Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär, ich habe Ihnen bereits durch meine Zwischenrufe zum Ausdruck gebracht, daß Sie meiner Ansicht nach von Ihren Sachbearbeitern über den vollen Tatbestand nicht genügend unterrichtet worden sind. Sie sind offenbar nicht über die Gesichtspunkte unterrichtet worden, die der Ausschuß in zwei ausführlichen Verhandlungen Ihren Sachbearbeitern sehr deutlich nahegelegt hat.
Ich kann mir nicht denken, daß Sie, dessen Einsicht und dessen Urteilskraft ich kenne, wenn Sie den Tatbestand und wenn Sie die Urteile so kennten, wie ich Sie kenne, so geantwortet hätten, wie es hier geschehen ist.
Es handelt sich hier bei diesem Prozeß Jungwirth ganz eindeutig nur um die Frage, ob eine gewisse Summe vom Bund oder vom Land Bayern zu zahlen ist. Daß die Staatsbürger, die hier beteiligt sind, das Geld zu bekommen haben, ist vollkommen unstreitig. Das Land Bayern hat während seiner Verwaltung der fraglichen Grundstücke einen Vergleich geschlossen. Es ist eine Rechtsfrage, ob dieser Vergleich den Bund, der die Grundstücke nunmehr übernommen hat, unmittelbar bindet oder nicht. Bei diesem Tatbestand wird über die Frage, ob der Bund oder das Land Bayern zahlt, ein Prozeß geführt, und zwar nicht etwa zwischen dem Bund und Bayern, obwohl das ohne weiteres möglich wäre — denn das Land Bayern
ist ja als Nebenintervenient gegen den Bund an dem Prozeß beteiligt —,
sondern mit dem Staatsbürger, dem die Auszahlung seines Geldes, das er zu bekommen hat — das ist ganz unstreitig —, verweigert, verzögert wird, weil die beteiligten Stellen — das ist klar und deutlich gesagt, sogar schriftlich gegeben worden — sich über das Kassenprinzip bei der 'Obernahme dieser Grundstücksverwaltungen nicht einigen konnten.
Den beteiligten Behörden ist es bekannt, daß die Abwicklung des Konkurses und damit die Befriedigung einiger Forderungen, z. B. auch einer Anwaltshonorarforderung, die einer Anwaltswitwe gegen die Konkursmasse zusteht, nicht möglich ist. Das ist der einzige Zusammenhang mit dem Honorar, Herr Staatssekretär. Aber auch andere Leute warten dringend auf die Bezahlung ihrer Forderungen gegen die Konkursmasse, und aus der Konkursmasse kann nicht gezahlt werden, der Konkurs kann nicht abgewickelt werden, weil das Land Bayern und der Bund jetzt schon in der dritten Instanz diesen Prozeß führen müssen.
Dazu ist die Rechtsauffassung, die von seiten des Bundes vertreten wird, bereits in zwei Instanzen eindeutig abgelehnt worden. Man hat es für notwendig gehalten, in die Revision zu gehen.
Ich würde nichts gesagt haben, wenn man es für richtig gehalten hätte, zwischen den beteiligten Stellen einen Prozeß zu führen. Ob die Prozeßkosten wirklich notwendig sind oder ob es nicht möglich sein sollte, zwischen zwei Verwaltungen eine solche Frage ohne Prozeß bis zur dritten Instanz zu klären — sie ist vielleicht inzwischen geklärt worden —, ist eine Frage, die ich zunächst der Verwaltung überlassen würde. Aber man ist nicht auf den einfachen Gedanken gekommen, auf den man zuerst kommen müßte, nämlich eine Vereinbarung zwischen dem Bund und Bayern zu treffen: „Ich, der Bund, zahle" oder „Ich, Bayern, zahle", und je nachdem, wie die Sache dann entschieden wird, auf die eine oder andere Weise, mit Prozeß oder nicht, zahlt der andere zurück, oder ich habe es endgültig gezahlt, und der Staatsbürger braucht nicht zu warten.
Das ist doch das Einfachste und Nächstliegende.
Es handelt sich gar nicht um eine Entscheidung im Billigkeitsweg oder etwas anderes, sondern um einen unbestrittenen Anspruch dieses Staatsbürgers, hier einer Konkursverwaltung, von dem nur streitig ist, ob nach dem Kassenprinzip oder nach der Verbindlichkeit irgendeines Vergleichs die eine oder die andere Stelle zu zahlen hat. Von Billigkeit ist hier gar keine Rede. Was ich dem Bundesfinanzministerium in erster Linie zum Vorwurf mache, ist die Unfähigkeit seiner Beamten, diesen einfachen Weg, die Interessen des Staatsbürgers, die in erster Linie zu stehen haben, zu wahren, von vornherein selbst zu beschreiten.
Zweitens ist das Bundesfinanzministerium in einer Sitzung des Petitionsausschusses, die im April des vorigen Jahres stattgefunden hat, eindeutig auf diesen Weg gewiesen worden. Es hat versprochen, sich um den Vergleich zu bemühen und Bericht zu erstatten. Es mußte im Juni gemahnt werden, weil es keinen Bericht erstattet hatte. Es hat einen schriftlichen Bericht im September erstattet,
in dem nichts über diese Vergleichsbemühungen stand, sondern große Ausführungen, warum das Finanzministerium seine Rechtsauffassung, die in zwei Instanzen mißbilligt worden war, aufrechterhalte, usw.
Als der Petitionsausschuß dann wieder eine Sitzung ansetzte und Bericht verlangte, stellte sich heraus, daß die ganzen Vergleichsbemühungen darin bestanden, daß man — mit dem Konkursverwalter hatte man überhaupt nicht verhandelt — einen Brief an das zuständige bayerische Ministerium geschrieben hatte, der Bund sei bereit zu zahlen, wenn sich Bayern unter einer bestimmten Formulierung verpflichte, im Falle einer Klärung zugunsten des Bundes den Betrag zurückzuzahlen. Diese Formulierung ist vom bayerischen Ministerium zurückgewiesen worden. Damit war die Korrespondenz erledigt, Herr Staatssekretär! Das ist jedenfalls das, was dem Ausschuß vorgelegen hat, und nicht mehr. Niemand hat sich weiter bemüht, etwa eine andere, einverständliche Formulierung zu finden. Damit war alles aus.
Sie haben jetzt von haushaltsrechtlichen Gründen gesprochen, Herr Staatssekretär. Haben denn damals etwa haushaltsrechtliche Gründe entgegengestanden, dem Land Bayern einen solchen Vergleich anzubieten? Sie können sich auch heute noch i über irgendeine andere Formulierung mit Bayern einigen. Von haushaltsrechtlichen Gründen war damals und ist heute nicht die Rede. Ich mache also dem Finanzministerium zweitens den Vorwurf, daß es dem Ausschuß absolut ungenügend Bericht erstattet und daß es der klar zum Ausdruck gebrachten Willensäußerung des Ausschusses in keiner Weise Rechnung getragen hat.
Ich muß noch eine dritte Sache hier vorbringen. Es ist mir im Zusammenhang mit dieser Angelegenheit zu Ohren gekommen, daß man in der Oberfinanzdirektion München, in der dortigen Außenstelle der Bundesvermögensverwaltung, der Petentin, die auch dort vorgesprochen hat, man möge die Sache doch nun endlich einmal erledigen, dem Sinn nach gesagt hat — ich kenne den Namen des Beamten, der das gesagt hat —: Wenn Sie hier Petitionen an das Parlament einbringen, so können Sie von uns ja wohl kein Entgegenkommen erwarten.
Ich habe der Oberfinanzdirektion München in dieser Sache Vorhaltungen gemacht. Aber die Entschuldigung, die ich bekommen habe, war meines Erachtens durchaus unbefriedigend.
Ich möchte das Bundesfinanzministerium und alle Ministerien bitten, ihre Beamten auf das entschiedenste darauf hinzuweisen, daß das Petitionsrecht des Staatsbürgers, wenn es auch die Beamten ärgert, ein wichtiges und unantastbares Recht ist.
Ich hoffe, die Zustimmung des ganzen Hauses zu haben, wenn ich sage, daß dieses Haus jede Beeinträchtigung, ja, auch nur jede Kritisierung dieses Petitionsrechtes von bürokratischer Seite mit den schärfsten Mitteln ahnden wird.