Rede von
Dr.
Norbert
Lammert
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Die Sitzung ist eröffnet. Liebe Kolleginnen und Kol-
legen, ich begrüße Sie alle herzlich.
Vor Eintritt in die Tagesordnung habe ich einige Mit-
teilungen zu machen:
Als Nachfolger für den Kollegen Gerhard Schröder
begrüße ich herzlich den Kollegen Clemens Bollen, der
am 29. November die Mitgliedschaft im Deutschen Bun-
destag erworben hat.
Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbundene
Tagesordnung um die in der Zusatzpunktliste aufge-
führten Punkte zu erweitern:
ZP 1 Vereinbarte Debatte: Berichte über angebliche Gefangenen-
transporte sowie die Verbringung deutscher und anderer
Staatsangehöriger durch US-Stellen und das Verhalten
von Bundesdienststellen in diesem Zusammenhang
ZP 2 Beratung des Antrags der Abgeordneten Michael Link,
Markus Löning, Dr. Werner Hoyer, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der FDP: Den EU-Haushalt auf höchstens
1 Prozent des Bruttonationaleinkommens begrenzen und
die finanzielle Vorausschau 2007 bis 2013 schnellstmöglich
beschließen
– Drucksache 16/224 –
Redet
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten der
Europäischen Union
Auswärtiger Ausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Haushaltsausschuss
ZP 3 Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren
a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrach-
ten Entwurfs eines Ersten Gesetzes über die Bereini-
gung von Bundesrecht im Zuständigkeitsbereich des
Bundesministeriums der Justiz
– Drucksache 16/47 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss
Stinner, Daniel Bahr , Rainer Brüderle, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Eigenverant-
wortung von Bosnien und Herzegowina stärken – Ver-
fasssungsprozess unterstützen und „Bonn Powers“
des Hohen Repräsentanten abschaffen
– Drucksache 16/228 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss
Verteidigungsausschuss
c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Norman
Paech, Paul Schäfer , Monika Knoche, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Beendigung
der Operation Althea und Einrichtung einer interna-
tionalen nicht militärischen Polizeimission in Bosnien
und Herzegowina
– Drucksache 16/217 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss
Verteidigungsausschuss
ZP 4 Weitere abschließende Beratungen ohne Aussprache
a) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsaus-
schusses
Sammelübersicht 1 zu Petitionen
– Drucksache 16/229 –
ext
b) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsaus-
schusses
Sammelübersicht 2 zu Petitionen
– Drucksache 16/230 –
c) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsaus-
schusses
Sammelübersicht 3 zu Petitionen
– Drucksache 16/231 –
d) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsaus-
schusses
Sammelübersicht 4 zu Petitionen
– Drucksache 16/232 –
ng der Beschlussempfehlung des Petitionsaus-
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elübersicht 5 zu Petitionen
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414 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005
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Präsident Dr. Norbert Lammert
ZP 5 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der FDP: Hal-
tung der Bundesregierung zur Berufung von Bundeskanz-
ler a. D. Gerhard Schröder zum Aufsichtsratsvorsitzenden
des Konsortiums Nordeuropäische Gaspipeline
ZP 6 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dirk Niebel,
Dr. Heinrich L. Kolb, Detlef Parr, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der FDP: Weichenstellung für eine Verbesse-
rung der Beschäftigungschancen Älterer
– Drucksache 16/241 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Haushaltsausschuss
ZP 7 Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der
SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesse-
rung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversor-
gung
– Drucksache 16/194 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit
Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
ZP 8 Beratung des Antrags der Abgeordneten Cornelia Pieper,
Patrick Meinhardt, Uwe Barth, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP: Die duale Berufsausbildung in Deutsch-
land kontinuierlich verbessern
– Drucksache 16/235 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Arbeit und Soziales
der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Berufs-
ausbildung umfassend sichern
– Drucksache 16/198 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
ZP 10 Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, der SPD,
der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN: Existenzrecht Israels ist deutsche Verpflichtung
– Drucksache 16/197 –
ZP 11 Beratung des Antrags der Abgeordneten Burkhardt Müller-
Sönksen, Florian Toncar, Dr. Werner Hoyer, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion der FDP: Menschenrechte in Us-
bekistan einfordern
– Drucksache 16/225 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Auswärtiger Ausschuss
ZP 12 Beratung des Antrags der Abgeordneten Florian Toncar,
Burkhardt Müller-Sönksen, Dr. Werner Hoyer, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion der FDP: Für die mandatsgebun-
dene Begleitung VN-mandatierter Friedensmissionen
durch Menschenrechtsbeobachter
– Drucksache 16/226 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Auswärtiger Ausschuss
Verteidigungsausschuss
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Wir werden die angekündigten Beratungen ganz sicher
ufnehmen. Aber die Empfehlung des SPD-Fraktions-
orsitzenden, sicherzustellen, dass möglichst viele an
iesen Beratungen teilnehmen können, hat eine gewisse
lausibilität.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 415
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Präsident Dr. Norbert Lammert
Die Zeit, die ich nun dem Bundesaußenminister ein-
räume, um sich auf die bevorstehende Regierungserklä-
rung vorzubereiten, möchte ich dazu nutzen, der Kolle-
gin Renate Künast zu ihrem heutigen runden Geburtstag
zu gratulieren.
– Der Tag beginnt mit einem überfraktionellen Beifall.
Wir wollen einmal sehen, wie lange er sich aufrechter-
halten lässt.
Wir kommen nun zum aufgerufenen Tagesordnungs-
punkt zurück. Nach einer interfraktionellen Vereinba-
rung sind für die Aussprache im Anschluss an die Regie-
rungserklärung 90 Minuten vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Das Wort zur Abgabe einer Regierungserklärung hat
der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Frank-Walter
Steinmeier.
Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister des
Auswärtigen:
Herr Präsident, ich danke Ihnen für Ihre Geduld. Ich
wurde von Mitgliedern des Parlaments etwas aufgehal-
ten.
Meine Damen und Herren! Heute Nachmittag beginnt
in Brüssel der Europäische Rat. Ich kann und darf Ihnen
nicht verheimlichen, dass er in eine durchaus schwierige
Zeit fällt. Ich habe in meinen öffentlichen Reden in der
letzten Zeit auch nicht verheimlicht, dass ich davon aus-
gehe, dass sich Europa nach den Referenden in Frank-
reich und in den Niederlanden in einer Krise befindet.
Daran gibt es aus meiner Sicht auch nichts zu beschöni-
gen. Der Verfassungsvertrag wurde nicht aufgegeben,
aber er ist im Augenblick storniert. Wir wollen und wer-
den an ihm festhalten.
Ich sage bei diesem Thema aber auch immer: Wir
müssen hier sehr realistisch sein. Nach den Diskussio-
nen, die wir in den europäischen Hauptstädten führen,
sieht es im Augenblick nicht so aus, als ob wir kurzfris-
tig in die Lage versetzt werden, den Menschen über die
Fortsetzung der Ratifizierungsverfahren in den anderen
Ländern zu zeigen, dass wir in Europa Handlungsfähig-
keit zurückgewinnen, wenngleich einige Länder die Ver-
fahren fortführen.
Die andere Frage, der die britische Ratspräsident-
schaft in Hampton Court vor kurzem nachgegangen ist,
lautet: Was kann das große gemeinsame europäische
Projekt sein, wenn wir über den Verfassungsvertrag
kurzfristig nicht zu einem Dokument für die Wiederge-
winnung von mehr Handlungsfähigkeit in Europa kom-
men? Darüber wurde in Hampton Court und wird an
anderer Stelle in Europa diskutiert. Ich sage dazu im-
mer Folgendes: Ich finde die Suche nach dem großen,
neuen gemeinsamen europäischen Projekt richtig. Sie
muss stattfinden. Noch wichtiger ist aber, dass Europa
an einer Stelle Erfolg hat. Diesen Erfolg kann sich Eu-
ropa in den verbleibenden Tagen dieser Woche mit ei-
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Die neuen Mitglieder der EU haben sich verpflichtet,
en Acquis communautaire umzusetzen. Sie sind bereit,
hren Beitrag zum Haushalt zu leisten. Sie haben deshalb
uch jedes Recht, an den Programmen der Union fair
nd solidarisch zu partizipieren. Nur so können sie auch
irklich in die Europäische Union hineinwachsen und
ieser Union Wachstumsimpulse verleihen, von denen
ir, die alten Mitgliedstaaten, zuvörderst profitieren
erden.
416 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005
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)
Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier
Deshalb sage ich: Die Bundesregierung ist der Auffas-
sung, die Integrationskraft des europäischen Gedankens
hängt jetzt vornehmlich von der Kompromissfähigkeit
aller Mitgliedstaaten ab. Diese Kompromissfähigkeit ist
in guter Tradition des europäischen Gedankens gefordert.
Eitelkeiten – in Einzelheiten wollen wir nicht gehen –
dürfen nicht den Blick auf das verstellen, was für uns alle
in der Europäischen Union wesentlich ist. Je später eine
Einigung über die Finanzen erfolgt, desto schwieriger
wird sie. Ein Abschluss 2006 – um nicht an Schlimmeres
zu denken – würde jedenfalls ungleich komplizierter sein
als eine Einigung morgen oder spätestens übermorgen.
Wenn ich das so sage, dann werden Sie mit Recht fra-
gen: Wo stehen wir in den augenblicklichen Vorverhand-
lungen? Sie wissen, dass die britische Ratspräsident-
schaft den Mitgliedstaaten in der vergangenen Woche
einen Vorschlag gemacht hat. Sie hat diesen Vorschlag
gestern noch einmal nachgebessert. Wir gehen davon
aus, dass das letzte Wort über diesen Vorschlag noch
nicht gesprochen ist. Der neueste Vorschlag wird heute
Nachmittag in Brüssel diskutiert. Dann gehe ich davon
aus, dass in den Stunden, Tagen und Nächten danach
härtere Auseinandersetzungen auf uns zukommen, und
zwar auch deshalb, weil jeder Mitgliedstaat Rücksicht
auf seine innenpolitische Situation zu nehmen hat. Mit
Blick darauf wissen wir alle, dass die Situation für die
allermeisten Mitgliedstaaten seit dem Versuch im Som-
mer, Verständigung über den Luxemburger Vorschlag zu
erreichen, nicht einfacher geworden ist.
Für die deutsche Regierung heißt das zentrale Prinzip
Fairness. Die Erweiterung war und ist im Interesse aller
Mitgliedstaaten. Daher treten wir für eine solidarische
Finanzierung der Erweiterung ein. Das bedeutet konkret,
ohne dass ich jetzt den Blick auf einzelne Länder richten
will: Jedes Land muss seinen Anteil leisten. Damit
meine ich: nicht mehr und nicht weniger.
Wir haben uns – das haben Sie in den letzten Tagen in
öffentlichen Stellungnahmen dieser Regierung häufig
gehört – nicht daran beteiligt, den britischen Vorschlag
in Bausch und Bogen zu verdammen. Wir haben immer
gesagt, dieser britische Vorschlag ist eine Arbeitsgrund-
lage. Wir hoffen, dass aufgrund der erneuerten Verhand-
lungsbox, die die Briten gestern vorgestellt haben, eine
Verständigung möglich ist. Die deutsche Regierung je-
denfalls wird sich daran konstruktiv beteiligen.
Wir haben in den letzten drei Wochen versucht, in den
Gesprächen mit den Mitgliedstaaten die Kompromissbe-
reitschaft zu fördern, ohne dabei unsere Ziele aufzuge-
ben. Die Bundeskanzlerin und ich haben in den einschlä-
gigen Gremien darauf hingewiesen, dass uns die
Strukturförderung in den neuen Bundesländern in
besonderem Maße am Herzen liegt, dass die Landwirt-
schaftsförderung angemessen ausgestaltet sein muss und
dass vor allen Dingen unsere Belastungsgrenze als größ-
ter Nettozahler innerhalb der EU anerkannt werden
muss. Ich jedenfalls sehe, dass dies in den Luxemburger
und britischen Vorschlägen der Ratspräsidentschaft be-
rücksichtigt worden ist.
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Alles in allem und zur Abrundung dieses Komplexes:
ch will nicht mit Blick auf die finanzielle Vorausschau
nd die bevorstehenden Gespräche übertriebenen Opti-
ismus verbreiten. Das wäre nicht gerechtfertigt. Ich
ahre aber mit einer gewissen Zuversicht nach Brüssel,
ass alle das allergrößte Interesse daran haben, Verstän-
igung zu suchen, und auch Kompromissbereitschaft
itbringen. Ich jedenfalls hoffe auf ein großes Maß eu-
opäischer Vernunft in den nächsten Tagen.
Ein Thema jenseits der finanziellen Vorausschau, das
ns in den letzten Tagen auf den Außenministerräten er-
eblich beschäftigt hat, ist die Beitrittsperspektive für
ie Staaten des westlichen Balkans. Ich will das an die-
er Stelle nicht weiter ausführen. Es ist kein einfaches
hema, sondern eines, zu dem es innerhalb der Europäi-
chen Union weiß Gott keine in jeder Hinsicht überein-
timmende Meinung gibt. Es gibt aber eine Perspektive:
ir wollen unseren Beitrag dazu leisten, dass Ahtisaari
it der Klärung der Statusbestimmung für den Kosovo
n den nächsten zwölf Monaten Erfolg hat. Dieser Erfolg
etzt Rahmenbedingungen. Diese bestehen darin, dass
ir die Annäherung der Staaten des Westbalkans an die
uropäische Union erhalten müssen. Das konzentriert
ich auf dem bevorstehenden europäischen Gipfeltreffen
uf die eine Frage, ob wir Mazedonien den Beitrittskan-
idatenstatus gewähren werden. Darüber ist in den letz-
en zwei oder drei Wochen diskutiert und zum Teil auch
estritten worden. Es scheint sich anzudeuten, dass die
rage des Beitrittskandidatenstatus mit einigen – insge-
amt vier – Staaten, die allergrößte Skepsis hatten, dann
u lösen sein wird, wenn wir sie mit einer Diskussion
ber die Grenzen der Europäischen Union verbinden, die
ber ohnehin ab dem nächsten Jahr zwischen den Mit-
liedstaaten geführt werden wird. Insofern gehe ich da-
on aus, dass sich der Europäische Rat für den Beitritts-
andidatenstatus Mazedoniens aussprechen wird.
Die Kommission wird des Weiteren – das ist das dritte
hema – auf dem Europäischen Rat ihren Bericht zur
igration vorstellen. Sie wissen oder ahnen – das war
uch Thema auf dem Euro-Med-Gipfel –, dass die Be-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 8. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Dezember 2005 417
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Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier
deutung dieses Themas für unseren Kontinent gar nicht
überschätzt werden kann. Sie haben sicherlich noch die
dramatischen Ereignisse in den spanischen Enklaven
Ceuta und Melilla vor Augen. Der Bericht der Kommis-
sion beruht auf einem politikübergreifenden Ansatz und
stellt insofern einen wichtigen Schritt für die gemein-
same Migrationspolitik dar, als er auch Rücksicht auf
alle Weltregionen – insbesondere die Nachbarschaftsre-
gionen im nördlichen Afrika – nimmt. Deshalb begrüßen
wir diesen Bericht ausdrücklich.
Letztlich – das sollen meine Schlussworte sein – wird
sich der Europäische Rat auf unsere Anregung hin mit
den jüngsten Äußerungen des iranischen Staatspräsi-
denten Ahmadinedschad zu Israel befassen. Die Bun-
desregierung und der Deutsche Bundestag haben diese
Aussagen – insbesondere die Leugnung des Holocaust
und des Existenzrechts Israels – mit Bestürzung zur
Kenntnis genommen. Wir verurteilen sie aufs Schärfste.
Derart inakzeptable Ausführungen zum Nahostkon-
flikt zeigen, mit wie viel Verantwortungslosigkeit und
Zynismus die Situation Israels und des Nahen Ostens
von der iranischen Regierung gegenwärtig beurteilt
wird. Ich habe bereits gestern öffentlich gesagt: Das er-
schwert natürlich auch die weiteren Verhandlungen über
das iranische Nuklearprogramm. Ich wiederhole an die-
ser Stelle: Die Regierung in Teheran muss begreifen,
dass die Geduld der internationalen Staatengemeinschaft
nicht endlos ist.
Ich komme auf meinen Anfangssatz zurück. Der
heute beginnende Europäische Rat ist ein wichtiger Gip-
fel in einer schwierigen Zeit. Die Bundeskanzlerin und
ich werden später nach Brüssel reisen, um dort deutsche
Interessen entschlossen zu vertreten, gleichzeitig aber al-
les dazu beizutragen, dass der Rat ein Erfolg für uns und
Europa wird.
Vielen Dank.