Gesamtes Protokol
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 10. Sitzung des zweiten Deutschen Bundestages.
Vor Eintritt in die Tagesordnung gedenke ich der Tatsache, daß der Präsident des Bundesverfassungsgerichts,
Herr Dr. Hermann Höpker-Aschoff, verstorben ist. In der Gedenkfeier der Bundesregierung in diesem Saale habe ich namens des Deutschen Bundestages die Teilnahme an diesem schweren Verlust, der das Bundesverfassungsgericht und das deutsche Volk getroffen hat, zum Ausdruck gebracht. Wir haben im Bundestag besondere Veranlassung, uns des
Heimganges des Herrn Dr. Höpker-Aschoff zu erinnern und ihm unsere Dankbarkeit und Verehrung zu bekunden, da er sowohl im Parlamentarischen Rat wie im ersten Deutschen Bundestag his zu seiner Berufung in das hohe Amt des Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts eine hingebungsvolle und für unser Volk und die Arbeit dieses Hauses bedeutsame Arbeit geleistet hat. Wir haben ihn alle noch vor Augen, wie er in seiner kühlen Sachlichkeit, aber doch mit einer inneren Leidenschaft sein Amt in diesem Parlament wahrgenommen hat. Wir sprechen seiner Frau auch an dieser Stelle unsere herzliche Anteilnahme aus. Wir gedenken seiner in Achtung und Dankbarkeit.
Sie haben sich zu seinen Ehren von Ihren Plätzen erhoben; ich danke Ihnen.
Ich bitte um die Bekanntgabe der Namen der entschuldigten Abgeordneten.
Es suchen für längere Zeit um Urlaub nach Abgeordneter Jahn für drei Wochen wegen dienstlicher Inanspruchnahme, Abgeordneter Gleisner (Unna) für zwei Wochen wegen Unfall, Abgeordneter Donhauser für zwei Wochen wegen Krankheit, Abgeordneter Schmitt (Vockenhausen) für eine Woche wegen Unfall.
Der Herr Prasident hat für zwei Tage Urlaub erteilt den Abgeordneten Hermsdorf, Kemper , Ruhnke, Wagner (Ludwigshafen), Dr. Leverkuehn, Dr. Bürkel, Graf von Spreti, Behrisch, Kühltau, Kalbitzer, Dr. Wahl und Geiger (München).
Der Herr Präsident hat für die heutige Sitzung Urlaub erteilt der Abgeordneten Frau Korspeter, den Abgeordneten Paul, Neumann und Brockmann .
Meine Damen und Herren, ich unterstelle, daß Sie mit der Erteilung des Urlaubs, soweit er über eine Woche hinausgeht, einverstanden sind. — Das ist der Fall.
An Stelle des verstorbenen Herrn Abgeordneten Böhner ist der Abgeordnete Rösing in den Bundestag eingetreten. Ich heiße ihn in unserem Kreise willkommen und wünsche ihm eine ersprießliche Arbeit.
Heute habe ich nur eines Geburtstags zu gedenken. Am 18. Januar hat Herr Abgeordneter Dr. Horlacher sein 66. Lebensjahr vollendet. Ich spreche ihm die herzlichsten Glückwünsche aus.
Möge er noch lange in der Lage sein, uns den Rat
zu geben: „Fangt froh den Tag mit Frischmilch an!"
Meine Damen und Herren, zur heutigen Tagesordnung habe ich bekanntzugeben, daß eine interfraktionelle Vereinbarung darüber zustande gekommen ist, die Punkte 9, 11 und 13 von der heutigen Tagesordnung abzusetzen; das betrifft das Personalvertretungsgesetz, das Gesetz über den Beitritt der Bundesrepublik zu den vier Genfer Rot-Kreuz-Abkommen und das Rechtspflegergesetz. — Ich nehme an, daß das Haus mit dieser Regelung einverstanden ist.
Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung ins Stenographische Protokoll aufgenommen:
Der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat unter dem 18. Januar 1954 die Kleine Anfrage 13 der Fraktion der SPD betrettend Ausführung des Dritten Abschnitts Zweiter Titel „Landwirtschaft" des Bundesvertriebenengesetzes — Drucksache 142 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 193 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem 14. Januar 1954 die Kleine Anfrage 17 der Fraktion der DP betrettend Vorlage eines Gesetzentwurts zur Anmeldung und Feststellung der Verbindlichkeiten der ehemaligen NSDAP — Drucksache 150 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 192 vervielfältigt.
Wir beginnen mit dem Punkt 1 der Tagesordnung:
Fragestunde .
Ich stelle fest, daß wir mit dieser Fragestunde um 9 Uhr 37 beginnen. Ich darf Sie bitten, heute versuchsweise die Fragen von den im Saal angebrachten Mikrophonen aus zu stellen.
Zur Frage 1 hat das Wort Herr Abgeordneter Dr. Mommer. Er befindet sich, wenn ich recht sehe, am Mikrophon Nr. 5. Bitte schön!
Bei der Befreiung der Bürger der OEEC-Staaten vom Visumzwang ist eine Kategorie von Menschen schlecht weggekommen: die Inhaber von internationalen Flüchtlingspässen. Ich frage, ob die Bundesregierung bereit ist, die Befreiung vom Visumzwang auf diese Kategorie von Menschen auszudehnen.
Der Herr Staatssekretär des Auswärtigen Amts!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Bundesregierung sieht sich zu ihrem Bedauern zur Zeit nicht in der Lage, die Staatenlosen hinsichtlich der Aufhebung des Sichtvermerkzwanges in der gleichen Weise zu behandeln wie die Staatsangehörigen der OEEC-Staaten. Der Grund dafür ist, daß die Inhaber von nationalen Pässen der OEEC-Staaten von ihren Heimatländern jederzeit zurückübernommen werden, wenn ihre Anwesenheit im Bundesgebiet den deutschen Behörden aus irgendeinem Grund unerwünscht erscheint.
Ist das nicht auch der Fall bei den Flüchtlingen, die seit langen Jahren in anderen Ländern ansässig sind?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Der Unterschied liegt darin, Herr Abgeordneter, daß Art. 15 Abs. 2 des Londoner Abkommens betreffend die Ausstellung von Reiseausweisen die Möglichkeit bietet, die Rückübernahme von Personen schon 3 Monate nach ihrer Ausreise mit einem Londoner Flüchtlingsausweis abzulehnen. Bei Aufhebung des Sichtvermerkzwangs für Inhaber der Londoner Flüchtlingsausweise bestände daher die Gefahr, daß diese Personen ohne Visum in das Bundesgebiet einreisen und die deutschen Behörden unter Umständen schon nach 3 Monaten gezwungen sein würden, aus öffentlichen Mitteln für den Unterhalt dieser Staatenlosen zu sorgen. Die Verantwortung für dieses Risiko glaubt die Bundesregierung mindestens zur Zeit nicht übernehmen zu sollen.
Wäre die Bundesregierung bereit, im Rahmen des Europarats daran mitzuarbeiten, daß man für diese Menschen trotzdem mehr Freiheit in Europa schafft?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ja.
Danke.
Damit ist die Frage erledigt.
Zur Frage 2 Herr Abgeordneter Hellenbrock! Er begibt sich ans gleiche Mikrophon, da es sich so gut bewährt hat. Bitte schön, Herr Abgeordneter!
Warum zahlt der Bund für eine Villa, gelegen in der Stadtgemeinde Süchteln , 150 000 DM, die vom Verkäufer mit rund 100 000 DM an andere Interessenten vorher angeboten wurde? Wer hat bei diesem Kauf die Vermittlerrolle übernommen, und was wurde dabei an Provision gezahlt?
Der Herr Staatssekretär des Bundesministeriums der Finanzen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, dem Bundesfinanzministerium ist nicht bekannt, ob der Eigentümer des Hauses dieses Haus anderweitig für 100 000 DM angeboten hat. Der Wert des Hauses ist vom Finanzneubauamt Krefeld und von der Oberfinanzdirektion in Düsseldorf geschätzt worden. Dabei hat sich ergeben, daß der Wert des Hauses in dem durch die bisherige Benutzung durch die Besatzung geschädigten Zustand etwa 100 000 DM beträgt, der Wert des Hauses in unbeschädigtem Zustand 150 000 DM und daß dem Eigentümer ein Anspruch auf Abgeltung des Besatzungsschadens in Höhe von etwa 60 000 DM zusteht. Es wurde als vereinfachend empfunden, dem Eigentümer den Preis für den Wert des Hauses in unbeschädigtem Zustand in Höhe von 150 000 DM zu geben, um damit ein spezielles Entschädigungsverfahren zu vermeiden. Wenn Sie berücksichtigen, daß der jetzige Wert 100 000 DM, der Entschädigungsanspruch etwa 60 000 DM beträgt, müssen Sie wohl sagen, daß die Bundeskasse dabei durchaus gut weggekommen ist, wenn sie die Summe von 150 000 DM gezahlt hat.
Ich bitte, eine Zusatzfrage stellen zu dürfen.
Bitte, Herr Abgeordneter!
War der in Frage kommenden Dienststelle der Bundesregierung vor dem Kauf bekannt, daß Stadtverwaltung und Stadtvertretung von Süchteln an dem Verkauf an ein Solinger Industrieunternehmen aus kommunalen, wirtschaftlichen und steuerlichen Gründen stärkstes Interesse hatten? Zweitens: Für welche Zwecke soll dieses Haus Verwendung finden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Zur ersten Zusatzfrage kann ich nichts sagen. Ich werde mich danach erkundigen und darauf schriftlich Antwort geben. Nach meinen Unterlagen ist mir darüber nichts bekannt.
Der Zweck des Ankaufs hängt mit der Verlegung des Hauptquartiers der Britischen Rheinarmee von Bad Oeynhausen in die Nähe von Mönchen-Glad-
bach zusammen. Im allgemeinen sind dort Neubauwohnungen für die Offiziere und Angehörigen der Besatzungsarmee erforderlich. Aus Ersparnisgründen ist aber angeregt worden, für eine Reihe von hohen Stabsoffizieren nicht Neubauwohnungen zu bauen, sondern vorhandene Häuser anzukaufen. Aus diesem Grunde ist der hier in Frage stehende Ankauf erfolgt.
Danke!
Damit ist die Frage erledigt.
Zur Frage 3 Herr Abgeordneter Koenen!
Eine Frage an den Herrn Bundesfinanzminister:
Warum wird der seit Jahresfrist bestehende Schäffer-Plan , der den Besatzungsverdrängten unbedingt Erleichterung bringen könnte, nicht energisch und schnell durchgeführt? Ist die Finanzierung nicht sichergestellt, oder welche anderen Gründe verhindern den Bau der Häuser?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, das von Ihnen als „Schäffer-Plan" bezeichnete erste Programm zur Errichtung von Austauschwohnungen umfaßt in 94 Bauorten 3 506 Austauschwohnungen und in 190 Orten — immer im Bundesgebiet und in Berlin — die Freigabe von 4 506 requirierten privaten Wohnungen. Ich bitte Sie, daraus allein schon den Umfang dieses Programms zu entnehmen.
Sofort nach Abschluß der Vereinbarungen sind die Herren Finanzminister und Finanzsenatoren der Länder von uns unterrichtet und gebeten worden, unverzüglich alle notwendigen Maßnahmen zu treffen. Es dürfte bekannt sein, daß dem Bund selbst Exekutivbehörden für diese Zwecke nicht zur Verfügung stehen, sondern daß er sich der Behörden der Länder und der Gemeinden bedienen muß. Die für die Durchführung dieses Programms erforderlichen Mittel stehen im Haushalt der Verteidigungsfolgekosten in voller Höhe zur Verfügung. Auf Grund der uns von den Ländern vorgelegten Bauunterlagen sind bisher 58 Bauvorhaben endgültig genehmigt und für 8 weitere Bauvorhaben Anlaufmittel bereitgestellt worden. Das Bundesfinanzministerium hat den Ländern Haushaltsmittel im Betrage von mehr als '75 Millionen DM zugewiesen.
Sie fragen nunmehr nach den Gründen der Verzögerung. Die Hauptursachen liegen darin, daß in vielen Bauorten geeignetes Baugelände, d. h. aufgeschlossenes und zu einem angemessenen Preis erhältliches Baugelände, nicht oder nur sehr schwer zu bekommen war. Wir müssen leider auch sagen, daß die an der Durchführung des Programms beteiligten Gemeinden uns nicht immer die unbedingt notwendige Unterstützung für diese Arbeiten gegeben haben. Sie haben zum Teil die in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke nur unter für uns unannehmbaren Bedingungen veräußern wollen, zum Teil kein Baugelände zur Verfügung gestellt, nachträglich die Zahlung besonderer Erschließungskosten gefordert oder auch sonstige Bedingungen daran geknüpft. Alle diese Schwierigkeiten mußten erst in langwierigen Verhandlungen überwunden werden. Ich darf aber nochmals betonen, daß wir glauben, den größten Teil dieser Schwierigkeiten überwunden zu haben, so daß die Arbeiten nunmehr in einem schnellen Tempo fortschreiten können.
Ich bitte den Herrn Präsidenten, mir zwei Zusatzfragen zu gestatten.
Zunächst eine, Herr Abgeordneter!
Ist dem Bundesfinanzministerium bekannt, daß die Beauftragten für diesen Grundstückserwerb bei dem Erwerb in erheblichem Maße preissteigernd gewirkt haben? Mir ist ein Fall bekannt, wo in gleicher Lage zum gleichen Termin andere Käufer für Grundstücke 3 DM und 3,50 DM pro qm gezahlt haben, während der Beauftragte des Bundesfinanzministeriums gleich 6 DM bot und dadurch natürlich dann auch das Grundstück bekam. Die anderen Grundstücke haben zum Preis von 3 DM und 3,50 DM den Besitzer gewechselt.
Bitte, Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, das ist mir nicht bekannt. Ich wäre Ihnen besonders dankbar, wenn Sie mir die Unterlagen über die konkreten Einzelfälle herübergeben wollten, damit ich ihnen nachgehen kann.
Ich werde Ihnen die erforderlichen Unterlagen einreichen.
Ist eine weitere Zusatzfrage gestattet, Herr Präsident?
Noch eine weitere Frage, Herr Abgeordneter, bitte!
Das Besatzungsverdrängtenbauprogramm soll doch unter allen Umständen der Beseitigung besonderer Härten in der Wohnlage der Besatzungsverdrängten dienen. Ist es dem Bundesfinanzministerium bekannt, daß schon heute eine Oberfinanzdirektion versucht, an Stelle dieser Notstandsbeseitigung eine Regelung in der Frage der Bedienstetenwohnungen der Oberfinanzdirektionen zu erzielen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Auch das ist mir nicht bekannt, Herr Abgeordneter. Ich bitte, mir mitzuteilen, um welche Direktion es sich dabei handelt. Dieses Verfahren ist nicht zulässig.
Diese Unterlagen werde ich ebenfalls einreichen. — Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Damit ist diese Frage erledigt.
Zur Frage 4 ebenfalls Herr Abgeordneter Koenen.
Ich habe eine Frage an den Herrn Bundesminister für Verkehr:
Ist der Herr Bundesminister für Verkehr nicht auch der Auffassung, daß Verkehrshindernisse unter allen Umständen reihenfolgemäßig
nach ihrer Dringlichkeit beseitigt werden müssen? Wenn ja, findet er nicht, daß der Teil des Kreuzungsgesetzes, der die Kostenfrage regelt, eine Beseitigung nach diesen Dringlichkeitsgesichtspunkten direkt verhindert und dringend einer Änderung bedarf, da unbedingt zu beseitigende Verkehrshindernisse — so z. B. Bundesbahnkreuzungen in Ortsdurchfahrten, zugleich mit Bundeshauptverkehrsstraßen — sich zum Teil in finanzschwachen Gemeinden befinden, die niemals den auf sie nach dem Kreuzungsgesetz entfallenden Anteil finanzieren können?
Der Herr Bundesminister für Verkehr zur Beantwortung bitte!
Natürlich, Herr Kollege, sollen Verkehrshindernisse in der Reihenfolge ihrer Dringlichkeit beseitigt werden. Das Tempo aber, in dem dies geschehen kann, wird von den finanziellen Mitteln bestimmt, die seitens der zuständigen Baulastträger aufgebracht werden können. Die Kostenregelung des Kreuzungsgesetzes vom 4. Juli 1939 verhindert die Beseitigung solcher Verkehrshindernisse nach dem Gesichtspunkt der Dringlichkeit höchstens in Ausnahmefällen, nämlich dann, wenn die Gemeinden als Baulastträger den Anteil der auf sie entfallenden Kosten nicht tragen können. Eine Änderung des Kreuzungsgesetzes, durch die in diesem Fall der Eisenbahn, und zwar Bundesbahn oder nicht bundeseigener Eisenbahn, höhere Lasten aufgebürdet werden, wird man nicht als zweckmäßig befinden können, da die Bundesbahn zusätzliche Lasten nicht auf sich zu nehmen vermag und die nicht bundeseigenen Eisenbahnen noch weniger. Daher würde eine Änderung des Kreuzungsgesetzes die finanziellen Schwierigkeiten keineswegs beseitigen.
Dagegen bietet der § 7 des Gesetzes über die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs vom 2. März 1951 finanzschwachen Gemeinden, die ihren Anteil nach dem Kreuzungsgesetz nicht selbst aufzubringen vermögen, die Möglichkeit, zum Um- und Ausbau von Ortsdurchfahrten Zuschüsse oder Darlehen durch den Bund zu erhalten, falls der Kostenaufwand unverhältnismäßig hoch ist und die Finanzkraft des Trägers dieser Straßenbaulast übersteigt, allerdings nur unter der Voraussetzung, daß sowohl das Land wie der Träger der Straßenbaulast in gleicher Höhe, also mindestens zu je einem Drittel, sich an den Kosten beteiligen.
Ferner ist zu bemerken, daß die Länder die Möglichkeit haben, durch entsprechende Gestaltung ihres inneren, kommunalen Finanzausgleichs steuerschwachen Gemeinden die Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten zu ermöglichen.
Wir haben in den Jahren 1951 bis 1953 insgesamt 215 schienengleiche Bahnübergänge beseitigt, in der Hauptsache allerdings durch Zusammenlegung und Aufhebung; denn der Ersatz eines schienengleichen Bahnüberganges durch eine Unter- oder Überführung kostet durchschnittlich je 1,4 Millionen DM.
Darf ich mir noch eine Bemerkung erlauben?
Eine Frage, Herr Abgeordneter, nicht eine Bemerkung! Es sind nur Zusatzfragen möglich.
Ich bitte den Herrn Bundesverkehrsminister, meinen diesbezüglichen Brief vom 10. Oktober 1953 zu beantworten.
Der Herr Bürgermeister von Lippstadt weiß, daß ich ihm und Herrn Kollegen Feldmann, seinem Vorgänger als Abgeordneten, in der Frage Lippstadts im vorigen Jahr bereits auf vier Briefe geschrieben habe.
Zur Frage 5 Herr Abgeordneter Ritzel.
Ich frage im Interesse der Verbraucher und im Interesse der Auflockerung des Zigarettenpreises den Herrn Bundeswirtschaftsminister:
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um der Preisdiktatur in der Zigarettenindustrie zu begegnen?
Der Herr Bundesminister für Wirtschaft.
Die Verbraucherpreise für Zigaretten sind durch die im Tabaksteuergesetz vom 6. Mai 1953 festgesetzten Preisklassen geregelt. Mit der von Herrn Abgeordneten Ritzel erwähnten „Preisdiktatur der Zigarettenindustrie" kann daher nur die von der Zigarettenindustrie im Anschluß an die Tabaksteuerreform eingeführte Preisbindung der zweiten Hand gemeint sein, durch welche die Rabatte beim Handel mit Zigaretten von der Industrie festgelegt wurden. Die Preisbindung ist aber nicht etwa dem Handel in Form eines „Diktats" aufgezwungen worden, sondern Industrie und Handel waren über die Zweckmäßigkeit der Preisbindung einig, um dadurch einer Preisschleuderei im Handelsbereich entgegenzutreten und auf diese Weise die Existenz der mittleren und kleineren Großhändler zu sichern. Gegen die Preisbindung opponierte ein Verband von Großabnehmern des Zigarettengroßhandels, der außerdem eine Kartellabsprache der Zigarettenindustrie über die Höhe der Rabatte behauptete. Auf Grund einer daraufhin vorgenommenen Untersuchung konnte aber eine derartige Absprache nicht nachgewiesen werden.
Es bestand kein Anlaß, gegen die Preisbindung der zweiten Hand einzuschreiten, nachdem die Alliierten Ende 1952 erklärt haben, daß sie von dem ihnen noch auf Grund der alliierten Kartellgesetze zustehenden Recht eines Eingriffs gegen derartige Preisbindungen keinen Gebrauch machen würden, sofern die gebundenen Waren Markenartikel im Sinne des deutschen Entwurfs eines Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen seien und die Preisbindung nach dem Entwurf zulässig sei. Da Zigaretten unzweifelhaft Markenartikel sind, war die Entscheidung über die Durchführung der Preisbindung den beteiligten Wirtschaftskreisen zu überlassen. Eine stärkere Kontrollmöglichkeit, um dem Mißbrauch wirtschaftlicher Macht zu begegnen, hätte die deutsche Verwaltung erst nach Verabschiedung eines deutschen Kartellgesetzes.
Eine Zusatzfrage!
Eine Zusatzfrage; bitte, Herr Abgeordneter Ritzel!
Herr Bundeswirtschaftsminister, ist es richtig, daß die kleinen Zigarettenfabriken gezwungen waren, sich den Bedingungen anzupassen, die von einer einzigen großen Firma formuliert worden waren, und billigt die Bundesregierung die von dieser Seite aufgestellte Behauptung, daß hier nicht eine mißbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung vorliege, sondern eine Wirkung des im Tabaksteuergesetz begründeten Banderolenzwangs?
Der Herr Bundeswirtschaftsminister!
Sollte der von Ihnen vorgetragene Sachverhalt zutreffen, so würde es sich in meinen Augen wohl um einen Mißbrauch wirtschaftlicher Macht handeln. Ich bin aber nicht der Meinung, daß ein solches Diktat oder ein derartiger Zwang vorgelegen hat, bin jedoch gern bereit, den Sachverhalt noch einmal zu überprüfen und Ihnen zu einem späteren Zeitpunkt Auskunft zu geben.
Noch eine Zusatzfrage, Herr Präsident!
Bitte, Herr Abgeordneter!
Ist es richtig, Herr Minister, daß im Gegensatz zu der Handhabung der Verordnung des Bundeswirtschaftsministers über Preise für Rauch- und Kautabake vom 16. Juni 1953 die Zigarettenindustrie durch unterschiedliche Preise für den Fachhandel und den Nebenhandel bei gleichen Verbraucherkreisen erheblich größere Gewinne buchen kann, die letzten Endes von den Verbrauchern getragen werden müssen?
Ich füge an, daß ich das Material zu meiner ersten Zusatzfrage dem Herrn Bundeswirtschaftsminister übergeben werde.
Bitte, Herr Minister!
Bei der Frage handelt es sich vermutlich um die Gestaltung der Rabatte in der Zigarettenindustrie. Hier sind aber auch zwischen den beteiligten Kreisen, also sowohl Großhandel wie Einzelhandel und Genossenschaften, Absprachen über die Rabattgestaltung getätigt worden, und es wurde darüber eigentlich Einmütigkeit erzielt.
Ich danke Ihnen, Herr Minister.
Damit ist die Frage 5 abgeschlossen.
Zur Frage 6 Herr Abgeordneter Ritzel!
Ich frage den Herrn Bundespostminister:
Welche Schwierigkeiten stehen der Ausgabe von internationalen Porto-Gutscheinen im Wege und was hat die Bundesregierung getan, um diese Schwierigkeiten zu überwinden?
Der Herr Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen, bitte!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Deutsche Bundespost hat in den vergangenen Jahren nichts unversucht gelassen, den Verkauf internationaler Antwortscheine wieder einzuführen. Im einzelnen wurden folgende Schritte unternommen:
Erstens: Das Bundespostministerium hat im Jahre 1950 die Lieferung von Antwortscheinen beim Internationalen Büro des Weltpostvereins, dem der Druck und die Verteilung der Scheine obliegen, beantragt. Das Internationale Büro des Weltpostvereins machte die Lieferung jedoch von der vorherigen Zustimmung des Alliierten Komitees für Post- und Fernmeldewesen in Berlin, eines Unterausschusses des Viermächte-Kontrollrats, abhängig.
Zweitens: Die Zustimmung des erwähnten Alliierten Komitees wurde seinerzeit nicht erteilt. Sie konnte auch in der Folgezeit nicht erreicht werden.
Drittens: Auch der Versuch, mit der sowjetzonalen Postverwaltung zu einem grundsätzlichen Einverständnis über die Wiedereinführung des erwähnten Dienstes in Deutschland zu gelangen, um dadurch bessere Voraussetzungen für eine Zustimmung aller vier Alliierten im Viermächte-Komitee zu schaffen, schlug fehl. Die sowjetzonale Postverwaltung teilte seinerzeit mit, daß sie den erwähnten Dienst noch nicht wieder einzuführen gedenke. Auch auf diese Einstellung mag es u. a. zurückzuführen sein, daß eine Zustimmung aller vier Vertreter im Viermächte-Komitee bisher nicht erreicht werden konnte.
Viertens: Ein erneuter Antrag des Bundespostministeriums an die Hohe Kommission im Jahre 1952 mit dem Ziel, eine Entscheidung des Viermächte-Komitees herbeizuführen, scheiterte ebenfalls.
Herr Abgeordneter, das Haupthindernis für die Ausgabe internationaler Antwortscheine durch die Deutsche Bundespost besteht zur Zeit darin, daß der Beitritt der Bundesrepublik zum Weltpostvertrag noch nicht zustande gekommen ist. Wäre der Beitritt vollzogen, dann würden damit die Bedenken, die seitens des Internationalen Büros des Weltpostvereins geäußert wurden, gegenstandslos; denn einem Mitgliedland kann der Verkauf von Antwortscheinen nicht verweigert werden. Die Mitgliedschaft im Weltpostverein wird weiter angestrebt.
Ich danke Ihnen, Herr Minister.
Keine weitere Zusatzfrage. —
Zur Frage 7 Herr Abgeordneter Platner.
Ich richte an den Herrn Minister für Justiz folgende Frage:
Wann ist mit der Veröffentlichung des Entwurfs eines Urheberrechtsgesetzes seitens des Bundesministeriums der Justiz zu rechnen?
Der Herr Bundesminister der Justiz.
Mit der Veröffentlichung des Referentenentwurfs ist voraussichtlich im Mai dieses Jahres zu rechnen.
Ich danke dem Herrn Minister.
Zur Frage 8 Herr Abgeordneter Platner.
Ich stelle an den Herrn Bundesminister für Verkehr folgende Frage:
Ist der Herr Bundesminister für Verkehr bereit, Maßnahmen zum Ausbau der bereits projektierten, für die wirtschaftliche Entwicklung des hessischen Zonengrenzgebietes bedeutsamen Autobahnverbindung zwischen Kassel und Hamm zu treffen?
Bitte, Herr Bundesminister für Verkehr.
Sie haben recht, Herr Abgeordneter. Die Autobahnstrecke Kassel—Hamm war im Vorkriegsplan der Reichsautobahn vorgesehen. Sie sollte eine direkte Verbindung über Autobahn zwischen dem sächsisch-thüringischen Industriegebiet und dem Ruhrgebiet schaffen. Sie ist in das AutobahnAusbauprogramm der Bundesregierung übernommen worden, gehört jedoch zu den Strecken zweiter Dringlichkeit, da sie ihren Verkehrswert erst erhält, wenn ein freizügiger Verkehr über die Zonengrenze — wie wir hoffen, recht bald — wieder möglich ist.
Falls es aber gelingt, für den weiteren Ausbau der Autobahnen besondere gesetzliche Finanzierungsmaßnahmen zu erreichen, soll mit Rücksicht auf die wirtschaftliche Entwicklung des hessischen Zonengrenzgebietes das 5 km lange Teilstück zwischen der Autobahn Frankfurt/Main—Northeim und der Bundesstraße 3 im Rahmen der ersten Dringlichkeit gebaut werden.
Zur Frage 9 ebenfalls Herr Abgeordneter Platner.
Ich stelle an den Herrn Minister für Verkehr noch folgende weitere Frage:
Ist der Herr Bundesminister für Verkehr bereit, im Interesse der Wirtschaft des hessischen Zonengrenzgebietes bei der Verwaltung der Bundesbahn darauf hinzuwirken, daß im Rahmen des Programms der Elektrifizierung der Bundesbahn zunächst das vorgenannte Gebiet berücksichtigt wird?
Bitte, Herr Bundesminister.
Ein 1950 von der Deutschen Bundesbahn aufgestelltes Elektrifizierungsprogramm sieht auch die Umstellung der Strecke Frankfurt/Main—Eichenberg auf elektrischen Betrieb vor. Die Kosten für diese Umstellung werden auf über 220 Millionen DM geschätzt. Wegen ihrer schwierigen finanziellen Lage kann die Bundesbahn aber nur die Abschnitte elektrifizieren, für die die Kosten vollständig durch von den Ländern bereitzustellende Kredite gedeckt werden. Dem Bund stehen zur Förderung derartiger Elektrifizierungsvorhaben leider keine Mittel zur Verfügung.
Mit dem Land Hessen wird seitens der Bundesbahn über die Bereitstellung von Mitteln zur Elektrifizierung verhandelt, hauptsächlich allerdings wegen der Elektrifizierung im Frankfurter Raum. Bisher konnten Vereinbarungen mit dem Lande Hessen noch nicht getroffen werden. Die zur Förderung der Zonengrenzwirtschaft ausgeworfenen Mittel reichen zur Durchführung so großer Projekte leider nicht aus. Außerdem entfällt bei der
Elektrifizierung einer Strecke im Zonengrenzgebiet ein sehr großer Teil der dabei etwa zu vergebenden Aufträge nicht auf die Zonengrenzgebiete.
Ich danke dem Herrn Minister.
Die Frage ist damit erledigt.
Zur Frage 10 Herr Abgeordneter Dr. Mommer.
Kann der Herr Bundesverkehrsminister mir vielleicht Zahlen über die Überbesetzung der Züge des Berufsverkehrs nennen und welche Abstellungsmaßnahmen gedenkt er zu treffen, um der Überbesetzung dieser Züge zu steuern?
Bitte, Herr Bundesminister.
Sehr verehrter Herr Kollege! Die Frage, die mir schriftlich vorgelegt wurde, lautet etwas anders. Ich darf also zunächst die schriftliche Frage, die auch dem Hohen Hause vorliegt, beantworten.
Der Bundesregierung ist bekannt, daß auf zahlreichen Strecken die Berufszüge der Deutschen Bundesbahn morgens und nachmittags überfüllt sind. Die Bundesbahn begründet diesen Zustand mit dem Mangel an Personenwagen. Obgleich in den letzten Jahren eine Anzahl neuer Personenwagen für den Berufsverkehr beschafft wurde, fehlen der Bundesbahn zur Zeit die Mittel, um bei diesem Problem wirksame Abhilfe zu schaffen, da noch insgesamt etwa 3000 neue Personenwagen beschafft werden müßten, für deren Anschaffung rund 500 Millionen DM erforderlich sind.
Der Zustand der Überfüllung der Berufszüge wird sich daher leider erst nach durchgreifender Änderung der wirtschaftlichen Lage der Deutschen Bundesbahn ändern können, sofern nicht, wie z. B. im Ruhrgebiet, infolge der Elektrifizierung eine Verbesserung in absehbarer Zeit in Aussicht gestellt werden kann. Es ist zu berücksichtigen, daß der Anteil der Berufsreisenden und Schüler 63,8 % der insgesamt von der Bundesbahn beförderten Personen umfaßt, während die Einnahmen aus diesem Verkehr nur 17,9 % der Gesamteinnahmen ausmachen. Der Berufs- und Schülerverkehr erbringt durchschnittlich nur 1,7 Pf je Personenkilometer, der übrige Personenverkehr dagegen unter Berücksichtigung der anderen Ermäßigungen durchschnittlich 5,1 Pf. In erheblichem Maße wird der Berufs- und Schülerverkehr von der Bundesbahn als Zuschußbetrieb abgewickelt.
Ich nehme an, der Herr Bundesverkehrsminister ist nicht der Meinung, die geringen Einnahmen aus dem Berufsverkehr dürfen dazu führen, daß die Arbeiter und Angestellten auf den Trittbrettern und auf den Puffern fahren müssen.
Ich bin selbstverständlich dieser Auffassung, obwohl ich bisher noch keine Aufnahmen oder Meldungen erhalten habe, es sei im Berufsverkehr üblich, daß auf den Trittbrettern und Puffern gefahren werden müßte. Das ist im allgemeinen in der Zeit vor 1949 so gewesen.
Und in meinem Wahlkreis wieder vorgekommen!
Darf ich bitten, mir die Strecke und den Zug anzugeben; denn das ist nicht allgemein üblich. Ich wäre auch dankbar für eine Photographie, auf der man das sieht.
Ich werde mich darum bemühen.
Die Frage 10 ist damit erledigt.
Zur Frage 11 Herr Abgeordneter Krammig.
Ist der Bundesregierung die häufig anzutreffende schlechte Qualität der von der Deutschen Zündwarenmonopolgesellschaft hergestellten und vertriebenen Sicherheitszündhölzer, die als „Haushaltsware" bezeichnet sind, bekannt, und was wird sie veranlassen, um dem abzuhelfen?
Der Herr Bundesminister für Wirtschaft. Bitte!
In § 2 des Deutschen Zündwarenmonopol-Gesetzes ist der Umfang des Zündwarenmonopols festgelegt. Es umfaßt
1. die Übernahme der im Monopolgebiet hergestellten Zündwaren von den Herstellern und die unmittelbare Weiterveräußerung, also das Bezugsmonopol,
2. die Einfuhr von Zündwaren in das Monopolgebiet von außerhalb, das Einfuhrmonopol, und
3. die Ausfuhr von Zündwaren aus dem Monopolgebiet, also das Ausfuhrmonopol.
Die Deutsche Zündwarenmonopolgesellschaft stellt demnach nicht selbst Zündwaren her, sie werden vielmehr von Privatfirmen, denen eine Beteiligungsziffer zugeteilt worden ist, erzeugt.
Bezüglich der Qualitätsmängel ist auf folgendes hinzuweisen. Der Bundesregierung ist bekannt, daß die Qualität der deutschen Zündhölzer, insbesondere der sogenannten Haushaltsware, einer Verbesserung bedarf. Aus diesem Grunde führt nunmehr auch die Deutsche Zündwarenmonopolgesellschaft laufend alle zwei Monate in allen Herstellungswerken Kontrollen durch, um möglichst zu verhindern, daß qualitätsmäßig nicht einwandfreie Zündhölzer auf den Markt gelangen. Diese Kontrollen sind in letzter Zeit sogar noch weiter ausgedehnt worden, da eine von der deutschen Zündwarenindustrie veranlaßte Propaganda-Aktion zur Förderung des Zündholzes läuft. Es werden neben der Prüfung im Herstellungswerk durch eine besondere Prüfungskommission bei jedem Großhändler von jeder Sorte und von jeder Lieferfirma alle Monate mehrere Packungen entnommen und geprüft. Darüber hinaus ist die Deutsche Zündwarenmonopolgesellschaft dankbar, wenn ihre Verbraucher minderwertige, von ihnen beanstandete Zündhölzer zusammen mit der Schachtel übersenden. Die Anschrift der Deutschen Zündwarenmonopolgesellschaft lautet: Frankfurt am Main, Neue Kräme 26. Aus der auf jeder Schachtel vermerkten Nummer läßt sich leicht feststellen, welche Firma die Ware hergestellt hat.
Die Bundesregierung hofft, daß durch diese in letzter Zeit verschärften Prüfungen eine Qualitätsverbesserung der deutschen Zündhölzer erreicht wird.
Persönlich glaube ich über den Verdacht erhaben zu sein, Monopolbetriebe begünstigen zu wollen.
Ich danke dem Herrn Minister.
Zur Frage 12 ebenfalls Herr Abgeordneter Krammig.
Aus welchen Gründen werden gehobene Beamte der Zollverwaltung, denen die Eignung zum Bezirkszollkommissar vor 1945 nicht zuerkannt werden konnte, weil sie nicht zum Reserve-Offizieranwärter ernannt worden sind, bei gleichen Kenntnissen und dienstlichen Leistungen bei der Beförderung auch heute noch solchen Beamten gegenüber benachteiligt, denen diese Eignung seinerzeit zugesprochen worden war?
Der Herr Staatssekretär des Bundesfinanzministeriums, bitte!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter! Beamte des gehobenen Dienstes, die die fachliche Eignung zur Bekleidung einer Bezirkszollkommissarstelle hatten, mußten zur Zeit der allgemeinen Wehrpflicht, also vor 1945, die Eigenschaft eines Reserveoffiziersanwärters besitzen. Zollinspektoren, die nicht Reserveoffiziersanwärter waren, konnten nur zum Bezirkszollkommissar (Steuer) oder zum Oberzollinspektor ernannt werden. Dies wirkte sich in der Regel so aus, daß diese Beamten ungefähr zwei Jahre später in eine Stelle der Besoldungsgruppe A 4 b 1 befördert wurden als die anderen.
In der Bundeszollverwaltung spielt die Eigenschaft als Reserveoffiziersanwärter selbstverständlich keine Rolle mehr. Die Beamten erleiden in ihrer jetzigen Laufbahn keine Benachteiligung wegen des Fehlens der Eigenschaft als seinerzeitige Reserveoffiziersanwärter. Eine Verzögerung, die früher einmal in der Beförderung eingetreten ist, wird jetzt ausgeglichen, wenn die damalige Verzögerung nur auf das Fehlen der Reserveoffiziersanwärter-Eigenschaft zurückzuführen war. Es ist das ständige Bestreben der Bundeszollverwaltung, derartige Härten, die bis 1945 eingetreten sind, bei den weiteren Beförderungen auszugleichen.
Sollten in Einzelfällen Benachteiligungen behauptet werden, dann bitte ich, mir diese Fälle zu benennen, damit ich sie nachprüfen kann.
Eine Zusatzfrage! — Dem Herrn Staatssekretär ist bekannt, daß das allgemeine Dienstalter eines Beamten für seine Beförderung von Wichtigkeit ist. Wenn nun auf Grund der Zuerkennung der Eignung zum Reserveoffiziersanwärter eine frühere Beförderung in die Besoldungsgruppe A 4 b 1 möglich wurde, dann ist der Beamte, der diese Eignung nicht besaß, bei späteren Beförderungen benachteiligt, wenn sein allgemeines Dienstalter jetzt nicht auf den Stand derjenigen verbessert wird, die Reserveoffiziersanwärter geworden sind.
Gedenkt das Bundesfinanzministerium die Überprüfung der Personalakten durchzuführen und die Berichtigung des allgemeinen Dienstalters in Angriff zu nehmen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
In der Bundeszollverwaltung hat bisher die Festsetzung eines allgemeinen Dienstalters gar nicht vorgenommen werden können, weil der federführende Herr Bundesinnenminister die diesbezügliche Verordnung noch nicht erlassen konnte. Wir können durch Einzelentscheidungen ohne weiteres einen Härteausgleich vornehmen, und das ist auch geschehen.
Ich danke dem Herrn Staatssekretär.
Zur Frage 13 Herr Abgeordneter Baur!
Wann gedenkt die Bundesregierung den Gesetzentwurf betreffend die Pensionskasse Deutscher Eisenbahnen und Straßenbahnen, dessen alsbaldige Vorlage bereits im 1. Deutschen Bundestag — und zwar in den Sitzungen vom 17. Juni 1953 und 3. Juli 1953 — gefordert wurde, vorzulegen?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Der Herr Abgeordnete hat selber die Daten mitgeteilt, an denen der vorige Bundestag die Vorlage dieses Gesetzentwurfs gefordert hat. Diese Daten lagen ganz 'kurz vor den Neuwahlen zum Bundestag. Bereits mehrere Monate vorher hat die Bundesregierung in Übereinstimmung mit dem Hohen Hause beschlossen, dem Hohen Hause neue Vorlagen nicht mehr zuzuleiten, weil nicht einmal die endgültige Beratung der bereits etwa um Weihnachten vorgelegten Gesetzentwürfe in allen Fällen wegen der Überlastung des Hohen Hauses sichergestellt werden konnte. Aus diesem Grunde ist im Juni und Juli 1953 der Gesetzentwurf nicht mehr zugeleitet worden. Inzwischen haben aber die zuständigen Gewerkschaften und auch der Vorstand der Pensionskasse weitere Wünsche zur Berücksichtigung in dem Gesetzentwurf angemeldet. Daraufhin mußten neue Verhandlungen mit den übrigen Bundesressorts und mit den Ländern in Gang gebracht werden. Diese Verhandlungen laufen zur Zeit noch. Das Bundesfinanzministerium wird sich bemühen, wegen der damit in Verbindung stehenden sozialen Fragen den Gesetzentwurf baldigst vorzulegen.
Ich darf noch bemerken — was den Herrn Anfragenden wohl interessieren wird —, daß das Bundesfinanzministerium im Wege einer Übergangsregelung der Pensionskasse Mittel zur Verfügung gestellt hat, die es ihr gestatten, die Renten entsprechend dem Urteil des Bundesgerichtshofs in einem Umstellungsverhältnis 1 zu 1 zu zahlen. Auch im Bundeshaushalt 1954 ist für diese Übergangszahlung der erforderliche Betrag vorgesehen.
Herr Abgeordneter Arndgen hat auf die mündliche Beantwortung der Frage 14 verzichtet, da die Frage schriftlich beantwortet worden ist.
Zur Frage 15 Herr Abgeordneter Dr. von Buchka.
Unter Hinweis auf eine unlängst vom „Bundeskuratorium zur Förderung der Bekämpfung der Rindertuberkulose" gefaßte Entschließung frage ich die Bundesregierung, in welcher Weise die Regierung diese Maßnahmen zu unterstützen gedenkt.
Der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, bitte!
Meine sehr verehrten Damen und Heren! Das Bundeskuratorium hat in seiner Entschließung zunächst darauf hingewiesen, daß die Arbeiten zur Bekämpfung der Rindertuberkulose im vergangenen Jahre außerordentlich erfolgreich gewesen sind. Im vorigen Jahre konnten erhebliche ERP-Mittel für diese Bekämpfung zur Verfügung gestellt werden. Das Bundeskuratorium stellt folgende Forderungen auf: 1. daß die Bekämpfung der Rindertuberkulose aus volksgesundheitlichen und agrarpolitischen Gründen mit Nachdruck vorwärtsgetrieben wird, 2. daß sie in allen Ländern gleichsinnig erfolgt und der Bund sich an der Bekämpfung beteiligt, 3. daß sie durch den Bund und die Länder finanziell wirksam unterstützt wird. Hinsichtlich der gleichsinnigen Beteiligung von Bund und Ländern können wir sagen, daß die Herstellung und Anwendung des Tuberkulins, die Beurteilung der Tuberkulinprobe und die Ausstellung der Atteste für tuberkulosefreie Rinder nunmehr in allen Ländern in gleicher Weise erfolgen. Weiterhin wird an einer Änderung des Viehseuchengesetzes gearbeitet.
Als Ersatz der Haushaltsmittel, die im kommenden Jahr aus den Ihnen bekannten Gründen nicht zur Verfügung stehen, hat sich der Herr Finanzminister bereit erklärt, die Selbsthilfe der Landwirtschaft dadurch zu unterstützen, daß alle Maßnahmen zur Bekämpfung der Rindertuberkulose, die durch Genossenschaften und private Molkereien erfolgen, als ein nicht steuerschädliches Zweck- und Hilfsgeschäft anerkannt werden. Über diese Dinge wird im einzelnen in den nächsten Wochen mit den zuständigen Ministerien noch verhandelt. Daraus wird wohl eine erhebliche Förderung dieser Arbeiten zu erwarten sein.
Darf ich eine Zusatzfrage stellen, Herr Präsident?
Bitte schön!
Halten Sie, Herr Bundesminister, den gegenwärtigen Zustand, bei dem eigene Bundesmittel bisher offenbar überhaupt nicht aufgewendet sind, mit Rücksicht auf die Bedeutung der ganzen Angelegenheit für die Allgemeinheit und im Hinblick auf die Verhältnisse im Ausland auf die Dauer für tragbar?
Es ist sehr wünschenswert, Herr Abgeordneter, daß der Bund sich in erheblichem Maße auch mit finanziellen Mitteln an der Bekämpfung der Rindertuberkulose beteiligt. Ich habe vorhin darauf hingewiesen, daß aus den Ihnen allen bekannten Gründen im Etat die vorher eingestellten Mittel gestrichen werden mußten.
Damit ist diese Frage erledigt. Zur Frage 16 ebenfalls Herr Abgeordneter Dr. von Buchka!
Was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, um dem außerordentlich verschärften Wettbewerb in der deutschen Fischindustrie zu steuern, der durch den Verlust des Absatzes in der Sowjetzone entstanden ist?
Bitte schön, Herr Minister!
In der Fischindustrie sind außerordentlich scharfe Konkurrenzverhältnisse. Die Zahl der Betriebe in der Fischindustrie hat sich seit der Währungsreform etwa auf die Hälfte reduziert, woran man schon die Schärfe des Konkurrenzkampfes erkennen kann. Zweifellos hat der Verlust des Absatzes in der Sowjetzone und östlich der Oder-Neiße-Linie wesentlich zu dieser Entwicklung beigetragen. Aber der jetzige Konsum von Fischen, der mit 12 kg pro Kopf der Bevölkerung im Jahr den Friedensstand erreicht hat, kann sicherlich weiter ausgedehnt werden, wenn durch entsprechende moderne Verkaufsmethoden und durch Verbesserung der Qualität noch einiges geschieht.
Die Bundesregierung ist ständig bestrebt, die bestehenden Gegensätze zwischen der Fischereiflotte, also der Produktion, und der Fischindustrie, d. h. der Verarbeitung, zu mildern. Sie geht dabei davon aus, daß folgende Grundprobleme zur Steigerung des Absatzes zu lösen sind:
1. bessere Qualität,
2. gleichmäßigere Marktbeschickung,
3. ausgeglichenere Preise,
4. Erweiterung und Verbesserung des Absatznetzes und
5. Werbung und Aufklärung über den Fisch als Nahrungsmittel.
Danke sehr.
Zur Frage 17 Herr Abgeordneter Dr. von Buchka!
Wann ist mit der Vorlage eines Handelsklassengesetzes und eines Fischgesetzes zu rechnen, durch die eine Qualitätsverschlechterung der Erzeugnisse der Fischindustrie verhindert wird?
Herr Abgeordneter von Buchka, Sie meinen wahrscheinlich die Durchführungsverordnungen zum Handelsklassengesetz, soweit sie die Fischwirtschaft betreffen. Das Handelsklassengesetz ist ja im Dezember 1951 bereits verkündet worden. An diesen Durchführungsverordnungen wird zur Zeit gearbeitet. Sie sind in Vorbereitung; da sie aber mit den verschiedenen Organisationen der Fischwirtschaft und mit den Küstenländern noch abgestimmt werden müssen, werden die Arbeiten daran noch einige Zeit in Anspruch nehmen.
Die Vorlage eines Gesetzes über die Regelung der Marktverhältnisse im Rahmen der Fischwirtschaft ist bereits in der vorigen Legislaturperiode erfolgt. Bundesrat und Bundestag haben sich in der vorigen Legislaturperiode mit diesem Gesetzentwurf auch bereits beschäftigt. Nach meiner Information wird der Entwurf dem Hohen Hause in Kürze erneut vorgelegt werden.
Ich danke Ihnen sehr, Herr Minister.
Damit ist diese Frage erledigt. Zur Frage 18 Herr Abgeordneter Dr. Lütkens!
Kann die Bundesregierung die Richtigkeit der in der Zeitschrift „Der Spiegel" Nr. 1/1954 S. 4 zu findenden Nachricht bestätigen. wonach eine Dienststelle der amerikanischen Luftwaffe an ehemalige deutsche Kriegsgefangene Fragebogen ausgesandt hat, in denen diese gebeten werden, Angaben über ihnen aus ihrer Gefangenschaft bekannte industrielle Anlagen verschiedener Art zu machen?
Herr Staatssekretär des Auswärtigen Amts, bitte!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Bundesregierung ist nicht in der Lage, die Frage zu beantworten.
Soll ich diese Antwort dahin verstehen, daß sowohl dem Auswärtigen Amt wie den mancherlei anderen Dienststellen der Bundesrepublik nicht bekanntgeworden ist, daß solche Fragen in Zehntausenden von Exemplaren noch bis heute an deutsche Staatsangehörige ausgesandt werden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich bitte, die Antwort dahin zu verstehen, daß die Schwierigkeiten der Beantwortung in der Tat einerseits im Tatsächlichen liegen, andererseits aber auch darin, daß eine Erörterung dieser Frage an dieser Stelle — einerlei, welche Erklärungen dabei abgegeben werden — die Gefahr in sich schließt, daß sowjetische Instanzen daraus ungünstige Folgerungen für deutsche Kriegsgefangene ziehen, die noch in ihrem Gewahrsam sind.
Eine Zusatzfrage!
Bitte, Herr Abgeordneter!
Kann ich die Antwort der Bundesregierung dahin verstehen, daß auch sie der Meinung ist, daß die Aussendung dieser Fragebogen möglicherweise die Rückkehr noch in der Sowjetunion befindlicher Kriegsgefangenen oder gar der dort befindlichen Arbeitszwangsverpflichteten ungünstig beeinflussen könnte?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Eben zur Beantwortung dieser Frage sieht sich die Bundesregierung nicht in der Lage.
Eine Zusatzfrage, Herr Präsident! Ist die Bundesregierung bereit, öffentlich bekanntzugeben, daß deutsche Staatsangehörige nicht verpflichtet sind, diese Fragebogen zu beantworten?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Dafür gilt die gleiche Antwort.
Zur Frage 19 Herr Abgeordneter Brese!
Womit begründet die Bundesbahn die außerordentlich vermehrte Verwendung von Betonschwellen an Stelle der erprobten und bedeutend billigeren Holzschwellen?
Der Herr Bundesminister für Verkehr!
Die Deutsche Bundesbahn hat in der Vorkriegszeit ihren Schwellenbedarf je zur Hälfte durch Stahlschwellen und durch Holzschwellen gedeckt. Seit 1939, als der Stahl Mangelware wurde, werden Stahlschwellen überhaupt nicht mehr beschafft. Zum Stahlmangel kam während des Krieges und in den Nachkriegsjahren die bekannte Holzknappheit. Dies veranlaßte damals die Deutsche Bundesbahn zu verstärkten Bemühungen um die Entwicklung der Betonschwelle. Als Ergebnis steht heute die technisch ausgereifte Spannbetonschwelle zur Verfügung. Auf Grund eingehender Wirtschaftlichkeitsberechnungen, über die der Vorstand den Verwaltungsrat der Deutschen Bundesbahn in seiner letzten Sitzung vor wenigen Tagen unterrichtet hat, ist die Deutsche Bundesbahn der Ansicht, daß die Stahlbetonschwelle der Holzschwelle wirtschaftlich mindestens gleichwertig sei, da sie für den Eisenbahnbau und -betrieb beachtliche Vorteile biete. Erfahrungen des Auslandes, insbesondere in Frankreich, unterstreichen diese Auffassung. Trotzdem ist die Deutsche Bundesbahn nicht von der Verwendung von Holzschwellen abgegangen. Sie hat dabei die Interessen der Waldwirtschaft und der Holzindustrie im Auge. Das vorläufige Oberbauprogramm für das Jahr 1954, dessen Finanzierung allerdings noch nicht gesichert ist, sieht ein Verhältnis von 1 : 1 zwischen Holz- und Betonschwellen vor. Dies entspricht dem Vorkriegsverhältnis zwischen Holz- und Stahlschwellen. Die Kosten der einbaufertigen imprägnierten Holzschwelle stellen sich auf 40,94 DM, die der Spannbetonschwelle auf 41,90 DM.
Keine Frage, Herr Abgeordneter Brese? — Bitte sehr!
Darf ich eine Frage stellen. Nach meiner Erkundigung ist der Preis für die Holzschwelle nur 27,80 DM, Herr Minister.
Nein, verehrter Herr Brese, die Holzschwelle hat 1952 roh 21 DM gekostet und kostet heute roh 14,95 DM; aber die einbaufertige Schwelle, das ist die imprägnierte Schwelle mit Unterlagsplatte, stellt sich auf 40,94 DM.
Ich danke Ihnen.
Zur Frage 20 Herr Abgeordneter Brese.
Trifft es zu, daß aus Bundesmitteln erhebliche Kredite für die Errichtung privater Betonschwellenwerke gegeben wurden, und was rechtfertigt gegebenenfalls diese Ausgaben?
Bitte, Herr Bundesminister.
Nein, Herr Abgeordneter.
Damit ist die Frage offenbar erledigt.
Darf ich eine Zusatzfrage stellen?
Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Mir ist bekannt, daß an eine Firma in Kassel ein größerer Zuschuß gegeben w urde.
Ich habe die Sache genau nachgeprüft, nicht nur bei der Bundesbahn, sondern auch über das Bundesministerium für Wirtschaft. Es ist weder ein Kredit noch ein Zuschuß gegeben worden. Ob die Länder allerdings an irgendeiner Stelle einen Aufbaukredit gegeben haben, konnte ich natürlich nicht nachprüfen. Das liegt im Rahmen ganz anderer Zusammenhänge und ist dann nicht für diesen speziellen Zweck erfolgt.
Ich danke Ihnen, Herr Minister.
Zur Frage 21 Herr Abgeordneter Welskop.
Wann ist mit dem Beginn der Elektrifizierung der Bundesbahn auf der Köln-Mindener Strecke zwischen Duisburg und Dortmund zu rechnen?
Der Herr Bundesminister für Verkehr, bitte.
Die mit einem Kredit des Landes Nordrhein-Westfalen begonnene Elektrifizierung des Ruhrgebietes sieht als ersten Bauabschnitt bekanntlich die Umstellung der Strecke von Hamm über Dortmund—Essen —Duisburg nach Düsseldorf vor. Für die sogenannte Köln-Mindener Strecke stehen z. Z. noch keine Mittel zur Verfügung. Ihre Umstellung auf elektrischen Betrieb erfordert mindestens 60 Millionen DM. Es handelt sich dabei um die Parallelstrecke von Duisburg nach Dortmund über Gelsenkirchen. Diese Strecke wird voraussichtlich erst in Angriff genommen werden können, wenn die Elektrifizierung der zuerst genannten Strecke vollendet ist.
Danke sehr.
Keine Zusatzfrage.
Zu Frage 22 Herr Abgeordneter Welskop, bitte.
Wann ist mit dem Ausbau des Emscherweges, der nördlichen Parallelstraße des Ruhrschnellweges, zwischen Oberhausen und Dortmund zu rechnen?
Bitte, Herr Bundesminister.
Der Ausbau eines neuen Straßenzuges zwischen Oberhausen und Dortmund entlang der Emscher liegt nach unseren Feststellungen vor allem im Interesse des Orts- und Bezirksverkehrs. Er ist daher nicht Aufgabe des Bundes, sondern des Landes Nordrhein-Westfalen und der beteiligten Städte. Für den Fernverkehr, für den der Bund zuständig ist, ist neben der Autobahn Ruhrgebiet—Hannover und dem südlich davon im Abstand von 10 km parallel verlaufenden Ruhrschnellweg eine zusätzliche OstWest-Verbindung nicht erforderlich, zumal ja auch noch im Süden eine weitere Entlastung der Autobahn durch die Strecke Kamen—Leverkusen geplant ist. Der Ruhrschnellweg soll auch nach seinem Ausbau an alle kreuzenden Verkehrsstraßen angeschlossen bleiben und kann daher vom überörtlichen wie vom Nahverkehr wie bisher benutzt werden.
Ich darf vielleicht noch eine Frage hinzusetzen. Mir ist bekannt, daß der Verbandspräsident des Bezirks Essen diesen Ruhrschnellweg plant und daß in den einzelnen Orten Gelsenkirchen, Hamm und Castrop-Rauxel diesbezügliche örtliche Maßnahmen bereits getroffen sind.
Ja, das ist eine Planung des Landes und der zuständigen Stellen der Provinzialverwaltung für diesen sogenannten Emscherweg. Wir nennen ihn Emscherweg, im Gegensatz zum Ruhrschnellweg. Wir sind für den Ruhrschnellweg verantwortlich und wollen alle verfügbaren Mittel einsetzen, damit er so bald wie möglich ausgebaut werden kann.
Ich danke Ihnen, Herr Minister.
Damit ist diese Frage erledigt.
Zur Frage 23 Herr Abgeordneter Dr. Dr. Prinz zu Löwenstein.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich erlaube mir, folgende Frage zu stellen:
Ungefähr zu welchem Zeitpunkt kann mit der Fertigstellung und Bekanntgabe des Saargutachtens gerechnet werden, mit dessen Ausarbeitung die Bundesregierung in der einstimmigen Entschließung des Deutschen Bundestages vom 2. Juli 1953 beauftragt wurde?
Der Herr Staatssekretär des Auswärtigen Amts.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Bundesregierung hatte entsprechend dem Wunsch des ersten Deutschen Bundestages ein Gutachten über die völkerrechtliche und staatsrechtliche Lage des Saargebiets in Auftrag gegeben. Die Vorarbeiten für dieses Gutachten haben längere Zeit in Anspruch genommen, so daß es dem Deutschen Bundestag nicht mehr während seiner ersten Wahlperiode vorgelegt werden konnte. Die Bundesregierung wird auf eine beschleunigte Fertigstellung des Gutachtens hinwirken, um es dem Auswärtigen Ausschuß vorzulegen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Darf ich eine Zusatzfrage stellen?
Bitte!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Da die Grundlagen des kommenden Gutachtens gemäß dem Bundestagsbeschluß vom 2. Juli 1953 feststehen dürften, Herr Staatssekretär, möchte ich mir die folgende Frage erlauben: Kann die Bundesregierung schon Auskunft darüber geben, ob sich das kommende Gutachten vom van-Naters-Plan distanzieren oder ob es diesen Plan zu seinem Ausgangspunkt nehmen wird?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Gutachten wird von diesem Plan unabhängig sein.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich danke Ihnen!
Zur Frage 24 Herr Abgeordneter Dr. Lütkens. — Offenbar ist Herr Abgeordneter Lütkens nicht im Hause.
Ich komme zur Frage 25. Herr Abgeordneter Schmidt !
Ich frage den Herrn Bundespostminister:
Aus welchen Gründen ist der Verwaltungsrat beim Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen noch nicht gebildet worden, obgleich die Konstituierung gemäß § 34 des Postverwaltungsgesetzes bis spätestens am 31. Oktober 1953 hätte vorgenommen werden müssen und der Bundestag die von ihm zu entsendenden Mitglieder vor längerer Zeit benannt hat?
Der Herr Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Der Verwaltungsrat der Deutschen Bundespost konnte bis zum 31. Oktober 1953 nicht gebildet werden. Die Vorschläge für die Mitglieder des Verwaltungsrats gemäß § 6 des Postverwaltungsgesetzes sind nicht zeitgerecht eingegangen, die letzten erst am 4. Dezember 1953. Außerdem sollte die Benennung der beiden Sachverständigen auf dem Gebiet des Nachrichten- und des Finanzwesens mir vorbehalten bleiben. Ich habe aber mein Amt erst am 10. Dezember 1953 übernommen und konnte daher erst dann die nach § 6 Abs. 4 des Postverwaltungsgesetzes erforderlichen Besprechungen mit dem Herrn Bundesminister der Finanzen über die Person des Sachverständigen auf dem Gebiet des Finanzwesens aufnehmen. Ich werde in Kürze der Bundesregierung die Vorschläge zur Ernennung der Mitglieder des Verwaltungsrats einreichen. Die Bundesregierung ernennt alsdann die ihr vorgeschlagenen und von
ihr ausgewählten Personen zu Mitgliedern des Verwaltungsrats. Damit ist der Verwaltungsrat dann gebildet.
Eine Zusatzfrage!
Darf ich fragen, Herr Bundesminister: wann rechnen Sie etwa mit der Konstituierung dieses Verwaltungsrates?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich hoffe, noch in dieser Woche die Vorschläge der Bundesregierung unterbreiten zu können.
Ich danke sehr!
Damit ist die Frage erledigt.
Zur Frage 26 Herr Abgeordneter Krammig! Krammig :
Ist der Bundesregierung bekannt, daß amerikanische Dienststellen den Zuschlag bei einer Ausschreibung über die Lieferung von Wolldecken im Werte von 8 Millionen DM der Santa Roma GmbH, Frankfurt/Main, erteilt haben und daß diese Firma den Auftrag an italienische Lieferanten in voller Höhe vergeben hat? Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, daß amerikanische Dienststellen künftig den Zuschlag für Ausschreibungen, die über den Besatzungskostenhaushalt bezahlt werden müssen, an inländische Firmen vergeben?
Der Bundesminister für Wirtschaft!
Der Bundesregierung ist bekannt, daß der US-Quartermaster in Frankfurt am Main den Zuschlag bei einer Ausschreibung über die Lieferung von Wolldecken im Werte von 8 Millionen DM am 24. November 1953 der Firma Santa Roma GmbH in Frankfurt am Main erteilt hat. Das Bundesministerium für Wirtschaft hat unter Einschaltung der Bundesstelle für den Warenverkehr am 30. Dezember 1953 und am 14. Januar 1954 beim Quartermaster in Frankfurt und am 16. Januar 1954 unmittelbar bei US-HICOG in Mehlem Vorstellungen hiergegen erhoben. Die amerikanische Stellungnahme ist demnächst zu erwarten.
Der Sachverhalt ist folgender. Die Santa Roma GmbH hat am 13. November 1953 auf eine Ausschreibung des Quartermasters in Frankfurt über 240 000 Stück Wolldecken neben anderen Firmen ein Angebot abgegeben. Sie hatte dabei jedoch Quartermaster bis zum 24. Dezember 1953 darüber im unklaren gelassen, daß ihr die erforderliche Genehmigung deutscher Dienststellen für die Einfuhr und Lieferung an die Besatzungsdienststellen im Werte von rund 8 Millionen DM nicht erteilt worden war. Es war ihr lediglich zu einem früheren Zeitpunkt eine Genehmigung im Lohnveredelungsverkehr mit Italien erteilt worden, die es ihr ermöglichte, Textilien, unter anderem Decken, bis zu 1,5 Millionen DM der Besatzungsmacht anzubieten. Durch Rücklieferung von Decken gegen in Italien verarbeitete Lumpen waren in diesem Falle keine Devisen aufzuwenden, und die Ware war nicht als Importgut anzusehen.
Quartermaster Frankfurt wurde von der Bundesstelle für den Warenverkehr am 30. Dezember 1953 darauf aufmerksam gemacht, daß die Firma nur in Höhe von 1,5 Millionen DM anbieten und liefern könne.
Die Santa Roma GmbH hat jetzt die Absicht, den 1,5 Millionen DM übersteigenden Anteil des Auftrages mit Decken zu befriedigen, die sie aus Italien im Rahmen des liberalisierten Einfuhrverfahrens und zollfrei als Lieferung für die Besatzungsmacht einführen will. Hiergegen hat das Bundeswirtschaftsministerium gegenüber US-HICOG Einspruch erhoben und gebeten, den der Santa Roma GmbH erteilten Zuschlag auf 1,5 Millionen DM zu begrenzen und für den Rest Waren deutscher Fertigung zu berücksichtigen.
Die Bundesregierung besitzt trotz wiederholter Vorstöße bei der US-Hochkommission zur Zeit noch keine Möglichkeiten, das amerikanische Vergabeverfahren bei Requisitionen zu beeinflussen. Es ist jedoch bereits folgendes erreicht worden. Auf Grund von Abreden zwischen Bundeswirtschaftsministerium und US-Hochkommission ist bisher die Praxis befolgt worden, wonach DM-Requisitionen aus dem Besatzungshaushalt grundsätzlich nur auf solche Fertigwaren erteilt werden können, die im Bundesgebiet hergestellt sind oder mindestens dort ihre letzte wirtschaftlich gerechtfertigte Verarbeitung erfahren haben. US-HICOG hat sich in diesem Rahmen gegenüber den US-Beschaffungsstellen ausdrücklich die Genehmigung von Requisitionen auf Import-Fertigerzeugnisse als Ausnahmefälle vorbehalten. Diese Genehmigung wurde auf Grund der bestehenden deutsch-amerikanischen Abreden nur dann erteilt, wenn im Bundesgebiet keine gleichartigen Waren zu vergleichbaren Preisen hergestellt wurden. Hierüber wurde in Einzelfällen Einverständnis zwischen Bundeswirtschaftsministerium und US-HICOG herbeigeführt.
Gegenwärtig wird von der Erhebung der Eingangsabgabe für ausländische Waren nur dann abgesehen, wenn diese Waren im Zollinland von den Besatzungsdienststellen als Zollgut — z. B. aus einem Zollager oder einem Zollveredelungsverkehr — offiziell erworben und in Besitz genommen werden. Der Nachweis hierfür wird durch Vorlage des Requisitionsscheines — z. B. des amerikanischen Formblattes 6 GA — erbracht. Das Bundeswirtschaftsministerium ist der Auffassung, daß diese Regelung nur für die oben erwähnten Ausnahmefälle angewandt werden sollte, d. h. wenn über den Import von Fertigerzeugnissen gegenseitiges Einverständnis erzielt worden ist. Andernfalls würde die Wettbewerbslage im Inland eindeutig zuungunsten der Herstellerfirmen verschoben werden.
Das Bundesministerium für Wirtschaft wird an Hand dieses Falles erneut darauf hinwirken, daß auch die Beschaffungsstellen der amerikanischen Wehrmacht grundsätzlich Waren deutscher Fertigung anfordern, wenn sie mit Mitteln des Besatzungskostenhaushalts bezahlt werden.
Darf ich eine Zusatzfrage stellen?
Eine Zusatzfrage!
Herr Bundeswirtschaftsminister, muß ich aus Ihrer Antwort entnehmen, daß Sie keine Möglichkeit haben, zu prüfen, ob die requirierten Gegenstände im Inland beschafft werden können?
Doch, die Möglichkeit der Prüfung ist gegeben; sie liegt in Händen der Bundesstelle für den Warenverkehr.
Darf ich die weitere Frage stellen: Tritt mit dem Inkrafttreten des Deutschland- bzw. Truppenvertrags hierin eine Änderung in der Weise ein, daß in Zukunft deutsche Dienststellen darüber entscheiden, wohin der Zuschlag erteilt wird?
Das trifft nicht für die Aufträge zu, die unmittelbar für die fremden Truppen vergeben werden.
Ich danke dem Herrn Minister.
Zur Frage 27 Herr Abgeordneter Dr. Menzel.
Billigt die Bundesregierung den Vorschlag des Bundesministers für Familienfragen, Herrn Dr. Wuermeling, In seiner Frankfurter Rede vom 11. Januar 1954, „einmal zu prüfen, wieviel Richter bei Ablegung des Richtereids den religiösen Eid verweigerten, und danach festzustellen, wie die Ehescheidung an jenen Gerichten gehandhabt werde"?
Der Bundesminister des Innern!
Ich darf die Frage für die Bundesregierung wie folgt beantworten: Der Bundesminister für Familienfragen hat in seiner Frankfurter Rede am 9. Januar 1954 nicht vorgeschlagen, „zu prüfen, wieviel Richter bei Ablegung des Richtereids den religiösen Eid verweigerten, und danach festzustellen, wie die Ehescheidung an jenen Gerichten gehandhabt werde". Er hat vielmehr im Anschluß an Ausführungen über die stark unterschiedliche Häufigkeit von Ehescheidungen in den Ländern nur bemerkt, daß es „interessant sein würde, wenn die Landesjustizverwaltungen einmal Zahlen darüber bekanntgäben, wie viele ihrer Richter bei der Ablegung ihres Richtereides die religiöse Eidesformel verweigert haben, also ihr Richteramt nicht auch von einem göttlichen Auftrag herleiten, sondern es nur auf die staatliche Ernennungsurkunde stützen". Die Bundesregierung sieht keine Veranlassung, zu dieser Bemerkung Stellung zu nehmen.
Darf ich eine Zusatzfrage stellen?
Bitte, Herr Abgeordneter!
Welche Schlußfolgerung gedenkt die Bundesregierung oder der Herr Bundesminister Dr. Wuermeling auf Grund einer solchen etwaigen Statistik — falls er sie erhalten sollte -
zu ziehen?
Was Herr Kollege Wuermeling zum Ausdruck gebracht hat, waren Überlegungen; es war nicht der Ausdruck einer Politik der Bundesregierung. Ich habe bereits gesagt, daß die Bundesregierung keine Veranlassung sieht, zu dieser Bemerkung Stellung zu nehmen.
Danke sehr!
Meine Damen und Herren, damit ist die Fragestunde abgelaufen. Entsprechend der Vereinbarung im Ältestenrat werden die übrigen, in der Fragestunde nicht beantworteten Fragen schriftlich beantwortet.
Ich komme zu Punkt 2 der Tagesordnung:
Beratung der Übersicht 2 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages betreffend Petitionen .
Wünscht der PetitionsAusschuß, dazu Ausführungen zu machen? — Das ist nicht der Fall.
Ich bitte die Damen und Herren, die den im Umdruck 8 *) gestellten Anträgen stattzugeben wünschen, eine Hand zu erheben. — Damit ist der im Umdruck 8 gestellte Antrag des Petitions-Ausschusses angenommen.
Ich komme zu Punkt 3:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend das Übereinkommen Nr. 63 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 20. Juni 1938 über Statistiken der Löhne und der Arbeitszeit in den hauptsächlichsten Zweigen des Bergbaus und des verarbeitenden Gewerbes einschließlich des Baugewerbes sowie in der Landwirtschaft .
Der Gesetzentwurf liegt Ihnen vor. Er ist schriftlich begründet. Die Regierung wünscht eine mündliche Begründung nicht mehr vorzunehmen.
Im Ältestenrat ist eine Verständigung dahin zustande gekommen, daß auf eine Aussprache in der ersten Beratung verzichtet werden kann. — Das Haus ist damit einverstanden.
Ich schlage Ihnen vor, diesen Gesetzentwurf dem Ausschuß für Arbeit zu überweisen. — Das Haus. ist damit einverstanden; die Überweisung ist erfolgt.
Ich rufe auf Punkt 4:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend das Übereinkommen Nr. 88 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 9. Juli 1948 über die Organisation der Arbeitsmarktverwaltung .
Dafür gilt das gleiche wie zu Punkt 3. Es wird ebenfalls Überweisung an den Ausschuß für Arbeit vorgeschlagen. — Das Haus ist damit einverstanden.
Ich rufe auf Punkt 5:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend das Übereinkommen Nr. 96 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 1. Juli 1949 über Büros für entgeltliche Arbeitsvermittlung (Drucksache 128).
Auch hier wird ohne Aussprache die Überweisung an den Ausschuß für Arbeit vorgeschlagen. — Die Überweisung ist erfolgt.
*) Siehe Drucksache 212
Ich komme zu Punkt 6:
Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur einheitlichen Anwendung des § 397 des Angestelltenversicherungsgesetzes vom 28. Mai 1924 .
Wünscht der Bundesrat, den Gesetzentwurf zu begründen? — Herr Minister Farny, bitte!
Farny, Minister des Landes Baden-Württemberg: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für den Bundesrat darf ich Ihnen den vorliegenden Initiativgesetzentwurf wie folgt begründen.
§ 397 des Angestelltenversicherungsgesetzes regelt den Ruhegeldsanspruch versicherter Angestellter, die das 60. Lebensjahr vollendet haben und seit mindestens einem Jahr ununterbrochen arbeitslos sind. Der damit zusammenhängende § 23 des Gesetzes vom 15. Januar 1941 sieht das Wiederaufleben dieses Ruhegeldanspruchs für den Fall vor, daß ein nach § 397 AVG bereits bewilligtes Ruhegeld wegen der späteren Übernahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung weggefallen ist und die spätere Beschäftigung nunmehr wieder endet. Beide Bestimmungen gelten heute noch in der amerikanischen und in der französischen Zone, während sie für die britische Zone durch § 18 Abs. 3 der 1. Verordnung zur Vereinfachung des Leistungs- und Beitragsrechts in der Sozialversicherung vom 17. März 1945 noch außer Kraft sind.
Die Benachteiligung der in der britischen Zone wohnenden Versicherten der Angestelltenversicherung ist nicht gerechtfertigt. Seit 1945 führten die Rentenversicherungsträger der Invalidenversicherung des Bundesgebiets als Treuhänder die Aufgaben der Angestelltenversicherung durch. Die Rentenversicherungsträger mit dem Sitz in der britischen Zone wurden im Wege des Gemeinlastverfahrens mit den Leistungen aus § 397 AVG in der amerikanischen und französischen Zone belastet, ohne daß ihre eigenen Versicherten der Angestelltenversicherung in den Genuß dieser Leistung kommen konnten. Auch nach der vor kurzem erfolgten Neuerrichtung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte besteht die erwähnte ungleiche Behandlung der Versicherten auch heute noch fort.
Die finanzielle Mehrbelastung der Angestelltenversicherung bei Anwendung des § 397 AVG für die britische Zone würde nach der Schätzung des Herrn Bundesministers für Arbeit 2,1 bis 2,5 Millionen DM ergeben. Diese Ausgabe ist im Hinblick auf eine Gesamtausgabe von mehr als 800 Millionen DM für die Angestelltenversicherung geringfügig. Es wird eingewendet, daß das hier behandelte Risiko nicht in die Angestelltenversicherung gehöre, sondern von der Arbeitslosenversicherung erfaßt werden müßte. Weiter wird entgegengehalten, daß § 397 AVG im Jahre 1929 nur als Notmaßnahme für ältere stellungslose Angestellte eingeführt worden sei und daß es daher zweckmäßiger wäre, die Frage des Schutzes dieses Personenkreises im Rahmen der Reform der Sozialleistungen zu lösen.
Es mag dahingestellt sein, ob man eine Bestimmung, die im Jahre 1929 — also vor nunmehr 25 Jahren — eingeführt wurde und die sich auch in der Nachkriegszeit als Versicherungsschutz für die älteren arbeitslosen Angestellten bewährt hat, heute noch als Notmaßnahme ansehen will. Dem
Bundesrat erscheint es jedenfalls nicht angängig, den Zustand der Ungleichheit vor dem Gesetz bis zu einer künftigen Sozialreform, deren Zeitpunkt auch noch ungewiß ist, beizubehalten. Ich darf das Hohe Haus bitten, diese Erwägungen, die den Bundesrat zur Einbringung des Initiativgesetzentwurfs veranlaßten, bei der späteren Beschlußfassung zu berücksichtigen.
Bemerken darf ich noch, daß die vorgetragene Stellungnahme des Bundesrates unbeschadet der derzeit in den Rechtsausschüssen des Bundestages und des Bundesrates laufenden Prüfung der Frage der Diskontinuität des Bundestages und ihrer Auswirkung auf das Gesetzgebungsverfahren abgegeben wird.
Sie haben die Begründung gehört. Meine Damen und Herren, wird eine Aussprache in der ersten Beratung gewünscht? — Das ist offenbar nicht der Fall. Ich schlage Ihnen vor, diesen Gesetzentwurf dem Ausschuß für Sozialpolitik zu überweisen. — Die Überweisung ist erfolgt.
Ich rufe Punkt '7 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Italienischen Republik über Arbeitslosenversicherung .
Der Gesetzentwurf mit Begründung liegt Ihnen vor. Eine Aussprache in der ersten Beratung erübrigt sich. Ich schlage Ihnen die Überweisung des Entwurfs an den Ausschuß für Arbeit vor. — Das Haus ist mit der Überweisung einverstanden.
Nächster Punkt der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend die Vereinbarung vom 23. Februar 1953 über die Regelung der Schweizerfranken-Grundschulden .
Der Gesetzentwurf liegt Ihnen vor; eine Aussprache wird nicht gewünscht. Ich schlage Ihnen vor, diesen Gesetzentwurf Drucksache 159 dem Ausschuß für Geld und Kredit als federführendem Ausschuß und dem Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen zur Mitberatung zu überweisen. — Das Haus ist mit dieser Überweisung einverstanden.
Punkt 9 — Gesetzentwurf über die Personalvertretungen in den öffentlichen Verwaltungen und Betrieben — ist von der Tagesordnung abgesetzt.
Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen vom 21. November 1947 und über die Gewährung von Vorrechten und Befreiungen an andere zwischenstaatliche Organisationen .
Eine Aussprache in der ersten Beratung soll nicht stattfinden.
Ich schlage Ihnen vor, diesen Gesetzentwurf dem Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten zu überweisen. — Das Haus ist damit einverstanden. Die Überweisung ist erfolgt.
Punkt 11 — Gesetzentwurf über den Beitritt der Bundesrepublik zu den vier Genfer Rot-KreuzAbkommen — ist von der Tagesordnung abgesetzt.
Ich rufe auf Punkt 12:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu der Konvention vom 9. Dezember 1948 über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes .
Wünscht die Regierung diesen Gesetzentwurf zu begründen? — Offenbar nicht. Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Schmid.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe im Namen der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei folgende Erklärung abzugeben:
Seit dem Ausgang des ersten Weltkrieges hat der Kampf der Völker immer brutalere Ausmaße angenommen. Ganze Bevölkerungen wurden aus ihren oft jahrhundertealten Sitzen vertrieben, anderen wurden die Rechte verweigert, die in zivilisierten Völkern als unverzichtbarer Inhalt bürgerlicher Freiheit gelten. In Bürgerkriegen wurden Volksgruppen, die Angehörigen sozialer Klassen und religiöse und weltanschauliche Gemeinschaften ausgerottet. Im zweiten Weltkrieg ist diese Brutalität ins Grauenhafte gewachsen. Die auf Geheiß der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft erfolgte Hinmordung von Millionen von Juden und Hunderttausenden von Angehörigen fremder Völker hat den deutschen Namen mit Schande bedeckt und unser Volk mit einer schweren Verantwortung und Haftung beladen. Die gewaltsame, gegen jedes 1 Menschenrecht erfolgte Vertreibung von Millionen Menschen deutschen Volkstums hat zur fast völligen Vernichtung deutscher Volksgruppen geführt.
Manche hüben und drüben mögen, was hier über die Deutschen zur Last fallenden Untaten und über die anderen zuzurechnenden Verbrechen an Deutschen gesagt worden ist, nicht gern hören. Aber am Ja und Nein zu einem solchen Bekenntnis scheiden sich die Geister.
Es muß alles getan werden, um die Wiederkehr solcher Untaten zu verhindern. Wir werden uns allem entgegenstellen, was in den Menschen den Ungeist und die bösen Triebe wecken könnte, aus denen allein die Gesinnungen wachsen konnten, die zu diesen Greueln geführt haben.
Darum begrüßt die Fraktion der Sozialdemokratische Partei den Beitritt zur Konvention und die geplante Ergänzung des Strafgesetzbuchs. Wir bitten um Überweisung der Vorlage an den Rechtsausschuß.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Ilk.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Das vorliegende Gesetz erinnert uns an eines der traurigsten Kapitel der deutschen Geschichte, ja ich möchte fast sagen dieses Jahrhunderts. Ich begrüße es namens der Fraktion der Freien Demokratischen Partei, daß endlich Gelegenheit gegeben ist, durch ein Gesetz einer Konvention beizutreten, die den Völkermord ablehnt
und die genaue Definitionen für diesen Begriff festgelegt hat. Ich begrüße es, daß man jede einzelne Tat, die unter den Begriff des Völkermords fällt, als das bezeichnet, was sie ist, als einen gemeinen Mord, und nicht als eine politische Tat, die vielleicht von irgendeiner Seite verherrlicht werden könnte.
Ich bin mit meinen Freunden der Ansicht, daß ein Volk als lebende Kraft um jeden Preis erhalten werden muß. Wir müssen alles dazu tun, daß auch der einzelne Mensch wieder als Mensch, als Lebewesen geachtet wird und nicht irgendeinem fanatischen Gedanken, sei er politisch, religiös oder sonstwie fundiert, geopfert werden kann. Wenn eine solche Konvention abgeschlossen wird und wenn wir die Idee dieser Konvention freudig aufnehmen, dann müssen wir uns allerdings auch darauf verlassen können, daß absolute Gegenseitigkeit garantiert ist.
Unter dem Begriff des Völkermordes müssen wir auch eine Austreibung ganzer Volksteile — unter besonders erschwerten Bedingungen, ja vielleicht überhaupt grundsätzlich — subsumieren.
Dabei denken wir zunächst an den schweren Verlust, den unsere deutschen Menschen erlitten haben, die unter unmenschlichen Verhältnissen aus dem Osten vertrieben wurden. Das ist aber selbstverständlich keine Entschuldigung für das, was von unserer Seite geschehen ist.
Doch wir wollen ja nicht immer nur rückwärts sehen, wir möchten vorwärts sehen. Darum soll aus dieser Konvention die Verpflichtung erwachsen, daß die Völker sich nicht vernichten. sondern einander stützen und fördern, damit wir einstens den Begriff des Völkermordes überhaupt nicht mehr kennen, sondern nur noch den Begriff des Völkerfriedens.
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Justiz.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte namens der Bundesregierung folgende Erklärung abgeben:
Die Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes wurde im Dezember 1948 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen durch einstimmigen Beschluß angenommen. Sie ist am 12. Januar 1951 für eine stattliche Anzahl von Staaten, unter denen bedauerlicherweise noch eine Reihe von Regierungen fehlen, in Kraft getreten. Die Bundesregierung folgt mit Freuden der Einladung der Vereinten Nationen, dieser Konvention beizutreten. Sie hat die feste Zuversicht, daß die Ziele, die sich die Konvention gesteckt hat, erreichbar ,sind und daß dadurch künftige Schrecken einer unmenschlichen Politik verhindert werden. Die Bundesregierung hofft, daß sich noch weitere Staaten durch Ratifikation und Beitritt zu den in der Konvention vorgesehenen Maßnahmen bekennen werden.
Meine Damen und Herren, die Konvention hat besonders die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes, den Schutz ganzer Bevölkerungsgruppen, seien es nationale, ethnische, rassische oder
religiöse Gruppen, zum Ziel, und die Konvention gilt sowohl für Kriegs- als auch für Friedenszeiten. Gemeinsam ist ihr und den vier Genfer RotkreuzAbkommen, die heute von der Tagesordnung abgesetzt worden sind, daß sie alle aus den grauenvollen Erfahrungen der beiden letzten Jahrzehnte geboren sind, aus der traurigen Notwendigkeit, Vorsorge zu treffen, daß sich Regierungen nicht wieder in Kriegs- und Friedenszeiten solcher Mittel bedienen, die zu allen Zeiten und von allen Kulturvölkern gleichermaßen verabscheut worden sind.
Die Ausarbeitung des Zustimmungsgesetzes zu der Konvention erforderte umfangreiche und sorgfältige Vorarbeiten, vor allem, da die Konvention eine Reihe von Tatbeständen und Begriffen enthält, die unserem bisherigen deutschen Recht nicht bekannt waren. Es mußte deshalb genau geprüft werden, ob und welche Anpassungsvorschriften des innerdeutschen materiellen Rechts und des Verfahrensrechts erforderlich sind, um die mit dem Beitritt zu der Konvention übernommenen völkerrechtlichen Verpflichtungen sogleich rechtswirksam werden zu lassen. Über diese innerstaatlichen Gesetzesmaßnahmen wird wohl in den Ausschüssen noch eingehend beraten werden müssen.
Die Vorschriften der Konvention sind sehr weit gefaßt. Nicht nur die eigentliche Ermordung von Angehörigen nationaler, ethnischer, rassischer oder religiöser Gruppen soll verhütet und bestraft werden. Auch andere Verbrechen, die in der Absicht begangen worden sind, eine solche Gruppe ganz oder teilweise zu zerstören oder auszurotten, sind Völkermord im Sinne dieses Abkommens. Hierzu zählen die Verursachung von schweren körperlichen oder seelischen Schäden an Mitgliedern der Gruppen und die Auferlegung von Lebensbedingungen, die geeignet sind, ihre körperliche Vernichtung ganz oder teilweise herbeizuführen, weiterhin auch die Verhängung von Maßnahmen, die auf die Geburtenverhinderung innerhalb der Gruppen gerichtet sind, und schließlich auch die gewaltsame Überführung von Kindern in eine andere Gruppe. Man hat sich also, wie Sie aus diesen Bestimmungen ersehen werden, bemüht, in der Konvention sämtliche nur möglichen Formen der Ausrottung und Vernichtung zu erfassen.
Zur Aburteilung dieser Verbrechen sind nach der Konvention in erster Linie die nationalen Gerichte vorgesehen. Es ist aber auch eine überstaatliche Sicherung ins Auge gefaßt, und zwar in Gestalt einer noch zu schaffenden internationalen Strafgerichtsbarkeit und einer Anrufung von Organen der Vereinten Nationen.
Die Bundesregierung empfiehlt dem Hohen Hause die Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf und hofft, daß das Haus dieser Empfehlung folgen wird.
Das Wort hat der Abgeordnete Höfler.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der CDU/CSU begrüßt es, daß die deutsche Bundesrepublik dieser Konvention beitritt, einer Konvention, der bereits 43 Nationen ihre Zustimmung gegeben haben. Angesichts so vieler vorsätzlicher Massenvernichtungen ganzer Bevölkerungsgruppen aus Motiven religiöser, rassischer oder volkstümlicher Feindschaft, die wir in den letzten Jahrzehnten erleben mußten, erscheint diese Konvention geradezu wie eine sittliche Notwendigkeit, wie eine Rückbesinnung auf die Würde des Menschen und auf menschliche Verantwortlichkeit auch gegenüber dem göttlichen Gesetzgeber, der Menschen und Völker doch wahrhaftig nicht geschaffen und ins Leben gerufen hat, damit sie sich mit allen Listen der Bosheit und mit den grauenvollsten Mitteln der Brutalität, die nur denkbar sind, ausrotten.
Mit tiefem Bedauern denken wir dabei auch an die Millionen von Juden und von Bürgern fremder Völker, die dem verbrecherischen Mördergeist eines ruchlosen Regimes zum Opfer fielen, und wir sind von brennender Scham erfüllt darüber, daß so Verabscheuungswürdiges innerhalb unseres eigenen Volkes und Landes vor sich gehen konnte.
Aber wir denken freilich auch mit tiefem Schmerz an die Millionen von deutschen Menschen, die aus ihrer Heimat im Osten und Südosten vertrieben sind nur deswegen, weil sie Deutsche waren.
Nie wieder sollen derartige Dinge die Menschheit anfallen, und was uns angeht, das deutsche Volk, so möchten wir alles tun, um im Sinne dieser Konvention dafür Zeugnis abzulegen, daß die Läuterung, die der Krieg immerhin besinnlichen Menschen gebracht hat, auch dahin führe, daß man Abstand nehme von so verabscheuungswürdigen Dingen, die abzuwehren der Sinn dieser Konvention ist.
Wir stimmen dieser Konvention von ganzem Herzen zu.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Haasler.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Gesamtdeutsche Block/BHE stimmt dem Gesetz zu. Er sieht in diesem Gesetz einen Schritt zur Ächtung von Vorgängen, denen in den letzten Jahrzehnten durch Praktizierung einer brutalen Staatsauffassung, insbesondere auch während zweier Kriege, Millionen von Menschen, vornehmlich aus der Zivilbevölkerung, zum Opfer gefallen sind.
Wir haben die Hoffnung, daß die Konvention vom 9. Dezember 1948 zur Abkehr von einer Staatsauffassung beiträgt, welche es gestattet, Tatbestände, die im Recht des nationalen Staates als Verbrechen geahndet werden, nur deshalb — und dann oft auch noch als Heldentaten — zu sanktionieren, weil sie dem übersteigerten staatlichen Egoismus und seinen unduldsamen Doktrinen dienen sollten.
Wir hätten es im übrigen begrüßt, wenn wir den Beitritt zu dieser Konvention, die ja ein Anfang zu einer besseren und menschlicheren Auffassung sein soll, nicht damit begonnen hätten, alte Rechnungen noch einmal herzuzählen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. von Merkatz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch meine Fraktion ist sich bewußt, daß angesichts dieser bedeutungsvollen Konvention alte Rechnungen nicht mehr aufgemacht werden sollten. Aber wir sind uns zugleich
auch bewußt, daß diese Konvention aus den Leiden der letzten fünfzig Jahre geboren worden ist,
die uns tief eingeprägt sein müssen.
Meine Fraktion wird zu den Einzelheiten der Konvention noch Stellung nehmen, denn sie bedürfen einer gründlichen Bearbeitung in den Ausschüssen. Ich möchte aber bereits hier namens meiner Fraktion bemerken, daß diese Konvention dann, wenn sie nicht nur rechtliche, sondern auch tatsächliche Wirklichkeit wird, einen ganz bedeutenden Schritt in der Entwicklung des Völkerrechts darstellt und wir mit ihr auf dem Wege dazu sind, daß die künftige völkerrechtliche Ordnung nicht von den Rechten der Souveränität aus, also nicht allein aus den Gegebenheiten der Macht, sondern von den Rechten des Menschen aus aufgebaut wird.
Diese Konvention kann einen ganz bedeutenden Schritt in der Geschichte des Völkerrechts darstellen. Mit ganzem Herzen begrüßen wir diese Konvention und werden mit allen unseren Kräften dahin wirken, daß sie Wirklichkeit wird im Leben aller Völker, im Leben des Völkerrechts.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Meine Damen und Herren, es ist Überweisung an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht beantragt. Ich darf unterstellen, daß auch Überweisung an den Auswärtigen Ausschuß gewünscht wird. — Die Überweisung an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht als federführenden Ausschuß und an den Auswärtigen Ausschuß ist erfolgt.
Ich rufe Punkt 14 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen .
Wünscht die Bundesregierung den Entwurf zu begründen? — Der Herr Bundesminister der Justiz zur Begründung!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Entwurf eines Gesetzes über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen war bereits in der ersten Legislaturperiode des Deutschen Bundestages vorgelegt worden. Er ist in der Sitzung des Bundestages vom 11. September 1952 in erster Lesung behandelt worden. Der Entwurf konnte jedoch in der ersten Legislaturperiode des Bundestages nicht mehr erledigt werden. Er wird nun dem Hohen Hause erneut vorgelegt, nachdem einige Änderungen vorgenommen worden sind, die sich aus Wünschen des Rechtsausschusses und des Bundesrates ergeben haben.
Der Entwurf als solcher stellt das Ausführungsgesetz zu Art. 104 Abs. 2 des Grundgesetzes dar. Er behandelt die Freiheits entziehungen, nicht dagegen die Freiheits beschränkungen. Dazu möchte ich folgendes sagen. Die Freiheitsbeschränkungen sind in dem Entwurf deshalb nicht geregelt, weil Art. 104 Abs. 2 eine vorherige Entscheidung des Gerichts bei Freiheitsbeschränkungen nicht vorsieht. Dadurch würde auch eine zu große Erschwerung für die Verwaltung herbeigeführt werden. Der Staatsbürger ist aber gegenüber Freiheitsbeschränkungen nicht schutzlos, sondern er hat die Möglichkeit, die Nachprüfung des die Freiheitsbeschränkung anordnenden Verwaltungsaktes im Wege der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu erreichen.
Diese verschiedenartige Behandlung der Freiheitsentziehung und der Freiheitsbeschränkung macht eine Abgrenzung der Freiheitsentziehung von der Freiheitsbeschränkung erforderlich. Ich darf hierzu die Begründung zu § 1 des Entwurfs verweisen.
Der Entwurf behandelt nicht die Freiheitsentziehungen, die nach bundesrechtlicher Regelung schon jetzt nur auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung zulässig sind oder bei denen durch künftige Bundesgesetze das Verfahren abweichend geregelt werden soll. Er regelt ferner nur das Verfahren, nicht das materielle Recht. Für eine bundeseinheitliche Regelung des materiellen Freiheitsentziehungsrechtes fehlt in weitem Umfang die Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Art. 104 Abs. 2 bezieht sich nach herrschender Auffassung nur auf die Freiheitsentziehung durch die öffentliche Gewalt. Sie umfaßt also nicht den freiwilligen Eintritt in eine Anstalt, sie umfaßt nicht die Einlieferung eines Geisteskranken in eine Anstalt durch den Vormund oder durch einen sonstigen gesetzlichen Vertreter. Eine Freiheitsentziehung im Sinne des Entwurfs liegt vielmehr nur dann vor, wenn die öffentliche Gewalt als solche die Freiheitsentziehung verfügt. Das materielle Unterbringungsrecht kann der Bund infolgedessen nicht für alle Fälle regeln.
Soweit eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes gegeben ist — und das gilt für die Fälle der Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten, von Geschlechtskrankheiten, der Freiheitsentziehung auf Grund der Fürsorgepflichtverordnung oder der Ausländerpolizeiverordnung —, liegt bereits eine bundesrechtliche Regelung des materiellen Rechts vor.
Der Bundesrat hat wegen der verschiedenen Gesetzgebungskompetenz für das materielle Recht Bedenken gegen den Entwurf geltend gemacht und die Herausnahme der praktisch wichtigsten Fälle der Freiheitsentziehung, nämlich jene der Unterbringung von Geisteskranken und von Rauschgift- und Alkoholsüchtigen, aus dem Entwurf vorgeschlagen. Demgegenüber ist darauf hinzuweisen, daß wichtige Gründe der Rechtseinheit gegen diese Auffassung des Bundesrates sprechen. Das Kabinett hat daher an dem Entwurf in dieser Form festgehalten. Diese Gründe sind in der Stellungnahme der Bundesregierung zu den Änderungsvorschlägen des Bundesrates unter Ziffer 3 angegeben.
Zu den Grundsätzen des Verfahrens darf ich im einzelnen noch kurz folgendes bemerken. Die Zuständigkeit liegt bei den Zivilgerichten. Auch hierzu führt die Begründung das Nähere aus. Das Gericht entscheidet im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Auch hierüber liegen Ausführungen in der Begründung vor. Der Entwurf sieht die Anordnung der Freiheitsentziehung durch das Gericht vor. Es ist sichergestellt, daß, wenn das Gericht die Freiheitsentziehung angeordnet hat, diese in gewissen Abständen vom Gericht wieder überprüft wird.
Ich darf nun noch kurz auf die Abweichung e n des neuen Entwurfs gegenüber dem in der ersten Legislaturperiode eingebrachten Entwurf hinweisen. Ich sagte schon, daß der neue Entwurf Anregungen berücksichtigt, die im Bundesrat oder in Beratungen des Unterausschusses während der ersten Legislaturperiode geäußert worden sind. Im
wesentlichen handelt es sich hier um Einzelheiten des Verfahrens. Wichtig ist, daß der neue Entwurf im § 4 Abs. 1 bei der Unterbringung wegen Geisteskrankheit die obligatorische Beiordnung eines Rechtsanwalts vorsieht. Bei der Unterbringung wegen Alkohol- oder Rauschgiftsucht wird die fakultative Beiordnung eines Rechtsanwalts vorgeschlagen. Diese Neuerung dient der Verschärfung des Rechtsschutzes.
Ich erlaube mir, dem Hohen Hause den Entwurf mit der Bitte um Genehmigung vorzulegen.
Die Vorlage ist eingebracht und begründet. Ich eröffne die Aussprache der ersten Beratung.
Das Wort hat der Abgeordnete Friedrich Maier.
Der Entwurf eines Gesetzes über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen, Drucksache 169, liegt dem Hohen Hause schon zum zweiten Mal vor. Obwohl die Bundesregierung auf einen vom Bundestag im Jahre 1951 einstimmig angenommenen Antrag hin im Jahre 1952 einen entsprechenden Entwurf vorgelegt hatte, ist es zu keiner Entscheidung des Plenums des ersten Bundestages gekommen, weil die Ausschußberatungen nicht rechtzeitig abgeschlossen wurden. Diese Tatsache ist um so bedauerlicher, als das seitherige Länderrecht auf diesem Gebiet ein buntscheckiges Bild zeigt und nur die beiden Länder Hamburg und Niedersachsen den Forderungen des Art. 104 des Grundgesetzes in Landesgesetzen voll Rechnung getragen haben. Zwar erhärtete eine Entscheidung des Bundesgerichts vom 4. Februar 1952 die von Herrn Staatssekretär Dr. Strauß bei der Einbringung des ersten Entwurfs vorgetragene Auffassung, daß Art. 104 bereits geltendes Recht sei. Aber die öffentliche Kritik konnte während der letzten Jahre an Hand von Fällen aus der Praxis immer wieder darauf hinweisen, welche Rechtsunsicherheit in der Frage des zwangsweisen Freiheitsentzuges im Volke Platz gegriffen hat. Noch ist wohl in unser aller Erinnerung der Fall Dr. Corten, Hamburg, wo es einem Arzt nach seinem Willen gelungen ist, seine nicht geisteskranke Frau in eine Heil- und Pflegeanstalt zu bringen. Noch steigt aus der Erinnerung auf der Fall Rauch, der im September 1952 das Land Hessen beunruhigt hat. Und manchem Kollegen und mancher Kollegin ist die Tragödie des Obergärtners Leopold Göttel aus Langenselbold noch gegenwärtig, der einen schweren Kampf gegen ein unberechtigtes Entmündigungsverfahren durchzustehen hatte. Beispiele, bei denen entweder Rechtsunsicherheit oder Willkür zum Schaden Betroffener zur Verletzung des Art. 104 führte, gibt es mehr, als sie in der Öffentlichkeit bekanntwerden.
Bei der Beratung des ersten Gesetzentwurfs ist dem Rechtsausschuß des ersten Bundestages eine ganze Reihe solcher Fälle von den verschiedensten Seiten zur Kenntnis gebracht worden. Die Einweisung von Geisteskranken in Heil- und Pflegeanstalten und die zwangsweise Absonderung von Tuberkulose- und Geschlechtskranken in Heilstätten sind Freiheitsentziehungen, die im öffentlichen Interesse geboten sein können. Aber mindestens ebenso wichtig ist der Schutz der gesunden Bevölkerung gegen einen mißbräuchlichen Freiheitsentzug.
Damit vieltausendfach geschehenes Unrecht, wie es im „Dritten Reich" an der Tagesordnung gewesen ist, nie wieder geschieht und mit Rücksicht darauf, daß das höchste menschliche Gut die persönliche Freiheit ist, hat der Parlamentarische Rat die Grundgesetzbestimmung des Art. 104 geschaffen. Deshalb sollte auch bei der Beratung des Entwurfs dem Betroffenen der größtmögliche Rechtsschutz eingeräumt werden. Bei der Prüfung des Gesetzentwurfs und insbesondere bei seiner Behandlung in den zuständigen Ausschüssen sollte vor allem darauf geachtet werden, daß es unmöglich gemacht wird, bei Bestehen von sogenannten guten Beziehungen zu irgendwelchen Persönlichkeiten, seien es Ärzte oder sonstige, einem Menschen, ohne daß seine Gemeingefährlichkeit feststeht, die Freiheit zu entziehen.
Eine Gefahr in dieser Hinsicht stellt schon § 1 des Entwurfs dar, nach dessen Fassung jeder gesetzliche Vertreter, dem das Personensorgerecht zusteht, über die Unterbringung seines Kindes, Mündels oder Pfleglings in einer geschlossenen Anstalt eigenmächtig entscheiden kann. Das läuft meines Erachtens dem Art. 104 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes zuwider, der besagt: „Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden." Im übrigen sollte sie deshalb unmöglich sein. Wenn man voraussetzt, daß Eltern ihre Gewalt niemals zu einer Einsperrung ihres Kindes in einer Anstalt mißbrauchen — eine Annahme, die angesichts der vielen Kindesmißhandlungen und Kindesaussetzungen, von denen wir täglich lesen, kaum gerechtfertigt erscheint —, und davon ausgeht, daß einer Entmündigung das unbedingte Anhören durch den Richter und zwei Gutachten vorausgehen, so klafft doch bei der Übertragung des Personensorgerechts an einen Pfleger hier eine besonders große Lücke. Es bedürfte nur der Gutgläubigkeit eines Menschen, der sich, überredet, mit der Übertragung der Sorge für seine Person an einen Pfleger einverstanden erklärt, um diesem Pfleger das Recht zu einer Isolierung des Pfleglings zu geben.
Die Mehrzahl der Fälle, in denen eine Verwahrung in einer Anstalt zu Unrecht erfolgt ist, umfaßt ja gerade diejenigen Personen, die nicht voll geschäftsfähig bzw. labil sind. Sie bedürfen dem Gesunden gegenüber, der sich gegen eine mißbräuchliche Anstaltsunterbringung selbst zu wehren vermag, eines besonderen Schutzes. Vor allem ist im Hinblick auf das Personensorgerecht des Ehegatten daran zu denken, daß es nicht wie im Falle Dr. Corten möglich sein darf, einen Ehepartner zu Unrecht zu isolieren.
Ferner sollte das Verhalten, das einem in einer Heil- und Pflegeanstalt Einzuweisenden zur Last gelegt wird, Gegenstand einer tatsächlichen Überprüfung durch das Gericht schon vor der Erstattung des ärztlichen Gutachtens sein, damit man dem kranken unschuldigen Menschen das gleiche Recht wahrt, wie man es dem schlimmsten Massenmörder zugesteht, dem man unter Übernahme nicht unbeträchtlicher Kosten auf die Staatskasse jede Gelegenheit zu seiner Verteidigung gibt. Man würde damit den Arzt auch von einer allzu großen Verantwortung entlasten.
Als beste Lösung erschiene mir, wenn, wie mein Kollege Greve bei Einbringung des ersten Gesetzentwurfs angeregt hat, eine Ärztekommission das ärztliche Gutachten erstattete und wenn, wie Kollegin Nadig einmal vorgeschlagen hat, von einer kleinen Fachkommission, an der der Jurist, der Arzt und Psychiater und der Fürsorger beteiligt
sein sollten, die schwerwiegende Entscheidung der Zwangsverwahrung getroffen würde. Dort, wo es der Zustand des Betroffenen zuläßt, sollte unter allen Umständen seine Anhörung erfolgen. Geisteserkrankungen oder Suchtzustände begründen an sich noch keine Zwangsmaßnahmen. Erst wenn diese Krankheitserscheinungen gemeingefährlich werden, ergibt sich eine Rechtsgrundlage zum zwangsweisen Eingreifen des Staates. Bei der Feststellung der Gemeingefährlichkeit, die das Gericht zu treffen hat, sollte man nicht strenger vorgehen, als man sonst bei Gemeingefährlichkeiten in der Öffentlichkeit zu dulden bereit ist.
Das Gesetz muß auch ganz konkret herausstellen, daß eine Anstaltsbedürftigkeit nicht gleichbedeutend mit einer Gemeingefährlichkeit ist. Dem nicht unter Personensorgerecht stehenden Menschen muß es, solange er nicht gemeingefährlich ist, selbst überlassen bleiben, sich in eine Anstalt zur Kur zu begeben, genau so wie man niemanden zwingen kann, sich einer Operation zu unterziehen. Grundsätzlich ist zu sagen, daß niemand mangels einer anderen Unterbringungsmöglichkeit in eine geschlossen e Heil- und Pflegeanstalt eingewiesen werden darf. Die Heil- und Pflegeanstalt ist kein Altersheimersatz. Es dürfte deshalb nicht vorkommen, daß man aufsichts- und betreuungsbedürftige alte Menschen, die ihr Leben lang ihre Pflicht getan haben, mit ihrer Arterienverkalkung in die Heil- und Pflegeanstalt einweist. Hier erwächst der Gesellschaft die Pflicht, entsprechende Altersheime in genügender Zahl zu errichten. Die betreuungsbedürftigen Alten dürfen nicht bei den Irren ihren Lebensabend verbringen.
In der Zeit zwischen der ersten und zweiten Vorlage hat sich in der Öffentlichkeit eine rege Diskussion über das Problem der Freiheitsentziehung entwickelt, an der neben Richtern, Anwälten, Psychiatern, Amtsärzten und Fürsorgern sich auch breiteste Kreise der Bevölkerung beteiligten.
Meine Freunde und ich begrüßen die Vorlage, begrüßen es, daß endlich dieses schwierige Problem der zwangsweisen Verwahrung eine gesetzliche Regelung auf Bundesgrundlage erfährt.
Wir sind der Meinung, daß das vorliegende Gesetz auch in diesem Hohen Hause auf breitester Grundlage beraten werden sollte, damit alle Gründe für und gegen einzelne Bestimmungen des Entwurfs, für und gegen die Anregungen des Bundesrats, ob sie von juristischer, ärztlicher oder fürsorgerischer Seite kommen, entsprechend gewürdigt werden und eine gute Vorlage an das Plenum zurückkommt. Wir schlagen deshalb die Überweisung an den Rechtsausschuß — federführend —. an den Ausschuß für innere Verwaltung, den Gesundheitsausschuß und den Ausschuß für Verfassungsschutz vor. Ich bitte das Hohe Haus, diesem Antrag zuzustimmen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Becker .
Ich darf noch bekanntgeben, daß sich der Auswärtige Ausschuß um 16 Uhr im Zimmer 03, Südflügel, versammeln wird.
Meine Damen und Herren! Soweit der vorliegende Gesetzentwurf das
gerichtliche Verfahren für Personen ordnet, die in ein Gefängnis oder in einen Haftraum oder auch in eine geschlossene Anstalt der Fürsorge überwiesen werden sollen, stimmt meine Fraktion dieser Vorlage in den Grundzügen zu, wenngleich vielleicht im Rechtsausschuß noch einige Unebenheiten ausgefeilt werden sollten. Bedenken erheben sich aber bezüglich derjenigen Personen, die als geisteskrank gelten und in eine abgeschlossene Krankenanstalt oder in einen Teil einer Krankenanstalt eingewiesen werden sollen. Die Bedenken meiner Fraktion gründen sich nicht in erster Linie auf die Einwände des Bundesrates, obgleich wir der Ansicht sind, daß auch diese Einwände, die in der Vorlage einzeln angeführt sind, im Rechtsausschuß unter Berücksichtigung der Gegenstellungnahme der Bundesregierung noch einmal erörtert werden sollten.
Unsere Bedenken gegen diesen Teil des Gesetzentwurfs beruhen auf einer anderen Überlegung. Dieser Gesetzentwurf ist — so kann man wohl sagen — unter dem Gesichtspunkt einer zweckmäßigen, möglichst reibungslosen Verwaltungspraxis der Justizbehörden aufgebaut. So gesehen erscheint es auch gerechtfertigt, daß sowohl für Gewaltverbrecher, also für Menschen, die gegen die Ordnung der Allgemeinheit verstoßen haben, wie auch für Geisteskranke, Rauschgiftsüchtige und dergleichen Fälle das Verfahren einheitlich und unter den gleichen Bedingungen in einem Gesetz festgelegt wird. Aber vom Standpunkt der Allgemeinheit aus muß doch gesagt werden, daß in der Bevölkerung ein sehr starkes Gefühl vorhanden ist in bezug auf staatliche Regelungen für solche Menschen, die gegen das Allgemeinwohl verstoßen haben, und in bezug auf staatliche Verfahrensregelungen für solche Menschen, die erkrankt sind. Darum erscheint es uns nicht zweckmäßig, daß das Verfahren bei Freiheitsentziehung für Geisteskranke in diesem Gesetz mitbehandelt wird. Es erscheint uns zweckmäßiger, daß das in Aussicht gestellte Pflegegesetz für Geisteskranke auch die Verfahrensregelung für die Freiheitsentziehung oder Freiheitsbeschränkung enthält.
Aus diesem Grund möchten wir das Hohe Haus bitten, daß der Gesetzentwurf nicht nur dem Rechtsausschuß, sondern auch dem Gesundheitsausschuß überwiesen wird, insbesondere auch darum, weil, wie mein Vorredner eben schon sagte, sich in der Zwischenzeit in der Öffentlichkeit, insbesondere in der ärztlichen Fachpresse, geradezu leidenschaftliche Diskussionen entwickelt haben. Deshalb sollte man im Gesundheitsausschuß unbedingt den Standpunkt der Ärzte hören. Es ist auch notwendig, auf das Schicksal derjenigen schwergeprüften Familien Rücksicht zu nehmen, die in ihrem Familienkreise solche geisteskranken Personen haben.
Wir sind davon überzeugt, daß der Zeitverlust, der dadurch entstanden ist, daß der vorige Bundestag dieses Gesetz nicht hat verabschieden können, der Gesamtsache nicht abträglich ist. Es ist vielmehr zu begrüßen, daß man noch mehrere Monate hat verstreichen lassen. So kann man bei einer erneuten Beratung vielleicht doch zu einer zweckmäßigeren Lösung des gesamten Problems kommen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Czermak.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei dem vor-
liegenden Gesetzentwurf sollten sich die Justiz und die Medizin brüderlich die Hand reichen. Das ist leider bisher nicht geschehen. Die Medizin, vor allen anderen die zuständigen Psychiater wurden offenbar bisher nicht mit der nötigen Gründlichkeit gehört. Wir müssen daher grundsätzliche Bedenken gegen diesen Gesetzentwurf anmelden.
Es erscheint uns falsch, daß in diesem Gesetzentwurf das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehung und Einweisung sowohl in Gefängnis und Arbeitshaus, als auch in Kranken- und Heilanstalten geregelt werden soll, gleichgültig, ob es sich um strafrechtlich schuldhafte Tatbestände oder um schuldlos Geisteskranke und Süchtige handelt. Zwischen strafrechtlich Verurteilten und kranken Menschen bestehen rechtlich, medizinisch und menschlich sehr wesentliche Unterschiede, die auch im Gesetz berücksichtigt werden müßten. Die Entziehung der Freiheit von Geisteskranken und süchtigen Menschen sollte daher nach unserer Meinung in einer lex specialis und nicht gemeinsam mit der Freiheitsentziehung bei Verschuldenstatbeständen geregelt werden. Das ist in einigen Ländern geschehen. Ich darf hier auf das hessische Gesetz vom 19. Mai 1952 über die Entziehung der Freiheit Geisteskranker, Geistesschwacher, rauschgift- oder alkoholsüchtiger Personen verweisen, das vom Hessischen Landtag nach Anhörung medizinischer Fachleute einstimmig beschlossen worden ist. Es stimmt in seinen wesentlichen Bestimmungen, die sich auf die richterliche Zuständigkeit und Entscheidung im Sinn des Art. 104 des Grundgesetzes gründen, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf überein, trifft aber die uns notwendig erscheinende Unterscheidung zwischen Freiheitsentziehung wegen schuldhafter Handlungen und unverschuldeter Tatbestände.
Auf die Einzelheiten will ich in der ersten Lesung nicht eingehen, sondern nur kurz einige Fragen aufwerfen, die in diesem Gesetzentwurf nicht geregelt sind, z. B. die, daß auf Wunsch des Unterzubringenden der Arzt seines Vertrauens — sagen wir: sein Hausarzt — gehört werden muß oder daß der Anstaltsdirektor ohne Genehmigung des zuständigen Richters einen Geisteskranken unter gewissen Auflagen für eine gewisse Zeit — sagen wir auf drei Monate — beurlauben kann, weiter die Frage der bedingten Entlassung. Darüber können wir im Ausschuß eingehend verhandeln.
Der Grundsatz des Art. 104 des Grundgesetzes, daß die richterliche Zuständigkeit und Entscheidung gewahrt werden muß, ist klar. Er bedeutet keinerlei Mißtrauen gegen die Ärzteschaft. Ich möchte ausdrücklich betonen, daß der bekannte EichbergProzeß in Wiesbaden, der die Presse sehr stark beschäftigt hat, einen Einzelfall darstellt und nicht verallgemeinert werden darf.
Wir vom GB/BHE begrüßen auch auf diesem schwierigen Gebiet grundsätzlich die bundeseinheitliche Regelung. Gerade wir Heimatvertriebenen aus dem deutschen Osten, die wir frei sind von allen provinziellen, traditionellen und lokalen Bindungen, sind grundsätzlich für die Rechtseinheit im ganzen Bundesgebiet auch in dieser Materie. Wir stimmen daher unter Vorbehalt der geltend gemachten Bedenken der Überweisung an die genannten Ausschüsse zu, also an den Rechtsausschuß und den Gesundheitsausschuß, vielleicht auch an den Verfassungsausschuß.
— Also nur Rechtsausschuß und Gesundheitsausschuß, wenn das die Mehrheit so wünscht. Wir bitten aber auch heute schon, in diesen Ausschüssen medizinische Sachverständige zu hören.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bucher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Fraktion der Freien Demokraten scheint der Gesetzentwurf eine durchaus begrüßenswerte Grundlage unserer Arbeit auf diesem Gebiete zu sein. Einige kleine Schönheitsfehler kann man zwar beanstanden. Damit werden sich die Ausschüsse zu befassen haben. Mir erscheint es z. B. als nicht so ganz berechtigt, die Freiheitsbeschränkungen völlig beiseite zu lassen. Es kann sich dabei um Absonderung von Kranken oder ganzen Ortschaften handeln. In der Begründung des Entwurfs wird ja ausgeführt, daß man die Amtsgerichte für zuständig erklärt hat, weil die Verwaltungsgerichte zu sehr überlastet sind. Wenn man nun bei Freiheitsbeschränkungen den Bürger nur auf die Verwaltungsgerichte verweist, so ist das doch vielleicht ein zu geringer Rechtsschutz. Man kann sich auch fragen, ob es notwendig ist, daß in § 15 Abs. 2 neben der einstweiligen Anordnung des § 14 noch eine vorläufige Anordnung geschaffen wird. Aber, wie gesagt, das sind Einzelheiten.
Erlauben Sie mir noch wenige Worte zu den beiden Punkten, zu denen die Vorredner Bedenken angemeldet haben. Einmal wird gesagt, man solle, wie es ja auch der Bundesrat vorschlägt, die Regelung für die Geisteskranken überhaupt aus dem Entwurf herausnehmen, weil sonst zwei nicht zusammengehörende Dinge vereinigt seien. Aber dann nimmt man dem Entwurf seinen wesentlichen Inhalt, wie der Herr Bundesjustizminister bereits ausgeführt hat. Eher wäre die umgekehrte Lösung vorzuziehen, den Entwurf überhaupt auf die Regelung für die Geisteskranken zu beschränken. Es ist ja auch nicht so, daß unter § 1 Abs. 1 Buchstabe a ausgesprochen kriminelle Fälle erfaßt werden, sondern es handelt sich hier vor allem um. Zwangsstrafen im Verwaltungsrecht. Wenn man sagt, man möge dieses Gebiet den Ländern überlassen, so muß ich sagen, daß ich die hessische Regelung zwar nicht kenne, daß aber jedenfalls gegenüber der badischen und bayerischen Regelung dieser Gesetzentwurf einen Fortschritt bringt.
Dann zu dem Einwand des Herrn Kollegen Maier gegen § 1 Abs. 2! Die als Beispiele genannten Fälle, in denen Menschen zu Unrecht von ihren Angehörigen, Vormündern usw. in Anstalten untergebracht worden sind, verdienen zwar durchaus Beachtung; aber ich glaube, man übersieht hier, daß sich dieser Gesetzentwurf nur mit Freiheitsbeschränkungen seitens der öffentlichen Gewalt befaßt. Es soll also den einzelnen gegen Eingriffe der öffentlichen Gewalt schützen. Mit dem zivilrechtlichen Verhältnis zwischen dem einzelnen und seinem Vormund muß sich das Irrenfürsorgegesetz befassen, das bereits in Vorbereitung ist. Auch wenn wir § 1 Abs. 2 hier weglassen, ist ein Vormund nicht gehindert, sein Mündel zu Unrecht in eine Anstalt sperren zu lassen. So dagegen ist eine Bestimmung vorgesehen, daß auch der Vormund bzw. der gesetzliche Vertreter die Möglichkeit hat, sich gegen eine Freiheitsentziehung zu wenden.
Im übrigen gibt § 8 Abs. 3 auch dem Mündel ein selbständiges Beschwerderecht, so daß jedenfalls in dem Bereich, mit dem wir es hier zu tun haben — Beschränkungen durch die öffentliche Gewalt —, die Rechte des zu Beschränkenden gewahrt sind.
Wir stimmen deshalb dem Entwurf zu und sind mit der Überweisung an den Rechtsausschuß und an den Ausschuß für Gesundheitswesen einverstanden.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Dann schließe ich die allgemeine Aussprache erster Lesung.
Es ist Überweisung an folgende Ausschüsse beantragt: Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht, Ausschuß für Fragen des Gesundheitswesens, Ausschuß zum Schutz der Verfassung und Ausschuß für innere Verwaltung.
Das Wort hat der Abgeordnete Cillien.
Wir halten es für notwendig, aber auch für ausreichend, daß diese Vorlage an den Rechtsausschuß und an den Ausschuß für Gesundheitswesen überwiesen wird. Das andere würde lediglich eine Verzögerung bedeuten. Ich glaube, daß diese Materie in den beiden Ausschüssen ausreichend behandelt werden kann.
Das Wort hat der Abgeordnete Menzel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir bitten, es bei dem Vorschlag des Ältestenrats zu belassen, d. h. diese Gesetzesvorlage auch dem Ausschuß zum Schutz der Verfassung zu überweisen. Dieser Gesetzentwurf geht davon aus, daß weitgehend in die vom Grundgesetz garantierten Grund- und Freiheitsrechte eingegriffen werden soll und muß. Es ist geradezu die Aufgabe des Ausschusses zum Schutze der Verfassung, daß er die Grundlage der Verfassung — dazu gehören vor allem auch die Grund- und Freiheitsrechte — mit schützen und, soweit Gesetzentwürfe dazu vorliegen, mit beraten soll. Eine Verzögerung kann praktisch gar nicht eintreten; denn die Ausschüsse werden zur gleichen Zeit nebeneinander diese Vorlage beraten.
Kann keine Einigung herbeigeführt werden? — Dann müssen wir abstimmen. Zweifellos ist das ganze Haus damit einverstanden, daß die Vorlage an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht überwiesen wird und daß dieser Ausschuß federführend sein soll. Auch über die Überweisung an den Ausschuß für Gesundheitswesen als mitberatenden Ausschuß ist sich alles einig. Bezüglich der weiteren Anträge besteht Streit. Wer für Überweisung auch an den Ausschuß zum Schutze der Verfassung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wer außer für Überweisung an die beiden genannten Ausschüsse, über die man sich einig ist, für Überweisung an den Ausschuß für innere Verwaltung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgewiesen.
Ich stelle fest, daß die Vorlage an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht als den federführenden Ausschuß und den Ausschuß für Gesundheitswesen als mitberatenden Ausschuß überwiesen ist. Damit ist Punkt 14 der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe Punkt 15 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betreffend . Entschädigung der Fischer im Luftwaffenübungsgebiet Großer Knechtsand .
Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Wehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich ist es bedauerlich, daß sich das Hohe Haus mit diesem Antrag beschäftigen muß, nachdem Herr Staatssekretär Professor Hallstein schon in der 202. Sitzung des ersten Deutschen Bundestages am 27. März 1952 erklärt hat, daß bereits seit dem Februar 1952 Verhandlungen über die Entschädigungsfrage eingeleitet worden seien. Ich möchte feststellen, daß es nunmehr bald zwei Jahre her ist, seit diese Erklärung abgegeben wurde, und diese verhältnismäßig leichte Aufgabe ist bis heute noch nicht gelöst.
An dieser Feststellung ändert sich auch nichts dadurch, daß nun am 18. Januar dieses Jahres eine Presseerklärung herausgegeben worden ist, nach der eine vorläufige Regelung gefunden worden ist. Sie ändert nichts daran, daß tatsächlich heute noch die Fischer vom Knechtsand ohne jede Entschädigung dasitzen. Seit dem September des vorigen Jahres war es der Regierung bekannt, daß die Bombenwürfe auf den Großen Knechtsand beginnen würden. Die ersten Bomben sind dann am 24. November gefallen. Entgegen der Vorankündigung, wonach man den 12. November als ersten Termin vorsah, wurden die Abwürfe immer wieder verschoben, und damit wurde die Tätigkeit der Fischer praktisch unterbunden.
Durch die Einschaltung des Präsidenten des Niedersächsischen Landtags, Herrn Olfers, war es dann gelungen, am 2. Januar dieses Jahres endlich eine erste Abschlagszahlung, die durchaus noch keine rechtliche Grundlage hatte, in Höhe von 6000 DM an die Fischer zu verteilen. Ich möchte feststellen, daß die Schadenssumme — ihre Höhe dürfte unbestritten sein — heute bereits weit über 50 000 DM beträgt. Die Summe von 6000 DM ist für den Kreis der dort Geschädigten — immerhin sind es ja 44 Kuttereigner — eine sehr, sehr kleine Abfindung für die Schäden, die sie bis heute erlitten haben.
Aber nicht allein die Tatsache, daß man bis jetzt die Entschädigung nur so tropfenweise hat fließen lassen, veranlaßte uns zu diesem Antrag, sondern eigentlich das Problem in seiner Gesamtheit. Tatsächlich handelt es sich für die dort Betroffenen nicht so sehr um ein politisches, als vielmehr um ein wirtschaftliches Problem. Dieses Problem muß unbedingt so gelöst werden, wie es in der 202. und auch in der 230. Sitzung des ersten Deutschen Bundestages mit so hochherzig klingenden Worten angekündigt worden ist. Nicht nur der Berichterstatter, der Herr Kollege Dr. Hasemann, sondern auch mein Bi eurer Kollege Müller-Hermann haben gesagt, daß sie die faire und großzügige Regelung dieser Entschädigungsfrage als Herzensangelegenheit ansähen. Leider Gottes ist aus dieser großzügigen Ankündigung nichts weiter geworden als — ich
möchte es etwas sarkastisch sagen — gewissermaßen ein Ideenwettbewerb, wie man sich um die Frage am besten herumdrücken kann.
Man mutet den einzelnen Geschädigten zu, einen Antrag bei ihrer Genossenschaft einzureichen, der dann an den Landkreis, von dort an den Regierungspräsidenten in Stade, von dort an die Regierung in Hannover und dann an den Bund weitergereicht wird und anschließend den Weg über dieselben Stufen zurückläuft. Ich meine, das ist eigentlich der Gipfel einer bürokratischen Handhabung.
Aber nicht allein die Notwendigkeit einer schnellen Lösung der Frage der ersten Entschädigung für das, was die Fischer bis heute verloren haben, hat uns veranlaßt, unseren Antrag zu stellen. Ich sagte bereits, daß unser Antrag in zwei Teile gegliedert worden ist. Der zweite Teil des Antrags dürfte der interessantere sein. Dieser Teil stützt sich auf die inzwischen vorliegenden Ergebnisse und Erkenntnisse. Die vorausgesagten Auswirkungen sind im ersten Bundestag bagatellisiert worden. Die Bedenken, die mein damaliger Kollege Mertins dem Hohen Hause vorgetragen hat und die damals von der Mehrheit nicht anerkannt worden sind, haben sich in vollem Umfange als berechtigt erwiesen.
Zunächst ist nicht restlos sichergestellt, daß in dem fraglichen Gebiet tatsächlich ein Unfall nicht passieren kann. Bereits am ersten Tage der Bombardierung hat ein Kutter mit Motorschaden im Fahrwasser gelegen, ohne daß ein Patrouillenfahrzeug, wie es seinerzeit in der Berichterstattung angekündigt worden war, das Fahrwasser kontrolliert und den Betreffenden gewarnt hätte, so daß er aus der Gefahrenzone hätte herauskommen können.
Weiterhin hat man seinerzeit auf Grund von Sachverständigengutachten so sehr die Treffsicherheit der Übungsflieger gerühmt. Nun, mit der Treffsicherheit ist es tatsächlich sehr, sehr fraglich. Es erfolgt keine Beobachtung mit Instrumenten, sondern nur eine optische Beobachtung der Bombenabwürfe, die kein Ergebnis darüber erbringt, ob irgendwo Blindgänger liegenbleiben, die nicht gefunden werden. Darüber hinaus ist der Streukreis dieser Bombenabwürfe nach Berichten von Augenzeugen, die das beobachtet haben, sehr groß und reicht bis in das eigentliche Fanggebiet hinein.
Seinerzeit ist gesagt worden, die Gefahr, daß es Blindgänger und vor allen Dingen Blindgänger bei scharfen Bomben geben könnte, sei nicht groß, das sei eine Bagatelle, weil diese Bomben Zeitzünder hätten, es werde praktisch keine Blindgänger geben. Ich darf Sie vielleicht an den Fall vom September vorigen Jahres in Nürnberg erinnern, wo sich gezeigt hat, daß sogar eine Luftmine mit drei Zündern, die auf das Festland gefallen war, ein Blindgänger sein kann; er wurde nun nach langen Jahren entdeckt und mußte entschärft werden. Um wieviel größer ist die Gefahr in diesem Gebiet!
Aber nicht allein die scharfen Bomben bilden eine Gefahr. Niemand hat daran gedacht, daß die Zementbomben, die man als Übungsbomben verwendet, eine dauernde Gefahr für die Fischerei darstellen. Das stählerne Leitwerk dieser Bomben ragt nachgewiesenermaßen aus den Sänden heraus, und die Fischer gehen bei jedem Fang das Risiko ein, daß ihre Netze zerrissen werden, so daß sie wegen dieser „harmlosen" Übungsbomben ihr Fanggebiet tatsächlich nicht mehr ausnutzen können.
Man mag versuchen zu bagatellisieren: daß das nur einen kleinen Kreis von Betroffenen angehe. Aber denken Sie daran, daß es sich hier tatsächlich um das einzige große, geschlossene Fanggebiet der Krabbenfischerei handelt, daß hier ungefähr 10 % der deutschen Krabbenfischerei liegen und daß ein Jahresergebnis von etwa 400 000 DM, auf 44 Eigner verteilt, immerhin ein selbständiges Gewerbe hat begründen lassen.
Es kommt hinzu, daß nicht, wie seinerzeit versichert worden ist, die vertragliche Vereinbarung innegehalten worden ist, wonach nur in zeitlich großen Abständen wenige Tagesübungen stattfinden sollten. Gerade in der Hauptfangzeit, in den Monaten September, Oktober und November — vor allem bei dem langen, milden Herbst dieses Jahres —, hat sich die Sperre, die für jede Nacht verhängt worden ist und die eine Stunde vor Sonnenuntergang beginnt und eine Stunde nach Sonnenaufgang endigt, dahin ausgewirkt, daß praktisch für den Tag nur sechs Stunden freier Zeit übrigblieben, eine Zeit also, in der kein Mensch verlangen kann, daß ein Kutter hinausfährt, seinen Fang macht und wieder hereinkommt. Wer die Verhältnisse an der Küste kennt, weiß, daß diese Zeit zu kurz ist, um überhaupt einem Erwerb nachzugehen. Deshalb bedarf der zweite Teil unseres Antrages wohl keiner weiteren Begründung. Es ist jedenfalls einmal zu untersuchen, ob unter diesen Umständen den Fisechrn dort die Ausübung ihres Gewerbes überhaupt noch zugemutet werden kann.
Ferner ist zu überlegen, ob nach den fünf Jahren, in denen dieses Gebiet nun ständig mit Bomben verseucht wird und nach deren Ablauf es freigegeben werden soll, die Fischer überhaupt noch eine Möglichkeit haben, ihrem Gewerbe nachzugehen, wenn sie nicht riskieren wollen, mit Boot und Mannschaft auf Blindgänger zu stoßen. Auf einer Versammlung ist den Fischern draußen die zynische Bemerkung gemacht worden, die Praxis müsse erst einmal erweisen, ob diese Blindgänger überhaupt gefährlich seien. Mit anderen Worten, die Fischer müssen erst einmal Boot und Mannschaft riskieren, um nachzuweisen, daß ihr Gewerbe für die Zukunft völlig ausgeschaltet ist. Diese Bauern des Meeres, wie ich sie nennen möchte, bedürfen genau so des Schutzes und der Entschädigung wie alle anderen, die durch militärische Maßnahmen in der Ausübung ihres Berufes behindert sind.
Hinzu kommt, daß diese Fischer ja nicht Staatspensionäre werden wollen. Sie legen keinen Wert darauf, von einer Entschädigung zu leben. Sie wollen wirklich ihrem Gewerbe nachgehen, sie wollen selbständig sein. Wer weiß, daß gerade dieser Beruf mit unendlichen Gefahren verbunden ist, wird auch wissen, daß unendliche Liebe dazu gehört, ihn auszuüben. Wir erwarten daher von der Regierung, daß sie die von der Fischerei in diesem Gebiet vorgetragenen Argumente würdigt und vor allen Dingen prüft, ob es nicht möglich ist — wie mir heute morgen noch der Vorstand der Fischereigenossenschaft erklärt hat —, diese Fischer endgültig abzufinden, damit ihnen der Weg zum Aufbau einer anderen Existenz eröffnet wird. Es handelt sich hier um einen Personenkreis, der seinen Lebensinhalt darin sieht, eine selbständige Existenz zu unterhalten. Hier dürfte es Aufgabe der Regierung sein, aber auch der Parteien, die sie stützen, einen Weg zu finden, auf dem diesen Menschen tatsächlich geholfen werden kann.
Ich möchte Sie daher bitten, meine sehr verehrten Damen und Herren, den Antrag der Sozialdemokratischen Partei Drucksache 139 auch Ihrerseits vorbehaltlos zu unterstützen, damit nach einer so langen Diskussion tun eine eigentlich kleine Angelegenheit die Bundesregierung endlich von einem schlechten Schuldner zu einem guten Schuldenzahler wird.
Das Wort hat Herr Staatssekretär Hartmann.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich darf zunächst feststellen, daß die ersten Bombenabwürfe überhaupt erst im November vorgenommen worden sind. Vorher war es daher gar nicht möglich, Einzelheiten über die Entschädigung festzustellen, da man nicht den Umfang und die Art der Schäden kannte.
Der Herr Begründer des Antrags hat dann auf die bürokratische Handhabung und auf den langen Dienstweg herauf und herunter nach Wesermünde hingewiesen. Meine Damen und Herren, dafür kann das Bundesfinanzministerium nicht. Nach den Grundsätzen des Bonner Grundgesetzes hat der Bund in Wesermünde keine Dienststelle. Er kann sich nur der Dienststellen der Landesregierung bedienen, die er um ihre Hilfe und Mitwirkung bitten muß. Von der Landesregierung kommen dann die Vorschläge wieder zu uns herauf. Dafür kann man uns nicht verantwortlich machen; das liegt in der Grundkonstruktion des Bonner Grundgesetzes.
Im übrigen ist hier allerseits mit der größten Beschleunigung gearbeitet worden. Durch Fernschreiben vom 23. Dezember haben wir die niedersächsische Landesregierung gebeten, sofort Vorschüsse in Höhe von 50 v. H. der Schäden zu geben. Die Vorschläge über die Entschädigung, die wir vom Staatlichen Fischereiamt in Bremerhaven über die niedersächsische Landesregierung erbeten haben, sind uns erstmalig zum Teil am 22. Dezember, zum Teil am 7. Januar und zum Teil am 12. Januar in einer Besprechung überreicht worden.
Drei Tage darauf haben wir durch Fernschreiben vom 15. Januar eine grundlegende vorläufige Regelung des Inhalts getroffen, daß in der von dem Staatlichen Fischereiamt Bremerhaven vorgeschlagenen Höhe die Entschädigungsbeträge ab 1. November — und zwar sofort bis Ende Februar, also noch für fünf Wochen im voraus — gezahlt werden. Es handelt sieh dabei um Beträge von 58 402,88 DM, die sich auf 36 Fischer verteilen. Außerdem ist ab 1. März eine endgültige Regelung vorgesehen, in der der Durchschnitt der Fangtage in den Jahren 1950 bis 1953 je Monat berücksichtigt werden soll. Wir haben das Jahr 1953 ausdrücklich eingeschlossen, weil es für die Fischer ein ganz besonders günstiges Fangjahr war. Auf dieser Basis sollen dann die endgültigen Richtlinien ausgearbeitet und erlassen werden. Sollte 'es dafür noch etwas länger brauchen, so werden wir selbstverständlich die mit Fernschreiben vom 15. Januar ergangenen vorläufigen Richtlinien entsprechend verlängern, so daß also die Fischer laufend eine volle Entschädigung bekommen.
Wir sind nicht der Ansicht, daß es der Errichtung einer besonderen Abwicklungsstelle bedarf. Das Staatliche Fischereiamt in Bremerhaven ist vollauf in der Lage, die Angelegenheit zu prüfen und uns
die erforderlichen Vorschläge zu machen. Im übrigen ist das keine Bundessache. Dass Staatliche Fischereiamt ist, wie sich aus seinem Namen ergibt, eine Landesstelle. Nur die niedersächsische Landesregierung könnte dort eine neue Behörde, eine Abwicklungsstelle für diesen Zweck, errichten.
Ich darf noch bemerken, daß einige andere Fragen, die Sie am Schluß Ihrer Rede berührt haben, nicht unmittelbar die Entschädigungsfragen betreffen und daher nicht vom Bundesfinanzministerium beantwortet werden können.
Ich darf annehmen, das Hohe Haus wird aus meinen Worten entnehmen, daß das Bundesfinanzministerium im Rahmen seiner Zuständigkeit hier mit größter Beschleunigung kurz vor den Feiertagen und kurz nach den Feiertagen gearbeitet hat. Wenn wir den abschließenden Bericht des Staatlichen Fischereiamtes in Bremerhaven nicht vor dem 12. Januar bekommen haben, so ist das nicht unsere Schuld. Den Vorwurf, Herr Abgeordneter, den Sie glaubten erheben zu müssen, daß sich die Bundesregierung um die Regelung habe herumdrücken wollen, halte ich für absolut unberechtigt. Ich glaube, ,das Urteil darüber dem Hohen Hause vorbehalten zu können.
Das Wort hat der Abgeordnete Müller-Hermann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den Ausführungen des Herrn Staatssekretärs Hartmann kann ich mich sehr kurz fassen. Der Antrag der Opposition mag gut gemeint gewesen sein, aber er stößt ins Leere, denn er ist durch die Tatsachen längst überholt.
Ich möchte darauf hinweisen, daß die von Herrn Staatssekretär Hartmann eben zitierte Vereinbarung in voller Übereinstimmung mit den beteiligten Fischern getroffen und daher festzustellen ist, daß die Wünsche und Anliegen der Fischer vom Bundesfinanzministerium in vollem Umfange erfüllt worden sind.
Für die Zukunft möchte ich allerdings darum bitten, daß auch rechtzeitig für die Bombardierungen, die etwa vom März ab erfolgen sollten, Zahlungen geleistet werden — wie das ja auch Herr Staatssekretär Hartmann angekündigt hat —, damit allen Agenten und Agitatoren von vornherein die Möglichkeit genommen wird, aus der Angelegenheit propagandistisches Kapital zu schlagen.
Ich stelle fest, daß insbesondere von kommunistischer Seite der Versuch gemacht worden ist, eine gewisse Beunruhigung der Fischer für ihre Zwecke auszunutzen, daß Einladungen an die Fischer zu Kongressen in der Sowjetzone ergangen sind und in der Sowjetzone eine Paketaktion für die „notleidenden" Fischer in die Wege geleitet worden ist.
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Ich möchte das nur am Rande erwähnen, tun zu zeigen, wie auch hier völlig unnötige Besorgnisse von sowjetischer und sowjetzonaler Seite genutzt werden.
Zu dem letzten von Herrn Kollegen Wehr angeschnitten Punkt, also bezüglich der Einflüge usw., möchte ich noch eine Bitte an das Auswärtige Amt richten. Sie geht dahin, daß man in Verhandlungen mit der britischen Hohen Kommission zu erreichen versucht, daß die Einflugtage auf ein Minimum begrenzt werden, und daß zum anderen eine möglichst frühzeitige Informierung über die geplanten Einflüge — nicht nur für die Tagflüge, sondern auch für die Nachtflüge — erreicht wird.
Ich glaube, damit ist dieser Antrag an und für sich erledigt, möchte aber vorschlagen, daß wir ihn zu eventuell weiterer Behandlung dem Haushaltsausschuß überweisen.
Vizepräsident Dr. Schmid: Das Wort hat der Abgeordnete Müller (Wehdel).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem Herr Staatssekretär Hartmann bereits darauf hingewiesen hat, daß inzwischen die Zahlungen an die Fischer geleistet werden, ist ja der erste Teil des Antrages des Herrn Kollegen Wehr erledigt. Es ist sehr bedauerlich, daß die Behörden . so lange gebraucht haben, bis gerade vor den Feiertagen, wo ja der Geldbedarf besonders groß war, die ersten Zahlungen geleistet worden sind.
Ich möchte aber doch darum bitten, daß man - da es auch dem Wunsch der Fischer entspricht, nicht Wohlfahrtsempfänger oder Rentner zu werden, sondern an ihrer Arbeit zu bleiben.— gewisse Erleichterungen in der Form einführt, daß zunächst einmal die grundsätzliche Nachtsperre aufgehoben wird und daß 36 Stunden vor den Bombenwürfen, also genügend lange vor jedem Abwurftage, gesperrt wird. Dann sind die Fischer in der Lage, einen Teil ihres bisherigen Verdienstes wieder selbst zu erwerben.
Sehr schwierig wird die Sache natürlich durch eventuelle Blindgänger und durch eventuelle unsachgemäße und ungenügende Beobachtung der Bombenabwürfe von seiten der Engländer. Darüber brauchen wir uns aber jetzt nicht zu unterhalten, wie es vorläufig auch keinen Zweck hat, schon mit. dem Gedanken zu spielen, die Fischer. umzusiedeln; denn das wird auch deswegen große Schwierigkeiten machen, weil ein großer Teil dieser Fischer Grundbesitz hat und nicht ohne weiteres von seiner Scholle weg will.
Ich möchte daher bitten, daß man alles daran setzt, mit der Besatzungsmacht die Wege zu klären, die den Fischern die Möglichkeit des Fischens erhalten, und zwar durch ausreichende Sperrfristen und durch frühzeitige Bekanntgabe der Sperren. Weiter sollte man sich bemühen, die Entschädigung für die Arbeitsausfalltage — die Tage also, an denen gesperrt ist - möglichst schnell zu regeln.
Das Wort hat der Abgeordnete Wehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es tut mir leid, daß ich noch einmal zu der Frage Stellung nehmen muß. Aber das ist auf Grund der Regierungsäußerung notwendig, die wir von Herrn Staatssekretär Hartmann vernommen haben. Wenn sich die Regierung rühmt, die Ab-
würfe hätten erst am 24. November begonnen und nun, am 15. Januar, seien die ersten Auszahlungen durch Fernschreiben geregelt worden, dann erscheint mir das doch als eine etwas sehr weite Ausdehnung des Lobes für die Fixigkeit der Arbeit. Tatsache ist, daß die Entschädigungsvorschläge — so wie sie heute der Regierung vorliegen — lange vor dem Termin des 24. November fix und fertig gewesen sind. Es ist also durchaus nicht so, daß diese Vorschläge nicht bekannt waren.
Der niedersächsische Fischereirat Dr. Nolte hat diese Entschädigungsregelung bereits im September. letztmalig - nach vielen vorausgegangenen Besprechungen — mit den Fischern selbst draußen im Dorumertief besprochen. Von den am 15. Januar dieses Jahres durch Fernschreiben angekündigten Auszahlungen ist den Fischern zwar durch die Presse eine Mitteilung geworden, aber Geld haben sie bis heute nicht in die Hände bekommen. Ich kann das effektiv sagen, da ich mit den Leuten heute morgen noch gesprochen habe. Auch der Genossenschaft ist bisher von einer Zahlung nichts bekannt. Das gewinnt um so mehr Bedeutung, als die Fänge bisher immer so abgesetzt worden sind, daß jeder Fischer den Erlös für seinen Fang spätestens nach 14 Tagen in Händen hatte. Man kann natürlich in einer bürokratischen Manier die Dinge derart in die Länge ziehen und nachher sagen, man habe dabei fair und großzügig gehandelt.
Wenn Herr Kollege Müller-Hermann der Meinung ist, bei dem Aufgreifen dieser Angelegenheit handele es sich um Agitation oder bei meiner Person um einen Agitator, dann irrt er. .
Herr Kollege Müller-Hermann, wenn Ihnen die Sache so unwichtig ist, daß Sie sie auf das Gebiet der Agitation glauben abschieben zu können,
dann bedaure ich all die vielen Verlautbarungen, vor allem diejenigen, die Sie persönlich in der 202. und auch in der 230. Sitzung des vorigen Bundestags kundgetan haben.
Es handelt sich hier doch darum, tatsächliche Schulden, die einwandfrei der Bund zu zahlen hat, nun endgültig zu begleichen. Das sind Schulden! Zu den Betroffenen gehören ja nicht bloß die 44 Familien der Kuttereigner, sondern es kommen noch die Mannschaften an Bord hinzu, die ja letzten Endes in Bereitschaft liegen, wenn die unnötigen Ankündigungen kommen über Abwürfe, die dann wieder verschoben werden, weil Nebel oder ungünstige Witterungsverhältnisse oder, wer weiß, sonstige Vernebelungen bei den Besatzungen eingetreten sind. Die Kuttereigner müssen auf der einen Seite auf ihren Verdienst verzichten, auf der anderen Seite aber ihre Besatzungen in Bereitschaft halten, und diese wollen auch leben.
Wenn ferner der Herr Staatssekretär der Meinung ist, daß das Bundesfinanzministerium sich mit dem, was ich hier hinsichtlich der Ergebnisse der jetzigen Praxis und hinsichtlich des in der Zukunft zu Erwartenden dargestellt habe, nicht zu beschäftigen brauche, so ist das zu bedauern. Aber letzten Endes muß die Regierung sich darüber klarwerden, daß, wenn sie nicht lebenslängliche Renten an die Fischer zahlen will, ein anderer Weg der Entschädigung gefunden werden muß, sei es durch eine globale Abfindung, sei es durch eine Umsied-
lung. Das wird auf alle Fälle geklärt werden müssen; denn die Gefahr, daß Gerät, Boot und Mannschaft dort riskiert werden, läßt sich nicht einfach durch eine Erklärung beseitigen.
Wir erwarten daher, daß man diese Angelegenheit nicht auf die leichte Schulter nimmt, weil es nur wenige Personen sind, sondern ein anerkanntes Entschädigungsrecht so durchführt, daß die Betroffenen für ihre Verluste wirklich entschädigt werden.
Das Wort hat der Herr Staatssekretär Hartmann.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur zu zwei Punkten kurz Stellung nehmen.
Der Antrag Drucksache 139 lautet: „Antrag der Fraktion der SPD betreffend Entschädigung der Fischer". Für die Beantwortung dieses Antrages ist das Bundesfinanzministerium zuständig. Ich glaube, ihn beantwortet zu haben. Was die generelle Frage des Bombenabwurfs und der Einhaltung der Vereinbarungen betrifft, so ist dafür das Auswärtige Amt zuständig. Dieses wird selbstverständlich nicht verfehlen, auf das, was der Herr Abgeordnete W eh r hier dargelegt hat, zurückzukommen. Ich wollte nur sagen, weshalb ich dazu nichts sagen kann.
Was zweitens den Zeitpunkt der Regelung der Entschädigung betrifft, so habe ich mich eben wohl nicht deutlich genug ausgedrückt. Ich will es daher wiederholen. Das Bundesfinanzministerium hat mit Fernschreiben vom 15. Januar an das niedersächsische Finanzministerium entsprechend dem Antrag des Staatlichen Fischereiamtes Bremerhaven die von dem Amt vorgeschlagenen Entschädigungen in Höhe von 58 000 DM genehmigt und zur Zahlung angewiesen. Wenn der Herr Abgeordnete Wehr hier über die bürokratische Handhabung Beschwerde führt, muß er sich an die Landesregierung von Niedersachsen wenden, die seit dem 15. Januar das Weitere zu veranlassen hat. Wir können in der Sache nichts mehr machen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Es ist der Antrag gestellt, die Vorlage an den Ausschuß für Besatzungsfolgen und an den Haushaltsausschuß zu überweisen. Federführend soll der Ausschuß für Besatzungsfolgen sein.
Erhebt sich ein Widerspruch? — Dann ist so beschlossen. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe auf Punkt 16 der Tagesordnung:
Beratung des interfraktionellen Antrags betreffend Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse .
Hier ist unter Ziffer 3 des Umdrucks 9 *) eine Korrektur vorzunehmen. Ursprünglich war vorgesehen, daß der Antrag unter Ziffer 3 auch an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten überwiesen werden soll. Mir wurde gesagt, daß eine Vereinbarung zwischen den Fraktionen erfolgt sei, nach der diese Überweisung nicht stattfinden solle. — Das ist in Ordnung. Es erhebt sich kein Widerspruch gegen die Überweisung an die in Umdruck 9 (neu) vorgesehenen Ausschüsse; damit ist entsprechend beschlossen.
Damit sind Punkt 16 und die Tagesordnung erledigt.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages, die 11., ein auf Freitag, den 22. Januar 1954, 9 Uhr 30, und schließe die 10. Sitzung des Deutschen Bundestages.