Protokoll:
16008

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 16

  • date_rangeSitzungsnummer: 8

  • date_rangeDatum: 15. Dezember 2005

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 22:14 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 16/8 eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Michael Link, Markus Löning, Dr. Werner Hoyer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Den EU-Haushalt auf höchstens 1 Prozent des Bruttonationaleinkommens begrenzen und die finanzielle Vorausschau 2007 bis 2013 schnellstmöglich beschließen (Drucksache 16/224) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Werner Hoyer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . . Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ zur Beschränkung der Verlustverrech- nung im Zusammenhang mit Steuer- stundungsmodellen (Drucksachen 16/107, 16/254, 16/256) . . . b) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Abschaffung der Eigenheimzulage (Drucksachen 16/108, 16/250, 16/257) . . . c) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Einstieg in ein steuerliches Sofort- programm (Drucksachen 16/105, 16/255, 16/258) . . . Florian Pronold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 C 415 A 417 B 418 D 420 C 434 B 434 B 434 C 435 A Deutscher B Stenografisch 8. Sitzu Berlin, Donnerstag, den I n h a l Begrüßung des neuen Abgeordneten Clemens Bollen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . Absetzung des Tagesordnungspunktes 24 a . . Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Renate Künast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 4: Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung: zum Europäischen Rat am 15./16. Dezem- ber 2005 in Brüssel in Verbindung mit M M J A D A T M T a 413 A 413 B 414 C 415 A DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD) . . . . . . . . 422 B 424 A undestag er Bericht ng 15. Dezember 2005 t : ichael Link (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ichael Stübgen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . ürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . xel Schäfer (Bochum) (SPD) . . . . . . . . . . . r. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . xel Schäfer (Bochum) (SPD) . . . . . . . . . . . homas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . arkus Meckel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 5: ) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD 425 D 427 A 428 C 429 B 430 D 431 A 431 A 432 D Dr. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Otto Bernhardt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 436 C 437 D II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Jörg-Otto Spiller (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peer Steinbrück, Bundesminister BMF . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Schäffler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Leo Dautzenberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Christine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Christine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ingrid Arndt-Brauer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Hans Michelbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Gabriele Frechen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Olav Gutting (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 6: Weitere Wahlen zu Gremien a) Schriftführer gemäß § 3 der Geschäfts- ordnung (Drucksache 16/187) . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Richterwahlausschuss gemäß § 5 des Richterwahlgesetzes (Drucksachen 16/188, 16/189, 16/190, 16/191) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Wahlausschuss gemäß § 6 Abs. 2 des Gesetzes über das Bundesverfassungs- gericht (Drucksachen 16/201, 16/202, 16/203, 16/204) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Gemeinsamer Ausschuss gemäß Art. 53 a des Grundgesetzes (Drucksache 16/205) . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Wahlprüfungsausschuss gemäß § 3 Abs. 2 des Wahlprüfungsgesetzes (Drucksache 16/206) . . . . . . . . . . . . . . . . . f) – Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Einsetzung des Gremiums gemäß Art. 13 Abs. 6 des Grundgesetzes (Drucksache 16/207) . . . . . . . . . . . . . . g h i j k l m n T a b 440 A 441 D 442 B 443 D 445 A 445 B 446 B 447 B 448 C 448 D 449 A 450 C 451 D 452 D 454 D 455 A 455 B 462 D 455 C 455 C 462 C 455 D 455 D 456 A – Wahl der Mitglieder des Gremiums gemäß Art. 13 Abs. 6 des Grundge- setzes (Drucksache 16/208) . . . . . . . . . . . . . . ) Ausschuss nach Art. 77 Abs. 2 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuss) (Drucksache 16/209) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Vertreter der Bundesrepublik Deutsch- land in der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates (zugleich Vertreter in der Versammlung der Westeuropäischen Union) gemäß Art. 1 und 2 des Gesetzes über die Wahl der Vertreter der Bundesrepublik Deutsch- land zur Parlamentarischen Versamm- lung des Europarates (Drucksache 16/210) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Gremium gemäß § 23 c Abs. 8 des Zoll- fahndungsdienstgesetzes (Drucksache 16/211) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Mitglieder des Verwaltungsrates der Kreditanstalt für Wiederaufbau (Drucksachen 16/212, 16/213) . . . . . . . . . ) Kuratorium der „Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ (Drucksache 16/214) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Mitglieder des Beirats zur Auswahl von Themen für die Sonderpostwertzeichen ohne Zuschlag beim Bundesministe- rium der Finanzen (Programmbeirat) (Drucksache 16/215) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Mitglieder des Beirats für die grafische Gestaltung der Postwertzeichen beim Bundesministerium der Finanzen (Kunstbeirat) (Drucksache 16/216) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Mitglieder des Beirats bei der Bundes- netzagentur für Elektrizität, Gas, Tele- kommunikation, Post und Eisenbahnen (Drucksache 16/247) . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 23: ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Bereinigung des Bundesrechts im Zuständigkeitsbereich des Bundes- ministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (Drucksache 16/27) . . . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes über die Bereinigung von Bun- desrecht im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums des Innern (Drucksache 16/28) . . . . . . . . . . . . . . . . . 456 A 456 A 456 B 456 C 456 C 457 A 457 A 457 A 457 B 457 B 457 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 III c) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Reform hufbeschlagrechtli- cher Regelungen und zur Änderung tierschutzrechtlicher Vorschriften (Drucksache 16/29) . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Zwölften Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung (Drucksache 16/33) . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Bereinigung des Bundes- rechts im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit (Drucksache 16/34) . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Seeaufga- bengesetzes (Drucksache 16/35) . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 8. April 2005 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Rumänien über soziale Sicherheit (Drucksache 16/37) . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Abkommens vom 31. März 1992 zur Erhaltung der Klein- wale in der Nord- und Ostsee (Gesetz zur Ausweitung des ASCOBANS-Ab- kommensgebiets) (Drucksache 16/38) . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Übereinkommen vom 14. April 2005 über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Re- publik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Repu- blik Slowenien und der Slowakischen Republik zu dem Übereinkommen von 1980 über das auf vertragliche Schuld- verhältnisse anzuwendende Recht sowie zu dem Ersten und dem Zweiten Proto- koll über die Auslegung des Überein- kommens durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (Viertes Beitrittsübereinkommen zum Schuld- vertragsübereinkommen) (Drucksache 16/41) . . . . . . . . . . . . . . . . . . j Z a b c T b c d e 457 C 457 C 457 D 457 D 457 D 458 A 458 A ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu der Zweiten Änderung des Über- einkommens vom 25. Februar 1991 über die Umweltverträglichkeitsprü- fung im grenzüberschreitenden Rah- men (Zweites Espoo-Vertragsgesetz) (Drucksache 16/43) . . . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 3: ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes über die Bereinigung von Bun- desrecht im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums der Justiz (Drucksache 16/47) . . . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Dr. Rainer Stinner, Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Eigenverantwortung von Bosnien und Herzegowina stärken – Verfassungsprozess unterstützen und „Bonn Powers“ des Hohen Repräsen- tanten abschaffen (Drucksache 16/228) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Dr. Norman Paech, Paul Schäfer (Köln), Monika Knoche, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Beendigung der Operation „ALTHEA“ und Einrich- tung einer internationalen nicht militä- rischen Polizeimission in Bosnien und Herzegowina (Drucksache 16/217) . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 24: ) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung der Bundes- notarordnung (Drucksachen 16/106, 16/246) . . . . . . . . . ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Betrieb elektro- nischer Mautsysteme (Mautsystemge- setz – MautSysG) (Drucksachen 16/32, 16/221) . . . . . . . . . . ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Statistik zur In- formationsgesellschaft (Informationsge- sellschaftsstatistikgesetz – InfoGesStatG) (Drucksachen 16/40, 16/248) . . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Wirtschaft und Technologie zu der Verordnung der Bundesregierung: 458 B 458 B 458 B 458 C 458 D 459 A 459 B IV Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 Einundsiebzigste Verordnung zur Ände- rung der Außenwirtschaftsverordnung (Drucksachen 16/5994, 16/135 Nr. 2.1, 16/249) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Verordnung der Bundesregierung: Vierte Verordnung zur Änderung der Verpackungsverord- nung (Drucksachen 16/66, 16/135 Nr. 2.2, 16/234) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Beschlussempfehlung des Rechtsaus- schusses: Übersicht 1 über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfas- sungsgericht (Drucksache 16/244) . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Ein- setzung einer Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ (Drucksache 16/196) . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 4: a) – e) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 1, 2, 3, 4 und 5 zu Petitionen (Drucksachen 16/229, 16/230, 16/231, 16/232, 16/233) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 5: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der FDP: Haltung der Bundesregierung zur Berufung von Bundeskanzler a. D. Gerhard Schröder zum Aufsichtsratsvor- sitzenden des Konsortiums Nordeuropäi- sche Gaspipeline (NEGP) Dr. Wolfgang Gerhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . Jürgen Koppelin (FDP) (zur Geschäftsordnung) . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Uwe Benneter (SPD) (zur Geschäftsordnung) . . . . . . . . . . . . . . . Hermann Gröhe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Bodo Ramelow (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Klaus Uwe Benneter (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Franz Müntefering, Bundesminister BMAS Rainer Brüderle (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . D C T A R F A f u n ( R A J G P M S D S T a b i Z A D A 459 C 459 D 460 A 460 A 460 B 460 C 462 A 462 B 462 D 463 D 464 D 465 D 467 A 468 D r. Wolfgang Götzer (CDU/CSU) . . . . . . . . . hristine Lambrecht (SPD) . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 7: ntrag der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch, oland Claus, Dr. Dietmar Bartsch und der raktion der LINKEN: Einsetzung eines usschusses des Deutschen Bundestages ür die Angelegenheiten der neuen Länder nd für andere strukturschwache Regio- en Drucksache 16/130) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . oland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . rnold Vaatz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . oachim Günther (Plauen) (FDP) . . . . . . . . . . unter Weißgerber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . eter Hettlich (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . anfred Grund (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . tephan Hilsberg (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . tephan Hilsberg (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 8: ) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (Drucksachen 16/109, 16/245, 16/259) – Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs ei- nes … Gesetzes zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes (… Arbeitszeit- änderungsgesetz – … ArbZÄG) (Drucksachen 16/219, 16/245, 16/259) ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (Drucksachen 16/162, 16/220, 16/253, 16/260) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 6: ntrag der Abgeordneten Dirk Niebel, r. Heinrich L. Kolb, Detlef Parr, weiterer bgeordneter und der Fraktion der FDP: 470 A 470 D 472 A 472 B 473 B 474 B 475 A 476 B 477 C 478 C 479 D 481 B 481 C 481 D 482 A 482 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 V Weichenstellung für eine Verbesserung der Beschäftigungschancen Älterer (Drucksache 16/241) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Franz Müntefering, Bundesminister BMAS . Dirk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ralf Brauksiepe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werner Dreibus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ralf Brauksiepe (CDU/CSU) . . . . . . . . Wolfgang Grotthaus (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Daniel Bahr (Münster) (FDP) . . . . . . . . . . . . . Stefan Müller (Erlangen) (CDU/CSU) . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Stefan Müller (Erlangen) (CDU/CSU) . . . . . . Tagesordnungspunkt 9: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Zoll- fahndungsdienstgesetzes (Drucksachen 16/88, 16/252) . . . . . . . . . . . . . Joachim Stünker (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Mechthild Dyckmans (FDP) . . . . . . . . . . . . . Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Neskovic (DIE LINKE) . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 10: a) Erste Beratung des von der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einge- brachten Entwurfs eines Verbraucher- informationsgesetzes (VIG) (Drucksache 16/199) . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Peter Bleser, Ursula Heinen, Gitta Connemann, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Waltraud Wolff (Wolmirstedt), Ulrich Kelber, Volker Blumentritt, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der SPD: D D H E D U W T – – M H P F B T A G g m ( E R P S S D 482 B 482 C 483 C 485 A 486 A 487 C 488 C 489 D 491 D 492 B 493 C 495 C 496 C 498 A 498 B 499 A 499 B 501 A 502 C 504 B 505 C 507 A Lebensmittelskandalen effektiv entge- genwirken – Verbraucher umfassend informieren (Drucksache 16/195) . . . . . . . . . . . . . . . . r. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV ans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . lvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . r. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . rsula Heinen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . altraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) . . . . . . agesordnungspunkt 11: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Ausgleich von Arbeitgeberaufwendungen und zur Än- derung weiterer Gesetze (Drucksachen 16/39, 16/243) . . . . . . . . . . Zweite und dritte Beratung des vom Bun- desrat eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes über den Arbeitgeberausgleich bei Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Fall von Krankheit und Mutterschaft (Lohnfortzahlungsausgleichsgesetz) (Drucksachen 16/46, 16/243) . . . . . . . . . . echthild Rawert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . einz Lanfermann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . eter Albach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . rank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . irgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 12: ntrag der Abgeordneten Dr. Max Stadler, isela Piltz, Ernst Burgbacher, weiterer Ab- eordneter und der Fraktion der FDP: Für ein odernes Berufsbeamtentum Drucksache 16/129) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rnst Burgbacher (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . alf Göbel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . etra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . iegmund Ehrmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . ilke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Max Stadler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 507 B 507 C 508 D 510 B 511 C 513 A 513 D 515 B 517 A 517 A 517 B 518 D 519 D 521 B 522 B 523 A 523 B 523 D 525 A 525 C 527 B 528 A VI Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 Zusatztagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelver- sorgung (Drucksache 16/194) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marion Caspers-Merk, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Daniel Bahr (Münster) (FDP) . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Zöller (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Frank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Marlies Volkmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolf Bauer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 13: Antrag der Abgeordneten Cornelia Hirsch, Dr. Petra Sitte, Volker Schneider (Saarbrü- cken), weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der LINKEN: Statt Ausbildungspakt – Für eine umlagefinanzierte berufliche Erstausbildung (Drucksache 16/122) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Cornelia Pieper, Patrick Meinhardt, Uwe Barth, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der FDP: Die duale Berufsausbildung in Deutschland kontinuierlich verbessern (Drucksache 16/235) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Priska Hinz (Her- born), Krista Sager, Grietje Bettin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN: Berufsausbil- dung umfassend sichern (Drucksache 16/198) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Cornelia Hirsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Uwe Schummer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Patrick Meinhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Willi Brase (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P A T A G w B v ( I M S A S T A S S d w r ( i Z A N w B d r ( G A J D S N A L 528 C 528 C 529 D 531 C 533 B 534 A 534 D 536 A 537 B 537 B 537 C 537 C 538 C 539 D 541 A riska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lexander Dobrindt (CDU/CSU) . . . . . . . . . agesordnungspunkt 14: ntrag der Abgeordneten Irmingard Schewe- erigk, Josef Philip Winkler, Ekin Deligöz, eiterer Abgeordneter und der Fraktion des ÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Zwangs- erheiratung bekämpfen – Opfer schützen Drucksache 16/61) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ichaela Noll (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . ibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . ngelika Graf (Rosenheim) (SPD) . . . . . . . . evim Dagdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 15: ntrag der Abgeordneten Gisela Piltz, ibylle Laurischk, Sabine Leutheusser- chnarrenberger, weiterer Abgeordneter und er Fraktion der FDP: Gegen eine europa- eit verpflichtende Vorratsdatenspeiche- ung Drucksache 16/128) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 14: ntrag der Abgeordneten Silke Stokar von euforn, Volker Beck (Köln), Jerzy Montag, eiterer Abgeordneter und der Fraktion des ÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Freiheit es Telefonverkehrs vor Zwangsspeiche- ungen Drucksache 16/237) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . isela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ an Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Martina Krogmann (CDU/CSU) . . . . . . . ilke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 1 iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 543 A 544 B 545 B 545 C 546 C 548 D 550 A 551 D 552 D 552 D 553 B 554 C 556 A 556 C 558 B 559 C 561 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 VII Anlage 2 Verzeichnis der Mitglieder des Deutschen Bundestages, die an der Wahl zum Wahlaus- schuss gemäß § 6 Abs. 2 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht teilgenommen haben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Verzeichnis der Mitglieder des Deutschen Bundestages, die an der Wahl zum Richter- wahlausschuss gemäß § 5 des Richtergesetzes teilgenommen haben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ulrike Flach, Otto Fricke, Jürgen Koppelin und Dr. Claudia Winterstein (alle FDP) zur Abstimmung über den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (Tagesordnungspunkt 8 b) Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung der Anträge: – Gegen eine europaweit verpflichtende Vorratsdatenspeicherung – Freiheit des Telefonverkehrs vor Zwangs- speicherungen (Tagesordnungspunkt 15, Zusatztagesord- nungspunkt 14) Dr. Peter Danckert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 561 B 564 A 566 B 567 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 413 (A) ) (B) ) 8. Sitzu Berlin, Donnerstag, den Beginn: 9.0
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    Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 561 (A) ) (B) ) Peter Albach Peter Altmaier Thomas Bareiß Norbert Barthle Dr. Wolf Bauer Günter Baumann Otto Bernhardt Clemens Binninger Carl-Eduard von Bismarck Renate Blank Antje Blumenthal Wolfgang Bosbach Klaus Brähmig Michael Brand Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Leo Dautzenberg Hubert Deittert Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Maria Eichhorn * Glos, Michael CDU/CSU 15.12.2005 Großmann, Achim SPD 15.12.2005 Hempelmann, Rolf SPD 15.12.2005 Hintze, Peter CDU/CSU 15.12.2005 Höfken, Ulrike BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.12.2005 Höhn, Bärbel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.12.2005 Hoppe, Thilo BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.12.2005 Kopp, Gudrun FDP 15.12.2005 Leutheusser- Schnarrenberger, Sabine FDP 15.12.2005* Löning, Markus FDP 15.12.2005 Lötzer, Ursula DIE LINKE 15.12.2005 D R S S S S W W W Z Anlage 2 Verzeich der Mitglieder des Deutschen Bundestages, die an der Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht teilgenom CDU/CSU Ulrich Adam Ilse Aigner Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner D J W (D für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates r. Reimann, Carola SPD 15.12.2005 oth (Augsburg), Claudia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.12.2005 chily, Otto SPD 15.12.2005 chmidt (Nürnberg), Renate SPD 15.12.2005 eehofer, Horst CDU/CSU 15.12.2005 teenblock, Rainder BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.12.2005* ächter, Gerhard CDU/CSU 15.12.2005 ieczorek-Zeul, Heidemarie SPD 15.12.2005 öhrl, Dagmar CDU/CSU 15.12.2005 öllmer, Manfred SPD 15.12.2005 nis Wahl zum Wahlausschuss gemäß § 6 Abs. 2 des men haben r. Maria Böhmer ochen Borchert olfgang Börnsen (Bönstrup) Monika Brüning Georg Brunnhuber Gitta Connemann Bodewig, Kurt SPD 15.12.2005 Döring, Patrick FDP 15.12.2005 Ernst, Klaus DIE LINKE 15.12.2005 Ernstberger, Petra SPD 15.12.2005 Merten, Ulrike SPD 15.12.2005 Müller (Köln), Kerstin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.12.2005 Petzold, Ulrich CDU/CSU 15.12.2005 Anlage 1 Abgeordnete(r) Liste der entschuldigt entschuldigt bis einschließlich A Anlagen zum Ste en Abgeordneten bgeordnete(r) (Cnografischen Bericht entschuldigt bis einschließlich 562 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 (A) ) (B) ) Anke Eymer (Lübeck) Georg Fahrenschon Ilse Falk Dr. Hans Georg Faust Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) Jochen-Konrad Fromme Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Dr. Jürgen Gehb Eberhard Gienger Ralf Göbel Dr. Reinhard Göhner Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg Olav Gutting Holger Haibach Gerda Hasselfeldt Ursula Heinen Michael Hennrich Jürgen Herrmann Bernd Heynemann Ernst Hinsken Robert Hochbaum Klaus Hofbauer Franz-Josef Holzenkamp Joachim Hörster Anette Hübinger Hubert Hüppe Susanne Jaffke Dr. Peter Jahr Dr. Hans-Heinrich Jordan Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Alois Karl Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Eckart von Klaeden Jürgen Klimke Julia Klöckner Jens Koeppen Kristina Köhler (Wiesbaden) Norbert Königshofen Dr. Rolf Koschorrek Hartmut Koschyk T M G D D J D D A D K D P In E D P D D W D F M H P D M D H C S B B H M D F E H R D D S D B R R D T H D P E K K D F J K D D A P A homas Kossendey ichael Kretschmer unther Krichbaum r. Günter Krings r. Martina Krogmann ohann-Henrich Krummacher r. Hermann Kues r. Karl A. Lamers (Heidelberg) ndreas G. Lämmel r. Norbert Lammert atharina Landgraf r. Maximilian Lehmer aul Lehrieder gbert Liebing duard Lintner r. Klaus W. Lippold (Offenbach) atricia Lips r. Michael Luther orothee Mantel olfgang Meckelburg r. Michael Meister riedrich Merz aria Michalk ans Michelbach hilipp Mißfelder r. Eva Möllring arlene Mortler r. Gerd Müller ildegard Müller arsten Müller (Braunschweig) tefan Müller (Erlangen) ernward Müller (Gera) ernd Neumann (Bremen) enry Nitzsche ichaela Noll r. Georg Nüßlein ranz Obermeier duard Oswald enning Otte ita Pawelski r. Peter Paziorek r. Joachim Pfeiffer ibylle Pfeiffer r. Friedbert Pflüger eatrix Philipp onald Pofalla uprecht Polenz aniela Raab homas Rachel ans Raidel r. Peter Ramsauer eter Rauen ckhardt Rehberg atherina Reiche (Potsdam) laus Riegert r. Heinz Riesenhuber ranz Romer ohannes Röring urt J. Rossmanith r. Norbert Röttgen r. Christian Ruck lbert Rupprecht (Weiden) eter Rzepka nita Schäfer (Saalstadt) H D H K G B C A I D D B U W K B T J J E C G A M T L M A D A V A M K M P G K A K W E M W W S D G G N I R E D D K S S D U K D U P L ermann-Josef Scharf r. Wolfgang Schäuble artmut Schauerte arl Richard Schiewerling eorg Schirmbeck ernd Schmidbauer hristian Schmidt (Fürth) ndreas Schmidt (Mühlheim) ngo Schmitt (Berlin) r. Andreas Schockenhoff r. Ole Schröder ernhard Schulte-Drüggelte we Schummer ilhelm Josef Sebastian urt Segner ernd Siebert homas Silberhorn ohannes Singhammer ens Spahn rika Steinbach hristian Freiherr von Stetten ero Storjohann ndreas Storm ax Straubinger homas Strobl (Heilbronn) ena Strothmann ichael Stübgen ntje Tillmann r. Hans-Peter Uhl rnold Vaatz olkmar Uwe Vogel ndrea Astrid Voßhoff arco Wanderwitz ai Wegner arcus Weinberg eter Weiß (Emmendingen) erald Weiß (Groß-Gerau) arl-Georg Wellmann nnette Widmann-Mauz laus-Peter Willsch illy Wimmer (Neuss) lisabeth Winkelmeier- Becker atthias Wissmann olfgang Zöller illi Zylajew PD r. Lale Akgün regor Amann erd Andres iels Annen ngrid Arndt-Brauer ainer Arnold rnst Bahr (Neuruppin) oris Barnett r. Hans-Peter Bartels laus Barthel ören Bartol abine Bätzing irk Becker we Beckmeyer laus Uwe Benneter r. Axel Berg te Berg etra Bierwirth othar Binding (Heidelberg) V K C G D W B E M U M D C M D D K M D E G D S S H G A E G R G D P S M Ir G R A D M K G W W H B K A M N H R D G P S P G Ir F E K C L B (C (D olker Blumentritt urt Bodewig lemens Bollen erd Bollmann r. Gerhard Botz illi Brase ernhard Brinkmann (Hildesheim) delgard Bulmahn arco Bülow lla Burchardt artin Burkert r. Michael Bürsch hristian Carstensen arion Caspers-Merk r. Peter Danckert r. Herta Däubler-Gmelin arl Diller artin Dörmann r. Carl-Christian Dressel lvira Drobinski-Weiß arrelt Duin etlef Dzembritzki ebastian Edathy iegmund Ehrmann ans Eichel ernot Erler nnette Faße lke Ferner abriele Fograscher ainer Fornahl abriele Frechen agmar Freitag eter Friedrich igmar Gabriel artin Gerster is Gleicke ünter Gloser enate Gradistanac ngelika Graf (Rosenheim) ieter Grasedieck onika Griefahn erstin Griese abriele Groneberg olfgang Grotthaus olfgang Gunkel ans-Joachim Hacker ettina Hagedorn laus Hagemann lfred Hartenbach ichael Hartmann (Wackernheim) ina Hauer ubertus Heil einhold Hemker r. Barbara Hendricks ustav Herzog etra Heß tephan Hilsberg etra Hinz (Essen) erd Höfer is Hoffmann (Wismar) rank Hofmann (Volkach) ike Hovermann laas Hübner hristel Humme othar Ibrügger runhilde Irber Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 563 (A) ) (B) ) Johannes Jung (Karlsruhe) Josip Juratovic Johannes Kahrs Ulrich Kasparick Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Christian Kleiminger Hans-Ulrich Klose Astrid Klug Dr. Bärbel Kofler Walter Kolbow Fritz Rudolf Körper Karin Kortmann Rolf Kramer Anette Kramme Ernst Kranz Nicolette Kressl Volker Kröning Dr. Hans-Ulrich Krüger Angelika Krüger-Leißner Jürgen Kucharczyk Helga Kühn-Mengel Ute Kumpf Dr. Uwe Küster Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Waltraud Lehn Helga Lopez Gabriele Lösekrug-Möller Dirk Manzewski Lothar Mark Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Markus Meckel Petra Merkel (Berlin) Dr. Matthias Miersch Ursula Mogg Marko Mühlstein Michael Müller (Düsseldorf) Gesine Multhaupt Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Andrea Nahles Thomas Oppermann Holger Ortel Heinz Paula Johannes Pflug Joachim Poß Christoph Pries Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Mechthild Rawert Steffen Reiche (Cottbus) Maik Reichel Gerold Reichenbach Christel Riemann- Hanewinckel Walter Riester Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Ortwin Runde Marlene Rupprecht (Tuchenbach) A A B D M D U S H C O O R S E F D D R R W D J D A L R C D J D J J W J F H R S J D H A P G G D L D A E D W H U B F J D C D U R nton Schaaf xel Schäfer (Bochum) ernd Scheelen r. Hermann Scheer arianne Schieder r. Frank Schmidt lla Schmidt (Aachen) ilvia Schmidt (Eisleben) einz Schmitt (Landau) arsten Schneider (Erfurt) laf Scholz ttmar Schreiner einhard Schultz (Everswinkel) wen Schulz (Spandau) wald Schurer rank Schwabe r. Angelica Schwall-Düren r. Martin Schwanholz olf Schwanitz ita Schwarzelühr-Sutter olfgang Spanier r. Margrit Spielmann örg-Otto Spiller r. Ditmar Staffelt ndreas Steppuhn udwig Stiegler olf Stöckel hristoph Strässer r. Peter Struck oachim Stünker r. Rainer Tabillion örg Tauss ella Teuchner olfgang Thierse örn Thießen ranz Thönnes ans-Jürgen Uhl üdiger Veit imone Violka örg Vogelsänger r. Marlies Volkmer edi Wegener ndreas Weigel etra Weis unter Weißgerber ert Weisskirchen (Wiesloch) r. Rainer Wend ydia Westrich r. Margrit Wetzel ndrea Wicklein ngelbert Wistuba r. Wolfgang Wodarg altraud Wolff (Wolmirstedt) eidi Wright ta Zapf rigitte Zypries DP ens Ackermann r. Karl Addicks hristian Ahrendt aniel Bahr (Münster) we Barth ainer Brüderle A E M J U O P H D H M J H E B D M D H J H S H I M P J B D H D C G J F D M D D D C F C D D D H M D H K D H E D R S D W D W D D H L ngelika Brunkhorst rnst Burgbacher echthild Dyckmans örg van Essen lrike Flach tto Fricke aul K. Friedhoff orst Friedrich (Bayreuth) r. Wolfgang Gerhardt ans-Michael Goldmann iriam Gruß oachim Günther (Plauen) einz-Peter Haustein lke Hoff irgit Homburger r. Werner Hoyer ichael Kauch r. Heinrich L. Kolb ellmut Königshaus ürgen Koppelin einz Lanfermann ibylle Laurischk arald Leibrecht na Lenke ichael Link atrick Meinhardt an Mücke urkhardt Müller-Sönksen irk Niebel ans-Joachim Otto (Frankfurt) etlef Parr ornelia Pieper isela Piltz örg Rohde rank Schäffler r. Konrad Schily arina Schuster r. Hermann Otto Solms r. Max Stadler r. Rainer Stinner arl-Ludwig Thiele lorian Toncar hristoph Waitz r. Guido Westerwelle r. Claudia Winterstein r. Volker Wissing artfrid Wolff (Rems-Murr) artin Zeil IE LINKE üseyin-Kenan Aydin arin Binder r. Lothar Bisky eidrun Bluhm va Bulling-Schröter r. Martina Bunge oland Claus evim Dagdelen r. Diether Dehm erner Dreibus r. Dagmar Enkelmann olfgang Gehrcke-Reymann iana Golze r. Gregor Gysi eike Hänsel utz Heilmann H C In D U D D K M J K O M D U D K K W D P B E P V D D D F D D A G J S B D K M V C B M G A E D D H J K K A B W P P D U S F R M U (C (D ans-Kurt Hill ornelia Hirsch ge Höger-Neuling r. Barbara Höll lla Jelpke r. Lukrezia Jochimsen r. Hakki Keskin atja Kipping onika Knoche an Korte atrin Kunert skar Lafontaine ichael Leutert r. Gesine Lötzsch lrich Maurer orothee Menzner ornelia Möller ersten Naumann olfgang Neskovic r. Norman Paech etra Pau odo Ramelow lke Reinke aul Schäfer (Köln) olker Schneider (Saarbrücken) r. Herbert Schui r. Ilja Seifert r. Petra Sitte rank Spieth r. Kirsten Tackmann r. Axel Troost lexander Ulrich ert Winkelmeier örn Wunderlich abine Zimmermann ÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN erstin Andreae arieluise Beck (Bremen) olker Beck (Köln) ornelia Behm irgitt Bender atthias Berninger rietje Bettin lexander Bonde kin Deligöz r. Thea Dückert r. Uschi Eid ans Josef Fell oseph Fischer (Frankfurt) ai Boris Gehring atrin Göring-Eckardt nja Hajduk ritta Haßelmann infried Hermann eter Hettlich riska Hinz (Herborn) r. Anton Hofreiter te Koczy ylvia Kotting-Uhl ritz Kuhn enate Künast arkus Kurth ndine Kurth (Quedlinburg) 564 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 (A) ) (B) ) Herbert Frankenhauser Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) Jochen-Konrad Fromme Dr. Michael Fuchs D H T M G r. Rolf Koschorrek artmut Koschyk homas Kossendey ichael Kretschmer unther Krichbaum T H D P E homas Rachel ans Raidel r. Peter Ramsauer eter Rauen ckhardt Rehberg P G K A W eter Weiß (Emmendingen) erald Weiß (Groß-Gerau) arl-Georg Wellmann nnette Widmann-Mauz illy Wimmer (Neuss) Ilse Falk Dr. Hans Georg Faust Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Eckart von Klaeden Jürgen Klimke Julia Klöckner Jens Koeppen Kristina Köhler (Wiesbaden) Norbert Königshofen Henning Otte Rita Pawelski Dr. Peter Paziorek Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Dr. Friedbert Pflüger Beatrix Philipp Ronald Pofalla Ruprecht Polenz Michael Stübgen Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Uwe Vogel Andrea Astrid Voßhoff Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg Monika Lazar Dr. Reinhard Loske Anna Lührmann Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) W B K E C Anlage 3 der Mitglieder des Deutsch Richtergesetzes teilgenomm CDU/CSU Ulrich Adam Ilse Aigner Peter Albach Peter Altmaier Thomas Bareiß Norbert Barthle Dr. Wolf Bauer Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Otto Bernhardt Clemens Binninger Carl-Eduard von Bismarck Renate Blank Antje Blumenthal Dr. Maria Böhmer Jochen Borchert Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Klaus Brähmig Michael Brand Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Monika Brüning Georg Brunnhuber Gitta Connemann Leo Dautzenberg Hubert Deittert Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Maria Eichhorn Anke Eymer (Lübeck) Georg Fahrenschon H D E R D P D U R H M M M M K O H G U M J B E R K F J A H D D D B H S A B infried Nachtwei rigitte Pothmer rista Sager lisabeth Scharfenberg hristine Scheel I G R S H Verzeich en Bundestages, die an der en haben ans-Joachim Fuchtel r. Jürgen Gehb berhard Gienger alf Göbel r. Reinhard Göhner eter Götz r. Wolfgang Götzer te Granold einhard Grindel ermann Gröhe ichael Grosse-Brömer arkus Grübel anfred Grund onika Grütters arl-Theodor Freiherr zu Guttenberg lav Gutting olger Haibach erda Hasselfeldt rsula Heinen ichael Hennrich ürgen Herrmann ernd Heynemann rnst Hinsken obert Hochbaum laus Hofbauer ranz-Josef Holzenkamp oachim Hörster nette Hübinger ubert Hüppe r. Peter Jahr r. Hans-Heinrich Jordan r. Franz Josef Jung artholomäus Kalb ans-Werner Kammer teffen Kampeter lois Karl ernhard Kaster D D J D D A K D P I E D P D D W D F M H P D M D H C S B B H M D F E rmingard Schewe-Gerigk erhard Schick ainder Steenblock ilke Stokar von Neuforn ans-Christian Ströbele D J W J M nis Wahl zum Richterwahlauss r. Günter Krings r. Martina Krogmann ohann-Henrich Krummacher r. Hermann Kues r. Karl A. Lamers (Heidelberg) ndreas G. Lämmel atharina Landgraf r. Maximilian Lehmer aul Lehrieder ngbert Liebing duard Lintner r. Klaus W. Lippold (Offenbach) atricia Lips r. Michael Luther orothee Mantel olfgang Meckelburg r. Michael Meister riedrich Merz aria Michalk ans Michelbach hilipp Mißfelder r. Eva Möllring arlene Mortler r. Gerd Müller ildegard Müller arsten Müller (Braunschweig) tefan Müller (Erlangen) ernward Müller (Gera) ernd Neumann (Bremen) enry Nitzsche ichaela Noll r. Georg Nüßlein ranz Obermeier duard Oswald K K D F J K D D A P A H D H K G B C A In D D B U W K B J J E C G A M T L (C (D r. Harald Terpe ürgen Trittin olfgang Wieland osef Philip Winkler argareta Wolf (Frankfurt) chuss gemäß § 5 des atherina Reiche (Potsdam) laus Riegert r. Heinz Riesenhuber ranz Romer ohannes Röring urt J. Rossmanith r. Norbert Röttgen r. Christian Ruck lbert Rupprecht (Weiden) eter Rzepka nita Schäfer (Saalstadt) ermann-Josef Scharf r. Wolfgang Schäuble artmut Schauerte arl Richard Schiewerling eorg Schirmbeck ernd Schmidbauer hristian Schmidt (Fürth) ndreas Schmidt (Mühlheim) go Schmitt (Berlin) r. Andreas Schockenhoff r. Ole Schröder ernhard Schulte-Drüggelte we Schummer ilhelm Josef Sebastian urt Segner ernd Siebert ohannes Singhammer ens Spahn rika Steinbach hristian Freiherr von Stetten ero Storjohann ndreas Storm ax Straubinger homas Strobl (Heilbronn) ena Strothmann Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 565 (A) ) (B) ) Elisabeth Winkelmeier- Becker Matthias Wissmann Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Dr. Lale Akgün Gregor Amann Gerd Andres Niels Annen Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Ernst Bahr (Neuruppin) Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Sabine Bätzing Dirk Becker Uwe Beckmeyer Klaus Uwe Benneter Dr. Axel Berg Ute Berg Petra Bierwirth Lothar Binding (Heidelberg) Volker Blumentritt Kurt Bodewig Clemens Bollen Gerd Bollmann Dr. Gerhard Botz Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Marco Bülow Ulla Burchardt Martin Burkert Dr. Michael Bürsch Christian Carstensen Marion Caspers-Merk Dr. Peter Danckert Dr. Herta Däubler-Gmelin Karl Diller Martin Dörmann Dr. Carl-Christian Dressel Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Detlef Dzembritzki Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Hans Eichel Gernot Erler Annette Faße Elke Ferner Gabriele Fograscher Rainer Fornahl Gabriele Frechen Dagmar Freitag Peter Friedrich Sigmar Gabriel Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Renate Gradistanac Angelika Graf (Rosenheim) Dieter Grasedieck Monika Griefahn K G W W H B K A M N H R D G P G S P G Ir F E K C L B J J J U D U C H A D W F K R A E N V D A J H U D C C D W H G D L C K H M P D U M D erstin Griese abriele Groneberg olfgang Grotthaus olfgang Gunkel ans-Joachim Hacker ettina Hagedorn laus Hagemann lfred Hartenbach ichael Hartmann (Wackernheim) ina Hauer ubertus Heil einhold Hemker r. Barbara Hendricks ustav Herzog etra Heß abriele Hiller-Ohm tephan Hilsberg etra Hinz (Essen) erd Höfer is Hoffmann (Wismar) rank Hofmann (Volkach) ike Hovermann laas Hübner hristel Humme othar Ibrügger runhilde Irber ohannes Jung (Karlsruhe) osip Juratovic ohannes Kahrs lrich Kasparick r. h. c. Susanne Kastner lrich Kelber hristian Kleiminger ans-Ulrich Klose strid Klug r. Bärbel Kofler alter Kolbow ritz Rudolf Körper arin Kortmann olf Kramer nette Kramme rnst Kranz icolette Kressl olker Kröning r. Hans-Ulrich Krüger ngelika Krüger-Leißner ürgen Kucharczyk elga Kühn-Mengel te Kumpf r. Uwe Küster hristine Lambrecht hristian Lange (Backnang) r. Karl Lauterbach altraud Lehn elga Lopez abriele Lösekrug-Möller irk Manzewski othar Mark aren Marks atja Mast ilde Mattheis arkus Meckel etra Merkel (Berlin) r. Matthias Miersch rsula Mogg arko Mühlstein etlef Müller (Chemnitz) M G F D A T H H J J C D F M S M G C W S R D K M O M A A B D M D U S H C O O R S E F D D R R W D J D A L R C D J D J J W J F H R S ichael Müller (Düsseldorf) esine Multhaupt ranz Müntefering r. Rolf Mützenich ndrea Nahles homas Oppermann olger Ortel einz Paula ohannes Pflug oachim Poß hristoph Pries r. Wilhelm Priesmeier lorian Pronold echthild Rawert teffen Reiche (Cottbus) aik Reichel erold Reichenbach hristel Riemann- Hanewinckel alter Riester önke Rix ené Röspel r. Ernst Dieter Rossmann arin Roth (Esslingen) ichael Roth (Heringen) rtwin Runde arlene Rupprecht (Tuchenbach) nton Schaaf xel Schäfer (Bochum) ernd Scheelen r. Hermann Scheer arianne Schieder r. Frank Schmidt lla Schmidt (Aachen) ilvia Schmidt (Eisleben) einz Schmitt (Landau) arsten Schneider (Erfurt) laf Scholz ttmar Schreiner einhard Schultz (Everswinkel) wen Schulz (Spandau) wald Schurer rank Schwabe r. Angelica Schwall-Düren r. Martin Schwanholz olf Schwanitz ita Schwarzelühr-Sutter olfgang Spanier r. Margrit Spielmann örg-Otto Spiller r. Ditmar Staffelt ndreas Steppuhn udwig Stiegler olf Stöckel hristoph Strässer r. Peter Struck oachim Stünker r. Rainer Tabillion örg Tauss ella Teuchner olfgang Thierse örn Thießen ranz Thönnes ans-Jürgen Uhl üdiger Veit imone Violka J D H A P G G D L D A E D W H U B F J D C D U R A E M J U O P H D D H M J H E B D M D H J H S H In M P J B D H D C G J F D M D D (C (D örg Vogelsänger r. Marlies Volkmer edi Wegener ndreas Weigel etra Weis unter Weißgerber ert Weisskirchen (Wiesloch) r. Rainer Wend ydia Westrich r. Margrit Wetzel ndrea Wicklein ngelbert Wistuba r. Wolfgang Wodarg altraud Wolff (Wolmirstedt) eidi Wright ta Zapf rigitte Zypries DP ens Ackermann r. Karl Addicks hristian Ahrendt aniel Bahr (Münster) we Barth ainer Brüderle ngelika Brunkhorst rnst Burgbacher echthild Dyckmans örg van Essen lrike Flach tto Fricke aul K. Friedhoff orst Friedrich (Bayreuth) r. Edmund Peter Geisen r. Wolfgang Gerhardt ans-Michael Goldmann iriam Gruß oachim Günther (Plauen) einz-Peter Haustein lke Hoff irgit Homburger r. Werner Hoyer ichael Kauch r. Heinrich L. Kolb ellmut Königshaus ürgen Koppelin einz Lanfermann ibylle Laurischk arald Leibrecht a Lenke ichael Link atrick Meinhardt an Mücke urkhardt Müller-Sönksen irk Niebel ans-Joachim Otto (Frankfurt) etlef Parr ornelia Pieper isela Piltz örg Rohde rank Schäffler r. Konrad Schily arina Schuster r. Hermann Otto Solms r. Max Stadler 566 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 (A) ) (B) (D) Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO Eine klare Bilanz seitens der Kommunen im Hinblick auf deren tatsächliche Kosten für Unterkunft und Hei- zung von Empfängern des Arbeitslosengeldes II liegt der Abgeordneten Ulrike Jürgen Koppelin und Dr. (alle FDP) zur Abstimmun eines Zweiten Gesetzes zur ten Buches Sozialgesetzbu punkt 8 b) Wir stimmen der Beibehalt Bundes in Höhe von 29,1 Proze terkunft und Heizung von Emp geldes II auch für das Jahr 2006 zu. Hiermit entsprechen wir d Fraktion. In der Sache halten Bundes in dieser Höhe jedoch haushalt wird hierdurch voraus den Euro zusätzlich belastet. chende Entlastung der Komm werden darüber hinaus auch du stieg in ein steuerliches Sofortp Beschränkung der Verlustverr hang mit Steuerstundungsmode setz zur Abschaffung der Eigen etwa 2,4 Milliarden Euro entlas der Steuerschätzung vom verg darüber hinaus alleine für 20 Kommunen von rund 2 Milliar Vorjahr voraus. Flach, Otto Fricke, Claudia Winterstein g über den Entwurf Änderung des Zwei- ch (Tagesordnungs- ung der Beteiligung des nt an den Kosten für Un- fängern des Arbeitslosen- unter größten Bedenken er Entscheidung unserer wir die Beteiligung des für zu hoch. Der Bundes- sichtlich mit 3,55 Milliar- Dem steht eine entspre- unen gegenüber. Diese rch das Gesetz zum Ein- rogramm, das Gesetz zur echnung im Zusammen- llen sowie durch das Ge- heimzulage bis 2009 um tet werden. Das Ergebnis angenen November sieht 06 Mehreinnahmen der den Euro gegenüber dem i a n 1 d S u d r d K b d s d t H a s u K r s n Aussicht gestellte Reduzieru uf null ist von Bundesministe ommen worden. Die sodann 9 Prozent Bundeszuschuss w er zu großen Widerstände s pitzenverbände verworfen. D rsprünglichen Quote von 29 iesem Hintergrund willkürlich en Datenevaluierung entbehrt. Angesichts der dramatischen es wäre es nach unserer Ansic ommunen anzuhalten, dem ung des tatsächlichen Bedarfe ene Intransparenz resultiert v chiedlichen Zuständigkeiten z er Bundesagentur für Arbeit. D ion hat diese Intransparenz artz-IV-Gesetze vorausgeseh usschuss im Dezember 2003 tändige Übertragung der Veran ng von Empfängern des Arbe ommunen gefordert. Aus Respekt vor der eindeu er Fraktion werden wir dem G timmen. ng des Bundeszuschusses r Müntefering zurückge- beabsichtigte Quote von urde ebenfalls aufgrund eitens der kommunalen as Zurückkehren zu der ,1 Prozent erscheint vor , zumal es einer belastba- Haushaltslage des Bun- ht deshalb notwendig, die Bund eine genaue Erhe- s zu liefern. Die vorhan- or allem aus den unter- wischen Kommunen und ie FDP-Bundestagsfrak- bei der Umsetzung der en und im Vermittlungs- deshalb auch eine voll- twortung für die Betreu- itslosengeldes II auf die tigen Entscheidung unse- esetzentwurf dennoch zu- nicht vor. Die vom ehemaligen Bundesminister Clement Dr. Rainer Stinner Carl-Ludwig Thiele Florian Toncar Christoph Waitz Dr. Guido Westerwelle Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Martin Zeil DIE LINKE Hüseyin-Kenan Aydin Karin Binder Dr. Lothar Bisky Heidrun Bluhm Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Sevim Dagdelen Dr. Diether Dehm Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Wolfgang Gehrcke-Reymann Diana Golze Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Lutz Heilmann Hans-Kurt Hill Cornelia Hirsch Inge Höger-Neuling Dr. Barbara Höll Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Dr. Hakki Keskin Katja Kipping Monika Knoche Jan Korte Katrin Kunert Oskar Lafontaine Michael Leutert Dr. Gesine Lötzsch Ulrich Maurer Dorothee Menzner Kornelia Möller Kersten Naumann Wolfgang Neskovic Dr. Norman Paech Petra Pau Bodo Ramelow Elke Reinke Paul Schäfer (Köln) Volker Schneider (Saarbrücken) Dr. Herbert Schui Dr. Ilja Seifert Dr. Petra Sitte Frank Spieth D D A G J S B D K M V C B M G A E D D H J K K A B W P (Cr. Kirsten Tackmann r. Axel Troost lexander Ulrich ert Winkelmeier örn Wunderlich abine Zimmermann ÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN erstin Andreae arieluise Beck (Bremen) olker Beck (Köln) ornelia Behm irgitt Bender atthias Berninger rietje Bettin lexander Bonde kin Deligöz r. Thea Dückert r. Uschi Eid ans Josef Fell oseph Fischer (Frankfurt) ai Boris Gehring atrin Göring-Eckardt nja Hajduk ritta Haßelmann infried Hermann eter Hettlich Priska Hinz (Herborn) Dr. Anton Hofreiter Ute Koczy Sylvia Kotting-Uhl Fritz Kuhn Renate Künast Markus Kurth Undine Kurth (Quedlinburg) Monika Lazar Dr. Reinhard Loske Anna Lührmann Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Winfried Nachtwei Brigitte Pothmer Krista Sager Elisabeth Scharfenberg Christine Scheel Irmingard Schewe-Gerigk Gerhard Schick Rainder Steenblock Silke Stokar von Neuforn Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Jürgen Trittin Wolfgang Wieland Josef Philip Winkler Margareta Wolf (Frankfurt) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 567 (A) (C) (B) ) Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung der Anträge: – Gegen eine europaweit verpflichtende Vor- ratsdatenspeicherung Die grundsätzlichen Bedenken der Kollegen der FDP- Fraktion, dass eine generelle Vorratsdatenspeicherung in das unverletzliche Grundrecht auf eine vertrauliche Kommunikation eingreife, sind durchaus ernst zu neh- men. Allerdings stehen die im Richtlinienentwurf ent- haltenen Vorschläge nicht, wie von der FDP behauptet wird, in deutlichem Gegensatz zum vom Bundesverfas- – Freiheit des Telefonverkehrs vor Zwangs- speicherungen (Tagesordnungspunkt 15, Zusatztagesord- nungspunkt 14) Dr. Peter Danckert (SPD): Die FDP-Fraktion for- dert in ihrem Antrag, dass die Bundesregierung eine Mindestspeicherungsfrist für Telefon- und Internetdaten, die so genannten Verkehrsdaten, auf EU-Ebene verhin- dert. Es ist längst gängige Praxis, dass Daten von Anbie- tern öffentlicher Kommunikationsnetze oder öffentlich zugänglicher Kommunikationsdienste für 90 Tage ge- speichert werden. Hierzu besteht zwar keine grundsätzli- che Pflicht, aber viele Anbieter speichern die Verkehrs- daten zu kommerziellen Zwecken oder Zwecken der Abrechnung. Für die Staatsanwaltschaften, die Polizei und die Gerichte ist der Zugriff auf die Verbindungsdaten ein wichtiges und wertvolles Instrument der Verbrechensbe- kämpfung. Die Speicherung der Telefon- und Internet- nutzungsdaten können zu einer schnellen Aufklärung von Straftaten wie etwa Mord, Hochverrat oder Kin- derpornographie im Internet beitragen. Gegenwärtig lau- fen die bestehenden Befugnisse der Sicherheitsbehörden häufig leer, weil die erforderlichen Daten von den An- bietern bereits gelöscht wurden. Die entscheidenden Hinweise auf Täter und Hintermänner gehen den Straf- verfolgungsbehörden somit verloren, was deren Arbeit erheblich erschwert. Deswegen ist es nunmehr dringend erforderlich, dies- bezüglich auf europäischer Ebene eine einheitliche Re- gelung zu schaffen. Die Europäische Kommission hat über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Be- reitstellung öffentlicher elektronischer Kommunika- tionsdienste verarbeitet werden, im September 2005 ei- nen Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates unterbreitet. Gerade vor dem Hintergrund der Terroranschläge in Madrid ist die Aufbewahrung der Verkehrsdaten für die Verbrechensaufklärung von besonderer Bedeutung. Ich denke, auch die Kollegen von der FDP-Fraktion unter- stützen das Ziel der Bundesregierung, Terrorismus und organisierte Kriminalität verhüten bzw. bekämpfen zu wollen. s a g v u c w B d e A s d B i s B h s d a h p D e t f c P s k r S B n d t g g s u (D ungsgericht im Zusammenhang mit dem Grundrecht uf informationelle Selbstbestimmung hervorgehobenen rundsätzlichen Verbot der Vorratsdatenspeicherung. Bundesverfassungsgericht – BVerfG l BvR 2226/94 om 14. Juli 1999, Rz. 165 – knüpft die Speicherung nd Verwendung erlangter Daten an einen grundsätzli- hen Zweck. Diese Voraussetzung ist im Richtlinienent- urf der Kommission – insbesondere auf Initiative der undesregierung – gegeben. Erst vor wenigen Tagen hat er Rat Justiz und Inneres einen Kompromiss erzielt, der ine Zweckbindung der Speicherung auf Ermittlung, ufdeckung und Verfolgung erheblicher Straftaten vor- ieht. Darüber hinaus wird der Eingriff in das Privatleben er Bürger durch weitere Maßnahmen begrenzt, sodass edenken an dieser Stelle unbegründet sind. Dazu zählt n erster Linie die Begrenzung der Speicherungsfrist auf echs Monate für bestimmte Telekommunikations- und estandsdaten. Dieses Ergebnis ist vor allem dem Ver- andlungserfolg der Bundesregierung zu verdanken, die ich in zahlreichen Verhandlungen dafür eingesetzt hat, ie ursprüngliche Mindestspeicherungsfrist von zwölf uf sechs Monate zu reduzieren. Die Bundesregierung at in den Verhandlungen von Anfang an den Stand- unkt eingenommen – und damit den Bedenken des eutschen Bundestages Rechnung getragen –, dass von iner Verpflichtung zur Speicherung nur diejenigen Da- enarten und nur solche Zeiträume erfasst werden dür- en, die unbedingt erforderlich sind, um die mit der Spei- herungspflicht verfolgten Ziele zu erreichen. Eine weitere wichtige Garantie für den Schutz der rivatsphäre ist dadurch gegeben, dass nur ganz be- timmte Datentypen auf Vorrat gespeichert werden, eine Speicherung von Inhalten erfolgt, erfolglose An- ufversuche grundsätzlich nicht erfasst werden. Damit sind die wesentlichen Bedenken aus deutscher icht dank der erfolgreichen Verhandlungsführung von rigitte Zypries ausgeräumt. Ich sehe aber – was Sie icht überraschen dürfte – noch großen Gesprächsbe- arf, was die Annahme des Kommissionsvorschlags be- rifft. Sicherlich wird bei unserer Diskussion auch eine roße Rolle spielen, dass das Europäische Parlament am estrigen Tage mit großer Mehrheit der Vorratsdaten- peicherung mit den Stimmen der Fraktionen der SPE nd der Europäischen Volksparteien zugestimmt hat. 8. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1600800000

Die Sitzung ist eröffnet. Liebe Kolleginnen und Kol-

legen, ich begrüße Sie alle herzlich.

Vor Eintritt in die Tagesordnung habe ich einige Mit-
teilungen zu machen:

Als Nachfolger für den Kollegen Gerhard Schröder
begrüße ich herzlich den Kollegen Clemens Bollen, der
am 29. November die Mitgliedschaft im Deutschen Bun-
destag erworben hat.


(Beifall)


Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbundene
Tagesordnung um die in der Zusatzpunktliste aufge-
führten Punkte zu erweitern:

ZP 1 Vereinbarte Debatte: Berichte über angebliche Gefangenen-
transporte sowie die Verbringung deutscher und anderer
Staatsangehöriger durch US-Stellen und das Verhalten
von Bundesdienststellen in diesem Zusammenhang

(siehe 7. Sitzung)


ZP 2 Beratung des Antrags der Abgeordneten Michael Link,
Markus Löning, Dr. Werner Hoyer, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der FDP: Den EU-Haushalt auf höchstens
1 Prozent des Bruttonationaleinkommens begrenzen und
die finanzielle Vorausschau 2007 bis 2013 schnellstmöglich
beschließen
– Drucksache 16/224 –

Redet
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten der
Europäischen Union (f)

Auswärtiger Ausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Haushaltsausschuss

ZP 3 Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren

(Ergänzung zu TOP 23)

a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrach-

ten Entwurfs eines Ersten Gesetzes über die Bereini-
gung von Bundesrecht im Zuständigkeitsbereich des
Bundesministeriums der Justiz
– Drucksache 16/47 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)


(C (D ng 15. Dezember 2005 0 Uhr Innenausschuss Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung b)

Stinner, Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Eigenverant-
wortung von Bosnien und Herzegowina stärken – Ver-
fasssungsprozess unterstützen und „Bonn Powers“
des Hohen Repräsentanten abschaffen
– Drucksache 16/228 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Verteidigungsausschuss

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Norman
Paech, Paul Schäfer (Köln), Monika Knoche, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Beendigung
der Operation Althea und Einrichtung einer interna-
tionalen nicht militärischen Polizeimission in Bosnien
und Herzegowina
– Drucksache 16/217 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Verteidigungsausschuss

ZP 4 Weitere abschließende Beratungen ohne Aussprache

(Ergänzung zu TOP 24)

a) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsaus-

schusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 1 zu Petitionen
– Drucksache 16/229 –

ext
b) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsaus-
schusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 2 zu Petitionen
– Drucksache 16/230 –

c) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsaus-
schusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 3 zu Petitionen
– Drucksache 16/231 –

d) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsaus-
schusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 4 zu Petitionen
– Drucksache 16/232 –

ng der Beschlussempfehlung des Petitionsaus-
es (2. Ausschuss)

elübersicht 5 zu Petitionen

cksache 16/233 –
e) Beratu
schuss
Samm
– Dru

414 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
ZP 5 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der FDP: Hal-
tung der Bundesregierung zur Berufung von Bundeskanz-
ler a. D. Gerhard Schröder zum Aufsichtsratsvorsitzenden
des Konsortiums Nordeuropäische Gaspipeline (NEGP)


ZP 6 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dirk Niebel,
Dr. Heinrich L. Kolb, Detlef Parr, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der FDP: Weichenstellung für eine Verbesse-
rung der Beschäftigungschancen Älterer
– Drucksache 16/241 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Haushaltsausschuss

ZP 7 Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der
SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesse-
rung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversor-
gung
– Drucksache 16/194 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz

ZP 8 Beratung des Antrags der Abgeordneten Cornelia Pieper,
Patrick Meinhardt, Uwe Barth, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP: Die duale Berufsausbildung in Deutsch-
land kontinuierlich verbessern
– Drucksache 16/235 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Arbeit und Soziales


(Herborn)

der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Berufs-
ausbildung umfassend sichern
– Drucksache 16/198 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

ZP 10 Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, der SPD,
der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN: Existenzrecht Israels ist deutsche Verpflichtung
– Drucksache 16/197 –

ZP 11 Beratung des Antrags der Abgeordneten Burkhardt Müller-
Sönksen, Florian Toncar, Dr. Werner Hoyer, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion der FDP: Menschenrechte in Us-
bekistan einfordern
– Drucksache 16/225 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe (f)

Auswärtiger Ausschuss

ZP 12 Beratung des Antrags der Abgeordneten Florian Toncar,
Burkhardt Müller-Sönksen, Dr. Werner Hoyer, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion der FDP: Für die mandatsgebun-
dene Begleitung VN-mandatierter Friedensmissionen
durch Menschenrechtsbeobachter
– Drucksache 16/226 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe (f)

Auswärtiger Ausschuss
Verteidigungsausschuss

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(C (D ZP 13 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Haltung der Bundesregierung zur europäischen Chemikalienpolitik ZP 14 Beratung des Antrags der Abgeordneten Silke Stokar von Neuforn, Volker Beck ordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Freiheit des Telefonverkehrs vor Zwangsspeicherungen – Drucksache 16/237 – Überweisungsvorschlag: Innenausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Von der Frist für den Beginn der Beratungen soll – soeit erforderlich – abgewichen werden. Tagesordnungspunkt 24 a – hier handelt es sich um as Dienstleistungskonjunkturstatistikgesetz – soll abgeetzt werden. Sind Sie mit diesen Vereinbarungen einverstanden? – as scheint der Fall zu sein. Damit ist das so beschlos en. Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 sowie Zusatzpunkt 2 uf: 4 Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zum Europäischen Rat am 15./16. Dezember 2005 in Brüssel P 2 Beratung des Antrags der Abgeordneten Michael Link, Markus Löning, Dr. Werner Hoyer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Den EU-Haushalt auf höchstens 1 Prozent des Bruttonationaleinkommens begrenzen und die finanzielle Vorausschau 2007 bis 2013 schnellstmöglich beschließen – Drucksache 16/224 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Auswärtiger Ausschuss Finanzausschuss Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Haushaltsausschuss Wie ich sehe, ist Herr Außenminister Steinmeier noch icht im Saal anwesend. (Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Wir würden gerne beraten! Wir würden gerne anfangen!)


(Dr. Peter Struck [SPD]: Norbert, langsam!)


Wir werden die angekündigten Beratungen ganz sicher
ufnehmen. Aber die Empfehlung des SPD-Fraktions-
orsitzenden, sicherzustellen, dass möglichst viele an
iesen Beratungen teilnehmen können, hat eine gewisse
lausibilität.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Solange die Opposition da ist! – Gegenruf der Bundeskanzlerin Angela Merkel: Und die Spitze der Regierung! – Volker Kauder [CDU/CSU]: Da kommt er!)


Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 415


(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
Die Zeit, die ich nun dem Bundesaußenminister ein-
räume, um sich auf die bevorstehende Regierungserklä-
rung vorzubereiten, möchte ich dazu nutzen, der Kolle-
gin Renate Künast zu ihrem heutigen runden Geburtstag
zu gratulieren.


(Beifall)


– Der Tag beginnt mit einem überfraktionellen Beifall.
Wir wollen einmal sehen, wie lange er sich aufrechter-
halten lässt.

Wir kommen nun zum aufgerufenen Tagesordnungs-
punkt zurück. Nach einer interfraktionellen Vereinba-
rung sind für die Aussprache im Anschluss an die Regie-
rungserklärung 90 Minuten vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Das Wort zur Abgabe einer Regierungserklärung hat
der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Frank-Walter
Steinmeier.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister des
Auswärtigen:

Herr Präsident, ich danke Ihnen für Ihre Geduld. Ich
wurde von Mitgliedern des Parlaments etwas aufgehal-
ten.

Meine Damen und Herren! Heute Nachmittag beginnt
in Brüssel der Europäische Rat. Ich kann und darf Ihnen
nicht verheimlichen, dass er in eine durchaus schwierige
Zeit fällt. Ich habe in meinen öffentlichen Reden in der
letzten Zeit auch nicht verheimlicht, dass ich davon aus-
gehe, dass sich Europa nach den Referenden in Frank-
reich und in den Niederlanden in einer Krise befindet.
Daran gibt es aus meiner Sicht auch nichts zu beschöni-
gen. Der Verfassungsvertrag wurde nicht aufgegeben,
aber er ist im Augenblick storniert. Wir wollen und wer-
den an ihm festhalten.

Ich sage bei diesem Thema aber auch immer: Wir
müssen hier sehr realistisch sein. Nach den Diskussio-
nen, die wir in den europäischen Hauptstädten führen,
sieht es im Augenblick nicht so aus, als ob wir kurzfris-
tig in die Lage versetzt werden, den Menschen über die
Fortsetzung der Ratifizierungsverfahren in den anderen
Ländern zu zeigen, dass wir in Europa Handlungsfähig-
keit zurückgewinnen, wenngleich einige Länder die Ver-
fahren fortführen.

Die andere Frage, der die britische Ratspräsident-
schaft in Hampton Court vor kurzem nachgegangen ist,
lautet: Was kann das große gemeinsame europäische
Projekt sein, wenn wir über den Verfassungsvertrag
kurzfristig nicht zu einem Dokument für die Wiederge-
winnung von mehr Handlungsfähigkeit in Europa kom-
men? Darüber wurde in Hampton Court und wird an
anderer Stelle in Europa diskutiert. Ich sage dazu im-
mer Folgendes: Ich finde die Suche nach dem großen,
neuen gemeinsamen europäischen Projekt richtig. Sie
muss stattfinden. Noch wichtiger ist aber, dass Europa
an einer Stelle Erfolg hat. Diesen Erfolg kann sich Eu-
ropa in den verbleibenden Tagen dieser Woche mit ei-

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(C (D er Verständigung über den Finanzrahmen für die Jahre 007 bis 2013 verschaffen. Ich glaube, das wäre ein Sinal, das auch von den Menschen verstanden werden ürde und für das wir kein neues Projekt suchen müss en. Sie wissen das. Der finanzielle Rahmen bzw. die fianzielle Vorausschau ist unerlässlich. Wir brauchen iesen finanziellen Rahmen, damit die EU ihre Politien innerhalb dieses Rahmens gestalten kann. Er ist nsbesondere dort erforderlich, wo wir eine langfristige trategie brauchen, wo wir auf der einen Seite Finanzsiherheit und auf der anderen Seite Planungssicherheit rauchen. Das gilt etwa für die europäische Forchungspolitik, für die Migrationspolitik und insbesonere für all die Politikbereiche, auf die wir uns im Rahen der Lissabon-Strategie miteinander verständigt aben. Die Einigung ist für uns deshalb mindestens so entcheidend wie für die anderen europäischen Staaten. Im uni haben wir die Einigung unter der luxemburgischen atspräsidentschaft in Luxemburg schon einmal ver ucht. Ich sage voraus: Wenn wir am Ende dieses Jahres it dem zweiten Versuch einer Einigung über den Fi anzrahmen erneut scheitern würden, dann ginge davon in verheerendes Signal für die Bürgerinnen und Bürger us. Insbesondere darf nicht vergessen werden, dass sich in Scheitern vor allem zulasten der neuen Mitgliedstaaen auswirken würde. Wir sollten die neuen Mitgliedstaaten im Fokus bealten, weil sie vor allen Dingen diese klare finanzielle erspektive brauchen und sie sich auch darauf verlassen ürfen; denn wir hatten verabredet, dass die Strukturpoitik durch den neuen finanziellen Rahmen so ausgestatet wird, dass ihnen ein Hineinwachsen in die Europäiche Union ermöglicht wird. Dieses Versprechen würde icht erfüllt, wenn wir jetzt keine langfristige Verständiung über den finanziellen Rahmen hinbekommen würen; denn – ich deutete es eben an – die Mittel für die trukturpolitik können nur auf der Grundlage dieses mit elfristigen Finanzrahmens vernünftig eingesetzt weren. Die neuen Mitgliedstaaten der EU brauchen diese ittel jetzt. Mit anderen Worten: Je später sie fließen, esto länger dauern Aufbauund Aufholprozesse. Wir lle miteinander wissen: Deutschland hat jedes Interesse aran, dass diese Prozesse so schnell wie möglich ablauen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Die neuen Mitglieder der EU haben sich verpflichtet,
en Acquis communautaire umzusetzen. Sie sind bereit,
hren Beitrag zum Haushalt zu leisten. Sie haben deshalb
uch jedes Recht, an den Programmen der Union fair
nd solidarisch zu partizipieren. Nur so können sie auch
irklich in die Europäische Union hineinwachsen und
ieser Union Wachstumsimpulse verleihen, von denen
ir, die alten Mitgliedstaaten, zuvörderst profitieren
erden.

416 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



(B) )


Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier
Deshalb sage ich: Die Bundesregierung ist der Auffas-
sung, die Integrationskraft des europäischen Gedankens
hängt jetzt vornehmlich von der Kompromissfähigkeit
aller Mitgliedstaaten ab. Diese Kompromissfähigkeit ist
in guter Tradition des europäischen Gedankens gefordert.
Eitelkeiten – in Einzelheiten wollen wir nicht gehen –
dürfen nicht den Blick auf das verstellen, was für uns alle
in der Europäischen Union wesentlich ist. Je später eine
Einigung über die Finanzen erfolgt, desto schwieriger
wird sie. Ein Abschluss 2006 – um nicht an Schlimmeres
zu denken – würde jedenfalls ungleich komplizierter sein
als eine Einigung morgen oder spätestens übermorgen.

Wenn ich das so sage, dann werden Sie mit Recht fra-
gen: Wo stehen wir in den augenblicklichen Vorverhand-
lungen? Sie wissen, dass die britische Ratspräsident-
schaft den Mitgliedstaaten in der vergangenen Woche
einen Vorschlag gemacht hat. Sie hat diesen Vorschlag
gestern noch einmal nachgebessert. Wir gehen davon
aus, dass das letzte Wort über diesen Vorschlag noch
nicht gesprochen ist. Der neueste Vorschlag wird heute
Nachmittag in Brüssel diskutiert. Dann gehe ich davon
aus, dass in den Stunden, Tagen und Nächten danach
härtere Auseinandersetzungen auf uns zukommen, und
zwar auch deshalb, weil jeder Mitgliedstaat Rücksicht
auf seine innenpolitische Situation zu nehmen hat. Mit
Blick darauf wissen wir alle, dass die Situation für die
allermeisten Mitgliedstaaten seit dem Versuch im Som-
mer, Verständigung über den Luxemburger Vorschlag zu
erreichen, nicht einfacher geworden ist.

Für die deutsche Regierung heißt das zentrale Prinzip
Fairness. Die Erweiterung war und ist im Interesse aller
Mitgliedstaaten. Daher treten wir für eine solidarische
Finanzierung der Erweiterung ein. Das bedeutet konkret,
ohne dass ich jetzt den Blick auf einzelne Länder richten
will: Jedes Land muss seinen Anteil leisten. Damit
meine ich: nicht mehr und nicht weniger.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Wir haben uns – das haben Sie in den letzten Tagen in
öffentlichen Stellungnahmen dieser Regierung häufig
gehört – nicht daran beteiligt, den britischen Vorschlag
in Bausch und Bogen zu verdammen. Wir haben immer
gesagt, dieser britische Vorschlag ist eine Arbeitsgrund-
lage. Wir hoffen, dass aufgrund der erneuerten Verhand-
lungsbox, die die Briten gestern vorgestellt haben, eine
Verständigung möglich ist. Die deutsche Regierung je-
denfalls wird sich daran konstruktiv beteiligen.

Wir haben in den letzten drei Wochen versucht, in den
Gesprächen mit den Mitgliedstaaten die Kompromissbe-
reitschaft zu fördern, ohne dabei unsere Ziele aufzuge-
ben. Die Bundeskanzlerin und ich haben in den einschlä-
gigen Gremien darauf hingewiesen, dass uns die
Strukturförderung in den neuen Bundesländern in
besonderem Maße am Herzen liegt, dass die Landwirt-
schaftsförderung angemessen ausgestaltet sein muss und
dass vor allen Dingen unsere Belastungsgrenze als größ-
ter Nettozahler innerhalb der EU anerkannt werden
muss. Ich jedenfalls sehe, dass dies in den Luxemburger
und britischen Vorschlägen der Ratspräsidentschaft be-
rücksichtigt worden ist.

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(C (D Wir können insbesondere bei dem letzten Punkt, der usgabenobergrenze, mit Selbstbewusstsein vortragen ich habe in den einschlägigen Räten gemerkt, dass das rgument auf Widerhall stößt –: Wir unternehmen in un erem Land größte Anstrengungen zur Haushaltskonsoidierung und können deshalb den Menschen in Deutschand schlecht erklären, dass dies auf der EU-Ebene bei er Vorbereitung des Haushalts nicht berücksichtigt ird. Kurz gesagt habe ich dort zum Ausdruck gebracht: in sparsamer Haushalt ist nicht weniger europäisch als in ausgabenfreudiger Haushalt. Das ist auch von den ettozahlern in der EU bemerkt worden. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Alles in allem und zur Abrundung dieses Komplexes:
ch will nicht mit Blick auf die finanzielle Vorausschau
nd die bevorstehenden Gespräche übertriebenen Opti-
ismus verbreiten. Das wäre nicht gerechtfertigt. Ich

ahre aber mit einer gewissen Zuversicht nach Brüssel,
ass alle das allergrößte Interesse daran haben, Verstän-
igung zu suchen, und auch Kompromissbereitschaft
itbringen. Ich jedenfalls hoffe auf ein großes Maß eu-

opäischer Vernunft in den nächsten Tagen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ein Thema jenseits der finanziellen Vorausschau, das
ns in den letzten Tagen auf den Außenministerräten er-
eblich beschäftigt hat, ist die Beitrittsperspektive für
ie Staaten des westlichen Balkans. Ich will das an die-
er Stelle nicht weiter ausführen. Es ist kein einfaches
hema, sondern eines, zu dem es innerhalb der Europäi-
chen Union weiß Gott keine in jeder Hinsicht überein-
timmende Meinung gibt. Es gibt aber eine Perspektive:

ir wollen unseren Beitrag dazu leisten, dass Ahtisaari
it der Klärung der Statusbestimmung für den Kosovo

n den nächsten zwölf Monaten Erfolg hat. Dieser Erfolg
etzt Rahmenbedingungen. Diese bestehen darin, dass
ir die Annäherung der Staaten des Westbalkans an die
uropäische Union erhalten müssen. Das konzentriert
ich auf dem bevorstehenden europäischen Gipfeltreffen
uf die eine Frage, ob wir Mazedonien den Beitrittskan-
idatenstatus gewähren werden. Darüber ist in den letz-
en zwei oder drei Wochen diskutiert und zum Teil auch
estritten worden. Es scheint sich anzudeuten, dass die
rage des Beitrittskandidatenstatus mit einigen – insge-
amt vier – Staaten, die allergrößte Skepsis hatten, dann
u lösen sein wird, wenn wir sie mit einer Diskussion
ber die Grenzen der Europäischen Union verbinden, die
ber ohnehin ab dem nächsten Jahr zwischen den Mit-
liedstaaten geführt werden wird. Insofern gehe ich da-
on aus, dass sich der Europäische Rat für den Beitritts-
andidatenstatus Mazedoniens aussprechen wird.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Kommission wird des Weiteren – das ist das dritte
hema – auf dem Europäischen Rat ihren Bericht zur
igration vorstellen. Sie wissen oder ahnen – das war

uch Thema auf dem Euro-Med-Gipfel –, dass die Be-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 417


(A) )



(B) )


Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier
deutung dieses Themas für unseren Kontinent gar nicht
überschätzt werden kann. Sie haben sicherlich noch die
dramatischen Ereignisse in den spanischen Enklaven
Ceuta und Melilla vor Augen. Der Bericht der Kommis-
sion beruht auf einem politikübergreifenden Ansatz und
stellt insofern einen wichtigen Schritt für die gemein-
same Migrationspolitik dar, als er auch Rücksicht auf
alle Weltregionen – insbesondere die Nachbarschaftsre-
gionen im nördlichen Afrika – nimmt. Deshalb begrüßen
wir diesen Bericht ausdrücklich.

Letztlich – das sollen meine Schlussworte sein – wird
sich der Europäische Rat auf unsere Anregung hin mit
den jüngsten Äußerungen des iranischen Staatspräsi-
denten Ahmadinedschad zu Israel befassen. Die Bun-
desregierung und der Deutsche Bundestag haben diese
Aussagen – insbesondere die Leugnung des Holocaust
und des Existenzrechts Israels – mit Bestürzung zur
Kenntnis genommen. Wir verurteilen sie aufs Schärfste.


(Beifall im ganzen Hause)


Derart inakzeptable Ausführungen zum Nahostkon-
flikt zeigen, mit wie viel Verantwortungslosigkeit und
Zynismus die Situation Israels und des Nahen Ostens
von der iranischen Regierung gegenwärtig beurteilt
wird. Ich habe bereits gestern öffentlich gesagt: Das er-
schwert natürlich auch die weiteren Verhandlungen über
das iranische Nuklearprogramm. Ich wiederhole an die-
ser Stelle: Die Regierung in Teheran muss begreifen,
dass die Geduld der internationalen Staatengemeinschaft
nicht endlos ist.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich komme auf meinen Anfangssatz zurück. Der
heute beginnende Europäische Rat ist ein wichtiger Gip-
fel in einer schwierigen Zeit. Die Bundeskanzlerin und
ich werden später nach Brüssel reisen, um dort deutsche
Interessen entschlossen zu vertreten, gleichzeitig aber al-
les dazu beizutragen, dass der Rat ein Erfolg für uns und
Europa wird.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1600800100

Das Wort hat nun der Kollege Dr. Werner Hoyer für

die FDP-Fraktion.


Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1600800200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Bundeskanzlerin und der Bundesaußenminister reisen zu
ihrem ersten großen Europäischen Rat in einer krisen-
haften Situation der Europäischen Union. Wesentliche
Entscheidungen, die Auswirkungen auf eine ganze
Reihe von europäischen Räten haben, werden zu treffen
sein. Wir als liberale Opposition wünschen ihnen viel
Erfolg bei dem nun beginnenden Europäischen Rat in
Brüssel,


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


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(C (D uch deshalb, weil es in unserem Interesse liegt, dass anches geklärt wird, was uns sonst vor die Füße fällt, enn wir im Januar 2007 die Ratspräsidentschaft überehmen. Es wäre gut, wenn das eine oder andere vorher rledigt werden könnte. Es sind mindestens vier große Komplexe, die Europa n die gegenwärtige Krise gebracht haben: das bisher ehlende Einvernehmen über die finanzielle Vorauschau, das Stocken des Verfassungsprozesses, eine laubwürdigkeitssowie eine Vertrauensund Zutrau nskrise bei den Bürgerinnen und Bürgern im Hinblick uf das große europäische Projekt und nicht zuletzt die irtschaftliche Situation, die deutlich macht, dass wir im inblick auf das Erreichen der Lissabon-Ziele nicht vo ankommen, was übrigens kein Thema der Europäischen nion, sondern eines ihrer Mitgliedstaaten ist. Desween herrschen eher Skepsis und Unsicherheit in der Beölkerung. Es gibt eine fast sklerotische Erscheinung der uropäischen Union, die an das erinnert, was Ende der 0er-Jahre/Anfang der 80er-Jahre war. Dann kam daals das große Projekt: der Binnenmarkt. Und innerhalb ürzester Zeit war von europäischer Sklerose keine Rede ehr. Deswegen hat der Außenminister Recht, wenn er agt: Es bedarf jetzt eines großen, neuen europäischen rojekts, um die Bürgerinnen und Bürger wieder mitzuehmen, und zwar in Kenntnis der Tatsache, dass wir iese vertiefte und erweiterte Europäische Union brauhen. an muss sich gegenwärtig nur in der Welt umschauen, m zu begreifen, dass ein neues europäisches Projekt, zu em nach meiner Auffassung der Verfassungsvertrag geört, dringend erforderlich ist. Wir haben die Befürchtung, dass bei dem gerade stattindenden WTO-Gipfel in Hongkong nichts herausommt. Ob mithilfe der Autorität, die dem amerikanichen Präsidenten im nächsten Jahr noch gegeben sein ird, einen Vertrag abzuschließen, etwas zustande ommt, ist noch völlig unklar. Das geht mit Blick auf die eutschen Interessen weit über die Fragen betreffend die grarpolitik hinaus, so wichtig dieses Feld – hier muss ich die Europäische Union bewegen – auch sein mag. ier geht es vielmehr darum, ob wir in Zukunft noch auf in wirklich globales Welthandelssystem setzen können der ob wir auf das Niveau eines Systems bzw. Netzweres von bilateralen oder interregionalen Vereinbarungen bsinken werden. Letzteres kann nicht im Interesse der roßen Exportund Importnation Bundesrepublik eutschland liegen. Wir haben ein großes Interesse an iner funktionstüchtigen WTO. Hier muss die Europäiche Union voll handlungsfähig sein. Deswegen müssen ir an dem großen europäischen Projekt dringend wei erarbeiten. Es kann nicht sein, dass viele Menschen in Europa asziniert auf die wirtschaftlichen Entwicklungen in hina und Indien blicken und gleichzeitig fast vor Angst rstarren. Die Antwort auf die Herausforderungen der 418 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 Dr. Werner Hoyer Globalisierung ist die europäische Integration. Hier müssen wir dringend wieder ansetzen. Das müssen wir den Bürgerinnen und Bürgern aber auch sagen. Dabei darf sich niemand in die Ackerfurche ducken. Wir haben ja in der europäischen Politik die unglückliche Situation, dass das Erklären gegenüber der Bevölkerung oft einigen wenigen überlassen wird. Diese sind zumeist so sehr Experten, dass sie vergessen, ihre Erklärungen so zu formulieren, dass die Bürgerinnen und Bürger mitkommen. Hier muss sich jeder in der Politik und insbesondere in diesem Parlament in die Pflicht nehmen lassen. Das gilt auch für den Verfassungsprozess. Das – zumindest vorläufige – Scheitern des Verfassungsprozesses ist deshalb so tragisch, weil die Kritik an der Europäischen Union, die immer wieder vorgetragen und auch von Politikerinnen und Politikern verstärkt wird, durch den Verfassungsvertrag selber in wesentlichen Teilen entkräftet worden wäre. Die Bedenken, die häufig geäußert werden, wären dann, wenn der Verfassungsvertrag durchgekommen wäre, hinfällig. Das gilt für die Themen Transparenz, Demokratie, Subsidiarität und Bürgernähe. Deswegen ist es wichtig, dass wir die Reflexionsphase, die jetzt eingetreten ist und auf die man sich verständigt hat, tatsächlich zur Reflexion nutzen. Denkpause heißt ja nicht Pause vom Denken, sondern zum Denken. Das, was der Europäischen Union fehlt – das merkt man an der schwierigen Finanzsituation, die heute in Brüssel zu besprechen sein wird –, ist Leadership, Führungskraft. Weit und breit sind keine Persönlichkeiten zu erkennen, die für die Menschen einen persönlichen Beitrag leisten könnten, um Europa wirklich voranzubringen. Es wird sich in den nächsten Jahren viel ändern. Ich bin davon überzeugt, dass Deutschland eine Schlüsselfunktion zukommen wird, nicht nur wegen der Präsidentschaft, die Deutschland im Jahr 2007 übernehmen wird, sondern auch deshalb, weil bei den neuen personellen Konstellationen auf Deutschland eine ganz besondere Verantwortung zukommt und eine große Erwartungshaltung auf Deutschland projiziert wird. Die Menschen in Europa, nicht nur die Politikerinnen und Politiker, haben den Eindruck, dass in Deutschland ein Wechsel stattgefunden hat, der auch zu einem Wechsel in der europapolitischen Positionierung führt. Deutschland wird nicht mehr dazu beitragen – ich bin ganz sicher, dass die Bundeskanzlerin dafür sorgen wird –, dass wir als Teil eines Direktoriums wahrgenommen werden, sondern in der Rolle, die Deutschland aufgrund seiner Geschichte, der kulturellen Umstände, seiner Geographie, strategischer Überlegungen und nicht zuletzt seiner Wirtschaftskraft zukommt. Deutschland muss ein ausgleichender Faktor sein, und zwar zwischen groß und klein, zwischen neu und alt und zwischen Verbündeten und Partnern, die früher nicht so eng zusammengearbeitet haben. Deswegen wird mein Kollege Michael Link ausführlich auf die Finanzfragen und die Rolle, die D l l f d r H d b D b k d s t W E s M s r s l g d S r v C t ß I n W H d w r d d d i m r d (C (D eutschland bei der Bewältigung dieses Problems spieen muss, eingehen. Es sind auf dem Weg zu einer Verständigung auf den etzten Metern noch ganz wichtige Verhandlungen zu ühren. Diese finden übrigens nicht auf der Bühne, sonern weiter hinten statt. Deshalb soll man sich nicht verückt machen. Es ist darauf zu achten, dass wir, auch im inblick auf unsere eigenen Interessen, sicherstellen, ass dabei nichts den Bach heruntergeht. Ich denke insesondere an die Situation der neuen Bundesländer. as ist aber auch ein so schwieriges technisches Prolem, dass man es nicht auf der großen Bühne austragen önnen wird, wenn man es lösen will. Etwas ist mir in diesem Zusammenhang ganz besoners wichtig. Herr Minister Steinmeier hat zu Recht geagt: Wir werden dort unsere nationalen Interessen verreten. – Aber er hat auch gesagt – ich sage es in meinen orten –, dass es um das große Ganze gehe. Es muss am nde der Europäischen Räte Schluss sein mit den Presekonferenzen, wo diejenigen, die dort sprechen, den enschen den Eindruck vermitteln, Europa sei ein Nullummenspiel, und sagen, sie hätten für sich etwas heausgeschlagen und dafür habe ein anderer bluten müsen. Nein, meine Damen und Herren, wir müssen endich wieder über den europäischen Mehrwert reden und enau den wünschen wir uns für den Europäischen Rat, er heute beginnt. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(A) )


(B) )


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1600800300

Ich erteile das Wort dem Kollegen Andreas

chockenhoff, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Andreas Schockenhoff (CDU):
Rede ID: ID1600800400

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Her-

en! Lassen Sie mich an die abschließende Bemerkung
on Herrn Minister Steinmeier anknüpfen. Die CDU/
SU-Bundestagsfraktion begrüßt die scharfe und eindeu-

ige Reaktion der Bundesregierung auf die jüngsten Äu-
erungen des iranischen Präsidenten Ahmadinedschad zu
srael. Wir erwarten eine ebenso entschiedene Stellung-
ahme des Europäischen Rates.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


er das Existenzrecht Israels in Frage stellt und den
olocaust leugnet – und das zum wiederholten Mal –,
arf von der internationalen Gemeinschaft nicht toleriert
erden. Wer den Versuch unternimmt, die Stabilisie-

ungsbemühungen im Nahen Osten zu torpedieren,
er muss aber auch auf den entschiedenen Widerspruch
er Staaten der Region treffen. Deshalb bedauern wir,
ass weder die Arabische Liga noch die Nachbarstaaten
n der Region bis heute ihrer Verantwortung nachgekom-

en sind, im Sinne der Friedensbemühungen im größe-
en Nahen Osten die Äußerungen des iranischen Präsi-
enten zurückzuweisen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 419


(A) )



(B) )


Dr. Andreas Schockenhoff
Der Außenminister hat die deutsche Position zur
finanziellen Vorausschau ausführlich dargelegt. Ich
möchte für meine Fraktion dazu deshalb nur drei grund-
sätzliche, kurze Anmerkungen machen:

Erstens. Jedes Mitgliedsland muss einen gerechten
Anteil an der Finanzierung der EU übernehmen.
Deutschland ist bereit, seinen Teil zu einem vernünftigen
Kompromiss beizutragen, im Sinne der Solidarität mit
den Partnerländern. Das heißt aber auch, dass das Wohl-
standsniveau und das Ausmaß der finanziellen Belastun-
gen in einer Relation stehen müssen, die von den Bür-
gern als fair empfunden wird.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Zweitens. Besonders mit Blick auf die neuen Mit-
gliedstaaten gilt: Die Lösung der Finanzfrage darf nicht
auf dem Rücken der schwächsten Mitglieder ausgetra-
gen werden. Diesem Grundsatz hat der inzwischen zu-
rückgezogene britische Vorschlag in keiner Weise ent-
sprochen. Wir haben die Überwindung der Teilung
Europas mit der Erweiterung um die ostmitteleuropäi-
schen Staaten vor 18 Monaten doch nicht gefeiert, um
jetzt neue Trennlinien zu ziehen.

Drittens. Angesichts der mehr als schwierigen
Finanzlage Deutschlands wäre es nicht hinnehmbar,
wenn von uns eine im Vergleich zum Vorschlag der
luxemburgischen Präsidentschaft höhere Belastung ver-
langt werden sollte, sei es durch ein höheres Ausgaben-
volumen oder durch eine niedrigere Korrektur. Kein
EU-Mitgliedstaat weist eine so hohe Differenz auf zwi-
schen dem Wohlstandsniveau einerseits – unter den
25 EU-Mitgliedern steht unser Land an elfter Stelle –
und der Pro-Kopf-Nettobelastung andererseits, bei der
Deutschland an dritter Stelle steht. Wir werden in unse-
rer Bevölkerung nicht die notwendige Akzeptanz für die
Europäische Union finden, wenn diese Schere weiter
auseinander geht, anstatt sich zu schließen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das Gipfeltreffen am Ende einer EU-Präsidentschaft
bietet immer auch den Anlass, eine kritische Bilanz zu
ziehen. Wir hoffen sehr, dass Premierminister Blair alles
tut, damit die Finanzverhandlungen heute und morgen
zu einem erfolgreichen Abschluss kommen und damit
noch ein versöhnliches Ende der britischen Präsident-
schaft möglich wird.

Bislang wurden die hohen Erwartungen, die Tony
Blair selbst geweckt hat, nicht erfüllt. Seine Rede im
Juni vor dem Europäischen Parlament hinterließ den
Eindruck: Hier geht einer, der sich selbst als „begeister-
ten Europäer“ bezeichnet, mit frischem Elan an die
Überwindung der Krise der Europäischen Union, in der
sie sich spätestens seit den gescheiterten Referenden in
Frankreich und in den Niederlanden befindet. Er hat
viele wichtige und auch richtige Fragen aufgeworfen,
wie die EU im Zeitalter der Globalisierung handlungs-
und konkurrenzfähig bleiben könnte. Es war sogar von
einer Offensive Blairs für eine Modernisierung der Euro-

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(C (D äischen Union die Rede. Insofern ist er mit einem hoen Anspruch gestartet. Heute, am Ende der britischen Präsidentschaft, üssen wir feststellen: Es gab viel Rhetorik und be cheidene Ergebnisse. Es wurde viel Zeit vergeudet, ber zu wenig getan, um die EU aus der Krise zu führen. er fulminanten Rede vor dem Europäischen Parlament olgte eine lange Zeit des Schweigens. In der Frage der inanziellen Vorausschau könnten wir heute schon viel eiter sein, wenn die Präsidentschaft früher ernsthafte erhandlungen darüber begonnen hätte, statt erst vor ehn Tagen einen ersten und dann auch noch inakzeptaben Vorschlag vorzulegen. Dabei steht Großbritannien in iner besonderen Verpflichtung, eine Lösung zu suchen, achdem es unter luxemburgischer Präsidentschaft einen ompromiss bei der Finanzfrage durch sein Veto vereigert hat. So ist zu der Verfassungskrise Europas eine udgetkrise hinzugekommen. Wir müssten in Europa schon längst eine breite öfentliche Diskussion über die Zukunft der Europäichen Union führen, über die Grenzen der EU und über ie Frage, was Sinn und Zweck des europäischen Einiungsprozesses ist. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Herr Minister Steinmeier, Sie haben Recht: Wir dür-
en über diesen grundsätzlichen Fragen die Lösung der
agesfragen nicht vergessen. Die Lösung der Tagesfra-
en ist die Voraussetzung dafür, dass wir handlungsfähig
leiben. Wir müssen diese grundsätzlichen Fragen ange-
en, weil wir sonst die Vertrauenskrise in der Europäi-
chen Union und alles, was daraus folgt, nicht überwin-
en können.

Tony Blair hat das alles vor dem Europäischen Parla-
ent richtig dargestellt. Der Gipfel von Hampton
ourt war vielleicht eine interessante Seminarveranstal-

ung. Doch die Initialzündung für eine breite Diskussion
ber die Frage: „Was kann und soll die EU leisten und
as kann sie nicht leisten?“ war er nicht. Wir hoffen

ehr, dass es in den Verhandlungen heute und morgen
och zu einem erfolgreichen Abschluss in der Finanz-
rage kommt und dass sich Großbritannien solidarisch,
as heißt stärker und vor allem dauerhaft, an der Finan-
ierung der Erweiterung beteiligt.

Wir erkennen sehr wohl an, dass Großbritannien sei-
en Arbeitsmarkt für Polen, Slowaken und andere Bür-
er aus den neuen Mitgliedstaaten geöffnet hat und vie-
en Tausenden Ostmitteleuropäern erlaubt, dort zu
rbeiten und Geld nach Hause zu schicken. Das hat bis-
er keine andere europäische Volkswirtschaft in ver-
leichbarem Umfang getan. Wir erkennen auch an, dass
remierminister Blair bereit ist, den britischen Bei-
ragsrabatt zu kürzen, obwohl ihm von vielen in Groß-
ritannien Verrat an britischen Interessen vorgeworfen
ird. Aber wir müssen feststellen, dass das, was die bri-

ische Präsidentschaft bisher vorgelegt hat, der Solidari-
ät mit den schwächeren Mitgliedstaaten nicht ausrei-
hend Rechnung trägt. Zu dieser Solidarität gehört auch,
ass eine Regelung für die Senkung des britischen

420 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



(B) )


Dr. Andreas Schockenhoff
Beitragsrabatts über das Jahr 2013 hinaus gültig bleiben
muss.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wenn die Finanzverhandlungen daran scheitern soll-
ten, dann könnte am Ende der Eindruck haften bleiben,
dass hier ein Land seine Präsidentschaft genutzt hat, um
sich finanzielle Vorteile zu erhalten – und dies ausge-
rechnet auf Kosten der Schwächsten. Ein solches Ergeb-
nis liegt nicht im europäischen Interesse, weil es die
Krise der Europäischen Union verschärfen würde. Es
kann auch nicht im britischen Interesse liegen. Deshalb
zählen wir sehr darauf, dass der britische Premierminis-
ter alles unternehmen wird, seine EU-Präsidentschaft er-
folgreich abzuschließen.

Es ist dringend erforderlich, die Frage der künftigen
Finanzierung der Europäischen Union endlich vom
Tisch zu bekommen, damit sich die EU auf die Überwin-
dung ihrer Krise konzentrieren kann. Wenn wir bei den
Bürgern mehr Akzeptanz für die Europäische Union
schaffen wollen, dann müssen wir ihnen das Gefühl ver-
mitteln, dass die EU fähig ist, die dringenden Probleme
zu lösen, beispielsweise zur Bewältigung der Globalisie-
rung deutlich mehr wirtschaftliche Stärke und Moderni-
tät zu entwickeln und damit Arbeitsplätze zu schaffen.
Was mit der Lissabonner Strategie entwickelt wurde,
ist nach wie vor richtig: flexible Arbeitsmärkte, die wei-
tere Öffnung des Binnenmarkts, die stärkere Förderung
von Forschung, eine stete Verbesserung von beruflichen
Qualifikationen. Wenn wir dem Wettbewerb standhalten
wollen, den andere Regionen der Welt entfalten, dann
gibt es dazu keine Alternative. Aber dann dürfen der
Kok-Bericht und andere Gutachten nicht länger in den
Schubladen begraben bleiben,


(Zuruf des Abg. Dr. Werner Hoyer [FDP])


sondern dann müssen die Europäische Union und ihre
Mitgliedstaaten die Lissabonner Strategie endlich umset-
zen. Lieber Herr Kollege Hoyer, was die Koalition in ih-
rem Koalitionsvertrag vorgelegt hat, ist der ernsthafte
Versuch, bei dieser Umsetzung ein gutes Stück weiterzu-
kommen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. Werner Hoyer [FDP]: Das glauben Sie ja selber nicht!)


Zu der breiten Diskussion über die Zukunft der Euro-
päischen Union gehört natürlich auch die Frage nach der
Aufnahmefähigkeit der EU. Wenn es keine Rückent-
wicklung der EU zu einer gehobenen Freihandelszone
geben soll, sondern wenn, wie es die Außenminister am
3. Oktober beschlossen haben, Zusammenhalt, Wirk-
samkeit und Handlungsfähigkeit der EU verbessert wer-
den sollen und der Integrationsprozess vertieft werden
soll, dann müssen wir unter österreichischer Präsident-
schaft im nächsten Halbjahr eine grundsätzliche Debatte
darüber führen, wie dies erreicht werden kann. Wir alle
wissen, wie schwer es in den nächsten 18 Monaten bis
nach den französischen Wahlen werden wird, wichtige
Grundsatzentscheidungen zu treffen. Doch diese Zeit
kann und sollte dazu genutzt werden, über die verschie-

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(C (D enen Vorstellungen von Europa, die es unter den 5 Mitgliedstaaten gibt, zu sprechen und dann daraus uch Konsequenzen zu ziehen. Die so genannte Denkause, die sich die EU verordnet hat, ist kein Freibrief ür Nichtstun. In diesem Sinne sollten wir als Deutscher undestag vorbildlich handeln. Wir sollten auch die An egung der österreichischen Präsidentschaft aufgreifen nd die Fragen betreffend den westlichen Balkan, die ie erwähnt haben, Herr Außenminister, in den Mittelunkt unserer Überlegungen stellen. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. Ich erteile dem Kollegen Diether Dehm, Die Linke, as Wort. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Nach dem Scheitern des Verfassungsvertrages ei den Volksentscheiden in Frankreich und den Niederanden scheiterte auch der Versuch, sich im Europäichen Rat am 16./17. Mai vergangenen Jahres auf eine inanzielle Vorausschau für die Jahre 2007 bis 2013 zu inigen. Allgemein war die Rede von der Krise der uropäischen Union; nur am Bewusstsein bezüglich es Charakters und der Tiefe der Krise fehlte es bei Ihen, den Regierenden, und es gab keinen Gedanken daan, dass der Verfassungsvertrag seines Inhalts wegen bgelehnt worden war, nd vor der finanziellen Weichenstellung keinen Veruch, den Weg der Union seit Maastricht kritisch zu hinerfragen. Dabei weiß doch offenbar niemand so recht Antworen auf vier zentrale Fragen: Auf welcher Grundlage sind eine nachholende Enticklung der beigetretenen Länder und ein umfassender ozialer Zusammenhalt in der Union möglich? Kann die Europäische Union den gewachsenen Aufaben mit derselben Finanzausstattung gerecht werden der gar mit einer geringeren? Können in Phasen konjunktureller Stagnation zusätziche finanzielle Leistungen von den Mitgliedstaaten erartet und zugleich die Einhaltung der Maastricht-Krite ien verlangt werden? Ist es den Ländern, die an sich finanziell leistungsfäiger sind als andere, überhaupt möglich, zusätzliche eiträge an die Europäische Union aufzubringen, wenn icht zugleich Steuerdumping europaweit unterbunden ird? Diese Fragen, meine Damen und Herren, wurden icht einmal gestellt. Stattdessen wurde ein weiteres Mal ach dem ebenso beliebten wie irrealen Motto „Mehr Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 421 Dr. Diether Dehm Europa für weniger Geld“ verfahren. Ich sage für die Linke, nicht nur in Deutschland: Das gibt Widerstand! Bei der Deckelung tat sich besonders die rot-grüne Bundesregierung hervor, unterstützt von den beiden anderen neoliberalen Bundestagsfraktionen. Zusammen mit den Regierungen der anderen Nettozahler trat sie dafür ein, die finanzielle Entwicklung auf 1 Prozent der gemeinschaftlichen Wirtschaftsleistung zu schrumpfen. Auch daran, an Ihnen, scheiterten die Versuche von Jean-Claude Juncker, bei einem Prozentsatz von 1,06 zu einer Einigung zu gelangen. Nicht nur am Britenrabatt. Und nicht nur an der Verteidigung des Agrarkompromisses von 2003 durch die französische Regierung. Es fehlte auch an der Bereitschaft der Bundesregierung, einen Beitrag zu zahlen, der den Vorteilen entspricht, die wir als Exportweltmeister aus der EU und auch aus der Erweiterung ziehen. Inzwischen war die Präsidentschaft der Europäischen Union auf Großbritannien übergegangen. Tony Blair hat zu ihrem Beginn in leuchtenden Farben fulminante Bilder gemalt. Danach geschah nicht viel. Erst jetzt, nach fünf Monaten, kurz vor Ende seiner Präsidentschaft, wurde ein neuer Vorschlag für die finanzielle Vorausschau vorgelegt. Der Bundestag ist von diesen Vorschlägen durch die Bundesregierung nur sehr unvollkommen informiert worden. Das ist nicht nur bedauerlich; das ist gänzlich inakzeptabel und stellt eine Missachtung der parlamentarischen Informationsund Kontrollrechte dar. Nach zugänglichen Presseberichten, etwa in der „FAZ“ von gestern, wird deutlich, dass der jetzige Vorschlag sich auf 1,03 Prozent beläuft, 24 Milliarden Euro weniger als beim Vorschlag Junckers. Das erfordert erhebliche Kürzungen, die von uns Linken so nicht hingenommen werden können. Nach meinen Informationen sollen unter anderem die Ausgaben für den Fonds für ländliche Entwicklung um 10 Prozent gekürzt werden, ganz im Gegensatz zu den Sonntagsreden gegenüber den Bauern, in denen sich besonders die Unionsparteien gefallen. (Beifall bei der LINKEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Na, na!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1600800500
Dr. Jörg-Diether Dehm-Desoi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1600800600

(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(A) )


(B) )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


Das ähnelt sehr stark dem Umgang mit dem Mittelstand,
der stets sonntags gepriesen wird, während werktags die
Großbanken und Konzerne gegenüber Klein- und Mittel-
unternehmen steuerlich privilegiert und von Regulierun-
gen weithin freigestellt werden.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Dann wollen Sie noch, dass die Ermäßigung der Mehr-
wertsteuer für unsere Kleinunternehmer in der EU nicht
verlängert wird. Das, meine Damen und Herren, ist nun
wirklich mittelstandsfeindlich.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Zu hören ist auch, dass die Strukturfondsmittel für ie neuen Mitgliedstaaten um 10 Prozent oder 6 Milliarden Euro niedriger ausfallen sollen als im uxemburger Vorschlag. Welche Folgen hätte das für die irtschaftliche Entwicklung dieser Länder, insbesondere ür deren Infrastruktur und industriellen Sektor – auch nter ökologischen Gesichtspunkten! In der gestrigen itzung des Europa-Ausschusses haben Regierungsver reter die geplanten Einschnitte zu relativieren versucht: an müsse ja den Beitrittsländern nur helfen, die vorge ehenen Mittel schneller abzurufen und über einen läneren Zeitraum einsetzen zu können; das sei genug der ilfe. Es fällt schwer, so etwas nicht für Zynismus zu alten. Wer darf sich da noch wundern, wenn Beitrittsländer ach anderen Instrumenten suchen? Etwa Steuerduming oder das Absenken sozialer und ökologischer Stanards. Dann kommt noch die Dienstleistungsrichtlinie mit em viele soziale Standards platt machenden und agressiven Herkunftslandsprinzip. Eine Konkurrenz um nternehmensansiedlungen mit Mitteln des Steuerdumings führt nur zur Umverteilung zwischen den verschieenen Mitgliedstaaten, nicht zur Stärkung des Wirtchaftspotenzials insgesamt. Im Ergebnis führt es zu inkenden Steuereinnahmen besonders in den alten Mitliedstaaten. Die mangelnde Bereitschaft, sich an einer aktiven uropäischen Strukturpolitik für Arbeitsplätze und ittelstand durch zusätzliche finanzielle Mittel zu be eiligen, führt dann nicht zu einer besseren, sondern zu iner schlechteren Haushaltssituation. Die Möglichkeien, den immer weltfremderen Maastricht-Kriterien zu enügen, würden noch geringer. Was bliebe? Natürlich: ie Nettozahlungen an die EU könnten ja weiter redu iert werden. Und: Dann ginge der ganze neoliberale irkel wieder von vorne los. Es zeigt sich ganz deutlich: Genau wie auf der Ebene er Einzelstaaten spielt die dogmatische Sparpolitik ine verhängnisvolle Rolle. Statt über die öffentlichen ände, also den Fiskus, unproduktive Geldvermögen für roduktive Investitionen zu mobilisieren, werden Leisungen eingeschränkt oder jedenfalls begrenzt. Das ieße ja, heilige Kühe wie die Deutsche Bank, Daimler nd Allianz einmal wirklich steuerlich anzupacken. Aber so führt die Privilegierung hoher Einkommen nd Vermögen zur Einschränkung öffentlicher Leis ungsfähigkeit, auch im europäischen Bereich. Konseuenz ist, dass vorhandene Entwicklungspotenziale stillelegt statt genutzt werden, dass sich eine noch stärkere oziale Polarisierung im Land und eine Konfliktverchärfung zwischen den verschiedenen Mitgliedstaaten rgeben. Es ist die Ausdehnung des Wettbewerbskannialismus auf die gesamte Europapolitik! Sozialstaat und uch Demokratie, die ja, meine Damen und Herren von en Liberalen, auf Gleichheitsgrundsätzen beruht, komen dabei unter die Räder. 422 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 Dr. Diether Dehm Die Kanzlerin zitierte verfälschend. „Lassen Sie uns mehr Freiheit wagen!“. Das war nicht Willy Brandt, das war Strauß mit seinem „Freiheit statt Sozialismus!“. Das ist die Freiheit des Herrn Bolkestein; (Beifall bei der LINKEN – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Nichts gegen Frits!)


(Beifall bei der LINKEN)


(A) )


(B) )


das ist die globale Freiheit der Großbanken von demo-
kratischen Grundregeln. Das ist der Freiheitsbegriff des
Urvaters der Neoliberalen, von Hayek, der es in seinen
„Grundsätzen einer liberalen Gesellschaft“ so formu-
lierte:

Politische Freiheit im Sinne von Demokratie, „in-
nere“ Freiheit, Freiheit im Sinne des Fehlens von
Hindernissen für die Verwirklichung unserer Wün-
sche oder gar „Freiheit von“ Furcht und Mangel ha-
ben wenig mit individueller Freiheit zu tun und ste-
hen im Konflikt mit ihr.

Dieser neoliberale Freiheitsbegriff steht im Gegensatz
zu unserem Grundgesetz. Deswegen wurde die EU-Ver-
fassung abgelehnt. Deswegen werden wir Anfang des
nächsten Jahres gegen Bolkestein in Straßburg demons-
trieren. Deswegen bleiben wir Linken da schon lieber
beim Original, bei Willy Brandt: Wir wollen mehr De-
mokratie wagen!


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1600800700

Herr Kollege Dehm, das war Ihre erste Rede im Deut-

schen Bundestag,


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Das war aber nicht gut, Herr Präsident!)


zu der ich herzlich gratuliere, verbunden mit allen guten
Wünschen für Ihre weitere parlamentarische Arbeit.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich erteile das Wort nun dem Kollegen Rainder
Steenblock, Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Sehr verehrter Herr Außenminister, das war ja im
Grunde die erste Regierungserklärung dieser neuen gro-
ßen Koalition zum Thema Europa. Die Europäische
Union – Sie selber haben das angesprochen – ist in einer
tiefen Krise. Ich hätte mir in dieser Situation gewünscht,
dass die Bundesregierung mit ein bisschen mehr Feuer,
mit ein bisschen mehr visionärer Kraft für dieses Eu-
ropa, so wie es sich der Deutsche Bundestag immer mit
großer Geschlossenheit gewünscht hat, eingetreten wäre.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Denn, verehrte Frau Merkel und Herr Steinmeier, gerade
Sie in der neuen Bundesregierung, die sich in diesem
Parlament auf eine große Mehrheit stützen kann, haben

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(C (D n der vor uns liegenden Zeit eine zentrale Aufgabe. Die inanzielle Vorausschau wird ein erster Schritt dabei ein. Ich hätte mir auch gewünscht, dass Sie im Hinblick arauf, dass Deutschland die Präsidentschaft der EU in iner entscheidenden Phase übernehmen wird – wir alle ünschen Ihnen dafür viel Erfolg –, schon heute die ichtung Ihrer Politik deutlich gemacht hätten. Wir hatten große Erwartungen. Der Koalitionsverrag – das will ich aus meiner Sicht sagen – ist, gerade as das Thema Europa angeht, positiv formuliert. Eu opa wird in den Mittelpunkt gestellt. Aber wenn wir die heorie mit der Praxis der europäischen Politik der Bunesregierung, die in den letzten Tagen deutlich wurde, ergleichen, dann muss ich sagen: Der theoretische berbau des Koalitionsvertrages hat mit der Wirklicheit leider nicht sehr viel zu tun. Schauen wir uns an, welche Rolle die deutsche Regieung bei REACH und der Vorratsdatenspeicherung espielt hat. Bei REACH kommt es zu weniger Geundheitsschutz. Die gefährlichen Chemikalien sind sousagen geschont worden. Das ist nicht das Europa, das ie Bürger wollen. Sie wollen auch nicht weniger atenschutz, wie dies jetzt auf deutliche Intervention er Bundesregierung gegen die große Mehrheit in dieem Hause befürwortet wurde. Beim Telekommunikaionsgesetz waren wir uns alle einig, dass wir das nicht ollen. (Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Das stimmt gar nicht!)


etzt hat die Bundesregierung in den Verhandlungen
lötzlich eine Position eingenommen, die das generelle
otum des Deutschen Bundestages nicht beachtet hat.

Das ist nicht das Europa, das die Menschen wollen.
ie wollen ein Europa, das ihre Rechte und ihre Zukunft
ichert. Sie wollen nicht weniger, sondern mehr Gesund-
eitsschutz, nicht weniger, sondern mehr Datenschutz.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


as ist das Europa, das wir wollen.

Wir müssen auch das sensibel wahrnehmen, was sich
n Frankreich und in anderen Ländern und auch in
eutschland abspielt. Meine Einschätzung ist nicht, dass
ie Menschen weniger Europa wollen. Die Sensibilität
n der Bevölkerung ist durchaus groß. Sie wollen nur
icht das Europa, das ihnen zum Teil vermittelt wird;
enn dieses Europa schützt nicht ihre Lebensinteressen
nd ihre Zukunftsinteressen, sondern handelt an diesen
nteressen vorbei.

Deshalb glaube ich auch nicht, dass es in Zukunft nur
arum geht, eine bessere Kommunikation zu erreichen,
eue Werbebroschüren über Europa zu verteilen und
eue PR-Kampagnen zu machen. Wir müssen vielmehr
nhaltlich auf dieses Europa Einfluss nehmen. Wir müs-
en eine Vision von der Zukunft Europas haben und
rauchen keine neuen Hochglanzbroschüren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ein zentraler Teil dieses Europas ist natürlich die
inanzielle Vorausschau. Mit dem Haushalt der Euro-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 423


(A) )



(B) )


Rainder Steenblock
päischen Union werden zentrale Weichen gestellt. Las-
sen Sie mich in diesem Zusammenhang einen zentralen
Punkt nennen. Wie wir Europa kaputtreden können, Herr
Schockenhoff, das haben Sie gerade wieder in Ihrer
Rede bezüglich der Finanzfrage deutlich gemacht.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Nein, aber wirklich nicht!)


Wenn wir die europäische Finanzpolitik nur als Nettosal-
denpolitik der nationalen Interessen darstellen, dann
werden wir an der Verantwortung, die wir für Europa
tragen, scheitern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Genau das Gegenteil hat er gemeint!)


– Nein. Er hat wieder die Rechnung aufgemacht, wie
viel wir einbezahlen und wie viel wir aus dem Haushalt
zurückbekommen.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Er hat von Vertrauen und Akzeptanz gesprochen!)


Herr Hoyer hat den europäischen Mehrwert angespro-
chen. Ich bezeichne es als Integrationsdividende. Un-
sere deutsche Volkswirtschaft, die deutschen Arbeits-
plätze leben zentral vom europäischen Binnenmarkt.
Das kann man mit dieser Nettosaldenpolitik überhaupt
nicht fassen. Wir brauchen mehr Integration; denn dies
tut den Menschen gut.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir brauchen aber auch einen Haushalt, der die zen-
tralen Zukunftsherausforderungen berücksichtigt. Inno-
vation, Bildung und Forschung, das sind die Schwer-
punkte eines zukünftigen Europas, mit denen man auch
in einer globalisierten Welt bestehen und Maßstäbe set-
zen kann.

Es ist schon skurril bis erschreckend, was der briti-
sche Premierminister in seiner Präsidentschaft veran-
staltet hat: seine Reden auf der einen Seite und die Pra-
xis auf der anderen Seite. Er gibt uns erst unsere Ziele
vor und kürzt dann die Mittel für den europäischen
Haushalt. Diese Widersprüchlichkeit ist es, die die Men-
schen überdrüssig macht, wenn es um die europäische
Frage geht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir brauchen Innovationskraft, wir brauchen aber
auch Solidarität. Wer versucht, gerade bei der Solidari-
tät mit unseren neuen Beitrittsländern die Sparbüchse
aufzumachen, der wird die Integrationskraft, die Europa
in Richtung Spanien und Irland positiv entwickelt hat, in
Richtung Osten schwächen und damit viele unserer Ver-
sprechungen verletzen. Deshalb bin ich sehr dafür – das
sage ich für die Fraktion der Grünen –, dass wir die soli-
darische Verpflichtung, die wir mit der Osterweiterung
übernommen haben, auch in materielle Verantwortung
umsetzen. Das muss sich im Haushalt widerspiegeln.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


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(C (D Wir brauchen eine andere Agrarpolitik; ich glaube, arin sind wir uns alle einig. Es wird daher sehr wichtig ein, dass die deutsche Bundesregierung in den Finanzerhandlungen auch dafür sorgt, dass wir im Hinblick uf den neuen Finanzrahmen dazu kommen, schon sehr rüh neue Weichenstellungen für den nächsten Haushalt orzunehmen. Sie dürfen nicht auf dem Kleinklein der bstimmungen des Vorjahres beruhen. Wir brauchen berprüfungsregelungen, die schon sehr früh anzeigen, ass diese Form der Agrarpolitik zu Ende ist. Ich glaube, ir haben zugelassen – ich will das einmal etwas lax forulieren –, dass Europa auf materieller Ebene zu lange ine Bauernrepublik war und sich nicht den zentralen ukunftsaufgaben gewidmet hat. Der Binnenmarkt war in richtiger Schritt. Dieser Schritt ist allerdings nicht onsequent genug in anderen Bereichen unternommen orden. Das bereitet uns die Probleme, die wir heute haen. Die Weigerung der Franzosen, sich in diesem Beeich zu bewegen, basiert auf einer vertraglichen Grundage, die wir akzeptieren. Wir müssen aber dazu ommen, diese Agrarpolitik zu verändern, auch aufrund unserer internationalen Verhandlungen; die WTO ei hier nur als Stichwort genannt. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, die deutsche undesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag einen entralen Satz niedergeschrieben, den ich hier gerne itieren möchte: Deutschland trägt aufgrund seiner Geschichte sowie seines politischen und wirtschaftlichen Gewichts eine besondere Verantwortung für den Erhalt und die Entwicklung des europäischen Integrationswerks. ehr verehrte Frau Merkel, dieser Satz ist richtig; wir nterschreiben das. Dies verpflichtet Sie aber gerade anesichts der anstehenden Verhandlungen, die gestärkte eutsche Rolle zur Geltung zu bringen. Europa braucht ier einen Erfolg, nicht um jeden Preis. Ein positiver Abchluss der Verhandlungen wäre jedoch ein ausgesprohen solider Schritt, um Europa für das nächste Jahr und uch mit Blick auf die deutsche Präsidentschaft als Erolgsprojekt diskutierbar zu machen. Dies ist aufgrund er negativen Entwicklungen notwendig. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg, sagen aber sehr eutlich: Europa braucht keine deutsche Maggie hatcher. Europa braucht eine Lady Europe. uf diesem Wege werden wir Sie gerne unterstützen. In ieser Hinsicht wünschen wir Ihnen viel Erfolg. Wir hofen, dass Sie ihn haben werden, im Interesse Europas. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1600800800

Für die SPD-Fraktion spricht nun die Kollegin

ngelica Schwall-Düren.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Da kommt Lady Europe!)


424 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



(B) )


Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD):
Rede ID: ID1600800900

Eine von vielen. – Herr Präsident! Meine lieben Kol-

legen! Liebe Kolleginnen! Wir sind uns hier alle einig,
dass mit diesem Europäischen Rat ein schwieriges Jahr
für die Europäische Union zu Ende geht.

Ich habe den Eindruck, dass wir uns über alle Frak-
tionsgrenzen hinweg einig sind, dass das negative Er-
gebnis der Verfassungsreferenden und der gescheiterte
Gipfel in Luxemburg natürlich einen ganz gewichtigen
Anteil an dieser Krise haben. Aber, Herr Dehm, es lag
nicht am Inhalt der Verfassung, dass einige Referenden
negativ ausgegangen sind,


(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Aber ja!)


sondern es gab viele unterschiedliche Gründe für die Ab-
lehnung.


(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Haben Sie es immer noch nicht verstanden?)


Unter anderem lag es daran, dass die Menschen die Aus-
wirkungen nationaler Politik abgelehnt haben, dass die
Bürger mit ihren Ängsten allein gelassen wurden und
dass sie es der EU nicht zutrauen, die anstehenden Pro-
bleme zu lösen.

Deswegen kommt es in der Tat, Herr Steenblock, da-
rauf an, dass ganz konkrete Schritte gemacht und Fragen
und Wünsche der Bürgerinnen und Bürger von der Poli-
tik tatsächlich positiv aufgegriffen werden. Aber das
kann natürlich nicht heißen, dass man in Brüssel mit Ma-
ximalforderungen auftritt und letztlich vielleicht eine
Blockade herbeiführt, die überhaupt nichts voranbringt
oder löst.

Herr Dehm, die Skepsis der Bürgerinnen und Bür-
ger ist nicht von der Höhe des Budgets abhängig.


(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Auswirkungen!)


Das wäre völlig fehl gedacht. Vielmehr kommt es darauf
an, dass überhaupt ein Budget zustande kommt, damit
die Politik handlungsfähig ist.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Skepsis gegenüber den europäischen Institutio-
nen besteht nicht zu Recht. Die Blockade ist – so hat es
jüngst eine Journalistin beim Deutsch-Ungarischen Fo-
rum in Budapest formuliert – nicht von der Kommission
oder vom Europäischen Parlament verursacht worden,
stattdessen trägt jeder einzelne Regierungschef, der sich
im Europäischen Rat einem Konsens verweigert, die
Verantwortung dafür. Deswegen, Herr Dehm, muss ich
Ihren Vorwurf gegenüber Deutschland zurückweisen. In
Luxemburg hat Deutschland den dort vorgetragenen
Kompromiss mitgetragen, wie übrigens 21 andere Staa-
ten auch.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf der Agenda des
bevorstehenden Europäischen Rates stehen wichtige
Themen, die weiterverfolgt werden müssen. Zu nennen

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(C (D ind hier insbesondere die Fortführung der Diskussion ur künftigen Entwicklung der Europäischen Union, das eute schon öfter erwähnte „große Projekt“, die Gestalung der künftigen Nachbarschaftspolitik der Gemeinchaft, eine europäische Strategie für Afrika sowie die usammenarbeit in der Migrationspolitik und bei der ekämpfung des Terrorismus. Hierzu gehört auch die indeutige Zurückweisung der unakzeptablen Äußerung es iranischen Staatspräsidenten gegenüber Israel durch ie EU. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP und des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE])


Das zentrale Thema des Europäischen Rates ist die
rage, ob eine Lösung für die künftige Finanzierung der
uropäischen Union gefunden und eine Einigung über
ie finanzielle Vorausschau 2007 bis 2013 erzielt wer-
en kann. Nachdem die Finanzverhandlungen im Euro-
äischen Rat im Juni nicht zuletzt an Großbritannien ge-
cheitert waren, sah es lange Zeit so aus, als ob die
ritische Präsidentschaft keinen weiteren Einigungsver-
uch wagen oder zustande bringen würde. Deshalb ist es
u begrüßen, dass sich die britische Regierung nun doch
ntschieden hat, ihrer Verantwortung für die Gemein-
chaft gerecht zu werden und neue Kompromissvor-
chläge vorzulegen.

Grundlegende Pfeiler der Europäischen Union sind
as europäische Gesellschaftsmodell und die Solidarität
wischen den Mitgliedstaaten. Diese findet Ausdruck
n der Struktur- und Kohäsionspolitik der Gemeinschaft.
iel dieser Politik ist es, dass die wirtschaftlich schwä-
heren Regionen und Mitgliedstaaten an die stärkeren
erangeführt werden und so die Ungleichgewichte über-
unden werden können. Von dieser Politik haben die
itgliedstaaten und die Gemeinschaft profitiert. Irland

nd Spanien sind hierfür gute Beispiele. Aber auch die
stdeutschen Länder haben europäische Strukturförde-
ungen in großem Umfang erhalten. Es ist nur wenigen
ekannt – das muss an dieser Stelle gesagt werden und
at nichts mit Aufrechnungen zu tun –, dass Deutschland
ach Spanien im laufenden Finanzzeitraum, in absoluten
ahlen, der zweitgrößte Empfänger von Strukturmitteln
er EU ist.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Aber es ist richtig, Herr Steenblock: Wir sollten nicht
ergessen, dass wir jenseits der direkten Rückflüsse wirt-
chaftlich enorm von der Erweiterung profitieren; denn
rotz oder gerade wegen der erweiterten europäischen
rbeitsteilung und der damit teilweise verbundenen
tandortverlagerungen profitieren wir als Exportnation
on der steigenden Kaufkraft in unseren Nachbarländern.
ur wenn Arbeitnehmer in Polen anständige Löhne ver-
ienen, können sie sich deutsche Autos leisten.

Wir stehen gegenüber den neu beigetretenen Ländern
m Wort. Länder wie Tschechien und Estland haben nach
em Fall der Mauer einen Transformationsprozess
urchlaufen, der von den Bürgern große Anpassungsleis-
ungen erforderte. Deswegen erwarten unsere Nachbarn
un zu Recht unsere Solidarität. Solidarität bedeutet al-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 425


(A) )



(B) )


Dr. Angelica Schwall-Düren
lerdings nicht nur Solidarität bei den Ausgaben der Ge-
meinschaft, sondern auch bei ihrer Finanzierung. Solida-
rität auf der Einnahmenseite der Union bedeutet, dass
sich alle Mitgliedstaaten fair, das heißt nach ihrer Leis-
tungsfähigkeit, an der Finanzierung der Gemeinschaft
beteiligen. Hierbei sind Anpassungen erforderlich, da ur-
sprünglich ärmere Mitgliedstaaten – nicht zuletzt durch
die EU-Hilfen – wirtschaftlich aufgeholt haben, sogar in
die erste Reihe aufgerückt sind.

Diese Anpassungen sind insbesondere im Hinblick
auf die Kosten der Erweiterung relevant. Diese Erwei-
terung wurde gemeinsam von allen Mitgliedstaaten be-
schlossen. Nun muss sie auch gemeinsam finanziert wer-
den. Gerade Großbritannien hat sich immer für die
Erweiterung stark gemacht. Deshalb ist es nicht nachzu-
vollziehen, dass sich Großbritannien nicht wie alle ande-
ren an der Finanzierung der Erweiterung beteiligt, son-
dern seinen Rabatt sogar von den Ärmeren mitbezahlen
lässt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, heute Vormittag
wissen wir noch nicht, ob es zu einer Einigung kommt.
Der schwierige Spagat einer wirklichen europäischen
Solidarität, auch gegenüber den neuen Mitgliedstaaten,
zwischen Ausgabenbegrenzung und einer gerechten
Lastenteilung bei der Finanzierung, ist noch nicht ge-
schafft. Dennoch will ich noch einmal unterstreichen,
dass sich Großbritannien erfreulicherweise bewegt hat
und bis 2013 auf einen kleinen Teil seines steigenden
Rabatts verzichten will. Den neuen Mitgliedstaaten wird
eine Kürzung der Strukturmittel zugemutet, allerdings
mit der Aussicht, dass die Inanspruchnahme der Mittel
erleichtert wird. Auf dieser Grundlage muss der Euro-
päische Rat nun ernsthaft verhandeln. Wir erwarten aber,
dass Großbritannien sich für Veränderungen noch stärker
öffnet und einem langfristigen, über das Jahr 2013 hi-
nausgehenden Abbau des Britenrabatts den Weg berei-
tet.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der LINKEN)


Die neuen Mitgliedstaaten werden die volle Solidari-
tät Deutschlands erfahren, wenn es darum geht, die
eventuell geringfügig reduzierten Mittel so optimal wie
möglich zu nutzen. Herr Steenblock, dass wir die Not-
wendigkeit sehen, den Weg der Reformen auch im Be-
reich der Agrarpolitik fortzusetzen, haben wir schon im
Koalitionsvertrag zum Ausdruck gebracht. Lösungen
lassen sich in Europa nur gemeinsam finden. Deutsch-
land ist bereit, zusammen mit seinen Nachbarn und
Freunden nach Mitteln und Wegen zu suchen. Wir er-
warten deshalb ein Miteinander von größeren und klei-
neren Staaten, von Nettozahlern und Nettoempfängern.

Herr Hoyer, Deutschland wird mithelfen, dass dieser
Ausgleich zwischen Großen und Kleinen erfolgreich
vollzogen wird.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ob nun Deutsche, Franzosen, Niederländer, Schweden
oder Slowaken, um nur einige beispielhaft zu nennen –
wir alle müssen zu einem Kompromiss beitragen.

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(C (D Erlauben Sie mir deshalb, in diesem Zusammenhang n einen Satz unseres Altbundeskanzlers Gerhard chröder zu erinnern, der über die im Juni gescheiterten inanzverhandlungen schrieb – ich darf zitieren –: (Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Na ja, aber nicht gerne!)


Am Ende haben ausgerechnet die ärmeren neuen
Mitglieder aus Mittel- und Osteuropa sich zu Ein-
schnitten bereit erklärt. Das war für die Reichen be-
schämend – ermutigend allerdings auch: Denn es
zeigt, dass der Geist der Solidarität zwischen den
Mitgliedstaaten noch lebendig ist. … Unsere
Freunde aus den Beitrittsländern haben bewiesen,
dass sie ihrer europäischen Verantwortung vollauf
gerecht werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vom Frieden, von
er Demokratie und der Solidarität in Europa profitieren
lle Mitgliedstaaten. Deswegen müssen sich alle bewe-
en. Niemand darf allein aus nationalen Interessen han-
eln. Ich bin sicher: Unsere Bundeskanzlerin Frau
r. Merkel und unser Außenminister Steinmeier werden

ich mit ganzer Kraft dafür einsetzen, einen erfolgrei-
hen Abschluss zu erreichen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: So viel Liebe in diesem Hause!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1600801000

Das Wort erhält nun der Kollege Michael Link, FDP-

raktion.


(Beifall bei der FDP)



Michael Link (FDP):
Rede ID: ID1600801100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man

ls engagierter Neuer in diesem Haus gleich in seiner
rsten Rede zum Thema finanzielle Vorausschau spre-
hen darf, dann kann einem der Zauber, der angeblich je-
em Anfang innewohnt, rasch vergehen. Denn das, was
ns in Brüssel ab heute Abend bevorsteht – ein Kampf
it harten Bandagen –, hat mit Zauber wirklich wenig

u tun. Wir alle kennen schon jetzt die Bilder, die wir,
enn wir Samstag früh aufstehen, sehen werden: von

ngehaltenen Uhren, von letzten und allerletzten Kom-
romissen, von bleichen Gesichtern und bleichen Unter-
ändlern – wir hoffen, dass es diesmal nicht so schlimm
ird.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP)


Später wird wieder die Rechnung aufgemacht, wer
enn nun Gewinner und wer Verlierer des Gipfels ist.
ann mag sich zwar der eine oder andere als Gewinner
ieses Schacherns fühlen. Aber oft, allzu oft ist es die
U als Ganzes, die durch dieses untransparente Ver-

ahren verliert.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


426 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



(B) )


Michael Link
Ein kleiner Rückblick: Noch 1999, als auf dem Köl-
ner Gipfel die letzte finanzielle Vorausschau vereinbart
wurde, waren sich alle einig, dass eine Einigung in die-
ser Form, im letzten Augenblick, sich nicht wiederholen
sollte. Damals dachte man: Auf dem nächsten Gipfel zur
finanziellen Vorausschau wird alles besser; denn bis da-
hin wird es die EU-Verfassung geben, bis dahin werden
wir geregelte Verfahren haben, dann brauchen wir diese
interinstitutionellen Vereinbarungen nicht mehr.

Doch die EU-Verfassung haben wir noch lange nicht,
geschweige denn eine effiziente Finanzverfassung. So
stehen wir heute mehr denn je vor den Fragen: Was ist
uns die EU wert? Wofür geben wir Geld aus? Und wer
bezahlt? Zwei Schlagworte bestimmen die Diskussion
über die jüngsten Vorschläge der Kommission in der bri-
tischen Ratspräsidentschaft: „Draufsatteln“ lautet der
Vorschlag der Kommission und der britische Vorschlag
wird als „Totsparen“ bezeichnet. Beide führen uns nicht
weiter. Entscheidend ist vielmehr, dass die vorhandenen
finanziellen Mittel in zukunftsträchtige Politikfelder um-
geschichtet werden. Deshalb fordern die Liberalen eine
Haushaltspolitik, die sich klar zu Wettbewerb, Freihan-
del und globaler Verantwortung bekennt.


(Beifall bei der FDP)


Die EU hat sich mit den Jahren in einem Gespinst von
kaum mehr nachvollziehbaren, dafür aber umso teureren
Finanzkompromissen selbst gefangen. Gleichzeitig ver-
lieren wir mehr und mehr den Anschluss an die globali-
sierte Weltwirtschaft. Wir geben abenteuerliche Beträge
für Subventionen bestimmter Länder und Berufsgruppen
aus und vernachlässigen darüber sträflich Investitionen
in wirklichen europäischen Mehrwert: in Forschung, Bil-
dung, die transeuropäischen Netze und – ja, auch dies –
die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die
ebenfalls zu kurz kommt.


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Sehr richtig!)


Wenn es um die nächste finanzielle Vorausschau geht,
lautet daher die zentrale Forderung der FDP: mehr In-
vestitionen in die Wettbewerbsfähigkeit Europas.

Wie aber will man Sicherheit bewerten? Wie viel darf
Frieden kosten? Welchen Haushaltsansatz sollten wir für
den gewaltfreien Export von Menschenrechten und
Marktwirtschaft veranschlagen? All diese Zahlen kön-
nen wir nicht beziffern. Deshalb geht die Frage, die die
heutige Diskussion beherrscht – bist du Nettozahler oder
Nettoempfänger? –, am Thema vorbei; hier gebe ich
Herrn Steenblock völlig Recht. Die FDP erteilt dieser
Sichtweise, die nur auf die Nettosalden schielt, aber die
viel wichtigere Frage, wofür das vorhandene Geld aus-
gegeben wird, vergisst, eine klare Absage.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wir wollen mehr Investitionen in Europas Wettbewerbs-
fähigkeit. Wir bezweifeln, dass die beiden größten Aus-
gabeposten des Haushalts – Agrar- und Kohäsionspolitik –
so, wie sie heute sind, die richtigen Anreize setzen. So-
lange das so ist, dürfen wir den EU-Haushalt nicht ein-

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(C (D ach weiterwachsen lassen. Die Vorschläge der Kommision und auch des Europäischen Parlaments mit ,14 Prozent bzw. 1,07 Prozent gehen uns zu weit. Auch er alte Luxemburger Kompromiss mit 1,06 Prozent und er neueste britische Vorschlag mit 1,03 Prozent sind zu euer. Der Bundestag hat in der 15. Wahlperiode immer wieer betont, dass gegenwärtig mehr als 1,0 Prozent des NE nicht drin ist. Herr Finanzminister, Sie waren ges ern im Haushaltsausschuss und haben dort nochmals on einer großen Mehrheit das klare Signal erhalten, ass die Haushälter gerne am 1-Prozent-Ziel festhalten ürden. Die FDP hat das heute in ihrem Antrag noch inmal deutlich gemacht. Bitte bleiben Sie beim 1-Proent-Ziel am Ball! Jetzt mag sich mancher fragen, was iese Kommazahlen sollen. Sie machen aber einen groen Unterschied. Rechnen wir das einmal im Vergleich us: Das jetzige 1-Prozent-Ziel entspricht 824 Milliarden uro. Beim manchmal genannten möglichen Komromissziel von 1,045 Prozent wüchse der Haushalt auf 61 Milliarden Euro an. Der Unterschied von 7 Milliarden Euro bedeutete für Deutschland, dessen eitragsanteil bei ungefähr 20 Prozent liegt, verteilt auf ieben Jahre über 7 Milliarden Euro Mehrkosten, also ährlich Mehrausgaben von 1 Milliarde Euro; man muss s einmal so deutlich sagen. Diese Kommastellen haben s also in sich. Herr Präsident, ich will die entscheidenden Punkte usammenfassen: Es wäre schön, wenn bei diesem Gipel eine europäische Einigung erzielt werden könnte und icht, wie schon oft, jeder Regierungschef nach Hause ährt und einen Sieg nationaler Interessen verkündet. ir brauchen nicht nur eine europäische Verfassung, ondern auch – das ist vielleicht unser zweitwichtigstes nliegen –, eine europäische Finanzverfassung, die lare und transparente Verfahren für zukünftige finanielle Vorausschauen enthält. Der britische Vorschlag, as gesamte Finanzsystem auf den Prüfstand zu stelen und damit 2009 auch eine Reform der gesamten Ausaben und Einnahmen der EU zu verbinden, beinhaltet uch – und das ist bemerkenswert –, im Zusammenhang amit den eigenen Rabatt zu thematisieren. Dies verient unsere Zustimmung; denn dieser Rabatt ist ganz lar ein Anachronismus, der genauso wie Maggie hatchers Handtasche ins Haus der Geschichte gehört. Wenn diese Punkte erfüllt sind und wir für die finanielle Vorausschau möglichst das 1-Prozent-Ziel erreihen, könnte Außenminister Jack Straw doch noch echt haben, der gesagt hat, dieser Gipfel werde „good or Europe and good for us“. Die FDP wünscht der Bunesregierung bei den anstehenden nächtlichen Verhandungen eine glückliche Hand, gute Kondition und auch uropäischen Geist. Vielen Dank. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 427 Lieber Kollege Link, ich möchte auch Ihnen zu Ihrer ersten Rede im Deutschen Bundestag herzlich gratulieren, verbunden mit allen guten Wünschen für die weitere Arbeit. Das Wort hat nun der Kollege Michael Stübgen, CDU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Tagung des Europäischen Rates in dieser Woche wird dominiert von den Verhandlungen über die finanzielle Vorausschau der Europäischen Union für die Jahre 2007 bis 2013. Den meisten von uns ist bekannt, dass es um einen Haushalt von ungefähr 850 Milliarden Euro geht; ich will das nur noch einmal in Erinnerung rufen. Das hat etwas damit zu tun, dass die Europäische Union die Praxis pflegt, ihren Haushalt faktisch für sieben Jahre festzulegen. Haushaltsverhandlungen sind wie in jedem Parlament so auch in der Europäischen Union nicht nur Verhandlungen über Zahlen, sondern in den Haushaltsverhandlungen spiegeln sich auch die politischen Prioritäten eines Landes bzw. hier der Europäischen Union wider. Bei der Debatte um die Höhe des Haushalts geht es gleichsam um die Höhe der Förderung durch Strukturfonds, um die Höhe der Agrarförderung, der Forschungsförderung und damit um die künftigen Schwerpunkte der europäischen Politik. Wir reden eben auch über die künftige gemeinsame Agrarpolitik, über die Strukturpolitik, über die so genannte Lissabon-Strategie und über die Rolle Europas in der Welt. Ich denke, dass es richtig ist, die Auseinandersetzungen so heftig zu führen und so intensiv über den richtigen Weg nachzudenken. Das muss sein; denn es wäre geradezu fahrlässig, wenn über 850 Milliarden Euro so nebenbei beschlossen werden würde. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(A) )


(B) )

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1600801200

(Beifall)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Michael Stübgen (CDU):
Rede ID: ID1600801300

Zu den Vorschlägen der britischen Ratspräsident-
schaft aus der vergangenen Woche und in leicht verän-
derter Form von gestern Mittag ist in den vergangenen
Tagen sehr viel Kritisches gesagt worden. Die Kritik war
zum Teil sehr heftig, zum Teil war sie mit Blick auf den
Verhandlungsausgang des Europäischen Rates taktisch
motiviert.

Viele dieser Kritikpunkte sind allerdings berechtigt.
Bedauerlicherweise hätte dieser Vorschlag, so wie er uns
heute vorliegt, fatale Auswirkungen. Man kann sich des
Eindrucks nicht erwehren, dass Großbritannien durch
diesen Vorschlag sein Privileg, nämlich den Beitragsra-
batt, schont und somit den Konsolidierungsbedarf über-
stark auf die neuen Mitgliedsländer, also auf die ärmsten
Länder in der Europäischen Union, verlagert. Dass dies
nicht einfach akzeptiert werden kann, auch von uns
nicht, liegt auf der Hand.

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(C (D Der britische Vorschlag, auch der gestrige, hat jedoch och eine andere Seite: Er hat nach meiner festen Übereugung das Potenzial, zu einer vernünftigen und ausgeogenen Einigung am Ende des kommenden Europäi chen Rates zu führen. Wo liegen diese Potenziale? arauf möchte ich etwas näher eingehen: Zum Ersten. Der Haushaltsentwurf der britischen atspräsidentschaft sieht einen sparsamen Haushalt or. Mit der Zielmarke von 1,03 Prozent des Bruttonaionaleinkommens ist dieser Haushalt kleiner als der des uxemburger Vorschlags. Der Bundesaußenminister atte mit Recht darauf hingewiesen, dass der Luxemburer Kompromiss, der ja gescheitert ist, leicht über die renzen der deutschen Belastbarkeit hinausging. Grund ätzlich ist dieser Entwurf also positiv. Positiv ist für uns auch, dass der britische Vorschlag inen reduzierten Mehrwertsteuerabrufsatz bei den Zahungen für Deutschland vorsieht. Das ist berechtigt; denn as trägt der Situation Rechnung, dass wir als Nettozaher in Europa in besonderer Weise belastet sind. Insgeamt bedeutet der Vorschlag Großbritanniens im Verleich zum Luxemburger Vorschlag eine Reduzierung nserer Belastungen um etwa 3,5 Milliarden Euro. Das st grundsätzlich richtig. Natürlich gibt es jetzt Aufuchstendenzen. Aber als Grundlage der Verhandlungen st das für uns gut. Zum Zweiten. Die britische Regierung ist das erste al seit dem Europäischen Rat von Fontainebleau von 984, auf dem der berüchtigte Beitragsrabatt mit der ustimmung Deutschlands beschlossen wurde, bereit, berhaupt über den Beitragsrabatt zu sprechen und ihn, umindest in einem kleinen Bereich, zur Disposition zu tellen. Das ist ein riesengroßer Fortschritt und war vor enigen Wochen noch nicht zu erwarten. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Großbritannien muss sich allerdings, wie ich denke,
och in zwei Punkten bewegen – Ansätze sind beim
euen Vorschlag von gestern Mittag schon zu erkennen –:
um einen muss die Reduzierung des britischen Bei-

ragsrabatts dauerhaft sein, also über das Jahr 2013 hi-
aus reichen, zum anderen muss die Reduktion noch et-
as stärker sein. Dann, denke ich, ist eine Einigung
öglich.

Zum Dritten. Die drastische Reduzierung der Struk-
urfondsmittel um etwa 14 Milliarden Euro, vorge-
chlagen von der britischen Ratspräsidentschaft, ist von
en neuen Mitgliedstaaten zu Recht kritisiert worden.
chaut man aber genau in den Vorschlag hinein, so fin-
et man dort aber einige sehr vernünftige und richtige
nsätze, die, wenn sie ausgebaut werden, nach meiner
berzeugung zu einer Einigung führen könnten. So wird

um Beispiel vorgeschlagen, den europäischen Kofinan-
ierungsanteil für die Strukturfondsmittel von bisher
5 Prozent auf 85 Prozent zu erhöhen und den neuen
itgliedsländern nach Bewilligung der Mittel drei Jahre

eit zu geben, die Mittel auszugeben und Projekte um-
usetzen. Ich glaube, das ist ein richtiger Ansatz, und
war in mehrfacher Hinsicht: Zum einen wären die

428 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



(B) )


Michael Stübgen
neuen Mitgliedsländer damit in der Lage, die notwendi-
gen Modernisierungen im Infrastrukturbereich wie auch
in anderen Bereichen schneller durchzuführen. Zum an-
deren würden wir mit solch einem Beschluss mit einer
lang gepflegten Praxis in der Europäischen Union auf-
räumen, dass nämlich gerade bei den Haushaltsansätzen
im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung große
Scheindebatten geführt werden. Meist geschieht dies zur
stillen Freude der Finanzminister der Nettozahlerländer;
denn es war bisher immer so, dass die Ansätze der Spit-
zenzahlen in diesen Haushalten weit höher waren als
das, was jemals real ausgegeben worden ist, sodass jeder
Finanzminister eines Nettozahlerlandes in stiller Freude
immer damit rechnen konnte, dass er den Betrag, der ur-
sprünglich angesetzt worden ist, niemals ausgeben
musste. Es ist auch ein Beitrag zu mehr Transparenz und
Verständlichkeit der Europäischen Union, wenn wir
dazu kommen, dass die Beträge, die im Haushalt stehen,
dann auch real ausgegeben werden. Ich glaube, auch das
wäre sinnvoll.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Großbritannien hat in seinem Vorschlag auch nach-
haltigen Wert darauf gelegt, dass in diesem Finanzpla-
fond die Formulierung einer Revisionsklausel enthalten
sein soll. Ich weiß sehr genau, dass durch diese Revi-
sionsklausel, wenn sie aufgenommen wird, materiell
nichts verändert wird. Aber auch hier stimme ich der In-
tention Großbritanniens grundsätzlich zu; denn ich halte
es für richtig, dass sich die Europäische Union jetzt zu-
mindest verbal darauf einigt, dass die bisherige Agrar-
und Strukturpolitik, wie sie 2002 mit dem Agrarkompro-
miss fortgeführt worden ist, nicht ohne weiteres auf alle
Zeit und Ewigkeit so bleiben kann. Wir müssen auch
hier ansetzen, ohne dass wir den Kompromiss bis 2013
infrage stellen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, insgesamt liegt eine
Einigung für mich im Bereich des Möglichen. Ein Erfolg
wäre nicht nur wünschenswert, sondern für die Europäi-
sche Union ein wichtiges Signal am Ende eines nicht
übermäßig erfolgreichen europapolitischen Jahres.

Viele Beobachter haben in den letzten Monaten mehr
politische Führung in der EU angemahnt und sie erhof-
fen dies gerade von der deutschen Bundesregierung. Die
Bundesregierung steht vor diesem Gipfel und während
dieses Europäischen Rates vor einer überaus schwieri-
gen Herausforderung. Bundeskanzlerin Angela Merkel
und die Bundesregierung haben diese Herausforderung
aber angenommen. Gerade in den letzten Wochen der
wichtigen Vorbereitungsphase dieses Europäischen Ra-
tes haben Sie, Frau Merkel, eine führende Rolle in der
Moderation und der Diskussion mit den Staats- und Re-
gierungschefs der neuen, der alten, der großen und der
kleinen Mitgliedsländer geführt. Das ist eine wichtige
Voraussetzung. Dafür danke ich.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D Frau Bundeskanzlerin, ich wünsche Ihnen und dem undesaußenminister, Herrn Steinmeier, für die nächs en 50, 60 Stunden eine glückliche Hand, kluge Entcheidungen und vor allen Dingen eiserne Nerven; denn ie braucht man dort auch. Wir alle wünschen uns einen rfolg, einen vernünftigen und ausgewogenen Haushalt. ch bin der festen Überzeugung, dass die Europäische nion und auch wir in Deutschland diesen Erfolg brau hen. Es besteht die Möglichkeit, dass dieser Erfolg geade auch mit einer starken Führung der neuen Bundesegierung in Deutschland errungen werden kann. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1600801400

Das Wort hat nun der Kollege Jürgen Trittin,

ündnis 90/Die Grünen.


Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600801500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will

ine Vorbemerkung machen: Ich begrüße es außeror-
entlich, dass die Bundesregierung sagt, diese EU könne
ich die Ausfälle von Herrn Ahmadinedschad aus dem
ran nicht gefallen lassen. Es muss hier eine klare euro-
äische Antwort gegeben werden. Das Leugnen des
olocaust und das Infragestellen des Existenzrechts

sraels kann von diesem Europa gemeinsam nicht akzep-
iert werden.


(Beifall im ganzen Hause)


Ich füge aber auch hinzu: Man muss das seriös tun.
azu gehört für mich nicht, darüber zu spekulieren, den

ran von der Fußballweltmeisterschaft auszuschließen.
ch glaube, die Teilnahme wird eher die Zivilgesellschaft
m Iran als die Macht des Klerus stärken.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die Überwindung der Krise der Europäischen Union
ird das große Projekt sein, das Sie, Frau Merkel, mit
er Präsidentschaft 2007 anzugehen haben. Die Schlüs-
elfrage dafür wird sein, ob es gelingt, dieses Europa
lobal wieder wettbewerbsfähiger zu machen, dies aber
n dem Wissen zu tun, dass es dazu eines Mehr an sozia-
er Kohärenz und der Beachtung einer ökologischen
achhaltigkeit bedarf. Diesen Dreiklang zusammenzu-
alten und ihn nicht in Richtung ausschließlich der Wett-
ewerbsfähigkeit zu verabsolutieren, wie ich das gele-
entlich aus Ihrer Ecke gehört habe, ist die Grundlage,
ie diesem europäischen Projekt als eine Antwort auf
ie Globalisierung wieder so etwas wie eine Sinnstiftung
egeben werden kann.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Voraussetzung dafür ist aber, dass sich das in der
rage zuspitzt: Was wird demnächst mit den europäi-
chen Ressourcen passieren? Die Voraussetzung wird
lso sein, eine Lösung für die Frage der finanziellen
orausschau zu finden. Hier haben Sie eine Riesen-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 429


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Jürgen Trittin
chance, Frau Merkel. Ich habe vorhin wieder eine abfäl-
lige Bemerkung über das Verständnis von Direktorien
gehört.

Sehen Sie, lieber Herr Hoyer, Sie wissen das selber
sehr gut: Gerade die kleinen Mitgliedstaaten in Europa
erwarten von den großen Mitgliedstaaten, dass diese
Verantwortung für das Ganze übernehmen und dieser
Verantwortung auch in schwierigen Situationen gerecht
werden.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Markus Meckel [SPD])


Das sage ich bewusst mit Blick auf die Widersprüche,
die diesem schwierigen Projekt zugrunde liegen. Es
wäre in Europa überhaupt nicht nach außen zu vermit-
teln, dass in diesem Europa ein Land wie Slowenien zum
Nettozahler wird und in der gleichen Entwicklung der
Britenrabatt von heute 5 Milliarden Euro auf 9 Milliar-
den Euro ansteigt. Das spitzt sich in diesen Stunden zu.

Liebe Frau Merkel, wann anders gibt es überhaupt
eine Chance, an diesem Punkt unter Wahrung der Inte-
ressen hinsichtlich der Strukturfonds und auch unter
Wahrung des Kompromisses hinsichtlich der Agrarpoli-
tik etwas zu erreichen? Die erste Säule kann man schau-
erlich falsch finden – ich habe da erhebliche Beden-
ken –, aber das war ein Teil dieses Kompromisses, den
wir bis 2013 akzeptieren müssen. Wann wird wieder die
Chance bestehen, in der Frage des Rabattes zu einer Lö-
sung zu kommen, wenn nicht jetzt unter der britischen
Präsidentschaft? Das ist der Kern.

Ich erwarte, dass diese Gelegenheit von Ihnen genutzt
wird und dass Sie das, was der Außenminister gesagt
hat, ernst meinen: In dieser Situation kann sich niemand
an bisherigen Dingen dogmatisch festhalten. Diese
Chance zu nutzen, dafür wünsche ich Ihnen eine feste
Hand.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Hans Eichel [SPD])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1600801600

Das Wort hat nun der Kollege Axel Schäfer, SPD-

Fraktion.


Axel Schäfer (SPD):
Rede ID: ID1600801700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

europäische Einigung steht heute vor einem zentralen
Problem: der sinkenden Zustimmung der Bürgerinnen
und Bürger. Die Lösung dieses Problems hat einen Na-
men: Es ist die europäische Einigung.

Die britische Präsidentschaft zeigt: Wir müssen vieles
gleichzeitig tun, weil es sich nicht nacheinander lösen
lässt. Das Entscheidende ist die Handlungsfähigkeit. Am
Anfang dieses Halbjahres stand die Gefahr eines dreifa-
chen Scheiterns: das mögliche Scheitern der europäi-
schen Verfassung, das denkbare Scheitern weiterer
Beitrittsverhandlungen, das einstweilige Scheitern des
Finanzrahmens 2007 bis 2013.

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(C (D Wo stehen wir heute? Erstens. Der Prozess zu einer europäischen Verfasung befindet sich in einer Denkpause. Einige scheinen as missverstanden zu haben und meinen, beim Denken ine Pause einzulegen. In der veröffentlichten Meinung nseres Landes jedenfalls ist von einer Debatte noch fast ichts zu spüren. Der D-Plan der Europäischen Kommision hat auch etwas mit Denken, Demokratie, Dialog nd Diskussion zu tun. Klar ist: Wir brauchen keine Werbekampagnen – weer schöne Fernsehspots noch bunte Plakate. Wir brauhen Erfolg. Erfolg spricht für sich und er spricht für ns. Jawohl: Die europäische Einigung war bisher insgeamt eine Erfolgsstory. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zweitens. Die Beitrittsverhandlungen mit der Tür-
ei wurden wie vereinbart begonnen. Die neu gewählte
undesregierung steht in der Kontinuität von Konrad
denauer über Willy Brandt und Helmut Kohl bis zu
erhard Schröder. Diese deutschen Kanzler haben den
eg vorgezeichnet.

Mit Kroatien erhielt eine ehemals jugoslawische Re-
ublik eine Chance und Mazedonien, einem weiteren
estbalkanland, wurde die Tür geöffnet. Der Beitritt

on Bulgarien und Rumänien Anfang 2007 wurde zu
echt mit klaren Vorgaben für die zu leistenden Anfor-
erungen verbunden.

Drittens. Besondere Anforderungen stellen wir bei
en Finanzen. Die Vorschau bis 2006, die unser heutiger
ußenminister in damals anderer Position, aber genauso

ffektiv und kompetent mitgestaltet hat, ist ein gutes
eispiel. Sie wurde unter der deutschen Ratspräsident-

chaft auf dem EU-Sondergipfel am 26. März 1999 auf
en Weg gebracht.

Ein anderer, der damals in noch wichtigerer Verant-
ortung war – bis 14 Tage vorher –, ist der jetzige Frak-

ionsvorsitzende der Linkspartei, PDS/WASG. Er hat
ich dieser Verantwortung bekanntlich entledigt. Damit
ind wir beim Thema Verantwortung. Sie, Herr Dehm,
ntledigen sich heute Ihrer Verantwortung, die zum Bei-
piel die PDS im Europäischen Parlament mit der Zu-
timmung zur Verfassung übernommen hat, indem Sie
etzt auf sehr billige Weise polemisieren.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Bodo Ramelow [DIE LINKE]: Das ist Unsinn, was Sie sagen! – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Alles falsch!)


Fragen Sie doch Ihre Kollegin Kaufmann! – Deshalb
ind Ihre Ratschläge heute das Letzte, was wir in puncto
erantwortung für Europa gebrauchen können.


(Beifall bei der SPD – Bodo Ramelow [DIE LINKE]: Lesen! Billige Polemik!)


Wer jetzt einen Finanzkompromiss schmieden muss,
uss aus den Erfahrungen des Jahres 1999 lernen: Die

430 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


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Axel Schäfer (Bochum)

deutsche Außenhandelsleistung, mit der wir Platz eins
einnehmen, muss mit unserem Wohlstandsranking
– Platz elf – und der Nettozahlerposition – Platz drei – in
eine politische Balance gebracht werden, die von
14 bzw. jetzt 24 Staaten mitgetragen wird.

Der Kommissionsvorschlag sieht bekanntlich
1,24 Prozent des Bruttonationaleinkommens als Ober-
grenze vor. Die auch von Deutschland richtigerweise
aufgestellte 1-Prozent-Forderung liegt schon nahe an
dem, was derzeit verhandelt wird.

Hierbei geht es selbstverständlich in erster Linie um
gesicherte Haushaltsentscheidungen. Es geht aber auch
um ein gesichertes Bild von Europa. Nennen wir das
Problem beim Namen: Bei zunehmender Europäisierung
unserer Gesellschaft und wachsender Europanotwendig-
keit überall auf dem Kontinent sind wir zugleich mit
dem zunehmenden Nationalismus in vielen Mitglieds-
ländern konfrontiert. Dieser Nationalismus kommt oft in
großen Zeitungen in Großbuchstaben daher und ist leider
auch schon in den Parlamenten einer Reihe von EU-
Staaten angekommen. Gerade wir Deutsche können des-
halb in Anlehnung an Heinrich Heine heute noch fest-
stellen: „Wenn man am innigsten bei sich ist, gerät man
am heftigsten außer sich.“ Genau das wollen wir aber
nicht.


(Beifall bei der SPD)


Wenn bestimmte Regierungen von Mitgliedstaaten
Glauben machen wollen, Erfolg sei, möglichst viel in
Europa durch das eigene Land verhindert zu haben, dann
ist dies tatsächlich ein Misserfolg. Erfolg ist nämlich,
möglichst viel für das gemeinsame Europa getan zu ha-
ben. Das scheinbar Einfache ist in der Tat schwerer ge-
worden. Die Summe aller nationalen Interessen ergibt
nun einmal nicht Europa als Ganzes. Europa als Ganzes
besteht auch in dem Bewusstsein, welches der Vorgänger
von Frank-Walter Steinmeier, Joschka Fischer, einmal
wie folgt auf den Punkt gebracht hat: „Das wichtigste
deutsche Interesse ist die europäische Einigung.“ Ja-
wohl.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir müssen dabei über das Spannungsfeld zwischen
der Legitimation durch unsere Bürgerinnen und Bürger
sowie unserer Verantwortung in Europa sprechen. Ich
sage ganz offen: Für die SPD heißt das, sich im Rahmen
der europäischen Parteienfamilie auch mit Tony Blair
auseinander zu setzen. Für unsere christdemokratischen
Kolleginnen und Kollegen bedeutet das Ähnliches in
Richtung der britischen Konservativen.

Wir wissen, dass am Ende ein Kompromiss in Europa
stehen muss. Die Idee des Kompromisses ist ein Kern-
element unserer europäischen Kultur. Wer zum Kom-
promiss fähig ist, ist zum Frieden fähig. Wer nur zu
Konfrontation bereit ist, ist friedensunwillig. Frieden ist
für uns selbstverständlich geworden, trotz neuer Gefah-
ren des Terrorismus und der Privatisierung von Kriegen.
Aber diejenigen auf der Welt, die in besonders starkem
Maße in realer Kriegsgefahr leben, wissen das europäi-

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(C (D che Modell oftmals mehr zu schätzen als manche hier ei uns. Die unbestrittenen Erfolge der EU-Politik geade im Hinblick auf die 78 AKP-Staaten sind eine roße Hoffnung für den afrikanischen Kontinent – daum geht es in erster Linie –, genauso wie für andere roßregionen auf der Welt. Die Hoffnung lautet: von onfrontation über Kooperation zu einem Konsens zu ommen. Sprechen Sie doch einmal mit Politikerinnen nd Politikern aus Afrika oder Lateinamerika! Für sie ist uropa ein Leitmodell. Die Diskussion mit diesen Politierinnen und Politikern zeigt: Sie betonen in erster Linie en Wert des Friedens. Wir reden dagegen manchmal iel zu oft über den Preis des gemeinsamen Marktes. Bei aller Bedeutung der 1-Prozent-Marge des Hausalts – sie ist richtig und wir werden auf diesem Weg voankommen – gilt: 1 Prozent ist kein Wert an sich und ist uch kein Preis für uns. Es ist vielmehr die Balance zwichen Notwendigem und Möglichem, damit wir Euroäer dem Wünschbaren ein Stück näher kommen. Ich erinnere dabei an den diesjährigen 60. Jahrestag es Endes des schrecklichsten aller Kriege in Europa. ei der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald urch amerikanische Truppen hatten Sozialdemokratinen und Sozialdemokraten aus 13 europäischen Ländern in Manifest vorgelegt. Darin stand: Wir Deutsche müsen in den europäischen Kulturkreis zurückkehren, und as heißt vor allen Dingen und in erster Linie die Vertändigung mit Frankreich und Polen. – Das ist unser eg, den wir gehen, den wir gegangen sind und den wir uch weitergehen müssen. Zum heute beginnenden EU-Gipfel reisen die neu geählte Bundeskanzlerin und der neu gewählte Bundes ußenminister mit berechtigten Hoffnungen. Hoffnung eißt nach Ernst Bloch: ins Gelingen verliebt. Vielen Dank. Zu einer Kurzintervention erhält der Kollege r. Dehm das Wort. Ich bitte Sie ganz herzlich, Kollege Schäfer – ich eiß, dass Sie es besser wissen –, zur Kenntnis zu nehen, dass wir, die Linke, im Europäischen Parlament ge en die EU-Verfassung gestimmt haben, und zwar ween des Aufrüstungsgebots, wegen des Neoliberalismus, er unsere Verfassung überlagert, und wegen der Demoratiedefizite. Dann sind die Stimmen von Le Pen, lieber ürgen Trittin, mit dem Referendum in Frankreich haliert worden. Nehmen Sie zur Kenntnis, dass dies ein robates Mittel gegen die Rechten war, dass die Linke ies mitbetrieben hat und dass Oskar Lafontaine sowie ndere Linke große Verantwortung ei der Kampagne in Frankreich übernommen haben, nd zwar nicht nur im Parlament, sondern auch außer Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 431 Dr. Diether Dehm halb des Parlaments, und das Nein wirkungsvoll begründet haben. Zur Erwiderung, Herr Kollege Schäfer. Kollege Dehm, nehmen Sie zur Kenntnis, dass Frau Kaufmann, Mitglied der PDS-Fraktion im Europäischen Parlament, im Auftrag Ihrer Fraktion an der Verfassung mitgearbeitet, sie begrüßt hat und heute noch verteidigt und dass Sie sich aus der Verantwortung stehlen. (Bodo Ramelow [DIE LINKE]: Wir sind keine Einheitspartei!)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1600801800
Dr. Jörg-Diether Dehm-Desoi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1600801900

(Lachen bei der SPD)


(A) )


(B) )


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1600802000
Axel Schäfer (SPD):
Rede ID: ID1600802100

Im Übrigen kann ich zu der besonderen europapoliti-
schen Bedeutung von Oskar Lafontaine nur sagen: Wer
1999 als Papst zurückgetreten ist, kann 2005 nicht als
großer Prophet auftreten.


(Lachen bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1600802200

Nun hat das Wort der Kollege Thomas Silberhorn,

CDU/CSU-Fraktion.


Thomas Silberhorn (CSU):
Rede ID: ID1600802300

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Ich hatte bis vor zwei Minuten noch die redliche
Absicht, zu dem auf der Tagesordnung ausgewiesenen
Thema zu sprechen. Aber aus aktuellem Anlass möchte
ich doch sagen, dass die Schablone des Neoliberalismus
nicht überall passt.


(Beifall des Abg. Dr. Werner Hoyer [FDP])


Wie ich den Medien in den letzten Tagen entnehmen
konnte, hat die WASG alle Hände voll damit zu tun, die
Neoliberalen in der PDS im Zaum zu halten.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Welche Zeitungen lesen Sie denn?)


Ich meine, Sie sind gut mit sich selbst beschäftigt.

Es verdient Erwähnung, dass es bei der finanziellen
Vorausschau der Europäischen Union, dem wichtigsten
Thema des Gipfels, bereits vor der Bundestagswahl eine
große Koalition gegeben hat. Die Union hat von Anfang
an die Verhandlungsführung auch der alten Bundesregie-
rung unterstützt. Das zeigt, dass verantwortliche Opposi-
tionspolitik im Interesse des Landes betrieben werden
muss.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich sage das bewusst auch für die CSU; denn das Thema
finanzielle Vorausschau ist für uns von besonderer,
durchaus ambivalenter Bedeutung. Das ist nach der Bun-
destagswahl noch augenfälliger geworden. Wenn Sie
sich den Haushalt der Europäischen Union anschauen,
dann werden Sie feststellen, dass etwa 80 Prozent der
Ausgaben der Europäischen Union in Ressorts fallen,
die von zwei Bundesministern der CSU geführt werden,

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(C (D ämlich in den Bereich Wirtschaft, zu dem sinnvollereise wieder die europäische Strukturpolitik gehört, und n den Bereich Landwirtschaftspolitik. Ich werde mir erauben, auch in Abwesenheit der beiden Minister dazu inige Bemerkungen zu machen. Die Ausgaben zu begrenzen ist sicher die wichtigste ufgabe bei dieser finanziellen Vorausschau. Die Oberrenze sollte möglichst nahe bei 1,0 Prozent der Wirtchaftsleistung liegen. Insoweit begrüße ich es auch, ass die britische Präsidentschaft sich getraut hat, eine ürzung der Mittel im absoluten Sinne vorzunehmen. Es st schlichtweg notwendig, dass auch die Europäische nion Haushaltsdisziplin übt. Wir können doch nicht eute in einer der nachfolgenden Debatten die Abschafung der Eigenheimzulage beschließen und damit und it vielen anderen Vorhaben unseren eigenen Bürgerin en und Bürgern eine Menge zumuten, auf der anderen eite aber die Gelder aus Konsolidierungserfolgen, die ir uns mühsam abringen, auf der europäischen Ebene n neue Finanztöpfe stecken. Das würde nicht zusamenpassen. (Beifall bei der CDU/CSU – Eduard Oswald [CDU/CSU]: Auf den Punkt gebracht! – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: So noch nie gehört!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ie Europäische Union fordert von uns, dass wir unsere
ationalen Haushalte konsolidieren. Das ist – ich darf
arauf hinweisen – auch ein Bestandteil der Lissabon-
trategie für mehr Wachstum und Beschäftigung. Es ist
uch eine Anforderung des Stabilitätspaktes, die wir er-
üllen müssen. Deswegen muss beides zusammenpas-
en: europäische Konsolidierung und nationale Konsoli-
ierung. Es kann nicht sein, dass eine finanzielle
orausschau beschlossen wird, die unseren Kurs der
onsolidierung konterkariert.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Zu diesem Thema gehört auch, dass nicht neue Töpfe
eschaffen werden. Es ist in der Europäischen Union
ine gute Übung gewesen, dass die Obergrenze tatsäch-
ich als eine Obergrenze verstanden worden ist, die auch
nterschritten werden darf. Es war ständige Praxis, dass
ie Obergrenze in den letzten Jahren nicht ausgeschöpft
orden ist. Deswegen sollte man auch aufpassen, dass

etzt nicht versucht wird, die nicht abgerufenen Haus-
altsmittel in einen neuen Fonds zu stecken.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


azu ist ein Globalisierungsfonds vorgeschlagen wor-
en. Dieser Globalisierungsfonds würde die Probleme
icht lösen. Die Mitgliedstaaten müssen ihre eigenen
ufgaben lösen und nicht neue beschließen, mit denen

m Ergebnis nur das Unterlassen eigener Reformen be-
ohnt werden würde, indem man einen neuen europäi-
chen Finanzausgleich etabliert. Das kann nicht Sinn ei-
er finanziellen Vorausschau sein.

Ich hoffe, dass es gelingt, im Rahmen der Verhand-
ungen auch einige strukturelle Veränderungen vorzu-
ehmen, die längerfristig von Bedeutung sind. Dazu

432 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



(B) )


Thomas Silberhorn
gehört, dass man den Britenrabatt reduziert und nach
Möglichkeit in einen allgemeinen Korrekturmechanis-
mus verwandelt. Ich bitte sehr darum, Frau Bundeskanz-
lerin, dass wir versuchen, das noch einmal zum Gegen-
stand der Verhandlungen zu machen. Wir haben nicht
ohne Grund im Koalitionsvertrag auf diesen allgemeinen
Korrekturmechanismus Bezug genommen. Im Ergebnis
ist auch der Britenrabatt nichts anderes als ein Korrek-
turmechanismus, der durchaus das legitime Anliegen
verfolgt, dass der Beitrag eines Mitgliedstaates in einem
angemessenen Verhältnis zur wirtschaftlichen Leistungs-
fähigkeit steht.

Nur: Dieses legitime Anliegen, das dem Britenrabatt
einst zugrunde lag, gilt natürlich für alle Mitgliedstaaten.
Deswegen wäre es sinnvoll, den Britenrabatt durch einen
allgemeinen Korrekturmechanismus zu ersetzen.

Ein weiteres Element einer längerfristigen Reform
wäre, dass man in der Tat, wie es Großbritannien vorge-
schlagen hat, die Ausgaben überprüft. Ich habe die Mel-
dungen gestern so verstanden – es ist sehr kompromiss-
haft allgemein formuliert worden –: Es müssen alle
Ausgaben auf den Prüfstand gestellt werden. Die Briten
sprechen von einem „review“, also von einer Überprü-
fung, die bis 2013 stattfinden soll. Ich glaube, diese all-
gemeine Formulierung ist durchaus begrüßenswert, und
zwar einschließlich der Agrarpolitik.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Damit wird nicht infrage gestellt, dass der Agrarkom-
promiss bis 2013 besteht. Aber wir können doch nicht
erst 2013 anfangen, darüber zu diskutieren, wie es nach
2013 weitergehen soll; vielmehr sollten wir jetzt den
Einstieg schaffen und den Übergang so vorbereiten, dass
wir unsere Pläne nach 2013 tatsächlich umsetzen kön-
nen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Zur Agrarpolitik. Mein Anliegen ist, dass wir das
Thema „nationale Kofinanzierung“ wieder auf die Ta-
gesordnung setzen. Dieses Thema ist nicht neu: Ausge-
rechnet bei der großen Erweiterungsrunde 2004 hat man
eine solche Kofinanzierung für die neuen Mitgliedstaa-
ten eingeführt. Man hat es ihnen schmackhaft gemacht,
indem man gesagt hat: Ihr dürft zu den Förderungen
durch die Europäische Union noch selbst etwas hinzu-
zahlen. Ich glaube, dass es Sinn macht, überall dort, wo
die Europäische Union Geld ausgibt, nationale Verant-
wortung in Form einer Kofinanzierung zu schaffen:
Wenn man den eigenen Geldbeutel immer dann öffnen
muss, wenn man eine Förderung von einem Dritten ha-
ben möchte, dann diszipliniert das eigene Begehrlichkei-
ten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Ich glaube, dass tatsächlich eine realistische Chance
besteht, einen solchen Einstieg in die Kofinanzierung
auch in der Agrarpolitik zu schaffen. Bis 2013 – erst
dann oder danach soll es umgesetzt werden – wird die
Europäische Union wahrscheinlich einige Mitgliedstaa-

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(C (D en mehr haben: Rumänien, Bulgarien, Kroatien. Einige er Länder, die heute Nettoempfänger sind, werden dann ettozahler sein, insbesondere Frankreich. Es besteht urchaus die realistische Chance, dass wir mit Frankeich und Großbritannien zu einer strukturellen Reform es Ausgabenhorizontes kommen, wenn wir den allgeeinen Korrekturmechanismus und eine Veränderung in er Agrarpolitik, was die Kofinanzierung angeht, geeinsam angehen. Ich will zum Schluss kommen. Die Europäische nion könnte einen Erfolg durchaus verkraften. Ich lese llerdings mit Interesse, dass so oft wie selten zuvor von inem Scheitern die Rede ist. Ich kann nur sagen: Wer arauf spekuliert, dass es nicht zu einer Einigung ommt, der muss realisieren, dass die Rahmenbedingunen für einen Kompromiss nicht besser werden. 2006 inden in vielen Mitgliedstaaten Wahlen statt. Wer gar arauf spekuliert, dass Deutschland die Sache 2007 reeln könnte, dem muss man sagen, Frau Bundeskanzlein: Wenn die Bundesregierung selbst erst im Jahr 2007 inen Verhandlungsvorschlag vorlegen müsste, dann ätte die Bundesregierung doch gar keine andere Mögichkeit, als dies auf der Grundlage der eigenen Verhandungsposition von heute zu tun, und die ist 1,0 Prozent. an muss den Partnern sagen, dass ihre Bedingungen ür einen Kompromiss wahrscheinlich niemals wieder so ut sein werden. Ich glaube, es gibt die Chance, zu einer Einigung zu ommen. Es besteht auch die Möglichkeit, dass eutschland eine neue Vermittlerrolle in der Europäi chen Union einnimmt. Ich würde es mir wünschen. Ich ünsche Ihnen, Frau Bundeskanzlerin, bei den Beratunen viel Erfolg. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1600802400

Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der

ollege Markus Meckel, SPD-Fraktion.


Markus Meckel (SPD):
Rede ID: ID1600802500

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Wir haben es heute sehr deutlich gehört und in
nseren Reihen ausgesprochen: Die Erwartungen an die
igene Regierung, zu einem Erfolg zu kommen, also das
u schaffen, was hier heute mehrfach dargestellt worden
st, sind sehr groß. Die Erwartungen sind aber nicht nur
ei uns, sondern – gerade angesichts der großen Koali-
ion – in ganz Europa groß. Man muss hoffen – wir ha-
en entsprechende Vereinbarungen getroffen –, dass
iese große Koalition in Deutschland zentrale Reformen
urchführt und dieses Land wesentlich voranbringt. Hof-
en muss man darüber hinaus, dass dies auch für Europa
öglich ist.

Sie, Frau Bundeskanzlerin, müssen gleich aufbrechen.
ch wünsche Ihnen eine glückliche Hand, das rechte Au-
enmaß und – ich glaube, es gibt diese Chance – viel Er-
olg. Wenn es dann am Ende so kommt, wie Herr
teenblock, wie ich fand, genialerweise gesagt hat –
enn das aus der Opposition kommt, freut einen das

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 433


(A) )



(B) )


Markus Meckel
umso mehr; wir alle müssen uns noch ein bisschen daran
gewöhnen, dass das jetzt die Opposition ist und das wir
jetzt so zusammengehören –,


(Heiterkeit)


und wir feststellen können: „Da ist eine Lady Europe zu-
rückgekommen“, dann ist das ein großer Erfolg für
Deutschland, genau im Sinne dessen, was Joschka
Fischer als deutsches Interesse angesprochen hat. In die-
sem Sinne also eine gute Reise – mit allem, was dazuge-
hört – und insbesondere eine frohe Rückreise! Darauf
freuen wir uns dann besonders.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich fand gut, was der Kollege Stübgen ein Stück weit
ausdifferenziert hat. Er hat diesen wahrhaftig schwieri-
gen britischen Vorschlag einmal ein bisschen auseinan-
der genommen und die konkreten Chancen ein wenig
ausgelotet. Wenn man einfach einmal ganz grundsätzlich
auf diesen Vorschlag schaut, muss man sagen: Eigentlich
steckt da in zwei Richtungen eine ganze Menge von
dem, was auch unser Interesse ist. Es geht darum, einmal
die Zukunftsperspektive, das, was wir in Bezug auf
Wissenschaft und Forschung machen müssen, ganz
vornan zu stellen und zum anderen in Bezug auf die
Agrarpolitik auch wirklich zu Reformen zu kommen,
die die Kosten deutlich mindern, durchaus in dem Sinne,
in dem mein Vorredner das hier angesprochen hat. Diese
Grundrichtungen können wir, denke ich, teilen. Wenn es
gelingt, darauf zumindest langfristige Festlegungen zu
treffen nach dem Motto „Das lasst die Linie sein“, dann
erhoffen wir von Großbritannien, dass es diesen Schritt
zum eigenen Erfolg geht und den eigenen Rabatt etwas
deutlicher als bisher absehbar senkt.

Auch in Bezug auf die anderen Partner in Europa gibt
es gute Chancen. Wir reden immer wieder – ich glaube,
mit Recht – von der großen Bedeutung der deutsch-
französischen Zusammenarbeit. Sie ist aber nicht des-
halb so bedeutend, weil wir uns in allen Punkten so nahe
sind, sondern oft gerade deshalb, weil wir in vielen
Punkten in unserer Herangehensweise und auch in unse-
ren Traditionen so unterschiedlich sind. Wenn zwei so
unterschiedliche Partner einen Kompromiss finden, dann
können sich oft auch die anderen in diesem Kompromiss
wiederfinden. Es kommt für die Zukunft darauf an, dass
wir nicht der Little Boy der lieben französischen
Freunde sind, sondern in dieser Kooperation gerade die
eigenen Standpunkte deutlicher machen, als dies viel-
leicht manchmal geschehen ist, damit sich die anderen
Partner darin wiederfinden können.

Hierbei kommt Deutschland deshalb eine besondere
Bedeutung zu und dabei – auch dieser Punkt wurde
schon angesprochen – spielt das Verhältnis zu den Klei-
nen eine Rolle. Wir als Deutsche sind eben nicht nur von
Großen, sondern gerade auch in der unmittelbaren Nach-
barschaft von vielen Kleinen umgeben. Deutschland
sollte nicht den Anwalt der kleineren Nachbarn spielen
– das klingt so paternalistisch –, aber es sollte die Inte-
ressen der kleineren Nachbarn deutlich im Blick haben.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D azu gehören die Nachbarn, die jetzt neu Mitglied georden sind und die nicht die besonderen Lasten dieses ipfels tragen können; dies wäre für uns nicht akzeptael. Die Europäische Union, die jetzt, wie oft gesagt urde, in einer Krise steckt – Axel Schäfer hat noch einal deutlich dargelegt, an welchen Punkten es Blocka en gegeben hat –, ist eine Erfolgsgeschichte gerade seit 990 – lange davor natürlich auch –, weil da die Erweiteungsperspektive und die Vertiefung, das heißt diese vertärkte Integration, als parallele Prozesse gelaufen sind. as ist ein Wunder. Zu dieser Auffassung komme ich, enn ich an die Diskussion Anfang der 90er-Jahre enke, als es um die Erweiterung ging. Ich erinnere mich n eine Fülle von Gesprächen, auch im Europäischen arlament, in denen gesagt wurde: Wir wollen erst ver iefen und dann schauen, ob wir erweitern können. Wir aben gemeinsam durchgesetzt, dass die Prozesse paralel laufen. Es war dann ein großes Wunder, dass wir 2004 ie Verfassung auf dem Tisch hatten und gleichzeitig die rweiterung beschließen konnten und dementsprechend taaten neu Mitglied geworden sind. Diese Parallelität müssen wir beibehalten. Das ist ichtig auch für das, was jetzt in Aussicht genommen orden ist. Bei Mazedonien kam dieser Streit noch einal neu auf. In den nächsten Monaten wird das weiter erfolgt werden müssen. Wir müssen diese Parallelität ortführen und dürfen nicht ein Nacheinander schaffen. Denn – hier schaue ich besonders Richtung Westbalan – es ist ganz klar, dass wir die Probleme um den osovo und des Westbalkans überhaupt nur lösen weren, wenn wir diesen Staaten nicht nur die Perspektive eben, dass sie irgendwann einen anderen Status erreihen werden, sondern auch unsere Instrumentarien chärfen, um genau zu sehen, was für den Westbalkan etan werden kann, sehr konditional, aber wiederum mit roßem Engagement der Europäischen Union. Denn die robleme und das Selbstverständnis der Völker in dieser egion sind von so zentraler Bedeutung, dass wir ein eienes Interesse daran haben müssen, die Heranführung ieser Staaten an die Europäische Union mit zu stabiliieren und den Weg in diese Richtung zu festigen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Ich halte es – dies soll mein letzter Punkt sein – für
ichtig, dass wir die Erfolgsgeschichte der Erweiterung
icht absolut setzen und die Erweiterungsperspektive
icht als einziges Instrument der Stabilisierung ansehen.
s war und ist richtig, dass die Europäische Union – viel-

eicht ein wenig spät – die Nachbarschaftspolitik konzi-
iert hat, um die Nachbarstaaten zu stabilisieren. Diese
trukturen müssen aber noch flexibler gestaltet werden.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Katrin GöringEckardt)


ir dürfen in Bezug auf Belarus, die Ukraine oder die
taaten des nördlichen Afrika nicht nur mit festen Struk-

uren, die vorher in Aktionsplänen festgelegt worden
ind, vorgehen. Hier brauchen wir eine stärkere Flexibili-

434 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



(B) )


Markus Meckel
tät. Es kann zum Beispiel nicht sein, dass die drei Staaten
des Südkaukasus – glücklicherweise ist er jetzt dabei; am
Anfang war er vergessen worden – nur gemeinsam ver-
handeln können, obwohl sie ganz unterschiedliche Pro-
bleme haben und in dieser Region durch viele Probleme
miteinander verflochten sind. Auch da gibt es, glaube
ich, eine Unflexibilität, die wir verändern müssen.

Ein letzter Punkt zu dieser Nachbarschaftsinitiative.
Sie ist im Grunde zur Zusammenarbeit zwischen Staaten
gedacht; das heißt, sie ist sehr etatistisch. Wir müssen
aber und können auch lernen, dass Demokratie nur ent-
stehen und wachsen kann, wenn die Zivilgesellschaften
unterstützt werden. Gerade dafür brauchen wir neue und
bessere Argumente und Instrumentarien. Ich glaube,
dass wir ein neues Instrument für diese Nachbarschafts-
politik schaffen könnten, indem wir eine Freiheits- und
Demokratiestiftung auf europäischer Ebene ins Leben
rufen, um gerade mit Blick auf die Zivilgesellschaften
mehr tun zu können.

Vielen Dank und noch einmal viel Erfolg.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600802600

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/224 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. – Sie sind damit ein-
verstanden. Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 5 a bis 5 c auf:

a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-
nen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Beschränkung der
Verlustverrechnung im Zusammenhang mit
Steuerstundungsmodellen
– Drucksache 16/107 –


(Erste Beratung 5. Sitzung)


aa) Beschlussempfehlung und Bericht des Fi-
nanzausschusses (7. Ausschuss)


– Drucksache 16/254 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Leo Dautzenberg
Gabriele Frechen
Frank Schäffler
Dr. Barbara Höll
Christine Scheel


(8. Ausschuss)


– Drucksache 16/256 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Steffen Kampeter
Carsten Schneider (Erfurt)

Otto Fricke
Dr. Gesine Lötzsch
Anja Hajduk

b) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-
nen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten

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(C (D Entwurfs eines Gesetzes zur Abschaffung der Eigenheimzulage – Drucksache 16/108 – aa)


(Erste Beratung 5. Sitzung)

nanzausschusses (7. Ausschuss)


– Drucksache 16/250 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Hans Michelbach
Ingrid Arndt-Brauer
Dr. Volker Wissing


(8. Ausschuss)


– Drucksache 16/257 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Steffen Kampeter
Carsten Schneider (Erfurt)

Otto Fricke
Dr. Gesine Lötzsch
Anja Hajduk

c) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-
nen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zum Einstieg in ein
steuerliches Sofortprogramm

– Drucksache 16/105 –


(Erste Beratung 5. Sitzung)


aa) Beschlussempfehlung und Bericht des
Finanzausschusses (7. Ausschuss)


– Drucksache 16/255 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Olav Gutting
Florian Pronold
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Barbara Höll
Kerstin Andreae


(8. Ausschuss)


– Drucksache 16/258 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Steffen Kampeter
Carsten Schneider (Erfurt)

Otto Fricke
Dr. Gesine Lötzsch
Anja Hajduk

Zu dem Gesetzentwurf zur Abschaffung der Eigen-
eimzulage liegen je ein Entschließungsantrag der Frak-
ionen der FDP und Die Linke vor. Zu dem Gesetzent-
urf zu einem steuerlichen Sofortprogramm liegt ein
nderungsantrag der Fraktion Die Linke vor.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
ie Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Dazu
öre ich keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlos-
en.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 435


(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Ich eröffne hiermit die Aussprache und gebe Herrn
Abgeordneten Florian Pronold, SPD-Fraktion, das Wort.


Florian Pronold (SPD):
Rede ID: ID1600802700

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Wir beraten unter diesem Tagesordnungs-
punkt drei Gesetze. Einige davon sind schon alte Be-
kannte aus den Diskussionen der letzten Jahre. Es geht
um die Eigenheimzulage, um die Steuerstundungsmo-
delle, besser bekannt unter Medienfonds, Schiffsfonds
und anderen Anreizen, wie man sein Geld gut vernichten
kann, um Steuern zu sparen, und um das steuerliche So-
fortprogramm, bei dem zwei wesentliche Punkte disku-
tiert worden sind: die Abfindungen für Arbeitnehmerin-
nen und Arbeitnehmer sowie für Angehörige des
öffentlichen Dienstes und die Absetzbarkeit der Steuer-
beraterkosten als Sonderausgaben. All das werden wir
heute unter diesem Tagesordnungspunkt beraten.

Die große Koalition hat sich auf die Fahnen geschrie-
ben, Steuersubventionen abzubauen und finanzielle
Fehlanreize im Steuerrecht zu verhindern. Sie will damit
alle öffentlichen Haushalte in Ordnung bringen und
Spielraum für Zukunftsinvestitionen gewinnen. Unser
Finanzminister Peer Steinbrück hat damit die schwerste
aller Aufgaben in dieser Regierung übernommen. Wir
werden ihn mit Kräften unterstützen, dass diese Maß-
nahmen umgesetzt werden.

Man kann eine eigenartige Erfahrung machen. Wenn
über den Abbau von Steuersubventionen diskutiert wird,
dann zeigt sich immer, dass alle dafür sind. Aber spätes-
tens dann, wenn es im Parlament zu Beratungen kommt
und es konkret wird, welche Steuersubventionen denn
abgebaut werden sollen, dann spricht man von Steuerer-
höhungen. Nach den Vorstellungen der FDP sollen alle
Steuersubventionen im Rahmen einer großen Steuerre-
form abgebaut werden. Wenn es allerdings konkret wird,
dann spricht sie von Steuererhöhungen. Aber an eine
große Steuerreform glaubt eh niemand mehr.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Sie sind nicht auf der Höhe der Zeit, Herr Kollege!)


Wir wollen heute zwei große Schritte machen. Es be-
steht große Einigkeit darin, die Eigenheimzulage abzu-
schaffen und Beschränkungen hinsichtlich der Fonds
einzuführen. Wir wollen mit dem steuerlichen Sofortpro-
gramm aber auch erste kleine Schritte gehen. Damit will
die große Koalition Fehlanreize durch Steuersubventio-
nen und Verwerfungen im Steuerrecht beseitigen.

Die Abschaffung der Eigenheimzulage ist schon
lange in der Debatte. Wir könnten heute wesentlich mehr
Geld im Haushalt haben, wenn die Einigkeit schon frü-
her so groß gewesen wäre, wie sie momentan ist.


(Beifall bei der SPD)


Wir hätten schon vor längerer Zeit mehr Spielraum für
Forschung, Bildung und Zukunftsinvestitionen haben
können.

Auch hinsichtlich der Schiffsfonds und Medienfonds
waren wir uns schon lange einig. Aber der politische
Prozess der letzten Jahre, der vom Streit zwischen Bun-

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(C (D esrat und Bundestag geprägt war, ist dafür verantwortich, dass diese entsprechenden Maßnahmen nicht ganz o schnell auf den Weg gebracht worden sind, wie wir es emeinsam eigentlich vorgehabt hatten. Aber was lange ährt, wird endlich gut. Jetzt sind wir an dem Punkt, an em wir diese beiden wesentlichen Schritte gehen wolen. Zu diesen beiden Gesetzen werden meine Kolleginen von der SPD-Fraktion Ingrid Arndt-Brauer und Gabi rechen noch Details nennen. Für uns war wichtig, dass der Vertrauensschutz als entrales Element berücksichtigt wurde. Die Eigenheimulage wird erst für die Zukunft abgeschafft. Die Menchen können sich darauf verlassen, dass die Förderung ür die Altfälle bestehen bleibt. Der Begriff „Vertrauensschutz“ ist auch wichtig mit lick auf unser drittes Gesetzgebungsverfahren. Dabei andelt es sich um ein ganz sensibles Thema. Es geht um ie teilweise Steuerfreiheit der Übergangsgelder für eschäftigte des öffentlichen Dienstes. Im Regelfall sind ier die Zeitsoldatinnen und Zeitsoldaten betroffen, die n vielen Herren Ländern unter erschwerten Bedingunen und für wenig Lohn ihren Dienst leisten. Diese verassen sich darauf – so steht es im Gesetz –, dass die bergangsgelder zumindest teilweise steuerfrei sind. Dieselbe Problematik gilt auch für die Arbeitnehmeinnen und Arbeitnehmer, die ihren Arbeitsplatz verlieen und von Sozialplänen betroffen sind. Diese verlassen ich darauf, dass sie die ausgerechneten Nettobeträge uch tatsächlich bekommen. Die Situation ist für beide ruppen nicht einfach. Wir haben aber gesagt, dass dieser grundsätzliche chritt sein muss, um die Fehlanreize, die mit der teileisen Steuerfreiheit der Abfindungen verbunden sind, u beseitigen. Denn es gibt große Konzerne, die fette ewinne einfahren, die aber die teilweise Steuerfreiheit utzen, um sich relativ günstig ihrer Arbeitnehmerinnen nd Arbeitnehmer zu entledigen. Es kann nicht gewollt ein, dass der Steuerzahler dafür aufkommt. Deswegen uss man für die Zukunft diese Fehlanreize beseitigen. ch denke, das ist richtig. Wir sind uns in diesem Punkt inig. Ich fand es gut, dass die Fraktion der PDS das ist eine spannende Frage; vielleicht sollte man die inke als „PDS mit Westimport“ bezeichnen; lassen Sie ich aber Sie loben – in den Beratungen des Ausschus es grundsätzlich erklärt hat, dass es hier einen Fehlaneiz gibt, den man, wie Sie gesagt haben, im Rahmen eier großen Steuerreform, bei der auch noch andere inge auf dem Tisch liegen, abschaffen muss. Ich fand s grundsätzlich gut, dass auch dieser Aspekt in der Beatung zum Ausdruck gebracht worden ist. Wichtig für uns war aber auch, Vertrauensschutz zu ewähren und denjenigen, die davon betroffen sind und ies schon jetzt wissen, so weit wie möglich Verlässlicheit und die Sicherheit zu geben, dass sich für sie nichts ndert. Deswegen haben wir in einer relativ konfliktreien, aber doch intensiven Auseinandersetzung in der 436 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 Florian Pronold großen Koalition den Vertrauensschutz für die Zeitsoldaten auf drei Jahre sowie für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, bei denen schon jetzt feststeht, dass sie ihr Arbeitsverhältnis leider nicht mehr fortsetzen können, auf die nächsten zwei Jahre erweitert. Dies bedeutet, dass alle Abfindungen, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in den nächsten zwei Jahren zufließen, dann, wenn noch in diesem Jahr klar ist, dass sie betroffen sind, weiterhin der teilweisen Steuerfreiheit unterliegen. Ich denke, es ist ganz wichtig: Wenn man solche Reformen macht, muss man gleichzeitig immer sagen, dass es Vertrauensschutz und Sicherheit gibt. Außerdem steht weiterhin – auch daran darf an dieser Stelle erinnert werden – die so genannte Fünftelregelung im Gesetz. Das bedeutet, dass bei Abfindungen eine günstigere Steuerprogression vorgesehen ist, weil die Abfindungen rechnerisch auf fünf Jahre aufgeteilt werden. Das ist sozial gerecht. Denn je geringer die Abfindung und das Einkommen sind, umso geringer ist die steuerliche Belastung und je höher sie sind, desto höher ist die steuerliche Belastung. Auch das ist ganz wichtig. Jeder erlebt es – um die Steuerprogression zu erklären – beim Weihnachtsgeld. Man ärgert sich über den Lohnzettel, weil höhere Steuern abgezogen werden. Das ist die Progressionswirkung. Die Abfindung wird durch die Fünftelregelung auf fünf Jahre aufgeteilt und die Steuerprogression fällt dann deutlich geringer aus. Vertrauensschutz ist aber nicht der einzige Aspekt. Für uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten geht es auch um die Frage der Gleichbehandlung. Deswegen müssen wir bei den nächsten Schritten, die wir im Rahmen des steuerlichen Sofortprogramms gehen werden, auch daran denken, dass gleiche Lebenssachverhalte in den Blickpunkt geraten. Das betrifft auch die teilweise Steuerfreiheit bei der Aufgabe von Betrieben durch Gewerbetreibende oder Landwirte. Auch dies wird man angesichts der Haushaltslage nicht völlig außer Betracht lassen können und eine Gleichbehandlung mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie den Soldaten vornehmen müssen. Dann – leider mahnt mich die Präsidentin schon blinkenderweise – wäre noch ein Satz zu den Steuerberaterkosten zu sagen. Auch hier geht es darum, einem alten Grundsatz im Steuerrecht wieder mehr Klarheit zu verschaffen, nämlich dass nach privaten Aufwendungen und dem getrennt wird, was betrieblich oder werbungskostentechnisch, also durch den Beruf oder die Einkunftsart, veranlasst ist. Das wird umgesetzt. Es wird einen erklecklichen Betrag bringen, diesen alten Grundsatz einzuhalten. Das ist mit den beiden großen Finanzverwaltungen, der der Länder und der des Bundes, abgestimmt. Das wird dazu beitragen, dass wir mehr Spielraum dafür bekommen, wofür wir das alles machen, nämlich in Richtung Zukunft zu gehen. Herzlichen Dank. Ich gebe das Wort dem Abgeordneten Volker Wissing, FDP-Fraktion. E s n T s d f w a S S g f B u k S k W i d d k S D i g w n r F d U u S t t s I c f l (C (D Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Die Abchaffung der Eigenheimzulage ist noch lange kein fianzpolitisches Konzept. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Linke!)


(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600802800
Dr. Volker Wissing (FDP):
Rede ID: ID1600802900

rotzdem: Die Abschaffung der Eigenheimzulage als
olche ist richtig. Die FDP hat immer konsequent gefor-
ert, Subventionen abzubauen und Ausgaben zurückzu-
ahren. Wer die Haushaltskonsolidierung ernst nimmt,
eiß, dass es dazu keine Alternative gibt.

Aber, meine Damen und Herren von der großen Ko-
lition, das Problem an dieser Stelle ist nicht das, was
ie machen. Das Problem an dieser Stelle ist das, was
ie nicht machen. Es ist doch kein Konzept, Vergünsti-
ungen abzubauen, wenn nicht gleichzeitig dringend er-
orderliche Reformen auf den Weg gebracht werden.


(Beifall bei der FDP)


elastungen stehen bei Ihnen ganz schnell im Gesetz
nd Entlastungen stehen bei Ihnen in den Sternen. So
ann man das nicht machen.


(Beifall bei der FDP)


ie streichen im Jahr 2005 die Eigenheimzulage und
ündigen an, 2007 ein Instrument zur Förderung von
ohneigentum auf den Weg zu bringen. Sie beschließen

m Jahr 2005 Belastungen für Bauunternehmen und kün-
igen an, 2008 längst überfällige Reformen im Bereich
er Unternehmensteuern auf den Weg zu bringen. Das ist
eine Politik der kleinen Schritte. Das ist eine Politik des
tillstands.


(Beifall bei der FDP)


amit beweist die große Koalition, dass sie in der Lage
st, sich sehr schnell zulasten der Bürgerinnen und Bür-
er zu einigen, und sie demonstriert, dass sie schlicht-
eg unfähig ist, Reformen auf den Weg zu bringen. Ge-
au das können wir nicht akzeptieren.

Noch einmal: Die Eigenheimzulage zu streichen ist
ichtig; die FDP wird dem zustimmen, das steht außer
rage. Aber es ist unverantwortlich, mit den frei werden-
en Mitteln Haushaltslöcher zu stopfen. Das wollte die
nion nicht und deshalb dürfen Sie, liebe Kolleginnen
nd Kollegen von der Union, das auch nicht mittragen.
ie werden schlichtweg unglaubwürdig, wenn dem heu-

igen Schritt nicht spürbare Entlastungen folgen.


(Beifall bei der FDP)


Die FDP fordert Sie auf, den begonnenen Subven-
ionsabbau mit klaren Reformen zu begleiten. Die Men-
chen erwarten das von Ihnen. Sie erwarten, dass Sie
hre Zusagen einhalten und unser Steuerrecht vereinfa-
hen. Sie erwarten zu Recht, dass Sie neben den nun er-
olgenden Belastungen umgehend Vorschläge zur Ent-
astung vorlegen.


(Beifall bei der FDP)


Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 437


(A) )



(B) )


Dr. Volker Wissing
Ohne Entlastungen kommt die Binnennachfrage in unse-
rem Land nicht in Schwung. Was das für den Arbeits-
markt bedeutet, haben wir in den letzten Jahren erlebt.
So schwer Ihnen das gemeinsame Regieren auch fallen
mag: Sie können sich in der großen Koalition nicht weg-
ducken. Sie tragen Verantwortung dafür, dass die Refor-
men auf den Weg gebracht werden, die unser Land drin-
gend braucht.

„Gemeinsam für Deutschland. Mit Mut und Mensch-
lichkeit“, so steht es über dem schwarz-roten Koalitions-
vertrag. Aber, meine Damen und Herren, was ist denn
daran mutig, sich auf das Kürzen, Streichen und Verwal-
ten zu beschränken? „Gemeinsam für Deutschland“
kann doch nicht bedeuten, dass nur die Bürger sparen.
„Gemeinsam für Deutschland“ kann doch nicht bedeu-
ten, dass die einen tapfer ihren Beitrag leisten und die
anderen sich zurücklehnen und Haushaltslöcher stopfen.
Die Menschen sind bereit, Einschnitte hinzunehmen.
Aber sie wollen wissen, wofür. Genau darauf bleiben Sie
heute eine Antwort schuldig.


(Beifall bei der FDP)


Sie kommen mir vor wie ein Häuslebauer, der zuerst
den Balkon errichtet und sagt: Um das Fundament küm-
mere ich mich später.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das ist ein sehr schönes Bild!)


Das funktioniert weder auf dem Bau noch in der Finanz-
politik.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Wenn der Balkon eine Terrasse ist, Herr Kollege, geht das im Grunde! – Gegenruf des Abg. Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Sie kommen nicht in die Baukommission!)


Mit den heute vorliegenden Gesetzentwürfen haben
Sie den Beitrag der Bürgerinnen und Bürger eingefor-
dert. Jetzt sind Sie an der Reihe. Die Menschen erwarten
von Ihnen, dass umgehend Reformen auf den Weg ge-
bracht werden, die sie entlasten und die ihnen eine Per-
spektive bieten. Jetzt müssen Sie eine Gegenleistung
erbringen. In der Finanzpolitik bedeutet diese Gegenleis-
tung, eine grundlegende Steuerreform auf den Weg zu
bringen, eine Reform, durch die die Tarife gesenkt wer-
den, um die Binnennachfrage zu stärken und Arbeits-
plätze zu schaffen, eine Reform, die zu Vereinfachungen
führt, damit die Menschen wieder verstehen, nach wel-
chen Regeln sie besteuert werden. Die FDP hat dazu
konkrete Vorschläge gemacht. Jetzt sind Sie an der
Reihe.

Mit Ihrem Gesetzentwurf zum Einstieg in ein steuerli-
ches Sofortprogramm haben Sie zunächst einen gewalti-
gen Schritt in die falsche Richtung gemacht. Anstatt mit
Vereinfachungen dafür zu sorgen, dass die Menschen
keinen Steuerberater brauchen, haben Sie den glor-
reichen Einfall gehabt, dass man die Kosten für den
Steuerberater nicht mehr als Sonderausgaben absetzen
kann. Diese Regelung kann man nur ablehnen.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D ie ist zynisch und ein Paradebeispiel für eine Politik, ie weit an dem vorbeigeht, was die Menschen in unseem Land brauchen und was sie von der Politik erwarten, ämlich ein Steuerrecht, das klar und verständlich ist, infach und nicht kompliziert. Was Sie hier auf den Weg ebracht haben, ist das Gegenteil dessen, was wir in der inanzpolitik in Deutschland gebrauchen können. Meine Damen und Herren, die FDP ist bereit, Sie bei iner Reformpolitik zu unterstützen. Wir sind bereit, uneren Beitrag zu leisten. Wir sind bereit, Subventionsabau mitzutragen. Es kann aber nicht angehen, dass Sie ich darauf beschränken, Subventionen abzuschaffen, nd die Reformen auf die Zukunft vertagen. Die Bauirtschaft hat keine Perspektive, wenn Sie sagen, dass ie Eigenheimzulage Ende 2005 gestrichen wird und berlegt wird, wie es im Jahr 2007 in diesem Bereich eitergeht. Es wird Ihnen sicherlich aufgefallen sein, ass zwölf Monate des Jahres 2006 dazwischen liegen. ür diese Zeit müssen Sie der Bauwirtschaft eine Antort geben. Das tun Sie heute nicht. Deswegen werden ie aus dieser Debatte nicht entlassen, ohne dass wir Ihen Hausaufgaben mitgeben: Sie müssen sich so schnell ie möglich der Entlastungsseite annehmen. Sie sind etzt gefordert; Sie müssen Ihre Gegenleistung erbrinen. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten das zu Recht on Ihnen; denn Sie haben es ihnen vor der Wahl verprochen. All Ihre Anstrengungen zum Subventionsabbau müsen von Maßnahmen begleitet werden, die Teil eines esamtkonzeptes sind. Wir fordern eine umfassende teuerreform, die den Menschen finanzielle Freiräume röffnet, anstatt sie weiter einzuengen, und die wirtchaftliche Kräfte freisetzt, statt sie zu beschränken. arüber hinaus fordern wir Bürokratieabbau. „Gemein am für Deutschland. Mit Mut und Menschlichkeit“ – ie FDP ist bereit, das zu unterstützen. Wir sind gepannt, wann Sie anfangen, Ihr Motto umzusetzen. Ich gebe das Wort dem Abgeordneten Otto Bernhardt, DU/CSU-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und erren! Jeder von uns muss sich zunächst in die neue olle einfinden. Ich habe mich sieben Jahre lang von iesem Rednerpult aus kritisch mit der Politik von Rotrün auseinander gesetzt und – in vielen Bereichen geeinsam mit der FDP – versucht, bessere Alternativen u formulieren. Seit 23 Jahren, Entschuldigung, seit 3 Tagen ilden wir nun eine große Koalition. Es zeigt sich schon ach diesen drei Wochen, wie gut wir zusammenarbeiten. ür mich ist erstaunlich, dass wir heute, nach 23 Tagen, 438 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 Otto Bernhardt schon drei grundlegende Gesetzentwürfe zur Steuerpolitik verabschieden können. Das ist ein Beweis dafür, dass die große Koalition auch und gerade in der Finanzpolitik handlungsfähig ist. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Mehr Beifall, Genossen!)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600803000
Otto Bernhardt (CDU):
Rede ID: ID1600803100

(Heiterkeit)


(A) )


(B) )


Sie wissen, dass die große Koalition bezogen auf die
Haushalts- und Finanzpolitik zwei Ziele gleichzeitig ver-
folgt. Das sage ich ganz bewusst zu Beginn meiner Aus-
führungen, bevor ich auf die Gesetzentwürfe im Einzel-
nen eingehe. Wir wollen gleichzeitig die öffentlichen
Finanzen nachhaltig stabilisieren und die Wachstums-
kräfte fördern. Sie von der FDP wissen natürlich genau,
dass heute der eine Teil verabschiedet wird und dass das
Bundeskabinett wahrscheinlich schon in der nächsten
Woche den zweiten Teil mit der Überschrift „Förderung
von Wachstum und Beschäftigung“ verabschieden wird;
denn selbstverständlich wollen wir beide Ziele gleichzei-
tig erreichen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Unser Problem ist – jetzt muss ich doch ein wenig kri-
tisch auf die linke Seite des Hauses schauen, auch wenn
ihr jetzt unsere Partner seid –: Die finanzielle Situation
Deutschlands ist deutlich schlechter, als die Mehrzahl
der Bevölkerung zur Kenntnis genommen hat.


(Beifall bei der FDP – Joachim Poß [SPD]: Weil Sie so lange blockiert haben, Herr Bernhardt!)


– Ich wage sogar die Aussage, dass es auch im Deut-
schen Bundestag noch manchen gibt – damit meine ich
jetzt nicht Sie, Herr Kollege Poß –, dem nicht klar ist,
wie die finanzielle Situation der öffentlichen Hand wirk-
lich ist.


(Beifall bei der CDU/CSU – Joachim Poß [SPD]: Das mag wohl sein!)


Wir werden in diesem Jahr zum vierten Mal das
Maastricht-Kriterium verletzen.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Und im nächsten Jahr zum fünften Mal!)


Es sieht nach 3,9 Prozent aus. Die 0,9 Prozentpunkte, die
wir über dem Oberwert liegen, bedeuten, dass wir das
Maastricht-Kriterium um mehr als 25 Prozent verfehlen.
Sie, Herr Thiele, haben völlig Recht, das wird auch im
nächsten Jahr der Fall sein. Schauen Sie sich die Zahlen
an: Im nächsten Jahr hätten wir, wenn wir nichts mach-
ten – wir handeln aber schon heute –, eine Haushalts-
lücke in der Größenordnung von 65 Milliarden Euro.
Allein um das Maastricht-Kriterium 2007 zu erfüllen
– darüber hinaus wollen wir aber auch die Anforderung
des Grundgesetzes, nicht mehr Schulden als Investitio-
nen, erfüllen –, müssen wir eine Lücke in der Größen-
ordnung von 30 Milliarden Euro überwinden. Das ist nur
möglich, wenn man auf der einen Seite Ausgaben senkt
– das wird aber keine 30 Milliarden Euro erbringen –
und auf der anderen Seite die Einnahmen erhöht. So ist
das nun einmal.

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(C (D Das, was wir heute verabschieden, dient natürlich usschließlich dem ersten Ziel: Stabilisierung der taatsfinanzen. Ich nenne Ihnen die Größenordnung: ie drei Gesetze werden im nächsten Jahr knapp Milliarde Euro mehr Steuereinnahmen bringen, im ahre 2007 rund 4 Milliarden Euro und in der gesamten egislaturperiode etwa 16 Milliarden Euro. Das ist ein ichtiger Beitrag. Wenn ich mir die drei Gesetze an chaue, stelle ich fest, dass wir mit dem ersten genau das achen, was alle gefordert haben: Subventionsabbau. Es ist eine Subvention, wenn im Rahmen von Soziallänen, die Großfirmen vorlegen, hervorragende Abfinungen gezahlt werden und die Steuervergünstigungen ozusagen von den kleinen Leuten finanziert werden. (Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch vor den 23 Tagen war das schon eine Subvention!)


s ist richtig, dass wir diese Subvention abschaffen. Ich
age sehr deutlich: Wir haben noch nie so großzügige
bergangsbestimmungen geschaffen wie dieses Mal. In
er Vergangenheit sind die Beträge oft reduziert worden,
ieses Mal werden sie – mit hervorragenden Übergangs-
egelungen – abgeschafft.

Was die Steuersparmodelle anbetrifft, die wir heute
emeinsam abschaffen wollen – ich finde es gut, dass
lle fünf Fraktionen mitmachen –, kann ich nur die Frage
tellen: Warum hat Rot-Grün das in den letzten sieben
ahren nicht gemacht? Von Ihnen höre ich dann die
rage: Warum ihr nicht in den 16 Jahren davor? Das
ringt nichts. Ich finde es gut, dass wir diese Modelle
eute gemeinsam abschaffen.

Es gab nur einen Streitpunkt, der uns Bauchweh be-
eitet hat. Das ist die Frage des Datums. Sie wissen, die
lte Regierung hatte die Absicht, am 10. November eine
ntscheidung zu treffen. Das hat nicht ganz funktioniert.
ie Entscheidung fiel dann am 24. November. Unter
em Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes spricht vieles
ür den 24. November; das ist mir völlig klar. Wir wollen
esetze – möglichst auch in Zukunft – nicht rückwir-
end in Kraft setzen. Nur, wen schützen wir damit? In
en 14 Tagen ist so viel Geld gezeichnet worden, dass
ie Steuerausfälle 500 Millionen Euro betragen. Das
ann man nicht verantworten. Wen schützen wir hier
irklich? Schauen Sie sich die Verträge an. Fast alle der-

enigen, die seit März gezeichnet haben, haben Rück-
rittsklauseln unterschrieben. Das heißt, sie treten jetzt
lle zurück. Sie haben, um es klar zu sagen, keinen Scha-
en.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


eshalb muss ich sagen: Angesichts der Tatsache, dass
ir alle gemeinsam solide Finanzen wollen, können wir

uf diese 500 Millionen Euro leider nicht verzichten.

Jetzt komme ich zu dem Thema Eigenheimzulage. In
er Tat: Ich habe die Eigenheimzulage von diesem Platz
us bestimmt ein halbes Dutzend Mal verteidigt. Auch
m Ausschuss habe ich sehr deutlich gesagt, dass es mir
icht leicht fällt, sie aufzugeben. Wir wollten mit der
bschaffung der Eigenheimzulage etwas völlig anderes

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 439


(A) )



(B) )


Otto Bernhardt
erreichen – da haben Sie völlig Recht –: Wir wollten die
enormen Mittel, die durch die Abschaffung dieses In-
struments frei werden, nutzen, um den Steuertarif insge-
samt zu senken. Nur – jetzt komme ich auf den Aus-
gangspunkt zurück –, angesichts der finanziellen
Situation haben wir leider keinen Spielraum.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber das wussten Sie doch vorher schon! – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war doch im letzten Jahr auch schon klar!)


Deshalb müssen die Einsparungen leider vollständig be-
nutzt werden, um den Haushalt zu sanieren.

Ich sage aber genauso deutlich: Wir haben mit der Ei-
genheimzulage zwei Ziele verfolgt. Beide geben wir
nicht auf. Das erste Ziel, das wir verfolgt haben, lautete:
möglichst viel Wohnungseigentum in Privatbesitz. Dies
geben wir nicht auf. Wir werden noch in diesem Jahr die
gesetzlichen Grundlagen schaffen. Im Koalitionsvertrag
steht, dass privates Wohneigentum in die geförderte pri-
vate Altersvorsorge einbezogen wird. Wir arbeiten be-
reits an entsprechenden gesetzlichen Überlegungen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Natürlich wissen auch wir, dass die Eigenheimzulage
manchen Mitnahmeeffekt hatte. Manches Haus wurde
nur aufgrund der Eigenheimzulage gebaut. Das wird
jetzt nicht mehr geschehen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Was die Abschaffung der Eigenheimzulage für die
Bauwirtschaft bedeutet, wissen wir alle. Ich erlaube mir
nur den Satz: Wir alle wissen, dass es der Bauwirtschaft
– vorsichtig ausgedrückt – nicht sehr gut geht. Deshalb
werden in dem Gesetz, das ich eben angekündigt habe,
umfangreiche Maßnahmen vorhanden sein, um die Alt-
bausanierung zu fördern. Das ist auch unter den Ge-
sichtspunkten Umweltschutz und Energiekostenerspar-
nis ein wichtiger Beitrag. Das werden wir, wie ich
vermute, im März oder April des kommenden Jahres
verabschieden.

Das heißt, dass die beiden Ziele, die wir mit der Ei-
genheimzulage verfolgt haben, im Mittelpunkt unserer
Überlegungen bleiben: Das Ziel mehr Wohnungseigen-
tum wird verfolgt über die Einbeziehung in die private
Altersvorsorge. Das Ziel Aufträge für die Bauwirtschaft
wird über eine verstärkte Förderung der Sanierung her-
beigeführt. Ich glaube, das ist ein wichtiger Beitrag.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


In den letzten drei Wochen haben wir im Finanzaus-
schuss – das sage ich sehr deutlich – bis an die Grenze
des Zumutbaren arbeiten müssen, damit wir heute ab-
stimmungsreife Gesetze vorlegen können.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh je!)



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(C (D Frau Kollegin Scheel, wahrscheinlich gab es früher eine Abstimmungen zwischen den Grünen und der PD. Ihr habt alles geschluckt, was sie vorgeschlagen aben. Jetzt sind die Partner aber gleich stark. Wir müsen uns abstimmen und das ist hervorragend gelungen. as war nicht einfach; wir mussten uns an das neue Sys em gewöhnen. Deshalb sage ich allen Mitgliedern des Finanzauschusses an dieser Stelle ein Dankeschön für ihre kontruktive Mitarbeit. Das richtet sich nicht nur an die Mitlieder der Regierungsfraktionen, sondern auch an die itglieder der drei anderen Fraktionen. In diesen Dank chließe ich ausdrücklich – denn sie mussten viel leisen – die Mitarbeiter des Sekretariats des Finanzauschusses ein. Auch mit Blick auf die Regierungsseite kann ich nur agen: Mit dem Ministerium haben wir hervorragend zuammengearbeitet. Ein Dankeschön geht daher auch an rau Dr. Hendricks; denn die Zusammenarbeit hat herorragend geklappt. In Zukunft müssen wir die Zeiten llerdings ein bisschen großzügiger ansetzen; denn die elastbarkeit von unabhängigen Abgeordneten ist berenzt. (Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh, gleich hole ich die Taschentücher heraus!)


Ich fasse zusammen: Mit unserem heutigen Pro-
ramm – indem wir also die drei vorliegenden Gesetz-
ntwürfe verabschieden – haben wir einen ersten wichti-
en Beitrag dazu geleistet, die Staatsfinanzen nachhaltig
u sichern. An dieser Stelle werden wir – ich vermute,
m März oder April – noch weitere Gesetzentwürfe ver-
bschieden, um auch Wachstum und Beschäftigung zu
ördern.

Lassen Sie mich abschließend feststellen: Mein Ein-
ruck ist – ein Blick in die Zeitungen beweist das –, dass
ich die Stimmung in Deutschland seit der Regierungs-
bernahme durch die große Koalition vor 23 Tagen
chon deutlich verbessert hat.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Oh ja! Vor allem bei der FDP!)


er Professor, bei dem ich Volkswirtschaftspolitik stu-
iert habe, Herr Schiller,


(Ortwin Runde [SPD]: Ach, Sie auch?)


at uns Studenten immer wieder gesagt, Wirtschaft ist zu
1 Prozent Psychologie. Lassen Sie uns also gemeinsam
afür sorgen, dass sich die Stimmung in Deutschland
uch in Zukunft verbessert! Dann geht es in Deutschland
eiter bergauf und wir schaffen mehr Wachstum und
ehr Beschäftigung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600803200

Ich gebe das Wort der Abgeordneten Dr. Barbara

öll, Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)


440 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



(B) )


Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1600803300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Bevor ich mich zu den einzelnen Gesetzentwürfen äu-
ßere, möchte ich Ihnen, Herr Bernhardt, sagen: Natürlich
ist es richtig, dass Wirtschaft sehr viel mit Psychologie
zu tun hat. Aber eine wesentliche Grundlage für die Auf-
arbeitung psychologischer Probleme und für die Herbei-
führung einer ordentlichen psychologischen Situation ist
sicherlich Ehrlichkeit. Deswegen muss ich betonen, dass
die Haushaltssituation, in der sich die öffentliche Hand
befindet, hausgemacht ist. Sie ist insbesondere durch die
rot-grüne Regierungspolitik der letzten sieben Jahre ent-
standen. Davor kann man nicht die Augen verschließen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Man muss feststellen: Seit dem Jahr 2000, also seit
fünf Jahren, konnten sich vor allem große Unternehmen
über massive Steuergeschenke freuen. Das kann und
möchte ich mit Zahlen belegen – denn es heißt immer
wieder, das sei nicht so gewesen –: Die tatsächliche
Steuerbelastung von Unternehmens- und Vermögens-
einkommen in der Bundesrepublik Deutschland ist in
den letzten fünf Jahren von durchschnittlich 29 Prozent
auf 20 Prozent – sprich: um 9 Prozentpunkte – gesun-
ken. Von 1998 bis 2004 stiegen die Unternehmens- und
Vermögenseinkommen spiegelbildlich dazu von 412 Mil-
liarden Euro auf 482 Milliarden Euro. Im gleichen
Zeitraum sank der Umfang der auf diese Einkommen ab-
geführten Steuern von 101 Milliarden Euro auf 96 Mil-
liarden Euro. Der Staat hat also auf Steuereinnahmen
verzichtet.

Auch der tatsächliche Steuersatz auf Einkommen von
Kapitalgesellschaften sank von 21 Prozent im Jahr 1998
auf 15 Prozent im Jahr 2004. Der reale Steuersatz auf
alle Unternehmens- und Vermögenseinkommen sank
ebenfalls: von 24 Prozent auf 20 Prozent. Überall Sen-
kungen, Senkungen, Senkungen. Bei denen, die es wirk-
lich haben, kommt dadurch natürlich mehr an.

Vergleicht man diese Entwicklung mit der Steuer-
belastung der Löhne der Arbeitnehmerinnen und Ar-
beitnehmer – es wird ja immer betont, dass Sie durch
Ihre Steuerreformen auch etwas für die kleinen Leute ge-
tan hätten –, so stellt man fest, dass auch diese zwischen
1998 und 2004 sank: um 1 Prozentpunkt. Das zeigt ein-
deutig die Schieflage, in der wir uns befinden.


(Beifall bei der LINKEN)


Herr Steinbrück hat in der Debatte über die Regie-
rungserklärung betont, dass er ein Einnahmeproblem
hat. Auch hier kann ich ihm nur zustimmen. Allerdings
sollte er die Lösung dieses Problems an der richtigen
Stelle angehen.


(Beifall bei der LINKEN)


Investitionen zu tätigen und Arbeitsplätze zu schaf-
fen, wurden die Gewinner der rot-grünen Politik – die
gewinnträchtigen Unternehmen und die Vermögenden –
immer aufgefordert. Doch sie haben es Ihnen nicht ganz
so gedankt, wie Sie es sich erhofft hatten. Dazu nur zwei
Hiobsbotschaften von dieser Woche – sie sprechen eine

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(C (D lare Sprache –: Die Telekom hat angekündigt, 2 000 Stellen abzubauen, und 1 700 Arbeitsplätze sind etroffen von der Schließung des Stammwerkes der EG; die Produktion soll nach Polen verlagert werden. Deutschland hat im Gegensatz zu den anderen EUtaaten gleich zweimal das Säckel über die Vermögenen ausgeschüttet: Einerseits wurden die Steuersätze rastisch gesenkt und zum anderen wurden die Möglicheiten zur Steuervermeidung in ihrer Vielfältigkeit sogar och erweitert. Das muss man sich wirklich auf der unge zergehen lassen: Sie haben dazu beigetragen, dass öllig neue Möglichkeiten entstanden sind, wie man anz legal Steuern sparen kann. Ich nenne nur drei Beipiele: Erstens. Die volle steuerliche Absetzbarkeit von ufwendungen trotz Steuerfreiheit entsprechender Er räge. Zweitens. Die Steuerfreiheit von Veräußerungsewinnen. Drittens. Die Verlustverrechnung in Organchaften. Drei Beispiele einer absolut widersinnigen olitik. Mit Ihren Taten haben Sie Ihre Worte Lügen gestraft. ie haben doch immer verkündet, Sie wollen die Steuerätze senken, aber gleichzeitig die Bemessungsgrundage verbreitern; so sollten gleichzeitig insgesamt mehr teuern eingenommen werden. In anderen europäischen ändern wurde eine solche Politik tatsächlich durchge ührt, mit der Folge, dass sich die reale Steuerbelastung on Unternehmensund Vermögenseinkommen sogar rhöht hat. Auch hierzu drei Beispiele: In Frankreich eröhte sich die effektive Steuerbelastung um 6 Prozentunkte, in Großbritannien um 3 Prozentpunkte, in Irland ogar um 10 Prozentpunkte. (Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber bei 12,5 Prozent Besteuerung von Unternehmen!)


(Beifall bei der LINKEN)


ber hier bei uns – nichts. Und im Gegensatz zu uns ha-
en es die anderen Länder auch noch geschafft, ihre Ar-
eitslosenquoten zu senken und tatsächlich mehr Men-
chen in Arbeit zu bringen. Auch das ist bei uns
ffenkundig fehlgeschlagen.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Verarmung der öffentlichen Hand, die man kon-
tatieren muss, führt natürlich dazu, dass man, wohin
an auch schaut, feststellen muss: Wir haben eine

norm angestiegene Staatsverschuldung, allein seit
990 um umgerechnet 500 Milliarden Euro. Wenn man
urch die Städte und Gemeinden geht, sieht man, dass
ie öffentliche Hand ihre Aufgaben offenkundig nicht
ehr so erfüllen kann, wie es nötig wäre. Schauen Sie

ich die Schulen an, etwa das Ostwald-Gymnasium in
eipzig – eine der besten Schulen deutschlandweit, mit
uch im internationalen Vergleich beachtlichen Ergeb-
issen –: Von außen sieht es aus wie kurz vor dem Zu-
ammenbrechen. Es geschieht nichts; die Kommunen
aben zu wenig Geld,


(Zuruf von der CDU/CSU: Woran liegt denn das?)


Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 441


(A) )



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Dr. Barbara Höll
auch dank der Steuerpolitik der rot-grünen Bundesregie-
rung.

Nun sagen Sie: den Haushalt sanieren, Investitionen
ankurbeln, das Steuerrecht vereinfachen, eine Steuer-
politik aus einem Guss. Wunderbar – wenn Sie es denn
so täten! Herr Pronold hat vorhin gesagt, was wir heute
verabschieden, sind zwei große und mehrere kleine
Schritte. Im Ausschuss war gestern von der Politik der
kleinen Schritte die Rede. Ich will mich hier nicht über
Formulierungen streiten; die sind mir eigentlich egal.
Wichtig ist, dass die Politik, die Sie machen, wenigstens
stringent sein sollte. Und sie muss sozial ausgewogen
sein. Einen geringeren Anspruch sollten wir an unsere
Politik nicht stellen.


(Beifall bei der LINKEN)


Da muss ich sagen: Gut, dass Sie endlich etwas gegen
die Steuerstundungs- und -sparmodelle unternehmen.
Auch wir sind natürlich dafür, dass diese Modelle ge-
schlossen werden. Die Zahl, die Herr Bernhardt nannte,
verdient es, wiederholt zu werden: Zwischen dem
11. November und dem 24. November 2005 wurden so
viele Fondsanteile gezeichnet, dass es zu Steuerausfällen
von 500 Millionen Euro kommen würde. Deshalb sind
wir auch dafür, dass das Gesetz entsprechend dem hier
vorliegenden Entwurf verabschiedet wird: mit Geltung
ab 11. November; anders geht es nicht. Ich möchte Sie
dazu allerdings noch fragen: Warum haben Sie über-
haupt so lange gewartet, diese Modelle zu schließen?

Ein nächster Punkt: Die Abschaffung der Eigenheim-
zulage. Sie ist richtig und wir als PDS tragen dies mit; es
steht auch in unserem Steuerkonzept.


(Florian Pronold [SPD]: Ich dachte, Sie sind Die Linke, nicht die PDS!)


– Entschuldigung, jetzt die Linkspartei bzw. Die Linke
im Bundestag. Wobei es richtig ist: Das Steuerkonzept
stammt noch von der PDS.

Wir als Linke im Bundestag tragen die Abschaffung
der Eigenheimzulage mit. Ich muss Sie aber trotzdem
kritisieren, weil auch diese Politik nicht stringent ist. Sie
wollen die Eigenheimzulage und die degressive Ab-
schreibung beim Mietwohnungsbau abschaffen. Diese
beiden Maßnahmen sind der Bauwirtschaft nicht gerade
zuträglich.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Gleichzeitig wollen Sie privates Wohneigentum im Jahr
darauf, im Jahr 2007, stärker in die private Altersvor-
sorge einbeziehen. Leider liegt ein Jahr dazwischen.

Ich glaube, es ist wichtig, dass man ein Zeichen setzt
und beim notwendigen Städteumbau wirklich etwas tut:
generationenübergreifend, kinderfreundlich, altersge-
recht und barrierefrei. Das vermisse ich.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir schlagen deshalb vor – dabei sind wir gar nicht so
originell; wir greifen auf Ihren Vorschlag aus dem Ent-
wurf eines Haushaltssanierungsgesetzes 2004 zurück –:
Verwenden Sie wenigstens einen Teil der Mittel für ein

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(C (D ielgerichtetes Städteumbauprogramm – ich schlage ein rittel vor –, sodass wir auch die Sicherheit haben, dass as eingesparte Geld nicht einfach zum Stopfen von aushaltslöchern genutzt wird. Lassen Sie mich zu einem weiteren großen Vorhaben m Rahmen dieser Gesetze kommen, und zwar zur Streihung der steuerlichen Freibeträge bei Abfindungen. ine solche Streichung ist alles andere als gerecht. ch möchte mit Ihnen nicht über die großen Abfindungen iskutieren. Aber haben Sie sich einmal ausgerechnet, as das für eine Verkäuferin bedeutet? Ich mache es Ihen gerne einmal deutlich: Eine Verkäuferin bezahlt hne Solizuschlag und ohne Kirchensteuer 4 680 Euro teuern im Jahr bei einem Bruttojahreseinkommen von 6 400 Euro, das heißt 2 200 Euro monatlich. Wird sie ntlassen, bekommt sie drei Monatsgehälter Abfindung, lso 6 600 Euro, auf die sie nach der derzeitigen Regeung keine Steuern zahlen müsste. Wenn Sie die Steuerreiheit streichen und diese Einkünfte zukünftig besteurn, dann bedeutet das, dass die Verkäuferin 2 000 Euro on ihrer Abfindung verliert. Das, denke ich, ist nicht ielführend. ch weiß, dass eine Übergangsregelung vorgesehen ist. rotzdem ist das ungerecht. Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen piller? Ja. Bitte. Frau Kollegin Dr. Höll, Sie haben uns einen schriftli hen Änderungsantrag vorgelegt. Wären Sie so gut, dem ause zu erklären, wie Sie sich das Verfahren vorstellen nd wie Sie das mit dem Grundgesetz in Übereinstimung bringen wollen, wenn Sie uns bitten: Der Bundestag wolle beschließen: Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD … zu ändern: Wie ist das mit dem Parlamentarismus vereinbar? (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das ist die alte Denke!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600803400
Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1600803500
Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600803600
Jörg-Otto Spiller (SPD):
Rede ID: ID1600803700


Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1600803800

Herr Spiller, darüber haben wir doch schon gestern im

usschuss diskutiert. Ich habe Ihnen erklärt, dass das ein
ehler ist und dass wir das korrigiert haben. Wenn das
ei Ihnen noch nicht angekommen ist, dann tut mir das
eid. Ihnen ging es gerade aber nicht um den Inhalt. Sie

442 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


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Dr. Barbara Höll
wollen nur vom Thema ablenken. Es bleibt dabei: Sie
wollen die Steuerfreiheit von Abfindungen streichen.
Das ist sozial ungerecht.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Sie wollen den Bundestag streichen! – Weiterer Zuruf des Abg. Lothar Binding [Heidelberg] [SPD])


– Die Rechnung ist richtig. Das wissen Sie, Herr
Binding.

Ich möchte positiv anmerken, dass Sie wenigstens für
die Soldatinnen und Soldaten eine kleine Übergangsfrist
geschaffen haben. Dieser haben wir im Ausschuss zuge-
stimmt. Insgesamt ist das, was Sie hier vorlegen, aber
sehr mangelhaft. Das wird Ihre Probleme nicht lösen.

Des Weiteren haben Sie vor, dass Steuerberatungs-
kosten steuerlich nicht mehr geltend gemacht werden
können. Die Möglichkeit, Steuerberatungskosten abzu-
setzen, wollen Sie allerdings nicht ganz abschaffen, son-
dern nur für den Bereich der privaten Aufwendungen;
das gilt letztendlich also nur für die Anlage K. In der
Anhörung wurde Ihnen dazu selbst vom Vorsitzenden
der Deutschen Steuergewerkschaft gesagt, dadurch
würde quasi die ganze Soße teurer als das Fleisch, das
darin ist. Das würde dazu führen – ich nenne das einmal
zivilen Gehorsam –, dass Menschen, weil sie die Steuer-
beratungskosten nicht mehr absetzen und sich diese
nicht mehr leisten können, ins Finanzamt gehen – nicht
nur einer, sondern hundert, wahrscheinlich aber tausend
oder zehntausend – und sich, wie es ihr Recht ist, im
Finanzamt beraten lassen. Das wird uns viel teurer kom-
men.

Herr Steinbrück, ich fordere Sie auf, Ihre Politik kon-
sequent zu gestalten. Stärken Sie die Einnahmeseite mit
Maßnahmen, die wir Ihnen als Linke im Bundestag vor-
geschlagen haben, nämlich durch die Wiedereinführung
der Vermögensteuer, durch die Reform der Erbschaft-
steuer oder durch die Einführung einer Börsenumsatz-
steuer, sodass der Staat mehr Geld einnimmt.


(Florian Pronold [SPD]: Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass Oskar Lafontaine das damals blockiert hat?)


Es gibt eine ganze Reihe von Maßnahmen, die Sie wirk-
lich umsetzen könnten, wozu Sie aber Mut brauchen.
Bringen Sie diesen Mut auf und machen Sie eine sozial
gerechte Finanz- und Steuerpolitik!

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600803900

Das Wort hat die Abgeordnete Kerstin Andreae,

Bündnis 90/Die Grünen.


Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600804000

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Herr Bernhardt, ich finde es enorm, dass Sie
schon nach 23 Tagen Konditionsschwäche zeigen. Die
Gesetze, die hier vorgelegt werden – es geht um die Ei-

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(C (D enheimzulage und die Abschaffung der Fonds –, haben icht Sie erfunden. Über diese Gesetze ist schon vor eiiger Zeit – schon vor den Neuwahlen und vor der groen Koalition – diskutiert worden. Sie hatten genügend eit, sich damit auseinander zu setzen. Jetzt bedauern ie, dass Sie das nicht getan haben. In diesen 23 Tagen haben Sie auf einmal gemerkt, wie ie Situation eigentlich ist und dass es vielleicht doch otwendig ist, eine derart hohe Subvention wie die Eienheimzulage abzuschaffen, ohne auf andere Steuereinahmen zu verzichten. Das finde ich schon ein starkes tück. Hier zeigen Sie Konditionsschwäche. Ich bin gepannt, wie es hier in den nächsten Jahren weitergeht. Natürlich wird die Abschaffung der Eigenheimzuage von uns begrüßt. Das haben wir immer gesagt. Die bschaffung der Eigenheimzulage ist richtig. Sie führt u Fehlallokationen auf dem Wohnungsmarkt. Als die igenheimzulage eingeführt wurde, herrschte Wohungsnot. Diese Situation haben wir heute nicht mehr. ie Bauzinsen sind auf einem anhaltend niedrigen Nieau. Insofern ist es richtig, diese Subvention jetzt abzuchaffen. Es gab ja viele Anläufe. Dies ist der dritte Anlauf und etzt springen Sie endlich. Im Jahr 2003 haben wir sogar och überlegt, im Rahmen des Steuervergünstigungsabaugesetzes – dieses Gesetz haben Sie übrigens nur mit ehr spitzen Fingern angefasst – die Eigenheimzulage eu zu fassen und mit einer Kinderkomponente zu verseen. Diesen Vorschlag finde ich im Übrigen gar nicht alsch. Sie haben das weit von sich gewiesen. Aus Ihren eihen kam damals die Rechnung, dass man dann 3 Kinder bekommen müsse, um die gleiche Eigenheimulage zu erhalten wie vorher. Ich bin ganz froh, dass das en Frauen erspart bleibt. (Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


nsgesamt muss ich aber schon sagen, dass Sie sehr spät
insicht gezeigt haben, dass es richtig ist, diese Subven-

ion abzubauen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es war auch in hohem Maße unverantwortlich. Sie
aben die Haushaltssituation zu Recht und mit Verve be-
lagt. Wir alle wissen, dass die Haushaltssituation prekär
st. Über Jahre hinweg haben Sie jedes Jahr verhindert,
ass wir weniger Ausgaben durch die Abschaffung die-
er Subvention haben. Das war unverantwortlich. Also
och einmal: Es ist eine gute Einsicht, die Sie jetzt end-
ich haben, sie kommt aber sehr spät.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Richtig ist: Wir müssen Regelungen finden, um das
ohneigentum in die geförderte Rente zu integrieren.
ir sollten uns nicht viel Zeit dabei lassen. Sie haben

as angekündigt. Wir sind sehr gespannt, was da kommt.

Zweites Thema, das steuerliche Sofortprogramm. Ich
ätte die Union in ihren Oppositionszeiten einmal erle-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 443


(A) )



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Kerstin Andreae
ben wollen, wie sie diesen Titel kommentiert hätte,
wenn man ein steuerliches Sofortprogramm mit fünf,
sechs Einzelmaßnahmen, mit denen Mehreinnahmen
von 1,2 Milliarden Euro verbunden sind, ganz groß an-
gekündigt hätte. Die Hälfte dieser Mehreinnahmen von
1,2 Milliarden Euro, also 600 Millionen Euro, soll durch
die Abschaffung des Sonderausgabenabzugs für eine
Steuerberatertätigkeit erzielt werden. Das ist der
Grund, weshalb wir diesem Gesetz nicht zustimmen
werden. Wir halten es nämlich für fatal, dass Sie diese
600 Millionen Euro in dem Finanztableau als Einnah-
men anführen, die wir über diesen Sonderausgabenab-
zug erzielen.


(Florian Pronold [SPD]: Zu wenig! Wir kriegen mehr!)


Sie wissen ganz genau, was passiert: Die Erstellung des
Mantelbogens und der „Anlage Kinder“ werden nicht
mehr abzugsfähig sein. Alles andere bleibt abzugsfähig.


(Florian Pronold [SPD]: Was ist mit der Schenkungsteuererklärung?)


Sie wissen ganz genau, dass sich die Steuerberater bei
einer Situation wie dieser normalerweise melden, auf
den Putz hauen und sagen: Hier ist der ganze Berufs-
stand bedroht, hier passiert Dramatisches mit den Ar-
beitsplätzen. – Sie haben gestern im Finanzausschuss ge-
sagt, dass man nicht mehr so viele Briefe bekomme,
wenn man in der Opposition sei. Ich glaube, das ist nicht
der Fall. Ich bin mir ganz sicher, dass Sie genau wissen,
dass diese Berechnung falsch ist, dass die Steuerberater
in der Lage sein werden, dies mit zwei Rechnungen, die
sie dann erstellen müssen, zu umgehen. Und – das haben
Sie gestern in der Sitzung des Finanzausschusses ja so-
gar angekündigt – Sie wollen einen Teil der Maßnahmen
im nächsten Jahr sofort wieder rückgängig machen,
wenn es um die steuerliche Absetzbarkeit bei Minijobs
geht. Für diejenigen, die in die Kinderbetreuung inves-
tieren und quasi als Arbeitgeber auftreten, werden Sie
das wieder rückgängig machen. Das heißt, Sie schlagen
eine Maßnahme vor und kündigen schon jetzt an, sie in
einem halben Jahr zum Teil wieder zurückzunehmen.
Unter dem Gesichtspunkt der Effizienz lehnen wir das
ab. Wir halten das für einen falschen Schritt. Nicht jede
Abschaffung im Steuerrecht bedeutet eine Vereinfa-
chung. Deswegen wenden wir uns gegen diese Maß-
nahme und können diesem Gesetz nicht zustimmen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte noch etwas zu den Fonds sagen. Grund-
sätzlich stimmen wir diesem Gesetz und damit der Ein-
schränkung der Verlustverrechnung zu, haben aber ein
deutliches Problem mit der Stichtagsregelung; darauf
wird Frau Scheel nachher noch eingehen.


(Florian Pronold [SPD]: Sie hat es nicht verstanden!)


Bei den erneuerbaren Energien haben Sie im Koali-
tionsvertrag ein hohes Ziel vereinbart. Sie wollen den
Anteil der erneuerbaren Energien auf 20 Prozent erhö-
hen. Wir hätten da weiter gehen können, aber bis 2020
einen Anteil an erneuerbaren Energien von 20 Prozent

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(C (D u erreichen, ist ein richtiges Ziel. Man muss dann aber uch die probaten Mittel zur Förderung der erneuerbaren nergien einführen. Wenn Sie jetzt aus unterschiedlihen Gründen die Verlustverrechnung auch für Fonds on erneuerbaren Energien abschaffen wollen, sollten ie gleichzeitig überlegen, welche Möglichkeiten Sie aben, Anschubfinanzierungen im Bereich erneuerbarer nergien zu gewährleisten, damit Sie dieses richtige iel, das Sie im Koalitionsvertrag angekündigt haben, inhalten können. Ich wehre mich für die grüne Fraktion ganz deutlich egen den Vorwurf, dass wir Klientelpolitik betreiben. ir machen Zukunftspolitik, weil es richtig ist, erneuer are Energien zu fördern. Ich hoffe, dass Sie bei diesem ukunftsthema „Weg vom Öl und hin zu erneuerbaren nergien“ noch Vorschläge unterbreiten, wie wir das er eichen können. Ich bin gespannt, welche Vorschläge Sie ns dazu machen werden. Zusammenfassend möchte ich sagen: Sie haben eine olitik der kleinen Schritte angekündigt. Dieser Ankünigung werden Sie mit dem vorliegenden Gesetz geecht. Damit machen Sie wirklich kleine Schritte. Ich offe, dass Ihre Schritte in der nächsten Zeit ein bisschen rößer werden. Vielen Dank. Das Wort hat der Bundesminister der Finanzen, Peer teinbrück. Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und erren! Herr Wissing, natürlich ist es in einer parlamenarischen Debatte erlaubt, rhetorisch eine Art Pappkameaden aufzubauen und dann mit dem gesamten Waffenrsenal von Sir Lancelot auf dem Turnierplatz gegen iesen Pappkameraden anzutreten. Ich will damit sagen: iemand von der Koalition oder der Bundesregierung at behauptet, dass mit den drei Gesetzesvorhaben, die eute zur Abstimmung stehen, das umfassende Konzept er Koalition oder der Bundesregierung vorliegt. Nieand hat mit Blick auf das steuerliche Sofortprogramm, ie Beschränkung der Verlustverrechnung bei den Steursparmodellen oder der Abschaffung der Eigenheimzuage davon gesprochen. Sie haben da einen Popanz aufebaut, um anschließend darauf einzuschlagen. Selbstverständlich hat sich diese Bundesregierung orgenommen, schon in den nächsten Wochen – spätesens am 9. Januar, dem Datum der ersten Kabinettssitung im neuen Jahr, gegebenenfalls auch früher – die rsten steuerlichen Fördertatbestände zu verabschieden, ie Herr Bernhardt zutreffend dargestellt hat, zum Bei piel um die Liquidität der Wirtschaft zu verbessern, um Beispiel um im Bereich der Betreuungskosten voanzukommen, auch mit Blick auf die Stärkung der priaten Haushalte als Arbeitgeber. Wir werden im Zusammenhang mit dieser Kabinettsitzung eine Vorlage verabschieden, bei der es um die 444 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 Bundesminister Peer Steinbrück Aufstockung des Programms für die energetische Gebäudesanierung geht, zu dem mir bereits jetzt sehr positive Stellungnahmen vorliegen, zum Beispiel vom Handwerk und der Bauwirtschaft. Selbstverständlich stehen wir auch zu der Koalitionsvereinbarung, dass das Wohneigentum mit Blick auf die Abschaffung der Eigenheimzulage in die Riester-Rente integriert wird. Insofern stehen die Positionen der großen Koalition fest. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ist schön, dass dies die SPD jetzt auch will! Wir wollten das in der letzten Legislaturperiode auch schon!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600804100
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1600804200

(A) )


(B) )


– Es gibt ja keine Erkenntnisblockade für die SPD, Frau
Scheel.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Weiter so!)


Selbstredend stehen wir zu der Ankündigung, auch
eine große Unternehmensteuerreform zu verabschie-
den, bei der allerdings Solidität und Präzision sehr wich-
tig sind. Bei so etwas schießt man nicht aus der Hüfte.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: 2008!)


– Ja, 2008. Entschuldigen Sie, Sie wissen doch, dass der
Sachverständigenrat sein Gutachten erst im Januar oder
Februar vorlegen wird und dass wir auch von der Stif-
tung Marktwirtschaft Erkenntnisse brauchen. Das heißt,
wenn Sie von der Regierung fordern, bis zum
1. Januar 2007 ein Gesetz vorzulegen, dann müsste die
Regierung mit einem so weit reichenden Vorhaben in ei-
nem halben Jahr fertig sein. Sie wissen, dass das nicht
funktionieren wird. Wir reden in Wirklichkeit über einen
Systemwechsel in der Unternehmensbesteuerung in der
Bundesrepublik Deutschland. So etwas schüttelt man
nicht einfach aus dem Ärmel – auch um Ihrer Kritik zu
entgehen, dass dieses Vorhaben nicht gelungen sei oder
einer Nachbesserung bedürfe.

Wir haben uns eine Menge vorgenommen. Ich glaube,
dass die Einleitung dieser Schritte richtig ist, und ich bin
sehr dankbar, dass uns die beiden Koalitionspartner auch
in den Ausschussberatungen – insbesondere im Finanz-
ausschuss – so behilflich gewesen sind.

Ich habe Ihre Hinweise zum Thema Steuerberater
nicht ganz verstanden, Frau Höll. Mir ist bis jetzt entgan-
gen, dass ausgerechnet Ihre Wählerklientel in so starkem
Maße Steuerberater in Anspruch nimmt. Denn ich gehe
davon aus, dass die große Masse der Lohnsteuerzahler
nicht unbedingt die Klientel der Steuerberater stellt; sie
ist nämlich heute schon in der Lage, ihre Lohnsteuerer-
klärung auf einem Blatt Papier abzugeben, und zwar
nach Lage der Dinge bei den Serviceagenturen der Fi-
nanzämter. Das ist zudem kostenlos, was Sie in diesem
Zusammenhang leider verschwiegen haben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Was die Frage von Frau Andreae nach den 600 Mil-
lionen Euro angeht, so hat es zwar darüber eine Debatte

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(C (D egeben, aber wir haben uns dabei insbesondere die Beechnungen des Freistaats Bayern und des Landes Nordhein-Westfalen zu Eigen gemacht. Wir wissen, dass es erhaltensweisen geben wird, durch die einiges in dem pannungsbogen zwischen der Anrechnung von Werungskosten und Sonderausgaben infrage gestellt wird. ber wir haben keinen Grund, die Berechnungen der eiden Bundesländer infrage zu stellen. Bei vielen der haushaltsund finanzpolitischen Hineise aus den Reihen der FDP ist mir eines nicht richtig lar geworden, Herr Wissing. Wenn Sie die Senkung der ettokreditaufnahme und der Steuersätze fordern, leichzeitig aber eine große Zurückhaltung hinsichtlich er Abschaffung von Steuervergünstigungen an den Tag egen – ich drücke mich dabei höflich aus –, ist mir nicht lar, wie Sie den Haushalt sanieren wollen, ohne massiv n Leistungsgesetze einzugreifen. Das wird Ihnen nicht elingen. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Dr. Volker Wissing [FDP]: Da ist unser Konzept besser als Ihr Vorhaben!)


Die FDP verschweigt dem Publikum bzw. den Bürge-
innen und Bürgern, in welchem Ausmaß sie in der Lage
st oder es für notwendig ansieht, Eingriffe in Leis-
ungsgesetze in einem Ausmaß vorzunehmen, das spie-
end zweistellige Milliardensummen erreicht. Außerdem
erschweigen Sie dem Publikum, inwieweit sich diese
ingriffe auch auf volkswirtschaftliche Parameter bzw.
uf Wachstum und Beschäftigung auswirken.


(Zuruf des Abg. Otto Fricke [FDP])


Ich wiederhole, was ich im Ausschuss gesagt habe,
err Fricke. Wenn Sie mir sagen, wir dürften die Mehr-
ertsteuer nicht erhöhen, wodurch dem Bund – von den
ändern und Kommunen rede ich in diesem Zusammen-
ang gar nicht – 10 Milliarden Euro fehlen, und als Ge-
envorschlag gefordert wird, den Zuschuss zur Renten-
ersicherung um 8 Milliarden Euro zu kürzen, dann läuft
as auf eine 4- bis 5-prozentige Realkürzung der Renten
inaus. Da die Rentner keine hohe Sparquote haben,
irkt sich das auf den Konsum und damit ebenfalls auf
olkswirtschaftliche Parameter aus, wie es auf umge-
ehrtem Weg in einer volkswirtschaftlichen Gesamt-
echnung bei anderen Stellschrauben auch der Fall ist.
ei Ihrer Argumentation legen Sie das nicht offen.

Sie werden diesen freidemokratischen Dreisatz meines
rachtens nicht widerspruchsfrei hinbekommen, wenn
ie weitere Steuersenkungen und die Reduzierung der
euverschuldung – darin sind wir uns übrigens einig –

ordern. Bei Ihnen schwingt auch immer eine Kritik an
em Abbau von in meinen Augen volkswirtschaftlich
berholten Steuersubventionen mit. Aber Sie verschwei-
en, welches haushalts- und finanzpolitisches Konzept
ahintersteht. Das wird nicht deutlich.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Dr. Volker Wissing [FDP]: Umgekehrt: Sie werden es nicht hinkriegen, weil Sie es nicht wollen!)


Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 445


(A) )



(B) )


Bundesminister Peer Steinbrück
Ich will zum Bundeshaushalt und darüber hinaus auch
zu den anderen Haushalten der Gebietskörperschaften in
der Bundesrepublik Deutschland noch einmal deutlich
festhalten, dass wir uns nicht aus den Defiziten heraus-
sparen werden können. Das wird nicht erfolgreich sein.
Wir werden vielmehr die Defizite in der Bundesrepublik
Deutschland nur dann reduzieren können, wenn wir
mehr Wachstumsförderung betreiben, den Arbeitsmarkt
stabilisieren, die Sozialversicherungssysteme robuster ge-
gen die Konjunkturausschläge wie auch gegen die Ero-
sion sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsver-
hältnisse machen und auch mehr Einnahmen generieren.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600804300

Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischen-

frage des Abgeordneten Fricke?


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1600804400

Bitte sehr, Herr Fricke.


Otto Fricke (FDP):
Rede ID: ID1600804500

Herr Bundesminister, wenn ich Sie richtig verstanden

habe, haben Sie eben kritisiert, dass die FDP keine Vor-
schläge zu den Einsparungen in den Sozialsystemen ma-
che. Darf ich Sie als Mitglied der Regierung fragen, ob
Sie damit sagen wollen, dass die Regierung bei den steu-
erlichen Leistungen, die in die Sozialsysteme fließen,
keinerlei Einschnitte plant, weder bei den Krankenkas-
sen noch bei der Rentenversicherung?1)

Deshalb ist dieser großen Koalition sehr daran gele-
gen, den Zweiklang aufrechtzuerhalten, also beides zu
tun: auf der einen Seite Impulse zu geben und Wachs-
tumsförderung zu betreiben und auf der anderen Seite
die notwendige Haushaltskonsolidierung voranzutrei-
ben. Die Bundesregierung und die sie tragenden Koali-
tionsfraktionen haben ihren Worten umgehend erste Ta-
ten folgen lassen. Das setzt Signale. Aber ich füge hinzu:
Das ist erst der Anfang. Wir haben noch eine ganze Le-
gislaturperiode vor uns.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600804600

Das Wort hat der Abgeordnete Frank Schäffler, FDP-

Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Frank Schäffler (FDP):
Rede ID: ID1600804700

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

legen! Wenn wir heute über drei Gesetzentwürfe von
Union und SPD entscheiden, dann sollten wir nicht ver-
gessen, dass diese Gesetzentwürfe das erste Aushänge-
schild der Koalition sind. Rund 100 Tage nach der vor-
gezogenen Bundestagswahl ist das Ihr Lackmustest.
Dabei wollen wir von der FDP als größte Oppositions-
fraktion in diesem Haus


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l1) Siehe Berichtigung Stenografischer Bericht 10. Sitzung, Anlage 2

(C (D (Zuruf von der LINKEN: Allergrößte! – Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber nicht die erste! – Zuruf des Abg. Florian Pronold [SPD])


wir nähern uns an, Sie von oben, wir von unten – keine
undamentalpositionen einnehmen. Vielmehr unterstüt-
en wir Sie dort, wo es sinnvoll ist, kritisieren Sie aber
uch dort, wo es uns notwendig erscheint.

Ich will mit den Maßnahmen beginnen, die wir unter-
tützen. Zu einer notwendigen Konsolidierung der
ffentlichen Haushalte gehört, Subventionen abzu-
auen und eine unerwünschte Gestaltung des Steuer-
echts zu beseitigen. An einem einfacheren und gerech-
eren Steuerrecht mit niedrigeren Sätzen führt dennoch
ein Weg vorbei.


(Beifall bei der FDP – Zuruf von der SPD: Viele Sprechblasen!)


rotzdem sagen wir Ja zur Abschaffung der Eigen-
eimzulage. Mein Kollege Dr. Wissing hat dies gerade
egründet. Wir sagen ebenfalls Ja zur Einschränkung
on so genannten Steuerstundungsmodellen. Auch
enn wir systematisch einige Probleme mit diesem Ge-

etz haben und bezweifeln, dass die gewünschten
ffekte tatsächlich eintreten, wollen wir zustimmen.


(Beifall bei der FDP)


Steuerpolitik basiert jedoch auf dem Vertrauen der
ürgerinnen und Bürger sowie der Unternehmen in die-

em Land. Verlässlichkeit ist daher ein hohes Gut. Die
ückwirkende Einschränkung von Investitionen in
onds zum 10. November dieses Jahres ist daher ein
chlimmer Präzedenzfall.


(Zuruf von der FDP: Genau! – Sehr richtig!)


Bürger können künftig nicht mehr die Gewähr haben,
ass ihre Investitionen in ein verlässliches steuerpoliti-
ches Umfeld gestellt werden. Dabei hat die Experten-
nhörung in der vergangenen Woche entgegen den Äu-
erungen des Finanzministers eindeutig ergeben, dass
ereits am 10. November dieses Jahres alle wesentlichen
onds platziert waren. Daher verstehe ich nicht, wieso
ich Herr Dr. Meister – er ist nicht anwesend – in seiner
raktion nicht durchgesetzt hat. In der letzten Woche hat
r an dieser Stelle noch gesagt:

Zu den Steuersparfonds will ich nur sagen: Mir
liegt im Sinne der Vertrauensbildung daran, dass
wir an dieser Stelle versuchen, soweit als möglich
auf rückwirkendes In-Kraft-Treten zu verzichten …


(Beifall bei der FDP – Zuruf von der SPD: Ja, 10. November! Ist doch so!)


tto Bernhardt, der Fraktionskollege von Herrn
r. Meister, zollte ihm noch Beifall in der Debatte. Im
usschuss selbst hat er allerdings das Anliegen von
errn Meister sehr zurückhaltend bzw. gar nicht unter-

tützt.

Man sollte auch mit dem Entwurf eines Gesetzes zur
eschränkung der Verlustverrechnung nicht das Kind
it dem Bade ausschütten. Das Steuerrecht in Deutsch-

and ist unsäglich kompliziert. Dieser Gesetzentwurf

446 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


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Frank Schäffler
verkompliziert es zusätzlich. Er schafft nicht nur einen
zusätzlichen § 15 b des Einkommensteuergesetzes, der
allein über eine DIN-A-4-Seite lang ist, sondern wider-
spricht gleichzeitig auch wichtigen anderen Regelungen
im Gesetz.


(Beifall bei der FDP)


So konterkariert er die Wirkung der Denkmalförderung
nach §§ 7 i und 7 h EStG bei Gebäuden in Sanierungsge-
bieten. Dies ist insbesondere deshalb bedenklich, weil
sich gleichzeitig Länder und Kommunen aus der Förde-
rung des Denkmalschutzes zunehmend zurückziehen
müssen.

Da Sie auch noch die degressive AfA abschaffen
wollen, müssen Sie sich schon fragen lassen, woher neue
Arbeitsplätze in diesem Land kommen sollen.


(Beifall bei der FDP)


Anders als in Ihrer Begründung für Ihren Entwurf ei-
nes Gesetzes zum Einstieg in ein steuerliches Sofortpro-
gramm dargestellt, ist gerade die degressive AfA keine
Subvention, sondern spiegelt den Werteverzehr eines
Immobilienneubaus wider, der am Anfang etwas höher
und später niedriger ist. Mit Ihrem Entwurf zum Einstieg
in ein steuerliches Sofortprogramm sollten Sie aufpas-
sen, dass Ihr Einstieg nicht zum Ausstieg in die Arbeits-
losigkeit führt.

Vielen Dank.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600804800

Herr Abgeordneter Schäffler, das war Ihre erste Rede.

Dazu gratuliert Ihnen das ganze Haus und wünscht alles
Gute für die parlamentarische Arbeit.


(Beifall)


Es hat jetzt der Abgeordnete Leo Dautzenberg von
der CDU/CSU-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Leo Dautzenberg (CDU):
Rede ID: ID1600804900

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Die Finanzpolitik der
16. Legislaturperiode steht vor zwei gleichermaßen be-
deutsamen Herausforderungen. Auf der einen Seite steht
die nachhaltige Konsolidierung der Staatsfinanzen,
auf der anderen Seite die zukunftsorientierte Gestal-
tung des Steuersystems. Dazu gehören auch die Redu-
zierung von Steuergestaltungen sowie der Abbau von
Steuersparmodellen. Zu beiden Aufgaben leistet der
heute hier zur Abstimmung stehende Gesetzentwurf zur
Beschränkung der Verlustverrechnung im Zusammen-
hang mit Steuerstundungsmodellen einen wertvollen
Beitrag.

Bereits in ihrem Wahlprogramm hat die Union ange-
kündigt, die lukrativen Verlustverrechnungsmöglich-
keiten bei Modellen wie Medien- und Windkraftfonds
abzuschaffen und damit auch das Steuerrecht zu verein-
fachen und gerechter zu gestalten. Dieses Ziel wird mit
dem vorliegenden Gesetzentwurf erreicht. Er sieht vor,
dass die Verluste im Zusammenhang mit so genannten

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(C (D teuerstundungsmodellen nur noch mit späteren positien Einkünften aus derselben Einkunftsquelle verrechet werden dürfen. Ordnungspolitisch trägt das Gesetz amit dazu bei, Fehlallokationen am Kapitalmarkt zu inimieren. Künftig wird die Investition am Kapitalarkt wieder verstärkt wegen des Vertrauens auf eine usreichende Rendite getätigt und nicht mehr, wie bei en Steuerstundungsmodellen heute oftmals, aufgrund es damit verbundenen steuerlichen Vorteils. Durch Beschränkung der Verlustverrechnung wird amit erstens ein Anreiz zu mehr Rentabilität gesetzt nd zweitens die Förderung fragwürdiger Steuersparmoelle beendet. Ich betone ausdrücklich, dass damit ledigich die Förderung fragwürdiger Steuersparmodelle eendet wird. Wie Sie wissen, gab es in der Sachverstänigenanhörung in der vergangenen Woche auch kritische timmen zu der Frage, ob das Gesetz womöglich zu weit efasst sei und Investitionen betreffen könnte, deren örderung weiterhin sinnvoll ist. Die Begründung zum esetz verschafft hier positive Klarheit. Dort heißt es ämlich wörtlich: Nicht betroffen von der Verlustverrechnungsbeschränkung sind solche Fonds, die nicht primär darauf angelegt sind, ihren Anlegern einen Verlust zuzuweisen … Hier sind in erster Linie die vermögensverwaltenden Venture Capital und Private Equity Fonds zu nennen. arüber hinaus stellt der Gesetzentwurf in seiner Beründung auch sicher, dass auch diejenigen Bauträgergeellschaften von der Regelung nicht betroffen sind, in enen ein Bauträger ein Objekt im Sanierungsgebiet der ein Denkmal saniert. (Beifall bei der CDU/CSU – Eduard Oswald [CDU/CSU]: So ist es! Eine wichtige Klarstellung!)


Wir haben ausdrücklich darauf bestanden, dass diese
egründung in den Bericht des Ausschusses hinein-
ommt, damit sie Beschlusslage dieses Hauses wird und
ls Grundlage dienen kann, wenn es zukünftig zu Ausle-
ungsproblemen und Abgrenzungsproblemen kommen
ollte. Daher war es wichtig, dass der Finanzausschuss
erade dies im Protokoll der gestrigen Sitzung explizit
estgehalten hat.

Ausgenommen von der Regelung zur Beschränkung
er Verlustverrechnung sind zudem Verluste, die bei der
onzeption eines Modells nicht abzusehen waren, wie
eispielsweise unerwarteter Mietausfall, Verlust oder
eschädigung des Anlageobjektes.

Was die Abgrenzung angeht, ist klar, dass dies dieje-
igen Projekte sind, die weiterhin nicht negativ erfasst
erden. Diese Klarstellungen in der Gesetzesbegrün-
ung sind für die Union von großer Bedeutung; denn
amit bekommen wir hier Rechtsklarheit und damit wer-
en Abgrenzungsprobleme schon von Anfang an ver-
ieden.

Im Koalitionsvertrag ist vereinbart – das ist für die
eutsche Filmwirtschaft wichtig –, dass spätestens zum
. Juli 2006 international wettbewerbsfähige und mit

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 447


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Leo Dautzenberg
anderen EU-Ländern vergleichbare Bedingungen ge-
schaffen werden sollen, um die Situation des privaten
Kapitals für Filmproduktionen in Deutschland zu ver-
bessern. Damit wollen wir dem Filmstandort Deutsch-
land gerecht werden.

Lassen Sie mich zum Schluss noch ein Wort zum
Stichtag 10. November sagen. Auch in der Anhörung
wurde dieser Stichtag als ein Problem dargestellt. Aber
nach all den Ankündigungen und der damit verbundenen
Diskussion seit dem Frühjahr können sich die allermeis-
ten nicht mehr auf den Vertrauensschutz beziehen. Ich
verweise auf die im Jobvorschlag enthaltenen Punkte.
Rücktrittsmöglichkeiten der Anleger sind in den Verträ-
gen vorgesehen.

Wenn man einen Vergleich zieht mit Gesetzesinitiati-
ven der Vergangenheit, die ebenfalls die Rückwirkungs-
problematik betrafen, und abwägt, dann erkennt man:
Was den Vertrauensschutz anbelangt, gab es problemati-
schere Punkte als das, was hier in Bezug auf die Fonds-
modelle geregelt ist. Daher können wir mit Blick auf die
verfassungsrechtliche Problematik – auch nach der Ab-
stimmung zwischen den Ressorts – davon ausgehen,
dass wir hier Rechtssicherheit geschaffen haben.

Mit dem, was hier schon ausgeführt worden ist, und
dem, was wir in der Frage „Verlustverrechnung/Verlust-
beschränkung“ zuletzt auf den Weg gebracht haben, ha-
ben wir eine zustimmungsfähige Grundlage geschaffen.
Ich darf Sie um Zustimmung bitten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600805000

Das Wort hat die Abgeordnete Christine Scheel,

Bündnis 90/Die Grünen.


Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600805100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Bevor ich etwas zu den Gesetzesvorlagen sage, möchte
ich gern noch auf einige Vorrednerinnen und Vorredner
eingehen, zunächst auf Frau Dr. Höll vom PDS-Links-
bündnis: Es ist schon absurd, wenn Sie auf der einen
Seite behaupten, dass die reale Steuerbelastung der
Unternehmen in Deutschland zu gering ist, und auf der
anderen Seite Irland für beispielhaft erklären, hoffent-
lich wohl wissend, dass der Unternehmensteuersatz in
Irland bei 12,5 Prozent liegt und dass der zweitgrößte In-
vestor in Irland deutsche Unternehmen sind, nämlich
200 mit 15 000 Beschäftigten. Daran wird doch deutlich,
dass wir ein Problem im Standortwettbewerb haben.
Man kann nicht einerseits die zu geringe Steuerbelastung
hier anprangern und andererseits Irland für beispielhaft
erklären, obwohl die Steuerbelastung dort niedriger ist.
Man sollte nicht meinen, dass man mit Steuerdumping
eine zukunftsweisende Politik betreiben kann.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


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(C (D Mit Blick auf die Klimaschutzziele, die sich eutschland gesetzt hat, freue ich mich, dass Minister teinbrück Verbesserungen auf dem Gebiet der energeischen Gebäudesanierungen für das nächste Jahr anekündigt hat. Herr Steinbrück, ich freue mich auch über hre Ankündigung, dass es im Rahmen der privaten ltersvorsorge in Bezug auf Wohneigentum eine Veresserung geben wird. as ist gut. Das freut uns Grüne besonders deswegen, eil wir uns für diese beiden Ziele seit Jahren sehr stark ingesetzt haben und bislang am Widerstand der SPD escheitert waren. Also sind auch Sie lernfähig. Das reut uns. Die FDP handelt immer nach dem Motto „Wünsch dir as!“ – für Weihnachten mag das schön sein –: Steuer ätze runter, Sozialversicherungsbeiträge runter, beim aushalt die Maastricht-Kriterien einhalten. Die FDP tut o, als wenn dann alles gut würde. Aber Sie wissen elbst, dass die Umsetzung Ihrer Vorschläge nicht finanierbar ist. Das merkt man daran, dass die Länder, in deen die FDP mitregiert, keine Gesetzentwürfe in den undesrat einbringen, die die Vorschläge enthalten, die ie hier im Bundestag immer großspurig vertreten. iese Länder wissen nämlich genau, dass das, was Sie orhaben, nicht finanzierbar ist. Insofern sind Sie in dieser Frage doppelzüngig. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der FDP: Überhaupt nicht! – Schwaches Argument!)


(Zuruf von der FDP: Wann denn?)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir alle wissen, dass das Steuerrecht einfacher wer-
en muss.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Nach den Jahren von Rot-Grün ist das auch erforderlich!)


ir messen alle Vorschläge, die von der neuen großen
oalition eingebracht werden, an der Frage: Wird das
teuerrecht für die Steuerpflichtigen in der Bundesrepu-
lik Deutschland durch diese Vorschläge einfacher oder
icht? Die Bürger erwarten – die Bürgerinnen natürlich
uch –,


(Zuruf von der FDP: Aha!)


ass die Politik handelt.

Sie haben im Wahlkampf das populäre Thema Ver-
infachung als zentrales Thema gehabt und auf diesem
ebiet Besserung versprochen.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Im Gegensatz zu den Grünen!)


an muss schon sagen: Der Wegfall der Eigenheimzu-
age vereinfacht das Steuerrecht. Das ist richtig.


(Uwe Barth [FDP]: Aha! Ich staune, Frau Kollegin!)

)

448 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


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Christine Scheel
Auch das Ziel ist richtig. Aber es ist schon ein bisschen
überraschend, dass die Union jetzt in 23 Tagen zu die-
sem Ergebnis gekommen ist, nachdem sie drei Jahre
lang nicht in der Lage war, diesen Erkenntniszugewinn
zu erreichen. Es ist schon ein bisschen interessant, jetzt
einmal zu sehen, wie schnell man sich dreht. Bei einer
Drehung um 180 Grad steht man auf dem Kopf. Das ist
schon ein bisschen komisch, aber anscheinend löst es im
Gehirn etwas aus, sodass man am Ende doch zur richti-
gen Erkenntnis kommt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Das zeigt unsere Flexibilität!)


Also: Es ist vernünftig, das zu tun.

Beim Thema Vereinfachung ist das Beispiel der Steuer-
beratungskosten angesprochen worden. Dabei geht es
nicht um Klientelpolitik. Dabei geht es nicht um die
Steuerberater oder um die Steuerberaterinnen. Aber es
geht darum, dass die Umsetzung dieser Gesetzesvorlage
dazu führt, dass Gestaltungsmöglichkeiten neu aufge-
macht werden. Sie streichen ja nur einen Teil dieser
Steuerrechtsregelung. Das führt nicht zur Vereinfachung,
sondern zu einer neuen Verkomplizierung und zu einer
neuen Missbrauchsanfälligkeit, was gestern im Finanz-
ausschuss des Deutschen Bundestages selbst vonseiten
des Ministeriums zugestanden wurde. Das ist der Grund
dafür, dass wir das ablehnen. Das ist keine Vereinfa-
chung, sondern das führt letztlich zu neuen Gestaltun-
gen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – CarlLudwig Thiele [FDP]: Da hat sie Recht!)


Das Thema Vertrauensschutz ist für uns ein ganz
wichtiges Thema. Vertrauensschutz ist eine zentrale Vo-
raussetzung für die Akzeptanz des Steuerrechts bei den
Bürgern und Bürgerinnen. Vertrauensschutz ist auch ein
zentrales Element, eine ganz zentrale Notwendigkeit für
Investoren im In- und Ausland. Sie haben den Vertrau-
ensschutz im Blick auf die Freibeträge ein Stück verbes-
sert. Sie haben das Vertrauen der Anleger in den Investi-
tionsstandort Deutschland aber beschädigt.


(Florian Pronold [SPD]: Unsinn! Blödsinn!)


Wir brauchen Stichtage, die entweder Gegenstand von
Kabinettsbeschlüssen sind, und zwar von wirklichen Ka-
binettsbeschlüssen, oder mit dem Steuerjahr zusammen-
fallen.


(Florian Pronold [SPD]: Vertrauensschutz setzt Vertrauen voraus!)


Sie dürfen nicht beliebig zustande kommen, weil man
mal gerade Kaffee getrunken hat und sich mal gerade
was überlegt hat.


(Weiterer Zuruf des Abg. Florian Pronold [SPD])


Das hat mit verlässlicher Finanzpolitik, lieber Kollege
Florian Pronold, überhaupt nichts zu tun. Wir brauchen
Verlässlichkeit.


(Zustimmung bei der FDP)


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(C (D ie Grünen stehen für diese Verlässlichkeit. Wir stehen uch für die Vereinfachung. In diesem Sinne werden wir ie weiter beobachten und auch weiter treiben. Danke schön. Das Wort zu einer Kurzintervention hat die Abgeord ete Dr. Barbara Höll. Sehr geehrte Frau Kollegin Scheel, wenn Sie mich ritisieren, setzt das natürlich eigentlich voraus, dass Sie ir richtig zugehört haben. (Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Habe ich!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600805200
Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1600805300

atürlich wissen wir beide, dass in Irland die Steuer-
ätze niedrig sind. Ich habe aber gar nicht über die Steu-
rsätze, sondern über die effektive Steuerbelastung ge-
prochen. Dazu müssen auch Sie zur Kenntnis nehmen,
ass in Irland mit niedrigen Steuersätzen die Verbreite-
ung der Bemessungsgrundlage durchgesetzt wurde, wo-
urch die effektive Steuerbelastung gestiegen ist.

Als Zweites möchte ich noch erwähnen: In Ihrem ei-
enen Koalitionsvertrag steht, dass die Steuersenkung
er letzten Jahre nicht das Ergebnis hatte, das Sie ange-
trebt hatten – so haben Sie es immer verkündet –: mehr
rbeitsplätze und Investitionen. Wenn Sie nun immer
och beklagen, dass die Steuersätze in Deutschland zu
och sind – so habe ich Ihre Einlassung verstanden –,
ann kann das bei Ihnen auch in der Opposition nicht
anz so gut laufen, wie Sie sich das vielleicht erhoffen.

Ich danke.


(Beifall bei der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600805400

Frau Abgeordnete Scheel, Sie haben die Gelegenheit

u einer Antwort.


Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600805500

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Dagegen muss ich doch noch etwas sagen. – Es ist
och immer die Frage, von welchem Niveau aus man
iskutiert, Frau Dr. Höll. Wenn Sie sagen, die effektive
teuerbelastung in Irland sei aufgrund der Verbreite-
ung der Bemessungsgrundlage im irischen Steuer-
echt erhöht worden, dann muss man natürlich dazusa-
en, wie das Niveau vorher war. Wenn man das mit
eutschland vergleicht, wird klar, dass die effektive
teuerbelastung – darum geht es; das ist die reale Steu-
rbelastung, die Unternehmen in Deutschland zu tragen
aben – hier mitnichten geringer ist als in Irland; sie ist
ielmehr um einiges höher als in Irland.

Das ist der Punkt, den ich Ihnen vorgeworfen habe:
ass Sie hier mit populistischen Äußerungen den Ein-
ruck zu erwecken versuchen, als sei das irische Steuer-
echt besser als das deutsche. Irland betreibt auch ein

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 449


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Christine Scheel
Stück weit Steuerdumping; das wissen wir alle und da
wollen wir nicht hin.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Ich habe über Tendenzen gesprochen! Darum geht es!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600805600

Ich gebe das Wort der Abgeordneten Ingrid Arndt-

Brauer von der SPD-Fraktion.


Ingrid Arndt-Brauer (SPD):
Rede ID: ID1600805700

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten

Damen und Herren! Ich möchte auf das Gesetz zur
Abschaffung der Eigenheimzulage zurückkommen,
weil ich denke, dass viele Zuhörer interessiert sind, wa-
rum wir die Eigenheimzulage abschaffen wollen und wie
wir das umsetzen, und weil ich glaube, dass das ein sehr
sinnvolles Gesetz ist.

Der Gesetzentwurf sieht vor, die Förderung nach dem
Eigenheimzulagengesetz ab dem 1. Januar 2006 für
Neufälle abzuschaffen. Die Förderung nach geltendem
Recht wird gewährt, wenn vor dem 1. Januar 2006 mit
der Herstellung des Objekts begonnen wird – wer also
jetzt schnell anfängt zu bauen, kann sich die Förderung
noch sichern –, ein notarieller Kaufvertrag abgeschlos-
sen oder einer Genossenschaft beigetreten wird.

Man muss berücksichtigen, dass alle staatlichen Sub-
ventionen und Steuervergünstigungen regelmäßig
– besonders in der Situation, in der wir uns im Moment
befinden – auf ihre Effizienz und Notwendigkeit geprüft
und mit Blick auf die Finanzlage der öffentlichen Haus-
halte bewertet werden müssen. Die Eigenheimzulage ist
– das haben wir hier schon häufiger erörtert – die
höchste Einzelsubvention im Bundeshaushalt. Wissen-
schaftliche Untersuchungen haben immer wieder ge-
zeigt, dass es Mitnahmeeffekte gibt, dass wir Leute ge-
fördert haben, die diese Förderung eigentlich nicht
gebraucht hätten und die wir auch nicht fördern wollten.
So viel zum Inhalt.

Sehr überraschend waren nach den jahrelangen Dis-
kussionen über dieses Gesetz – wir haben diesen Vorstoß
unter Rot-Grün ja schon mehrmals unternommen – die
einstimmigen Voten aller mitberatenden Ausschüsse und
gestern des Finanzausschusses. Das hat mich sehr ge-
freut. Es zeigt, dass wir hier ein Gesetz auf den Weg
bringen, hinter dem das gesamte Parlament steht und das
wir deswegen auch gut nach außen vertreten können.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Der ursprüngliche Förderzweck bestand – um einmal
ganz weit zurückzuschauen – im Prinzip aus vier Teilen.
Der erste Grund war, dass es damals, als man es für sinn-
voll hielt, etwas zu unternehmen, zu wenig Wohnraum
gab. Ich denke, dieses Problem gibt es nicht mehr.

Der zweite Förderzweck war, dass in den vergange-
nen Jahrzehnten die Zinsbelastung für Bau- oder Kauf-
willige sehr viel höher war als heute. Wir haben heute
eine historisch niedrige Zinsbelastung; auch dieser För-
derzweck entfällt also.

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(C (D Der dritte Ansatz war die Familienförderung. Es gab mmer auch eine Familienkomponente. Das heißt, beonders Familien mit vielen Kindern sollte die Möglicheit gegeben werden, auch bei geringem Einkommen usreichend großen Wohnraum zur Verfügung zu haben. er wie ich einmal versucht hat, mit vier Kindern eine ohnung zu finden, weiß, dass das kaum möglich ist; an bekommt immer gesagt, man müsse sich ein Haus uchen. Dieser Förderzweck war also in den letzten Jahrehnten durchaus begründet. Zu diesem Punkt muss ich allerdings sagen, dass wir erade im Bereich der Familienförderung viel verändert aben. Das Kindergeld, das vor 20 Jahren gezahlt wurde, st nicht zu vergleichen mit dem Kindergeld und den inderfreibeträgen, die heute gelten. Außerdem ist das rgebnis dessen, was wir zur besseren Vereinbarkeit von amilie und Beruf regeln, dass es meistens beiden El ernteilen wenigstens zeitweise ermöglicht wird zu areiten, wodurch sie wesentlich mehr Haushaltseinkomen haben als früher. Der vierte Förderzweck war schon immer die Idee der ltersvorsorge. Es war immer vom Staat gewollt und efördert, dass die Menschen in ihrer letzten Lebenshase keine Mietzahlungen mehr leisten müssen und uch – hoffentlich – ihr Häuschen abgezahlt haben. Hier aben wir gehandelt und im Koalitionsvertrag festgelegt, ass wir zwar die Eigenheimzulage abschaffen; weiter eißt es aber: Daher werden wir das selbst genutzte Wohneigentum zum 1. Januar 2007 besser in die geförderte Altersvorsorge integrieren. (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr gut! – Ina Lenke [FDP]: Ein Jahr nichts!)


„Ein Jahr nichts“ ist ja so nicht richtig. Ich habe Ihnen
ben gesagt, dass Sie in den letzten Monaten, als wir
ber dieses Thema schon diskutiert haben, noch zu
auen beginnen konnten bzw. auch jetzt noch einen
aufvertrag abschließen können. Diese Bautätigkeit
ird sich auch noch in das nächste Jahr hineinziehen.

ch bin sicher, wir werden keinen totalen Einbruch bei
er Bauwirtschaft haben.

Wir haben bei der Altersvorsorge heute schon die
öglichkeit, das Wohneigentum in die Riester-Rente ein-

ubeziehen. Wir werden diese Möglichkeit ausbauen.
atürlich stehen wir zu dem, was im Koalitionsvertrag

teht. Ich denke, das ist eine sehr gute Maßnahme.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Erst hoffen mit den Grünen! Jetzt hoffen mit der Union!)


Nein, das ist überhaupt nicht der Punkt.

Die Einsparungen im Staatshaushalt betragen bis
um Jahr 2010 10,7 Milliarden Euro. Hier sind wir an ei-
em Punkt, bei dem wir auf das zurückkommen, was
ot-Grün von Anfang an wollte: Wir müssen in Bildung
nd Forschung, also in die Zukunft, investieren. Das
ird uns durch diese Einsparungen möglich. Dadurch,
ass wir im Haushalt ein bisschen Luft bekommen, kön-
en wir das tun, was im Rahmen des Lissabon-Prozesses

450 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


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Ingrid Arndt-Brauer
gefordert wird, nämlich mindestens 500 Millionen Euro
jährlich in Bildung und Forschung zu investieren.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Aha!)


Ich denke, auch das ist sehr wichtig.

Noch eine Bemerkung zu dem, was noch alles bis
zum Auslaufen der Eigenheimförderung angeboten
wird. Vielleicht haben Sie genauso wie ich einen Pros-
pekt bekommen – ich habe ihn hier vorliegen –, in dem
ernsthaft empfohlen wird, jetzt noch schnell ein Objekt
für 448 000 Euro zu kaufen, bevor die Eigenheimzulage
wegfällt. Ich denke, hier wird der ganze Widersinn in der
Diskussion deutlich. Wir reden von Leuten mit geringem
Einkommen, Alleinstehende bis 70 000 Euro und Ver-
heiratete bis 140 000 Euro auf der Berechnungsgrund-
lage von zwei Jahren. Wie sollen sich diese Leute ein
Objekt für 448 000 Euro mithilfe der Eigenheimzulage
leisten können? Ich denke, an dieser Stelle wird die Dis-
kussion widersinnig. Es werden Menschen bewusst in
irgendwelche Anlageobjekte getrieben, die sie sich nicht
leisten können. Das wollen wir nicht. Wir wollen eine
klare Regelung und denjenigen Leuten helfen, die Hilfe
nötig haben. Aber wir wollen solche widersinnigen An-
lageobjekte nicht fördern.

Ein Wort noch zur FDP, zur größten Oppositionspar-
tei. Man kann heutzutage angesichts unserer jetzigen Si-
tuation nicht jede Belastung mit einer gleichwertigen
Entlastung koppeln.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Aber nichts ist eben gar nichts!)


Sie wissen genauso gut wie ich, dass wir auf diese Weise
unseren Haushalt nicht sanieren können. Deshalb kön-
nen Sie nicht eine gleichwertige Steuerentlastung for-
dern. Das ist einfach nicht machbar. Die Zeiten haben
sich geändert.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Volker Wissing [FDP]: Wo ist überhaupt mal eine Entlastung?)


Ich persönlich habe mich natürlich gefreut, dass die
CDU/CSU jetzt mit uns Schritte in die gleiche Richtung
geht. Ich denke, das ist ein guter Weg. Ich bin optimis-
tisch, dass wir in dieser großen Koalition noch viele
große und kleine Schritte zusammen gehen werden.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Frage ist, wer den ersten Schritt macht! – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Wir werden euch an die Hand nehmen!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600805800

Das Wort hat der Abgeordnete Hans Michelbach,

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten olleginnen und Kollegen! Es ist eine Tatsache: Nach onaten des politischen Stillstands packt die große Ko lition jetzt die Sanierung unseres Landes entschlossen n. (Lachen der Abg. Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Hans Michelbach (CSU):
Rede ID: ID1600805900

ur eine Woche nach der Konstituierung des Finanzaus-
chusses wird mit Steuerrechtsänderungen und Sub-
entionsabbau wirklich ernst gemacht. Die Verantwor-
ung der CDU/CSU für unser Land dabei heißt:
erausforderungen annehmen – Aufgaben kraftvoll an-
ehen. Das ist die Situation.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Volker Wissing [FDP]: Das sind die kraftvollen kleinen Schritte!)


Wir können es uns einfach nicht mehr leisten, grund-
egende Konsolidierungen und Änderungen bei den
teuersubventionen weiter aufzuschieben. Jede Art der
ealitätsverweigerung würde einen neuen Aufschwung

n unserem Land verhindern.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat sich denn in den letzten Jahren der Realität verweigert?)


ieser Aufschwung ist für unser Land notwendig und
anz sicher möglich, wenn wir hier die richtigen Schritte
ehen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Beifall bei der FDP – Dr. Volker Wissing [FDP]: Dann machen Sie es doch jetzt und nicht erst 2008!)


Meine sehr geehrten Kollegen von der FDP, ich kann
hnen nur sagen, dass ich die Kritik, die Sie an unsere
dresse richten, zurückweisen muss.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Sie geht ins Leere!)


s ist doch kein Konzept, sich der Verantwortung ein-
ach zu entziehen und sich in die Büsche zu schlagen.


(Widerspruch bei der FDP)


ie Union ist nicht auf den rot-grünen wirtschafts- und
aushaltspolitischen Kurs der Vergangenheit einge-
chwenkt.

Ich sage Ihnen, meine Herren von der FDP: Sie su-
hen immer noch die Milchkuh, die im Himmel gefüttert
ird und auf Erden gemolken werden kann. Wir geben

u, dass auch wir diese Milchkuh sieben Jahre zusam-
en mit Ihnen gesucht haben. Aber sie gibt es nicht; das

st die Situation.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie bei der SPD – Eduard Oswald [CDU/ CSU]: Fragen wir mal den Kollegen Seehofer! Vielleicht kennt der eine solche Milchkuh! – Zurufe von der FDP: Oh!)


Wir haben kein Erkenntnisproblem, Frau Scheel. Wir
ind vielmehr aufgrund der Verantwortung der CDU/

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 451


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Hans Michelbach
CSU dabei, zu lernen, Kröten zu schlucken, wenn dies
notwendig ist. Rot-Grün hat es nicht geschafft. Wir über-
nehmen die Verantwortung. Das ist für die Menschen in
unserem Land auch notwendig.

Die Lage unserer Staatsfinanzen ist nun einmal deso-
lat und die finanzpolitische Bilanz katastrophal. Die lau-
fenden Ausgaben des Bundes liegen deutlich über den
laufenden Einnahmen, sodass ein strukturelles Defizit
von mehr als 60 Milliarden Euro besteht. Mit einem Ein-
sparvolumen von mehr als 25 Milliarden Euro müssen
wir jetzt maßgeblich dazu beitragen, die Verschuldung
der öffentlichen Haushalte zu begrenzen. Dazu gibt es
keine Alternative.

Nur der Dreiklang aus Sanieren, Reformieren und In-
vestieren eröffnet Chancen, unser Land nach Jahren der
Stagnation jetzt wieder nach vorne zu bringen. Dafür
steht die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU – Eduard Oswald [CDU/ CSU]: Das ist auf den Punkt gebracht!)


Nicht alles, was wünschenswert wäre, wird in Zu-
kunft finanzierbar sein; das sollten wir den Menschen
immer wieder sagen.


(Florian Pronold [SPD]: Das ist gut!)


Besonders bedenkenswert ist für mich als Mittelständler
natürlich die Zustimmung zur Abschaffung der Eigen-
heimzulage. Tatsache ist aber: Durch das Gesetz zur
Abschaffung der Eigenheimzulage kann die öffentliche
Hand bis zum Jahr 2010 mit Einsparungen in Höhe von
sage und schreibe 10,7 Milliarden Euro rechnen.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hätten Sie auch schon 2007 haben können!)


Tatsache ist aber auch – das ist richtig –: Die Eigen-
heimzulage war immer eine Subvention,


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach nein!)


die aus unserer Sicht zur Belebung der Bauwirtschaft
beitragen sollte. Man muss aber auch deutlich sehen,
dass in den letzten Jahren 800 000 Beschäftigte im Bau-
gewerbe trotz der Subvention „Eigenheimzulage“ ihren
Arbeitsplatz verloren haben.

Das heißt für mich nichts anderes als Folgendes:
Keine noch so gut gemeinte schuldenfinanzierte Subven-
tion kann auf Dauer eine wachstumsfreundliche und
Vertrauen schaffende Gesamtkonzeption der Haushalts-
kon-solidierung ersetzen. Vorangehen muss immer die
Haushaltskonsolidierung, weil dann Vertrauen geschaf-
fen wird. Damit kann man dann zukünftig Wachstumser-
folge und Beschäftigungserfolge erzielen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat aber lange gedauert!)


Wenn unsere Koalition ihren Kurs aus Konsolidie-
rung der Haushalte, Stärkung der Investitionen und Re-
form des Arbeitsmarktes mit Mut und Augenmaß fort-
setzt, wird sich das Vertrauen der Verbraucher und

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(C (D nvestoren wieder festigen. Es mehren sich ja die Zeihen für ein Licht am Ende des Tunnels. (Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha!)


ir haben in der Wirtschaft einen Stimmungswechsel.
s ist erstmals wieder Hoffnung auf Verbesserungen
orhanden.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Jawohl! Hoffnung ist gut!)


Wir werden auch dem Bauhandwerk eine bessere Zu-
unft geben, damit es wieder nach vorne kommt. Die
örderung von Gebäudesanierungen, die Unternehmen-
teuerreform oder auch die Fähigkeit des Abzugs von
andwerkerrechnungen werden wir in den nächsten Wo-

hen und Monaten auf den Gesetzesweg bringen. Das
ird uns letzten Endes voranbringen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Eduard Oswald [CDU/CSU]: Das werden wir machen!)


Ein Aufbruch für Deutschland benötigt eine Reform-
olitik, eine Sanierungspolitik, weniger Staat, mehr Frei-
eit, mehr Leistungsbereitschaft, weniger Bürokratie
nd mehr Eigenverantwortung. Deutschland braucht die
raftanstrengung aller. Wir als CDU/CSU sind bereit,
ns diesen Fragen offensiv zu widmen und auch unpopu-
äre Maßnahmen zu verantworten.

Ich darf Sie herzlich dazu einladen, mit diesem An-
ang heute für eine bessere Zukunft der Menschen in un-
erem Land zu sorgen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sieben Jahre lang haben Sie etwas anderes gesagt!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600806000

Das Wort hat die Abgeordnete Gabriele Frechen,

PD-Fraktion.


Gabriele Frechen (SPD):
Rede ID: ID1600806100

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen

nd Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ein
oderner Staat benötigt zur Finanzierung seiner vielfäl-

igen Aufgaben Einnahmen, die im Wesentlichen durch
teuereinnahmen erzielt werden. Eine wichtige Grund-

age unseres Steuersystems ist die Besteuerung nach
er Leistungsfähigkeit.

Ich halte es für nachvollziehbar, dass Steuerpflichtige
ede legale Möglichkeit nutzen, um ihren Beitrag an der
inanzierung des Staates zu mindern. Mitunter tun sich
urch Auslegungen der Gesetze, durch Lücken oder gar
teuerschlupflöcher so verlockende Möglichkeiten auf,
ie man einfach nicht ungenutzt verstreichen lassen
ann. Wie gesagt, ich kann das nachvollziehen. Aber
ann und will ich es hinnehmen, dass solche Gestal-
ungsspielräume gesucht, gefunden und zum Vorteil we-
iger angewendet werden? Ich sage: Nein! Der Abbau
olcher Gestaltungsmöglichkeiten war in der vergange-
en Legislaturperiode ein Thema für uns, das wir – unter

452 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


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Gabriele Frechen
anderem den obwaltenden Mehrheitsverhältnissen ge-
schuldet – nicht immer so angehen konnten, wie wir
wollten. Aber daran müssen wir anknüpfen. Ich denke,
mit dem Gesetz zur Beschränkung der Verlustverrech-
nung zeigen wir, dass wir es gemeinsam sehr ernst mei-
nen.

In „Focus Online“ war dazu am 24. November zu le-
sen:

Damit machen Union und SPD mit dem Abbau von
Steuerprivilegien Ernst. Durch die bisher großzü-
gige steuerliche Verlustverrechnung gehen dem
Staat jährlich Milliarden verloren. Vermögende Ab-
schreibungskünstler haben über diese „Steuerstun-
dungsmodelle“ ihre Abgabenlast gesenkt.

Und weiter heißt es:

Das Aus hatte sich schon seit dem Frühjahr abge-
zeichnet.

Darauf komme ich noch zurück.

Die große Beliebtheit resultierte aus einer hohen Ver-
lustzuweisung in der Anfangsphase, die bisher mit ande-
ren Einkünften verrechnet werden konnte und so zu
Steuerminderungen führte. Dies wollen wir ändern. Die
Verluste werden nicht abgeschnitten, sind also nicht ver-
loren, sondern werden künftig nur noch mit Einkünften
aus derselben Quelle verrechnet. Das führt zu einer
gleichmäßigen Besteuerung und dazu, dass bei Anlagen
künftig die Rendite entscheidender ist als der Steuervor-
teil. Betroffen sind insbesondere Verluste aus Medien-
fonds, Schiffsbeteiligungen, New-Energy-Fonds, Lea-
singfonds, Wertpapierhandels- und Videogamefonds.
Nicht betroffen sind – das steht ausdrücklich im Bericht –
Private-Equity- und Venture-Capital-Fonds. Wir haben
alle uns bekannten Modelle, also neben gewerblichen
Einkünften auch Einkünfte aus Selbstständigkeit und
sonstige Einkünfte, eingeschlossen, um die Gleichheit
bei der Besteuerung zu gewährleisten. Ich bin mir aber
fast sicher, dass auch hier das altbekannte Hase-und-
Igel-Spiel die Kreativität der steuergestaltenden Köpfe
herausfordern wird.

Einigkeit über die Abschaffung dieser Modelle wurde
relativ schnell erzielt. Doch wie immer steckt die He-
rausforderung im Detail. Hier war es das Datum des
Wirksamwerdens: Rückwirkung oder Vertrauens-
schutz, ein Schutz der Steuerpflichtigen, der zu Recht ei-
nen sehr hohen Wert darstellt? Wir haben uns für den
10. November entschieden, also für den Tag, an dem das
alte Kabinett in enger Abstimmung mit dem neuen die
Vorlage unterzeichnen wollte. Leider hat der damalige
Minister Trittin seine Unterschrift verweigert mit der
Folge, dass die Vorlage erst vom neuen Kabinett am
24. November unterzeichnet wurde. Jetzt aber einen Ver-
trauensschutz für die Zwischenzeit oder gar eine Verlän-
gerung bis zum 31. Dezember zu fordern, halte ich für
ungerechtfertigt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Bereits im März beim Jobgipfel hatten sich Union
und SPD geeinigt, dass diese Modelle abgeschafft wer-

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(C (D en. Schon zu diesem frühen Zeitpunkt wurden die Aneger darauf hingewiesen, dass das Aus für Steuerstunungsmodelle unmittelbar bevorsteht. „Zeichnen Sie etzt, zeichnen Sie schnell“, so lautete ab März die Deise. Nach dem 10. November wurde weiter, zum Teil uch aggressiver geworben. Allerdings wurde von den onds ein Rücktrittsrecht eingeräumt für den Fall, dass ie Gesetzesänderung vor dem 1. Januar 2006 in Kraft ritt. Unter der Überschrift „Steuersparfonds werden weiter erkauft“ schrieb das „Handelsblatt“ am 16. November: Anleger sollten keine Beteiligung ohne Rücktrittsrecht und zugesicherte Rückzahlung der Einlage inklusive Agio eingehen. amit ist wohl eindeutig, dass die interessierte Öffentichkeit sehr wohl das Risiko kannte und nach dem otto „no risk, no fun“ handelte. Das Risiko des entgangenen Steuervorteils nun auf ie Allgemeinheit der Steuerzahler abzuwälzen, halte ich eradezu für widersinnig und auch nicht für ein schütenswertes Gut. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


as Bundesverfassungsgericht bestätigt die Möglichkeit
er Rückwirkung genau für diesen Fall, nämlich dann,
enn der Bürger zum Zeitpunkt, auf den sich das rück-
irkende Gesetz bezieht, mit der Neuregelung rechnen
usste. Eine Verlängerung bis zum 31. Dezember hätte

eradezu eine Schlussverkaufsstimmung ausgelöst. Ge-
au den Modellen, die wir abschaffen wollen, hätten wir
omit zu einem Riesenhype verholfen. Das kann doch
ohl in diesem Hause nicht gewünscht sein.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Verhinderung von Steuerumgehungsmöglichkei-
en ist ein wichtiger Beitrag zur Steuergerechtigkeit, die
ng mit der Akzeptanz der Steuergesetze in der Bevölke-
ung verknüpft ist. Diese Akzeptanz und das Vertrauen
er breiten Masse der Steuerpflichtigen brauchen wir
ringend. Der vorliegende Gesetzentwurf ist einer von
ielen Schritten in diese Richtung.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600806200

Das Wort hat der Abgeordnete Olav Gutting, CDU/

SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Vielleicht können auch diejenigen Kolleginnen und
ollegen, die der Debatte erst seit kurzem beiwohnen,
em Redner zuhören.


Olav Gutting (CDU):
Rede ID: ID1600806300

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!
it dem Gesetzentwurf zum Einstieg in ein steuerliches

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 453


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Olav Gutting
Sofortprogramm leisten wir einen entscheidenden Bei-
trag zur Stabilisierung der Staatsfinanzen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Nein, es ist nicht der große Wurf, den manch einer er-
wartet hat,


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


aber dieser Gesetzentwurf erhebt auch nicht den An-
spruch, ein großer Wurf zu sein. Er ist nicht mehr, aber
auch nicht weniger als ein erster Schritt in die richtige
Richtung. Wir werden noch mehrere Schritte tun müs-
sen, um zu einem einfacheren, gerechteren und auch in-
ternational wettbewerbsfähigen Steuerrecht zu gelangen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Dieses Ziel werden wir weiterhin im Auge behalten.
Natürlich wäre es wünschenswert, mit den erwarteten
Mehreinnahmen den Einkommensteuertarif zu senken.
Derjenige, der das fordert, muss aber auch klar sagen,
auf welchem anderen Wege die notwendige Haushalts-
konsolidierung erfolgen soll.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Die mittlerweile desaströse Situation der öffentlichen
Haushalte lässt leider keinen Raum für spürbare Steuer-
senkungen. Man kann es nicht oft genug wiederholen:
Allein im Bundeshaushalt hat die strukturelle Lücke eine
Größenordnung von fast 65 Milliarden Euro erreicht. In
diesem Umfang sind laufende Ausgaben nicht durch re-
gelmäßige Einnahmen gedeckt. Wer verantwortlich han-
delt, kann sich schon aus Respekt vor den kommenden
Generationen nicht dem Schuldenabbau verschließen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Menschen wissen, dass die Schulden von heute
die Steuern von morgen sind. Den Menschen fehlt das
Vertrauen in die Finanzpolitik, auch deshalb sind die
Steuersenkungen der letzten Jahre konjunkturell ver-
pufft. Wo kein Vertrauen ist, kann kein Wachstum entste-
hen; wo kein Vertrauen ist, bleiben die Wachstumskräfte
gefesselt.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Das klare Bekenntnis zum Schuldenabbau ist ein Si-
gnal für mehr Vertrauen in die Finanzpolitik, ist ein Signal
für mehr Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staa-
tes. Dieses Vertrauen brauchen wir, um Deutschland
wieder auf Wachstumskurs zu bringen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Einer dieser kleinen Schritte ist der Wegfall der Frei-
beträge bei Abfindungen wegen Auflösung von
Dienstverhältnissen. Dies ist ein richtiger Schritt. Wa-
rum soll auch die Kassiererin in einem Supermarkt mit
ihren Steuergeldern die Abfindung eines Mitarbeiters
beispielsweise von Daimler-Chrysler subventionieren,

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(C (D er für sein freiwilliges Ausscheiden aus dem Dienstverältnis das doppelte Jahresgehalt bekommt? (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


arum soll die Allgemeinheit die von Unternehmen ge-
ahlten Abfindungen subventionieren, zumal mit dem
rogressionsvorteil, der weiterhin bestehenden Fünftel-
egelung, Härtefälle abgefedert werden?

Mit der jetzt noch eingefügten Verlängerung der Zeit-
panne für den Zufluss der Abfindungen ist die richtige
alance zwischen Vertrauensschutz auf der einen Seite
nd fiskalischen Interessen auf der anderen Seite gefun-
en. Auch deshalb war der Änderungsantrag der Frak-
ion Die Linke abzulehnen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


er Wegfall dieser Freibeträge ist auch deshalb wün-
chenswert, weil er hilft, Abfindungen die Attraktivität
u nehmen. Tatsache ist doch, dass die Unternehmen die
bfindungszahlungen bereits in den Lohnkosten einprei-

en. Die immer weiter zunehmende Anzahl von Abfin-
ungen geht letztendlich zulasten der regulären Gehälter.
as, was der Arbeitnehmer am Ende seines Arbeitsver-
ältnisses als Abfindung erhält, wurde ihm doch in den
ahren zuvor vom Lohn einbehalten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Weniger Abfindung bedeutet damit mittelfristig mehr
egulären Lohn. Entscheidend sind dabei die Begleit-
aßnahmen. Wir müssen die Arbeitsverwaltung weiter

erbessern. Wir brauchen eine effektivere, eine schnel-
ere Vermittlung in neue Arbeitsverhältnisse und wir
rauchen eine Verbesserung der Rahmenbedingungen
ür die Wirtschaft in Deutschland, für mehr Wachstum
nd für mehr Arbeit.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Sicherlich, bei den insgesamt fünf Einzelmaßnahmen
ieses Gesetzes gibt es auch Punkte, über die man strei-
en kann. Es stellt sich in der Tat die Frage, ob die von
en Finanzministerien der Länder prognostizierten
ehreinnahmen tatsächlich fließen. Ich will gerne zuge-

en, dass ich meine Zweifel daran habe, ob die durch die
bschaffung des Sonderausgabenabzugs für private
teuerberatungskosten anvisierten 600 Millionen Euro
ährlich hereinkommen. Ich zweifle nicht daran – damit
ie mich richtig verstehen –, dass die Finanzministerien
ichtig gerechnet haben. Die zugrunde liegenden Annah-
en halte ich aber für fehlerhaft. Man unterschätzt die
reativität, die die Menschen entwickeln, zumal wenn

ie unter einer hohen Abgabenlast leiden. Ob durch die
bschaffung des Sonderausgabenabzugs für private
teuerberatungskosten 600 Millionen Euro hereinkom-
en, werden wir wohl nie erfahren. Es lässt sich schlicht

icht nachweisen, nicht berechnen. Darauf kommt es
ber auch nicht vorwiegend an.

Entscheidend ist, dass die Besteuerungsgrundlage ins-
esamt verbreitert wird. Die große Koalition hat es sich
um Ziel gesetzt, bis zum Jahre 2007 ein Konsolidie-
ungsvolumen von 35 Milliarden Euro zu erreichen. Das

454 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


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Olav Gutting
Fundament dafür besteht aus drei Säulen: Neben wachs-
tumsorientierten und perspektivischen Reformen kom-
men wir nicht ohne Sanierungsmaßnahmen aus. Der vor-
liegende Gesetzentwurf ist Teil dieser notwendigen
Einsparmaßnahmen. Dieser Gesetzentwurf ist von der
Verantwortung für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands
getragen. Stimmen Sie deshalb diesem Gesetzentwurf
zu!


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600806400

Hiermit schließe ich die Aussprache.

Wir haben jetzt eine ganze Reihe von Abstimmungen
und Wahlen vor uns, bevor wir zu einer weiteren span-
nenden Debatte kommen.

Zunächst die Abstimmung über den von den Fraktio-
nen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Gesetz-
entwurf zur Beschränkung der Verlustverrechnung im
Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen auf
Drucksache 16/107. Der Finanzausschuss empfiehlt in
seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/254,
den Entwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzei-
chen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Damit
ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung mit den Stim-
men des ganzen Hauses angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Wer
stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Damit ist der Ge-
setzentwurf in dritter Abstimmung mit dem entsprechen-
den Stimmenverhältnis angenommen.

Tagesordnungspunkt 5 b: Abstimmung über den von
den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten
Gesetzentwurf zur Abschaffung der Eigenheimzulage auf
Drucksache 16/108. Der Finanzausschuss empfiehlt in
seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/250,
den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um ihr Handzei-
chen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Da-
mit ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung mit den
Stimmen des ganzen Hauses angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Diejenigen erheben sich bitte,
die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen. – Wer stimmt
dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der
Fall. Damit ist der Gesetzentwurf mit dem vormaligen
Stimmenverhältnis angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die Entschlie-
ßungsanträge. Wer stimmt für den Entschließungsantrag
der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/274? – Wer
stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Damit ist der Ent-
schließungsantrag abgelehnt. Dafür haben die Kollegin-
nen und Kollegen der FDP-Fraktion gestimmt; die übri-
gen Mitglieder des Hauses haben dagegen gestimmt.

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(C (D Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Frakion Die Linke auf Drucksache 16/275? – Gegenprobe! – nthaltungen? – Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt. afür haben die Abgeordneten der Fraktion Die Linke estimmt; die übrigen Mitglieder des Hauses haben daegen gestimmt. Ich komme zu Tagesordnungspunkt 5 c: Abstimmung ber den von den Fraktionen der CDU/CSU und der PD eingebrachten Gesetzentwurf zum Einstieg in ein teuerliches Sofortprogramm, Drucksache 16/105. Der inanzausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh ung auf Drucksache 16/255, den Gesetzentwurf in der usschussfassung anzunehmen. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion Die inke vor, über den wir zuerst abstimmen. Wer stimmt ür den Änderungsantrag auf Drucksache 16/270? – Wer timmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist dieser nderungsantrag abgelehnt bei Zustimmung der Linken, ei Gegenstimmen der Fraktionen der CDU/CSU, der PD und der FDP und bei einigen Gegenstimmen und inigen Enthaltungen der Fraktion des Bündnisses 90/ ie Grünen. Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf in er Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Dait ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung angenomen bei Zustimmung der CDU/CSU-Fraktion und der PD-Fraktion und bei Gegenstimmen der Fraktionen der DP und der Linken sowie bei Enthaltung der Fraktion es Bündnisses 90/Die Grünen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – egenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist der Gesetz ntwurf mit dem zuvor ermittelten Stimmenverhältnis ngenommen. Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 6; das sind weiere Wahlen zu Gremien. Ich rufe zunächst den Tagesordnungspunkt 6 a auf: Schriftführer gemäß § 3 der Geschäftsordnung – Drucksache 16/187 – Für die Wahl der Schriftführerinnen und Schriftführer iegen die Wahlvorschläge der Fraktionen der CDU/ SU, der SPD, der FDP, der Linken und des ündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/187 vor. er stimmt für diese Wahlvorschläge? – Wer stimmt da egen? – Enthaltungen? – Damit sind die Wahlvorchläge mit den Stimmen des ganzen Hauses angenomen. Ich gratuliere den gewählten Kolleginnen und ollegen im Namen des gesamten Hauses recht herzlich nd wünsche ihnen Spaß bei der Arbeit und eine gute usammenarbeit. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 455


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Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Wir kommen zu zwei Wahlen zu Gremien mit Stimm-
karten und Wahlausweisen. Es handelt sich um die Wah-
len folgender Gremien: Erstens, Richterwahlausschuss
gemäß § 5 des Richterwahlgesetzes; zweitens, Wahlaus-
schuss gemäß § 6 Abs. 2 des Gesetzes über das Bundes-
verfassungsgericht. An diese zwei Wahlgänge schließen
sich dann noch weitere Wahlen an, die mittels Handzei-
chen durchgeführt werden.

Ich bitte jetzt um Ihre Aufmerksamkeit für einige
Hinweise zu den durchzuführenden Wahlen mit Stimm-
karte und Wahlausweis. Die Stimmkarten in den Farben
Orange und Grün werden bereits im Saal verteilt. Sie be-
nötigen außerdem Ihre Wahlausweise in den Farben
Orange und Grün. Bevor Sie Ihre Stimmkarte in eine der
Wahlurnen werfen, übergeben Sie bitte Ihren dazugehö-
rigen Wahlausweis einem der Schriftführer oder einer
der Schriftführerinnen an den Wahlurnen. Der Nachweis
der Teilnahme an der Wahl kann nur durch die Abgabe
des Wahlausweises erbracht werden. Ich bitte die
Schriftführerinnen und Schriftführer, darauf zu achten,
dass vor der Stimmabgabe der Wahlausweis übergeben
wird. Die Wahlen finden offen statt; Sie können das
Kreuz auf Ihren Stimmkarten also an Ihrem Platz ma-
chen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 6 b:

Richterwahlausschuss gemäß § 5 des Richter-
wahlgesetzes

– Drucksachen 16/188, 16/189, 16/190, 16/191 –

Dazu liegen Ihnen auf den Drucksachen 16/188 bis
16/191 Listen mit Wahlvorschlägen vor. Sie benötigen
für diese Wahl die Stimmkarte in der Farbe Orange. Soll-
ten Sie diese Stimmkarte noch nicht haben, besteht jetzt
noch die Möglichkeit, diese von den Plenarassistenten
zu erhalten. Ich mache besonders darauf aufmerksam,
dass Sie auf der orangefarbenen Stimmkarte nur einen
einzigen Vorschlag ankreuzen dürfen. Ungültig sind
Stimmkarten, die mehr als ein Kreuz, Zusätze, Bildchen
oder Ähnliches enthalten. Wer sich der Stimme enthalten
will, nimmt bitte keine Eintragung vor. Bevor Sie die
orangefarbene Stimmkarte in eine der Wahlurnen wer-
fen, übergeben Sie bitte den Schriftführerinnen und
Schriftführern an den Wahlurnen Ihren orangefarbenen
Wahlausweis.

Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die
vorgesehenen Plätze einzunehmen. Sind alle Urnen be-
setzt? – Das ist der Fall. Dann eröffne ich die erste Wahl,
die Wahl zum Richterwahlausschuss.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600806500

Gibt es ein Mitglied im Hause, das seine Stimme noch

nicht abgegeben hat? – Ich schließe den Wahlgang und
bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der
Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der Wahl wird
Ihnen später bekannt gegeben.

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(C (D Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 6 c: Wahlausschuss gemäß § 6 Abs. 2 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht – Drucksachen 16/201, 16/202, 16/203, 16/204 – Dazu liegen Ihnen auf Drucksachen 16/201 bis 16/204 isten mit Wahlvorschlägen vor. Für diese Wahl benötigen Sie die grünen Stimmkaren, die im Saal verteilt wurden. Sollten Sie noch keine timmkarte haben, besteht jetzt noch die Möglichkeit, ie sich aushändigen zu lassen. Ich mache darauf aufmerksam, dass Sie auf der grüen Stimmkarte wiederum nur einen Vorschlag ankreuen können. Wer sich der Stimme enthalten will, macht eine Eintragung. Bevor Sie die grüne Stimmkarte in ine der Wahlurnen werfen, übergeben Sie bitte den chriftführerinnen und Schriftführern an den Wahlurnen hren Wahlausweis. Die Schriftführerinnen und Schriftführer haben ihre lätze eingenommen. Ich eröffne die Wahl. Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine timme noch nicht abgegeben hat? – Das scheint nicht er Fall zu sein. Ich schließe den Wahlgang und bitte die Schriftführeinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginen. Das Ergebnis der Wahl wird Ihnen auch in diesem alle später bekannt gegeben. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, jetzt ieder Platz zu nehmen, damit ich die Wahlergebnisse weifelsfrei feststellen kann. Wir kommen jetzt nämlich u Wahlen mittels Handzeichen. Ich rufe zunächst Tagesordnungspunkt 6 d auf: Gemeinsamer Ausschuss gemäß Art. 53 a des Grundgesetzes – Drucksache 16/205 – Dazu liegen Wahlvorschläge der Fraktionen der DU/CSU, der SPD, der FDP, der Linken und des Bündisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/205 vor. Wer timmt für diese Wahlvorschläge? – Wer stimmt dageen? – Wer enthält sich? – Die Wahlvorschläge sind eintimmig angenommen. Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 6 e: Wahlprüfungsausschuss gemäß § 3 Abs. 2 des Wahlprüfungsgesetzes – Drucksache 16/206 – Dazu liegen wiederum Vorschläge der Fraktionen der DU/CSU, der SPD, der FDP, der Linken und des ündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/206 vor. er stimmt für diese Wahlvorschläge? – Gegenstimen? – Enthaltungen? – Die Wahlvorschläge sind ein timmig angenommen. 456 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 6 f: – Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/ CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Einsetzung des Gremiums gemäß Art. 13 Abs. 6 des Grundgesetzes – Drucksache 16/207 – – Wahl der Mitglieder des Gremiums gemäß Art. 13 Abs. 6 des Grundgesetzes – Drucksache 16/208 – Dazu liegt ein gemeinsamer Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der Linken und des Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/207 vor. Wer stimmt für diesen Antrag? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist einstimmig angenommen. Damit ist das Gremium nach Art. 13 Abs. 6 des Grundgesetzes eingesetzt und die Mitgliederzahl auf neun festgelegt. Zu diesem soeben eingesetzten Gremium liegen Wahlvorschläge aller fünf Fraktionen auf Drucksache 16/208 vor. Wer stimmt für diese Wahlvorschläge? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Wahlvorschläge sind wiederum einstimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 6 g: Ausschuss nach Art. 77 Abs. 2 des Grundgesetzes – Drucksache 16/209 – Dazu liegen Wahlvorschläge aller Fraktionen auf Drucksache 16/209 vor. Wer stimmt für diese Wahlvorschläge? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Wahlvorschläge sind einstimmig angenommen. Damit sind die Mitglieder und deren Stellvertreter im Vermittlungsausschuss gewählt. Tagesordnungspunkt 6 h: Vertreter der Bundesrepublik Deutschland in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (zugleich Vertreter in der Versammlung der Westeuropäischen Union)


(A) )


(B) )

mäß Art. 1 und 2 des Gesetzes über die Wahl
der Vertreter der Bundesrepublik Deutsch-
land zur Parlamentarischen Versammlung des
Europarates

– Drucksache 16/210 –

Dazu liegen Wahlvorschläge der Fraktionen der
CDU/CSU, der SPD, der FDP, der Linken und des Bünd-
nisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/210 vor. Wer
stimmt für diese Wahlvorschläge? – Gegenstimmen? –
Enthaltungen? – Die Wahlvorschläge sind einstimmig
angenommen. Damit sind die Vertreter der Bundesrepu-
blik Deutschland in der Parlamentarischen Versammlung
des Europarates, die zugleich Vertreter in der Versamm-
lung der Westeuropäischen Union sind, gewählt.

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(C (D Tagesordnungspunkt 6 i: Gremium gemäß § 23 c Abs. 8 des Zollfahndungsdienstgesetzes – Drucksache 16/211 – Wahlvorschläge aller fünf Fraktionen liegen auf rucksache 16/211 vor. Wer stimmt für diese Wahlvor chläge? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Wahlorschläge sind einstimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 6 j: Mitglieder des Verwaltungsrates der Kreditanstalt für Wiederaufbau – Drucksachen 16/212, 16/213 – Dazu liegen Wahlvorschläge der Fraktionen der CDU/ SU sowie Wahlvorschläge der Fraktionen der FDP und er Linken vor. Wer stimmt für den Wahlvorschlag der raktion der CDU/CSU auf Drucksache 16/212? – Wer timmt dagegen? – Wer enthält sich? – Das war jetzt nicht anz klar erkennbar. Ich wiederhole den Wahlgang. Es liegt der Wahlvorchlag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 16/212 ur Abstimmung vor. Wer stimmt gegen diesen Wahlorschlag? – Niemand. Wer enthält sich? – Was ist mit en Linken? Stimmen Sie mit oder stimmen Sie nicht it? (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Denn Sie wissen nicht, was sie tun!)


st es richtig, dass Sie sich enthalten? –


(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir enthalten uns!)


Ich weiß, dass sich die Grünen enthalten haben.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Die Linke hat sich verweigert, Herr Präsident!)


uch die Linke enthält sich, gut. Damit ist der Wahlvor-
chlag bei Enthaltung von Bündnis 90/Die Grünen und
er Linken angenommen.

Wer stimmt für die Wahlvorschläge der Fraktionen
er FDP und der Linken auf Drucksache 16/213? – Wer
timmt dagegen? – Wer enthält sich? – Es ist wirklich
ehr schwer, das Ergebnis festzustellen, weil in allen
raktionen unterschiedlich gestimmt wird.


(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/ CSU und der FDP)


Ich wiederhole diesen Wahlgang. Es stehen die Wahl-
orschläge der Fraktionen der FDP und der Linken auf
rucksache 16/213 zur Abstimmung. Wer stimmt für
iese Wahlvorschläge? – Jetzt sieht es schon besser aus.
er stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Wahl-

orschläge sind von allen Fraktionen bei Enthaltung von
ündnis 90/Die Grünen angenommen. Wenn es nicht
lappt, dann muss man es eben üben. Das ist so.


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 457


(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Tagesordnungspunkt 6 k:

Kuratorium der „Stiftung Denkmal für die er-
mordeten Juden Europas“

– Drucksache 16/214 –

Dazu liegen Wahlvorschläge der Fraktionen der
CDU/CSU, der SPD, der FDP, der Linken und des Bünd-
nisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/214 vor. Wer
stimmt für diese Wahlvorschläge? – Gegenstimmen? –
Enthaltungen? – Die Wahlvorschläge sind einstimmig
angenommen.

Tagesordnungspunkt 6 l:

Mitglieder des Beirats zur Auswahl von The-
men für die Sonderpostwertzeichen ohne Zu-
schlag beim Bundesministerium der Finanzen

(Programmbeirat)


– Drucksache 16/215 –

Dazu liegen Wahlvorschläge der Fraktionen der CDU/
CSU, der SPD und der FDP auf Drucksache 16/215 vor.
Wer stimmt für diese Wahlvorschläge? – Wer stimmt da-
gegen? – Wer enthält sich? – Die Wahlvorschläge sind
angenommen bei Zustimmung aller Fraktionen und Ent-
haltung von Bündnis 90/Die Grünen.

Tagesordnungspunkt 6 m:

Mitglieder des Beirats für die grafische Gestal-
tung der Postwertzeichen beim Bundesminis-
terium der Finanzen (Kunstbeirat)


– Drucksache 16/216 –

Auf Drucksache 16/216 liegen dazu die Wahlvor-
schläge der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD vor.
Wer stimmt für diese Wahlvorschläge? – Gegenstim-
men? – Enthaltungen? – Die Wahlvorschläge sind mit
gleichem Stimmergebnis angenommen, nämlich bei Zu-
stimmung aller Fraktionen und Enthaltung von Bünd-
nis 90/Die Grünen.

Tagesordnungspunkt 6 n:

Mitglieder des Beirats bei der Bundesnetz-
agentur für Elektrizität, Gas, Telekommuni-
kation, Post und Eisenbahnen

– Drucksache 16/247 –

Dazu liegen Wahlvorschläge der Fraktionen der
CDU/CSU, der SPD, der FDP, der Linken und des Bünd-
nisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/247 vor. Wer
stimmt für diese Wahlvorschläge? – Gegenstimmen? –
Enthaltungen? – Die Wahlvorschläge sind einstimmig
angenommen.

Wir kommen jetzt zu Überweisungen im vereinfach-
ten Verfahren ohne Debatte. Ich rufe die Tagesordnungs-
punkte 23 a bis 23 j sowie die Zusatzpunkte 3 a bis 3 c
auf:

23 a) Erste Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Bereinigung des Bundesrechts im Zuständig-
keitsbereich des Bundesministeriums für Ver-

(C (D braucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft – Drucksache 16/27 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz b)

gebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes über
die Bereinigung von Bundesrecht im Zustän-
digkeitsbereich des Bundesministeriums des
Innern

– Drucksache 16/28 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss

c) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die
Reform hufbeschlagrechtlicher Regelungen
und zur Änderung tierschutzrechtlicher Vor-
schriften

– Drucksache 16/29 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

d) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Zwölften Gesetzes
zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes
und der Außenwirtschaftsverordnung

– Drucksache 16/33 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Auswärtiger Ausschuss
Verteidigungsausschuss

e) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur
Bereinigung des Bundesrechts im Zuständig-
keitsbereich des Bundesministeriums für Wirt-
schaft und Arbeit

– Drucksache 16/34 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Ausschuss für Tourismus

f) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur
Änderung des Seeaufgabengesetzes

– Drucksache 16/35 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

g) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 8. April 2005 zwischen der Bun-
desrepublik Deutschland und Rumänien über
soziale Sicherheit

– Drucksache 16/37 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Auswärtiger Ausschuss

458 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

h) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung des Abkommens vom 31. März 1992 zur
Erhaltung der Kleinwale in der Nord- und Ost-

(Gesetz zur Ausweitung des ASCOBANSAbkommensgebiets)


– Drucksache 16/38 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz

i) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem
Übereinkommen vom 14. April 2005 über den
Beitritt der Tschechischen Republik, der Re-
publik Estland, der Republik Zypern, der Re-
publik Lettland, der Republik Litauen, der
Republik Ungarn, der Republik Malta, der
Republik Polen, der Republik Slowenien und
der Slowakischen Republik zu dem Überein-
kommen von 1980 über das auf vertragliche
Schuldverhältnisse anzuwendende Recht so-
wie zu dem Ersten und dem Zweiten Protokoll
über die Auslegung des Übereinkommens
durch den Gerichtshof der Europäischen Ge-

(Viertes Beitrittsübereinkommen zum Schuldvertragsübereinkommen)


– Drucksache 16/41 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

j) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu der
Zweiten Änderung des Übereinkommens vom
25. Februar 1991 über die Umweltverträglich-
keitsprüfung im grenzüberschreitenden Rah-
men (Zweites Espoo-Vertragsgesetz)


– Drucksache 16/43 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

ZP 3 a) Erste Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Ersten Geset-
zes über die Bereinigung von Bundesrecht
im Zuständigkeitsbereich des Bundesminis-
teriums der Justiz

– Drucksache 16/47 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Rainer Stinner, Daniel Bahr (Münster),
Rainer Brüderle, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der FDP

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(C (D Eigenverantwortung von Bosnien und Herzegowina stärken – Verfassungsprozess unterstützen und „Bonn Powers“ des Hohen Repräsentanten abschaffen – Drucksache 16/228 – Überweisungsvorschlag: Auswärtiger Ausschuss Verteidigungsausschuss c)

Dr. Norman Paech, Paul Schäfer (Köln),
Monika Knoche, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der LINKEN

Beendigung der Operation Althea und
Einrichtung einer internationalen nicht mi-
litärischen Polizeimission in Bosnien und
Herzegowina

– Drucksache 16/217 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Verteidigungsausschuss

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an
ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu
berweisen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
all. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Wir kommen nun zu den Tagesordnungspunkten 24 b
is 24 h sowie den Zusatzpunkten 4 a bis 4 e. Es handelt
ich um Beschlussfassungen zu Vorlagen, zu denen
eine Aussprache vorgesehen ist.

Tagesordnungspunkt 24 b:

Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-
nen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten
Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung
der Bundesnotarordnung

– Drucksache 16/106 –


(Erste Beratung 4. Sitzung)


Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses (6. Ausschuss)


– Drucksache 16/246 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Andrea Astrid Voßhoff
Christine Lambrecht
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Wolfgang Neskovic
Jerzy Montag

Der Rechtsausschuss empfiehlt in seiner Beschluss-
mpfehlung auf Drucksache 16/246, den Gesetzentwurf
nzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzent-
urf zustimmen wollen, um ihr Handzeichen. – Gegen-

timmen? – Enthaltungen? – Wie stimmen die Grünen in
iesem Fall ab? – Sie haben zugestimmt. Der Gesetzent-
urf ist damit in zweiter Beratung mit Zustimmung aller
raktionen angenommen.

Dritte Beratung

nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 459


(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist einstimmig angenommen.

Tagesordnungspunkt 24 c:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
über den Betrieb elektronischer Mautsysteme

(Mautsystemgesetz – MautSysG)


– Drucksache 16/32 –


(Erste Beratung 4. Sitzung)


Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

(15. Ausschuss)


– Drucksache 16/221 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Uwe Beckmeyer

Der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwick-
lung empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 16/221, den Gesetzentwurf in der Aus-
schussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen
wollen, um ihr Handzeichen. – Gegenstimmen? – Ent-
haltungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung
einstimmig angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist einstimmig angenommen.

Tagesordnungspunkt 24 d:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
über die Statistik zur Informationsgesell-

(Informationsgesellschaftsstatistikgesetz – InfoGesStatG)


– Drucksache 16/40 –


(Erste Beratung 6. Sitzung)


Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-

(9. Ausschuss)


– Drucksache 16/248

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Joachim Pfeiffer
Dr. Rainer Wend
Martin Zeil
Dr. Herbert Schui
Matthias Berninger

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie emp-
fiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Druck-
sache 16/248, den Gesetzentwurf in der Ausschussfas-
sung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetz-
entwurf zustimmen wollen, um ihr Handzeichen. – Ge-
genstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist
in zweiter Beratung einstimmig angenommen.

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(C (D Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – egenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf st einstimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 24 e: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie Bundesregierung Einundsiebzigste Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung – Drucksachen 15/5994, 16/135 Nr. 2.1, 16/249 – Berichterstattung: Abgeordnete Dr. Michael Fuchs Dr. Ditmar Staffelt Martin Zeil Dr. Herbert Schui Matthias Berninger Der Ausschuss empfiehlt, die Aufhebung der Verordung auf Drucksache 15/5994 nicht zu verlangen. Wer timmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt agegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehung ist einstimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 24 f: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Verordnung der Bundesregierung Vierte Verordnung zur Änderung der Verpackungsverordnung – Drucksachen 16/66, 16/135 Nr. 2.2, 16/234 – Berichterstattung: Abgeordnete Michael Brand Gerd Bollmann Michael Kauch Eva Bulling-Schröter Sylvia Kotting-Uhl Der Ausschuss empfiehlt, der Verordnung auf Druckache 16/66 zuzustimmen. Wer stimmt für diese Bechlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – ie Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von DU/CSU, SPD, der Linken und des Bündnisses 90/ ie Grünen gegen die Stimmen der FDP-Fraktion angeommen. Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsntrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/276. Wer timmt für diesen Entschließungsantrag? – Wer stimmt agegen? – Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag st mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD, der Linken nd des Bündnisses 90/Die Grünen bei Zustimmung der DP-Fraktion abgelehnt. 460 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms Tagesordnungspunkt 24 g: Beratung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses Übersicht 1 über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht – Drucksache 16/244 – Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist einstimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 24 h: Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/ CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Einsetzung einer Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ – Drucksache 16/196 – Wer stimmt für diesen Antrag? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist einstimmig angenommen. Die Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ ist damit eingesetzt. Wir kommen nun zur Abstimmung über die Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses. Das sind die Zusatzpunkte 4 a bis 4 e. Zusatzpunkt 4 a: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 1 zu Petitionen – Drucksache 16/229 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Sammelübersicht 1 ist einstimmig angenommen. Zusatzpunkt 4 b: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 2 zu Petitionen – Drucksache 16/230 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Sammelübersicht 2 auf Drucksache 16/230 ist einstimmig angenommen. Zusatzpunkt 4 c: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 3 zu Petitionen – Drucksache 16/231 – Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Sammelübersicht 3 ist einstimmig angenommen. g h C n m W l n v t S D l k G S t B i v s n h z s (C (D Zusatzpunkt 4 d: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 4 zu Petitionen – Drucksache 16/232 – Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Sammelübersicht 4 ist einstimmig angenommen. Zusatzpunkt 4 e: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 5 zu Petitionen – Drucksache 16/233 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer entält sich? – Sammelübersicht 5 ist mit den Stimmen von DU/CSU, SPD und FDP bei Gegenstimmen von Bündis 90/Die Grünen und Enthaltung der Linken angenomen. Ich rufe den Zusatzpunkt 5 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der FDP Haltung der Bundesregierung zur Berufung von Bundeskanzler a. D. Gerhard Schröder zum Aufsichtsratsvorsitzenden des Konsortiums Nordeuropäische Gaspipeline Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat das ort der Fraktionsvorsitzende der FDP-Fraktion, Kol ege Dr. Wolfgang Gerhardt. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich erin ere mich an viele Debattenbeiträge aus früheren Zeiten or allem von Sozialdemokraten bei Wechseln von poliischen Repräsentanten aus anderen Fraktionen als der PD in das wirtschaftliche Leben der Bundesrepublik eutschland oder anderer Länder. Sie haben jeweils, iebe Kolleginnen und Kollegen, aus einer Wolke hoch ondensierter Moral über all das geurteilt. Altkanzler erhard Schröder hat sich mit besonderen Beiträgen zur itzgestaltung von Unternehmen an der Debatte rege be eiligt. Das Wort „vaterlandslos“ war noch eine milde eschreibung, wenn es um Ereignisse ging, wie sie auch n dem vorliegenden Fall eine Rolle spielen. Jetzt sagen Sie, das sei alles eine persönliche bzw. priate Entscheidung des Altkanzlers. Das ist aber auch chon alles, was richtig ist. Alles andere ist falsch und icht zu vertreten. Das wird auch in Ihren eigenen Reien nicht bestritten. Der Altkanzler Gerhard Schröder pfeift auf die Prinipien, die er als Bundeskanzler mit tatkräftiger Untertützung der Sozialdemokraten vertreten hat. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 461 Dr. Wolfgang Gerhardt Das ist nicht eine Behauptung von mir; das ist in Zeitungen nachzulesen. Ich füge noch eine Bemerkung hinzu: „Aber es ist der Stil, wenn nicht die politische Moral, der selbst enge Weggefährten abstößt.“ Das schreibt die „Zeit“ unter der Überschrift „Egotrip“. Das ist der Punkt, den wir hier besprechen müssen. Nennen wir es zunächst einmal ganz vorsichtig ungeschickt oder bezeichnen wir es als Zusammentreffen glücklicher wie unglücklicher Umstände. Die Zeittabelle in Bezug auf die Unterzeichnung des Abkommens stellt sich wie folgt dar: erste Meldungen aus Russland, dass der Altkanzler erwäge, eine solche Position anzunehmen; Dementi des früheren Regierungssprechers Anda; im Nachhinein hin und her gewendete Debatte, ob denn die deutschen Beteiligten schon zugestimmt hätten; Aussage des neu gewählten Vorsitzenden der SPD – im Nachhinein interpretiert –, er habe Freitag mit Mittwoch verwechselt, als die Anfrage gekommen sei. Es gab noch viele weitere unterschiedliche Erklärungen. Sie erinnern mich an Transfers von Spielern in der Bundesliga, von denen kluge Manager sagen, sie seien das Muster eines falsch geführten Stars. Bei dem Altkanzler handelt es sich nicht um das Muster eines falsch geführten Stars; er ist gar nicht geführt worden. Er ist noch nicht einmal beraten worden. Kein vernünftiger Mensch hätte ihm den Rat geben können, eine solche Entscheidung zu treffen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Peter Rauen [CDU/ CSU])


(A) )


(B) )


(Beifall bei der FDP)

Dr. Wolfgang Gerhardt (FDP):
Rede ID: ID1600806600

(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(A) )


(B) )


(Widerspruch bei der SPD)


Jetzt will ich an die Sozialdemokraten klar sagen:


(Jörg Tauss [SPD]: Bangemann!)


Sie wissen wie ich, wo das Betreiberkonsortium seinen
Sitz nimmt. Wissen Sie das? Weiß das der Altkanzler?


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: In der Schweiz!)


Aus Angst vor der Steuerpolitik der SPD im Kanton
Zug.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Was haben Sie früher über Unternehmen gesagt, die
Standortentscheidungen dieser Art getroffen haben? Da
versagt die deutsche Sprache, trotz ihrer durchaus kraft-
vollen Möglichkeiten.


(Christine Lambrecht [SPD]: Haben Sie was dagegen?)


Die Zeit für den Debattenbeitrag in der Aktuellen Stunde
ist zu kurz, um alles vorzulesen. Die Zeitungsausschnitte
stehen auch Ihnen zur Verfügung. Ich empfehle Ihnen
die Lektüre. Der Sitz des Betreiberkonsortiums soll der
Kanton Zug sein. Hätten Sie sich in Ihren kühnsten Träu-
men vorgestellt, liebe Kolleginnen und Kollegen von der
SPD, dass ein einstmals von Ihnen gestellter Bundes-

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(C (D anzler in führender Funktion in ein russisches Staatsunernehmen eintritt, dessen Entscheidungsfindungen weifellos vom Kreml bestimmt werden und dessen Entcheidungsgremium seinen Sitz auch noch im Kanton ug nimmt? Niemals. Es gibt dafür keine Begründung. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Wir haben ein Interesse an Transformationsprozessen
n Russland, auch ein Interesse an einer freien Presse.
ie wissen so gut wie ich, dass Gasprom-Media nicht ge-
ade ein Unternehmen ist, das zu einer freien Presseland-
chaft in Russland beiträgt.

Sie mögen jetzt sagen: Das hat mit dem Gasgeschäft
ichts zu tun. Es ist aber demselben Unternehmen zuge-
rdnet. Die Wochenzeitung „Die Zeit“ schreibt: Gas-
rom ist ein Monopolist mit Fernsehsender, „ein Polit-
nternehmen im Cockpit des Kreml“. Mit dem
nternehmerischen Ethos, das Sie, meine Damen und
erren von der SPD, hierzulande immer einfordern, hat
as überhaupt nichts zu tun.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die deutsch-russischen Beziehungen sind wichtig.
ber Sie dürfen deshalb nicht unter den Teppich kehren,
as Ihr Altkanzler hier unternimmt. In Polen, in den bal-

ischen Staaten, in der Ukraine hören wir dieselben kriti-
chen Stimmen, was den Pipelinebau und sämtliche Vor-
äufe betrifft, und dort fühlt man sich jetzt bestätigt. Ich
enne keinen einzigen internationalen Kommentar in ir-
endeiner Zeitung dieser Welt, der den Sachverhalt an-
ers beschreibt, als ich ihn hier im Debattenbeitrag für
ie Bundestagsfraktion der FDP vortrage.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich zitiere zum Abschluss zwei hochinteressante Mei-
ungen aus Ihren eigenen Reihen. Der Kollege Reinhard
chultz findet es im Gegensatz zu den zahlreichen von
ir zitierten Kommentaren eher beruhigend, dass
chröder und nicht ein Mitglied der russischen Nomen-
latura den Pipelinebau steuert. An Schlichtheit ist das
icht zu überbieten.


(Heiterkeit und Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der Kollege Scheer hat gesagt, Schröder habe offen-
ichtlich der Instinkt verlassen. Ich will es etwas deutli-
her sagen – bezichtigen Sie mich nicht des Plagiats,
eil es ein prominentes Mitglied dieses Hauses schon
esagt hat –: Es ist wirklich instinktlos, was der Altkanz-
er getan hat, und deshalb muss das hier besprochen wer-
en.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


462 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



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Dr. Wolfgang Gerhardt
Das ist nicht im Interesse der Bundesrepublik Deutsch-
land. Das ist nicht im europäischen Interesse. Das ist
noch nicht einmal im Interesse der Gewerkschaften. Sie
wissen doch, was er auf dem Gewerkschaftstag gesagt
hat:


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600806700

Herr Gerhardt, kommen Sie zum Schluss, bitte.


Dr. Wolfgang Gerhardt (FDP):
Rede ID: ID1600806800

Ich weiß jetzt, wohin ich gehöre. Auch wir wissen es

jetzt.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600806900

Zur Geschäftsordnung hat der Kollege Koppelin das

Wort.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1600807000

Herr Präsident, die Fraktion der FDP hat diese

Aktuelle Stunde beantragt, damit die Haltung der Bun-
desregierung erklärt wird. Auf der Rednerliste steht kein
Mitglied der Bundesregierung. Wir beantragen daher,
den Vizekanzler herbeizurufen.


(Beifall bei der FDP und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600807100

Es ist also ein Geschäftsordnungsantrag gestellt wor-

den. Meldet sich jemand zur Widerrede zu Wort? – Bitte
schön, Herr Benneter.


Klaus Uwe Benneter (SPD):
Rede ID: ID1600807200

Die Bundesregierung hat ihre Haltung klar dargetan.


(Lachen bei der FDP – Jürgen Koppelin [FDP]: Wo denn?)


Insbesondere hat der Vizekanzler deutlich gemacht,


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Aber nicht im Parlament!)


dass es im deutschen Interesse liegt, dass der ehemalige
Bundeskanzler die Oberaufsicht über eine solche Gesell-
schaft übernimmt. Insofern spreche ich mich gegen die-
sen Antrag aus und rufe dazu auf, ihn abzulehnen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Wir wollen Münte hören!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600807300

Wir kommen zur Abstimmung. Wer für den Antrag

ist, den Vizekanzler herbeizuzitieren, den bitte ich um
das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? –

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(C (D ir sind im Präsidium einig, dass die Mehrheit für den ntrag gestimmt hat. (Beifall bei der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


eshalb bitte ich darum, dass der Vizekanzler herbeige-
ufen wird.

Bis dahin unterbreche ich die Sitzung.


(Unterbrechung von 13.35 bis 13.52 Uhr)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600807400

Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.

Der Herr Vizekanzler ist eingetroffen. Vielen Dank,
ass Sie so schnell gekommen sind, Herr Müntefering.

Bevor wir in der Aktuellen Stunde fortfahren, möchte
ch Ihnen schnell die Wahlergebnisse bekannt geben.

ahl der Mitglieder des Wahlausschusses gemäß § 6
bs. 2 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht:

bgegebene Stimmen 566, davon gültig 563, Enthaltun-
en 4, ungültige Stimmen 3. Fraktionen der CDU/CSU
nd der SPD 409 Stimmen, Fraktion der FDP 54 Stim-
en, Fraktion Die Linke 51 Stimmen, Fraktion des
ündnisses 90/Die Grünen 45 Stimmen.1)

Die Fraktionen der CDU/CSU und der SPD erhalten
eun Mitglieder, die übrigen Fraktionen jeweils ein Mit-
lied. Nach § 6 Abs. 2 des Gesetzes über das Bundesver-
assungsgericht sind die Mitglieder in der Reihenfolge
ewählt, in der ihr Name auf dem Wahlvorschlag er-
cheint. Die Namen der gewählten Mitglieder entneh-
en Sie bitte den Drucksachen 16/201 bis 16/204.

Sodann Wahl der Mitglieder des Richterwahlaus-
chusses gemäß § 5 des Richterwahlgesetzes: abgege-
ene Stimmen 561, davon gültig 557, Enthaltungen 1,
ngültige Stimmen 4. Von den gültigen Stimmen entfie-
en auf die Wahlvorschläge der Fraktionen der CDU/
SU und der SPD 403, auf den Wahlvorschlag der Frak-

ion der FDP 56, auf den der Fraktion Die Linke 50 und
uf den der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen 47.2)

Die Fraktionen der CDU/CSU und der SPD erhalten
3 Mitglieder, die Fraktionen der FDP, der Linken und
es Bündnisses 90/Die Grünen jeweils ein Mitglied.
ach § 5 Abs. 2 des Richterwahlgesetzes sind die Mit-
lieder und ihre Stellvertreter in der Reihenfolge ge-
ählt, in der die Namen auf den Wahlvorschlägen er-

cheinen. Die Namen der gewählten Mitglieder und
tellvertreter entnehmen Sie bitte den Drucksachen 16/188
is 16/191.

Jetzt fahren wir in der Aktuellen Stunde fort. Das
ort hat der Kollege Hermann Gröhe von der CDU/
SU-Fraktion.


Hermann Gröhe (CDU):
Rede ID: ID1600807500

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und

erren! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Die Be-

Verzeichnis der Teilnehmer an der Wahl siehe Anlage 2
Verzeichnis der Teilnehmer an der Wahl siehe Anlage 3

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 463


(A) )



(B) )


Hermann Gröhe
rufung von Altbundeskanzler Gerhard Schröder zum
Aufsichtsratsvorsitzenden des Konsortiums Nordeuro-
päische Gaspipeline hat viele Fragen, viel Irritation, Ver-
ärgerung und – wohl auch unter den eigenen Anhän-
gern – Enttäuschung ausgelöst.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Der Präsident des Deutschen Bundestages, Dr. Norbert
Lammert, hat deutliche Worte dazu gefunden und damit
sicher für viele von uns gesprochen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Dankbar bin ich aber auch für eine Reihe kritischer An-
merkungen aus den Reihen der SPD, die deutlich ma-
chen: Die kritisch diskutierte private Entscheidung des
Altbundeskanzlers ist nichts, was das Miteinander der
Koalitionsfraktionen berührt.

Im Hinblick auf die Haltung der Unionsfraktion
möchte ich daran erinnern, dass wir bereits bei der Un-
terzeichnung des Vertrages über die Gaspipeline gesagt
haben: Wir bejahen die darin zum Ausdruck kommende
Vertiefung der deutsch-russischen Energiepartnerschaft.
Zugleich kritisieren wir aber die unzureichende Informa-
tionspolitik gegenüber den baltischen Staaten, Polen und
der Ukraine. – Wir müssen doch wissen, welche Ängste
in diesen Staaten eine Politik auslöst, die den Eindruck
erweckt, über ihre Köpfe hinweg zu geschehen. Deshalb
sind wir dankbar dafür, dass die Bundeskanzlerin Angela
Merkel und der Bundesaußenminister Steinmeier deut-
lich gemacht haben, dass wir gerade in der Zusammenar-
beit mit unseren mittel- und osteuropäischen Nachbarn
eine besondere Bedeutung sehen. Das ändert nichts am
Ziel einer weiteren Vertiefung der deutsch-russischen
Partnerschaft, stellt aber eine wichtige und, wie ich
meine, notwendige Ergänzung dieser Politik dar.

Den außenpolitischen Kommunikationsmängeln im
Vorfeld der Vertragsunterzeichnung folgt nun ein per-
sönliches Verhalten, das weitere Fragen auslöst: Wann
wurde diese geschäftliche Zusammenarbeit ins Auge ge-
fasst? Können ein ehemaliger Stasi-Offizier und ein
weitgehend von einem ausländischen Staat kontrolliertes
Unternehmen überhaupt, also auch jenseits der jetzt dis-
kutierten Karenzzeiten, angemessene Partner für einen
ehemaligen deutschen Regierungschef sein?


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Brauchen wir einen Ehrenkodex für ehemalige Regie-
rungsmitglieder?

Die erste Frage kann nur der Betroffene beantworten;
gute Freunde werden ihm dies sicherlich raten.


(Jürgen Koppelin [FDP]: Hat er welche?)


Die zweite Frage beantworte ich mit einem klaren Nein.
Intensiver sollten wir uns mit der dritten Frage beschäfti-
gen.

Wir jedenfalls werden uns einer ernsthaften Debatte
über einen Ehrenkodex nicht verweigern.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


rste Vorschläge, beispielsweise in Anlehnung an die
egelungen für ehemalige Mitglieder der EU-Kommis-

ion, wurden bereits gemacht. Entrüstung ist für die vor
ns liegende Debatte allerdings ein schlechter Ratgeber,
uch die „nachgeholte Entrüstung“ der Partei des ehema-
igen Bundesaußenministers über eine nun plötzlich zu
nge Freundschaft Schröders mit Putin, an der man noch
or wenigen Wochen überhaupt nichts Kritikwürdiges
and.

Ich verhehle hier aber nicht, dass ich Zweifel an ei-
em schriftlich fixierten Ehrenkodex habe. Anstand er-
eicht man nicht mit einem komplizierten Regelwerk,


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


as zudem sehr differenziert und folglich sehr kompli-
iert sein müsste. Wir wollen ja einen engeren Austausch
wischen Wirtschaft und Politik, was auch Berufswech-
el zwischen diesen Bereichen einschließen muss,


(Jörg Tauss [SPD]: Ach!)


erufswechsel übrigens, die in anderen Ländern übli-
her sind, was man hierzulande nicht selten beklagt. Zu-
em gilt Art. 12 des Grundgesetzes, die Freiheit der Be-
ufswahl, natürlich auch für ehemalige Spitzenpolitiker.
uch mag ein schriftlich fixierter Ehrenkodex geradezu

n die Versuchung führen, seine Grenzen austesten zu
ollen. Aber macht es nicht gerade Anstand aus, auch
ach den Buchstaben des Gesetzes Erlaubtes zu unterlas-
en, weil es sich eben nicht gehört?


(Beifall des Abg. Jürgen Koppelin [FDP])


uch darüber sollten wir im Rahmen der Debatte über
inen Ehrenkodex nachdenken.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600807600

Das Wort hat der Kollege Bodo Ramelow von der

inken.


(Beifall bei der LINKEN)



Bodo Ramelow (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1600807700

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrter

err Präsident! Ich kann Herrn Gerhardt in der inhaltli-
hen Analyse über den hier in Rede stehenden Vorgang
ur zustimmen, möchte aber erwähnen, dass die FDP als
ntragstellerin dieser Aktuellen Stunde allen Grund hat,

ich an die eigene Nase zu fassen.


(Beifall bei der LINKEN)


en Ehrenkodex im europäischen Rahmen haben wir
chließlich Herrn Bangemann zu verdanken, der sich ja
ehr bei Telefonica engagiert hat.

Das wirft ein anderes Problem auf, über das wir, wie
ch denke, viel gründlicher miteinander reden sollten:

464 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



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Bodo Ramelow
Reicht ein Ehrenkodex für die Vorgänge, über die wir
hier reden, aus oder sind nicht eher transparente Regeln
für Politik und Wirtschaft notwendig?


(Beifall bei der LINKEN)


Ich möchte das an einem aktuellen Beispiel verdeutli-
chen. Der Gammelfleischskandal in Deutschland zeigt,
wie notwendig es ist, eine gläserne Produktion und re-
gelmäßige Kontrollen in der gesamten Kette vom
Schlachthaus bis zum Supermarkt zu haben. Eine ähnli-
che klare und transparente Kette bräuchten wir auch für
die deutsche Politik. Das zeigt der aktuelle Vorgang.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Sie sollten Herrn Schröder nicht mit Gammelfleisch vergleichen! Das geht zu weit!)


– Sie können die Schlussfolgerungen ziehen, die Sie
wollen. Ich würde mir nicht erlauben, die FDP mit Gam-
melfleisch zu vergleichen. Ich rede von der Kette zwi-
schen Politik und Gesetzgebung. In dieser Kette ist eini-
ges nicht in Ordnung.

Das geht mit den Verhaltensregeln für unsere Abge-
ordneten los. Ich möchte Sie von der FDP ermuntern, Ih-
ren Widerstand aufzugeben. Ich denke, wir brauchen
transparente Regeln, die dazu verpflichten, dass alle Ne-
bentätigkeiten von uns Abgeordneten offen gelegt wer-
den.


(Beifall bei der LINKEN – Christine Lambrecht [SPD]: Das ist schon Gesetz! – Jörg Tauss [SPD]: Inklusive der Stasi!)


– Wissen Sie, Ihre Nähe zur Stasi, die Sie gerade mit Ih-
rem Herrn Schröder offenbaren, sollten Sie bei sich sel-
ber ausmachen. Ich finde es absonderlich, wie Sie jetzt
auf andere zeigen.

Aber, meine Damen und Herren, es gibt etwas viel
Wichtigeres als Ihre dämlichen Zwischenrufe;


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Widerspruch bei der SPD – Dr. Uwe Küster [SPD]: Wir sind nicht auf dem Jahrmarkt! – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das ist keine parlamentarische Ausdrucksweise! – Jörg Tauss [SPD]: Getroffene Hunde bellen! Volltreffer!)


das ist die Ministererlaubnis, mit deren Hilfe sich die
Politik über Entscheidungen von Gerichten oder Kon-
trollkommissionen hinwegsetzen kann. Bei Herrn
Müller wusste man nie: Ist er der Vertreter der Wirt-
schaft in der Regierung oder gehört er zum Parlament
und wird durch dieses kontrolliert? Wir fordern deswe-
gen die Abschaffung der Ministererlaubnis


(Beifall bei der LINKEN)


und sagen ganz klar: Auch bei der anstehenden Entschei-
dung zu Pro Sieben Sat. 1 und Springer darf es keine
Ministererlaubnis geben. Wir werden eine gesetzliche
Regelung einbringen und Sie dann bitten, sich klar zu
entscheiden, ob Ministererlaubnisse zulässig bleiben sol-
len oder nicht. Wir werden die FDP klar fragen, ob die

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(C (D egelungen über die Einkünfte von Abgeordneten sauer dargelegt werden. In diesem Sinne würde ich mir mehr Transparenz von en deutschen Politikern wünschen. (Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Jörg Tauss [SPD]: Ausgerechnet der Ramelow!)


Sie können meine Spendenabrechnungen im Internet
achlesen. Ich würde mich freuen, auch Ihre lesen zu
önnen. Es wäre schön, wenn sie transparent wären, aber
hnen ist es ja schon zu viel, sie dem Präsidenten zu mel-
en.


(Beifall bei der LINKEN)


Mehr Transparenz in der deutschen Politik bedeutet
lare Abgrenzung. Es muss deutlich gemacht werden,
ass diejenigen, die zehn Tage vor der Wahl einen Ver-
rag unterschreiben, nicht einen Monat nach der Wahl für
as gleiche Unternehmen – zudem „outgesourct“ in ei-
em Steuersparland – die Position des Aufsichtsratsvor-
itzenden übernehmen können. Ich finde, Herr
esterwelle, das riecht stark nach Gammelfleisch. In

iesem Sinne sind wir für Transparenz in der deutschen
olitik. Wir fordern Herrn Schröder auf, das Mandat
icht anzunehmen.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600807800

Obwohl das sicher ein umstrittener Beitrag war, gra-

uliere ich Ihnen zu Ihrer ersten Rede im Deutschen Bun-
estag.


(Beifall bei der LINKEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das Wort hat jetzt der Kollege Klaus Uwe Benneter
on der SPD-Fraktion.


Klaus Uwe Benneter (SPD):
Rede ID: ID1600807900

Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Liebe

olleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich den Ver-
uch unternehmen, die Debatte wieder zur Sachlichkeit
urückzuführen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ch sehe keine Irritation und auch keine Verärgerung da-
über, wie sich der Bundeskanzler a. D. verhalten hat.

ir haben in der jetzigen Situation erstmals die Chance,
ine direkte Anbindung an die russischen Gasvorräte in
estsibirien zu bekommen. In der nächsten Zeit wird

as Volumen des Erdgasimports mit Sicherheit sehr stark
teigen. Das müsste jeder wissen, der sich ernsthaft da-
it auseinander setzt – gerade auch die Partei der Auf-

ichtsräte, die sich jetzt so empört.


(Beifall bei der SPD – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Das hat Herr Struck bei seinen Äußerungen nicht bedacht!)


Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 465


(A) )



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Klaus Uwe Benneter
Das zusätzlich produzierte Gas muss nach Europa trans-
portiert werden. Bisher existieren dafür zwei Pipelines,
eine Südroute und eine Route, die durch Polen und
Weißrussland führt. Jeder weiß um die technischen und
politischen Schwierigkeiten, die mit der Produktion und
dem Gastransport nach Deutschland zusammenhängen.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Führt die Südroute durch die Schweiz?)


Die Ostseepipeline bietet uns die Chance, unabhängig
von den zwischengeschalteten Staaten direkt an die
Energieversorgung angeschlossen zu werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Auch die Grünen müssten wissen, dass in der nächs-
ten Zukunft Windkrafträder allein nicht ausreichen wer-
den. Wir brauchen diesen Öltransport.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Es geht um Gas und um Kohle, nicht um Öl!)


– Entschuldigung. Wir brauchen diesen Gastransport
nach Europa.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Die Pipeline wird in Greifswald anlanden. In Greifswald
wird die Verteilung Richtung Nordwesteuropa erfolgen.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Und Schröder verteilt es dann!)


Das wird die wirtschaftlichen Möglichkeiten in einem
Landstrich verbessern, der darauf angewiesen ist, mit-
hilfe neuer Technologien nach vorne zu kommen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Diese dritte, unabhängige Verbindung verläuft
100 Kilometer entfernt von der polnischen Grenze. Inso-
fern kann sie auch zu einer sicheren Gasversorgung Po-
lens beitragen.

Der ehemalige Bundeskanzler wurde von russischer
Seite angesprochen, ob er den Aufsichtsratsvorsitz für
dieses europapolitisch, geostrategisch, energie- und wirt-
schaftspolitisch wichtige


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Galaktische!)


Projekt übernehmen will. In dieser Situation hat sich
Gerhard Schröder, dem die Stärkung der deutsch-russi-
schen Beziehungen durch ein gemeinsames, technolo-
gisch nach vorne gerichtetes Projekt immer ein Anliegen
war, bereit erklärt, die Oberaufsicht über diese Gesell-
schaft zu übernehmen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Mutter Teresa!)


Über Geld ist überhaupt noch nicht gesprochen worden.


(Lachen bei der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


– Ihre Phantasie geht mit Ihnen durch. Sie von der FDP
sind ja Kenner der Materie, wenn es um Aufsichts-

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(C (D atstantiemen geht. – Gerhard Schröder hat im ureigenen nteresse Deutschlands die Oberaufsicht für ein Projekt bernommen, das im energiepolitischen und im energieirtschaftlichen Interesse Deutschlands liegt. Das muss edem klar sein. (Beifall bei der SPD – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Das sieht Struck aber anders!)


Gerade angesichts unserer geostrategischen Situation
allerorten hört man „Weg vom Öl!“ – und der Entwick-
ung der Ölpreise, die ein Erpressungs- und Nötigungs-
otenzial der Ölstaaten uns gegenüber nahe legt, müssen
ir Wert darauf legen, dass das produzierte Gas mög-

ichst direkt nach Deutschland und Mitteleuropa kommt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


enau diesem Projekt widmet sich Gerhard Schröder. In
iesem Sinne übernimmt er die Oberaufsicht. Es liegt im
reigenen Interesse Deutschlands, wenn Gerhard
chröder sich so betätigt.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Opfert!)


Herr Kollege Gröhe, Gerhard Schröder bewegt sich in
er Linie seiner Kanzlerschaft, in der Linie dessen, was
r durchsetzen wollte.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Ja, ja!)


ch sehe keinen Anlass, deshalb einen Ehrenkodex ein-
ufordern. Außerdem hieße das ja nur: Wenn jemand
ine Tätigkeit übernehmen will, hat er sie vorher anzu-
elden, damit dann andere darüber entscheiden können,

b er diese Position übernehmen darf oder nicht. Ich bin
icher, dass die Bundesregierung der Meinung ist – das
at der Wirtschaftsminister von der CSU klar zum Aus-
ruck gebracht –, dass es im Interesse Deutschlands ist,
enn Gerhard Schröder den Aufsichtsratsvorsitz über-
immt. Ich denke, auch die CDU/CSU-Fraktion sollte
as so sehen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600808000

Das Wort hat jetzt der Kollege Matthias Berninger

om Bündnis 90/Die Grünen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ab-

eordnete Benneter hat davon gesprochen, dass wir alle
avon ausgehen müssen, dass sich Altbundeskanzler
erhard Schröder geopfert hat. Ich stelle jedoch fest:
as Einzige, was der Altbundeskanzler geopfert hat, ist

ein Ruf.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der FDP und der LINKEN)


einen Ruf so leichtfertig zu opfern ist eine politische
selei.

466 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



(B) )


Matthias Berninger
Ich denke, wir müssen uns mit zwei Fragen beschäfti-
gen. Die erste Frage lautet: Von wem hängen wir, was un-
sere Energieversorgung angeht, ab? Wir hängen bei-
spielsweise von Russland ab, was unsere Versorgung mit
Erdgas betrifft, und wir hängen unter anderem von eini-
gen arabischen Staaten ab, wenn es um unsere Versor-
gung mit Erdöl geht. Wir können also nicht immer nur
froh und glücklich darüber sein, welche Regierungen und
Konzerne dort das Sagen haben und wie die jeweiligen
Machtstrukturen sind. Das ist der erste wichtige Punkt.

Der zweite wichtige Punkt ist die Debatte darüber, ob
Politikerinnen und Politiker gleichzeitig zu ihrer Tätig-
keit im Parlament, im Anschluss daran oder vorher in
der Wirtschaft tätig sein dürfen. Dafür gibt es viele Bei-
spiele. Ich nenne zum einen Friedrich Merz und zum an-
deren Klaas Hübner von der SPD-Fraktion. Beide sind
aus einer unternehmerischen Tätigkeit heraus vor den
Wähler getreten und haben sich wählen lassen. Es ist ab-
solut legitim, dass Politiker gleichzeitig zu ihrer Tätig-
keit im Parlament auch in der Wirtschaft tätig sind.

Das Problem dieser Debatte bestand darin – hier ha-
ben, wie ich finde, auch die Kollegen von der FDP über-
zogen –, dass man die Tätigkeit von Politikerinnen und
Politikern in der Wirtschaft generell in Misskredit ge-
bracht hat. Das Kernproblem von Gerhard Schröder ist,
dass sein Verhalten eine öffentliche Reaktion hervorge-
rufen hat, die dazu geführt hat, dass die empörte Öffent-
lichkeit sofort die generelle Trennung von Politik und
Wirtschaft forderte. Ich aber meine, dass Leute mit un-
ternehmerischem Hintergrund hier im Parlament durch-
aus ihren Platz haben und dass sie zum Beispiel durch
das Verhalten des Altbundeskanzlers Gerhard Schröder
in ihrer Arbeit diskreditiert werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)


Der Name Bangemann ist ja schon gefallen und die
Bemerkung von Herrn Söder, der gesagt hat, man dürfe
Herrn Schröder jetzt nicht mehr Altbundeskanzler nen-
nen, fand ich nicht in Ordnung. Das hat mich an dieser
Debatte etwas gestört. Denn ich denke, dass sich die Em-
pörung sehr in Grenzen halten sollte. Aufseiten der
Union sollte man beispielsweise einmal an Helmut Kohl
und seine Tätigkeit für Kirch denken. Darüber haben Sie
von der SPD sich damals zu Recht empört. Deswegen
ärgere ich mich, dass Sie jetzt vergleichsweise rückhalt-
los hinter dem Bundeskanzler stehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich glaube, dass es jenseits eines Ehrenkodexes, über
den auch wir innerhalb der Grünen-Fraktion reden soll-
ten, ein ganz klares Kriterium für Anstand gibt. Ich finde
es unanständig, wenn der Altkanzler der Bundesrepublik
Deutschland den Aufsichtsratsvorsitz einer Tochter der
Gasprom übernimmt.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Nein! Im Gegenteil!)


Lassen Sie mich das begründen. Ich finde das erstens
unanständig – darauf hat Herr Gerhardt bereits hinge-

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(C (D iesen –, weil die Gasprom in Russland aufgrund ihrer nternehmerischen Verzweigtheit nicht gerade für bürerliche Freiheitsrechte steht, sondern im Gegenteil siehe den Fall Chodorkowski – auch davon profitiert, ass Leute inhaftiert werden und der russische Staat seien starken Arm zeigt. Es gibt sehr viele nicht namentich zu nennende Personen aus dem Medienbereich, die nter der Gasprom zu leiden haben. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP – Klaus Uwe Benneter [SPD]: Ach! Das ist eine deutsch-russische Pipeline!)


Ich finde es nicht anständig, eine Führungsposition
ei der Gasprom zu übernehmen, deren Vorstandsvorsit-
ender ein Ex-Stasimajor ist, der zuvor zufälligerweise
irtschaftsspionage im Bankenbereich betrieben hat

nd bei der Dresdner Bank tätig war; so viel zum Namen
arnig. Unanständig finde ich das auch deshalb, weil

ie Gasprom ein Bild von Europa hat, an dem ich Sie
och einen Moment lang teilhaben lassen möchte. Die
asprom hat vorgestern ein Pressegespräch gemacht und
ort der Öffentlichkeit den Hintergrund des Baus der
aspipeline vorgestellt. Unter der Überschrift „Die
orddeutsche Gaspipeline – Versorgungssicherheit für
uropa“ wurden eine Reihe von Gründen für den Bau
er Pipeline genannt. Man kann dafür oder dagegen sein,
ass durch die Ostsee hindurch eine solche Pipeline ge-
aut wird; das ist eine wirtschaftspolitische Entschei-
ung. Aber dann wurde folgende Begründung genannt:
in Grund für den Bau dieser Pipeline sei die Vermei-
ung unkalkulierbarer Risiken bei der Durchleitung des
ases durch das Territorium von Drittstaaten. Ich
öchte hier für den ganzen Deutschen Bundestag fest-

tellen, dass die baltischen Staaten und Polen Teile der
uropäischen Union sind


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Sehr richtig!)


nd dass ich deshalb nicht glaube, dass es unkalkulier-
are Risiken gibt.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Sehr richtig!)


iese Länder sind unsere Partner in der Europäischen
nion. Deswegen ist es unanständig, ein solches Unter-
ehmen mit seinem guten Namen zu schmücken.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


Herr Präsident, lassen Sie mich schließen mit einer
pontanen Äußerung von Peter Struck – für mich je-
and, der in seiner Tätigkeit als Politiker wirklich eine
orbildfunktion hat –, der am Sonntag im ZDF etwas ge-
agt hat, womit er mir aus der Seele gesprochen hat. Er
at den schlichten Satz gesagt: Ich hätte das nicht ge-
acht. – Ich finde, man kann ergänzen: Herr Altbundes-

anzler Schröder, verzichten Sie auf diesen zweifelhaf-
en Job! Sie haben das nicht nötig und dieses Land hat
as nicht nötig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 467


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(B) )


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600808100

Das Wort hat jetzt Herr Bundesminister Franz

Müntefering.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Franz Müntefering, Bundesminister für Arbeit und
Soziales:

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei
dieser Aktuellen Stunde war kein Minister auf der Re-
gierungsbank. Das ist dem Parlament gegenüber nicht
angemessen und ich bedaure das; das haben wir von der
Bundesregierung miteinander zu besprechen. Ich will
versuchen, dafür zu sorgen, dass wir da in Zukunft bes-
ser sortiert sind.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der FDP)


Ich will zunächst sagen, dass diese Ostseepipeline ein
Projekt von großer Sinnhaftigkeit ist; das ist von einigen
Kollegen schon angesprochen worden. Es geht um die
Energiesicherheit Deutschlands. Das Unternehmen, das
diese Ostseepipeline errichtet, ist ein internationales: Es
gehört zu 51 Prozent Gasprom und zu 49 Prozent deut-
schen Beteiligungen. Das Projekt an sich ist nicht neu:
Wir kennen es seit einiger Zeit und haben es gestützt und
gefördert. Es ist auch nicht wegzureden mit dem Hin-
weis, dass es bereits eine Gaspipeline gibt, die durch
Polen führt. Die Pipeline, die jetzt gebaut wird, soll nicht
nur Deutschland versorgen, sondern weitergeführt wer-
den in die Niederlande, nach Großbritannien und in an-
dere europäische Länder. Diese Bundesregierung hat,
wie die Bundesregierung davor, zum Ausdruck gebracht:
Sie ist für dieses Projekt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es bedeutet eine Diversifizierung, die angesichts der
Probleme, die die Energieversorgung in dieser Welt be-
reitet, vernünftig ist. Deshalb kann doch kein Mensch in
diesem Haus ernstlich infrage stellen, dass es sinnvoll
ist, diese Pipeline zu bauen und noch mehr Sicherheit in
unsere Energieversorgung zu bringen, indem wir sie di-
versifizieren.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dirk Niebel [FDP]: Das ist nicht das Thema der Aktuellen Stunde!)


– Der Weg weg vom Öl ist ein Thema, das uns alle mit-
einander verbinden muss.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Nun hat die FDP eine Frage an die Bundesregierung
gestellt. Genauer muss ich sagen: die Spaß-FDP; ich er-
kenne Sie alle wieder heute. Mit einem Augenzwinkern
sind Sie unterwegs, haben geglaubt, sie könnten sich ei-
nen Jux daraus machen. Aber die Haltung der Bundesre-
gierung zu dem Projekt dieser Ostseepipeline ist rundum

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(C (D ositiv und zustimmend; das will ich hier noch einmal eststellen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dirk Niebel [FDP]: Das ist doch gar nicht nötig!)


as hat auch damit zu tun, dass der Bundeswirtschafts-
inister dabei war, als die erste Schweißnaht – das ist so

ine Art Grundsteinlegung – gefeiert wurde. Die Kanzle-
in hat mit unserem Nachbarn Polen darüber gesprochen,
ass die Interessengegensätze, die ja vermutet werden,
usgeglichen werden können. Kurzum: Diese Pipeline
ann für ganz Europa von großem Nutzen sein.

Nun hat die FDP ja nicht nach der Haltung der Bun-
esregierung zu diesem Projekt gefragt, sondern dazu,
ass Gerhard Schröder, der ehemalige Bundeskanzler, an
ie Spitze dieses Unternehmens geht. Dazu kann ich Ih-
en nichts sagen, weil sich die Bundesregierung dazu
eine Meinung gebildet hat.


(Dirk Niebel [FDP]: Das ist aber schade!)


Nun seien Sie vorsichtig, ehe Sie dazwischenjohlen!

Das wäre eine interessante Frage. Aber stellen Sie
ich vor, ich würde Ihnen heute hier erzählen, wir hätten
m Kabinett darüber gesprochen, ob man so etwas darf
der nicht! Da müsste diese große FDP ja wohl aufsprin-
en und sich empören, was die Regierung der Bundesre-
ublik Deutschland sich anmaßte, sich einzumischen,
er bei internationalen Unternehmen wie dem dort ent-

tehenden an der Spitze stehen soll!


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dirk Niebel [FDP]: Wo war denn Herr Glos?)


as stellen Sie also für Fragen?! Kleinkariert, schon im
nsatz.


(Dirk Niebel [FDP]: Wo war denn Herr Glos?)


ie haben gedacht: Da können wir die mal erwischen,
etzt pieken wir die mal eben an.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Sie sind schon dran!)


ber das, was Sie da machen, bleibt unter Ihrem Niveau;
err Gerhardt, das will ich Ihnen sagen.

Das gilt in Maßen auch für Sie von den Grünen. Die
eschwindigkeit, mit der sich manche hier im Raume
rehen und glauben, sie könnten hier so herumspuken,
inde ich interessant.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Was haben Sie denn früher dazu gesagt?)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieses Pro-
ekt haben wir gefördert und gefordert. Wir haben es in
iner Zeit unterstützt, als noch niemand wusste, dass am
8. September Bundestagswahl sein würde.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


468 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



(B) )


Bundesminister Franz Müntefering
Wir haben es unterstützt, ohne zu wissen, wie die Bun-
destagswahl ausgehen würde. Wir, auch Gerhard
Schröder, haben es unterstützt, ohne zu wissen, dass er
jetzt nicht mehr Bundeskanzler sein würde.


(Jörg Tauss [SPD]: Und Fischer!)


Er hat auf den Marktplätzen gestanden und hat ge-
kämpft. Oder wollen Sie sagen, das habe er nur gemacht,
um hinterher in diese Funktion wechseln zu können? Es
ist absoluter Irrsinn, was Sie da erzählen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP])


– Hören Sie auf zu schreien. Sie haben sich ein Ei ins
Nest gelegt. Das wird Ihnen noch wehtun.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Oh, der Vizekanzler droht uns! Jetzt haben wir aber Angst, Herr Vizekanzler! – Weitere Zurufe von der FDP: Oh!)


Sie fordern die Bundesregierung der Bundesrepublik
Deutschland auf, sich dazu zu äußern, wenn irgendje-
mand in bestimmten internationalen Unternehmen an die
Spitze der Unternehmen rückt. Dabei geht es zunächst
einmal nicht um die Person Gerhard Schröder. Das kann
man nicht auf eine Person beziehen. Dann müssten wir
auch über andere Personen sprechen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Sagen Sie das auch einmal Herrn Müller!)


Lieber Herr Gerhardt, Bundeskanzler, Regierungsmit-
glieder und ehemalige wichtige Politiker haben alle
möglichen Funktionen übernommen. Sie beraten Ver-
lage, schreiben Bücher und sind im Auftrag der Bundes-
regierung in Missionen überall auf der Welt unterwegs.
Das ist alles richtig. – Sie von den Grünen schütteln den
Kopf. Ich bewege mich gerade auf die entscheidende
Frage zu – ich umkreise sie nahezu –:


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Ha, ha!)


Sind Sie in der Sache dagegen, dass er das macht,


(Zustimmung beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


oder sind Sie dagegen, weil er Geld dafür bekommt?


(Matthias Berninger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In der Sache! – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Ach Quatsch!)


Genau das ist Ihr Problem. Dass Gerhard Schröder mit
seiner Kenntnis und seiner Erfahrung der letzten Jahre
an dieser Stelle ein guter Mann ist und dass er diese Auf-
gabe übernehmen kann, werden Sie nicht bestreiten kön-
nen, wie auch sonst niemand hier im Raum. Das ist die
schlichte Wahrheit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Es gibt Leute, die Putin schon immer nicht mochten nd die deutsch-russische Freundschaft auch nicht. Das habe ich doch gelesen. Sie toben sich jetzt auch us. Ich sage Ihnen: Es gibt zu diesem Fall keine Haltung er Bundesregierung, weil sie sich dazu keine Meinung ebildet hat. Als Mitglied dieser Bundesregierung sage ch Ihnen aber meine persönliche Meinung als Franz üntefering: Gerhard Schröder konnte dieses Angebot, as ihm gemacht worden ist, annehmen. Ich bin froh, ass er das getan hat, weil er an dieser Stelle für unser and und für Europa auch in Zukunft gute strategische rbeit leisten kann. Dieses Projekt ist ein strategisches rojekt für ganz Europa. Man kann unterschiedlicher einung dazu sein, ich persönlich bin mir aber sicher, ass er das mit aller Integrität ausführen wird. Dass sie hn gefragt haben und nicht einen Herrn Gerhardt, einen errn Westerwelle oder einen Herrn Brüderle, ist ein eichen dafür, wem sie so etwas zutrauen und wem icht. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Herrn Struck haben sie auch nicht gefragt! Merkwürdig, dass Herr Struck das ganz anders sieht!)


(Zurufe von der FDP: Ach!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600808200

Das Wort hat jetzt der Kollege Rainer Brüderle von

er FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1600808300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Aktu-

lle Stunde zeigt: Die Opposition ist in diesem Parla-
ent nicht machtlos.


(Beifall bei der FDP und der LINKEN)


ie hat es geschafft, dass sich gnädigerweise wenigstens
in Minister ins Parlament begeben hat. Die mangelnde
räsenz der SPD-Fraktion zeigt die innere Distanz der
ozialdemokraten zu ihrem früheren Kanzler.


(Beifall bei der FDP und der LINKEN – Zurufe von der SPD: Oh! – Jörg Tauss [SPD]: In welchen Beiräten sind Sie?)


Herr Kollege Benneter, Sie sprachen immer von Öl.
ch darf Ihnen verraten: Es geht hier um Gas und um
ohle, aber nicht um Öl. Das sage ich Ihnen, damit Sie
ie Fakten kennen.


(Beifall bei der FDP)


Herr Müntefering, ich möchte aufgreifen, was Sie ge-
agt haben, nämlich dass sich die Bundesregierung dazu
icht äußern soll und nicht äußern kann. Der Fall
angemann, der mir nicht gefallen hat, ist nicht ver-
leichbar mit dem Fall Schröder.


(Zurufe von der SPD: Oh!)


Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 469


(A) )



(B) )


Rainer Brüderle
– Nein, nein. Der Unterschied ist, dass dort jemand euro-
paweit für generelle Regeln zuständig war. Daran haben
Sie sich täglich abgearbeitet. Hier hat ein ehemaliger
Kanzler ein konkretes Projekt eines Unternehmens ge-
fördert, das dem russischen Staat gehört und das Instru-
ment der russischen Politik ist. Es ist ein Unterschied, ob
Sie im Einzelfall eingreifen oder für generelle Regeln
zuständig sind.


(Beifall bei der FDP)


Der Regierungssprecher von Herrn Schröder, Uwe-
Karsten Heye – mancher kennt ihn noch –, hat im Fall von
Herrn Bangemann öffentlich erklärt, Herr Bangemann
habe dem Ansehen der Kommission einen erheblichen
Schaden zugefügt.


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist wahr!)


Regierungssprecher Heye erklärte, Bangemann habe
Deutschland einen schlechten Dienst erwiesen.


(Jörg Tauss [SPD]: So war das!)


Herr Heye erklärte öffentlich in der „Passauer Neuen
Presse“, die Bundesregierung werde sich einer mögli-
chen Klage einiger europäischer Länder gegen den beur-
laubten Kommissar anschließen. Regierungssprecher
Heye sagte wörtlich, man werde sich beteiligen, wenn es
darum gehe, ein Verfahren in Gang zu setzen. – Dort ha-
ben Sie sich in einem Fall, der ungleich anders war,
durch den Regierungssprecher Ihrer Partei intensiv öf-
fentlich betätigt. Heute sagen Sie, das ginge das Kabinett
nichts an. Was ist denn da richtig?


(Beifall bei der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das Schlimme ist ja die innere Unaufrichtigkeit.
Wirtschaftsminister Müller hat, als er der rot-grünen Re-
gierung angehörte, in seiner Amtszeit die Fusion von
Eon und Ruhrgas – auch Partner dieser Pipeline – gegen
das Votum des Kartellamts und der Monopolkommission
genehmigt. Der ganze ökonomische Sachverstand war
dagegen, auch wegen des Marktanteils dieses Unterneh-
mens von 87 Prozent. Später hat sich Schröder be-
schwert, dass die Gaspreise gestiegen sind. Einführung
in die Grundzüge der Ökonomie an der Volkshochschule
Mainz-Süd, zweite Stunde: Monopolpreise sind immer
höher als Wettbewerbspreise.


(Beifall bei der FDP und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jörg Tauss [SPD]: Jetzt wissen wir, wo er in der Schule war!)


Anschließend ist dieser Herr Müller Vorstandsvorsit-
zender der Ruhrkohle AG, einer Tochtergesellschaft von
Eon, geworden. Staatssekretär Tacke, der das für ihn un-
terschrieben hat, ist anschließend Vorstandsvorsitzender
der STEAG AG, einer Tochtergesellschaft von Eon
Ruhrgas, geworden.

Das ist die Schieflage, weshalb viele im Land sagen,
dass die Politik dort nicht in Ordnung ist. Wir wollen uns
nicht in Richtung einer Bananenrepublik bewegen. Hier
müssen andere Maßstäbe und andere Haltungen her. Da-
rum geht es.

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(C (D (Beifall bei der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es geht doch gar nicht um diese Gasleitung, die öko-
omisch vernünftig ist. Es geht auch gar nicht darum, ob
ie nun in Greifswald oder woanders ankommt; es geht
m die Haltung. Bundeskanzlerin Merkel spricht mittler-
eile liebevoll vom „Altbundeskanzler“. Da schwingt
er Kanzler nach. 14 Tage war er abgewählt und aus
em Amt und schon wurde er beim russischen Staatsun-
ernehmen Aufsichtsratsvorsitzender.


(Dirk Niebel [FDP]: Pfui!)


Wahrscheinlich wird er auch noch Ehrenbürger der
chweiz; denn er wirbt ja für den Standort Schweiz.


(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jörg Tauss [SPD]: Wäre das unehrenhaft?)


s gibt offenbar keinen besseren Beleg dafür, dass es
ich nicht lohnt, ein Unternehmen in dem Land zu wäh-
en, dessen politische Konkursmasse Rot-Grün hinterlas-
en hat, als nach Zug in die Schweiz zu gehen. Wahr-
cheinlich erhält er dort den Ehrenpreis für die
tandortwerbung für die Schweiz. Was wurde vorher
ber die unpatriotischen Unternehmer geschimpft, die
ich ökonomisch entscheiden!


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Heuschrecken!)


Ich habe gelesen – das ist interessant –, was der Chef
on Gasprom operativ alles machen soll. Aber Sie sagen
a, es gehe nicht ums Geld, also um die 1,5 Millio-
en Euro, von denen die „Leipziger Zeitung“ heute be-
ichtet, sondern um die Sache. Sie sollten wirklich ein-
al die Kirche im Dorf lassen:


(Beifall bei der SPD)


s ist nicht in Ordnung, dass Sie Monopole begünstigen
ein Unternehmen auf dem Gasmarkt: Marktanteil von
7 Prozent – und anschließend die politisch Zuständigen
orthin gehen. Hier ist wieder so ein Fall. Gasprom ist ja
icht irgendein Unternehmen. Misslebige Medienunter-
ehmen werden schnell aufgekauft. In Weißrussland, wo
s einen Diktator gibt, werden günstige Energiepreise
emacht. Das ist ein Instrumentarium der russischen
olitik und kein Unternehmen wie Telefonica oder sonst

rgendeines, bei dem es einen Markt mit Konkurrenz
ibt. Hier ist ein Staatsmonopol in Russland. Dort geht
er deutsche Kanzler hin und wird Aufsichtsratsvorsit-
ender!


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Sie sollten mal überlegen, was Sie tun! Den kleinen
enossen, die bei Ihnen Plakate geklebt haben, kommt
as Frühstück hoch und ein Teil Ihrer Fraktion schämt
ich draußen.


(Beifall bei der FDP und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN – Iris Gleicke [SPD]: Unmäßig!)


470 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



(B) )


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600808400

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Wolfgang Götzer

von der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dirk Niebel [FDP]: Das wird jetzt echt schwierig!)



Dr. Wolfgang Götzer (CSU):
Rede ID: ID1600808500

Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und

Kollegen! Lassen Sie mich diese Aktuelle Stunde zu-
nächst zum Anlass nehmen, eine grundsätzliche Bemer-
kung vorweg zu machen. Der Wechsel von ehemaligen
Politikern, insbesondere Mitgliedern der Bundesregie-
rung, nach ihrer Amtszeit in die Wirtschaft ist nicht nur
zulässig. Wir halten es auch für sinnvoll, dass sich politi-
scher Sachverstand im Wirtschaftsleben wiederfindet.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Genauso halten wir es für richtig und wichtig, dass Un-
ternehmer ihren wirtschaftlichen Sachverstand in die
Politik einbringen, am besten dadurch, dass sie Parla-
mentarier werden.

Beim heutigen Thema geht es aber nicht um diese
grundsätzliche Frage, sondern um die Umstände eines
solchen Wechsels. Dass allerdings gerade die FDP diese
Aktuelle Stunde beantragt hat,


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Sie haben es ja nicht getan!)


verleitet zum Nachdenken darüber, wie das denn mit
dem schon angesprochenen Fall des ehemaligen Bundes-
wirtschaftsministers und EU-Kommissars Martin
Bangemann


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


und seinem schnellen Wechsel zum spanischen Telefo-
nica-Konzern war.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Wiesheu hat sich mehr Zeit gelassen!)


– Ich will das jetzt nicht vertiefen.

Ich glaube, wir sind uns einig: Fälle dieser Art werfen
die Frage des politischen Stils, mehr noch des Anstands
auf. Was geziemt sich für ein ehemaliges Mitglied der
Bundesregierung, einen hohen Repräsentanten unseres
Landes, nach Aufgabe seines Staatsamtes? Ich möchte
noch einmal betonen: Es spricht aus meiner Sicht grund-
sätzlich nichts dagegen, dass ein solch hochrangiger ehe-
maliger Politiker seinen Sachverstand in die Wirtschaft
einbringt. Das kann sogar im Interesse unseres Landes
liegen. Aber es sollte alles vermieden werden – auch das
muss ich sagen –, was auch nur den Anschein einer Be-
lohnung für bestimmtes politisches Verhalten erwecken
könnte.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


– Das ist eine grundsätzliche Bemerkung. – Es geht da-
bei nicht um die vor allem unter Juristen immer gleich
heiß diskutierte Frage der Rechtmäßigkeit eines solchen

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(C (D erhaltens. Für Zweifel daran – das möchte ich ganz klar agen – gibt es nicht die geringsten Anhaltspunkte, auch icht dafür, dass private Interessen mit denen des Staates erknüpft worden sind. Worum es hier geht, ist das Vertrauen. Es geht um laubwürdigkeit und um Ansehen, und zwar nicht nur es ehemaligen Bundeskanzlers, sondern letztlich aller olitiker. Wir wissen, dass das Werturteil der Öffentlicheit in solchen Fällen meist nicht nur den Handelnden ilt, sondern auch den Politikern und damit der Politik nsgesamt. Soweit im vorliegenden Fall Zweifel an der moralichen Unangreifbarkeit dieses Handelns geäußert weren und offene Fragen im Raum sind, die die Würde des taatsamtes tangieren könnten, ist es meiner Meinung ach am früheren Kanzler, für Klarheit zu sorgen. Das ürde ich auch begrüßen, da unzweifelhaft in weiten eilen der Bevölkerung und parteiübergreifend Unvertändnis und Unbehagen über die Umstände feststellbar ind. Aber eines ist ganz klar: Vorverurteilungen darf es icht geben und auch keine Schnellschüsse wie etwa orderungen nach neuerlichen Änderungen der Verhal ensregeln oder nach einem Ehrenkodex. Verehrte Kolleinnen und Kollegen, die Verhaltensregeln haben wir rst vor sechs Monaten geändert, und zwar, wie ich eine, in einer ziemlich missglückten Weise. Was diesen Ehrenkodex angeht: Ich habe große Zweiel, ob ein solcher Ehrenkodex ein taugliches Instrument st, das angestrebte Ziel zu erreichen. (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Lassen Sie uns darüber sprechen!)


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das ist wahr!)


ichts anderes hat im Übrigen der Kollege Gröhe vorher
n seiner Rede zum Ausdruck gebracht. Kann man denn
as, was Anstand und Common Sense fordern – also die
lassischen Beispiele für ungeschriebene Gesetze –,
irklich in Paragraphen fassen? Ich glaube, nicht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ein Verhaltenskodex mag einen gewissen Rahmen
etzen. Die schriftliche Fixierung kann aber zu Fehl-
chlüssen verleiten: Alles, was dort nicht als unanständig
ufgeführt ist, wird man in Konsequenz daraus als an-
tändig ansehen. Aber das muss nicht immer der Fall
ein. Wir müssen andererseits darauf achten, dass nicht
twas schnell und vordergründig als unehrenhaft ge-
randmarkt wird, woran an sich nichts Anstößiges ist.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600808600

Das Wort hat die Kollegin Christine Lambrecht von

er SPD-Fraktion.


Christine Lambrecht (SPD):
Rede ID: ID1600808700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vizekanz-

er Müntefering hat zu Recht festgestellt, dass diese von

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 471


(A) )



(B) )


Christine Lambrecht
der FDP initiierte Aktuelle Stunde den Charakter einer
Juxveranstaltung habe. Viele Ihrer Beiträge bestätigen
diese Einschätzung.


(Beifall bei der SPD)


Ich möchte gern auf einige Redebeiträge eingehen
und sie auf ihre Ernsthaftigkeit überprüfen. Sie von der
FDP reden von Anstand, Moral und Ehre in der Politik.
Ich will nicht noch einmal die Erinnerung an Herrn
Bangemann strapazieren. Davon war schon so oft die
Rede, dass inzwischen sicherlich jeder weiß, was das für
eine faule Geschichte war.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Aber Sie messen mit zweierlei Maß!)


Ich erinnere aber an die Kollegin Flach, die Geld bezo-
gen hat, ohne dafür irgendeine Leistung zu erbringen
und ohne diese Einnahmen anzugeben. Wenn ich solche
Kolleginnen und Kollegen in den eigenen Reihen hätte,
dann wäre ich etwas vorsichtiger mit Begriffen wie
Ehre, Anstand und Moral.


(Beifall bei der SPD – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Sie ist zurückgetreten! Sie ist ausgeschieden!)


Völlig neu und interessant für mich ist allerdings,
dass es mittlerweile aus der Sicht der FDP einem Betrieb
schon vorzuwerfen ist, wenn er seinen Geschäftssitz in
die Schweiz verlegt.


(Dirk Niebel [FDP]: Bei der Steuerpolitik hat man ja kaum eine andere Wahl!)


Ich wusste gar nicht, dass man einem Betrieb einen Vor-
wurf daraus machen kann. Nach dem, was Sie, Herr
Gerhardt und Herr Brüderle, vorgetragen haben, kann
man nur allen Unternehmern bei einem solchen Vorha-
ben zur Vorsicht raten: Dafür wird man von der FDP in
Deutschland ausdrücklich gerügt.


(Beifall bei der SPD – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Das ist aber großer Unsinn!)


Herr Berninger, Ihr Beitrag war für mich Heuchelei
im Quadrat.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Entschuldigung, aber Sie waren doch Staatssekretär in
einer rot-grünen Regierung, die dieses Projekt beschlos-
sen hat. Vielleicht habe ich es seinerzeit nicht mitbekom-
men, aber alle Kritikpunkte, die Sie eben an diesem Ge-
schäft aufgeführt haben, habe ich vorher nicht von Ihnen
gehört. Wann haben Sie denn Ihre Bedenken vorgetra-
gen?


(Matthias Berninger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei der Fusion! Als es um die Ministererlaubnis ging, gab es einen großen Streit darüber!)


Die Öffentlichkeit hat nichts davon erfahren. Deswegen
ist es heuchlerisch, wenn Sie sich diese Position zu Ei-

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(C (D en machen, nachdem Sie aus dem Amt des Staatssekreärs ausgeschieden sind. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Lieber Kollege Ramelow, Sie fordern Transparenz in
er Politik und die Offenlegung der Nebeneinkünfte von
bgeordneten. Herzlich willkommen in der Realität!
as haben wir in der letzten Legislaturperiode mühsam
urchgesetzt, auch gegen Stimmen aus der FDP und der
nion bzw. gerade gegen diese Opposition.

Wir haben nämlich seinerzeit festgelegt, dass zukünf-
ig Nebentätigkeiten hinsichtlich ihrer Art und der damit
erbundenen Einnahmen offen gelegt werden müssen.
ch kann mich noch gut an die Position der Kolleginnen
nd Kollegen aus der CDU/CSU erinnern, die genau das
icht wollten. Ich habe zwar Verständnis dafür, dass die
ffentlichkeit und auch Sie ein Interesse daran haben,
as ein ehemaliger Bundeskanzler macht. Die Öffent-

ichkeit hat aber auch ein mindestens genauso großes In-
eresse daran, zu erfahren, was die Abgeordneten ma-
hen, die sie gegenwärtig vertreten.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


Gestatten Sie mir deswegen – auch aus Respekt vor
em Amt des Bundestagspräsidenten – einige Sätze.
enn Herr Lammert das Geschehene als „instinktlos“

ezeichnet,


(Beifall bei der FDP)


ber gleichzeitig versucht, die Regelungen wieder rück-
ängig zu machen, sodass Abgeordnete in Zukunft Ne-
entätigkeiten nicht mehr offen legen müssen, dann ver-
neife ich mir lieber eine Bemerkung. Ich glaube, es
nteressiert die deutsche Öffentlichkeit, ob jemand wie
riedrich Merz gleichzeitig Abgeordneter ist, dem Auf-
ichtsrat der Deutschen Börse angehört und einen dorti-
en Großaktionär berät.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das ist sein Beruf!)


ie CDU/CSU wollte damals die Regelung zur Offenle-
ung verhindern. Wenn ich Sie richtig verstanden habe,
ält man sie immer noch nicht für sonderlich sinnvoll
nd will sie wieder zurückschrauben.


(Dr. Wolfgang Götzer [CDU/CSU]: In dieser Form!)


uch Herr Lammert hat sich schon diesbezüglich geäu-
ert. Wir sollten uns vielleicht langsam einigen, was wir
igentlich wollen:


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


inen Ehrenkodex, der keinerlei Auswirkungen hat, oder
lasklare Regelungen, die bei Verstößen entsprechende
epressalien zur Folge haben, liebe Genossinnen und
enossen.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Lachen bei der CDU/CSU und der FDP)


So weit geht es schon fast mit der großen Koalition!

472 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



(B) )


Christine Lambrecht
Lassen Sie uns in diesem Sinne wieder auf den Boden
der Tatsachen zurückkehren. Ich freue mich auf Ihre Re-
aktion in der Diskussion über die Verhaltensregeln in
den zuständigen Ausschüssen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Der Parteitag ist geschlossen! – Gegenruf der Abg. Iris Gleicke [SPD]: Das ist eine höchst ehrenwerte Anrede!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600808800

Die Aktuelle Stunde ist beendet.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Gesine Lötzsch, Roland Claus, Dr. Dietmar
Bartsch und der Fraktion der LINKEN

Einsetzung eines Ausschusses des Deutschen
Bundestages für die Angelegenheiten der
neuen Länder und für andere strukturschwa-
che Regionen
– Drucksache 16/130 –
Überweisungsvorschlag:
Ältestenrat

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Bevor ich die Aussprache eröffne, bitte ich die Mit-
glieder des Hauses, die an der Aussprache nicht teilneh-
men wollen, den Saal zu verlassen, damit diejenigen, die
daran teilnehmen wollen, dem Redner folgen können.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat als erster
Redner der Kollege Roland Claus von den Linken.


(Beifall bei der LINKEN)



Roland Claus (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1600808900

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Nach dem Genossen Generaldirektor geht es
nun um die Angelegenheiten der neuen Bundesländer.
Die Fraktion Die Linke schlägt Ihnen vor, einen Bundes-
tagsausschuss für die Angelegenheiten der neuen Länder
und anderer strukturschwacher Regionen einzusetzen.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich will in diesem Zusammenhang einen Kenner der ost-
deutschen Szene zitieren, der einmal sagte:

Eine Bundesregierung, die den Osten so abhängt,
muss abgelöst werden im Interesse der Menschen in
den neuen Bundesländern und im Interesse
Deutschlands insgesamt. Der Aufbau Ost ist für die
Entwicklung Deutschlands von entscheidender Be-
deutung.

So Edmund Stoiber an die Adresse der Regierung
Schröder, lange bevor er regierungsflüchtig wurde. Man
kann dazu nur sagen: Wo er Recht hat, hat er Recht.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Wir sehen in einem solchen Bundestagsausschuss naürlich kein Allheilmittel für die Lösung aller Probleme, ohl aber einen wichtigen Schritt in die richtige Rich ung. Vielleicht können wir Ihnen, liebe Kolleginnen und ollegen von der Koalition, ein bisschen Hilfestellung eisten. Wenn wir das richtig verstanden haben, dann ind Sie mit der Zuordnung der Zuständigkeit für die euen Bundesländer nicht klar gekommen: Kanzleramt, iefensee-Ministerium, einmal hin und einmal zurück. enn Sie den von uns vorgeschlagenen Ausschuss ein etzen, dann haben Sie eine erste gute Adresse für die ngelegenheiten, um die es hier geht. Wir werden nicht davon ablassen – das sage ich hier usdrücklich –, das Grundgesetz zu zitieren, das uns geietet, für gleichwertige Lebensverhältnisse in der geamten Republik einzutreten. Die Koalitionsvereinbaung enthält sicherlich sehr viel Gutes zum Thema neue undesländer, was die Zielstellung betrifft. Aber immer enn Sie das Ziel formuliert haben und wir dem begeis ert zustimmen, fügen Sie hinzu: Das werden wir mit den ewährten Instrumenten fortsetzen. Das heißt, mit den nstrumenten, die zum Versagen geführt haben, wollen ie nun einen neuen Weg beschreiten. Daran haben wir ewisse Zweifel. (Beifall bei der LINKEN – Maria Michalk [CDU/CSU]: Ihnen geht es jetzt doch auch besser als früher, oder nicht?)


(Beifall bei der LINKEN)


Sie geben mir ein gutes Stichwort.

Natürlich verkennen auch wir Linke nicht, dass im
sten Deutschlands vieles erreicht worden ist.


(Maria Michalk [CDU/CSU]: Aha!)


bwohl wir der Auffassung sind, dass die beiden letzten
egierungen nicht die richtige Förderpolitik gemacht ha-
en, ist es an dieser Stelle geboten, dass ein ostdeutscher
ozialist den Bürgerinnen und Bürgern in den früher ge-
orenen Bundesländern Dank für die Unterstützung sagt,
ie nicht nur im Zahlen des Solidaritätszuschlags be-
tand, sondern auch in vielen anderen Dingen. Das will
ch hiermit ausdrücklich tun.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Schaut man sich die Realitäten des Ostens Deutsch-
ands 2005 genau an, zum Beispiel das Ranking der
ertelsmann-Stiftung, dann stellt man fest: Leider neh-
en die Differenzen wieder zu. Die Ergebnisse der von

hnen eingesetzten Dohnanyi-Kommission sind, wie
ir finden, nicht wirklich gewürdigt worden. Dohnanyi
at es auf einen Punkt gebracht, als er gesagt hat, um die
ngelegenheiten der neuen Bundesländer und anderer

trukturschwacher Regionen sollten sich alle kümmern.
ber damit das klappt, muss es an einer Stelle koordi-
iert werden. Diesem Gedanken folgen wir mit unserem
orschlag, einen Bundestagsausschuss für die Angele-
enheiten der neuen Länder und anderer strukturschwa-
her Regionen einzusetzen.


(Beifall bei der LINKEN)


Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 473


(A) )



(B) )


Roland Claus
Inzwischen geht es nicht mehr um Nachsorge. Wir
sprechen vielmehr von einem Neuansatz für Ostdeutsch-
land. Es ist doch ein sehr spannender Prozess, dass sich
hier zwei Transformationsprozesse überlagern: die
noch immer anhaltende gesellschaftliche Transformation
und die Transformation der Arbeitswelt. In Ostdeutsch-
land werden heutzutage Erfahrungen gesammelt, die
künftig in der ganzen Republik gebraucht werden.

Im Osten entsteht Neues, das Verbesserungen für die
ganze Republik bringt. Dazu zwei Stichworte: Stadtum-
bau, auch Rückbau von Wohnungen. Weiterhin nenne
ich den Standortvorteil Kinderbetreuung. Reden Sie mit
Investoren! Ich weiß, dass Sie das machen. Für die sind
diese so genannten weichen Standortfaktoren Standort-
faktoren der Zukunft. Darum müssen wir uns kümmern.
Deshalb lohnt es sich, diese Erfahrungen einzubringen.
Es ist nicht unser Begehren, eine Experimentierwerkstatt
für weiteren Sozialabbau einzurichten, sondern eine
Denkfabrik für Innovation und soziale Gerechtigkeit. Es
lohnt sich, dem Beispiel zu folgen.


(Beifall bei der LINKEN)


Deshalb möchte ich Sie bitten, unserem Antrag zuzu-
stimmen. Geben Sie sich selbst den viel gerühmten
Ruck, den Sie sonst immer von anderen verlangen!

Vielen Dank, meine Damen und Herren.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600809000

Das Wort hat der Kollege Arnold Vaatz von der CDU/

CSU-Fraktion.


Arnold Vaatz (CDU):
Rede ID: ID1600809100

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Sehr geehrter Herr Claus, ich freue mich natür-
lich, dass Sie uns für unseren Koalitionsvertrag gelobt
haben. Ich teile Ihre Meinung, dass darin in der Tat eini-
ges steht, was Ostdeutschland voranbringen kann. Wir
sprechen aber heute in der allgemeinen Aussprache nicht
über die Angelegenheiten Ostdeutschlands. Sie, Herr
Claus, fordern vielmehr von diesem Haus, dass es einen
eigenen Ausschuss einrichtet, der sich mit Ostdeutsch-
land und mit den besonderen Problemen strukturschwa-
cher Länder befassen soll.


(Beifall bei der LINKEN)


Das ist der Punkt. Ich räume ein, dass man über den Sinn
eines solchen Ausschusses durchaus geteilter Meinung
sein kann. Für einen solchen Ausschuss spräche zweifel-
los, dass es nach wie vor eine gewaltige Menge von ost-
deutschen Spezifika gibt, die einer besonderen Behand-
lung bedürfen und die in allen Politikbereichen beachtet
werden müssen. Sie nennen das Transformationsprozess.
Das ist eine etwas beschönigende Vokabel. Wir sprechen
von teilungsbedingten Nachteilen bzw. teilungsbeding-
ten Belastungen. Das ist der Terminus, der auch im So-
lidarpakt enthalten ist und auf den sich unser Koalitions-
vertrag bezieht.

Es stellt sich die Frage, Herr Claus, ob wir dafür eine
echte eigene Arbeitsstruktur brauchen oder ob nicht viel-

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(C (D eicht die Systematik, nach der dieser Bundestag seit lanem gegliedert ist, nämlich dass es sektorale Politikbeeiche gibt, nach denen die Ausschussarbeit organisiert st, ittlerweile auch für Ostdeutschland gelten sollte. Aners gesprochen: Soll die Abweichung von der Systemaik, nämlich dass man zeitweise geografische Kriterien der auch strukturelle Kriterien angewandt hat, um einen usschuss zu begründen, beibehalten werden oder icht? Diese Frage ist meines Erachtens durchaus beechtigt. Wir haben im Jahr 2002 erlebt, dass sich die parlaentarische Mehrheit in diesem Haus entschlossen hat, ieder der alten Systematik zu folgen. Wir waren am nfang sehr skeptisch, ob das richtig ist. Aber mittlereile haben alle Fraktionen in diesem Hause ihre Arbeit mgestaltet, sodass sie in diese neue Systematik hineinasst. as war kein leichter Prozess. Wir haben ihn aber beerkstelligt. Ich sehe keinen Grund, weshalb wir jetzt ie alte Systematik, die wir übergangsweise einmal geabt haben, wieder einführen sollten. Mir erscheint das ls ein Schritt zurück (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Peter Hettlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Zuruf von der LINKEN)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


nd als eine Bindung zusätzlicher Kräfte.

Herr Claus, als nächstes muss ich Ihnen etwas Weite-
es vorhalten. Wir haben am 22. November dieses Jahres
ier in diesem Haus einen gemeinsamen Antrag über
ie zukünftige Arbeitsstruktur des deutschen Parla-
ents beschlossen. Das war ein Antrag, der von allen
raktionen des Bundestages, Herr Gysi, eingebracht
orden ist und einstimmig beschlossen wurde. Bean-

ragt wurde, 22 Ausschüsse einzurichten, wobei keiner
ieser Ausschüsse speziell für den Aufbau Ost, für die
euen Länder oder für strukturschwache Gebiete zustän-
ig sein sollte.

Ich habe mich darum gekümmert, herauszufinden, ob
ie womöglich im Vorältestenrat einen entsprechenden
nspruch geäußert haben.


(Roland Claus [DIE LINKE]: Natürlich!)


ir wurde gesagt, das sei nicht geschehen. Auch wenn
s geschehen sein sollte, wenn ich vielleicht falsch infor-
iert bin, dann wäre es Ihnen jederzeit möglich gewe-

en, hier noch einen Änderungsantrag einzubringen.
ber das haben Sie nicht getan. Ich frage Sie: Was soll

ich Gravierendes in den neun Tagen bis zum Zeitpunkt
er Einbringung Ihres heutigen Antrags – das war der
. Dezember 2005 – geändert haben, um Anlass dafür zu
eben, die Arbeitsstruktur des Bundestages noch einmal
rundlegend zu ändern? Ich kann nichts erkennen.

Herr Kollege Claus, wenn sich so etwas nicht ereignet
at, dann frage ich mich: Welchen Sinn hat Ihre Aktivi-
ät eigentlich? Ich sage Ihnen: Es kommt Ihnen offenbar

474 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



(B) )


Arnold Vaatz
überhaupt nicht darauf an, etwas für Ostdeutschland zu
tun oder Ostdeutschland mehr ins öffentliche Bewusst-
sein zu rücken. In Ihrer Begründung schreiben Sie, einer
der Gründe für die Einsetzung eines solchen Ausschus-
ses sei, dass ostdeutsche Probleme nicht genug parla-
mentarische Aufmerksamkeit gefunden hätten.


(Bodo Ramelow [DIE LINKE]: Ist aber richtig!)


Das ist nicht schlüssig. Die parlamentarische Aufmerk-
samkeit, die ostdeutsche Probleme erhalten, ist nicht da-
von abhängig, ob es einen solchen Ausschuss gibt oder
nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Vielmehr ist sie abhängig von der Aktivität der Parla-
mentarier. Zwei Vertreter Ihrer Fraktion sitzen im Ältes-
tenrat. Sie haben dafür gesorgt, dass jeder Antrag, den
Sie auf die Tagesordnung setzen wollten, tatsächlich auf
die Tagesordnung kam und hier debattiert worden ist.
Was Sie wirklich wollen, hat mit der Einsetzung eines
Ausschusses insofern überhaupt nichts zu tun.

Die eigentliche Frage ist: Was wollen Sie wirklich be-
zwecken? Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Sie haben mit
den anderen Fraktionen zunächst einstimmig eine be-
stimmte Arbeitsstruktur beschlossen. Eine Woche später
haben Sie plötzlich gesagt: Aber wir brauchen noch ei-
nen Ausschuss für die Angelegenheiten Ostdeutsch-
lands. Das ist nichts anderes als ein ziemlich durchsichti-
ger und plumper Versuch, den anderen Fraktionen, den
anderen Parteien, den politischen Gegnern für alles, was
in Ostdeutschland vielleicht nicht funktioniert, die
Schuld zuzuweisen. Ihr Argument würde lauten, dass Ihr
jeweiliger Antrag in diesem Ausschuss abgelehnt wurde;
Sie hätten alles Mögliche tun wollen, aber die anderen
hätten nicht zugestimmt.

Sie waren dabei, als die Struktur der Arbeit im Bun-
destag beschlossen worden ist. Sie haben diesem Be-
schluss, der unter anderem die Einsetzung von
22 Ausschüssen vorsieht, zugestimmt.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600809200

Herr Kollege Vaatz, erlauben Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Claus?


Arnold Vaatz (CDU):
Rede ID: ID1600809300

Aber selbstverständlich.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600809400

Bitte schön, Herr Claus.


Roland Claus (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1600809500

Herr Kollege, ist Ihnen in der Tat nicht bekannt, dass

wir das Ansinnen, einen solchen Ausschuss einzusetzen,
in den interfraktionellen Gremien sehr wohl vorgetragen
haben? Ist Ihnen in der Tat nicht bekannt, dass wir bei
der Einsetzung der anderen Ausschüsse gesagt haben
„Jawohl, die unstrittigen Ausschüsse tragen wir natür-
lich mit; sie sollen eingesetzt werden.“? Wir haben uns

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(C (D afür eingesetzt, damit nicht immer wieder der Eindruck ntsteht, in einem Parlament müssten sich alle nur streien. Es ging uns darum, dass Einvernehmlichkeit hergetellt wird. Wenn Ihnen das alles in der Tat nicht bekannt st, dann frage ich einmal nach, mit welchen Strukturen ie in Ihrer großen, vielleicht zu großen Fraktion zu tun aben. Verehrter Herr Claus, Sie haben eine rhetorische rage gestellt. ch möchte Ihnen Folgendes sagen: Wenn das, was Sie agen, so ist, dann hätte Sie nichts daran gehindert, einen nderungsantrag zu stellen, wenigstens einen Debat enbeitrag zu leisten, als hier über den besagten Antrag bgestimmt wurde, (Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE]: Debatte ist ausgeschlossen worden!)


(Beifall bei der LINKEN)

Arnold Vaatz (CDU):
Rede ID: ID1600809600

(Widerspruch bei der LINKEN)


der eine Erklärung zur Abstimmung oder was auch im-
er abzugeben. Das parlamentarische Instrumentarium

teht Ihnen dafür zur Verfügung. Sie hätten all das jeder-
eit machen können. Sie haben es nicht gemacht. Sie
ollten zunächst einmal mit uns gemeinsam Tatsachen

chaffen, um hinterher gegen die von Ihnen geschaffe-
en Tatsachen anzurennen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


as machen Sie seit Jahr und Tag. Das ist Ihre Strategie
n Ostdeutschland. Mit dieser Strategie haben Sie in Ost-
eutschland bis jetzt nur Schaden angerichtet und nichts
rreicht.


(Widerspruch bei der LINKEN)


ch bitte Sie, Herr Claus: Überdenken Sie die Strategie
nd bringen Sie sich in einer sinnvollen Art zugunsten
stdeutschlands ein!


(Maria Michalk [CDU/CSU]: Das können die nicht!)


Wir haben eine Menge zu tun. Wir haben den
olidarpakt II umzusetzen. Wir haben erhebliche Ein-
riffe in eine ganze Reihe von Gesetzen vor, die das Ziel
aben, beispielsweise Genehmigungsverfahren zu be-
chleunigen. Nur, die Erfahrung zeigt, Herr Claus, dass
ie mit Verfahrensbeschleunigungen nie etwas im Sinn
aben. Ich kann Ihnen zum Beispiel aus meinem Wahl-
reis von Mitte der 90er-Jahre berichten – –


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600809700

Sie sollten aber jetzt keine zweite Rede halten, son-

ern nur auf die Frage antworten.


Arnold Vaatz (CDU):
Rede ID: ID1600809800

Herr Claus steht noch. Solange er steht – –


(Heiterkeit)


Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 475


(A) )



(B) )


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600809900

Nein, es geht nicht danach, ob der Fragesteller noch

steht. Da könnte jemand eine Stunde stehen bleiben und
der Redner könnte eine Stunde antworten.


(Heiterkeit)



Arnold Vaatz (CDU):
Rede ID: ID1600810000

Herr Präsident, ich bitte um Nachsicht. Ich hatte ge-

meint, den Kollegen Claus noch eine Weile unterhalten
zu müssen, weil er so lange stehen geblieben ist. Aber
wenn Sie mich unterbrechen, komme ich zum Schluss.

Ich fordere Sie noch einmal auf: Packen Sie mit an
und verstricken Sie uns hier nicht in zeitraubende und
unnütze Debatten über Strukturfragen, die meines Erach-
tens nicht notwendig sind, um Ostdeutschland voranzu-
bringen!

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600810100

Das Wort hat der Kollege Joachim Günther von der

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Joachim Günther (FDP):
Rede ID: ID1600810200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Mein Kollege Vaatz hat das aus einer etwas anderen
Sicht betrachtet, als ich das jetzt wohl tun werde, obwohl
wir im Ergebnis wahrscheinlich auf eine Linie kommen.

Auch wir in der FDP wissen, dass es große Unter-
schiede zwischen Ost und West gibt. Ich füge hinzu: Die
gibt es auch zwischen Nord und Süd. Deshalb ist es in
Ihrem Antrag zumindest ein Fortschritt gegenüber der
Zeit von vier oder acht Jahren, dass Sie die struktur-
schwachen Gebiete integriert haben. Aber genau an die-
ser Stelle ist für mich der Punkt, an dem ich mich frage:
Wie definieren wir diese strukturschwachen Gebiete?
Welche Größe muss ein strukturschwaches Gebiet ha-
ben, damit es durch diesen Ausschuss vertreten werden
kann?

Ich nehme einmal das konkrete Beispiel aus meiner
Heimat Hochfranken. Das ist auf der anderen Seite von
Hof. Dort hat die Arbeitslosigkeit inzwischen dieselbe
Größenordnung erreicht wie im Vogtland und in Plauen;
allerdings – das gebe ich zu – weit unter dem ostdeut-
schen Durchschnitt. Jetzt ist die Frage: Gehört das Vogt-
land noch mit zu Ostdeutschland und damit in den Aus-
schuss? Muss Hochfranken integriert werden? Die
gleiche Frage kann man sich natürlich auch für andere
Bereiche stellen.

Um das noch einmal klar zu sagen: Wir als FDP
möchten, dass der Aufbau Ost zielstrebig und gewissen-
haft vorangetrieben wird und dass andere strukturschwa-
che Gebiete nicht zurückbleiben. Darüber sind wir alle
uns wahrscheinlich einig.

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(C (D (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Aber genauso bin ich davon überzeugt, dass ein zu-
ätzlicher Ausschuss in dieser Richtung uns nicht we-
entlich voranbringt. Ich habe mir die Mühe gemacht,
och einmal einige Unterlagen aus dem Ausschuss für
ie Angelegenheiten der neuen Länder der vorletzten
egislaturperiode herauszuziehen. Wenn Sie diese Be-

ichte betrachten, dann stellen Sie fest: Hier wird eindeu-
ig über Dinge gesprochen, die im Endeffekt in anderen
usschüssen entschieden werden müssen. Der Aus-

chuss hatte keine eigene Entscheidungskompetenz, zu-
indest keine, die dann durch irgendjemanden konkret

mgesetzt wurde.

Wenn man Abgeordnete fragt, die damals Mitglied in
iesem Ausschuss waren – von Ihnen waren auch wel-
he dabei –, dann antworten sie: Wir hatten nicht die An-
indung. Wir hatten keinen Fürsprecher, der das Wesent-
iche umgesetzt hat. Das – das muss ich einmal ganz
eutlich sagen – will ich eigentlich ändern. Wir brauchen
afür eine Lobby. Wir brauchen eine Lobby dafür, dass
ieser Schwerpunkt, den ich mit „Angleichung der Le-
ensverhältnisse in ganz Deutschland“ bezeichnen
öchte, nicht als Aufgabe eines einzelnen Ausschusses,

ondern als Querschnittsaufgabe der gesamten Regie-
ung betrachtet wird.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir müssen dieses Thema stärken, wir wollen es stär-
en, aber effektiv und an den Stellen, an denen wir Wir-
ung erzielen können. Ich nenne einmal ein Beispiel
azu. Wenn es um Infrastruktur geht, hört man: Wenn in
eine Region kein Autobahn- oder Eisenbahnanschluss

ommt, kommt keine Industrie, kommen keine
rbeitsplätze. – Das ist vom Grundsatz her richtig. Nun
üssen wir denjenigen festnageln, wie man so schön

agt, der dafür dann im Endeffekt die Verantwortung
rägt. Wenn es um eine solche Angelegenheit geht, ist
er Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
uständig. In diesem Ausschuss haben wir es mit Minis-
er Tiefensee mit einem Mann zu tun, der aus dem Osten
ommt. Er ist wahrscheinlich auch gerade im Osten un-
erwegs und schaut nach, wo nichts funktioniert; deswe-
en ist er nicht hier. Ich bin davon überzeugt, dass Mi-
ister Tiefensee sich für diese Dinge mit einsetzen wird.

Ich lege mich in dieser Richtung sogar noch weiter
est: Ich möchte jemanden haben, der verantwortlich ist
nd den ich ansprechen kann; ich möchte keinen anony-
en Ausschuss. Ich möchte jemanden haben, der in die-

em Bereich nachweisen muss, ob – das mache ich an
iesem Beispiel fest, weil ich im Wahlkampf in der Re-
ion Leipzig und nordöstlich von Leipzig unterwegs
ar – Minister Tiefensee dafür steht, dass die Region
orgau an das Autobahnnetz angebunden wird, oder
icht, ob er dafür steht, dass eine Anbindung ans Erzge-
irge erfolgt, oder nicht. Das kann man nur dann messen
nd nachvollziehen. Deswegen möchte ich keinen Aus-
chuss, der querbeet arbeitet.


(Beifall bei der FDP)


476 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



(B) )


Joachim Günther (Plauen)

Ich möchte das an einem weiteren Beispiel klar ma-
chen, bei dem wir uns als ostdeutsche Abgeordnete,
wahrscheinlich aus allen Fraktionen, weitestgehend ei-
nig sind, nämlich am Wehrsold. Kann der Ausschuss
Ost dieses Thema behandeln? Wehrsold Ost und Wehr-
sold West sollten gleich sein. Ich bin der festen Überzeu-
gung, dass die Lebenshaltungskosten – wenn Sie die
Miete einmal ausklammern, die da leider immer mit hin-
eingerechnet wird – inzwischen weitestgehend gleich
hoch sind; also sollte auch der Wehrsold gleich hoch
sein. Dann ist es doch sinnvoll, einen Antrag zu stellen,
der im Verteidigungsausschuss und im Finanzausschuss
konkret behandelt werden muss. Wenn uns das gemein-
sam gelingt, dann haben wir diejenigen, die in diesem
Fall die Verantwortung tragen, mit dem Thema direkt
befasst und können hoffen, dass wir von ihnen eine Ant-
wort bekommen.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Arnold Vaatz [CDU/CSU])


Engagieren wir uns also – das ist mein Credo in dieser
Angelegenheit – in den Ausschüssen, die in den entspre-
chenden Bereichen Bedeutung haben!


(Vorsitz: Vizepräsidentin Katrin GöringEckardt)


Engagieren wir uns gemeinsam vielleicht auch in der ei-
nen oder anderen Situation fraktionsübergreifend, wenn
es darum geht, strukturschwache Gebiete in einer Form
zu unterstützen, die mehrere Ministerien betrifft! Kom-
men wir – das ist meine Bitte – endlich weg von dem
Motto „Wenn ich nicht mehr weiter weiß, bilde ich einen
Arbeitskreis“! Das möchten wir nicht. Wir möchten in
den bestehenden Arbeitskreisen unser Bestes geben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Da kann die SPD ruhig mal mitklatschen!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600810300

Das Wort hat der Abgeordnete Gunter Weißgerber,

SPD-Fraktion.


Gunter Weißgerber (SPD):
Rede ID: ID1600810400

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Herr Günther, Sie haben angesprochen, dass der
Verkehrs- und Bauminister nicht da sei. Ich halte das für
nicht sehr problematisch; denn was wir heute beraten, ist
eindeutig Sache des Parlaments. Es ist völlig unerheb-
lich, ob der zuständige Verkehrsminister da ist oder
nicht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Außerdem ist ja sein Staatssekretär anwesend; die Re-
gierung ist also vertreten.

Der vorliegende Antrag auf Einsetzung eines Aus-
schusses für die Angelegenheiten der neuen Länder und
anderer strukturschwacher Regionen wird von uns abge-
lehnt werden – aus sachlichen Gründen und nicht etwa,
weil er aus der vermeintlich falschen Ecke kommt. Seit

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(C (D 5 Jahren streiten wir für und entscheiden wichtige Voraben im Prozess des Zusammenwachsens der beiden hemaligen deutschen Staaten. Demzufolge konnten wir isher genügend Erfahrungen im parlamentarischen Umang mit den Folgeproblemen des wirtschaftlichen Zuammenbruchs der DDR und des Ostblocks sammeln. usschüsse, die sich direkt den ostdeutschen Problemen idmeten, gab es in jeder Legislaturperiode bis 2002. Es aren die Ausschüsse, zu denen sich zwar viele berufen ühlten, diese dann aber oft das Gefühl hatten: Hier läuft icht der Hauptfilm. Die Entscheidungen fallen in den Fraktionen, ihren eweiligen Gremien und letztlich in den regulären geamtdeutschen Ausschüssen, also dort, wo jeder Abgerdnete ohnehin seinen Einfluss geltend machen muss. (Beifall des Abg. Peter Hettlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


ir ist jedenfalls kein direkter messbarer Erfolg aus den
isherigen „Ostausschüssen“ bekannt. Sämtliche Ent-
cheidungen für die wirtschaftliche, infrastrukturelle und
oziale Entwicklung Ostdeutschlands fielen in den dafür
orgesehenen gesamtdeutschen Fachausschüssen.

Das ist richtig; nur mussten wir das erst lernen. Wir
aben gelernt, dass die ostdeutschen Probleme gesamt-
eutsch und in den Fachausschüssen gelöst werden müs-
en. Auch führte die bisherige, oft einseitig auf Ost-
eutschland fokussierte Diskussion nicht zu einem
tärkeren Drang vieler Ostdeutscher, ihre Dinge selbst in
ie Hand zu nehmen.

Parlamentarisch machten wir eine menschlich selbst-
erständliche Erfahrung. Die bisherige ostdeutsche Son-
erprivilegierung schadet den Ostdeutschen zunehmend
elbst und führt zu einem beachtlichen emotionalen Ver-
chleiß ostdeutscher Problematiken bei den damit auf
eren Solidarität angesprochenen westdeutschen Mitbür-
ern und Kollegen. Wer diese mit im Boot haben will
und nur mit diesen geht etwas –, der muss andere
ege gehen, nämlich die im Parlament üblichen und er-

robten.

Üblicherweise steht einem Ministerium immer ein
achausschuss gegenüber. Im vorliegenden Fall gibt es
ieses Ministerium aus gutem Grunde nicht. Der Aufbau
st ist eine sich durch alle Ministerien ziehende Auf-
abe, die vom Verkehrs- und Bauminister lediglich koor-
iniert wird. Es ist eine Aufgabe, zu der sich die Koali-
ion ausdrücklich bekennt. Ich verweise hier auf den
oalitionsvertrag, der sich in 13 Punkten – um nur

inige Schwerpunkte anzuführen: Investitionszulage,
örderpolitik, Gemeinschaftsaufgabe, Förderung Mittel-
tand, Existenzgründer, Wissenschaft, Innovationen,
ändliche Regionen – Ostdeutschlands prioritär an-
immt. Erfahrungsgemäß ist ein Ausschuss ohne Spie-
elministerium eine zahnlose Veranstaltung. Deshalb
ollen wir einen solchen Ausschuss auch nicht für den
ufbau Ost.

Wir alle sind Abgeordnete aus verschiedenen Regio-
en dieser Republik. Es ist unsere Aufgabe, für unsere
egionalen Probleme gesamtdeutsche Mitstreiter zu sen-
ibilisieren. Nichts geht für Ostdeutschland ohne die

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 477


(A) )



(B) )


Gunter Weißgerber
Mehrheit unserer westdeutschen Kollegen. Bisher haben
wir diese immer erreichen können. Das wird auch wei-
terhin geschehen. Denn beispielsweise haben wir in un-
serer Fraktion eine Arbeitsgruppe Aufbau Ost, in der wir
gemeinsam mit westdeutschen Kollegen die Situation
Ostdeutschlands diskutieren, wodurch wir zur Mei-
nungsbildung in der gesamten Fraktion beitragen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es sind die gleichen MdBs, die in den Fachausschüs-
sen ihre Heimatinteressen im Einklang mit den Gesamt-
interessen vertreten und die zusätzlich in einem Ostaus-
schuss mit erweiterter Aufgabenstellung hinsichtlich der
anderen strukturschwachen Regionen sitzen würden.
Warum die Sache doppelt organisieren, wenn sie im
Fachausschuss bereits an der richtigen Stelle ist?

Insgesamt bleibt es aus unserer Sicht dabei: Die Lö-
sung der ostdeutschen Defizite liegt im existenziellen In-
teresse Gesamtdeutschlands. Der Dampfer „Deutsch-
land“ havariert hauptsächlich im Osten. Die gesamte
Besatzung muss alles tun, damit das gemeinsame Schiff
weiter vorwärts kommt. Das geschieht im Parlament in
allen Ausschüssen. Ein Sonderlamento auf der havarier-
ten Seite würde zwar hörbar sein, würde jedoch am Di-
lemma praktisch nichts ändern.

Sicher werden wir von nun an auf ein Neues mit der
ostdeutschen Alleinvertretungskritik der PDS konfron-
tiert werden.


(Widerspruch bei der LINKEN)


Das ist zu erwarten. Treffen wird uns diese Kritik aber
nicht. Es sind nämlich die Ostdeutschen in den Koali-
tionsfraktionen, die sich gegen diese Art von Sonderaus-
schuss aussprechen. An die Adresse links im Haus ge-
richtet: SPD und CDU/CSU haben in ihren Reihen
jeweils mehr ostdeutsche Abgeordnete mit ostspezifi-
scher Einheitserfahrung als die PDS.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Widerspruch bei der LINKEN)


Die Ostkompetenz im gesamten Parlament ist ohnehin
wesentlich größer als die von der PDS irreführender-
weise beanspruchte.


(Roland Claus [DIE LINKE]: Die Linke!)


Wenn sich die Ostdeutschen in der Linkenfraktion,
die sich dort in der Minderheit befinden, nicht durchset-
zen können, ist das allein deren Problem. Der Bundestag
jedenfalls kann deren Manko nicht ausgleichen.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600810500

Das Wort hat der Abgeordnete Peter Hettlich, Bünd-

nis 90/Die Grünen.

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(C (D Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! m es vorweg zu sagen: Auch unsere Fraktion, ündnis 90/Die Grünen, wird dem Antrag der Fraktion ie Linke auf Einsetzung eines Ausschusses für die Anelegenheiten der neuen Länder und für andere strukturchwache Regionen nicht zustimmen. Schon der erste Absatz der Begründung stößt auf uneren Widerspruch. Wir können nichts mit einer Formuierung anfangen, die da lautet, dieser Ausschuss sei war nicht die einzige, aber eine entscheidende Möglicheit, gegebene Versprechungen einzulösen. Für mich ist ie Zeit der Versprechungen und der Verkündigungen on Heilsbotschaften, Patentlösungen und Masterplänen ür den Aufbau Ost vorbei. Denn davon gab es in den etzten 15 Jahren zu viele. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Peter Hettlich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600810600

(Zuruf von der CDU/CSU: Bravo!)


ie Menschen in Ostdeutschland sind für solche simplen
otschaften nicht mehr zu haben.

Bündnis 90/Die Grünen hat deswegen auch im Wahl-
ampf keine Versprechungen gemacht, sondern wir ha-
en unser Augenmerk auf die argumentative Benennung
er Probleme, Sorgen und Nöte gerichtet. Wir haben ver-
ucht, den Menschen klar zu machen, dass es für ein
ielschichtiges Problem keine einfachen Lösungen ge-
en kann. Versprechen sollten wir daher nur das, was wir
uch halten können. Dazu gehört zum Beispiel das Ver-
prechen, dass wir alle unsere Kraft für die Belange der
euen Länder einsetzen, und zwar jede und jeder von
ns in den jeweiligen Fachausschüssen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Die Einsetzung dieses Ausschusses hat aus unserer
icht bloßen Symbolcharakter. Aber Symbole reichen
icht aus, um die Herausforderungen in den neuen Län-
ern zu meistern. Auch der Themenvielfalt könnte dieser
usschuss nicht gerecht werden. Sie schlagen vor, dass
er Ausschuss 15 Mitglieder haben sollte. Das würde
onkret bedeuten, dass Ihre und unsere Fraktion jeweils
in Mitglied in diesem Ausschuss hätten. Dieses Mit-
lied müsste dann alle Themenfelder bearbeiten. Das
ann wirklich nicht Ihr Ernst sein, das kann nicht im
inne des Antragstellers sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich gebe zu, dass ich mit der Ansiedlung des Beauf-
ragten für die neuen Länder im Ausschuss für Verkehr,
au- und Wohnungswesen zunächst nicht besonders
lücklich war. Aber ich muss auch sagen, dass die Kolle-
innen und Kollegen aus den alten Bundesländern in den
etzten Jahren einiges dazugelernt haben. Es war für sie
icher ungewohnt, über Themen wie den Bericht zum
tand der deutschen Einheit oder die Gemeinschaftsauf-
abe „Ost“ zu debattieren. Aber ich finde, gerade in den
tzten Monaten der vergangenen Legislaturperiode wurde
diesem Ausschuss über Themen wie beispielsweise den

478 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



(B) )


Peter Hettlich
Bericht zum Stand der deutschen Einheit sehr intensiv,
sehr ernsthaft und ohne die üblichen Schuldzuweisungen
debattiert. Das hat mir sehr gut gefallen. Ich finde, dass
wir diesen guten Ansatz weiterführen sollten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Es wurde auch deutlich, dass es auf das Engagement
der Berichterstatter ankommt – und nicht auf die Hülle,
sprich: den Ausschuss –, ob man mit einem Thema in
der medialen Öffentlichkeit tatsächlich Aufmerksamkeit
erzielen kann.

Im Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
hat dieser Lernprozess begonnen. Ich wünsche mir, dass
es uns gelingen wird, dass dieser Prozess auch in den an-
deren Fachausschüssen stattfinden wird bzw. dass er
fortgeführt und intensiviert wird. Wir haben alle Mög-
lichkeiten dazu. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen
von der Linkspartei, werden diese Chancen doch sicher-
lich nutzen wollen.


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Machen wir es trotzdem!)


Ein weiteres Argument, das gegen die Einrichtung ei-
nes Ostausschusses spricht, haben Sie selbst geliefert, in-
dem Sie gesagt haben, seine Aktivitäten auf andere
strukturschwache Regionen erweitern zu wollen. Ich
stimme zwar mit Ihnen darin überein, dass die Transfor-
mationsprozesse sowohl in den neuen als auch in den al-
ten Bundesländern neue Denkprozesse erfordern. Aber
genau das können wir nur in den Fachausschüssen leis-
ten und nicht dadurch, dass wir als ostdeutsche Abgeord-
nete unter uns bleiben.

Wir schaffen nur dann eine gesamtgesellschaftliche
Solidarität für die Belange der neuen Länder, wenn wir
gemeinsam die gewachsenen regionalen Disparitäten in
den alten Ländern mit auf die Agenda setzen und ge-
meinsam Lösungsansätze erarbeiten. Auch das kann der
von Ihnen vorgeschlagene Ausschuss nicht leisten.

Ich stimme Ihnen zu, dass es in den nächsten Jahren
auch um einen inhaltlichen Neuansatz bei der Förderpo-
litik gehen wird. Ich weiß nur nicht, ob wir damit das
Gleiche meinen. Denn es fehlt aus meiner Sicht nicht an
Fördermitteln, sondern an einer effizienten Fördermittel-
verwendung und einer entsprechenden effizienten För-
derinstrumentestruktur. Darauf sollten wir in den nächs-
ten Jahren unser besonderes Augenmerk legen.

Die Arbeitsgruppe Ost unserer Bundestagsfraktion
hat sich in der letzten Legislaturperiode quasi mit allen
im Zusammenhang mit dem Aufbau Ost relevanten The-
men beschäftigt. Das reichte von der Investitionszulage
bis zu Hartz IV, von der demographischen Entwicklung
bis zum Stadtumbau Ost. Um diese Themen dabei kompe-
tent bearbeiten zu können, haben wir uns regelmäßig auf
die aktive Mitarbeit der Fraktionskolleginnen und -kolle-
gen aus den alten Bundesländern verlassen müssen, weil
wir selber gar nicht die entsprechende Fachkompetenz
hatten. Aber das hat erstens dazu geführt, dass es in un-
serer Fraktion eine sehr viel höhere Akzeptanz der AG

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(C (D st gab, und zweitens, dass wir bei den Kolleginnen und ollegen unserer Fraktion ein viel größeres Verständnis ür die Belange der neuen Länder erreicht haben. Das ist er richtige Ansatz. Diesen Ansatz sollten wir alle weierführen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Es liegt also an uns, die uns bewegenden Themen in
ie Öffentlichkeit zu tragen und in diesem Haus zu de-
attieren. Dafür brauchen wir keinen neuen Ausschuss.
nsere Möglichkeiten sind – vielleicht gerade deswe-
en, weil wir in der Opposition sind – groß. Worauf war-
en wir also noch? Machen wir uns an die Arbeit! Fan-
en wir an!

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600810700

Das Wort hat der Abgeordnete Manfred Grund, CDU/

SU-Fraktion.


Manfred Grund (CDU):
Rede ID: ID1600810800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

olleginnen und Kollegen! Der Aufbau Ost, der Auf-
au der neuen Bundesländer, dauert länger und kostet
ehr, als sich wohl die meisten von uns vorgestellt, es

rwartet oder auch befürchtet haben.

Es ist nicht nur die Gleichzeitigkeit der Prozesse, die
eit 1989/1990 ablaufen, also der wirtschaftliche Zusam-
enbruch des Ostblocks, der Fall der Mauer, die Globa-

isierung, die demographische Entwicklung und der Ver-
uch der Angleichung der Lebensbedingungen im Osten
n die des Westens. Ich glaube, es ist vielmehr die Hin-
erlassenschaft, die 1989/1990 vorgefunden worden ist,
ie dazu beiträgt, dass dieser Prozess so lange dauert und
o viele Schwierigkeiten macht.

Mit der ehemaligen DDR ist der Bundesrepublik
icht die zehntstärkste Industrienation beigetreten. Es
ar vielmehr ein wirtschaftlich verwahrlostes, infra-

trukturell vernachlässigtes und ökologisch verheertes
ebiet zu übernehmen und aufzubauen.


(Widerspruch von der LINKEN)


Zu Ihrem Protest muss ich sagen: Es gab vom damali-
en Chef der Plankommission, von Gerhard Schürer, im
erbst 1989 eine Ausarbeitung für das Zentralkomitee
zw. das Politbüro.

Darin hieß es: Bei Betrachtung aller Dinge muss der
schon damals nicht allzu hohe – Lebensstandard der
evölkerung der DDR sofort um 30 Prozent gesenkt
erden, wenn die Zahlungsunfähigkeit, der Bankrott der
DR nicht sofort eintreten soll. – Das war die Situation.

Der Kollege Claus hat zu Recht darauf hingewiesen,
ass viel Geld von West nach Ost geflossen ist:
000 Milliarden Euro, möglicherweise sogar noch

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 479


(A) )



(B) )


Manfred Grund
mehr. Das ist aber nicht das Problem, über das wir heute
reden. Was uns Sorge machen muss, ist, dass nach wie
vor 4 Prozent unseres Bruttosozialprodukts für die
Finanzierung dessen, was wir als „Aufbau Ost“ bezeich-
nen, benötigt werden. Aufgrund des Wirtschaftswachs-
tums von durchschnittlich 1,3 bzw. 1,4 Prozent in den
letzten zehn Jahren erfolgt der Aufbau Ost also aus der
Substanz der alten Bundesrepublik. Das ist das große
Problem.

Nun kann man sich fragen, ob man sich 1989/90 ein
wenig getäuscht hat und was der Grund dafür ist, dass
der Aufbau Ost nicht schneller erfolgt. Am Geld hat es
nicht gelegen. Alle Bundesregierungen seit 1989/90 ha-
ben versucht, mit diesen Problemen – auf strukturell un-
terschiedlichen Wegen – fertig zu werden. In den beiden
Kabinetten Helmut Kohls waren mehrere ostdeutsche
Minister, die mit ihrem Namen für den Aufbau Ost ein-
gestanden sind: Angela Merkel, Claudia Nolte und Paul
Krüger, um nur einige von unserer Seite zu nennen. In
dieser Zeit hat es einen ganz ordentlichen Aufholprozess
gegeben. Danach, mit dem Kabinett Schröder, wurde der
Aufbau Ost zur Chefsache, mit durchaus unterschiedli-
chen Ergebnissen. Die Schere zwischen West und Ost
schloss sich nicht mehr – das war allerdings schon seit
1997/98 so –, aber mit dem Solidarpakt II wurde die
Anschlussfinanzierung an den Solidarpakt I auf den Weg
gebracht und damit Sicherheit bis zum Jahr 2019. Dafür
können wir sehr dankbar sein.

Nun hat die Fraktion der Linken den Antrag gestellt
– darüber debattieren wir heute –, einen Ausschuss für
die Angelegenheiten der neuen Länder und für andere
strukturschwache Regionen einzurichten. Die Fraktion
Die Linke wäre des Oppositionszuschlages nicht wert,
wenn sie diesen Antrag nicht gestellt hätte. Ich glaube
aber, dass Sie hier einer Fehleinschätzung aufsitzen. Es
besteht die große Gefahr, zu glauben, dass in diesem
Ausschuss alle Themen, die die neuen Länder betreffen,
behandelt und abgearbeitet werden, dass wir Ostdeut-
sche quasi eine eigene Spielwiese bekommen; dabei ist
die Außenwirkung relativ gering.

Ich war von 1999 bis 2002 im damaligen Ausschuss
für die Angelegenheiten der neuen Länder, kenne die
Debatten und die Ergebnisse. Ich nehme an, dass Sie
sich einmal angesehen haben, worüber in diesem Aus-
schuss in den vier Jahren debattiert worden ist: Man hat
sich mit 478 Drucksachen beschäftigt. Das ist mögli-
cherweise ein Nachweis des Fleißes dieses Ausschusses,
über die Wertigkeit sagt dies aber relativ wenig. Über die
Wertigkeit erfährt man etwas, wenn man fragt, bei wie
vielen Beratungsgegenständen dieser Ausschuss feder-
führend und bei wie vielen er mitberatend war. Schätzen
Sie einmal: 30 Prozent, 20 Prozent oder 10 Prozent der
Vorlagen? Weniger als 10 Prozent, nämlich insgesamt
35 Vorlagen, waren Vorlagen, bei denen der Ausschuss
für die Angelegenheiten der neuen Länder federführend
gewesen ist. Sie messen ihm also möglicherweise eine
zu hohe Bedeutung bei. Im Wesentlichen handelte es
sich um Berichte zum Stand der deutschen Einheit oder
um Themen, bei denen man sich mit sich selbst beschäf-
tigt hat.

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(C (D Ich möchte nicht, dass wir ostdeutsche Abgeordnete uf einen Ausschuss, auf eine Spielwiese reduziert weren. Ich möchte, dass wir in den Ausschüssen auf gleiher Augenhöhe sind, im Finanzausschuss, im Hausaltsausschuss und im Wirtschaftsausschuss, (Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


nd dass wir unseren Sonderstatus als Abgeordnete aus
em Osten auf diese Weise irgendwann einmal verlieren
nd einfach gute Arbeit leisten können.

Auch wenn dieser Ausschuss nicht zustande kommen
ird, haben Sie gute Möglichkeiten, als Fraktion in den
achausschüssen mitzuarbeiten. Außerdem regieren Sie
eit Jahren in zwei wichtigen deutschen Bundesländern,
n Berlin und in Mecklenburg-Vorpommern. Wenn es Ih-
en gelingt, in diesen beiden von Ihnen mitregierten
ändern gute Impulse für den Aufbau Ost zu setzen, die
uch hier ankommen, leisten Sie das Beste, was Sie leis-
en können. Hier haben wir ein gemeinsames Anliegen.
nsofern sind Sie herzlich willkommen. Arbeiten Sie or-
entlich mit, aber lassen Sie in Zukunft solche Schau-
ensteranträge!


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600810900

Das Wort hat der Abgeordnete Stephan Hilsberg,

PD-Fraktion.


Stephan Hilsberg (SPD):
Rede ID: ID1600811000

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Viele meiner Vorredner von der Koalition,
ber dankenswerterweise auch von zwei Oppositions-
raktionen, haben gewichtige Gründe ins Feld geführt,
ie gegen die Einrichtung eines solchen Ausschusses
prechen. Ich will Ihnen von der PDS gerne konzedieren,
ass es durchaus auch Argumente gibt – –


(Zurufe von der LINKEN: Linke!)


Ach, PDS, SED: Sie können sich noch so oft um-
enennen; Sie bleiben der, der Sie sind. Daran ändert
ich auch nichts. Insofern ist das kein Namensproblem.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich will aber trotzdem durchaus konzedieren – viel-
eicht nehmen Sie das als ein Zeichen, dass ich auf Sie
ugehe –, dass es auch Argumente für einen solchen
usschuss gibt. Gleichwohl muss ich sagen: In dem An-

rag, den Sie uns vorgelegt haben, stehen diese Argu-
ente gar nicht. Man hat nicht das Gefühl, es sei etwas
eues hinzugekommen. Es sind die alten Kamellen; es

st sehr ideologisch und klingt ein bisschen wie eine
ammerarie. Ich komme noch darauf zu sprechen.

Ein bisschen habe ich das Gefühl, dass die Diskussio-
en, die vor drei Jahren zur Abschaffung des entspre-
henden Ausschusses geführt haben, an Ihnen vorbeige-
angen sind. Dafür kann man Verständnis haben. Sie

480 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


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Stephan Hilsberg
waren die letzten drei Jahre nicht im Parlament. Sie wer-
den jetzt wieder an den Diskussionen teilnehmen. Viel-
leicht werden auch Sie in einigen Jahren zu anderen Auf-
fassungen kommen, als Sie sie hier vorgetragen haben.

Es geht schlicht und einfach um folgenden Punkt:
Auch wenn wir in Ostdeutschland nach wie vor ge-
wichtige Probleme haben, die uns vor große Herausfor-
derungen stellen, kann man weder aus der Koalitionsver-
einbarung, die wir getroffen haben, noch aus der Arbeit
der rot-grünen Koalition und unserer Bundesregierung in
den letzten drei Jahren in irgendeiner Art und Weise den
Vorwurf ableiten, Ostdeutschland habe keine Rolle ge-
spielt. Das glatte Gegenteil davon ist der Fall.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der LINKEN)


Da kommt es nicht einfach nur auf ostdeutsche Minis-
ter an. Wer hat denn um den Risikostrukturausgleich zu-
gunsten der ostdeutschen Krankenkassen gekämpft? Das
war Ulla Schmidt. Sie kommt aus Aachen. Westlicher
kann man gar nicht wohnen. Wer hat denn an den ver-
schiedensten Stellen um die Infrastruktur gekämpft? Die
entsprechenden Maßnahmen hat Kurt Bodewig veran-
lasst.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Günther Krause! Das war schon viel früher!)


Da sind zusätzliche finanzielle Mittel bewegt worden. Er
kommt aus Nordrhein-Westfalen. Gar keine Frage!

Ohne diese Partnerschaft könnte doch die gesamte
deutsche Einheit nicht gelingen. Auch darüber muss man
sich völlig im Klaren sein. Wir Ostdeutschen müssen
nicht die ganze Zeit „danke, danke“ sagen. Aber ein ge-
wisses Gefühl von Dankbarkeit und gesamtdeutscher
Verantwortung gehört doch dazu.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir wissen doch alle ganz genau, dass die ostdeutschen
Probleme ohne ein gesamtdeutsches Herangehen in
keiner Art und Weise zu lösen sind. Daran wird auch Ihr
Schauantrag nichts ändern.

Nun kann man Ihnen zugute halten, dass Sie in den
letzten drei Jahren nicht da waren. Wenn es nach mir
ginge, bräuchten Sie auch heute nicht hier zu sein. Aber
der Wähler hat gesprochen; das ist zu akzeptieren, gar
keine Frage.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das tut Ihnen wohl weh, dass wir wieder hier sind!)


Mich stört etwas – da wird man einen Verdacht nicht
los –, wozu Sie diesen Ausschuss eigentlich haben wol-
len. Der Titel des Antrags spricht Bände:

Einsetzung eines Ausschusses ... für die Angele-
genheiten der neuen Länder

– bis hierhin völlig d’accord –

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(C (D und für andere strukturschwache Regionen as meinen Sie eigentlich damit? Sind Sie etwa wirkich der Meinung, dass der gesamte Osten ein strukturchwaches Gebiet ist? Haben Sie niemals erfahren, dass ir in Ostdeutschland beispielsweise eine Infrastruktur aben, nach der sich selbst die Westdeutschen die Finger ecken? (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


aben Sie nie begriffen, welch hohen europäischen
ang die Topregion Dresden zurzeit hat? Haben Sie nie
rfasst, dass eine der Topregionen für Wissenschaft und
orschung das Gebiet Berlin/Brandenburg ist? Und da
ommen Sie und sagen, das sei alles strukturschwache
egion. Vor Ihnen muss man ja die Ostdeutschen in
chutz nehmen! Sie wissen gar nicht, mit wem Sie es da
u tun haben.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Natürlich haben wir eine Reihe von sehr schwierigen
roblemen zu lösen. Ich erinnere an die Feinjustierung
er Ärzteversorgung, den Ärztemangel. Ich erinnere an
ie GKV. Ich erinnere an die Heizkostenproblematik, die
ir übrigens gerade zugunsten der ostdeutschen Kom-
unen gelöst haben; das ist nämlich dabei herausgekom-
en. Diese Fragen sind bei uns in der Tat bestens aufge-

oben.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das Thema Arbeitslosigkeit spielt für Sie keine Rolle!)


Die Arbeitslosigkeit spielt eine große Rolle, Frau
nkelmann. Ich will ganz deutlich sagen: 20 Prozent Ar-
eitslosigkeit – inzwischen ist es etwas weniger, aber
ie auch immer – sind zu viel.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Im Durchschnitt!)


Da übertreiben Sie ein bisschen. Aber das ist nicht der
unkt. Von einem ausgeglichenen Arbeitsmarkt spricht
an erst bei 5 Prozent.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das ist nicht zu fassen! Solch eine Ignoranz!)


Dass dies ein Problem für die Menschen ist, die in
stdeutschland leben, weiß jeder. Daraus kann man auch

rsehen, was für eine Belastung sie nach wie vor haben.
ie Hauptlast des Aufbaus in Ostdeutschland liegt näm-

ich bei den Ostdeutschen selbst. Das darf man an dieser
telle nicht außer Acht lassen. Umso wichtiger und aner-
ennenswerter ist es, dass dort inzwischen Topunterneh-
en entstanden sind und dass dort riesengroße Leistun-

en erbracht wurden. All das darf man nicht schlecht
eden. Ein ausgeglichener Arbeitsmarkt ist das aber
icht; das weiß jeder. Die Lösungen, die Sie vorschla-
en, sind aber ideologische Ladenhüter, die mit ein biss-
hen Mottenpulver aufgepeppt wurden. Nichts anderes
st das. Dafür ist mir die Einrichtung eines Parlaments-
usschusses viel zu schade. Anders ist das nicht zu wer-
en. Der Rückgriff auf ein staatliches Beschäftigungspro-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 481


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(B) )


Stephan Hilsberg
gramm – das schlagen Sie in Ihrem Programm vor – löst
doch das Problem der Arbeitslosigkeit auch nicht. Im
Gegenteil: Es würde die Probleme, die wir in Ost-
deutschland haben, verschärfen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir kommen nur weiter, wenn wir an der Investi-
tionsoffensive festhalten. In Ostdeutschland brauchen
wir zusätzlich 200 000 Industriearbeitsplätze als Kern.
Auf diesem Gebiet sind viele Arbeitsplätze weggebro-
chen. Dafür gibt es Ursachen. Das muss auf völlig
neuem Niveau wieder aufgebaut werden. Die in der
Koalitionsvereinbarung beschlossene Verlängerung der
Investitionszulage ist eines der wesentlichen Instru-
mente. Es kommt darauf an, Projekte, wie die Verlänge-
rung der I-Zulage, auch zu realisieren.

All das sind Probleme, bei denen Sie mit Laden-
hütern, die Sie aus der ideologischen Mottenkiste he-
rauskramen, und irgendwelchen Patentlösungen nicht
weiterkommen. Sie werden, genauso wie wir, in der Sa-
che hart arbeiten müssen, und zwar in den Fachaus-
schüssen, dort wo es um Sozial- und Arbeitsmarktpolitik
geht, wo es um KfW-Programme geht, wo es um Infra-
strukturfinanzierung geht, nämlich im Haushaltsaus-
schuss.

Ich lade Sie wirklich ein: Arbeiten Sie diese handfes-
ten Themen, die viel mit unseren Problemen zu tun ha-
ben, ab. Werden Sie konstruktiv. Mit Ideologie sind die
Probleme Ostdeutschlands schon lange nicht mehr zu lö-
sen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600811100

Wir haben eine Kurzintervention der Abgeordneten

Petra Sitte.


Dr. Petra Sitte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1600811200

Man kann über viele Dinge, die im Zusammenhang

mit der Einrichtung dieses Ausschusses in den Beiträgen
gesagt worden sind, nachdenken. Man kann darüber wei-
ter diskutieren. Auf eines – insbesondere im letzten Bei-
trag ist das deutlich gesagt worden – möchte ich schon
reagieren, nämlich dass die Vorschläge, die in unserer
Fraktion entwickelt worden sind, ideologische Laden-
hüter seien.

Vor einigen Tagen hat der Vorstand der Bundesagen-
tur für Arbeit das Land Mecklenburg-Vorpommern be-
sucht und sich die Ergebnisse angeschaut, die dort im öf-
fentlich geförderten Beschäftigungssektor erzielt worden
sind. Sie wissen, dass im Land Mecklenburg-Vorpom-
mern seit vielen Jahren darum gerungen wird, im öffent-
lich geförderten Beschäftigungssektor Beschäftigung für
Menschen zu schaffen, die sonst überhaupt keine
Chance hätten. Am Ende dieses Besuches wurde festge-
stellt, dass Mecklenburg-Vorpommern gerade auf dem
Sektor des öffentlich geförderten Beschäftigungssektors

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(C (D esentlich weiter sei und die Arbeitsmarktreformen soie die Reformen, die die Bundesagentur infolge der oalitionsvereinbarung anstrebt, begonnen werden soll en. Man stellte fest, dass man im Rest der Republik vom ordosten der Bundesrepublik lernen könnte. Insofern möchte ich Ihre Interpretation von ideologichen Ladenhütern an dieser Stelle widerlegt wissen. Herr Hilsberg, bitte. Sehr geehrte Frau Sitte, der Beitrag, den Sie gerade egeben haben, spricht Bände. Sie verteidigen nicht nur hre Politik einer Reverstaatlichung der Instrumente des weiten Arbeitsmarktes, sondern führen die Politik des andes Mecklenburg-Vorpommern, die man viel stärker nter dem Begriff einer europäischen Arbeitsmarktpoliik subsumieren kann, als Nachweis wirklicher Revertaatlichung an. Ich will das an zwei Punkten, die sehr klar sind, festachen. Sie haben dem Mindestlohn das Wort geredet. as stieß selbst bei Ihrem Partner WASG auf starke ritik, weil er massive Verwerfungen zur Folge gehabt ätte. Das zeigt, dass die Widersprüche, in die Sie sich ineinbegeben, so tief gehen, dass selbst in Ihrer eigenen raktion große Diskussionen geführt werden. Wer die esamten Mehraufwandsentschädigungen in steuerflichtige Beschäftigungsverhältnisse umwandeln will, er will diese Form der Beschäftigung, die die Funktion iner Brücke in den ersten Arbeitsmarkt hat, in massenafter Art und Weise um des ersten Arbeitsmarkts willen auf dem zweiten Arbeitsmarkt dauerhaft – verstetigen. ie tun so, als könnte man den Menschen damit eine Perpektive bieten. Das ist nichts anderes als die Verschleieung der Arbeitslosigkeit, die wir zu DDR-Zeiten auch ehabt haben. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der LINKEN)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600811300
Stephan Hilsberg (SPD):
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Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600811500

Damit schließe ich die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 16/130 an den Ältestenrat vorgeschlagen.
ind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann

st die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 8 a und 8 b sowie
usatzpunkt 6 auf:

a) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-
nen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten
Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung
des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und an-
derer Gesetze

– Drucksache 16/109 –


(Erste Beratung 6. Sitzung)


482 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


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(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
– Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat
eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur

(… Arbeitszeitänderungsgesetz – … ArbZÄG)

– Drucksache 16/219 –


(Erste Beratung 7. Sitzung)


aa) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-

(11. Ausschuss)


– Drucksache 16/245 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Dr. Ralf Brauksiepe


(8. Ausschuss)


– Drucksache 16/259 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Hans-Joachim Fuchtel
Waltraud Lehn
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Gesine Lötzsch
Anja Hajduk

b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten
Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches
Sozialgesetzbuch
– Drucksachen 16/162, 16/220 –


(Erste Beratung 7. Sitzung)


aa) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-

(11. Ausschuss)


– Drucksache 16/253 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Wolfgang Grotthaus


(8. Ausschuss)


– Drucksache 16/260 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Hans-Joachim Fuchtel
Waltraud Lehn
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Gesine Lötzsch
Anja Hajduk

ZP 6 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dirk
Niebel, Dr. Heinrich L. Kolb, Detlef Parr, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Weichenstellung für eine Verbesserung der
Beschäftigungschancen Älterer
– Drucksache 16/241 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Haushaltsausschuss

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(C (D Zum Gesetzentwurf zur Änderung des Dritten Buches ozialgesetzbuch liegt ein Änderungsantrag der Fraktion ie Linke vor. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen iderspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und gebe das Wort dem undesminister Franz Müntefering. Franz Müntefering, Bundesminister für Arbeit und oziales: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen nd Kollegen! Die Bundesregierung hat zügig mit ihrer rbeit begonnen. Heute haben wir einige Entscheidunen zu treffen, die einen ganz wichtigen Bereich, den rbeitsmarkt, betreffen. Dabei geht es um Punkte, die in rheblichem Maße auch das Themenfeld berühren, über as in der letzten Stunde diskutiert wurde. Der Arbeitsarkt ist für unsere Bemühungen, die soziale Gerechtig eit in unserem Lande zu sichern, ein sehr wichtiges oment. Wir werden erleben, dass der Bundesrat die Gesetzentürfe, die wir heute beschließen, in der nächsten Woche ufnehmen und ebenfalls beschließen wird, sodass die ntsprechenden Gesetze bereits zum 1. Januar 2006 in raft treten können. Es geht darum, am Arbeitsmarkt Imulse zu setzen. Es geht um die finanzielle Planungssiherheit für die Städte und Gemeinden. Und es geht daum, was wir für die Arbeitslosen tun und wie wir die andlungsfähigkeit der Kommunen sicherstellen können. Die arbeitsmarktpolitischen Instrumente, die uns zur erfügung stehen, müssen effizienter genutzt werden. ie müssen, was die Zielführung und ihren Schwung aneht, modernisiert, zusammengefasst, gebündelt und irkungsvoller ausgestaltet werden. Dazu haben wir inerhalb der Koalition einige Vereinbarungen getroffen. iner unserer Ansatzpunkte ist, dass wir im Jahre 2006 ine „Initiative 50 plus“ starten werden, um auf sehr onzentrierte und gründliche Weise dafür zu sorgen, ass die Altersklasse 50 plus in unserer Gesellschaft in ukunft größere Chancen am Arbeitsmarkt hat als heute. Die Gesetzentwürfe, die wir heute beschließen, sind chritte, die dazu beitragen, dass die Bündelung dieser ufgaben im Verlauf des Jahres 2006 besser als bisher oranisiert werden kann. Die Dauer der Entgeltsicherung ür Ältere, also der Zuzahlung zu den Lohnkosten bei iedrigen Gehältern, wird verlängert. Auch die Regelung insichtlich der Befreiung der Arbeitgeber von der Zahng der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung für neue itarbeiter über 55 Jahre wird verlängert. Die 58er-Regeng wird ebenfalls fortgeschrieben und die Weiterbil ung Älterer kann auch in Zukunft gefördert werden. All as sind Punkte, die vernünftig sind und die wir im nächsn Jahr aufgreifen, wenn wir dieses Thema viel konzenierter, umfassender und gründlicher angehen. Aber wir beschließen heute noch weitere Punkte: Die undesagentur für Arbeit soll auch in Zukunft eigen Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 483 Bundesminister Franz Müntefering ständige Träger für Eingliederungsmaßnahmen heranziehen und beauftragen dürfen. Die Ich-AGs laufen nicht zum 31. Dezember dieses Jahres aus, sondern sie werden bis zum 30. Juni 2006 fortgeführt. Im ersten Halbjahr 2006 wollen wir innerhalb der Koalition eine vernünftige Lösung für Existenzgründungen aus der Arbeitslosigkeit heraus finden. Wir wollen die verschiedenen Instrumente, die es bisher auf diesem Gebiet gibt, zusammenfügen und daraus eine gute und zielführende Lösung entwickeln. Die Personal-Service-Agenturen sollen nicht mehr zwingend flächendeckend aufgebaut werden müssen, sondern die BA ist beauftragt, dafür zu sorgen, dass Erfolg versprechende Ansätze dort, wo es sie gibt, weiter konkretisiert werden. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(A) )


(B) )


Es geht also um eine Palette von Vorhaben, die wir
jetzt vor Jahresende schnell beschließen, damit wir im
nächsten Jahr daran anknüpfen und unsere Arbeit fort-
führen können.

In den letzten Tagen haben uns Nachrichten erreicht,
dass größere und kleinere Unternehmen in Deutschland
in hohem Maße Arbeitsplätze abbauen bzw. ihre Un-
ternehmen ins Ausland verlegen wollen. Wenn man so
etwas als verantwortlicher Minister liest – das geht Ihnen
als Abgeordnete im Parlament sicherlich genauso –,
wenn man konfrontiert wird mit der Sorge der Menschen
vor Ort, dann muss man aufpassen, dass man nicht von
einem Gefühl der Ohnmacht überwältigt wird. Das fällt
schon schwer, aber wir dürfen uns da nicht irremachen
lassen, wir dürfen uns die Zuversicht nicht nehmen las-
sen. Wir müssen im politischen Raum dafür kämpfen,
dass Dinge wie im Moment konkret bei AEG in Nürn-
berg nicht mehr passieren: dass die Unternehmenslei-
tung aus heiterem Himmel heraus mitteilt, einen Stand-
ort zu schließen und in ein anderes europäisches Land, in
diesem Fall nach Polen, zu verlagern. Das ist zwar er-
laubt, aber für die Menschen, die davon betroffen sind,
ist das eine Katastrophe. So etwas kann Politiker nicht
kalt lassen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb muss man es ansprechen und deutlich ma-
chen, dass alle diejenigen, die in Deutschland an dieser
Stelle Verantwortung tragen – auch in der Wirtschaft –,
sich bewusst sind, dass Politik alleine diese Dinge nicht
regeln kann. Vielmehr erwarten wir, dass die Unterneh-
men bei allen Hilfen, mit denen wir sie bei der Verbesse-
rung ihrer Wettbewerbsfähigkeit unterstützen, ihrer un-
ternehmerischen Aufgabe nachkommen. Diese bedeutet
auch, da, wo es möglich ist, Arbeitsplätze an Ort und
Stelle zu erhalten – mit den Menschen, mit denen zu-
sammen man groß und manchmal auch reich geworden
ist. Diese Erwartung muss einmal zum Ausdruck ge-
bracht werden.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Da müssen aber d S d g b s W p H v g S N U w t m W s i L K – R d w s n e s d v K n D L (C (D auch die Rahmenbedingungen stimmen, Herr Müntefering!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600811600

Herr Müntefering, möchten Sie eine Zwischenfrage

es Abgeordneten Dirk Niebel zulassen?

Franz Müntefering, Bundesminister für Arbeit und
oziales:

Bitte schön.


(Klaus Brandner [SPD]: Nebelwerfer!)



Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1600811700

Vielen Dank, Herr Minister Müntefering.

Ich stimme Ihnen ja zu, insbesondere was die Ängste
er Beschäftigten anbetrifft. Aber würden Sie mir dahin
ehend zustimmen, dass es auch eine Frage der Rahmen-
edingungen des Standortes Deutschland sein kann, ob
ich ein Unternehmen hier oder woanders ansiedelt?

ürden Sie mir weiter zustimmen, dass die Nordeuro-
äische Gaspipeline, bei der der Bundeskanzler a. D.
err Schröder Aufsichtsratsvorsitzender werden soll,
ielleicht auch wegen der schlechten Rahmenbedingun-
en ihren Sitz nach Zug verlegen wird?


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Guck mal Conti an!)


Franz Müntefering, Bundesminister für Arbeit und
oziales:

Ich will ganz ernsthaft auf Ihre Frage eingehen, Herr
iebel. Dass wir als Politiker helfen müssen, dass die
nternehmen in Deutschland wettbewerbsfähig sind, ist
ahr. Was die SPD in der rot-grünen Koalition alles ge-

an hat – Senkung der Körperschaftsteuer, der Einkom-
ensteuer usw.; gegen manche Kritik –, wissen Sie alle.
ir haben heute in Deutschland eine Unternehmensbe-

teuerung, die so niedrig ist, wie sie noch nie gewesen
st. Trotzdem erleben wir, dass uns andere europäische
änder mit einer noch niedrigeren Unternehmensteuer
onkurrenz machen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Eben!)


Was heißt „eben“? Wir müssen in Europa – auch im
ahmen des Gipfels, der ab heute stattfindet – miteinan-
er eine gemeinsame Steuerpolitik anstreben, zumindest
as die Bemessungsgrundlagen angeht. Wir wollen un-

eren Teil dazu beitragen, dass Europa gelingt. Was aber
icht geht – das sage ich ganz klar; da sind wir alle uns
inig, auch in dieser Koalition –, ist, dass wir die Steuern
enken, um unsere Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern,
ie Nachbarländer daraufhin ihre noch weiter senken,
on uns aber erwarten, dass wir mehr in die europäische
asse zahlen, aus der sie gefördert werden. Das geht
icht. Steuerdumping und Lohndumping gehen nicht.
iese Position ist auch im Interesse unseres eigenen
andes vernünftig.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Zuruf von der FDP: Die Schweiz ist nicht in der EU!)


484 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



(B) )


Bundesminister Franz Müntefering
Ein zweites großes Thema haben wir heute auf der
Tagesordnung, das im Interesse unseres Landes wichtig
ist und das wir zur Beschlussfassung bringen. Es geht
um die Kosten für Unterkunft und Heizung für Ar-
beitslosengeld-II-Empfänger. Vereinbart ist, dass die
Kommunen diejenigen Sozialhilfeempfänger, die jetzt
Arbeitslosengeld-II-Empfänger geworden sind, nicht
mehr finanzieren müssen. Das bedeutet für die Kommu-
nen eine riesige Ersparnis. Dafür sollen sie die Wohn-
kosten zahlen. Diese Wohnkosten sind aber so hoch,
dass zu vermuten ist, dass die Kommunen nicht die
2,5 Milliarden Euro übrig behalten würden, die wir ih-
nen zugesagt haben, wenn sie die Wohnkosten voll über-
nehmen. Also ist damals im Vermittlungsausschuss ver-
einbart worden, dass der Bund einen Zuschuss von
29,1 Prozent übernimmt. Die haben wir gezahlt und wir
haben vereinbart, in diesem Zusammenhang eine Revi-
sion durchzuführen.

Das ist versucht worden, doch dazu liegen jetzt unter-
schiedliche Zahlen vor. Darüber ist diskutiert worden. Als
Ergebnis haben wir vereinbart, ins Gesetz aufzunehmen:
2005 und 2006 erhalten die Kommunen 29,1 Prozent Zu-
schuss zu den Wohn- und Heizungskosten, die sie zahlen.
Es wird keine weitere Revision geben. Die Kommunen
haben Planungssicherheit. Damit ist erreicht, dass über
den 1. Januar 2006 keine Vakanz und keine Irritationen
entstehen. Das war für uns ein ganz wichtiges Argument,
es letztlich so zu machen.

Der Bund kommt in seinen Berechnungen auf ein
ganz anderes Ergebnis als die Länder und die Kommu-
nen, was die tatsächliche Entlastung bzw. Belastung an-
geht. Ich kann das nicht objektiv entscheiden. Ich sage
nur: Das Gesetz hat insofern eine Schwäche – das müs-
sen wir uns alle miteinander anrechnen lassen –, als es
die Entlastung der Kommunen nicht in Euro und Cent
sichtbar macht. Es gibt nur Schätzansätze. Diese Schätz-
ansätze machen es schwierig, zu einer gemeinsamen Re-
gelung zu kommen. Also haben wir gesagt: Wir stellen
für 2005 und 2006 klare Regeln auf und legen den Zu-
schuss auf 29,1 Prozent fest, ohne dass eine Revision
stattfindet. Im Jahre 2006 machen wir dann ein neues
Gesetz, in dem wir diese Problematik für das Jahr 2007
und die folgenden Jahre regeln, sodass wir nicht jedes
Jahr eine Revision machen müssen. Ich glaube, das ist
alles in allem eine vernünftige Lösung.

Wir auf Bundesseite haben den Eindruck, dass wir zu
viel zahlen und dass die Kommunen mehr übrig behalten
als die 2,5 Milliarden Euro.


(Beifall des Abg. Otto Fricke [FDP])


Es gibt natürlich Kommunen, die ein Minus machen, wie
es auch Kommunen gibt, die einen Vorteil haben. Auch
das ist ein Problem des Gesetzes, dass man das nicht ge-
recht auf die Kommunen, die einzelnen Städte und
Landkreise verteilen kann. Je nachdem, wie die Bedin-
gungen sind, wirkt sich dieses Gesetz unterschiedlich
aus.

Das ist eine Aufgabe der Länder in diesem wie im
nächsten Jahr. Die Aufforderung an die Länder lautet:
Sie müssen versuchen, horizontal besser als bisher zwi-

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(C (D chen den Kommunen, die Vorteile haben, und den ommunen, die Nachteile haben, auszugleichen. Die ommunen, die Nachteile haben – diese gibt es –, haben ich bei uns wie auch sicherlich bei Ihnen auf sehr enerische Art gemeldet. Die Kommunen, die Vorteile haen, haben sich natürlich nicht gemeldet. Das ist enschlich, das verstehe ich auch. Das kann aber nicht edeuten, dass der Bund auf ewige Zeit mehr zahlt. Unser Gefühl ist, dass wir in diesem Jahr deutlich zu iel bezahlen. Auch im nächsten Jahr wird das der Fall ein. Die Größenordnung von 1 bis 1,3 Milliarden Euro, m die es zum Schluss ging, ist schon ein dicker Broken, auch für den Bundeshaushalt. Deshalb kann das im ächsten Jahr nur eine einmalige Zahlung sein. Dann üssen wir neue Klarheit schaffen. Das, was wir machen, ist zum Nutzen der Kommunen nd zum Nutzen der Arbeitslosen. Sie können erwarten, ass sich Bund, Länder und Gemeinden nicht in irendeinem Streit verhakeln, sondern dass sie das Ganze andlungsfähig halten und dafür sorgen, dass sie vermitelt und dass Qualifikationen angeboten werden können, ndem die Kommunen finanzierungsfähig bleiben. Zweierlei muss allerdings noch gesagt werden. Nachem wir hier positiv entscheiden werden und der Bunesrat sicherlich auch, habe ich die Erwartung an alle änder, dass sie alle Vorteile, die sie durch den Zuschuss um Wohnund Heizungsgeld erhalten, an die Kommuen weitergeben. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


as sind erkennbar mehr als die 1,72 Milliarden Euro.
lle Ländervertreter haben mir unter vier Augen auch
esagt, dass es stimmt, dass die Länder ein gutes Ge-
chäft machen. Deswegen sage ich den Ländern: Gebt
as Geld an die Kommunen weiter!

An die Kommunen richte ich folgende Bitte – ich
enke, das kann ich auch im Auftrag dieses Hauses sa-
en –: Die Zusage, dass sie 2,5 Milliarden Euro übrig
ehalten sollen, hing damit zusammen, dass wir sie auf-
efordert haben, mehr für die Betreuung der Kinder im
orschulischen Alter zu tun. Wenn nun 2,5 Milliarden
uro bei den Kommunen landen – vermutlich sind es
ehr als 2,5 Milliarden Euro –, dürfen wir aber auch er-
arten, dass die Kommunen diese 2,5 Milliarden Euro
der mehr für die Betreuung der ganz Kleinen im vor-
chulischen Alter, für Krippenplätze, für Ganztagskin-
ertagesstätten und alles, was damit zusammenhängt,
insetzen. Sie müssen das Geld für Investitionen vor Ort
erwenden.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


In den Kommunen gibt es unendlich viel zu tun. Viele
rbeitsplätze können im Handwerk geschaffen werden,
enn das für die kleinen und mittleren Unternehmen mit
iedrigen Losen ausgeschrieben wird. Sie sind unmittel-
ar am Ort einsetzbar.

Das Gesetz insgesamt ist für uns schwierig, weil es so
ostenträchtig ist. Für die Arbeitslosen und die Kommu-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 485


(A) )



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Bundesminister Franz Müntefering
nen bedeutet es aber sicherlich eine Entlastung. Jeden-
falls ist sichergestellt, dass über den 1. Januar hinaus
diese Maßnahmen in vernünftiger Weise fortgeführt
werden können.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600811800

Herr Minister, Sie haben Ihre Redezeit auf die Se-

kunde genau eingehalten. Wir vom Präsidium wünschen
uns das.

Der Nächste, der das probieren kann, ist der Abgeord-
nete Dr. Heinrich Kolb, FDP-Fraktion.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1600811900

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

legen! Bei Betrachtung des Gesetzespaketes, das wir
heute beraten, muss ich sagen: Der 15. Dezember 2005
ist ein schwarzer Tag für die älteren Arbeitslosen in
Deutschland.


(Beifall bei der FDP)


Diese Menschen, 58, 59 oder 60 Jahre alt, die oft durch
den Konkurs ihres Arbeitgebers ihren Arbeitsplatz verlo-
ren haben, hatten gehofft, nach der Bundestagswahl
werde sich am Arbeitsmarkt etwas zu ihren Gunsten än-
dern. Sie sehen sich bitter enttäuscht. Denn im ersten ar-
beitsmarktrelevanten Gesetzgebungsvorhaben, das Sie
vorlegen, Herr Minister Müntefering, wird mit der Ver-
längerung der so genannten 58er-Regelung ein klares
Signal an diese Arbeitslosen gesendet. Die bittere Bot-
schaft lautet: Ihr werdet nach wie vor nicht gebraucht.


(Beifall bei der FDP)


Herr Müntefering, das ist aus unserer Sicht ein Skan-
dal. Anstatt sich unverzüglich an die Arbeit zu machen
– die Chance haben Sie ja gehabt – und die bestehenden
Zugangsbarrieren für ältere Menschen mit einem Eilge-
setz abzubauen, wird der Status quo, bei dem ältere Ar-
beitslose ausgegrenzt werden, einfach verlängert. Ich
will hier für die Freie Demokratische Partei sehr deutlich
sagen: Wir machen das nicht mit. Ihnen geht es um die
Statistik, die nicht belastet werden soll,


(Beifall bei der FDP)


uns geht es um die Menschen, die eine Chance erhalten
sollen und müssen, weil es am Ende auch eine Frage der
Menschenwürde ist, ob man Ältere einfach aussondert
und statistisch entsorgt.

Deswegen hat die FDP heute einen Antrag mit dem
Ziel vorgelegt, die erfolgreiche Integration der älteren
Menschen in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Struktu-
relle Maßnahmen, durch die eine Ausgrenzung unter-
stützt wird, müssen beseitigt werden. Die Frühverren-
tungsmodelle und die 58er-Regelung müssen auslaufen.

Auch beim Kündigungsschutz müssen wir etwas
tun. Das ist ein heißes Eisen, aber wir dürfen es nicht
übersehen. Das Kriterium Alter muss aus der Sozialaus-
wahl herausgenommen werden. Ältere Arbeitnehmer

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(C (D ind auch danach – jedenfalls dann, wenn sie lange bei inem Arbeitgeber beschäftigt sind – durch das Kriteium „Dauer der Betriebszugehörigkeit“ weiterhin auseichend geschützt. (Beifall bei der FDP – Werner Dreibus [DIE LINKE]: Das ist doch Hohn!)


Das ist kein Hohn. Wir können darüber ja diskutieren.
ie müssen sich auch einmal in den Unternehmen umhö-
en, wie die Einschätzungen dort darüber sind,


(Zurufe von der SPD)


as Herr Pofalla, der heute wieder einmal bei einer
ichtigen arbeitsmarktpolitischen Debatte nicht hier ist,

ls größte Reform des Kündigungsschutzgesetzes be-
eichnet hat. In den Betrieben herrscht Fehlanzeige. Das
ird nicht zu mehr Arbeitsplätzen führen.

Deswegen lehnen wir diesen Gesetzentwurf ab. Ein
olitikwechsel in der Arbeitsmarktpolitik, der Vorausset-
ung für mehr Arbeitsplätze gewesen wäre, findet damit
icht statt.


(Beifall bei der FDP – Andrea Nahles [SPD]: Der wurde ja auch nicht gewählt!)


Damit komme ich nach dem Gesetz zur Änderung des
GB III zu einem weiteren wichtigen Gesetz, nämlich
um Gesetz zur Änderung des SGB II, mit dem heute die
evisionsklausel sozusagen vorübergehend befriedet
erden soll. Ich will für meine Fraktion sagen, dass wir
em Gesetzentwurf in der Sache zustimmen werden, da
ie Kommunen eine verlässliche Planungsgrundlage für
ie Haushalte brauchen.

Man muss aber feststellen: Die Revisionsklausel, auf
ie sich die große Koalition damals schon geeinigt hatte,
st bereits im ersten Fall ihrer Anwendung – im ersten
estfall, im ersten Ernstfall – gescheitert. Das ist ein Be-

eg mehr dafür, dass die FDP damals richtig lag, als sie
as Optionsgesetz als einzige Fraktion im Deutschen
undestag abgelehnt hat.


(Beifall bei der FDP)


Wenn wir in der Sache auch zustimmen, so kritisieren
ir das Verfahren doch sehr nachdrücklich. Liebe Kolle-
innen und Kollegen von der großen Koalition, in kaum
ehr als 24 Stunden wurde hier ein Gesetz gemacht. Das

arf in diesem Hohen Hause nicht einreißen. Das Parla-
ent ist nicht das Notariat der Regierung. Dass eine Lö-

ung in Kommissionen und in außerparlamentarischen
rbeitskreisen gefunden wurde, macht die parlamentari-

che Kontrolle nicht obsolet. Im Gegenteil: Ich meine,
erade dann muss man genau hinschauen. Wir müssen
arauf bestehen, in Ruhe einen Blick auf Gesetzesvorha-
en werfen zu können. Wir reden hier konkret immerhin
ber eine Belastung des Bundeshaushaltes von 3,5 Mil-
iarden Euro, die bislang nicht eingeplant waren. Ob die
ahlen, die nach wie vor frei aus der Luft gegriffen sind,
m Schluss tragen, bleibt auch noch abzuwarten.


(Klaus Brandner [SPD]: Wir werden den Kommunen sagen, dass Sie sie kürzer halten wollen! Die FDP will den Kommunen gerne helfen!)


486 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


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Dr. Heinrich L. Kolb
Herr Minister, die Chance ist leider vertan. Sie hätten
einen furiosen Start hinlegen können, wenn Sie heute
hierher gekommen wären und gesagt hätten: Wir haben
bisher Fehler gemacht, die Arbeitslosigkeit der Älteren
in Deutschland ist zu hoch, wir machen einen neuen An-
satz. – Das war nicht Ihre Politik. Das „Weiter so!“, das
Sie hier vorgetragen haben, wird jedenfalls nicht zum
Erfolg führen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600812000

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Ralf Brauksiepe,

CDU/CSU-Fraktion.


Dr. Ralf Brauksiepe (CDU):
Rede ID: ID1600812100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen
haben es sich zum Ziel gesetzt, zum einen die Rahmen-
bedingungen für die Wirtschaft zu verbessern und auf
der anderen Seite den Menschen, die ihre Arbeit verlo-
ren haben, Unterstützung zu geben, um wieder in den
Arbeitsprozess zurückzufinden. Wir beschließen heute
zwei Gesetze, die wichtig sind und die ein positives Si-
gnal für den Arbeitsmarkt in Deutschland in genau die-
ser Richtung darstellen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Ich will zu dem Thema SGB-II-Änderungsgesetz nur
wenige Worte verlieren; der Kollege Müller wird darauf
ausführlicher eingehen. Die Botschaft dieses Tages ist:
Die große Koalition hält gegenüber den Kommunen
Wort. Die versprochene Entlastung, so schwer sie uns
finanziell vom Bundeshaushalt her fällt, kommt. Wir
schaffen für die Kommunen Planungssicherheit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Dies geschieht in der Tat in einem Verfahren, das die
große Ausnahme bleiben muss. Ich möchte mich herz-
lich bei all denen bedanken, die daran mitgewirkt haben.
Ich möchte mich auch ausdrücklich bei der Fraktion von
Bündnis 90/Die Grünen bedanken, die dabei sehr koope-
rativ war.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da kann man mal sehen!)


Ich möchte ausdrücklich sagen: Herr Kollege Kolb,
Sie haben im federführenden Ausschuss bei Ihren eige-
nen Ausschusskollegen eine denkbar knappe Mehrheit
für Ihren Antrag gehabt, die Entscheidung ins nächste
Jahr zu verschieben. Zwei von ihnen waren dafür, der
Kollege Haustein war dagegen und hat sich als Bürger-
meister einer Gemeinde dafür bedankt, dass wir dafür
sorgen, den Kommunen in diesem Jahr Planungssicher-
heit zu geben. Da, wo es die große Koalition tun kann,
hilft sie schnell. Ich bin allen dankbar, dass dies möglich
gewesen ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Dies ist mir im Übrigen nicht nur wegen der Pla-
nungssicherheit für die Kommunen wichtig. Ich sage für

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(C (D nsere Fraktion – ich denke, das gilt für die SPD-Frakion genauso –: Wir haben die Hartz-IV-Reform nicht in rster Linie deswegen gemacht, um die Finanzbeziehunen zwischen Bund, Ländern und Kommunen auf eine eue Grundlage zu stellen, sondern um die Vermittlung on arbeitslosen Menschen in Arbeit zu effektivieren, m die Chancen der Menschen, in Arbeit zu kommen, zu erbessern. Es ist wichtig, dass wir uns, nachdem diese inanzbeziehung geklärt ist, wieder darauf konzentrieen können. Das erwarten die Menschen mit Recht von ns. Das gehen wir nun mit voller Kraft an. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Das ist auch der Sachzusammenhang zwischen den
eiden Gesetzen, die wir beraten. Wir müssen uns da-
über im Klaren sein: Arbeitsmarktpolitik kann nur in
egrenztem Maße helfen, Menschen in Arbeit zu brin-
en. Dazu brauchen wir auch andere Maßnahmen. Es ist
ut, dass wir im Bereich der Steuer- und Finanzpolitik
chon heute Morgen Beschlüsse gefasst haben, die uns
abei helfen werden und die die Lage für die Wirtschaft
nd auf dem Arbeitsmarkt verbessern.

Das, was Arbeitsmarktpolitik daneben leisten kann,
m Menschen in Arbeit zu halten – besser: sie wieder in
rbeit zu bringen –, soll sie auch leisten. Das ist auch
as, was wir uns mit dem fünften SGB-III-Änderungsge-
etz vorgenommen haben. Wir verlängern damit die Gel-
ungsdauer mehrerer Maßnahmen – der Minister hat es
u Recht angesprochen –, die sich vor allem an ältere
rbeitslose richten, die leider auf dem deutschen Ar-
eitsmarkt bisher viel zu geringe Chancen haben.
leichzeitig leisten wir einen notwendigen ersten finan-

iellen Konsolidierungsbeitrag.

Ich will im Zusammenhang mit dem Instrument der
ch-AG sagen: Wir verlängern diese Maßnahme um ein
albes Jahr; das ist richtig. Aber klar ist auch: Wir wer-
en die beiden Instrumente zur Förderung der Selbst-
tändigkeit von bisher Arbeitslosen, das heißt das Instru-
ent der Ich-AG und das Überbrückungsgeld,

usammenführen. Für mich war in der Anhörung, die
ir im federführenden Ausschuss durchgeführt haben,

rkennbar: Dies sollte mehr in die Richtung des bisheri-
en Überbrückungsgeldes gehen. Wichtig ist auch, dass
ie Agenturen einen Ermessensspielraum haben, um
eure Mitnahmeeffekte zu vermeiden, die wir in diesem
ereich bisher gehabt haben.

Wichtig ist auch, dass die zwingende Einrichtung von
ersonal-Service-Agenturen in jedem Arbeitsagentur-
ezirk beendet wird. Dort, wo sich diese Maßnahme be-
ährt hat, soll sie weiterlaufen. An anderen Stellen – ich
enke, das sind die meisten – kann das bisher dafür ver-
endete Geld sinnvoller ausgegeben werden.

Ich bin der SPD-Fraktion dankbar, dass sie das mitge-
acht hat. Für uns ist das relativ einfach gewesen. Wir

aben diese Instrumente, zum Beispiel die Personal-Ser-
ice-Agenturen und auch die Ich-AG, immer für falsch
ehalten. Für die SPD ist dies aber schwieriger; denn sie
atte Hoffnungen bezüglich dieses Projekts, die sich
icht erfüllt haben. Trotzdem ist sie jetzt bereit, einen

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 487


(A) )



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Dr. Ralf Brauksiepe
neuen Weg mitzugehen. Ich bin dankbar, dass wir uns
gemeinsam auf diesen Weg gemacht haben.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich will etwas zu der 58er-Regelung sagen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ja, machen Sie mal!)


– Herr Kollege Kolb, das, was Sie hier erzählt haben, hat
mit der Realität auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland
leider überhaupt nichts zu tun. –


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Ich bekenne mich dazu: Auch nach drei Wochen der
Bundesregierung unter Angela Merkel ist es leider noch
so, dass 58- und 59-Jährige so gut wie keine Chance auf
dem Arbeitsmarkt haben. Das haben wir in drei Wochen
nicht ändern können. Das ist leider so.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Woran liegt das denn? Lesen Sie mal unseren Antrag! – Klaus Brandner [SPD]: Das war ein typischer „KolbFresser“!)


– Herr Kolb, ich sage Ihnen als Nichtjurist – auch ich
habe mir das aneignen müssen –: Gelegentlich hilft
Nichtjuristen wie Juristen ein Blick ins Gesetz.

Reden wir über die Vorschrift, deren Geltungsdauer
wir verlängern wollen, § 428 und den möglichen Bezug
von Arbeitslosengeld unter erleichterten Voraussetzun-
gen. Was heißt denn das?

Anspruch auf Arbeitslosengeld … haben auch Ar-
beitnehmer, die das 58. Lebensjahr vollendet haben
und die Regelvoraussetzungen … allein deshalb
nicht erfüllen, weil sie nicht arbeitsbereit sind und
nicht alle Möglichkeiten nutzen und nutzen wollen,
um ihre Beschäftigungslosigkeit zu beenden.

Ich frage Sie angesichts der Realität des Arbeitsmark-
tes in Deutschland: Welche Möglichkeiten haben denn
58- oder 59-Jährige heutzutage, um ihre Beschäftigungs-
losigkeit zu beenden? Sie reden doch an der Realität vor-
bei. Die Menschen haben so gut wie keine Chance mehr.

Deswegen ist es richtig, dass wir der Realität ins
Auge sehen. Das hat mit Frühverrentungsanreizen – da-
rauf komme ich noch zu sprechen – nichts zu tun. Wir
verlängern die Geltungsdauer einer Regelung, die sich
auf das Verhältnis zwischen dem älteren Arbeitslosen
und der Arbeitsverwaltung konzentriert. Wir sorgen da-
für, dass sich die Arbeitsverwaltung auf diejenigen kon-
zentrieren kann, die bessere Chancen haben, in Arbeit
vermittelt zu werden. Kein arbeitsloser 58- oder 59-Jäh-
riger muss zu dem Schluss kommen, mit der Arbeitsver-
waltung nichts mehr zu tun haben zu wollen.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: So ist es!)


Jeder kann sämtliche Leistungen des Arbeitsmarktes
in Anspruch nehmen. Aber wir wollen nicht Menschen
mit Maßnahmen überhäufen, die sie als Drangsalieren
oder Schikane empfinden müssen, weil sie wissen, dass
sie bei der heutigen Arbeitsmarktlage keine Chance ha-

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(C (D en, eine Beschäftigung zu finden. Dieser Realität haben ir uns zu stellen und diesem Zweck dient die befristete erlängerung der Geltungsdauer der Vorschrift. Herr Abgeordneter, sind Sie bereit, eine Zwischen rage des Kollegen Dr. Kolb zuzulassen? Bitte schön. Herr Kollege, ich stimme Ihnen in der Einschätzung, ass 58oder 59-Jährige heutzutage – nach fünf Jahren onjunktureller Schwäche – Schwierigkeiten am Areitsmarkt haben, durchaus zu. Aber das ist auch darauf urückzuführen, dass die rechtlichen Rahmenbedingunen ihnen den Zugang zum ersten Arbeitsmarkt erchweren. eswegen frage ich Sie: Stimmen Sie mir zu, dass es icht genügt, die Symptome zu korrigieren, sondern dass an die Lösung des Grundproblems angehen muss? Da ei stellt sich die Frage, wie aus der Sicht der Unternehen – das mag einigen von Ihnen nicht gefallen, aber etztlich kommt es darauf an – die Chancen für ältere Areitnehmer, Beschäftigung zu finden, verbessert werden önnen. Stimmen Sie mir darin zu? (Klaus Brandner [SPD]: Wider die Fakten! Nehmen Sie mal den Rückwärtsgang heraus, Herr Kolb! – Ute Kumpf [SPD]: Wo ist die Frage?)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600812200
Dr. Ralf Brauksiepe (CDU):
Rede ID: ID1600812300
Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1600812400

(Widerspruch bei der SPD)


Ich habe eine zweite Frage. Stimmen Sie mir auch da-
in zu, dass es mit der Freiwilligkeit im Zusammenhang
it der Regelung des § 428 SGB III so eine Sache ist? In

er Praxis kommt es bei der Bundesagentur für Arbeit
or – davor darf man nicht die Augen verschließen –,
ass ältere Arbeitslose in Richtung einer statistisch nicht
ehr relevanten Arbeitslosigkeit geschoben werden.
as ist doch Realität.


(Klaus Brandner [SPD]: Ihre Redezeit betrug vier Minuten!)


ch gehe davon aus, dass Sie genau wie ich die Fakten
or Ort zur Kenntnis nehmen. Deshalb frage ich Sie, wa-
um Sie dann hier eine andere Sprache sprechen.


(Klaus Brandner [SPD]: Wie ein Gesprächsautomat!)



Dr. Ralf Brauksiepe (CDU):
Rede ID: ID1600812500

Ich kann Ihnen nicht zustimmen, Herr Kollege, weil

as, was Sie ausgeführt haben, mit der Realität auf dem
eutschen Arbeitsmarkt nichts zu tun hat. Sie tun so, als
ürden die Arbeitsvermittler auf Bergen von Beschäfti-
ungsangeboten für 58- oder 59-Jährige sitzen und sich
eigern, diese Angebote zur Verfügung zu stellen. Das

488 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



(B) )


Dr. Ralf Brauksiepe
ist nicht der Fall. Das hat damit nichts zu tun, Herr Kol-
lege Kolb.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Dann ändern Sie doch die Rahmenbedingungen!)


Ich will noch etwas zu der Gesetzeslage anmerken,
weil Sie die derzeitigen und die zukünftigen Rahmenbe-
dingungen angesprochen haben. Mit Stand vom Dezem-
ber 2005 hat der 58-jährige Arbeitslose in der Tat einen
Anspruch auf Arbeitslosengeld I für die Dauer von
32 Monaten und kann mit 60 Jahren aus der Arbeitslo-
sigkeit heraus in Rente gehen. Das heißt, er kann diesen
Zeitraum überbrücken. Bisher gibt es in der Tat noch ei-
nen entsprechenden Frühverrentungsanreiz.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das hat aber mit meiner Frage nichts mehr zu tun, Herr Kollege!)


In zwei Jahren – im Dezember 2007 –, wenn die von
uns jetzt verlängerte Geltungsdauer der Regelung des
§ 428 ausläuft, dann hat ein 58-Jähriger, der dann ar-
beitslos wird, 18 Monate lang Anspruch auf Arbeitslo-
sengeld.


(Klaus Brandner [SPD]: Das ist ja unerhört!)


Er kann mit 63 Jahren in Rente gehen und muss dreiein-
halb Jahre überbrücken. Es gibt dann keinen Frühverren-
tungsanreiz mehr. Auch die rechtlichen Rahmenbedin-
gungen, die Sie beklagen, gibt es dann nicht mehr. Das
ist die Rechtslage.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Werner Dreibus [DIE LINKE]: Da hat er leider Recht!)


Von daher ist es richtig, dass Fehlanreize und Fehl-
steuerungen wie Frühverrentungsanreize abgebaut wer-
den müssen. Das ist auch der Fall. Die Regelung in der
Fassung, deren Geltungsdauer wir jetzt verlängern,
nimmt Rücksicht auf die Realität des Arbeitsmarktes
und bedeutet keinen zusätzlichen Anreiz zur Frühverren-
tung. Deswegen führen wir diese Maßnahme für zwei
Jahre durch. In diesen zwei Jahren – das haben wir uns
vorgenommen und das werden wir auch umsetzen – wer-
den wir sämtliche Maßnahmen der Arbeitsförderungs-
politik überprüfen und das Instrumentarium effektiver
gestalten.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wir werden Sie beim Wort nehmen!)


Wir werden es in zwei Jahren mit anderen Rahmenbe-
dingungen auf dem Arbeitsmarkt zu tun haben als jetzt.
Dann ist eine Regelung entbehrlich, auf die wir sinnvol-
lerweise jetzt noch in Form einer Verlängerung zurück-
greifen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir werden mit dem heute vorgelegten Gesetzent-
wurf gleichzeitig die Dauer der Übergangsregelung im
Arbeitszeitgesetz um ein Jahr bis Ende 2006 verlän-
gern. Das bedeutet nicht, dass wir mit dieser Regelung
glücklich sind. Wir wissen, dass dies für die Kliniken,
die sich in Tarifverträgen an die europarechtlich vorge-

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(C (D ebene geänderte Rechtslage angepasst haben, eine chwierige Situation ist. Aber wir müssen zur Kenntnis ehmen – auch das hat aus meiner Sicht die Anhörung m federführenden Ausschuss ergeben –, dass die Tarifertragsparteien noch nicht so weit sind, dass es zu verntworten wäre, schon zum jetzigen Zeitpunkt zwingend as zu geltendem Recht zu machen, worauf man sich in uropa verständigt hat und was wir zum 1. Januar 2007 um Gesetz machen. Die Botschaft an die Betroffenen st also ganz klar: Es gibt eine Verlängerung um ein Jahr. ir erwarten dann, dass alle Tarifverträge so geändert ind, dass die europäische Regelung greifen kann. Herr Abgeordneter, sind Sie bereit, noch eine Zwi chenfrage der Abgeordneten Anja Hajduk zuzulassen? Aber gerne. Bitte, Frau Hajduk. Sehr geehrter Herr Kollege Brauksiepe, wir sprechen n dieser Beratung über die Verlängerung der Geltungsauer diverser Arbeitsmarktinstrumente. Habe ich Sie ichtig verstanden – wenn ja, möchte ich das von Ihnen estätigt wissen –, dass die große Koalition bei der Verängerung der Geltungsdauer der so genannten 58er-Reelung ausdrücklich darauf verzichtet, die Bezugsdauer es Arbeitslosengeldes I auf 32 Monate zu verlängern das stand einmal in Rede; Rot-Grün hatte das be chlossen; dazu hatte ich damals eine durchaus kritische rklärung zu Protokoll gegeben; die Verlängerung über ebruar 2006 hinaus war dann im Bundesrat hängen gelieben –, und zwar im Hinblick darauf, dass man dann b 2007 ein Potenzial in Höhe von mehreren Milliarden uro im Haushalt der Bundesagentur für Arbeit hat, um ie Lohnnebenkosten zu senken? Ich möchte das nur och einmal klargestellt wissen; denn auch aus den Reien der Union wurde im Vorwahlkampf eine Änderung er Gesetzeslage, also eine längere Bezugsdauer des rbeitslosengeldes I als zwölf bzw. 18 Monate, veheent gefordert. Ich stelle fest, dass die große Koalition uf eine Verlängerung der Bezugsdauer verzichtet. Sind ir uns einig, wenn ich festhalte, dass das die Position st, die Sie nun für richtig halten? Ich bin mit Ihnen insoweit einig, als Sie sich auf das eziehen, was im Koalitionsvertrag steht. ir haben uns darauf verständigt, ab 1. Februar 2006 die ezugsdauer des Arbeitslosengeldes I auf zwölf bzw. 8 Monate für über 55-Jährige und den Beitragssatz in er Arbeitslosenversicherung zu senken. So ist in der Tat ie Lage. Dabei spielt es in der Rückbetrachtung keine olle mehr, dass wir das im Wahlkampf gefordert haben. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 489 Dr. Ralf Brauksiepe Nun haben wir uns darauf gemeinsam verständigt. Das werden wir auch machen. Bei der Bundesagentur für Arbeit sind Einsparungen zu erbringen. Natürlich geht es darum, die entsprechenden Maßnahmen umzusetzen; denn wir wollen mit dem Senken der Lohnnebenkosten in der Tat Ernst machen. Auch wenn wir uns größere Schritte gewünscht hätten, werden wir auf jeden Fall eine Beitragssatzsenkung um zwei Punkte vornehmen, wenn wir das darstellen können. Natürlich gehört in diesen Zusammenhang auch die Verkürzung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I. Ich möchte nur darauf aufmerksam machen, dass es sich hier nicht um beispiellosen sozialen Kahlschlag handelt. Schließlich betrug bis zum Jahr 1985 die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes maximal zwölf Monate. Nun wird die Bezugsdauer bei maximal 18 Monaten liegen. Das ist eine sinnvolle Maßnahme; dazu bekennen wir uns. Das werden wir gemeinsam machen, auch um die Lohnnebenkosten zu senken. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Solche Antworten hören wir gerne!)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600812600
Dr. Ralf Brauksiepe (CDU):
Rede ID: ID1600812700
Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600812800
Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600812900
Dr. Ralf Brauksiepe (CDU):
Rede ID: ID1600813000

(Beifall des Abg. Klaus Brandner [SPD])


(A) )


(B) )


Was wir heute auf den Weg bringen – darüber muss
man sich im Klaren sein –, kostet auch Geld, insbeson-
dere das, bei dem wir gegenüber den Kommunen im
Wort sind. Die heutigen Beschlüsse haben wir zwar
schnell, nur wenige Wochen nach der Regierungsbil-
dung, gefasst. Aber das, was wir dem Parlament heute
vorlegen, kann nur der Auftakt der arbeitsmarktpoliti-
schen Maßnahmen sein, die wir in den nächsten Jahren
ergreifen werden. Das bezieht sich auf das SGB III und
das SGB II gleichermaßen. Ich möchte an dieser Stelle
deutlich sagen: Angesichts des großen Konsolidie-
rungsbedarfs im Haushalt – der durch die neuen Ge-
setze ja nicht geringer wird – werden wir darauf achten
müssen, dass wir auch die Maßnahmen ergreifen, die
kein Geld kosten. Das bedeutet beispielsweise die Um-
setzung des im Koalitionsvertrag vereinbarten Gesetzes
zur Änderung des Kündigungsschutzes. Das werden wir
in nächster Zeit angehen, und zwar in der Weise, wie wir
es im Koalitionsvertrag angekündigt haben. Der Minis-
ter hat bereits in der Debatte anlässlich der Regierungs-
erklärung der Bundeskanzlerin darauf hingewiesen.

Natürlich werden wir angesichts des Konsolidie-
rungsbedarfs, den wir haben, nicht darum herumkom-
men, auch die Korrekturen anzupacken, die wir uns bei
Hartz IV vorgenommen haben. Der Einsparungs- und
Konsolidierungsbedarf im Haushalt muss gedeckt wer-
den.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wollt ihr jetzt hier Koalitionsverhandlungen führen oder was?)


Wir haben die absurde Situation, dass wir für die Men-
schen, um die es hier geht und denen wir helfen wollen,
sehr viel mehr Geld ausgegeben haben als je zuvor. Die
Kosten hatte man in der Vergangenheit nicht im Griff.
Gleichzeitig wird in vielen Teilen der Bevölkerung der
Eindruck erweckt, das wäre der soziale Kahlschlag. Das
Gegenteil ist der Fall! Bei allen Härten, die für viele

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(C (D enschen in Einzelfällen damit verbunden sind, ist es o, dass für die Menschen mehr Geld ausgegeben woren ist als in der Vergangenheit. Wir werden gemäß dem, as Bundeskanzlerin Angela Merkel völlig zu Recht in hrer Regierungserklärung gesagt hat, zu Korrekturen nd Einsparungen kommen müssen: Es muss verhindert erden, dass Schwache keine Leistungen bekommen. en Schwachen muss geholfen werden. Es muss aber uch verhindert werden, dass Starke sich erfolgreich als chwache tarnen können und Leistungen beziehen, die ie nicht brauchen und auf die sie keinen Anspruch haen. – Das muss angegangen werden. as wird noch harte Maßnahmen erfordern. Wir haben ns aber gemeinsam darauf verständigt. Das wird eine ufgabe für die Regierungskoalition, aber auch für die änder und Kommunen und hoffentlich auch für eine erantwortungsvolle Opposition sein. Ich glaube, dass auch die Bundesagentur für Arbeit it den Maßnahmen, die wir jetzt ergreifen, auf dem eg ist, ein effizienterer Partner zu werden, als sie es in er Vergangenheit war. Es ist klar, dass wir auch in Zuunft auf eine entsprechende Arbeit der Bundesagentur ngewiesen sind, wenn es gelingen soll, nicht nur den atz des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung zu senen, sondern auch zu einer besseren Vermittlung von enschen in Arbeit zu kommen. Deswegen werden wir ls Regierungskoalition uns ehrlich bemühen, die zahlloen und komplizierten Instrumente, die es im Moment in er Arbeitsförderung noch gibt, zu durchforsten, um ürokratischen Ballast auch für die BA zu beseitigen und en Vermittlern und Beratern in den Arbeitsagenturen en notwendigen Entscheidungsspielraum zu geben, den ie vor Ort für eine effektivere Arbeitsmarktpolitik brauhen. Also, es liegt noch viel vor uns. ir sind erst drei Wochen an der Regierung. In den drei ochen haben wir gemeinsam eine Menge geschafft. erzlichen Dank an alle Kolleginnen und Kollegen, die abei mitgemacht haben! Danke schön. Das Wort hat der Abgeordnete Werner Dreibus von er Fraktion Die Linke. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe olleginnen und liebe Kollegen! Weihnachten sollte eientlich die Zeit froher Botschaften sein. (Klaus Brandner [SPD]: Du bist doch hier kein Nikolaus! Kein Weihnachtsmann!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wohlan!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600813100

(Beifall bei der LINKEN)

Werner Dreibus (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1600813200

as denken wir jedenfalls und das ist es auch für viele
enschen. Für 32 000 Beschäftigte der Telekom, wie
ir diese Woche erfahren haben, für 1 750 Beschäftigte

490 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



(B) )


Werner Dreibus
der AEG in Nürnberg und für viele Tausende von Be-
schäftigten in anderen Unternehmen wird das Fest der
Freude wohl auch in diesem Jahr ein Fest – wenn über-
haupt – existenzieller Sorgen sein. Ich betone: exis-
tenzieller Sorgen. Auch der Minister hat in seiner Erklä-
rung zu Recht davon gesprochen.

Was tut die Koalition, so fragen wir uns, in dieser Si-
tuation von angekündigten Massenentlassungen und
steigender Arbeitslosigkeit?


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Nichts!)


Sie legt einen Gesetzentwurf zum SGB III vor, der aus
unserer Sicht arbeitsmarktpolitische Maßnahmen vor-
sieht, die dem Problem der Massenarbeitslosigkeit in
keiner Weise gerecht werden.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist wohl wahr!)


Was brauchen die betroffenen Menschen, die Beschäf-
tigten, eigentlich? Sie brauchen erstens eine angemes-
sene soziale Absicherung bei Arbeitslosigkeit.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie brauchen zweitens Weiterbildungs- und Vermitt-
lungsangebote – je älter, je mehr –, die ihre Chancen auf
dem Arbeitsmarkt tatsächlich verbessern.


(Zuruf der Abg. Ute Kumpf [SPD])


Sie brauchen drittens – auch darüber müssen wir im Zu-
sammenhang mit diesem Artikelgesetz reden – Arbeits-
schutzbestimmungen, die ihnen ein menschenwürdi-
ges Arbeiten ermöglichen.


(Beifall bei der LINKEN – Ute Kumpf [SPD]: Alles richtig! Das tun wir ja, Kollege Dreibus!)


In allen drei Belangen war aus unserer Sicht die Politik
der alten Bundesregierung mangelhaft. Die verlor auch
deshalb ihre politische Mehrheit.


(Beifall bei der LINKEN – Ute Kumpf [SPD]: Na, na, na!)


Nun versuchen die neue Bundesregierung und die
neue Mehrheit, das Falsche dadurch zu bekämpfen, dass
sie die Dosis der falschen Medizin noch erhöhen, jeden-
falls im Bereich der Arbeitsmarktpolitik.


(Beifall bei der LINKEN)


Für andere Bereiche wie Steuerpolitik und Finanzpolitik
gilt das ebenso.

Ich will Ihnen dafür, bezogen auf den vorliegenden
Gesetzentwurf, drei Beispiele nennen:

Erstens. Was ist an dem Vorhaben sinnvoll, die Ver-
kürzung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld für
Ältere beizubehalten? Ältere haben in der Regel tatsäch-
lich lange in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt.
Gleichzeitig haben sie besonders geringe Chancen auf
dem Arbeitsmarkt. Die Realität ist nun einmal so, auch
wenn Herr Kolb versucht, das ideologisch zu rechtferti-
gen.

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(C (D (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Es geht um die Ursachen!)


ir meinen, Ältere haben ein Recht – ich sage an dieser
telle ganz ausdrücklich: ein Menschenrecht – auf einen
eutlich längeren Bezug von Arbeitslosengeld als jün-
ere Menschen.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Es gibt auch ein Menschenrecht, in den Arbeitsmarkt zurückzukehren!)


s ist arbeitsmarktpolitisch notwendig, die schlechteren
ermittlungsaussichten der älteren Arbeitslosen durch
ine längere Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I zu-
indest ansatzweise zu kompensieren.

Herr Minister, noch im Sommer dieses Jahres waren
ie – damals noch in anderer Funktion – der gleichen
uffassung. Es gibt mehrere öffentliche Erklärungen
on Ihnen dazu. Wenn ich es richtig mitbekommen habe,
ilt das auch für so manchen aus der Fraktion der CDU/
SU, beispielsweise für Herrn Pofalla. Aber damals be-
ann der Wahlkampf. Da ging es um Wählerstimmen.

Zweitens. Was ist sinnvoll an einem Vorhaben, den
rleichterten Bezug von Arbeitslosengeld für Arbeits-
ose über 58 Jahre über das Jahr 2006 beizubehalten,
enn Sie gleichzeitig die Kürzungen beim Arbeits-

osengeld I nicht zurücknehmen? Wir meinen, die
8er-Regelung ist sinnvoll, auch deren Verlängerung.
ie ist also gut gemeint, aber sie ist nicht gut gemacht;
enn der entscheidende zweite Teil – die Bezugsdauer
es Arbeitslosengeldes betreffend – fehlt.


(Beifall bei der LINKEN)


ie helfen den betroffenen älteren Menschen damit nur
enig. Der Präsident der Bundesagentur für Arbeit hat

n der Anhörung zu Recht gesagt, dass die praktische
edeutung der Verlängerung der 58er-Regelung vor dem
intergrund der genannten Tatsachen deutlich abneh-
en wird, weil Sie gleichzeitig die Kürzungen beim
rbeitslosengeld I nicht zurücknehmen.

Drittens. Was ist sinnvoll an dem Vorhaben, die
rstattungspflicht für Unternehmen bei der Kündi-
ung von älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-
ern zu streichen? Wir meinen – Herr Kolb, da weiß ich

ehr genau, wovon ich rede; denn ich bin ein Mann aus
er Praxis –, die Bundesregierung streicht damit ein zu-
egeben sehr kompliziertes, aber in der betrieblichen
raxis sehr wohl vorhandenes und auch wirksames Mit-

el, Druck auf die Unternehmer auszuüben, ältere Arbeit-
ehmerinnen und Arbeitnehmer aus dem Betrieb nicht
eichtfertig herauszuwerfen, sondern weiterzubeschäfti-
en.


(Ute Kumpf [SPD]: Na, na, na!)


ohlgemerkt, das ist eine komplizierte Regelung; aber
as ist immer noch besser als gar keine Regelung.


(Beifall bei der LINKEN)


Dem Haushalt der Bundesagentur für Arbeit werden
amit nach Schätzungen der Bundesagentur selber für

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 491


(A) )



(B) )


Werner Dreibus
dieses Jahr weitere 200 Millionen Euro entzogen. Dieses
Geld fehlt für Qualifizierung und Vermittlung.


(Klaus Brandner [SPD]: Das ist aber völlig daneben!)


– Das ist am Montag so gesagt worden, Herr Kollege
Brandner. – Wenn das die arbeitsmarktpolitische Linie
der neuen Bundesregierung ist, dann sollte sich der Ar-
beitsminister möglicherweise besser Arbeitslosigkeits-
minister nennen und seine Reden zur Bedeutung älterer
Beschäftigter in diesem Zusammenhang in einem Ord-
ner mit der Aufschrift „Sonntags- und Feiertagsreden“
abheften.


(Beifall bei der LINKEN)


Fazit dieses Teils: Eine Verzögerung von Kürzungen
und ein Unterlassen notwendiger Schritte ist in der
Summe eben keine Verbesserung, sondern eine Ver-
schlechterung.


(Abg. Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


Ich möchte ein paar Bemerkungen zu dem Thema
„Bereitschaftszeit und Arbeitszeit“ machen. Zunächst
einmal wundere ich mich sehr, Herr Minister, dass Sie
selber zu diesem Thema in Ihrer Einleitung gar nichts
gesagt haben.


(Beifall bei der LINKEN – Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Sehr richtig!)


Für meine Begriffe ist dies exemplarisch dafür, wie grob
fahrlässig sich die Koalition im Umgang mit den Interes-
sen von Beschäftigten und ihrer Verantwortung für be-
schäftigungsförderliche Rahmenbedingungen verhält.
Ärzte, Krankenschwestern, Feuerwehrleute und andere
Beschäftigtengruppen leiden seit langem unter überlan-
gen Arbeitszeiten, die aus der Kombination von Normal-
arbeitszeit, Mehrarbeit und Bereitschaftsdiensten resul-
tieren. Um hier Abhilfe zu schaffen, wurde unter
anderem bereits im Jahr 1993, also vor zwölf Jahren, in
der europäischen Arbeitszeitrichtlinie festgelegt, dass
Bereitschaftsdienste als Arbeitszeit zu werten sind. Da-
mit kann und soll das von den betroffenen Beschäftigten
tatsächlich geleistete Arbeitspensum auf ein gesund-
heitsverträgliches Maß begrenzt werden.


(Ute Kumpf [SPD]: Sie haben auch eine begrenzte Redezeit!)


Angesichts der Zeitspanne von zwölf Jahren – das
sind ja nicht nur ein paar Wochen –, die seit 1993 zur
Umsetzung dieser Richtlinie zur Verfügung gestanden
hat, ist Ihre Begründung für die weitere Verlängerung
der Übergangsfrist falsch und entlarvend.


(Beifall bei der LINKEN)


Die erneute Verlängerung räumt den Tarifparteien nicht
mehr Zeit ein, diese Richtlinie in Tarifverträgen zu be-
rücksichtigen, wie Sie zur Begründung anführen; es pas-
siert nichts anderes, als dass den Arbeitgebern ein weite-
res Jahr Gelegenheit gegeben wird, auf dem Rücken von
Beschäftigten und Patienten zu sparen.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Herr Kollege, Sie müssen bitte dringend zum Schluss ommen. Eine Bemerkung zum Schluss. – Diese Reparatur und lle weiteren Reparaturen an den Hartz-Gesetzen ändern ichts an der verheerenden Bilanz Ihrer so genannten ahrhundertreform. Sie – ich wende mich hier vor allem n die sozialdemokratischen Kolleginnen und Kolleen – wollten eine epochale Wende der Arbeitsmarktpoitik herbeiführen. Mit dem, was Sie bisher getan haben, nd mit der Reparatur jetzt ist das weitere Desaster eher orprogrammiert. Das ist dann das eigentlich Epochale n Ihrer Reform. Vielen Dank. Herr Kollege Dreibus, das war Ihre erste Rede in die em Hause. Dazu gratulieren wir alle Ihnen und wünchen für die parlamentarische Arbeit alles Gute. Ich bedanke mich in dem Zusammenhang ausdrückich bei Herrn Meckelburg, der die Tradition eingehalten at, bei einer ersten Rede auf eine Zwischenfrage zu verichten. Ich gebe der Kollegin Brigitte Pothmer von Bündnis 90/ ie Grünen das Wort. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Werte bgeordnete der großen Koalition, (Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Nicht so viel Vorschusslorbeeren!)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600813300
Werner Dreibus (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1600813400

(Beifall bei der LINKEN)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600813500

(Beifall)


(Zustimmung bei der CDU/CSU)

Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600813600

ie hatten angekündigt, in Sachen Arbeitsmarktpolitik
anz neue Wege beschreiten zu wollen; auch die Kanzle-
in hat das in ihrer Regierungserklärung getan. In diesem
esetzentwurf kann ich davon zunächst einmal nichts

rkennen; im Gegenteil: An einem für mich sehr zentra-
en Punkt scheint mir eher ein Sieg des alten Denkens zu
erzeichnen zu sein.


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Ihres Denkens! – Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Rotgrünen Denkens!)


Das Beispiel, auf das ich jetzt eingehen will, ist ein
us meiner Sicht gerade sehr innovatives Instrument der
rbeitsmarktpolitik, nämlich die Ich-AG. Diesen Ich-
Gs wird jetzt noch einmal ein halbes Jahr Übergangs-

rist eingeräumt und dann sollen sie entfallen.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Gott sei Dank!)


492 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



(B) )


Brigitte Pothmer
Das hat Herr Brauksiepe hier noch einmal deutlich ge-
sagt.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wer hat die eigentlich eingeführt?)


Herr Brauksiepe, können Sie mir einmal erläutern, wo-
her Sie die Erkenntnis haben, dass sich die Hoffnungen
in Bezug auf dieses Instrument – angeblich – nicht er-
füllt haben? Inzwischen haben über 300 000 Menschen
dieses Instrument in Anspruch genommen. Die Betriebs-
gründungen in Form dieser Ich-AGs sind genauso effek-
tiv, jedenfalls bis jetzt, wie andere Betriebsgründungen
auch.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Die kann man vergessen! Die sind nicht nachhaltig!)


Ich will Ihnen dazu einmal Folgendes sagen: Sie wa-
ren aus ideologischen Gründen schon immer dagegen.
Deswegen sind Sie auch in diesem Fall dagegen. Das
Problem ist aber, dass sich die SPD im Wahlkampf noch
damit geschmückt hat. Wirtschaftsminister Clement hat
ebendiese Regelung noch im April letzten Jahres bis
2007 verlängert. Jetzt lassen Sie das Instrument zu mei-
nem tiefen Kummer wie eine heiße Kartoffel fallen.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600813700

Frau Abgeordnete, sind Sie bereit, eine Zwischen-

frage des Kollegen Brauksiepe zuzulassen?


Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600813800

Wenn das nicht auf meine Redezeit angerechnet wird,

gern.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600813900

Das ist die wunderbare Gelegenheit, die Redezeit zu

verlängern.


Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600814000

Gut. – Dann sprechen Sie jetzt!


(Heiterkeit)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600814100

Das ist wiederum mein Job. – Bitte, Herr Brauksiepe.


Dr. Ralf Brauksiepe (CDU):
Rede ID: ID1600814200

Vielen Dank. – Frau Kollegin, Sie haben mich nach

unserer Bewertung der Ich-AG gefragt. Ich frage zurück:
Haben Sie sich einmal damit beschäftigt, wie viel Geld
in die Ich-AG-Regelung geflossen ist und mit welchem
Ergebnis? Wenn Sie das nicht selbst im Detail nachge-
prüft haben, haben Sie denn einmal – wie wir es bei-
spielsweise getan haben – mit Mitarbeitern der Bundes-
agentur für Arbeit darüber gesprochen, wie diese selbst
die Effizienz dieses Instruments bewerten? Es läuft näm-
lich darauf hinaus, dass man in der Tat von dem Obliga-
torium und von der Zweispurigkeit, die es bei der Exis-
tenzförderung nach Arbeitslosigkeit gibt, wegkommen
sollte.

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(C (D Ja, das habe ich mehrfach getan. Ich habe auch sehr ufmerksam bei der Anhörung im Ausschuss zugehört, ls die Vertreter des IAB darauf hingewiesen haben, dass as Instrument zwar evaluiert wird, dass es aber bereits etzt erkennbare Hinweise gibt, dass dieses Instrument ehr erfolgreich ist und durchaus akzeptiert wird. enn man über die Kosten redet, dann muss man selbsterständlich auch gegenrechnen, dass die betroffenen rbeitslosen in diesem Zeitraum sonst eine andere Form on Arbeitslosenunterstützung erhalten hätten, Herr rauksiepe. Weil wir in dieser Frage – das will ich durchaus zugeen – noch keine endgültige Klarheit haben, halte ich es ür falsch, dieses Instrument jetzt holterdiepolter abzuchaffen, bevor überhaupt der Beweis erbracht werden onnte, ob es eine Erfolgsgeschichte oder eine Misserolgsgeschichte ist. Ich sage Ihnen etwas: Wenn Sie erolgreich Arbeitsmarktpolitik betreiben wollen, dann rauchen Sie vor allen Dingen eines, nämlich Verlässichkeit. Es ist ein Fehler, bei diesem Instrument jetzt so urzatmig zu reagieren. Das wissen die Kolleginnen und ollegen von der SPD ganz genau; aber da haben sie ih en Preis gezahlt. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600814300

(Widerspruch bei der CDU/CSU)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Nun komme ich – das ist mir sehr wichtig – zu der
8er-Regelung. Sie scheint vordergründig ein Privileg
ür ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu sein,
eil diese Arbeitslosenunterstützung bekommen, ohne
em Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen zu müssen. Fak-
isch wirkt diese Regelung aber genau gegenteilig, weil
ie dazu führen wird, dass die Jobagenturen ihre An-
trengungen, diese Gruppe in den Arbeitsmarkt zu inte-
rieren, zurückfahren werden.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Zustimmung!)


eswegen ist diese Regelung für die älteren Arbeitslo-
en eher ein Problem als ein Vorteil.

Herr Brauksiepe hat darauf hingewiesen, dass das
rbeitslosengeld I zukünftig für ältere Arbeitslose nicht
ehr 32 Monate, sondern 18 Monate gezahlt wird.
enn man aber die materielle Unterstützung verringert,

ann muss man doch im Gegenzug die Anstrengung,
iese Menschen wieder in den Arbeitsmarkt zu integrie-
en, erhöhen; dann muss man diese Anstrengung forcie-
en, statt sie zurückzufahren. So wird ein Schuh daraus.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Klaus Brandner [SPD]: Genau das passiert! Die Aktivitäten laufen in der Form, das wissen Sie doch!)


as haben wir auch im Ausschuss ausdrücklich immer
ieder thematisiert. Wir alle waren uns am Ende, zumin-
est am Tisch der Wahrheit, doch einig darüber, dass
iese Regelung dazu führen wird, dass die Jobagenturen,
ber auch die Personalabteilungen der Firmen die älteren

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 493


(A) )



(B) )


Brigitte Pothmer
Arbeitslosen drängen werden, auf eine Vermittlung zu
verzichten. Das wird das Ergebnis sein.


(Klaus Brandner [SPD]: Das wird überhaupt nicht der Fall sein, weil es keine materielle Absicherung gibt, Frau Kollegin!)


Sie behaupten immer wieder propagandistisch, Sie
wollten viel für ältere Arbeitslose tun. Aber mit der Re-
gelung in diesem Gesetzentwurf erreichen Sie haargenau
das Gegenteil. Da hilft Ihnen dann auch die Initiative
„50 plus“ nicht weiter.


(Andrea Nahles [SPD]: Wir haben noch gar nicht angefangen und Sie schreiben sie schon ab! – Klaus Brandner [SPD]: Das ist Wortradikalität!)


Es gibt noch einen anderen Hinweis darauf, dass Sie
für ältere Arbeitnehmer nichts tun wollen: Sie wollen auf
die Förderung der beruflichen Weiterbildung von Äl-
teren verzichten. Das zeigt doch eines: Was Sie für äl-
tere Arbeitnehmer tun wollen, ist nur Propaganda, Re-
klame. In der Realität marschieren Sie haargenau in die
andere Richtung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Klaus Brandner [SPD]: Jetzt betreiben Sie Wirklichkeitsverweigerung!)


Meine Redezeit ist leider begrenzt; deswegen nur
noch ein paar Sätze zu der Frage, wie Sie mit dem
Arbeitszeitgesetz umgehen.


(Klaus Brandner [SPD]: Ich denke, Ihre Redezeit ist zu Ende!)


Sie erinnern sich vielleicht noch daran, dass die Kanzle-
rin in ihrer Regierungserklärung ausgeführt hat, sie
wolle zukünftig EU-Recht eins zu eins umsetzen. Da-
mals bezog sich das auf das Antidiskriminierungsgesetz.
Jetzt ist von eins zu eins aber keine Rede mehr. Beim Ar-
beitszeitgesetz wird geschoben und nochmals gescho-
ben. An dieser Stelle wird EU-Recht nicht umgesetzt. Im
Gegenteil: Sie kalkulieren sogar ein Vertragsverlet-
zungsverfahren der EU gegen die Bundesrepublik
Deutschland ein. Was aber noch viel schlimmer ist: Sie
riskieren damit die Sicherheit der Patientinnen und Pa-
tienten.

Herr Brauksiepe, es stimmt doch nicht, dass dieses
Gesetz noch nicht umgesetzt werden konnte. 50 Prozent
der Krankenhäuser haben entsprechende Maßnahmen
bereits umgesetzt oder sind in diesem Moment dabei.
Was Sie hier machen, ist ein Kniefall vor den Minister-
präsidenten der Länder. Wenn hier überhaupt einer
durchregiert, dann sind es die Ministerpräsidenten und
nicht die große Koalition in Berlin.


(Zuruf von der CDU/CSU: In welchen Landesregierungen sind Sie denn noch?)


Dies hier ist ein Weihnachtsgeschenk für diejenigen, die
Gesetze nicht einhalten, also ein Weihnachtsgeschenk
für Gesetzesbrecher.


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


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(C (D ie belohnen mit diesem Gesetz diejenigen, die sich vereigern, und Sie bestrafen die Pflichtbewussten. Diejeigen, die fleißig und rechtstreu sind, sind bei Ihrer Poliik die Dummen. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das war bei RotGrün auch schon so!)


Ich kann Ihnen nur sagen, dass solche Signale insge-
amt eine sehr negative Wirkung haben werden. Prost

ahlzeit, wenn das so weitergeht. Ihre Weihnachtsbot-
chaft lautet doch in diesem Jahr: Friede der Koalition
nd den Beschäftigten und den Arbeitslosen kein Wohl-
efallen.


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


Wir werden dem SGB-III-Änderungsgesetz nicht zu-
timmen. Wir stimmen nur dem SGB-II-Änderungsge-
etz zu.

Ich danke Ihnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN! – Widerspruch bei der CDU/CSU – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Und jetzt alle im Chor!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600814400

Das Wort hat der Abgeordnete Wolfgang Grotthaus

on der SPD-Fraktion.


Wolfgang Grotthaus (SPD):
Rede ID: ID1600814500

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beschäfti-
en uns heute mit den Themen, die die Bundesregierung
ür die nächsten Wochen und Monate als zentrale Punkte
uf die Agenda genommen hat. Es geht um den Arbeits-
arkt. Damit geht es um Menschen, die arbeitslos sind.
s geht auch um junge Menschen, die in Arbeit und
usbildung wollen. Es geht ferner um Menschen, deren
rbeitsplatz gefährdet ist.

Wir müssen in diesem Bereich die Weichen richtig
tellen. Dabei sollte uns das Machbare am Herzen lie-
en. Dass immer noch etwas draufzusatteln wäre und
ass es noch weitere Möglichkeiten gäbe, wäre zwar
ünschenswert. Aber wir haben uns den Realitäten zu
eugen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Welche Realitäten meinen Sie denn?)


s ist klar, dass sich meine Fraktion lieber an das Mach-
are hält als an das Wünschenswerte. Herr Kolb, damit
eine ich insbesondere das Wünschenswerte, das Sie

orhin dargestellt haben.


(Beifall bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wir gucken nur die Dinge so an, wie sie sind!)


Es ist leider so, dass sich der Arbeitsmarkt für Ältere
rotz unserer in der letzten Legislaturperiode eingeleite-
en Maßnahmen nicht so entwickelt hat, wie wir es uns
rhofft hatten. Wir sind der Auffassung, dass die Politik
iese Tatsache zu berücksichtigen hat. Deswegen ist es
ntgegen allem auch von uns Gewollten durchaus

494 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



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Wolfgang Grotthaus
richtig, dass die 58er-Regelung verlängert wird. Wir tra-
gen damit den aktuellen Beschäftigungschancen älterer
Arbeitsloser Rechnung.

Wir haben dazu am Montag dieser Woche eine Anhö-
rung von Sachverständigen im Bundestag gehabt. Bei al-
len Differenzen in den Meinungen sind sie sich zumin-
dest in diesem Punkt einig: Es ist ein Märchen, dass die
58er-Regelung dafür verantwortlich ist, dass älteren Ar-
beitnehmerinnen und Arbeitnehmern eher gekündigt
wird. Die Ursache liegt vielmehr in den Köpfen der Ar-
beitgeber, bei denen sich leider die Meinung noch nicht
durchgesetzt hat, dass aus ökonomischer Sicht auf das
Potenzial der älteren Arbeitnehmer nicht verzichtet
werden darf.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Mit dem Fünften SGB-III-Änderungsgesetz gehen
wir dieses Thema konkret an. Wir werden daher die För-
derung der Weiterbildung älterer und von Arbeitslosig-
keit bedrohter Arbeitnehmer ab 50 Jahren in kleinen Be-
trieben mit bis zu 100 Mitarbeitern verlängern.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wer davon spricht, dass lebenslanges Lernen im Job und
im Beruf vonnöten ist, der muss frohen Herzens zumin-
dest diesem Teil des Gesetzes zustimmen. Wenn wir
Menschen in Arbeit halten wollen, dann müssen sie sich
tatsächlich den notwendigen Gegebenheiten und den
technischen Anforderungen im Beruf weiterhin stellen
können. Dazu sind, wie gesagt, Weiterbildung und Zu-
satzausbildung notwendig.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Beschäftigung Älterer wird weiter gezielt unter-
stützt. Arbeitslose ab dem 50. Lebensjahr erhalten, so-
fern sie eine geringer bezahlte Beschäftigung aufneh-
men, die Lohndifferenz für eine befristete Zeit zur Hälfte
ausgeglichen.

Das kann man mit dem Begriff „Entgeltsicherung“
benennen. Zusätzlich wird ihr Rentenbeitrag aufge-
stockt.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wird leider nicht genutzt!)


– Herr Kolb, da es richtig ist, dass dieses Angebot leider
nicht genutzt wird,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ja!)


muss man fragen: Wem geben wir hier eine Chance?


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wem geben wir die Schuld?)


Wir geben sowohl den älteren Kolleginnen und Kollegen
als auch den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern eine
Chance. Wenn diese die nicht nutzen, können Sie dafür
nicht die Politik verantwortlich machen. Wir in der Poli-
tik müssen vielmehr dafür sorgen, dass dieses Thema am
Kochen gehalten wird und


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Der Köder muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler!)


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(C (D s transparent gemacht wird, und wir müssen es kommuizieren. Auch im nächsten Jahr brauchen Arbeitgeber, die Ar eitslose über 55 Jahre einstellen, keine Beiträge zur Areitslosenversicherung zu entrichten. Die Bundesagentur egrüßt diese Maßnahme. Ich gestehe Ihnen zu, dass auch ieses Angebot zurzeit nicht in dem Maße genutzt wird, ie wir uns das vorstellen. Aber ich sage Ihnen: Aus den on uns vorgeschlagenen Maßnahmen wird erkennbar, ass die Politik die Voraussetzungen dafür schafft, dass ltere nicht mehr aus dem Arbeitsleben ausgegliedert erden müssen, (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Woran liegt das denn?)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Placebo!)


ondern es interessant ist, Ältere aufgrund ihrer Berufs-
rfahrung, ihres Könnens und Wissens im Beruf zu hal-
en oder wieder einzustellen.

Hier sind, Herr Kolb, die Arbeitgeberinnen und Ar-
eitgeber am Zug. Sie müssen sich damit beschäftigen,
arum es in dieser Republik so ist, dass Tausende von

ngenieuren gesucht werden und Tausende von Inge-
ieuren, die über immenses Wissen verfügen, von den
etrieben entlassen worden sind, auf der Straße stehen
nd sich arbeitslos gemeldet haben. Dies liegt weiß Gott
icht an den Maßnahmen, die wir in Bezug auf den Ar-
eitsmarkt getroffen haben.


(Beifall bei der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600814600

Herr Grotthaus, sind Sie denn bereit, eine Zwischen-

rage des Kollegen Dr. Kolb zuzulassen?


Wolfgang Grotthaus (SPD):
Rede ID: ID1600814700

Nein, dem Herrn Kolb gestatte ich keine Zwischen-

rage.

(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Schade! Sie hät ten dabei etwas lernen können!)

enn ich habe gerade erlebt, wie er mit meinem Kolle-
en von der CDU/CSU umgegangen ist. Er wollte näm-
ich seine Zwischenfrage überhaupt nicht beantwortet
aben


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Doch! Die Frage schon! Aber er hat am Thema vorbeigeredet!)


nd hat diese nur rhetorisch gestellt. Wir können uns
arauf einigen, dass Sie Ihre Zwischenfragen demnächst
o stellen, dass sie gezielt als Frage erkennbar sind und
icht Ihre Redezeit verlängern.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Ich will den Vertretern der FDP auf den Weg geben,

ass ich in meinem 36-jährigen Berufsleben nie erlebt
abe, dass die Einschränkung von Arbeitnehmerrechten
u mehr Einstellungen in den Betrieben geführt hat.


(Klaus Brandner [SPD]: Das ist aus der Praxis! Man hört das!)


Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 495


(A) )



(B) )


Wolfgang Grotthaus
Wer glaubt, dass man hier etwas dadurch erreicht, dass
man den Kündigungsschutz reduziert oder den Gesichts-
punkt des Alters bei der Sozialauswahl herausnimmt, irrt
sich beträchtlich. Dies führt nicht zu mehr Arbeitsplät-
zen, sondern nur zur Reduzierung von Arbeitnehmer-
rechten.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Noch einmal: Der Köder muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler! Da müsst ihr euch schon entscheiden!)


Gerade damit werden Arbeitnehmer, die älter sind, an-
greifbar.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich ei-
nige Anmerkungen zum Arbeitsschutz machen. Der Ge-
setzgeber hat das Arbeitszeitgesetz zum 1. Januar 2004
an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes
angepasst. Bereitschaftsdienste werden seitdem arbeits-
schutzrechtlich als Arbeitszeit bewertet. Sie sind in vol-
lem Umfang in die Ermittlung der täglichen und wö-
chentlichen Arbeitszeit einzubeziehen.

Wir wollten eine Übergangsfrist von nur zwei Jahren.
Wir haben uns jetzt im Rahmen der Koalitionsvereinba-
rung darauf geeinigt, dass diese Übergangsfrist um ein
Jahr verlängert wird. All denjenigen, die heute nach dem
Gesetzgeber rufen, würde ich empfehlen, sich dann,
wenn sie hier in diesem Hause die Tarifhoheit reklamie-
ren, daran zu erinnern, dass sich der Gesetzgeber da, wo
es möglich ist, aus tarifhoheitlichen Rechten heraushal-
ten oder sich dort zurückhalten sollte.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Ja eben!)


Deswegen sagen wir: Für 55 Prozent der Arbeitneh-
merinnen und Arbeitnehmer ist schon eine Lösung er-
zielt worden. Eine Lösung für die restlichen 45 Prozent
wird – so hoffen wir – im kommenden Jahr zumindest
angegangen werden.

Den Arbeitgebern gebe ich mit auf den Weg, dass es
tatsächlich möglich ist, kürzere Arbeitszeiten zu realisie-
ren, Belastungen abzubauen und die Bedingungen für
eine Balance zwischen betrieblichen und außerbetriebli-
chen Zeitanforderungen zu verbessern. Da gibt es die
verschiedensten Möglichkeiten: über Gleitzeit, über Ar-
beitszeitkonten und über viele Dinge mehr. Hier ist die
Kreativität derjenigen gefragt, die die Situation in den
Betrieben, also die Situation vor Ort, kennen.

Wir sind der Auffassung, dass in diesem einen Jahr
eine Lösung gefunden werden kann. Aber ich sage hier
stellvertretend für meine Fraktion: Sollte es bis Ende
2006 nicht zu einer Lösung gekommen sein, werden wir
das Gesetz voll und ganz zur Geltung bringen. Ich bin
aber davon überzeugt, dass wir eine Lösung finden wer-
den.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600814800

Das Wort hat der Abgeordnete Daniel Bahr, FDP-

Fraktion.

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(C (D Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Sehr ge hrte Frau Präsidentin! Minister Müntefering hat hier elf inuten gesprochen. Er hatte aber nicht einmal Zeit, ein der zwei Sätze zu dem Protest von Hunderten von Kliikärzten in Deutschland zu sagen. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das scheint ihm nicht wichtig zu sein!)

Daniel Bahr (FDP):
Rede ID: ID1600814900

abei wird hier die Übergangsfrist für die Umsetzung
er Arbeitszeitrichtlinie verlängert. Damit ignorieren Sie
ls Arbeitsminister die Proteste der Klinikärzte, die ge-
en ihre unhaltbaren Arbeitsbedingungen protestieren.
as dürfen Sie nicht ignorieren. Sie müssen sie endlich

rnst nehmen, sehr geehrter Herr Minister.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich habe großes Verständnis für den Frust der Ärzte.
ie Arbeitsbedingungen verschlechtern sich zusehends.

mmer weniger Medizinstudenten arbeiten später als
rzt in Deutschland. Sie gehen in Unternehmen, Unter-
ehmensberatungen oder ins Ausland. Ein Ärztemangel
ird künftig die Folge sein. Darunter werden dann auch
ie Patienten zu leiden haben. Die große Koalition hat
ie Proteste der Ärzte mit ihrer Entscheidung zur Frist-
erlängerung zusätzlich angeheizt.

Mir ist vollkommen klar, dass sich Kommunen und
änder in einer schwierigen Haushaltssituation befinden;
as will ich überhaupt nicht leugnen. Dies erschwert na-
ürlich die Umsetzung der Arbeitszeitrichtlinie; ich
enne die Probleme in den Ländern. Durch diese Frist-
erlängerung aber wird in die laufenden Tarifverhand-
ungen eingegriffen. Die Positionen werden deutlich zu-
ngunsten der Klinikärzte verschoben. Herr Kollege
rotthaus, damit mischen Sie sich in die Tarifautonomie

in.


(Klaus Brandner [SPD]: Von Tarifautonomie haben Sie selbstverständlich Ahnung, Herr Bahr, oder was?)


Die Bundesregierung will mit ihrem Vorschlag einer
ristverlängerung einen europarechtswidrigen Zustand
ür ein Jahr aufrechterhalten. Dieser Zustand wird ja
icht europarechtskonform, indem Sie die Frist verlän-
ern.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das wird immer schlimmer!)


as Risiko eines Vertragsverletzungsverfahrens – die
ollegin von den Grünen hat darauf hingewiesen – ist
icht auszuschließen. Das ist für die Bundesrepublik
eutschland sicherlich nicht positiv.

Die Krankenhäuser hatten für die Umstellung im-
erhin zwei Jahre Zeit. Ein Drittel der Krankenhäuser

at sich an die Gesetze und Erklärungen der Politik ge-
alten; sie hat sich auf die Politik verlassen und die euro-
äischen Arbeitszeitanforderungen umgesetzt. Etwa wei-
ere 20 Prozent setzen zurzeit entsprechende Modelle
m. Das heißt, etwa die Hälfte der Krankenhäuser in
eutschland hätte die Arbeitszeitregelung einhalten

496 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



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Daniel Bahr (Münster)

können. Leider orientiert sich die große Koalition in ih-
rem Gesetz aber an denen, die noch nicht gehandelt ha-
ben. Das sind insbesondere Universitätskliniken und
Krankenhäuser in kommunaler Trägerschaft.

Der müde, weil überarbeitete Arzt ist eine Gefahr für
den Patienten. Untersuchungen haben ergeben, dass ein
nach 24 Stunden Arbeit übermüdeter Arzt eine Reak-
tions- und Konzentrationsfähigkeit hat, als ob er 1 Pro-
mille Alkohol im Blut hätte. Damit dürfte und könnte er
nicht einmal Auto fahren. Ich würde mich ungern von ei-
nem Taxifahrer mit 1 Promille Alkohol im Blut fahren
lassen. Wir aber muten den Ärzten zu, unter solchen Be-
dingungen zu operieren.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Unverantwortlich!)


Folge der Fristverlängerung durch die große Koali-
tion wird ein ungleicher Zustand sein. Ab Januar wird es
in Deutschland zwei Sorten von Krankenhäusern geben:
Die einen Krankenhäuser haben die Arbeitszeitanforde-
rungen rechtzeitig umgesetzt; Tarifverträge wurden ent-
sprechend neu vereinbart und beinhalten die neue Ar-
beitszeitregelung. Der neue Tarifvertrag wirkt wie
geplant ab dem neuen Jahr. In den anderen Krankenhäu-
sern aber gelten die alten Tarifverträge fort. Das führt zu
einer erheblichen Wettbewerbsverzerrung zwischen den
Krankenhäusern. Das können Sie nicht ignorieren. Da-
mit unterstützen Sie die Krankenhäuser, die nicht gehan-
delt haben, und nicht die Krankenhäuser, die neue Rege-
lungen vereinbart haben.


(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ich frage mich, liebe Kolleginnen und Kollegen: Was
soll sich in diesem einen Jahr ändern? Was gedenkt die
Bundesregierung eigentlich zu tun, damit das kommende
Jahr nicht ungenutzt bleibt und wir in einem Jahr nicht
vor dem gleichen Problem stehen? Wer stellt eigentlich
sicher, dass die vielen Krankenhäuser, die bisher noch
nicht reagiert haben, die Arbeitszeitregelung dann um-
setzen werden?

Den Krankenhäusern werden für die Umstellung
700 Millionen Euro bis zum Jahr 2009 zur Verfügung
gestellt. Wenn Sie die Frist verlängern und wollen, dass
die restlichen Krankenhäuser in diesem einen Jahr vo-
rankommen, hätten Sie das mit der Entscheidung kop-
peln sollen, diese 700 Millionen Euro nicht bis zum Jahr
2009 auszuzahlen, sondern den Termin auf das Jahr
2006 vorzuziehen. Damit wäre ein Anreiz geschaffen,
die neuen Arbeitszeitregelungen so schnell wie möglich
umzusetzen. Das machen Sie nicht. Im Gegenteil, Sie
belasten die Krankenhäuser weiter; denn wegen
Hartz IV wird der Zuwachs nicht 0,83 Prozent betragen,
sondern 0,63 Prozent. Damit erschweren Sie den Kran-
kenhäusern die Umstellung.

Sie orientieren sich an den Krankenhäusern, die die
Arbeitszeitregelung noch nicht umgesetzt haben. Sie
sollten aber eher die Krankenhäuser unterstützen, die
sich auf die Politik verlassen haben.

Herzlichen Dank, meine Damen und Herren.

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(C (D (Beifall bei der FDP sowie der Abg. Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600815000

Zum Ende dieser Debatte hat das Wort der Abgeord-

ete Stefan Müller, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Stefan Müller (CSU):
Rede ID: ID1600815100

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

err Kollege Dr. Kolb, Sie haben Ihre Rede mit der Be-
auptung begonnen, heute sei ein schwarzer Tag für äl-
ere Arbeitnehmer.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Leider wahr!)


ie werden verstehen, dass ich Ihre Kritik insofern nicht
achvollziehen kann. Ich möchte zunächst einmal fest-
alten, dass der heutige Tag auf jeden Fall ein guter Tag
ür die Kommunen in Deutschland ist,


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Klaus Brandner [SPD]: Das gönnt die FDP den Kommunen nicht!)


eil die Kommunen endlich Rechtssicherheit haben: Es
st klar, was sie an Ausgleichszahlungen für Hartz IV be-
ommen.

Herr Dr. Kolb, Sie haben vorhin hervorgehoben, dass
ie seinerzeit die kommunale Option abgelehnt haben.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ja!)


as sei Ihnen unbenommen. Ich habe den Eindruck, dass
s in den Optionskommunen mittlerweile besser läuft als
n den Kommunen, die Arbeitsgemeinschaften gegrün-
et haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ch darf Sie bitten, das anhand von gesicherten Kennt-
issen darüber zu bewerten, wie es tatsächlich gelaufen
st.

Liebe Kollegen von der FDP, ich habe allerdings sehr
iel Verständnis dafür, dass Sie kritisieren, dass dieses
esetz in einem sehr schnellen Durchgang beraten wor-
en ist. Auch wir haben in der letzten Legislaturperiode
urchaus immer wieder diese Kritik angebracht. Inso-
ern ist Ihre Kritik nachvollziehbar. Ich halte die Eile
ber in diesem Fall für gerechtfertigt, weil wir dadurch
rreichen, dass die Kommunen noch vor Ende des Jahres
ie Rechtssicherheit haben, die sie dringend brauchen.

Ich will auch zu dem zweiten Gesetzentwurf, den wir
eute beraten, etwas sagen. Es ist den Kommunen sei-
erzeit zugesichert worden, dass sie in ihrer Gesamtheit
n Deutschland als Folge von Hartz IV eine jährliche
ettoentlastung in Höhe von 2,5 Milliarden Euro be-
ommen. Unter Berücksichtigung aller Be- und Entlas-
ungen hat man sich darauf geeinigt, dass der Bund eine
on Jahr zu Jahr variierende Erstattungsleistung zahlt,
ie insgesamt auf etwa 3,2 Milliarden Euro jährlich be-
iffert worden ist. Man hat sich dann darauf verständigt,
ass der Betrag im Jahre 2005 durch eine Erstattung in

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 497


(A) )



(B) )


Stefan Müller (Erlangen)

Höhe von 29,1 Prozent der Unterkunftskosten nach dem
SGB II erbracht werden sollte.

Dennoch hat die vorherige Bundesregierung einen
Gesetzentwurf vorgelegt, der diese Entlastung von
29,1 Prozent auf null reduziert hätte. Seinerzeit sind un-
terschiedliche Berechnungsgrundlagen ins Feld geführt
worden. In einer Revisionsklausel war vereinbart, dass
es zu einer Überprüfung kommen soll. Natürlich muss
man sagen, Herr Bundesminister, dass die Be- und Ent-
lastungen bei den Kommunen sehr unterschiedlich aus-
fallen dürften, dass es sicherlich auch gewisse Verwer-
fungen geben wird und dass es unter den Landkreisen
und Städten Gewinner und Verlierer geben wird. Ich
stimme Ihnen aber ausdrücklich zu, dass es natürlich
nicht sein darf, dass die Länder nunmehr das Geld be-
kommen, es aber nicht an die Kommunen weitergeben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Wir alle wissen, wie es tatsächlich läuft. In den Ländern
gibt es Finanzminister, die immer wieder auch etwas für
sich behalten wollen. Das ist natürlich nicht zu akzeptie-
ren. Deswegen muss sichergestellt sein, dass das Geld
tatsächlich ankommt.

Es wird auf weitere Revisionsverfahren verzichtet,
weil sich das seinerzeit beschlossene Revisionsverfahren
nicht bewährt hat. Gleichwohl müssen wir alle überle-
gen, wie wir künftig dieses Verfahren verändern. Wir
müssen uns ein anderes Instrument überlegen. Insbeson-
dere müssen sicherlich die Berechnungsgrundlagen vor
dem Hintergrund verändert werden, dass es bei diesem
Verfahren Probleme gegeben hat.

Ich bin sehr dankbar, dass die Bundesregierung sich
in den Verhandlungen für die Festschreibung auf
29,1 Prozent in den Jahren 2005 und 2006 stark gemacht
hat, wie es der Freistaat Bayern gefordert hat. Insofern
bin ich für die Zustimmung aller Fraktionen sehr dank-
bar.

Ich komme auf mein Eingangsargument zurück. Es ist
wichtig, dass wir alle dieses Signal an die Kommunen
geben, dass es Rechtssicherheit gibt. Ich glaube, dass wir
mit den vorliegenden Gesetzentwürfen alles das auf den
Weg bringen, was wir im Koalitionsvertrag als dieses
Jahr noch zu erledigen fixiert haben. Insbesondere be-
weisen wir damit, dass das so schnell passiert, die Hand-
lungsfähigkeit der Bundesregierung, aber auch der sie
tragenden Fraktionen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Mit dem Fünften Gesetz zur Änderung des Dritten
Buches Sozialgesetzbuch werden alle Maßnahmen der
aktiven Arbeitsförderung verlängert, die bislang be-
fristet waren. Die Verlängerung ist notwendig, um die
Vermittlungschancen, insbesondere die der älteren Ar-
beitsuchenden, zu verbessern. Auch dazu ist schon viel
gesagt worden. Ich will das nicht alles wiederholen. Ich
glaube, dass es in diesem Hause Konsens ist, dass wir
gerade für diese Zielgruppe, die es auf dem Arbeitsmarkt

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(C (D esonders schwer hat, wirklich etwas tun wollen. Darum erden verschiedene Arbeitsmarktmaßnahmen für Äl ere verlängert. Sie werden im Übrigen auch deswegen verlängert, eil noch keine gesicherten Erkenntnisse über die Wirung einzelner Instrumente vorliegen. Es ist aber beabichtigt, dass wir nach Abschluss der Wirkungsuntersuhungen die Ergebnisse bewerten und gegebenenfalls nderungen vornehmen. In einzelnen Studien wird darelegt, dass eine Kosten-Nutzen-Analyse zu diesem eitpunkt noch nicht erfolgen kann. Vor allem geht es arum, dass wir die aktive Arbeitsmarktpolitik bis zum ahr 2007 durch die Zusammenführung und Vereinfahung von Instrumenten neu ausrichten, insbesondere m Beitragsund Steuermittel so effizient wie möglich inzusetzen. Eines ist uns allen klar: Aktive Arbeitsmarktpolitik llein wird nicht dafür sorgen, dass in diesem Land neue rbeitsplätze geschaffen werden. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Jetzt kommen wir zum Punkt!)


atürlich ist es erforderlich, dass wir in der Wirtschafts-
nd Finanzpolitik die Rahmenbedingungen so setzen,
ass neue Arbeitsplätze entstehen können.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Richtig!)


nsbesondere müssen wir Anreize für mehr Investitionen
chaffen und helfen, damit sich wirtschaftliche Dynamik
n diesem Land entfalten kann.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


An diesem Punkt habe ich eigentlich mit einem Zwi-
chenruf von der FDP zum Thema Mehrwertsteuererhö-
ung gerechnet. Dazu will ich gerne etwas sagen, um
en Zwischenruf vorwegzunehmen.


(Heiterkeit)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600815200

Herr Kollege, ich weise Sie darauf hin, dass Sie sich

m negativen Teil Ihrer Redezeit befinden.


Stefan Müller (CSU):
Rede ID: ID1600815300

Ich komme gleich zum Schluss. – Es geht uns nicht

llein um eine isolierte Mehrwertsteuererhöhung, son-
ern vor allem um eine Senkung der Lohnnebenkosten.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Es geht um die Redezeiterhöhung um 3 Prozent!)


s gehört sehr viel mehr dazu, zum Beispiel Anreize, da-
it die Unternehmen mehr investieren, damit der Staat
ehr investieren kann, damit für Forschung und Ent-
icklung mehr Geld ausgegeben wird. Ich glaube, auf
iesem Gebiet hat der Koalitionsvertrag sehr viel mehr
u bieten, als Sie bereit sind anzuerkennen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


498 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



(B) )


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600815400

Das Wort zu einer Kurzintervention hat der Kollege

Dr. Kolb.


(Zurufe von der SPD: Nein! – Noch mal?)



Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1600815500

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich fasse mich sehr

kurz. Ein Eindruck, den der Kollege Müller in seinem
Redebeitrag erweckt hat, darf nicht stehen bleiben: Rich-
tig ist, dass die FDP damals das Optionsgesetz abgelehnt
hat.


(Ute Kumpf [SPD]: Weil Sie nichts davon verstehen, oder was?)


Falsch ist, dass wir das getan hätten, weil wir den Kom-
munen nicht das Recht, in diesem Bereich tätig zu wer-
den, einräumen wollten.


(Klaus Brandner [SPD]: Jetzt machen Sie sich keinen schlanken Fuß, Herr Kolb!)


Richtig ist: Wir haben abgelehnt, weil dies nur 69 Kom-
munen tun durften und wir eine flächendeckende Betreu-
ung Langzeitarbeitsloser durch die Kommunen wollten.


(Zuruf des Abg. Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU])


– Die CDU/CSU wollte das damals auch. Das ist voll-
kommen richtig, Herr Kollege Weiß. – Wir haben da-
mals einen weiter gehenden Vorschlag eingebracht, näm-
lich durch eine Grundgesetzänderung die Finanzierung
der Kommunen sicherzustellen. Die Erfahrungen mit der
gescheiterten Revisionsklausel zeigen, dass auch dieser
Ansatz der FDP richtig gewesen ist.

Das wollte ich nur klarstellen, damit hier nicht dauer-
haft ein falscher Eindruck entsteht.


(Beifall bei der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600815600

Herr Müller, bitte schön.


Stefan Müller (CSU):
Rede ID: ID1600815700

Herr Kollege Dr. Kolb, ich bin gerne bereit, anzuer-

kennen, dass wir seinerzeit auf dem gleichen Weg wa-
ren. Ich würde mich natürlich freuen, wenn Sie, sobald
wir gesicherte Erkenntnisse darüber haben, dass das tat-
sächlich so funktioniert, wie wir uns das vorgestellt ha-
ben, uns wohlwollend begleiten und unseren Vorschlä-
gen zustimmen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600815800

Damit schließe ich die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von den
Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten
Gesetzentwurf zur Änderung des Dritten Buches Sozial-
gesetzbuch und anderer Gesetze auf Drucksache 16/109.
Der Ausschuss für Arbeit und Soziales empfiehlt unter
Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung auf Druck-

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(C (D ache 16/245, den Gesetzentwurf in der Ausschussfasung anzunehmen. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der raktion Die Linke vor, über den wir zuerst abstimmen. er stimmt für den Änderungsantrag auf Druck ache 16/273? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltunen? – Dieser Antrag ist abgelehnt bei Zustimmung der raktion der Linken, bei Ablehnung durch die SPDraktion, die CDU/CSU-Fraktion sowie einige Abgeordete von Bündnis 90/Die Grünen und bei Enthaltung der DP-Fraktion und einiger Abgeordneter von Bündis 90/Die Grünen. Ich bitte jetzt diejenigen, die dem Gesetzentwurf in er Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – er Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den timmen der Koalition bei Ablehnung der gesamten Oposition angenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzenturf ist mit dem gleichen Stimmenverhältnis wie zuvor ngenommen. Noch Tagesordnungspunkt 8 a: Wir kommen jetzt zur eschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und oziales zu dem Gesetzentwurf des Bundesrates zur Änerung des Arbeitszeitgesetzes auf Drucksache 16/219. er Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner Be chlussempfehlung auf Drucksache 16/245, den Gesetzntwurf für erledigt zu erklären. Wer stimmt für diese eschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Entaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist damit eintimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 8 b: Abstimmung über den von er Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur nderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch; rucksachen 16/162 und 16/220. Hierzu liegen von den bgeordneten Ulrike Flach, Jürgen Koppelin, Otto ricke und Dr. Claudia Winterstein Erklärungen zur Abtimmung vor.1)


Der Ausschuss für Arbeit und Soziales empfiehlt in
einer Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/253,
en Gesetzentwurf in der Ausschussfassung anzuneh-
en. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der
usschussfassung zustimmen wollen, um das Handzei-

hen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist je-
eils nicht der Fall. Damit ist der Gesetzentwurf in

weiter Beratung einstimmig angenommen.

Dritte Beratung

nd Schlussabstimmung. Diejenigen, die dem Gesetz-
ntwurf zustimmen möchten, mögen bitte aufstehen. –
egenprobe! – Enthaltungen? – Damit ist der Gesetzent-
urf auch in dritter Beratung einstimmig angenommen.

Nun kommen wir zu Zusatzpunkt 6: Interfraktionell
ird Überweisung der Vorlage auf Drucksache 16/241

Anlage 4

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 499


(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse
vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist
der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten
Gesetzes zur Änderung des Zollfahndungs-
dienstgesetzes

– Drucksache 16/88 –


(Erste Beratung 4. Sitzung)


Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses (6. Ausschuss)


– Drucksache 16/252 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Volker Kauder
Joachim Stünker
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Wolfgang Neskovic
Hans-Christian Ströbele

Hierzu liegen je ein Änderungsantrag der Fraktion der
FDP und der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen so-
wie ein Entschließungsantrag der Fraktion Die Linke
vor. Interfraktionell ist verabredet, dass die Aussprache
eine halbe Stunde dauert. – Dazu höre ich keinen Wider-
spruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und gebe als Erstem dem
Kollegen Joachim Stünker von der SPD-Fraktion das
Wort.


Joachim Stünker (SPD):
Rede ID: ID1600815900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Hinter so spröden Begrifflichkeiten wie „Zollfahndungs-
neuregelungsgesetz“ oder „Gesetz zur Neuregelung der
präventiven Telekommunikations- und Postüberwa-
chung durch das Zollkriminalamt“ verbirgt sich – ich
meine, das wird von jedermann im Lande befürwortet –
die Aufgabe des Staates, vorbeugende Maßnahmen zu
treffen zur Verhinderung der Verbreitung von Mas-
senvernichtungswaffen, zur Verhinderung des Exportes
von Bestandteilen zur Herstellung von Massenvernich-
tungswaffen, zur Verhinderung von schweren Verstößen
gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und zur Verhinde-
rung der Ausfuhr von Gütern bzw. Anlagen, mit denen
Produkte zur massenhaften Vernichtung von Menschen-
leben hergestellt werden können. Das ist im Übrigen
auch oft ein außenpolitisch heikles Thema. Ich erinnere
nur an die Diskussion, die wir vor einigen Jahren auch in
diesem Hause über die Giftgasfabrik in Rabta geführt
haben.

In diesem höchst sicherheitsrelevanten Bereich ist es
– ich denke, auch darüber herrscht breite Übereinstim-
mung – äußerst wichtig, bereits im Vorbereitungssta-
dium derartiger Straftaten Erkenntnisse zu gewinnen, um
sie bereits im Vorfeld zu verhindern. Um hierüber Er-
kenntnisse gewinnen zu können, ist die Möglichkeit der
Anordnung von Telefonüberwachungsmaßnahmen uner-
lässlich; Kriminalisten wissen, dass dadurch wesentliche

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(C (D rkenntnisse gewonnen werden können. Ich bin sicher, ass die Menschen im Lande zustimmen werden, dass er Staat alle notwendigen Vorkehrungen treffen muss, (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Aber nicht so!)


m derartige schwerste Straftaten bereits im Frühsta-
ium zu erkennen und zu vereiteln, Herr Kollege
tröbele.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Ent-
cheidung vom 3. März 2004 die Regelungen, die zu
em Zweck, den ich eben zu beschreiben versucht habe,
992 – ein Seitenblick zur FDP: 1992, also nicht zur Zeit
er rot-grünen Regierung, sondern als Sie regierten und
as betreffende Ressort führten –


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Hört! Hört!)


m Außenwirtschaftsgesetz niedergelegt worden sind,
egen erheblicher Verstöße gegen die Grundsätze der
ormenbestimmtheit und der Normenklarheit für verfas-

ungswidrig erklärt.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie jetzt auch in Niedersachsen!)


Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entschei-
ung gleichzeitig darauf hingewiesen, dass der Gesetz-
eber bei einer Neuregelung der präventiven Telekom-
unikations- und Postüberwachung auch die im Urteil

om 3. März 2004 niedergelegten Grundsätze zur Wohn-
aumüberwachung zu berücksichtigen habe. Das war der
rund, weshalb wir fast vor genau einem Jahr, am
1. Dezember 2004, hier in diesem Hohen Hause die
euregelung des Gesetzes zur präventiven Telekommu-
ikations- und Postüberwachung mit den Möglichkeiten
ür das Zollkriminalamt eingeführt haben. Wir haben da-
it mit Blick auf den verfassungswidrigen Zustand, den
ir vorgefunden haben, eine Neuregelung vorgenom-
en. Wir haben klare Eingriffsvoraussetzungen geschaf-

en: Nur bei schwersten Straftaten soll vorgegangen wer-
en. Wir haben die Vorbereitungshandlung gesetzlich
indeutig definiert und wir haben auch für Überwa-
hungs- und Aufzeichnungsmaßnahmen bei Berufsge-
eimnisträgern neue Verhältnismäßigkeitsgrundsätze
ingeführt.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Jawohl!)


erner haben wir Regelungen getroffen, unter welchen
autelen Erkenntnisse aus der Telefonüberwachung an

ndere Stellen weitergegeben werden dürfen bzw. wel-
he zu löschen sind. Damit haben wir alles das berück-
ichtigt, was das Bundesverfassungsgericht bei der 92er-
egelung angemahnt hatte.

Das alles haben wir seinerzeit unter erheblichem Zeit-
ruck geleistet: Wir hatten nur knapp ein Dreivierteljahr
eit, um diese Neuregelung zu treffen. Offen geblieben
ar, ob über die Konkretisierung, Klarstellung und Ver-

chärfung, wann eingegriffen werden kann, hinaus auch
um Schutz des Kernbereichs der persönlichen
ebensgestaltung des Einzelnen weiter gehende Rege-

ungen getroffen werden müssen. Wir haben das damals

500 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



(B) )


Joachim Stünker
bewusst offen gelassen, weil das Ganze nur Sinn macht,
wenn für den Gesamtbereich der Telefonüberwachung
– nicht nur hinsichtlich präventiver Maßnahmen durch
das Zollkriminalamt, sondern insbesondere im Bereich
von § 100 a der Strafprozessordnung, beim G-10-Gesetz
usw. – eine Neuregelung auf den Weg gebracht wird.
Dies haben wir in diesem Jahr nicht geschafft.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Warum wohl?!)


Aus diesem Grund schlagen wir Ihnen heute vor, das Ge-
setz, das wir damals bis zum 31. Dezember dieses Jahres
befristet haben, für einen Zeitraum von 18 Monaten zu
verlängern. Vielleicht sind wir auch schneller. Die Dis-
kussion, die sicherlich gleich beginnen wird, wird sich
darum drehen, ob das vertretbar ist. Denn in der Sache
selber – davon gehe ich jetzt einmal aus – sind wir uns
alle einig, dass der Staat derartige Regelungen braucht,
um solche Taten verhindern zu können.

Ich bin der festen Überzeugung, dass niemand von
uns das Entstehen einer Sicherheitslücke – diese würde
entstehen, wenn wir die neue Befristung heute nicht be-
schließen würden – verantworten kann.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Zumindest diejenigen können das nicht verantworten,
die in diesem Land politisch Verantwortung tragen.
Denn das würde ein großes sicherheitspolitisches Risiko
im Inland bedeuten und könnte auch außenpolitisch
– darauf habe ich bereits hingewiesen – zu erheblichen
Konflikten führen. Ich will auch angesichts der Debatte,
die wir gestern geführt haben, hierzu nicht meiner Fanta-
sie freien Lauf lassen. Eine Regelungslücke kann nie-
mand verantworten.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt)


Das ist, wenn Sie so wollen, die politische Begründung.

Ich bin aber überzeugt, dass die Fristverlängerung,
die wir hier vornehmen wollen, auch verfassungsrecht-
lich vertretbar ist. Dies gilt auch unter Berücksichtigung
der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu
diesem Thema vom 27. Juli dieses Jahres – es gab in der
Zwischenzeit eine weitere Entscheidung –, mit der we-
sentliche Bestimmungen zu präventiven Abhörmöglich-
keiten des niedersächsischen Polizeigesetzes für verfas-
sungswidrig erklärt worden sind, und zwar wiederum im
Wesentlichen wegen Verstößen gegen das Bestimmt-
heitsgebot und Ähnliches.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das Gesetz heute ist auch präventiv!)


Das Gericht hat in seiner Entscheidung vom Juli 2005
ausdrücklich darauf hingewiesen – das ist zwischen den
Kollegen der Grünen und uns in der alten Koalition im-
mer Streitpunkt gewesen; deswegen sind wir bei
§ 100 a StPO auch nicht zum Ende gekommen –, dass
die aufgestellten Grundsätze zum Schutz des Kernbe-
reichs der persönlichen Lebensgestaltung im Bereich der
Wohnraumüberwachung – Art. 13 Grundgesetz – nicht

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(C (D ins zu eins auf den Bereich der Telefonüberwachung Art. 10 Grundgesetz – übertragen werden können. Die ingriffstiefe ist eine andere. Das ist nicht zu vergleihen. So ist es zu lesen. Andererseits weist das Gericht darauf hin – das will ch nicht verkennen –, dass auch über Art. 10 Grundgeetz der Schutz individueller Entfaltung im Kernbereich rivater Lebensgestaltung aus dem Kernbereich von rt. 1 Grundgesetz sicherzustellen ist. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Was die SPD immer bestritten hatte!)


as Gericht sagt hierzu wörtlich:

Bestehen im konkreten Fall tatsächliche Anhalts-
punkte für die Annahme, dass eine Telekommuni-
kationsüberwachung Inhalte erfasst, die zu diesem
Kernbereich zählen, ist sie nicht zu rechtfertigen
und muss unterbleiben.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sehr gut!)


Sie müssen weiterlesen, wie Sie das im Studium ge-
ernt haben, Herr Kollege Ströbele. Im nächsten Absatz
er Entscheidung führt das Gericht ausdrücklich aus:

Verfassungsrechtlich hinzunehmen ist dieses Risiko
allenfalls bei einem besonders hohen Rang des ge-
fährdeten Rechtsguts und einer durch konkrete An-
haltspunkte gekennzeichneten Lage, die auf einen
unmittelbaren Bezug zur zukünftigen Begehung der
Straftat schließen lässt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe versucht,
ie Änderungen, die wir vor einem Jahr ins Gesetz auf-
enommen haben, zu skizzieren. Ich bin der Meinung,
ass wir damit diese Voraussetzungen erfüllt haben. Von
aher bin ich überzeugt, dass wir mit der Verlängerung
er Befristung verfassungsrechtlich keine Probleme be-
ommen werden. Deshalb werden wir das heute auch so
eschließen.

Ich weiß aber auch, dass wir den Bereich insgesamt
eu überarbeiten müssen; auf § 100 a StPO und andere
egelungen hatte ich hingewiesen. Mit der gesamten
berarbeitung werden wir Anfang nächsten Jahres in
iesem Hohen Hause beginnen. Dazu haben wir, wie Sie
issen, Herr Ströbele, in der letzten Legislaturperiode
mfangreiche Vorarbeiten gemacht.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr gut! Ja!)


ir fangen also nicht bei null an. Der Gesetzgeber ist
ereits tätig geworden. Wir sind damit nur nicht zum
nde gekommen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wieder nicht!)


on daher bin ich guten Mutes, dass wir nicht 18 Monate
rauchen werden, sondern dass wir, wenn wir alle ge-
einsam zügig an die Arbeit gehen, die Arbeiten schnel-

er leisten werden. Da wir trotzdem eine Befristung von
8 Monaten vorsehen, sind wir auf der sicheren Seite.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 501


(A) )



(B) )


Joachim Stünker

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Vor allem, weil wir schon gut vorgearbeitet haben!)


– Herr Ströbele, wenn Sie gute Vorschläge machen, dann
sind wir, wie Sie wissen, bereit, diese Vorschläge aufzu-
nehmen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Gut!)


Gehen wir also gemeinsam ab Mitte Januar an die Ar-
beit.

Schönen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1600816000

Ich erteile das Wort der Kollegin Mechthild

Dyckmans, FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Mechthild Dyckmans (FDP):
Rede ID: ID1600816100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir be-

raten heute erstmals in der 16. Wahlperiode eine rechts-
politische Initiative der Bundesregierung. Ich hätte mir
sehr gewünscht, dass es sich dabei um eine Initiative
handelt, die geeignet ist, eine Neuausrichtung der neuen
Bundesregierung in der Innen- und Rechtspolitik erken-
nen zu lassen.


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Fehlanzeige!)


Leider ist aber das Gegenteil der Fall.


(Beifall bei der FDP)


Mit dem Gesetzentwurf will die Bundesregierung die
Geltungsdauer eines verfassungsrechtlich bedenkli-
chen Gesetzes um weitere zwei Jahre verlängern; Herr
Stünker, Sie haben eigentlich sehr gut ausgeführt, dass
das verfassungsrechtlich bedenklich ist.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist ja das, was sie immer machen!)


Das ist mit der FDP nicht zu machen.


(Beifall bei der FDP)


Sie haben es ja schon dargelegt: Ende 2004 hat der
Deutsche Bundestag das Gesetz zur Neuregelung der
präventiven Telekommunikations- und Postüberwa-
chung durch das Zollkriminalamt verabschiedet. Das
Gesetz war notwendig geworden, weil das Bundesver-
fassungsgericht zuvor die Regelungen für die präventive
Telekommunikations- und Postüberwachung für den Au-
ßenwirtschaftsbereich durch das Zollkriminalamt für
verfassungswidrig erklärt hat. Der sodann von der Bun-
desregierung vorgelegte Gesetzentwurf wurde den An-
forderungen des Bundesverfassungsgerichtes gerade
nicht gerecht. Deshalb hat die FDP-Fraktion dem Ge-
setzentwurf damals auch nicht zugestimmt.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Mit Recht, wie sich jetzt zeigt!)


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(C (D ir sind nämlich durchaus in der Lage, aus Fehlern, die ielleicht einmal begangen wurden, zu lernen. (Beifall bei der FDP – Dirk Manzewski [SPD]: Nicht nur vielleicht! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist unsere Stärke!)


Die Bundesregierung hatte sich verpflichtet, inner-
alb eines Jahres eine gesetzliche Neuregelung vorzule-
en, in der die Vorgaben des Bundesverfassungsge-
ichts berücksichtigt werden sollten. Nun geht das Jahr
005 zu Ende, ohne dass die Regierung ihre Hausaufga-
en gemacht hat. Vielmehr soll die Geltungsdauer der
erfassungsrechtlich bedenklichen Regelung um weitere
wei Jahre verlängert werden, wie es von der Regierung
ieß. Die Koalitionsfraktionen haben dazu zwei Ände-
ungsanträge vorgelegt, in denen sie zuerst eine Befris-
ung von einem Jahr und später eine Befristung von
8 Monaten vorschlagen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist ein Kompromiss zulasten der Verfassung!)


ieser Umstand zeigt doch schon, dass auch innerhalb
er Koalition Bedenken gegen den Entwurf der eigenen
egierung bestehen. Dies ist ja auch verständlich; denn

n diesem Entwurf werden die Vorgaben des Bundesver-
assungsgerichts zur akustischen Wohnraumüberwa-
hung erneut außer Acht gelassen.


(Beifall bei der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Leider wahr!)


arüber hinaus werden in ihm auch die Grundsätze
issachtet, die das Gericht im Juli 2005 zur präventiven
elefonüberwachung aufgestellt hat: Eingriffe in den ab-
olut geschützten Kernbereich privater Lebensgestal-
ung haben zu unterbleiben.


(Beifall bei der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, Ende 2004 meinte die vor-
erige Bundesregierung noch, innerhalb eines Jahres ei-
en entsprechenden Entwurf vorlegen zu können. Es ist
ür mich in keiner Weise einzusehen, wieso es bei der
euen Regierung nun nochmals anderthalb Jahre dauern
oll, einen verfassungskonformen Gesetzentwurf vorzu-
egen.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben so viele schlaue Köpfe dazu zu hören!)


ie Begründung der Koalition für eine Verlängerung um
nderthalb Jahre, man wolle die Erarbeitung eines um-
angreichen Gesamtkonzeptes in der Telekommunika-
ionsüberwachung abwarten, verheißt nichts Gutes.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das haben wir in der letzten Debatte auch gehört! Grauslich!)


ir warten schon viel zu lange auf die Umsetzung der
echtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu die-

em Thema. Ich habe nicht die Hoffnung, dass die große

502 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



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Mechthild Dyckmans
Koalition die Kraft aufbringen wird, die angekündigten
Reformen tatsächlich anzugehen.


(Beifall bei der FDP und der LINKEN)


Aus Sicht der FDP ist eine Verlängerung der Gel-
tungsdauer des Gesetzes um weitere anderthalb Jahre
unvertretbar und deshalb nicht zustimmungsfähig. Die
FDP-Fraktion hat daher einen Änderungsantrag einge-
bracht, wonach die Geltungsdauer des Gesetzes lediglich
bis zum 30. Juni 2006 befristet werden soll. Vor dem
Hintergrund der nun schon lange währenden Diskussion
muss diese Zeit ausreichen, um das Gesetzgebungsver-
fahren abzuschließen. Der Tatsache, dass wir überhaupt
eine Verlängerung in Erwägung ziehen, liegt die Einsicht
zugrunde, dass das Zollkriminalamt Eingriffsbefugnisse
für die Übergangszeit haben muss. Meine Damen und
Herren von der Linken, deswegen ist Ihr Entschlie-
ßungsantrag, der eine Regelungslücke zur Folge hätte,
insbesondere mit Blick auf die internationale Verbrei-
tung von Massenvernichtungswaffen, auch abzulehnen.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren von Bündnis 90/Die Grü-
nen, Sie haben zwar versucht, die Vorgaben aus Karls-
ruhe in Ihren Änderungsantrag einfließen zu lassen,


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ja!)


dabei bleibt jedoch unberücksichtigt, dass die unter-
schiedlichen Eingriffsbefugnisse nicht ohne eine aus-
führliche Sachverständigenanhörung geregelt werden
können,


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Haben wir doch schon gehabt!)


die unseres Erachtens im ersten Quartal 2006 stattfinden
muss


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind sachverständig!)


und die im Übrigen 2004 von allen gefordert wurde.

Die Bundesregierung zeigt mit dem Gesetzentwurf,
dass sie in der Rechtspolitik auf Kontinuität setzt. Konti-
nuität bedeutet hier leider Kontinuität bei dem weiteren
Abbau von Bürgerrechten.


(Beifall bei der FDP)


Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik Deutsch-
land sind so viele und so tiefe Eingriffe in so kurzer Zeit
in die Freiheit der Bürger wie unter der letzten Bundes-
regierung vorgenommen worden.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Dann wollen wir mal bei der FDP nachrechnen!)


Das Bundesverfassungsgericht hat in letzter Zeit den Ge-
setzgeber oft daran erinnert, dass bei der Ausgestaltung
von Gesetzen das Grundgesetz wieder zum Maßstab des
Handelns werden muss.

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(C (D (Beifall bei der FDP – Joachim Stünker [SPD]: Das waren doch alles Ihre Gesetze!)


Der Gesetzgeber sollte diese Mahnung ernst nehmen.
inen parteiübergreifenden Konsens kann es erst dann
ieder geben, wenn die Bundesregierung zu einer
rundrechtsorientierten Rechtspolitik zurückfindet und
ereit ist, bei ihren Initiativen ein ausgewogenes Gleich-
ewicht zwischen Freiheit und Sicherheit unter Berück-
ichtigung anerkannter Verfassungsgrundsätze herzustel-
en. Der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
ollfahndungsdienstgesetzes ist dafür ein misslungener
nfang.


(Beifall bei der FDP und der LINKEN sowie des Abg. Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1600816200

Frau Kollegin, das war Ihre erste Rede in diesem

aus. Ich beglückwünsche Sie dazu sehr herzlich und
ünsche Ihnen weiterhin alles Gute.


(Beifall)


Das Wort hat nun der Kollege Siegfried Kauder von
er CDU/CSU-Fraktion.

Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/
SU):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen!

iebe Kollegen! Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion
ird dem Gesetz zur Änderung des Zollfahndungs-
ienstgesetzes zustimmen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das haben wir nicht erwartet!)


s wird eine Verlängerung der Gültigkeit des Gesetzes
m 18 Monate sein. Diese Zeit muss das Parlament nut-
en, um Unebenheiten und verfassungsrechtliche Beden-
en auszugleichen.

Nun werden in wenigen Minuten der Kollege
eskovic und der Kollege Ströbele ans Rednerpult treten
nd möglicherweise erklären, dass dieser Gesetzentwurf
ur Änderung des Zollfahndungsdienstgesetzes verfas-
ungswidrig sei, dass auch ein temporärer Verfassungs-
ruch ein Verfassungsbruch sei und dass man deshalb
iesem Gesetzentwurf nicht zustimmen könne. Liebe
olleginnen und Kollegen, das ist juristisch nicht zu
nde gedacht und politisch nicht vernünftig.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Was ist der Sinn dieser zugelassenen Post- und Tele-
ommunikationsüberwachung? Das Gesetz soll schon

m Ansatz verhindern, dass mit Massenvernichtungswaf-
en aus Deutschland illegal Handel getrieben wird und
ass ganze Giftgasanlagen in Krisengebiete geliefert
erden. Das heißt, wir haben es mit einem hohen und

nsbesondere hohen außenpolitischen Gut zu tun. Würde
n diesem Bereich ein Vakuum eintreten, hätten wir ei-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 503


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Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen)

nen außenpolitischen Flurschaden, der nicht zu beheben
wäre.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Nun ist nicht zu verkennen, dass uns dazu zwei
Urteile des Bundesverfassungsgerichtes vom 3. März
2004 vorliegen. Das eine befasste sich mit dem Thema
des Kernbereiches der persönlichen Lebensgestaltung,
den auch der Gesetzgeber nicht antasten darf. Das Urteil
bezog sich auf den großen Lauschangriff, besser gesagt:
die akustische Wohnraumüberwachung. Das andere Ur-
teil vom gleichen Tag befasste sich mit dem Außenwirt-
schaftsgesetz. Darin stand zu dem Problem des Kernbe-
reichs höchstpersönlicher Lebensgestaltung nichts.

Diese beiden Urteile waren für die Rechtswissen-
schaft Anlass, heftig darüber zu debattieren, ob das Ur-
teil zum großen Lauschangriff auf das Außenwirt-
schaftsgesetz eins zu eins oder überhaupt anwendbar ist.

Diese Frage wurde noch bis in den November 2005
hinein kontrovers und ergebnisoffen von den Rechtswis-
senschaftlern diskutiert. Aber wir können auch nicht ver-
kennen, dass es eine weitere Entscheidung vom 27. Juli
2005 gibt, in dem das Verfassungsgericht das nieder-
sächsische Gesetz über die öffentliche Sicherheit und
Ordnung – also ein Polizeigesetz – als verfassungswidrig
aufgehoben hat,


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! Das hat die FDP nicht gemerkt!)


weil mehrere Vorgaben, die die Verfassung vorsieht,
nicht erfüllt waren. In diesem Urteil ist zum ersten Mal
expressis verbis formuliert, dass der Kernbereich der
persönlichen Lebensgestaltung auch bei der Post- und
Telekommunikationsüberwachung zu beachten ist.

Vor dem Hintergrund dieser Entscheidung muss der
Gesetzgeber reagieren. Bedeutet dies nun – wie es Kol-
lege Neskovic ausführen wird –, dass eine Verlängerung
der Gültigkeitsdauer des Gesetzes zur Neuregelung der
präventiven Telekommunikations- und Postüberwa-
chung verfassungswidrig wäre? Man kann sich schlicht
und ergreifend an der Rechtsprechung des Bundesver-
fassungsgerichts orientieren, um zu erkennen, dass dies
nicht stimmt. Denn auch das Bundesverfassungsgericht
muss ein Gesetz, das nicht verfassungskonform ist, nicht
sofort für nichtig erklären. Es nimmt nämlich eine Vor-
prüfung vor, ob bei Nichtvorhandensein des als verfas-
sungswidrig angesehenen Gesetzes die Verfassungslage
schlechter wäre als bei der Fortdauer des Gesetzes.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind aber nicht das Gericht, sondern der Gesetzgeber!)


Es werden also verschiedene Rechtsgüter gegenei-
nander abgewogen. Ich kann nur wiederholen, dass es
hierbei um einen schweren außenpolitischen Schaden
geht. Deswegen kann man davon ausgehen, dass das
Bundesverfassungsgericht von der zweiten Lösung Ge-
brauch machen würde, nämlich statt das Gesetz für nich-
tig zu erklären allenfalls feststellen würde, dass es mit
der Verfassung nicht vereinbar wäre. In diesem Fall

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(C (D uss man die Entscheidung des Bundesverfassungsgeichts im 61. Band, Seite 319 f. kennen. Ich erlaube mir, u zitieren: Im vorliegenden Fall ist es geboten, ausnahmsweise im Interesse der Rechtssicherheit die weitere Anwendung der angegriffenen Norm bis zu einer gesetzlichen Neuregelung, längstens bis zum ... zuzulassen. Für die Neuregelung, die umfangreiche und zeitraubende Vorarbeiten erfordert, muss dem Gesetzgeber ausreichend Zeit zur Verfügung stehen. as ist vom Bundesverfassungsgericht gut geregelt woren; denn die Richter wissen, dass wir eine Entscheiung des Bundesverfassungsgerichts nicht eins zu eins mzusetzen haben, sondern einen gesetzgeberischen Getaltungsspielraum brauchen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Aber das ist unser Problem: Zu dem Zollfahndungs-
ienstgesetz liegt keine verfassungsgerichtliche Ent-
cheidung vor.


(Mechthild Dyckmans [FDP]: Müssen wir denn zu allem eine Entscheidung haben?)


eswegen müssen wir den zeitlichen Rahmen festle-
en, in dem wir die verlängerte Gültigkeitsdauer des Ge-
etzes ohne Korrekturen verfassungsrechtlich für vertret-
ar halten.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Genau so ist es!)


Man kann – wie die FDP – ein halbes Jahr durchaus
ür ausreichend halten. Ich war der Meinung, ein Jahr sei
ertretbar. Jetzt diskutieren wir über ein Jahr und sechs
onate. Das Bundesverfassungsgericht orientiert sich in

olchen Fällen daran, was im parlamentarischen Tages-
etrieb umzusetzen ist. Die FDP weiß, dass ein halbes
ahr deutlich zu kurz ist. Sie will lediglich Druck ma-
hen; das ist legitim.

Es nützt auch nichts, wenn uns die Grünen einen Än-
erungsantrag vorlegen, der etwas konfus zwischen der
ost- und Telekommunikationsüberwachung hin- und
erschleudert und nicht durchdacht, sondern mit heißer
adel gestrickt ist.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie wissen Sie, wie wir den gestrickt haben? Die Nadel war ganz kalt!)


ir müssen in Ruhe in den zuständigen Gremien da-
über diskutieren. Dazu ist eine fundierte parlamentari-
che Beratung notwendig. Deswegen glaube ich, dass
8 Monate durchaus vertretbar sind.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Aber wir sollten uns auch an den Vorgaben des Bun-
esverfassungsgerichts, die uns im Fall einer Entschei-
ung gemacht würden, orientieren. In diesem Zusam-
enhang wird die Frage zu stellen sein, ob in der
bergangsfrist von 18 Monaten nicht begleitend Kor-

ekturen vorgenommen werden sollten. Deswegen bitte

504 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


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Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen)

ich an die Herren Staatssekretäre gerichtet, bei den zu-
ständigen Ministerien – dem Bundesjustiz- und Bundes-
finanzministerium – kurzfristig die beiden folgenden
Fragen zu klären:


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn die Minister hier wären, könnten Sie sie direkt fragen!)


Erstens. Welche Bemühungen sind in den beiden Minis-
terien seit der Entscheidung des Bundesverfassungsge-
richts vom 27. Juli 2005 unternommen worden, um die
verfassungsgerichtlichen Vorgaben zum Schutz des un-
antastbaren Kernbereichs persönlicher Lebensgestal-
tung gesetzgeberisch umzusetzen?

Zweitens. Lässt sich für die nächsten 18 Monate vo-
rübergehend durch Verwaltungsvorschriften ein Schutz
des unantastbaren Kernbereichs persönlicher Lebensge-
staltung bei Vorschriften zur Post- und Telekommunika-
tionsüberwachung des Zollfahndungsdienstgesetzes ge-
währleisten? Wir werden nämlich der Öffentlichkeit und
gegebenenfalls dem Bundesverfassungsgericht erklären
müssen, was wir getan haben, um dieses Gesetz mög-
lichst schnell mit dem Grundgesetz kompatibel zu ma-
chen, so Bedenken bestehen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Jürgen Gehb [CDU/ CSU]: Das sind Ausführungen mit Niveau!)


Zum Schluss bitte ich die Bundesjustizministerin und
den Bundesfinanzminister, innerhalb von sechs Monaten
einen Zwischenbericht über den Stand des gesetzgeberi-
schen Verfahrens zu geben, damit wir wissen, wie weit
die Bemühungen vorangeschritten sind.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1600816300

Das Wort hat nun der Kollege Wolfgang Neskovic

von der Fraktion Die Linke.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Herr Kauder hat ja schon alles gesagt!)



Wolfgang Neskovic (Plos):
Rede ID: ID1600816400

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten

Damen und Herren! Der Gesetzentwurf ist – Herr
Kauder hat es vorweg genommen – abzulehnen. Hier
teile ich die Auffassung der FDP.


(Beifall bei der LINKEN)


In der Begründung des Gesetzentwurfes heißt es wie üb-
lich: Alternativen – keine. Richtigerweise hätte es hei-
ßen müssen: Alternativen – ein verfassungsgemäßes Ge-
setz.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN sowie des Abg. Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Statt einen Gesetzentwurf vorzulegen, der den Vorga-
ben des Bundesverfassungsgerichts in den bereits zi-
tierten Entscheidungen vom 3. März 2004 und der Ent-

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(C (D cheidung vom 27. Juli 2005 gerecht wird, ignoriert die egierungskoalition das Bundesverfassungsgericht und egt einen Gesetzentwurf vor, der darauf abzielt, die Gelungsdauer eines bereits bestehenden, verfassungswidrien Gesetzes zu verlängern. Ich bringe in Erinnerung: In er Tat hat das Bundesverfassungsgericht am 3. März 004 zwei Entscheidungen getroffen, nämlich eine zum roßen Lauschangriff und zur akustischen Wohnraumberwachung und eine andere, in der sich das Gericht it dem Außenwirtschaftsgesetz und den Befugnissen es Zollkriminalamtes präventiver Art im Bereich der ostund Telekommunikationsüberwachung beschäf igte. In der letzten Entscheidung hat das Bundesverfasungsgericht unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit as Gesetz für verfassungswidrig erklärt. Nun geht es genau um dieses Gesetz, und zwar um die erlängerung seiner Geltungsdauer. Bei der Neufassung ar es zwischen den Fraktionen streitig – das ist hier zu reffend wiedergegeben worden –, ob die Grundsätze, ie das Bundesverfassungsgericht zum absolut gechützten Kernbereich privater Lebensgestaltung ntwickelt hat, auch in diesem Regelungszusammenang zur Anwendung kommen mussten. Dieser Streit usste nicht nur den halbwegs gebildeten Juristen, son ern auch den juristischen Laien überraschen. (Siegfried Kauder [Villingen-Schwenningen] [CDU/CSU]: Das war ein Streit unter Rechtswissenschaftlern!)


Es müsste genauso den juristischen Laien überraschen.
ch versuche, das auch aus der Laienperspektive zu se-
en.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Jürgen Gehb [CDU/ CSU]: Die liegt Ihnen besonders gut!)


enn es einen absolut geschützten Kernbereich privater
ebensgestaltung gibt, warum sollte er nur den Bereich
er akustischen Wohnraumüberwachung und nicht auch
en Bereich der Post- und Telekommunikationsüberwa-
hung umfassen? Anders ausgedrückt, für diejenigen,
ie es nicht verstehen wollen: Für den Schutz des Kern-
ereichs privater Lebensgestaltung ist es völlig unerheb-
ich, in welcher Art und Weise der Eingriff erfolgt. Der
ernbereich privater Lebensgestaltung ist umfassend
nd nur dann absolut geschützt, wenn er seine Schutz-
unktion gegen jede Form des Eingriffes entfaltet.


(Beifall bei der LINKEN)


Selbst diejenigen, die sich, wie ich finde, solcher ein-
acher und nahe liegender Überlegungen durch Ignoranz
ntziehen wollen, müssen sich dem Vorwurf aussetzen,
ann zumindest die Entscheidung des Bundesverfas-
ungsgerichts zum Außenwirtschaftsgesetz nicht richtig
elesen zu haben. Am Ende der Entscheidung befinden
ich nämlich so genannte Segelanweisungen. Solche
nweisungen sollen dem Adressaten – hier dem Gesetz-
eber – helfen, mögliche Fehler, die bei erneuter Befas-
ung mit der Materie entstehen, zu unterlassen. Sie sol-
en also schlicht verhindern, dass der Gesetzgeber in die
alsche Richtung segelt. „Der Gesetzgeber“, so heißt es
ort, wird bei der Neuregelung – nun kommt die ent-
cheidende Passage – „auch die Grundsätze zu beachten

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 505


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Wolfgang Neskovic
haben, die der Senat in seinem Urteil zum großen
Lauschangriff für die akustische Wohnraumüberwa-
chung niedergelegt hat“. Herr Kauder, das ist der von Ih-
nen vermisste Bezug.


(Siegfried Kauder [Villingen-Schwenningen] [CDU/CSU]: Sie müssen doch zu Ende lesen! – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Sie haben das schon wieder nicht verstanden!)


– Darüber haben wir schon im Ausschuss diskutiert. Ich
hatte gehofft, dass Sie es verstanden haben.

Im Klartext heißt dieser Hinweis: Was für Art. 13 GG
gilt, gilt auch für Art. 10 GG. So einfach ist das.


(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Mechthild Dyckmans [FDP])


Wenn man sich nun aber nicht der Mühe unterziehen
will, die Entscheidung bis zu Ende zu lesen, dann hätte
man wenigstens die Presseerklärung lesen können. Dort
hätte man das schon im fünften Satz nachlesen können.
Nie war Segeln so leicht. Das sage ich als jemand, der
von der Küste kommt.


(Dr. Peter Danckert [SPD]: Ich denke, aus Brandenburg!)


Damit aber nicht genug. Am 27. Juli dieses Jahres
– darauf ist auch hingewiesen worden – hat das Bundes-
verfassungsgericht klipp und klar gesagt, dass auch im
Gewährleistungsbereich des Art. 10 des Grundgesetzes
der Kernbereich privater Lebensgestaltung zu regeln ist.
Damit war alles klar, möchte man meinen. Aber dieses
Gesetzgebungsverfahren belehrt uns eines Besseren.
Trotz dieser eindeutigen Verfassungslage wollen Sie
heute mehrheitlich die Geltung eines Gesetzes verlän-
gern, von dem Sie nach dem vorher Gesagten eigentlich
wissen müssten, dass es verfassungswidrig ist, und zwar
weil es die geforderten Schutzvorschriften zum Kernbe-
reich der privaten Lebensgestaltung nicht enthält.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Haben Sie Herrn Kauder nicht zugehört?)


Das ist unstreitig.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1600816500

Herr Kollege, denken Sie bitte an Ihre Redezeit.


Wolfgang Neskovic (Plos):
Rede ID: ID1600816600

Ja, ich bin gleich zu Ende. –


(Dr. Peter Danckert [SPD]: Machen Sie Schluss!)


Eine Befristung der Geltungsdauer des Gesetzes auf an-
derthalb Jahre ändert daran nichts; denn befristeter Ver-
fassungsbruch bleibt Verfassungsbruch.


(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Mechthild Dyckmans [FDP])


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(C (D Herr Kollege, Sie haben Ihre Redezeit bereits über chritten. Ich darf noch einmal darauf hinweisen: Sie üssen zum Schluss kommen. Ich bin auch am Schluss. – Deswegen wird die Links raktion diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen und Sie ollten sich uns anschließen. Auf Gutgläubigkeit können ie sich spätestens nach diesem Redebeitrag nicht beruen. Das Wort hat nun der Kollege Hans-Christian tröbele, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1600816700
Wolfgang Neskovic (Plos):
Rede ID: ID1600816800

(Beifall bei der LINKEN)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1600816900
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

en! Sie haben hier die Gelegenheit, sich für eine Frist-
erlängerung um null Monate, für eine Fristverlänge-
ung um sechs Monate, für eine Fristverlängerung um
in Jahr oder für eine Fristverlängerung um anderthalb
ahre zu entscheiden. Das sind viele Variationsmöglich-
eiten.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Es gibt nur einen Beschluss, Herr Ströbele!)


un kann man denken: Das scheint relativ willkürlich zu
ein. Da nehmen wir doch ein Jahr und einigen uns in
er Mitte. – Es geht aber in der Tat um die Frage, ob wir
ine gesetzliche Regelung verlängern, die möglicher-
eise verfassungswidrig ist. Da wäre jeder Tag, den
ieses Gesetz, so wie es heute ausgestaltet ist, verfas-
ungswidrig fortbesteht, ein Tag zu viel; denn wir Abge-
rdnete des Deutschen Bundestags dürfen kein Gesetz
erabschieden, bei dem wir billigend in Kauf nehmen,
ass es verfassungswidrig ist und dann weiter gilt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das Bündnis 90/Die Grünen hat einen Änderungsan-
rag vorgelegt, um zu zeigen, was wirklich konstruktive
pposition ist. Wir wenden uns nicht einfach an die Re-
ierung und fordern ein besseres Gesetz, sondern wir
achen uns die Mühe, selber einen Gesetzentwurf zu

ormulieren.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und zu begründen! – Michael GrosseBrömer [CDU/CSU]: Da sehen Sie mal, wie das ist!)


ir haben einen Änderungsantrag vorgelegt, der eindeu-
ig akzeptiert – das ist hier mehrfach gesagt worden –,
ass wir nicht ohne gesetzliche Regelung weiterleben
ollen; denn auch wir wollen nicht, dass eine Giftgasfa-
rik irgendwohin in die Welt geliefert wird. Wir wollen
uch nicht, dass schwere Kriegswaffen irgendwohin ge-
iefert werden.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das ist schon mal nicht schlecht!)


506 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


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Hans-Christian Ströbele
Wir wollen auch nicht, dass etwa Teile in Staaten, die
diese möglicherweise zur Kriegswaffenproduktion miss-
brauchen, geliefert werden. Weil dieses Gesetz also er-
forderlich ist, um so etwas zu verhindern, sind wir dafür,
die Geltung dieses Gesetzes zu verlängern.

Wir wollen aber aus dieser Zwickmühle heraus. Wir
wollen nicht die Geltung eines möglicherweise verfas-
sungswidrigen Gesetzes um ein Jahr verlängern, um
dann zu prüfen, ob sich die eine oder andere Regelung in
der Zwischenzeit als veränderungs- oder verbesserungs-
bedürftig erwiesen hat. Wir wollen vielmehr Regelungen
einbauen, die den verfassungsrechtlichen Bedenken
Rechnung tragen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Kollege Stünker, wir haben in der Tat lange da-
rüber diskutiert, ob das Urteil des Bundesverfassungs-
gerichts zum großen Lauschangriff auf die Telefon-
überwachung, auch auf die durch den Zoll, anwendbar
ist. Wir haben unterschiedliche Auffassungen vertreten.
Wir waren von Anfang an dafür, das Urteil des Bundes-
verfassungsgerichts zum großen Lauschangriff auf die
Telefonüberwachung auszudehnen. Darüber konnten wir
uns nicht einigen und deshalb enthält das bisher geltende
Gesetz dazu keine Regelung.

Wir hatten uns aber vorgenommen, in diesem Jahr für
eine Klärung zu sorgen. Das ist aus Gründen, die weder
Sie noch wir zu vertreten haben, nicht geschafft worden.
Aber die Folgerung daraus kann nicht sein, dass man die
Geltungsdauer des bisher geltenden Gesetzes einfach
verlängert. Stimmen Sie vielmehr unserem Änderungs-
antrag zu! Wir kommen den Petita, die die FDP immer
wieder formuliert hat, voll entgegen, indem wir durch
eine eindeutige Formulierung den Kernbereich der pri-
vaten Lebensführung schützen. Danach dürfen zum
Beispiel keine Briefe durchgelesen werden, die diesen
Kernbereich betreffen. Wenn ein Brief den Kernbereich
der privaten Lebensführung betrifft, dann muss die Lek-
türe abgebrochen werden.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das ist doch lebensfremd!)


Wir schützen den Kernbereich privater Lebensfüh-
rung auch beim Telefonieren. Wenn ein Richter fest-
stellt, dass der Kernbereich der privaten Lebensführung
Gegenstand eines abgehörten Telefonats war, dann darf
der Inhalt nicht verwendet werden und die Aufnahme
muss sofort gelöscht werden. Die Erkenntnisse, die aus
dem Abhören dieses Telefonats gewonnen worden sind,
dürfen im Verfahren nicht eingesetzt werden; vielmehr
muss ein Verwertungsverbot greifen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir haben eine weitere Regelung in unseren Ände-
rungsantrag aufgenommen – auch da könnte man unter-
schiedlicher Meinung sein –, die darauf abzielt, dass damit
Schluss gemacht wird, dass die Berufsgeheimnisträger
in Deutschland nur mangelhaft geschützt sind. Wir wol-
len, dass Geistliche, Ärzte, Rechtsanwälte, Strafverteidi-
ger, aber auch Journalisten in vollem Umfang geschützt
sind, wenn sie telefonieren und wenn sie Briefe schrei-

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(C (D en. Deshalb sollen sie von jeglicher Überwachung ausenommen werden. Wir haben das in unserem Änderungsantrag wunderar formuliert. Ich fordere alle Seiten daher auf: Stimen Sie unserem Änderungsantrag zu! Dann hätten wir n Zukunft ein verfassungskonformes Gesetz und es äbe keine Regelungslücke. Niemand könnte Waffenfariken oder Ähnliches ins Ausland transportieren, ohne ur Rechenschaft gezogen zu werden, wenn er nach eier Telefonoder Briefüberwachung erwischt wird. So st unser Petitum. Geben Sie sich einen Ruck! Wir zeien, wie konstruktive Oppositionsarbeit möglich ist. eigen Sie, wie konstruktive Koalitionsarbeit und kontruktive Oppositionsarbeit zusammenfinden können! (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1600817000

Wir kommen nun zur Abstimmung über den von der

undesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Än-
erung des Zollfahndungsdienstgesetzes auf Druck-
ache 16/88. Der Rechtsausschuss empfiehlt in seiner
eschlussempfehlung auf Drucksache 16/252, den Ge-

etzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen.
ierzu liegen zwei Änderungsanträge vor, über die wir

uerst abstimmen.

Wer stimmt dem Änderungsantrag der Fraktion der
DP auf Drucksache 16/271 zu? – Wer stimmt dage-
en? – Enthaltungen? – Der Änderungsantrag ist damit
it den Stimmen der Koalitionsfraktionen, der Fraktion

es Bündnisses 90/Die Grünen und der Fraktion Die
inke gegen die Stimmen der FDP abgelehnt.

Wer stimmt für den Änderungsantrag der Fraktion des
ündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/272? –
er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Ände-

ungsantrag ist damit bei Enthaltung der FDP und einer
nthaltung bei der Linken gegen die Stimmen der Grü-
en mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der
eisten Abgeordneten der Linken abgelehnt.

Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetz in der Aus-
chussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. –
er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-
urf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen der
oalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposi-

ionsfraktionen angenommen.

Wir kommen zur

dritten Beratung

nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
er stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetz-

ntwurf ist mit dem gleichen Stimmenverhältnis wie in
er zweiten Lesung angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Ent-
chließungsantrag der Fraktion Die Linke auf Drucksa-
he 16/277. Wer stimmt für diesen Entschließungsan-
rag? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Was ist
it der Fraktion der Grünen?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 507


(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt

(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das hätten wir auch gern gewusst! – Heiterkeit!)


Gilt bei der Fraktion der Grünen Enthaltung, so wie das
bei einigen Mitgliedern der Fall war, oder beteiligt sie
sich nicht an der Abstimmung?


(Undine Kurth [Quedlinburg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Gegenstimmen! – HansChristian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich bin abgelenkt worden! – Weitere Zurufe)


– Wenn ich das Signal richtig deute, ist es „Enthaltung“.


(Undine Kurth [Quedlinburg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Gegenstimmen! – HansChristian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dagegen!)


– Dagegen? – Ich wiederhole die Abstimmung, damit es
sauber ist.

Es geht um den Entschließungsantrag der Fraktion
Die Linke. Wer stimmt für diesen Entschließungsan-
trag? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist
der Entschließungsantrag mit den Stimmen der Koali-
tionsfraktionen, der FDP und der Grünen mit Ausnahme
der Enthaltung einer Abgeordneten gegen die Stimmen
der Fraktion Die Linke abgelehnt.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 10 a und 10 b auf:

a) Erste Beratung des von der Fraktion des BÜND-
NISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Ent-
wurfs eines Verbraucherinformationsgesetzes

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– Drucksache 16/199 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Gesundheit

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Peter
Bleser, Ursula Heinen, Gitta Connemann, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU

(Wolmirstedt)

terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Lebensmittelskandalen effektiv entgegenwir-
ken – Verbraucher umfassend informieren

– Drucksache 16/195 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch dazu. Dann ist das so beschlos-
sen.

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(C (D Ich erteile dem Kollegen Dr. Reinhard Loske von der raktion des Bündnisses 90/Die Grünen das Wort. Herr Kollege, einen Moment! Vielleicht könnten die olleginnen und Kollegen, die an dieser Debatte nicht eilnehmen wollen, den Saal verlassen oder zumindest ie Gespräche so führen, dass man dem Redner zuhören ann. – Ich bedanke mich. Herr Kollege, Sie haben das Wort. Dr. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)


(Unruhe)

Danke. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Wir bringen heute unseren Entwurf eines Ver-
raucherinformationsgesetzes ein. Uns geht es darum,
en Verbraucherinnen und Verbrauchern umfassende
nformationsrechte gegenüber der öffentlichen Hand
nd gegenüber Unternehmen einzuräumen. Bei der
egierungserklärung ist von der Bundeskanzlerin ein
oher Ton angeschlagen worden. Es ging um „Mehr
reiheit wagen“. Was wir mit diesem Gesetzentwurf
ollen, ist „Mehr Informationsfreiheit wagen“. Darum
eht es uns.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Hintergrund der Debatte, die wir heute führen, ist na-
ürlich der Ekelfleisch- und Gammelfleischskandal. Es

uss klar sein, dass solche kriminellen Machenschaften
ücksichtslos aufgedeckt und streng geahndet werden.

er so etwas tut, kann definitiv nicht mit der Rücksicht
es Staates rechnen. Wer betrügt, umdeklariert, panscht
der abzockt, muss mit harten Sanktionen rechnen. Vor
llem – das ist zentral – müssen in Zukunft Ross und
eiter genannt werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der LINKEN – HansMichael Goldmann [FDP]: Richtig! Das hat aber mit Ihrem Gesetz nichts zu tun!)


Für uns ist die Schaffung von Informationsrechten
ber nicht erst seit der aktuellen Ekelfleischdebatte zen-
ral. Heute unternehmen wir den dritten Versuch, den
erbraucherinnen und Verbrauchern zu ihrem Recht zu
erhelfen. Wir haben 2002 das Verbraucherinforma-
ionsgesetz eingebracht. Es ist damals an unionsgeführ-
en Ländern im Bundesrat gescheitert. 2004 haben wir
mfassende Verbraucherinformationsrechte im Rahmen
es Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs einge-
racht. Auch das ist im Bundesrat und im Vermittlungs-
usschuss an Union und FDP gescheitert.

Gegen beide Gesetze hat übrigens auch der CSU-Ab-
eordnete Seehofer gestimmt. Ich hätte gar nicht darüber
eredet, ehrlich gesagt,


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Weil er nicht da ist!)


eil das Schnee von gestern ist, aber wenn jetzt Ge-
chichtsklitterung betrieben wird, wenn so getan wird,
ls beginne man erst jetzt mit dem Verbraucherschutz,

508 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


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Dr. Reinhard Loske
dann muss ich ganz klar sagen: Die Ursache dafür, dass
schwarze Schafe bis heute nicht beim Namen genannt
werden, hat ganz eindeutig einen Namen, und zwar
Union.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Herr Loske, das ist ja Blödsinn, was Sie da reden!)


Zu unserem Gesetzentwurf. Wir wollen, dass öffentli-
che Stellen und Unternehmen gegenüber den Verbrau-
cherinnen und Verbrauchern auskunftspflichtig sind. Es
kann nicht sein, dass öffentliche Stellen nach Lust und
Laune Auskunft erteilen oder verweigern können. Aber
falsch ist auch, was die große Koalition offenbar vorhat,
nämlich die Auskunftspflicht auf die öffentlichen Stel-
len zu beschränken. Es ist mindestens genauso wichtig,
den Unternehmen eine Informationspflicht aufzuerlegen.
Die Klügeren unter den Unternehmen erteilen bereits
Auskunft. Sie haben längst erkannt, dass eine moderne
Kommunikationskultur und Information der Verbraucher
die Chance bieten, die Kundenbindung zu erhöhen. Es
geht hier also nicht um eine Last, sondern um eine reale
wirtschaftliche Chance. Ich wünsche mir, dass auch die
große Koalition das endlich versteht.

Es gibt – das ist dem Antrag von der CDU/CSU und
der SPD zu entnehmen – einen Bürokratievorwurf ge-
genüber unserem Gesetzentwurf, der ungefähr so lautet:
Wenn man den Verbraucherinnen und Verbrauchern zu
viel Informationsrechte einräumt, dann bombardieren sie
möglicherweise die Unternehmen mit Anfragen und le-
gen sie lahm. Das ist natürlich völliger Humbug. Ich lese
Ihnen einmal § 10 unseres Gesetzentwurfes vor. Dort
heißt es:

Jeder hat Anspruch, dass Unternehmen die bei ih-
nen vorliegenden Verbraucherinformationen in ei-
ner der Größe des Unternehmens angemessenen Art
und Weise zugänglich machen …

Ihr Reden von Bürokratie oder überbordenden Anforde-
rungen ist also nichts anderes als Ablenkung von der ei-
genen Tatenlosigkeit. Das muss man ganz klar sagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es geht uns nicht nur um Verbraucherinformations-
rechte bei Lebensmitteln, sondern auch um umfassende
Verbraucherinformationsrechte bei allen Produkten
und Dienstleistungen. Wir finden, dass die Verbraucher
auch ein Recht darauf haben, zu erfahren, ob in Kinder-
spielzeugen Weichmacher sind, ob Kosmetika mithilfe
von Tierversuchen oder Teppiche in Kinderarbeit herge-
stellt worden sind oder ob Pensionsfonds bei der Geldan-
lage auch ethische Kriterien berücksichtigen. Das sind
keine unmäßigen Forderungen; in anderen Ländern, bei-
spielsweise im angelsächsischen Raum, wird das längst
praktiziert. Ich fordere Sie auf, diesem Beispiel zu fol-
gen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Herr Loske, dass ist doch nicht Ihr Ernst!)


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(C (D Ich habe schon meine Zweifel, dass die große Koaliion dieses Thema ernst genug nimmt. Die Entscheidunen in der letzten Zeit sind sehr problematisch. (Zuruf des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


Herr Goldmann, Sie sind nicht an der Regierung, ka-
ieren Sie das endlich! Sie müssen nicht mehr die CDU/
SU verteidigen, sondern Opposition machen. Lernen
ie das endlich einmal!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lachen des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


Ich habe meine Zweifel, wenn ich sehe, dass Herr
abriel nach Brüssel fährt und dort aus der Chemika-

ienrichtlinie Verbraucherrechte herausstreicht. Das ist
chon sehr problematisch. Die Verbraucherverbände ha-
en dazu das Notwendige gesagt. Zweifel habe ich auch,
enn ich sehe, dass Herr Minister Seehofer gestern
eue, gentechnisch veränderte Organismen genehmigt
at, bei denen ausgesprochen fragwürdig ist, welche Ge-
undheitsfolgen und Folgen bezüglich der genetischen
ielfalt sie haben. Jetzt soll es ein Verbraucherinforma-

ionsgesetz geben, das die Unternehmen aus der Infor-
ationspflicht ausnimmt. Da kann ich nur sagen: Das

at so viel mit Verbraucherschutz zu tun wie die Kuh mit
em Sonntag, nämlich gar nichts. Das ist kein Verbrau-
herschutz.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir brauchen mehr Verbraucherschutz, mehr Infor-
ationsfreiheit, denn der mündige Verbraucher benötigt

nformationen, um gut entscheiden zu können; deshalb
ieses Gesetz. Lieber Kollege Goldmann, werfen Sie Ihr
erz über die Hürde und stimmen Sie dem Gesetz zu;
enn es ist ein sehr gutes Gesetz!

Schönen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1600817100

Das Wort hat nun der Staatssekretär im Bundesminis-

erium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher-
chutz Dr. Gerd Müller.

Dr.
Dr. Gerd Müller (CSU):
Rede ID: ID1600817200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr

oske, Sie sind in der Realität nicht angekommen. Ihre
ealität heißt: Zurück zur Illusion. Das zeigt sich auch
n dem von Ihnen eingebrachten Entwurf eines Verbrau-
herinformationsgesetzes.

Der Bürger hat einen Anspruch auf Informationen.
erbraucherinformation ist ein Bürgerrecht. Wir werden

hm nachkommen. Der Verbraucherschutz ist eine wich-
ige Querschnittsaufgabe in der Politik geworden. Der
kelfleischskandal hat uns ganz aktuell die Notwendig-
eit neuer Instrumente vor Augen geführt, die über den
isherigen Katalog hinausgehen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 509


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Parl. Staatssekretär Dr. Gerd Müller
Minister Seehofer hat kurz und prägnant, aber auch
entschlossen mit einem Zehnpunktekatalog reagiert.
Ich möchte einige Punkte stichwortartig nennen.

Wir werden erstens das komplette Melde- und Kon-
trollsystem zwischen den Ländern und dem Bund, aber
auch auf europäischer Ebene auf den Prüfstand stellen
und mit neuen Ansätzen zu wesentlichen Verbesserun-
gen beitragen.

Ich möchte an dieser Stelle sagen: In einer globalisier-
ten Welt, in der wir offene Märkte auch für Lebensmittel
propagieren – Stichwort WTO –, wird die Frage, wie wir
diese offenen Märkte für den Verbraucher nachvollzieh-
bar kontrollieren und ihm Sicherheit geben, eine immer
höhere Bedeutung bekommen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir werden zweitens als Reaktion auf diesen aktuel-
len Skandal den Gewerbezugang zukünftig verschärfen.
Das zielt auf diejenigen, die beispielsweise am Fleisch-
markt, mit dem Laptop in Appartements zurückgezogen,
auf kriminelle Weise agieren und damit eine gesamte
Branche in Verruf bringen. Es geht darum, diese krimi-
nellen Subjekte aus dem Markt zu drängen. Deshalb
werden wir die Regelungen hinsichtlich des Gewerbezu-
gangs für Personen, die mit Lebensmitteln zu tun haben,
verschärfen.

Ein dritter Punkt ist die Rückverfolgbarkeit der
Produkte. Wir streben in einem bundesweiten Modell-
versuch eine bessere Vernetzung der Systeme der staatli-
chen Kontrolle auf kommunaler Ebene und Länderebene
mit der Bundesebene und eine Vernetzung der staatli-
chen Systeme mit den Eigenkontrollsystemen des Han-
dels an. Wir freuen uns sehr, dass der Handel und die In-
dustrie auf diese Initiativen eingestiegen sind. Denn
effektiven Schutz können wir am besten nicht gegen die
Wirtschaft, sondern nur mit der Wirtschaft und mit dem
Handel organisieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Herr Loske, wir gehen gegen die Missstände konkret
und entschlossen vor. Dazu gehört viertens ein neues
Verbraucherinformationsgesetz, das die Rechte des
Verbrauchers stärkt. Wir gehen dieses Thema an; wir
wollen mehr Transparenz und mehr Offenheit. Daran
sind Verbraucher und Wirtschaft gleichermaßen interes-
siert. Wir freuen uns, dass auch die Wirtschaft dies im ei-
genen Interesse so sieht und deshalb offen und transpa-
rent dem Verbraucher gegenübertritt und dieses Gesetz
unterstützt. Wir machen hier keinen Schnellschuss, son-
dern wir werden Ihnen zu Beginn des Jahres einen abge-
stimmten und durchdachten Vorschlag unterbreiten.

Unser Verbraucherinformationsgesetz hat zwei we-
sentliche Bestandteile.

Erstens die Namensnennung. Zukünftig müssen
schwarze Schafe – beispielsweise solche, die beim
Fleischskandal in Erscheinung getreten sind – genannt
werden.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


ies ist zwar bisher schon möglich. Aber wir werden
ine Ergänzung der bestehenden Rechtslage vornehmen.
chwarze Schafe müssen zukünftig auch dann genannt
erden, wenn das Fleisch bereits auf den Markt gebracht
nd verbraucht ist. Es ist ja geradezu ein Paradoxon,
ass diejenigen belohnt werden, die ihr Fleisch schnell
m Markt unterbringen. Hier bedarf es natürlich einer
rgänzung. Wir erwarten uns von der Namensnennung
inen Druck auf die Wirtschaft, der zu einer Verbesse-
ung der Eingangs- und Eigenkontrollen der Industrie
ührt.

Zweitens. Mit dem Verbraucherinformationsgesetz
chaffen wir einen Paradigmenwechsel. Die Verbraucher
rhalten zukünftig einen Rechtsanspruch auf Akten-
insicht und einen Rechtsanspruch auf Behördenaus-
unft. Das ist, wie gesagt, ein Paradigmenwechsel im
ergleich zur aktuellen Rechtslage.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Wer bezahlt das?)


Die Grünen fordern darüber hinaus einen Anspruch
uf Auskunft gegenüber den Unternehmen. Man muss
ich das einmal vorstellen! Jeder Verbraucher soll ein
uskunftsrecht gegenüber den Unternehmen haben.
ir können so etwas realistischerweise national nicht

msetzen.


(Beifall der Abg. Ursula Heinen [CDU/CSU])


azu müsste es einen europäischen Ansatz geben. Es
ürde sich die Situation ergeben, dass große Handels-
etten die Wahrung dieses Auskunftsrechts noch garan-
ieren können. Aber die mittelständischen Betriebe wür-
en in arge Bedrängnis gebracht werden.

Die Grünen fordern in ihrem Gesetzentwurf weiterhin
inen Anspruch auf Information – ich musste mir das
otieren, weil ich es nicht glauben konnte – über allge-
eine Menschenrechtsanliegen, über Rechte von Kin-

ern in der Produktion. Sie haben mit Ihren Forderungen
atürlich den Rahmen der Realität verlassen. Sie erhe-
en Maximalforderungen und fallen in die Zeit von vor
ieben Jahren zurück, als Sie in der Opposition waren.
ie machen damit Schlagzeilenpolitik. Das haben Sie
ehr schnell wieder gelernt. Sie waren sieben Jahre in
er Verantwortung. Frau Künast hat fünf Jahre in dem
uständigen Ressort die Verantwortung getragen. Sie
atte Zeit, die Verbraucherrechte zu stärken. Deswegen
agt Herr Minister Seehofer sehr zu Recht: Das war
ymbolpolitik.


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr habt doch andauernd abgelehnt!)


ie haben kein Gesetz in das Gesetzgebungsblatt ge-
racht.


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil ihr im Bundesrat abgelehnt habt! Das grenzt doch an Verlogenheit! Das muss ich aber schon sagen!)


510 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


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Parl. Staatssekretär Dr. Gerd Müller
Wir werden das schaffen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir haben im Bundesrat, wie Sie eben angedeutet ha-
ben, diese Pläne, die das Ziel „Zurück zur Illusion“ hat-
ten, natürlich gestoppt. Wir gehen jetzt einen realisti-
schen Ansatz.


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gegen die Verbraucher!)


Sie haben fünf Jahre diskutiert und wir werden im Januar
einen Gesetzentwurf vorlegen,


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben fünf Jahre blockiert!)


der in den zwei von mir genannten Punkten einen realis-
tischen Ansatz und einen Quantensprung nach vorne in
der Stärkung der Verbraucherrechte mit sich bringt. Wir
werden diesen Ansatz in Abwägung der Interessen der
Wirtschaft und zur Stärkung der Verbraucher zusammen
mit den Bundesländern auf der Basis des Ergebnisses
des Vermittlungsausschusses einbringen. Alle sind dazu
eingeladen, zum Erfolg beizutragen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1600817300

Das Wort hat nun der Kollege Hans-Michael

Goldmann, FDP-Fraktion.


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt kommt die scharfe Stimme der Opposition!)



Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1600817400

Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kol-

legen! Lieber Clemens Bollen, herzlich willkommen an
deinem ersten wirklichen Arbeitstag heute hier im Ple-
num!

Heute las ich etwas sehr Schönes in einer großen
Handwerkszeitung. Ich las nämlich die Überschrift:
Beim Metzger gibt es kein Gammelfleisch. In Nord-
deutschland würde man sagen: im Fleischerfachge-
schäft. In Bayern sagt man eher: Beim Metzger gibt es
kein Gammelfleisch.


(Ursula Heinen [CDU/CSU]: Bei uns auch!)


Ich trage das deshalb vor, weil es mir sehr darum
geht, dass man in der Diskussion um dieses so genannte
Gammelfleisch ein bisschen differenzierter zu Werke
geht, dass man nicht generell von mafiösen Strukturen
spricht, sondern zwischen denjenigen unterscheidet, die
Böses bzw. Schlimmes getan haben, und denjenigen, die
sich in einem schwierigen Markt mit hoher Qualität nach
wie vor erfolgreich behaupten.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Ich meine, man sollte auch ein bisschen differenzie-
ren, wenn es darum geht, wie viele Fehlgriffe und Auf-

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(C (D älligkeiten bei Kontrollen festgestellt werden. Wissen ie, dass eine gesprungene Fliese eine Anmerkung beeutet, dass das Fehlen von Papierhandtüchern kritisiert ird? Wir müssen also schon etwas genauer hinschauen, enn wir die einzelnen Fälle fachlich betrachten. Ich ann nur dazu appellieren, zu Fachlichkeit und Sachlicheit bei diesem Thema zurückzukehren und von der ysterie, die in einigen Bereichen herrscht, wegzukomen. Insgesamt würde ich es sehr begrüßen, wenn der Beeich der Lebensmittelverarbeitung und gerade die leischbranche bei uns allen ein bisschen mehr und posi iver ins Bewusstsein rücken würden. Da ich selbst in iesem Bereich beruflich tätig war, kann ich sagen, dass iejenigen, die in diesem Bereich tätig sind, unter der iskriminierung, die ihnen in weiten Teilen der Gesell chaft entgegengebracht wird, sehr leiden. s gibt immer noch Leute, die glauben, dass die Erzieung schlecht gelaufen ist, wenn ein junger Mann den leischerberuf erlernen will. Ich denke, wenn wir insgeamt dafür sorgen, dass es mehr Anerkennung für den ert von guten Lebensmitteln gibt und der Fleischerbe uf, der Bäckerberuf und die Hotelund Gaststättenbeufe, also die Lebensmittel verarbeitenden Berufe insgeamt, in unserer Gesellschaft einen höheren Stellenwert aben, dann machen wir uns auf den richtigen Weg. Lassen Sie uns das etwas breiter anlegen! Lassen Sie ns gemeinsam dafür sorgen, dass zum Beispiel Fächer ie Ernährungslehre heute wieder in den Schulen und in er Gesellschaft insgesamt einen höheren Stellenwert ekommen. (Beifall bei der FDP – Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Thema!)


(Beifall bei der FDP)


(Zuruf von der SPD: Wohl wahr!)


Herr Loske, das steht in unmittelbarem Zusammen-
ang mit dem Verbraucherinformationsgesetz. Denn der-
enige, der kundig ist, braucht dieses Gesetz, das Sie hier
uf den Weg bringen wollen, nicht.

Es geht nämlich nicht darum, dass der Staat jedem
agt, worüber er sich informieren soll.


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Kann!)


s geht vielmehr darum, dass wir dafür sorgen, dass der
erbraucher überall dort, wo er sich aus eigener Kraft
icht informieren kann, an die entsprechende Informa-
ion kommt.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


eswegen sind wir für eine Deklaration – auch für eine
ifferenzierte – der Inhaltsstoffe; das ist überhaupt
eine Frage.

Aber wir sind entschieden dagegen, Herr Loske, dass
s so weitergeht wie bisher. Über Nacht – ich war da-
als im Vermittlungsausschuss dabei – sollte Ihr Ent-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 511


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Hans-Michael Goldmann
wurf eines Verbraucherinformationsgesetzes in das Fut-
termittel- und Lebensmittelgesetz hineinkommen.


(Ursula Heinen [CDU/CSU]: Ja, genau!)


So war es überhaupt nicht möglich, ihn differenziert zu
betrachten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Einem Verbraucherinformationsgesetz, das dem Ver-
braucher die Chance gibt, sich zu informieren, und der
Wirtschaft, mit diesem Thema fair umzugehen, stehen
wir offen gegenüber. Wir werden im Rahmen des Ge-
setzgebungsverfahrens eine Anhörung verlangen. Dabei
werden wir eine außerordentlich konstruktive Rolle ein-
nehmen. Da brauchen Sie sich überhaupt keine Gedan-
ken zu machen.

Es ist keine Frage, dass Gammelfleisch auf dem
Markt nichts zu suchen hat; darüber brauchen wir uns
nicht zu streiten. Herr Staatssekretär, Sie haben hier das
Zehnpunkteprogramm von Herrn Seehofer genannt.
Generell wird damit die richtige Richtung verfolgt. Ich
bitte aber darum, hier noch einmal sehr genau hinzu-
schauen. Ich bin für ein Frühwarnsystem und für die
Rückverfolgbarkeit gerade im Bereich des Kategorie-3-
Materials. Ich bin für eine Verzahnung von staatlichen
und privaten Qualitätssicherungssystemen. Ich bin für
eine Informationspflicht und – das steht in unseren Presse-
mitteilungen und das mache ich auch in Gesprächen mit
der Fleischwirtschaft deutlich – für einen Ehrenkodex in
dieser Branche.


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Noch einer!)


– Ja, noch einer. Ich will keinen Vergleich zum Altbun-
deskanzler ziehen, wie es der Kollege von der Linken
heute Morgen gemacht hat.

Ich glaube, dass wir uns von der Vorstellung verab-
schieden müssen, diesen Bereich durch Gesetze so kon-
trollieren zu können, dass – ich will mich einmal so aus-
drücken – Drecksäcke in diesem Markt keine Chance
haben. Wir müssen vielmehr dafür sorgen, dass diejeni-
gen, die qualitätsorientiert arbeiten, jene outen, die die-
sen Bereich kaputtmachen. Die wenigen schwarzen
Schafe müssen an den Pranger gestellt werden und durch
Berufsverbot aus dem Markt verschwinden. Durch ein
solch klares Vorgehen können wir dafür sorgen, dass die
Qualität des Marktes nach außen sichtbar gemacht wird.
Außerdem hängen an diesem Markt unendlich viele Ar-
beitsplätze in Deutschland, die wir gewahrt wissen wol-
len.


(Beifall bei der FDP)


Wir setzen auf Fachlichkeit statt auf Populismus.

Nun zum Thema Namensnennung. Es ist ganz sim-
pel: Die Namensnennung ist schon heute möglich, wenn
gesundheitliche Gefahr im Verzug ist. Jeder, der ein biss-
chen Ahnung hat, weiß, dass damals die Firma
Coppenrath & Wiese genannt worden ist. Lassen Sie uns
also keinen Popanz über Neues aufbauen! Lassen Sie
uns erst einmal die gegebenen Möglichkeiten nutzen!
Lassen Sie uns die Kontrollsysteme verbessern! Wirken

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(C (D ir darauf hin, dass die Länder und die Kommunen die ebensmittelkontrollen verstärken und dass die Koordiation zwischen den Behörden verbessert wird! Herr Dr. Müller – ich würde auch den neuen Minister nsprechen, wenn er hier wäre –, was Bayern in diesem unkt geleistet hat, war wirklich ein Paradebeispiel für ehlverhalten von Behörden und örtlichen Ministern. er behauptet, dass die Staatsanwaltschaft keine Pflicht ur Information und zur Bekämpfung solcher Misstände hat, der ist schlicht auf dem falschen Trip. Wir sollten hier viel Gemeinsamkeit entwickeln, um en Problemen zu begegnen. Wir sind bereit, ein verünftiges Verbraucherinformationsgesetz qualifiziert zu egleiten. Dann werden wir – dessen bin ich mir sicher – u einem guten Ergebnis kommen. Herzlichen Dank. Das Wort hat nun die Kollegin Elvira Drobinski-Weiß on der SPD-Fraktion. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und ollegen! „Kleine Schweinerei gefällig?“, so lautete ein erbeslogan, der den Verbraucherinnen und Verbrau hern Appetit auf Schweinefleisch machen sollte. Die roße Schweinerei, die uns seit einigen Monaten bechäftigt, droht allerdings so manchem die Lust auf leisch zu versauen. Wenn nach dem Motto „Aus Alt mach Neu“ verdorenes Fleisch umetikettiert und mit neuem Haltbarkeitsatum versehen wird, wenn Schlachtabfälle wie Haut, aare und Innereien zu lebensmitteltauglichem Fleisch mdeklariert werden, wenn schmierige, schimmelige urst abgewaschen und mit Öl eingerieben wieder als rischwurst an der Ladentheke angeboten wird, dann ist as nicht nur eklig, sondern im schlimmsten Fall geundheitsgefährdend und in jedem Fall kriminell. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1600817500
Elvira Drobinski-Weiß (SPD):
Rede ID: ID1600817600

ls kriminelle Tat müssen solche Vorfälle mit aller Härte
eahndet werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Die These „Geiz gebiert Gammel“ ist da zu hören.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ach Quatsch!)


as klingt nach einem Zweiklassenlebensmittelsortiment
nd danach, dass diejenigen, die zum Billigangebot grei-
en, selber schuld seien. Aber es kann nicht sein, dass den
erbraucherinnen und Verbrauchern die Verantwortung

ür solche Machenschaften zugeschoben wird. Sie müs-
en davon ausgehen können, dass alle Lebensmittel

512 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


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Elvira Drobinski-Weiß
– egal zu welchem Preis sie angeboten werden – den ge-
setzlichen Standards entsprechen und weder gesundheit-
lich bedenklich noch ekelerregend sind.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Richtig!)


Doch weniger das Kaufverhalten der Verbraucher als
vielmehr die hemmungslose Profitgier einzelner Anbie-
ter schafft die Anreize für solchen Betrug. Da werden
Produkte zu Preisen angeboten, zu denen sie nicht er-
zeugt werden können. Da werden die Entsorgungskosten
für Abfälle gespart, indem die Abfälle zu Lebensmitteln
umdeklariert und verkauft werden. „Gammel ist geil“,


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Um Gottes willen!)


wenn er sich zweimal rechnet: durch Einsparung der
Entsorgungskosten und durch Profit beim Verkauf. – Ich
weiß nicht, was der liebe Gott damit zu tun hat, Herr
Kollege Goldmann.

Der Gammelfleischskandal zeigt auch: „Billig“ kann
etwas völlig anderes als „preiswert“ sein. Verdorbene
Lebensmittel sind ihren Preis nicht wert. Wir wollen den
aufgeklärten Verbraucher, der Zugang zu der Informa-
tion hat, ob ein Produkt seinen Preis wert ist.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Um solche Skandale zu verhindern, brauchen wir ein
umfassendes, eigenständiges Verbraucherinformations-
gesetz, das die Befugnis der Behörden zur Information
der Öffentlichkeit erweitert. Es reicht nicht aus, wenn
die Namen der in solche Skandale verwickelten Unter-
nehmen nur dann genannt werden dürfen, wenn die Ware
noch in den Verzehr kommen könnte.

Wir brauchen ein Verbraucherinformationsgesetz, das
für Verbraucherinnen und Verbraucher die Möglichkeit
schafft, an die bei den Behörden vorliegenden Informa-
tionen über Verstöße zu kommen. Denn das sorgt für
Vertrauen und Transparenz. Das versetzt Verbraucher
in die Lage, bewusste Kaufentscheidungen zu treffen
und sich vor zweifelhaften Angeboten zu schützen. Das
hat eine abschreckende Wirkung auf Verantwortungs-
lose, die aus Profitgier die Standards unterlaufen; denn
solche Machenschaften können nur im Dunkeln gedei-
hen.

Ein solches Verbraucherinformationsgesetz liegt auch
im Interesse der Wirtschaft; denn es hilft den korrekt und
verantwortlich handelnden Unternehmen – und das ist
Gott sei Dank immer noch die große Mehrheit –, sich ge-
gen eine kleine, kriminelle Minderheit durchzusetzen
und sie vom Markt zu drängen. Deshalb sollten auch die
bei der Wirtschaft selbst vorliegenden Informationen
den Verbraucherinnen und Verbrauchern zugänglich ge-
macht werden, damit nicht eine ganze Branche unge-
rechtfertigt in Verdacht gerät und unter solchen Skanda-
len leiden muss.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Sehr geehrten Damen und Herren, andere Länder sind
in diesem Punkt schon weiter. In den USA zum Beispiel

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(C (D eröffentlicht die FDA – das ist die Food and Drug Adinistration – solche Informationen mit Produktund irmennamen im Internet, also für jeden zugänglich. Wir könnten ein Verbraucherinformationsgesetz ängst haben. Wer hier mit datenschutzrechtlichen edenken argumentiert, muss sich die Ungleichbehand ung von Firmendaten und privaten Daten vorwerfen lasen. Wenn Händler zum Beispiel über Kundenkarten mfangreiche Daten über ihre Abnehmer sammeln düren, warum sollen die Kunden dann kein Recht auf Inormation über Herkunft und Qualität der Produkte haen? (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Weil die Kunden vorher zugestimmt haben!)


Herr Staatssekretär, das Verbraucherinformationsge-
etz ist zwar nicht die Erfindung von Herrn Minister
eehofer, aber wir sind froh darüber, dass Sie sich eine
ute Idee zu Eigen machen. Ich versichere Ihnen: Sie ha-
en unsere volle Unterstützung.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Der Fleischskandal sorgt für Handlungsdruck. Ihr an-
ekündigter und in den Medien breit diskutierter Maß-
ahmenkatalog hat eine hohe Erwartungshaltung in der
evölkerung erzeugt. Wir werden gemeinsam dafür sor-
en, dass den Ankündigungen auch Taten folgen. Die
erbraucherinnen und Verbraucher haben ein Recht da-

auf und unsere politische Glaubwürdigkeit verlangt es,
ass wir gemeinsam alle Möglichkeiten nutzen, um Ver-
töße zu verhindern und gewissenlosen Betrügern das
andwerk zu legen.

Dazu gehört auch: Mehr Abschreckung durch harte
nd konsequente Verfolgung von Verstößen gegen le-
ensmittelrechtliche und futtermittelrechtliche Bestim-
ungen. Solche Verstöße sind keine Kavaliersdelikte,

ondern kriminell. Kein Verkauf unter Einstandspreis;
enn wenn standardgemäße Produktion Verluste verur-
acht, werden seriöse Anbieter vom Markt verdrängt und
hre Existenz wird gefährdet. Mehr Transparenz und
ückverfolgbarkeit, auch bei Schlachtabfällen. Verbes-

erung bei den Kontrollen und eine bessere länderüber-
reifende Koordinierung.

Sehr geehrte Damen und Herren, im Ernährungsbe-
eich darf es null Toleranz für Schlampereien und Betrug
eben. So wie die BSE-Krise werden wir auch diesen
ammelfleischskandal nutzen, um für mehr Transparenz
nd Sicherheit für die Verbraucherinnen und Verbrau-
her zu sorgen. Mit dem Spruch „Der Kunde ist König“
ird in der Wirtschaft gern geworben. Auch in der Ver-
raucherpolitik wollen wir den Kunden, den Verbrau-
her, an oberster Stelle. Der Schutz der Verbraucher
uss Priorität haben, auch vor wirtschaftlichen Interes-

en.

Beim Verbraucherinformationsgesetz können wir ge-
einsam zeigen, dass es uns damit Ernst ist. Ich bitte um
ustimmung für unseren Antrag.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 513


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Elvira Drobinski-Weiß
Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1600817700

Das Wort hat die Kollegin Frau Dr. Kirsten

Tackmann, Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1600817800

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin-

nen und Kollegen! Ich glaube, es wird höchste Zeit, dass
sich der Bundestag mal wieder mit dem Verbraucher-
informationsgesetz beschäftigt. Als Fraktion Die Linke
begrüßen wir selbstverständlich alle Initiativen, die den
berechtigten Interessen von Verbraucherinnen und Ver-
brauchern dienen. Das Verbraucherinformationsgesetz
gehört dazu.

Angesichts der hektischen Betriebsamkeit sei jedoch
daran erinnert, dass der Bundestag bereits 2002 und
2005 Gesetzesinitiativen beschlossen hat, die aber im
Bundesrat gescheitert sind. Für den Streit, wer wann wie
und warum wen blockiert hat, haben Menschen außer-
halb dieses Parlaments wenig Verständnis. Sie sehen das
als ein Kapitel des kollektiven Versagens.


(Beifall bei der LINKEN)


Der immer geringere Zeitabstand zwischen den Le-
bensmittelskandalen erzwingt nun den Neuanfang mit
neu gemischten politischen Karten. Das wird sehr span-
nend; denn bislang lagen die Positionen der neuen Koali-
tionäre bei diesem Thema weit auseinander, wie auch
dem Plenarprotokoll vom Juni 2005 zu entnehmen ist.

Dem angekündigten Gesetzentwurf der Koalition se-
hen wir daher mit Skepsis entgegen. Wir werden sehen,
welche Ideen aus dem rot-grünen Projekt überlebt ha-
ben. Die Einbeziehung der Erfahrung und des Sachver-
stands der Verbraucherschutzorganisationen in den Ent-
scheidungsprozess halten wir für unverzichtbar.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Unsere Forderung ist ein verlässliches, leicht und
ohne finanzielle Hürden zugängliches, transparentes
Informationssystem. Das hätte sicherlich auch die ge-
wollte disziplinierende Wirkung. Das ist aber nur ein
Teil der Lösung und kein Ersatz für wirkliche Präven-
tionskonzepte. Dazu müssen die wirklichen Ursachen
dieser Skandale offen benannt werden: der ruinöse Wett-
bewerb kurzfristig gedachter Kapitalverwertungsinte-
ressen. Wenn Entsorgung von Gammelfleisch über den
menschlichen Magen günstiger ist als über die Deponie,
dann kann in diesem System etwas nicht richtig sein.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist wohl wahr!)


Der Gesetzgeber hat einen klaren Handlungsauftrag
zur Sicherung der Interessen der Gesellschaft. Es muss

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(C (D eprüft werden, ob nicht mit einigen Entscheidungen ein ektor der Halblegalität geschaffen wurde, in dem der eg zur Illegalität sehr kurz geworden ist. Ein aufgabenorientiertes Informationssystem setzt ine klare, eindeutige Definition voraus, welche Inforationen verbraucherrelevant sind. Diffuse Datensamm ungen können schnell zum Datenfriedhof werden. Es ist ehr verwunderlich, dass es diesbezüglich noch kein andlungskonzept gibt; denn mit dem BVL und dem fR wurden nach dem BSE-Skandal zwei Bundesbehören völlig neu geschaffen, die sich explizit mit Fragen er Lebensmittelsicherheit beschäftigen sollen. Aber auch in andere Richtungen müssen wir neu denen. Es ist doch gruselig, was heute so alles, mit und hne Kennzeichnung, in Lebensmittel eingemischt wird. ie Allergiker wissen, wovon ich rede. Sowohl bundesweit koordinierte hoheitliche als auch nabhängige Eigenkontrollsysteme sind erforderlich nd sie müssen dringend vernetzt werden. Konsequente anktionsund Handlungsregelungen machen die Kon rollen aber überhaupt erst sinnvoll. Die private Wirtchaft darf nicht aus der Verantwortung entlassen erden. Aber mittlerweile gibt es auch solche Qualitäts icherungssysteme, die die von uns geforderten Transpaenzkriterien vom Stall bis zur Theke erfüllen. Auch eine ntsprechende Zertifizierung kann die Kaufentscheidung rleichtern, wenn sie verlässlich und transparent ist. Über unsere beiden Regierungsbeteiligungen in Berin und Mecklenburg-Vorpommern werden wir im Bunesrat selbstverständlich vernünftige Vorlagen unterstüten. Hier kann man zu guten Lösungen kommen. Danke schön. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1600817900

Das Wort hat nun die Kollegin Ursula Heinen von der

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Ursula Heinen (CDU):
Rede ID: ID1600818000

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol-

egen! Machen wir uns doch nichts vor: Wenn man den
esetzentwurf liest, den die Grünen eingebracht haben,
ann denkt man, man lebt auf einem anderen Stern. Die
ealität wird komplett ausgeblendet, ökonomische Ge-
ebenheiten werden ignoriert und die Unternehmen wer-
en per se an den Pranger gestellt. Ich möchte Ihnen
erne aus einer Pressemitteilung der Grünen vorlesen,


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh ja! – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Liest du deren Pressemitteilungen etwa?)


n der das abschließend deutlich wird.


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ja, bitte!)


514 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



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Ursula Heinen
Dort heißt es:

Wir bringen den Gesetzentwurf ein, um den Bür-
gern zu mehr Rechten zu verhelfen und ihre Abhän-
gigkeit gegenüber Unternehmen … zu verringern.


(Zuruf von der CDU/CSU: Unglaublich!)


Ich bin Volkswirtin und habe gelernt, dass Unterneh-
men ihre Produkte dann verkaufen können, wenn sie gut
und in Ordnung sind.


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ich sage nur: Gammelfleisch!)


Das gilt für die große Mehrheit der Unternehmen in
Deutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Es ist nicht so, dass die Unternehmen das Ziel haben, die
Menschen zu betrügen.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber das ist doch ein bisschen reichlich naiv! Wir wollen die Bürger schützen!)


Die Unternehmen wollen ihre Produkte verkaufen. Das
schaffen sie aber nur, wenn sie sich vernünftig verhalten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Der Versuch, den Sie jetzt unternehmen, ist nicht neu.
Schon im Jahr 2001 haben Sie diese Forderungen in ei-
nem Eckpunktepapier erhoben, konnten diese aber nicht
einmal in Ihrem eigenen rot-grünen Kabinett durchset-
zen. Heute müssen wir sagen: Wir loben die Kollegen
von der SPD, die diese abstrusen Vorstellungen, wie Sie
sie niedergeschrieben haben und jetzt wieder verkünden,
gestoppt haben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Herr Loske, diese Forderungen haben Sie in der
Folgezeit nicht mehr aufgestellt. Sie haben Recht, wenn
Sie sagen, dass wir schon mehrfach über das Verbrau-
cherinformationsgesetz debattiert haben. Als Gerda
Hasselfeldt als stellvertretende Vorsitzende der CDU/
CSU-Fraktion für diesen Bereich zuständig war, haben
wir einen Antrag zu diesem Thema eingebracht; auch
damals haben wir darüber diskutiert. Aber Sie haben
Ihre Forderungen nicht mehr eingebracht. Auch im Rah-
men der von Michael Goldmann zitierten Nacht-und-Ne-
bel-Aktion haben Sie Ihre Forderungen nicht mehr erho-
ben, sondern Sie haben sich genau so geäußert, wie es
Staatssekretär Müller vorhin getan hat.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Genau!)


Sie hatten überhaupt keine anderen Ideen. Das, was Sie
hier machen, ist absolut scheinheilig, Herr Loske!


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Sie wissen auch, warum das, was Sie hier tun, schein-
heilig ist. Der Inhalt Ihres Gesetzentwurfs ging viel zu
weit. Er ist in der Realität nicht umsetzbar.

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(C (D (Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Damals habt ihr das doch abgelehnt! – Gegenruf des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP]: Du warst doch gar nicht dabei! Jetzt ärgerst du dich ganz allein!)


er Begriff „Verbraucherinformation“ – das ist schon
ngesprochen worden – soll, wenn es nach Ihnen geht,
elange des Tierschutzes, der Menschenrechte, Kinder-
rbeit etc. umfassen. Anstatt sich um die Verbesserung
er Situation im Lebensmittelbereich zu kümmern, über-
öhen Sie das Thema Verbraucherinformation noch zu-
ätzlich durch Ihre Ideologie.


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kinderarbeit ist doch keine Ideologie! Was ist denn daran Ideologie?)


as ist nicht machbar. Der Anspruch auf Information,
en Sie fordern, ist überhaupt nicht durchsetzbar. Ich
ade Sie ganz herzlich ein – das können wir nächste Wo-
he, noch vor Weihnachten, machen –, gemeinsam mit
ir in der Kölner Innenstadt die kleinen Metzgereibe-

riebe anzuschauen. Wir können auch eine kleine Milch-
enossenschaft besuchen. Spätestens dann werden wir
issen, ob sie in der Lage sind, Ihren wahnsinnigen Aus-
unftsansprüchen Rechnung zu tragen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich kann Ihnen die Antwort auf diese Frage aber
chon jetzt geben. Wie soll das funktionieren? Das kön-
en sie nicht leisten.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Genau! Die machen dicht! Die brechen unter den Kosten zusammen! Das können die sich gar nicht leisten!)


hre etwas vage Formulierung hilft den Unternehmen
icht. Wenn jemand von einem kleinen Metzgereibetrieb
anz genaue Auskünfte haben möchte, funktioniert das
infach nicht. Aber wir beide können gerne einen Ter-
in dafür ausmachen und das nächste Woche einmal

usprobieren.


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe nächste Woche leider schon etwas anderes vor!)


Wenn wir uns damit befassen, Auskunftsansprüche
egenüber Unternehmen einzuführen, können wir das
och nicht in Deutschland im Alleingang machen. Wir
eben doch hier nicht auf einer Insel der Glückseligkeit!

ir können uns es nicht leisten, immer wieder mit irgen-
etwas vorzupreschen. Wenn, müssen wir uns auf euro-
äischer Ebene darüber unterhalten. Aber da frage ich
ie von den Grünen, die Sie fünf Jahre lang die Ressort-
erantwortung dafür hatten: Haben Sie in diesen fünf
ahren dazu irgendeine Initiative auf europäischer Ebene
estartet?


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Aber natürlich!)


ein, kein einziges Mal haben Sie das Thema „bessere
erbraucherinformation“ auf europäischer Ebene einge-
racht.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 515


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Ursula Heinen

(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht! Das ist einfach falsch! – Gegenruf des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP]: Was meinen Sie, warum Frau Höhn heute in Hongkong ist?)


Doch jetzt fordern Sie hier Gott weiß was!

Und um sozusagen das i-Tüpfelchen draufzusetzen,
fordern Sie einen Bundesbeauftragten für den Zugang
zu Verbraucherinformationen. Das ist noch das Aller-
beste! Da bin ich ja der Kollegin von der Linken fast
dankbar, dass sie auf die ganzen Ämter und Behörden
aufmerksam gemacht hat, die es für diesen Bereich be-
reits gibt, beispielsweise das Bundesamt für Verbrau-
cherschutz. Damit nicht genug: Auch jedes Bundesland
muss, wie in Ihrem Gesetzentwurf steht, einen eigenen
Beauftragten für den Zugang zu Verbraucherinforma-
tionen benennen. Haben Sie sich einmal mit den Bun-
desländern darüber unterhalten, wie viele Leute sie oh-
nehin abstellen müssen, wenn wir diesen Anspruch auf
Information einführen? Das wird alles gar nicht so ein-
fach sein; das lässt sich nicht aus dem hohlen Bauch ma-
chen oder aus der Portokasse finanzieren. Anstatt hier ei-
nen zusätzlichen Beauftragten zu fordern, sollten Sie
sich ein Beispiel daran nehmen, wie wir von der CDU/
FDP-Regierung in Nordrhein-Westfalen gerade einen
Beitrag zum Bürokratieabbau leisten: indem wir das Be-
auftragtenunwesen deutlich zurückfahren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir werden in der Tat eine bessere Regelung zur Ver-
braucherinformation schaffen. Aber – und das ist der
Unterschied – wir werden es durchdacht machen, in Ab-
sprache mit den betroffenen Verbänden, mit denen es
selbstverständlich eine Anhörung geben wird. Unsere
Regelung wird das Problem an der Wurzel packen und
den Verbraucherinnen und Verbrauchern die Möglichkeit
geben, sich bei den Behörden – da gehört es hin! – ver-
nünftig zu informieren über alle Fragen, die das Lebens-
mittel selbst betreffen, aber nicht auch noch über die
zahlreichen weltanschaulichen Fragen, die Ihnen vor-
schweben.

In diesem Sinne werbe ich für unseren Antrag, in dem
wir auch unsere Unterstützung für ein Verbraucherinfor-
mationsgesetz erklären. Ich denke, dass wir im neuen
Jahr vernünftige Beratungen darüber haben werden, und
freue mich auf die neuerliche Diskussion über ein ver-
nünftiges, durchdachtes Verbraucherinformationsgesetz.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und bei der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1600818100

Das Wort hat nun die Kollegin Waltraud Wolff, SPD-

Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Waltraud Wolff (SPD):
Rede ID: ID1600818200

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Als vorhin meine Kollegin Elvira Drobinski-

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(C (D eiß gesprochen hat, habe ich das Raunen bemerkt: an solle vielleicht lieber nicht über Ekelfleisch reden, on schmierig und schimmlig, und besser verschweigen, ass Haut und Haare beigemischt wurden. Aber das geört dazu, liebe Kolleginnen und Kollegen! Denn genau as zeigt uns doch, dass ein umfassendes Verbrauchernformationsgesetz sowohl dringend notwendig (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ls auch überfällig ist. Herr Loske, ich will auch in Ihre
ichtung einmal sagen: Wir haben nicht vergessen, was
ir in sieben Jahren gemacht haben. Auch die neue Bun-
esregierung will diesen Weg weitergehen – es gibt
eine Geschichtsklitterung. Aber das, was Sie jetzt be-
reiben, ist auch nicht ganz lauter.


(Zuruf von der SPD: Das stimmt allerdings!)


nd, wie gesagt: Das Gesetz ist seit Jahren in der Pipe-
ine. Es kann nicht angehen, dass Verbraucherinnen und
erbraucher das Gefühl haben, dass sie fürs Falschpar-
en sofort ein Knöllchen bekommen, während Men-
chen, die mit erheblicher krimineller Energie Abfälle
ls Lebensmittel verhökern, ungeschoren davonkommen
ollen.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das ist doch gar nicht so! Das stimmt doch gar nicht!)


as muss anders werden.

Ich bin Herrn Minister Seehofer für seine klaren
orte und für sein konsequentes Vorgehen dankbar. Wir

nterstützen ausdrücklich den Maßnahmenkatalog der
undesregierung.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


ir alle, auch die Zuschauer oben auf der Tribüne, ha-
en das Recht darauf, zu wissen, ob zwischen dem, was
rin ist, und dem, was drauf steht, Unterschiede beste-
en;


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Selbstverständlich! Das ist schon jetzt der Fall!)


enn es geht schließlich um unsere Gesundheit. Verbrau-
herinnen und Verbraucher dürfen nicht betrogen wer-
en.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das ist Täuschung! Das ist schon jetzt strafbar!)


Meine Damen und Herren, die Fraktion der Grünen
at auf die Schnelle einen Gesetzentwurf vorgelegt oder,
esser gesagt, aus der Schublade gezogen. Vom Ansatz
er ist er richtig. Sicherlich brauchen wir mehr und bes-
ere Informationen für die Verbraucher, aber im Detail
ffenbaren sich Schwächen; meine Kollegin Heinen hat
chon darauf hingewiesen. „Opposition macht frei“, da-
ür habe ich Verständnis.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Und Koalition fesselt?)


516 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



(B) )


Waltraud Wolff (Wolmirstedt)

Wenn aber die Gesetzentwürfe, die wir gemeinsam auf
den Weg gebracht haben, nicht mehr als Grundlage die-
nen, sondern Sie viel weiter zurückgehen,


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir machen Grün pur, ist doch klar! Meinst du, wir bringen Rot-Grün ein? – Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


dann ist das unlauter. Für die Menschen draußen im
Land, die genau wissen, dass solche Gesetze nicht be-
schlossen werden können, ist das Augenwischerei. Die
Wünsche des Katalogs, den Sie aufgestellt haben, sind
nicht zu erfüllen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie, warum! – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das ist euer altes Gesetz!)


Wir brauchen ein praktikables Konzept, das zusammen
mit den Ländern zügig umgesetzt werden kann. Eine
weitere Bauchlandung mit einem Verbraucherinforma-
tionsgesetz können wir uns nicht leisten. Die Menschen
erwarten endlich einen Erfolg, nämlich ein Gesetz, das
ihrem Informationsanspruch gerecht wird.


(Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Gammelfleisch verhindert!)


Die Bundesregierung hat bereits Gespräche mit den
Ländern und der Fleischwirtschaft geführt und wird ei-
nen Entwurf vorlegen. Ich nehme an, Herr Staatssekre-
tär, dass das in der nächsten Zeit geschehen wird. Das
Gesetz muss – das wissen wir alle; das ist in dieser De-
batte ganz breit diskutiert worden – einen umfassenden
Informationsanspruch der Verbraucher gegenüber
den Behörden bieten.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Gegen Bezahlung!)


Auf Nachfrage müssen Auskünfte erteilt und Ross und
Reiter genannt werden. Aber nicht nur das. Die Behör-
den müssen Informationen auch aktiv an die Öffentlich-
keit weitergeben, sodass schwarze Schafe sich nicht
mehr verstecken können. Riesenschweinereien dürfen
nicht durch fehlende Information gedeckt werden. Das
wird in Zukunft anders.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ich glaube, in diesem Punkt sind wir uns alle einig.

Wir haben in der Vergangenheit über den Weg zu
mehr Information und zu mehr Transparenz gestritten.
Wir haben verschiedene Gesetzentwürfe beraten. Die
Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten nun von
uns entschlossenes Handeln und Taten. Lassen Sie uns
an dieser Stelle weitermachen und nicht in der Vergan-
genheit grasen. Helfen Sie mit, dass wir ein vernünftiges
Verbraucherinformationsgesetz auf den Weg bringen!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gerade der
Fleischskandal macht wieder einmal mehr deutlich,
dass Markttransparenz nutzt, und zwar allen. Märkte, die

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(C (D usammenbrechen, bedeuten für die Verbraucher Verrauensverlust, für die Unternehmer Imageund Finanzerlust und für die Beschäftigten Arbeitsplatzverlust. as will niemand. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Natürlich nicht!)


Keiner meiner Vorredner ist auf die guten Beispiele
ingegangen. Ich möchte an die Firma Hipp erinnern. Ei-
er ihrer Lieferanten von Putenfleisch für Kindernah-
ung hatte Selbstanzeige erstattet, als bemerkt wurde,
ass etwas nicht stimmte. Anschließend erfolgte ein
anz transparentes Verfahren.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Wie ging das denn ohne Gesetz?)


In der letzten Woche war ich in meinem Wahlkreis
nterwegs und habe die Zerbster Fleisch- und Wurstwa-
enfabrik besucht. Diesen Namen sage ich gerne. Dieses
nternehmen hat nämlich keine Angst vor Transparenz,
at keine Angst, Auskünfte zu erteilen. Denn diese
irma wünscht sich, dass auf diesem Weg den Unholden
as Handwerk gelegt wird.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – HansMichael Goldmann [FDP]: Richtig!)


orrekt arbeitende Unternehmen müssen sich schützen
önnen. Schwarze Schafe gehören an den Pranger; denn
ie schaden der gesamten Branche.

Natürlich brauchen wir auch mehr Aufklärung bei
en Verbrauchern und Verbraucherinnen und auch eine
erstärkte Bewusstseinsschulung. Das ist uns allen ja
lar.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Richtig!)


ie Wertigkeit der Lebensmittel ist in Deutschland nicht
o, wie wir sie uns wünschen. Deutsche geben mit rund
5 Prozent ihres Einkommens nur die Hälfte von dem
ür Essen und Trinken aus, was zum Beispiel Franzosen
nd Italienern ihre Nahrungsmittel wert sind. Das zeigt
iesen Mangel an Bewusstsein, der bei uns vorherrscht.
eshalb ist es wichtig, auch an diesen Punkten zu arbei-

en.

Mein Fazit lautet:

Erstens. Ein Mehr an Informationen für die Verbrau-
her ist dringend erforderlich.

Zweitens. Gemeinsam mit der CDU/CSU werden wir
n naher Zukunft ein mit den Ländern abgestimmtes Ver-
raucherinformationsgesetz vorlegen, mit dem hoffent-
ich alle, auch die Wirtschaft, leben können.

Danke.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Hans-Michael Goldmann [FDP]: „Hoffentlich alle“?)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1600818300

Ich schließe die Aussprache.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 517


(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 16/199 und 16/195 an die in der Tages-
ordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind
Sie damit einverstanden? – Das ist offensichtlich der
Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 11:

– Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
über den Ausgleich von Arbeitgeberaufwen-
dungen und zur Änderung weiterer Gesetze

– Drucksache 16/39 –


(Erste Beratung 5. Sitzung)


– Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den
Arbeitgeberausgleich bei Fortzahlung des Ar-
beitsentgelts im Fall von Krankheit und Mut-
terschaft (Lohnfortzahlungsausgleichsgesetz)


– Drucksache 16/46 –


(Erste Beratung 5. Sitzung)


Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses
für Gesundheit (14. Ausschuss)


– Drucksache 16/243 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Peter Albach

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch dazu. Dann ist auch das so be-
schlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-
gin Mechthild Rawert von der SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Mechthild Rawert (SPD):
Rede ID: ID1600818400

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden
die Regelungen über die Umlageverfahren zum Aus-
gleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzah-
lungen und Mutterschaftsleistungen überarbeitet. Die
neuen Regelungen befinden sich künftig im eigenständi-
gen Gesetz über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwen-
dungen für Entgeltfortzahlung.

Wesentlicher Inhalt der Neuregelungen ist die Umset-
zung einer Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts. Das
Bundesverfassungsgericht hatte festgestellt, dass die An-
spruchsgrundlage für den Arbeitgeberzuschuss nach
dem Mutterschutzgesetz nicht mit dem Gleichstellungs-
auftrag des Grundgesetzes vereinbar ist. Der uns alle
bindende Art. 3 Abs. 2 im Grundgesetz lautet:

Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat
fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichbe-
rechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf
die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

Wir werden dies mit dem neuen Gesetz tun.

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(C (D Durch das bisherige Verfahren werden die Aufwenungen der Arbeitgeber bei Mutterschaft nur für Unterehmen mit weniger als 20 oder 30 Beschäftigten – je ach Satzung der Krankenkasse – ausgeglichen. Selbsterständlich erhalten auch die bei mittleren und großen nternehmen beschäftigten Frauen beim schließlich sehr rfreulichen Ereignis einer Mutterschaft Mutterschaftseld. Nach der augenblicklichen Gesetzeslage findet hier ber kein Ausgleich statt. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts esteht daher die Gefahr, dass mittlere und große Unterehmen Frauen im so genannten gebärfähigen Alter – Pi al Daumen also fast alle Frauen bis 40 Jahre – bei der instellung benachteiligen. Wer kennt aus der Praxis icht die zu Recht oder auch Unrecht geführten Diskusionen über den potenziellen Ausfall von Beschäftigten nd die damit verbundenen möglichen Kosten für den rbeitgeber? Schauen wir uns die Statistik an. In so genannten leinunternehmen bis 20 Beschäftigten arbeiten circa Millionen Männer und Frauen. Mit kleineren Abwei hungen in den alten bzw. neuen Bundesländern hält ich unter den sozialversicherungspflichtig Beschäftigen das Verhältnis zwischen Frauen und Männern so iemlich die Waage. Ganz anders sieht das Geschlechtererhältnis der Beschäftigten allerdings in den mittleren nd großen Unternehmen aus. Circa 25 Millionen Bechäftigte sind hier tätig, davon 15 Millionen Männer, ber nur 10 Millionen Frauen. Frauen müssen die gleihen Erwerbschancen haben wie Männer. Dies ist nicht ur verfassungsrechtlich geboten, sondern sowohl für ie einzelne Frau als auch für unsere Gesellschaft aus areitsmarktund sozialpolitischer Sicht zwingend. Noch etwas anderes wurde vom Bundesverfassungsericht herausgehoben. Diese 25 Millionen Beschäftigen sind nicht in das Ausgleichsund Umlageverfahren inbezogen. Zu deren Arbeitgebern gehören allerdings icht nur die so genannten produktionsorientierten Unernehmen, sondern auch Wohlfahrtsverbände und der ffentliche Dienst. Der Arbeitgeber hatte mit diesen ittleren und größeren Unternehmen wegen des so ge annten Verwaltungsaufwandes keinerlei Rückerstattung ereinbart. Aber diese vermeintlichen Praktikabilitätserägungen rechtfertigen das Risiko einer faktischen Disriminierung von Frauen keinesfalls, egal welche Branhe, ob öffentlicher Dienst, Wohlfahrtsverband oder ndustrie. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Im Übrigen gleichen sich bei größeren Betrieben die
öhe der Mutterschaftsleistungen und die Umlage lang-

ristig aus. Ein Kostenargument zählt also nicht. Aus-
rücklich hingewiesen wurde auf die Möglichkeit der
usweitung des Umlageverfahrens von Mutterschafts-

eistungen, das so genannte U-2-Verfahren, auf alle Ar-
eitgeber, und zwar unabhängig von der Beschäftigungs-
ahl. Hinzu kommt für uns, dass ein einheitliches

518 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



(B) )


Mechthild Rawert
Umlageverfahren, das nicht nach der Unternehmens-
größe unterscheidet, den Vorteil der Verbreiterung der
Beitragsbasis bietet.

Es gab Kritik. Die Arbeitgeber haben sich in der Ver-
gangenheit immer wieder auch im Rahmen der Anhö-
rungen zu diesem Gesetzentwurf grundsätzlich gegen
die Mutterschaftsleistungen gewandt und sich für eine
Finanzierung aus Steuermitteln ausgesprochen. Diese
Forderung ist nicht neu. Wir aber bleiben dabei, dass Ar-
beitgeber nicht aus ihrer Verantwortung für das Gemein-
wohl – dazu gehört der Schutz von Müttern und Kindern
auf jeden Fall – entlassen werden.

Die mit den Mutterschaftsleistungen verbundenen
Kosten dürfen auch von Verfassungs wegen grundsätz-
lich zwischen den Kostenträgern Bund, Krankenkassen
und Arbeitgebern aufgeteilt werden. Das bedeutet: Alle
Arbeitgeber sind in das Umlageverfahren einzubeziehen.
So kommentierte auch das Bundesverfassungsgericht
gegenüber der Presse seinen Beschluss wie folgt:

Trotz des gestiegenen Anteils der Arbeitgeberleis-
tungen überwiegen bei der gebotenen Gesamtbe-
trachtung die öffentlichen Leistungen für den
Schutz von Mutter und Kind bei weitem die Belas-
tungen der Arbeitgeber.

Der Staat ist verfassungsrechtlich also keineswegs ver-
pflichtet, die Kosten des Mutterschutzes alleine zu tra-
gen. Als Gesetzgeber nutzen wir daher bei der hier vor-
liegenden Umsetzung dieser sozialpolitischen Aufgabe
unseren weiten Gestaltungsspielraum.

Mit dem hier vorliegenden Gesetzentwurf werden al-
lerdings noch weitere Neuerungen erfolgen. Zusätzlich
zur Ausweitung des so genannten U-2-Verfahrens erfol-
gen Änderungen bei der Einbeziehung der Gruppe der
Angestellten in das Umlageverfahren zur Entgeltfort-
zahlung im Krankheitsfall. Dieses so genannte U-1-Ver-
fahren bezieht sich derzeitig nur auf die Gruppe der Ar-
beiterinnen und Arbeiter.

Das Entgeltfortzahlungsgesetz hatte die verfassungs-
rechtlich gebotene Gleichstellung von Arbeiterinnen und
Arbeitern sowie Angestellten bei der Entgeltfortzahlung
im Krankheitsfall bereits hergestellt. Es ist daher aus
Gleichbehandlungsgründen nur folgerichtig, auch die
Angestellten in den Ausgleich für die Entgeltfortzahlung
einzubeziehen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


In dem vorliegenden Gesetzentwurf wird auch noch
ein dritter Bereich geregelt. In beide Umlageverfahren
– das Umlageverfahren für die Entgeltfortzahlung im
Krankheitsfall, „U1“, wie auch in das Umlageverfahren
für Mutterschaftsleistungen, „U2“ – werden nun auch
die Ersatz- und Betriebskrankenkassen einbezogen.
Die Umlageverfahren werden künftig von allen Kran-
kenkassen mit Ausnahme der landwirtschaftlichen Kran-
kenkassen durchgeführt. Denn die Beschränkung auf die
derzeit im Gesetz aufgeführten Kassenarten ist mit den
seit 1996 bestehenden Wahlrechten der Versicherten und

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(C (D em Kassenwettbewerb nicht mehr vereinbar. Diese Reelungen wurden auch seitens der Arbeitgeber begrüßt. Das vorliegende Gesetzesvorhaben ist wichtig und rängend. Zum einen wird sichergestellt, dass Mütter uch ab dem 1. Januar 2006 den Zuschuss zum Mutterchaftsgeld in vollem Umfang von ihren Arbeitgebern nd Arbeitgeberinnen erhalten. Zum anderen wird die urch das Bundesverfassungsgericht festgestellte Gefahr iner Diskriminierung von Frauen bei der Einstellung in ittleren und großen Unternehmen zumindest auf ge etzlicher Ebene beseitigt. Ich gehe davon aus, wir alle erden das Unsrige tun, damit dies auch in der Praxis erwirklicht wird. Zum Dritten werden die Umlageverfahren, die derzeit och im Lohnfortzahlungsgesetz geregelt sind, an die ktuellen Strukturen in der Sozialversicherung angeglihen. Deshalb begrüße ich es, dass diesem Gesetzenturf hoffentlich einvernehmlich zugestimmt wird. Herzlichen Dank. Frau Kollegin, das war Ihre erste Rede in diesem ause. Herzlichen Glückwunsch! Ich wünsche Ihnen eiterhin alles Gute. Das Wort hat nun der Kollege Heinz Lanfermann, DP-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen nd Kollegen! Nach der Entscheidung des Bundesverassungsgerichts vom November 2003 sind immerhin wei Jahre vergangen, bis das Gesundheitsministerium n der Lage war, in einer recht überschaubaren Angeleenheit diesen kleinen Gesetzentwurf mit im Wesentlihen zwölf Paragraphen vorzulegen. So sind wir hart an as Ende der Frist geraten, die das Verfassungsgericht em Parlament gesetzt hat, um die Aufwendungen neu u regeln, die bei einer Mutterschaft anfallen. Diese Eiledürftigkeit ist auch einer der Gründe dafür, dass die DP auf eine mögliche Anhörung verzichtet hat und sich uch – indem wir uns bei der Abstimmung enthalten erden – dem In-Kraft-Treten der von der Regierung orgeschlagenen Lösung nicht in den Weg stellt. Ich will auch gern bestätigen, dass diese Lösung ein eg ist, die Verfassungswidrigkeit des bisher geltenden esetzes zu beseitigen. Wenn die Gefahr bestand, dass rauen von größeren Firmen bei der Einstellung diskriiniert werden, weil diese Firmen nicht der Umlage flicht für die Mutterschaftsleistungen unterliegen, sonern das Risiko der zusätzlichen Leistungen bei chwangerschaft unmittelbar – allein und in voller Höhe – ragen, dann kann diese Gefahr dadurch beseitigt weren, dass man auch diese Firmen in den Kreis der Umlaepflichtigen einbezieht. Im Sinne des Verfassungsgeichts und seiner Entscheidung ist damit die gestellte ufgabe erfüllt. Es handelt sich dann allerdings nur um Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 519 Heinz Lanfermann eine ausreichende, nicht aber um eine wirklich gute Lösung. Betrachten wir erst einmal das Problem. Es besteht sicherlich zwischen uns allen Konsens darüber, dass wir nicht nur wieder mehr Kinder in unserer Gesellschaft wollen, sondern dass wir auch die Bedingungen dafür schaffen bzw. verbessern müssen. Dabei gibt es gerade auch für die Mütter – vor und nach der Geburt – und die Familien viel zu tun. Es gilt aber, seitens der gesamten Gesellschaft auch denen zu helfen, die durch die Schwangerschaften indirekt belastet werden. Die Arbeitgeber – das gilt insbesondere für die kleinen Firmen – haben neben finanziellen Aspekten schon durch den Ausfall einer Mitarbeiterin und die damit verbundenen organisatorischen Probleme bei weiteren Einstellungen Belastungen zu tragen. Das hat das Verfassungsgericht ausdrücklich bestätigt. Mittlerweile ist der Arbeitgeberzuschuss auch zum wesentlichen Bestandteil der Leistungen an die Mütter geworden. Der Grundbetrag von 13 Euro ist konstant geblieben, der Arbeitgeberzuschuss aber mit den Löhnen ständig gestiegen. Durchschnittlich beträgt der Zuschuss mittlerweile 3 430 Euro pro Mutterschaft. Wir haben es also mit einer ständig gestiegenen Last der Arbeitgeber und damit auch mit einer Zunahme der Arbeitskosten zu tun. Sucht man nach einem Zusammenhang zwischen Arbeitsverhältnis und Mutterschaft, der es rechtfertigen soll, den Hauptteil der Kosten der Mutterschaft den Arbeitgebern aufzuerlegen, findet man eigentlich keinen Anhaltspunkt, der wirklich überzeugt. So wird die Umlage nach der Lohnsumme aller im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer berechnet. Das bedeutet, dass auch die Arbeitgeber mit der Umlage belastet werden, die ausschließlich männliche Arbeitnehmer beschäftigen, was gerade kleinen Betrieben, in denen körperlich anstrengende Arbeitsleistungen erbracht werden, besondere Probleme bereitet. Hinzu kommt, dass bisher nicht alle Krankenkassen beteiligt sind, die Grenze der Teilnahmepflicht zwischen 20 und 30 Beschäftigten schwankt und die Beitragshöhen erhebliche Unterschiede aufweisen. Versucht man, die finanziellen Auswirkungen der vorgeschlagenen Neuregelung zu erfassen, findet man bei der Bundesregierung lediglich die Aussage: Durch die Neuregelungen … werden Unternehmen in unterschiedlichem Maße kostenseitig sowohl entlastet als auch belastet. Im Klartext heißt das: Man weiß es nicht genau und hat keinen Überblick. (Dr. Uwe Küster [SPD]: Mein Gott! Die Vereinfacher sind wieder unterwegs!)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1600818500

(Beifall)

Heinz Lanfermann (FDP):
Rede ID: ID1600818600

(A) )


(B) )


(Beifall des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP])


Das ist verwirrend, zeigt aber, dass man mit untaugli-
chen Mitteln versucht, einen Ausgleich zwischen Grup-
pen von Arbeitgebern zu organisieren, der offensichtlich
noch nicht einmal innerhalb der Arbeitgeber zu gerech-
ten Ergebnissen führt.

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(C (D Bedenklich ist ebenfalls, dass die Einbeziehung der ffentlichen Arbeitgeber in das Umlagesystem die öfentliche Hand zum Nachteil der Privatwirtschaft entlaset, und zwar ohne Ausgleich. Da die öffentlichen Areitgeber mehr Frauen beschäftigen, aber nach der esamtzahl der Beschäftigten die Umlage zahlen, erhal en sie einen Vorteil, der von der Privatwirtschaft finaniert wird. Dabei sieht die Entscheidung des Bundesverassungsgerichts keine Ausweitung vor. Zudem sind die ffentlichen Arbeitgeber ohnehin an den Auftrag des rundgesetzes gebunden, Chancengleichheit zwischen ännern und Frauen auch bei den Einstellungen zu geährleisten. Ich komme noch einmal darauf zurück: Der Zusamenhang zwischen Arbeitsverhältnis und finanziellen asten durch Mutterschaft ist nicht ohne weiteres gegeen. Die Versuche, dennoch die Kosten den Arbeitgeern aufzuerlegen, führen auch nicht zu gerechten Erebnissen. Dagegen widerspricht doch wohl niemand er These, dass die Erleichterung von Mutterschaft, dass er Mutterschutz eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe st. Dann kann man aber nur die richtige Konsequenz iehen, dass die Gesellschaft insgesamt die anfallenden osten zu tragen hat. Deshalb ist die Steuerfinanzie ung dieser Lasten die richtige Lösung. An dieser Löung will die FDP als Zielvorstellung festhalten. ir verkennen dabei nicht, dass dieses Ziel – eine solche teuerfinanzierung dürfte etwa einen Betrag von Milliarden Euro erfordern – nach sieben Jahren desasöser rot-grüner Haushaltspolitik eher weiter in die Ferne erückt ist. (Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


eswegen stellen wir jetzt noch keine entsprechenden
nträge, was ja die Konsequenz bei einer Ablehnung
es Gesetzentwurfes wäre.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1600818700

Das Wort hat nun der Kollege Peter Albach, CDU/

SU-Fraktion.


Peter Albach (CDU):
Rede ID: ID1600818800

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kollegin-

en und Kollegen! Mit meiner Wahl in den Deutschen
undestag hatte ich – da ich Jurist von Beruf bin – so
anches gedanklich verbunden, was das Gesetzge-

ungsverfahren betrifft, nicht jedoch den Umstand, in
einer Jungfernrede zum Mutterschutz zu reden.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


ch bin meinen Vorrednern und Vorrednerinnen wirklich
ankbar, mir bei diesem spannenden Thema noch etwas
brig gelassen zu haben, was durchaus zu einem

520 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



(B) )


Peter Albach
Erkenntnisgewinn in meinen Ausführungen gegenüber
dem Plenum beitragen könnte.

Ich muss eingangs meiner Betrachtungen zum vorlie-
genden Gesetzentwurf anerkennen, dass neun Minuten
Redezeit reichlich bemessen sind


(Mechthild Rawert [SPD]: Inklusive Ministerium!)


– ich mache Ihnen natürlich gern ein paar Komplimente;
was bin ich heute höflich! – angesichts des Umstandes,
dass es kaum strittige Punkte im Verfahren und insbe-
sondere im federführenden Ausschuss gab, die nicht hät-
ten gelöst werden können, einmal abgesehen von dem
Vorschlag einer etwaigen Steuerfinanzierung des Arbeit-
geberzuschusses zum Mutterschaftsgeld; das haben wir
hier wieder vernommen.

Wir sind durch das Bundesverfassungsgericht aufge-
fordert, zum 31. Dezember 2005 durch Gesetz zu regeln


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Das ist ja bald!)


– ja –, „dass sich Schutzvorschriften auf Arbeitnehme-
rinnen faktisch nicht mehr diskriminierend auswirken“,
auch unter Berücksichtigung des aufgestellten Leitsat-
zes, „dass der Art. 6 Abs. 4 GG keine verfassungsrecht-
liche Pflicht des Staates begründet, die Kosten des Mut-
terschutzes allein zu tragen“.

Die Diskriminierung der Arbeitnehmerinnen er-
gibt sich für den Ersten Senat des Verfassungsgerichtes
allein aus dem Umstand, dass nicht alle Arbeitgeber in
das Umlageverfahren, mit welchem durch das Lohnfort-
zahlungsgesetz bedingt die Aufwendungen der Arbeitge-
ber bei Mutterschaft ausgeglichen werden, einbezogen
sind. Plausibel, das ist das so genannte U-2-Verfahren.
Das hat zur Konsequenz, dass Frauen im gebärfähigen
Alter das Risiko – Sie hatten es schon erwähnt – einer
faktischen Diskriminierung in Kauf nehmen, da das
Ausgleichs- und Umlageverfahren gerade den Zweck
hat, die unterschiedliche Verteilung der Risiken bedingt
durch mögliche Mutterschaften auszugleichen und damit
Beschäftigungshemmnisse abzubauen. Leicht nachzu-
vollziehen. Dadurch aber, dass dieses Verfahren nicht
bei allen Arbeitgebern geltendes Recht ist, sieht das Ge-
richt vorgenannte faktische Diskriminierungen. Der Ar-
beitgeber könnte bei der Einstellung finanzielle Erwä-
gungen – durch mögliche Mutterschaften bedingt – zur
Grundlage seiner Entscheidungsfindung machen, ob
denn nun Frau oder Mann einzustellen sei.

Im Ausschuss waren wir uns einig, dass wir dies nicht
länger dulden werden und selbstverständlich die fakti-
sche Diskriminierung beendet wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der Gesetzentwurf der Bundesregierung trägt dem durch
die Ausweitung der Umlageverpflichtung auf alle Ar-
beitgeber unabhängig von der Größe des Unternehmens
nach mehrheitlicher Auffassung der Mitglieder des Aus-
schusses für Gesundheit Rechnung. Es ist zudem Rege-

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(C (D ungsgegenstand des Gesetzes, in das so genannte U-1erfahren – gemeint ist das Umlageverfahren zur Enteltfortzahlung im Krankheitsfall – weiterhin betriebsrößenbeschränkt künftig auch die Angestellten einzueziehen, und in beide Verfahren – das wurde schon rwähnt; ich wiederhole es, weil ich es mir so aufgechrieben hatte – sollen auch Betriebsund Ersatzkassen inbezogen sein. Es gibt ja nichts Schlimmeres, als den Faden zu verlieen. Das ist ja peinlich. Des Weiteren soll der diesbezügliche Gesetzentwurf es Bundesrates für erledigt erklärt werden, da der Bunesrat bei einem im Wesentlichen ohnehin gleichen Reelungsinhalt keine Einwände gegen den Regierungsenturf geltend machen wird. Zudem bedarf das Grundstoffüberwachungsgesetz es gibt keinen sachlichen Zusammenhang, aber einen eitlichen – infolge zweier EU-Verordnungen zur Ändeung des EU-Grundstoffrechts der Anpassung an natioales Recht. – Ich freue mich so richtig, dass ich Jurist in. – Zeitlich war die Anpassung zunächst nicht eher öglich. Das Anliegen ist es, mittels dieser Gesetzesän erung bestehende Strafbarkeitslücken zu schließen. Der usschuss für Gesundheit empfiehlt hier einstimmig die ustimmung zur Gesetzesänderung. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


(Heiterkeit)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Danke.

Während hinsichtlich des Grundstoffüberwachungs-
esetzes kein weiterer Erörterungsbedarf bestand, so
urde bezüglich des Arbeitgeberzuschusses zum Mut-

erschaftsgeld von mehreren Seiten darauf verwiesen,
ass eine steuerfinanzierte Lösung – das haben wir
eute wieder hier gehört – zur Finanzierung dieser ge-
amtgesellschaftlichen Aufgabe vorzuziehen wäre. Aus
iesem Grund deshalb zu unser aller Erkenntnisgewinn
och einige weiterführende Bemerkungen, die man aber
uch schon im Volltext des Bundesverfassungsgerichts-
rteils hätte nachlesen können.

Alle Befürworter der Steuerfinanzierung übersehen
in diesem Fall wurde es einmal nicht übersehen –,

ass, unabhängig davon, dass zurzeit kein Steuerauf-
ommen zur Verfügung steht – es soll erst durch die flei-
ige und sachorientierte Arbeit der Koalition zukünftig
erfügbar sein;


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Heinz Lanfermann [FDP]: Da haben wir noch Hoffnung!)


ie Hoffnung, dass es dazu kommt, ist begründet;
chließlich arbeite ich mittlerweile mit –, die Arbeitge-
er selbst ein gesellschaftlicher Bestandteil sind und
ass die Entlassung der Arbeitgeber aus dem gesamtge-
ellschaftlichen Interesse Mutterschutz insofern weder
eute noch in Zukunft möglich sein wird.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 521


(A) )



(B) )


Peter Albach

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Des Weiteren wird gern übersehen – das halte ich für
eine erstaunliche Denkleistung des Bundesverfassungs-
gerichts; man sollte sich die Volltexte doch ab und zu
durchlesen –, dass es gerade arbeitsplatzbedingte Gefah-
ren sind, vor welchen die im Arbeitsverhältnis stehende
Mutter und das Kind sechs Wochen vor und acht Wo-
chen nach der Entbindung zu schützen sind. Davon geht
ja keine Gefahr für das Finanzamt aus, nicht wahr?


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Es besteht eine Verantwortungsbeziehung


(Zurufe)


– hören Sie sich das doch ruhig einmal an! – des Arbeit-
gebers zum Zwecke der Regelung, sodass das Verfas-
sungsgericht folgerichtig formuliert:

Die Verpflichtung der Arbeitgeber, einen Zuschuss
zum Mutterschaftsgeld zu zahlen, ist zur Errei-
chung des gesetzgeberischen Ziels auch geeignet
und erforderlich.

Warum wollen wir denn immer schlauer sein als das
Bundesverfassungsgericht? Manches kann man sich
doch sparen. Dort hat man ein umfassendes Anhörungs-
verfahren zur Entscheidungsfindung durchgeführt.

Wie dem auch sei, wir beenden heute mit unserer Zu-
stimmung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung satte
elf bzw. 13 Jahre – das ist eine Frage der Betrachtungs-
weise – Prozessgeschichte, welche 1992 begann und
über eine Verfassungsbeschwerde nunmehr zur Geset-
zesänderung führt.

Ihnen allen ein besinnliches Weihnachtsfest und ein
gutes Jahr 2006.

Danke.


(Beifall im ganzen Hause)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1600818900

Herr Kollege Albach, Sie erwähnten es bereits selbst:

Es war Ihre erste Rede im Deutschen Bundestag. Wir
gratulieren Ihnen dazu sehr herzlich, verbunden mit den
besten Wünschen!


(Beifall)


Nun erteile ich das Wort dem Kollegen Frank Spieth,
Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Frank Spieth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1600819000

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach

Herrn Albach steht ein zweiter Thüringer an diesem
Pult. Es wird möglicherweise nicht ganz so vergnüglich,
aber mit Sicherheit auch nicht brottrocken, das kann ich
versprechen.

Herr Albach, möglicherweise hat dieses Gesetz, wenn
es irgendwann einmal bewertet wird, einen Vater. Inso-
fern kann ich Sie beruhigen: Ihre Jungfernrede war amü-

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(C (D ant und erfreulich. Sie gehen mit Ihrem Beitrag zu dieem Gesetz vielleicht in die Annalen ein. Wir beraten heute eine Gesetzesänderung im Bereich es Mutterschaftsgeldes. Im Kern geht es dabei darum, achteile, die Frauen hieraus auf dem Arbeitsmarkt ent tehen können, zu beseitigen. Es ist schade, dass die undesregierung in diesem Fall erst auf Initiative eines erichts, nämlich des Bundesverfassungsgerichts, tätig ird. Der vorliegende Gesetzentwurf stärkt das Sozialtaatsgebot der Verfassung. Er bejaht die ihm zugrunde iegenden Prinzipien des staatlich organisierten solidarichen und sozialen Ausgleichs. Er schafft – ich sage ausrücklich, dass ich da gegenteiliger Meinung als Sie bin, err Lanfermann – geradezu die Voraussetzungen für airen Wettbewerb der Unternehmen untereinander. Er ördert die Chancengleichheit zwischen Mann und Frau. n diesem Sinne folgt der Gesetzentwurf der Bundesreierung damit erfreulicherweise einer vollkommen andeen Logik, als es das Regierungsprogramm erkennen ässt. So weit, so gut. Während Sie, meine Damen und Herren insbesondere uf der rechten Seite dieses Saales, üblicherweise mehr igenverantwortung und die Senkung der Lohnnebenosten fordern und damit eigentlich meinen, dass die ermögenden und die Besserverdienenden weniger Bei räge zu unseren Sozialsystemen leisten sollen, werden ie durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes geadezu dazu gezwungen, einer anderen Philosophie zu olgen, der Philosophie des in der Verfassung verankeren Sozialstaatsgebotes. Das Bundesverfassungsgericht ordert Sie auf, mehr Chancengleichheit herzustellen. s verlangt von Ihnen, dass Sie für mehr Solidarität soren und Unternehmen in ein soziales Ausgleichssystem inbeziehen, anstatt sie, wie es heute der Zeitgeist ist, on solchen Verpflichtungen zu befreien. Wenn Sie auch dies sage ich deutlich – nicht davon überzeugt ind, wie das in Ihrem Koalitionsvertrag eher zum Ausruck kommt, werden Sie hier vom Bundesverfassungsericht überzeugt, das Richtige zu tun. Ihre abwartende Haltung bei der Neufinanzierung der esetzlichen Krankenversicherung spricht nach unserer uffassung in diesem Zusammenhang eine andere Spra he. Erste Stimmen aus der großen Koalition deuten an: as bisher ausgesparte Projekt „Finanzreform der GKV“ ird im Ergebnis offenkundig auf eine Mischung von opfpauschale und Bürgerversicherung hinauslaufen, ei der zu befürchten ist, dass wesentliche sozialstaatlihe Elemente unter die Räder kommen. ir befürchten, dass Sie damit erneut Folgendes realiieren werden: weniger Solidarität der Gesunden mit den ranken, weniger Solidarität der gut Verdienenden mit en Geringverdienern und weniger sozialen Ausgleich wischen jungen und alten Menschen. Nicht umsonst hat s auch beim Mutterschaftsgeld zwei Jahre gedauert, bis ie Regierung tätig wurde. Es gibt eine Reihe von Beispielen dafür, dass gesetzlihe Verbesserungen für die Menschen, wenn sie denn 522 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 Frank Spieth heute mit diesem Gesetz beschlossen werden, die Folge von Gerichtsurteilen und nicht das Ergebnis eigener politischer Überzeugungen sind. So war das – erinnern wir uns! – bei der Anhebung des Kindergeldes zu Beginn der ersten rot-grünen Koalition und so ist das, wie heute beschlossen, bei der Arbeitszeitrichtlinie. Das Bundesverfassungsgericht macht aber auch mit der ewigen Leier von der unzumutbaren Belastung deutscher Unternehmen Schluss. Wie selbstverständlich wird angesichts des vorliegenden Gesetzentwurfs von Wirtschaftsverbänden erneut die Forderung nach Steuerfinanzierung von Sozialleistungen und natürlich auch nach Abschaffung der paritätischen Finanzierung gestellt. Dem widersprechen wir. Hinsichtlich des vorliegenden Gesetzentwurfs der Bundesregierung begrüßen wir die Einführung eines einheitlichen Umlagesystems, welches nicht mehr nach Unternehmensgrößen sowie nach privaten und öffentlichen Unternehmen unterscheidet. Die Menschen in Deutschland erwarten sichere und nachhaltige soziale und solidarische Sicherungssysteme. Dies gilt auch für die gesetzliche Krankenversicherung. Machen Sie bei der Weiterentwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung zur Bürgerversicherung im Sinne des vorgelegten Gesetzentwurfs weiter! Dann haben Sie uns auf Ihrer Seite. Schönen Dank. (Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der CDU/CSU: Darauf können wir im Zweifel verzichten!)


(Elke Ferner [SPD]: Das ist wirklich Quatsch!)


(A) )


(B) )



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1600819100

Herr Kollege, bei Ihnen war das ebenfalls die erste

Rede im Deutschen Bundestag. Auch Ihnen gilt unser
Glückwunsch und gelten unsere guten Wünsche für die
weitere Arbeit!


(Beifall)


Ich erteile der Kollegin Birgitt Bender, Fraktion des
Bündnisses 90/Die Grünen, das Wort.


Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1600819200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wie be-

reits dargelegt, beseitigt der vorliegende Gesetzentwurf
eine Schieflage, die uns zunächst vom Bundesverfas-
sungsgericht attestiert werden musste. Mit der alten Re-
gelung bestand die Gefahr, dass Betriebe mit mehr als 20
oder 30 Beschäftigten bei der Einstellung Frauen be-
nachteiligen.

Wir begrüßen diesen Gesetzentwurf. Es ist richtig,
dass jetzt alle Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen inklu-
sive des öffentlichen Dienstes und der Wohlfahrtsver-
bände in das Ausgleichsverfahren zu den Mutterschafts-
leistungen einbezogen werden. Dies ist ein Schritt, der
Arbeitgeber, die viele Frauen beschäftigen, entlastet und
Arbeitgeber, die mehr Männer beschäftigen, an den Aus-
gaben für die Mutterschutzleistungen beteiligt. Wie heißt
es doch so schön? Kinder haben nicht nur Mütter, son-
dern auch Väter. Es ist gut, dass diese Erkenntnis beim

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(C (D unkt Mutterschaftsleistungen nun auch im Arbeitsleben nkommt. (Elke Ferner [SPD]: Das ist nur noch nicht bei der FDP angekommen!)


Es gäbe sicherlich auch darüber hinaus noch frauen-
olitischen Handlungsbedarf im Arbeitsleben. Aber das
st ein anderes Thema.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


Die Vereinheitlichung der Regelungen sowohl beim
usgleichsverfahren Mutterschaftsleistungen als auch
eim Ausgleichsverfahren Entgeltfortzahlung im Krank-
eitsfall war bereits überfällig. Es ist richtig, dass jetzt
istorische Relikte wie die Ungleichbehandlung von Ar-
eiterinnen und Arbeitern sowie Angestellten durch die
inbeziehung der Ersatz- und Betriebskrankenkassen
bgeschafft werden. Auch ist die Einbeziehung der Ar-
eitgeber aus dem Feld der freien Berufe stringent und
ystematisch richtig.

Bei der Umlageentgeltfortzahlung im Krankheitsfall
elten in Zukunft erstens klare Regelungen für die Wohl-
ahrtsverbände, zweitens einheitliche Erstattungssätze,
rittens eine einheitliche, nicht von der Satzung der je-
eiligen Krankenkasse abhängige Grenze, bis zu der

ich die Unternehmen an dieser Umlage beteiligen, und
iertens die Einbeziehung aller Krankenkassen. Dies
aut – das ist ein wichtiger Gesichtspunkt – Bürokratie
n den Personalabteilungen ab. Es ist jetzt für Betriebe
it bis zu 20 bzw. 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern

indeutig geklärt, dass für alle Beschäftigten die Umlage
reift. Es hängt nicht mehr von der Krankenkasse eines
der einer Beschäftigten ab, ob das Umlagesystem greift
der nicht.

Diese Vereinheitlichung ermöglicht es den Kranken-
assen, diese Aufgabe zukünftig an eine kassenübergrei-
ende Stelle zu übertragen. Ich hoffe, dass diese Chance
on den gesetzlichen Krankenkassen genutzt wird und
ich hierdurch weitere Vereinfachungen für die Betriebe
rgeben. Wir werden die Entwicklung in den nächsten
ahren beobachten und feststellen, ob der Bürokratieab-
au tatsächlich eintritt.

Abschließend noch ein guter Ratschlag in Richtung
er Kollegen von der FDP: Herr Kollege Lanfermann,
enn man im Wahlkampf Plakate klebt, auf denen groß

Steuern runter“ steht, dann sollte man sich vielleicht
nschließend mit der Forderung nach zusätzlichen
taatsausgaben eher zurückhalten.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Heinz Lanfermann [FDP]: Gut, dass Ihnen das aufgefallen ist! – Gegenruf der Abg. Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gell?!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600819300

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-

esregierung eingebrachten Gesetzentwurf über den Aus-
leich von Arbeitgeberaufwendungen und zur Änderung

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 523


(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
weiterer Gesetze, Drucksache 16/39. Der Ausschuss für
Gesundheit empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussemp-
fehlung auf Drucksache 16/243, den Gesetzentwurf in der
Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen
wollen, um ihr Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthal-
tungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung mit
den Stimmen aller Fraktionen bei Enthaltung der FDP-
Fraktion angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist mit gleichem Stimmenverhältnis angenommen.

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesund-
heit zum Gesetzentwurf des Bundesrates auf Drucksache
16/46 über den Arbeitgeberausgleich bei Fortzahlung
des Arbeitsentgelts im Fall von Krankheit und Mutter-
schaft. Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 2 seiner Be-
schlussempfehlung auf Drucksache 16/243, den Gesetz-
entwurf für erledigt zu erklären. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Die Beschlussempfehlung ist einstimmig ange-
nommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Max
Stadler, Gisela Piltz, Ernst Burgbacher, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Für ein modernes Berufsbeamtentum

– Drucksache 16/129 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner das Wort dem Kollegen Ernst Burgbacher von der
FDP-Fraktion.


Ernst Burgbacher (FDP):
Rede ID: ID1600819400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

Wir haben einen Antrag vorgelegt, weil gerade die Ent-
wicklung des öffentlichen Dienstes in dieser Legislatur-
periode ein sehr wichtiger Punkt sein wird.

Der Deutsche Beamtenbund, Verdi und der Bundesmi-
nister des Innern haben sich auf ein Eckpunktepapier ge-
einigt, das für Verbände wirklich vorbildlich ist. Denje-
nigen, die immer über Beamte herziehen, sage ich:
Schauen Sie sich einmal an, was diese Organisation ge-
leistet hat und welchen Reformwillen sie gezeigt hat!
Das ist wirklich vorbildlich für viele andere.


(Beifall bei der FDP)


Es geht jetzt darum, dass wir den hier gezeigten Re-
formwillen nicht verspielen und dass die Politik ihn
nicht konterkariert. Ich erinnere Sie noch einmal daran,
was parallel zur Arbeit der Föderalismuskommission

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(C (D assiert ist. Der damalige Bundesinnenminister Schily at mit dem Deutschen Beamtenbund und auch mit erdi verhandelt und ein Papier entwickelt. Obwohl er ls Verfassungsminister eigentlich für die Föderalismuseform zuständig war, hat er sich aus der Föderalismusommission völlig ausgeklinkt. Dort wurde etwas völlig nderes beschlossen. CDU/CSU und SPD haben sich geeinsam auf Punkte geeinigt, die zu dem, was Schily it dem Beamtenbund ausgehandelt hat, völlig konträr aren. So kann man kein Vertrauen schaffen; so kann an keine Politik machen. Wir von der FDP bekennen uns zu einem modernen eamtentum. Wir brauchen das Beamtentum. Wir beennen uns allerdings auch dazu, dass es auf die Kernufgaben konzentriert wird. Wir bekennen uns insbesonere dazu, dass der Leistungsgedanke im Beamtentum estärkt wird und dass wir noch mehr Leistungskompoenten einarbeiten. In unserem Antrag finden Sie exakt eschrieben, wie so etwas gehen kann. Wir können nicht immer weiter an dieser und jener telle kürzen. Denn wir brauchen eine leistungsfähige erwaltung. Dazu brauchen wir qualifizierte Beamte. iese bekommen wir aber nicht, wenn wir immer mehr ürzen. Wir bekommen sie nur dann, wenn wir jetzt ein ukunftskonzept entwickeln. Wir müssen sagen, in welhen Aufgabenbereichen Beamte gebraucht werden. Ich fordere die große Koalition und den Bundesinneninister auf, in dieser Richtung tätig zu werden. Nur ann werden wir eine leistungsfähige Verwaltung haben, ie wir ganz dringend brauchen. Wir haben einen entprechenden Antrag eingebracht. Unterstützen Sie uns nd gehen Sie diesen Weg mit uns! Herzlichen Dank. Das Wort hat der Kollege Ralf Göbel von der CDU/ SU-Fraktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der ffentliche Dienst ist die tragende Säule des Rechtstaats. So ist es auch in dem Antrag der FDP formuliert. em kann man völlig zustimmen. Es ist richtig und ichtig, dass auch der öffentliche Dienst auf die sich änernden Rahmenbedingungen eingestellt wird. Deshalb st es eine Daueraufgabe, das öffentliche Dienstrecht an er Lebenswirklichkeit zu messen. Entscheidend ist dabei, dass diese Veränderungen icht nur um ihrer selbst willen gemacht werden. Mit en Maßnahmen muss zum einen die Leistungsfähigkeit er öffentlichen Verwaltung gestärkt werden und zum nderen müssen wir den Beschäftigten einen Rahmen eben, in dem sie sich bewegen können. Das muss das iel sein. Der Kollege Burgbacher hat rekurriert auf die geeinsame Initiative des Deutschen Beamtenbundes und 524 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 Ralf Göbel von Verdi, die sehr lobenswert ist. Sie hat am Ende dazu geführt, dass sich aus diesem Vorschlag neue Wege für den öffentlichen Dienst ergeben haben und ein Strukturreformgesetz entwickelt worden ist. Der entsprechende Gesetzentwurf wurde vorgelegt; er fiel allerdings der Diskontinuität zum Opfer. Wir dürfen aber einen zweiten Bereich nicht vergessen, nämlich den Bereich der öffentlichen Angestellten. Denn auch dort ist etwas passiert, das durchaus eines Lobes wert ist. Der Bund und die Gemeinden haben gemeinsam mit den Tarifparteien und den Beschäftigten einen neuen Tarifvertrag ausgehandelt, der den überkommenen, alten BAT ablösen wird. In diesem Zusammenhang ist auch die Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten aufgehoben worden. Beide Gruppen sind zukünftig einem einheitlichen Entlohnungssystem unterworfen. Auch hier hat sich also vieles bewegt. Im Koalitionsvertrag haben CDU/CSU und SPD vereinbart, dass das Beamtenrecht auf der Basis der Vorschläge der Föderalismuskommission und des Strukturreformgesetzes entwickelt wird. Die Leistungsbezogenheit des Dienstrechtes und der flexible Personaleinsatz werden also fortentwickelt und es wird ein Besoldungsrecht geschaffen, in dem die individuelle Leistung der Beamtinnen und Beamten besser erfasst werden kann. Entscheidend bei diesen Gestaltungsmöglichkeiten, die wir zukünftig haben werden, ist etwas, was auch in Ihrem Antrag steht, nämlich dass das Dienstrecht so gestaltet wird, dass dabei möglichst wenig Bürokratie entsteht. Wenn man viele neue Komponenten in ein solches System einfügt, wird es nicht gelingen – das kann ich aus meiner persönlichen Erfahrung heraus sagen –, dies mit den bisherigen Bordmitteln umzusetzen. Das wird automatisch dazu führen, dass wir andere Leistungsbeurteilungssysteme brauchen werden. Das Ganze wird komplexer werden. Als Gesetzgeber muss es unsere Aufgabe sein, einen solchen Rahmen zu schaffen, der es den Behörden, die ihn dann auszufüllen haben, ermöglicht, die eigene Verwaltung möglichst bürokratiearm zu gestalten. Dies wird eine große Herausforderung werden. Ich persönlich bin gespannt, wie dies akzeptiert werden wird. Wir haben ja schon Erfahrungen mit Leistungskomponenten gemacht. Nach geltendem Recht ist es durchaus möglich, Leistungszulagen und Leistungsprämien zu gewähren. Wenn Sie sich allerdings den behördlichen Alltag bzw. die Praxis anschauen, dann werden Sie feststellen, dass von diesen als Motivation gedachten Leistungselementen nur sehr sparsam Gebrauch gemacht wird. Auch ist die Akzeptanz innerhalb des Personalkörpers durchaus streitig. Ich bin dennoch der Auffassung, dass wir im Bereich der Beamtenbesoldung stärker zur leistungsbezogenen Bezahlung übergehen sollten. Ich teile allerdings nicht den Vorschlag der FDP, gleich mit einer 20-ProzentMarge zu beginnen. Ich will noch zu zwei Ziffern, die in Ihrem Antrag enthalten sind, etwas sagen. Sie haben zum Ersten in der Z L s s B r m e d z B w B d d k S G d w I f i w F w B A l w – d g D D l u I l t w s A a w a c k S ö w t (C (D iffer 6 breit ausgeführt, wie Sie sich das Verfahren der eistungsbeurteilungen in Zukunft vorstellen. In Ziffer 6 teht sicherlich nichts Falsches. Ich bin nur der Auffasung, dass nicht das deutsche Parlament, der Deutsche undestag, der Adressat ist, an den sich diese Forderung ichten muss. Wir können zwar den gesetzlichen Rahen dafür liefern. Aber es sollte dabei bleiben, dass es ine Trennung zwischen der Ressortverantwortlichkeit es Ministers und dem gibt, was wir als Parlamentarier u verantworten haben. Es ist ganz eindeutig, dass die eantwortung der Frage, nach welchem System, mit elchen Mitteln und nach welchen Verfahren dienstliche eurteilungen stattfinden, im ausschließlichen Bereich er Exekutive liegt. Das ist zwar für den Deutschen Bunestag von Interesse; in diesem Bereich haben wir aber eine Regelungsmacht. Zum Zweiten will ich die Ziffer 7 ansprechen, in der ie Führungsinstrumente dargestellt haben. Da gilt im runde das Gleiche: Das betrifft natürlich den Bereich es Ministers. Er muss seinen Bereich so organisieren, ie es für das Ministerium richtig ist. Ich will hier allerdings ganz deutlich sagen – denn in hrem Antrag entsteht der Eindruck, dass es in der öfentlichen Verwaltung noch keine modernen Führungsnstrumente gäbe –: Es gibt in vielen öffentlichen Veraltungen moderne Führungsinstrumente und moderne ührungsmethoden. Die müssen nicht mehr eingeführt erden. Sie sind vielmehr in vielen Verwaltungen in der undesrepublik Deutschland bereits tägliche Praxis. uch das sollte an dieser Stelle gesagt werden. Ich will zum Schluss auf das kommen, was Herr Kolege Burgbacher angesprochen hat, nämlich die Frage, ie es weitergeht. Im Koalitionsvertrag ist vereinbart das habe ich schon dargestellt –, dass die Ergebnisse er Föderalismuskommission umgesetzt werden. Es gab estern dazu ein Gespräch mit den Ministerpräsidenten. as heißt, Teile, die bisher in den Regelungsbereich des eutschen Bundestages fielen, werden an den Rege ungsbereich der Länder zurückgehen. Es handelt sich m das Besoldungs-, Versorgungsund Laufbahnrecht. ch glaube, dass wir hier im deutschen Parlament sicherich noch Gelegenheit haben werden, im Detail zu erörern und zu debattieren, was auf die Länder übertragen ird und was sinnvollerweise weiter Regelungsgegen tand der Bundesebene bleibt. Im Hinblick auf den zeitlichen Ablauf bin ich der uffassung, dass wir erst diese Diskussion führen und bschließen sollten, bevor wir uns dann dem zuwenden, as für uns als Bund im Hinblick auf unsere Bundesbe mten übrig geblieben ist, sodass wir also in der zeitlihen Abfolge zunächst die Ergebnisse der Föderalismusommission umsetzen sollten und uns anschließend dem trukturreformgesetz und dem Papier „Neue Wege im ffentlichen Dienst“ widmen sollten. Mein Vorschlag äre, so zu verfahren. Dann hätten sich Teile des An rags inhaltlich erledigt. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600819500
Ralf Göbel (CDU):
Rede ID: ID1600819600

(A) )


(B) )


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 525


(A) )



(B) )


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600819700

Das Wort hat die Kollegin Petra Pau von der Fraktion

Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1600819800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ehe

ich zum Detail komme, möchte ich etwas Grundsätzli-
ches sagen. Wir – damit meine ich die Linkspartei – ha-
ben mit dem deutschen Beamtenwesen schon immer ein
Problem gehabt. Beamte genießen bestimmte Privile-
gien. Im Gegenzug aber müssen sie auf Bürgerrechte
verzichten. Sie müssen brav sein. Courage ist verboten.


(Ralf Göbel [CDU/CSU]: Was?)


Ich finde, das ist altbacken, preußisch und auch nicht
modern.

Ich möchte in diesem Zusammenhang einen Vergleich
wiederholen, den die Kolleginnen und Kollegen, die die-
ses spannende Thema bereits in den letzten zwei Legis-
laturperioden bearbeitet haben, schon kennen, der aber
unser Verhältnis zum Beamtentum immer noch ganz gut
beschreibt: Die Linkspartei.PDS ist gegen Prostitution.
Aber solange es Prostitution gibt, so lange werden wir
uns dafür einsetzen, dass die Prostituierten nicht sozial
benachteiligt und ausgebeutet werden.


(Ralf Göbel [CDU/CSU]: Was hat das mit den Beamten zu tun?)


Dasselbe Prinzip legen wir bei der Bundeswehr an, die
wir eigentlich auch abschaffen wollen, ebenso bei Be-
amtinnen und Beamten.


(Dr. Max Stadler [FDP]: Und beim BND!)


Ich finde, dass auch die Beamtinnen und Beamten ein
Recht auf Vertrauensschutz haben. Das heißt, dass die
Eckpunkte für eine Reform des Beamtenrechts, die Bun-
desinnenminister a. D. Schily mit dem Beamtenbund
und Verdi ausgehandelt hat, nicht mir nichts, dir nichts
Makulatur werden können. Insofern stimme ich der FDP
zu: Auch Beamtinnen und Beamte haben ein Recht auf
Vertrauensschutz. Sie sind nicht der Spielball der Nation.


(Beifall bei der LINKEN)


Die FDP fordert weiter, nur noch dort Beamtinnen
und Beamte einzusetzen, wo es um die so genannten
Kernaufgaben des Staates geht, beispielsweise bei der
Polizei. Dies läuft darauf hinaus, das ausufernde Beam-
tenwesen zu begrenzen. Das finde ich – entsprechend
meiner Eingangsbemerkung – völlig richtig.

Nun sollen Beamtinnen und Beamte künftig mehr
nach ihrer Leistung bezahlt werden und weniger nach
ihrem Dienstalter. Das klingt gut, vorausgesetzt, es gibt
objektive Kriterien, nach denen die Leistung von Beam-
tinnen und Beamten gerecht bewertet werden kann. Ge-
recht heißt aber auch, dass bundesweit ein einheitliches
Dienstrecht gelten muss und nicht in jedem Bundesland
ein anderes. Letzteres würde nämlich ganz schnell zu
Beamten erster, zweiter und dritter Klasse führen, nicht
weil ihre Leistungen erst- oder drittklassig sind, sondern

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(C (D eil wir arme und reiche Bundesländer haben. Ich finde, uch für Beamtinnen und Beamte muss gelten: Gleicher ohn für gleiche Arbeit! Damit bin ich allerdings bei einer übergeordneten Deatte, der Föderalismusreform. Sie ist nötig und chwierig. Sie ist nötig, weil die bestehenden Strukturen nd Kompetenzen schwer zu überschauen sind. Wenn ber etwas schwer zu überschauen ist, dann ist es meist uch wenig demokratisch. Sie ist schwierig, weil sich bei er Föderalismusreform zwei Grundkonzepte gegenberstehen: Die einen wollen einen Wettbewerbsföderaismus. Das klingt gut, ist aber schlecht, weil es zulasten er kleinen und ärmeren Bundesländer gehen würde. Die inkspartei will einen solidarischen Föderalismus, was m Übrigen dem Grundgesetz und dem Anspruch auf leiche Lebensverhältnisse entsprechen würde. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Sebastian Edathy [SPD])


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600819900

Das Wort hat der Kollege Siegmund Ehrmann von der

PD-Fraktion.


Siegmund Ehrmann (SPD):
Rede ID: ID1600820000

Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen!

erte Frau Kollegin Pau, ich bin schon erstaunt, wel-
hes Klischee Sie pflegen. Sie haben Ihren Redebeitrag
it einem Verweis begonnen und sich gewissermaßen

elbst zitiert, indem Sie einen Vergleich gebracht haben,
en Sie schon in den letzten Wahlperioden angeführt ha-
en. Vielleicht bietet Ihnen diese Debatte die Gelegen-
eit, Ihr Bild von engagierten, auch zivilcouragierten
eamtinnen und Beamten im öffentlichen Dienst zu
berprüfen. Ich glaube, das wäre dringend geboten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Aber dies steht nicht im Mittelpunkt der Debatte. Im
ittelpunkt der Debatte steht der Aufschlag, den die

DP-Fraktion mit ihrem Antrag „Für ein modernes Be-
ufsbeamtentum“ gemacht hat. Eine Duplizität der Er-
ignisse: Vor knapp einem Jahr haben Sie hier einen ver-
leichbaren Aufschlag gewagt. Wohl wahr, wir beraten
unmehr im Kontext der großen Koalition.

Es ist vorgetragen worden: Wir hatten den Entwurf ei-
es Strukturreformgesetzes gewissermaßen ante portas.


(Dr. Max Stadler [FDP]: Der war schon intra muros!)


Ja, aber er hat uns noch nicht im geordneten parlamen-
arischen Verfahren beschäftigt. – Diskontinuität erfor-
ert nun neue Aktivitäten.

Positiv möchte ich zunächst hervorheben, dass der
ntrag sich auf das Eckpunktepapier „Neue Wege im öf-

entlichen Dienst“ bezieht, das – da muss ich Ihnen wi-
ersprechen – von Herrn Schily wesentlich geprägt
urde. Sie haben versucht, das so darzustellen, als hätte

526 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



(B) )


Siegmund Ehrmann
Herr Schily seinen eigenen Reformimpuls konterkariert.
Das sehe ich anders.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Föderalismusreform!)


– Auf die Föderalismusreform komme ich noch zu spre-
chen.

Der Antrag, der nunmehr vorliegt, unterscheidet sich
substanziell von dem seinerzeit eingebrachten Antrag,
und zwar durch die Behauptung, die Koalitionsverein-
barung beschreibe nichts Konkretes. Ich halte dem ent-
gegen: Koalitionsvereinbarungen sind keine ausformu-
lierten Gesetzentwürfe. Die Koalitionsvereinbarung ist,
gerade was den Bereich des öffentlichen Dienstes anbe-
langt, nach meiner Überzeugung hinreichend konkret. In
dem, was wir zur Modernisierung des öffentlichen
Dienstrechtes auflegen, müssen allerdings wichtige Eck-
punkte der Verabredung zur Föderalismuskommission
mitbedacht werden.

In der Koalitionsvereinbarung ist verabredet, Art. 33
Abs. 5 des Grundgesetzes zu modifizieren und zu ergän-
zen: Die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamten-
tums sind nicht nur zu regeln, sondern auch fortzuent-
wickeln.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Was heißt das eigentlich?)


In diesem Zusammenhang erlaube ich mir den schlichten
Hinweis, dass der damalige Bundesinnenminister, Otto
Schily, selber dies Anfang dieses Jahres in die Debatten
zur Föderalismuskommission eingebracht hat.

In Ihrem Antrag wird zumindest für mich nicht über-
zeugend deutlich, wie Sie zu dieser Verfassungsände-
rung stehen. Ihre Frage „Was heißt das eigentlich?“
möchte ich anhand eines konkreten Beispieles beleuch-
ten. Sie behaupten, die hergebrachten Grundsätze des
Berufsbeamtentumes böten genügend Spielraum für eine
umfassende Fortentwicklung und Erneuerung des Beam-
tenrechtes. Aber diese Behauptung blendet die Recht-
sprechung des Bundesverfassungsgerichtes aus. Danach
sind zum Beispiel Kinderzuschläge in der Besoldung
zwingend geboten. Solche familienstandsabhängigen
Leistungen sind wiederum Ausdruck des Unterhalts-
charakters der Beamtenbesoldung und widersprechen
dem Kerngedanken, das Leistungsprinzip deutlich aus-
zugestalten. Deshalb werden wir uns hier sehr intensiv
mit der Änderung von Art. 33 Abs. 5 im Kontext der
Verabredung zur Föderalismuskommission befassen
müssen.

Ich erwähnte, dass in der Koalitionsvereinbarung
ebenso fixiert ist, die Leistungsbezogenheit des Dienst-
rechtes und einen flexiblen Personaleinsatz herbeizufüh-
ren. Herr Kollege Göbel verwies darauf, dass das Eck-
punktepapier dabei eine wichtige Orientierung bietet,
ebenso der Entwurf des Strukturreformgesetzes. Zu-
gleich wurde aber in der Koalitionsvereinbarung ein Ab-
wägungsgebot vereinbart, den damit verbundenen Ver-
waltungsaufwand kritisch zu würdigen, damit unnötige
Apparate vermieden werden.

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(C (D Das, was die alte Bundesregierung mit ihrem Gesetzntwurf auf den Weg zu bringen beabsichtigte, wird man it Sicherheit nicht eins zu eins umsetzen können, weil eitergehende Verabredungen, die über Art. 33 Abs. 5 inausgehen, zu berücksichtigen sein werden. Insofern eile ich Herrn Göbels Vorschlag einer Schrittfolge: Zuächst arbeiten wir die Verabredung im verfassungsechtlichen Bereich ab, dann gehen wir in das konkrete esetzgebungsverfahren. Eine Anmerkung, mit der ich jeglichen Missverständissen vorbeugen will: Auch für mich gilt das in der öderalismuskommission Vereinbarte. Gleichwohl Herr Göbel hat eine Andeutung gemacht; ich möchte ber diese Andeutung hinausgehen – nehme ich die Hineise der Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein nd Mecklenburg-Vorpommern sehr ernst, die im Voreld der gestrigen Ministerpräsidentenkonferenz – so ar es in der „FAZ“ zu lesen – ihre Einwände formuliert aben. Sie waren offenkundig gar nicht davon begeistert, ie ihnen zugedachten Kompetenzen tatsächlich übertraen zu bekommen. Ich sage es mit meinen Worten: öglicherweise halten sie das, was ihnen angereicht ird, eher für ein trojanisches Pferd. Sie sehen zusätzli hen Personalaufwand, eine Erschwernis insbesondere ür die finanzschwachen Bundesländer. Auch wenden ie ein, dass sich die Spitzenkräfte natürlich bei den fianzstarken Bundesländern bewerben und dort ihre ienstherren suchen werden. Nun haben die Ministerpräsidenten einen einstimmien Beschluss gefasst, sich gewissermaßen zu dem in em Koalitionsvertrag Vereinbarten bekannt. Gleichohl haben die Vertreter der beiden angesprochenen änder Fußnoten formuliert, die uns in der weiteren par amentarischen Beratung des beamtenrechtlichen Teils er Föderalismuskommission begleiten werden. Ich laube – Herr Göbel, auch das habe ich sehr wohl verommen –, dass wir ganz schön aufpassen müssen, dait wir in diesem Gesetzgebungsprozess nicht das Kind it dem Bade ausschütten. Lassen Sie mich abschließend zum Spannungsverältnis zwischen der Modernisierung des öffentlichen ienstrechtes und dem damit verbundenen Verwal ungsaufwand grundsätzlich anmerken: Auch wenn das ist Realität – zeitgleich über Beiträge des öffentli hen Dienstes zur Haushaltssanierung gesprochen weren muss, darf die Modernisierung des Beamtenrechts ein verkappter Sanierungsbeitrag für den Bundeshausalt sein. Die Modernisierung des Beamtenrechts zielt arauf ab, dass das Äquivalent für berufliches Engageent leistungsbezogen ausgestaltet werden kann. Dies iederum setzt, über die verwandten Instrumente hiaus, voraus, dass nachvollziehbare Kriterien für eine etztendlich als gerecht empfundene Beurteilung des Geeisteten zur Verfügung stehen. Damit gehen hohe Anorderungen an die Personalarbeit in den Verwaltungen inher. Herr Göbel, Sie haben zu Recht darauf hingewieen, dass das nicht Aufgabe des Gesetzgebers ist. Wenn s aber um das Phantom Verwaltungsaufwand geht, uss man auch – gerade bei diesem Modernisierungs Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 527 Siegmund Ehrmann projekt – die gewissermaßen reformimmanenten, notwendigen Zusatzkosten betrachten. Moderne Personalarbeit hat die Aufgabe, eine Führungskultur zu entwickeln, in der die Mitarbeiterund Beurteilungsgespräche nicht als lästige Pflicht, sondern als grundlegendes Instrument der Personalentwicklung betrachtet und praktiziert werden. In diesem Kontext kommt der Auswahl und der Qualifizierung der Führungskräfte und des Führungskräftenachwuchses eine Schlüsselrolle zu. Das sind – ich erwähnte es bereits – zugegebenermaßen Kosten, die aber nach meiner Überzeugung letztendlich rentierlich sein werden; denn nur durch eine so geprägte Verwaltungsstruktur wird die Motivation der Beschäftigten und dadurch bedingt die Qualität und Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes auf einen Stand gebracht, der Vergleiche nicht zu scheuen braucht. Zusammenfassend: Die große Koalition wird weiterhin den vereinbarten Modernisierungspfad mit Sorgfalt beschreiten. Ich sehe dem Entwurf des Strukturreformgesetzes, aber auch dem Prozess der Umsetzung der Ergebnisse der Föderalismusreform mit großem Interesse entgegen. Die Ermahnung, die Machiavelli in seinem Werk „Über die Reform des Staates Florenz“ hinterlassen hat, sollte uns dabei leiten – das gilt nicht nur für dieses Gesetzgebungswerk –: Wenn Reformen dauerhaft sein sollen, so müssen sie langsam – ich ergänze: und sorgfältig – durchgeführt werden. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Er hat noch bösere Dinge gesagt!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(A) )


(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600820100

Das Wort hat jetzt die Kollegin Silke Stokar von

Neuforn vom Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Hal-
tung der FDP in dieser Frage ist total widersprüchlich.


(Dirk Niebel [FDP]: Das ist ja unglaublich!)


Ich muss sagen, ich habe weder Ihren Antrag noch Ihre
Rede nachvollziehen können. Sie haben zu Recht gesagt,
die große Koalition hat sich darauf verständigt, die Zu-
ständigkeit für die Beamten weitestgehend auf die Län-
der zu übertragen. Dies kann sie aber nur mit Ihrer Zu-
stimmung machen. Diesen zweiten Satz haben Sie
verschwiegen.

Ich habe mir die Sitzungsergebnisse der Ministerprä-
sidentenkonferenz sehr genau angeschaut. Ich habe mir
auch die Fußnoten angesehen. Sie kamen aus Schleswig-

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(C (D olstein und Mecklenburg-Vorpommern, sie kamen icht aus Niedersachsen oder einem der anderen Länder, n denen Sie mitregieren. Übernehmen Sie bitte für das erhalten Ihrer Parteikollegen in den Ländern auch hier m Bundestag die Mitverantwortung. Ich möchte auf einen weiteren Punkt zu sprechen ommen. Ich glaube, dass wir im Interesse der Bedienseten tatsächlich eine intensive Debatte darüber führen üssen, in welche Richtung es mit der Modernisierung es öffentlichen Dienstes und insbesondere des Beamenrechts gehen soll. Ich sehe keinen Modernisierungschritt darin, einerseits zu sagen, dass man 17 Gesetze zu esoldung und Pensionen braucht – eines in jedem Bunesland und eines auf Bundesebene –, und andererseits u sagen, dass man den Inhalt eines Eckpunktepapiers msetzen will. Diejenigen, die die Debatte der vergangeen Jahre mitbekommen haben, wissen sehr genau, dass it dem Eckpunktepapier der Versuch unternommen orden ist, die Übertragung von Kompetenzen auf die änder zu verhindern. Dazu sollten wir uns auch im In eresse derjenigen, über die wir sprechen, offen bekenen. Was ich am Antrag der FDP, in dem es ja um Moderisierung geht, überhaupt nicht verstanden habe, ist, dass ie einerseits für die Übertragung von Kompetenzen auf ie Länder sind und somit 17 Gesetze zum Beamtenecht bei Ihnen Modernisierung bedeuten, und dass Sie ndererseits strikt an der heutigen Formulierung des rundgesetzes festhalten wollen. Wir sagen ganz klar: it dem engen Korsett des Art. 33 des Grundgesetzes erden wir in diesem Bereich die notwendige Weiterenticklung und Modernisierung nicht hinbekommen. Als Grüne sage ich auch, dass sich in Zukunft erneut ie Statusfrage stellen wird. Ich will diesen Weg weiterin im Dialog mit den Bediensteten und den Gewerkchaften gehen. Das heißt, wir müssen den Status weiterntwickeln und ihn europatauglich machen. Beamte üssen zum Beispiel zwischen den verschiedenen Ebe en – Kommune, Land und Bund – wechseln und auf eit in europäischen und internationalen Institutionen areiten können. Aufgrund der Hemmnisse beim Wechsel wischen Wirtschaft und Verwaltung werden wir eine eiterentwicklung des Status durchführen müssen. Das ndziel, das wir anstreben – das haben wir immer esagt –, besteht darin, in kleinen Schritten den Weg hin u einem einheitlichen öffentlichen Dienstrecht zu geen. Lassen Sie mich noch einen Punkt erwähnen, der ich richtig entsetzt hat: Sie stellen als positiv heraus, ass es das Streikverbot gibt, und Sie nennen Personaläte ein bürokratisches Hindernis. Das ist schlicht geerkschaftsfeindlich. Die Einführung von Leistungsomponenten, die wir ja wollen, können wir nur rreichen, wenn wir die Mitbestimmungsrechte stärken, nstatt sie als bürokratische Hindernisse zu bezeichnen. uch in diesem Punkt widersprechen wir Ihrem Antrag, er die gewerkschaftsfeindliche Haltung der FDP zum usdruck bringt, ganz eindeutig. 528 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 Silke Stokar von Neuforn Danke schön. Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Max Stadler von der FDP-Fraktion. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her ren! Zu Frau Stokar muss ich nicht viel sagen, außer dass sie vielleicht nicht bemerkt hat, dass unsere Vorschläge nichts anderes als die rasche Umsetzung des Eckpunktepapiers bedeuten, das immerhin die Unterschrift des Verdi-Vorsitzenden Frank Bsirske trägt. (Beifall bei der FDP – Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Ganz neue Verbindungen! – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schauen Sie mal nach, wo es da eine Formulierung gegen die Beteiligung von Personalräten gibt!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(A) )


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(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600820200
Dr. Max Stadler (FDP):
Rede ID: ID1600820300

Indem wir unseren Antrag einbringen, wollen wir der
Koalition die Gelegenheit geben, in einigen Punkten
Klarheit zu schaffen. Die heutigen Beiträge der Redner
der Koalition haben diese Klarheit leider nicht gebracht.
Jetzt haben die beiden Redner von SPD und CDU/CSU
zur Übertragung von Kompetenzen auf die Länder eher
Zweifel formuliert. Wir werden uns überraschen lassen,
wie ihre endgültige Haltung sein wird. Mir zumindest ist
sie nicht klar geworden.

Allerdings haben Sie sich – das ist begrüßenswert –
für die Fortführung der von Herrn Schily gemeinsam mit
dem Deutschen Beamtenbund und Verdi ausgehandelten
Reform ausgesprochen. Wir sind der Meinung, dass
diese Reform auf jeden Fall umgesetzt werden muss;
denn wir wollen den guten öffentlichen Dienst, den wir
haben, modernisieren. Für den Bund besteht, egal wie
die Kompetenzen letztlich verteilt sind, auf jeden Fall
die Notwendigkeit, diese Reform durchzuführen.


(Beifall bei der FDP)


Der eigentliche Grund für meine kurze Wortmeldung
ist, dass der Kollege Wolfgang Bosbach, Fraktionsvize
der CDU/CSU, in der Aussprache über die Regierungs-
erklärung für weitere Unklarheit gesorgt hat. Es gibt
nämlich einen Widerspruch zwischen dem, was in der
Koalitionsvereinbarung angekündigt wurde – finanzielle
Einschnitte für die Beamten; insbesondere hat Herr
Schäuble ja von einer deutlichen Kürzung des Weih-
nachtsgeldes, auch für die Pensionäre, gesprochen –, und
den Ausführungen von Herrn Bosbach, der addiert hat,
welche Belastungen den Beamten in den letzten Jahren
zugemutet worden sind, und der daher für einen fairen
Umgang mit ihnen plädiert. Bitte nutzen Sie die heutige
Debatte dazu – noch sind es einige Tage bis
Weihnachten –, klarzustellen, was in diesem Punkt von
der Koalition denn zu erwarten ist.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf rucksache 16/129 an den Innenausschuss vorgeschlaen. Sind Sie damit einverstanden? – Dann ist die Übereisung so beschlossen. Ich rufe den Zusatzpunkt 7 auf: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/ CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung – Drucksache 16/194 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Gesundheit Innenausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. Ich höre einen Widerspruch. – Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Rederin das Wort der Parlamentarischen Staatssekretärin arion Caspers-Merk. M Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die oalitionsfraktionen legen wie im Koalitionsvertrag verinbart ein erstes Paket vor. Wir zeigen damit Handungsfähigkeit und vor allen Dingen, dass wir es ernst einen mit dem, was wir im Koalitionsvertrag im Zuammenhang mit Gesundheitspolitik und Pflegepolitik ereinbart haben. Ich glaube, dass dies überfällig ist, ass wir reagieren mussten. Man muss sich nur einmal ie Ausgabenentwicklung der gesetzlichen Krankenvericherung anschauen. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sieht nicht gut aus!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600820400
Marion Caspers-Merk (SPD):
Rede ID: ID1600820500

In allen Bereichen haben wir deutliche Einsparungen.
er einzige Bereich, der aus dem Rahmen fällt, sind die
rzneimittelkosten. Hier hatten wir in den ersten drei
uartalen ein Kostenplus von 19,1 Prozent. Hierfür
atte die gemeinsame Selbstverwaltung von Kassenärzt-
icher Bundesvereinigung und den Spitzenverbänden der
esetzlichen Krankenkassen ein Ausgabenplus von
,1 Prozent angepeilt. Dieses Ziel haben sie deutlich ver-
ehlt. Die Selbstverwaltung hat ihre Hausaufgaben hin-
ichtlich der Kontrolle also ganz klar nicht gemacht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


eshalb ist es wichtig, dass der Gesetzgeber rasch und
ntschieden handelt.

Heute behandeln wir ein Sparpaket in erster Lesung,
it dem wir genau diesen Druck aus dem System neh-
en wollen. Denn wir brauchen Beitragsstabilität und

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 529


(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretärin Marion Caspers-Merk
wir brauchen verlässliche Rahmenbedingungen, um uns
– wie es im Koalitionsvertrag nachzulesen ist – im
Jahr 2006 in aller Ruhe auf eine große Finanzreform zu
verständigen.

Nun mussten wir heute lesen, dass einige AOKs die
Beitragssätze dennoch anheben wollen. Ich fordere von
dieser Stelle die Landesregierungen – bei denen die Auf-
sicht liegt – ganz deutlich auf, sich die Berechnungen
näher anzuschauen und ihre Aufsichtsfunktion hier ein
Stück weit wahrzunehmen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Denn es kann nicht sein, dass uns eine andere Zahl ge-
meldet wird als diejenige, die praktisch Grundlage der
Beschlüsse ist.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Nur eine Zahl kann stimmen!

Wenn beispielsweise die AOK Hessen dem Schätzer-
kreis ein Plus von 90 Millionen Euro meldet, gleichzei-
tig aber eine Beitragssatzanhebung fordert, dann haben
doch die Versicherten – und um diese geht es doch – ei-
nen Anspruch darauf, zu wissen, worauf diese zurückzu-
führen ist. Uns hat man immer gesagt, man braucht ein
Arzneimittelpaket; dies würde von den Kassen begrüßt
und es würde zur Beitragsstabilität beitragen. Ich denke,
der Gesetzgeber ist hier deutlich in Vorleistung getreten,
er hat Wort gehalten. Ich erwarte das Gleiche jetzt auch
von der Kassenseite.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Denn nur so kommen wir miteinander weiter.

Was sind die Bestandteile des Pakets, das die Koali-
tionsfraktionen hier vorgelegt haben?

Erstens. Wir machen Schluss mit der unsäglichen Pra-
xis der Naturalrabatte. Man konnte in einem großen
Wochenmagazin lesen, wie diese Praxis aussieht. Es ist
nicht in Ordnung, dass Geschäfte zulasten der gesetzli-
chen Kassen und zulasten der Beitragszahler gemacht
wurden. Die Verkäuferin trägt mit ihren Beiträgen quasi
dazu bei, dass ein Zusatzgeschäft gemacht wird – das
war so nie vorgesehen –, indem demjenigen, der zehn
Schachteln eines Medikaments bestellt, zwei Schachteln
umsonst gewährt werden und dass diese zulasten der
GKV abgerechnet werden. Diese Praxis stellen wir mit
den Maßnahmen dieses Paketes ab. Das ist überfällig.
Die Versicherten haben einen Anspruch auf Wahrheit
und Klarheit. Es gibt eine klare Regelung, es gibt klare
Strukturen. Diese gilt es einzuhalten.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Das Ganze wird von einem Preisstopp und der Absen-
kung der Preise bei Generika flankiert. Wir sind der Auf-
fassung, dass wir auch in diesem Bereich Wirtschaftlich-
keitspotenziale erschließen müssen.

Zweitens. Im Rahmen der Festbeträge wird künftig
strikter danach unterschieden, welche Produkte eine In-
novation darstellen und welche Produkte diesen Krite-
rien nicht entsprechen.

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(C (D (Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Da kann man nur viel Erfolg wünschen!)


uch bei den Festbeträgen haben wir Wirtschaftlich-
eitsreserven gehoben. Es war überfällig, dass wir stär-
er differenzieren, wo es um echte Innovationen für die
atientinnen und Patienten geht und wo es darum geht,
usatzkosten einzusparen.

Drittens. Wir möchten – auch dieser Aspekt in diesem
parpaket ist mir sehr wichtig –, dass die Ärzte mehr
erantwortung übernehmen und dass sie auf unserer
eite stehen. Ich finde es etwas befremdlich, wenn wir
ußerungen lesen müssen, dieses Paket sei ein „Geiz ist
eil“-Paket. Es wäre besser, wenn diejenigen Ärztever-
reter, die so etwas sagen, erst einmal genauer hinsehen
ürden.


(Beifall bei der SPD)


Bislang war es so, dass diejenigen, die sich um ihre
atientinnen und Patienten gekümmert haben, die sich
ut verhalten haben und Medikamente sparsam und wirt-
chaftlich verordnet haben, damit sie Raum haben, um
en Patienten, die es brauchen, wirklich Innovationen
ukommen zu lassen, im System nicht ausreichend ge-
ürdigt und belohnt wurden. Damit machen wir Schluss.
ir möchten, dass klar und wirtschaftlich verschrieben
ird. Wir möchten die individuelle Verantwortung der
rzte stärken.

In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass im
ahmen dieses Paketes das erste Mal die Praxissoft-
are zertifiziert wird. Es war nicht in Ordnung – auch
as wurde aufgedeckt –, dass Pharmafirmen die Soft-
are subventionieren, damit ihre Produkte als Produkte
er ersten Wahl ausgewiesen werden, auch wenn sie es
om therapeutischen Nutzen her gar nicht sind.

Das hier vorliegende Paket erfüllt meiner Meinung
ach drei Kriterien: Wir erhöhen zum Ersten die Trans-
arenz im System; wir heben zum Zweiten die Effizienz-
eserven; wir gehen zum Dritten sparsamer und wirt-
chaftlicher mit den Beiträgen der Versicherten um. Ich
laube, das ist ein mutiger und wichtiger Schritt nach
orne. Die Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker werden
ei ihren Beratungen mit Sicherheit noch zusätzlich den
inen oder anderen Aspekt aufspüren. Wir aber haben
ort gehalten, so wie wir es im Koalitionsvertrag ver-

inbart haben.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600820600

Das Wort hat der Kollege Daniel Bahr von der FDP-

raktion.


Daniel Bahr (FDP):
Rede ID: ID1600820700

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist noch
ar nicht lange her, dass das GMG beschlossen worden
st. Gerade einmal zweieinhalb Jahre liegt das zurück.
ch habe den Eindruck, dass Sie, Frau Staatssekretärin,

530 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



(B) )


Daniel Bahr (Münster)

von Ihren eigenen vollmundigen Versprechungen einge-
holt worden sind.


(Beifall bei der FDP)


Was haben wir nicht alles gehört, was das GMG errei-
chen sollte! Wir müssten im Durchschnitt längst bei ei-
nem Beitragssatz von 13,0 Prozent sein, wenn man den
Sonderbeitrag einmal unberücksichtigt lässt. Im Durch-
schnitt liegt er aber bei 14,0 Prozent.

Sie haben das GMG damals mit der gleichen Argu-
mentation und Begründung eingebracht wie dieses Ge-
setz. Sie wollen die Wirtschaftlichkeitsreserven im
System heben. Wenn das so einfach wäre, dann hätten
Sie das doch schon längst tun können.


(Beifall bei der FDP)


Aufgrund der Vorschläge, die Sie damals im GMG ge-
macht haben, gab es doch schon viele Stellschrauben,
zum Beispiel die Festbeträge und andere. Von daher bin
ich sehr skeptisch, ob die Wirtschaftlichkeitsreserven,
von denen Sie sprechen, mit diesem erneuten Arzneimit-
telsparpaket realisiert werden.

Gerade heute haben die AOK Hessen und die
AOK Schleswig-Holstein angekündigt, ihre Beiträge zu
erhöhen. Noch in der letzten Woche haben Sie ge-
schimpft, als Allgemeine Ortskrankenkassen angekün-
digt haben, sie überlegten, die Beiträge zu erhöhen. Sie
haben gesagt, es kann doch nicht angehen, dass schon
die Überlegungen in den Medien so dargestellt werden,
als ob die Beiträge erhöht werden. Heute haben die All-
gemeinen Ortskrankenkassen in Hessen und in Schles-
wig-Holstein entschieden, dass sie die Beiträge erhöhen.
Sie reagieren erneut mit einem Ausweichmanöver, in-
dem Sie jetzt die Aufsichtsbehörden einschalten.


(Dirk Niebel [FDP]: Pfui!)


Nehmen Sie doch endlich einmal die reale Situation
wahr, dass die beitragspflichtigen Einnahmen im nächs-
ten Jahr nicht steigen, sondern möglicherweise sogar zu-
rückgehen werden und dass die Leistungsausgaben um
voraussichtlich 3 Prozent steigen werden. Das hat auch
seine Gründe. Das ist nämlich unter anderem darauf zu-
rückzuführen, dass die Zahl chronisch kranker Men-
schen steigt und dass therapeutische Verbesserungen zu-
mindest in den Anfangsjahren im Regelfall eher teurer
sind.

Eine weitere Ursache ist das Wegbrechen sozialversi-
cherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse. Davor
warnt der Sachverständigenrat. Man erkennt an Ihren
Annahmen, dass Sie das bisher nicht zur Kenntnis neh-
men wollen. Hinzu kommt, dass allen Beteuerungen
zum Trotz immer wieder die Lasten aus anderen sozialen
Sicherungsbereichen in die gesetzliche Krankenversi-
cherung verschoben werden, wie das unlängst erst wie-
der durch Hartz IV geschehen ist.

Ja, durch die Entscheidung der großen Koalition wird
das mit dem Wegfall des Bundeszuschusses zu den ver-
sicherungsfremden Leistungen und der Anhebung der
Mehrwertsteuer um 3 Prozent sogar noch weiter betrie-
ben. Hier wird die gesetzliche Krankenversicherung

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(C (D eiter belastet. Deswegen kann ich verstehen, dass die rankenkassen unsicher sind und Sorgen haben, dass as zu Belastungen und damit zu Beitragserhöhungen ührt. Die Großkoalitionäre müssen jetzt für ihre Entscheiung aus dem Jahre 2003 haften, keine grundlegende eform des Systems geschultert zu haben. Sie haben ersucht, sich mit Kostendämpfungsmaßnahmen über ie Runden zu retten. Im Arzneimittelbereich hat das war zum Beispiel dazu geführt, dass im Jahr 2004 ween der Vorzieheffekte in 2003 und der Anhebung des erstellerrabattes von sechs auf 16 Prozent künstliche insparungen erzielt werden konnten. Das hat jedoch im ahr 2005 – das war absehbar – zu einer ebenso künstlich ufgeblähten Steigerung der Arzneimittelausgaben on voraussichtlich 14 Prozent geführt, die sich zu eiem Teil auch durch eine Zunahme der Befreiung von er Zuzahlung erklärt. Etwa 8 Prozent dieser Steigerung ind dabei aufgrund des GMG übrigens erwartet worden. s ist ja nicht so, dass die Steigerung der Arzneimittelusgaben, die wir in diesem Jahr erleben, nicht schon im ahre 2003 einkalkuliert worden ist. Also muss man sich ber die Steigerung der Steigerungsrate unterhalten, die ie ursprünglich einkalkuliert haben. Dann sieht das zuindest schon etwas anders aus. Diese in weiten Teilen selbst geschaffene Steigeungsrate nimmt man nun zum Anlass, den heute schon urch eine ungeheure Vielzahl von unterschiedlichsten nstrumenten überregulierten Arzneimittelbereich noch inmal mit zusätzlichen Kostendämpfungsversuchen zu rangsalieren. (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was schlagen Sie denn nun vor?)


(Beifall bei der FDP)


ines der schönsten Instrumente ist übrigens die Mög-
ichkeit für die gesetzlichen Krankenkassen, über die in
inem mühsamen und aufwendigen Verfahren einheit-
ich und gemeinsam durch die Spitzenverbände der
rankenkassen nach Vorarbeit durch den Gemeinsamen
undesausschuss ermittelten Festbeträge hinausgehen
u dürfen, wenn nachgewiesen wird, dass diese Mehr-
usgaben durch Rabatte desselben Herstellers wieder
ingespielt werden können.


(Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Langsam, Sie haben noch Zeit!)


erworrener, bürokratischer und aufwendiger geht es
irklich kaum noch.


(Beifall bei der FDP)


er eine solche Flexibilisierung schaffen will, der muss
ich von der Vorstellung einheitlicher und gemeinsamer
estbeträge lösen und diese durch kassenindividuelle
estzuschüsse ersetzen.


(Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Sie haben noch Zeit! Lesen Sie langsamer!)


In der Presseerklärung des Bundesgesundheitsminis-
eriums zum Arzneimittelgesetz vom 2. Dezember 2005
eißt es:

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 531


(A) )



(B) )


Daniel Bahr (Münster)

Die gesetzliche Krankenversicherung stünde finan-
ziell noch erheblich besser da, wenn die Ausgaben-
zuwächse im Arzneimittelbereich im Rahmen der
von der Selbstverwaltung vereinbarten Steigerungs-
rate geblieben wären. Das Versagen der Selbstver-
waltung

– Sie haben es eben wiederholt –

bei der Steuerung der Arzneimittelausgaben erfor-
dert deshalb weiteres Handeln des Gesetzgebers, …

Ich erwarte Rationierungen aufgrund des Gesetzes.
Wenn das bedeuten soll, dass die Ministerin diese zu-
künftig mitverantworten will, dann ist das anscheinend
nur zu begrüßen. Zumindest wird so argumentiert.

Es wird zukünftig noch weitere Festbeträge geben
und ihre Höhe wird nach unten korrigiert, aber nicht
etwa durch diejenigen, die das Geschäft seit Jahren be-
treiben, nämlich durch die Selbstverwaltung, sondern
erstmals durch den Gesetzgeber. Die Regelung wird
dazu führen, dass mehr Patienten deutlich mehr für ihre
Arzneimittel bezahlen müssen. Die Pharmaunterneh-
men werden ihre Preise nicht zwangsläufig auf die Fest-
beträge absenken. Das kann man wollen, dann soll man
das aber auch deutlich sagen. Eine mit Ausnahme der
Selbstbeteiligung voll finanzierte Arzneimittelversor-
gung gibt es nur noch für das Notwendigste. Das ist aber
nicht immer das Beste. Wenn selbst die Krankenkassen
die Kostenübernahme bestimmter Medikamente durch
die Neuregelung nicht mehr in voller Höhe gewährleistet
sehen – die BKK hat darauf hingewiesen –, dann sollte
uns zumindest nachdenklich stimmen, dass das selbst die
Krankenkassen tun.

Die Bundeskanzlerin hat vor der Wahl verkündet, den
Pharmastandort Deutschland stärken zu wollen. In ihrer
Regierungserklärung hat sie dies erneut bekräftigt. Da-
von findet sich in dem vorgelegten Entwurf allerdings
nicht viel wieder. Ein zweijähriges Preismoratorium,
Preisabschläge für Generika, die ganz nebenbei eigent-
lich den Wettbewerb auf dem Arzneimittelmarkt bele-
ben, die eben schon angesprochene Absenkung der Fest-
beträge, eine Bonus-Malus-Regelung für Ärzte bei
Überschreiten so genannter Tagestherapiekosten, die
dazu führen werden, dass sich die Ärzte mehr um den
Preis als um die Qualität ihrer Therapie sorgen müssen,
all das ist wohl eher nicht geeignet, die Zielsetzung der
Kanzlerin zu befördern.

Da hilft auch der Versuch nicht sonderlich weiter, in-
novationsfreundlicher als bisher zu definieren, was unter
einem neuartigen Arzneimittel zu verstehen ist. Die
jetzt im Gesetz verankerte Definition ist nämlich gar
nicht weit von dem entfernt, was der Gemeinsame Bun-
desausschuss in seiner Verfahrensordnung bereits festge-
legt hat.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Das ist falsch! – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Was will nun die FDP?)


Die Bundesministerin scheint eine Strategie wie auf
dem Basar zu verfolgen, nämlich immer weit über das
Ziel hinauszupreschen. Die CDU/CSU scheint sich darin

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(C (D u erschöpfen, das Schlimmste zu verhindern. Damit ommen wir im Gesundheitswesen nicht weiter. Ich bin uf die Anhörung zu diesem Gesetz gespannt. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FDP – Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Und wir auf weitere Reden von Ihnen!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600820800

Das Wort hat der Kollege Wolfgang Zöller von der

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Bitte nicht so schnell wie der Kollege! – Gegenruf des Abg. Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Konnten Sie nicht folgen?)



Wolfgang Zöller (CSU):
Rede ID: ID1600820900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu-

ächst zu Ihnen, Herr Kollege Bahr. An dieser Stelle zu
ehaupten, das GMG, das GKV-Modernisierungsgesetz,
abe nicht gewirkt, ist nicht richtig.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Nicht ausreichend!)


ie wissen genauso gut wie wir alle: Zum damaligen
eitpunkt bestand die Gefahr, dass die Beiträge über
5 Prozent steigen. Gleichzeitig hatten wir die Tatsache
u verkraften, dass die Krankenkassen über 8 Mil-
iarden Euro Schulden aufwiesen. Heute sind die meis-
en Kassen von ihrer Schuldenlast herunter. Die Bei-
ragssätze sind gesunken. Zu behaupten, das GMG habe
icht gewirkt, ist einfach nicht richtig.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Die Beiträge liegen aber nicht bei den angekündigten 13 Prozent!)


Nach dem, was in der Koalitionsvereinbarung zum
rzneimittelbereich stand, haben wir uns an zwei Zielen
rientiert. Erstens. Wir wollen die Rahmenbedingungen
ür innovative Arzneimittel verbessern und damit auch
en Pharmastandort Deutschland stärken.

Zweitens. Einsparungen sollen durch Ausschöpfen
on Wirtschaftlichkeitsreserven bei Arzneimittelverord-
ungen erzielt werden. Um beide Ziele gleichermaßen
u erreichen, müssen die vorgesehenen gesetzlichen
aßnahmen in sich ausgewogen sein. Wir haben ver-

ucht, das zu erreichen.

Wir haben folgende Maßnahmen beschlossen, die zu
iner Verbesserung in Bezug auf innovative Arzneimit-
el führen. Gerade auch an die FDP gerichtet sage ich:
as Gesetz stellt klar, dass jede Arzneimittelinnovation,
ie aus wissenschaftlicher Sicht den Therapieerfolg für
ie Patienten verbessert, grundsätzlich immer von der
estbetragsregelung freizustellen ist. Dies ist auch dann
öglich, wenn sich die therapeutische Verbesserung auf

532 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


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Wolfgang Zöller
einzelne Patientengruppen und Indikationsbereiche be-
schränkt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Künftig wird eine therapeutische Verbesserung nicht
nur dann anerkannt – wie es jetzt im Gesetz steht –,
wenn schwere Nebenwirkungen vermieden werden, son-
dern bereits dann, wenn es zu einer therapierelevanten
Verringerung der Nebenwirkungen kommt.

Drittens. Es wird klargestellt, dass eine therapeutische
Verbesserung auch bei Arzneimitteln zu berücksichtigen
ist, die nicht neuartig sind, sondern eine bereits einge-
führte patentfreie Substanzklasse modifizieren.

Ein weiterer Punkt. Die Anforderungen an den Nach-
weis einer Innovation über klinische Studien werden auf
ein zumutbares Maß beschränkt. Auch wird die Transpa-
renz der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesaus-
schusses verbessert. Die Entscheidungsgründe müssen
künftig den Arzneimittelherstellern vorab mitgeteilt wer-
den.

Ein anderer Punkt. Das Festbetragsverfahren wird
durch Abkürzung des Entscheidungsweges wesentlich
beschleunigt. Auch das bringt den Beteiligten mehr Pla-
nungssicherheit. Das Festbetragssystem wird zudem
flexibler. Arzneimittelhersteller, die zum Beispiel ihre
Preise nicht auf das Festbetragsniveau absenken wollen
– ich darf nur an die Wirkung in anderen europäischen
Ländern erinnern –, können künftig mit den Kranken-
kassen Rabattverträge abschließen. Dadurch bleiben
diese Arzneimittel am Markt wettbewerbsfähig. Gleich-
zeitig profitieren davon auch die Versicherten jener Kas-
sen, die solche Verträge abschließen.

Wenn ein Arzneimittel innovativ ist – das heißt, eine
bessere therapeutische Wirkung hat oder weniger Ne-
benwirkungen verursacht –, dann soll es von der Festbe-
tragsregelung ausgenommen werden. Die jetzt beschlos-
senen Regelungen werden dies weit besser sicherstellen
als das bisher geltende Recht. Diese Klarstellungen be-
deuten eine eindeutige Verbesserung für die Hersteller
innovativer Arzneimittel. Wir machen damit deutlich,
dass wir die Arzneimittelforschung in Deutschland stär-
ken wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Unsere zweite Zielvorgabe war die Ausschöpfung
vorhandener Wirtschaftlichkeitsreserven. Ich glaube,
das ist uns einigermaßen moderat und in einer für alle
Beteiligten akzeptablen Art und Weise gelungen. Wir
werden die Festbeträge in den Gruppen 2 und 3 auf das
untere Preisdrittel absenken. Gleichzeitig wollen wir
aber sicherstellen, dass die Auswahl an Arzneimitteln,
die innerhalb dieser Gruppen zur Verfügung stehen, ge-
währleistet ist. Deshalb schreiben wir vor, dass innerhalb
des Festbetrages mindestens ein Fünftel aller Verordnun-
gen und ein Fünftel aller Packungen einer Arzneimittel-
gruppe verfügbar bleiben. Dies trägt dazu bei, Versor-
gungsmängel zu vermeiden.

Außerdem stellen wir sicher, dass bei größeren Arz-
neimittelgruppen wenigstens zwei Wirkstoffe innerhalb

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(C (D es Festbetrages vorhanden sind. Dies ist eine Maßahme im Sinne der Arzneimittelsicherheit. Denn wenn s bei einem Wirkstoff zu Unverträglichkeiten kommen ollte, hat der Arzt die Möglichkeit, die Therapie auf ein nderes Arzneimittel umzustellen. Beide Entscheidungen dämpfen zwar das Potenzial er Einsparmöglichkeiten, aber sie sind im Sinne der Paientenversorgung und der Arzneimittelsicherheit aus nserer Sicht unverzichtbar. Wir halten diesen Schritt für ichtig, auch wenn wir damit nur einen Mittelweg bechritten haben. Die Sicherstellung der Arzneimittelverorgung ist uns das aber wert. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Eine weitere Maßnahme ist das Preismoratorium
ür Arzneimittel zur Begrenzung des Ausgabenzuwach-
es. Auch hierbei haben wir einen Kompromiss gefun-
en. Wir können die Industrie nur für ihre eigenen Preise
erantwortlich machen. Deshalb ist es richtig, das Preis-
oratorium auf den Herstellerabgabepreis und nicht auf

en Apothekenverkaufspreis zu beziehen. Dadurch wer-
en die Arzneimittelhersteller nicht zu einem Kostenaus-
leich für eventuelle Steigerungen von Zuschlägen für
potheker und Großhändler herangezogen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ein weiteres Problem gab es im Zusammenhang mit
er Mehrwertsteuererhöhung. Es wäre sicherlich nicht
achgerecht – darin sind wir uns zumindest unter den
esundheitspolitikern in diesem Hause einig –, den Arz-
eimittelherstellern vorzuschreiben, zum Ausgleich ei-
er Steuererhöhung ihre Preise zu senken, zumal dies in
einem anderen Wirtschaftszweig der Fall ist. Ich
laube, die Politiker hätten sich schwer getan, dies nach
ußen zu rechtfertigen.

Wir Gesundheitspolitiker stimmen darin überein, dass
as Problem auf andere Weise gelöst werden muss. Ich
erhehle nicht, dass die Gesundheitspolitiker es vorzie-
en würden, wenn auch die Arzneimittel dem ermäßig-
en Mehrwertsteuersatz unterliegen würden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Daniel Bahr [Münster] [FDP])


Als letzten Punkt möchte ich die Stärkung der indivi-
uellen Verantwortung der Ärzte für Arzneimittel-
erordnungen ansprechen. Diese Regelung beinhaltet
inen Malus für überdurchschnittliche Arzneimittelver-
rdnungen auf der Basis von Tagestherapiekosten. Diese
ezugsgröße ist neu. Sie stellt für den einzelnen Arzt
ine Erleichterung dar; denn bei bestimmten Arzneimit-
elgruppen kann er die Ausgaben künftig wesentlich bes-
er steuern. Als weiteren Beitrag zum Abbau der Büro-
ratie kommt ihm zugute, dass der Arzt nicht mehr
outinemäßig doppelt für sein Verordnungsverhalten ge-
rüft werden soll, weil wir diese Maßnahmen aus der
berprüfung herausnehmen.

Die Regelung beinhaltet darüber hinaus auch einen
onus. Bei einem individuellen Bonus könnte es leicht
eißen, der Arzt spare an den Arzneimitteln, um sich hö-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 533


(A) )



(B) )


Wolfgang Zöller
here Einnahmen zu verschaffen. Deshalb haben wir uns
auf eine andere Lösung geeinigt, die ich auch für richtig
halte, nämlich den so genannten kollektiven Bonus. Da-
mit kann zum Beispiel die einzelne KV sicherstellen,
dass der Bonus den Ärzten zugute kommt, die das Wirt-
schaftlichkeitsgebot beachten.

Damit wird eine grundsätzliche Haltung belohnt,
nicht jedoch eine Minderversorgung von Patienten im
Einzelfall. Ich glaube, dass dies ein sinnvoller Weg ist.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Angesichts der letzten drei Sekunden meiner Redezeit
möchte ich noch feststellen: Der vorliegende Gesetzent-
wurf ist, glaube ich, ein Beleg dafür, dass wir – das kann
ich zumindest für die letzten Verhandlungen sagen – sehr
konstruktiv zusammengearbeitet und gemeinsam einen
Weg gefunden haben, um die Kosten in diesem Bereich
einigermaßen in den Griff zu bekommen.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welch schöne Harmonie in der Koalition!)


– Richtig, und das nach nur drei Wochen!

Wir sind gespannt, welche Argumente die Gegenseite
in der Anhörung anführen wird.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600821000

Das Wort hat jetzt der Kollege Frank Spieth von der

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Frank Spieth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1600821100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Aus-

gaben der gesetzlichen Krankenversicherung insbeson-
dere im Arzneimittelbereich sind – darauf wurde schon
hingewiesen – stark gestiegen. Die Bundesregierung
veranschlagt den Zuwachs im laufenden Kalenderjahr
auf etwa 16 Prozent bzw. rund 3,5 Milliarden Euro. Dies
dürfte eher konservativ geschätzt sein. Zum 1. Januar
2005 wurde das bis dahin geltende Preismoratorium
durch die Bundesregierung aufgehoben. Warnungen ins-
besondere aus dem Kreis der gesetzlichen Krankenkas-
sen vor einem solchen Schritt wurden geflissentlich ig-
noriert. Gemeinsam warnten die Spitzenverbände der
Krankenkassen vor einem Jahr vor der Absenkung des
Rabatts für Arzneimittel, für die es keinen Festbetrag
gibt, und vor dem Wegfall des Preismoratoriums, da dies
unweigerlich eine Steigerung der Arzneimittelausgaben
nach sich zöge. Die damals prognostizierten negativen
Auswirkungen für die Beitragsentwicklung und die Bei-
tragszahler waren also benannt. Nun sind sie eingetreten.

Die Kurzatmigkeit dieser Politik verursacht einen
ständigen Korrektur- und Gesetzgebungsbedarf. Nach
unserer Auffassung ist das Problem, dass ständig zu kurz
gesprungen wird. Der Gesetzentwurf in seiner ursprüng-
lichen Fassung musste auf Druck der CDU/CSU zurück-
gezogen werden. Wesentliche Vorschläge wurden einge-

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(C (D ampft. Gewährt wird nun im Rahmen der Vereinbarung er großen Koalition – hört, hört! – nur noch ein zweiähriges Preismoratorium. Völlig zurückziehen mussten ie, Frau Schmidt, Ihren Vorschlag – darauf wurde chon hingewiesen –, die Mehrwertsteuererhöhung auf ie Pharmahersteller abzuwälzen. Die geplante Mehrertsteuererhöhung wird im Arzneimittelbereich dazu ühren – das soll an dieser Stelle deutlich unterstrichen erden –, dass zusätzliche Belastungen voraussichtlich n einer Größenordnung von 800 Millionen Euro auf die atienten abgewälzt werden. Wir halten das für einen kandal. Wir fordern Sie auf, meine Damen und Herren on der SPD, Ihr Wahlversprechen einzuhalten und auf ine Mehrwertsteuererhöhung komplett zu verzichten. erbrauchsteuererhöhungen treffen nämlich immer und uerst die kleinen Leute und in diesem Fall in besonderer eise die Kranken. Ihr Gesetz vermag nach unserer Überzeugung das eientliche Problem wiederum nicht zu lösen. Anstatt endich die dringend notwendige Positivliste einzuführen nd damit den Problemen stärker auf den Grund zu geen, bleiben Sie wieder einmal an der Oberfläche. Die on Ihnen vorgeschlagenen Einsparungen werden voaussichtlich durch die geplante Mehrwertsteuererhöhung ufgefressen. Was bedeutet das im Endeffekt? Wer wird ür die weiter steigenden Arzneimittelkosten aufkomen? Wir fragen außerdem: Trifft es zu, dass es sich die ngeblich Not leidende Pharmaindustrie leisten kann, ehr Geld für Werbung und Vermarktung auszugeben ls für die Forschung? arum müssen die Versicherten mit den ständig steigenen Arzneimittelausgaben Heerscharen an Pharmaverretern finanzieren? Ein Unsinn allererster Güte! Wäre es icht sinnvoller gewesen, ein Gesetz zu machen, das die irtschaftlichkeitsreserven gehoben hätte – hierzu gab s viele Vorschläge – und unter anderem zu einer Veresserung der Qualität und der Versorgung und nicht zu iner Steigerung der Profite geführt hätte? Es ist davon auszugehen, dass die Arzneimittelherteller Ihren Vorschlag dazu benutzen werden, bis zum n-Kraft-Treten der vorgesehenen Maßnahmen noch einal schnell Kasse zu machen. Ihr Gesetz wird – davon in ich sehr überzeugt – vor allem Hausärzte und chroisch Kranke treffen. Die vorgesehene Bonus-Malusegelung und die Einführung von Tagestherapiekosten erden nach meiner Meinung bürokratische Monster roduzieren und zudem das Arzt-Patienten-Verhältnis chwer belasten. Wir fordern Sie deshalb auf: Legen Sie Ihren Gesetzntwurf zurück in Ihren Giftschrank und realisieren Sie ndlich die Positivliste, mit der Sie wirksam und intellient die Wirtschaftlichkeitsreserven dort heben können, o sie vorhanden sind! Bitten Sie diejenigen zur Kasse, ie mit Scheininnovationen Milliarden verdienen, und icht diejenigen, die auf eine wirksame, qualitativ 534 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 Frank Spieth hochwertige und preiswerte Medikamentenversorgung angewiesen sind. (Beifall bei der LINKEN – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Haben Sie unser Gesetz gelesen?)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


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Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600821200

Als nächste Rednerin hat die Kollegin Birgitt Bender

vom Bündnis 90/Die Grünen das Wort.


Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser

Gesetzentwurf hat eine klare Botschaft und die heißt:
Lobbyismus lohnt sich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


Schon der erste Arbeitsentwurf aus dem Ministerium
war nicht geeignet, die Arzneimittelausgaben dauerhaft
in den Griff zu bekommen. Denn Maßnahmen wie ein
zweijähriger Preisstopp für alle rezeptpflichtigen Medi-
kamente oder eine einmalige Preissenkung für Generika
wirken gewiss, aber nur kurzfristig. An der langfristigen
Ausgabenentwicklung ändern derartige Kostendämp-
fungsmaßnahmen gar nichts. Schon dieser Entwurf
krankte daran, dass er sich nicht an die Ursachen der
übermäßigen Ausgabensteigerungen im Arzneimittelbe-
reich herantraute. Die liegen nun einmal darin, dass in
Deutschland jedes zugelassene Arzneimittel, soweit es
rezeptpflichtig ist, umstandslos von den Krankenkassen
erstattet werden muss. Das ist geradezu eine Einladung
an die Pharmahersteller, teure Scheininnovationen auf
den Markt zu werfen, bei denen die Ausgaben für das
Marketing weit über den Entwicklungskosten liegen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Diesen Fehlanreiz behebt man nur, wenn man neue
Arzneimittel konsequent auf ihr Kosten-Nutzen-Verhält-
nis gegenüber den bereits eingeführten Medikamenten
überprüft und erst dann erstattungsfähig macht, wenn sie
diese Prüfung bestehen. Damit würden tatsächlich inno-
vative Hersteller belohnt. Eine derartige Regelung aber,
so erinnern wir uns, hat die Union schon in der Gesund-
heitsreform erfolgreich verhindert und dementsprechend
hat sich Frau Schmidt auch nicht getraut, dieses in ihren
Arbeitsentwurf hineinzuschreiben.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Dann kriegen alte Menschen weniger! Mit uns nicht!)


Nun bleiben diese Defizite und Leerstellen im Koali-
tionsentwurf bestehen. Darüber hinaus hat man ihn, Herr
Kollege Zöller, auch noch verschlimmbessert; denn jetzt
sind Sie dabei, das Festbetragssystem, auf das wir uns
einmal gemeinsam geeinigt hatten, vollends gegen die
Wand zu fahren. Erst vor wenigen Wochen hat das Bun-
dessozialgericht wie vor ihm schon das Bundesverfas-
sungsgericht und auch der EuGH das Festbetragssystem
bestätigt. Diese Rechtssicherheit, die wir dadurch ge-
wonnen hatten, wird in dem Gesetzentwurf wieder in-
frage gestellt.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Nein!)


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(C (D Denn auf Betreiben der Union, Herr Kollege – Ihre ollegin Widmann-Mauz lobt sich noch dafür, den for chenden Arzneimittelherstellern entgegengekommen zu ein –, strotzt der Entwurf vor Definitionen, was denn un echte Innovationen und Scheininnovationen bei rzneimitteln sein sollen. Durch diesen Wust von viel ach unbestimmten Rechtsbegriffen wird die Abgrenung aber nicht einfacher, sondern schwieriger. eiteren Gerichtsverfahren werden Tür und Tor geöffet. Damit werden Teile der Pharmaindustrie ihrem erlärten Ziel, das Festbetragssystem endlich zu schleifen, rheblich näher kommen. Vor diesem Hintergrund sind die im Finanztableau es Gesetzentwurfs ausgewiesenen 800 Millionen Euro, ie durch eine, wie Sie sagen, Neujustierung des Festberagssystems erwirtschaftet werden sollen, ein frommer unsch. Belastbar sind einzig die 500 Millionen Euro n Einsparungen, die für die Krankenkassen durch die reissenkung bei Generika entstehen sollen. Aber durch die Anhebung der Mehrwertsteuer im bernächsten Jahr, die Sie ja planen, werden die Arzneiittelausgaben um 900 Millionen Euro steigen. Das nun orgelegte so genannte Sparpaket ist also allenfalls dazu eeignet, die von der Koalition selber veranlassten ehrausgaben gerade einmal auszugleichen. Da kann ch Ihnen nur sagen: Darüber hinaus werden nicht einal kurzund mittelfristig bedeutsame Einsparungen ntstehen – von langfristigen Entlastungen ganz zu chweigen. Das heißt, Sie sind miteinander zu kurz geprungen und – unter Lobbydruck – auch noch in die falche Richtung, meine Damen und Herren von der Koaliion. Dies ist kein guter Start in der Gesundheitspolitik. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Das stimmt!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600821400

Das Wort hat jetzt die Kollegin Dr. Marlies Volkmer

on der SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Marlies Volkmer (SPD):
Rede ID: ID1600821500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

rzneimittelausgaben sind im Jahr 2005 gegenüber dem
ahr 2004 um 16 Prozent gestiegen. Das ist wirklich eine
nakzeptable Größe. Man kann in Rechnung stellen, dass
as Jahr 2004 ein besonderes Jahr war: Es gab Vorzieh-
ffekte aus dem Jahr 2003 und der Herstellerrabatt
urde 2004 von 6 auf 16 Prozent erhöht; 2005 wurde er
ieder gesenkt. Diese beiden Faktoren führten aber le-
iglich zu Kostensteigerungen von weniger als
0 Prozent. Das heißt, 70 Prozent der Kostensteigerun-
en können nicht durch diese Faktoren begründet wer-
en und sie sind zum großen Teil auch medizinisch nicht
egründet.

Die Kostensteigerungen sind überwiegend durch die
cheininnovationen bedingt. Gemeint sind damit neue
edikamente, Medikamente, die in der Regel teuer sind,

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 535


(A) )



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Dr. Marlies Volkmer
und Medikamente, die durch Heerscharen von Pharma-
referenten, die durch die Praxen ziehen, gut vermarktet
werden. Diese Medikamente sind zwar teurer, haben
aber keine bessere Wirkung. An diese Scheininnova-
tionen müssen wir heran.


(Beifall bei der SPD – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na, dann tun Sie es doch!)


– Frau Bender, wir machen das ja.

Die Verordnung von Arzneimitteln ist natürlich auch
ein Ergebnis der Vereinbarung der Selbstverwaltung
von Ärzten und Krankenkassen. Man muss eben auch
feststellen: Die Selbstverwaltung ist ihrer Verantwortung
hier nicht gerecht geworden. Weil die Selbstverwaltung
ihrer Verantwortung nicht gerecht geworden ist, muss
der Gesetzgeber hier eingreifen. Das tun wir.

Ich kann heute nicht auf alle Regelungen des Gesetz-
entwurfs eingehen. Ich möchte mich auf die Aspekte be-
schränken, von denen ich denke, dass sie in der Diskus-
sion im Ausschuss noch wichtig sein werden. Eine
zentrale Maßnahme ist das Einfrieren der Arzneimit-
telpreise für zwei Jahre. Die Erhöhung der Mehrwert-
steuer ab 2007 ist nicht von den Herstellern zu tragen,
wie wir es ursprünglich gewollt haben. Das heißt, dass
das Damoklesschwert Mehrwertsteuererhöhung über
den Kassen und damit den Beitragszahlern schwebt.
Deshalb sollten wir uns gemeinsam dafür einsetzen, dass
für Arzneimittel, wie in fast allen anderen europäischen
Ländern, der ermäßigte Mehrwertsteuersatz gilt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Umfassende Änderungen sind im Festbetragsbereich
vorgesehen. Hintergrund der Regelungen ist, dass die
bereits erwähnten Scheininnovationen allen bisherigen
Maßnahmen zum Trotz immer noch erheblich teurer
sind als therapeutisch gleichwertige Generika. Deshalb
sollen die Festbeträge generell ins untere Preisdrittel ab-
gesenkt werden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wenn es nicht dazu kommen sollte, dass die Herstel-
ler ihre Preise auf das Festbetragsniveau absenken, was
in der Vergangenheit bereits vorgekommen ist – wir alle
erinnern uns an den Fall Sortis –, erhalten die Kranken-
kassen die Möglichkeit, für ihre Versicherten Rabattver-
träge abzuschließen. Durch diese sollen die Mehrkosten
gegenfinanziert werden. Wenn derartige Verträge tat-
sächlich abgeschlossen werden, ist dies natürlich im In-
teresse der einzelnen Patienten, die anderenfalls die Dif-
ferenz zwischen Festbetrag und Arzneimittelpreis tragen
müssten. Was diese Maßnahme aber für den Arzneimit-
telmarkt und die Versichertengemeinschaft bedeutet, ist
derzeit noch schwer abzuschätzen.

Festbetragsregelungen sind eine überaus komplexe
Materie. Ich möchte an dieser Stelle dafür werben, dass
wir uns intensiv mit den Auswirkungen der neuen Rege-
lung befassen, vor allem mit den Auswirkungen auf die
Versorgung der Patientinnen und Patienten und auf das
Instrument, das wir in der letzten Gesundheitsreform

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(C (D ühevoll gesetzlich verankert haben, nämlich die Nutenbewertung der Arzneimittel durch das Institut für ualität und Wirtschaftlichkeit, dessen Bedeutung nach einer Auffassung zukünftig noch gestärkt werden uss. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Gute Maßnahme!)


Unbedingt verhindern wollen wir, dass das Geld, das
urch das Verbot von Naturalrabatten eingespart wird,
ozusagen in den Bilanzen der Industrie und des Groß-
andels versickert. Deswegen wird bei Generika ein Ab-
chlag auf den Herstellerabgabepreis in Höhe von
0 Prozent erfolgen. Ich plädiere an dieser Stelle aus-
rücklich dafür, bei der jetzt vorgesehenen Regelung zu
leiben und keine Ausnahme für den Bereich der nicht
erschreibungspflichtigen Arzneimittel zu machen, wie
ies gelegentlich gefordert wird. Dieser Rabatt ist eine
er wichtigsten finanzwirksamen Regelungen, da sich
ier die Unwägbarkeiten in engen Grenzen halten.

Auch die Ärzte müssen einen Teil zu den Einsparun-
en beitragen;


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])


enn die Ausgabenzuwächse erklären sich vor allem
urch das Verordnungsverhalten der Ärzte, die zu oft die
rwähnten Scheininnovationen verordnen, statt auf be-
ährte preisgünstigere Therapien zurückzugreifen. Wir

tärken hier die individuelle Verantwortung des Arztes
ür seine Verordnungen. Unser Weg ist ein gesetzlich
erankertes Bonus-Malus-System. Es ist damit Schluss
it dem Wischiwaschi, bei dem man den verantwortlich

erordnenden Arzt nicht von dem unwirtschaftlich ver-
rdnenden Arzt trennen kann.

Wenn wir über diese Bonus-Malus-Regelung disku-
ieren, müssen wir eines sicherstellen – das ist mir als
rztin wichtig –: Ärzte dürfen nicht in einen Konflikt
etrieben werden und Patienten notwendige Arzneimit-
el aus wirtschaftlichen Erwägungen vorenthalten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Ich halte das „Geiz ist geil“-Argument vom Präsiden-
en der Bundesärztekammer für völlig daneben, weil es
atienten und Ärzte verunsichert. Vielmehr müssen die
ahmenbedingungen so gesetzt werden, dass eine Ver-

orgung nach den Prinzipien „notwendig“, „zweckmä-
ig“ und „wirtschaftlich“ erfolgt. Hier haben alle Betei-
igten im Gesundheitswesen einen Beitrag zu leisten, die
rztekammer allemal. Das gilt für alle Regelungen, wie
ir sie in diesem Gesetz vorgesehen haben.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600821600

Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat

er Kollege Dr. Wolf Bauer von der CDU/CSU-Fraktion
as Wort.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Der könnte in der Debatte ein Gewinn sein!)


536 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


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Dr. Wolf Bauer (CDU):
Rede ID: ID1600821700

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine

Herren! Als letzter Redner hat man natürlich immer ein
Problem: Man will keine Wiederholungen vortragen.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind jetzt höchst gespannt, Herr Kollege!)


Ich möchte mich daher bemühen, noch ein paar andere
Akzente zu setzen.

Mehrmals ist auf die Kostensteigerungen hingewie-
sen worden. Es führt nun einmal kein Weg daran vorbei:
Es musste jetzt gehandelt werden, und zwar schnell.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Da sollte man uns von der Koalition auch einmal dafür
loben, dass wir in so kurzer Zeit diesen Gesetzentwurf
auf die Beine gestellt haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn etwas Gescheites dabei herausgekommen wäre, dann schon! – Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Eigenlob stinkt, Herr Bauer!)


Das eine oder andere wird sicherlich nicht ideal sein
– das ist ganz klar –, aber ich sage noch einmal: Wichtig
war, jetzt zu handeln und schnell zu handeln.


(Beifall bei der CDU/CSU – Peter Albach [CDU/ CSU]: Die Koalition ist wirklich gut!)


Ganz klar muss sein, dass wir mit diesem AVWG un-
sere Arbeit noch nicht erledigt haben. Wir werden mit
Sicherheit darangehen müssen – jetzt ist etwas Zeit zur
Verfügung –, eine vernünftige und gute Strukturreform
in unserem Gesundheitswesen auf die Beine zu stellen.
Aber es muss eine echte Strukturreform sein, die uns sol-
che Gesetze, wie wir sie jetzt haben, in Zukunft erspart.

Ich höre von der rechten Seite den einen oder anderen
Einwurf. Es ist nun einmal so, wie es ist. Wir müssen
jetzt handeln.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen, Herr Bauer! Das ist in Ordnung!)


Ich muss die Kritik natürlich hinnehmen. Zu den zehn
Kostendämpfungsgesetzen in 25 Jahren tun wir jetzt
noch eines dazu; das ist klar. Trotzdem – ich sage es
noch einmal –: Es führt kein Weg daran vorbei. Wir
müssen vor allem sorgfältig darauf achten, dass alles,
was wir jetzt beschließen, kompatibel mit dem ist, was
wir möglicherweise in Zukunft in einer Strukturreform
festhalten wollen.

Über die einzelnen Punkte ist bereits viel gesagt wor-
den, auch über die Festbeträge und über das Preismora-
torium. Ich möchte nur noch auf eines hinweisen: Ver-
gleicht man den Einfluss der Festbeträge auf die
Preisentwicklung bei Arzneimitteln mit dem Einfluss ei-
nes Preismoratoriums, so ist unschwer zu erkennen, dass
die Effektivität der Festbeträge ungleich größer ist.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Daniel Bahr [Münster] [FDP])


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(C (D nsofern ist es richtig, dass wir dieses Instrument hier anegangen haben. Es wird sicherlich noch das eine oder andere zu veressern sein. In Bezug auf die Festbeträge möchte ich hnen aber nur eines sagen, Frau Bender: Sie werden nie ine saubere Definition von Innovation hinbekommen. (Beifall des Abg. Daniel Bahr [Münster] [FDP])


ch glaube, das wird eine wissenschaftliche Aufgabe
ein, die keiner lösen kann, da immer wieder etwas ande-
es darunter zu verstehen ist. Wenn jetzt mit diesem Ge-
etz zum ersten Mal der Aspekt der Verbesserung der
ebensqualität eingeführt wird, dann sollten wir alle
as doch begrüßen und nicht sofort wieder davon reden,
ass das ein schwammiger Begriff sei, den man letztend-
ich nicht greifen könne.


(Beifall bei der CDU/CSU)


ch weiß natürlich, dass das schwierig ist.

In diesem Zusammenhang ist auch positiv hervorzu-
eben, dass es uns bisher immer wieder gelungen ist, für
lle GKV-Versicherten eine qualitativ hochwertige Arz-
eimittelversorgung sicherzustellen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


ie Versicherten durften an den Innovationen partizipie-
en; wir sollten durchaus einmal erwähnen, dass das ver-
ünftig ist.

Die einzelnen Ausführungen zu den Schritten, die wir
orgenommen haben, sind im AVWG niedergelegt.
rt. 2 des Gesetzentwurfes beinhaltet die Änderung des
eilmittelwerbegesetzes. Da habe ich persönlich Pro-
leme; denn so, wie sich das Heilmittelwerbegesetz
etzt darstellt, ist es für mich ein bürokratisches Monster,
as fast nicht mehr zu überschauen ist. Gerade an den
7 müssen wir einmal ernsthaft herangehen, ihn neu

onzipieren und ihn vor allem so formulieren, dass end-
ich nicht mehr nur wenige Spezialisten verstehen, was
arin steht, und dass nicht jeder, der Gesetze befolgen
oll, eine juristische Interpretation braucht, um dies tun
u können.

Eine weitere Frage in diesem Zusammenhang ist, ob
s gesetzessystematisch richtig ist, das Nichtgewähren
on Rabatten – gegen das ich gar nicht sprechen will – in
in Heilmittelwerbegesetz hineinzuschreiben. Das müss-
en wir uns noch einmal überlegen; denn die Intention
es Heilmittelwerbegesetzes ist ja, die Gesundheit des
inzelnen und die Gesundheit der Gesamtheit zu schüt-
en. Ob man das mit dem Verbot von Rabatten erreicht,
iehe ich zumindest kräftig in Zweifel. Insofern müssen
ir an dieses Thema einmal herangehen.

Ich habe ja vorhin von Kompatibilität gesprochen:
enn wir sagen, dass Rabatte Einfluss auf die Gesund-

eit des Einzelnen und auf die Gesundheit des gesamten
olkes haben, dann müssten wir zum Beispiel auch den
ersandhandel, den wir erst unlängst erlaubt haben, wie-
er verbieten. Aus dem Ausland ist der Versandhandel
rlaubt; wenn die Arzneimittel aus dem Ausland herein-
ommen, gelten insofern wieder andere Bedingungen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 537


(A) )



(B) )


Dr. Wolf Bauer
Auch dies passt also nicht ganz zusammen. Man muss
jetzt aber nicht den Versandhandel wieder verbieten. Ich
glaube nur, dass wir einmal ernsthaft an dieses Thema
herangehen müssen.

Ich wünsche mir natürlich auch, dass wir zu mehr
Harmonisierung kommen. Es geht mit Sicherheit nicht,
dass wir wieder Ungleichheit zwischen deutschen Leis-
tungsanbietern und Anbietern aus anderen EU-Staaten
schaffen. Manche sprechen heutzutage ja schon von ei-
ner Inländerdiskriminierung. Ich glaube, hier müssen wir
ein bisschen aufpassen und noch etwas gegensteuern.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600821800

Herr Kollege Bauer, bedenken Sie bitte die Zeit.


Dr. Wolf Bauer (CDU):
Rede ID: ID1600821900

Ich möchte gerade noch den letzten Satz sagen. – Ich

weise noch einmal darauf hin, dass wir jetzt den richti-
gen Schritt getan haben und dass weitere Schritte folgen
müssen. Ich bin optimistisch, dass wir mit dieser Koali-
tion auch weitere Probleme lösen können.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600822000

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird die Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 16/194 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
dazu anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall.
Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 13 sowie die Zu-
satzpunkte 8 und 9 auf:

13 Beratung des Antrags der Abgeordneten Cornelia

(Saarbrücken)

tion der LINKEN

Statt Ausbildungspakt – Für eine umlage-
finanzierte berufliche Erstausbildung

– Drucksache 16/122 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales

ZP 8 Beratung des Antrags der Abgeordneten Cornelia
Pieper, Patrick Meinhardt, Uwe Barth, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Die duale Berufsausbildung in Deutschland
kontinuierlich verbessern

– Drucksache 16/235 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Arbeit und Soziales

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(C (D P 9 Beratung des Antrags der Abgeordneten Priska Hinz terer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Berufsausbildung umfassend sichern – Drucksache 16/198 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Als erster Rednerin erteile ich der Kollegin Cornelia irsch von der Fraktion Die Linke das Wort. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! assen Sie mich eine Sache als Erstes klarstellen: Mit nserem Antrag wollen wir keinesfalls anzweifeln, dass ie formalen Zusagen des Ausbildungspaktes eingehalen wurden. Wir kennen die Zahlen wahrscheinlich geauso gut wie Sie. Es ist richtig, dass jedes Jahr rund 0 000 neue Ausbildungsplätze geschaffen wurden. Das ar sogar etwas mehr als die vereinbarten 25 000 Ein tiegsqualifizierungen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Cornelia Pieper [FDP] – Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Dafür klatschen wir mal!)


(Beifall bei der LINKEN)

Cornelia Hirsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1600822100

Dies ist für uns allerdings kein Grund, Ihnen zum
usbildungspakt zu gratulieren.


(Jörg Tauss [SPD]: Jetzt klatschen wir nicht mehr!)


enn es ist doch vollkommen unentscheidend, ob for-
ale Paktvereinbarungen eingehalten wurden. Entschei-

end ist für uns die Frage, ob der Ausbildungspakt ein
augliches Mittel und Instrument ist, um die Perspekti-
en der Jugendlichen auf dem Ausbildungsmarkt zu ver-
essern. Genau an dieser Stelle ist die Bilanz verhee-
end.


(Beifall bei der LINKEN)


Der grundsätzliche Fehler liegt aus unserer Sicht
chon darin, dass mit dem Pakt keine zusätzlichen Aus-
ildungsplätze geschaffen werden, sondern dass ledig-
ich versucht wird, die Ausbildungsplätze, die im glei-
hen Zeitraum wegfallen, zu kompensieren. Nicht
inmal dieses Ziel wird vollständig erreicht. So gab es in
en letzten Jahren 10 Prozent weniger Ausbildungsstel-
en. Die Quote der betrieblichen Ausbildung ist in die-
em Jahr mit 23,4 Prozent auf einem neuen Tiefststand.
onkret bedeutet das für die ausbildungsplatzsuchenden

ugendlichen, dass es mehr Bewerberinnen und Bewer-
er und gleichzeitig weniger Ausbildungsangebote gibt.
as ist wahrlich keine Erfolgsgeschichte.


(Beifall bei der LINKEN)


538 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



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Cornelia Hirsch
Die Leidtragenden in dieser Situation sind die Ju-
gendlichen. Wir finden es zynisch, wenn in der Presse
und in den Medien immer wieder auf die offizielle Sta-
tistik der Bundesagentur für Arbeit hingewiesen und be-
hauptet wird, die Ausbildungslücke habe sich durch den
Ausbildungspakt verringert. Aus unserer Sicht ist das
Schönrechnerei. Denn ein Großteil der Jugendlichen
wird aus dieser Statistik schon vorher herausgerechnet.
Sie befinden sich in berufsvorbereitenden Maßnahmen,
nehmen an Einstiegsqualifizierungen teil oder – das ist
aus unserer Sicht ein sehr wichtiger Punkt, über den wir
diskutieren sollten – fangen ohne Berufsausbildung di-
rekt an zu arbeiten. All diese Jugendlichen, die natürlich
auch einen Bedarf an Ausbildungsplätzen haben, tau-
chen dann in der Statistik gar nicht mehr auf. Wir for-
dern Sie deshalb dazu auf, die Ausbildungsmisere
endlich einzugestehen und zuzugeben, dass der Ausbil-
dungspakt kein sinnvolles Mittel ist, um die Ausbil-
dungsmisere zu beheben.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Alternative zu diesem unverbindlichen und wir-
kungslosen Ausbildungspakt haben die Kolleginnen und
Kollegen von der rot-grünen Bundesregierung im letzten
Jahr bereits selbst vorgeschlagen. Es wurde ein Gesetz-
entwurf eingebracht, der die Forderung nach der Einfüh-
rung einer Umlagefinanzierung in der beruflichen Erst-
ausbildung enthielt. Als es allerdings Kritik gab, wurde
dieser aus unserer Sicht sehr sinnvolle Entwurf gleich
wieder auf Eis gelegt.


(Jörg Tauss [SPD]: Nein, falsch! Das haben wir verabschiedet!)


Die Begründung, eine Umlagefinanzierung faktisch ein-
zuführen, hat damals der Kollege Jörg Tauss formuliert.
Er hat gesagt: Ausbildung ist keine Wohltätigkeitsveran-
staltung der Wirtschaft, sondern Pflicht.


(Beifall bei der LINKEN und der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Sehr richtig! Gutes Zitat von mir!)


Dem stimmen wir ausdrücklich zu.

Wir setzen uns nun dafür ein, das Gesetz erneut ein-
zubringen, zu diskutieren und sicherzustellen, dass es
auch wirklich zur Einführung einer Umlagefinanzierung
kommt. In dem Koalitionsvertrag – das wurde schon an-
gesprochen – wird die Möglichkeit angedeutet, bran-
chenbezogene Umlagefinanzierungen einzuführen, was
durchaus ein erster Ansatzpunkt sein kann.


(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


Wir freuen uns auch, dass von den Grünen und eben-
falls von der FDP Anträge zu diesem Thema eingebracht
wurden. Gerade dem Antrag der Grünen stimmen wir
natürlich zu. Dort heißt es nämlich, dass man sich nicht
nur auf den Ausbildungsbereich beschränken darf, son-
dern dass grundlegende Bildungsreformen auch in ande-
ren Bildungssystemen notwendig sind. Wir freuen uns
darauf, gemeinsam über die Herausforderung der Euro-
päisierung oder über Forderungen der GEW nach einer

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(C (D tärkung von vollschulischen Lehrstellen zu diskutieren. as alles sind Punkte, die in der Diskussion sind und die ufzugreifen wichtig ist. (Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


Bei diesen Maßnahmen ist für uns allerdings klar:
icht auf Grundlage eines wirkungslosen Ausbildungs-
aktes! Nicht, wenn nicht endlich die Ausbildungs-
isere offen gelegt wird! Und nicht, wenn mit solchen
iskussionen lediglich versucht wird, von der Notwen-
igkeit einer Umlagefinanzierung abzulenken oder diese
mmer weiter hinauszuzögern!

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600822200

Frau Kollegin Hirsch, ich gratuliere Ihnen im Namen

es Hauses zu Ihrer ersten Rede im Deutschen Bundes-
ag.


(Beifall)


Das Wort hat nun der Kollege Uwe Schummer von
er CDU/CSU-Fraktion.


Uwe Schummer (CDU):
Rede ID: ID1600822300

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Ver-

hrte Kollegin Hirsch, Sie sagen, der Ausbildungspakt
abe sich nicht gelohnt, weil er formal nur
0 000 zusätzliche Ausbildungsplätze im Jahr geschaf-
en habe.


(Cornelia Hirsch [DIE LINKE]: Nicht zusätzliche! Neue!)


azu stelle ich fest: Es sind immerhin
0 000 Ausbildungsplätze, durch die junge Menschen
eute eine Perspektive bekommen. Das ist mehr als eine
ormalie. Das ist ein Erfolg des Ausbildungspaktes.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Sie zeigen mit Ihrem Antrag: Es geht Ihnen nicht um
ösungen. Es geht immer noch um Ideologie, um einen
ewissen Konflikt. Statt Zusammenarbeit der gesell-
chaftlichen Gruppen, der Tarifpartner und der Politik
ordern Sie eine staatlich organisierte Umlagefinanzie-
ung. Sie bekämpfen den Ausbildungspakt und wollen
in Umlagegesetz. Die Wirklichkeit ist: Es gibt einen
usbildungspakt – er ist erfolgreich –


(Zuruf von der LINKEN: Träume weiter!)


nd es gibt seit über 30 Jahren tarifliche Formen der
mlagefinanzierung, beispielsweise in der Bauwirt-

chaft und im Gartenbau. Das muss also kein Wider-
pruch sein.


(Beifall bei der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Schummer, gut! – Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Da haben Sie aber schon mal anders geredet!)


Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 539


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Uwe Schummer
Hier haben die Tarifpartner ihren Spielraum genutzt. Wir
Gewerkschafter und Tarifexperten wissen, was das be-
deutet.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie bei der SPD)


Die Tarifautonomie ist ein hohes Gut.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])


Doch „Autonomie“ kommt aus dem Griechischen und
bedeutet übertragen: nach eigenen Gesetzen lebend.
Also: Gesetzgeber, halte dich raus!


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Natürlich wird eine solche Tarifforderung mit anderen
Forderungen verrechnet. Doch wenn sie den Gewerk-
schaften wichtig ist, dann müssen sie den entsprechen-
den Preis dafür zahlen. Der Staat ist nicht das Dienst-
mädchen der Gewerkschaften und auch nicht der
Arbeitgeberverbände.

Eine staatlich organisierte Umlagefinanzierung würde
ein staatliches Inkassowesen, eine staatliche Mittelver-
waltung, eine staatliche Mittelvergabe, eine staatliche
Mittelkontrolle und am Ende die Verstaatlichung der Be-
rufsausbildung bedeuten.


(Nicolette Kressl [SPD]: Quatsch!)


Dies ist ein bürokratischer Moloch, der sich selbst ver-
waltet und zentralistisch Mangelwirtschaft betreibt.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Das reden Sie jetzt aber nur für die CDU! Darauf legen wir Wert! – Weitere Zurufe von der SPD: Oh!)


– Wir müssen uns annähern; aber wir sind auf einem gu-
ten Weg.


(Heiterkeit bei der SPD und der FDP)


Es ist besser, die Gestaltungsmöglichkeiten der Tarif-
parteien zu nutzen. Da gibt es, Kollege Rossmann, eine
Fülle an kreativen Vorstellungen.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Kommen Sie doch nachher mal vorbei! Dann machen wir mal eine Runde!)


Es ist gut, dass wir in der Koalitionsvereinbarung festge-
schrieben haben, beide Tarifpartner – auch die Gewerk-
schaften – an der Weiterentwicklung des Ausbildungs-
paktes zu beteiligen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie bei der SPD)


Der Antrag der Linken zeigt: Sie trauen den Gewerk-
schaften weder tariflich noch politisch im Ausbildungs-
pakt etwas zu. Das zuständige Gremium hat noch nicht
einmal getagt und schon wollen Sie den Pakt abschaffen.

Wir brauchen nicht eine, wir brauchen viele Maßnah-
men. Trotz tariflicher Umlage sind die Ausbildungs-
plätze in der Bauwirtschaft von etwa 100 000 auf 38 000
eingebrochen.


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(C (D (Nicolette Kressl [SPD]: Aber die Quote ist höher! – Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Die Quote hat sich erhöht!)


Es gibt zwar eine höhere Ausbildungsquote. Die gilt
edoch generell für das Handwerk.

Betriebe brauchen Zukunft, sie brauchen Aufträge.
er in den nächsten drei Monaten keine Aufträge hat,

ann sich nicht drei Jahre lang an einen Menschen bin-
en. Ich-AGs und die kleine Handwerksnovelle haben
em Handwerk stark zugesetzt. 40 000 betriebliche In-
olvenzen im Jahr führen zu einem Verlust von
00 000 Arbeits- und Ausbildungsplätzen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


ass der Ausbildungspakt vor diesem Hintergrund im-
er noch funktioniert, ist ein Vorteil und zeigt, dass er

rfolgreich ist.

Was wir brauchen, ist ein besserer wirtschaftlicher
ahmen. Erste Akzente werden in der Koalitionsverein-
arung gesetzt. Kennzeichen der großen Koalition ist:
orgfalt geht vor Schnelligkeit. Wir werden erstens den
usbildungspakt Ende des Jahres nach Beendigung der
achvermittlung überprüfen. Er benötigt mehr Dyna-
ik. Wir werden zweitens mit den Tarifpartnern über ta-

ifliche und betriebliche Bündnisse für mehr Ausbil-
ungsplätze sprechen. Wir werden drittens im nächsten
ahr überprüfen, wie die Umsetzung der Berufsbildungs-
eform, die in diesem Jahr in Kraft getreten ist, beschleu-
igt werden kann.

Die drei vorliegenden Anträge sind Schnellschüsse.
n ihnen wird das gefordert, was Sie schon immer gefor-
ert haben. Wir wollen neu denken und gründlich arbei-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ministerin Schavan hat alle Beteiligten des Ausbil-
ungspaktes für den 30. Januar zu einem Gespräch ein-
eladen. Die Union wird anschließend, wie ich hoffe,
emeinsam mit der SPD einen soliden Antrag einbrin-
en,


(Jörg Tauss [SPD]: Nur gemeinsam, mein Lieber!)


emäß dem Grundsatz: Sorgfalt vor Schnelligkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Ohne uns habt ihr keinen Antrag!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600822400

Das Wort hat jetzt der Kollege Patrick Meinhardt von

er FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Ist das die erste Rede?)



Patrick Meinhardt (FDP):
Rede ID: ID1600822500

So ist es.


(Jörg Tauss [SPD]: Dann muss ich mich zurücknehmen! – Heiterkeit)


540 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



(B) )


Patrick Meinhardt
– Das ist aber nett, Herr Tauss.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Die duale Berufsausbildung ist ein Marken-
zeichen Deutschlands. Ich muss unserer Bundeskanzle-
rin Recht geben: Trained in Germany hat immer noch ei-
nen hervorragenden Ruf.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Für die FDP-Fraktion gibt es hier kein Hin und Her,
sondern die klare Aussage, dass wir zum dualen Berufs-
ausbildungssystem in der Bundesrepublik Deutschland
stehen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Wir alle!)


Diese Berufsausbildung muss gestärkt und kontinuier-
lich verbessert werden. Aber auch die Rahmenbedingun-
gen müssen stimmen. Die FDP will, dass Berufsschüler
mehr Zeit im Betrieb verbringen. Wir wollen die Euro-
päisierung aktiv nutzen, Ausbildungshindernisse für die
Betriebe abbauen. Vor allem aber wollen wir die Ausbil-
dungsfähigkeit der Jugendlichen verbessern.


(Beifall bei der FDP)


Wir wollen nicht die Unternehmer bestrafen, die geeig-
nete Lehrstellenbewerber suchen, aber nicht finden.


(Lachen bei der LINKEN)


Der von der Linken eingebrachte Vorschlag einer Aus-
bildungsplatzabgabe ist total daneben.


(Beifall bei der FDP)


Er berücksichtigt in keiner Weise die regionalen Märkte.
Beschäftigungsintensive Betriebe des Mittelstands wer-
den besonders bestraft. Die duale Ausbildung wird
schleichend verstaatlicht. Felix Rauner, einer der führen-
den und anerkannten Berufsbildungsexperten, bringt es
auf den Punkt: Sie belohnt und bestraft die Falschen. Sie
verstärkt die Arbeitslosigkeit und verschärft die Krise
der Berufsbildung. – Das sind klare Worte. Klare Konse-
quenz: Das bürokratische Monster Lehrstellensteuer gibt
es mit uns nicht.


(Beifall bei der FDP)


Grundfalsch allerdings wäre es, die duale Ausbildung
durch mehr vollzeitschulische Ausbildung zu schwä-
chen. Gerade das Kennenlernen betrieblicher Strukturen
und die praktische Arbeit als solche bewirken doch den
pädagogischen Erfolg des dualen Systems.


(Beifall des Abg. Frank Spieth [DIE LINKE])


Das duale System ist der Bildungsexportschlager der
Bundesrepublik Deutschland. Wir gehören mit dem
Klammerbeutel gepudert, wenn andere Staaten die duale
Ausbildung von uns übernehmen und wir sie in Deutsch-
land aushöhlen und aufweichen, wo immer es geht.


(Beifall bei der FDP)


Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir brau-
chen einen klaren Plan.

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(C (D Erstens: Modernisierung. Wir wollen neue Berufsbiler schneller einführen. Wir brauchen eine Ausweitung er Stufenausbildung und die Modularisierung für alle erufsbilder muss konsequent verfolgt werden. Moderisieren heißt aber auch, dass wir vor der beruflichen ildung ansetzen müssen. Der Umstand, dass 80 000 Juendliche ohne Hauptschulabschluss sind, weitere 20 000 ohne ausreichende Ausbildungsbefähigung und s zudem eine Bugwelle von Altbewerbern von nochals 120 000 gibt, macht deutlich, dass wir unser Bil ungssystem weiterentwickeln müssen. Diese jungen enschen brauchen eine zweite Chance. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Zweitens: Wir müssen flexibler werden, und zwar
ich weiß, dass gleich ein Aufschrei kommt – bei der
usbildungsvergütung. Freie Vereinbarungen zwi-

chen Betrieben und Azubis müssen möglich sein. Wenn
n manchen Regionen Deutschlands 50 Prozent der Be-
riebe einer Branche nicht tariflich gebunden sind und
ir dort zugleich einen dramatischen Lehrstellenmangel
aben, dann sind 50 Euro weniger im Geldbeutel besser
das sage ich ganz klar –, als ohne Ausbildungsplatz da-
ustehen.


(Beifall bei der FDP)


Drittens: Öffnung. Wir müssen schnellstens dafür sor-
en, dass Hochschulen für Absolventen der beruflichen
usbildung geöffnet werden.


(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


ußerdem müssen wir unsere berufliche Ausbildung für
en europäischen Qualifikationsrahmen öffnen, aber
icht so, dass unsere Ausbildung im europäischen Ver-
leich abgestuft wird, sondern so, dass unsere gute be-
ufliche Bildung in Europa volle Anerkennung erhält.


(Beifall bei der FDP – Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Keine Übermodularsierung, Herr Kollege!)


Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wir dürfen nicht
nentwegt Schule zum Experimentierfeld machen. Die
rundrichtung muss klar sein, und diese heißt: duale
usbildung. Diese müssen wir weiterentwickeln. Diese
üssen wir praxisnäher gestalten, und das Ganze mög-

ichst unbürokratisch.

Wenn die Bundesregierung bei der beruflichen Bil-
ung diesen Weg verfolgt, dann hat sie uns an ihrer
eite. Zeigen Sie Mut! Herr Staatssekretär, gerade in der
ildung gilt: Wagen Sie mehr Freiheit!

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600822600

Herr Kollege Meinhardt, auch Ihnen gratuliere ich

ehr herzlich zu Ihrer ersten Rede im Deutschen Bundes-
ag.


(Beifall)


Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 541


(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Als nächster Redner hat nun der Kollege Willi Brase
von der SPD-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der SPD – René Röspel [SPD]: Endlich einer, der eine Lehre gemacht hat und weiß, wovon er spricht!)



Willi Brase (SPD):
Rede ID: ID1600822700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, dass die
Zahlen – wie sich das Ausbildungsjahr Ende September
dargestellt hat – von mir nicht wiederholt werden müs-
sen. Bei der Betrachtung sollten wir aber nie vergessen,
dass die „fünfte Zeit“ – nämlich die Monate der Nach-
vermittlung – manches Positive auch im Sinne von zu-
sätzlichen betrieblichen Ausbildungsplätzen auf den
Weg gebracht hat. Wir konnten die Lücke um 40 Prozent
verkleinern. Das ist ein besseres Ergebnis. Es ist nicht
gut genug, aber es ist ein guter Anfang und ein guter
Weg.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Lassen Sie mich, weil der Ausbildungspakt angespro-
chen wurde, auf die Einstiegsqualifizierung eingehen.
Ich will nicht verhehlen, dass wir als SPD-Fraktion sie
sehr kritisch gesehen haben. Aber die unabhängige Un-
tersuchung der GIB hat zutage gebracht, dass der ge-
wünschte Klebeeffekt offensichtlich funktioniert hat.
Über 61 Prozent der befragten Jugendlichen mit Ein-
stiegsqualifizierung haben eine Ausbildung erhalten.


(Beifall bei der SPD)


Das Schöne dabei ist, dass von diesen Teilnehmern
71 Prozent keinen oder einen niedrigen Schulabschluss
bzw. einen schwierigen Migrationshintergrund besaßen
und besitzen. Offensichtlich ist es der bessere Weg, be-
nachteiligte junge Leute, die bestimmte Probleme haben,
nicht in schulische Maßnahmen oder Maßnahmen der
Bundesagentur zu schicken, sondern im betrieblichen
Rahmen sozusagen an die Realität heranzuführen. Das
haben wir seinerzeit gewollt. Deswegen werden wir die-
sen Weg weitergehen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich bin mir sicher, dass dabei das EQJ-Programm eine
Brücke sein kann. Wir haben es im Rahmen der Reform
des Berufsbildungsgesetzes diskutiert:

Wir wünschen uns, dass dieses EQJ sich in den nächs-
ten Jahren weiter zu einer Berufsausbildungsvorberei-
tung im Betrieb entwickelt, weil dort der Hintergrund
genau richtig ist, und dass irgendwann die Unternehmen
dies begreifen. Das war ja ein Teil der Reform des Be-
rufsbildungsgesetzes.


(Beifall bei der SPD – Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Das war eine gute Reform!)


– Das sowieso.

Trotzdem wollen wir nicht vergessen: 10 Prozent aller
Jugendlichen in Deutschland verlassen Jahr für Jahr die

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(C (D chule ohne einen Schulabschluss. Jeder fünfte Schulabrecher ist nicht deutscher Herkunft. Angesichts der deographischen Entwicklung bin ich der Auffassung, ass es unsere gemeinsame Aufgabe ist, diese jungen eute nicht zu vergessen. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Auf der anderen Seite werden – das können Sie in den
ntersuchungen von BIBB und IAB feststellen – Fach-
räfte, Fachkräfte mit qualifizierten Tätigkeiten und
achkräfte mit Führungsaufgaben, die Bereiche sein, in
enen ein Aufwuchs von Arbeitsplätzen stattfindet. Nur
och 8 bis 10 Prozent der Arbeitsplätze werden für An-
nd Ungelernte zur Verfügung stehen. Wenn das so ist,
ann muss es unsere Aufgabe sein, alle Jugendlichen
itzunehmen und allen eine qualifizierte Ausbildung zu

önnen. Dazu gehört auch eine Qualifizierung beim Ein-
tieg.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ich will nicht verhehlen, dass es auf der anderen Seite
usbildungsfähige Betriebe gibt, die noch nicht ausbil-
en. Diese müssen wir für die Schaffung von Ausbil-
ungsplätzen gewinnen. Wir haben im Koalitionsvertrag
xplizit vereinbart, dass kein Jugendlicher unter 25 Jah-
en länger als drei Monate arbeitslos sein soll. Aus der
raxis wissen wir, dass das eine gewaltige Aufgabe für
ie Argen, die optierten Kommunen und ein Stück weit
uch für die Bundesagentur für Arbeit ist. Wenn uns das
elingt, tun wir etwas sehr Gutes für die jungen Men-
chen. Ich bin sicher, dass die Bundesregierung alle ihr
ur Verfügung stehenden Möglichkeiten ergreifen wird,
m dies auf den Weg zu bringen. Deshalb erinnern wir
anz bewusst an die gesellschaftliche Verantwortung der
irtschaft.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es ist richtig, dass Frau Schavan darauf hingewiesen
at, dass der Ausbildungspakt überarbeitet bzw. weiter-
ntwickelt werden muss. Wir begrüßen ausdrücklich,
ass die Gewerkschaften und der DGB einbezogen wer-
en. Für mich heißt das, dass diejenigen, die jetzt dem
akt angehören, ihre Bedingungen nicht einfach fort-
chreiben können.


(Beifall bei der SPD)


as bedeutet, dass wir auch die Vorschläge, die aus den
ewerkschaften kommen, daraufhin prüfen müssen, ob

ie zu mehr Ausbildungsplätzen führen. Ich will aus-
rücklich darauf hinweisen, dass wir in der Koalitions-
ereinbarung die Möglichkeit offen gelassen haben, zum
eispiel die branchenbezogene Umlagefinanzierung zur
teigerung von Ausbildungsplatzangeboten gemeinsam
it den Partnern zu diskutieren.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


542 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



(B) )


Willi Brase
Kollege Schummer, in diesem Zusammenhang ist nicht
nur der Bereich der Bauwirtschaft zu nennen; es könnten
auch noch andere erwähnt werden.

In der Debatte über das Berufsausbildungssicherungs-
gesetz haben wir auch darüber diskutiert, dass es in Zu-
kunft immer wichtiger wird, den Fachkräftenachwuchs
in den Facharbeiterbranchen zu sichern. Branchenbezo-
gene und ähnliche sektorale Konzepte können hierbei
durchaus von großer Bedeutung sein.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Nun höre ich immer wieder, dass die Zeit im Betrieb
sinnvoller ist als die Zeit in der Berufsschule. Was ist ei-
gentlich Berufsfähigkeit? Was ist das Berufsprinzip?
Das Berufsprinzip besagt doch, dass sich die Ausbil-
dung an den Arbeits- und Geschäftsprozessen im realen
Leben, in den Unternehmen, in den Betrieben und bei
den Dienstleistern, orientiert. Das, was die jungen Men-
schen dort auf der Grundlage von Ausbildungsplänen er-
fahren, wird im Berufskolleg theoretisch untermauert,
verarbeitet und weiterentwickelt. Dieses Berufsprinzip
kann man durch eine zu starke Modularisierung mögli-
cherweise kaputtmachen. Dann würden wir den hoch
qualifizierten Fachkräftenachwuchs verlieren,


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Patrick Meinhardt [FDP]: Total falsch!)


weil dieser Nachwuchs Fachkompetenz, Sozialkompe-
tenz und Handlungskompetenz entwickeln muss. Das
braucht seine Zeit. Wir haben seit Jahrzehnten – die erste
Reform stammt aus dem Jahre 1969, die letzte haben wir
in diesem Jahr gemeinsam auf den Weg gebracht – eine
geordnete Berufsausbildung in unserem Lande. Ich halte
das für richtig und bin deshalb gegen eine Modularisie-
rung an dieser Stelle.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Im Berufsbildungsgesetz haben wir die Regelung der
vollzeitschulischen Ausbildung mit dem Rechtsanspruch
auf Abschlussprüfung bei den Kammern vorgesehen.
Diese ist in § 43 Abs. 2 geregelt. Wir sollten in diesem
Zusammenhang nicht vergessen, dass es hierzu einen ge-
meinsamen Beschluss des Bundesrates gab. Die Länder
haben uns aufgefordert, dies zu prüfen. Wir haben uns
damit sehr schwer getan, weil wir der Meinung waren,
dass es nicht ohne Teilhabe der Mitglieder im Landes-
ausschuss für Berufsbildung auf den Weg gebracht wer-
den kann. Interessant ist nur, dass bis heute keine Lan-
desregierung diesen Weg eingeschlagen hat.

Insofern glaube ich, dass wir auch dieses Instrument
im Laufe der nächsten Jahre überprüfen werden. Ich
glaube, es war und ist für uns selbstverständlich, die
Wirkung der Reform des Berufsbildungsgesetzes in die-
ser Legislaturperiode zu überprüfen. An dieser Stelle ist
der Antrag der Linken nach meiner Auffassung nicht
notwendig.

Im Zusammenhang der Weiterentwicklung der beruf-
lichen Bildung kommen wir unweigerlich zum europäi-

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(C (D chen Bildungsraum, Stichworte: europäischer Qualifiierungsrahmen und Leistungspunktesystem ECVET. Wir ollten in den nächsten Monaten sehr genau aufpassen. ch plädiere dafür, dass wir uns Zeit für die Bewertung essen, was von der Kommission derzeit vorgeschlagen at, nehmen. Die Sozialpartner, Gewerkschaften wie Areitgeber, geben ihre Stellungnahmen bis zum 31. Deember dieses Jahres ab. Sie sind hochinteressant. Ich lädiere dafür, dass wir uns auch für deren Bewertung eit nehmen. Wenn es zu dem europäischen Qualifizie ungsrahmen kommt, sollten wir eine ausreichende Proezeit einplanen. Ich möchte nicht, dass wir über ein uropäisches Leistungspunktesystem und eine starke odularisierung eine Zerstückelung und einen Abbau es Prinzips der Berufsfähigkeit in der Erstausbildung ekommen und damit sozusagen durch die Hintertür, ber den Prozess der Harmonisierung, unser duales Beufsausbildungssystem kaputtmachen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


as sollten wir nicht machen, liebe Kolleginnen und
ollegen.

Lassen Sie mich zusammenfassen: Ich glaube, dass
ie quantitative Entwicklung von großer Bedeutung ist,
ie qualitative aber ebenso. Zum Beispiel haben wir mit
er Reform den Berufsbildungsausschüssen bei den
ammern vor Ort wie auch denen auf Landesebene auf-
egeben, Qualitätsansprüche, Qualitätsnormen und Qua-
itätsanforderungen für die Ausbildung zu entwickeln.
as halte ich für richtig. Meiner Meinung nach geht es
arum, denen Freiheit zu geben, die in der Lage sind, an
en entscheidenden Stellen etwas auf den Weg zu brin-
en. Deshalb war es richtig, dass wir das gemacht haben.


(Beifall bei der SPD)


Meine letzte Bemerkung betrifft die alte Leier von der
ohen Ausbildungsvergütung. Hier verweise ich auf
ie entsprechenden Untersuchungen des BIBB, in denen
indeutig zum Ausdruck kam, dass die Ausbildungsver-
ütungen nicht etwa zu hoch sind, sondern – im Gegen-
eil – nur in geringem Maße gestiegen sind.


(Cornelia Pieper [FDP]: Denken Sie auch mal daran, wie außerbetriebliche Ausbildungsplätze vergütet werden!)


enn Sie sich ansehen, in welchen Bereichen die meis-
en Ausbildungsplätze vorhanden sind, stellen Sie fest,
ass die Vergütungen nicht gerade hoch sind. Das
urchschnittsalter der Auszubildenden ist höher und sie
üssen teilweise selbstständig leben. Ich sage Ihnen

lipp und klar: Das, was Sie wollen – die Abschaffung
er tarifpolitischen Auseinandersetzungen bzw. der tarif-
olitischen Normen –, ist mit uns nicht zu machen.

Vielen Dank für Ihre Geduld.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der FDP: Das hat mich nicht gewundert!)


Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 543


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Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600822800

Das Wort hat jetzt die Kollegin Priska Hinz von

Bündnis 90/Die Grünen.

Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir müs-
sen heute, am Ende des Jahres 2005, ganz nüchtern fest-
stellen, dass wieder nicht genügend Lehrstellen bereitge-
stellt wurden, dass nicht alle jungen Leute einen
Ausbildungsplatz gefunden haben und dass sich in die-
sem Jahr die Zahl der betrieblichen Ausbildungsstellen
sogar verringert hat. Auch aus diesem Grund muss man
leider feststellen, dass der Ausbildungspakt noch kein
Pakt des Erfolges ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Dabei darf es allerdings nicht bleiben. Es ist nicht nur
für die Teilhabe junger Menschen an der Gesellschaft
wichtig, sondern es ist auch eine ökonomische Frage,
dass unsere Berufsausbildung gut ist und alle Jugendli-
chen eine gute Berufsausbildung bekommen. Gerade
deshalb müsste es auch im Interesse der Wirtschaft sein,
wenn sie ihr Engagement verstärken würde, um neue,
zusätzliche Ausbildungsplätze zu schaffen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Union und SPD haben dieses Problem in ihrem Koali-
tionsvertrag zwar angesprochen. Aber es ist völlig un-
klar, wann und mit welchen konkreten Maßnahmen Sie
gegen die Lehrstellenmisere vorgehen wollen. Denn der
allgemeine Hinweis darauf, dass man noch eine Reform
des Berufsbildungsgesetzes durchführen und den Ju-
gendlichen eine zweite Chance geben will, reicht aus
meiner Sicht nicht aus.


(Jörg Tauss [SPD]: Eine zweite Chance ist aber wichtig!)


Dabei hat sich die neue Ministerin ausdrücklich – man
könnte auch sagen: notgedrungen – zu einer Berufs- und
Weiterbildungsministerin erklärt. Jetzt erwarten nicht
nur wir, sondern auch die Jugendlichen ganz konkrete
Schritte.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jörg Tauss [SPD]: Zu Recht!)


Von der FDP erreicht uns wieder ihr typischer Reflex,
dass die Ausbildungsvergütungen gesenkt werden müss-
ten. Als ob 50 Euro weniger im Monat zu mehr Ausbil-
dungsplätzen führen würden!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Das glauben die! Die glauben das wirklich! – Cornelia Pieper [FDP]: Was ist mit den außerbetrieblichen Ausbildungsplätzen?)


Die diesbezügliche Untersuchung wurde bereits ange-
sprochen. Die Unternehmen haben bei der Schaffung
von Ausbildungsplätzen ganz andere Probleme. Ganz
besonders haarsträubend ist die Forderung Ihres An-

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(C (D rags, die Anerkennung der Abschlüsse vollschulischer usbildungsgänge zurückzunehmen. Diese Möglichkeit urde gerade deshalb geschaffen, weil es in unserem du len System nicht genügend Ausbildungsplätze gibt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


ie Bundesregierung muss die Anerkennung dieser Ab-
chlüsse jetzt durchsetzen. Hier hat die Bundesregierung
ine Bringschuld.


(Jörg Tauss [SPD]: Die, die nicht da sind, haben die Bringschuld! Die Vertreter der Länder!)


Ja, die auch. Aber da die Bundesministerin immer sagt,
ass sie künftig auf Bundesebene keine Zuschauerin sein
ill, soll sie sich bitte einmischen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Nun erklärt die PDS


(Zuruf von der LINKEN: Die Linkspartei!)


ie Umlage zum allein selig machenden Instrument. Für
eine Fraktion kann ich sagen: Sie ist ein Instrument.
erade weil wir in unserer Partei und Fraktion eine

ange Diskussion darüber geführt haben, kann ich Ihnen
ber auch sagen: Eine Umlage auf Bundesebene kann
ehr viele, auch bürokratische Tücken haben.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


eswegen haben wir uns auf das Moratorium und den
usbildungspakt eingelassen. Es gäbe auch andere In-

trumente, die man prüfen könnte. Aber ich sage ganz
usdrücklich: Der Pakt muss jetzt erfüllt werden. Jetzt ist
icht die Zeit, sich zurückzulehnen. Vielmehr müssen
ie Partner ihre Anstrengungen bis zum kommenden
ahr auf jeden Fall verstärken,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


um Beispiel indem sich der Bund in Zusammenarbeit
it den Ländern dafür einsetzt, dass die Kooperation der
usbildungsträger – der Schulen, der Betriebe und der
rbeitsagentur – verbessert wird. Hier sieht die Zwi-

chenbilanz des Paktes düster aus. Im Pakt ist die Ver-
esserung der Berufsreife vereinbart; diese lässt auf sich
arten. Die Überprüfung der Einstiegsqualifizierung ist

benfalls notwendig, und zwar nicht, weil nicht genü-
end Jugendliche über dieses Programm in eine Ausbil-
ung kommen, sondern weil wir Hinweise haben, dass
ie Hürden nach wie vor zu hoch sind, und weil das EQJ
icht auf die Ausbildungszeit angerechnet wird.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


as muss überprüft werden; wir erwarten von Ihnen,
ass Sie hier tätig werden.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600822900

Frau Kollegin Hinz, bedenken Sie die Zeit!

544 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



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Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Ich komme zum Schluss.

Meine Damen und Herren, der Ausbildungspakt grün-
det sich auf ein Moratorium. Wir wollen, dass die Bun-
desregierung bis zum Jahr 2006 ihre Anstrengungen mit
den Partnern verdoppelt und bis zum Beginn des
Jahres 2007 einen Bericht vorlegt, aus dem hervorgeht,
mit welchen neuen Instrumenten dann weitergearbeitet
werden muss. Das kann dann auch das Instrument einer
Umlage sein. Wir haben auf jeden Fall alle Anstrengun-
gen zu unternehmen. Wir können es uns nicht leisten,
eine ganze Generation zu verlieren. Hier sollten wir alle
zusammenstehen und alle Partner, vor allen Dingen die
im dualen System, sollten ihrer Verpflichtung nachkom-
men.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1600823000

Frau Kollegin Hinz, auch Ihnen gratuliere ich zu Ihrer

ersten Rede im Deutschen Bundestag.


(Beifall)


Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat
das Wort der Kollege Alexander Dobrindt von der CDU/
CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Alexander Dobrindt (CSU):
Rede ID: ID1600823100

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist gut, wenn sich
der Deutsche Bundestag regelmäßig mit der Ausbil-
dungssituation in Deutschland befasst. Das ist wichtig
für die Menschen – besonders für die Jugendlichen na-
türlich – und es ist wichtig, dass alle sehen, dass die Po-
litik der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe, den jungen
Menschen Ausbildungsplätze zu verschaffen, große Auf-
merksamkeit widmet.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Es ist aber schlecht, wenn man feststellen muss, dass in
der Debatte keine wirklichen Fortschritte gemacht wer-
den, sondern immer wieder die alten ideologischen Ka-
mellen herausgeholt werden – ohne die reale Entwick-
lung zur Kenntnis zu nehmen.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Das hätten Sie nicht sagen dürfen!)


– Es gibt hervorragende Ausnahmen; gar keine Frage.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Im Antrag der Linken steht, dass es mit den Vereinba-
rungen zum Ausbildungspakt nicht gelungen ist, die
Wirtschaft hinreichend in die Verantwortung für die
Ausbildung zu nehmen und die Perspektiven für Jugend-
liche zu verbessern usw. Meine Damen und Herren von

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(C (D er Linken, was Sie da schreiben, ist nicht nur falsch. ielmehr würdigen Sie damit auch die Leistung all derer erab, die oftmals trotz schwieriger wirtschaftlicher age ihrer gesellschaftlichen Verantwortung in hohem aße nachkommen und zusätzliche Ausbildungsplätze ür die jungen Menschen zur Verfügung stellen, ihnen ine Lehrstelle verschaffen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


ie würdigen diejenigen herab, die wir in diesem Land
n besonderem Maße brauchen: die Mittelständler, die
erantwortung übernehmen und sich engagieren, vor al-

em für die jungen Menschen in diesem Lande.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)


Die Ausbildungsplatzsituation hat sich gegenüber
em Vorjahr verbessert: Die rechnerische Lücke zwi-
chen den unbesetzten Ausbildungsplätzen und den noch
icht vermittelten Bewerbern ist nochmals gesunken, so-
ass man davon ausgehen kann, dass zumindest bis An-
ang nächsten Jahres jedem Bewerber eine Lehrstelle oder
ine Einstiegsqualifizierung angeboten werden kann. Das
t das Ergebnis einer freiwilligen Kraftanstrengung von
ausenden von Betrieben, die ihrer Verantwortung nach-
ommen – und dies ganz ohne staatliche Zwangsregulie-
ung mittels einer Ausbildungsplatzabgabe.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Willi Brase [SPD])


Deswegen sind alle beteiligten Gruppen heute eigent-
ich der Überzeugung, dass der Ausbildungspakt funk-
ioniert, nur die Linken und Teile der Gewerkschaften
icht. Es wird Ihnen, meine Damen und Herren, aber
icht gelingen – das sei an dieser Stelle gesagt –, die An-
trengungen, die viele gemeinsam unternommen haben,
ier schlecht zu reden. Für mich steht fest: Die Zukunft
er jungen Menschen muss im Vordergrund stehen. Des-
egen setze ich auf Freiheit und nicht auf Zwangsver-
flichtung.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Selbstverständlich müssen wir noch weitere Anstren-
ungen unternehmen; das ist überhaupt keine Frage. Die
erzeitige Situation darf man aber nicht unabhängig von
en Rahmenbedingungen betrachten. Zu den Rahmenbe-
ingungen gehören zwei Dinge: zum einen ein modernes
erufsbildungsgesetz und zum anderen eine Mittel-

tandsoffensive, die Signale für einen Aufschwung setzt.

Zum ersten Punkt. Die Novellierung des Berufsbil-
ungsgesetzes haben wir gemeinsam beschlossen.


(Jörg Tauss [SPD]: Das haben wir gemacht!)


s beginnt, seine Wirkung zu entfalten.

Wir haben die Verbundausbildung gestärkt. Immer we-
iger Betriebe können angesichts der zunehmenden Spe-
ialisierung alleine ein komplettes Berufsbild in der Aus-
ildung abdecken. Gemeinsam mit anderen Betrieben ist
as möglich. Es ergeben sich neue Synergieeffekte.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 545


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Alexander Dobrindt
Wir haben die Stufenausbildung beschlossen. Natür-
lich bedarf sie etwas Zeit. Aber darin liegt die riesen-
große Chance, dass theorieschwächere Jugendliche ei-
nen attraktiven Ausbildungsplatz vermittelt bekommen,
der dann in einen Arbeitsplatz mündet und nicht beim
Arbeitsamt, wie bei denjenigen, die eine vollzeitschuli-
sche Ausbildung gemacht haben. Das richte ich an dieje-
nigen, die meinen, man könnte das Problem einfach mit
einer vollzeitschulischen Ausbildung beheben.


(Beifall bei der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum klatscht denn der Koalitionspartner nicht?)


In das Berufsbildungsgesetz haben wir eine ganz
wichtige Formulierung aufgenommen. In dem Entschlie-
ßungsantrag zu diesem Gesetz wird zum ersten Mal von
betrieblichen Bündnissen für Ausbildung gesprochen.
Die betrieblichen Bündnisse für Ausbildung müssen aus-
gebaut werden. Wir fordern, dass diese Chance offensiv
genutzt wird und zukünftig vor Ort in den Betrieben fle-
xiblere Regelungen bei Arbeitszeit und natürlich bei
Vergütung, auch abweichend von tariflichen Vereinba-
rungen, wenn es nicht anders geht, gelten. Vor Ort kann
vieles geregelt werden, wenn sich alle Partner einig sind.
Das ist wichtig. Darin steckt auch eine große Chance für
mehr Ausbildung von jungen Menschen.

Zum zweiten Punkt, den ich angesprochen habe. Wir
müssen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für
den Mittelstand verbessern. Hier sind wir auf einem gu-
ten Weg. Gemeinsam haben wir im Koalitionsvertrag
vieles dazu vereinbart: Verbesserung der Finanzierungs-
möglichkeiten, Abbau der Bürokratie, deutliche Förde-
rung von Forschung und Technologie.

Wir brauchen einen Maßnahmenmix, um die Ausbil-
dungsplatzsituation in Zukunft zu verbessern. Dieser
Maßnahmenmix muss kreiert werden. Definitiv nicht
dazu gehört eine Ausbildungsplatzabgabe, wie von den
Linken gefordert.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1600823200

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
Drucksachen 16/122, 16/235 und 16/198 an die in der
Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 14 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten
Irmingard Schewe-Gerigk, Josef Philip Winkler,
Ekin Deligöz, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Zwangsverheiratung bekämpfen – Opfer
schützen

– Drucksache 16/61 –

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(C (D Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Auswärtiger Ausschuss Innenausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kollein Irmingard Schewe-Gerigk, Bündnis 90/Die Grünen. Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

eder Mensch hat das Recht, seinen Ehepartner selbst zu
estimmen. So sieht es die UN-Menschenrechtskon-
ention vor.


(Ute Kumpf [SPD]: Das hat meine Oma auch schon gesagt!)


och dieses Recht wird Tag für Tag nicht eingehalten.
ber 200 Frauen wenden sich jährlich allein in Berlin an
eratungsstellen für zwangsverheiratete Frauen. In einer
efragung im Auftrag der Bundesregierung äußerten
0 Prozent der Migrantinnen, zur Ehe gezwungen wor-
en zu sein. Das wollen wir ändern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Nun hat auch die Union damit begonnen, sich für die
pezifischen Interessen von Migrantinnen zu interessie-
en, allerdings häufig aus dem Grund, um die multikultu-
elle Gesellschaft für gescheitert zu erklären. Wir Grü-
en sehen das anders. Wir wollen eine multikulturelle
esellschaft und wollen die Vielfalt der Kulturen.


(Beifall des Abg. Dr. Hakki Keskin [DIE LINKE])


o allerdings Menschenrechte verletzt werden, da endet
ür uns jegliche kulturelle Toleranz.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dr. Hakki Keskin [DIE LINKE])


Die grüne Bundestagsfraktion hat als erste Fraktion
wangsverheiratung und Gewalt im Namen der Ehre in
eutschland thematisiert. Wir stehen für den Schutz von
rauen vor Gewalt und Zwang.


(Ute Kumpf [SPD]: Die SPD war auch dabei!)


n den vergangenen Jahren haben wir zusammen mit der
ot-grünen Regierung viel erreicht. Ich nenne nur das ei-
enständige Aufenthaltsrecht für verheiratete Migrantin-
en und das ausdrückliche Verbot von Zwangsverheira-
ung im Strafgesetzbuch. Weitere Schritte sind aber
ringend nötig. Den „Aktionsplan Zwangsverheiratung
ekämpfen“ können Sie, verehrte Regierungskoalition,
etzt gemeinsam mit den Bundesländern umsetzen.

546 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


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Irmingard Schewe-Gerigk
Hinter mangelnden Mehrheiten im Bundesrat können
Sie sich jetzt nicht mehr verstecken.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es wäre aber reine Symbolpolitik, jetzt nur das Straf-
recht zu ändern. Das würde den Frauen nicht helfen. Da-
rum wollen wir das seit 2005 bestehende Strafrecht erst
einmal evaluieren, statt es jetzt blind und sofort zu än-
dern. Was die Opfer von Zwangsverheiratung nämlich
wirklich brauchen, ist ein eigenständiges Aufenthalts-
recht. Nur so können sie sich einer Zwangsehe entzie-
hen, ohne Angst vor einer Ausweisung zu haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen insbesondere von der
CDU/CSU, nutzen Sie jetzt doch Ihre Mehrheiten und
vergessen Sie einmal Ihre Missbrauchsunterstellung ge-
genüber den Migrantinnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Konkret fordern wir, dass Frauen, die glaubhaft ma-
chen können, dass sie in Deutschland zwangsverheiratet
wurden, sofort ein eigenständiges Aufenthaltsrecht er-
halten. Für die Frauen, die aus Deutschland zur Verheira-
tung in andere Länder verbracht werden, fordern wir,
dass ihr Aufenthaltsrecht nicht nach sechs Monaten er-
lischt, sondern dass sie die Möglichkeit haben, auch spä-
ter als nach sechs Monaten nach Deutschland zurückzu-
kehren. Diese Chance ist ihnen bisher verwehrt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Die Flucht vor einer Zwangsehe gleicht heute in
Deutschland oftmals eher einem Hindernislauf. Darum
brauchen wir niedrigschwellige Beratungs- und
Schutzprogramme. Ohne bürokratischen Aufwand
müssen Betroffene Unterkunft, Papiere, Datenschutz
und Leistungen nach dem Jugendhilferecht erhalten. Wir
brauchen auch dringend verlässliches Datenmaterial;
denn ohne dieses können wir das tatsächliche Ausmaß
von Zwangsverheiratungen nicht sehen. Nicht zuletzt ist
das beste Instrument natürlich die Prävention. Hier sind
vor allem wieder die Länder am Zuge. Nachziehende
Ehegattinnen dürfen nicht länger ihrem Schicksal in ih-
rer neuen Familie überlassen werden. Indem wir Integra-
tionsansprüche an sie stellen, stärken wir sie auch in ih-
rer eigenen Familie.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU,
das ist wesentlich sinnvoller, als den Frauen das Nach-
zugsrecht erst mit 21 Jahren zu gewähren. Das liegt auch
ganz knapp neben der Verfassung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


– Das ist ja die reinste Begeisterung hier am späten
Abend.

Besondere Aufmerksamkeit müssen wir aber auch
dem männlichen Geschlecht zukommen lassen. Die Er-

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(C (D iehung zur Übernahme patriarchaler Rollenmuster und ännlicher Gewalt geschieht ja bereits früh in der Fami ie. Schule, Jungenarbeit, aber auch die MigrantInnenommunities müssen alles daran setzen, diese Situation u verändern. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Zwangsverheiraung ist keine Ehrensache, sondern sie ist eine Menchenrechtsverletzung. Lassen Sie uns in diesem Hause emeinsam darangehen, dies zu beenden. Ich freue mich uf die Beratung und ich weiß von der einen oder andeen Kollegin und auch von Kollegen, dass sie unserem ntrag inhaltlich zustimmen könnten. Vielleicht führen ir ein Berichterstattungsgespräch durch und vielleicht önnen wir in einem halben Jahr tatsächlich etwas für ie Frauen und auch für einige Männer tun. Ich danke Ihnen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie der Abg. Ute Kumpf [SPD] und der Abg. Ina Lenke [FDP])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1600823300

Das Wort hat die Kollegin Michaela Noll, CDU/CSU-

raktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1600823400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

iebe Frau Schewe-Gerigk, bevor ich auf Ihren Vortrag
ingehe, möchte ich erst einmal kurz eine kleine Ge-
chichte erzählen. Sie hat sich vor zehn Jahren zugetra-
en.

Es war auch kurz vor Weihnachten und eine Marok-
anerin lebte in meiner Familie. Wir freuten uns auf das
eihnachtsfest, wie wahrscheinlich auch manche von

hnen, und wir freuten uns auf ein paar friedliche Tage in
er Familie. Das Mädchen hieß Latifa. Zu der Zeit
urde Latifa aber immer introvertierter und verschlosse-
er. Ich habe sie gefragt: Freust du dich eigentlich nicht,
ass du über Weihnachten nach Hause zu deiner Familie
ährst? – Sie sagte nichts. Kurz vor dem Abreisetermin
ach Marokko fing sie an zu weinen und sagte: Wenn ich
ach Hause komme, werde ich verheiratet. Meine Fami-
ie hat bereits alles arrangiert. – Damals habe ich zum
rsten Mal selbst gehört, mitbekommen und mitgefühlt,
as es für ein junges Mädchen bedeutet, zwangsverhei-

atet zu werden.

Latifa war verzweifelt und sagte: Ich kann ihn nicht
eiraten, ich hatte einen deutschen Freund und bin keine
ungfrau mehr. Daraufhin habe ich mit meinem Selbst-
erständnis von Familie gesagt: Dann erkläre das doch
einer Familie. Ich selber habe auch einen Migrations-
intergrund. Ihre Antwort war: Nein, ich habe Angst um
ein Leben. – Diese Worte habe ich nicht vergessen.
eswegen freue ich mich, dass ich zu diesem Thema
eute sprechen kann.

Es ist mir natürlich klar, dass wir relativ begrenzte
öglichkeiten haben, um unmittelbar Einfluss auf die

amilienstruktur in einem Bergdorf in Marokko zu neh-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 547


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Michaela Noll
men. Manche Täter versuchen noch ihr Handeln mit dem
Argument zu rechtfertigen: Andere Länder, andere Sit-
ten. Aber wir dürfen es hier nicht zulassen, dass das
Schicksal, das ich Ihnen gerade geschildert habe, auf
deutschem Boden passiert, und zwar mitten unter uns, in
Familien, die seit Generationen hier in Deutschland le-
ben.


(Beifall im ganzen Hause)


Viele von Ihnen haben von ähnlichen Schicksalen ge-
hört, ob über die Medien oder die Presse. Das jüngste
Beispiel war der tragische Tod einer jungen Frau hier in
Berlin. Die Folgen von Zwangsverheiratung soll man ru-
hig einmal drastisch darstellen. Die jungen Frauen müs-
sen meist die Schulausbildung abbrechen, sie werden
häufig sexuell ausgebeutet und sind meistens von ihren
Ehemännern finanziell abhängig. Sie haben kein eigenes
Leben. Tausende von diesen jungen Muslimas leben in
Deutschland unter dem Zwang des Patriarchats, zum
Teil in der Wohnung eingesperrt, hilflos gegen männ-
liche Gewalt, bis hin zum Ehrenmord.

Allein in meinem Wahlkreis waren es im letzten Jahr
acht Frauen, die aus einer extrem isolierten Lebensform
ins Frauenhaus geflüchtet sind. Jede Dritte sagt: Ich bin
zwangsverheiratet worden. Diese Frauen haben keine
Chance auf Integration. Sie verschwinden in einer Paral-
lelwelt. All dies ist eindeutig gegen unser Grundgesetz,
und zwar gegen Art. 3 – Gleichheitsgebot – und gegen
Art. 6, der die Eheschließungsfreiheit gewährleistet.


(Beifall im ganzen Hause)


Unser Grundgesetz gilt für alle: für Männer und für
Frauen, ungeachtet der Herkunft und ungeachtet der Re-
ligion. Ein gleichberechtigtes und selbstbestimmtes Le-
ben ist ein grundlegender und zentraler Wert unserer Ge-
sellschaft. Doch von diesen Rechten können diese Opfer
wirklich nur träumen. Deshalb müssen wir jetzt handeln.
Das werden wir auch tun.

Jetzt zu Ihrem Antrag. Aus frauen- und gesellschafts-
politischer Sicht ist das Ziel dieses Antrages, Opfer von
Zwangsheirat noch stärker zu schützen, zu begrüßen.


(Beifall der Abg. Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wir können doch nicht nur von Einzelschicksalen spre-
chen; denn die Medien zeigen ja, dass die Dunkelziffer
viel höher ist. Viele Frauen trauen sich nicht, sich aus
diesen Zwängen zu befreien und die Tat anzuzeigen,
weil sie wissen, dass dies zu Racheakten in ihrer Familie
führen wird.

Konkrete Daten – da gebe ich Ihnen Recht – fehlen.
Deswegen halten wir eine bundesweite Studie zum
Thema Zwangsheirat für sinnvoll. Auch die Forderung,
die Antragsfrist zur Aufhebung der Ehe zu verlängern
und die Prävention zu verstärken, tragen wir mit. Aber
all das – Entschuldigung – ist nicht ganz neu. Das war
im Bundesratsentwurf bereits enthalten, Bundestags-
drucksache 15/5951. Sie ist zum Nachlesen sehr geeig-
net. Darüber hinaus stellt auch die Einführung eines nie-
derschwelligen Schutzprogramms für Opfer einen

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(C (D ichtigen Aspekt dar. Aber das ist Aufgabe der Länder nd der Kommunen. Insofern kann ich nur sagen: Einige Punkte in Ihrem ntrag gehen in die richtige Richtung. Aber die von Ihen angedachten ausländerrechtlichen Änderungen geen in vielen Punkten zu weit und sind auch in vielen unkten leider nicht praktikabel. (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Was ist mit der Rückkehr nach sechs Monaten?)


Ich möchte jetzt auf diesen Vorschlag nicht im Detail
ingehen, weil dafür meine Redezeit zu kurz ist. Da dies
eute die erste Lesung ist, biete ich Ihnen an, darüber in
en weiteren Beratungen zu diskutieren.

Noch ein Wort zu Ihnen, Frau Schewe-Gerigk. Sie ha-
en uns eben ein bisschen angegriffen. Schauen Sie ein-
al in unseren Koalitionsvertrag.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das habe ich gemacht!)


uf den Seiten 119 und 120 steht genau, was wir hier er-
eichen wollen, und wir wollen einiges.


(Irmingard Schewe-Gerigk GRÜNEN)


as werde ich Ihnen kurz erklären.

Erstens. Es geht uns nicht nur um eine reine Straf-
echtsverschärfung. Natürlich wollen wir einen neuen
traftatbestand zur Zwangsheirat.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Ja, richtig!)


ir wollen ihn ganz einfach deshalb einführen, weil da-
it mehr Rechtsklarheit geschaffen wird. Die gleiche
ituation haben wir beim Stalking.

Zweitens. Wir wollen die Prävention verstärken.
uch wir wollen Betreuungs- und Beratungsangebote
erbessern. Aber wir haben einen anderen Ansatz. Wir
ollen das Selbstbewusstsein der Jungen und der Mäd-

hen stärken.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das wollen wir auch!)


Zunächst zum Straftatbestand. Es ist zwar richtig,
ass die Zwangsheirat unter den Nötigungsparagraphen
ällt. Aber wenn Sie sich mit Menschen aus der Praxis
nterhalten, dann sehen Sie ganz genau, dass eine solche
estrafung ausgesprochen selten Anwendung findet.
eswegen sagen wir: Ein eigener Straftatbestand setzt

infach ein deutlicheres politisches Signal. Deutschland
ird Zwangsverheiratung nicht dulden.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Der Entwurf, der im Sommer im Bundesrat verab-
chiedet wurde, enthält zum Beispiel zivilrechtliche Re-
elungen.

Manche Dinge sind nicht zu Ende gedacht. Warum rei-
hen Frauen so selten den Antrag zur Aufhebung der Ehe
in? Der Grund ist, dass sie dann vor dem finanziellen

548 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


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Michaela Noll
Ruin stehen. Sie bekommen nämlich keinen Unterhalt.
Der Bundesratsentwurf zielte genau darauf ab, die Recht-
stellung im Unterhaltsrecht und im Erbrecht zu verbes-
sern; denn es darf nicht sein, dass der Täter hinterher das
Opfer beerbt. Die gesetzliche Erbfolge wird so ausgehe-
belt. All das enthält dieser Entwurf.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Was nützt ihnen das, wenn sie nicht nach Deutschland zurückkommen dürfen?)


– Jetzt bin ich dran.

Außerdem ist eine Höchststrafe von zehn Jahren vor-
gesehen und schon der Versuch der Zwangsverheiratung
ist strafbar. Deswegen halte ich es für richtig, beim Straf-
recht anzusetzen.

In einem gebe ich Ihnen Recht: Wir dürfen auch die
Täter nicht vergessen, und zwar die Brüder, Väter, Ehe-
männer und bedauerlicherweise auch die Mütter. Im Fall
des Ehrenmordes in Berlin waren es die Brüder des Op-
fers. Den Schlagzeilen war zu entnehmen, dass muslimi-
sche Oberschüler diesen Ehrenmord gefeiert haben. Die-
selben Schüler hatten zuvor ein Mädchen gemobbt, weil
es nicht entsprechend gekleidet war. Das heißt, wir müs-
sen bei den Jungen ansetzen. Denn die Akzeptanz, die
bei den Jungen in Migrantenfamilien anscheinend vor-
handen ist, können wir auf Dauer nicht akzeptieren. Des-
wegen setzen wir gezielt auf Präventionsarbeit. Auch
hierbei sind die Schulen gefragt. Denn die Opfer sind
meistens minderjährig und schulpflichtig. Insofern kön-
nen wir versuchen, unsere Präventionsarbeit in die Schu-
len zu transportieren. Ob die Lehrpläne dafür geeignet
sind, müssen wir dahingestellt sein lassen. Denkbar sind
zum Beispiel Schulungen von Vertrauenslehrern.

Dass die Täter nicht als „Zwangsverheirater“ gebo-
ren, sondern dazu erzogen werden, ist ebenfalls klar.
Was hat das zur Folge? Wir müssen versuchen, die Väter
und Mütter mit ins Boot zu holen. Denn nur bei den jun-
gen Mädchen anzusetzen, greift meiner Meinung nach
viel zu kurz.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Deshalb steht da auch in großes I!)


Auch die islamischen Organisationen sind gefordert.
Denn sie haben Zugang zu den Eltern und können diese
aufklären. Nur so erreichen wir ein Umdenken.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Außerdem müssen die Frauen über ihre Rechte aufge-
klärt werden. Die mangelnden Deutschkenntnisse ha-
ben zur Folge, dass sie sich nicht über ihre Rechte infor-
mieren können.

Was Ihre Kritik an den Beschlüssen der Innenminis-
terkonferenz angeht, weise ich darauf hin, dass eine ver-
fassungsrechtliche Prüfung erfolgen wird. Aber Sie grei-
fen sich immer nur die Rosinen heraus, wie es Ihnen
passt. Wichtig ist, dass bei der Einreise Deutschkennt-
nisse vorhanden sein müssen. Nur dann können sich die

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(C (D rauen vor Ort verständigen. Deswegen meine ich, dass ir die Diskussion erst einmal abwarten sollten. enn sie sich nicht verständigen können, brauchen diese rauen auch Beratung in türkischer und arabischer Sprahe. (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das wollen wir auch!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir wollen selbstbewusste Mädchen und Jungen, die
hr Leben selbst bestimmen. Sie sollen selbst entschei-
en dürfen, wie sie leben und wen sie lieben.


(Zuruf von der LINKEN: Dann müssen Sie die Partei wechseln!)


eder Fall von Zwangsverheiratung ist ein Fall zu viel.
lle diese Opfer leiden. Bis zu 80 Prozent wurden vor-
er misshandelt oder missbraucht. Unser Maßnahmen-
aket wird einiges ändern. Es wäre schön, wenn Sie uns
n dem Punkt folgen könnten.

Nun möchte ich noch einmal kurz auf Latifa zurück-
ommen. Sie hatte in ihrer Situation zwei Möglichkei-
en, nämlich entweder einen Arzt zu finden – es gibt in
eutschland Ärzte, die bestimmte Eingriffe wieder rück-
ängig machen – oder mit ihrer Familie zu brechen. Sie
at sich für Letzteres entschieden und ist nicht mehr
ach Marokko zurückgekehrt. So weit darf es in
eutschland nicht mehr kommen. Diese moderne Form
er Sklaverei muss ein Ende haben.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1600823500

Das Wort hat die Kollegin Sibylle Laurischk, FDP-

raktion.


Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1600823600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich

öchte kurz auf Ihre Rede eingehen, Frau Kollegin Noll.
ie haben eindrucksvoll geschildert, wie Sie gerade um
eihnachten eine hochproblematische Situation miter-

ebt haben. Ich meine das nicht zynisch, sondern sage es
anz bewusst sehr nachdenklich: Weihnachten ist eine
eit, in der Scheidungsanwälte und Familienrechts-
xperten viel zu tun haben.

Wir sprechen heute nicht zum ersten Mal über das
hema Zwangsverheiratung. Schon in der Debatte vor
inem Jahr über den Antrag der FDP zum Thema „Kul-
urelle Vielfalt – universelle Werte. Neue Wege zu einer
ationalen Integrationspolitik“ wurde das Thema
wangsheirat von uns aufgegriffen und als Menschen-
echtsverletzung nach Art. 6 Grundgesetz, Art. 16 der
llgemeinen Erklärung der Menschenrechte und Art. 12
er Europäischen Konvention zum Schutze der Men-
chenrechte und Grundfreiheiten klassifiziert.

Die Zwangsheirat verletzt die Menschenwürde. Diese
st ein zentraler Grundwert, deren Verletzung aus vor-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 549


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Sibylle Laurischk
geblich religiösen oder kulturellen Gründen nicht tole-
riert werden kann.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Im Dezember 2004 war uns auch der Dialog mit Re-
präsentanten muslimischer Gruppen ein wichtiges Anlie-
gen, um in die so genannten Communities der Migranten
hineinwirken zu können. Diesen Antrag haben Sie,
meine Damen und Herren von den Grünen, damals als
Mitglieder der Bundesregierung abgelehnt.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


In einer weiteren Debatte des Bundestages am
10. März 2005 anlässlich des Internationalen Frauenta-
ges wurde das Thema Zwangsverheiratung erneut disku-
tiert. Wir hätten es tatsächlich sehr begrüßt, wenn seitens
der Grünen – damals in der Bundesregierung – eine Ak-
tion aufgegriffen worden wäre, wie sie seitens des Lan-
des Baden-Württemberg bereits angestoßen worden war.
Tatsächlich hat aber in der Debatte vom 10. März 2005
die damalige Integrationsbeauftragte der Bundesregie-
rung, Frau Beck, eingeräumt, dass es in der Politik im-
mer wieder vorkomme, dass man zu lange brauche, um
zunächst verborgene gesellschaftliche Entwicklungen zu
entdecken.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat sie aber nicht auf sich selbst gemünzt!)


Wenn nun die Grünen aufenthaltsrechtliche und zivil-
rechtliche Änderungen fordern, um die Situation der von
Zwangsheirat Betroffenen zu stärken, dann kann ich dies
nur begrüßen. Zu Recht weisen Sie darauf hin, dass mit
§ 240 Abs. 4 StGB seit Februar 2005 die Zwangsheirat
als besonders schwerer Fall der Nötigung strafbar ist.
Die Anwendung dieses Paragraphen in den einzelnen
Bundesländern muss aber evaluiert werden. Es wäre si-
cherlich sehr hilfreich, zu erfassen, inwieweit dieser
neue Straftatbestand tatsächlich angewendet wird.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ich möchte ergänzen: Die Ausdehnung der Strafbarkeit
scheint mir persönlich nicht der vorrangige Weg zu sein;
denn die flankierenden Maßnahmen – an diesen fehlt
es – sind, denke ich, wichtiger, um den bestehenden
Straftatbestand umzusetzen.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Richtigerweise muss man davon ausgehen, dass nur
bei bestehenden sachgerechten flankierenden Maßnah-
men die einzelne Frau, die in der Regel das eigentliche
Opfer einer Zwangsverheiratung ist, tatsächlich den Weg
zu Polizei und Staatsanwaltschaft findet. Die begründete
Angst vor gewalttätigen Familienmitgliedern wird häu-
fig dazu führen, dass sie ihr Schicksal weiter trägt und
keine Strafanzeige erstattet. Deshalb sind auch flankie-
rende Maßnahmen unabdingbar, wie die Sicherstellung

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(C (D er Finanzierung eines ausreichenden Netzes von Fraunhäusern und psychologischer Beratung der häufig raumatisierten Opfer. Eine Verbesserung des Aufenthaltsstatus ist ebenso innvoll, darf allerdings nicht dazu führen – hier bin ich insichtlich der Vorschläge der Grünen vorsichtig –, ass die Behauptung einer Zwangsverheiratung automaisch zu einer Änderung der aufenthaltsrechtlichen Moalitäten führt. Dabei ist daran zu denken, dass im Anrag der Grünen vorrangig von Migrantinnen die Rede st. Es dürfte aber bei einer entsprechenden Änderung er aufenthaltsrechtlichen Gesetzgebung kaum möglich ein, ausschließlich für Frauen eine gesetzliche Grundage zu schaffen. Wir müssen sehr sorgfältig prüfen, wie ir in dieser Frage eine angemessene Änderung – sie ist öglicherweise notwendig – vornehmen, ohne das Kind it dem Bade auszuschütten. ch möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass schon m Sommer 2005 auf Betreiben des baden-württemberischen Justizministers Goll Zwangsverheiratung zum hema einer Bundesratsinitiative gemacht wurde. Leider onnte dies wegen der vorgezogenen Bundestagswahl icht weiter behandelt werden. Ich möchte noch auf einen anderen Gesichtspunkt inweisen, nämlich die familiäre Gewalt in unserer Geellschaft insgesamt. Im Jahr 2000 wurde § 1631 Abs. 2 es BGB dahin gehend geändert, dass Kinder ein Recht uf gewaltfreie Erziehung haben und dass körperliche estrafungen, seelische Verletzungen und andere entürdigende Maßnahmen nicht zulässig sind. Hier muss m Grunde verstärkt angesetzt werden, um familiäre Enticklungen, die in Druck zur Zwangsverheiratung münen, zu vermeiden. Auch die deutsche Gesellschaft muss ich mit Fragen der familiären Gewalt auseinander seten. Dies ist nicht ausschließlich ein Problem der so geannten Communities von Migranten und Migrantinnen. eim Thema „familiäre Gewalt“ geht es um eine breite roblematik in unserer Gesellschaft. Um eine zunehende Entwicklung von Parallelgesellschaften zu vereiden, müssen die Vermeidung und der Abbau von failiärer Gewalt schon im Kindesalter eine vorrangige ielsetzung zur Prävention besonderer Gewaltformen ie der Zwangsheirat sein. Kinder sind schon in Kinderarten und Schule entsprechend zu informieren und zu rziehen. Um die von der Bundesregierung zu ergreifenden aßnahmen – hoffentlich in Zusammenarbeit mit der ntegrationsbeauftragten – inhaltlich begleiten und beerten zu können, wird die FDP-Fraktion im Rahmen er Ausschussarbeit eine Anhörung beantragen. Frau Kollegin, Sie müssen jetzt zum Schluss kom en. Ich gehe davon aus, dass die Zwangsehe nicht länger in Tabuthema in Deutschland bleibt, sondern durch eine 550 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 Sibylle Laurischk entschlossene Anwendung des bestehenden Strafrechts – bei gleichzeitiger Entwicklung notwendiger flankierender Maßnahmen – auch im Kreis der Betroffenen zunehmend als eine die Menschenwürde verneinende Straftat verstanden wird. Nächste Rednerin ist die Kollegin Angelika Graf, SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol legen! Die türkische Zeitung „Hürriyet“ widmete einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung mit dem Titel „Präventionsstrategien zur Zwangsverheiratung“ am 4. November dieses Jahres einen kurzen Artikel. Ich habe mich darüber ziemlich geärgert; denn durch eine Auswahl einiger Sätze aus meinem Referat, das ich dort gehalten habe, hat diese Zeitung den Eindruck vermittelt, ich hätte die Unerträglichkeit von Zwangsverheiratungen selbst relativiert. Dabei hatte ich lediglich mit Blick auf konkrete Erlebnisse, die ich genauso wie Frau Noll als junge Frau hatte, aus meinem Freundeskreis Beispiele für mit meinen Vorstellungen von Partnerfindung ebenfalls nicht vereinbare vermittelte Ehen gegeben. Ärgerlich an dem besagten „Hürriyet“-Artikel war neben dieser gezielten Fehlinterpretation auch die Tatsache, dass mit keinem Wort erwähnt wurde, dass wir bei der Novellierung des Sexualstrafrechts im Februar 2005 die Zwangsverheiratung ausdrücklich als besonders schweren Fall der Nötigung ins Strafgesetzbuch aufgenommen haben. Dieser Paragraph ist eine ausdrückliche Warnung an die Akteure, die Tochter oder den Sohn gegen den eigenen Willen zu verheiraten bzw. ihn oder sie eine Ehe schließen zu lassen, in die der künftige Partner gezwungen wird. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1600823700
Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1600823800

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(Beifall bei der FDP)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1600823900
Angelika Graf (SPD):
Rede ID: ID1600824000

Für mich und die SPD-Bundestagsfraktion ist klar: Es
gibt keine wie auch immer geartete Rechtfertigung der
Zwangsverheiratungen. Das haben wir hier schon mehr-
fach diskutiert. Auch in der Türkei ist die Zwangsverhei-
ratung übrigens verboten. Frau Laurischk hat schon den
Art. 12 der Europäischen Menschenrechtskonvention
und den Art. 16 der Allgemeinen Erklärung der Men-
schenrechte angesprochen. Diese klaren Botschaften
aufzunehmen, hätte ich von einer Zeitung, die immerhin
von der Mehrzahl der türkischen Migrantinnen und Mi-
granten in Deutschland gelesen wird und die eine Ver-
pflichtung hat, bei der Integration dieser Menschen mit-
zuhelfen, eigentlich erhofft und erwartet.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Am meisten leiden unter der Zwangsverheiratung
junge Frauen, weil sie in einem traditionell männlich do-
minierten Umfeld die Schwächeren und Verletzbareren
sind, denen mit einer Zwangsehe auch alle persönlichen
Rechte genommen werden. Ich werde deshalb im Weite-

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(C (D en vorwiegend auf die Situation der jungen Frauen einehen. Im Hinterkopf sollten wir aber auch die Situation on jungen Männern haben, insbesondere von schwulen ungen Männern, die, weil Homosexualität in islamisch eprägten Ländern als krank und kriminell angesehen ird, ebenfalls unter Anwendung von Zwang und Druck erheiratet werden. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wichtiger Hinweis! Auch Transsexuelle werden in der Türkei diskriminiert!)


atsache ist, dass wir in Anbetracht der offensichtlichen
äufung von Fällen in Deutschland dringend prüfen
üssen, wie die Zwangsverheiratung bekämpft werden

ann, bei der ja oft archaisch, grausam und ohne Rück-
icht auf die Menschenwürde die Ehe auch mit Gewalt
ollzogen wird.

Eine wichtige Säule der Bekämpfung der Zwangsver-
eiratung ist zweifellos – da gebe ich Frau Noll Recht –
as Strafrecht. Ich habe gerade schon auf den
240 StGB – besonders schwere Nötigung –, der schon
ehrfach angesprochen worden ist, mit einem Strafrah-
en zwischen sechs Monaten und fünf Jahren hingewie-

en. Wir müssen hier ernsthaft prüfen, ob die Regelung
m § 240 ausreicht. Eine Evaluation in den nächsten Wo-
hen und Monaten wäre da sehr hilfreich. Ich persönlich
endiere allerdings gefühlsmäßig trotz der Gefahr einer
ymbolischen Gesetzgebung zu einem eigenen Straftat-
estand Zwangsverheiratung.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


ch verweise in diesem Zusammenhang auch auf eine
ntschließung der Parlamentarischen Versammlung
es Europarates vom 20. Juni 2005, welche unter-
treicht, dass sich auch Personen strafbar machen, die
reiwillig an der Zwangsverheiratung beteiligt waren,
um Beispiel der Ehemann oder diejenigen, die zum
eispiel als Familienangehörige Beihilfe zum Zustande-
ommen einer Zwangsverheiratung leisten.

Familienrechtlich ist schon heute eine unter Zwang
eschlossene Ehe ungültig. Ein Standesbeamter muss
eine Mitwirkung an einer Eheschließung verweigern,
enn deutlich wird, dass ein Ehepartner durch Drohung
der Druck zur Eheschließung gezwungen wird. Viel-
eicht wäre hier allerdings manchmal ein Einzelgespräch
it jedem der künftigen Ehepartner eine Rettung für die
etroffenen. Gleiches müsste meiner Ansicht nach für
onsularbeamte gelten, die – auch das ist eine Anregung
es Europarates – bei der Übertragung im Ausland ge-
chlossener Ehen die Ehegatten befragen sollten. Bei
en Regelungen zur Aufhebung einer Ehe müsste man
ber eine eventuelle Verlängerung der Aufhebungsfrist
achdenken. Aber auch das ist wie viele andere Dinge
iner entsprechenden Anhörung, die wir vielleicht
urchführen sollten, vorbehalten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Neben dem Strafrecht und dem Zivilrecht gibt es – da
ind wir, Frau Noll, ein bisschen auseinander – auch au-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 551


(A) )



(B) )


Angelika Graf (Rosenheim)

fenthaltsrechtlich und ausländerrechtlich je nach Situa-
tion einen unterschiedlichen Handlungsbedarf.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Da gibt es – Fall A – die so genannten Importbräute.
Sie sind – das muss man selbstkritisch sagen – ein Indiz
dafür, dass unsere Integrationsbemühungen bei manchen
jungen Männern im Migrantenmilieu und bei ihren Fa-
milien eben nicht erfolgreich waren. Unsicher und ohne
unsere Regeln des Zusammenlebens zu akzeptieren, ho-
len sie sich eine Frau aus der Heimat, die in das traditio-
nelle Familienbild passt. Eine solche „Importbraut“ kann
im Normalfall nicht Deutsch und ist jeder Einschüchte-
rung, jedem Zwang, jeder Gewalt hilflos ausgesetzt. Das
wird sich meines Erachtens auch nicht ändern, wenn
man das Zuzugsalter erhöht, wie es die Innenminister-
konferenz gefordert hat.


(Beifall der Abg. Kerstin Griese [SPD] – Sibylle Laurischk [FDP]: Sehr richtig!)


Ich glaube, dies bringt uns auch in Konflikte mit Art. 6
des Grundgesetzes, und zwar ganz abgesehen davon,
dass der gewünschte Effekt, wie gesagt, nicht eintreten
wird.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Viel wichtiger wäre hier – das ist ein Appell an die
Bundesländer und Kommunen –, mit einer aufsuchen-
den, nicht diskriminierenden Beratung Zugang zu den
Betroffenen zu suchen, um sie aus ihrer Isolation heraus-
zuholen, sie dazu zu animieren, die Sprache zu lernen
und ihnen Hilfe anzubieten. Dazu gehört auch der Hin-
weis, dass das eigenständige Aufenthaltsrecht für Ehe-
partner schon nach geltendem Recht in Härtefällen nicht
mit der üblichen zweijährigen Wartezeit verbunden ist.
Hier sollten wir allerdings über klarere Regelungen für
Opfer von Zwangsverheiratungen reden.

Ich komme nun zu Fall B: Immer mehr junge Frauen
mit ausländischer Staatsangehörigkeit werden aus
Deutschland in ihr Herkunftsland verbracht, um dort un-
ter Zwang verheiratet zu werden. Ich hatte in meinem
Wahlkreis selber einen solchen Fall. Die Erfahrung, die
ich gemacht habe, ist, dass die Angelegenheit selbst
dann im Sande verläuft, wenn man sich einsetzt. Die
deutschen Botschaften oder Konsulate haben wenige
Möglichkeiten, Einfluss auf die offensichtlich lasche
strafrechtliche Verfolgung dieses Delikts in den betref-
fenden Ländern zu nehmen. Hier muss man, zum Bei-
spiel im Rahmen der Beitrittsverhandlungen mit der Tür-
kei, Druck auf die jeweiligen Regierungen ausüben,
damit sich da etwas tut.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der FDP)


Andererseits müssen wir in Deutschland der Tatsache
ins Auge sehen, dass diese „Exportbräute“ mit der Ver-
schleppung nach einem halben Jahr auch ihren gesicher-
ten Aufenthaltstitel in Deutschland verlieren, selbst
wenn sie seit ihrer Geburt in Deutschland gelebt haben
und hier gut integriert waren. Oft wird ihnen auch der

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(C (D ass abgenommen. Wir müssen uns also überlegen, wie ir mit diesem Phänomen umgehen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


an sollte zum Beispiel über § 51 Abs. 1 und § 37 des
ufenthaltsgesetzes diskutieren.

Grundsätzlich scheint es mir notwendig zu sein, die
ituation der Opfer stärker in den Mittelpunkt der Dis-
ussion zu stellen. Da gebe ich all meinen Vorrednerin-
en Recht. Der Antrag der Grünen hat diesbezüglich ja
iniges, was wir in der letzten Legislaturperiode gemein-
am diskutiert haben, aufgenommen.

Zu einem guten Opferschutz gehören Beratungsan-
ebote und anonyme Schutzeinrichtungen. Hier sind die
änder und Kommunen genauso wie bei der Bildung der
etroffenen in der Pflicht. Das A und O ist aber eine
reite und aufklärende Informationspolitik,


(Beifall der Abg. Kerstin Griese [SPD])


ie alle Multiplikatoren aus Sozialarbeit, Bildungsein-
ichtungen, Polizei und Justiz einschließt. Die Informa-
ionspolitik muss ebenso – damit komme ich zurück auf
iesen ärgerlichen Artikel in „Hürriyet“ – die Migran-
enszene einbeziehen.

Für vorbildlich halte ich auch einen auf Türkisch er-
chienenen Flyer des Bezirksamts Kreuzberg, der mir
eute auf den Tisch kam. Er enthält eine Liste der Bera-
ungs- und Zufluchtseinrichtungen in Berlin und spricht
en jungen Frauen Mut zu, sich gegen Zwangsverheira-
ungen zur Wehr zu setzen. Er beginnt mit dem Satz:

Sag Nein zur Zwangsverheiratung! Niemand darf
Dich gegen Deinen Willen verheiraten, nicht in der
Türkei, nicht in Albanien, nicht im Libanon, nicht
in Asien, nicht in Afrika und auch nicht in Deutsch-
land. Nirgendwo.

aran sollten wir uns halten. Daran sollten wir arbeiten.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1600824100

Das Wort hat die Kollegin Sevim Dagdelen, Fraktion

ie Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1600824200

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen

nd Kollegen! Es herrscht Einigkeit bei dem Thema
wangsheirat. Zwangsheirat ist ein Verstoß gegen das
enschenrecht auf die freie Wahl des Ehepartners und

reift grundlegend in die körperliche und seelische Inte-
rität der Betroffenen ein. Eine freiheitliche Rechtsord-
ung kann das nicht akzeptieren.


(Beifall der Abg. Dr. Barbara Höll [DIE LINKE])


552 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



(B) )


Sevim Dagdelen
Es ist allerdings ein großer Unterschied, ob man wieder
nach Strafrechtsverschärfung ruft oder ob man über Tra-
ditionen, die in einer freiheitlichen Gesellschaft unange-
bracht sind, einen öffentlichen Diskurs führt mit dem
Ziel, dass die Akteure Einsicht gewinnen und ihr Verhal-
ten freiwillig ändern.

Der Koalitionsvertrag sieht vor, Zwangsverheiratun-
gen als eigenen Straftatbestand einzuführen. Auch der
uns vorliegende Antrag der Grünen geht mit der Forde-
rung nach Prüfung weiter gehender strafrechtlicher Maß-
nahmen in eine ähnliche Richtung.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Prüfung ist immer etwas Offenes!)


Die geführte Debatte mit dem Fokus auf das Strafrecht
birgt die Gefahr, eine Bevölkerungsgruppe zu diskrimi-
nieren und ihr pauschal kulturelle Rückständigkeit zu
unterstellen. Es ist vielmehr eine gesellschaftliche
Debatte notwendig, die nicht dazu führen darf, die hier
lebenden Menschen, die kulturellen Minderheiten, ins-
besondere Muslime, zu stigmatisieren.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Uwe Barth [FDP]: Das will doch keiner!)


Zwangsheirat geschieht immer in patriarchalischen Ge-
sellschaftsverhältnissen bzw. Geschlechterverhältnissen
und autoritären Familienstrukturen, die kulturell über-
greifend sind.

Ich habe leider den Eindruck gewonnen, dass es in der
Debatte nicht primär darum geht, die Situation der Be-
troffenen wirklich zu verbessern.


(Ute Kumpf [SPD]: Na, na, na! – Kerstin Griese [SPD]: Also wirklich!)


Wenn dem so wäre, hätten die Verfasser des Koalitions-
vertrags und auch die rot-grüne Regierung in den letzten
sieben Jahren statt auf eine Strafrechtsverschärfung auf
eine aufenthaltsrechtliche Verbesserung gesetzt. Sie hät-
ten finanzielle Mittel zur Aufklärung und Prävention
vorgesehen und den Willen zum Ausdruck gebracht, die
Zusammenarbeit mit Frauen- und Migrantenorganisatio-
nen zu suchen. Davon ist kaum ein Wort zu lesen.


(Beifall bei der LINKEN – Ute Kumpf [SPD]: Das machen wir schon seit über 30 Jahren! Sie waren noch nicht geboren, da haben wir schon angefangen!)


– Abwarten!

Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen bietet dage-
gen eine Reihe von positiven und auch konkreten Forde-
rungen, die wir an dieser Stelle wirklich ausdrücklich
unterstützen. Längst überfällig ist nämlich die Verbesse-
rung der aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen für
Migranten.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D s geht zum Beispiel darum, die Rückkehroption für iejenigen zu verlängern, die zwangsweise ins Ausland erheiratet werden. Zwangsverheirateten Ehepartnern in eutschland muss ein eigenständiges Aufenthaltsrecht ewährt werden – unabhängig von der Dauer der Ehe. Wir müssen ebenso einen Schwerpunkt auf Prävenion legen. Das heißt, es gilt, in einen Dialog mit den Elern zu kommen, sie davon zu überzeugen, sich für die nteressen und die Freiheit ihrer Kinder einzusetzen. ir müssen Migranten und ihre Organisationen gewinen, um mit ihrer Unterstützung diese wichtige Auseinndersetzung um das Selbstbestimmungsrecht besonders on Frauen zu führen – jenseits kultureller Stigmatisieungen. Zwangsverheiratungen müssen verhindert werden. ies kann uns nur gelingen, werte Kolleginnen und Kol egen, wenn wir den Betroffenen Schutz und eine echte erspektive auf ein gleichberechtigtes, freies und unabängiges Leben bieten, damit sie sich aus dieser wangslage befreien können. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der LINKEN)


Wir als Fraktion Die Linke fordern die Bundesregie-
ung deshalb auf, in Zusammenarbeit mit Frauen- und

igrantenorganisationen sowie Beratungsstellen einen
ktionsplan zur Bekämpfung von Zwangsverheira-

ung zu erarbeiten. Im Vorfeld dazu sollten die beteilig-
en Ausschüsse eine Anhörung durchführen.

Inwieweit die Regierung auch Verbesserungen der
ufenthaltsrechtlichen Bestimmungen vorsieht, wird
etztlich Gradmesser dafür sein, Frau Noll und Frau
raf, wie ernst es der großen Koalition mit ihrem Anlie-
en wirklich ist.

Ich bedanke mich.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1600824300

Frau Kollegin, dies war Ihre erste Rede in diesem Ho-

en Hause. Ich gratuliere Ihnen recht herzlich, wünsche
hnen persönlich und für Ihre Arbeit in diesem Hohen
ause alles Gute.


(Beifall)


Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 16/61 an die in der Tagesordnung aufge-

ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit
inverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überwei-
ung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 sowie Zusatz-
unkt 14 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Gisela
Piltz, Sibylle Laurischk, Sabine Leutheusser-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 553


(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Schnarrenberger, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP

Gegen eine europaweit verpflichtende Vorrats-
datenspeicherung

– Drucksache 16/128 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Ausschuss für Kultur und Medien

Beratung des Antrags der Abgeordneten Silke
Stokar von Neuforn, Volker Beck (Köln), Jerzy
Montag, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Freiheit des Telefonverkehrs vor Zwangsspei-
cherungen

– Drucksache 16/237 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-
gin Gisela Piltz, FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Gisela Piltz (FDP):
Rede ID: ID1600824400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich möchte meine Ausführungen mit einem Zitat begin-
nen: Wir bekräftigen unsere bereits bei Novellierung des
Telekommunikationsgesetzes zum Ausdruck gekom-
mene Ablehnung einer Mindestspeicherungsfrist für
Verkehrsdaten und fordern die Bundesregierung auf, ei-
nen etwaigen Beschluss in den Gremien der Europäi-
schen Union, der eine solche Verpflichtung für Unter-
nehmen in Deutschland vorsähe, nicht mitzutragen.

Meine Damen und Herren, das ist kein Beschluss von
ein paar von dem einen oder anderen vielleicht als
durchgeknallt eingeschätzten Datenschützern. Das ist
auch kein Beschluss des FDP-Kreisverbandes Düssel-
dorf. Das ist der Beschluss des Deutschen Bundestages,
kein Jahr alt. Wir haben das am 22. Dezember 2004 be-
schlossen und diskutieren heute darüber, was daraus in
Brüssel leider geworden ist.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Verrat!)


Was ist denn das Ergebnis? Nach der Abstimmung im
Europäischen Parlament in dieser Woche werden in Zu-
kunft 450 Millionen Bürger anlassunabhängig beim
Telefonieren – sei es mit dem Handy oder über das Fest-
netz – und auch bei jeder Bewegung im Internet über-
wacht.

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(C (D (Jörg Tauss [SPD]: Skandalöser Beschluss, da sind wir uns einig!)


o stelle ich mir einen Rechtsstaat, der auch den Bürger-
echten verpflichtet ist, nicht vor.


(Beifall bei der FDP – Joachim Stünker [SPD]: Wieso werden die überwacht, nur weil die Daten gespeichert werden?)


Die Telekommunikationsanbieter werden verpflich-
et, alle diese Daten für mindestens ein halbes Jahr zu
peichern – es können aber auch 24 Monate oder länger
ein; mal schauen, was passiert. Damit Sie nur einmal
erstehen, was das für eine Masse an Daten ist: Das
ind 639 000 gebrannte CDs jeden Tag. Das sind im Jahr
33 Millionen Datenträger. Wenn Sie diese nebeneinan-
er aufstellen, dann ergäbe das eine Breite von
16 Kilometern. Glauben Sie im Ernst, dass das effektiv
ein kann?


(Jörg Tauss [SPD]: Nein, mit Sicherheit nicht!)


Das ist aber beschlossen worden. –


(Jörg Tauss [SPD]: Ja, im Europaparlament! – Zuruf von der FDP: Die wollen nur die Wirtschaft ankurbeln!)


as sind nur die Mindestzahlen. Das ist im Übrigen auch
twas, was mit Datensparsamkeit nach dem Bundes-
atenschutzgesetz wirklich nichts mehr zu tun hat.

Es geht aber nicht nur um die Frage der Masse, son-
ern auch um die Frage der Kosten. Diese Richtlinie
ird dem Wirtschaftsstandort Deutschland erheblich

chaden. Die geschätzten Kosten belaufen sich auf
50 Millionen Euro. Diese Kosten müssen nach dem er-
lärten Willen der Bundesregierung von den Unterneh-
en gezahlt werden.

Der Bundesinnenminister sagt dazu sogar, das seien
taatsbürgerliche Pflichten. Meine Damen und Herren,
ch wundere mich wirklich, was aus einem ehemaligen
undesvorsitzenden einer wirtschaftsnahen Partei ge-
orden ist, wenn er sich so verhält.


(Beifall bei der FDP)


ch habe mir staatsbürgerliche Pflichten ehrlich gesagt
mmer etwas anders vorgestellt; aber er wird mir das
ielleicht im Einzelnen erklären können.

Frau Ministerin Zypries hat die Richtlinie sogar mit
en Worten begrüßt, dass sie den deutschen Interessen
ugute komme. Ich habe nicht verstanden, was das mit
nserem Beschluss zu tun hat, der ja zumindest für die
rste Zeit ihrer Verhandlungen noch gegolten hat. Ich bin
espannt, wie die Bundesregierung diese Richtlinie jetzt
msetzen wird und ob sie tatsächlich bei der Mindest-
auer bleibt.


(Jörg Tauss [SPD]: Minimalst!)


Ich habe hier schon vieles erlebt. Die Überlegung, dass
an bei der einen oder anderen EU-Richtlinie draufsat-

elt, kennen Sie von Rot-Grün nun wirklich gut genug.


(Jörg Tauss [SPD]: Wir wollen nur noch eins zu eins!)


554 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


(A) )



(B) )


Gisela Piltz
Heute Nachmittag haben wir über das Zollfahndungs-
dienstgesetz und auch über das Urteil des Bundesverfas-
sungsgerichts zur präventiven Telefonüberwachung ge-
sprochen. Hier haben wir jetzt eine präventive
Datensammlung für alle unsere Bürger. Das halten wir
Liberale nicht für richtig und für nicht mit dem Grundge-
setz vereinbar.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Das bedeutet aus unserer Sicht einen schwerwiegenden
Eingriff in Grundrechte insbesondere absolut rechts-
treuer Bürger. Auch das dürfen Sie nicht vergessen.

Mit diesem Vorgehen setzen Sie den Begriff der Ver-
hältnismäßigkeit wirklich außer Kraft; denn wer kann ei-
gentlich noch beurteilen, was verhältnismäßig ist: sechs
Monate, zwölf Monate, fünf Jahre, zehn Jahre? Das kann
leider keiner von uns mehr beurteilen. Es hätte Metho-
den gegeben, die weniger einschneidend gewesen wären.
Das ist offensichtlich überhaupt nicht diskutiert worden.
Auch diese Kritik richte ich an die Bundesregierung.

Ein weiterer Punkt, der für uns wichtig ist: Wie wol-
len Sie eigentlich noch die Pressefreiheit garantieren,
wenn Sie das umsetzen? Denn natürlich sind Mandan-
tenschutz und Informantenschutz dann überhaupt nicht
mehr gegeben. Auch da sind wir gespannt. In der Ver-
gangenheit ist die rot-grüne Bundesregierung ein biss-
chen lax mit diesem Thema umgegangen. Wir wollen
einmal schauen, was hier passiert.

Wir sind leider eines Besseren belehrt worden.


(Jörg Tauss [SPD]: Haben Sie einmal mit Herrn Goll diskutiert?)


– Ich diskutiere heute mit Ihnen. – Ich dachte nämlich,
dass es in Deutschland so ist, dass jemand, der im Inter-
net surft, ein Recht auf Privatheit hat. Ich stelle aber fest:
Privatheit wird ein Luxus. Sie haben in Brüssel zu dieser
Kontinuität in der Rechtspolitik beigetragen. Kontinuität
heißt hier aber leider Abbau von Bürgerrechten.


(Beifall bei der FDP)


Noch nie in der Geschichte hat es in so kurzer Zeit einen
solch starken Abbau von Bürgerrechten gegeben.


(Joachim Stünker [SPD]: Wo denn?)


Wir Liberale wollen Sie daran erinnern, dass das
Grundgesetz Maßstab des Handelns des Parlaments ist.
Daran sollten Sie sich alle halten. Es geht um ein Gleich-
gewicht zwischen Freiheit und Sicherheit unter Berück-
sichtigung anerkannter Verfassungsgrundsätze. Es tut
mir Leid, wenn ich Sie daran erinnern muss. Ich befinde
mich dabei in guter Gesellschaft mit dem Bundesverfas-
sungsgericht.

Ihr Beitrag in Brüssel, aber auch Ihre Koalitionsver-
einbarung, in der das Wort Bürgerrechte nicht ein einzi-
ges Mal vorkommt,


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)


lassen uns nichts Gutes ahnen.

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(C (D (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Uns auch nicht!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1600824500

Frau Kollegin, ich muss Sie ermahnen, auf die Rede-

eit zu achten.


Gisela Piltz (FDP):
Rede ID: ID1600824600

Frau Präsidentin, meine letzte Bemerkung. „Mehr

reiheit wagen!“, das würden wir uns in diesem Bereich
nsbesondere von der großen Koalition wünschen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war anders gemeint!)


ir sind gespannt, ob Sie den Mut dazu haben.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1600824700

Das Wort hat der Parlamentarische Staatssekretär der

ustiz, Alfred Hartenbach.


(Beifall des Abg. Joachim Stünker [SPD] – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Jetzt wollen wir einmal hören, was der Staatssekretär sagt!)


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Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1600824800


Verehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen
nd Kollegen! Was ein Glück, dass es Frau Piltz und die
DP gibt. Ansonsten würde es in Deutschland in Sachen
echtsstaatlichkeit sofort duster.


(Beifall bei der FDP)


Die Bundesregierung hat den Beschluss des Bundes-
ages ernst genommen und sie nimmt auch ihre Ver-
flichtung für Bürgerrechte ernst. Sie hat in Brüssel in
achen Vorratsdatenspeicherung lange, intensiv und
urchaus erfolgreich verhandelt.


(Joachim Stünker [SPD]: Sehr richtig!)


Wir haben einen Kompromiss erreicht, mit dem wir
ufrieden sein können.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nicht der Bundestag!)


Sie auch, Herr Ströbele.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Wir nicht!)


s ist uns gelungen, die Vorratsdatenspeicherung auf das
u reduzieren, was wirklich zur Bekämpfung von Terro-
ismus und Kriminalität erforderlich und angemessen ist.

Übrigens hat auch das Europäische Parlament mit
usnahme der Grünen, der Liberalen und anderer


(Zuruf von der FDP: Da bleibt ja nicht mehr viel übrig!)


Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 555


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Parl. Staatssekretär Alfred Hartenbach
– immerhin die beiden großen Volksparteien – gestern
mit großer Mehrheit diesem Kompromiss zugestimmt,
sodass die Richtlinie jetzt verabschiedet werden kann.

Man sollte sich noch einmal in Erinnerung rufen, dass
Entwürfe der Kommission und einer Gruppe von vier
Mitgliedstaaten auf dem Tisch lagen, die erheblich wei-
ter gegangen wären als das jetzige Ergebnis.


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist richtig!)


Was haben wir erreicht? Die Mindestspeicherfrist
wird nach der Richtlinie sechs Monate betragen und
nicht zwölf oder 24 Monate, wie es in den Entwürfen
stand und wie Sie es, Frau Piltz, als Menetekel eben an
die Wand gemalt haben. Erfolglose Anrufversuche müs-
sen nicht gespeichert werden, es sei denn, es geschieht
bereits. Das war eines unserer wichtigsten Anliegen.
Denn die Speicherung dieser Daten wäre einerseits für
die TK-Unternehmen sehr teuer geworden und anderer-
seits gibt es in der Tat keinen Bedarf für die Speicherung
dieser Flut von Daten.

Ebenfalls nicht gespeichert werden müssen Standort-
daten am Ende von Mobilfunkverbindungen. Auch
das war gefordert worden. Ich denke, auch hier haben
wir ein großes Stück Rechtsstaatlichkeit erreicht, indem
nicht durch das Anlegen von engmaschigen Bewegungs-
profilen in die Rechte der Bürgerinnen und Bürger ein-
gegriffen wird.

Beim Internet wird schließlich lediglich gespeichert,
dass sich der Nutzer online befindet. Es werden ebenfalls
Daten zur Internettelefonie und bezüglich der E-Mail-
Dienste gespeichert. Inhalte, wie immer behauptet wird,
also auch Informationen, welche Websites benutzt wer-
den, werden nicht gespeichert.

Der kritische Beschluss des Bundestages vom Januar,
nicht vom Dezember, hat uns bei den Verhandlungen in
Brüssel den Rücken gestärkt.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])


– Wir waren dankbar dafür; das weiß der Herr Tauss
auch. – Wir haben diesen Beschluss zur Grundlage unse-
rer Verhandlungsposition gemacht und uns dafür auf eu-
ropäischer Ebene sehr viel Kritik anhören müssen.


(Jörg Tauss [SPD]: Von uns viel Lob!)


– Von dir, lieber Jörg, auch eine Menge Kritik. – Von den
Initiatoren der Vorratsdatenspeicherung haben wir ver-
langt, dass der Umfang der Speicherpflicht überdacht
und der Bedarf für die Speicherung der einzelnen Daten
rechtstatsächlich belegt wird.

Das ist auch geschehen. Wir brauchen Verbindungs-
daten zur Aufklärung von schwersten Straftaten und zur
Aufdeckung von organisierten Täterstrukturen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Die müssen doch nicht alle gespeichert werden!)


Bei bestimmten Delikten – denken Sie etwa an den Inter-
nethandel mit Kinderpornographie, verehrter Herr
Ströbele – bieten die Verbindungsdaten oftmals sogar
den einzigen weiterführenden Ermittlungsansatz. Dass

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(C (D ieser Bedarf besteht, wird wohl auch die FDP-Fraktion icht bestreiten. Wir haben erst vor gut einem Jahr die eltungsdauer der §§ 100 g und 100 h Strafprozessordung, die den Zugriff auf ebendiese Daten erlauben, verängert, und zwar mit den Stimmen aller Fraktionen, uch mit denen der FDP. Oder haben wir heute eine völig neue FDP? Wenn umfangreiche Ermittlungen durchzuführen ind, lässt sich oft nicht sofort erkennen, welche Verbinungsdaten benötigt werden. Nach einem Terroranschlag ann es eine Weile dauern, bis man weiß, auf welche ersonen sich die Ermittlungen konzentrieren müssen nd auf welche Verbindungsdaten es ankommt. Das ist in ständiger Wettlauf gegen die Zeit, weil die Unternehen die Verbindungsdaten üblicherweise nach kurzer rist – in aller Regel nach drei Monaten – nicht mehr für hre Kundenrechnungen benötigen und die Daten löchen. Untersuchungen haben gezeigt, dass Verbinungsdaten auch noch nach diesen drei Monaten geraucht werden. Schon deshalb sollen die TKnternehmen in Zukunft bestimmte Datenarten noch eitere drei Monate vorhalten, insgesamt also mindes ens sechs Monate. Natürlich ist diese Speicherpflicht ein Eingriff in die rundrechte nicht nur der Nutzer, sondern auch der K-Unternehmen. Das will auch niemand wegreden. ur, daraus folgt nicht, dass eine solche Regelung per se egen die Verfassung verstoßen würde, (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Aber gegen den Bundestagsbeschluss!)


ie das die FDP in ihrem Antrag zu suggerieren ver-
ucht. Daraus folgt nur, dass eine entsprechende Rege-
ung vernünftigen Gemeinwohlbelangen dienen muss
nd dabei die Grenzen der Verhältnismäßigkeit einzuhal-
en sind. Beides ist hier gewährleistet.

Eine Totalverweigerung in Brüssel, so wie es die An-
ragsteller offenbar wollen, ist und war kontraproduktiv.

er von vornherein blockiert, wird auch nicht in Kom-
romissverhandlungen einbezogen und hat deshalb
eine Chance, die auf dem Tisch liegenden Entwürfe
itzugestalten und zu verbessern. Bei einer Blockade-

altung wären wir von der Mehrheit der anderen Mit-
lieder überstimmt worden, ohne dass es zuvor Zuge-
tändnisse in unsere Richtung gegeben hätte, so wie wir
ie jetzt in vollem Umfang erreicht haben. Vermutlich
ätte uns dann die FDP wieder vorgehalten, dass wir
icht vernünftig verhandelt hätten.

Lassen Sie mich abschließend eines sagen – Frau Prä-
identin, das ist mein letzter Satz; Sie brauchen nicht
treng zu schauen –: Natürlich haben wir diesem Kom-
romiss unter Parlamentsvorbehalt zugestimmt. Ich darf
chon jetzt versichern, dass wir zunächst einmal das Par-
ament in weiteren Beratungen mit dieser Richtlinie be-
assen werden und dass wir dann bei der Umsetzung der
ichtlinie alle rechtsstaatlichen Gesichtspunkte so be-
chten, wie Sie das in einem Rechtsstaat erwarten dürfen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


556 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


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Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1600824900

Nächster Redner ist der Kollege Jan Korte, Fraktion

Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Jan Korte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1600825000

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Es ist für mich als Neuling der Linken besonders
bemerkenswert, dass die große Koalition offensichtlich
ausgerechnet die FDP, mit der ich ideologisch relativ
wenig zu tun hatte,


(Zuruf von der FDP: Mit Ideologie haben auch wir nichts zu tun!)


und die Linksfraktion in Sachen Demokratie zusammen-
schweißt. Denn – dies ist im Antrag der FDP richtig for-
muliert – der vorliegende Vorschlag einer Richtlinie ist
ein weiterer staatlicher Angriff auf die Privatsphäre und
bedeutet einen weiteren Abbau von Bürgerrechten. Je-
der, der ein Telefon benutzt, eine E-Mail schreibt, eine
SMS verschickt oder ins Internet geht, steht künftig de
facto unter Generalverdacht. Das ist entgegen der Mei-
nung der Kanzlerin weniger, nicht mehr Freiheit. Des-
wegen lehnen wir dies ab.


(Beifall bei der LINKEN und der FDP)


Einen Eingriff solchen Ausmaßes in das Fernmelde-
geheimnis und in die Privatsphäre hat es noch nicht ge-
geben. Es wurde schon angedeutet, dass auch die Pres-
sefreiheit dadurch beeinträchtigt wird, da niemand mehr
einen Quellen- und Informantenschutz gewährleisten
kann, außer man trifft sich auf einer dunklen Brücke im
Nebel, sofern diese nicht bereits videoüberwacht wird.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der LINKEN)


Es ist falsch, dass diese Eingriffe unter dem Deckmän-
telchen der Terrorbekämpfung erfolgen sollen; denn den
Beweis der Nützlichkeit wie auch den Nachweis des
konkreten Sinns und Zwecks der Vorratsdatenspeiche-
rung ist die Bundesregierung und sind auch Sie, Herr
Staatssekretär, uns schuldig geblieben.


(Beifall bei der LINKEN – Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär: Sie haben nicht zugehört!)


Darüber hinaus ist die Maßnahme ein bürokratischer
Moloch und droht zu einem Milliardengrab zu werden.

Merkwürdig ist – damit komme ich auf meine Ein-
gangsbemerkung zurück –, dass sich ausgerechnet die
Linke und die FDP zusammenfinden müssen, um gegen
diesen weiteren Schritt zum Überwachungsstaat zu op-
ponieren. – Ich habe heute nach kurzer Zeit festgestellt,
dass ich umso mehr Recht haben muss, wenn Herr Tauss
dazwischen ruft.


(Beifall bei der LINKEN)


Lassen Sie mich mit folgender Bemerkung schließen:
Wer wie ich stets den aufgeblähten Überwachungsappa-
rat der DDR kritisiert hat, kann nicht für die Vorratsda-
tenspeicherung sein. Die Linke immerhin hat aus der
Geschichte gelernt. Es ist schade, dass dies bei der gro-
ßen Koalition offensichtlich nicht der Fall ist. Mit den

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(C (D ürgerrechten geht es weiter bergab. Rot-Grün hat schon ie entsprechende Vorarbeit geleistet. Ich erinnere nur an ie Otto-Pakete. Jetzt geht es mit verschärftem Tempo eiter. Rechtsstaatlich aber wird es mit Sicherheit nicht unkel; dafür wäre die FDP ein zu kleines Licht. Jetzt ist ie Linke wieder im Bundestag. Deswegen wird es eher ell werden. Schönen Dank. Herr Kollege Korte, auch Sie haben heute Ihre erste ede in diesem Hohen Hause gehalten. Herzlichen lückwunsch und für Sie persönlich und für Ihre Arbeit ier alles Gute! Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Martina rogmann, CDU/CSU-Fraktion. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und erren! Anstatt hier apokalyptische Szenarien zu enterfen, wie es der Kollege von der Linken und die Kol egin von der FDP getan haben, möchte ich empfehlen, ngesichts dieses wichtigen Themas wieder zu einer Verachlichung zurückzukommen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Joachim Stünker [SPD])


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1600825100

(Beifall)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Martina Krogmann (CDU):
Rede ID: ID1600825200

Bei dem Thema der Vorratsdatenspeicherung ist es
ichtig – das hat Frau Piltz richtigerweise gesagt –, die
alance zwischen Sicherheit und Freiheit zu finden, man
ann auch sagen: zwischen den berechtigten Interessen
er Bürger und der Strafverfolgungsbehörden nach Si-
herheit, den gesellschaftlichen Interessen und natürlich
uch den Interessen der Telekommunikationsunterneh-
en nach Gewinn und Wirtschaftlichkeit. Dabei kommt

s ganz entscheidend auf die Verhältnismäßigkeit der
aßnahmen an. Es ist völlig richtig: Keiner in diesem
ohen Hause will wahllos Datenberge anhäufen. Es geht

uch nicht darum, die Unternehmen zu entlasten oder
ar, wie Ihr Vorwurf lautete, über Gebühr zu belasten.

Um welche Daten geht es hier? Das, Frau Kollegin
iltz, habe ich in Ihrem Antrag ein bisschen vermisst.
an muss natürlich die Daten, um die es geht, exakt auf-

ühren, weil sonst in der Bevölkerung Ängste geschürt
erden, was wir nicht wollen und was aus meiner Sicht

uch verantwortungslos wäre. Es geht um Verkehrsda-
en, die Rückschlüsse auf Nutzer, Ort und Kommunika-
ionsstrukturen zulassen, also darauf, wer zu welchem
eitpunkt mit wem telefoniert bzw. kommuniziert. Die-
en Daten kommt bei der Ermittlung, Feststellung und
erfolgung von Straftaten eine ganz entscheidende Be-
eutung zu, zum einen wegen der neuen und in immer
tärkerem Maße genutzten Möglichkeiten der modernen
ommunikation und zum anderen, weil sich gerade der
elekommunikationsmarkt immer rasanter fortent-
ickelt und immer neue Geschäftsmodelle angeboten

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 557


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Dr. Martina Krogmann
werden. Stichworte sind hier die Internettelefonie und
die immer häufiger werdenden Pauschaltarife, also
Flatrates, nicht nur im Festnetz, sondern auch im Mobil-
funk.

Bei diesen Geschäftsmodellen besteht für Unterneh-
men überhaupt keine Veranlassung mehr, die Verkehrs-
daten, die ich vorhin angesprochen habe, für die Abrech-
nung zu speichern. Sie brauchen die Daten einfach nicht
mehr, weil die Kunden eben eine Pauschale zahlen, egal
wie oft und wie lange sie telefonieren. Angesichts der
heutigen Rechtslage in Deutschland hätten die Behörden
überhaupt keinen Zugriff auf diese Daten mehr, weil es
sie nicht mehr gibt. Insofern ist die Einführung von Min-
destspeicherpflichten bezüglich bestimmter Daten bei
Beachtung der Prinzipien der Verhältnismäßigkeit ein
berechtigtes Anliegen.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann kaufen alle ihre Handys in der Schweiz! Das ist doch lächerlich!)


Ich bin froh, dass die Bundesregierung sich dafür auf
EU-Ebene erfolgreich eingesetzt hat. Dafür mein Dank,
Herr Staatssekretär Hartenbach.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Es ist richtig, sich in Europa auf einen Korridor zu ei-
nigen. Denn in Europa haben wir ein ganzes Sammelsu-
rium unterschiedlichster nationaler Vorschriften und
technischer Regelungen. Gerade der Bereich Telefonie/
Internet macht nicht an staatlichen Grenzen halt. Wenn
es uns um die Verfolgung und Bekämpfung des interna-
tionalen Terrorismus geht, dann müssen wir internatio-
nal, vor allem europaweit, konsequent vorgehen. Der
Flickenteppich an unterschiedlichen Modellen, den wir
in Europa haben, erschwert dies. Deshalb brauchen wir
gesetzlich festgelegte Mindestspeicherfristen in diesem
Korridor.


(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Wir brauchen sie nicht, aber jetzt haben wir sie!)


Wichtig ist mir, dass wir nach dem Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit vorgehen. Für uns in der CDU/
CSU-Bundestagsfraktion gelten eindeutige Prinzipien:
Es muss klar definiert sein, zu welchem Zweck die Da-
ten vorgehalten werden müssen, nämlich zur Ermittlung,
Feststellung und Verfolgung bestimmter Straftaten. Es
dürfen keinesfalls alle anfallenden Daten auf Vorrat ge-
speichert werden – diesen Eindruck erwecken Sie von
der FDP leider in Ihrem Antrag –, sondern nur ganz be-
stimmte Datentypen. Niemand will jeden Mausklick
oder den gesamten Internettraffic aufzeichnen.


(Jörg Tauss [SPD]: Das wollten welche, aber das haben wir verhindert!)


Dies wäre unverhältnismäßig. Das würde einfach nur
Datenberge anhäufen. Das wollen wir nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Um zur Versachlichung der Debatte beizutragen: Es
geht keinesfalls um die Aufzeichnung der Inhalte der
Kommunikation, sondern sowohl bei der Sprachtelefo-

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(C (D ie als auch beim E-Mail-Verkehr nur um die Verkehrsaten. Bei der Verhältnismäßigkeit spielt die Speicherfrist ine große Rolle. Sie – die Linke weniger, weil sie in der ergangenen Legislaturperiode nicht im Parlament dabei ar – werden sich an die Gespräche über das Telekomunikationsgesetz und die vielen Monate intensiver Dis ussion auf EU-Ebene erinnern. Teilweise wurden Speiherfristen von 24 Monaten, sogar von 32 Monaten 36 Monaten! – gefordert. Dies geht eindeutig zu weit nd lässt sich schon deshalb nicht rechtfertigen, weil der berwiegende Teil der Anfragen der Strafverfolgungsbeörden sich auf Daten bezieht, die nicht älter als sechs onate sind. Deshalb ist aus meiner Sicht alles, was da über hinausgeht, unverhältnismäßig. Dies wollen wir icht. Die Verhandlungen der Bundesregierung, gestärkt urch den Antrag, den wir im Bundestag in der verganenen Legislaturperiode interfraktionell verabschiedet aben, haben zu einem pragmatischen Entwurf geführt, er eine Balance zwischen den unterschiedlichen Inteessen „Freiheit“ und „Sicherheit“ sowie den Interessen er Telekommunikationsunternehmen herstellt, die wir m Lissabon-Prozess in einem vereinigten Europa natürich nicht über Gebühr national einseitig belasten dürfen. Darüber hinaus konnte bei der Umsetzung in nationaes Recht hinsichtlich der Dauer der Vorratsdatenspeiherung ein flexibler Zeitkorridor vereinbart werden. ationalstaatliche, individuelle Lösungen sind wichtig, eil einige Länder in diesem Bereich unterschiedliche raditionen und Bedürfnisse haben. Ich begrüße es, dass ie Bundesregierung in der Richtlinienentscheidung lare Akzente setzen konnte: so wenig Vorratsdatenspeiherung wie möglich, aber eben auch so viel wie notendig, um die Sicherheit zu gewährleisten. Für uns sind insbesondere folgende Punkte, die veranert werden konnten, wichtig: Erfolglose Anrufversuche nd die Standortdaten am Ende einer Mobilfunkverbinung sind in die Speicherungsverpflichtungen nicht inbezogen, weil deren Erfassung nach den uns vorlieenden Stellungnahmen der Telekommunikationsunterehmen für die Unternehmen Kosten in Millionenhöhe edeutet hätte, ohne dass sie einen zusätzlichen Sichereitsgewinn mit sich gebracht hätte. (Jörg Tauss [SPD]: Über Entschädigungen müssen wir trotzdem reden! – Zuruf von der FDP: Das war ein Riesenerfolg!)


(Jörg Tauss [SPD]: 36! Oben offen!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


(Zuruf von der FDP: Sehr richtig!)


Ein Riesenerfolg. Ich bin dankbar, dass dies auch die
ollegen von der FDP so werten.


(Zuruf von der FDP: Mit Respekt!)


Der Herr Staatssekretär hat schon angesprochen, dass
ie Standortdaten bei Mobilfunkverbindungen nur für
en Beginn der Verbindung, nicht für ihr Ende gespei-
hert werden. Das war für unsere Fraktion ein ganz

558 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005


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Dr. Martina Krogmann
wichtiger Punkt in den Verhandlungen. Im Internet dür-
fen lediglich die Einwahldaten, IP-Adressen und Ver-
kehrsdaten zu E-Mails und Internettelefonie gespeichert
werden, ausdrücklich nicht Mausklicks und der gesamte
Internettraffic, weil dies unverhältnismäßig gewesen
wäre. So wird ein angemessenes Verhältnis zwischen
den sicherheitspolitischen Belangen, den gesellschaftli-
chen und den Unternehmensinteressen gewahrt.

Ich kann die Behauptung in dem Antrag der FDP, das
Kommunikationsverhalten der europäischen Bevölke-
rung werde lückenlos erfasst, vor dem Hintergrund des-
sen, was sich jetzt auf europäischer Ebene bewegt hat,
absolut nicht verstehen. Ich finde es grob fahrlässig,
wenn man auf diesem Wege versucht, bei den Bürgern
Ängste zu schüren. Sie stellen den Sinn der Vorratsda-
tenspeicherung ganz grundsätzlich infrage.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1600825300

Frau Kollegin, darf ich Sie daran erinnern, dass Sie

Ihre Redezeit bereits überzogen haben?


Dr. Martina Krogmann (CDU):
Rede ID: ID1600825400

Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. – Die FDP

begründet dies mit den Umgehungsmöglichkeiten, die
man im Internet hat. Natürlich kann sich jeder irgendwo
in ein Internetcafe setzen und versuchen, dies so anonym
wie möglich zu tun. Wer aber davon ausgeht, dass man
im Internet sowieso versuchen kann, anonym zu bleiben,
der erklärt das Internet zum rechtsfreien Raum im
21. Jahrhundert und kapituliert vor den Straftaten im In-
ternet. Wir lassen das nicht zu. In diesem Sinne werden
wir das, was auf EU-Ebene erreicht worden ist, unter-
stützen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1600825500

Das Wort hat die Kollegin Silke Stokar von Neuforn,

Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich be-
dauere und verurteile, dass sich die Bundesregierung in
ihren Verhandlungen nicht an das eindeutige Votum des
Bundestages gehalten hat. Dieses Votum haben wir nicht
nur einmal als fraktionsübergreifenden Entschließungs-
antrag abgegeben, sondern auch im Rahmen des Tele-
kommunikationsgesetzes und bei der Zurückweisung der
Forderung des Bundesrats.

Ich finde, das ist schon ein ziemlich merkwürdiger
Vorgang. Andere EU-Staaten haben sich in dieser Frage
anders verhalten. Sie haben eindeutig erklärt, sie könn-
ten dem Kompromissvorschlag nicht zustimmen, weil
ihre Parlamente Vorbehalte angemeldet hätten. Wenn
uns die jetzige Bundesregierung auffordert


(Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär: Zuhören!)



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ich habe sehr genau zugehört –, erst einmal dieser EU-
ichtlinie, die gegen diesen Beschluss verstößt, zuzu-

timmen, um als Bundestag dann bei der Umsetzung der
ichtlinie beteiligt zu werden, dann habe ich dafür we-
ig Verständnis.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte die Argumente gar nicht wiederholen; auf
ie bürgerrechtlichen Gründe ist schon eingegangen
orden. In Zukunft werden wir die Kommunikationsda-

en von 400 Millionen EU-Bürgern langfristig spei-
hern. Der Vorstandsvorsitzende des Verbands der deut-
chen Internetwirtschaft hat zum Verhalten der großen
oalition in Deutschland gesagt: Mit der Begründung,
erroristen zu jagen, speichert man jetzt nutzlose Daten
uf Kosten der Industrie. – Auch der Dachverband der
uropäischen Internetwirtschaft bringt ein sehr interes-
antes Argument an: Dadurch wird der globale Wettbe-
erb völlig verzerrt. Die Maßnahmen, die in Europa
ffensichtlich für die Terrorismusbekämpfung erfor-
erlich sind, belasten die gesamte europäische Internet-
irtschaft in hohem Maße und schädigen ihre Wettbe-
erbsfähigkeit. Aus diesem Grunde sage ich Ihnen:
olche Regelungen wären in den USA, wo es bekann-

ermaßen die größten Internetprovider gibt, nicht mög-
ich.

Noch kurz dazu, welche Regelungen zur Terrorismus-
ekämpfung es in Amerika gibt: Die US-Behörden ha-
en in begründeten Verdachtsfällen – also in Einzelfällen –
ie Möglichkeit, die Provider zu bitten, bestimmte Kun-
endaten zu speichern. Dann haben sie 90 Tage Zeit, um
eweise zu sammeln und per Gerichtsbeschluss die He-

ausgabe der Daten über eine bestimmte Person zu er-
irken. Das sind die Regelungen, die in den USA, selbst

m Zuge der Terrorismusbekämpfung, gelten.

Diese bürgerrechtsfreundlichen Regelungen wurden
n den USA möglich, weil die dortige Regierung auf die
rheblichen Nachteile für die Wirtschaft reagiert hat.
ch führe dieses Argument an, weil die große Koalition
uch angetreten ist, um die Bürokratie abzubauen und
ie Wirtschaft zu entlasten. Aber die Vertreter der deut-
chen Telekommunikationswirtschaft – das belegt eine
anze Reihe von Zitaten, die mir vorliegen – sind über
hr Verhalten entsetzt.

Lassen Sie mich zum Schluss – ich habe nur vier Mi-
uten Redezeit – deutlich sagen: Die Regierung kann
en Unternehmen, wenn es um die Frage der Entschädi-
ung geht, nun wahrlich nicht das Sammeln von Dateien
ür die Polizei auferlegen. Das ist nicht deren staatsbür-
erliche Pflicht, sondern bringt nur Ihre wirtschafts-
eindliche Haltung zum Ausdruck.

Ihr „Kompromiss“ – das sagen alle Bürgerrechtsorga-
isationen und alle Datenschützer – stellt einen massiven
ingriff in die freie Telekommunikation dar. Rot-Grün
at einmal von einer freien Informationsgesellschaft ge-
edet. Sie haben es allerdings geschafft, die überwachte
nformationsgesellschaft auf den Weg zu bringen. Mit
icherheit hat das Ganze nichts zu tun, sondern es ist in
ohem Maße bürgerrechtsfeindlich und wirtschafts-
eindlich.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 559


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(B) (D)


Silke Stokar von Neuforn

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1600825600

Der Kollege Dr. Peter Danckert, SPD-Fraktion, hat

seine Rede zu Protokoll gegeben. Deshalb schließe ich
die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 16/128 und 16/237 an die in der Tages-
ordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Die
Vorlage auf Drucksache 16/237 – Zusatzpunkt 14 – soll
abweichend von der Tagesordnung zur Federführung an
den Rechtsausschuss überwiesen werden. Sind Sie damit

einverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind die Über-
weisungen so beschlossen.

Damit sind wir am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Freitag, den 16. Dezember 2005,
9 Uhr ein.

Ich wünsche allen Kolleginnen und Kollegen und al-
len Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern noch einen schö-
nen Restabend.

Die Sitzung ist geschlossen.