohen Hause anzuschneiden, weil jetzt doch nach Beginn des Frühjahrs in dem bereits zerfurchten Gelände, und zwar auf dem Privatgelände der Bauern und Pächter, in den Kreisen des Lüneburger Landes die Fahrübungen beginnen sollen. Wir hören, daß nunmehr, nachdem wir sechs Jahre bemüht sind, diesen Dingen zu Leibe zu gehen, im wechselnden Turnus viermal hundert schwerste Panzer durch die Privatkulturen und durch die einstmals wunderbare Anlage des Naturschutzparkes in Wilsede ihre gewaltigen Furchen ziehen. Als der Haushaltsausschuß im März vergangenen Jahres eine Sonderkommission einsetzte, die sich an Ort und Stelle begab, um dort mit den Beteiligten und den Dienststellen des Landes und des Bundes die Angelegenheit ortsnahe zu untersuchen, hatten wir geglaubt, daß nach dieser Besichtigung und der Behandlung der Frage im Haushaltsausschuß die Panzer ihre Fahrübungen nun endlich auf den vorhandenen Übungsplätzen, vor allen Dingen auf dem Übungsplatz Munster-Nord, vornehmen würden. Unsere Hoffnung hat getrogen. Deswegen müssen wir uns erneut dieser Frage zuwenden. Wir haben vorgestern in der Fragestunde vom Herrn Verteidigungsminister in dieser Hinsicht eine Antwort erhalten, die uns, soweit wir über die Dinge unterrichtet sind, insofern erschüttert hat, als in der Behandlung des Problems hier ein Kern der Unwahrheit liegt. Wir dachten 1950/51 daran — ich persönlich habe diese Vorschläge den deutschen Stellen mit der Bitte um Weitergabe an die englischen Dienststellen unterbreitet —, die Schießübungen von Munster-Nord und -Süd auf die Truppenübungsplätze Bergen-Belsen und Fallingbostel zu verlagern und dafür die Panzerfahrübungen aus den Privatkulturen in dieses Gebiet der Raubkammer Munster-Nord und -Süd zu verlegen. Von der betreffenden deutschen Dienststelle wurde mir die Antwort zuteil, der Vorschlag, das Artillerieschießen auf dem Platz Bergen statt wie bisher auf dem Platz Munster-Nord und -Süd stattfinden zu lassen, werde von der Armee geprüft. Falls der Vorschlag durchführbar sei, hoffe
man, in den kommenden Jahren den Einsatz der
Panzer auf landwirtschaftlich wertvollem Gelände
— das gibt man also selbst zu — vermeiden zu können, und würde es begrüßen, wenn deutsche Behörden das Fällen der Bäume vornähmen, das im Munster-Übungsplatzgebiet erforderlich ist, um für die Übungen den nötigen Platz zu schaffen.
Vor kaum Jahresfrist teilte der Herr Bundesverteidigungsminister dem zuständigen Bundestagsabgeordneten des besonders schwer heimgesuchten Gebiets im Hinblick auf diese Vorschläge
— das war vier Jahre später — mit:
General Ramson zeigte sich auch dem Wunsch, den Truppenübungsplatz Munster-Nord für Fahrübungen heranzuziehen, durchaus aufgeschlossen, wies aber darauf hin, daß das Gelände, abgesehen von den bestehenden Gefahren durch vergrabene Gaskörper, auch durch seine Bewaldung zur Zeit für Panzerfahrübungen ungeeignet sei, da mit den vorgesehenen Abholzungen nicht begonnen wäre.
Wir haben diese Frage im Haushaltsausschuß nicht bis zu Ende bringen können, vor allem haben wir nicht klären können, wo hier die schuldigen deutschen Stellen zu suchen sind, die nicht dafür Sorge getragen haben, diese Waldungen abzuholzen. Inzwischen haben wir uns aber erlauben dürfen, für die Panzerschäden auf den privaten Gebieten rund 20 Millionen DM Entschädigungen zu zahlen.
Es steht doch wohl fest, daß es den Betroffenen nicht um das Geld zu tun ist, keineswegs, sondern daß die Früchte ihrer Arbeit zerwalzt und vernichtet werden. Wir haben uns hier sehr eingehend mit diesen Dingen befaßt. Bei der Größe dieses Gebiets von Munster-Nord, das ungefähr 100 qkm umfaßt, während die verseuchten Stellen, wie uns an Hand der Karte klargemacht worden ist, ganze 3 qkm groß sind, verstehe ich nicht, warum nicht die übrigen 97 qkm des Truppenübungsplatzes für die Panzerfahrübungen benutzt werden. Das ist für uns unverständlich.
Ich muß es mir wegen der Kürze der Zeit und der noch vor uns liegenden umfangreichen Tagesordnung versagen, im einzelnen auf die Dinge einzugehen. Ich bitte darum, daß der Antrag Drucksache 2209 dem Ausschuß für Besatzungsfolgen überwiesen wird. Ich bin überzeugt, daß er sich mit diesen Dingen in aller Gründlichkeit befassen wird. Wir bitten schon heute, daß die Kollegen und vor allen Dingen auch die Kolleginnen, die dabei gewesen sind, als wir dieses Gebiet bereisten, und sich seit Jahren um die Änderung der Dinge bemühen, mit herangezogen werden. Die Bevölkerung draußen wartet nun seit sechs Jahren auf den Erfolg der Tätigkeit ihrer dort gewählten Abgeordneten, und immer wieder — ich wiederhole es — ist in diesem Hause darüber sehr ausführlich gesprochen und auch in den Ausschüssen beraten worden. Ich nehme an, daß — abgesehen von der Arbeit des Ausschusses — der Herr Bundesverteidigungsminister bereit sein wird, über das Ergebnis seiner Bemühungen, die er dem Herrn Kollegen Schmidt von der SPD in der Fragestunde im Juli 1955 in bezug auf Art. 19 des Truppenvertrags — darauf fußen wir — zusagte, zu berichten. Herr Minister, Sie hatten damals die Freundlichkeit, zu erklären:
Nach deutscher Auffassung sind die britischen
Truppen nicht berechtigt, auf Grund des
Art. 19 des Truppenvertrags das Gebiet in der 1 bisherigen Weise für fortlaufende Übungen ständig zu benutzen. Hierüber wird mit der britischen Seite zur Zeit verhandelt. Eine Verbesserung meiner Position erblicke ich dabei darin, daß diese Verhandlungen auf Grund der abgeschlossenen Verträge nunmehr zwischen gleichberechtigten Partnern geführt werden.
Wir wären Ihnen sehr dankbar, Herr Minister, schon im Hinblick auf die betroffene Bevölkerung, wenn Sie uns heute sagen könnten, was nun im Laufe dieses Jahres im Hinblick auf Ihre Ausführungen an Erfolg auf diesem Gebiet zu erwarten ist.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren, Sie haben die Begründung gehört. Ich eröffne die Aussprache.
Ich erteile das Wort dem Herrn Bundesverteidigungsminister.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich würde es begrüßen, wenn Sie den Beschluß faßten, diesen Antrag dem Ausschuß zu überweisen. Wir würden damit Gelegenheit haben, das ganze Problem gründlich zu erörtern, was sicherlich hier in diesem Augenblick nicht möglich ist. Denn es ist nicht nur die Bundesregierung, sondern auch die Landesregierungen sind an diesen Verhandlungen beteiligt.
Ich will auch die von Ihnen, Herr Kollege Matthes, soeben genannten Zahlen bezüglich des Geländes, bei dem der Verdacht besteht, daß es noch Giftgase aus dem letzten Kriege enthält, im Augenblick nicht näher behandeln und Ihnen nur soviel sagen, daß es sich nach meinen Unterlagen um wesentlich größere Flächen handelt als die von Ihnen angegebenen.
— Ich bin ja der Meinung, Herr Kollege, daß wir darüber reden sollten.
Ich habe vorgestern in der Fragestunde erklärt, daß ich bezüglich dieses Gebiets nicht auf die Engländer drücken kann, sondern daß es eine rein deutsche Angelegenheit ist, die Entgiftung vorzunehmen, daß wir sie im Augenblick beginnen, nachdem der Boden frostfrei geworden ist, daß ich annehme, diese Arbeit ist in wenigen Wochen durchzuführen, es sei denn, es zeigt sich bei der Untersuchung, daß man auf wesentlich größere Giftmengen stößt, als man annehmen durfte; denn genaue Unterlagen darüber gibt es nicht. Bei der Gefährlichkeit, die mit diesen Dingen verbunden ist, müssen wir diese Arbeit sehr genau machen.
Ich würde, wenn Sie damit einverstanden sind, es sehr gerne sehen, wenn wir diese ganze Problematik mit ihrer Vorgeschichte und in ihrem gegenwärtigen Stand unter Beteiligung nicht nur der Bundesregierung, sondern auch der Landesregierung Niedersachsen in der Ausschußberatung gründlich behandeln dürften. Ich glaube, Herr Kollege Matthes, wir würden dann wahrscheinlich eher und schneller zu dem Ziel kommen, das Sie anstreben, nämlich der dort betroffenen Bevölkerung zu helfen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Dias Wort hat die Frau Abgeordnete Korspeter.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Im Auftrage meiner Fraktion möchte ich sagen, daß wir voll und ganz hinter dem Antrag der DP stehen und ihn unterstützen. Ich glaube auch, daß es unter denjenigen im Hause, die über die Situation in der Lüneburger Heide unterrichtet sind, niemanden gibt, der etwa in der Sache gegen diesen Antrag sprechen wird. Im Gegenteil, wir alle wünschen dringend, daß die Bundesregierung mit ihren Maßnahmen und ihren Verhandlungen mit den britischen Streitkräften bereits so weit gekommen wäre, daß diese die ganze Bevölkerung in der Lüneburger Heide beunruhigenden Zerstörungen und Verwüstungen durch britische Panzer aufgehört hätten. Das ist nicht nur eine wirtschaftliche Frage, das ist auch nicht nur eine Frage der Aufbringung der Mittel für die Beseitigung der durch die Panzer entstandenen Verwüstungen, sondern das ist vor allen Dingen auch eine Frage des Verhältnisses zwischen uns .und den Streitkräften der anderen Länder, für die wir nach den Worten des Herrn Bundesverteidigungsministers Blank seit dem Abschluß des Truppenvertrages gleichberechtigte Partner sein sollen. Es muß beachtet werden, daß die oft mutwilligen und rücksichtslosen Zerstörungen durch die britischen Panzer von der dort wohnenden Bevölkerung bestimmt als eine böse Herausforderung angesehen werden.
Der Herr Kollege Matthes hat bereits darauf hingewiesen, daß diese Frage uns schon mehrfach beschäftigt hat. Mein Kollege Schmidt aus Hamburg hat viermal in der Fragestunde diesbezügliche Fragen gestellt, und Herr Verteidigungsminister Blank hat bei der letzten Frage — es war im Juli 1955 — eine optimistische Antwort gegeben, die zu den besten Hoffnungen berechtigte. Darüber hinaus lag dem Hause ein interfraktioneller Antrag vom 18. März 1955 vor. Er war dem Hause nach einer gemeinsamen Besichtigung an Ort und Stelle von Vertretern aller Fraktionen vorgelegt worden. Er unterscheidet sich sachlich in nichts von dem Antrag, den die DP heute eingebracht hat. Er unterscheidet sich von ihm lediglich dadurch, daß er nicht wieder als interfraktioneller Antrag eingebracht, sondern dem Hause heute von einem Abgeordneten vorgelegt wurde, der gleichzeitig Mitglied des Kabinetts ist.
Wenn uns auch bekannt ist, daß der Wahlkreis des Herrn Abgeordneten Seebohm den Fahrübungen der britischen Panzer mehr als andere ausgesetzt ist, so stellt sich doch für uns die Frage, ob Herr Minister Seebohm nicht im Kabinett die beste Gelegenheit gehabt hätte, bei seinem Ministerkollegen von der Verteidigung auf eine schnelle, tatkräftige und erfolgreiche Erledigung der bestehenden Mißstände zu dringen.
um so mehr, als er auf einen einstimmigen Beschluß des Hauses hinweisen konnte.
Es erscheint uns zumindest recht eigenartig, daß nunmehr der Herr Abgeordnete Seebohm über sein Abgeordnetenmandat zu erreichen versucht, was dem Herrn Minister Seebohm im Kabinett anscheinend nicht gelungen ist, nämlich die Bundesregierung zu einer tatkräftigen Erledigung dieser Frage zu bringen.
Aber damit mag sich das Kabinett beschäftigen.
Wir hatten im vergangenen Jahr bei der Stellung des interfraktionellen Antrags aus einer Reihe von Gründen auf eine Debatte verzichtet. Wir hatten allerdings die Bundesregierung gebeten und ihr den Auftrag gegeben, uns bis zum 1. Mai 1955 einen Schriftlichen Bericht über das Ergebnis ihrer Maßnahmen und Verhandlungen zu geben. Das ist geschehen. Der Bericht brachte allerdings nichts Neues bis auf die Mitteilung, daß deutsch-britische Kommissionen gebildet seien, die sich nun mit den Entgiftungsmaßnahmen auf dem Truppenübungsplatz Munster-Nord und mit anderen Spezialfragen befassen sollten. Wörtlich heißt es dann am Schluß des Berichtes:
Über die von den Kommissionen getroffenen Feststellungen und das Ergebnis meiner weiteren Verhandlungen werde ich zu gegebener Zeit berichten.
Herr Minister Blank, wir wurden nicht unterrichtet. Wir haben nichts wieder gehört. Wir können leider nur feststellen, daß die Mißstände nicht beseitigt wurden und die Unruhe in der Bevölkerung nicht im Abnehmen, sondern im Steigen begriffen ist.
Wir haben vorgestern, Herr Minister Blank, in der Fragestunde von Ihnen auf eine Frage des Herrn Kollegen Matthes gehört, daß man mit den Entgiftungsmaßnahmen auf dem Truppenübungsplatz am 1. April dieses Jahres beginnen will, genau ein Jahr, nachdem durch unseren einstimmig angenommenen Antrag des vergangenen Jahres der Auftrag an die Bundesregierung gegeben worden ist! Da muß man sich selbstverständlich fragen: weshalb eine solche Verzögerung? Woran hat das denn gelegen? Hat die Bundesregierung die Verhandlungen und Maßnahmen nicht mit dem notwendigen Nachdruck durchgeführt, oder sind die Mitglieder der Streitkräfte nicht bereit, das deutsche Recht zu beachten, das uns nach dem Truppenvertrag zusteht?
Wir bitten deshalb, daß dieser Antrag dem Ausschuß zugeleitet wird — wir treffen uns da mit den Antragstellern —, damit diese Frage gründlich beraten und restlos geklärt wird. Wir bitten allerdings, diesen Antrag außer an den Ausschuß für Besatzungsfolgen auch an den Ausschuß für Verteidigung zu überweisen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter Buchka!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Begehren des vorliegenden Antrages ist voll begründet. Auch meine Fraktion hat sich seit jeher in entsprechendem Sinne eingesetzt. Ich selbst kenne auf Grund mehrfacher Bereisungen die Örtlichkeit sehr genau. Wir haben die Schäden, die dort angerichtet sind, zum großen Teil im Bilde festhalten können und haben der Bundesregierung die Aufnahmen übermittelt.
Was sind das nun für Schäden? Das sind nicht etwa Manöverschäden, wie wir sie vor 50 Jahren kannten oder noch früher, wo die Manöver im Herbst, wenn die Felder abgeerntet waren, stattfanden. Wenn dann mal eine Kavalleriepatrouille auf ungeeignetem Gelände trabte, gab es auch Schäden, und die Bauern waren auch damals mit Recht böse. Aber wie verhalten sich dazu die jetzt angerichteten Schäden bei den Panzerübungen? Die Schäden von damals sind minimal gemessen an dem, was jetzt durch die Panzerübungen an Schäden angerichtet ist und wird.
Das Schlimme ist dabei weiter, daß es sich nicht etwa nur um Panzermanöver handelt, sondern um laufende Übungen von ständig wechselnden Panzerverbänden. Gewiß, auch bei normalen Herbstmanövern mit einheitlicher Leitung sind Schäden nicht immer zu vermeiden. Aber die Folgen dieser laufenden Übungen — ich wiederhole: mit immer wechselnden Panzerverbänden — sind wesentlich gefährlicher. Nach dem, was ich an Ort und Stelle gesehen habe, kann auch ich nicht verhehlen: viel Rücksicht wird bei diesen Panzerübungen wahrhaftig nicht genommen. Es ist ein trostloses Bild, das man sieht, wenn man sich durch dieses panzerzerwühlte Gelände begeben muß. Auch unlängst wieder sind nach den letzten Nachrichten, die ich bekommen habe, im Raum von Timmerloh sehr beträchtliche Schäden angerichtet worden. Felder und Schonungen sind dabei in Mitleidenschaft gezogen worden, selbst eingezäunte Schonungen.
Ich darf weiter darauf hinweisen, daß es neben dem Kulturgebiet auch die Gebiete sind, die unter Naturschutz stehen. Es ist sehr bedauerlich, daß eines der wenigen Naturschutzgebiete, das noch leidlich erhalten war, auf diese Weise mehr und mehr zerstört wird. Die Bevölkerung der Lüneburger Heide fragt mit Recht: Warum werden diese Panzerübungen nicht auf den Truppenübungsplätzen vorgenommen? Man spricht da schon davon, daß die Truppenübungsplätze ruhige Oasen seien. Das ist unverständlich für die Bevölkerung, selbst wenn man zugibt, daß noch Giftgasgefahr gegeben ist. Ich bin der letzte, der etwa abstreiten will, daß da erst einmal eine Entgiftung vorgenommen werden muß. Ich kann Ihnen jedoch sagen, ich bin selbst in diesem Giftgasgebiet gewesen und mir ist nichts passiert. Selbstverständlich, wiederhole ich, muß man die Entgiftung sorgsam vornehmen. Aber ich meine auch, man sollte die ganze Geschichte nicht übermäßig dramatisieren. Deshalb müßte es meines Erachtens in aller Kürze möglich sein, daß diese Panzerübungen vorzugsweise auf dem Truppenübungsplatz Munster-Nord abgehalten werden und daß das Bauernland endlich davon verschont bleibt.
Ich begrüße es, daß auch der Herr Bundesminister für Verteidigung vollinhaltlich den in dem Antrag vertretenen Standpunkt teilt, und halte es auch meinerseits für richtig, daß nun eine eingehende Ausschußberatung stattfindet. Meine Fraktion ist damit einverstanden, daß federführend der Ausschuß für Besatzungsfolgen wird. Sie schlägt außerdem vor, als mitberatenden Ausschuß auch den Haushaltsausschuß zu beteiligen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Lockmann.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Dieser Antrag gibt Gelegenheit, auf die jüngsten Ereignisse in der Lüneburger Heide hinzuweisen. Ich möchte den Herrn Verteidigungsminister bitten, den Wunsch, den ich jetzt vortrage, nicht im Zusammenhang mit der Beratung des Antrages an sich zu sehen. Es handelt sich darum, daß gerade jetzt im Monat März zehn britische Panzer in ein Gebiet ausgebrochen sind, in dem wieder neuer Anbau und neue Aufforstung erfolgt waren.
Im vorigen Jahr hat uns, die Abgeordneten aus dem norddeutschen Raum, der Naturschutzverein zu einer Besichtigungsfahrt durch das Panzerübungsgelände eingeladen. Alle Naturfreunde haben bei dem Anblick dieses Geländes ihr Herz in die Hand nehmen müssen. Man konnte sich kaum vorstellen, wie dieses Erholungsgebiet, das den Großstädten Hamburg, Hannover und Bremen als Wander- und Ausflugsgebiet dient, einer solchen Zerstörung anheimfallen konnte. Mit großer Freude und mit großem Stolz hat uns der Vorsitzende des Vereins Naturschutzpark, Herr Töpfer, seine Anbauflächen gezeigt. Er glaubte, daß der Schaden in etwa zehn Jahren wettgemacht sein könne. Ausgerechnet in diese Anbaugebiete fahren jetzt die Panzer.
Da muß ich doch fragen: was liegt hier vor?
Ist es Nachlässigkeit, ist es Fahrlässigkeit, oder aber, meine Damen und Herren, ist es etwa doch böser Wille?
Das zu untersuchen, möchte ich den Herrn Verteidigungsminister bitten; es geht nicht an, daß man, nachdem man uns in den Abmachungen mit uns als einem gleichberechtigten, souveränen Volk Gleichberechtigung zugesprochen hat, in entscheidenden Augenblicken nichts davon respektiert. Da sollten wir ein bißchen nachfassen.
Die Frage ist jetzt: Welche Absprachen sind überhaupt mit den Engländern in bezug auf die Abgrenzung des Gebietes getroffen worden? Eine weitere Frage: was will die Bundesregierung tun, um zu verhindern, daß sich das in der nächsten Woche wiederholt? Was will sie tun, damit kurzfristig auf die Dinge eingegangen wird?
Und die letzte Frage: Ist das überhaupt mit den Abmachungen vereinbar, die hier so oft und so laut angeführt wurden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat Herr Abgeordneter Könen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht die Absicht, über die dortigen Zustände noch etwas beizutragen. Ich möchte nur auf eins aufmerksam machen. Im Antrag der DP heißt es, daß die Bundesregierung ersucht wird, unverzüglich Verhandlungen aufzunehmen, damit bei den in diesem Frühjahr stattfindenden Fahrübungen Rücksicht genommen wird. Das Frühjahr hat kalendermäßig vorgestern begonnen.
Ich darf deshalb die Antragsteller bitten, damit einverstanden zu sein, daß der Punkt 1 nicht etwa einem Ausschuß überwiesen wird, damit er nicht erst für das nächste Frühjahr gilt. Dieser Wunsch an die Bundesregierung ist vielmehr unabhängig von der Ausschußarbeit als Sofortmaßnahme zu betrachten.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich erteile das Schlußwort dem Abgeordneten Matthes.
Verehrter Herr Kollege! Ich bin Ihnen sehr dankbar, daß Sie den Antrag gestellt haben; Sie haben es mir erfreulicherweise vorweggenommen.
Verehrte Frau Kollegin Korspeter! Ich bin sehr dankbar, daß wir durch die Jahre mit all den Kollegen, die besonders betroffen sind und denen das Problem tägliche Sorgen bereitet, Hand in Hand gehen in gemeinsamem, freudigem Verantwortungsgefühl. Aber ich bedaure sehr, daß Sie es sich nicht versagen konnten, dem Abgeordneten Seebohm eine kleine Pflaume vom Baum zu schütteln.
Frau Kollegin Korspeter, ich bedaure es sehr, daß mein Kollege Seebohm als Abgeordneter des Wahlkreises Soltau-Harburg sich in der Bundesregierung nicht durchsetzen konnte. Aber er befindet sich da — leider — in der sehr guten Gefolgschaft Ihres Freundes und früheren, bis vor einem Jahr dort tätig gewesenen Ministerpräsidenten Kopf, der doch auch gute Beziehungen zur Besatzungsmacht hatte. Beiden ist es nicht gelungen.
— Gott sei Dank war das Verhältnis so, daß Ministerpräsident Kopf für die Bevölkerung vieles abgebogen hat, das wollen wir mal wahrheitsgemäß feststellen. Darüber dürfen Sie sich doch nicht aufregen, verehrter Herr Kollege. Das steht ihm gut zu Buche.
— Nein, das soll keine Retourkutsche sein, sondern nur eine Feststellung.
Ich bitte das Hohe Haus, dem ersten Antrag zuzustimmen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren, damit schließe ich die Beratung zu Punkt 4. Ich hatte hier überhaupt ursprünglich stehen: Sofortige Beschlußfassung. Aber wenn der Antragsteller das selber nicht wünscht und wenn andere Anträge aus dem Hause kommen, kann ich ja so nicht verfahren. Wenn ich aber jetzt richtig verstanden habe, soll über die Ziffer 1 des Antrags Drucksache 2209 nicht erst noch einmal im Ausschuß beraten werden, sondern diese Ziffer 1 soll hier direkt durch Beschlußfassung erledigt, d. h. angenommen werden. Ich verfahre also so und lasse darüber abstimmen. Wer der Ziffer 1 des Antrags Drucksache 2209 zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Einstimmig angenommen.
Bezüglich der Ziffern 2 und 3 des Antrags Drucksache 2209 ist vorgeschlagen Überweisung an den Ausschuß für Besatzungsfolgen zur federführenden Behandlung und zur Mitberatung an den Verteidigungsausschuß und den Haushaltsausschuß. Ist das Haus damit einverstanden? — Ich höre keinen Widerspruch; dann ist so beschlossen.
Punkt 5 der heutigen Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Fraktion des GB/BHE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bodenbewertung und über Grundrentenabgabe .
Wer begründet? — Abgeordneter Dr. Gille. Ich darf aber bitten, wenn möglich, relativ kurz zu begründen und sich auf die Hauptprobleme zu beschränken, wie es auch der Geschäftsordnung entspricht.
Dr. Gille , Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde Sie
nicht enttäuschen und werde keine ausführliche Begründung unseres Gesetzentwurfs geben, der ein Problem betrifft, über das man wahrscheinlich, wie die Experten besser wissen als ich, stundenlang sprechen könnte. Was ich mir zur Aufgabe gesetzt habe, ist nur, einige einleitende Bemerkungen zu dieser Frage zu machen.
Wir haben auch nicht die Absicht, uns mit fremden Federn zu schmücken.
— Nein, Herr Kunze! Deswegen sage ich ganz offen: dieser Gesetzentwurf ist nicht auf unserem geistigen Boden gewachsen. Ich brauche den Sachkennern nicht zu sagen, aus welchen Kreisen er kommt. Was wir uns mit der Vorlage dieses Gesetzentwurfs allein zum Ziel gesetzt haben, ist, rechtzeitig — ich werde nachher begründen, weshalb wir glauben, daß es jetzt der richtige Zeitpunkt ist — diese politische Frage einmal in die zuständigen Ausschüsse zu bringen.
Es handelt sich um nichts anderes als um die Beantwortung einer politischen Frage, die seit etwa 50 Jahren im politischen Leben unseres Volkes eine Rolle spielt, und zwar eine Rolle mit durchaus unterschiedlicher Bedeutung. Ich darf vielleicht zusammenfassend sagen: es geht um die Frage, ob eine Möglichkeit besteht, durch gesetzgeberische Maßnahmen zu verhindern, daß mit dem Kostbarsten, was ein Volk zur Verfügung hat, mit dem Grund und Boden, Wucher getrieben wird, und durchzusetzen, daß dieser Grund und Boden nach Grundsätzen bewirtschaftet wird, die dem Wohle der Allgemeinheit dienen. Es sind Gedankengänge, die in der deutschen politischen Öffentlichkeit etwa auf die Bestrebungen Adolf Damaschkes zurückgehen. Wer die politische Geschichte der Weimarer Republik kennt, wird mir recht geben, wenn ich sage, daß die Geschichte dieses Problem eine Merkwürdigkeit ist. Es hat in der Weimarer Zeit sehr maßgebliche politische Persönlichkeiten aller Parteien gegeben, die sich zu diesem Gedanken bekannt haben. Aber sobald einmal der Versuch gemacht wurde, über das reine Bekenntnis hinaus zu praktischen Maßnahmen zu kommen — so hat sich das in den damaligen Zeiten meiner Betrachtung dargestellt —, sind immer so viele machtvolle Interessenkreise aufgetreten
— das möchten wir gerne abtasten —, die das zu verhindern gewußt haben. Ich glaube, die Situation wird heute kaum anders sein. Aber mir ist bekannt, daß in allen Fraktionen des Deutschen Bundestages Männer und Frauen sitzen, die der Meinung sind, daß in diesem Gedanken etwas sehr Gesundes und Richtiges steckt. Deswegen ist meine Fraktion der Auffassung, man sollte einmal prüfen, ob sich für das, was in der Weimarer Republik nicht gegangen ist, nach all dem Schicksal, das das deutsche Volk erfahren hat, vielleicht heute eine breitere Grundlage für gesetzgeberische Maßnahmen finden läßt.
Wir glauben, daß die Sache rechtzeitig und nicht zur Unzeit kommt. In zwei den Ausschüssen vorliegenden Entwürfen sind zumindest Teilgedanken dieses Problems enthalten. Wenn ich recht sehe, ist das einmal im Familienheimgesetz im Zusammenhang mit der Frage des Heimfallrechtes der Fall. Da klingt etwas von diesem Gedanken
an, daß man mit dem Grund und Boden keine Spekulationen treiben dürfe. Dann ist das sicherlich auch im Bundesbaugesetz bei dem Problemkreis der Fall, der sich mit dem Ausgleich der Planungslasten befaßt. Ich bitte besonders die Herren Experten, uns richtig zu verstehen. Wir wollen die Dinge nicht komplizieren und die mühevolle Arbeit, die bei diesen Gesetzen zum. Teil schon sehr weit vorgeschritten ist, nicht stören. Wir meinen — das allein ist der Sinn dieser Vorlage —, daß man im gegenwärtigen Augenblick, wo man an die Neuordnung unseres Bau- und Bodenrechts, an die Probleme der Schaffung von Familienheimstätten herangeht, einmal ganz ruhig und nüchtern die politischen Kräfte abtasten und abwägen sollte, um zu ermitteln, was von den Gedankengängen, für die sich deutsche Männer und Frauen seit einem halben Jahrhundert eingesetzt haben, in der gegenwärtigen Zeit endlich verwirklicht werden kann.
Ich bitte, diesen Gesetzentwurf meiner Fraktion dem Ausschuß für Bau- und Bodenrecht — ich glaube, das wird der zuständige Ausschuß sein — zu überweisen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Beratung in der ersten Lesung.
Sie haben den Antrag des Antragstellers gehört, den Gesetzentwurf Drucksache 2132 an den Ausschuß für Bau- und Bodenrecht zu überweisen. Ist das Haus damit einverstanden? — Das ist der Fall; die Überweisung ist beschlossen.
Wie ich eben höre, soll bei den folgenden Punkten weder begründet noch debattiert werden. Ist das Haus damit einverstanden? — Das ist der Fail.
Ich rufe Punkt 6 auf:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wirtschaftsstrafgesetzes 1954 .
Ich schlage dem Haus vor, den Gesetzentwurf zu überweisen an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik als federführenden Ausschuß, den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht und den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten als mitberatende Ausschüsse. Ist das Haus damit einverstanden? — Das ist der Fall; die Überweisung ist beschlossen.
Punkt 7:
Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit .
Ich schlage dem Hause Überweisung an den Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung — federführend — und an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht zur Mitberatung vor. — Ich höre keinen Widerspruch; dann ist so beschlossen.
Punkt 8:
Beratung des Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung und Immunität über die Wahlanfechtung des Malermeisters Hans Kirschner, München, gegen die Gültigkeit der Wahl zum 2. Deutschen Bundestag am 6. September 1953 (Drucksache 2195).
Der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Freiherr Riederer von Paar, verweist auf seinen Bericht in Drucksache 2195. Ich komme zur Abstimmung. Wer dieser Drucksache zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Punkt 9:
Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, DP betreffend Beteiligung der mittelständischen Wirtschaft an Verteidigungsaufträgen .
Ich schlage dem Hause Überweisung dieses Antrags an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik — federführend —, an den Ausschuß für Sonderfragen des Mittelstandes — mitberatend — vor. — Ich höre keinen Widerspruch; dann ist so beschlossen.
Punkt 10:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die sechste Änderung des Gaststättengesetzes .
Hier liegt eine Wortmeldung zur Ausschußüberweisung vor: Abgeordneter Unertl. Ich mache aber darauf aufmerksam: das ist eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung, äußerste Redezeit: fünf Minuten. Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Drucksache 2128 soll an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik — federführend — und an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht überwiesen werden. Ich beantrage, die Drucksache auch noch an den Ausschuß für Mittelstandsfragen zu überweisen. Hier handelt es sich um eine echte Mittelstandsangelegenheit, und das Hohe Haus betont ja bei jeder Gelegenheit, mittelstandsfreundlich zu sein. Ich bitte, diesem Antrag meiner Freunde zuzustimmen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren, Sie haben den Antrag gehört, also Überweisung der Drucksache 2128 an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik — federführend —, Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht und Ausschuß für Mittelstandspolitik mitberatend. Ist das Haus damit einverstanden? — Das ist der Fall; dann ist so beschlossen.
Punkt 11:
Erste Beratung des Entwurfs einer Ergänzung zum Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1955 für die Einzelpläne 30, 31 und 32 (Drucksache 2226).
Ich schlage dem Hause Überweisung an den Haushaltsausschuß vor. — Ich höre keinen Widerspruch; dann ist so beschlossen.
Punkt 12:
Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Vermögensteuergesetzes .
Auch hier soll nicht begründet werden. Ich schlage dem Hause Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen — federführend — und zur Mitberatung an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik und an den Ausschuß für Kommunalpolitik vor. — Ich höre keinen Widerspruch; dann ist so beschlossen.
Punkt 13:
Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes .
Ich schlage dem Hause Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 2069 an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen — federführend — und zur Mitberatung an den Ausschuß für Sonderfragen des Mittelstandes vor. Ist das Haus damit einverstanden? — Das ist der Fall; die Überweisung ist beschlossen.
Punkt 14:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Kroll, Dr. Leiske, Gedat und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes .
Die Antragsteller geben eine schriftliche Begründung zu Protokoll*). Ich schlage dem Hause Überweisung der Drucksache 2071 an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen — federführend — und an den Ausschuß für Kulturpolitik als mitberatenden Ausschuß vor. — Ich höre keinen Widerspruch; dann ist so beschlossen.
Punkt 15:
Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes .
Ich schlage dem Hause Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 2086 an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen als federführenden Ausschuß und an den Ausschuß für Kommunalpolitik zur Mitberatung vor. — Das Haus ist damit einverstanden.
— Der Antragsteller beantragt noch Überweisung an den Ausschuß für Sonderfragen des Mittelstandes. — Ich höre keinen Widerspruch; dann wird so verfahren.
Punkt 16 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes .
Vorgeschlagen ist Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen als federführenden Ausschuß, an den Ausschuß für Kommunalpolitik zur Mitberatung. Erhebt sich Widerspruch? — Das ist nicht der Fall; dann ist so beschlossen.
Punkt 17 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes zur Ausführung des Abkommens vom 27. Februar 1953 über deutsche Auslandsschulden .
Vorschlag: Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen. — Das Haus ist damit einverstanden.
Es kommen die Zusatzpunkte. Zunächst:
Erste Beratung des von den Abgeordneten
Stiller, Frau Geisendörfer und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes .
Vorschlag: Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen. — Es erhebt sich kein Widerspruch; dann ist so beschlossen.
Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Eckhardt, Dr. Dollinger, Höcherl, Wieninger und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Umsatzsteuergesetzes .
Vorschlag: Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen. Das Haus ist damit einverstanden? — Das ist der Fall; dann ist so beschlossen.
Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Dollinger, Höcherl, Dr. Eckhardt, Wieninger und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Umsatzsteuergesetzes .
Vorschlag: Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen. — Es erhebt sich kein Widerspruch; dann ist so beschlossen.
Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/ BHE, DP eingebrachten Entwurfs eines Siebenten Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes ;
Mündlicher Bericht des Ausschusses für den Lastenausgleich (Drucksache 2238).
Berichterstatter ist der Abgeordnete Kunze . Es wird wohl auf mündliche Berichterstattung verzichtet? — Das Haus ist damit einverstanden.
Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe das Gesetz in der Ausschußfassung — Drucksache 2219 — auf: Art. 1, — Art. 2, — Art. 3, — Einleitung und Überschrift. Ich eröffne die Aussprache in der zweiten Lesung. — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Aussprache. Wer den aufgerufenen Artikeln, der Einleitung und der Überschrift zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Damit ist die zweite Lesung des Gesetzes beendet. Ich trete in die
dritte Lesung
ein. Änderungsanträge liegen mir nicht vor. Ich komme zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zuzustimmen wünscht, erhebe sich bitte vom Platz. — Gegenprobe! — Einstimmig angenommen. Damit ist das Gesetz verabschiedet.
Beratung des Schriftlichen Berichts*)
des Ausschusses für Außenhandelsfragen über den Entwurf einer Dreiundfünfzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Cortison usw.) (Drucksachen 2244, 2236).
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Löhr.
Auch hier soll auf mündliche Berichterstattung verzichtet werden. Wer dem Antrag des Aus-
*) Siehe Anlage 5.
*) Anlage 6.
schusses auf Drucksache 2244 zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Beratung des Schriftlichen Berichts**) des Ausschusses für Außenhandelsfragen über den Entwurf einer Vierundfünfzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Fristverlängerung der Individuellen Zollsenkung) (Drucksachen 2245, 2237).
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Serres.
Auch hier komme ich gleich zur Abstimmung über den Ausschußantrag, der Ihnen auf Drucksache 2245 vorliegt. Wer ihm zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
**) Anlage 7.
Ich rufe auf
Beratung des interfraktionellen Antrags betreffend Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse .
Ich komme zur Abstimmung. Wer dem Antrag Umdruck 564***) zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Damit, meine Damen und Herren, sind wir am Ende der heutigen Tagesordnung. Ich darf den Damen und Herren ein recht gutes Osterfest und recht gute Erholung nach der anstrengenden Arbeit des vergangenen Vierteljahrs wünschen.
Ich berufe die nächste, die 139. Sitzung des Deutschen Bundestages auf Donnerstag, den 12. April 1956, 14 Uhr, und schließe die heutige Sitzung.