Gesamtes Protokol
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 67. Sitzung des Deutschen Bundestags gemäß der am Freitag abend ergangenen telegraphischen Einladung.
Ich bitte zunächst den Schriftführer Herrn Abgeordneten Karpf, die Liste der abwesenden Mitglieder des Hauses verlesen zu wollen.
In der heutigen Sitzung fehlen folgende Damen und Herren des Hauses: Wegen Erkrankung Bundeskanzler Dr. Adenauer, Frau Dr. Gröwel, Bettgenhäuser, Dr. Gülich, Frau Albrecht, Mißmahl, Loritz, Weickert, Wittmann; entschuldigt die Abgeordneten Struve, Freitag, Görlinger, Wagner, Ewers, Kuhlemann, Dr. Vogel, Donhauser.
Herr Abgeordneter Hugo Paul fehlt außerdem entschuldigt.
Meine Damen und Herren! Ehe wir in die Tagesordnung eintreten, habe ich Ihnen ein Schreiben vorzulesen, das mir der Herr Bundeskanzler gestern nachmittag hat zugehen lassen und das folgenden Wortlaut hat:
Wie ich Ihnen bereits vor einigen Tagen mitteilen ließ, war ich an einer Lungenentzündung erkrankt. Die Krankheit ist vorbei. Meine Ärzte haben mir aber, im Hinblick auf die Gefahr eines Rückfalls bei zu vorzeitiger Aufnahme meiner Arbeit, verboten, in dieser Woche sowohl an den Verhandlungen des Landtags Nordrhein-Westfalen, bei denen sehr entscheidende Abstimmungen stattfinden, als auch an den Sitzungen des Bundestages teilzunehmen.
Ich wäre deshalb dankbar, wenn die Beratung des Gesetzentwurfs betreffs Beitritt der Bundesrepublik zum Europarat, der auf der Tagesordnung der morgigen Sitzung steht, auf nächste Woche verschoben würde. Ich lege begreiflicherweise Wert darauf, den Gesetzentwurf selbst zu vertreten. In der Sache liegen keine Momente, die gegen eine Verschiebung auf nächste Woche sprechen.
Ich bitte, das Hohe Haus hiervon in Kenntnis zu setzen.
Herr Abgeordneter von Brentano zur Geschäftsordnung!
Meine Damen und Herren! Im Namen meiner Fraktion und gleichzeitig im Namen der Fraktionen der Freien Demokratischen Partei und der Deutschen Partei bitte ich, den heute auf der Tagesordnung stehenden Punkt abzusetzen.
Der Ältestenrat hat sich am Donnerstag der letzten Woche bereits mit der durch die Erkrankung des Herrn Bundeskanzlers geschaffenen Lage beschäftigt, und es wurde an diesem Tage grundsätzliche Übereinstimmung dahin erzielt, daß die Beratung dieses Punktes mit Rücksicht auf diese Erkrankung für die nächste Woche vorgesehen wurde. Inzwischen hat auf Antrag der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei der Bundestagspräsident den Bundestag auf heute einberufen.
Nach Art. 65 des Grundgesetzes bestimmt der Bundeskanzler die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung. Wenn eine Frage für die gesamte politische Entwicklung unseres Vaterlandes wirklich von entscheidender Bedeutung ist, dann ist es die Frage, die heute auf der Tagesordnung steht. Ich glaube, daß es auch ein Gebot der Loyalität und der Fairneß ist — und ich richte diesen Appell auch an die Damen und Herren der Fraktion der SPD —, daß man dem Bundeskanzler die Möglichkeit gibt, eine solche Vorlage persönlich einzubringen und zu vertreten. Ich glaube, daß diese Rücksichtnahme auf die Person des Bundeskanzlers um so mehr angebracht ist, als ja, wie wir wissen, in diesem Hohen Hause über diese Frage grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten bestehen, die nur in einer ernsten Aussprache, an der der Bundeskanzler teilnehmen will und teilnehmen muß, geklärt werden können.
Ich halte es deswegen für unmöglich, am heutigen Tage über diese Frage überhaupt zu diskutieren, und ich bitte das Hohe Haus, dem Antrag, den ich stelle, den Punkt von der Tagesordnung abzusetzen, zuzustimmen.
Meine Damen und Herren, Sie haben den Antrag des Herrn Abgeordneten von Brentano gehört, den Punkt von der heutigen Tagesordnung abzusetzen.
Das Wort dazu hat Herr Abgeordneter Mellies.
Meine Damen und Herren! Bereits vor Pfingsten war im Ältestenrat eine Vereinbarung über die Tagungen bis zum 18. Juni getroffen worden, und zwar war man sich darüber einig, daß angesichts des Wahlkampfes in Nordrhein-Westfalen vom 8. Juni ab Plenarsitzungen dieses Hauses nicht stattfinden sollen. Als dann die Erkrankung des Herrn Bundeskanzlers bekannt wurde, hat in der vorigen Woche im Ältestenrat eine Besprechung über einen eventuellen neuen Termin stattgefunden. Ich möchte aber hier noch einmal ausdrücklich feststellen, daß bei dieser Besprechung ein Termin auf die kommende Woche nicht fest vereinbart worden ist, sondern daß man bei den Überlegungen nur davon ausgegangen ist, daß vielleicht an diesen Tagen die Plenarsitzungen stattfinden könnten.
Die sozialdemokratische Fraktion hat am vergangenen Freitag im Ältestenrat drei Gründe angeführt, die eine Tagung in der nächsten Woche als nicht möglich erscheinen lassen. Wir haben darauf hingewiesen, daß die Abgeordneten aus Nordrhein-Westfalen, aber auch eine Reihe anderer Kolleginnen und Kollegen aus diesem Hause angesichts der Abmachungen, die vor Pfingsten getroffen waren, bereits ihre festen Dispositionen für den Einsatz im Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen haben. Es scheint uns nicht gut möglich, daß in der nächsten Woche etwa drei Plenarsitzungen stattfinden und die Abgeordneten dann gleichzeitig noch an den Abenden ihren Verpflichtungen hinsichtlich der Wahlversammlungen im Lande Nordrhein-Westfalen nachkommen; das wird physisch nicht gut erträglich sein.
Wir hatten weiter darauf hingewiesen — und ich glaube, das Hohe Haus sollte auch diesen Punkt beachten —, daß es nicht zweckmäßig ist, wenn die Erörterung dieses Themas in der Hitze des Wahlkampfes stattfindet; denn schließlich, meine Damen und Herren, liegt Bonn im Lande Nordrhein-Westfalen, und es wird nicht zu vermeiden sein, daß die Wogen des Wahlkampfes, die in der letzten Woche dieses Wahlkampfes sehr hoch gehen werden, sich auch bei der Debatte hier im Hause bemerkbar machen. Wir glauben nicht, daß es angesichts der Bedeutung der Angelegenheit, Herr von Brentano, zweckmäßig ist, die Debatte hier zu einem solchen Termin stattfinden zu lassen.
Drittens haben wir darauf hingewiesen, daß einige Mitglieder der sozialdemokratischen Fraktion in der kommenden Woche an der Internationalen Sozialistischen Konferenz in London teilnehmen müssen. In dieser Konferenz wird über den Schuman-Plan gesprochen; und Sie werden mir zugeben, daß das eine Angelegenheit von sehr großer Bedeutung ist.
Es ist sonst in den Parlamenten immer üblich gewesen, daß auf die Wünsche großer Fraktionen bei der Festsetzung der Tagungen Rücksicht genommen wurde. Und wenn die Meinungen auseinandergingen — —
— Ich komme gleich noch auf den Kanzler zurück; seien Sie unbesorgt! Sie werden uns nicht vorwerfen können, daß wir auf den Herrn Kanzler keine Rücksicht nehmen!
Wenn eine Einigung in einem solchen Falle nicht zu erzielen ist, ist es üblich, einen Ausweg zu suchen, mit dem sich alle einverstanden erklären können. Und wenn jetzt eben der Zwischenruf gemacht worden ist, es müsse auch auf den Kanzler Rücksicht genommen werden, so haben wir die Fairneß walten lassen, von der Herr von Brentano eben gesprochen hat. Wir haben gesagt: wir werden damit einverstanden sein, daß dann die Debatte hier in diesem Hohen Hause am 20. Juni stattfindet. Wenn der Herr Bundeskanzler in der nächsten Woche zugegen sein kann, dann wird er sicher auch am 20. zugegen sein können.
Meine Damen und Herren! Es sind uns keine Gründe mitgeteilt worden, Gründe durchschlagender Art, die eine Debatte am 20. und an den folgenden Tagen unmöglich erscheinen lassen. Das, was uns hinsichtlich der Notwendigkeit der Debatte in der kommenden Woche gesagt worden ist, waren nichts als gewisse vage Andeutungen. Ich möchte an dieser Stelle auch einmal sagen: ich glaube, es ist nicht gut, wenn man in einem solchen Falle dann nicht ganz offen sagt, welche Gründe nun wirklich vorhanden sind, damit eine solche Tagung stattfinden muß.
Wir werden auch heute den Vorschlag vertreten, daß die Tagung am 20. stattfinden kann, und dann kann ja der Herr Bundeskanzler zugegen sein.
Meine Damen und Herren! Es ist mir heute morgen der Wunsch überbracht worden, ich möchte in meinen Ausführungen hier nicht zu scharf sein. Ich glaube, Sie werden mir bestätigen können, daß ich nicht zu scharf gewesen bin.
Ich muß aber am Schluß doch darauf hinweisen, daß eine besondere Note durch die Bemerkung in der Pressekonferenz der CDU in die Auseinandersetzung hineingetragen worden ist, daß diese Tagung heute 30 000 Mark kosten würde.
Zunächst einmal, meine Damen und Herren, ist diese Behauptung sachlich völlig unrichtig;
denn es tagten heute, wenn ich es recht im Kopfe habe, nicht weniger als 17 Ausschüsse. Das bedeutet, daß zwei Drittel der Abgeordneten dieses Hohen Hauses ohnehin hier anwesend sein mußten.
Ich glaube aber, es ist auch nicht gut, wenn man die Auseinandersetzung wichtiger politischer Angelegenheiten mit einem solchen Argument bekämpft,
wobei wir außerdem noch der Auffassung sind, daß diejenigen, die damals so begeistert dafür eingetreten sind, daß Bonn Bundeshauptstadt wurde — mit all den anschließenden Kosten —, nicht sehr viel moralische Berechtigung haben, darüber zu sprechen, wenn einmal 30 000 Mark erforderlich sind.
Wir bitten das Hohe Haus aus den sachlichen Gründen, die wir eben vorgetragen haben, dem Antrag des Herrn von Brentano nicht stattzugeben. Ich betone noch einmal: wir sind durchaus bereit, dem Herrn Bundeskanzler die Loyalität und Fairneß zu erweisen, auf die hier hingewiesen worden ist. Wir könnenden Termin auf den 20. Juni festsetzen. Besteht ein wirklich sachlicher Grund dagegen, daß dieser Termin genommen wird, dann, meine Damen und Herren, wird man sich schließlich daran erinnern müssen, daß die Bundesregierung ja einen Vizekanzler hat, daß also der Herr Bundeskanzler nicht nur durch den rangältesten oder dienstältesten Minister vertreten wird, sondern daß hier ausgesprochen der Vizekanzler in der Bundesregierung
sitzt, der in solchen Fällen die Aufgabe hätte, an Stelle des Bundeskanzlers hier zu sprechen. Es würde also keine Notwendigkeit bestehen, die Beratung des Gegenstandes heute abzusetzen.
Wir bitten deshalb das Hohe Haus, unserm Vorschlage zuzustimmen und heute in die sachliche Debatte einzutreten.
Ich schließe die Aussprache über den Antrag des Herrn Abgeordneten von Brentano zur Geschäftsordnung.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer für den Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. von Brentano ist, den bitte ich aufzustehen. — Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. — Bitte, Herr Dr. Schumacher, bleiben Sie sitzen! — Meine Damen und Herren! Das erste war die Mehrheit. Damit ist der Antrag des Herrn Abgeordneten von Brentano, den heutigen Punkt von der Tagesordnung abzusetzen, angenommen.
— Herr Abgeordneter Dr. von Brentano!
Meine Damen und Herren! Ebenfalls namens meiner Fraktion und der Fraktionen der Freien Demokratischen Partei und der Deutschen Partei beantrage ich nunmehr, diese Sitzung so, wie dies auch am vergangenen Donnerstag von uns bereits beantragt worden war, auch mit der gleichen Tagesordnung, auf den 13. Juni anzuberaumen.
Meine Damen und Herren, hören wir uns das doch in Ruhe an!
Ich möchte gleich auf die Ausführungen des Herrn Kollegen Mellies eingehen.
Die Tatsache, daß in der nächsten Woche ein Wahlkampf ist, ist uns — das werden Sie verstehen — ebenso bekannt wie Ihnen;
denn unsere Abgeordneten sind ja in diesem Wahlkampf auch in Anspruch genommen.
— Warum wir es leichter haben sollen, Herr Kollege Schmid, weiß ich nicht. Aber ich hoffe, daß die Wahlentscheidung Ihnen recht geben wird.
Meine Damen und Herren! Eine Begründung, diesen Tagesordnungspunkt auf den 20. Juni zu legen, habe ich aus den Ausführungen des Herrn Kollegen Mellies nicht entnehmen können. Die eine Frage — und über diese sollte man vielleicht diskutieren — ist die, wer im Hohen Hause Wert darauf legt, zu Europa ja oder nein zu sagen vor der Wahlentscheidung oder nach der Wahlentscheidung in Nordrhein-Westfalen.
Wir sind bereit, zu der Vorlage des Kanzlers schon vor den Wahlen in Nordrhein-Westfalen Stellung zu nehmen.
Ich muß sagen, die mir in diesem Zusammenhang wirklich nicht erklärliche Erregung, meine Damen und Herren von der SPD, scheint mir doch dafür zu sprechen, daß Sie irgendwelche Gründe haben dürften, diese Entscheidung erst nach dem 18. Juni herbeizuführen.
Meine Damen und Herren! Ich bitte doch, auf allen Seiten des Hauses Ruhe zu bewahren.
— Meine Damen und Herren! Ich appelliere an das gesamte Haus, sich die Ausführungen aller Redner in Ruhe anzuhören. Es hat jeder das Recht, seine Argumente hier anzuführen. Das gilt für rechts wie für links.
Meine Damen und Herren! Dem, was ich gesagt habe, habe ich nur noch eines hinzuzufügen. Herr Dr. Schumacher hat eben mit dem Zwischenruf geantwortet: „Sie wissen, daß der Herr Bundeskanzler am 13. auch krank sein wird!" Ich weiß nicht, Herr Dr. Schumacher, was Sie zu dieser Unterstellung berechtigt.
Ich kann Ihnen folgendes sagen. Ich war gestern abend beim Herrn Bundeskanzler und habe mit ihm ausgemacht, daß er am 13. hier seine Vorlage vertreten wird. Ich hoffe, daß Ihnen das genügt.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Mellies.
Meine Damen und Herren! Zu den letzten Bemerkungen empfehle ich Herrn von Brentano nur in aller Ruhe und Sachlichkeit, sich einmal das Kommuniqué der heutigen Pressekonferenz anzusehen. Dann werden Sie wissen, weshalb wir der Meinung sind, daß der Herr Bundeskanzler auch nächste Woche nicht hier zugegen sein wird.
meine Damen und Herren von der CDU, wenn Sie schon einmal Wert darauf legen, daß man sich mit diesen Auseinandersetzungen befaßt, dann müssen Sie uns einmal schließlich auch klar und deutlich sagen, welcher sachliche Grund dafür vorliegt, daß unbedingt in der nächsten Woche die Debatte steigen muß. Bisher haben wir von Ihnen noch nichts darüber gehört.
Meine Damen und Herren! Es liegen zwei Anträge vor: der eine Antrag von Herrn Dr. von Brentano, die nächste Sitzung auf den 13. Juni mit der gleichen Tagesordnung einzuberufen; der zweite Antrag von Herrn Abgeordneten Mellies, die nächste Sitzung auf den 20. Juni einzuberufen.
— Zur Abstimmung bitte, Herr Abgeordneter Renner. — Ich bin übrigens noch nicht in der Abstimmung, Herr Abgeordneter Renner!
— Seien Sie unbesorgt!
Meine Damen und Herren! Ich habe weiter bekanntzugeben, daß hier folgender Antrag der Fraktion des Zentrums zu dem gleichen Thema vorliegt:
Die Verhandlung über den Entwurf eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Europarat wird bis auf weiteres vertagt, und zwar auf einen Zeitpunkt, in welchem die allgemeine politische Lage in Europa, insbesondere hinsichtlich einer Stärkung der deutschen Stellung, mehr geklärt ist.
Wollen die Herren Antragsteller den Antrag zur Geschäftsordnung begründen? — Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Reismann!
Der Grund für unsern Antrag ist doch eigentlich naheliegend, meine sehr verehrten Damen und Herren. Man kann im ganzen Hause feststellen, daß die Herzen aller Abgeordneten einem vereinigten Europa zustreben; und wenn im Augenblick Meinungsverschiedenheiten darüber vorhanden sind, so beruht das doch nur auf der Ungunst der Zeit. Wenn man gerade jetzt in diesem Augenblick eine Abstimmung herbeiführt, die zu einer Uneinigkeit im Hause führt, so ist das so ungeeignet, so inopportun wie nur möglich. Deswegen soll man eben warten, bis sich die Verhältnisse geklärt haben. Das ist der Grund.
Der Herr Abgeordnete Reismann hat das Wort!
Wann das ist? Das wird das Haus zu beurteilen haben, wenn sich die Verhältnisse einigermaßen geklärt haben. Die Dinge liegen in ganz Europa so, daß wir von Tag zu Tag und von Woche zu Woche einer Einigung von selber entgegenwachsen. Den ungeeignetsten Zeitpunkt — jetzt — dazu auszusuchen, halten wir eben für sehr ungeschickt.
Im übrigen ist aber auf folgendes hinzuweisen. Wenn Sie eben fragten — weswegen die SPD, das kann ich nicht sagen —, weswegen aber wir jedenfalls bis nach den Wahlen warten wollen, so kann ich nur erwidern: wir sind bereit, heute zu dem Thema zu sprechen,
und wir wünschen sogar, heute zu dem Thema zu sprechen. Aber das wollen Sie ja nicht!
— Das wollen Sie ja nicht! Uns über die Angelegenheit sachlich auseinanderzusetzen, sind wir jederzeit bereit. Wir schlagen allerdings vor, die Verabschiedung des Gesetzes auf einen geeigneteren Zeitpunkt hinauszuschieben. Aber die Debatte über das Gesetz scheuen wir keineswegs; wir wünschen sie sogar.
Meine Damen und Herren, damit schließe ich die geschäftsordnungsmäßige Aussprache über die drei vorliegenden Anträge. Der weitestgehende Antrag ist der, den der Herr Abgeordnete Reismann vorgetragen hat. Wer für den Antrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben.
— Ich bin bereits in der Abstimmung.
— Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letzte war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
— Wünschen Sie noch das Wort zur Abstimmung?
— Herr Abgeordneter Renner, ich muß Sie allerdings darauf aufmerksam machen, daß ich bereits mitten in der Abstimmung bin.
— Nein, Herr Abgeordneter, ich gebe Ihnen nicht —
— Also schön, lassen wir ihn zur Abstimmung sprechen! Wir haben noch zwei Abstimmungen.
Meine Damen und Herren! Die Vorgänge, die sich heute hier abgespielt haben, beweisen jedem Einsichtigen, daß es hier um etwas mehr als um eine Abstimmung geht. Es geht hier um eine Lebensfrage unseres Volkes. Und die Frage steht hier einfach so: — —
— Warum bestehen Sie, meine Damen und Herren von der CDU/CSU darauf, — —Präsident Dr. Köhler: Herr Abgeordneter Renner, das ist nicht zur Abstimmung!
Doch!
Nein, zur Abstimmung gehört lediglich, daß Sie einen irgendwie gearteten Vorschlag zur Abstimmung machen.
Sie sprechen aber zur Sache. Es tut mir leid, dann kann ich Ihnen das Wort nicht mehr länger gestatten.
Ich mache einen Vorschlag zur Abstimmung.
Also bitte, machen Sie diesen Vorschlag; aber sprechen Sie nicht zur Sache!
Ich mache einen Vorschlag. Sie müssen mich aber bitte in Ruhe ausreden lassen. Sie können ja gar nicht wissen, was ich vorhabe.
Ich bin doch ganz ruhig.
Herr Präsident! Wenn Sie von Ihren Freunden beauftragt sind, eine Aussprache zu verhindern, dann — —
Herr Abgeordneter Renner, ich rufe Sie zur Ordnung. Das ist das erstemal in diesem Hause, —
Nein, das stimmt auch nicht!
— daß einem Präsidenten eine Unterstellung gemacht wird. Wenn Sie das noch einmal wiederholen, entziehe ich Ihnen das Wort.
Ich stelle hier rein sachlich fest, daß ich mich hier ordnungsgemäß zum Wort gemeldet habe. Ich stelle hier wahrheitsgemäß fest, daß der Herr Präsident versucht hat, mich daran zu hindern.
Das stelle ich hier fest.
Und nun zur Abstimmung. Worum geht es hier? Es geht hier um folgendes.
Die Herren von der CDU mögen uns doch einmal sagen,
welche Gründe sie dazu bewegen,
die Abstimmung in die letzten Stunden vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen zu verlegen. Was meint der Herr Kollege Mellies mit den „vagen Andeutunggen"? Was meint er damit? Er meint folgendes damit - ich spreche das aus —:
daß Sie damit rechnen, daß dem Herrn Adenauer in den letzten Stunden vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen noch Konzessionen, Scheinkonzessionen gemacht werden, —
Herr Abgeordneter, — —
— die seine Position gegenüber dem Volk erleichtern sollen.
Herr Abgeordneter Renner, — —
Darum wollen Sie, daß in der letzten Minute vor der Wahl
das Volk über den wahren Charakter der AdenauerRegierung hinweggetäuscht wird!
Herr Abgeordneter Renner, Sie sprechen nicht mehr zur Abstimmung; sie sprechen zur Sache. Ich entziehe Ihnen das Wort.
Ich spreche zur Sache, über die Wahrheit. Hier geht es um ein übles Wahlmanöver und um nichts mehr als das.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wir fahren in der Abstimmung fort. Der zweite Antrag, der Antrag des Herrn Abgeordneten Mellies, geht dahin, die nächste Sitzung mit derselben Tagesordnung wie heute auf den 20. Juni 1950 einzuberufen. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letzte ist die Mehrheit; damit ist dieser Antrag abgelehnt.
Wir kommen urinmehr zu dem Antrag des Herrn Abgeordneten von Brentano, die nächste Sitzung auf den 13. Juni 1950 mit der gleichen Tagesordnung einzuberufen.
— Die letzte Abstimmung?
— Die Abstimmung wird angezweifelt.
— Stimmt das Präsidium überein? Sind Sie der Meinung, daß die Abstimmung richtig war oder daß
sie anzuzweifeln ist? — Se ist anzuzweifeln.
Wir schreiten also zum Hammelsprung.
Ich bitte diejenigen, die für den Antrag des Abgeordneten Mellies, die nächste Sitzung des Bundestags mit der heutigen Tagesordnung auf den 20. Juni 1950 einzuberufen, sind, sich nach Verlassen des Saals durch die rechte Tür wieder in den Saal zu begeben, diejenigen, die gegen diesen Antrag sind, durch die linke Tür, und diejenigen, die sich der Stimme enthalten, durch die mittlere Tür. Ich bitte, daß sich an jeder Tür zwei Schriftführer aufstellen.
Wir beginnen mit der Abstimmung. Ich bitte, die Türen wieder zu öffnen.
— Ich bitte, die Türen zu schließen. — Nachdem die Türen geschlossen sind, ist die Zählung dort beendet. Der Sitzungsvorstand stimmt noch ab.
Meine Damen und Herren, ich darf das Abstimmungsergebnis bekanntgeben: für den Antrag — Einberufung des Bundestages auf den 20. Juni — haben 150 Abgeordnete, dagegen 212 Abgeordnete gestimmt. 9 Abgeordnete haben sich der Stimme enthalten.
Wir kommen damit zur Abstimmung über den nächsten Antrag. Herr Abgeordneter Dr. von Brentano hat beantragt, die nächste Sitzung des Bundestages mit der gleichen Tagesordnung auf den
13. Juni einzuberufen. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Danke! Ich bitte um die Gegenprobe.
— Ich darf feststellen: das erste war die Mehrheit.
Ich berufe infolgedessen die nächste Sitzung des Bundestages auf Dienstag, den 13. Juni, ein.
Meine Damen und Herren, ich bitte, noch eine Weile Platz zu behalten; ich habe eine Reihe von amtlichen Mitteilungen zu machen.
— Ich möchte bitten, daß wir uns darüber nachher noch im Ältestenrat unterhalten und dann diese Frage entscheiden. Findet das allgemeine Zustimmung? — Ich höre keinen Widerspruch.
Die Herren Vorsitzenden folgender Ausschüsse bitten mich, mitzuteilen: Sitzung des Ernährungsausschusses morgen früh 9 Uhr; Sitzung des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen Mittwoch, den 7. Juni, 9.30 Uhr, Zimmer 10; Sitzung des Unterausschusses Kunst eine halbe Stunde nach Schluß der Plenarsitzung im Roten Salon. — Herr Kollege Hennig, ich darf Sie nur darauf aufmerksam machen: den Roten Salon wird gleich der Ältestenrat in Anspruch nehmen. Vielleicht begeben Sie sich in einen der anderen zahlreichen Salons.
— Ferner: Rechtsausschuß eine Stunde nach Beendigung der Sitzung in Zimmer 106; Ausschuß für Sozialpolitik Mittwoch, den 7. Juni 1950, vormittags 9 Uhr; Berlin-Auschuß gleich im Anschluß ans Plenum, Zimmer 12; Ausschuß für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten morgen früh 9.30 Uhr. Mitgliederversammlung der Deutschen Gruppe der Europäischen Parlamentarischen Union um 16 Uhr — das ist also gleich anschließend — im großen Sitzungssaal der CDU/CSU. Ferner bitte ich von mir aus die Damen und Herren des Ältestenrates, sich — es ist jetzt kurz vor 4 Uhr — um 4.15 Uhr zu einer kurzen geschäftsmäßigen Sitzung im Roten Salon einfinden zu wollen.
Noch weitere Verkündungswünsche? — Geschäftsordnungsausschuß morgen 14 Uhr, Verkehrsausschuß morgen vormittag 9 Uhr. Die Sitzung des Beamtenrechtsausschusses findet nicht statt.
Meine Damen und Herren, ich schließe hiermit die 67. Sitzung des Deutschen Bundestages.