Gesamtes Protokol
Guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sit-
zung ist eröffnet.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:
Befragung der Bundesregierung
Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-
binettssitzung mitgeteilt: Aktionsplan Drogen und
Sucht.
Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht
hat die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundes-
ministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung,
Marion Caspers-Merk.
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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! DasBundeskabinett hat heute den Aktionsplan Drogen undSucht beschlossen. Es handelt sich hierbei um einen Ori-entierungsrahmen für die nächsten fünf bis zehn Jahre.Der Aktionsplan soll den Nationalen Rauschgiftbekämp-fungsplan der alten Bundesregierung ablösen.Ziel des neuen Aktionsplans Drogen und Sucht ist es,SGsMrSmü1mFbaksKgzdRlaRedeteinen neuen gesellschaftlichen Grundkonsens zur Be-kämpfung des Missbrauchs von Drogen und Sucht her-zustellen. Deswegen ist dieser Aktionsplan sehr eng undintensiv mit den Verbänden, die in der Suchthilfe tätigsind, mit den Bundesländern und mit denjenigen Wis-senschaftlern, die in der Suchtforschung arbeiten, abge-stimmt worden.Das Ziel, das wir mit dem neuen Aktionsplan verfol-gen, haben wir vor dem Hintergrund formuliert, dassDrogen und Sucht in unserer Gesellschaft ein ernstesund großes Problem darstellen. Jedes fünfte Bett in deut-schen Krankenhäusern ist ein „Suchtbett“. Jeder zehnteArztbesuch ist de facto ein „Suchtbesuch“. Meist wirdnur die Fraktur behandelt, die dahinter stehengigkeit, zum Beispiel von Alkohol, wird inaber nicht erkannt. Aus diesem Grunde undder Auswirkungen gehört das Thema Dr
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4250 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2003
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2003 4251
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4252 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2003
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Parl. Staatssekretärin Marion Caspers-MerkWir haben versucht, auf europäischer Ebene die Kon-trolle der Vorläufersubstanzen zu verschärfen. Über dengemeinsamen Acquis müssen die Beitrittsländer dieseumsetzen. Deswegen sind sie schon jetzt Bestandteileder Europäischen Drogenbeobachtungsstelle. Das heißt,dass es dorthin Kontakte gibt, die Länder intensiv infor-miert werden und ihnen Hilfestellung gegeben wird, umunsere Kontrollmechanismen umzusetzen. Dass es in derÜbergangszeit Probleme geben kann, ist klar. Aber wirsollten zunächst einmal die Probleme innerhalb der EUoffen angehen und lösen und dann mit diesen Ländernden Dialog intensivieren.
Die nächste Frage hat die Kollegin Birgitt Bender.
Frau Staatssekretärin, ich möchte einen Bereich der
Suchtabhängigkeit ansprechen, der sich gewöhnlich
nicht so starker öffentlicher Aufmerksamkeit erfreut wie
etwa der Missbrauch illegaler Drogen. Ich denke an den
Arzneimittelmissbrauch. Davon sind in der Bundesrepu-
blik etwa 1,5 Millionen Personen betroffen. Ich begrüße
es sehr, dass dieser im Aktionsplan aufgegriffen wurde.
Können Sie bitte erläutern, welche Maßnahmen vorgese-
hen sind, auch angesichts der Tatsache, dass die Mehr-
zahl der Betroffenen Frauen sind?
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Frau Kollegin, Sie haben völlig Recht. Bei der Ab-
hängigkeit von Suchtmitteln gibt es eine deutliche Ge-
schlechterzuordnung. Bei illegalen Drogen und bei Al-
kohol sind zwei Drittel der Betroffenen Männer und ein
Drittel Frauen, während es bei der Medikamentenabhän-
gigkeit umgekehrt ist.
Wir glauben, dass man zum einen die Fortbildung der
Ärztinnen und Ärzte verstärken muss, weil es sich oft
um verordnete Abhängigkeiten handelt. Das heißt, dass
oftmals bei einer Schmerztherapie die Risiken nicht ge-
sehen werden. Zum anderen handelt es sich gesellschaft-
lich gesehen um eine stille Art der Sucht. Deswegen er-
fährt sie oft nicht im selben Maße Aufmerksamkeit wie
andere Abhängigkeiten.
Wir haben im letzten Jahr dieses Thema im Rahmen
des Kongresses „Frauen und Sucht“ bearbeitet; dort
standen insbesondere die frauenspezifischen Suchtpro-
bleme im Mittelpunkt. Es wurde besprochen, dass man
die Therapieangebote ausweiten und das Thema gesell-
schaftlich enttabuisieren muss und es uns gelingen muss,
über Fortbildungsangebote für Ärzte und über eine of-
fene Diskussion der Risiken zu deutlichen Veränderun-
gen zu kommen.
Bitte schön, eine Zusatzfrage.
Frau Staatssekretärin, zusätzlich möchte ich wissen,
wie sich der Aktionsplan im Zusammenspiel mit den
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4254 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2003
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
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4256 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2003
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4258 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2003
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4260 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2003
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Sehr gut; das ist lobenswert.
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Das gehört zur Amtsausstattung.
Der Herr Bundeskanzler hat in Weiden gesagt – Herrräsident, ich darf zitieren –:Die Mitgliedstaaten dürfen durch das europäischeBeihilferecht nicht daran gehindert werden, mit ei-genen Förderinstrumenten die Entwicklung ihrerGrenzregionen zu unterstützen.Es geht hier nicht um die europäischen Beiträge. Derundeskanzler hat vielmehr in Weiden ein nationalesrogramm angekündigt und wörtlich gesagt: Dazu ge-ört „ein vernünftiges, auch materiell unterlegtes Pro-ramm der Förderung der Grenzregionen“. Er hat alsoin nationales, materiell unterlegtes Programm – undein EU-Programm – angekündigt.Ich frage Sie konkret: Wo ist dieses nationale Pro-ramm aufgelegt worden?
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2003 4261
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Herr Hofbauer, damit wir uns richtig verstehen: Kön-
nen Sie die Passage, in der es um das nationale Förder-
programm geht, das aufgelegt werden soll, noch einmal
zitieren?
Das gehört zusammen: ein vernünftiges, auch materi-
ell unterlegtes Programm der Förderung der Grenzregio-
nen, ...
Er hat zuvor vom Beihilferecht gesprochen, das er-
leichtert werden müsse; denn Europa schreibt uns in der
Strukturpolitik sehr viel vor. Er hat angekündigt, dass er
die Beihilferichtlinien auf europäischer Ebene so ändern
will, dass die Möglichkeit besteht, ein nationales Pro-
gramms für die Grenzregionen aufzulegen. Dieses natio-
nale Programm ist bisher nicht aufgelegt worden.
G
Herr Hofbauer, ich habe schon in der Antwort auf
Ihre erste Frage erläutert, dass sich die Bundesrepublik
Deutschland und Österreich sehr massiv im Rahmen der
Europäischen Union für Beihilfeprogramme eingesetzt
haben. Sie wissen sehr genau, dass es beihilferechtlich
sehr eng begrenzte Vorschriften der Europäischen Union
gibt. Wir wissen genauso, dass wir mit einer Reihe von
Beihilfeprogrammen große Probleme haben, was dazu
führt, dass die Europäischen Union, wenn sie der Auf-
fassung ist, dass eine Wettbewerbswidrigkeit vorliegt,
Beihilfeprogramme und Beihilfepositionen entsprechend
zurückfordert.
Ich habe Ihnen eben vorgetragen, dass wir für die bei-
den Regionen, um die es hier geht, das Fördergebiet „E“
ausgewiesen haben. Nun sage ich es Ihnen noch einmal:
Die regionale Wirtschaftsförderung ist Angelegenheit
der Länder, sodass ich es für einen bayerischen Abge-
ordneten für außerordentlich angemessen halten würde,
gegenüber der Bayerischen Staatsregierung entspre-
chende Anstrengungen zu unternehmen und entspre-
chende Positionen zu vertreten. Die Zuständigkeit für
die regionale Wirtschaftsförderung liegt bei den Län-
dern. Das, was wir tun konnten – ich betone das –, haben
wir gemacht.
Herr Hofbauer.
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es
gibt zwei Ebenen, die eigens Programme für die Grenz-
regionen aufgelegt haben. Das sind die Europäische
Union mit Mitteln in Höhe von 195 Millionen Euro plus
55 Millionen Euro und der Freistaat Bayern. Er hat für
die Grenzregionen ein eigenes Programm mit 100 Milli-
onen Euro aufgelegt.
Die Bundesrepublik Deutschland fehlt. Der Herr Bun-
deskanzler hat in Weiden – das sage ich jetzt zum dritten
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Nein, das muss ich nicht. Herr Kollege von Klaeden,ie Antwort müssen Sie schon mir überlassen. Das wis-en Sie als Parlamentarischer Geschäftsführer genau.ber die Form meiner Antwort entscheide ich ganz al-ein;
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4262 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2003
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Parl. Staatssekretär Gerd Andresdaran werden auch Sie nichts ändern.
– Ob ich Ja oder Nein sage, entscheide ich selbst.Dem Zitat, das Herr Hofbauer vorgetragen hat, istdies nicht zu entnehmen.
Ich habe nicht die ganze Rede gelesen. Herr Hofbauerhat mich gefragt, ob sie mir zur Verfügung steht. Ichhabe das aber nicht nachgelesen.
Eine weitere Frage des Kollegen Michelbach.
Herr Staatssekretär, ist es nicht so, dass aufgrund des
Versprechens, das der Bundeskanzler in Weiden gegeben
hat, das bestehende Fördergefälle zwischen den einzel-
nen Bundesländern und in Zukunft auch das zu den EU-
Beitrittsländern verringert werden soll, aber zur Redu-
zierung dieses Fördergefälles in den Grenzregionen noch
kein zielführendes Konzept der Bundesregierung vor-
handen ist? Wäre es nicht besser, Sie setzten in Brüssel
die Schaffung einer nationalen Förderkulisse durch, so-
dass nur noch Wettbewerbs- und Missbrauchskontrollen
stattfinden? Somit läge die Hoheit über die gesamte För-
derkulisse nicht mehr ausschließlich in Brüssel.
G
Herr Abgeordneter, Ihre Frage enthielt drei unter-
schiedliche Annahmen, die ich alle nicht teile. Sie haben
dreimal die Volte gemacht, indem Sie ausgeführt haben,
was der Bundeskanzler angeblich versprochen habe, näm-
lich das Fördergefälle zwischen Ländern auszugleichen
usw. All das steht nicht in Rede. Vielleicht haben Sie das
dem kurzen Zitat, das der Abgeordnete Hofbauer vorge-
tragen hat, entnommen. Ich habe das nicht entnommen.
Ich habe bei der Beantwortung einer Reihe von Fragen
ausgeführt, dass das Fördergefälle durch GA-E-Förder-
gebiete und Vereinbarungen im Gemeinsamen Ausschuss
abgemildert werden sollte. Das, wonach Sie gefragt ha-
ben, haben wir bereits umgesetzt. Ob sich die Bundes-
republik Deutschland in der Europäischen Union durch-
setzen wird oder nicht, beurteile ich ganz anders als Sie.
Als weiterer Fragesteller hat der Kollege Kretschmer
das Wort.
Auch ich möchte noch etwas ganz genau wissen und
das im Protokoll nachlesen können. Sie haben gesagt
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Im Übrigen bin ich selbstverständlich der Auffassung,
ass die EU-Osterweiterung eine Gemeinschaftsaufgabe
ller in der EU Handelnden ist. Es gibt eine Reihe von
trukturinstrumenten, die ich hier umfassend vorgetra-
en habe.
Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Koschyk.
Herr Staatssekretär, welche Haushaltsmittel des Bun-
es werden den deutschen Grenzregionen neben den
itteln der Europäischen Union und einzelner Bundes-
änder – der Freistaat Bayern stellt 100 Millionen Euro
ur Verfügung – zur Förderung der Grenzregionen zur
erfügung gestellt?
G
Herr Abgeordneter Koschyk, ich bitte um Verständnis
afür, dass ich diese Frage nicht aus dem Stand beant-
orten kann. Ich liefere Ihnen die Antwort aber gerne
chriftlich nach.
Wir kommen zur Frage 9 des Kollegen Maxtraubinger:Wie viele neue Arbeitsplätze haben die namentlich in derAnzeige „Team-Arbeit für Deutschland“ der Wochenzeitung„Die Zeit“ vom 12. Juni 2003 genannten Damen und Herrenseit dem 1. Januar 2003 geschaffen?
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2003 4263
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Ge
Herr Präsident, ich bitte darum, die Fragen 9 und 10
gemeinsam beantworten zu dürfen. Sind Sie einverstan-
den, Herr Straubinger?
Dann rufe ich auch die Frage 10 des Abgeordneten
Max Straubinger auf:
Welche finanzielle Summe wird für die Kampagne der
Bundesregierung „Team-Arbeit für Deutschland“ veran-
schlagt?
G
Personen, die in der Anzeigenkampagne der Initiative
„Team-Arbeit für Deutschland“ abgebildet sind, sind
Unterstützer dieser Initiative. Ziel der Initiative ist es,
ein Netzwerk gegen Arbeitslosigkeit aufzubauen. Hier-
bei geht es nicht darum, Einzelpersonen für die Schaf-
fung von Arbeitsplätzen auszuzeichnen. Die gezeigten
Personen sind auf unterschiedliche Weise am Arbeits-
markt aktiv geworden. Eine Liste der Aktivitäten kann
im Internet unter www.teamarbeit-fuer-deutschland.de
eingesehen werden. Dort sind die Aktivitäten aller Betei-
ligten und die Ansprechpartner detailliert aufgelistet.
Für die Initiative „Team-Arbeit für Deutschland“ sind
10 Millionen Euro vorgesehen.
Zusatzfrage, Herr Straubinger.
Herr Staatssekretär, es ist löblich, wenn man für die
Belebung des Arbeitsmarktes insgesamt eintritt. Die
Frage ist nur, ob die Mittel immer richtig eingesetzt wer-
den und etwas erreicht wird.
Ich habe mich mit den Personen ein bisschen beschäf-
tigt. Betrachten Sie die Tatsache, dass zum Beispiel bei
der Stadt Eisenhüttenstadt 1998 noch 471 Personen und
im Jahre 2002 nur noch 390 Personen beschäftigt waren,
als eine geeignete Unterstützung der Initiative „Team-
Arbeit für Deutschland“? Der Personalabbau ist sicher-
lich auf verwaltungstechnische Angelegenheiten bzw.
Belastungen der Stadt zurückzuführen. Glauben Sie,
dass ein solcher Abbau ein geeigneter Beitrag zur Bele-
bung des Arbeitsmarktes in Deutschland ist?
G
Herr Abgeordneter Straubinger, da Sie stellvertreten-
der Vorsitzender des entsprechenden Fachausschusses
sind, wissen Sie, dass die Empfehlungen der Hartz-
Kommission im 13. Kapitel unter dem Stichwort „Profis
der Nation“ vorsehen, unterschiedlich handelnde Perso-
nen zusammenzuführen, um für mehr Beschäftigung zu
werben.
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4264 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2003
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Nein, mal langsam.Herr Koschyk, vielleicht waren Sie eben noch nichta. Ich habe vorhin in einer Antwort deutlich gemacht,ass die Hartz-Kommission in ihrem 13. Kapitel Emp-ehlungen ausgesprochen hat. Eine dieser Empfehlungenautet, dass man begreifen muss, dass die Arbeitslosig-eit nicht allein ein Problem der Politik, der Wirtschaft,es Handwerks und der kleinen Unternehmen, sondernin gesamtgesellschaftliches Problem ist. Die Hartz-ommission sagt: Wenn man mit diesem gesamtgesell-chaftlichen Problem umgehen will, dann muss man da-ür sorgen, dass die vielen Handelnden, die es in ganznterschiedlichen Bereichen der Gesellschaft gibt, zu ei-er Initiative für mehr Beschäftigung zusammengeführterden und dafür werben. Zu denen, die sich für das Zielieses Netzwerkes und dieser Initiative einsetzen, gehö-en zum Beispiel auch Künstler. Ich könnte Ihnen nochine Reihe anderer Menschen nennen.un drehe ich es einmal herum. Sie wissen sehr genauwir könnten jetzt ein langes Seminar über Medienkam-agnen und Medienwirkung führen –, dass große Unter-ehmen, wenn sie ein neues Produkt verkaufen wollen,afür mit Menschen aus unterschiedlichen Bereichen zu-ammenarbeiten. Man fragt sich immer, was dieser
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2003 4265
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Parl. Staatssekretär Gerd AndresMensch eigentlich mit dem Produkt zu tun hat. Die breitangelegte öffentliche Identifikation mit der Person wirdgenutzt, um einen bestimmten Gedanken, der dahintersteckt, voranzubringen.
Ich empfehle Ihnen, sich einmal ins Internet zu bege-ben und einmal nachzulesen, was Roland Kaiser dortschreibt. Mir steht dies in der knapp bemessenen Frage-stunde leider nicht zur Verfügung.
Eine weitere Frage des Kollegen Kretschmer.
Herr Staatssekretär, Sie haben gerade von der gesamt-
gesellschaftlichen Verantwortung gesprochen, die Ar-
beitslosigkeit zu reduzieren. Ich dachte immer, dass das
eine wirtschaftspolitische Frage ist; zumindest habe ich
das während meines Studiums so gelesen. Dabei habe
ich aber nicht erfahren, dass man Anzeigenkampagnen
startet und dass es hilft, wenn Künstler und Gewerk-
schaftsleute daran mitwirken.
Deswegen möchte ich Sie bezüglich der Länder, die
in einer ähnlich schwierigen Situation waren wie
Deutschland jetzt – nämlich Irland vor zehn bis
20 Jahren und Großbritannien –, fragen, ob Sie Kenntnis
davon haben, dass man dort solche Anzeigenkampagnen
mit Erfolg betrieben hat, um die Arbeitslosigkeit zu re-
duzieren. Waren es nicht vielmehr wirtschafts- und fi-
nanzpolitische Reformen, die diese Länder vorange-
bracht haben?
G
Herr Kretschmer, Sie müssen entschuldigen, aber es
entzieht sich momentan meiner Kenntnis, was Sie stu-
diert haben. Ich kann auch nicht beurteilen, wie intensiv
Sie studiert haben und womit Sie sich befasst haben.
Bezogen auf die Frage davor habe ich nur versucht,
die Motivation und die Grundlage deutlich zu machen.
Wenn Sie sich in Ihrem Studium möglicherweise auch
mit Marketingstrategien und Ähnlichem beschäftigt ha-
ben, dann wissen Sie, dass große Unternehmen sehr
große Etats dafür aufwenden, um ein neues Produkt zu
verkaufen oder einzuführen.
Man muss ein neues Produkt oder einen neuen Inhalt,
den man vermitteln möchte, medial und öffentlichkeits-
wirksam darstellen.
Nun sage ich Ihnen: Die Massenarbeitslosigkeit ist
kein neues Produkt, aber sie ist ein Problem. Wenn man
erreichen will, dass sich viele gesellschaftlich Han-
delnde mit diesem Problem auseinander setzen und sich
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4266 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2003
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un weiß jeder, dass Krankheitserreger besonders ge-
ährlich sind, wenn sie gegen Antibiotika resistent sind,
a die Antibiotika nicht mehr wirken. Welche Sicherheit
ann die Bundesregierung geben, dass diese gefährlichen
rankheitserreger, gegen die keine Medikamente mehr
irken, in der Forschung nicht missbraucht werden?
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Ich habe schon deutlich ausgeführt, dass wir nach
em Kriegswaffenkontrollgesetz handeln und alle Ver-
inbarungen, die geschlossen worden sind, einhalten.
as erstreckt sich bis hin zur Kontrolle durch das Parla-
ent. Viel mehr kann man eigentlich nicht kontrollieren.
issbrauch ist weltweit nicht auszuschließen. Wir haben
n Deutschland in Zusammenarbeit mit den Ländern ein
etzwerk aufgebaut, das sicherstellt, dass ein Miss-
rauch nicht geschehen kann.
Zweite Zusatzfrage, bitte schön.
Vielen Dank, Herr Präsident.
Herr Staatssekretär, hielten Sie es nicht für sinnvoller,
ass sich die Bundesregierung generell gegen die Bio-
affenforschung einsetzt und versucht, international da-
auf hinzuwirken, dass keine Forschung für solche Waf-
en und solche gefährlichen Krankheitserreger betrieben
ird, die zwar in Laboren unter Sicherheitsbedingungen
ezüchtet werden, aber dennoch nicht vor Missbrauch
efeit sind? Wäre das nicht der bessere Weg?
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Frau Kollegin, Sie unterstellen, die Bundesrepublikeutschland würde solche Stoffe und B-Waffen herstel-
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2003 4267
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Parl. Staatssekretär Hans Georg Wagnerlen. Das ist nicht der Fall. Hier soll versucht werden, denSoldaten, die Missionen in Ländern erfüllen, in denensolche Waffen eingesetzt werden könnten, Schutz vorKrankheiten zu bieten. Das ist unser Ansatz. Wir müssenauf alle Eventualitäten eingestellt sein, in welchen Ein-sätzen auch immer.Bei uns ist die Kontrolle bestens organisiert. Wir sindder Meinung, dass man zur Abwehr von Gefährdungensolche Forschungsvorhaben durchführen muss, um un-sere Bundeswehrangehörigen zu schützen.
Vielen Dank, Herr Staatssekretär Wagner.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen.
Zur Beantwortung der Fragen steht die Parlamentarische
Staatssekretärin Angelika Mertens zur Verfügung.
Wir kommen zur Frage 16 des Kollegen Andreas
Scheuer:
Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, ob die
neuen und vom Eisenbahn-Bundesamt, EBA, wegen der tech-
nischen Zulassung nicht abgenommenen Referenz-Achszäh-
ler zur Gleisfreimeldung noch im Schienennetz vorhanden
sind?
A
Herr Scheuer, wir werden jetzt mit den Ausführungen
zu den Referenz-Achszählern nicht die Qualität der Aus-
führungen zu den Hasenpestbakterien halten können.
Die in neuen Gleisanlagen installierten Referenz-
Achszählpunkte entsprechen einer zugelassenen Bauart.
Sie wurden im Vorgriff auf eine neue, noch in der Ent-
wicklung stehende Auswertetechnik zusätzlich zur übli-
chen Gleisfreimeldetechnik eingebaut, jedoch nicht mit
der Sicherungstechnik verbunden. Da die Entwicklung
dieser neuen Auswertetechnik abgebrochen wurde, sind
die Referenz-Achszählpunkte dauerhaft entbehrlich. In-
sofern waren die darauf entfallenen Investitionshilfen
des Bundes zurückzufordern.
Inwieweit die entbehrlichen und nicht mit der Sicher-
heitstechnik verbundenen Achszählpunkte noch im
Gleisbereich vorhanden sind, ist der Bundesregierung
nicht bekannt. Es ist eine unternehmerische Entschei-
dung der DB Netz AG, ob sie die nicht benötigten Achs-
zählpunkte ausbaut und an anderer Stelle wieder ver-
wendet.
Zusatzfrage, Kollege Scheuer.
Frau Staatssekretärin, die Antwort befriedigt mich
nicht ganz, weil es hier um sicherheitsrelevante Bauteile
geht. Gestatten Sie mir eine Ausweitung meiner Frage:
Gibt es nach Ihrer Kenntnis weitere Einrichtungen, Bau-
teile und Elemente im Schienensystem oder grundsätz-
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Was der Rechnungshof in seinem Bericht schreibt,uss nicht unbedingt mit den Tatsachen übereinstim-en.Ich erkläre noch einmal, was Referenz-Achszählerind: Dabei handelt es sich um ein zusätzliches Instru-ent. Damals – das ist übrigens schon lange her; wir re-en nicht über die Gegenwart, sondern über die 90er-ahre, als versucht worden ist, die zusätzlichen Refe-enz-Achszählpunkte einzurichten – gab es eine Kon-rolle durch das Achszählsystem. Betriebswirtschaftlich
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4268 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2003
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Parl. Staatssekretärin Angelika Mertenswar es für die DB Netz AG von Interesse, ihr System sofehlerfrei wie möglich zu gestalten. Zu diesem Zwecksollten die Achszählpunkte genutzt werden. Es hat sichaber als schwierig herausgestellt, sie mit der Software zuverbinden.Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass die Referenz-Achszähler keine Sicherheitsrelevanz haben. Sie habenvielmehr eine betriebswirtschaftliche Relevanz, weil mitihrer Hilfe kein Personal mehr eingesetzt werden muss,um zu prüfen, ob ein Streckenabschnitt frei ist.Wenn jetzt bei den Bürgerinnen und Bürgern der Ein-druck entstehen sollte, es handele sich um ein sehr un-sicheres System, ist zu betonen, dass das keineswegs derFall ist. Es geht darum, die Achsen zu zählen und zu prü-fen, ob die Gleise frei sind. Das Referenz-Achszählsys-tem ist eingeführt worden, um die Methodik zu verfei-nern, aber nicht aus Sicherheitsgründen.
Wir kommen zur Frage 17 des Kollegen Scheuer:
Welche Informationen hat die Bundesregierung über die
unrechtmäßige Inanspruchnahme von Zuwendungen des Bun-
des durch die Deutsche Bahn AG, DB AG, und wie soll nach
Ansicht der Bundesregierung diesbezüglich eine bessere Prü-
fung durch das EBA garantiert werden?
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Zuwendungsnehmer bei Investitionen in die Schie-
nenwege ist nicht die Deutsche Bahn AG. Zuwendungs-
nehmer sind vielmehr die Eisenbahninfrastrukturunter-
nehmen des Bundes, nämlich die DB Netz AG,
DB Station & Service AG und DB Energie GmbH.
Über die Zuwendungen des Bundes für Investitionen
in die Schienenwege schließt der Bund nach Maßgaben
der §§ 9 und 11 Abs. 2 Bundesschienenwegeausbauge-
setz Vereinbarungen mit seinen Eisenbahninfrastruktur-
unternehmen. Dabei stellt der Bund die zweckgerichtete
Mittelverwendung sicher. Das Eisenbahn-Bundesamt
führt Antrags- und Verwendungsprüfungen durch.
Die Antragsprüfung ist eine 100-prozentige Prüfung.
Sie umfasst alle Anträge auf finanzielle Baufreigabe.
Das EBA stellt mit der Antragsprüfung die sparsame und
wirtschaftliche Mittelverwendung sicher. Planungsfehler
und sonstige Ursachen unrechtmäßiger Mittelverwen-
dung verhindert das EBA damit weitgehend.
Die Verwendungsprüfung des EBA ist eine Stichpro-
benprüfung, die sich auf alle vorhabenbezogenen Daten
bis zu den zahlungsbegründenden Unterlagen ein-
schließlich der Buchungsbelege und Kosteneinzelnach-
weise bezieht. Im Zuge der jährlichen Verwendungsprü-
fung prüft das EBA durchschnittlich 10 000 in der Regel
sehr umfangreiche Belege. Darüber hinaus prüft der
Bundesrechnungshof im Rahmen seiner Zuständigkeiten
die Verwendung der Bundesmittel durch die Eisenbahn-
infrastrukturunternehmen des Bundes.
Die Rationalisierung der Prüfverfahren des EBA ist
eine Aufgabe, die das Amt verantwortungsbewusst, ziel-
gerichtet und in Abstimmung mit dem Bundesministe-
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2003 4269
)
)
um erstens auf den untragbaren Zustand am ehemaligen
Güterbahnhof in Wiesbaden hinzuweisen und zweitens
auf den beträchtlichen Imageschaden für die Deutsche
Bahn AG aufmerksam zu machen und um rasches Han-
deln zu bitten.
Aufgrund dieser Aktivitäten der Bundestagsabgeord-
neten hat sich die Bahn offensichtlich entschlossen, Ab-
hilfe zu schaffen und das entsprechende Gelände am
ehemaligen Wiesbadener Güterbahnhof zu reinigen. Sol-
che Wege und Möglichkeiten bieten sich allen Abgeord-
neten des Deutschen Bundestages und stehen ihnen auch
gegenüber einem Unternehmen wie der Deutschen
Bahn AG offen.
Eine Zusatzfrage, bitte.
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Sieht sich die Bundesregierung in der Lage, in derselben
Weise auf die Nutzung und Sauberhaltung anderer Grund-
stücke der DB AG Einfluss zu nehmen?
A
Ich verweise auf meine Antwort zu Frage 20. Ich
laube, dass auch Sie jetzt verstanden haben, worum es
eht.
Es gibt keine Zusatzfragen mehr. Vielen Dank, Frautaatssekretärin.Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundeskanz-ers und des Bundeskanzleramtes. Zur Beantwortungteht der Staatsminister Rolf Schwanitz zur Verfügung.Die Fragen 22 und 23 des Abgeordneten Dr. Günterrings sind zurückgezogen.Ich rufe die Frage 24 des Kollegen Eckart vonlaeden auf:Trifft es zu, dass der Ermittlungsführer des Bundeskanz-leramtes im disziplinaren Vorverfahren, Dr. Burkhard Hirsch,während seiner Vorermittlungen die Staatsanwälte beim Land-gericht Bonn ins Vertrauen gezogen und ihnen zugesicherthabe – Quelle: „Die Zeit“ 26/2003 vom 19. Juni 2003 –, sämt-liche Erkenntnisse an sie weiterzuleiten?
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4270 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2003
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Herr von Klaeden, Pressemeldungen kommentiert die
Bundesregierung grundsätzlich nicht. Richtig ist aber,
dass die Staatsanwaltschaft Bonn, nachdem dort mehrere
Strafanzeigen eingegangen waren, mit Schreiben vom
2. Februar 2000 ein Auskunftsersuchen an das Bundes-
kanzleramt gemäß § 161 StPO gerichtet hat. Mit Schrei-
ben vom 24. Februar 2000 hat der Chef des Bundeskanz-
leramtes der Staatsanwaltschaft Bonn mitgeteilt, dass
auch der zwischenzeitlich mit den disziplinarrechtlichen
Vorermittlungen beauftragte Bundestagsvizepräsident
a. D. Dr. Burkhard Hirsch für weitere Besprechungen
zur Verfügung steht.
Vor diesem Hintergrund hat Dr. Hirsch den Sachver-
halt mit der Staatsanwaltschaft Bonn erörtert. Dabei hat
er auch, wie bei parallel laufenden disziplinar- und straf-
rechtlichen Verfahren üblich, die Übermittlung gegebe-
nenfalls im disziplinarrechtlichen Verfahren bekannt
werdender strafrechtsrelevanter Sachverhalte durch das
Bundeskanzleramt zugesichert.
Zusatzfrage?
Sind die Informationen, die Herr Hirsch an die Staats-
anwaltschaft weitergegeben hat, mit dem Staatssekretär
Steinmeier abgestimmt worden?
Es hat bei dem von mir erwähnten Gespräch eine ein-
führende Erörterung insbesondere seines Ermittlungs-
auftrags gegeben. Dieser Auftrag stammt, wie Sie si-
cherlich wissen, vom Chef des Bundeskanzleramtes. Es
hat darüber hinaus auch unmittelbare Kontakte zwischen
dem Amt und der Staatsanwaltschaft gegeben.
Herr Staatsminister, mich interessiert, wie man vorge-
gangen ist. Hat Herr Hirsch die Protokolle, die er von
seinen Zeugenvernehmungen angefertigt hat, unmittel-
bar an die Staatsanwaltschaft weitergegeben? Sind sie
über den Schreibtisch des Staatssekretärs gewandert? Ist
Herr Steinmeier über die Gespräche regelmäßig infor-
miert gewesen? Inwieweit ist der Bundeskanzler einbe-
zogen gewesen? Oder hat es nur „bilaterale“ Kontakte
zwischen Herrn Hirsch und der Staatsanwaltschaft gege-
ben? Wie muss ich mir das Vorgehen vorstellen?
Bis auf den ersten, von mir angesprochenen Vorgang –
dabei ist der Vorermittlungsauftrag erörtert worden; Herr
Dr. Hirsch hat der Staatsanwaltschaft das Angebot ge-
macht, das Bundeskanzleramt jederzeit aufzusuchen, um
dort weitere Gespräche zu führen; dazu kam es allerdings
nicht – sind strafrechtlich relevante Ermittlungsergeb-
nisse nicht unmittelbar von Herrn Dr. Hirsch weitergege-
ben worden; er hat über die – auch Ihnen bekannten –
Vorgänge berichtet, also über die Zuleitung der beiden
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ch wurde gefragt, ob die Entscheidung über einen Ab-
chiebestopp ansteht. Diese Frage habe ich klar verneint,
eil uns die derzeitige Situation in diesem großen Lande
icht zu diesem Schluss kommen lässt.
Ich schließe damit diesen Geschäftsbereich.
Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundes-
inisteriums der Finanzen. Zur Beantwortung steht uns
er Parlamentarische Staatssekretär Karl Diller zur Ver-
ügung.
Ich rufe die Frage 30 des Abgeordneten Helmut
eiderich auf:
Hat die Bundesregierung die im Rahmen der Beschlussfas-
sung zur gemeinsamen europäischen Zinsbesteuerung – Rat
der Finanzminister vom 3. Juni 2003 in Luxemburg – mit ihrer
Zustimmung gefundene Lösung zum „italienischen Milchquo-
tenproblem“ als faktische europäische Rechtslage anerkannt
und ist sie bereit, diese Lösung auch in der Bundesrepublik
Deutschland entsprechend rückwirkend anzuwenden?
K
Herr Kollege Heiderich, die Antwort auf Ihre Frageautet Nein. Nun will ich es aber dabei nicht bewendenassen, sondern Ihnen ergänzend Folgendes mitteilen:ie Rechtslage hat sich durch die der italienischen Re-ierung erteilte Genehmigung einer nationalen Beihilfeur Lösung des italienischen Milchquotenproblems nichteändert, auch nicht, wie Sie schreiben, „faktisch“. Nachie vor sind alle Milcherzeuger der EU, die zur Überlie-erung der nationalen Quote beitragen, nach den gelten-en EU-Rechtsvorschriften über die Milchquotenrege-ung verpflichtet, Strafabgaben zu zahlen, die an denU-Haushalt abzuführen sind.
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4274 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2003
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Parl. Staatssekretär Karl DillerDieses geltende EU-Recht wird durch die gefundeneLösung nicht infrage gestellt. Die im Ecofin-Rat am3. Juni gefundene Lösung sieht vor, dass die italieni-schen Milcherzeuger die Abgabe vollständig nachzuzah-len haben, allerdings in Raten gestreckt und – darin be-steht das Beihilfeelement – über einen Zeitraum von biszu 14 Jahren zinslos.Die ursprüngliche, von der italienischen Regierung an-gestrebte Beihilferegelung sah dagegen etwas völlig an-deres vor, nämlich für die Milcherzeuger einen 75-pro-zentigen Erlass der Strafabgaben, die der italienischeStaat übernehmen und an die EU abführen wollte. Damitkonnte sich der Rat nicht einverstanden erklären und hatdas auch nicht getan.Für eine Übertragung der italienischen Beihilferege-lung auf Deutschland besteht kein Anlass, zumal inDeutschland keine Abgaben ausstehen. Die Strafabga-ben sind von der Zollverwaltung stets fristgerecht für dieEU erhoben worden.Für das Ratsprotokoll des Ecofin hat es eine Erklä-rung gegeben. In dieser stellen Rat und Kommissionausdrücklich fest,dass die vorliegende Entscheidung durch das Vor-liegen außergewöhnlicher Umstände gerechtfertigtist. Mit der Entscheidung wird das Ziel verfolgt, diein der Vergangenheit in Italien bei der Anwendungder Zusatzabgabe aufgetretenen Probleme endgül-tig zu regeln; die Entscheidung kann somit – imFalle eventueller künftiger Schwierigkeiten bei derBeitreibung dieser Abgabe in Italien oder in einemanderen Mitgliedstaat – nicht als Präzedenzfall he-rangezogen werden.
Zusatzfrage, Herr Kollege Heiderich? – Bitte schön.
Herr Staatssekretär, in der Entscheidung des Ecofin-
Rates – Sie haben es eben ausgeführt – ist über die so ge-
nannten Strafabgaben entschieden worden. Nun ist es in
Deutschland üblich, dass neben den zurückzuzahlenden
Abgaben strafrechtliche Verfahren gegen die Betroffe-
nen eingeleitet werden. Habe ich die Entscheidung rich-
tig verstanden, dass bei den italienischen Milchbauern
von strafrechtlichen Konsequenzen abgesehen wird und
keine entsprechenden Verfahren gegen die Bauern einge-
leitet werden?
K
Herr Kollege, ich habe Ihnen dargelegt, dass sich
durch diese Entscheidung nichts an der europäischen
Rechtslage geändert hat. Deswegen ist das geltende
Recht anzuwenden – auch in Italien.
Weitere Zusatzfrage.
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4276 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2003
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Ka
Herr Kollege Braun, ich habe Ihnen gerade gesagt,
dass wir nicht nur einen Beschluss bezüglich des Auf-
wuchses in 2004, sondern auch bezüglich der mittelfris-
tigen Finanzplanung fassen. Damit ist natürlich für die
Empfänger Planungssicherheit im Rahmen des Verant-
wortbaren gegeben. Im Übrigen ist es so: Haushaltsrecht
ist Jahresrecht. Von daher unterliegt es dem Prinzip der
Jährlichkeit und der Entscheidung des Parlamentes.
Weitere Zusatzfrage.
Wird die Bundesregierung die geplanten Aufwüchse
durch Gegenfinanzierungen aus dem Einzelplan 30, Bil-
dung und Forschung, realisieren oder plant die Bundes-
regierung vor dem Hintergrund der Innovationsschwä-
che in Deutschland, den gesamten Bereich Forschung
und Entwicklung im kommenden Haushalt mit mehr
Mitteln zu versehen?
K
Der Plafond für das Haus wird so gestaltet, dass die
3 Prozent darstellbar sind.
Ich rufe die Frage 34 des Kollegen Michael
Kretschmer auf:
In welchem Maß beabsichtigt die Bundesregierung durch
ihre Vorschläge zur Neugestaltung der europäischen Struktur-
politik nach 2006 – Eckpunkte der Bundesregierung für die
EU-Strukturpolitik nach 2006 –, nationale Handlungsspiel-
räume in der Regionalpolitik zu erweitern bzw. zurückzuge-
winnen?
K
Herr Kollege Kretschmer, die Bundesregierung
spricht sich in dem von Ihnen erwähnten Eckpunktepa-
pier für einen ausreichenden beihilferechtlichen Spiel-
raum für die nationale Strukturpolitik in Deutschland
aus. Wir setzen uns dafür ein, dass die Förderintensitäten
der nationalen Regionalförderung auf europäischer
Ebene nicht automatisch auf den Ziel-1-Status bestimmt
werden. Insbesondere müssen Gebiete – dies ist unsere
Auffassung –, die ihren Ziel-1-Status verlieren, weiter-
hin mit nationalen Mitteln zielführend gefördert werden
können, wenn sie im nationalen Vergleich struktur-
schwach sind.
Darüber hinaus hat der Bund in Kenntnis der anste-
henden Entscheidungen auf europäischer Ebene schon
im Solidarpakt II – daran möchte ich erinnern – den na-
tionalen Handlungsspielraum der neuen Länder gestärkt.
Zum einen stellen wir zur Deckung von teilungs-
bedingten Sonderlasten aus dem bestehenden starken
infrastrukturellen Nachholbedarf und zum Ausgleich
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– Das haben wir gerne gemacht.
K
Ich möchte an etwas erinnern, auf das ich schon in der
letzten Aktuellen Stunde hingewiesen habe: Es geht
nicht, Subventionsabbau zwar zu fordern, aber immer
dann, wenn es für die Betroffenen konkret wird, von
Steuererhöhung zu reden. Ein Streichen von Subventio-
nen auf der Ausgabenseite bedeutet, dass weniger Geld-
mittel aus der Kasse der Steuerzahler genommen wer-
den.
Ich bitte Sie zunächst einmal, diesen Bereich nicht zu
diffamieren. Dies sei nur nebenbei bemerkt.
Ihre Frage bezieht sich auf den dritten oder vierten
Schritt. Wir beschäftigen uns zunächst einmal mit dem
ersten Schritt, nämlich damit, ob die Steuersenkungs-
stufe 2005 auf 2004 vorgezogen wird. Diese Entschei-
dung muss zunächst einmal gefällt werden. Dann gilt
das, was ich vorhin ausgeführt habe: Der Subventionsab-
bau soll nach Möglichkeit auf der Einnahme- und Aus-
gabenseite erfolgen. Ich bitte Sie, den Subventionsabbau
auf der Einnahmeseite nicht als Steuererhöhung zu diffa-
mieren.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie meine Ansicht teilen,
dass es sich bei einer Verbreiterung der Bemessungs-
grundlage und einer Veränderung bei den Abschreibun-
gen nicht um den Abbau von Subventionen handelt, weil
beides eher dem wirtschaftlichen Werteverzehr ent-
spricht? Können Sie meine Ansicht teilen, dass einige
Punkte, die im Steuervergünstigungsabbaugesetz enthal-
ten waren – ich nenne als Stichworte Mindeststeuer und
Einschränkung des Verlustausgleichs –, mit den Abbau
von Subventionen nichts zu tun haben, weil eine nor-
male Gewinnermittlung und Bilanzierung erforderlich
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Eine weitere Zusatzfrage. – Bitte schön.
Herr Staatssekretär, Sie haben in Ihrer Antwort auf
ie Frage des Kollegen Michelbach auf die Presseerklä-
ung und die Festschreibung des BMF Bezug genom-
en, dass über das Vorziehen der letzten Stufe der Steu-
rreform erst entschieden werden kann, wenn die
genda 2010 umgesetzt worden ist. Können Sie mir da-
ei helfen, wie ich mir vorstellen muss, wie der Zeit-
unkt festgelegt wird? Heißt das, wenn alle Punkte der
genda 2010 im Gesetzblatt stehen? Dann könnten wir
ine Stellungnahme vonseiten des BMF dazu erst am
nde des Jahres erwarten.
Ka
Ich gehe davon aus, dass sich das Kabinett in seiner
itzung am Wochenende auch über diese Frage unterhal-
en und Entscheidungen treffen wird.
Es gibt den Wunsch nach einer weiteren Zusatzfrage.
itte schön.
Herr Staatssekretär, haben Sie aus der Frage des Kol-
egen Michelbach und aus Äußerungen, die von anderen
ollegen aus der Union in den letzten Wochen zu diesen
rundfragen der Finanzpolitik gemacht worden sind, er-
ennen können, dass die Union weiß, was sie will?
Sie könnten sagen, der Willensbildungsprozess der
undesregierung hierzu sei noch nicht abgeschlossen.
Ka
Ich verfolge das als Abgeordneter wie auch als Staats-ekretär. Es ist schwierig. Ich habe beispielsweise aktuellelesen, dass Ihr Fraktionskollege und Obmann imaushaltsausschuss der Auffassung ist, man solle Priva-
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2003 4279
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)
Parl. Staatssekretär Karl Dillertisierungserlöse zur Finanzierung des Vorziehens dieserSteuerreformstufe – damit geht eine Steuersenkungeinher – heranziehen. Welche Privatisierungserlöse erdamit meint, hat er aber nicht gesagt. Es müssten aller-dings ganz erhebliche sein.
Herr Kollege Spiller, um die Antwort auf Ihre Frageabzuschließen: Jeder sagt etwas anderes.
Ich rufe nun die Frage 37 des Abgeordneten Hans
Michelbach auf:
Beabsichtigt die Bundesregierung, die Finanzierung durch
Subventionsabbau vorzunehmen, und, falls ja, welche Sub-
ventionen sollen konkret abgebaut werden?
K
Herr Kollege Michelbach, anlässlich seiner Presse-
konferenz hat der Bundesminister deutlich gemacht,
dass ein Vorziehen der Steuerreformstufe 2005 nur bei
einem weiteren einschneidenden Subventionsabbau er-
folgen kann. Entscheidungen darüber, welche Subventi-
onen konkret abgebaut werden sollen, wurden bisher
nicht getroffen. Das wird Gegenstand der Kabinettsbe-
fassung am Wochenende sein.
Zusatzfrage?
Herr Staatssekretär, können Sie zur Kenntnis nehmen,
dass die CDU/CSU-Bundestagsfraktion einen Entschlie-
ßungsantrag eingebracht hat, in dem das Vorziehen der
Steuerreform auf den 1. Januar 2004 klar bejaht wird,
und in dem mit der Voraussetzung, dass es dadurch zu
keinen weiteren Steuererhöhungen kommt, eine klare
und definitive Grundlage für das Vorziehen geschaffen
wird?
K
Herr Kollege Michelbach, es ist zwar unhöflich, aber
dennoch muss ich Sie um Klarheit bitten: Wie lautet der
Finanzierungsvorschlag Ihrer Fraktion in diesem An-
trag?
Herr Staatssekretär, wir haben hier keine Parlaments-
befragung, sondern sind in der Regierungsbefragung. –
Ich kann Ihnen die Antwort auf Ihre Frage geben: Die
Gegenfinanzierung wurde schon bei der Steuerreform
2000 durchgeführt. Sehen Sie sich einmal die Einnah-
men an, wie sie aus der Einkommensteuerstatistik und
der Maischätzung ersichtlich sind. Im Jahr 2001, im Ent-
stehungsjahr, lagen die Einnahmen bei 132 Milliarden
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4280 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2003
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)
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, dass der
Verdacht gegen deutsche Politiker und die deutsche Poli-
tik, der in den Medien gestanden hat, nicht aus der Luft
gegriffen war, sondern darauf beruhte, dass der ehema-
lige Chef des französischen Konzerns Elf Aquitaine in
öffentlichen Erklärungen und Presseinterviews davon
gesprochen hat, dass man, um dieses Geschäft – Elf
Aquitaine kauft Leuna/Minol – zu tätigen, in Deutsch-
land seinerzeit afrikanische Methoden anwenden musste
und dass in diesem Zusammenhang auch Geld an deut-
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Welche Aussage meinen Sie?
ie Verdächtigungen, die der Kollege Ströbele gerade
ngesprochen hat.
K
Auch das ist eine Antwort. Vielen Dank.
Es gibt eine gewisse Ratlosigkeit, die als solche zurotokoll genommen wird.Damit sind wir am Ende der heutigen Fragestunde.Ich rufe nun den Zusatzpunkt 1 auf:Aktuelle Stundeauf Verlangen der Fraktionen der SPD und desBÜNDNISSES 90/DIE GRÜNENLage auf dem AusbildungssektorIch erteile für die Bundesregierung zunächst dem Par-amentarischen Staatssekretär Christoph Matschie dasort.
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Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen!Wir reden heute in dieser Aktuellen Stunde über dieLage auf dem Ausbildungsmarkt. Das hat einen gutenGrund. In Deutschland gibt es zu wenig Ausbildungs-plätze. Wir sind momentan weit davon entfernt, allenBewerberinnen und Bewerbern einen Ausbildungsplatzzur Verfügung zu stellen. Die große Lücke hat sich bis-her nicht schließen lassen. Diese Entwicklung erfüllt si-cherlich alle Abgeordneten mit Sorge. In der Vermitt-lungsstatistik der Bundesanstalt für Arbeit sindgegenwärtig rund 52 000 betriebliche Ausbildungsplätzeweniger gemeldet als zum gleichen Zeitraum des Vorjah-res.Die Bundesregierung hat aufgrund dieser Entwick-lung die Initiative ergriffen und gemeinsam mit der Wirt-schaft und den Gewerkschaften eine Ausbildungsoffen-sive gestartet. Ich möchte an dieser Stelle dieAbwesenheit von Ministerin Bulmahn entschuldigen.Ihre Abwesenheit hat einen nachvollziehbaren und si-cher auch für Sie akzeptablen Grund: Die Ministerin istheute auf einer Ausbildungsreise unterwegs, um direktim Gespräch mit Unternehmern vor Ort, mit Initiativen,mit den Arbeitsämtern für Ausbildungsplätze zu werben.
Diese Reise war schon länger geplant. Deshalb bitte ichan dieser Stelle um Verständnis.
Diese Reise zeigt: Wir nehmen unsere Verantwortungan dieser Stelle sehr ernst. Solche Initiativen sind Be-standteil dessen, was Bundesregierung, Wirtschaft undGewerkschaften am 29. April verabredet haben. Hier istnoch einmal das gemeinsame Ziel bekräftigt worden, al-len Jugendlichen, die können und wollen, eine Ausbil-dung zu ermöglichen. Über solche Ausbildungsreisen,an denen auch Minister Clement beteiligt ist, sprechenwir Unternehmen, die zurzeit nicht ausbilden, gezielt an.Aber wir setzen auch Lehrstellenentwickler ein.Zusätzliche Ausbildungsplätze – das wissen wir –entstehen nicht von selbst. Wir müssen handeln. Wirdürfen dabei aber nicht vergessen, dass es zuallererst dieWirtschaft selbst ist, die in der Verantwortung steht, aus-reichend Ausbildungsplätze anzubieten. Diese Aufgabekann niemand anderes übernehmen.
Die Bundesregierung kann die Wirtschaft aber beidiesen Anstrengungen unterstützen. Das tun wir auch.Rund 40 Prozent der Betriebe haben zurzeit keine Aus-bildungsberechtigung. Wir haben deshalb die Ausbilder-Eignungsverordnung für die kommenden fünf Jahre aus-gdgrbdgmAgtWQMBtAwb5ttbweMZdfHzambgAtVgpVprlibbivdbW
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4282 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2003
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Nun hat der Kollege Michael Glos für die CDU/CSU-
Fraktion das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Die äußerst bedrückende Ausbildungsplatzlückevon aktuell 70 000 Stellen ist auch Ausdruck der drama-tischen Wirtschaftslage in unserem Land. Für viele aus-bildungswillige Jugendliche kommt eine erfolglose Be-werbung einer persönlichen Katastrophe gleich. DiesenScherbenhaufen hat Rot-Grün mit zu verantworten.
Wir haben die längste Stagnationsphase der Nachkriegs-geschichte. Drei Jahre Stagnation, Rückgang, Unsicher-heit. Wir haben zur Stunde nicht einmal gesicherte Haus-haltszahlen vorliegen. Wir wissen nicht, wie dieserHaushalt aussieht, und wir wissen nicht, was im nächs-ten Jahr los ist. Das alles schafft ungeheuer viel Unsi-cherheit.
Wir haben es mit sehr viel Flickschusterei und auchbiblischem Verhalten zu tun. Das biblische Verhalten be-steht darin: Die Linke soll nicht wissen, was die Rechtetut. Wenn bei der SPD die Linke erfährt, was alleinschon die Mitte tut, dann braucht man Sonderparteitageund es gibt dann noch einmal eine Umdrehung und manwartet ab.
Besonders betroffen sind der Mittelstand und dasHandwerk. Im Handwerk sind 300 000 Arbeitsplätzeweggefallen. Die Zahl der Insolvenzen, die in diesemJahr erwartet werden, beträgt mehr als 40 000; im ver-gangenen Jahr waren es 38 000. All die bankrotten Be-triebe können nicht mehr ausbilden.Deswegen wundert es uns, Herr Bundesminister – ichfreue mich sehr, dass Sie hier sind –, dass ausgerechnetiemKflzudtbDnQthZnss–hSFzvscdfgMzMe–S––rbs
Die Schreihälse vom Dienst kenne ich aus den Haus-altsdebatten zur Genüge. Das müsste in der Aktuellentunde nicht auch noch sein.Herr Bundesminister, wir haben in anderen wichtigenragen, wie in der Gesundheitspolitik, gezeigt, dass wirur Zusammenarbeit bereit sind. Das wurde seinerzeiton Herrn Müntefering gefordert. Unsere Fraktionsvor-itzende hat diese Forderung aufgegriffen; die Gesprä-he haben bereits begonnen. Bisher sind Änderungen iner Handwerksordnung immer im Einvernehmen er-olgt. Die fachlich zuständigen Politiker sind hinzugezo-en worden; man hat miteinander gesprochen und dieodernisierung vorangetrieben.Deswegen fordere ich Sie auf: Stoppen Sie die Geset-esvorlagen! Wir sind bereit – wie es auch beim letztenal der Fall war – mitzuarbeiten, um das Vorhaben aufine breitere Basis zu stellen.
Ich weiß nicht, wer der Zwischenrufer auf der linkeneite ist. Ich kenne ihn nicht.
Es ist der Kollege Bertl
er ist Handwerksmeister –, der dauernd dazwischen-uft. Auch der Kollege Bertl kann sich an der Debatteeteiligen, aber es wäre günstig, wenn auch der Sachver-tand anderer Handwerksmeister mit eingebunden würde
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2003 4283
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Michael Glosund wenn vor allen Dingen die Handwerksverbände be-teiligt würden, weil sonst etwas zerstört würde, das unse-rem Land gedient hat und auch in Zukunft dienen soll.
Herr Bundesminister Clement, ich habe gesehen, dassSie auf der Rednerliste stehen. Sie könnten sich dafüraussprechen, dass wir in dieser Sache eine gemeinsameBasis finden sollten.Herzlichen Dank.
Das Wort hat die Kollegin Dr. Thea Dückert, Bünd-
nis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Sehr geehrter Herr Glos, lassen Sie mich vorab zwei Be-merkungen zu Ihren Ausführungen machen. Sie habendurchaus Recht, wenn Sie die Situation am Ausbildungs-markt – vor allen Dingen für die jungen Leute – als kata-strophal bezeichnen. Wir alle kennen diese Situation.Wir kennen auch in unserer Umgebung junge Leute, diesich verzweifelt um Lehrstellen bemühen, ohne damitErfolg zu haben. Die Situation ist gerade in diesem Jahrbesonders schlimm. Es ist völlig klar, dass wir erhebli-che Anstrengungen dagegen unternehmen müssen.Kein Recht haben Sie hingegen mit Ihrer sehr schmal-spurigen und einseitigen Betrachtung. Zwar spielen kon-junkturelle Entwicklungen sicherlich eine Rolle, aberwas Sie in absoluter Vergangenheitsblindheit offenbarimmer noch nicht wahrnehmen wollen, ist ein sehrschwieriger Trend, den es in Deutschland gibt. Seit Mitteder 80er-Jahre – nachzuweisen ist es etwa seit 1988 –ziehen sich die großen Betriebe zunehmend aus der Aus-bildungsverantwortung zurück. Das geht nicht an!
Sie werden zu Trittbrettfahrern in der Ausbildungspoli-tik. Die kleinen und mittleren Betriebe leisten ihren Bei-trag: Auch in diesem Jahr bieten Betriebe mit bis zu49 Beschäftigten zusätzliche Ausbildungsplätze an.Ich bitte Sie, sich angesichts der Ausbildungsplatzsi-tuation einmal ernsthaft Gedanken darüber zu machen,dass wir nicht nur Ad-hoc-Maßnahmen brauchen, son-dern die Unternehmen auch dazu bewegen müssen, ih-rem in der Verfassung verankerten Auftrag zur Ausbil-dung junger Menschen nachzukommen.Was die Modernisierung der Handwerksordnung an-geht, haben Sie doch tatsächlich die Meinung vertreten,ein mittelalterliches Zunftordnungswesen mit Schutz-zäunen um die Zünfte habe etwas mit der Entwicklungeines modernen Ausbildungswesens, das wir dringendbRnwdstueshflüLtinAswimdtiunwtireliAnic1dÜUhwEbsAaFli
Die gegenwärtige Situation ist nicht akzeptabel, weilir wissen, dass junge Menschen, die keinen Ausbil-ungsplatz bekommen, eine Karriere des Scheiterns vorich haben. Dies können wir nicht dulden. In dieser Si-ation hilft auch kein Schönreden. Daher war ich sehrrstaunt, als ich heute las, dass das Institut für Wirt-chaftsforschung die Situation für gar nicht so schlimmält, wie sie sich im Moment abzeichnet. Das IW bezif-ert die für den Herbst zu erwartende Ausbildungsplatz-cke auf 20 000 bis 30 000 Plätze. Auch eine solcheücke wäre noch viel zu groß. Deswegen müssen wir tä-g werden, aber auch auf die Eigeninitiative der Unter-ehmen setzen.Wir brauchen die Unternehmen, weil wir das dualeusbildungssystem brauchen. Allerdings bin ich hin-ichtlich dessen, was von den Unternehmen kommenird, sehr skeptisch; denn am Anfang der Woche stand „Tagesspiegel“ die Überschrift „DIHK bläst Ausbil-ungsinitiative ab“. Was heißt das denn in dieser Situa-on?
Sie argumentieren hier gegen gesetzliche Maßnahmennd setzen auf Eigeninitiative. Eigeninitiative ist gut,icht aber Eigennutz. Eigeninitiative bedeutet, Verant-ortung zu übernehmen. Wenn der DIHK in einer Situa-on, in der es eigentlich darum geht, alles zu mobilisie-en, um Ausbildungsplätze zu schaffen, das abbläst, wasr vor Monaten erfreulicherweise angekündigt hat, näm-ch einen Ausbildungsfonds einzurichten, um einenusgleich zwischen den ausbildenden Betrieben und denicht ausbildenden Betrieben herzustellen, dann weißh nicht, in welcher Realität die Wirtschaft lebt.
Meine Damen und Herren, der Bundeskanzler hat am4. März gesagt, wenn die nachhaltigen Verbesserungener Ausbildungsbereitschaft nicht einträten und diebernahme der zugesagten Verantwortung durch dienternehmen nicht erfolge, werde die Bundesregierungandeln. Dies werden wir dann auch tun. Noch wartenir die weitere Entwicklung ab, aber es ist klar, dass bisnde September etwas passieren muss. Jugendliche ha-en in unserem Land auch in einer solchen ökonomi-chen Situation ein Anrecht auf einen Ausbildungsplatz.ußerdem wird unsere Wirtschaft demnächst ziemlichlt aussehen, wenn sie nicht ausbildet.
Wir schlagen angesichts der Situation eine flexibleondslösung vor, in der Eigeninitiative und tarifvertrag-che Lösungen, wie wir sie aus Niedersachsen kennen,
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4284 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2003
)
)Dr. Thea Dückertdurchaus ihren Platz haben können, weil dies im Zusam-menhang mit betrieblichen Ausbildungsplätzen Vorranghat. In diesen Fonds sollen alle Unternehmen einzahlen;diejenigen, die ausbilden, werden etwas herausbekom-men. Dies ist von der Konstruktion her dem DIHK-Mo-dell ähnlich: eine Art Lastenumverteilung. Das ist keinezusätzliche Belastung der Wirtschaft, sondern bedeutetfür sie ein Nullsummenspiel.
Frau Kollegin, bitte kommen Sie zum Schluss.
Ich komme zum Schluss.
Es geht heute erstens darum, neue Strukturen zu
schaffen, die es möglich machen, einen Trend zu bre-
chen, den wir aus der Vergangenheit kennen. Zweitens
müssen wir den jungen Menschen eine Perspektive ge-
ben und dürfen es nicht hinnehmen, dass wir in vier Jah-
ren in den Betrieben auch noch mit einem Facharbeiter-
mangel zu tun haben werden. Dann nämlich werden Sie
beim Geschrei wieder an der Spitze der Bewegung ste-
hen.
Danke schön.
Nächste Rednerin ist die Abgeordnete Cornelia
Pieper für die FDP-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dass dieRegierungskoalition heute eine Aktuelle Stunde zur Aus-bildungsplatzsituation beantragt hat, ist legitim. Ich haltees aber nicht für gerechtfertigt – das sage ich auch inRichtung des Bundeswirtschaftsministers –, dass dieBundesregierung die heutige Aktuelle Stunde unter dieSchlagzeile stellt: Die Regierung droht der Wirtschafterneut mit einer Ausbildungsplatzabgabe. Wer die Situa-tion in Deutschland und insbesondere die Wirtschaftsda-ten kennt, der weiß, dass die derzeitige Ausbildungs-platzmisere das Ergebnis einer verfehlten Wirtschafts-und Ausbildungspolitik der Bundesregierung seit ihrerRegierungsübernahme ist.
Sie haben Steuern und Sozialabgaben erhöht, anstattsie zu senken. Die Novellierung bzw. die Modernisie-rung des Berufsbildungsgesetzes haben Sie verschleppt;denn das hätte, wie von uns gefordert, bereits in der letz-ten Legislaturperiode geschehen müssen.
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Wir stehen vor einer dramatischen und Besorgnis er-egenden Situation. Die Bundesanstalt für Arbeit rechnetis zum Sommer dieses Jahres mit 80 000 fehlendenehrstellen. Das Institut der deutschen Wirtschaft – da-it haben Sie in der Tat Recht, Frau Dückert – geht da-egen davon aus, dass nur 30 000 fehlen werden. Fürns ist jedenfalls jeder fehlende Ausbildungsplatz eineru viel; denn es geht um das Schicksal junger Menschen.ür uns – das betone ich – hat die hoch qualifizierte Aus-ildung junger Menschen etwas mit Freiheit, Menschen-ürde und Selbstständigkeit zu tun, und zwar aus deminfachen Grund: Ohne Ausbildung gibt es keinen Ein-tieg in den Arbeitsmarkt. Dessen müssen wir uns be-usst sein. Deswegen ist es wichtig, dass wir die Dis-ussion sachlich, aber auch kritisch führen; denn wirönnen die Misere nicht beseitigen, wenn wir nicht auchie Tatsachen beim Namen nennen.Zu den Tatsachen gehört auch, Frau Dückert: Selbstenn sich bewahrheitet, dass nur 30 000 Lehrstellen feh-en – davon geht, wie gesagt, das Institut der deutschenirtschaft aus –, dann bedeutet das noch immer diechlechteste Lehrstellensituation in Deutschland seit997. Das muss man sich vor Augen führen.
Herr Tauss, das sind nicht meine, sondern die Daten,ie das Institut der deutschen Wirtschaft heute veröffent-icht hat.Generell gilt für die Freien Demokraten: Mit staatli-hen Programmen stärken wir nicht die Ausbildung,ondern schwächen sie. Wir wollen die duale Berufsaus-ildung stärken. Die betriebliche Ausbildung ist Kern-ufgabe der Wirtschaft. Das ist unumstritten.
ur eine Ausbildung im Betrieb wird auch den Über-ang zum Arbeitsmarkt gewährleisten. Ein Ergebnis Ih-er Regierungspolitik ist, dass die Jugendarbeitslosigkeiteit der Auflage des JUMP-Programms wächst, undwar dreimal so schnell wie die allgemeine Arbeitslosig-eit. Sie ist inzwischen genauso hoch wie die durch-chnittliche Arbeitslosigkeit. Mit anderen Worten: DasUMP-Programm hat nicht zur Beseitigung der Ausbil-ungsnot geführt. Es hat inzwischen vielmehr dazu ge-ührt, dass die Nachfrage von Altnachfragern, also von
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Cornelia PieperSchulabsolventen vergangener Jahre, enorm gestiegenist. Um konkret zu werden: 2002 waren das 42,8 Prozentder Gesamtnachfrage. Das JUMP-Programm führt alsojunge Menschen in die Warteschleife und überführt sienicht in den Arbeitsmarkt. Es ist ineffizient; deswegenmeinen wir, dass es – auch zugunsten von betrieblicherAusbildung – zurückgeführt werden muss.Die Schere zwischen der Zahl der Schulabgänger undder Zahl der Ausbildungsplätze geht immer mehr ausein-ander. Das rechnerische Defizit zwischen gemeldetenAusbildungsstellen und Bewerbern ist im Vergleich zumMai des Vorjahres um 46,7 Prozent gestiegen. Sie müs-sen endlich mit Ihrem konzeptionellen Durcheinanderund den Sonderprogrammen aufhören. Wir brauchen inder Tat endlich eine radikale Reformpolitik, die auf Steu-ersenkung setzt.
In diesem Zusammenhang sage ich ganz klar in Rich-tung Regierungsbank: Wir sind gern bereit, das Vorzie-hen der Steuerreform von 2005 auf 2004 zu unterstützen,wenn eine entsprechende Gegenfinanzierung über denHaushalt und über den Subventionsabbau gewährleistetwird, Herr Minister. Wir meinen nämlich, dass ein weg-weisendes Mittelstandsprogramm das beste Ausbil-dungsplatzprogramm ist. Seit Jahren fehlt ein entspre-chendes Konzept von der Bundesregierung.Also: Senken Sie die Steuern! Vereinfachen Sie dasSteuersystem! Bauen Sie vor allen Dingen die bürokrati-schen Hemmnisse im Arbeitsrecht ab! Novellieren Siedas Berufsbildungsgesetz! Wir fordern seit langem, füreher praktisch orientierte junge Menschen Teilqualifika-tionen – eine Stufenausbildung mit Grundausbildungund Qualifizierungsbausteinen – zuzulassen.
Frau Kollegin Pieper, kommen Sie bitte zum Ende!
All das schafft neue Ausbildungsplätze und wird uns
mehr als Ihre Politik voranbringen.
Vielen Dank.
Das Wort hat nun der Bundesminister für Wirtschaftund Arbeit, Wolfgang Clement.
Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaftund Arbeit:Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Diese Aktuelle Stunde ist vor allen Dingen not-wendig, damit vom Deutschen Bundestag ein Appell analle – insbesondere in den Unternehmen, in den Verwal-tungen, in den öffentlichen und privaten Einrichtungen –gbDWhgsnAadBavdhssBiugdardDdzhdw2gWfhlmsgWlmd
ieser Appell ist zwar sehr schlicht, aber er ist dasichtigste. Es gibt zurzeit, wie wir alle wissen, einen er-eblichen Ausbildungsplatzmangel. Es muss und kannelingen – das zeigen alle Erfahrungen –, dass wir die-en Ausbildungsplatzmangel überwinden. Das wird aberur gelingen, wenn alle zusammenwirken.Frau Kollegin Pieper, 1996 gab es wie heute einenusbildungsplatzmangel. Er war noch etwas größer;ber das ist nicht wichtig. Wichtig ist, dass die Situationamals aufgrund einer gemeinsamen Anstrengung vonund, Ländern, Städten, Gemeinden und Unternehmen,lso von allen Ebenen, binnen eines Jahres grundlegenderbessert wurde. Heute stehen wir vor der Aufgabe – iniesem Zusammenhang macht alle Polemik, die ich hieröre, keinen Sinn –, genau das wieder zu erreichen.
Der Bundespräsident hatte Recht, als er kürzlichagte: Das Ausbilden unserer Jugend ist eine Bring-chuld der Unternehmen. Ich füge hinzu: Es ist auch eineringschuld von uns allen. Wenn wir das nicht schaffen,st das ein Offenbarungseid, den sich unsere Gesellschaftnd unsere Wirtschaft nicht leisten können. Es ist übri-ens auch ein Offenbarungseid für das duale Berufsbil-ungssystem. Ich schätze dieses System – es ist weltweitnerkannt –; aber wenn es nicht in der Lage ist, eine aus-eichende Zahl von Ausbildungsplätzen bereitzustellen,ann scheitert es.
eswegen glaube ich, dass man den Ernst der Lage nichteutlich genug ansprechen kann.Die Bundesanstalt für Arbeit geht in ihrer Einschät-ung davon aus, dass es bei einer Fortschreibung dereutigen Situation bis Ende September zu einem Fehlbe-arf von 60 000 bis 70 000 Ausbildungsplätzen kommenird. Das Institut der deutschen Wirtschaft erwartet0 000 bis 30 000 fehlende Ausbildungsplätze. Ich sageanz offen: Meine Erwartung liegt bei plus/minus null.
ir müssen das bis Ende September schaffen. Die Er-ahrung, die wir in der zurückliegenden Zeit gesammeltaben, zeigt, dass wir es schaffen können. Wir haben al-erdings keine Zeit zu verlieren. Wir haben nicht zu pole-isieren. Es gibt Gott sei Dank überall Initiativen, dieich um dieses Problem kümmern. Wir müssen es in deranzen Bundesrepublik lösen. Darum geht es.Ich freue mich, dass es eine Ausbildungsinitiative vonirtschaftsverbänden, Gewerkschaften und uns, der Po-itik, gibt. Auch das ist für alle absolut offen, die daranitwirken wollen und können. Ich brauche die verschie-enen Maßnahmen, die wir in diesem Zusammenhang
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Bundesminister Wolfgang Clementergriffen haben, jetzt nicht darzustellen. Herr KollegeMatschie hat einige angesprochen.Mir liegt daran, darauf hinzuweisen, dass jedenfallsich persönlich Folgendes erwarte: Wenn einzelne Unter-nehmen nicht in der Lage sind, die nötige Anzahl anAusbildungsplätzen bereitzustellen, dann muss die Wirt-schaft selbst für einen finanziellen Ausgleich zwischenden Unternehmen sorgen. Offensichtlich sind viele Un-ternehmen – gerade diejenigen, die ausbilden – der An-sicht, dass sich niemand entziehen darf, der ausbildenkann, und dass diejenigen Unternehmen, die sich entzie-hen, zu einer Ausbildungsplatzabgabe herangezogenwerden sollen.
Das kann sehr wohl auch ohne gesetzliche Maßnah-men initiiert werden. Das geschieht in verschiedenenKammern. Das geschieht in verschiedenen Verbänden.Wie ich gelesen habe, geschieht das in Niedersachsenund in Bayern. Ich fände es gut, wenn das überall ge-schähe. Niemand, der ausbilden kann, darf sich der Aus-bildungsnotwendigkeit entziehen. Das ist mir sehr wich-tig.Ich will ein Beispiel anführen. Die Industriegewerk-schaft Bergbau, Chemie, Energie hat einen beispielhaf-ten Tarifvertrag abgeschlossen, in dem vorgesehen ist,dass die Zahl der Ausbildungsplätze erhöht wird. Dassind die Entscheidungen und die Signale, die wir brau-chen. An solchen ganz konkreten Verbesserungen müs-sen wir arbeiten.
Frau Kollegin Pieper, es ist ein Irrtum, zu glauben,dass wir auf öffentliche Mittel ganz verzichten können.Sie haben das JUMP-Programm angesprochen. Wirmüssen uns einfach vor Augen führen – es hat keinenZweck, darum herumzureden –: Wir haben heute inDeutschland fast 500 000 junge Leute in Arbeitslosig-keit; ich glaube, es sind zurzeit 482 000. Das alles sindjunge Leute unter 25 Jahren. Von denen sind ungefähr250 000 in der Sozialhilfe. Übrigens beziehen 64 000Arbeitslosenhilfe, das heißt, sie sind schon in der Lang-zeitarbeitslosigkeit. Viele von denen haben vermutlichnoch keinen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz kennen ge-lernt.Man wird das Problem nicht lösen, indem man, wiegefordert wird, die Steuern heruntersetzt. Wir brauchenzusätzlich Hilfe und Begleitung für junge Leute, die sich– aus welchen Gründen auch immer; oftmals sind es fa-miliäre, individuelle Probleme – in einer besonderen Si-tuation befinden.
Sie müssen erst einmal an eine Ausbildung herangeführtwerden. Wir brauchen Berufsvorbereitung. Wir brau-chen Praktika. Deshalb haben wir auch ein zusätzlichesProgramm für 100 000 junge Leute – es ist gezielt fürdDdhWfmhcbfdünmdghmslaDDmDigmMkshtWrlee–zhdöimm
as habe ich auch schon dem Kollegen Brüderle gesagt.er stand immer vor mir und hat mich mehrfach ge-ahnt, endlich Freiheit zu gewähren.
iese Forderung geht jetzt an Sie zurück. Das ist ganznteressant und dadurch kommt vielleicht auch Bewe-ung in die Diskussion.Herr Kollege Glos, ich bin für Gespräche. Das Parla-ent, die Länder, der Bundesrat, alle sind jetzt gefragt,ut zu zeigen, ob vor Wahlkämpfen oder nach Wahl-ämpfen. Ich bin Ihnen gegenüber immer sehr offen undage: Ich hielte es für falsch, wenn Sie sogar für kleinst-andwerkliche Tätigkeiten, die man binnen drei Mona-en erlernen kann, eine Regulierung vorsehen wollten.enn Sie für solche Tätigkeiten auch eine Registrie-ungspflicht bei den Handwerkskammern und mög-icherweise noch mehr vorsehen wollten, dann wäre dasin Fehler. Deshalb ist meine Bitte, dass wir darüberinig sind, da unseren Weg zu beschreiten. Im Übrigenwir haben es auch mit zustimmungspflichtigen Geset-en zu tun – müssen wir in eine intensive Diskussion ge-en.Wenn ich Ihnen zuhöre, gewinne ich den Eindruck,ass Sie das gleiche Spiel betreiben wollen, das schonfter stattgefunden hat, nämlich: Kommt ein Handwerkn die Anlage A oder in die Anlage B? Was geben Sieir, wenn es in die Anlage A kommt, und was geben Sieir, wenn es in die Anlage B kommt?
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Bundesminister Wolfgang ClementDas ist nicht der richtige Weg. Ich möchte bei Ihnen gerndie Bereitschaft zu einer wirklichen Reform sehen.
Am Freitag können Sie doch den kleinen erstenSchritt mitgehen, wenn es um handwerkliche Tätigkei-ten geht, die man binnen drei Monaten erlernen kann.Frau Kollegin Pieper, auch Sie in der FDP müssen sichdie Frage stellen, ob Sie am Freitag diesen ersten kleinenliberalen Schritt mitgehen können, damit der Weg fürkleinsthandwerkliche Tätigkeiten frei gemacht wird.Wenn das gelingt, haben wir schon einen bedeutendenSchritt nach vorn getan und dann kommen wir auch insehr fruchtbare Gespräche. Sie wissen um die Bereit-schaft dazu auf unserer Seite.Gerade allen im Handwerk Tätigen sage ich: Wir kön-nen auf Ihre Ausbildungsleistung nicht verzichten. Siewissen auch, dass diese Ausbildungsleistung von unsnicht infrage gestellt wird, ob sie nun von einem Meisterdurchgeführt wird, der in einem Beruf arbeitet, wo dieserTitel für die Ausbildung erforderlich ist, oder von Frei-willigen, die dafür sorgen, dass andere in Berufe hinein-wachsen können.Im Gegensatz zu den Handwerksverbänden erwarteich, dass es im Zuge unserer Reform mehr und nicht we-niger Ausbildungsplätze geben wird, weil mehr Berufemehr Möglichkeiten bieten und damit für mehr Ausbil-dung gesorgt werden kann. Den Streit darüber werdenwir ausfechten. Meine Bitte an das Handwerk, bei demdie Ausbildungsleistung wirklich vorbildlich und auchder Zahl nach beeindruckend ist, ist, dass sich niemanddurch Diskussionen über die Reformen davon abhaltenlässt, das zu tun, was er für sein Unternehmen, die jungeGeneration und die Wirtschaft in Deutschland insgesamttun sollte, nämlich wie bisher für die Qualifikation unse-rer jungen Leute zu sorgen. So trägt er dazu bei, dass wirauch nach dem Jahre 2006, wenn die Schulabgängerzah-len nach unten gehen, eine ausreichende Zahl von her-vorragend qualifizierten jungen Leuten haben.Bei allem, was wir sonst sagen und uns gegenseitigvorwerfen, sollten wir unsere Diskussionen und unserRingen um Ausbildungsplätze nicht auf dem Rücken derjungen Leute austragen.
Das will ja auch in Wahrheit keiner; wir sollten aberauch nicht diesen Eindruck erwecken. Vielmehr solltenwir sehr deutlich gemeinsam dafür werben, dass die jun-gen Leute ausreichend Ausbildungschancen in Deutsch-land bekommen. Das geht. Wenn wir das gemeinsamtun, gelingt es umso besser.Ich danke Ihnen sehr.
Ich erteile das Wort der Kollegin Dagmar Wöhrl für
die CDU/CSU-Fraktion.
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ie großen Betriebe würden sich genauso wie bei derchwerbehindertenabgabe freikaufen. Wir haben dochnsere Erfahrungswerte. Das sollte man hier doch nichtinfach wegdiskutieren.
o finden denn die Lehrlinge einen Ausbildungsplatz? –n den kleineren und mittleren Betrieben. Acht von zehnzubis arbeiten heute in kleineren und mittleren Betrie-en.
llein im Handwerk werden 65 Prozent aller Lehrlingem gewerblich-technischen Bereich ausgebildet. Dieusbildungsquote liegt bei 10,6 Prozent,
n anderen Wirtschaftszweigen beträgt sie 3,6 Prozent.Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe immer dasefühl, Sie vergessen eines: Deutschland ist ein roh-toffarmes Land. Das Humankapital ist eine der wich-igsten Ressourcen, die wir haben.
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Dagmar WöhrlWichtig erscheint es uns – da sind wir, wie ich glaube,auch mit Ihnen einer Meinung –, alle Maßnahmen zufördern, die zu mehr Qualifikation führen.
Man darf nicht damit anfangen, Qualifikationsansprüchezurückzuschrauben. Warum ist denn der Meisterbetriebder Ausbilder der Nation? Das kommt nicht von unge-fähr, sondern daher, weil der Meister ausbilden kann, esgelernt hat und in seinem Bereich alle Stufen der Ausbil-dung durchlaufen hat.
Wer an diesen Grundfesten rüttelt, handelt nicht nurunverantwortlich, sondern auch fahrlässig. Mit IhrerHolzhammermethode gefährden Sie viele tausend Ar-beitsplätze und auch viele tausend zukünftige Ausbil-dungsplätze.Sie dürfen mir eines glauben: Die Betriebe, die jetztnoch über Bedarf ausgebildet haben, werden es in Zu-kunft bestimmt nicht mehr tun. Es ist vielmehr die Fragezu stellen, ob sie in Zukunft überhaupt noch ausbilden.
Was brauchen denn Unternehmen? Sie brauchen Auf-träge, konkrete Perspektiven und das Wissen, dass essich lohnt, Lehrlinge einzustellen. Unser Mittelstandweiß, dass er qualifizierten Nachwuchs braucht, er weißauch, dass Fachleute in der Zukunft ein rares Gut seinwerden. Aber es ist auch so, dass 90 Prozent aller Unter-nehmen ihr Lehrstellenangebot von ihrer aktuellen Ge-schäftslage abhängig machen. Heute weiß doch kein Un-ternehmer mehr, ob er in drei Jahren überhaupt noch dieMöglichkeit hat, einen Lehrling zu übernehmen.Wir haben konjunkturell schwache Zeiten. Wir wis-sen auch, wem wir das zu verdanken haben; das brau-chen wir jetzt nicht wieder anzusprechen.
In konjunkturell schwachen Zeiten gibt es wenig Ausbil-dung, das ist nun einmal Realität. Die Ausbildungskos-ten sind in den letzten Jahren in Westdeutschland mehrgestiegen als die Löhne der Facharbeiter. Aber anstatthier an Entlastung zu denken, denken Sie auch in diesemBereich nur daran abzukassieren.
Sie haben nicht erkannt, dass der Schlüssel zu mehr Aus-bildung in der Entlastung der kleinen und mittleren Be-triebe liegt und nicht in der Belastung, die Sie den Be-trieben immer wieder aufbürden.
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Was ist denn der Grund, dass manch ein Betrieb kei-en geeigneten Bewerber findet? Für viele ist die Aus-ildung in dem betreffenden Betrieb vielleicht uncoolder der Jugendliche hat nicht die richtige Qualifikation.ber was wäre denn die Konsequenz Ihrer Ausbildungs-latzabgabe?
Lieber Herr Kollege, ich bin bestimmt eine von denenn diesem Raum, die die meisten Lehrlinge ausbilden.
eshalb weiß ich, wovon ich rede.Eines muss ich Sie fragen: Was ist denn, wenn keinehrling gefunden wird? Wollen Sie dann keine Straf-teuer erheben? Die Folge wären Umgehungstatbeständend Überwachungsbürokratie.Sie planen die Einzahlung in einen Fonds – alleschön und gut. Die Unternehmer sollen also einewangsabgabe in einen Fonds zahlen. Das heißt, zu-ünftig wird außerhalb des Betriebes ausgebildet. Daseißt, die Ausbildung wird verstaatlicht. Was geschiehtann überhaupt mit unserem hochgelobten dualen Sys-em?
Frau Kollegin, denken Sie bitte an die Zeit.
Duales System, adieu! Das heißt, es wird am Bedarforbei ausgebildet. Das würde zu einer noch höheren Ju-endarbeitslosigkeit als bisher führen. Sie haben esurch Ihre Politik bis jetzt schon geschafft, die Zahl derusbildungsplätze gegenüber 1998 um 44 000 zu verrin-ern, und das trotz des JUMP-Programms.Wir haben einzelne Maßnahmen aufgeführt. Wichtigst, dass wir als Politiker, die Einfluss nehmen können,lle Maßnahmen zusammen ergreifen, damit die Be-riebe wieder Lehrlinge einstellen. Der Mittelstand er-artet von uns, dass wir hier handeln, dass wir uns nichtur zurücklehnen und die Verantwortung auf die Wirt-chaft abschieben.
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Dagmar WöhrlDeswegen warne ich Sie davor, hier irgendeine Straf-steuer auf den Weg zu bringen. Entlasten Sie lieber, stattimmer neue Belastungen zu schaffen.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Grietje Bettin,
Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-gen! Ein Wort zu Ihnen, Frau Wöhrl: Es ist schlichtfalsch, was Sie hier behaupten. Gerade die kleinen undmittleren Unternehmen, die ja überproportional ausbil-den, würden in den Genuss eines finanziellen Ausgleichskommen. Es sind ja gerade die großen, die sich entzie-hen. Von daher ist es einfach nicht wahr, was Sie hier be-züglich der Abgabe behaupten.
– Es ist auch unlogisch, was Sie uns hier aufzutischenversuchen.
Es ist allgemein bekannt: Seit Jahrzehnten, nicht erstseit Rot-Grün, ist man im Frühsommer auf der Suchenach Ausbildungsplätzen. Wir müssen in diesem Bereichzu einer grundlegenden Strukturreform kommen; wirmüssen von einer Situation wegkommen, die uns zwingt,von der Hand in den Mund zu leben, wie es auch jetztleider wieder der Fall ist. Die Situation auf dem Ausbil-dungsmarkt ist auch in diesem Jahr schlecht; das wurdebereits von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern ge-sagt. Sie ist aber vielleicht doch nicht so schlecht, wiewir im Frühjahr befürchten mussten. Die Prognose desInstituts der deutschen Wirtschaft wurde schon erwähnt.Würde sie Wahrheit, bliebe das ganz große Desaster aufdem Lehrstellenmarkt vielleicht sogar aus.Trotzdem dürfen wir uns nicht damit zufrieden gebenund uns nicht zurücklehnen. Selbst wenn sich die opti-mistischen Schätzungen bewahrheiten würden, läge dasAngebot an Lehrstellen immer noch 4 Prozent unter demNiveau des Vorjahres. Unser klares politisches Ziel ist esaber, einen Ausbildungsplatz für alle Jugendlichen indiesem Land bereitzustellen. Nur so bieten wir der jun-gen Generation eine Perspektive, nur so sichern wir dieWettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und nurso bekommt die Wirtschaft die qualifizierten Fachkräfte,auf die sie so dringend angewiesen ist.Es ist leider zu einem Ritual geworden, dass wir jedesJahr einen Tanz um den fehlenden Ausbildungsplatz auf-führen. Opposition und Regierung, Wirtschaft und Ge-werkschaften werfen sich gegenseitig Versagen vor. Faktist aber: Für die Jugendlichen ist diese Zeit eine Phasevon Existenzangst und Perspektivlosigkeit. Wir müssendtNfDndngatedbAd1r6StDfwagmbszdboiamsABarWnrGcSSbt
ur dort, wo Ausbildungsplätze trotz aller Bemühungenehlen, müssen wir den Jugendlichen Brücken bauen.abei reicht es nicht, den jungen Menschen Ersatzmaß-ahmen anzubieten, mit denen sie am Ende die entschei-ende Hürde ins Berufsleben doch nicht nehmen kön-en.Die Wirtschaft verläßt sich immer mehr auf das En-agement des Staates. Viele Unternehmen ziehen sichus der betrieblichen Ausbildung zurück, und das zulas-n der Betriebe, die immer noch ausbilden, und zulastener öffentlichen Kassen. Im Jahr 2000 lagen die Ausga-en des Bundes, der Länder und der Bundesanstalt fürrbeit für die Berufsausbildung noch bei rund 11 Milliar-en Euro. Im vergangenen Jahr waren es bereits3,5 Milliarden Euro. Trotzdem sank im gleichen Zeit-aum das Angebot an betrieblichen Lehrstellen von rund47 000 auf gut 590 000.Es kann nicht unser politisches Ziel sein, dass dertaat zunehmend die Kosten der beruflichen Bildungrägt. Die staatlichen Mittel sind ohnehin stark begrenzt.ie Mittel müssen – PISA hat es uns gezeigt – vor allemür die vorschulische und schulische Bildung verwendeterden. Davon profitiert der Einzelne, aber natürlichuch der Unternehmer und die Unternehmerin. Es sinderade die Betriebe, die sich immer wieder über dieangelnde Qualität der Ausbildung von Schulabgängerneklagen.Allerdings verpflichtet uns die Knappheit der Res-ourcen auch dazu, das Geld möglichst effektiv einzuset-en. Das weltweit hochgelobte duale System lebt davon,ass die Ausbildung im Betrieb stattfindet, also praxis-ezogen ist. Aber es lebt eben auch vom zweiten Lern-rt, von der Schule.Vor dem Hintergrund der Lage am Lehrstellenmarktst es unser zentrales Ziel, eine von der Konjunktur un-bhängige Ausbildungsstruktur zu schaffen. Deshalbüssen wir die Motivation zur Ausbildung stärken. Un-er Ziel ist klar formuliert: Wir müssen die Lasten derusbildung gerecht verteilen. Es war ja nicht nur derDI-Präsident, der die Ungerechtigkeit zwischen denusbildenden Betrieben und den Ausbildungsverweige-ern unter den Unternehmen angeprangert hat.
Ich sage es hier gerne noch einmal klar und deutlich:enn die Wirtschaft ihren Ausbildungsverpflichtungenicht selbstständig nachkommt, muss ein anderer, ge-echter Mechanismus geschaffen werden. Aus diesemrunde haben wir Grünen ein Stiftungsmodell entwi-kelt; Frau Dückert hat es bereits angesprochen. Dietiftung „Betriebliche Bildungschance“ kann aus grünericht ein Weg sein, um Ungerechtigkeiten zwischen aus-ildenden und nicht ausbildenden Betrieben zu besei-igen. Mit diesem Modell wollen wir vor allem den
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4290 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2003
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Grietje BettinMittelstand unterstützen, der bisher überproportionalausbildet. Die Grundidee der Stiftung ist: AusbildendeBetriebe bekommen eine direkte Förderung. Mit diesemModell verfolgen wir das Ziel, zu einer grundlegendenLösung des Problems der fehlenden Ausbildungsgerech-tigkeit zu kommen.Liebe Kolleginnen und Kollegen, sollte sich der Sil-berstreif am Horizont, den das Institut gestern gemalthat, bewahrheiten, freut uns das für alle Jugendlichen,die einen Ausbildungsplatz suchen. Dennoch dürfen wiruns von dieser Meldung nicht blenden lassen. Wir müs-sen jetzt den Kreislauf von fehlenden Chancen, Abhän-gigkeit vom Sozialstaat und erlernter Passivität durch-brechen. Jede und jeder Jugendliche in Deutschlandbraucht ein Angebot für eine betriebliche Ausbildung.Wir sind dies den jungen Menschen, den ausbildendenBetrieben und der Wettbewerbsfähigkeit der deutschenWirtschaft schuldig.Danke schön.
Ich erteile das Wort der Abgeordneten Frau
Dr. Lötzsch.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-
ren! Sehr geehrte Gäste! Die Deutsche Post AG will im
Jahr 2003 den Auszubildenden, die in diesem Jahr aus-
lernen, keine Übernahmemöglichkeit im Unternehmen
anbieten. Allein in den Niederlassungen in Berlin und
Brandenburg handelt es sich um 400 auslernende Nach-
wuchskräfte. In der ganzen Bundesrepublik sind
2 138 junge Menschen davon betroffen.
Wie kann es sein, fragen mich Auszubildende in einer
E-Mail, dass der Staat unendlich viel Geld ausgibt, um
Menschen in Arbeit zu bringen, jedoch tatenlos zusieht,
wie die Deutsche Post AG 2 138 jungen Menschen nach
beendeter Ausbildung keinen Arbeitsplatz anbietet? Ich
frage die Bundesregierung im Auftrag dieser Jugendli-
chen: Was unternehmen Sie als Hauptaktionär der Deut-
schen Post AG, damit diese Jugendlichen übernommen
werden? Denkt die Bundesregierung bei den Unterneh-
men, bei denen sie Hauptaktionär ist, etwa nur als Share-
holder oder sieht sie sich als Eigentümer durch das
Grundgesetz verpflichtet, soziale Verantwortung zu
übernehmen? Ich denke, Letztgenanntes wäre die ange-
messenere Lösung.
Gebraucht werden die jungen Menschen allemal.
Denn die Nichtübernahme der jungen Menschen bei der
Deutschen Post AG geschieht vor dem Hintergrund eines
Überstundenberges von mehr als 7 Millionen Stunden
und eines nicht abgewickelten Erholungsurlaubes von
mehr als 3 Millionen Tagen bei der Deutschen Post allein
im Geschäftsjahr 2002. Aber nicht nur bei der Über-
nahme von Auszubildenden ist die Deutsche Post AG
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2003 4291
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Dass unsere Position richtig ist, sieht man daran, dassdas Handwerk in den Jahren 1998 bis 2002 zwar einenArbeitsplatzverlust von 14,7 Prozent, aber einen Ausbil-dungsplatzverlust von 18,1 Prozent zu verzeichnen hatte.Man kann nicht sagen, dass aufgrund der Kostenstrukturallein Arbeits- und Ausbildungsplätze abgebaut wurden.Gerade im Bereich der Ausbildung zeigt sich, dass esimmer stärker Qualifizierungen gibt, die manche kleineUnternehmen und Handwerksbetriebe nicht erbringenkönnen. Sie haben sich deshalb aus der Ausbildung zu-rückgezogen. Wir müssen auf diese Tatsache reagieren,indem wir durch Verbundmaßnahmen und -lösungenwieder mehr kleinere Unternehmen für die Ausbildunggewinnen. Ich bin sicher, das wird uns auch gelingen.
Ich halte auch nichts davon, dass wir generell, wiemanche es fordern, eine grundsätzlich verkürzte zwei-jährige Ausbildung als Ziel anstreben. Hier wird wenigSubstanz weitergegeben. Außerdem gibt es genug ver-kürzte Ausbildungsgänge, die teilweise gar nicht genutztwerden. Es ist wichtig, den jungen Leuten in unserer Re-publik zu sagen: Wir wollen, dass ihr eine gute Qualifi-kation für euer Arbeitsleben erhaltet und ihr euch aufdiese Weise eine gute Grundlage für lebensbegleitendesLernen aufbaut. Deshalb sind wir gegen eine generelleAusbildungsverkürzung auf zwei Jahre.
Ich will einen dritten Punkt ansprechen, der häufigvergessen wird. Das Bundesinstitut hat im Jahr 2000– ich werde nicht müde, dies immer wieder zu sagen –verglichen, wie die finanziellen Belastungen im Bereichder beruflichen Bildung verteilt waren. Hier mussten wirfür das Jahr 2000 feststellen, dass die öffentliche Handindk2nBdusBGrddrddmwÜsNeb1gSaSmsdC
nd wir in Ostdeutschland bei den meisten Ausbildungs-tellen öffentliches Geld von Bund, Ländern und derundesanstalt ausgeben müssen. Das ist schon einrund, um darüber nachzudenken, wie zukünftig die be-ufliche Bildung solidarisch finanziert werden kann.Warum sollten wir nicht die Unternehmen, die ausbil-en, finanziell unterstützen, und von den Unternehmen,ie einen Nutzen davon haben, sozusagen Trittbrettfah-er sind, einen kleinen Beitrag verlangen, damit alle wie-er ein vernünftiges Angebot erhalten?
Meine letzte Bemerkung: Es ist schon interessant,ass manche meinen, das JUMP-Programm, das weitehr als eine halbe Million Jugendliche betrifft, immerieder infrage stellen zu müssen.
ber 60 000 Erstausbildungsplätze haben wir mit die-em Programm in den letzten Jahren finanziert.
ehmen Sie zur Kenntnis, dass mit diesem Programmrstmals junge Leute, die mehr als zwei Jahre nicht mehrei den Arbeitsämtern gemeldet waren, in den Jahren999 und 2000 auftauchten. Sie wollten an dem Pro-ramm teilhaben und arbeiten, weil sie arbeiten können.chon allein deshalb war es sinnvoll, dieses Programmuf den Weg zu bringen.
o können wir endlich aus der Dunkelziffer herauskom-en; denn wir wollen die Wirklichkeit sehen. Vor die-em Hintergrund war das Programm richtig und wir wer-en es fortführen.Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich erteile das Wort dem Kollegen Uwe Schummer,DU/CSU-Fraktion.
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Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Wir habenzwei Rekorde dieser Regierung zu verzeichnen: Es gibt486 200 arbeitslose Jugendliche im Mai. Das ist derhöchste Stand der Jugendarbeitslosigkeit in der Ge-schichte Deutschlands. Gleichzeitig hatten wir 43 500 be-triebliche Insolvenzen im letzten Jahr zu verzeichnen.Auch das ist ein Rekord in der deutschen Nachkriegs-geschichte.
Herr Tauss, das einfache volkswirtschaftliche Einmal-eins besagt, dass beide Rekorde in direktem Zusammen-hang stehen: hinter 43 500 betrieblichen Insolvenzenstehen über 400 000 vernichtete Arbeits- und Ausbil-dungsplätze.
Gerhard Schröder ist der traurige Rekordkanzler dieserRepublik.Den Betrieben fehlen offenkundig Aufträge: EinHandwerksbetrieb, der für die nächsten drei Monatekeine Aufträge hat, der kann sich nicht für die nächstendrei Jahre an einen Auszubildenden binden. Es bedarfder Perspektive für das Unternehmen, damit Perspekti-ven für die Menschen geschaffen werden können.
Der größte Kostentreiber ist die hohe Arbeitslosig-keit. Sie haben es trotz aller Ankündigungen nicht ge-schafft, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. 4 MillionenArbeitslose bedeuten 90 Milliarden Euro Leistungsaus-gaben und fehlende Steuer- und Beitragseinnahmen jähr-lich. Das ist der Beginn der Kettenreaktion erodierendersozialer Sicherungssysteme. Die mangelnde Ausbil-dungsbereitschaft der Betriebe ist ein Spiegelbild dervon Ihnen zu verantwortenden miserablen wirtschaftli-chen Lage. Diese Lage ist konkret in Ihrer Wirtschafts-politik begründet.
Leider ist der Wirtschaftsminister, der als Supermannangekündigt wurde, wieder abgetaucht. – Herr Clement,Sie sind noch anwesend; das finde ich sehr gut. Sie müs-sen einen Politikwechsel vollziehen, weil Sie nur so fürdie Menschen in Deutschland eine Perspektive schaffenkönnen.
Wenn man mit den Unternehmern redet, stellt manfest, dass es um die mangelnde Verlässlichkeit dieser Po-litik geht. Sie geben heute ein Versprechen und brechenes morgen. Wenn die Grundlage für politisches Ver-trauen im Kern zerstört ist, dann hilft im Grunde nurnoch der Regierungswechsel.
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Herr Tauss, auch wenn Sie ein Mikro verschluckt ha-en, sollten Sie etwas mehr Niveau in Ihre Zwischenruferingen.
Neben der großen politischen Aufgabe müssen wirns auch um Details kümmern. Die Regierung hat in derntwort auf eine parlamentarische Anfrage mitgeteilt,ass 70 Prozent derjenigen, die über das JUMP-Pro-ramm gefördert werden, in die verzögerte Arbeitslosig-eit und nicht in eine reguläre Beschäftigung gehen, sichlso in einer Warteschleife befinden. Die Mittel aus demUMP-Programm sollten in konkrete Maßnahmen zurnterstützung betrieblicher Ausbildungsplätze umge-chichtet werden. Unternehmen könnten beispielsweiseon den Sozialversicherungsbeiträgen für ihre Auszubil-enden anteilig entlastet werden.
Lassen Sie uns auch darüber nachdenken, das, wasie IG BAU mit den Arbeitgebern im Baubereich bereitseschlossen hat, nämlich die Ausbildungsplatzvergütun-en um 20 Prozent zu senken, im großen Stil zu tun.urch die Einsparungen können zusätzliche Ausbil-ungsplätze geschafft werden. Was die Gewerkschaftenachen, sollten Sie als Sozialdemokraten zumindest ein-al zur Kenntnis nehmen.Sie haben die Umlagefinanzierung im Baubereich an-esprochen. Sie müssen doch wissen, dass trotz diesermlagefinanzierung im Baubereich die meisten Ausbil-ungsplätze abgebaut werden. Zwangsabgaben schaffeneine Ausbildungsplätze. Trotz Umlagefinanzierungurden im Baubereich keine Ausbildungsplätze ge-chaffen. Das ist die Lehre, die wir daraus ziehen müs-en.Sie wissen genau, dass das Handwerk „Ausbildungs-eister“ ist.
Ein bisschen netter und freundlicher bitte. Man sollteich Argumente erst einmal anhören, ehe man darauf re-giert.
Greifen Sie im Bereich des Handwerks unseren Vor-chlag auf: Erkennen Sie neben der Gefahrenabwehr dieassive Ausbildungsleistung des Handwerks an und tre-
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Uwe Schummerten Sie für die Beibehaltung des Meisterbriefs für be-stimmte handwerkliche Berufsbereiche ein. So würdenwir gemeinsam einen Wettbewerb starten. Diese Berufs-bereiche könnten den Meisterbrief als Zugangsvoraus-setzung erhalten. Wir hätten dann einen Wettbewerb ummehr Ausbildungsplätze und würden das tun, was imSinne sozialer Marktwirtschaft richtig ist, nämlich denWettbewerb instrumentalisieren, um mehr betrieblicheAusbildungsplätze zu schaffen.Sorgen Sie dafür, dass das Handwerk auch weiterhin„Ausbildungsmeister“ bleiben kann. Dadurch sichernSie, dass auch zukünftig betrieblich und nicht in Warte-schleifen ausgebildet wird.
Das Wort hat jetzt der Kollege Bertl für die SPD-
Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es istschon ein trauriges Bild von Opposition, das Sie hier ab-geben:
Sie ergehen sich in Zahlenspielen und reklamieren denAbbau von so genannten bürokratischen Hemmnissen– natürlich mit Ausnahme der Handwerksordnungen –,aber das war es. Wir alle wissen: Denjenigen, die in die-sem Jahr die Schulen verlassen werden, ist nur dann ge-holfen, wenn diejenigen, die Ausbildungsstellen zur Ver-fügung stellen können, dies auch in ausreichender Zahltun.Es hilft nicht – das ist ein immer wiederkehrendesRitual –, wenn die Opposition hier einen ganzen Katalogvon abzubauenden Hemmnissen nennt. Glauben Sie imErnst, meine Damen und Herren, dass das Betriebsver-fassungsgesetz Ausbildung behindert? Glauben Siewirklich, dass die Zeit, die junge Menschen in den Be-rufsschulen verbringen, Ausbildung behindert? Sind Siewirklich davon überzeugt, dass die Ausbildungsvergü-tung ein wesentliches Hemmnis ist? Ist der Jugendar-beitsschutz das Problem? Ernsthaft glaubt das keiner.Bei dieser Position, die doch von einigen vertreten wird,entstehen für mich sehr viele Fragezeichen.Ich will von dieser Stelle aus zunächst einmal denje-nigen Anerkennung aussprechen, die im dualen Systemausbilden,
die sich für junge Menschen verantwortlich fühlen unddafür auch den Aufwand, den Ausbildung ausmacht, aufsich nehmen. Sie zeigen, dass sie an die Zukunft ihres ei-genen Unternehmens glauben und dass sie nicht auf dieKurzfristigkeit von Konjunkturzyklen schielen. Sie se-hen in gut ausgebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbei-tern eine Perspektive nicht nur für sich und ihr Unterneh-mDdSt3wiWiswUBSdvDgdnGtdpsmLssbbbgecazubvbaUgVdgthbu
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Nun erteile ich dem Kollegen Werner Lensing für die
CDU/CSU-Fraktion das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Herr Minister Clement, Sie sprachen vorhinwiederholt davon, dass wir Polemik bitte aus der Debatteheraushalten sollten. Für diesen Appell habe ich großesVerständnis.Das darf aber nicht dazu führen, dass wir es nicht alstraurig, unglaublich und auch unverantwortlich empfin-den, dass wir immer wieder betrachten müssen, wienicht zuletzt Ihre Regierung von den selbst verdrängtenProblemen überrascht wird. Während Sie sich nämlichbeispielsweise mit Minister Eichel und Frau Schmidtnoch immer um die Umverteilung nicht vorhandenerwirtschaftlicher Güter streiten, holt uns das Problem derfehlenden Ausbildungsplätze zum Ende eines Schuljah-res geradezu wie nach einem Ritual immer wieder ein.
Jedes Jahr gibt es die gleichen Rituale:AnadwndddgsfAksdflsAzdcmbutuAzisinDdc
usbildungsgipfel, Ausbildungsgarantien, Forderungenach Bündnissen, Werbekampagnen und neuerdingsuch Drohungen an diejenigen, die bisher die Hauptlaster Ausbildung getragen haben. Wer nicht ausbildet,ird mit staatlichen Sanktionen belegt. Basta! Wir nen-en das ein Sündenbock-Syndrom. Das ist kontrapro-uktiv.
Wir wiederholen unsere Kritik bezüglich der Ausbil-ungsabgabe nicht, weil wir Freude daran haben, son-ern weil wir leider erkennen müssen, dass diese Ab-abe unter anderem aus den Gründen, die wir ebenchon gehört haben, kein geeigneter Weg sein kann. Sieolgen bei dieser Philosophie der Sozialabgaben undusbildungsabgaben vor allen Dingen der sozialdemo-ratischen Irrlehre, dass Arbeit und Ausbildung kon-tante Größen in der Volkswirtschaft sind, die es alleinurch die Politik zu verteilen gilt. Genau das ist elendigalsch und kann nicht gelten.
Ich möchte das ganz konkret an einem Beispiel deut-ich machen: Die Abgabe, die man berechnen muss, ver-chlingt Aufkommen. Die Alternative, eine bestimmteusbildungsquote als Maßstab für die Abgabenerhebungu verwenden, verlangt einen bürokratischen Aufwand,er einen Großteil des Abgabenaufkommens beanspru-hen würde. Für sämtliche 2,45 Millionen Betriebeüssten wir nämlich die Sollstärke der Zahl der Auszu-ildenden errechnen, die Differenz zur Istgröße bildennd daraus eine Zahlungsverpflichtung berechnen.
Da die Industrie- und Handelskammern nicht über ak-elle Beschäftigungszahlen verfügen, wäre ohne diemtshilfe der Bundesanstalt für Arbeit eine Berechnungudem nicht möglich. Ohne eine gesetzliche Regelungt wiederum ein Datenabgleich nicht denkbar. Das kann einer zu belebenden Wirtschaft kein Rezept sein.
Ein Letztes zu diesem Bereich:
urch Zwang entstehen keine Ausbildungsplätze, son-ern noch mehr Arbeitslose, vor allen Dingen jugendli-he Arbeitslose.
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Werner LensingIch komme zu den Betrieben. Schon jetzt tragen dieBetriebe gewaltige Lasten. Laut Berufsbildungsberichtgaben diese im Jahre 2002 über 27 Milliarden Euro fürdie Berufsausbildung im dualen System aus. Das ist weitmehr, als Bund und Länder beispielsweise für Teilzeitbe-rufsschulen, für Berufsausbildungsbeihilfen oder fürSonderprogramme einbrachten.
Ich möchte auch Folgendes einmal sagen: Die Wirt-schaft lebt unter anderem davon, dass man bereit ist,Risikokapital zur Verfügung zu stellen. Gerade hier fehltes aber an allen Ecken und Enden, sodass selbst das Be-mühen um Hilfe – in diesem Fall die Einstellung vonLehrlingen – scheitern würde.Ich unterbreite gerne meinen Vorschlag. Es ist besser,all jenen, die einen Lehrling einstellen, einen Pauschal-betrag zur steuerlichen Entlastung anzubieten, anstattdiesen am Ende gar noch mit Zwangsabgaben zu drohen.
Das würde im Übrigen die Stimmung im Mittelstandganz eindeutig verbessern.Mein Fazit: Erstens. Ich bin davon überzeugt: Bevorwir uns – mit oder ohne Polemik – überhaupt Gedankenmachen, brauchen die kleinen und mittleren Unterneh-men zuallererst eine beschäftigungs- und ausbildungs-fördernde Steuer-, Finanz- und Wirtschaftspolitik. Zwei-tens. Wichtig ist die Abkehr von der Förderung nachdem Gießkannenprinzip. Notwendig ist vielmehr einezielgenaue Förderpolitik, die Investitionsaktivitäten an-regt.
Drittens. Wir brauchen schließlich neue und flexibel ein-setzbare Ausbildungsberufe, um neues Ausbildungspo-tenzial erschließen zu können.
Herr Kollege, bitte denken Sie an Ihre Redezeit.
Ich wollte meine Rede gerade mit einem Dank an die
Zuhörer beenden, Herr Präsident.
Eine so prompte und großzügige Reaktion ist selten
und verdient deswegen besondere Anerkennung.
Nun hat die Kollegin Karin Roth, SPD-Fraktion, das
Wort.
Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrtenDamen und Herren! Es ist in der Tat so, dass die Lageauf dem Ausbildungsmarkt sehr besorgniserregend ist.Die Diskussion darüber vermittelt aber leider nicht denEhthcGRpdlBudPudgsdOeZpdpDRwcsgrFUAgmsntnd1AomsgtSi
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Versuchen Sie vor Ort gemeinsam mit den Profis der Re-gionen die Lage zu verbessern.
Nun hat der Kollege Kretschmer für die CDU/CSU-
Fraktion das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Lehr-stellensituation ist deutschlandweit schon als dramatischzu bezeichnen. Ich frage mich, welches Attribut passt fürdie neuen Bundesländer.vdtfgkshoHldCddSwbaFwbUddpnpvNsbsAiht–skdezsv
ein, meine Damen und Herren, Sie müssen eine Wirt-chaftspolitik betreiben, die dafür sorgt, dass die Ar-eitslosigkeit sinkt und es zu einem Wirtschaftsauf-chwung kommt. Dann klappt es auch wieder mit derusbildung.Das JUMP-Programm – die Frau Bundesministerinst nicht da, aber Herr Matschie kann es ihr ausrichten –at versagt und JUMP plus ist eine 300 Millionen Euroeure Nebelkerze.
So ist es. Ich habe Ihnen letztes Mal auch deutlich ge-agt, wie es bei uns wirkt. Wir haben in unseren Wahl-reisen eine Reihe von Anhörungen durchgeführt. Alle,ie daran teilgenommen haben, haben festgestellt, dasss zwar Elemente der Eingliederung gebe, die zweifellosu begrüßen seien, dass aber das Programm insgesamtein Ziel verfehle. Dafür wird 1 Milliarde Euro pro Jahrerpulvert, die an anderen Stellen fehlt.
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Michael KretschmerIm Rahmen von JUMP plus sollen 350 Fallmanager100 000 Jugendliche, die zum Teil fünf Jahre ohne regel-mäßige Beschäftigung waren und die sich am sozialenRand bewegen, betreuen. Glauben die Ministerin unddas Ministerium tatsächlich, dass das funktionierenkann? Glauben Sie, dass 350 Mitarbeiter, die über181 Hauptämter der Bundesanstalt für Arbeit mit Dut-zenden von Geschäftsstellen verteilt sind, reichen, umdieses Ziel zu erreichen?
Wir glauben das nicht. Wir sind auch nicht der Meinung,dass wir unbedingt mehr Geld brauchen, um die vorhan-denen Probleme zu lösen. Wir brauchen vielmehr einevernünftige Wirtschaftspolitik und eine Bundesregie-rung, die sich intern einig ist.
Wenn Sie sich im Internet über die Ausbildungsinitia-tive 2003 informieren, dann stellen Sie fest, dass jederseine eigene Spielwiese eröffnet hat. Sei es das BMWAoder das BMBF – jeder macht mit; es werden Reisenquer durch das Land unternommen. Das ist ein furchtba-rer Zustand. So kann das Vorhaben nicht funktionieren.Es kommt noch etwas hinzu: Wir haben im letztenHerbst und Winter deutlich zum Ausdruck gebracht,dass das Ausbildungsprogramm Ost in Anbetracht derSituation erweitert werden muss. Es war seinerzeit völligklar, wie sich die Situation im März bzw. in diesem Junidarstellen würde. Sie haben unsere Forderung abgelehntund darauf hingewiesen, dass es bei 12 000 gefördertenLehrstellen bleibt. Erst vor wenigen Wochen sind Sieeingeknickt.Ich erinnere Sie an das Beispiel Geringverdiener-grenze. In der Antwort des Wirtschaftsministeriums aufunsere Anfrage hieß es, es gebe kein Problem damit; esgebe kaum Auszubildende in dem Bereich zwischen325 und 400 Euro. Mittlerweile ist festzustellen, dass dieAnhebung der Geringverdienergrenze allein in Sachseneine Mehrbelastung in Höhe von 10 Millionen Euro proJahr zur Folge hat.Noch am 26. März war das Wirtschaftsministeriumder Meinung, es gebe kein Problem und es bestehe keinHandlungsbedarf. Heute hat Staatssekretär Matschie imAusschuss angekündigt, dass die Maßnahme zum1. September zurückgenommen wird. Ich frage Sie: wa-rum nicht gleich? Was ist mit dem Zeitraum zwischendem 1. April und dem 1. September, in dem die Gering-verdienergrenze noch gilt? Was ist mit dem finanziellenMehraufwand, der damit verbunden ist?
Was ist das für eine Politik, die bei einem Lehrstellen-mangel weitere Belastungen schafft und damit dieChance auf Ausbildung noch weiter reduziert?Wir befinden uns in einer schlimmen Zeit. Sie aberversuchen, die Probleme, die Sie mit Ihrer Wirtschafts-politik selbst verursacht haben, auf anderem Wege zu lö-sen. Das wird aber nicht funktionieren. Es wird vielmehrdie Probleme noch vergrößern. Hören Sie damit auf undkglFgAggsvazdhbscmrCDdgJddJhsddPHdbDtdns1uuuw
Dennoch wurden die grundlegenden Probleme dieseser Ausbildung vorgelagerten Bildungsbereichs bishericht bewältigt. Zum einen sind die Defizite im schuli-chen System zu nennen: Inzwischen verlassen rund0 Prozent der Jugendlichen die Schule ohne Abschluss,nd dies mit wachsender Tendenz. Zum anderen warennd sind die berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmennzureichend und ungesichert finanziert. Eine Patch-orkfinanzierung aus Mitteln der Arbeitsverwaltung,
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Ernst Küchlerder Länder, der Kommunen und der EU mit kurzenLaufzeiten ermöglicht keine verlässliche und dauerhaftePlanung und keine hinreichende Professionalität. Diesschlägt auf die Qualität dieser Maßnahmen durch. VieleBeschäftigte bei den zahlreichen Trägern, die sich mitviel Kreativität und hohem Engagement der Jugendli-chen angenommen haben, arbeiten selbst in ungesicher-ten und befristeten Beschäftigungsverhältnissen. Siesind sozusagen selbst Teil dieses fragilen Systems derBeschäftigungsförderung.In diesem Jahr hat sich – auch angesichts der Ge-schäftspolitik der Bundesanstalt für Arbeit – die Situa-tion für die Träger und für die Jugendlichen noch einmalverschärft. Nur dank zahlreicher Initiativen seitens derTräger und der Politik ist es inzwischen gelungen, zu-mindest die Zahl der Plätze in diesen Maßnahmen zu si-chern. Das wird jedoch nicht ausreichen.Um nicht missverstanden zu werden: Ich wende michnicht gegen eine kritische Überprüfung der Qualität undder Effektivität solcher Maßnahmen. Der Aufwand mussin einem vernünftigen Verhältnis zum Ertrag, also zumEingliederungserfolg, stehen. Aber verzichten könnenwir auf diese Bildungsmaßnahmen nicht.
Im Gegenteil, wir werden sie ausweiten und auf eine ge-sicherte Grundlage stellen müssen. Nur so kann das För-dern und Fordern gleichermaßen gelingen; die Jugendli-chen können nur dann gefordert werden, wenn wir ihneneine echte Chance geben.Der Presse war zu entnehmen, dass nahezu 150 Kolle-ginnen und Kollegen aus diesem Hause in den letztenMonaten auf Einladung zahlreicher Träger die entspre-chenden Einrichtungen besucht haben. Sie werden wieauch ich festgestellt haben, dass die Jugendlichen durch-aus bereit und in der Lage sind, ihren Verpflichtungennachzukommen. Sie wollen eine Ausbildung und sindbereit, selbst etwas zu tun, um die Voraussetzungen da-für zu erfüllen. Geben wir diesen Jugendlichen eineChance, geben wir ihnen eine Perspektive! Wir müssenverlässliche Brücken zum ersten Ausbildungsmarktschlagen.Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Nun freuen wir uns auf die abschließenden, zusam-
menfassenden Zwischenrufe des Kollegen Tauss.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Ich werde mich bemühen, viele neueAspekte einzubringen und keine Zwischenrufe zu wie-derholen.Meine Damen und Herren! Jede bzw. jeder einzelneJugendliche, die oder der keinen Ausbildungsplatz be-klpemßAkuMbHZwd–eiKhsesnzBÜnslAdpwAdGItdddwd
Hier geht es konkret um Ausbildungsplätze und nichtm oppositionelles Gemosere. Hier geht es um jungeenschen, aber natürlich auch um das künftige Bild voneruflicher Bildung. Ich bin einmal gespannt, wie sicherr Müllermeister Glos, der uns leider seit geraumereit nicht mehr beehrt, in Bayern verhalten wird, wennir über die Frage der Durchlässigkeit beruflicher Bil-ung und über die Aufwertung des Meisters reden.
Frau Wöhrl, ich bin gespannt, wie sich das Land Bay-rn dann verhalten wird. Bisher hat es in diesem Bereichmmer blockiert.Ich halte es für relativ merkwürdig, lieber Kollegeretschmer und andere, dass Sie es als nahezu normalinnehmen, dass sich die Betriebe in Zeiten einerchwierigen Konjunktur Ausbildungszurückhaltung auf-rlegen.
Nein, diese Normalität sehen wir nicht; das ist kurz-ichtig. Es sollte doch selbstverständlich sein, auch in ei-er schwierigen konjunkturellen Situation darüber nach-udenken, wie man Zukunftssicherung betreiben kann.etriebe, die aufgrund kurzfristiger konjunkturellerberlegungen nicht ausbilden, handeln im Grunde ge-ommen gegen ihre eigenen Interessen. Diese Betriebeollen ja keine sozialen Großtaten vollbringen, sondernediglich einen eigenen Beitrag für ihre Zukunft leisten.ber das wird von Ihnen ignoriert.
Das gilt erst recht für die neuen Bundesländer. Dennort gibt es einen Teufelskreis: Weniger Ausbildungs-lätze führen zur Abwanderung junger Menschen, wasiederum zur Schwächung ganzer Regionen beiträgt.us diesem Grunde ist es noch kurzsichtiger, wenn manie Zukunftschancen nicht nutzt. Aus dem gleichenrund bleibt eine staatliche Förderung unverzichtbar.ch bitte Sie, die staatliche Förderung nicht zu diskredi-ieren, sondern mit uns gemeinsam dafür zu sorgen, dassiese Förderung auch in den neuen Bundesländern wie-er reduziert werden kann. Dafür ist es aber notwendig,ass auch die Betriebe in den neuen Bundesländern nichtarten, bis Geld von uns kommt, um die Wirtschaft iniesem Bereich zu unterstützen.
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(C)
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Jörg TaussWer nicht ausbildet, der sägt an dem Ast, auf dem erals Unternehmer sitzt. Herr Rogowski hat völlig Recht,wenn er sagt – ich hätte dieses Wort nie in den Mundgenommen –: Die Betriebe, die nicht ausbilden, verhal-ten sich parasitär. Das ist ein deutliches Wort.
Das – und keine Sonthofen-Strategie – hätte ich mir auchvon Ihnen gewünscht. Nach den Ausführungen, die Sieheute gemacht haben, hat man fast den Eindruck, dassSie sich im Grunde genommen noch freuen, wenn dieZahl der Ausbildungsplätze zurückgeht.Ich möchte Ihnen eine kleine Geschichte aus meinemWahlkreis erzählen, hoffentlich, Herr Präsident, ohne je-manden zu langweilen. In dertrieb, der als Garagenfirma ge25-jähriges Jubiläum gefeiertWeltmarktführer mit internatiund mit vielen Beschäftigtenrede anlässlich des 25-jährigeSeniorchef ausgeführt, er habder neuen Lehrwerkstatt einenfüllt. Danach gab es ein zw450 Menschen die neue Lehrwfeiert haben. Ich wünsche mir,Unternehmers – und nicht IhreNicht Jammern, sondern gemeinsames Handeln fürdie jungen Menschen ist in diesen Zeiten erforderlich.Wie das geht, macht die Bundesregierung mit Clementvor. Sie sollten das Mosern lassen und stattdessen mit-machen. Das ist die bessere Alternative für die Jugend indiesem Land. Ich sage Ihnen: Jeder Einzelne ohne Chan-cen ist einer zu viel. Sie sollten nicht versuchen, die mo-mentane Lage parteipolitisch zu missbrauchen. Sie soll-ten vielmehr im Geiste des von mir angesprochenenUnternehmers bei der Bewältigung der Probleme mithel-fen.Ich bedanke mich.Herr Präsident, ich habe meine Redezeit nicht über-schritten.
Lammert:stätige diese Vermutung zufrieden mit Ihnen wieit)llen Stunde und damit zu-igen Tagesordnung.ung des Deutschen Bun-der Unternehmerklientel durchsetzt, die Sie verteidigen,wenn sie nicht ausbildet.
d9Berichtig51. Sitzung, Seite 4246
, Horst (SPD)“ is
“ zu lesen.
(Destages auf morgen, Donnerstag, den 26. Juni 2003,Uhr, ein.Die Sitzung ist geschlossen.