Rede:
ID0106700400

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Metadaten
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag. — 67. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Juni 1950 2451 67. Sitzung Bonn, Dienstag, den 6. Juni 1950. Geschäftliche Mitteilungen . 2451B, 2454A, 2456A Schreiben des Bundeskanzlers Dr. Adenauer betr. Verschiebung der Beratung des Gesetzentwurfs über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Europarat . . 2451B Zur Geschäftsordnung: Dr. von Brentano (CDU/CSU) . . . 2451C Mellies (SPD) 2452A Nächste Sitzung: Zur Geschäftsordnung: Dr. von Brentano (CDU/CSU) . . . 2453A Mellies (SPD) 2453D Dr. Reismann (Z) 2454B Zur Abstimmung: Renner (KPD) 2454D Die Sitzung wird um 15 Uhr 8 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinrich von Brentano


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren! Im Namen meiner Fraktion und gleichzeitig im Namen der Fraktionen der Freien Demokratischen Partei und der Deutschen Partei bitte ich, den heute auf der Tagesordnung stehenden Punkt abzusetzen.
    Der Ältestenrat hat sich am Donnerstag der letzten Woche bereits mit der durch die Erkrankung des Herrn Bundeskanzlers geschaffenen Lage beschäftigt, und es wurde an diesem Tage grundsätzliche Übereinstimmung dahin erzielt, daß die Beratung dieses Punktes mit Rücksicht auf diese Erkrankung für die nächste Woche vorgesehen wurde. Inzwischen hat auf Antrag der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei der Bundestagspräsident den Bundestag auf heute einberufen.
    Nach Art. 65 des Grundgesetzes bestimmt der Bundeskanzler die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung. Wenn eine Frage für die gesamte politische Entwicklung unseres Vaterlandes wirklich von entscheidender Bedeutung ist, dann ist es die Frage, die heute auf der Tagesordnung steht. Ich glaube, daß es auch ein Gebot der Loyalität und der Fairneß ist — und ich richte diesen Appell auch an die Damen und Herren der Fraktion der SPD —, daß man dem Bundeskanzler die Möglichkeit gibt, eine solche Vorlage persönlich einzubringen und zu vertreten. Ich glaube, daß diese Rücksichtnahme auf die Person des Bundeskanzlers um so mehr angebracht ist, als ja, wie wir wissen, in diesem Hohen Hause über diese Frage grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten bestehen, die nur in einer ernsten Aussprache, an der der Bundeskanzler teilnehmen will und teilnehmen muß, geklärt werden können.
    Ich halte es deswegen für unmöglich, am heutigen Tage über diese Frage überhaupt zu diskutieren, und ich bitte das Hohe Haus, dem Antrag, den ich stelle, den Punkt von der Tagesordnung abzusetzen, zuzustimmen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Erich Köhler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, Sie haben den Antrag des Herrn Abgeordneten von Brentano gehört, den Punkt von der heutigen Tagesordnung abzusetzen.
Das Wort dazu hat Herr Abgeordneter Mellies.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Wilhelm Mellies


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine Damen und Herren! Bereits vor Pfingsten war im Ältestenrat eine Vereinbarung über die Tagungen bis zum 18. Juni getroffen worden, und zwar war man sich darüber einig, daß angesichts des Wahlkampfes in Nordrhein-Westfalen vom 8. Juni ab Plenarsitzungen dieses Hauses nicht stattfinden sollen. Als dann die Erkrankung des Herrn Bundeskanzlers bekannt wurde, hat in der vorigen Woche im Ältestenrat eine Besprechung über einen eventuellen neuen Termin stattgefunden. Ich möchte aber hier noch einmal ausdrücklich feststellen, daß bei dieser Besprechung ein Termin auf die kommende Woche nicht fest vereinbart worden ist, sondern daß man bei den Überlegungen nur davon ausgegangen ist, daß vielleicht an diesen Tagen die Plenarsitzungen stattfinden könnten.
    Die sozialdemokratische Fraktion hat am vergangenen Freitag im Ältestenrat drei Gründe angeführt, die eine Tagung in der nächsten Woche als nicht möglich erscheinen lassen. Wir haben darauf hingewiesen, daß die Abgeordneten aus Nordrhein-Westfalen, aber auch eine Reihe anderer Kolleginnen und Kollegen aus diesem Hause angesichts der Abmachungen, die vor Pfingsten getroffen waren, bereits ihre festen Dispositionen für den Einsatz im Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen haben. Es scheint uns nicht gut möglich, daß in der nächsten Woche etwa drei Plenarsitzungen stattfinden und die Abgeordneten dann gleichzeitig noch an den Abenden ihren Verpflichtungen hinsichtlich der Wahlversammlungen im Lande Nordrhein-Westfalen nachkommen; das wird physisch nicht gut erträglich sein.
    Wir hatten weiter darauf hingewiesen — und ich glaube, das Hohe Haus sollte auch diesen Punkt beachten —, daß es nicht zweckmäßig ist, wenn die Erörterung dieses Themas in der Hitze des Wahlkampfes stattfindet; denn schließlich, meine Damen und Herren, liegt Bonn im Lande Nordrhein-Westfalen, und es wird nicht zu vermeiden sein, daß die Wogen des Wahlkampfes, die in der letzten Woche dieses Wahlkampfes sehr hoch gehen werden, sich auch bei der Debatte hier im Hause bemerkbar machen. Wir glauben nicht, daß es angesichts der Bedeutung der Angelegenheit, Herr von Brentano, zweckmäßig ist, die Debatte hier zu einem solchen Termin stattfinden zu lassen.
    Drittens haben wir darauf hingewiesen, daß einige Mitglieder der sozialdemokratischen Fraktion in der kommenden Woche an der Internationalen Sozialistischen Konferenz in London teilnehmen müssen. In dieser Konferenz wird über den Schuman-Plan gesprochen; und Sie werden mir zugeben, daß das eine Angelegenheit von sehr großer Bedeutung ist.
    Es ist sonst in den Parlamenten immer üblich gewesen, daß auf die Wünsche großer Fraktionen bei der Festsetzung der Tagungen Rücksicht genommen wurde. Und wenn die Meinungen auseinandergingen — —

    (Abg. Dr. Wuermeling: Auch auf den Kanzler!) — Ich komme gleich noch auf den Kanzler zurück; seien Sie unbesorgt! Sie werden uns nicht vorwerfen können, daß wir auf den Herrn Kanzler keine Rücksicht nehmen!


    (Widerspruch rechts.)

    Wenn eine Einigung in einem solchen Falle nicht zu erzielen ist, ist es üblich, einen Ausweg zu suchen, mit dem sich alle einverstanden erklären können. Und wenn jetzt eben der Zwischenruf gemacht worden ist, es müsse auch auf den Kanzler Rücksicht genommen werden, so haben wir die Fairneß walten lassen, von der Herr von Brentano eben gesprochen hat. Wir haben gesagt: wir werden damit einverstanden sein, daß dann die Debatte hier in diesem Hohen Hause am 20. Juni stattfindet. Wenn der Herr Bundeskanzler in der nächsten Woche zugegen sein kann, dann wird er sicher auch am 20. zugegen sein können.
    Meine Damen und Herren! Es sind uns keine Gründe mitgeteilt worden, Gründe durchschlagender Art, die eine Debatte am 20. und an den folgenden Tagen unmöglich erscheinen lassen. Das, was uns hinsichtlich der Notwendigkeit der Debatte in der kommenden Woche gesagt worden ist, waren nichts als gewisse vage Andeutungen. Ich möchte an dieser Stelle auch einmal sagen: ich glaube, es ist nicht gut, wenn man in einem solchen Falle dann nicht ganz offen sagt, welche Gründe nun wirklich vorhanden sind, damit eine solche Tagung stattfinden muß.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Wir werden auch heute den Vorschlag vertreten, daß die Tagung am 20. stattfinden kann, und dann kann ja der Herr Bundeskanzler zugegen sein.
    Meine Damen und Herren! Es ist mir heute morgen der Wunsch überbracht worden, ich möchte in meinen Ausführungen hier nicht zu scharf sein. Ich glaube, Sie werden mir bestätigen können, daß ich nicht zu scharf gewesen bin.

    (Abg. Rische: Das ist richtig!)

    Ich muß aber am Schluß doch darauf hinweisen, daß eine besondere Note durch die Bemerkung in der Pressekonferenz der CDU in die Auseinandersetzung hineingetragen worden ist, daß diese Tagung heute 30 000 Mark kosten würde.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Zunächst einmal, meine Damen und Herren, ist diese Behauptung sachlich völlig unrichtig;

    (Zurufe von der CDU)

    denn es tagten heute, wenn ich es recht im Kopfe habe, nicht weniger als 17 Ausschüsse. Das bedeutet, daß zwei Drittel der Abgeordneten dieses Hohen Hauses ohnehin hier anwesend sein mußten.
    Ich glaube aber, es ist auch nicht gut, wenn man die Auseinandersetzung wichtiger politischer Angelegenheiten mit einem solchen Argument bekämpft,

    (Beifall und Händeklatschen bei der SPD) wobei wir außerdem noch der Auffassung sind, daß diejenigen, die damals so begeistert dafür eingetreten sind, daß Bonn Bundeshauptstadt wurde — mit all den anschließenden Kosten —, nicht sehr viel moralische Berechtigung haben, darüber zu sprechen, wenn einmal 30 000 Mark erforderlich sind.


    (Lebhafter Beifall bei der SPD. — Widerspruch rechts. — Große Unruhe.)

    Wir bitten das Hohe Haus aus den sachlichen Gründen, die wir eben vorgetragen haben, dem Antrag des Herrn von Brentano nicht stattzugeben. Ich betone noch einmal: wir sind durchaus bereit, dem Herrn Bundeskanzler die Loyalität und Fairneß zu erweisen, auf die hier hingewiesen worden ist. Wir könnenden Termin auf den 20. Juni festsetzen. Besteht ein wirklich sachlicher Grund dagegen, daß dieser Termin genommen wird, dann, meine Damen und Herren, wird man sich schließlich daran erinnern müssen, daß die Bundesregierung ja einen Vizekanzler hat, daß also der Herr Bundeskanzler nicht nur durch den rangältesten oder dienstältesten Minister vertreten wird, sondern daß hier ausgesprochen der Vizekanzler in der Bundesregierung


    (Mellies)

    sitzt, der in solchen Fällen die Aufgabe hätte, an Stelle des Bundeskanzlers hier zu sprechen. Es würde also keine Notwendigkeit bestehen, die Beratung des Gegenstandes heute abzusetzen.
    Wir bitten deshalb das Hohe Haus, unserm Vorschlage zuzustimmen und heute in die sachliche Debatte einzutreten.

    (Beifall bei der SPD.)