Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind sehr erfreut, daß die Bundesregierung offensichtlich unseren Anträgen so viel Sympathie entgegenbringt. Nach den Worten des Herrn Staatssekretärs sollte man fast meinen, daß das Hohe Haus bereit sein könnte, den Anträgen zuzustimmen.
Denn was der Herr Staatssekretär bezüglich des Ausmaßes unserer Hilfe gesagt hat und bezüglich der Aussichten, in welcher Form sie erfolgen kann, muß ich doch noch ein paar Bemerkungen hinzufügen. Es ist zweifellos so, daß die Bundesrepublik in der Vergangenheit auf diesem Gebiet einiges versäumt hat und daß es augenblicklich dringend geboten ist, diese Versäumnisse nachzuholen. Es kann gar nicht genügend betont werden, wie dramatisch die Auseinandersetzungen über die Möglichkeiten sind, diesen unterentwickelten Ländern — besonders im Nahen Osten und in Südostasien — bei dem Bemühen, ihre staatliche Selbständigkeit zu festigen, Hilfe zu leisten. Es wäre vielleicht gut, wenn wir hier mehr Zeit für einige Bemerkungen über die Schwierigkeiten hätten, die auf diesem Gebiet bestehen, und über die Möglichkeiten, die gerade der Bundesrepublik gegeben sind.
Wir haben den Antrag Drucksache 2210, der die Bundesregierung auffordert, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Errichtung einer Körperschaft zum Ziele hat, die diese Angelegenheiten koordiniert, die die Mittel bewirtschaftet und die Planung durchführt, eingebracht, weil wir der festen Überzeugung sind, daß diese Hilfe nur durch eine derartige Körperschaft geleistet werden kann. Wir haben in der Vergangenheit festgestellt, daß durch eine Reihe von politischen Rücksichtnahmen, die bei der Politik des Auswärtigen Amtes offensichtlich eine Rolle gespielt haben, manche dieser Aufgaben, die wir in der Vergangenheit schon mit geringen Mitteln hätten durchführen können, zu kurz gekommen sind. Hier liegen Aufgaben vor uns, zu deren Erfüllung wir als eine der größten Industrienationen der Welt verpflichtet sind, die offensichtlich auch die Verpflichtung hat, in der Auseinandersetzung um die Festigung und die Einbeziehung der unterentwickelten Länder in Asien in den Kreis der demokratisch gesinnten Völkergemeinde, ihren Teil beizutragen. Wir müssen diese Aufgaben nach unseren besten Kräften erfüllen; vielleicht sollten wir sogar dafür Opfer bringen, wenn wir daran denken, wie uns in der Vergangenheit von anderen Ländern in einer Situation, in der wir bei uns wieder aufbauen mußten, geholfen wurde.
Ich kann mich dabei auf etwas präzisere Äußerungen stützen, die von Vertretern der Bundesregierung in dieser Sache getan worden sind. Beispielsweise hat der Herr Staatssekretär am 10. März in Hamburg eine Rede gehalten, in der er ausgeführt hat, es sei selbstverständlich, daß die Bundesrepublik verpflichtet sei, ihren Anteil an diesen Unterstützungs- und Hilfsmaßnahmen gegenüber diesen Völkern allein und in Verbindung mit anderen Völkern zu tragen. Heute morgen ist hier schon betont worden: in den Positionen und
Summen, die in unserem Haushalt eingestellt sind, drückt sich leider Gottes bis jetzt noch in keiner Weise aus, daß die Bundesrepublik bereit ist, ihren Anteil an diesen Aufgaben zu erfüllen. Das würde erst der Fall sein, wenn wir die vorliegenden Anträge angenommen hätten und ein Beginn gemacht worden wäre.
Einige Bemerkungen noch zu der Notwendigkeit, diese Körperschaft zu errichten. Sie alle wissen, daß ein großer Teil der Dinge, die man von uns erwartet und die wir gut leisten können, auf kulturellem Gebiet liegt. Hier sind, wie wir alle wissen und jedes Jahr bei den Haushaltsberatungen erleben, eine Reihe von Schwierigkeiten zu überwinden, die in der verfassungsrechtlichen Struktur der Bundesrepublik liegen. Wenn ich daran denke, daß die Maßnahmen, die in den einzelnen Ländern ergriffen werden sollten, und die Hilfeleistungen, die man von uns erwartet, sehr unterschiedlichen Charakters sind und in dem großen Rahmen der ministeriellen Arbeit in den dafür zuständigen Ministerien sehr schwer geleistet werden können — zumal da in den meisten Fällen dann noch eine Übereinkunft mit den einzelnen Bundesländern notwendig wäre —, scheint es mir ziemlich selbstverständlich zu sein, daß wir nach einer Institution suchen müssen, wie sie in anderen Ländern auch besteht, die diese Aufgaben rationell, wirksam und praktisch durchführen kann.
Ich möchte in diesem Zusammenhang nur sagen, daß die vordringliche Aufgabe, die hier bewältigt werden muß, z. B. auch darin liegt, daß wir anfangen, die zahlreichen Chancen zu nutzen, die sich uns dadurch bieten, daß wir als Bundesrepublik in manchen dieser Länder, in denen in der öffentlichen Meinung eine gewisse Abneigung gegen andere große Mächte des Westens besteht, gewisse Verpflichtungen erfüllen können, die zu erfüllen für andere wesentlich schwieriger ist. Hierin liegt im besonderen die Aufgabe der Bundesrepublik. Diese Aufgabe ist im Augenblick durch die Tatsache erschwert, daß es uns an Menschen, nicht nur an Technikern, sondern auch an Wissenschaftlern und allen möglichen Persönlichkeiten mangelt, die die von uns erwarteten Funktionen in diesen Ländern ausfüllen könnten. Dieser Mangel ist auch darin begründet, daß zur Zeit bei uns viel zuwenig Menschen in die Lage versetzt werden, die Sprachen dieser Länder zu lernen. Es ist ein häufig vorgetragener Wunsch der Regierungen dieser Länder, daß es die Bundesrepublik mit ihren Mitteln möglich macht, einen größeren Teil von Spezialisten hierfür auszubilden.
Eine andere Angelegenheit, die unbedingt im Rahmen dieser Körperschaft geregelt werden müßte, ist die Bewirtschaftung jener Mittel für die vermehrte Betreuung von Studenten dieser Länder, deren Einsetzung in den Haushalt des Auswärtigen Amts und des Bundesinnenministeriums wir in diesem Jahre erreicht haben. Immerhin ist es erfreulich, daß durch unsere Initiative in diesem Jahre 2,5 Millionen DM eingesetzt werden konnten und daß die Bundesrepublik endlich anfängt, aus eigenen Mitteln Stipendien für Studenten aus diesen Ländern zu geben. Wie grotesk die Situation ist, ergibt sich z. B. daraus, daß von den Studenten aus dem Iran, aus dem ungefähr anderthalbtausend Studenten und Praktikanten in der Bundesrepublik ausgebildet werden, bis zu diesem Jahre nur acht ein Stipendium aus Mitteln der Bundesregierung bezogen haben; für Indonesien, das unser größter Handelspartner im südost-
asiatischen Raum ist, betrug die Ziffer ungefähr 20 und für Indien ungefähr 30. Das ist, verglichen mit den Leistungen anderer Staaten auf diesem Gebiet, völlig unzulänglich und muß unzulänglich bleiben, solange die Ministerien die bisher diese Aufgaben durchgeführt haben, selbstverständlich ihr Augenmerk auf die gesamte Situation der Bundesrepublik in dieser Hinsicht richten müssen und sich nicht spezifisch dieser wichtigen und auch für unsere politische Zukunft mit entscheidenden Aufgabe einer echten Hilfe für die unterentwickelten Völker im Nahen Osten, in Südostasien und in anderen Teilen der Welt widmen können. Wir haben in der Vergangenheit trotz fehlender Mittel vielleicht manchmal mehr getan. Bedenken Sie auch, was die Initiative einzelner unserer Universitäten für Früchte in den Beziehungen mit diesen Ländern getragen hat. Ich denke dabei z. B. nur an das Forstwirtschaftliche Institut in Debra Dun in der Indischen Republik, durch das auf deutsche Initiative hin die gesamte Forstwirtschaft der Indischen Republik aufgebaut worden ist. Ähnliche Wünsche richten sich heute in großer Zahl aus allen diesen Staaten an die Bundesrepublik. Es hat bisher immer an den Mitteln gefehlt, diese Aufgaben durchzuführen, die vielleicht mehr Zinsen tragen als manche direkte Investitionshilfe in diesen Ländern.
Wenn man daran denkt, daß in Indonesien, wo es für das ganze Land mit seinen ungefähr 80 Millionen Einwohnern nur 1200 Ärzte gibt, ein Viertel dieser Ärzte, also 300, Deutsche sind, die auf Kosten der indonesischen Regierung und unter Regierungsvertrag dort arbeiten, so drängt sich der Gedanke auf, daß es keine schlechte Idee für die Bundesregierung wäre, für diese Ärzte irgendwie einen Mittelpunkt zu schaffen und der indonesischen Regierung vielleicht einmal ein deutsches Krankenhaus zu schenken, dessen sie dringend bedarf.
Aber auf solche Ideen kann man eigentlich bei der
bisherigen Behandlung der Dinge nicht kommen.
Deswegen ist es notwendig, daß die Durchführung dieser Aufgabe in kompetente Hände gelegt wird und daß die Schwierigkeiten verfassungsrechtlicher und sonstiger rechtlicher Natur, die sich hier ständig auftun und die wir bei der Behandlung dieser Dinge von Jahr zu Jahr erlebt haben, dadurch überwunden werden, daß wir eine Körperschaft schaffen, die sich ausschließlich der Durchführung dieser Aufgabe widmen kann.
Es ist notwendig. daß noch in diesem Jahr ein Anfang in diesen Dingen gemacht wird.
Mein Kollege Kreyssig und auch der Herr Staatssekretär haben bereits darauf hingewiesen. daß nicht nur die Ostblockstaaten, sondern auch die sowjetisch besetzte Zone beginnen, uns in diesen Dingen den Rang abzulaufen. Ich hätte hier gern einige Bemerkungen des Herrn Staatssekretärs über das Ausmaß der Verwirrung gehört, die in einzelnen dieser Länder bereits dadurch angerichtet worden ist, daß Vertreter der sowjetisch besetzten Zone dort sozusagen als d i e Sprecher Deutschlands auftreten und auch als die Sprecher Deutschlands akzeptiert werden.
Die Zahl der Studenten aus diesen Ländern, die
heute schon auf Regierungskosten in der sowjetisch
besetzten Zone studieren können, beträgt ein Vielfaches von dem, was die Bundesrepublik bisher zu gewähren bereit war, ein Hundertfaches, möchte ich sagen.
Diese Situation können wir unmöglich länger tolerieren. Wir kämpfen nicht bloß hier in unserem engen Bereich gegen den Anspruch der Ostblockstaaten in ideologischer Hinsicht, sondern dieser Kampf vollzieht sich in einer Front, die von uns bis hinauf an die Grenzen der Volksrepublik China reicht. Ich glaube, es wäre töricht, anzunehmen, daß wir uns hier in der Bundesrepublik praktisch einigeln könnten. Wir geben hier an dieser Stelle der Front Milliarden für eine militärische Sicherung aus, die möglicherweise in wenigen Jahren durch ganz andere Mittel auf dem asiatischen Kontinent durchbrochen wird, so daß alle Mittel, die wir hier auf diesem Gebiet zur Sicherung unseres Daseins ausgeben, da man all diese Anstrengungen eben nur auf diesen einen Punkt konzentiert, für unser Land vielleicht völlig vergeblich und für die Katz gewesen sind.
Es sind nicht große Mittel, die wir hier verlangen, und es ist nur ein Anfang. Aber glauben Sie mir: die Forderungen, die hier an uns gerichtet sind und die, wie ich Ihnen sagte, erfreulicherweise von Vertretern der Bundesregierung unterstützt worden sind, müssen jetzt auch einmal materiell von uns honoriert werden. Die Zeit dazu drängt. Wenn wir heute nicht anfangen, wird es dazu zu spät sein!