Protokoll:
5016

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 5

  • date_rangeSitzungsnummer: 16

  • date_rangeDatum: 26. Januar 1966

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:01 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 13:13 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 16. Sitzung Bonn, den 26. Januar 1966 Inhalt: Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Dr. Frede, Seidel und Jürgensen . 605 A Überweisung von Vorlagen 605 B Umbesetzung im Wahlprüfungsausschuß 646 C Fragestunde (Drucksache V/212) Fragen des Abg. Dr. Martin: Vertrag des SFB mit dem Zonenfernsehen — Alleinvertretungsrecht der Bundesregierung Dr. Mende, Bundesminister . . . . 607 B Fragen des Abg. Sänger: Personen- und Sachschäden an der Demarkationslinie Dr. Mende, Bundesminister . . . 607 D Sänger (SPD) 608 B Jahn (Marburg) (SPD) 609 B Frage des Abg. Weigl: Werbung der SBZ in Presseorganen der Bundesrepublik Dr. Mende, Bundesminister . . . . 609 D Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Waffengebrauch durch Vollzugsbeamte des Bundes Dr. Schäfer, Staatssekretär . . . . 610 A Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 610 B Frage des Abg. Kaffka: Durchführung des Personenstandsgesetzes Dr. Schäfer, Staatssekretär . . . 610 D Kaffka (SPD) 611 A Frage des Abg. Rollmann: Wirtschaftsflüchtlinge aus den Ostblockstaaten Dr. Schäfer, Staatssekretär . . . . 611 C Rollmann (CDU/CSU) . . . . . 611 D Wehner (SPD) 612 A Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 612 C Jahn (Marburg) (SPD) . . . . . 612 D Felder (SPD) . . . . . . . . 613 B Dorn (FDP) . . . . . . . . 613 C Dr. Geißler (CDU/CSU) . . . . 613 D Dr. Mommer (SPD) . . . . . . 614 A Damm (CDU/CSU) . . . . . . 614 B Dr. Müller (München) (SPD) . . 614 C Büttner (SPD) 614 D Dr. Giulini (CDU/CSU) . . . . 615 B Moersch (FDP) 615 C Dr. Czaja (CDU/CSU) 615 D Fragen des Abg Felder: Bessere Sicherung des Bankgewerbes gegen Einbrecher und Räuber Dr. Schäfer, Staatssekretär . . . 616 C Felder (SPD) 616 D II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 16. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. Januar 1966 Frage des Abg. Dr. Ritz: Paketsendungen in die SBZ . . . . 617 A Fragen des Abg. Zerbe: Finanzreform Grund, Staatssekretär 617 B Zerbe (SPD) . . . . . . . . 617 D Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller (SPD) 618 C Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 618 D Dr. Müller (München) (SPD) . . . 619 A Bericht der Bundesregierung über den Stand der Unfallverhütung und das Unfallgeschehen in der Bundesrepublik für das Jahr 1964 (Unfallverhütungsbericht 1964) (Drucksachen V/1.52, zu V/152 Katzer, Bundesminister . 619 C, 635 D Dr. Schellenberg (SPD) . 623 C, 636 C Ruf (CDU/CSU) . . . . . . . . 628 A Spitzmüller (FDP) . . . . . . . 632 C Stingl (CDU/CSU) . . . . . . 637B Springorum (CDU/CSU) 638 A Frehsee (SPD) . . . . . . 640 A Berberich (CDU/CSU) 641 D Reichmann (FDP) . . . . . . 642 C Dr. Schmidt (Offenbach) (SPD) . . 643 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 22. Oktober 1964 mit der Bundesrepublik Kamerun über den Luftverkehr (Drucksache V/19); Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses (Drucksache V/187) — Zweite und dritte Beratung — 644 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 5. März 1965 mit der Republik Österreich über den Luftverkehr (Drucksache V/26) ; Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses (Drucksache V/188) — Zweite und dritte Beratung — . . . . 644 C Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 29. Oktober 1964 mit der Republik Senegal über den Luftverkehr (Drucksache V/21); Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses (Drucksache V/189) — Zweite und dritte Beratung — . . . . 644 D Entwurf eines Gesetzes über die Wahl der Vertreter der Bundesrepublik zu den Europäischen Versammlungen (Drucksache V/37) — Erste Beratung — . . . 645 A Ubersicht 1 des Rechtsausschusses über die vom Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht (Drucksache V/180) 645 B Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik über die Vorschläge der Kommission der EWG für Verordnungen des Rats zur Änderung und Ergänzung gewisser Bestimmungen der Verordnungen Nr. 3 und Nr. 4 (Seeleute) (Drucksachen V/119, V/196); über die teilweise Aussetzung des bei der Einfuhr von gefrorenem Rindfleisch anzuwendenden Satzes des Gemeinsamen Zolltarifs (Drucksachen V/131, V/199, zu V/199); über die teilweise Aussetzung des Gemeinsamen Zolltarifs bei der Einfuhr von Färsen und Kühen bestimmter Höhenrassen (Drucksachen V/141, V/200, zu V/200) 645B Anträge des Bundesministers der Finanzen betr. Zustimmung zur unentgeltlichen Abtretung von Geschäftsanteilen an wirtschaftlichen Unternehmungen, hier: Beteiligung an Flughafengesellschaften (Drucksache V/202) sowie betr. Zustimmung des Bundesrates und des Deutschen Bundestages zur Überlassung junger Aktien der Deutschen Lufthansa AG an private Zeichner (Drucksache V/209) . Börner (SPD) 645 D Antrag betr. Einsetzung eines Ausschusses zur Wahrung der Rechte der Volksvertretung (CDU/CSU, SPD, FDP) (Drucksache V/213) 646 A Nächste Sitzung 646 C Anlagen 647 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 16. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. Januar 1966 605 16. Sitzung Bonn, den 26. Januar 1966 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
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    Berichtigung Es ist zu lesen: 14. Sitzung Seite 548 B Zeile 8 statt „Schulprinzip": Schuldprinzip. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Adenauer 28. 1. Dr. Arndt (Berlin/Köln) 28. 1. Bartsch 28. 1. Bauer (Würzburg) * 28. 1. Frau Berger-Heise 18. 2. Berkhan * 28. 1. Berlin 19. 2. Blachstein * 28. 1. Blumenfeld * 28. 1. Burger 10. 4. Corterier * 28. 1. Draeger * 28. 1. Frau Eilers 28. 1. Erler 15. 2. Faller 28. 1. Figgen 28. 1. Flämig * 28. 1. Frau Funcke (Hagen) 11. 2. Dr. Furler * 28. 1. Gibbert 28. 1. Gscheidle 28. 1. Frhr. von und zu Guttenberg 26. 1. Haar (Stuttgart) 26. 1. Hahn (Bielefeld) ** 26. 1. Dr. Hellige * 28. 1. Herold * 28. 1. Hilbert * 28. 1. Hösl * 28. 1. Frau Dr. Hubert * 28. 1. Illerhaus ** 26. 1. Dr. h. c. Jaksch 27. 1. Josten 19. 2. Junghans 7. 2. Kahn-Ackermann * 28. 1. Dr. Kempfler * 28. 1. Frau Klee * 28. 1. Dr. Kliesing (Honnef) * 28. 1. Dr. Kopf * 28. 1. Frau Krappe 28. 2. Kuntscher 28. 1. Lange 26. 1. Lenze (Attendorn) * 28. 1. Dr. Lohmar 28. 1. Lücker (München) ** 26. 1. Mattick 26. 1. Frau Dr. Maxsein * 28. 1. Frau Meermann 28. 1. Dr. Morgenstern 28. 1. Müller (Remscheid) 26. 1. Neemann 15. 2. Paul * 28. 1. * Für die Teilnahme an einer Tagung der Beratenden Versammlung des Europarats ** Für die Teilnahme an einer Ausschußsitzung des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Pitz-Savelsberg 28. 1. Pöhler * 28. 1. Dr. Rinderspacher * 28. 1. Russe (Bochum) 26. 1. Dr. Rutschke * 28. 1. Frau Schanzenbach 3. 2. Schlager 27. 1. Dr. Schmid (Frankfurt) * 28. 1. Schmidt (Hamburg) 28. 1. Schultz (Gau-Bischofsheim) 26. 1. Dr. Schulz (Berlin) * 28. 1. Seifriz ** 26. 1. Dr. Serres * 28. 1. Seuffert 19. 2. Dr. Stammberger 26. 1. Frau Strobel 26. 1. Urban 31. 1. Dr. Frhr. v. Vittinghoff-Schell * 28. 1. Vogt * 28. 1. Dr. Wahl * 28. 1. Wienand * 28. 1. Baron von Wrangel 28. 1. Wurbs 28. 1. b) Urlaubsanträge Prinz von Bayern 5. 2. Blank 12. 2. van Delden 6. 2. Dr. Gleissner 4. 2. Liedtke 8. 3. Anlage 2 Umdruck 9 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur Beratung des Berichtes der Bundesregierung über den Stand der Unfallverhütung und das Unfallgeschehen in der Bundesrepublik für das Jahr 1964 (Unfallverhütungsbericht 1964) (Drucksache V/152). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, eine Neufassung des Berichtes über den Stand der Unfallverhütung und das Unfallgeschehen in der Bundesrepublik für das Jahr 1964 (Unfallverhütungsbericht 1964) vorzulegen. Bonn, den 26. Januar 1966 Erler und Fraktion 648 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 16. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. Januar 1966 Anlage 3 Ergänzung der schriftlichen Antwort des Bundesministers Dr. Jaeger vom 17. Januar 1966 auf die mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Arndt (Berlin/Köln) (Drucksache IV/3377 Frage II) : *) Ich frage den Bundesjustizminister, ob und in welchem Ausmaß es vor dem 1. Januar 1933 bei den Landgerichten Überbesetzungen der Sprucheinheiten (Zivil- und Strafkammern, Schwurgerichte) gab. Die Antwort auf Ihre Frage, ob und in welchem Ausmaß es vor dem 1. Januar 1933 bei den Landgerichten Überbesetzungen der Sprucheinheiten (Zivil- und Strafkammern, Schwurgerichte) gab, erstreckt sich auf verschiedene Zeitabschnitte, weil die politische und wirtschaftliche Entwicklung berücksichtigt werden soll. Deshalb hatte ich die Landesjustizverwaltungen gebeten, ihren Ermittlungen nach Möglichkeit die Jahre 1905, 1925 und 1931 zugrunde zu legen. Die Mitteilungen der Landesjustizverwaltungen und die Ergebnisse meiner Nachforschungen beim Bundesarchiv sind in der Anlage im wesentlichen zusammengefaßt. Leider ließen sich nicht in jedem Fall die Besetzungen für jene drei Jahre feststellen, so daß zum Teil andere Jahre einbezogen werden mußten. Insgesamt ergibt sich, daß Überbesetzungen der landgerichtlichen Spruchkörper fast stets vorgekommen sind. Manche Kammern, namentlich in Süddeutschland, waren sehr erheblich überbesetzt. So gehörten der Zivilkammer des Landgerichts Ravensburg 1925 sechs und 1931 sieben Beisitzer an. Eine Zivilkammer des Landgerichts München I hatte 1914 sieben und 1924 acht Beisitzer, die Zivilkammer des Landgerichts Amberg 1905 sogar zehn Beisitzer. Je eine Strafkammer (von sieben bayerischen Landgerichten) hatte 1931 sieben und acht Beisitzer. 1931 waren auch zwei Strafkammern (von sieben geprüften Landgerichten) im jetzigen Land Niedersachsen mit je acht Beisitzern besetzt. Eine dortige Zivilkammer hatte in jenem Jahr sieben Beisitzer. Wie die Landesjustizverwaltung Niedersachsen ferner mitgeteilt hat, waren dort 1925 nur bei einem Landgericht sämtliche Kammern lediglich mit zwei Beisitzern besetzt (bei fünf geprüften Landgerichten). Zum Teil wurden Richter (Hilfsrichter) mehreren vollbesetzten Kammern zugewiesen, so 1905 beim Landgericht I Berlin zwei Hilfsrichter sämtlichen Strafkammern zur Vertretung und zur Entlastung, vom 1. Januar bis 31. Mai 1905 beim Landgericht Hamburg vier Richter als „Mitglieder aller vier Strafkammern" und 1932 beim Landgericht II Berlin ein Landgerichtsrat zu 1/2, ein Gerichtsassessor und die beiden Untersuchungsrichter den Strafkammern. Es kam auch vor, daß einer Kammer zwei Vorsitzende zugeteilt wurden. So führten 1927 in einer kleinen Strafkammer des Landgerichts Lübeck und zeitweise in einer kleinen Strafkammer des Landgerichts Bielefeld je zwei Richter abwechselnd den Vorsitz. Im Jahre 1931 war auch eine große Strafkammer des Landgerichts Bielefeld mit zwei Vorsitzenden besetzt. S) Siehe 181. Sitzung, Seite 9086 B Auf der anderen Seite hatte allerdings das Landgericht Kiel in den Jahren von 1929 bis 1932 keine überbesetzten Zivil- und großen Strafkammern. Wegen der Einzelheiten darf ich auf die Anlage Bezug nehmen. Ich bin — soweit möglich — zu ergänzenden Auskünften gern bereit. Baden-Württemberg Landgericht Ellwangen 1925 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 1931 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer (ab 22. 5. 1931 3 Beisitzer) Landgericht Ravensburg 1925 i Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 6 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 1931 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 7 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer Landgericht Rottweil 1925 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 1931 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 5 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer Landgericht Tübingen 1926 2 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 16. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. Januar 1966 649 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 1931 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 5 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer Landgericht Heidelberg 1925 2 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer (außerdem 1 „hilfsweiser" Beisitzer) Berufungsgericht in Pachtstreitigkeiten: 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 1 große Strafkammer: 1 Vorsitzender, alle Landgerichtsräte als Beisitzer 1 kleine Strafkammer (zugleich Beschlußkammer) : 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer Für das Schwurgericht waren nur ein Vorsitzender und ein stellvertretender Vorsitzender bestimmt. 1931 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer Berufungsgericht in Pachtstreitigkeiten: 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 1 große Strafkammer: 1 Vorsitzender, 1, Landgerichtsdirektor sowie alle Landgerichtsräte als Beisitzer 1 kleine Strafkammer (zugleich Beschlußkammer) : 1 Vorsitzender, 2 Landgerichträte als stellvertretende Vorsitzende, alle übrigen Mitglieder des Landgerichts als Beisitzer Schwurgericht: 1 Vorsitzender, 6 Beisitzer Landgericht Karlsruhe 1925 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 2 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 5 Beisitzer Pachtschutzkammer: 1 Vorsitzender, 6 Beisitzer 2 Strafkammern: je 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer Schwurgericht: 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer Landgericht Konstanz 1925 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 5 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 6 Beisitzer (darunter die 5 der Zivilkammer zugeteilten Landgerichtsräte) 1931 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 6 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 7 Beisitzer (die ständigen Mitglieder der Zivilkammer und 1 Landgerichtsdirektor) Landgericht Mannheim 1930 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 2 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 5 Beisitzer Berufungsgericht in Pachtsachen: 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 2 Strafkammern: je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer Schwurgericht: 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer Landgericht Mosbach 1925 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer (dieselben Beisitzer wie bei der Zivilkammer) 1931 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer (dieselben Beisitzer wie bei der Zivilkammer) 650 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 16. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. Januar 1966 Landgericht Offenburg 1905 2 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 2 Strafkammern: je 1 Vorsitzender, alle Landgerichtsräte mit einer Ausnahme als Beisitzer 1925 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, sämtliche Mitglieder des Landgerichts als Beisitzer 1 große Strafkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer Strafkammer als Beschlußkammer: 1 Vorsitzender, alle Mitglieder des Landgerichts als Beisitzer 1931 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, sämtliche Mitglieder des Landgerichts als Beisitzer 1 große Strafkammer: 1 Vorsitzender, 5 Beisitzer Strafkammer als Beschlußkammer: 1 Vorsitzender, alle Mitglieder des Landgerichts mit Ausnahme des Untersuchungsrichters als Beisitzer Bayern Landgericht Amberg 1905 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 10 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 9 Beisitzer 1915 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 6 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 9 Beisitzer 1931 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 5 Beisitzer Landgericht Ansbach 1905 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 7 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 8 Beisitzer Landgericht Eichstätt 1905 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 6 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 6 Beisitzer 1915 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 6 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 5 Beisitzer 1931 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 5 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer Die Beisitzer der Zivilkammern und Strafkammern waren bei allen Gerichten weitgehend personengleich. Landgericht Schweinfurt 1905 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 5 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 6 Beisitzer Landgericht Traunstein 1905 2 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 5 Beisitzer Landgericht Weiden 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 6 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 7 Beisitzer Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 16. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. Januar 1966 , 651 Landgericht München I 1914 5 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 6 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 7 Beisitzer 3 Strafkammern: je 1 Vorsitzender, 5 Beisitzer 1924 3 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 5 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 6 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 7 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 8 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 3 Strafkammern: je 1 Vorsitzender, 5 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 6 Beisitzer Landgerichte Deggendorf, Landshut, Schweinfurt, Traunstein und Weiden 1925 Von insgesamt 8 Zivilkammern: 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 3 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 5 Beisitzer 2 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 6 Beisitzer Von insgesamt 5 Strafkammern: 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 5 Beisitzer 2 Strafkammern: je 1 Vorsitzender, 7 Beisitzer Landgerichte Deggendorf, Landshut, München II, Passau, Schweinfurt, Traunstein und Weiden 1931 Von den insgesamt 12 Zivilkammern: 2 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 2 -Beisitzer 2 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 7 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 5 Beisitzer Von den insgesamt 8 Strafkammern: 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 4 Strafkammern: je 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 5 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 7 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 8 Beisitzer Berlin Landgericht I 1905 25 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer (die statutenmäßig in Stiftungssachen zu Dezernenten bestimmten Richter des Landgerichts waren als solche Mitglieder der Kammer) 5 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 5 Beisitzer (bei diesen Kammern waren je 2 Abteilungen gebildet) 9 Strafkammern: je 1 Vorsitzender, 5 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 8 Beisitzer (bei dieser Kammer waren 4 Abteilungen, und zwar eine mit dem Vorsitzenden und 5 Beisitzern, 3 mit dem Vorsitzenden und 3 Beisitzern gebildet) 2 Hilfsrichter waren sämtlichen Strafkammern zur Vertretung behinderter Mitglieder und zur Entlastung zugewiesen. 1925 35 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer (von den Vorsitzenden war einer krank und wurde durch einen anderen Landgerichtsdirektor vertreten) 652 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 16. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. Januar 1966 6 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer (der Vorsitzende einer dieser Kammern war behindert) 3 Strafkammern: je 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 5 (kleine) Strafkammern: je 1 Vorsitzender davon eine als Beschlußkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer Schwurgericht: für beide Hälften des Jahres je 1 Vorsitzender 1930 38 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 14 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 5 Beisitzer 3 große Strafkammern: je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 2 große Strafkammern: je 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 6 (kleine) Strafkammern: je 1 Vorsitzender, davon einer behindert und durch einen Landgerichtsrat vertreten. Dieser auch für die Beschlußsachen mit 5 Beisitzern zuständig. Schwurgericht: für jeweils 4 Zeiträume des Jahres 1 Vorsitzender (wechselnd) nebst einem Vertreter (wechselnd). Für das ganze Jahr 2 Beisitzer und 2 Vertreter. Landgericht II 1905 9 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer (davon 3 mit bestimmtem Vertreter) 3 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer (von den Vorsitzenden 2 dauernd verhindert und 2 Kammern mit noch je einem Vertreter) 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 4 Strafkammern: je i Vorsitzender, 5 Beisitzer (zuzüglich in einer Kammer 2 Vertreter und einem Vertreter in einer Kammer — 1 Vorsitzender war stets dienstlich behindert, 3 Vorsitzende an bestimmten Tagen) 1925 16 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 2 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 6 Beisitzer (davon 3 ständig verhindert) Ein Landrichter war allen Zivilkammern überwiesen, ebenfalls ein Landgerichtsrat, soweit nicht durch 17. Zivilkammer und Referendarübungen in Anspruch genommen. 3 Strafkammern: je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 3 (kleine) Strafkammern: je 1 Vorsitzender diese als Beschlußkammern: je 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 1932 17 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 5 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 2 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 5 Beisitzer (davon 3 vorläufig ständig verhindert) 3 Gerichtsassessoren waren allen Kammern für Handelssachen überwiesen. 4 Strafkammern: je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer (davon 2 Kammern mit einem weiteren Direktor, soweit der erste verhindert) 3 (kleine) Strafkammern: je 1 Vorsitzender 1 Landgerichtsrat zu 1/2, 1 Gerichtsassessor und die beiden Untersuchungsrichter waren allen Strafkammern überwiesen. Landgericht III 1906 5 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 2 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 3 Strafkammern: je 1 Vorsitzender, 5 Beisitzer Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 16. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. Januar 1966 653 1925 16 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 5 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer (davon 2 Kammern mit je einem Vertreter) 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer (davon einer als „überzähliges Mitglied" bezeichnet) 2 Strafkammern: je 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer (davon 2 als „überzählige Mitglieder" bezeichnet) 5 (kleine) Strafkammern: je 1 Vorsitzender davon eine als Beschlußkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 1931 13 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 18 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 2 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 5 Strafkammern: je i Vorsitzender, 2 Beisitzer (davon eine zuzüglich eines Vertreters und eine zuzüglich dreier Vertreter) 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer (zuzüglich 2 Vertreter) Bremen Hamburg Landgericht 1905 8 Zivilkammern (ab 1. 6. 1905: 9 Zivilkammern) : je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer ab 1. 6. 1905: 2 Richter als „überzählige Richter der Zivilkammern" bis 31. 5. 1905: 4 Strafkammern: je 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 4 weitere Richter als „Mitglieder aller 4 Strafkammern" ab 1. 6. 1905: je 1 Vorsitzender, 5 Beisitzer 1925 10 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 2 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 2 große Strafkammern und 1 große Strafkammer für Jugendliche: je i Vorsitzender, 2 Beisitzer 2 große Strafkammern (davon eine gemäß VO des Reichspräsidenten vom 13. 2. 1924 — RGBl. S. 117) : je 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer Schwurgericht bei jeweiligen Tagungen: je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 1931 9 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 5 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 5 Beisitzer — ab 16. 9. 1931 entfiel eine Zivilkammer —2 große Strafkammern und 1 große Strafkammer für Jugendliche: je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 1 große Strafkammer: 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer Schwurgericht bei jeweiligen Tagungen: je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer Hessen Landgericht Darmstadt 1905 1 Zivilkammer: 3 Beisitzer 2 Zivilkammern: je 4 Beisitzer 2 Strafkammern: je 4 Beisitzer 1925 Von 3 Zivilkammern eine mit 5 Beisitzern besetzt. 1931 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 654 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 16. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. Januar 1966 2 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 5 Beisitzer 2 Strafkammern: je 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer Landgericht Gießen 1905 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 5 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 6 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 6 Beisitzer 1925 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 5 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 6 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 8 Beisitzer 1931 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 5 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 6 Beisitzer Landgericht Frankfurt/Main 1932 10 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 2 Strafkammern: je 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer Landgericht Limburg a. d. Lahn 1925 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 2 große Strafkammern: je 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 1931 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 2 große Strafkammern: je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer Niedersachsen Landgericht Braunschweig 1905 4 Zivilkammern: je 3 Beisitzer 2 Strafkammern: je 4 Beisitzer Landgericht Oldenburg 1905 4 Kammern: je 2 Beisitzer 1 Strafkammer: 4 Beisitzer 1925 5 Landgerichte von 29 Kammern 21 mit 2 Beisitzern 5 mit 3 Beisitzern 3 mit 4 Beisitzern besetzt. 1931 7 Landgerichte von 42 Kammern 20 Kammern je ein Vorsitzender, 2 Beisitzer 14 Kammern je ein Vorsitzender, 3 Beisitzer 3 Kammern je ein Vorsitzender, 4 Beisitzer 2 Kammern je ein Vorsitzender, 5 Beisitzer 1 Zivilkammer: ein Vorsitzender, 7 Beisitzer 2 Strafkammern mit je 8 Beisitzern besetzt; — einige Vorsitzende waren regelmäßig verhindert — Nordrhein-Westfalen Landgericht Bielefeld 1908 3 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 16. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. Januar 1966 655 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 5 Beisitzer 1925 3 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 3 Strafkammern: je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 1931 3 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 3 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 2 große Strafkammern: je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 1 Strafkammer: 2 Vorsitzende, 5 Beisitzer Landgericht Hagen 1910 3 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 5 Beisitzer 2 Strafkammern: je 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 1920 3 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 3 Strafkammern: je 1 Vorsitzender, 6 oder mehr Beisitzer 1931 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 2 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 2 Strafkammern: 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer Schwurgericht: 9 Beisitzer Landgericht Köln 1905 6 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 2 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 4 Strafkammern: je 1 Vorsitzender, 5 Beisitzer 1926 3 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 8 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 2 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 2 Strafkammern: je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 1931 4 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 8 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 5 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer Landgericht Krefeld 1911 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 2 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 5 Beisitzer 1925 2 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 2 Strafkammern: je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 656 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 16. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. Januar 1966 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 1931 2 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 2 Strafkammern: je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer Rheinland-Pfalz Landgericht Trier 1929 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender (Landgerichtspräsident), 1 stellvertretender Vorsitzender, 2 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender (Landgerichtspräsident), 1 stellvertretender Vorsitzender, 3 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 1 große Strafkammer: 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer Schwurgericht: 2 Beisitzer 1931 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer 1 Zivilkammer: je 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer 1 große Strafkammer: 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer Schwurgericht: 2 Gruppen zu je 2 Beisitzern Saarland Schleswig-Holstein Landgericht Kiel 1927 6 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer 1 große Strafkammer: 1 Vorsitzender, 5 Beisitzer 1931 8 Zivilkammern: je 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer i große Strafkammer: 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer Landgericht Lübeck 1927 1 Zivilkammer (zugleich Jugendgerichtsstrafkammer) : 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer, 1 Vertreter 1 Zivilkammer (zugleich Jugendgerichtsstrafkammer) : 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer, 2 Vertreter 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer, 3 Vertreter 2 Strafkammern: je 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer, 2 Vertreter diese Kammern als kleine Strafkammern: 1 Vorsitzender, 1 Vertreter 2 Vorsitzende, 1 Vertreter 1 Strafkammer für bestimmte Beschlußsachen: 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer, 1 Vertreter Schwurgericht: 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer, 4 Vertreter Thüringen/Preußen Gemeinschaftliches Landgericht Meiningen 1. 1. bis 31. 3. 1905 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer, 3 Vertreter 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 5 Beisitzer 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 6 Beisitzer, 1 Vertreter 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 6 Beisitzer, 3 Vertreter 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 8 Beisitzer, 2 Vertreter Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 16. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. Januar 1966 657 Gemeinschaftliches Landgericht Rudolstadt 1924 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 3 Beisitzer, 1 Vertreter 1 Zivilkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer, 1 Vertreter 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 2 Beisitzer, 2 Vertreter 1 Strafkammer: 1 Vorsitzender, 7 Beisitzer, 1 Vertreter 1 Jugendstrafkammer: 1 Vorsitzender, 4 Beisitzer, 2 Vertreter (Vorsitzender in diesen 5 Kammern war der Landgerichtspräsident) Anlage 4 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Ernst vom 20. Januar 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dorn (Drucksache V/161 Frage 111/9): Billigt die Bundesregierung ,das in der Panorama-Sendung vom 13. Dezember 1965 gefällte Pauschalurteil: „Seine Pflicht erfüllte, wer eine englische, norwegische oder französiche Uniform trug, eher als derjenige, der in einer deutschen marschierte."? Nein. Die Bundesregierung billigt das von Ihnen erwähnte Pauschalurteil nicht. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Gumbel vom 15. Januar 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Tamblé (Drucksache V/161 Frage IX/2) : Weshalb werden nach den „Richtlinien für die Gewährung von Heizungskostenzuschüssen an Bedienstete der Bundeswehr" (Besoldungsgruppe A 1 bis A 9/BAT X bis V) nur an die Mieter bundeseigener Wohnungen Zuschüsse gezahlt, nicht aber den Mietern von Bundesdarlehenswohnungen? Heizkostenzuschüsse werden deshalb nur an die Mieter bundeseigener Wohnungen gezahlt, weil es sich hierbei nahezu ausschließlich um Wohnungen handelt, die in den Jahren 1951 bis 1955 für die alliierten Streitkräfte nach deren Forderungen und Wohngewohnheiten gebaut worden sind. Infolge der Übergröße dieser Wohnungen und vielfach auch überdimensionierter Heizanlagen fallen Heizkosten an, die geringer besoldete Angehörige der Bundeswehr nicht tragen können. Sie erhalten aus diesem Grunde einen Zuschuß. Wohnungen, deren Bau der Bund durch Darlehen fördert, sind nach den Bestimmungen des Bundesministers für Wohnungswesen und Städtebau mit der jeweils wirtschaftlichsten Heizung ausgestattet. Es besteht daher keine Veranlassung, zu den Heizkosten dieser Wohnungen Zuschüsse zu gewähren.
Gesamtes Protokol
Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501600000
Ich eröffne die 16. Sitzung des Deutschen Bundestages.
Ich habe zunächst die Ehre und Freude, Herrn Abgeordneten Dr. Frede im Namen des Hauses die besten Glück- und Segenswünsche zur Vollendung seines 65. Lebensjahres am 21. Januar 1966 zum Ausdruck zu bringen.

(Beifall.)

Ich darf ferner beglückwünschen Herrn Abgeordneten Seidel, der am 21. Januar 60 Jahre alt geworden ist,

(Beifall)

und Herrn Abgeordneten Jürgensen zu seinem 60. Geburtstag am heutigen Tage.

(Beifall.)

Ich wünsche den genannten Mitgliedern des Hohen Hauses weitere Dezennien eines erfolgreichen Wirkens zum Wohle unseres Volkes.
Es liegt Ihnen eine Liste auf Überweisung von Vorlagen der Bundesregierung, die keiner Beschlußfassung bedürfen, an die zuständigen Ausschüsse gemäß § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung vor. Erhebt sich gegen die beabsichtigte Überweisung Widerspruch? — Ich stelle fest, daß das nicht der Fall ist.
Damit sind folgende Vorlagen überwiesen:
Vorlage des Bundeskanzlers betr.: Übereinkommen und Empfehlungen der internationalen Arbeitskonferenz während der 48. Tagung vom 17. Juni bis 9. Juli 1964 — Drucksache V/159 — an den Ausschuß für Arbeit,
Vorlage des Bundeskanzlers betr.: Geschäftsbericht der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte für das Rechnungsjahr 1964. Bezug: § 2 Abs. 2 Satz 3 des Gesetzes über die Errichtung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte — Drucksache V/206 — an den Ausschuß für Sozialpolitik.
Folgende amtliche Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
1. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat am 13. Januar 1966 unter Bezugnahme auf § 105 d Abs. 3 der Gewerbeordnung mitgeteilt, daß er auf Grund des § 105 d Abs. 1 der Gewerbeordnung die Zweite Verordnung zur Änderung der Verordnung über Ausnahmen vom Verbot der Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen in der Eisen- und Stahlindustrie vom 21. Dezember 1965 (Bundesgesetzbl. I S. 2138) erlassen habe. Sein Schreiben ist als Drucksache V/193 verteilt.
2. Der Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat am 24. Januar 1966 mitgeteilt, daß der Ausschuß gegen die
Verordnung Nr. 149/65/EWG des Rates vom 27. Oktober 1965 zur Verlängerung der Geltungsdauer und zur Änderung der in der Verordnung Nr. 113/64/EWG des Rates enthaltenen Bestimmungen über Milchpulver und die
Verordnung Nr. 151/65/EWG des Rates vom 27. Oktober 1965 zur Änderung der Verordnungen Nr. 55/65/EWG des Rates und 56/65/EWG des Rates, die besondere Bestimmungen über den Absatz bestimmter Käsesorten enthalten,
keine Bedenken erhoben habe.
Folgende EWG-Vorlagen sind überwiesen worden:
Verordnung des Rats zur dritten Verlängerung der Geltungsdauer der Verordnung Nr. 85/63/EWG über die Festsetzung der Einschleusungspreise und der Zusatzbeträge sowie der Übergangsbestimmungen für Teilstücke von Schweinen sowie Schweinefleisch enthaltende Zubereitungen und Konserven — Drucksache V/190 —
an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen — federführend — und an den Ausschuß far Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — mitberatend — mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 27. Januar 1966
Verordnung des Rats über die Verlängerung der Geltungsdauer der Verordnung Nr. 88/65/EWG betreffend die Erstattungen bei der Ausfuhr von Schweinefleisch, Eiern und Geflügelfleisch in dritte Länder — Drucksache V/191 —
an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen — federführend — und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — mitberatend — mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 27. Januar 1966
Verordnung des Rats zur Verlängerung der Verordnung Nr. 142/64/EWG über die Erstattung bei der Erzeugung für Getreide- und Kartoffelstärke — Drucksache V/192 —
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 27. Januar 1966
Verordnung des Rats über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern
Entscheidung des Rats über die Anwendung des Artikels 51 des Vertrages auf die französischen überseeischen Departements — Drucksache V/197 —
an den Ausschuß für Sozialpolitik — federführend — und an den Ausschuß für Arbeit — mitberatend — mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 23. März 1966
Verordnung des Rats über die schrittweise Errichtung einer gemeinsamen Marktorganisation für nicht der Ernährung dienende Gartenbauerzeugnisse — Drucksache V/204 —
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — federführend — und an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen — mitberatend — mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 23. März 1966
Zu der in der Fragestunde der 14. Sitzung des Deutschen Bundestages am 13. Januar 1965 gestellten Frage des Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen, Drucksache V/161 Nr. III/4, ist inzwischen die schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Schäfer vom 18. Januar 1966 eingegangen. Sie lautet:
Der festgestellte Sachverhalt gab keine Veranlassung, den Beamten des Statistischen Bundesamtes zu einer dienstlichen Stellungnahme aufzufordern. Der Beamte hatte den Sachbearbeiter des Hessischen Finanzministeriums darauf aufmerksam gemacht, daß das von ihm erbetene Zahlenmaterial noch nicht aufbereitet und bereinigt und daher zum Vergleich zwischen den einzelnen Ländern nicht geeignet sei.



Vizepräsident Frau Dr. Probst
Zu den in der Fragestunde der 14. Sitzung des Deutschen Bundestages am 13. Januar 1966 gestellten Fragen des Abgeordneten Bühling, Drucksache V/161, Nrn. IV/1, IV/2 und IV/3,. ist inzwischen die schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Jaeger vom 12. Januar 1966 eingegangen. Sie lautet:
1. Die Zahl der Richter, die ganz oder teilweise Verwaltungsaufgaben innerhalb der Gerichte und bei den Ministerien wahrnehmen, wird seit dem Jahre 1955 im Rahmen der alle zwei Jahre erhobenen Richterstatistik ermittelt. Danach ergibt sich folgendes Bild:
Jahr Gesamtzahl Davon nehmen Aufgaben der
der Richter Gerichtsverwaltung einschl. der
Ministerien wahr
Zahl %
1955 10 773 541 5,02
1957 11 340 611 5,38
1959 11 502 679 5,90
1961 11 609 706 6,08
1963 12 145 740 6,09
1965 12 247 744 6,07
Der Anteil der mit Aufgaben der Gerichtsverwaltung einschließlich der Ministerien betrauten Richter ist somit in den letzten 10 Jahren nur unwesentlich von 5,02 auf 6,07 % gestiegen, seit 1963 sogar leicht zurückgegangen. Er kann nicht als unverhältnismäßig hoch bezeichnet werden, zumal auch Richter erfaßt sind, die an der Ausbildung und Prüfung des juristischen Nachwuchses mitwirken.
2. Verwaltungsaufgaben dürfen Richter nur in dem eingeschränkten Rahmen des § 4 Abs. 2 des Deutschen Richtergesetzes vom 8. September 1961 (BGBl. I S. 1665) wahrnehmen. Dazu gehören außer Lehr- und Prüfungstätigkeiten die Gerichtsverwaltung und solche Verwaltungsgeschäfte, die den Gerichten oder Richtern auf Grund eines Gesetzes zugewiesen sind. Für die Verwaltungstätigkeit der Richter bleibt somit nur ein sehr begrenzter Bereich von Aufgaben, Ein Teil dieser Aufgaben wird überdies in richterlicher Unabhängigkeit erledigt, wie die Mitwirkung in den Präsidien der Gerichte, denen die Geschäftsverteilung obliegt. Andere Verwaltungstätigkeiten stehen mit der rechtsprechenden Tätigkeit und ihren äußeren Bedingungen in engem Zusammenhang. Es ist deshalb nicht zu befürchten, daß die Richter durch die Verwaltungstätigkeit ihrer rechtsprechenden Aufgabe entfremdet werden.
Soweit Richter gleichzeitig in der Rechtsprechung und in der Verwaltung tätig sind, haben sich auch keine Anhaltspunkte dafür ergeben, daß ihre innere Unabhängigkeit gefährdet wird. Bei der Verwaltungstätigkeit unterliegt der Richter zwar Weisungen. Rechtsprechung und Verwaltungstätigkeit sind aber streng voneinander geschieden. Soweit ein Richter ausschließlich Aufgaben der Gerichtsverwaltung oder Justizverwaltung wahrnimmt, geschieht dies jeweils nur für eine vorübergehende Zeit. Konkurrenzprobleme zwischen Richtern, die in der Gerichtsverwaltung tätig sind, und solchen, die nur in der Rechtsprechung mitwirken, dürften sich angesichts der geringen Beteiligung der Richter an Verwaltungsaufgaben, wenn überhaupt, nur in begrenztem Umfang ergeben. Sie wären aber nicht geringer, wenn diese Aufgaben innerhalb der Gerichte durch Verwaltungsbeamte erledigt würden, ganz abgesehen davon, daß die Tätigkeit solcher Beamter in der Gerichtsverwaltung den Anschein einer Beeinflussung der Rechtsprechung erwecken könnte.
Für die Abordnung an ein Ministerium ist die Zustimmung des Richters erforderlich; die Abordnung kann nur auf eine bestimmte Zeit ausgesprochen werden (§ 37 DRiG). Damit ist hinreichend Vorsorge getroffen, daß der abgeordnete Richter nicht der Rechtsprechung entfremdet wird.
Auch zahlenmäßig gesehen ist der Umfang der Abordnung von Richtern an Ministerien gering. Dem Bundesministerium der Justiz beispielsweise stehen nach dem Haushaltsplan für das Rechnungsjahr 1965 insgesamt 36 Hilfsstellen des höheren Dienstes zur Verfügung, die überwiegend mit abgeordneten Richtern aus dem Landesdienst besetzt sind. Fünfzehn dieser Hilfsstellen sollen im Rechnungsjahr 1966 in Planstellen umgewandelt werden, so daß sich die Zahl der Hilfsstellen auf 21 verringern wird. Zur Zeit sind ingesamt 31 abgeordnete Richter im Bundesministerium der Justiz tätig.
3. Der Kreis der den Gerichten übertragenen Verwaltungsaufgaben ist in den vergangenen Jahren, soweit möglich, verkleinert worden. Soweit die Gerichtsvorstände und deren richterliche Mitarbeiter gegenwärtig Verwaltungsaufgaben wahrnehmen, stehen diese — wie bereits hervorgehoben — in engem Zusammenhang mit der Rechtsprechungstätigkeit der Gerichte. Die Erledigung dieser Verwaltungsgeschäfte durch Richter entspricht der immer wieder erhobenen Forderung, daß die Richter im Interesse ihrer Unabhängigkeit an der Schaffung der verwaltungsmäßigen Voraussetzungen für die Tätigkeit der Gerichte beteiligt sein sollen. Nachdem die Verwaltungstätigkeit der Richter durch § 4 des am 1. Juli 1962 in Kraft getretenen Deutschen Richtergesetzes nur noch in sehr eingeschränktem Umfang zugelassen, im übrigen aber ausgeschlossen worden ist, werden weitere gesetzgeberische Maßnahmen nicht für erforderlich gehalten.
Zu der in der Fragestunde der 14. Sitzung des Deutschen Bundestages am 13. Januar 1966 gestellten Frage des Abgeordneten Josten, Drucksache V/161 Nr. IX16, ist inzwischen die schriftliche Antwort des Staatssekretärs Gumbel vom 15. Januar 1966 eingegangen. Sie lautet:
Zweck der Musterung ist die Feststellung der Tauglichkeit der Wehrpflichtigen. Tauglichkeit und Gesundsein sind nicht immer identisch. Wehrpflichtige, die farbenblind oder nur 1,49 m groß sind, sind beschränkt tauglich bzw. untauglich, ohne daß damit etwas über ihren Gesundheitszustand gesagt ist.
Diese Einschränkung bitte ich bei den folgenden Angaben zu beachten.
Im Durchschnitt der letzten fünf Jahre waren
rund 74,0 % der Gemusterten tauglich
rund 18,0 % der Gemusterten beschränkt tauglich
rund 5,5 % der Gemusterten vorübergehend untauglich und
rund 2,5 % der Gemusterten dauernd untauglich.
Bei der Musterung werden diejenigen Körperfehler, die im Einzelfall den Tauglichkeitsgrad beeinflussen, die sogenannten Hauptfehler, besonders festgehalten. Sie erlauben gewisse Rückschlüsse auf den gesundheitlichen Zustand der wehrpflichtigen Jugend.
Als Hauptfehler stehen bei Tauglichen und beschränkt Tauglichen im Vordergrund:
Formveränderung der Füße 17,0 %
Herabsetzung der Sehleistung 12,0 %
Störungen und Veränderungen von Herz oder Kreislauf 9,6 % Störungen und Veränderungen des Vegetativums, von Intelligenz und Psyche 8 %
Die Ergebnisse der Musterungsuntersuchungen lassen erkennen, daß ein nicht unerheblicher Teil der Körperfehler, welche die Tauglichkeit oder die Verwendungsfähigkeit der Wehrpflichtigen einschränken, solche Gesundheitsstörungen sind, die als Zivilisationsschäden bezeichnet werden. Das gilt vor allem für die Formveränderungen der Füße, die Haltungsfehler oder schäden der Wirbelsäule und die vegetativen Fehlsteuerungen von Herz und Kreislauf. Gerade diese Zivilisationsschäden lassen sich durch prophylaktische Maßnahmen im Kindes- und Schulalter weitgehend verhindern oder zumindest abschwächen; sie sind in dem Alter, in dem die Wehrpflichtigen ihren Grundwehrdienst ableisten, therapeutisch nur noch beschränkt zu beeinflussen.
Zu den in der Fragestunde der 13. Sitzung des Deutschen Bundestages am 12. Januar 1966 gestellten Fragen der Abgeordneten Frau Funcke, Drucksache V/161 Nrn. XI/1 und XI/2, ist inzwischen die schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Steinmetz vom 17. Januar 1966 eingegangen. Sie lautet:
Das Ansehen der Deutschen Bundespost wird durch das Tragen von bunten Pullovern oder Strickjacken zur Dienstkleidung nicht unbedingt berührt.
Es trifft nicht zu, daß das Personal der Deutschen Bundespost nur noch graue Pullover oder Strickjacken mit festgelegtem Schnitt zur Dienstkleidung tragen darf. Es darf auch weiterhin seine Privatpullover zur Dienstkleidung tragen.
Das Personal der Deutschen Bundespost hat mich aber gebeten, einen Pullover als Dienstkleidung zuzulassen. Die Dienstkleidung soll ihren Träger bei der Verrichtung seiner dienstlichen Tätigkeiten in der Öffentlichkeit als Angehörigen der Deutschen Bundespost kennzeichnen. Diese Voraussetzung trifft auf einen Pullover, der als Unterziehkleidung getragen wird, nicht zu. Ich habe daher die Einführung von Pullovern oder Strickwesten als Dienstkleidung abgelehnt, gleichzeitig jedoch auf ausdrücklichen Wunsch des Personals zugelassen, daß graue Pullover und graue Strickjacken als nicht zuschußfähige, aber sehr preiswerte Sonderkleidung bei der Postkleiderkasse bestellt werden können.
Zu der in der Fragestunde der 13. Sitzung des Deutschen Bundestages am 12. Januar 1966 gestellten Frage des Abgeordneten Dr. Müller-Emmert, Drucksache V/161 Nr. XI/9, ist inzwischen die schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Steinmetz vom 17. Januar 1966 eingegangen. Sie lautet:
Die Genehmigung zum Errichten und Betreiben eines Fernseh-Füllsenders für Glan-Münchweiler — Standort Rottersberg — wurde dem Südwestfunk am 24. 11. 1964 auf dessen Antrag hin erteilt.
Mit Schreiben vom 24. 8. 1965 hat der Südwestfunk jedoch einen neuen Antrag zum Errichten und Betreiben dieses Füllsenders an einem anderen Standort — am Springerberg — gestellt. Dieser Punkt entspricht aber dem bereits von meiner Verwaltung ermittelten zweckmäßigsten Füllsender-Standort für die Ausstrahlung des 2. und später 3. Fernsehprogramms, so daß hier noch eine Klärung der gemeinsamen Benutzung dieses Standorts durch die Deutsche Bundespost und den Südwestfunk erfolgen mußte. Darüber hinaus muß nach den Bestimmungen



Vizepräsident Frau Dr. Probst
des Rundfunkabkommens von Stockholm noch die Zustimmung von zwei ausländischen Nachbarverwaltungen zu dem neuen Vorhaben des Südwestfunks vorliegen.
Inzwischen hat jedoch nach Meldung des Fernmeldetechnischen Zentralamts der Südwestfunk voreilig — ohne die nach § 2 des Fernmeldeanlagengesetzes erforderliche Genehmigung des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen — den Füllsender am Standort Springerberg errichtet.
Falls besonders dringende Gründe für die vorzeitige Inbetriebnahme dieses Fernseh-Füllsenders vorliegen, kann dem Südwestfunk eine widerrufliche Sendegenehmigung mit der Auflage erteilt werden, daß der Fernsehkanal und technische Merkmale des Senders kurzfristig geändert werden müssen, falls die französische Fernmeldeverwaltung Einspruch erhebt oder wider Erwarten Störungen im Versorgungsgebiet anderer Fernsehsender auftreten.
Leider ist es mir heute noch nicht möglich, Ihnen einen voraussichtlichen Termin für den Abschluß der Verhandlungen und das Zustimmungsverfahren zu nennen. Sie dürfen jedoch versichert sein, daß meine Dienststellen um eine reibungslose und schnelle Abwicklung der Angelegenheit bemüht bleiben.
Ich rufe auf Punkt 1 der Tagesordnung:
Fragestunde — Drucksache V/212 —
Wir kommen zunächst zum Geschäftsbereich des Bundesministers für gesamtdeutsche Fragen. Ich rufe auf die Frage V/1 des Herrn Abgeordneten Dr. Martin:
Wie beurteilt die Bundesregierung das Verhalten des Chefredakteurs des Senders Freies Berlin, der einen Vertrag mit dem Zonenfernsehen unterzeichnet hat, in dem als Gerichtsstand „Berlin, Hauptstadt der DDR" enthalten ist, und die sich daraus ergebenden politischen Folgen?

Dr. Erich Mende (CDU):
Rede ID: ID0501600100
Frau Präsidentin, ich bitte um die Genehmigung, die drei Fragen des Abgeordneten Dr. Martin gemeinsam beantworten zu können.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501600200
Die Fragen V/2 und V/3 des Herrn Abgeordneten Dr. Martin sind hiermit aufgerufen:
War die Bundesregierung über das in Frage V/1 geschilderte Verhalten des Chefredakteurs des Senders Freies Berlin unterrichtet, so daß sie Gelegenheit hatte, vor Abschluß dazu Stellung zu nehmen?
Welche Maßnahmen sieht die Bundesregierung, um sicherzustellen, daß Körperschaften des öffentlichen Rechts oder sonstige eigenständig handelnde Organisationen nicht das Alleinvertretungsrecht der Bundesregierung gefährden?

Dr. Erich Mende (CDU):
Rede ID: ID0501600300
Zu der Frage 1 des Kollegen Dr. Martin: Die Bundesregierung bedauert, daß der Chefredakteur des Senders Freies Berlin den Vertrag mit dem Zonenfernsehen unterzeichnet hat, in dem als Gerichtsstand „Berlin, Hauptstadt der DDR" aufgeführt ist. Mindestens seit den öffentlichen Erörterungen um die Passierscheinvereinbarung vom Dezember 1963 mußte den leitenden Angestellten des Senders Freies Berlin bekannt sein, daß eine solche Formel unzulässig sei; denn damals haben sowohl die Bundesregierung als auch der Berliner Senat sich um eine andere Formel bemüht in bezug auf die Bezeichnung auf den Antragsformularen für die Passierscheine. Wir haben damals die salvatorische Klausel als ausreichend angesehen, Mißdeutungen solcher Bezeichnungen zu vermeiden. Auch hier wäre eine salvatorische Klausel am Platz gewesen, daß man sich über Amts-, Orts- und Behördenbezeichnungen nicht verständigt habe.
Zu Frage 2 des Kollegen Dr. Martin: Die Bundesregierung ist vom Inhalt dieses Vertages erst mehrere Tage nach dessen Unterzeichnung unterrichtet worden, hat also keine Gelegenheit gehabt, hierzu vorher Stellung zu nehmen.
Zu Frage 3: Die Bundesregierung hat alles getan, um sicherzustellen, daß das Alleinvertretungsrecht der Bundesrepublik Deutschland beachtet wird. Erwähnt seien hier die vom Bundsministerium für gesamtdeutsche Fragen im Juli 1965 neu herausgegebenen „Bezeichnungsrichtlinien", die u. a. im Gemeinsamen Ministerialblatt veröffentlicht wurden.
Was die Rundfunkanstalten im besonderen betrifft, so hat sich die Bundesregierung davon überzeugt, daß auch hier die volle Bereitschaft besteht, dem Erfordernis des Alleinvertretungsrechts Rechnung zu tragen. Zwischen der Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten Deutschlands (ARD) und dem Zweiten Deutschen Fernsehen ist eine Vereinbarung getroffen worden, derzufolge kein Akzent gesetzt werden darf, „durch den die Behörden der Sowjetzone einschließlich des Fernsehens und der Defa sich bestätigt sehen könnten". Dieses Abkommen ist in einer Arbeitssitzung der Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten Deutschlands vom 9. Dezember 1964 ausdrücklich gebilligt worden. Die Bundesregierung wird auch künftig darauf hinwirken, daß nach diesen Grundsätzen verfahren wird und daß ein Fehlgriff der Art, wie er jüngst im Sender Freies Berlin geschehen ist, sich nicht wiederholt.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501600400
Keine Zusatzfragen!
Ich rufe die Frage V/4 des Abgeordneten Sänger auf:
Wann wird die Bundesregierung die 1962 zugesagte Prüfung beenden, ob und in welcher Weise ein Rechtsanspruch von Bürgern der Bundesrepublik Deutschland entsteht, die durch Explosionen von Minen, die jenseits der Demarkationslinie ausgelöst wurden und diesseits Menschen oder Vieh bedrohen, verletzen oder töten oder Sachen beschädigen?

Dr. Erich Mende (CDU):
Rede ID: ID0501600500
Ich bitte auch hier um die Genehmigung, die Fragen des Abgeordneten Sänger verbunden zu beantworten.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501600600
Bitte sehr! Ich rufe dann auch die Fragen V/5 und V/6 des Abgeordneten Sänger auf:
In welcher Weise will die Bundesregierung die in Frage V/4 genannten Schäden tatsächlich heilen oder entschädigen, wenn, wie in einer bestehenden Verwaltungsvereinbarung geschehen, nur aus Gründen der Billigkeit Entschädigungen gewährt werden sollen?
Trifft es zu, daß die Bundesregierung für die in Frage V/4 Genannten keinen Rechtsanspruch anerkennen will, weil die Schadensursache außerhalb des Bundesgebietes liege und die Bundesregierung keine Möglichkeit habe, die unmittelbare Beseitigung der Ursache für die mögliche Schädigung zu veranlassen?

Dr. Erich Mende (CDU):
Rede ID: ID0501600700
Zu der ersten Frage des Kollegen Sanger: Die Bundesregierung beabsichtigt, Personen- und Sachschäden zu ersetzen, die an der Demarkationslinie zur sowjetischen Besatzungszone durch sowjetzonale Sperrmaßnahmen, z. B. Schüsse sowjetzonaler Grenzorgane oder Minenexplosionen, entstehen.
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Bundesminister Dr. Mende
Bei Personenschäden ist beabsichtigt, daß die gleichen Leistungen gewährt werden, wie sie das Bundesversorgungsgesetz vorsieht. Die Leistungen sollen im Billigkeitswege gewährt werden, um zunächst Erfahrungen zu sammeln. Da der Personenkreis voraussichtlich nicht groß ist, erscheint es fraglich, ob eine Änderung des Bundesversorgungsgesetzes überhaupt notwendig ist. Sollte sich dies bei der Durchführung der Entschädigungsleistungen erweisen, so würde die Bundesregierung einen entsprechenden Gesetzentwurf vorbereiten.
Bei dieser Gelegenheit darf ich darauf hinweisen, daß sich der vorgesehene Ersatz von Personenschäden in erster Linie zugunsten von Besuchern der Zonengrenze sowie solcher Personen auswirken wird, die in unmittelbarer Nähe der Demarkationslinie wohnen. Flüchtlinge, die im Zusammenhang mit der Flucht aus der SBZ einen Körperschaden erleiden, können Leistungen nach dem Häftlingshilfegesetz erhalten.
Sachschäden sollen ebenfalls ersetzt werden, wobei die Umstände des Einzelfalles berücksichtigt werden müssen.
Um den Geschädigten möglichst rasch zu helfen, ist vorgesehen, daß die Entschädigungen auf Grund von Verwaltungsvorschriften im Billigkeitswege, also ohne Rechtsanspruch, gezahlt werden. Die Bundesregierung wird an Hand der Praxis prüfen, ob den Geschädigten künftig ein Rechtsanspruch auf Schadenersatz eingeräumt werden muß. Die Bundesregierung hofft, daß noch im Laufe dieses Frühjahrs mit der Durchführung des Entschädigungsverfahrens begonnen werden kann.
Zu der dritten Frage des Kollegen Sänger darf ich noch bemerken: Die Bundesregierung mißt bei ihren rechtlichen Überlegungen der Tatsache keine Bedeutung bei, daß die Schadensursache außerhalb des Bundesgebietes liegt.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501600800
Zusatzfragen? — Bitte sehr, Herr Abgeordneter Sänger!

Fritz Sänger (SPD):
Rede ID: ID0501600900
Herr Minister, warum macht die Bundesregierung bei dieser Regelung in der Frage des Rechtsanspruchs einen Unterschied zwischen einem Flüchtling, dem durch eine Mine bei der Flucht ein Personenschaden entsteht, und einem Bauern, der an der Demarkationslinie auf seinem Acker pflügt und dadurch, daß auf der anderen Seite eine Mine explodiert, einen Personenschaden erleidet?

Dr. Erich Mende (CDU):
Rede ID: ID0501601000
Herr Kollege Sänger, es sind zwei verschiedene Sachverhalte. Das Häftlingshilfegesetz regelt eindeutig die Tatbestände, und nach ihnen muß verfahren werden. Sie gelten nicht für den Bauern, der dort pflügt. Für Ihn muß eine andere Regelung gefunden werden, entweder nach dem Bundesversorgungsgesetz oder im Sinne einer Billigkeitsregelung.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501601100
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Sanger.

Fritz Sänger (SPD):
Rede ID: ID0501601200
Herr Minister, nachdem alle mit diesen Fragen beschäftigten Behörden seit Jahren darauf drängen, daß eine Regelung in dem Sinne erfolgt, daß ein Rechtsanspruch gewährt wird, darf ich fragen, ob die Bundesregierung nicht beabsichtigt, diesem Drängen nachzugeben.

Dr. Erich Mende (CDU):
Rede ID: ID0501601300
Im Augenblick ist es so, daß die Kreisverwaltungen an der Zonengrenze die Anträge der Geschädigten entgegennehmen und den Sachverhalt klären. Dann soll ein Antrag mit einem Entschädigungsvorschlag auf dem Dienstwege über die zuständige oberste Landesbehörde dem Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen zur Entscheidung vorgelegt werden.
Im Laufe der letzten zehn Jahre sind — gottlob — nur in drei Fällen von Sachschäden und in einem Falle von Personenschaden Leistungen beantragt worden. Vielleicht liegt es an den wenigen Fällen, daß die Dinge bisher nicht mit der Dringlichkeit behandelt wurden, die Sie, Herr Kollege, wünschen.

Fritz Sänger (SPD):
Rede ID: ID0501601400
In welcher Art sind denn die Fälle erledigt worden?

Dr. Erich Mende (CDU):
Rede ID: ID0501601500
In dem einen Falle des Sachschadens ist aus Mitteln des regionalen Förderungsprogramms ein Ersatz geleistet worden. In den beiden anderen Fällen beträgt der Sachschaden insgesamt 1000 DM. Die Leistungen erfolgten aus Mitteln des regionalen Förderungsprogramms bzw. aus Mitteln des Ministeriums für gesamtdeutsche Fragen. Bei dem Personenschaden hat ein Minderjähriger infolge einer Schußverletzung den linken Arm verloren. Hier ist eine wesentlich höhere Leistung notwendig. Die Regelung ist in den Einzelheiten noch nicht abgeschlossen.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501601600
Vierte Zusatzfrage!

Fritz Sänger (SPD):
Rede ID: ID0501601700
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß möglicherweise deshalb nicht mehr Fälle vorgekommen sind, weil in bestimmten Gebieten an der Zonengrenze Bauern sich weigern, nahe an die Grenze heranzugehen und ihre Felder zu bestellen oder ihr Vieh hinzutreiben, weil sie fürchten, daß auf der anderen Seite Wild Minen zur Explosion bringt und dadurch sie und ihr Vieh gefährdet werden?

Dr. Erich Mende (CDU):
Rede ID: ID0501601800
Das ist möglich, Herr Kollege Sänger. Aber diese Diskussion wird sicher dazu beitragen, daß die Öffentlichkeit weiß, es wird auf jeden Fall sowohl für Sachschäden wie für Personenschäden eine Entschädigung auch dann gewährt, wenn eine gesetzliche Regelung noch nicht vorliegt.

Fritz Sänger (SPD):
Rede ID: ID0501601900
Herr Minister, führt es nicht allmählich zu einer Versteppung am Zonenrand, wenn die Bauern ihre Felder nicht mehr bestellen und nicht mehr auf die Wiesen gehen, weil sie befürchten, daß auf der anderen Seite Minen explodieren und dann hier kein Schaden ersetzt wird?




Dr. Erich Mende (CDU):
Rede ID: ID0501602000
Bei den Reisen, die der Ausschuß für gesamtdeutsche Fragen in der Vergangenheit in das Zonenrandgebiet machte, aber auch bei den Besuchen, die ich selber zum Teil allein, zum Teil mit dem Ausschuß 'dem Zonenrandgebiet abstattete, ergab sich nicht der Eindruck, daß eine Versteppung weiter Bereiche eintritt. Die Frage der Lebensgefahr wird sicher von den Gefährdeten nicht nur nach dem Entschädigungsanspruch beurteilt, sondern ernster gesehen. Ich glaube, daß ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Tatsache, daß gewisse Streifen unbebaut belassen werden, und der Entschädigungsfrage nicht besteht. Eher spielt die Sorge um das eigene Leben eine Rolle.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501602100
Letzte Zusatzfrage!

Fritz Sänger (SPD):
Rede ID: ID0501602200
Herr Minister, mag Ihre Beobachtung im Zonenrandgebiet — ich war teilweise selber bei den Besuchen dabei — nicht auch darauf beruhen, daß damals noch nicht so viele Fälle eingetreten waren? Ist es aber nicht so, daß inzwischen eingetretene Fälle schon dazu führen, daß am Zonenrand entlang laufende Gräben nicht mehr geräumt werden, die Wiesen versauern und das Land geschädigt wird, weil man sich nicht in die Gefahr begeben möchte?

Dr. Erich Mende (CDU):
Rede ID: ID0501602300
Herr Kollege Sänger, die Versauerung gewisser Geländestreifen, auch die mangelnde Beseitigung von Abwässern oder Überflutungen bei Überschwemmungen hängen damit ursächlich nicht zusammen, sondern mit der bedauerlichen Tatsache, daß seit 1958 kommunale Vereinbarungen nicht mehr möglich waren. Früher war es selbstverständlich, daß bezüglich der Entwässerung, der Seuchenbekämpfung und des Katastrophenschutzes die jeweiligen Bürgermeister und Landräte gewisse Vereinbarungen trafen; das ist seit 1958 teilweise zum Erliegen gekommen, seit 1961 völlig abgebrochen. Daher sind u. a. Überflutungen und Schäden zu beklagen.
Die Bundesregierung ist dazu bereit, die alten Vereinbarungen wieder möglich zu machen, und hat den vier Zonenrandländern schon vor zwei Jahren mitgeteilt, daß sie die Aufnahme kommunaler technischer Verbindungen begrüßen würde, damit wieder Vereinbarungen getroffen werden könnten, die im beiderseitigen Interesse liegen und die Schäden auf beiden Seiten abwenden. Ich erinnere nur an den Landkreis Lüchow-Dannenberg .und die dort entstandenen bedauerlichen Überschwemmungen.

Fritz Sänger (SPD):
Rede ID: ID0501602400
Ich bedanke mich besonders für die letzten Sätze.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501602500
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jahn.

Gerhard Jahn (SPD):
Rede ID: ID0501602600
Herr Minister, darf ich aus Ihren Antworten folgendes entnehmen: Können wir nunmehr davon ausgehen, daß die Bundesregierung unverzüglich und ohne weitere Verzögerung die Voraussetzungen dafür schaffen wird, daß in all den Fällen, die in der Frage des Kollegen Sänger aufgegriffen worden sind, für die Zukunft eine eindeutige Rechtsgrundlage geschaffen wird, die eine gleichwertige, gleichartige Entschädigung der Betroffenen vorsieht?

Dr. Erich Mende (CDU):
Rede ID: ID0501602700
Herr Kollege Jahn, das ist richtig. Die Verzögerung ist auch dadurch entstanden, daß natürlich zahlreiche rechtliche Probleme zur Klärung anstanden. Das Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen wird in Kürze die vier beteiligten Länder bzw. deren Ministerien zu einer gemeinsamen Besprechung einladen, um dem Hause baldigst eine endgültige Regelung vorzulegen.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501602800
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Jahn.

Gerhard Jahn (SPD):
Rede ID: ID0501602900
Es kann also davon ausgegangen werden, daß Ihr Haus bzw. die Bundesregierung eine eigene Vorlage hier im Hause einbringen wird?

Dr. Erich Mende (CDU):
Rede ID: ID0501603000
Nach der Besprechung mit den vier Zonenrandländern werden wir die auch von diesen Ländern für die beste gehaltene Regelung hier vorlegen.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501603100
Die Fragen V/7, V/8 und V/9 sind vom Fragesteller zurückgezogen.
Ich rufe die Frage V/10 des Herrn Abgeordneten Weigl auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Veröffentlichung von Werbeanzeigen sogenannter volkseigener Betriebe in Presseorganen in der Bundesrepublik?
Herr Bundesminister, bitte!

Dr. Erich Mende (CDU):
Rede ID: ID0501603200
Frau Präsidentin, zu der Frage des Herrn Kollegen Weigl darf ich für die Bundesregierung folgendes feststellen.
In der SBZ dient die Außenwirtschaftspolitik den politischen Zielen des Regimes. Bei der Werbung der SBZ ist grundsätzlich zu unterscheiden, ob es sich um Werbung für Erzeugnisse in der Bundesrepublik Deutschland handelt oder ob sowjetzonale Betriebe für die Werbung im Ausland in Exportzeitschriften der Bundesrepublik inserieren wollen.
Im ersten Fall steht einer sachbezogenen unpolitischen Werbung, bei der politische Bezeichnungen nicht verwendet werden, nichts entgegen. Eine Werbung dieser Art entspricht vielmehr dem Sinn des Interzonenhandels.
Generell unerwünscht dagegen sind Anzeigen sowjetzonaler Betriebe in Druckerzeugnissen, die in der Bundesrepublik Deutschland herausgegeben werden und für die Werbung im Ausland bestimmt sind. Die Bundesregierung hat diese Stellungnahme bereits am 14. Juni 1963 dem Verband Deutscher Zeitschriftenverleger zugeleitet.




Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501603300
Damit ist dieser Komplex erledigt; keine weiteren Zusatzfragen. Ich danke dem Herrn Bundesminister.
Ich rufe dann die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern auf, zunächst Frage VII/1 des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen:
Welches Ergebnis haben die in der Fragestunde vom 29. Januar 1965 angekündigten Untersuchungen über die Frage erbracht, ob zur eindeutigen Klärung für die Vollzugsbeamten des Bundes entsprechend der in der Hansestadt Hamburg gefundenen Lösung im einzelnen festgelegt werden kann, welche Waffen nach § 2 des Gesetzes über den unmittelbaren Zwang bei der Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes zugelassen sind?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501603400
Ich darf die Frage wie folgt beantworten. Die in der Fragestunde vom 29. Januar 1965 von dem damaligen Herrn Bundesminister des Innern angekündigte Untersuchung hat folgendes ergeben. Acht Bundesländer, nämlich Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und das Saarland, beabsichtigen nicht, ihre Vorschriften über den unmittelbaren Zwang der Hamburger Regelung anzugleichen. Sie wollen weiterhin der Regelung in § 2 Abs. 4 des Bundesgestzes über den unmittelbaren Zwang folgen und die zu verwendenden Waffen gesetzlich nicht näher konkretisieren.
Die Innenministerkonferenz wird sich morgen bzw. übermorgen auf ihrer Tagung in Saarbrücken mit der Sache abschließend befassen. In Übereinstimmung mit der Auffassung der erwähnten acht Länder möchte die Bundesregierung eine Änderung der Waffengebrauchsvorschriften in dem genannten Bundesgesetz nicht in die Wege leiten.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501603500
Eine Zusatzfrage.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0501603600
Herr Staatssekretär, glauben Sie nicht, daß es doch richtig wäre, wenn der Bund durch ein gutes Beispiel in einer solchen Änderung voranginge, weil die betroffenen Beamten durch ihre zuständigen Berufsorganisationen doch gute Gründe vorgetragen haben, die für eine Konkretisierung des § 2 sprechen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0501603700
Die Bundesregierung hat Zweifel, ob das ein gutes Beispiel wäre, wenn acht Länder — die ich eben genannt habe — an der Bundesregelung und an den entsprechenden Regelungen in ihren Ländern festhalten wollen.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501603800
Eine zweite Zusatzfrage.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0501603900
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß die acht Bundesländer in der überwiegenden Zahl bereit wären, dem guten Beispiel des Bundes bei einer Änderung zu folgen?

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501604000
Nein, das ist nicht der Fall, Herr Abgeordneter. Die acht Bundesländer haben unabhängig von der Einstellung des Bundes zum Ausdruck gebracht, daß sie der Hamburger Regelung nicht folgen wollen.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501604100
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schäfer.

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501604200
Herr Staatssekretär, werden bei der von Ihnen erwähnten Innenministerkonferenz auch Bemühungen unternommen, die noch bestehenden Unterschiede bei den Waffengebrauchsbestimmungen auszuräumen ?

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501604300
Wie ich soeben schon sagte, wollen die acht Länder an der jetzigen Regelung festhalten. Ich glaube nicht, daß die acht Länder sich der Regelung eines Landes anschließen werden, nur um die Einheit wiederherzustellen.

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501604400
Herr Staatssekretär, meine Frage bezog sich nicht nur auf den § 2, sondern auch auf die anderen noch bestehenden Unterschiede in den Waffengebrauchsbestimmungen.

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501604500
Es ist, soweit ich es übersehe, nur der § 13 des Hamburger Gesetzes hier noch von Bedeutung, der vorschreibt, daß der Einsatz der besonderen Waffen jeweils der Zustimmung der Landesregierung bzw. des Senats von Hamburg bedarf. Diese Regelung wird offenbar von den acht Ländern nicht als richtig angesehen.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501604600
Ich rufe die Frage VII/2 des Herrn Abgeordneten Kaffka auf:
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß der Erlaß des Innenministeriums von Baden-Württemberg zur Durchführung des Personenstandsgesetzes vom 20. März 1958 über den Nachweis der deutschen Staatsangehörigkeit mit dem Personenstandsgesetz vom 8. August 1957 vereinbar ist?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501604700
Ich darf zu Ihrer Frage, Herr Abgeordneter, folgendes sagen. Der Erlaß des Innenministeriums von Baden-Württemberg vom 20. März 1958 zur Durchführung des Personenstandsgesetzes ist durch einen späteren Erlaß des Innenministeriums vom 6. Juni 1959 geändert worden. In dieser Fassung schreibt der Erlaß vor, daß der Verlobte nach Möglichkeit vor der Eheschließung seine deutsche Staatsangehörigkeit durch Vorlage einer Staatsangehörigkeitsurkunde nachweisen soll. Diese Bestimmung des Erlasses nimmt Bezug auf § 12 Abs. 2 Nr. 3 des Personenstandsgesetzes und hat zum Ziel, die Voraussetzung für eine Eintragung der Staatsangehörigkeit in das Familienbuch zu schaffen. Dieser Teil des Erlasses stellt daher auch eine Ausführungsbestimmung zu § 12 Abs. 2 Nr. 3 des Personenstandsgesetzes dar. Er soll den Behörden in Baden-Württemberg ermöglichen, daß sie die jahr-



Staatssekretär Dr. Schäfer
zehntelange Praxis fortsetzen, wonach die Staatsangehörigkeit in das frühere württembergische Familienregister einzutragen war, das durch das neue Familienbuch abgelöst worden ist. Einen Verstoß gegen das Personenstandsgesetz enthält dieser Erlaß nach unserer Auffassung jedoch nicht; denn die Standesbeamten werden in ihm gleichzeitig angewiesen, bei Bestellung des Aufgebots auf der Vorlage einer Staatsangehörigkeitsurkunde nur in den Fällen des § 11 Abs. 1 der Ausführungsverordnung zum Personenstandsgesetz zu bestehen. Der Standesbeamte darf danach die Eheschließung nur dann von der Beibringung der Staatsangehörigkeitsurkunde abhängig machen, wenn er Zweifel an der Staatsangehörigkeit hat.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501604800
Eine Zusatzfrage.

Rudolf Kaffka (SPD):
Rede ID: ID0501604900
Herr Staatssekretär, halten Sie es nicht für angebracht, daß man hier bundeseinheitliche Regelungen trifft, da alles, was mit der Feststellung und dem Nachweis der Staatsangehörigkeit zu tun hat, nach dem Personenstandsgesetz doch ohnedies Bundessache ist?

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501605000
Es gibt ein einheitliches Personenstandsgesetz, wie Sie mit Recht sagen, Herr Abgeordneter, und eine Ausführungsverordnung dazu, die ebenfalls bundeseinheitlich ist. Daneben sind aber nach unserer föderativen Ordnung die Länder berechtigt, Ausführungsanweisungen, also Verwaltungsbestimmungen für ihren Bereich zu erlassen. Da diese Verwaltungsanweisung des Landes Baden-Württemberg sich nach unserer Auffassung dem geltenden Recht entsprechend verhält, sehen wir keinen Anlaß, von Bundes wegen hier einzugreifen.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501605100
Zweite Zusatzfrage.

Rudolf Kaffka (SPD):
Rede ID: ID0501605200
Herr Staatssekretär, diese baden-württembergische Ausführungsverordnung bestimmt doch explicite etwas, was wesentlich über das Bundesgesetz hinausgeht, so daß es doch zu mitunter sehr seltsamen Ereignissen insofern kommt, als ein Bürger 10 Jahre lang zur Wahl gehen kann — zur Kommunalwahl, zur Landtagswahl, zur Bundestagswahl —, jedoch, wenn er heiratet, seine Staatsangehörigkeit plötzlich nachweisen muß.

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501605300
Ich sagte soeben schon in meiner ersten Antwort, Herr Abgeordneter, daß der Standesbeamte die Eheschließung nur dann von der Beibringung der Staatsangehörigkeitsurkunde abhängig machen darf, wenn er Zweifel an der Staatsangehörigkeit hat. Diese Regelung halte ich durchaus für angemessen.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501605400
Ich rufe die Frage VII/3 des Abgeordneten Rollmann auf:
Wie werden die deutschen Behörden in Zukunft mit den sogenannten Wirtschaftsflüchtlingen aus den Ostblockstaaten verfahren?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501605500
Ich darf zu dieser Frage, Herr Abgeordneter, folgendes bemerken. Die Konferenz der Innenminister der Bundesländer befaßt sich auf ihrer nächsten turnusmäßigen Tagung, die morgen und übermorgen in Saarbrücken stattfindet, mit dem Problem, wie solche Angehörige von Ostblockstaaten ausländerrechtlich zu behandeln sind, die illegal in das Bundesgebiet eingereist sind, ohne Asylgründe geltend zu machen. Hierfür sind, wie ich Ihnen, Herr Abgeordneter, schon auf Ihre frühere mündliche Frage am 2. Dezember vergangenen Jahres gesagt habe, ausschließlich die Behörden der Länder zuständig. Sie haben wohl Verständnis dafür, wenn ich über die zu erwartenden Beschlüsse der Innenminister der Länder noch keine Mitteilungen vor diesem Hause machen kann. Ich bin jedoch gern bereit, nach Abschluß der Konferenz dem Innenausschuß dieses Hauses über die neue Praxis zu berichten, wie dies schon auf der Berliner Sitzung des Ausschusses am 19. dieses Monats in Aussicht gestellt worden ist.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501605600
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Rollmann.

Dietrich-Wilhelm Rollmann (CDU):
Rede ID: ID0501605700
Herr Staatssekretär, wird Ihr Haus bei der Innenministerkonferenz darauf hinwirken, daß in Zukunft diese sogenannten Wirtschaftsflüchtlinge nicht in der Weise abgeschoben werden, wie es im vergangenen Jahr der Fall war?

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501605800
Die Beschlüsse, die die Innenminister voraussichtlich morgen oder übermorgen in Saarbrücken fassen werden, sind mit unserem Hause in mehreren Besprechungen vorbereitet worden. Sie werden, wenn sie so angenommen werden, zu einer Änderung der bisherigen Praxis, die namentlich im Bundesland Bayern geübt worden ist, führen.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501605900
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Rollmann.

Dietrich-Wilhelm Rollmann (CDU):
Rede ID: ID0501606000
Darf ich Sie so verstehen, Herr Staatssekretär, daß sich die Bundesregierung darum bemühen wird, daß alle diese sogenannten Wirtschaftsflüchtlinge vor allen Dingen auch dem Bundesamt für die Anerkennung von ausländischen Flüchtlingen in Zirndorf vorgeführt werden?

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501606100
Diese Frage kann ich nicht so eindeutig mit Ja beantworten, wie Sie das offenbar erwarten. Sie verstehen unter Wirtschaftsflüchtlingen offenbar solche Flüchtlinge aus den Ostblockstaaten, die ohne Asylgründe in das Bundesgebiet gekommen sind, also ohne daß sie selbst behaupten, poli-



Staatssekretär Dr. Schäfer
tisch, rassisch oder religiös verfolgt zu sein. Dieser Personenkreis kann, wenn bei ihm feststeht, daß keine politische, rassische oder religiöse Verfolgung vorliegt, überhaupt nicht dem Bundesamt in Zirndorf zugeführt werden.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501606200
Sie haben Ihr Kontingent erschöpft, Herr Abgeordneter Rollmann.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Wehner.

Herbert Wehner (SPD):
Rede ID: ID0501606300
Herr Staatssekretär, ist es mit dem Grundgesetz vereinbar, daß Menschen, die bei uns Asyl begehren, dieses verwehrt wird, ohne daß ihnen überhaupt die Zeit für ein Vertrautmachen mit den bei uns geltenden gesetzlichen Bestimmungen und ohne daß die für eine gründliche Prüfung erforderliche Zeit gegeben ist?

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501606400
Herr Abgeordneter Wehner, ich sagte eben schon auf die letzte Frage des Herrn Abgeordneten Rollmann, daß das Asylrecht, wie es in Art. 16 unseres Grundgesetzes verbürgt ist, sich auf eine Verfolgung aus politischen, religiösen oder rassischen Gründen bezieht. Dieses Asylrecht ist noch nie verletzt worden. Bei den vom Herrn Abgeordneten Rollmann angeführten sogenannten Wirtschaftsflüchtlingen mag in der Vergangenheit bei der Abschiebung hin und wieder zu schnell verfahren worden sein. Die Abstellung dieses Verfahrens ist gerade das Ziel der jetzigen Überlegungen der Innenminister.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501606500
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Wehner.

Herbert Wehner (SPD):
Rede ID: ID0501606600
Die Fragestunde gibt mir nicht die Möglichkeit, auf die Eigentümlichkeit einer solchen Sachlage hinzuweisen. Aber ich kann Ihnen wenigstens die Zusatzfrage stellen, ob Ihnen denn nicht bekannt ist, daß in totalitär regierten Ländern und speziell in kommunistisch regierten Ländern die Verflechtung dessen, was dort Wirtschaft heißt, mit dem, was Politik und Verfolgung ist, so eng ist, daß es unserer Bürokratie nicht ansteht, hier zunächst dem Flüchtling die Beweislast dafür aufzuerlegen, was er ist.

(Beifall auf allen Seiten des Hauses.)


Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501606700
Von Beweislast, Herr Abgeordneter Wehner, kann keine Rede sein. Aber die Fälle, die Sie im Auge haben und die sich gelegentlich auch in der Presse niedergeschlagen haben, waren durchweg so gelagert, daß der betreffende aus dem Ostblockstaat Kommende sich überhaupt nicht auf politische Verfolgung berufen hat.

(Abg. Wehner: Tut mir leid, daß Sie so wenig sehen, was in den Ländern wirklich ist!)


Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501606800
Herr Schmitt-Vockenhausen zu seiner ersten Zusatzfrage!

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0501606900
Herr Staatssekretär, sind Sie sich bewußt, daß bei der Formulierung des Art. 16 unseres Grundgesetzes die in den kommunistischen Ostblockstaaten sich entwikkelnden Verhältnisse noch nicht berücksichtigt werden konnten und daß die jetzige Situation menschlich und sachlich völlig unbefriedigend ist? Es ist für unser freiheitliches Land keine Empfehlung, wenn wir diese Lücke lassen.

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501607000
Herr Abgeordneter, ich habe zu Beginn meiner Antworten schon darauf hingewiesen, daß sich die Innenminister, die, wie ich nochmals betonen möchte, ausschließlich für die Behandlung dieser Fälle zuständig sind, zur Zeit bemühen, die bisherige Praxis zu ändern.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501607100
Zweite Zusatzfrage!

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0501607200
Herr Staatssekretär, ist Ihr Haus bereit, uns bei Änderung dieses Zustandes zu unterstützen? Ich glaube, es handelt sich hier um die einmütige Meinung des ganzen Hauses.

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501607300
Das Bundesinnenministerium ist immer bereit gewesen, den Ausschuß zu unterstützen. Ich habe vorhin schon angeboten, im Innenausschuß Bericht zu erstatten, wie das schon in der Berliner Sitzung erwogen worden ist.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501607400
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Jahn.

Gerhard Jahn (SPD):
Rede ID: ID0501607500
Herr Staatssekretär, wer entscheidet nach Ihrer Erfahrung und nach den Vereinbarungen der Länder untereinander darüber, ob jemand in einem so gravierenden Fall Anspruch darauf hat, als ein Asylsuchender behandelt zu werden?

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501607600
Ich sagte bereits, Herr Abgeordneter, daß das Bundesamt in Zirndorf für die Prüfung der Asylberechtigung nach Art. 16 des Grundgesetzes und den Genfer Vereinbarungen zuständig ist. An dieses Verfahren, das in zwei Instanzen beim Bundesamt durchgeführt wird, schließt sich in der Regel ein dreiinstanzliches Verfahren vor den Verwaltungsgerichten an. Das sind die politischen Asylfälle. In den anderen Fällen entscheiden nach unserer föderativen Ordnung die Ausländerbehörden, gegen deren Entscheidung auf Grund des Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes und auf Grund der Verwaltungsgerichtsordnung der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501607700
Zu einer zweiten Zusatzfrage der Herr Abgeordnete Jahn.

Gerhard Jahn (SPD):
Rede ID: ID0501607800
Herr Staatssekretär, ist Ihnen denn nicht bekannt, daß Ihre Antwort am Pro-



Jahn (Marburg)

blem haarscharf vorbeigeht und daß es hier allein um die Frage geht, ob unzuständige Verwaltungsstellen sich permanent anmaßen, Vorwegentscheidungen zu treffen, ohne daß sie überhaupt in der Lage sind, durch gehörige Befragung und entsprechende Belehrung der Betroffenen sicherzustellen, daß diese Anträge auch richtig interpretiert und von der allein zuständigen Stelle in Zirndorf behandelt werden?

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501607900
Herr Abgeordneter, ich muß bestreiten, daß meine Antwort haarscharf an Ihrer Frage vorbeiging. Die von Ihnen als allein zuständig bezeichnete Stelle in Zirndorf ist nur für die echten Asylfälle zuständig.

(Abg. Wehner: Darum geht es doch! Die Leute können das vorher gar nicht wissen!)

— Darum geht es eben nicht. Ich habe genau unterschieden und bitte Sie, ebenfalls zu unterscheiden zwischen den echten Asylfällen und den ins Bundesgebiet gekommenen Angehörigen von Ostblockstaaten, die sich überhaupt nicht auf das Asylrecht berufen können.

(Abg. Wehner: Das ist entsetzlich! — Abg. Jahn [Marburg] : Von der Verwaltung als unecht deklariert!)


Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501608000
Zu einer Zusatzfrage der Herr Abgeordnete Felder.

Josef Felder (SPD):
Rede ID: ID0501608100
Herr Staatssekretär, können Sie sagen, wie viele dieser sogenannten Wirtschaftsflüchtlinge bisher vom Bundessammellager Zirndorf zurückgewiesen worden sind und ob sie überhaupt die Möglichkeit hatten, ihr Anliegen vor dem Aufnahmeausschuß zu begründen?

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501608200
Diejenigen Flüchtlinge, die vor dem Bundesamt in Zirndorf ihr Recht gesucht haben, haben volle Möglichkeiten gehabt, dieses Recht zu verfolgen. Wie ich soeben schon sagte, haben wir im Lager Zirndorf zwei Arten von Ausschüssen: Anerkennungsausschüsse und Beschwerdeausschüsse. Dann gibt es den verwaltungsgerichtlichen Weg. Diejenigen Flüchtlinge, die in das Verfahren des Bundesamtes kommen, genießen vollen Rechtsschutz in diesem Amt. Die übrigen Flüchtlinge werden durch die Ausländerbehörden der Länder

(Abg. Wehner: . . . abgeschoben!)

behandelt und dann, wenn sie sich gegen deren Entscheidung wehren, durch die Verwaltungsgerichte.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501608300
Eine zweite Zusatzfrage.

Josef Felder (SPD):
Rede ID: ID0501608400
Ich darf meine Frage wiederholen: Wie viele dieser sogenannten Wirtschaftsflüchtlinge sind bisher in Zirndorf zurückgewiesen worden?

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501608500
Das kann ich jetzt nicht sagen. Ich werde Ihnen aber, wenn Sie Wert darauf legen, die Frage schriftlich beantworten.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501608600
Herr Abgeordneter Dorn zu seiner ersten Zusatzfrage.

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0501608700
Herr Staatssekretär, darf ich Sie, nachdem Sie mit den Länderinnenministern darüber verhandeln, welcher Weg beschritten werden kann, um solche Pannen in Zukunft zu verhindern, fragen: Haben Sie auch mit den Länderministern eine Vereinbarung darüber getroffen, daß während der Verhandlungen nicht noch weitere Flüchtlinge abgewiesen werden?

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501608800
Nach unserer Kenntnis sind seit 1. Oktober vergangenen Jahres Flüchtlinge auf diese Art und Weise nicht mehr zurückgewiesen worden. Wenn nun auf der Konferenz der Innenminister morgen oder übermorgen die neue Verfahrensweise beschlossen wird, wird man sich danach richten. Jedenfalls ist in diesen neuen Bestimmungen vorgesehen, daß auch diese Art von Flüchtlingen nicht sofort wieder über die Grenze abgeschoben wird.

(Abg. Jahn [Marburg] : Welche Art ist denn das schon wieder?)


Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501608900
Ich bitte, doch die Reihenfolge einzuhalten. — Herr Abgeordneter Dorn, eine zweite Zusatzfrage.

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0501609000
Herr Staatssekretär, welche Möglichkeiten werden denn die Länder finden, um nunmehr eine Rechtsgrundlage zu schaffen, die sicherstellt, daß solche Fälle nicht mehr vorkommen können?

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501609100
Ich müßte, um diese Frage zu beantworten, der Innenministerkonferenz vorgreifen, die morgen und übermorgen tagt. Ich sagte schon zu Beginn meiner Antworten, daß ich das nicht tun möchte. Ich bitte Sie, dafür Verständnis zu haben. Ich kann die Regelung, die die Länder morgen oder übermorgen beschließen, nicht hier vor diesem Hause ausbreiten.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501609200
Herr Abgeordneter Geißler, Ihre erste Zusatzfrage.

Dr. Heiner Geißler (CDU):
Rede ID: ID0501609300
Herr Staatssekretär, wie stellen Sie sich zu dem Vorschlag der Nansen-Gesellschaft, in Zukunft einen Asylbeirat beim Bundesinnenministerium einzurichten?

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501609400
Der Vorschlag ist der Erwägung wert. Ich kann aber im Augenblick noch nichts Näheres darüber sagen.




Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501609500
Zweite Zusatzfrage.

Dr. Heiner Geißler (CDU):
Rede ID: ID0501609600
Herr Staatssekretär, eine zweite Zusatzfrage. Trifft es zu, daß Flüchtlingen, die ausgewiesen werden sollten, der Ausweisungsbescheid samt Rechtsmittelbelehrung — zumindest in einigen Fällen — erst im Flugzeug, das sie in ihr Heimatland zurückgebracht hat, zugestellt worden ist?

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501609700
Ich habe solche Meldungen nur den Zeitungen entnommen.

(Abg. Wehner: Hört! Hört!)

Berichte von den Ländern habe ich darüber nicht.

(Abg. Wehner: Sie sind Ihnen nicht nachgegangen; es hat Sie nicht berührt!)


Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501609800
Herr Abgeordneter Mommer zu seiner ersten Zusatzfrage.

Dr. Karl Mommer (SPD):
Rede ID: ID0501609900
Herr Staatssekretär, halten Sie es für einen echten Asylfall, wenn sich ein Wissenschaftler, der das Ansinnen zurückgewiesen hat, bei uns in Verbindung mit seinen beruflichen Reisen Spionage zu treiben, dem weiteren Drängen durch Hierbleiben entziehen will?

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501610000
Ich würde meinen, daß ein solcher Mann bei der Rückkehr in sein Heimatland wohl mit politischer Verfolgung zu rechnen hätte. Ich kann diese Auskunft natürlich nur für meine Person und nicht für die Behörden geben, die darüber zu entscheiden haben.

Dr. Karl Mommer (SPD):
Rede ID: ID0501610100
Darf ich Ihnen sagen, daß dieser Fall erst anerkannt wurde, nachdem ich mich als Abgeordneter eingeschaltet hatte.

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501610200
Ich kenne den Fall nicht.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501610300
Herr Abgeordneter Damm zu einer ersten Zusatzfrage.

Carl Damm (CDU):
Rede ID: ID0501610400
Herr Staatssekretär, ist das Ministerium bereit, die Angelegenheit übermorgen auf der Tagung der Innenminister so zu behandeln, daß — offenbar doch in Übereinstimmung mit diesem Hause — Regelungen getroffen werden, die davon ausgehen, daß alle sogenannten Wirtschaftsflüchtlinge, die zurückgeschickt werden, dann in ihrem Heimatland politische Flüchtlinge, politisch Verfolgte, sind?

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501610500
Wir sind, wie ich schon sagte, an der Vorbereitung der Beschlüsse, die vermutlich von den Innenministern gefaßt werden, intensiv beteiligt gewesen. Ich werde selbstverständlich morgen und übermorgen auf der Konferenz der Innenminister die hier zum Ausdruck gekommene Auffassung darlegen.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501610600
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Damm.

Carl Damm (CDU):
Rede ID: ID0501610700
Herr Staatssekretär, haben Sie aus den vorbereitenden Gesprächen mit den Ländern den Eindruck, daß Sie, was diese von mir eben geschilderte Tendenz angeht, Widerstand bei den Ländern finden werden?

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501610800
„Widerstand" möchte ich nicht sagen; aber es gibt da verschiedene Meinungen.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501610900
Herr Dr. Müller (München), bitte, die erste Zusatzfrage!

Dr. Günther Müller (CSU):
Rede ID: ID0501611000
Herr Staatssekretär, wenn Sie den Zeitungen entnommen haben, daß Abgeschobenen erst im Flugzeug die entsprechende Verfügung zugestellt wurde, was hat Ihr Ministerium unternommen, um einen solchen Fall nachzuprüfen?

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501611100
Wir haben mit den Behörden des Landes Bayern, das hauptsächlich von diesen Flüchtlingen angegangen wird, intensiv beraten, so daß diese Praxis mindestens seit dem 1. Oktober abgestellt worden ist.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501611200
Herr Dr. Müller (München), zweite Zusatzfrage.

Dr. Günther Müller (CSU):
Rede ID: ID0501611300
Herr Staatssekretär, gibt es bei Ihnen Untersuchungen darüber, wir hoch die Strafen derjenigen waren, die aus der Bundesrepublik in ihre Heimatländer zurückgeschickt worden sind, oder haben Sie sich im Ministerium nicht genügend mit dieser Frage beschäftigt?

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501611400
Wir können die Strafen, die beispielsweise in Ungarn oder Jugoslawien ausgesprochen werden, von uns aus nicht ermitteln, sondern erfahren nur zufällig davon, wie z. B. von dem Fall, der in der Fragestunde am 9. Dezember behandelt worden ist. Es ist also reiner Zufall, wenn wir von solchen Strafverfolgungen in den Ostblockländern erfahren.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501611500
Herr Abgeordneter Büttner, erste Zusatzfrage.

Fritz Büttner (SPD):
Rede ID: ID0501611600
Herr Staatssekretär, wer hat den Ausdruck „Wirtschaftsflüchtling" erfunden — übrigens ein scheußlicher Ausdruck — und damit zwei Arten von Flüchtlingen geschaffen?




Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501611700
Ich teile völlig Ihre Auffassung über diesen Ausdruck „Wirtschaftsflüchtlinge". Wer ihn erfunden hat, kann ich nicht sagen, wir jedenfalls nicht. Er hat sich wohl in der Presse oder sonstwo entwickelt.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501611800
Herr Abgeordneter Büttner, zweite Zusatzfrage.

Fritz Büttner (SPD):
Rede ID: ID0501611900
Herr Staatssekretär, ist Ihr Ministerium bereit, so schnell wie möglich dafür Sorge zu tragen, daß diese unterschiedliche Behandlung möglichst bald abgeschafft wird?

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501612000
Herr Abgeordneter, ich möchte mich nicht gern wiederholen; aber ich darf ins Gedächtnis rufen, daß diese Art von Flüchtlingen nicht unter den Asylbegriff unseres Grundgesetzes und nicht unter die Genfer Vereinbarung fällt, sondern anders angesehen werden muß. Deswegen können diese Fälle den eigentlichen Asylfällen des Art. 16 Abs. 2 nicht gleichgestellt werden.

(Zuruf des Abg. Büttner.)


Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501612100
Sie haben keine Frage mehr, Herr Abgeordneter Büttner. Ich darf bitten, daß nur wirkliche Zusatzfragen gestellt und Wiederholungen vermieden werden.
Herr Abgeordneter Giulini, erste Zusatzfrage.

Dr. Udo Giulini (CDU):
Rede ID: ID0501612200
Herr Staatssekretär, welche Maßnahmen beabsichtigen Sie zu ergreifen, um über das Schicksal derer, die abgewiesen worden sind, Aufklärung zu bekommen?

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501612300
Sie meinen: in den Ostblockstaaten Nachforschungen über die Flüchtlinge anzustellen, die von den Ländern zurückgewiesen worden sind?

(Abg. Dr. Giulini: Ja, genau!)

— In dieser Beziehung haben wir bisher keine Absichten gehabt. Es besteht aber allenfalls in solchen Ländern, in denen wir Handelsvertretungen haben, die Möglichkeit, Ermittlungen darüber anzustellen.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501612400
Zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Giulini.

Dr. Udo Giulini (CDU):
Rede ID: ID0501612500
Herr Staatssekretär, sind Ihnen ,aus der Praxis Fälle bekannt, in denen schwerwiegende Folgen eingetreten sind?

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501612600
Es ist uns nur der Fall des Ungarn bekannt, von dem ich vorhin sprach und der in der letzten Fragestunde, ich glaube, von Herrn Abgeordneten Rollmann bzw. von Herrn Abgeordneten Jahn angesprochen war. Dieser Ungar, dessen Name mir nicht gegenwärtig ist, bekam wegen Verletzung der ungarischen Ausreise- und Paßbestimmungen sechs Monate Gefängnis mit Bewährung.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501612700
Erste Frage des Herrn Abgeordneten Moersch, bitte!

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0501612800
Herr Staatssekretär, darf ich aus Ihrer Antwort schließen, daß Sie davon ausgingen, daß zurückgeschickte Flüchtlinge in ihren Heimatländern grundsätzlich politisch Verfolgte sind, weshalb man von vornherein den Begriff „Asyl" anwenden könnte?

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501612900
Nein, ich bitte Sie, nicht davon auszugehen, daß zurückgewiesene Flüchtlinge dieser Art zu Hause politisch verfolgt werden. Das kann man in dieser Allgemeinheit nicht sagen.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501613000
Zweite Zusatzfrage.

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0501613100
Dann trifft es wohl zu, Herr Staatssekretär, daß nach unseren bisher geltenden Bestimmungen der Beweis, daß der Betreffende politischer Flüchtling ist, erst dadurch erbracht werden kann, daß er in seinem Heimatland nach seiner Zurücksendung politisch verfolgt worden ist?

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501613200
Nein.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501613300
Herr Abgeordneter Czaja, bitte!

Dr. Herbert Czaja (CDU):
Rede ID: ID0501613400
Herr Staatssekretär, ist es nicht so, daß nach dem Ausländergesetz die Abschiebung jedes Ausländers, also nicht nur die von Asylflüchtlingen, in Ostblockstaaten, in Staaten, in denen ihre persönliche Freiheit wegen der dort herrschenden Systeme gefährdet ist, verboten ist und nur zulässig wäre, wenn die Betreffenden ein schweres Verbrechen begangen hätten oder die Sicherheit des Staates gefährdeten?

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501613500
Nein, das ist nicht so, Herr Abgeordneter. Der Paragraph des Ausländergesetzes, den Sie im Auge haben, befaßt sich mit den von mir vorhin genannten Fällen des echten politischen Asyls.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501613600
Zweite Zusatzfrage.

Dr. Herbert Czaja (CDU):
Rede ID: ID0501613700
Herr Staatssekretär, entnehmen Sie aus dem Wortlaut des § 14 Abs. 1, in dem es heißt:
Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit . . . bedroht ist.
diese von Ihnen eben ausgesprochene, meiner Meinung nach durch das Gesetz nicht gedeckte Interpretation?




Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501613800
Ich weiß nicht, ob Sie den Wortlaut des § 14 Abs. 1 ganz vorgelesen haben, Herr Abgeordneter. Ich habe ihn im Augenblick nicht zur Hand.

Dr. Herbert Czaja (CDU):
Rede ID: ID0501613900
Ich bin bereit, das zu tun, Herr Staatssekretär. Der § 14 Abs. 1 lautet:
Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden,
— „ein Ausländer", heißt es hier! —
in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt nicht für einen Ausländer, der aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit anzusehen ist oder der eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines besonderes schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt wurde ( ).
Bezieht sich das natürlicherweise nicht auf alle Ausländer?

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501614000
Ich danke Ihnen sehr, daß Sie den vollen Wortlaut vorgelesen haben, aus dem Sie und die übrigen Mitglieder dieses Hohen Hauses entnommen haben, daß er eindeutig auf den echten Flüchtlingsbegriff der Genfer Konvention

(Abg. Wehner: Unglaublich!)

und des Art. 16 Abs. 2 des Grundgesetzes abstellt.

(Abg. Wehner: Unglaublich!)

Im übrigen haben Sie aus dem gleichen Wortlaut entnommen, daß sogar in diese Länder abgeschoben werden kann, wenn die Voraussetzungen des letzten Satzes vorliegen.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501614100
Ihr Fragekontingent ist erschöpft, Herr Abgeordneter Czaja. Damit ist dieser Komplex erledigt.
Ich rufe die Frage VII/4 des Abgeordneten Felder auf:
Führt die Häufung von Banküberfällen und Bankeinbrüchen in den letzten Monaten beim Bundesinnenministerium nicht zu Überlegungen, auf welche Weise (Rechtsverordnung oder gesetzlich Maßnahmen) das Bankgewerbe zu einer besseren Sicherung gegen Einbrecher und Räuber veranlaßt werden kann?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501614200
Ich darf, Frau Präsidentin, die beiden Fragen vielleicht gemeinsam beantworten, da sie sich auf dasselbe beziehen.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501614300
Bitte schön! Dann rufe ich zusätzlich die Frage VII/5 des Abgeordneten Felder auf:
Ist dem Bundesinnenministerium nicht bekannt, daß die Landeskriminalämter schon lange darauf hinweisen, daß der obligatorische Einbau von kugelsicheren Glasscheiben in die Kassenräume und die Verwendung von Panzerschränken mit Betonkern sehr rasch zu einem Rückgang der in Frage VII/4 genannten Delikte führen könnten?

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501614400
Zu der Frage 1: Die Bundesressorts haben bereits im Frühjahr 1964 eine Prüfung veranlaßt, welche Maßnahmen zur Verhinderung von Banküberfällen getroffen werden könnten. Diese Prüfung hat zu dem Ergebnis geführt, daß am zweckmäßigsten die zuständigen Berufsgenossenschaften eine Unfallverhütungsvorschrift erlassen, in der bauliche und technische Sicherungsmaßnahmen vorgeschrieben werden. Inzwischen ist eine Unfallverhütungsvorschrift Kassen von der Vertreterversammlung der Verwaltungsberufsgenossenschaft verabschiedet und nach Genehmigung durch den Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung im Bundesanzeiger vom 19. Januar 1966, also erst vor wenigen Tagen, veröffentlicht worden. Sie tritt am 2. Februar 1966 in Kraft. An der Vorbereitung der Vorschrift haben außer mehreren Bundesressorts auch die Landesarbeitsminister, ferner die Spitzenverbände für das Kreditgewerbe, der Gewerkschaften und des Arbeitsunfallschutzes mitgewirkt. Außerdem waren leitende Beamte der Kriminalpolizei beteiligt. Die gemeindeeigenen Sparkassen sind nicht der Verwaltungsberufsgenossenschaft, sondern der Bundesarbeitsgemeinschaft der Gemeindeunfallversicherungsträger angeschlossen. Die Übernahme der vorgenannten Unfallverhütungsvorschriften durch die Gemeindeunfallversicherungsverbände ist in die Wege geleitet.
Zu der zweiten Frage darf ich folgendes bemerken. Dem Bundesministerium des Innern ist selbstverständlich bekannt, daß die Landeskriminalämter den Einbau von kugelsicheren Glasscheiben zur Absicherung der Kassenschalter empfohlen haben. Diesen Vorschlägen ist durch die Unfallverhütungsvorschrift Kassen, die ich eben erwähnt habe, entsprochen. Panzerschränke mit Betonkern, die Sie auch erwähnen, konnten nicht vorgeschrieben werden, weil durch arbeitsschutzrechtliche Vorschriften nur Unfälle verhütet werden können, nicht aber Geld gesichert werden kann. Ob die Aufstellung von Panzerschränken mit Betonkern bundesrechtlich überhaupt vorgeschrieben werden könnte, ist zweifelhaft, weil eine derartige Regelung nur mittelbar dem Arbeitsschutz dienen würde.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501614500
Erste Zusatzfrage.

Josef Felder (SPD):
Rede ID: ID0501614600
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß sich in der letzten Zeit gerade die Überfälle auf die kleinen Kassen, die Darlehenskassen und die Raiffeisenkassen, gehäuft haben, daß deshalb hier besondere Sicherungsmaßnahmen notwendig sind und daß man mit den betreffenden Instituten in Verbindung treten müßte? Denn es kommt darauf an, den Anreiz zum Verbrechen zu verhindern. Sie sind sicher mit mir der Meinung, daß uns nicht dadurch gedient ist, daß sich die Banken nur gegenseitig gegen die Überfälle versichern und den Angestellten sagen, sie sollen die Hände hochheben, sondern daß alles getan werden muß, um durch entsprechende Vorschriften das Verbrechen zum größeren Risiko zu gestalten.




Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501614700
Die Unfallverhütungsvorschrift Kassen, die ich erwähnt habe, bezieht sich, wie ich schon sagte, nicht auf diese gemeindeeigenen Sparkassen, die Sie erwähnten, Herr Abgeordneter. Wir hoffen aber, daß diese Unfallverhütungsvorschrift alsbald durch die Gemeindeunfallversicherungsverbände übernommen wird.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501614800
Zweite Zusatzfrage.

Josef Felder (SPD):
Rede ID: ID0501614900
Sind Sie bereit, Herr Staatssekretär, darauf hinzuwirken, daß die Länder auch mit den Gemeinden in Verbindung treten, um möglichst bald Sicherungen dieser Art zu erreichen?

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0501615000
Selbstverständlich sind wir dazu bereit.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0501615100
Ich danke dem Herrn Staatssekretär Dr. Schäfer. Dann rufe ich die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen auf, zuerst die Frage VIII/1 des Herrn Abgeordneten Dr. Ritz:
Hält es die Bundesregierung heute noch für gerechtfertigt, daß nur Paketsendungen an Angehörige in der SBZ steuerabzugsfähig sind (§ 33 e EStG), nicht dagegen Pakete, die an Freunde und Bekannte in der SBZ verschickt werden?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort liegt noch nicht vor, sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.
Ich rufe die Frage VIII/2 des Herrn Abgeordneten Zerbe auf und bitte Herrn Staatssekretär Grund um Beantwortung.
Bestehen bei der Bundesregierung über die in der Regierungserklärung gegebenen kurzen Mitteilungen allgemeiner Art hinaus Vorstellungen über den zeitlichen Ablauf der Beratungen über die Finanzreform sowie über den Zeitpunkt des Wirksamwerdens dieser Reform?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0501615200
Darf ich die beiden Fragen des Herrn Abgeordneten Zerbe zusammen beantworten, weil sie sachlich zusammenhängen?

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501615300
Einverstanden. Ich rufe also auch die Frage VIII/3 des Herrn Abgeordneten Zerbe auf:
ist die Bundesregierung angesichts der Finanznot, insbesondere der Städte, bereit, schon vor der Finanzreform Maßnahmen zu erwägen, die geeignet wären, den Anteil der Gemeinden an dem Gesamtsteueraufkommen zu erhöhen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0501615400
Das Gutachten der zur Vorbereitung der Finanzreform eingesetzten Sachverständigenkommission wird am 10. Februar dieses Jahres dem Herrn Bundeskanzler und den Herren Ministerpräsidenten der Länder vorgelegt werden. Die Bundesregierung wird im Anschluß hieran so schnell wie möglich ihre eigene Stellungnahme dazu erarbeiten und sodann die erforderlichen Reformarbeiten im Gesetzgebungswege beschleunigt vorantreiben. Dabei wird eine enge Fühlungnahme mit den Ländern und den Fraktionen des Bundestages notwendig werden, um eine Verständigung über die Annahme des Gesamtplanes auf möglichst breiter Grundlage zu gewährleisten. Die Aufstellung eines genauen Zeitplanes ist im Augenblick leider noch nicht möglich. Gewisse Anhaltspunkte für den voraussichtlichen Zeitplan ergeben sich aber aus folgenden allgemein bekannten Tatsachen: Wichtige Verfassungsänderungen, nämlich die Aufgabenabgrenzung und die darauf beruhende Steuerverteilung zwischen Bund und Ländern werden besonders beschleunigt werden müssen, weil die Neuregelung das geltende Verhältnis der Beteiligung an der Einkommen- und Körperschaftsteuer ablösen soll. Die Gemeindefinanzreform ist erst danach in einem zweiten Abschnitt in Angriff zu nehmen, weil dazu die Ergebnisse der neuen Einheitsbewertung und voraussichtlich auch die Änderungen des Systems der Umsatzsteuer abgewartet werden müssen. Die Reformarbeiten werden sich also insgesamt über Jahre erstrecken.
Zur zweiten Frage: Der Wunsch nach einer Erhöhung des Anteils der Gemeinden am Gesamtsteueraufkommen wird im Rahmen der Finanzreform Gegenstand von sehr eingehenden Untersuchungen sein müssen. Die Frage kann jedoch zum Teil schon im ersten Abschnitt, also im Zusammenhang mit der Aufgabenabgrenzung und Steuerverteilung zwischen Bund und Ländern, mit geprüft werden, so daß Verbesserungen für die Gemeinden möglicherweise schon vor Abschluß der Gemeindefinanzreform denkbar sind. Insbesondere wird an Maßnahmen gedacht werden können, die die Finanzierung des kommunalen Nahverkehrs verbessern.
Auf weitere Einzelheiten kann ich heute nicht eingehen, weil zunächst das Gutachten der Sachverständigenkommission abgewartet werden muß.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501615500
Zur ersten Zusatzfrage Herr Abgeordneter Zerbe.

Edwin Zerbe (SPD):
Rede ID: ID0501615600
Darf ich Ihrer Antwort entnehmen, Herr Staatssekretär, daß die Vorstellungen der Bundesregierung etwa dem entsprechen, was Sie in der Januar-Ausgabe der „Deutschen Steuerzeitung" ausgeführt haben, wonach eine Neuordnung der Gemeindefinanzen aller Voraussicht nach nicht vor 1969 in Angriff genommen werden könne?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0501615700
Herr Abgeordneter, die Ausführungen in der „Deutschen Steuerzeitung" geben meine persönliche Auffassung wieder. Aber nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit spricht vieles dafür, daß gerade die Gemeindefinanzreform einen sehr langen Zeitraum in Anspruch nehmen wird, weil die Neufestsetzung der Einheitswerte abgewartet werden muß, weil im Zusammenhang damit die Frage der etwaigen Abschaffung der Gewerbesteuer eine Rolle spielt und weil die dadurch aufgerissene Deckungslücke geschlossen werden muß. Die Schließung dieser Deckungslücke macht die größten Schwierigkeiten. Sie wird von der Sachverständigenkommission im Zusammenhang mit der Umsatzsteuerreform gesehen.




Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501615800
Herr Zerbe zu einer zweiten Zusatzfrage.

Edwin Zerbe (SPD):
Rede ID: ID0501615900
Befürchtet die Bundesregierung nicht, Herr Staatssekretär, daß bei diesem Zeitplan die meisten Großstädte gezwungen sein werden, ihre großen Investitionsvorhaben entweder zu kürzen oder ganz zu stoppen, vor allen Dingen die großen Investitionsvorhaben, die sich mit der Verkehrslage — auch Untergrundbahnen und Hochbahnen — beschäftigen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0501616000
Herr Abgeordneter, ich bin nicht dieser Ansicht. Zum Problem des kommunalen Nahverkehrs gehören auch die Vorhaben von Untergrundbahnen in Großstädten und Ballungsräumen, und ich habe gerade ausgeführt, daß dieses Problem vorgezogen werden könnte, nämlich im Rahmen der beabsichtigten Regelung für die sogenannten Gemeinschaftsaufgaben.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501616100
Eine dritte Zusatzfrage.

Edwin Zerbe (SPD):
Rede ID: ID0501616200
Herr Staatssekretär, wie steht die Bundesregierung zu dem Vorschlag des Deutschen Städtetages, die Mineralölsteuer unter gleichzeitiger Zweckbindung dieser aufkommenden Mittel für die Verkehrsbauten im innerstädtischen Verkehr uni 3 Pf anzuheben?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0501616300
Herr Abgeordneter, mit dieser speziellen Frage hat sich die Bundesregierung noch nicht befaßt. Aber namens meines Hauses möchte ich hier ausführen, daß das ein Gedankengang ist, den auch wir erwägen. Wir können uns vorstellen, daß eine zweckgebundene Erhöhung der Mineralölsteuer und vielleicht auch der Kraftfahrzeugsteuer durchaus geeignet ist, das Problem des kommunalen Nahverkehrs in der näheren Zukunft befriedigend zu lösen.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501616400
Herr Abgeordneter Zerbe zur letzten Zusatzfrage.

Edwin Zerbe (SPD):
Rede ID: ID0501616500
Darf ich Ihrer Antwort demnach entnehmen, Herr Staatssekretär, daß Ihr Haus bereit wäre, einen entsprechenden Vorschlag, der der Anregung des Deutschen Städtetages entspricht, im Bundeskabinett zur Sprache zu bringen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0501616600
Sobald das Gutachten vorliegt — und das wird noch im Februar dieses Jahres der Fall sein —, werden wir insbesondere unter Beachtung der dort gemachten Vorschläge zu Gemeinschaftsaufgaben in der Tat eine solche Regelung anstreben.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501616700
Herr Abgeordneter Möller zu einer Zusatzfrage.

Dr. Alex Möller (SPD):
Rede ID: ID0501616800
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, das Gutachten der Sachverständigenkommission zur Finanzreform, das sie, wie Sie eben erklärt haben, am 10. Februar ausgehändigt erhält, umgehend dem Deutschen Bundestag als Bundestagsdrucksache zur Verfügung zu stellen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0501616900
Herr Abgeordneter, ich möchte die Frage so beantworten. Das Gutachten, das am 10. Februar den Auftraggebern, nämlich dem Herrn Bundeskanzler und den Herren Ministerpräsidenten, von der Kommission vorgelegt werden wird, soll alsbald veröffentlicht werden, und zwar unmittelbar nach dem 10. Februar. Allerdings muß das Gutachten dann noch gedruckt werden. Die Frage, ob es als Bundestagsdrucksache dem Hohen Hause zugeleitet werden soll, wird noch geprüft werden müssen. Zur Zeit ist der Vorschlag erörtert worden, das Gutachten in einem Verlag drucken zu lassen und es dann dem Bundestag in der entsprechenden Anzahl sofort zustellen zu lassen, nicht als Bundestagsdrucksache, sondern zur Orientierung über das erstellte Gutachten.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501617000
Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen, erste Zusatzfrage.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0501617100
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß Ihre Äußerung, die Finanzreform solle in Phasen erfolgen und die Neuordnung zugunsten der Gemeinden sei die letzte Phase, eine beträchtliche Unruhe hervorgerufen hat, da bei ähnlichen Phasenvorgängen die Bundesregierung meist sehr lange gebraucht hat, so daß also noch sehr viel Zeit vergehen würde, bis die Finanznot der Gemeinden überhaupt wirksam angegangen würde?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0501617200
Herr Abgeordneter, der Gedanke einer stufenweisen Erledigung der Reformarbeiten ergibt sich meines Erachtens aus der Natur der Sache. Zunächst müssen ganz bestimmte vordringliche Probleme in Angriff genommen werden; das sind die sogenannte Flurbereinigung, nämlich die Abgrenzung im gesetzesfreien Raum, und das Problem der Gemeinschaftsaufgaben. Das ist besonders vordringlich und setzt ganz bestimmte Änderungen des Grundgesetzes voraus. Bei der Gemeindefinanzreform müssen noch andere sachliche Voraussetzungen geschaffen werden. Sie ist in Zusammenhang mit der Mineralölsteuer und Gewerbesteuer — das habe ich schon erwähnt —, ferner mit der etwaigen, jedenfalls vorgeschlagenen Gemeindeeinwohnersteuer und schließlich mit der Deckungsfrage zu sehen. Hierbei spielt wiederum die Mehrwertsteuer eine Rolle, Da aber die Mehrwertsteuer in diesem Hohen Hause sicherlich noch ein bis zwei Jahre zur Verabschiedung benötigt, ergibt sich schon daraus, daß die Gemeindefinanzreform leider erst an zweiter Stelle kommen kann.




Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501617300
Weitere Zusatzfrage, Herr Schmitt-Vockenhausen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0501617400
Sind Sie sich bewußt, Herr Staatssekretär, daß diese Erklärung die Sorgen der Städte und Gemeinden noch vermehren muß, weil die Unsicherheit, bis wann alle diese Dinge in Fluß kommen, erheblich ist?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0501617500
Ich hoffe auf die Einsicht der Gemeinden, insbesondere der großen Kommunen, Herr Abgeordneter.

(Abg. Schmitt-Vockenhausen: Herr Staatssekretär, die warten schon seit 16 Jahren auf die Finanzreform!)


Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501617600
Ich rufe als letzten Fragesteller Herrn Dr. Müller (München) auf.

Dr. Günther Müller (CSU):
Rede ID: ID0501617700
Herr Staatssekretär, da die Finanzreform nach Ihren Ausführungen offensichtlich noch auf sich warten läßt, möchte ich fragen, wurden in Ihrem Hause Überlegungen angestellt, wie man aus dem erhöhten Aufkommen aus der Mineralölsteuer mehr Zuschüsse vor allem an die großen Gemeinden geben könnte, um diesen Gemeinden bei der Lösung ihrer Verkehrsausbauaufgaben zu helfen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0501617800
Herr Abgeordneter, diese Überlegungen hat nicht nur mein Haus, sondern auch die Finanzreformkommission angestellt. Aber wir sind noch zu keinem abschließenden Ergebnis gekommen.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501617900
Zweite Zusatzfrage.

Dr. Günther Müller (CSU):
Rede ID: ID0501618000
Herr Staatssekretär, glauben Sie nicht, daß es bereits jetzt möglich sein könnte, die Zuschüsse, die ja vom Bundesverkehrsministerium bereits gegeben werden, zu erhöhen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0501618100
Herr Abgeordneter, verstehe ich Ihre Frage recht, daß Sie die Zweckbindung im Mineralölsteuergesetz erhöhen wollen? Oder geht Ihre Frage dahin, daß Sie innerhalb des zweckgebundenen Teils einen Teil für die Regelung des kommunalen Nahverkehrs abzweigen wollen?

(Abg. Dr. Müller [München] : Es ist beides zu erwägen, auf der einen Seite eine Erhöhung der Zweckbindung, auf der anderen Seite aber auch eine Teilung!)


Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501618200
Verzeihen Sie, Herr Staatssekretär, ich möchte darauf aufmerksam machen, daß die Fragestunde nicht zur Diskussion dient und die Bundesregierung nicht die Möglichkeit hat, Fragen zu stellen.
Die Fragestunde ist abgelaufen; die Zeit ist bereits überschritten. Ich danke dem Herrn Staatssekretär und den Vertretern der Bundesregierung, die heute morgen die Fragen beantwortet haben.
Ich rufe auf Punkt 2 der Tagesordnung:
Beratung des Berichts der Bundesregierung über den Stand der Unfallverhütung und das Unfallgeschehen in der Bundesrepublik für das Jahr 1964 (Unfallverhütungsbericht 1964) — Drucksachen V/152, zu V/152 —
Ich erteile das Wort dem Herrn Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung.

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0501618300
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Schon vor achtzig Jahren, als das erste Unfallversicherungsgesetz geschaffen wurde, war ein entscheidender Gesichtspunkt für die Organisation der gesetzlichen Unfallversicherung der Zusammenhang zwischen der finanziellen Belastung durch die Folgen von Arbeitsunfällen und der Verhütung von Arbeitsunfällen. Wer mit seinem Unternehmen Gefahren verursachte, sollte auch das finanzielle Risiko tragen. Aus diesem Grundsatz erklärt sich auch die nach Gewerbezweigen aufgegliederte Unfallversicherung. Neben dem selbstverständlich hohen Interesse aus humanitären Gründen sollen die Unternehmer aber auch durch wirtschaftliche Überlegungen dem Gedanken der Unfallverhütung Rechnung tragen. Auch den Berufsgenossenschaften als dem Zusammenschluß der die Lasten der Unfallversicherung tragenden Unternehmen ist daher von jeher als ihre vornehmste Pflicht auferlegt, Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen zu treffen. Seit dem Inkrafttreten des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes im Jahre 1963 haben die Träger der Unfallversicherung mit allen geeigneten Mitteln für die Verhütung von Arbeitsunfällen zu sorgen.
Hatte man sich zunächst darauf beschränkt, Vorschriften zur Verhütung von Unfällen zu erlassen und die Beachtung dieser Vorschriften durch Überwachungsorgane der Berufsgenossenschaft überwachen zu lassen, so wuchs doch mit der Zeit die Erkenntnis, daß technische Maßnahmen allein nicht ausreichten, sondern daß vor allen Dingen auch die psychologische Beeinflussung im Bereich der Unfallverhütung von größter Bedeutung sei. Denn die Erfahrung hat gelehrt, daß es nicht nur auf Material und Maschinen ankommt, sondern wesentlich auch die Aufgeschlossenheit für den Gedanken der Sicherheit am Arbeitsplatz und die Bereitschaft zu unfallsicherem Verhalten immer wieder angesprochen werden müssen, um das hohe Ziel, den Menschen, der arbeitet, vor den bei der Arbeit drohenden Gefahren zu schützen, verwirklichen zu helfen. Hier wirken die Gewerbeaufsicht als staatliche Kontrolle in den Betrieben und die Unfallverhütung als eine der vornehmsten Aufgaben der fachlich gegliederten Selbstverwaltung nebeneinander. Die gemeinsame Zielrichtung auf den Arbeitsschutz hat die Gewerbeaufsicht und die Unfallverhütung der Unfallversicherung zu erfolgreichem Zusammenwirken geführt.



Bundesminister Katzer
Denn selbst wenn sich beide Bereiche mit ihren Vorschriften, die der Unfallverhütung dienen, überschneiden, kann dies vernünftigerweise dem Gedanken der Unfallversicherung nicht abträglich sein, sondern muß im Gegenteil zu einer sinnvollen Ergänzung führen.
Soweit nun den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung durch das Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz von 1963 aufgegeben worden ist, mit allen geeigneten Mitteln für die Verhütung von Unfällen zu sorgen, ist der Gesetzgeber dabei den Erfahrungen der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, insbesondere der Berufsgenossenschaften, gefolgt und hat ihnen eine Rechtsgrundlage gegeben, auf der sie in erweitertem Maße das fortführen können, was sie im Interesse der Unfallverhütung zum Teil schon seit langem auch unter großem finanziellem Aufwand durchgeführt haben. Ich erinnere nur an die bemerkenswerten Aktionen gegen den Unfall, die vor einigen Jahren in Süddeutschland und im vergangenen Jahr in Norddeutschland durchgeführt wurden und in diesem Jahr in Nordrhein-Westfalen durchgeführt werden.
Dankbar ist anzuerkennen, daß die Gewerbeaufsicht trotz ihrer zahlreichen anderen Aufgaben auf dem Gebiete der Luftreinhaltung, des gesamten Nachbarschutzes und des sozialen Arbeitsschutzes sich der Unfallverhütung mit großer Hingabe annimmt.
Bei der Beratung des Neuregelungsgesetzes kam der federführende Ausschuß für Sozialpolitik zu der Auffassung, daß noch größere Anstrengungen unternommen werden müßten, um die Zahl der Arbeitsunfälle zu senken. Auf seinen Vorschlag hin beschloß das Hohe Haus, daß die Bundesregierung dem Bundestag alljährlich einen Bericht über die Entwicklung der Arbeitsunfälle, die durch sie verursachten Kosten und die Maßnahmen zu ihrer Verhütung zu erstatten habe. Dadurch, daß sich der Bundestag in jedem Jahr mit der Unfallverhütung beschäftigt, soll vor allem auch die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit noch mehr als bisher auf dieses Gebiet gelenkt und ihr Interesse an der Unfallverhütung angeregt und verstärkt werden.
Die Bundesregierung legt nunmehr zum erstenmal diesen Unfallverhütungsbericht vor. Der Bericht umfaßt das Jahr 1964, das erste volle Geschäftsjahr nach dem Inkrafttreten des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes. Ich bin mir dabei bewußt, daß dieser Bericht sicherlich nicht alle Wünsche erfüllt.

(Zustimmung bei der SPD.)

— Er erfüllt auch nicht alle Wünsche, die wir gern erfüllt sehen möchten. Man sollte aber nicht übersehen, welchen Auftrag der Gesetzgeber der Bundesregierung erteilt hat. Sie soll die Berichte der Träger der Unfallversicherung und die Jahresberichte der Gewerbeaufsicht zusammenfassen und einen umfassenden Überblick über die Entwicklung der Arbeitsunfälle, die durch die Unfälle verursachten Kosten und über die Unfallverhütungsmaßnahmen geben. Wenn z. B. erwartet wird — wie das hier und da in der Öffentlichkeit geschehen ist —, daß der Bericht langfristige Vergleiche über die Unfallentwicklung
etwa auch auf internationaler Ebene enthält, so muß dazu gesagt werden, daß nur Gleiches miteinander verglichen werden kann und daß der Begriff des Arbeitsunfalls in verschiedenen Ländern unterschiedlichen Inhalt hat. Bei den Beratungen der EWG haben die Vertreter der Bundesregierung deshalb auch nachdrücklich darauf gedrungen, daß zunächst einmal gleiche Begriffe geschaffen werden sollten.
Der Bericht enthält auch keine Aussage über die Zahl der versicherten Personen, um sie als Maßstab für die Unfallgefahr zu verwenden; denn der Begriff der versicherten Person besagt noch nichts über den Umfang der Tätigkeit, die jede einzelne versicherte Person ausgeübt hat. Wirklich messen kann man die Unfallgefahr wohl im Grunde nur an den geleisteten Arbeitsstunden, wie im Bericht ja auch über die geleisteten Arbeitsstunden und die ausgefallenen Arbeitsstunden etwas ausgesagt ist. Selbst die Schwere der Folgen eines Unfalls sagt primär nichts über die Möglichkeit seiner Verhütung aus. Darum scheint es mir auch begründet zu sein, die Menge der Arbeitsunfälle mit geringen Folgen, soweit sie meldepflichtig waren, in die Darstellung des Unfallgeschehens mit einzubeziehen. Denn durch ihre leider sehr große Zahl sagen sie sicherlich doch Gültiges aus.
Nun wird die Unfallverhütung seit langem schon in den Jahresberichten der Gewerbeaufsicht und den Berichten der Berufsgenossenschaften und der anderen Träger der gesetzlichen Unfallversicherung behandelt. Für eine zusammenfassende und zusammenhängende Darstellung des Unfallgeschehens und der Unfallverhütungsmaßnahmen eigneten sich diese Berichte jedoch wegen der Unterschiede in ihrer Anlage und Durchführung nicht sonderlich gut.
Angaben über die Entwicklung der Arbeitsunfälle und die durch sie verursachten Kosten enthalten die statistischen und finanziellen Jahresberichte meines Hauses. Der letzte Bericht — für das Jahr 1963 — ist in diesen Tagen veröffentlicht und Ihnen zugänglich gemacht worden. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß diese Jahresberichte, die die Geschäfts- und Rechnungsergebnisse der Unfallversicherungsträger zusammenfassen und die in dieser Form schon seit Jahrzehnten vorgelegt wurden, durch den Unfallverhütungsbericht nicht entbehrlich werden. Auch die Träger der Unfallversicherung halten die bisher von ihnen herausgebenen Berichte für ihren Wirkungsbereich weiterhin für erforderlich, und ich freue mich darüber.
Der Ihnen vorliegende Unfallverhütungsbericht bemüht sich, zusammenfaßbare Tatsachen möglichst übersichtlich darzustellen. Diese Zusammenfassung aus den verschiedenen, oben erwähnten Unterlagen wird ergänzt um Erkenntnisse einer Erhebung, die im Rahmen der Erstellung des Unfallverhütungsberichts erstmalig für das Berichtsjahr unter Beteiligung der Unfallversicherungsträger durchgeführt worden ist und die künftig jedes Jahr erneut durchgeführt werden soll. In ihr werden die Arbeitsunfälle im engeren Sinne, d. h. die Unfälle, die unmittelbar bei der beruflichen Arbeit eingetreten sind, nach bestimmten Gesichtspunkten untersucht. Unfälle auf dem Wege von der und zur Arbeit und



Bundesminister Katzer
Berufskrankheiten sind also in die Sondererhebung nicht eingeschlossen. Von den Arbeitsunfällen im engeren Sinne sind alle erfaßt, die im Bereich der Landwirtschaft eingetreten sind, ferner alle tödlichen Unfälle und 10 v. H. der übrigen Unfälle.
Bei der Beurteilung der Ergebnisse scheint mir zu berücksichtigen zu sein, daß es Ergebnisse einer Stichprobenerhebung sind. Diese Stichprobe wurde mit dem Ziel durchgeführt, Verhältniszahlen zu ermitteln. Die Feststellung von absoluten Zahlen ist nach wie vor Aufgabe der Statistik der Geschäfts- und Rechnungsergebnisse. Die meisten der durch die Stichprobe aufgezeigten Sachverhalte werden zum erstenmal dargestellt. Damit ist ein Anfang gemacht
— ich betone noch einmal, damit ist ein Anfang gemacht —, nicht mehr, aber auch nicht weniger.

(Zuruf von der SPD: Leider kein guter Anfang, Herr Minister!)

— Darüber wollen wir gern mit Ihnen diskutieren. Ich sage von mir aus, wir haben einen Anfang gemacht, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Ich bitte das ganze Hohe Haus und die Ausschüsse — wo wir gemeinsam, wie ich hoffe, beraten werden —, das Ihre dazu zu tun und darüber nachzudenken, wie und wo die Ergebnisse zu verbessern sind; denn wir sind mit Ihnen der Auffassung, daß sie verbessert werden müssen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Der Unfallverhütungsbericht gibt wie jeder Bericht einen Überblick über Tatsachen. Er enthält sich bewußt kritischer Würdigungen und übt grundsätzlich Zurückhaltung in der Beurteilung der dargestellten Tatsachen.

(Zuruf von der SPD: Das stimmt nicht!)

Die Bundesregierung will hier der sicher erforderlichen Auswertung des Berichts im Ausschuß nicht vorgreifen. Sie ist sich aber auch darüber im klaren, daß sich aus den Ergebnissen dieses ersten Berichtsjahres noch keine allgemein gültigen Folgerungen ziehen lassen. Immerhin erscheinen mir einige Angaben in dem Bericht bemerkenswert, so daß ich sie an dieser Stelle erwähnen möchte. Sie geben zu Fragen Anlaß, denen noch nachgegangen werden muß. Vorweg die Zahl der im Jahre 1964 angezeigten Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Sie betrug fast 3 Millionen und ist gegenüber dem Jahre 1963 um 1,9 % angestiegen. Dabei sind die Wegeunfälle um 7 v. H. zurückgegangen.
Bei den Erhebungen über die angezeigten Arbeitsunfälle im engeren Sinne, die wohl als ein Kernstück des Unfallverhütungsberichts bezeichnet werden können, haben die Untersuchungen zu interessanten Ergebnissen geführt. Sehr bewegen mich die Aussagen, aus denen sich die besonders große Gefährdung der Frau in der Landwirtschaft ersehen läßt, vor allem die Feststellung, daß von drei tödlich verunglückten Frauen zwei bei Tätigkeiten in der Landwirtschaft verunglückt waren.

(Hört! Hört! bei der SPD.)

Bei diesem Beispiel zeigt sich schon, daß wir Konsequenzen aus dem Bericht ziehen müssen. Deshalb würde ich nicht voreilig sagen, er sei dürftig, sondern ich meine, daß das ein Sachbericht ist, der Anlaß gibt, daß wir alle miteinander darüber nachdenken, wie wir Schlußfolgerungen aus dem ziehen können, was hier sachlich festgestellt worden ist.

(Beifall 'bei der CDU/CSU.)

An diesem Beispiel möchte ich aber auch das eine zeigen: hier wird die positive Wirkung des Berichtes durchaus sichtbar, wenn ich Sie davon in Kenntnis setze, daß der Bundesverband der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften auf Grund der Feststellungen des Berichtes eine besondere Überprüfung eingeleitet hat.
Bei der Untersuchung der Unfälle nach der Art der ausgeübten Tätigkeit stellt sich heraus, daß 37 % der Verletzten bei Verkehrs- und Transporttätigkeiten verunglückt waren, in der Landwirtschaft sogar 46 %. Mit besonderer Besorgnis muß es, glaube ich, uns alle erfüllen, daß sich in der Landwirtschaft zwei Drittel der tödlichen Unfälle bei Transporttätigkeiten ereignet hatten.
Es wurde auch ermittelt, in wieviel Fällen Betriebseinrichtungen oder Arbeitsstoffe bei der Entstehung der Unfälle maßgeblich beteiligt gewesen sind. Mit einiger Befriedigung kann ich feststellen, daß Arbeitsmaschinen und Einrichtungen nur mit einem verhältnismäßig geringen Anteil an dem Zustandekommen von Unfällen beteiligt waren. Das scheint die Qualität der über 550 in diesem Bericht aufgeführten Vorschriften und Richtlinien über Unfallverhütungs- und Arbeitsschutzvorschriften zu bestätigen.
Bei den Erhebungen über die Berufskrankheiten hat sich ergeben, daß die Silikose immer noch weitaus an der Spitze steht. Das gilt besonders für die erstmals entschädigten Fälle. Glücklicherweise sind die Zahlen der letzten Jahre rückläufig. Die Zahl der Anzeigen von schweren oder rückfälligen Hauterkrankungen übertraf noch die der angezeigten Silikosefälle. Unter den Entschädigungsfällen war der Anteil der Hauterkrankungen jedoch erheblich geringer. Häufiger als Hauterkrankungen waren neben den Silikose-Fällen Meniskusschäden, Erkrankungen durch Erschütterung bei der Arbeit und Infektionskrankheiten erstmals zu entschädigen.
In der Zahl der angezeigten Fälle folgen auf die Silikose die Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- oder Muskelansätze. Die Voraussetzungen für eine Entschädigung liegen aber bei diesen Erkrankungen selten vor; im Berichtsjahr waren sie in weniger als zwei von tausend angezeigten Fällen erfüllt.
Die Kosten der im Berichtsjahr eingetretenen Arbeitsunfälle, denen der zweite Teil des Unfallverhütungsberichts gwidmet ist, lassen sich noch nicht feststellen. Der Bericht gibt die Höhe aller Aufwendungen der Unfallversicherungsträger im Jahre 1964 an, aufgegliedert nach Renten, Heilbehandlung, sonstigen Leistungen, Unfallverhütung usw. Gegenüber 1963 stiegen die Aufwendungen der gewerblichen Berufsgenossenschaften um 24,3 %, die der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften um 28,8 vom Hundert. Hierin wirkten sich auch die Lei-



Bundesminister Katzer
stungsverbesserungen durch das Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz aus. Die Bundesregierung verkennt nicht, daß die Aufwendungen der Unfallversicherungsträger nur ein Teil, und zwar wahrscheinlich der geringere Teil der Kosten sind, die durch Arbeitsunfälle verursacht werden. Leider kann zur Zeit nichts über die gesamte Belastung der Betriebe und über die Belastung der Volkswirtschaft durch die Folgen von Arbeitsunfällen ausgesagt werden. Es läuft ein Forschungsauftrag, den das Rationalisierungskuratorium der deutschen Wirtschaft der Friedrich-Ebert-Stiftung erteilt hat. Durch eine repräsentative Erhebung wird versucht werden, die gesamten Unfallkosten in einer ausreichenden Zahl von Einzelfällen zu ermitteln. Es wäre eine große Hilfe, wenn diese Untersuchung Ansatzpunkte für ein brauchbares Verfahren ergeben würde, nach dem die Unfallkosten künftig ermittelt werden könnten. Im Anschluß daran ist eine Untersuchung der Unfallursachen vorgesehen.
Lassen Sie mich noch einige Bemerkungen zum vierten Teil des Berichts machen. Er befaßt sich mit Unfallverhütungsmaßnahmen. In einer Anlage zu diesem Teil sind die Unfallverhütungs- und Arbeitsschutzvorschriften und -richtlinien des Bundes, der Länder und der Versicherungsträger aufgeführt. Dieser Teil des Berichts unterrichtet ferner über die Überwachung der Unternehmen durch Unfallversicherungsträger und Gewerbeaufsicht sowie über die Schulung der Unternehmer, der Führungskräfte in den Unternehmen und besonders der Sicherheitsbeauftragten in den Unternehmen. Bis Ende 1964 waren 162 000 Sicherheitsbeauftragte bestellt. Ihre Tätigkeit soll die Unfallverhütungsmaßnahmen der Unfallversicherungsträger unterstützen und wird hoffentlich dazu führen, daß die notwendigen Schutzvorkehrungen nicht nur von den Unternehmungen getroffen, sondern auch von den Beschäftigten stets angewandt werden. Hier ist auch eine wichtige Aufgabe angesprochen, deren Lösung von allen Beteiligten in Angriff genommen werden muß und nicht immer nur von dem einen Teil dem anderen zugeschoben werden darf.
Ich darf nicht verschweigen, daß die Personallage sowohl bei der Gewerbeaufsicht als auch bei den Trägern der Unfallversicherung schwierig ist, weil geeignete Techniker nicht in ausreichender Zahl zu finden sind.
Unabhängig von den Ergebnissen des Berichts möchte ich, meine Damen und Herren, diese Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, ohne zu erwähnen, daß sich die Bundesregierung gerade in den letzten Jahren intensiv um den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung bemüht hat.
Wir sind uns mit allen Fachkreisen einig, daß die Unfallforschung in der Bundesrepublik dringend einer Förderung und Koordinierung bedarf. Zwar gibt es zahlreiche, mit qualifizierten Wissenschaftlern und Sachverständigen besetzte Stellen und Institute, die sich einzelner Themen auf diesem Gebiete annehmen. Es hat sich aber die Erkenntnis durchgesetzt, daß eine Ausrichtung dieser Forschung auf die Bedürfnisse der Praxis dringend erforderlich ist. Wir haben dieses Problem eingehend mit den
Sozialpartnern und den an der Unfallverhütung und am Arbeitsschutz beteiligten Stellen diskutiert, und ich habe in den letzten Tagen das Bundesinstitut für Arbeitsschutz in Koblenz beauftragt, sich dieser Aufgabe einer koordinierenden Förderung der Unfallforschung vorrangig anzunehmen. Wir hoffen dabei auf die tatkräftige Unterstützung aller beteiligten Kreise. Um eine ständige Beteiligung der Praxis gerade an diesen Aufgaben sicherzustellen, habe ich die Bildung eines Kuratoriums beim Bundesinstitut für Arbeitsschutz veranlaßt, in dem Vertreter der Sozialpartner zusammen mit Vertretern der für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden der Länder, der Berufsgenossenschaften und der Fachverbände das Institut und das Bundesarbeitsministerium in diesen Fragen beraten sollen. Einen weiteren Beitrag zur Unfallverhütung hat die Bundesregierung geleistet durch den Erlaß großer Verordnungswerke, z. B. auf dem Gebiet der Dampfkessel, der Aufzüge, der Lagerung brennbarer Flüssigkeiten. Wir beabsichtigen, noch in diesem Jahre das Druckgaswesen neu zu ordnen sowie eine Verordnung über den Arbeitsschutz beim Winterbau zu erlassen.
Eine weitere erhebliche Verbesserung des Unfallschutzes verspreche ich mir von dem Gesetz über technische Arbeitsmittel, das unter der Bezeichnung Maschinenschutzgesetz in der Öffentlichkeit schon bekanntgeworden ist. Ich hoffe, den Entwurf im Laufe des nächsten Monats im Einvernehmen mit dem Herrn Bundesminister für Wirtschaft vorlegen zu können. Durch dieses Gesetz soll erreicht werden, daß alle serienmäßig gefertigten Arbeitsmaschinen und Geräte in ihrer Konstruktion und Ausführung den allgemein anerkannten Regeln der Sicherheitstechnik genügen und daß insbesondere ungeschützte Geräte nicht in den Verkehr gebracht werden. Damit wird ein Anliegen des Arbeitsschutzes erfüllt, das seit nahezu 50 Jahren bis auf den heutigen Tag noch keiner befriedigenden Lösung zugeführt werden konnte. Dankbar begrüße ich die nachhaltige Unterstützung, die dieses Vorhaben sowohl in den Kreisen der Gewerkschaften als auch in den Kreisen der Wirtschaft gefunden hat.
Selbstverständlich sind noch nicht alle Probleme der innerbetrieblichen Sicherheitsorganisation gelöst. Zwei Fragen sind noch ungelöst, und die Redlichkeit gebietet, Ihnen zu sagen, daß ich selber zur Zeit noch nicht übersehe, in welcher Weise wir sie bewältigen können. Das sind einmal das Problem der Werksärzte, zum anderen das Problem der hauptamtlichen Sicherheitsingenieure. In der Praxis vieler Unternehmen ist eine durchaus positive Einstellung zur werksärztlichen Betreuung und zur innerbetrieblichen Sicherheitsorganisation zu verzeichnen. Die gesetzgeberische Lösung macht allerdings erhebliche Schwierigkeiten, nicht zuletzt wegen des Mangels an qualifizierten Sicherheitsingenieuren wie an Ingenieuren schlechthin und wegen der Schwierigkeit, einschlägig vorgebildete Mediziner für den werksärztlichen Dienst zu gewinnen. Ich bin der Ansicht, daß eine gesetzliche Regelung für diese Bereiche nur dann sinnvoll wäre, wenn ihre Durchführung auch tatsächlich garantiert werden könnte. Andererseits bin ich durchaus bereit, diese Pro-



Bundesminister Katzer
bleme mit allen Beteiligten eingehend weiter zu erörtern, und bin dankbar für jede Anregung, die hilft, diese schwierigen Fragen zu lösen. Zunächst ist beabsichtigt, in Kürze Richtlinien zu erlassen, in denen konkrete Vorschläge für die werksärztliche Betreuung der Arbeitnehmer in den Betrieben enthalten sind und die einen Ausbau des werksärztlichen Dienstes nahelegen. Ein ähnliches Verfahren bietet sich auch für die innerbetriebliche Sicherheitsorganisation an. Dankbar ist anzuerkennen, daß die Gewerbeaufsicht sich dieser Fragen schon mit großer Hingabe annimmt.
Ich habe vorhin schon darauf hingewiesen, daß die Gewerkschaften und die Arbeitgeberverbände sich der Unfallverhütung und des Arbeitsschutzes in den letzten Jahren besonders stark gewidmet haben. Auf diesem Gebiet besteht ein sehr enger Kontakt zu den zuständigen Stellen der Bundesregierung. Ich denke besonders an die „Arbeitsgemeinschaft für Arbeitssicherheit", ein Forum der freiwilligen Koordinierung, in dem private und staatliche Stellen in offener Aussprache sich bemühen, zu einer schöpferischen Aufgabenverteilung und Konzentration zu gelangen. Die sich in der Stille vollziehende Arbeit dieses Zusammenschlusses wirkt sich in allen Bereichen des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung sehr segensreich aus.
Wie stark das Interesse an der Bekämpfung des Unfalles in allen Bereichen geworden ist, zeigt sich auch darin, daß der Deutsche Normenausschuß, der durch seine Vielzahl von DIN-Normen maßgebenden Einfluß auf die Gestaltung der Betriebsmittel und Werkstoffe hat, sich freiwillig bereit erklärt hat, alle Normen auf die Belange der Sicherheitstechnik zu überprüfen und, soweit dies erforderlich oder zweckmäßig ist, neue Normungsaufgaben in Angriff zu nehmen, um den Belangen der Sicherheitstechnik zu entsprechen. Zu diesem Zweck ist ein besonderer „Ausschuß für Sicherheitstechnik" gegründet worden, in dem insbesondere auch die Berufsgenossenschaften und die Bundesregierung beteiligt sind. Auch diese Maßnahmen erfolgten in vollem Einvernehmen mit meinem Hause.
Ich glaube, daß wir diese ganze Entwicklung bei der Diskussion des Berichtes nicht übersehen dürfen, und ich begrüße es, daß der heutige Tag Gelegenheit gibt, diese Problematik in der Gesamtschau der sozialen Zielsetzung der Bundesregierung darzulegen.
Meine Damen und Herren! Dieser erstmals vorgelegte Bericht wird in den beteiligten Ausschüssen des Bundestages beraten werden. Ich habe einige Punkte angedeutet, die nach meiner Meinung besonderes Interesse finden sollten. Soweit zu dem Bericht vergleichbare Unterlagen in meinem Hause vorhanden sind, bin ich gern bereit, sie unmittelbar zu den Beratungen vorzulegen.
Der Bericht ist ein Anfang. Erst wenn die Berichte für mehrere Jahre vorliegen, werden wir sagen können, ob der eingeschlagene, vom Gesetz gewollte Weg, die Gefahren des Arbeitslebens zu erkennen, sie wirksamer zu bekämpfen und vor allem das Bewußtsein der Öffentlichkeit auf diese Frage zu lenken, erfolgreich ist.
Wenn es uns mit dieser Debatte gelingt, die Öffentlichkeit auf die Problematik hinzuweisen und zu mobilisieren, haben wir, wie ich glaube, der Sache einen guten Dienst geleistet.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0501618400
Ich danke dem Herrn Bundesarbeitsminister und erteile nunmehr das Wort dem Herrn Abgeordneten Schellenberg.

Dr. Ernst Schellenberg (SPD):
Rede ID: ID0501618500
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesarbeitsminister hat davon gesprochen, daß der Unfallverhütungsbericht die Öffentlichkeit aufrütteln sollte.

(Zuruf von der Mitte: Das ist doch gut!)

Nun, zu dieser Aufrüttelung trägt der Bericht sicher nicht bei.

(Erneuter Zuruf von der Mitte: Warum denn nicht?)

— Das werde ich Ihnen begründen. Der Unfallverhütungsbericht 1964 ist der erste sozialpolitische Bericht der Bundesregierung in dieser Legislaturperiode. Er hätte eigentlich eine sozialpolitische Visitenkarte dieser Bundesregierung sein sollen, und zwar im guten Sinne des Wortes.
Meine Damen und Herren, aus den Beratungen des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes ist bekannt, daß gerade wir Sozialdemokraten auf die Intensivierung der Unfallverhütung als Teil einer produktiven Sozialpolitik den größten Wert gelegt haben. Es war dann schließlich auch unser Antrag, der hinsichtlich des Unfallverhütungsberichts angenommen wurde. Der Unfallverhütungsbericht soll — das geht uns alle an — für das Parlament ein wichtiges Instrument der Kontrolle darüber sein, wie sich die Vorschriften insbesondere des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes in bezug auf das Unfallgeschehen und die Unfallverhütung auswirken.
Ich möchte zum Unfallverhütungsbericht einige Bemerkungen machen, und zwar zur Entwicklung des Unfallgeschehens, zu den Unfallverhütungsmaßnahmen, den Berufskrankheiten, den Wege- und häuslichen Unfällen und schließlich zur internationalen Zusammenarbeit.
Zur Entwicklung des Unfallgeschehens. Der Bericht der Bundesregierung teilt Unfallzahlen mit, die niedriger liegen als die vom Bundesarbeitsministerium an anderer Stelle veröffentlichten Zahlen. Nun, meine Damen und Herren, solche Differenzen, die im Bericht nicht erklärt werden, erwecken Mißtrauen. Der Bericht bringt — das ist ein zweiter Tatbestand — keine Zahlenangaben über die Arbeitsunfälle mit tödlichem Ausgang und über Unfälle, die zu voller oder teilweiser Arbeitsunfähigkeit führten. Die entsprechenden amtlichen Zahlen sind vorhanden; aber sie stehen, das muß erstaunen, nicht im Unfallverhütungsbericht.
Der Bericht enthält auf den ersten sieben oder acht Seiten eine Fülle von Prozentrechnungen, schätzungsweise 250 verschiedene Prozentrechnun-



Dr. Schellenberg
gen. Hinter diesen Berechnungen steckt viel Fleiß; aber mit diesen Prozentsätzen kann man leider sehr wenig anfangen, weil die absoluten Zahlen fehlen, was Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, doch sicher auch in Erstaunen versetzt hat. Prozentsätze und absolute Zahlen würden aber erst dem Zahlenmaterial einen Erkenntniswert verleihen. Die Prozentsätze sind erläutert; aber diese Erläuterungen tragen im allgemeinen nicht dazu bei, den Aussagewert der Prozentsätze zu verstärken. Sie bringen keine Aufhellung der Zusammenhänge, beispielsweise keine Aufklärung über den erschütternden Tatbestand, den der Herr Bundesarbeitsminister hinsichtlich der Zahl der tödlichen Unfälle von Frauen in der Landwirtschaft vorgetragen hat. Die Erläuterungen enthalten vielmehr — das werden Sie zugeben müssen und werden es sicher auch festgestellt haben — größtenteils mehr oder weniger spekulative Auslassungen.
Ich möchte Ihnen wenige Beispiele, Zitate aus dem Bericht vorlesen:
Möglicherweise wirken sich Ermüdungserscheinungen bei Männern stärker aus als bei Frauen. (Abg. Winkelheide: Ja!)

— Aber das wird nicht gestützt durch Fakten. Herr Kollege Winkelheide, wir wissen nämlich, daß Männer mehr Überstunden zu machen pflegen als Frauen, und vielleicht hängt die höhere Zahl der Unfälle damit zusammen.

(Abg. Ruf: Und die Doppelbelastung der Frauen? — Zuruf von der CDU/CSU: Das eine ist genauso eine Spekulation wie das andere!)

— Aber, meine Damen und Herren, das ist doch eine durch den Bericht in keiner Weise fundierte Bemerkung.
Auch Formulierungen des Berichts zu sehr ernsthaften Tatbeständen haben einen Charakter, der — ich muß es leider sagen, und Sie werden es auch empfunden haben — doch recht naiv anmutet. Zur Landwirtschaft, von der der Herr Bundesarbeitsminister gesprochen hat, zitiere ich eine Formulierung; Sie können sie auf Seite 11 nachlesen:
In der Landwirtschaft treffen Unfälle mit tödlichem Ausgang fast zur Hälfte Kopf und Hals, selten indessen die Augen. Es folgen Brustkorb und Rücken vor den Gliedmaßen.
Meine Damen und Herren, solche Aussagen helfen uns doch wohl kaum bei unseren Bemühungen, die Unfallverhütung zu intensivieren.
Über die Entwicklung des Unfallgeschehens enthält der Unfallverhütungsbericht nichts. Erstaunlicherweise bringt der Bericht keinen einzigen Zahlenvergleich über das Unfallgeschehen. Das benötigt man, um sich eine Erkenntnis über den Stand des Unfallgeschehens 1964 zu verschaffen. Dazu muß man Vergleichszahlen haben. Der Bericht bringt sie nicht. Aber im Vorwort heißt es, die Zahl der Arbeitsunfälle sei zurückgegangen, obwohl er keinerlei Vergleichsmaterial enthält. Die entsprechenden Zahlen sind selbstverständlich erstellt und veröffentlicht; sie finden sich nur nicht im Unfallverhütungsbericht.
Der Bundesarbeitsminister hat davon gesprochen, daß unsere Unfallversicherung — aus guten Gründen — nach Wirtschaftszweigen gegliedert ist. Der Unfallverhütungsbericht enthält aber keine einzige Zahl über Unfälle nach Wirtschaftszweigen. Die entsprechenden Zahlen stehen zur Verfügung, sie sind veröffentlicht; sie finden sich nur nicht im Unfallverhütungsbericht.
Die Verbände und Träger der Unfallversicherung erstellen wohlgegliedertes und aussagekräftiges Zahlenmaterial über das Unfallgeschehen, und sie veröffentlichen es auch. Aber, meine Damen und Herren, im Unfallverhütungsbericht findet sich davon sehr wenig.
Nun zu den entscheidenden Maßnahmen zur Unfallverhütung. Der Unfallverhütungsbericht bringt
— das ist zu begrüßen — eine Zusammenstellung
der Arbeitsschutzvorschriften des Bundes. Im Be
richt heißt es dazu — das möchte ich zitieren —: Ein Teil der Vorschriften, insbesondere auf technischem Gebiet, ist so alt, daß die Regelungen
bei der derzeit raschen Entwicklung der Technik kaum den neuesten Erkenntnissen entsprechen dürften.
Das ist völlig richtig. Von den 79 aufgeführten Unfallschutzvorschriften des Bundes sind nämlich 48, also 60 %, über 25 Jahre alt.

(Zuruf von der SPD: Hört! Hört!)

Nun hat der Herr Bundesarbeitsminister erklärt,
die Bundesregierung arbeite sehr an der Modernisierung der Vorschriften. Das steht auch im Bericht
nämlich:
In den letzten Jahren wurden die erforderlichen Maßnahmen getroffen, um die Vorschriften dem heutigen Stand der Technik anzupassen.
Das ist eine sehr gewagte Aussage; denn sie steht
nicht im Einklang mit den Fakten.

(Abg. Wehner: Hört! Hört!)

Tatsache ist: in den letzten zehn Jahren sind im Durchschnitt pro Jahr zwei Arbeitsschutzvorschriften des Bundes neu erlassen oder geändert worden. Wenn die Bundesregierung bei der Modernisierung der Arbeitsschutzvorschriften das gleiche Tempo wie bisher beibehält, dann wird die letzte der heute schon 25 Jahre und mehr alten Vorschriften im Jahre 1990 abgeändert sein.

(Zuruf von der CDU/CSU: Na, sagen wir, die Hälfte!)

Daraus ergibt sich, daß man den Ausführungen des Herrn Bundesarbeitsministers über die Tatkraft, mit der in den letzten Jahren an Verbesserungen der Unfallverhütung gearbeitet worden sei, bis zum Beweise des Gegenteils Skepsis entgegenbringen muß.
Nun zur Überwachung der Unfallverhütung! Wenn Sie sich die Darstellung über die Gestaltung der Überwachung der Unfallverhütung durch die Berufsgenossenschaften durchlesen, stellen Sie fest, daß der Text völlig unübersichtlich ist. Ich habe sogar den Verdacht, daß im Bericht eine erste und eine zweite Fassung durcheinandergekommen sind. Die Sache ist jedenfalls schwer zu verstehen. Eine



Dr. Schellenberg
einzige klare Tabelle hätte mehr ausgesagt als der ganze Text.
Nun stimmt es sehr nachdenklich — das hat der Bundesarbeitsminister zugegeben —, daß in der gesamten gesetzlichen Unfallversicherung nur 921 technische Aufsichtsbeamte einschließlich der Aufsichtshilfen tätig sind. Das bedeutet, auf 37 000 Beschäftigte entfällt eine technische Aufsichtskraft.

(Abg. Wehner: Hört! Hört!)

Nun wird man sagen: Wir bekommen leider keine Fachkräfte! Meine Damen und Herren, das zeigt erneut, wie notwendig unser Antrag bei der Beratung des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes war, in das Gesetz Vorschriften über Sicherheitsbeauftragte aus den Betrieben einzufügen.
Der Bundesarbeitsminister hat die Zahl der Sicherheitsbeauftragten genannt, die heute wirken. Das ist eine beachtliche Zahl. Wenn man sie aber zu dem in Verhältnis setzt, was der Gesetzgeber vorgeschrieben hat, so stellt man fest, daß nur rund ein Viertel der Zahl von Sicherheitsbeauftragten tätig ist, die laut Gesetz in den Betrieben als ehrenamtliche Kräfte bestellt werden müßten. Deshalb erwarten wir also, daß die Bestellung von Sicherheitsbeauftragten vorangetrieben wird.
Ferner ersuchen wir die Bundesregierung, den im Februar 1963 zugesagten Gesetzentwurf für die betriebliche Sicherheitsorganisation vorzulegen. Der Herr Bundesarbeitsminister hat Entschuldigungsgründe vorgebracht. Ich muß mich aber wundern, daß in einer Regierungserklärung vor zwei Jahren gesagt wurde: Dieser Gesetzentwurf wird baldigst vorgelegt.
Die Berufsgenossenschaften sind verpflichtet worden — das war ein Antrag der SPD —, für die erforderliche Ausbildung aller mit der Unfallverhütung betrauten Personen Sorge zu tragen. Der Bericht bringt darüber Zahlen, und der Herr Bundesarbeitsminister hat sie noch einmal unterstrichen. Aber, meine Damen und Herren, diese Zahlen über das, was an Schulung derjenigen, die mit der Unfallverhütung betraut sind, geschieht — Sie werden es mir bestätigen, wenn Sie den Bericht nachlesen —, sind wenig vertrauenerweckend. Im Bericht wird nämlich behauptet, daß insgesamt 19 000 Schulungskurse durchgeführt wurden — eine imposante Zahl —, davon allein über 13 000 bei der Bundesbahn. Auf die gesamte gewerbliche Wirtschaft sollen nach dem Bericht nur rund 5000 Schulungskurse entfallen. Nun, meine Damen und Herren, wenn das die Sachlage ist, dann ist entweder mit der Sicherheitsschulung oder mit der Berichterstattung etwas nicht in Ordnung.

(Beifall bei der SPD. — Abg. Ruf: Die Berichterstattung stimmt!)

Der Gesetzgeber hat den Bundesarbeitsminister beauftragt, zwei allgemeine Verwaltungsvorschriften zur Verbesserung der Unfallverhütung zu erlassen, eine über das Zusammenwirken von Unfallverhütungsbeamten der Berufsgenossenschaften mit den Betriebsvertretungen, die zweite über das Zusammenwirken von Unfallverhütungsorganen der Berufsgenossenschaften mit der staatlichen Gewerbeaufsicht. Beide Verwaltungsvorschriften sind bisher noch nicht erlassen worden. Bei der großen Bedeutung der Arbeitsunfälle ist eine solche Verzögerung nicht zu entschuldigen. Meine Damen und Herren, das Gesetz ist im Mai 1963 verkündet worden. Aber wichtige Verwaltungsvorschriften, die im übrigen die Bundesregierung im Regierungsentwurf selbst vorgeschlagen hatte, sind nicht erlassen worden.
Der Bericht der Bundesregierung verliert kein Wort über die medizinische Seite der Unfallverhütung. Das Haus war sich doch bei der Beratung des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes darüber einig, daß dem medizinischen Bereich der Unfallverhütung mehr Raum als früher gegeben werden muß. Das Gesetz hat deshalb festgelegt, daß die Berufsgenossenschaften Vorschriften über die ärztliche Untersuchung von Versicherten erlassen sollen, die mit Arbeiten beschäftigt werden, die eine außerordentliche Unfallgefahr und Gesundheitsgefährdung mit sich bringen. Der Bericht sagt nicht das geringste darüber, ob und inwieweit diese gesetzliche Vorschrift praktiziert wird und welche Erfahrungen gewonnen wurden. Das Gesetz enthält ferner Vorschriften über erste Hilfe bei Arbeitsunfällen. Der Bericht sagt darüber nichts, obwohl vorgeschrieben ist, daß die Berufsgenossenschaften dem Bundesarbeitsminister bis zum 1. Juli jedes Jahres über den Stand der Ersten Hilfe zu berichten haben.
Auch der Abschnitt über Berufskrankheiten ist unzureichend. So verschweigt der Bericht beispielsweise den wichtigen Tatbestand, wieviel Versicherte infolge von Berufskrankheiten verstorben sind. Es ist keine ausreichende Entschuldigung, wenn es im Bericht heißt — ich zitiere —:
Eine Auswertung der angezeigten Berufskrankheiten ... erschien nicht sinnvoll, weil die Ursachen für die Entstehung einer Berufskrankheit in der Regel lange Zeit vor dem Zeitpunkt liegen, in dem die Krankheit angezeigt wird.
Dem Bundesarbeitsministerium stehen im Haushalt Mittel für Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeits- und Gesundheitsverhältnisse und zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten zur Verfügung. Der Bundesarbeitsminister hat erklärt, daß sein Ministerium in diesem Bereich aktiv sei. Aber dann muß es doch erstaunen, daß die im Haushalt 1964 für diese Erforschung eingesetzten Mittel noch nicht einmal zur Hälfte ausgegeben wurden.

(Hört! Hört! bei der SPD.)

Das ist doch wohl Sparsamkeit am falschen Platz,

(Sehr wahr! bei der SPD)

wenn allein die Ausgaben der gesetzlichen Unfallversicherung jährlich 3 Milliarden DM betragen. Wir alle wissen, daß darüber hinaus der Volkswirtschaft und dem einzelnen Verletzten noch weit höhere wirtschaftliche Belastungen entstehen. Die Zurückhaltung der Bundesregierung hinsichtlich der Ausschöpfung der Haushaltsmittel zur Erforschung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten ist der Grund dafür, daß im Bericht nichts darüber enthalten ist, was im Forschungsbereich getan wird.



Dr. Schellenberg
Über andere Dinge dagegen berichtet die Vorlage der Regierung ausführlich.
Ich will Ihnen ein Beispiel dafür geben, wie unausgewogen und unausgegoren der Bericht ist. Es wird von einem „Fall" einer sogenannten Farmer-oder Drescherlunge berichtet, dem leider doch keine Entschädigung gewährt wurde, da — ich zitiere — „das Krankheitsbild über 10 Jahre vor dem Inkrafttreten des UVNG bekannt gewesen ist". Meine Damen und Herren, wenn man einen solchen Einzelfall behandelt und sonst zur Erforschung der Berufskrankheiten überhaupt nichts sagt, dann sind doch die Gewichte völlig falsch verteilt.
Nun zu den Wegeunfällen. Im Bericht finden sich Zahlen der Wegeunfälle. Aber sie weichen wiederum von anderen Zahlen, die das Bundesarbeitsministerium über Wegeunfälle veröffentlicht hat, ab. Sonst enthält der Bericht überhaupt keine Aussage über die Wegeunfälle.
Wir wissen, daß die Verkehrsunfälle in unserem Land ein geradezu tragisches Ausmaß erreicht haben. Verkehrsunfälle belasten in erheblichem Maße nicht nur die gesetzliche Unfallversicherung, sondern auch die Krankenversicherung und die Rentenversicherung. Da alle Verkehrsbetriebe unter die gesetzliche Unfallversicherung fallen, hätte es doch wohl nahegelegen, im Unfallverhütungsbericht einiges zum Thema „Verkehrsunfälle und ihre Verhütung" zu sagen. Das hätte nicht den Umfang des Berichts gesprengt. Der Bericht des Herrn Bundesministers für Verkehr „Verkehrspolitik 1949 bis 1965" zeigt, daß es möglich gewesen wäre, auf wenigen Seiten Wichtiges zur Unfallverhütung im Straßen-, Schiffs- und Flugverkehr zu sagen.
Nun zu dem Thema der häuslichen Unfälle. In dem besonderen Beitrag der gemeindlichen Unfallversicherungsträger, der als Anlage beigefügt ist, wird auf die Aktion „Sicheres Haus" verwiesen. Das ist zu begrüßen; denn die häuslichen Unfälle verdienen gerade im Hinblick auf die technische Entwicklung immer mehr Beachtung. Davon sind nicht nur Hausfrauen, sondern auch Kinder und ältere Menschen betroffen. Man kann, wenn man sich die Mühe macht, feststellen, daß im Jahre 1964 — das steht natürlich nicht im Bericht — 9100 Menschen durch häusliche Unfälle zu Tode gekommen sind.
Diese häuslichen Unfälle könnten durch das Gesetz, von dem der Herr Bundesarbeitsminister gesprochen hat, nämlich das Gesetz über die Herstellung und den Vertrieb gefahrensicherer Maschinen, verringert werden.
Es ist doch bedauerlich, daß schon seit Jahren hierüber gesprochen wird, auch internationale Vereinbarungen vorliegen, aber bisher eine Vorlage dem Hause noch nicht unterbreitet worden ist.
Welche Bedeutung ein solches Gesetz für häusliche Unfälle haben würde, möchte ich hier an einem Beispiel verdeutlichen. Ich habe es mir aus dem Bericht einer Berufsgenossenschaft herausgesucht. Ein Hersteller von Kreissägen vertreibt die gleiche Kreissäge in zweifacher Ausführung, eine für gewerbliche Zwecke mit Schutzvorrichtung, die andere gleiche Säge für den privaten Gebrauch ohne Schutzvorrichtung. Solchen Mißständen kann nur durch das von uns geforderte Maschinenschutzgesetz begegnet werden.
Nun zur internationalen Zusammenarbeit. Der Herr Bundesarbeitsminister hat sie besonders erwähnt. Auch im Bericht wird gesagt, wie intensiv die Bundesregierung bei allen internationalen Abkommen mitarbeite. Wenn man den Bericht genauer liest, dann muß man aber feststellen, daß von zwölf internationalen Abkommen über Arbeitssicherheit die Bundesrepublik bisher nur drei ratifiziert hat.

(Hört! Hört! bei der SPD.)

Im Bericht heißt es dann weiter — und der Herr Bundesarbeitsminister hat es hier wiederholt —, es könnten in bezug auf die Unfallgefahr internationale Vergleiche leider nicht gezogen werden, weil es vergleichbare Statistiken nicht gebe. Dann hat der Herr Bundesarbeitsminister hier eine Erklärung abgegeben, die mich erstaunt. Er sagte, im Rahmen der EWG setze die Bundesregierung sich für solche vergleichbare Statistiken ein. Das ist eine für mich interessante Mitteilung; denn ich bin informiert, daß vor 14 Tagen, am 12. Januar, der Vertreter der Bundesregierung in der Arbeitsgruppe Unfallstatistik der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft auf einer Sitzung in Luxemburg als einziger Vertreter der sechs Länder erklärt hat, die Bundesrepublik halte solche vergleichbare Unfallstatistiken im Rahmen der EWG nicht für erforderlich. Das ist erstaunlich, und es steht im Widerspruch zu dem, was der Herr Bundesarbeitsminister gesagt hat.
Diese zögernde Haltung in der Bundesrepublik, jedenfalls wie ich unterrichtet bin, legt die Frage nahe, wie es mit den Vergleichen steht, die vorhanden sind. Wir haben einen Vergleich für die Eisen-und Stahlindustrie aus dem Material der Montanunion. Daraus ergibt sich, daß hinsichtlich der Betriebsunfälle in der Eisen- und Stahlindustrie die Bundesrepublik — ich nenne nur eine Zahl: Unfälle ohne tödlichen Ausgang, bezogen auf 1 Million Arbeitsstunden; das ist der offizielle Maßstab —89 Unfälle aufweist, Frankreich 72. In diesem internationalen Vergleich stehen wir also nicht sehr gut. Das sollte eigentlich ein Anlaß sein, sich stärker auch darum zu bemühen, Erfahrungen anderer Industrienationen für die Gestaltung der Unfallverhütungsarbeit nutzbar zu machen.
Die Bundesregierung faßt ihren Unfallverhütungsbericht in der Einleitung wie folgt zusammen — der Herr Bundesarbeitsminister hat es mit anderen Worten in seiner Begründung wiederholt —:
Aus diesem ersten Bericht können schwerlich Folgerungen für Maßnahmen der Unfallverhütung unmittelbar gezogen werden. Er läßt keine Schlüsse auf die Qualität der Unfallverhütung in der Bundesrepublik zu.
Schlüsse auf die Qualität der Arbeit der Bundesregierung drängt er aber geradezu auf, möchte ich hinzufügen.
Meine Damen und Herren, der Unfallverhütungsbericht 1964 ist in der vorgelegten Fassung eine Zu-



Dr. Schellenberg
mutung für das Haus. Was soll ein dem Parlament vorgelegter Bericht, wenn die Abgeordneten erst andere Unterlagen durcharbeiten müssen, um sich über die Unfallverhütung und das Unfallgeschehen in der Bundesrepublik für das Jahr 1964 zu unterrichten?

(Hört! Hört! 'bei der SPD.)

Das ist eine sehr schlechte Sache. Und ich möchte hinzufügen: Der Unfallverhütungsbericht 1964 liegt weit unter dem Niveau bisheriger Berichte der Bundesregierung, einschließlich des Bundesarbeitsministeriums, —

(Beifall bei der SPD)

womit ich aber keine generelle Bestätigung der Güte anderer Berichte aussprechen möchte.

(Lachen bei der CDU/CSU.)

Der Herr Bundesarbeitsminister hat entschuldigend erklärt, ,es sei eine Erstlingsarbeit. Aber auch als Erstlingsarbeit ist der Bericht nicht akzeptabel, weil er nicht den gesetzlichen Auftrag der umfassenden Berichterstattung erfüllt.
An diesem schlechten Bericht wird auch dadurch nichts geändert, daß uns der Herr Bundesarbeitsminister gestern oder vorgestern mit entschuldigenden Bemerkungen eine Richtigstellung nachgereicht hat. Der Herr Bundesarbeitsminister hätte besser daran getan, den gesamten Bericht mit einer Entschuldigung zurückzunehmen oder vor Abzeichnung der Vorlage das Haus um eine Fristverlängerung für die Berichterstattung zu bitten.
Meine Damen und Herren, der Bericht bietet keine Grundlage für eine sachgemäße Beratung in den Ausschüssen. Wir alle haben gezeigt, insbesondere im Sozialpolitischen Ausschuß, daß wir bemüht sind, uns sehr intensiv dem Problem der Unfallverhütung zu widmen. Dazu muß man aber eine einigermaßen brauchbare Arbeitsgrundlage haben. Deshalb beantrage ich namens der sozialdemokratischen Fraktion — ich überreiche den Antrag dem Herrn Präsidenten —:
Die Bundesregierung wird ersucht, eine Neufassung des Berichts der Bundesregierung über den Stand der Unfallverhütung und das Unfallgeschehen in der Bundesrepublik für das Jahr 1964 (Unfallverhütungsbericht 1964) vorzulegen. Der neue Bericht soll der Bedeutung entsprechen, die die Unfallverhütung für den einzelnen und für die Gesamtheit hat.
Lassen Sie mich zum Schluß noch einige persönliche Bemerkungen an den Herrn Bundesarbeitsminister richten. Nach der Debatte über die Regierungserklärung, Herr Bundesarbeitsminister, hatte ich das Empfinden, daß wir in einigen Fragen an einem Strang ziehen können; in anderen Dingen — das ergab sich auch aus Ihrem Beitrag zur Regierungserklärung; das. wußten wir — würden wir uns hart auseinandersetzen müssen. Aber ich hätte niemals gedacht, Herr Bundesarbeitsminister, daß ich Sie in einer Frage der produktiven Sozialpolitik so bald hier rügen müßte. Der Bericht war vor allem Ihre Visitenkarte. Sie waren nicht gut beraten, den Bericht in dieser Fassung abzuzeichnen und dem Hause vorzulegen.
Herr Bundesarbeitsminister, Sie haben von den weiteren Aufgaben der Unfallverhütung gesprochen und dankenswerterweise ein Kuratorium für Unfallverhütung erwähnt. Meine Damen und Herren, das haben wir Sozialdemokraten vor drei Jahren beantragt. Die Mehrheit hat es damals abgelehnt. Wir freuen uns, daß sich unsere Auffassung jetzt bei dem Herrn Minister durchgesetzt hat und er ein solches Kuratorium bestellen will.
Sie, Herr Minister, haben dann über Möglichkeiten und Perspektiven des Handelns hinsichtlich der Unfallverhütung gesprochen. In der Zeit, in der ich dem Hause angehöre, habe ich zu sozialpolitischen Dingen manche Ankündigungen vernommen. Vieles ist dann unterblieben oder nicht so durchgeführt worden, wie es ursprünglich angekündigt wurde. Deshalb möchte ich am Schluß präzise die Aufgaben umreißen, die — das ist unsere Bitte — Sie im Bereich der Unfallverhütung durchführen sollten.
Erstens. Erlassen Sie nun endlich die allgemeinen Verwaltungsvorschriften über die Unfallverhütung, die in den §§ 712 und 717 vorgesehen sind und die sich auf das Zusammenwirken der Organe der Unfallverhütung mit den Betriebsvertretungen und das Zusammenwirken zwischen der Gewerbeaufsicht und der technischen Aufsicht der Berufsgenossenschaften beziehen sollen!
Zweitens. Sorgen Sie dafür, daß die veralteten Arbeitsschutzvorschriften, von denen ich gesprochen habe, nun schneller modernisiert werden!
Drittens. Legen Sie das Maschinenschutzgesetz dem Hause möglichst bald vor! Sie haben das erwähnt. Wir bitten aber um baldige Vorlage!
Viertens. Verwirklichen Sie die Ankündigung über die betriebliche Sicherheitsorganisation! Sie haben davon gesprochen, aber gleichzeitig auch Bedenken geäußert.
Fünftens. Betriebsärztlicher Dienst! Vor drei Jahren haben wir im Ausschuß gehört, daß die Regierung uns dazu eine Vorlage machen werde. Wir bitten Sie, diese dem Hause vorzulegen.
Sechstens, Herr Bundesarbeitsminister, eine weitere Bitte: Informieren Sie sich und berichten Sie dem Hause über den Stand der ärztlichen Untersuchungen von Beschäftigten, die außergewöhnlichen Gefahren in Betrieben ausgesetzt sind!
Siebtens. Informieren Sie sich und unterrichten Sie das Haus über den Stand der Ersten Hilfe bei Arbeitsunfällen!
Achtens. Informieren Sie sich und unterrichten Sie das Haus, inwieweit die Berufsgenossenschaften den einzelnen Unternehmungen je nach Zahl und Schwere der Arbeitsunfälle Zuschläge auferlegen oder Nachlässe gewähren!
Neuntens. Berichten Sie konkret über die Forschungsaufgaben, die Sie hinsichtlich der Intensivierung der Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten erteilt haben!



Dr. Schellenberg
Zehntens. Berichten Sie dem Hause, was Sie in Zusammenarbeit mit dem Herrn Bundesverkehrsminister zur wirksamen Verhütung von Wegeunfällen unternommen haben!
Elftens. Berichten Sie dem Haus darüber, was Sie in Zusammenarbeit mit dem Herrn Bundesfamilienminister zur wirksamen Verhütung von häuslichen Unfällen unternommen haben!
Zwölftens. Berichten Sie dem Haus, was Sie in internationalen Gremien konkret zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten veranlaßt haben!
Wenn Sie diese zwölf Aufgaben anpacken, dann wird die Unfallverhütung in unserem Land beachtlich vorankommen, dann wird den Menschen und der Wirtschaft gedient sein. Aber als erstes: Geben Sie uns einen neuen Bericht über die Situation im Unfallgeschehen und in der Unfallverhütung, einen Bericht, der der gestellten Aufgabe entspricht!

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0501618600
Das Wort hat der Abgeordnete Ruf.

Thomas Ruf (CDU):
Rede ID: ID0501618700
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Daß sich der Bundestag mit dem Unfallbericht beschäftigt, soll aufrüttelnd und anregend wirken, so heißt es in dem Bericht, den uns unser früherer Kollege Meyer (Wanne-Eickel) in seinem Schriftlichen Bericht zum Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz im Jahre 1963 vorgelegt hat. Ich habe aber den Eindruck, meine Damen und Herren, daß es heute dem Sprecher der Opposition mehr darauf ankam, die Öffentlichkeit über die Bundesregierung und über den von ihr erstatteten Bericht zu erregen, als die Öffentlichkeit über das Unfallgeschehen in der Bundesrepublik aufzuklären und aufzurütteln.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD: Dazu bietet der Bericht keine Möglichkeit!)

Das kann nicht der Sinn der Debatte sein.
Man könnte sehr wohl eine vernünftige und erregende Debatte über das Unfallgeschehen in der Bundesrepublik auch auf Grund dieses Berichts hier in diesem Hause führen.

(Zurufe von der SPD: Versuchen Sie das einmal! — Eben nicht!)

— Meine Damen und Herren von der Opposition, der Bericht hat seine Mängel. Das geben wir unumwunden zu. Darüber sind wir uns im klaren. Das wollen wir gar nicht leugnen.

(Zuruf von der SPD: Also!)

Aber wir sind nicht der Meinung, daß der Bericht, wie er vorliegt, an die Bundesregierung zurücküberwiesen werden sollte. Wir sind vielmehr der Meinung, dieser Bericht gehört in den Sozialpolitischen Ausschuß. Da werden wir ihn beraten.

(Zustimmung bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD: Zweijahresarbeit!)

Wir werden von uns aus für die weitere Gestaltung dieses Berichts Vorschläge machen. Für Anregungen und Ratschläge sind wir jederzeit von Herzen dankbar.

(Unruhe bei der SPD.)

Bitte, bedenken Sie, meine Damen und Herren, daß
es sich bei diesem Bericht schließlich — Sie haben
ihn ja gefordert — um einen ersten Bericht handelt.

(Zuruf von der SPD: Sind Sie nicht dafür, Herr Kollege?)

— Ich will Ihnen etwas sagen: ich halte nicht so viel von Berichten wie Sie.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD: Das glauben wir!)

Mir kommt es viel mehr auf das an, was gegen Unfälle getan wird, als auf das, was über das Unfallgeschehen berichtet wird.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD: Das wollen wir ja gerade wissen!)

Denken Sie daran, meine Damen und Herren:
schließlich mußten zunächst einmal gewisse Grundlagen erarbeitet werden. Herr Kollege Schellenberg hat selber gesagt, daß wir sehr viele Berichte haben von den 36 gewerblichen Berufsgenossenschaften — oder wie viele es sind —, von den 19 landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften. Es gibt alle möglichen Berichte. Auch die Bundesregierung hat erst in diesen Tagen wieder einen Bericht über die Unfallversicherung im Jahre 1963 herausgebracht. Sie haben so viele Unterlagen! Wenn Sie die mal durchsehen würden, könnten Sie daraus schon allerhand entnehmen. Was hätten wir schließlich schon davon, meine Damen und Herren, wenn Sie oder wenn wir darauf bestünden, daß all die vielen Berichte aus den verschiedenen Wirtschaftszweigen in einem einzigen, einheitlichen Bericht zusammengefaßt werden? Was kommt dabei heraus? Dann kommen solche Dinge heraus wie die, die Sie jetzt beanstanden: daß man die gewerbliche Wirtschaft, den Bergbau, die Landwirtschaft, die häusliche Wirtschaft usw. in einen Topf wirft und dann entsprechende Prozentzahlen errechnet. Das muß dabei herauskommen. Das halte ich nicht für sinnvoll.
Im übrigen sind wir von der Koalition nicht so statistik- und zahlengläubig wie Sie von der SPD. Wir sind der Meinung, daß noch so gut aufbereitete Statistiken und noch so gute und viele Zahlen verhältnismäßig wenig Aussagekraft besitzen über die Unfallursachen, über das Unfallgeschehen und über das, was auf dem Gebiet der Unfallverhütung zu geschehen hat. Die Zahlen mögen vielleicht interessant sein, sie mögen uns Anlaß zu Spekulationen über die möglichen Ursachen der Unfälle geben, sie mögen uns vielleicht Gelegenheit geben, uns über die Zahlen zu unterhalten.

(Zuruf des Abg. Geiger.)

— Über Zahlen, Herr Kollege Geiger, läßt sich bekanntlich trefflich streiten. Aber, meine Damen und Herren, wir können noch so viele Zahlen vorlegen, es nützt der Bevölkerung nichts, wenn wir uns bei diesem Unfallverhütungsbericht in erster Linie über



Ruf
Zahlen unterhalten. Meine Damen und Herren, wir könnten natürlich noch mehr Zahlen ermitteln, das ist keine Kunst.

(Abg. Dr. Schellenberg meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

— Wir können unsere Statistiken ausbauen. — Herr Kollege Schellenberg, wir haben sicherlich nachher Diskussionsmöglichkeiten. Wenn Sie ein bißchen Geduld haben, werde ich gern darauf eingehen. — Wir können sicherlich unsere Statistiken ausbauen. Aber denken Sie auch an die Grenzen der Statistik, denken Sie auch an den Aufwand, den die Statistik verursacht. Denken Sie daran, was wir heute bereits auf dem Gebiet der Statistik den Lohnbüros im steuerlichen Bereich, im sozialpolitischen Bereich etc. zumuten. Das geht auf keine Kuhhaut mehr, und da sind uns Grenzen gesetzt, die wir zu beachten haben.

(Zustimmung in der Mitte.)

Entscheidend ist, was auf dem Gebiete der Unfallverhütung geschieht. Wir sind der Meinung, daß das, was auf dem Gebiete der Unfallverhütung in der Bundesrepublik getan worden ist und getan wird, sich durchaus sehen lassen kann.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Wehner: Etwas bescheidener!)

— Bescheiden, sagen Sie, bescheiden! Die Unfallversicherungsträger geben immerhin im Jahr laut diesem Bericht 60 Millionen DM allein für die Unfallverhütung aus. Ist das etwa bescheiden?

(Abg. Matthöfer: Im Vergleich zu den Opfern, ja; was sind 60 Millionen?)

— Beruhigen Sie sich, Herr Matthöfer. Was die Betriebe für die Durchführung der Unfallverhütung ausgeben, ist auch nicht so gering zu schätzen.

(Abg. Matthöfer: Es ist zu wenig!)

— Es wird immerhin auf einen Betrag von etwa 1,5 Milliarden DM geschätzt. Das sind sehr beachtliche Summen, die wir doch nicht aus dem Auge verlieren dürfen.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0501618800
Herr Kollege Ruf, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Thomas Ruf (CDU):
Rede ID: ID0501618900
Bitte, lassen Sie mich reden. Wir haben vorhin Herrn Kollegen Schellenberg auch nicht unterbrochen. Wir wollen eine Debatte führen. Es ist der einzige Punkt der Tagesordnung, über den eine Aussprache vorgesehen ist. Wir können also diskutieren. Es kommt ja doch nicht von ungefähr.

(Zuruf von der SPD)

daß die Arbeitsunfälle bei uns in der Bundesrepublik nicht eine steigende, sondern eine sinkende Tendenz haben.

(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr wahr!) Das muß doch einmal festgestellt werden.


(Zuruf von der SPD: Woher wissen Sie das? Sie haben doch keine Vergleiche!)

— Natürlich!

(Zuruf von der SPD: In dem Bericht nicht!)

— Schauen Sie sich doch die Unterlagen einmal an! Sie sind Ihnen alle zugänglich. Holen Sie sich einmal — Sie werden sich als Sozialpolitiker damit beschäftigen — die Nachweisungen der Geschäfts- und Rechnungsergebnisse der gewerblichen Berufsgenossenschaften für das Jahr 1964!

(Zuruf von der SPD: Wir reden doch von dem Unfallverhütungsbericht!)

— Das finden Sie auf der Seite 6.

(Weitere Zurufe von der SPD.)

— Mit dem Unfallgeschehen wollen wir uns beschäftigen und nicht bloß mit dem Bericht.

(Heiterkeit und weitere Zurufe bei der SPD.)

— Ja, das selbstverständlich. Es geht doch um die Sache.

(Abg. Killat: Es geht um den Bericht im Augenblick!)

— Es geht Ihnen um ganz andere Dinge. (Zurufe von der SPD.)

— Darf ich endlich einige Zahlen aus den Rechnungsergebnissen der gewerblichen Berufsgenossenschaften vorlesen. Da heißt es z. B.: Arbeitsunfälle, Wegeunfälle, Berufskrankheiten, Anzeigen: auf 1000 Versicherte entfallen im Jahre 1961 147, im Jahre 1932 137, im Jahre 1963 131 und im Jahre 1964 130.
- Wenn Sie nun die erstmals entschädigten Unfälle
nehmen, die mehr aussagen als die angezeigten Unfälle, weil nämlich die Bagatellunfälle ausgeschaltet sind, dann ergeben sich folgende Zahlen: Auf 1000 Versicherte entfallen erstmals entschädigte Unfälle, Wegeunfälle und Berufskrankheiten: im Jahre 1961 4,48, im Jahre 1962 4,60, im Jahre 1963 4,22 und im Jahre 1964 3,91. Die tödlichen Arbeitsunfälle betrugen — auf 1000 Versicherte gerechnet — im Jahre 1961 0,28, im Jahre 1962 0,29 — wahrscheinlich war irgendwo ein größeres Unglück —, im Jahre 1963 0,24, im Jahre 1964 0,26. Das ist die Entwicklung. Das sind Zahlen, die man doch bei dieser Gelegenheit auch einmal der Öffentlichkeit bekanntgeben muß.

(Zuruf von der SPD: „Beruhigend!")

- Wir wollen uns damit wahrhaftig nicht beruhigen. Es wäre ganz verkehrt, wenn Sie mir jetzt unterstellten, ich sei angesichts der sinkenden Tendenz der Arbeitsunfälle beruhigt. Keineswegs. Im Gegenteil. Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese sinkende Tendenz muß für uns ein Ansporn sein, noch mehr auf dem Gebiet der Unfallverhütung zu tun. Das ist unser Wille.

(Beifall in der Mitte.) So möchte ich das betrachtet haben.

Ich habe in diesen Tagen irgendwo gelesen, daß die Unfälle, die reinen Arbeitsunfälle inklusive Wegeunfälle, in der Bundesrepublik im Jahr etwa eine Belastung in Höhe von 7 Milliarden DM für die deutsche Volkswirtschaft bedeuten. Das ist eine nicht unbeachtliche Summe, und das wollen wir sehr ernst nehmen — alle miteinander hier in diesem Hause. Das ist ganz selbstverständlich. Wir wollen



Ruf
aber bei dieser Debatte nicht bloß an die materiellen Verluste, an die DM-Verluste denken, wir wollen vielmehr an das unsagbare Leid denken, das viele Menschen und viele Familien durch das Unfallgeschehen trifft. Das ist das Entscheidende.

(Beifall in der Mitte.)

Deshalb sind wir angesichts dieser rückläufigen Zahlen, die wir Gott sei Dank vorlegen können, keineswegs beruhigt.
Meine Damen und Herren, ich halte es für notwendig, daß wir uns bei dieser Debatte vergegenwärtigen, was das Unfallgeschehen bedeutet, daß wir uns das Elend in seiner Bedeutung klarmachen, das sich Tag für Tag in den Unfallkrankenhäusern und in anderen Krankenhäusern abspielt. Man denke an die vielen durch das Unfallgeschehen Hirngeschädigten, an die Rückenmarkgeschädigten, an das Leid, das die Familien trifft, wenn die Frauen und die Kinder ihren Ernährer verlieren. Daran sollten wir viel mehr denken, und davon sollten wir uns viel mehr leiten lassen als von den Zahlen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Abg. Wehner: Wir sollten die Ursachen beseitigen helfen!)

Diese Einstellung zum Menschen ist ein viel wirksamerer Antrieb, auf dem Gebiet der Sozialpolitik tätig zu sein, aktiv zu werden als die Beschäftigung mit Berichten und mit Zahlen.

(Beifall in der Mitte.)

Lassen Sie mich folgendes einmal ganz offen sagen: Hier ist wieder der Kreis der Sozialpolitiker beisammen. Wir Sozialpolitiker laufen Gefahr, daß wir uns immer mehr zu Sozialtechnikern entwickeln, die sich in den Paragraphen gut auskennen, die die Rentenformeln beherrschen,

(Zuruf des Abg. Wehner)

— Herr Kollege Wehner, seien Sie doch froh, daß ich das einmal ausspreche — und die vielleicht verstehen, mit Statistiken gut umzugehen, daß wir dabei aber den Menschen, um den es eigentlich geht, allzu leicht aus dem Auge verlieren.

(Zuruf von der SPD: Liegt die bei Ihnen vor?)

Das ist eine Gefahr, der wir alle miteinander im Laufe der Jahre unterliegen. Ich selber — ich gebe das ganz offen zu — muß mich jeden Tag erneut dazu erziehen, wenn ich einen Brief von einem Rentner, einen Rentenbescheid, ein Sozialgerichtsurteil, eine Petition oder etwas Ähnliches in die Hand bekomme, hinter dem Papier den Menschen zu sehen — und darauf kommt es an.
Meine Damen und Herren, es gibt Leute, die sagen — auch das können Sie in der Öffentlichkeit leider Gottes hören —, die hohen Zahlen von Unfällen seien nun einmal der Preis für die Zivilisation; sie seien der Tribut, den wir für die Technik und den technischen Fortschritt zu zahlen hätten. Meine Damen und Herren, es wäre um unsere Zivilisation und um den Fortschritt der Technik schlecht bestellt, wenn wir uns damit abfänden, wenn wir nicht im Gegenteil alles täten, diesen Tribut auf ein Mindestmaß zu beschränken.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Das ist unsere Aufgabe, und in dieser Richtung zu wirken, ist auch der Sinn unserer Debatte.
Allerdings müssen wir uns davor hüten, zu glauben, daß es in erster Linie auf Gesetze, auf Institutionen, auf Ausschüsse, auf Kuratorien, auf angestellte Funktionäre usw. usw. ankomme. Vielmehr kommt es auf den einzelnen Menschen an, auf seine Einstellung, auf seine Rücksichtnahme, auf sein Verhalten im Betrieb, auf der Straße und im Hause.

(Sehr richtig! in der Mitte.)

Vor einiger Zeit habe ich einen sehr interessanten Vortrag gelesen, der im Bulletin und auch in einer sehr schön aufgemachten Broschüre veröffentlicht worden ist. Der Vorsitzende des Vorstandes der Ford-Werke AG in Köln, der Amerikaner Andrews, hat ihn vor der Industrie- und Handelskammer Köln 1960 gehalten. Mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten darf ich aus diesem Vortrag des amerikanischen Unternehmers, der doch immerhin gewisse Vergleichsmöglichkeiten hat, einiges zitieren.
Andrews weist darauf hin, daß es in Deutschland schon seit 1839 eine Fülle von Vorschriften über die Unfallversicherung, die Unfallverhütung, den Arbeitsschutz usw. gibt, daß aber demgegenüber in den Vereinigten Staaten keine umfassende bundesgesetzliche Regelung besteht.

(Zurufe von der SPD.)

— Natürlich, der amerikanische Kongreß beschäftigt sich damit. Wir tun das ja jetzt auch.
In dem Vortrag von Mr. Andrews heißt es:
Die Bundesstaaten haben nur wenige Dinge zur Sicherung gegen Unfälle gesetzlich geregelt. Ausgefeilte technische Vorschriften mit Gesetzeskraft sind weitgehend unbekannt.
Im Vordergrund steht der Grundsatz der Selbstverantwortung aller für die Sicherung des Lebens und der Gesundheit.
Die technische Sicherheit ist auf Grund der umfassenden Gesetzgebung in Europa und insbesondere in Deutschland sehr hoch. Einen Vergleich mit den Vereinigten Staaten braucht man in dieser Beziehung in Europa nicht zu scheuen.
An anderer Stelle heißt es dann:
Man unterscheidet in der Erforschung der Unfallursachen zwischen sicherungswidrigen Zuständen und sicherungswidrigen Handlungen. Sicherungswidrige Handlungen bilden in allen Ländern die Hauptursachen. Der Statistik unseres Werkes
— der Ford-Werke in Köln —entnehmen wir, daß es 80 % sind.
- 80 % der Unfälle sind also auf sicherungswidriges Verhalten und Handeln zurückzuführen; das ist eine sehr beachtliche Zahl. —



Ruf
Mit einigen Prozenten Abweichung vielleicht dürfte das für die gesamte Bundesrepublik auch zutreffen. —
Herr Kollege Professor Schellenberg, der den Unfallverhütungsbericht kritisiert, sollte auch einmal die anderen Aussagen des Berichts dem Hohen Hause vortragen, z. B. das, was auf Seite 22 über die von den Gewerbeaufsichtsämtern angestellten Untersuchungen gesagt wird. Dort steht nämlich, daß von 61 663 untersuchten Unfällen — das sind keine Bagatellunfälle — 45 738 Fälle auf Verhaltensmängel zurückzuführen sind, die im Einflußbereich der Beschäftigten liegen, z. B. unterlassener oder falscher Gebrauch von Schutzvorrichtungen und Schutzausrüstungen, Nichtbeachtung von Sicherheitsvorschriften, Unachtsamkeit, Ungeschicklichkeit.

(Abg. Matthöfer: Mangelnde Einweisung, zu hohes Arbeitstempo, zu lange Arbeitszeiten!)

Diese hohe Zahl ist also nicht darauf zurückzuführen, daß wir zu wenig Gesetze, zu wenig Vorschriften oder Berichte hätten, sondern darauf, daß die Menschen sich falsch verhalten.

(Zurufe von der SPD.)

Daraus sollten auch die Gewerkschaften einmal die nötigen Folgerungen ziehen. Ich darf in diesem Zusammenhang auf die USA verweisen, Herr Matthöfer. Dort kümmern sich die Gewerkschaften viel, viel mehr um die Unfallverhütung, als es bei uns der Fall ist. Lassen Sie mich noch einmal auf den Amerikaner Andrews zurückkommen.

(Abg. Killat: Wie wollen Sie das beweisen?)

— Moment! Lassen Sie mich doch bitte ausreden. — Er sagt:
Fragen der Sicherung gegen Unfälle bleiben bei der Berufsausbildung und bei der Arbeitseinweisung häufig unbeachtet. Auch die Vertreter der Arbeiterschaft, die Gewerkschaften, machen ihren Einfluß auf ihre Mitglieder in bezug auf die Sicherung nicht in ausreichendem Maße geltend, wie das z. B. in Amerika der Fall ist.
Das ist eine sehr beachtliche Feststellung.

(Abg. Matthöfer: Sind Sie sich darüber im klaren, daß die Ford-Werke hier eine der höchsten Unfallquoten der deutschen Automobilindustrie haben? Das, was dort gesagt worden ist, grenzt doch an Heuchelei! — Hört! Hört bei der SPD.)

— Ich kann Ihre Behauptung im Augenblick nicht prüfen; ich kann dazu jetzt nicht Stellung nehmen. Ich berichte hier über das, was über das Unfallgeschehen in der Bundesrepublik und in den Vereinigten Staaten gesagt worden ist, und das halte ich für sehr beachtlich.
Der Herr Kollege Schellenberg hat gesagt, die SPD sei schon bei der Verabschiedung des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes dafür eingetreten, daß das Problem der Sicherheitsbeauftragten im Gesetz konkret behandelt werden sollte. Ich darf hier einmal auf folgendes hinweisen. Eine Delegation des Sozialpolitischen Ausschusses war in Schweden, im
Wohlfahrtsstaat Schweden, auf den hier so gern verwiesen wird. Auch zwei Mitglieder der SPD-Fraktion waren dabei vertreten. In dem Bericht über diese Reise nach Schweden, wo man die Unfallverhütung studiert hat, heißt es, daß die Zusammenarbeit der Unternehmer mit den Arbeitnehmervertretungen gesetzlich vorgeschrieben sei. Dann aber heißt es:
Im Anschluß und in Ausführung dieser gesetzlichen Verpflichtung haben der Schwedische Zentralverband der Arbeitgeber und der Gewerkschaftsbund in Schweden das Abkommen über allgemeine Regeln für die Organisation des lokalen Arbeitsschutzes und den Vertrag über den Arbeitsschutzausschuß vom 27. 2. 1951 beschlossen.
Interessant ist nun die Begründung für diesen Vertrag. Das ist sehr beachtlich und wäre ein Vorbild auch für uns. Es heißt dort — ich darf das mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren —:
Die Möglichkeit, auf dem Wege der Gesetzgebung eine möglichst effektive Gestaltung der örtlichen Schutztätigkeit ... herbeizuführen, ist begrenzt. Die hier in Betracht kommenden Verhältnisse sind zum Teil von solcher Beschaffenheit, daß sie zweckmäßigerweise durch Vertrag — und nicht durch Gesetz — geregelt werden. Die freiwillige Abmachung enthält ganz offensichtlich Vorzüge, soweit es sich um die praktische Durchführbarkeit der Vorschriften handelt, und vor allem ist sie geeignet, den Parteien Interesse für die Schutzarbeit abzugewinnen und deren Selbsttätigkeit und Verantwortungsgefühl zu fördern. Auf dem Wege der Freiwilligkeit übernommene Obliegenheiten verpflichten moralisch in weit höherem Grad, gerade dann, wenn es sich um Aufgaben der hier in Frage stehenden Art
— der Unfallverhütung nämlich —
handelt. Ohne Rückhalt in einer aktiven Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer führt auch das beste Arbeiterschutzgesetz nicht zu dem beabsichtigten Erfolg.
Diese Stimme aus Schweden scheint mir doch sehr wertvoll zu sein. Deshalb habe ich sie dem Hohe Hause hier einmal vorgetragen.

(Sehr gut! in der Mitte.)

Nun etwas anderes. Herr Kollege Professor Schellenberg hat auf die Schulungsmaßnahmen hingewiesen und gesagt, er wisse nicht genau, worum es auf Seite 20 des Unfallverhütungsberichts gehe, wo davon die Rede sei, daß 'bei der Bundesbahn 13 681 Schulungsmaßnahmen, bei den Einrichtungen den Eigenunfallversicherung 14 000 Schulungsmaßnahmen durchgeführt worden seien. Selibstverständlich handelt es sich hier um Teilnehmer an diesen Schulungsmaßnahmen. Es kann gar nicht anders sein. Schließlich haben Bundesbahn und Bundespost auch noch andere Aufgaben. Aber meine sehr verehrten Damen und Herren, zu sagen, daß auch auf diesem Gebiet noch zu wenig geschehe, das ist einfach nicht gerechtfertigt. Wer die Dinge kennt, wer weiß, was die gewerblichen Berufsgenossenschaften



Ruf
zum Beispiel auf diesem Gebiet tun, daß sie immer wieder neue Schulen und Schulungsstätten einrichten, um solche Kurse durchführen zu können, der kann einfach nicht behaupten, daß bei uns auf diesem Gebiet zu wenig geschehe.

(Zurufe von der CDU/CSU: Sehr richtig!)

Kollege Professor Schellenberg hat beanstandet, daß hier zwar von den Unfällen, die auf dem Weg von und zur Arbeitsstätte passieren, die Rede ist, daß aber von den Verkehrsunfällen allgemein im Bericht nichts gesagt ist. Das kann wahrhaftig nicht die Aufgabe dieses Berichtes sein. Es ist ein Bericht, der über die Arbeitsunfälle zu erstatten ist; das steht im Unfallversicherungsgesetz. Es ist also nicht an Verkehrsunfälle gedacht. Wir haben hier eine Aribeitsunfallverhütungsdebatte zu führen und nicht eine Debatte etwa über ein Straßenverkehrssicherheitsgesetz und über die Verkehrsprobleme auf der Straße.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Meine Damen und Herren, mir scheint doch notwendig zu sein, noch auf eines hinzuweisen. Wenn man von der Notwendigkeit spricht, die deutsche Öffentlichkeit über das Unfallgeschehen zu orientieren, sie zu unterrichten, sie aufzurütteln, sie sicherheitsbewußter zu machen, dann darf man nicht unerwähnt lassen, was die Berufsgenossenschaften auf diesem Gebiet in den letzten Jahren dank der Initiative von Herrn Dr. Lauterbach in die Wege geleitet haben.

(Zuruf von der SPD: Die Gewerkschaften nicht vergessen, Herr Kollege!)

— Selbstverständlich, die Gewerkschaften sind mit dabei. Das gehört dazu, daß wir alle beteiligen, alle Kräfte der Gesellschaft heranziehen. Das ist bei diesen Unfallaktionen in Baden-Wüttemberg und im norddeutschen Raum geschehen. Da hat man Arbeitgeber, Gewerkschaften, Schulen, Kirchen, alles, was irgendwie die Öffentlichkeit anzusprechen vermag, herangezogen. Man hat sämtliche Massenmedien eingeschaltet, den Rundfunk, das Fern-sehn, den Film, Plakate, Vorträge. Man hat Vorträge in Schulen und Universitäten gehalten. Überall war man aktiv. Das war eine ganz großartige Sache, für die wir in diesem Hause einmal den Dank aussprechen müssen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Wir erfahren zu unserer Freude, daß eine ähnliche Aktion im Land Nordrhein-Westfalen für das Jahr 1968 geplant ist. Wie ich gelesen habe, rechnet man damit, daß für diese Aktion im Lande Nordrhein-Westfalen insgesamt etwa immerhin 6 bis 8 Millionen DM ausgegeben werden müssen. Das ist eine beachtliche Sache.
Und nun zum Schluß. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich meine wir sollten die Gelegenheit dieser Debatte einmal dazu benutzen, um auch den vielen Menschen zu danken, die auf dem Gebiet der Unfallbekämpfung, der Unfallverhütung, der Heilung und Linderung der Unfallfolgen tätig sind;

(Beifall bei den Regierungsparteien)

zu danken den Ärzten und Schwestern; den Rote-
Kreuz-Helfern, der Polizei, all den vielen Angehörigen von Institutionen, Verbänden und Einrichtungen, die auf diesem Gebiet in aufopferungsvoller Weise Tag für Tag und Jahr für Jahr wirken. Das sollte der Bundestag einmal tun, und diesen Dank darf ich — sicherlich in Ihrer aller Namen — heute bei dieser Gelegenheit, bei der Erstattung und Diskussion des ersten Unfallverhütungsberichts aussprechen. Wir wollen hoffen und wünschen, daß uns der nächste Bericht noch Besseres zu berichten haben wird.
Ich bitte um Überweisung an den Sozialpolitischen Ausschuß.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf von der SPD: Nur an den Sozialpolitischen Ausschuß?)

— Wir haben Überweisung an den Sozialpolitischen Ausschuß beantragt. Ich glaube, das genügt. Wir haben seinerzeit die Dinge im Sozialpolitischen Ausschuß behandelt. Ich würde es dabei belassen.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0501619000
Das Wort hat der Abgeordnete Spitzmüller.

Kurt Spitzmüller (FDP):
Rede ID: ID0501619100
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Herr Kollege Professor Dr. Schellenberg hat in seinen Einführungsworten gesagt, dieser Unfallverhütungsbericht sei nicht dazu geeignet, die Öffentlichkeit aufzurütteln und sie anzuregen, genügend und noch mehr zur Verhütung von Unfällen zu tun. Auch ich gestehe, daß es nicht ganz einfach war, sich durch das vielfältige Prozentzahlenmaterial dieser Vorlage durchzufinden. Man mußte schon eine Fülle zusätzlicher Unterlagen, die einem als Mitglied des Sozialpolitischen Ausschusses zahlreich zugehen, heranziehen, um zu bestimmten Ergebnissen und Erkenntnissen zu kommen. Entscheidend ist doch, daß wir heute einen ganzen Vormittag verwenden, um uns mit dieser Frage aus den verschiedensten Gesichtswinkeln auseinanderzusetzen.
Dieser Bericht gibt doch immerhin einen Überblick über die Entwicklung der Arbeitsunfälle und der Kosten, der insgesamt gesehen aufrütteln kann. Aus dem mündlichen Bericht des Herrn Arbeitsministers ging hervor, daß sich allein die Kosten bei den gewerblichen Berufsgenossenschaften um 24, bei den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften um 28 % — in Zahlen ausgedrückt: um rund 750 Millionen DM — erhöht haben, ganz zu schweigen von den Kosten, die durch den Ausfall der Arbeitsstunden infolge der Arbeitsunfähigkeit der Leute entstehen.
Wir müssen dem zustimmen, was in der Einleitung des Berichts gesagt wird: daß es noch verfrüht wäre, endgültige Konsequenzen zu ziehen. Aber es ist nie zu früh, sich im Sozialpolitischen Ausschuß nicht nur darüber zu unterhalten, was geschieht, sondern auch darüber, was noch zusätzlich geschehen kann. Dazu hat Herr Kollege Schellenberg einiges ausgeführt. Aber, Herr Kollege Schellenberg und meine Damen und Herren von der SPD, wir



Spitzmüller
dürfen doch nicht so tun, als ob nichts geschähe. In den letzten Jahren, seit sich der Sozialpolitische Ausschuß mit dem Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz beschäftigt hat, ist doch auf dem Gebiete der Unfallverhütung eine ganze Fülle zusätzlicher Dinge getan worden.

(Abg. Killat: Sehr wahr! Aber nicht genügend im Bericht gewürdigt! — Abg. Winkelheide: Das liegt doch nicht am Bericht!)

Ich möchte meinen, daß gerade die lange Debatte um das Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz mit dazu beigetragen hat und daß jetzt jedes Jahr die Berichterstattung über das Unfallgeschehen und die Beratung darüber mit dazu beitragen werden, daß in weiten Bevölkerungskreisen das Verständnis für die Notwendigkeit einer Unfallverhütung und Unfallbekämpfung wächst. Man kann doch sagen, daß in den letzten Jahren auch in den kleinen Betrieben das Verständnis dafür viel größer geworden ist, daß die Vorschriften und Anordnungen, die von den Berufsgenossenschaften erlassen worden sind, nicht erlassen wurden, um die Arbeit im Betrieb noch zu vermehren, sondern um eben Unglück von dem einzelnen Arbeitnehmer abzuwenden und um auch zu verhindern, daß die Kosten für die Berufsgenossenschaften noch stärker steigen, als es ohnehin der Fall ist.
Je öfter bei den Arbeitnehmern über diese Frage diskutiert wird, desto mehr wird bei ihnen auch das Verständnis wachsen, daß manche unerfreuliche Vorschrift — ich denke nur an das Tragen von Schutzmasken oder von Schutzhelmen —, auch wenn sie vielleicht manchmal das Arbeitsleben nicht gerade als beglückend erscheinen läßt, eben nicht als Schikane, sondern als Schutzmaßnahme für den arbeitenden Menschen selbst ausgedacht worden ist und deshalb auch zur Anwendung kommen muß.
Ich möchte noch kurz auf das eingehen, was Herr Kollege Ruf gesagt hat. Nach meinem Dafürhalten haben Sie von der SPD Herrn Kollegen Ruf völlig falsch verstanden und interpretiert. Aus Seite 22 des Berichts geht hervor, daß nicht nur die Arbeitgeber dafür zu sorgen haben, daß weniger Unfälle geschehen, sondern daß Arbeitgeber und Arbeitnehmer hier zusammenarbeiten müssen und daß bei allen im Wirtschaftsleben Tätigen das Verständnis dafür wachsen muß, daß es sich hier um eine persönlich, aber auch volkswirtschaftlich wichtige Aufgabe handelt.

(Beifall bei der FDP und in der Mitte.)

Meine Damen und Herren, ich kann vieles von dem, was ich sagen wollte, weglassen. Aber auf eines möchte ich doch besonders hinweisen. Ich meine die Wegeunfälle, die Herr Kollege Schellenberg schon angesprochen hat. Wir müssen feststellen, daß im Berichtsjahr rund 3 Millionen, genau 2 991 000 Unfälle angemeldet worden sind. In diesen 2,9 Millionen Unfällen sind 268 000 Wegeunfälle enthalten. Das sind 9 %. Diese 268 000 Wegeunfälle verteilen sich aber sehr ungleich auf die drei Gruppen der Berufsgenossenschaften. Bei den gewerblichen Berufsgenossenschaften ist der Durchschnitt mit 9 % genau erreicht, bei der landwirtschaftlichen
Berufsgenossenschaft beträgt er 1 % und bei der Eigenunfallversicherung 21 %. Das bedeutet, daß in dem Bereich, in dem die Unfallgefahr wegen der starken Beamten- und Angestelltentätigkeit nicht so groß ist, die Wegeunfälle immerhin schon einen beachtlichen Anteil, nämlich ein Fünftel, der Unfälle ausmachen. Wenn man berücksichtigt, daß nach der Berichtigung, die uns zugeschickt worden ist, 45 % der tödlichen Unfälle auf die Gruppe „Lasten und Beförderungsmittel" entfallen, sollte man der Frage der Wegeunfälle einmal eine besondere Aufmerksamkeit widmen.
Ich würde für heute nur die Anregung mitgeben — das sollten wir im Ausschuß erörtern —, ob es nicht möglich wäre, beim Kostenausweis auf Seite 16 die Kosten, die durch Wegeunfälle entstehen, gesondert darzustellen, um dazu beizutragen, daß dieses zusätzliche Risiko, das die Arbeitgeber auf sich genommen haben, ausgewiesen wird; nicht, meine Damen und Herren, um es abzuschaffen, sondern nur, um deutlich zu machen, welches kostenmäßige Risiko, auf das der Betrieb keinen Einfluß nehmen kann, für den Arbeitgeber im Laufe der letzten fünfzig Jahre entstanden ist.
Das brauchen wir auch, wenn wir einmal zu internationalen Vergleichen kommen wollen. Sie wissen, daß in Italien — es sei denn, in den letzten Wochen oder Monaten sei ein neues Gesetz erlassen worden — die Wegeunfälle nicht in den Schutz durch die Berufsgenossenschaften eingeschlossen sind. Wenn wir zu einem internationalen Vergleich je Arbeitsstunde und vielleicht auch hinsichtlich der Kosten kommen wollen, dann ist es wichtig, daß man das voneinander trennt.
Auch die Fragen des Arbeitszeitbeginns, des Pendlerverkehrs und der Raumordnung sind hier mit angesprochen. Man wird einmal prüfen müssen, inwieweit bestimmte Zusammenballungen durch Maßnahmen im Bereich der Raumordnung und durch Verschiebung des Arbeitszeitbeginns vermieden werden könnten und ob dadurch eine Senkung der Kosten der Berufsgenossenschaften auf diesem Gebiet der Wegeunfälle möglich wäre.
Als besonders erfreulich müssen wir die starke Beteiligung der Berufsgenossenschaften bei den Verkehrssicherheitstagen feststellen. Ich möchte auf diesem Gebiet gerade der Deutschen Bundespost ein besonderes Lob zollen, die sich nach dem Bericht mit Fragen der Verkehrsunfälle und der Wegeunfälle sehr befaßt hat und mit einer Reihe von Filmen und Veranstaltungen dazu beigetragen hat, in ihrem Bereich die Zahl dieser Unfälle durch Aufklärung einzudämmen.
Meine Damen und Herren, wenn man die in diesem Bericht aufgeführten Prozentzahlen der Verletzten und der Getöteten einmal gegenüberstellt, kommt man zu recht interessanten, überraschenden Feststellungen. 78,3 % der Verletzten und 52,1 % der Getöteten sind Arbeiter, 6,8 % der Verletzten, aber 10 % der Getöteten sind Angestellte, 4,5 % der Verletzten und 20 % der Getöteten sind Selbständige, und 4 % der Verletzten und 14 % der Getöteten sind mithelfende Familienangehörige.



Spitzmüller
Wir sehen aus dieser Zusammenstellung der Prozentzahlen natürlich wieder nichts Genaues, weil die absoluten Zahlen fehlen.

(Sehr wahr! bei der SPD.)

Aber sie zeigen an — und das möchte ich nur mit einer Randbemerkung feststellen —, daß die Landwirtschaft einen außerordentlich gefährdeten Beruf darstellt. Denn dort haben wir eine Fülle von tödlichen Unfällen, insbesondere bei den Selbständigen und bei den mithelfenden Familienangehörigen. Damit wird deutlich — wenn ich das als Nichtlandwirt sagen darf —, daß die Arbeit in der Landwirtschaft erstens gar nicht so einfach ist, weil man lange Arbeitszeiten hat, und zweitens sogar noch zu den gefährlichsten und am schlechtesten bezahlten Berufen gehört, die man überhaupt ausüben kann. Ich möchte das hier einmal ausführen, weil in manchen Versammlungen ein bißchen der Eindruck entsteht, also ob Stadt und Land gegeneinanderständen. Ich wollte diesen Bericht zum Anlaß nehmen, deutlich zu machen, wie schwer und vor allem wie gefährlich es die Landwirtschaft bei der Ausübung ihres Berufes hat.

(Abg. Killat: Wenn Sie noch eine Weile weitermachen, glaube ich es auch!)

— Aber, Herr Kollege Killat, Sie werden es doch sicher glauben.
Die Frage, weshalb die Unfallhäufigkeit am Montag am größten ist, wird auch im Ausschuß sicherlich nicht zu klären sein. Hier wird man die Erkenntnisse der Arbeitsmedizin auswerten und die Forschung weitertreiben müssen. Für mich ergibt sich die Frage: Kann es nicht vielleicht auch mit der Ernährungsweise in einem bestimmten Zusammenhang stehen, daß sich am Wochenanfang die Unfälle häufen, wie man es eigentlich zunächst nicht erwarten sollte, nachdem ein oder meistens sogar zwei Ruhetage vorangegangen sind? Es wird also auch die Frage der Ernährungsweise zu prüfen sein.
Was die Verteilung der Unfallhäufigkeit auf die Tageszeiten anlangt, so wird man sich im Ausschuß darüber unterhalten müssen, ob eine solche Aufteilung sinnvoll ist. Wir glauben, man sollte folgende Gesichtspunkte mehr in den Vordergrund stellen: Arbeitsbeginn — also sogenannte Anlaufzeit —, Zeitraum bis zur ersten Arbeitspause, Zeitraum bis zur Mittagspause oder nächsten Arbeitspause, Zeitraum bis zur Schlußphase und Unfälle vor oder nach Beginn der offiziellen Arbeitszeit. Darüber wird man sich einmal unterhalten müssen. Die Aufteilung in Abschnitte von zwei, drei, drei und dann wieder von zwei Stunden scheint mir keine Handhabe zu geben, um zu irgendwelchen Schlüssen zu kommen oder auch nur Spekulationen anzustellen. Man muß sich einmal Gedanken darüber machen, wie man zu einer sinnvolleren Aufteilung kommen kann.

(Abg. Büttner: Herr Kollege Spitzmüller, was sagen Sie denn zu der komischen Begründung vom Freitag?)

— Ich muß Ihnen sagen, man ist hier natürlich ein
bißchen auf den Bereich der Vermutungen angewiesen.
Was die Unfallhäufigkeit am Montag betrifft, so habe ich ausdrücklich nur gesagt, es liege nahe, an Zusammenhänge mit der Ernährungsweise zu denken. Ich bin kein Wissenschaftler und erst recht kein Ernährungswissenschaftler. Ich könnte mir aber denken, daß man auf diesem Gebiet einmal Forschungsaufträge vergibt und daß man sich im Ausschuß hierüber unterhält und dann vielleicht zu Ergebnissen kommt, die etwas aus dem Bereich der Spekulation herausführen. Zu ganz klaren Ergebnissen wird man mit Sicherheit nicht kommen.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0501619200
Herr Abgeordneter Matthöfer möchte eine Zwischenfrage stellen.

Kurt Spitzmüller (FDP):
Rede ID: ID0501619300
Bitte!

Hans Matthöfer (SPD):
Rede ID: ID0501619400
Meinen Sie nicht auch, Herr Kollege, daß es vielleicht damit zusammenhängen könnte, daß unsere Industriearbeit dem Rhythmus des menschlichen Körpers, der sich ja auch in der schwankenden Leistung während der Woche ausdrückt, in keiner Weise angepaßt ist?

Kurt Spitzmüller (FDP):
Rede ID: ID0501619500
Herr Kollege Matthöfer, selbstverständlich bin ich mir darüber im klaren, daß es auch damit zusammenhängen könnte. Nachdem der Körper Samstag und Sonntag ausgeruht hat und wieder zu einer schnellen, mechanischen, rationell errechneten Tätigkeit genötigt wird, ist er nicht in der Lage, sich so rasch auf den harten Rhythmus des Wochenbeginns umzustellen. Daß hier eine Reihe von Faktoren mitsprechen, möchte ich gar nicht bezweifeln.
Ich möchte Ihre Frage also dahin gehend bestätigen, daß ich sage: auch das wird sicherlich mit eine Rolle spielen. Aber Herr Kollege Matthöfer, dann müssen wir natürlich fragen: Ist das Bestreben sinnvoll, in 40 Stunden dieselbe Produktmenge herauszubringen, wie es vorher bei 42 oder 44 Stunden — oder teilweise mehr — der Fall war, um die .entstehenden Mehrkosten und bestimmte notwendig werdende Rationalisierungsmaßnahmen mit finanzieren zu können, damit man nicht mit allem auf die Preise ausweichen muß? Wir wollen gar nicht bestreiten, daß man in bestimmten Bereichen großenteils auf die Preise ausgewichen ist. Aber ich glaube, in vielen Bereichen ist man nicht nur auf die Preise ausgewichen. Doch darüber werden wir uns sicherlich im Ausschuß unterhalten können.
Wir sollten auch einige erfreuliche Tendenzen des Berichts herausgreifen und darauf hinweisen, daß in der Masse der Berufskrankheiten ein Rückgang der angezeigten Krankheiten festzustellen ist. Für besonders bemerkenswert halte ich, daß die Erkrankungen durch Erschütterungen bei Arbeiten mit Preßluftwerkzeugen von 3200 im Jahre 1962 auf 1100 im Jahre 1964 zurückgegangen sind. Hier wird deutlich, daß die technischen Möglichkeiten zur Verhinderung von Berufskrankheiten ausgenützt worden sind und in vielen anderen Bereichen in noch stärkerem Maße ausgenützt werden sollten.
Bei dem Bericht, den die gewerblichen . Berufsgenossenschaften abgegeben haben, sollten wir be-



Spitzmüller
sonders daran denken, daß die Fachausschüsse eine Fülle von Arbeit geleistet haben. Ich glaube, wir können hier diesen Fachausschüssen nicht genügend Dank dafür sagen, daß sie noch mehr als in der Vergangenheit versuchen, die Unfallursachen an der Wurzel anzupacken, nämlich schon bei dem Hersteller von Maschinen, bei dem Hersteller von Werkzeugen, durch den Besuch von Industriemessen, um dort gleich an Ort und Stelle festzustellen, inwieweit das, was dort angeboten wird, den Unfallschutzbestimmungen entspricht. Hier liegt eine Fülle von Arbeit und Aufgaben, bei deren richtiger und konsequenter Weiterführung — und wir sind davon überzeugt, daß das getan wird — viele Unfallursachen von vornherein ausgeschaltet werden können.
Meine Damen und Herren, machen wir uns nichts vor. Wichtig ist bei den Konstruktionen nicht nur, daß Unfallverhütungseinrichtungen vorhanden sind, sondern wichtig ist auch, daß sie möglichst nicht abmontiert werden können. Wir wissen doch, daß sie oft beiseite gelegt oder abmontiert werden, weil es ohne Unfallverhütungseinrichtung schneller geht oder weil man unter Umständen auf eine bessere Akkordleistung kommt. Auch hierauf wird man im Ausschuß noch zurückkommen müssen. Ich möchte meinen, daß wir versuchen müssen, solche Schutzkonstruktionen zu schaffen, die eine willkürliche Umgehung der Sicherheitsvorschriften von vornherein aussschließen.
Auf Grund dieses Berichtes und der vielen zusätzlichen Angaben, die uns von den Berufsgenossenschaften zugegangen sind, können wir keineswegs beruhigt sein über das Unfallgeschehen in der Bundesrepublik. Ich kann aber, Herr Kollege Schellenberg und meine Damen und Herren von der SPD — wenn ich damit auf Ihren Entschließungsantrag zurückkomme —, den Sinn dieses Entschließungsantrags nicht ganz verstehen. Es kommt mir — bitte entschuldigen Sie — nach ein wenig Opposition vor, deren Endergebnis mir aber nicht sinnvoll erscheint. Denn wenn wir diesem Entschließungsantrag folgen, meine Damen und Herren, dann muß die Bundesregierung einen neuen Bericht vorlegen. Im Arbeitsministerium wird man sich dann überlegen müssen, wie man diesen Bericht aufziehen soll, damit er der Zustimmung des ganzen Parlaments sicher sein kann. Das bedeutet Zeitverlust, und das bedeutet, daß er dann zu einem Zeitpunkt vorgelegt wird, an dem der Sozialpolitische Ausschuß wahrscheinlich schon mit anderen Aufgaben reichlich bedacht sein wird.

(Abg. Dr. Schellenberg: So schnell kriegen wir die Sozialenquete ja nicht!)

Ich bin der Meinung, meine Damen und Herren von der SPD, Sie sind besser beraten, wenn dieser Bericht mit manchen Mängeln, die ihm anhaften, dem Sozialpolitischen Ausschuß überwiesen wird.

(Sehr richtig! bei den Regierungsparteien.)

Er wird dort diskutiert, und Sie können dann im Ausschuß nicht nur sichtbar machen, was Sie wollen, sondern Sie können dann sogar Einfluß nehmen, wie der nächste Unfallverhütungsbericht gestaltet wer-
den soll. Das scheint mir eine sinnvollere Arbeit zu sein, als den Bericht zurückzugeben und einen neuen anzufordern.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Meine Damen und Herren, wir können im Sozialpolitischen Ausschuß dann die Berufsgenossenschaften hören, Arbeitsmediziner, die Gewerbeaufsicht, Sicherheitsbeauftragte, Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Was mir dann erarbeiten, wird sicherlich mehr Hand und Fuß haben, als wenn wir den Bericht jetzt einfach zurückgeben und die Regierung dann versuchen soll, den Bericht in der Form aufzubauen, daß er den sozialdemokratischen Vorstellungen mehr entspricht. Wir sind also der Meinung, daß wir dem Antrag der CDU/CSU folgen sollten, den Bericht an den Sozialpolitischen Ausschuß zu überweisen, damit er dort in aller notwendigen Breite behandelt wird. Denn so viel Zeit, wie wir augenblicklich im Sozialpolitischen Ausschuß zur Verfügung haben, werden wir in den ganzen nächsten dreieinhalb Jahren nicht mehr haben. Es ist also gut, wenn dieser Bericht jetzt dem Ausschuß zugeht, weil wir jetzt nicht unter dem Druck einer Fülle von Gesetzgebungsvorhaben stehen, sondern den Bericht in allen Einzelheiten besprechen können.
Meine Damen und Herren, wir müssen im Sozialpolitischen Ausschuß diskutieren, welche zweckentsprechenden Schritte notwendig sind, um das bereits bestehende System auszubauen. Wir müssen Schritte überlegen, die verbessern helfen, um die Kosten für die Betriebe und die Kosten für die gesamte deutsche Volkswirtschaft zu senken. Es ist immerhin ein Ausfall von rund 6,5 bis 7,5 Milliarden DM, der durch das Unfallgeschehen in der Volkswirtschaft der Bundesrepublik zu beklagen ist, ganz zu schweigen von dem, was Herr Kollege Ruf schon erwähnt hat, ganz zu schweigen von den Sorgen, von den Schwierigkeiten und von den Schmerzen, die bei den einzelnen Betroffenen und in der Familie der Betroffenen entstehen.
lch glaube, wir sollten froh sein, daß uns der Bericht, wenn auch mit einigen Mängeln versehen, so rechtzeitig zugegangen ist, daß wir im Sozialpolitischen Ausschuß mit genügend Zeit an die Arbeit gehen können.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0501619600
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung.

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0501619700
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte einige Bemerkungen zu dem machen, was hier in der Diskussion ausgeführt worden ist.
Erstens ist behauptet worden, daß noch nicht genügend Verwaltungsvorschriften erlassen worden seien. Ich darf feststellen: Das Unfallversicherungs-
Neuregelungsgesetz enthält ungefähr 30 Ermächtigungen zum Erlaß von Verordnungen und Verwaltungsvorschriften, und davon ist mehr als die Hälfte inzwischen erlassen worden.



Bundesminister Katzer
Zweitens wurde gesagt, daß in der Sitzung der Arbeitsgruppe Statistiken der Arbeitsunfälle in den Industrien der EWG am 12. Januar 1966 in Luxemburg der Vertreter der Bundesregierung nicht für eine vergleichbare Statistik innerhalb der EWG votiert habe. Ich habe festgestellt, daß das Gegenteil richtig ist. Es hat sich hier eindeutig um statistisch-technische Fragen gehandelt, bei denen der Vertreter der Bundesregierung den Standpunkt vertreten hat, man sollte alles tun, um zu einer vergleichbaren. Statistik zu kommen. Ich wäre Ihnen, Herr Dr. Schellenberg, dankbar, wenn Sie mir den Informanten nennen könnten, der Ihnen eine gegenteilige Mitteilung hat zukommen lassen.

(Abg. Dr. Schellenberg: Darüber werden wir sprechen!)

Drittens wurde mitgeteilt, daß Mittel für Forschungsaufträge im Haushalt des letzten Jahres nicht ausgenutzt worden sind. Dazu darf ich feststellen, daß Mittel für Forschungsaufträge eingestellt sind, daß aber die Mittel, wenn die Forschungsaufträge in diesem Jahre nicht ausgeführt werden, auch nicht ausgezahlt werden können, sondern erst im folgenden Jahr. Daraus Schlußfolgerungen zu ziehen, ist absolut unzulässig.
Viertens wurde gefragt, warum der Bericht nicht die absoluten Zahlen über die tödlich Verunglückten enthalte. Ich bin gern bereit, meine Damen und Herren, Ihnen die Zahlen noch zu geben. Sie haben sie in anderen Berichten vorliegen. Darauf komme ich noch zu sprechen. Die Zahl der tödlichen Unfälle ist in den auf Seite 6 angegebenen Zahlen der angezeigten Arbeitsunfälle enthalten. Sie ist im übrigen als vorläufiges Ergebnis in der Arbeits- und Sozialstatistik 1964, die Ihnen zugänglich gemacht worden ist, auf Seite 108 mitgeteilt. Die Zahl der tödlichen Arbeitsunfälle im engeren Sinne ist 4943, der Wegeunfälle 1813 und der Berufskrankheiten mit tödlichem Ausgang 278.
Schließlich ist bemängelt und gefragt worden, warum bei dem Ergebnis der Erhebung über die Arbeitsunfälle im engeren Sinne keine absoluten Zahlen mitgeteilt werden. Ich habe in meinen erläuternden Bemerkungen klarzustellen versucht — und das müßte jedem einleuchten —, daß die Angabe von absoluten Zahlen nur bei einer Totalerhebung möglich ist. Wir haben aber keine Totalerhebung, sondern nur eine kleine Quotalerhebung. Einzig aus diesem Grunde ist davon abgesehen worden.
Meine Damen und Herren, ich wünsche mir jede Kritik; aber ich möchte doch darum bitten, daß diese Kritik der Sache gerecht wird und nicht Agitationsbedürfnisse befriedigt, die gerade in diesem Punkte weiß Gott unangebracht sind.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Ich möchte mir eine letzte Bemerkung erlauben. Erstens: der Bericht über die Lage in der Unfallversicherung wird seit vielen Jahren in den Geschäfts- und Rechnungsberichten erstattet. Das war bekannt, als dieser Bericht von uns gefordert wurde. Damit war zweitens klar und dem ganzen Hause sichtbar, daß es in Zukunft zwei, drei, vier Berichte geben wird und nicht einen, wie Sie jetzt tun. Damit war drittens dem ganzen Hause klar, daß das, was Sie bemängeln, nicht zutrifft, daß sich nämlich der Abgeordnete hinsetzen und alle diese Berichte nebeneinander vergleichen und studieren muß. Alles dies war Ihnen klar, alles dies hat der Gesetzgeber gewollt. Deshalb bin ich dem Kollegen Spitzmüller wirklich dankbar dafür, daß er darauf hingewiesen hat, worauf es jetzt ankommt. Wenn wir Ihren Antrag annähmen — wozu ich keinem raten kann —, dann würde das genau zu dem führen, was auch Herr Spitzmüller hier angeführt hat. Wenn auf einem Gebiet, dann brauchen wir hier die Zusammenarbeit aller gutwilligen Kräfte, denn es geht um nichts anderes als um die Gesundheit der Menschen, die uns anvertraut sind.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0501619800
Das Wort hat der Abgeordnete Professor Dr. Schellenberg.

Dr. Ernst Schellenberg (SPD):
Rede ID: ID0501619900
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Ruf, Sie haben erklärt, Zahlen seien doch gar nicht so wichtig. Dann haben Sie ausführlich mit Zahlen operiert, die Sie nicht dem Bericht, sondern anderen Quellen entnommen haben. Aus diesen anderen Quellen ergibt sich aber für das Unfallgeschehen 1964 — und das ist der Gegenstand der heutigen Tagesordnung —, daß die Zahl der angezeigten Arbeitsunfälle 1964 im Vergleich zum Jahre 1963 gestiegen ist. Sie ist nicht — wie man vielleicht denken könnte — wegen der höheren Zahl der Wegeunfälle, sondern sie ist bei den Arbeitsunfällen im engeren Sinne um rund 100 000 gestiegen.

(Abg. Ruf: Angezeigte!)

— Die Zahl der angezeigten Arbeitsunfälle im engeren Sinne, Herr Kollege Ruf, ist auch gestiegen, wenn man sie auf tausend Beschäftigte bezieht. Das ist eine bedenkliche Sache. Im Jahre 1964 ist auch die Zahl der tödlichen Unfälle gestiegen. Das ist ebenfalls ein erschreckender Tatbestand.
Sie sagten, Herr Kollege Ruf, man müsse von den erstmals Geschädigten ausgehen. Ich muß Sie darauf aufmerksam machen, daß nach den vorläufigen Zahlen für das erste Halbjahr 1965 — verglichen mit dem ersten Halbjahr 1964 — leider auch die Zahl der erstmals entschädigten Unfälle, d. h. der schweren Unfälle, gestiegen ist. Das muß dem Hause Veranlassung geben, sich die Zusammenhänge zu überlegen.
Herr Kollege Ruf, Sie haben erklärt, der Unfallverhütungsbericht solle Menschen aufrütteln; das ist richtig. Aber in erster Linie dient der Unfallverhütungsbericht — und deshalb haben wir ihn beantragt — zur Verwirklichung der Kontrollpflicht des Parlaments über das, was wir an gesetzlichen Maßnahmen zum Arbeitsschutz und zur Unfallverhütung beschlossen haben. Die Auswirkungen der gesetzlichen Vorschriften für das Unfallgeschehen kommen leider in dem Bericht kaum zum Ausdruck. Das war aber die Hauptaufgabe des Berichtes. Im übrigen werden Sie doch nicht meinen, Herr Kollege Ruf, daß die Aufgabe einer Aufrüttelung der Öffentlich-



Dr. Schellenberg
keit durch diesen Bericht auch nur im geringsten erfüllt wird. Mit dem Bericht kann kein Mensch draußen etwas anfangen. Wenn wir einen solchen Bericht international als Material über die deutsche Unfallverhütung verwenden wollten, müßten wir uns schämen.
Herr Kollege Ruf, Sie haben davon gesprochen, daß man den Menschen, die in der Unfallverhütung wirken, danken soll. Jawohl, da stimme ich Ihnen zu. Aber — und jetzt komme ich wieder zu den Pflichten, die dieses Haus hat — wir müssen vor allen Dingen diesen Menschen, die im Interesse des Arbeitsschutzes wirken, bessere Möglichkeiten für ihre Arbeit verschaffen.

(Zustimmung bei der SPD.)

Deshalb habe ich den Katalog von Dingen aufgezählt, die der Minister tun sollte. Der Herr Bundesarbeitsminister hat zu den Dingen, die er veranlassen muß, sehr wenig gesagt, leider. Ich kenne keine allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die der Minister auf Grund des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes erlassen hat. Diese gesetzliche Verpflichtung ist nicht erfüllt.
In dem Bericht ist auch nichts darüber gesagt, welche Forschungsaufträge laufen. Im Bericht ist überhaupt nichts zu dem ausgeführt, was zur Weiterentwicklung des Arbeitsschutzes, der Unfallverhütung und des Schutzes der arbeitenden Menschen getan werden muß. Das ist ein schwerwiegender Mangel.
Meine Damen und Herren, ein solcher erster Bericht setzt doch einen Markstein für die weitere Berichterstattung. Das, was der Bundesarbeitsminister und was die Sprecher der Regierungsparteien gesagt haben, ist keine Begründung für den völlig unzureichenden Inhalt des Berichts. Das Parlament darf der Regierung eine völlig unzureichende Berichterstattung nicht durchgehen lassen. Darauf kommt es an vor allem im Interesse der Menschen, die von Arbeitsunfällen bedroht sind.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0501620000
Das Wort hat der Abgeordnete Stingl.

Josef Stingl (CDU):
Rede ID: ID0501620100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte einige Bemerkungen überhaupt zum Thema der Debatte machen. Herr Kollege Schellenberg, wir haben manchen Strauß in sozialpolitischer Beziehung hier miteinander schon ausgefochten. Ich muß Ihnen gestehen, daß ich heute über Sie enttäuscht war. Sie haben die Fairneß vermissen lassen, die wir sonst in unseren Gesprächen immer angewendet haben. Der Angriff gegen den Bericht ist in der Sache nicht gerechtfertigt. Der Bericht der Bundesregierung hat laut Auftrag nur zusammenzustellen, was von außen kommt. Gewiß, wir sehen da und dort Mängel. Aber es liegt in unserer gemeinsamen Arbeit, dem Herrn Bundesarbeitsminister die nötigen Unterlagen dafür zu geben.
Was an falschen Behauptungen aufgestellt war, hat der Herr Bundesarbeitsminister zurückgewiesen.
Ich will nur noch einmal verdeutlichen: wenn Sie sich Informanten beschaffen, dann, bitte, fragen Sie auch noch einmal bei dem betroffenen Minister nach, ob die Informationen aus dem EWG-Bereich auch stimmen.
Wenn Sie in Zwischenrufen sagen, die 60 Millionen der Unfallversicherungsträger für die Unfallverhütung seien kein hoher Betrag — Herr Kollege Matthöfer hatte das gesagt —, dann muß ich erwidern: das ist der Betrag, der von den Unfallversicherungsträgern aufgewendet wird, um die Unfallverhütung zu fördern. Für die Maßnahmen selber — das Anbringen von Schutzgittern usw. — wird außerdem ein Betrag aufgewendet, der von den Firmen aufgebracht wird. So können Sie doch nicht argumentieren.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Wenn Sie sagen, wir hätten anderes Zahlenmaterial zugänglich gehabt, so stimmt das. Uns war neueres Zahlenmaterial zugänglich, das der Regierung nicht zur Verfügung stand.
Bewerten, ob die Zahl der Unfälle steigt oder nicht steigt, kann man sicherlich nur dann, wenn man weiß, wie sie sich in der Relation zur Zahl der Beschäftigten verändert hat. Und da zeigen die neuesten Zahlen, daß wir bei der Zahl der erstmalig entschädigten Arbeitsunfälle und der gemeldeten Arbeitsunfälle einen Rückgang haben, eine Weiterführung der erstmals gemeldeten Arbeitsunfälle im engeren Sinne um 0,31 % auf 1000 Beschäftigte. In allen Bereichen ein Rückgang! Aber zu unserem großen Schmerz — und darüber müssen wir beide miteinander reden, wie wir das verhindern können — ist dennoch eine Zunahme der Zahl der tödlichen Unfälle zu verzeichnen. Wenn wir das genauer untersuchen — lassen Sie mich eine Bemerkung dazu machen —, ergibt sich eine Zunahme der tödlichen Arbeitsunfälle um insgesamt 6,22 % in der Relation von 1963 zu 1964. Das ist eine erschrekkende Zahl, obwohl die erstmals zu entschädigenden Arbeitsunfälle zurückgegangen sind. Die Unfälle sind also schwerer geworden. Wenn Sie diese Statistik dann aber noch näher untersuchen und feststellen, daß diese Zunahme bei den Wegeunfällen 13,7 % und bei den allgemeinen Unfällen 3,9 % ausmacht, dann sehen Sie, daß das Geschehen, das so beklagenswert ist, nämlich mehr Tote im Unfallgeschehen, außerhalb der Betriebe passiert ist. Sehen Sie, meine Damen und Herren, das ist etwas, wofür uns dieser Bericht Anregungen gibt, worüber wir nachdenken müssen. Wir können dann auch sagen, die Zahl der Berufskrankheiten ist zurückgegangen; hier liegt die Möglichkeit, durch den Gesetzgeber einzugreifen, nämlich vorbeugende Maßnahmen zu treffen. Die Zahl ist zurückgegangen; aber die Verhaltensweise im Straßenverkehr hängt eben noch immer vom einzelnen Menschen ab. Daher trifft das zu, was Herr Kollege Ruf gesagt hat: Die Einstellung der Menschen müssen wir zu beeinflussen suchen. Das ist mit dem Unfallverhütungsbericht beabsichtigt. Der Herr Minister hat es deutlich gesagt, und wir sagen hier ganz eindeutig: wir denken das, was der Herr Bundesarbeitsminister hier vorgetragen hat. Wir werden



Stingl
ihm helfen, den Unfallbericht, soweit er noch nicht vollständig genug ist, weiter auszugestalten.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0501620200
Das Wort hat der Abgeordnete Springorum.

Gerd Springorum (CDU):
Rede ID: ID0501620300
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ich komme aus einem Beruf, der seit vielen Jahren darunter leidet, daß er unendlich viele, aber auch sehr schwere Unfälle aufzuweisen hat. So haben wir alle, die wir in diesem Beruf tätig sind, diesen Unfallverhütungsbericht voller Spannung erwartet. Ich will nicht behaupten, daß wir von diesem Bericht sehr befriedigt sind. Er ist sogar in manchem enttäuschend. Aber wir sind uns klar darüber, daß dieser Bericht als erster Bericht noch keine Tendenzen und keine Entwicklungen aufzeigen kann, daß er nur erstmalig Informationen und statistische Ergebnisse gibt, mehr nicht. Wir können nur sagen, daß wir unsere Hoffnung auf die zukünftigen Berichte setzen. Aber wir müssen uns ja doch vor allem bei all diesen Berichten im klaren sein, daß trotz der großen technischen Entwicklung, des sprunghaften technischen Fortschritts immer der Mensch im Vordergrund steht. Die Technik hat die Aufgabe, dem Menschen zu helfen, dem Menschen zu dienen, ja, ihm untertan zu sein. Wehe dem Menschen, wenn das nicht mehr der Fall ist! Die Technik bringt natürlich sehr viele unfallträchtige Möglichkeiten mit sich. Daß man dieser Möglichkeiten aber Herr werden kann, das zeigen die Verhältnisse in den Vereinigten Staaten. Dort hat man geschafft, was wir noch vor uns haben und dem wir nachzueifern versuchen müssen. Herr Kollege Ruf sagte es schon: Das ist nicht mit Gesetzen, Verordnungen und Anordnungen geschehen, sondern durch das Sicherheitsbewußtsein, das sich der Amerikaner in den letzten Jahrzehnten anerzogen hat.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0501620400
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Gerd Springorum (CDU):
Rede ID: ID0501620500
Bitte schön!

Arthur Killat (SPD):
Rede ID: ID0501620600
Herr Kollege, halten Sie es beispielsweise mit technischen und auch Unfallverhütungsaussagen dieses Berichts für vereinbar, daß man solch spekulative Aussagen macht, wie sie auf der Seite 8 im Hinblick auf die tödlichen Unfälle am Freitag stehen? Dort heißt es:
Es liegt die Vermutung nahe, daß der Gedanke an das arbeitsfreie Wochenende die Aufmerksamkeit am Arbeitsplatz beeinflußt.

(Abg. Behrendt: Unerhört!)


Gerd Springorum (CDU):
Rede ID: ID0501620700
Hier handelt es sich nur um einen Versuch, tatsächlich eine Erklärung zu bringen. Es heißt wörtlich in dem Bericht: Es liegt die Vermutung nahe. Das heißt, hierüber muß noch einmal diskutiert werden.

(Beifall in der Mitte.)

Der Bericht bringt noch andere sehr fragliche Dinge. Er weist z. B. darauf hin, daß die geringe Unfallziffer im Dezember eventuell auf die geringe Zahl der Schichten zurückzuführen ist. Sie kann aber genauso gut darauf zurückzuführen sein, daß in diesem Monat jeder an seinem angestammten Arbeitsplatz tätig ist und nicht wie in den Urlaubsmonaten durch andere ersetzt wird. All diese Dinge müssen doch nun im Sozialpolitischen Ausschuß diskutiert werden, damit wir erkennen, welche Folgerungen wir daraus zu ziehen haben.

(Beifall in der Mitte und rechts.)

Ich sprach soeben von der Wesentlichkeit der ganzen Unfallverhütung für den Menschen. Das sollten wir nie vergessen. Wir sollten aber auch nicht aus den Augen lassen, daß die wirtschaftlichen Ergebnisse ein echter und wesentlicher Faktor sind. Heute morgen wurde immer nur von den direkten Kosten gesprochen. Das sind die Kosten, die die Berufsgenossenschaften und die Krankenkassen aufzubringen haben. Wesentlich größer sind aber die Folgekosten, die indirekten Kosten, veranlaßt durch Sachschaden, veranlaßt durch Produktionsausfall, veranlaßt durch Arbeitsstundenausfall. Sie betragen das Vielfache. Nun besteht bei uns zu Recht die öffentliche Meinung, daß die große Unfallhäufigkeit in der Bundesrepublik ein echtes öffentliches Ärgernis ist. Es wird aber in der Öffentlichkeit häufig die falsche Folgerung gezogen, daß nämlich allein der Arbeitgeber hierfür die Verantwortung trägt und der Arbeitnehmer der Betroffene ist. Diese Folgerung trifft nicht zu.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0501620800
Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Arthur Killat (SPD):
Rede ID: ID0501620900
Herr Kollege, Ihre Feststellung veranlaßt mich zu folgender Frage: Halten Sie es nicht auch für richtig, daß wir nicht nur die direkten Kosten der Unfallschäden in einem solchen Bericht aufzeigen, sondern auch die von Ihnen genannten Schäden, die im mittelbaren Zusammenhang stehen und die volkswirtschaftlich anfallen?

Gerd Springorum (CDU):
Rede ID: ID0501621000
Es besteht ein Forschungsauftrag, der diese indirekten Folgekosten einmal erfassen soll. Es ist in jedem Falle außerordentlich schwierig, festzustellen, welche tatsächlichen Folgekosten ein Unfall hat. Arbeitsstundenausfall m u ß nicht immer Kosten bedeuten; er kann Kosten bedeuten. Deshalb ist diese Aufgabe tatsächlich mit Recht als Forschungsauftrag vergeben worden.

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0501621100
Wenn wir in dieser Beziehung nicht das Ziel gemeinsam verfolgen, sondern hier auch anfangen, das Spiel Schwarzer Peter zu spielen, das wir in der Bundesrepublik mit so großer Freude ja immer spielen, werden wir nie weiterkommen.

(Zustimmung in der Mitte.)




Springorum
Ich habe vor einiger Zeit ein Protokoll über ein Hearing, das die SPD anläßlich des Unfallverhütungs-
Neuregelungsgesetzes veranstaltet hat, gelesen.

(Zuruf von der SPD: Das war sehr gut!)

— Sehr gut! Hier haben die Fachleute, die Sachverständigen mit viel Geist und mit viel Esprit gezeigt, wie man tatsächlich die Schuld immer bei den anderen finden kann. Deshalb ist es zwar ein sehr geistvoller Bericht; Hand und Fuß fehlen aber im Grunde.

(Beifall und Heiterkeit in der Mitte.)

Wenn wir immer nach Vorschriften schreien und mehr Gesetze und mehr Verordnungen haben wollen, dann lesen Sie bitte einmal Wort für Wort diese zwölf Seiten im Unfallverhütungsbericht durch, auf denen all die Verordnungen aufgezählt sind. Sie sind noch nicht einmal vollständig. Kein Mensch auf der Welt ist in der Lage, diese Vorschriften auch nur im entferntesten zu beherrschen und nach ihnen zu verfahren. Wenn es uns nicht gelingt, jedem einzelnen Menschen wieder echtes Sicherheitsbewußtsein zu vermitteln, dann hilft der Maschinenschutz überhaupt nicht. s

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Behrendt: Glauben Sie wirklich, daß das nichts nützt?)

— Nicht allein.

(Abg. Behrendt: Einverstanden! — Weiterer Zuruf von der SPD: Das ist eine entscheidende Einschränkung!)

Wir müssen nämlich das wieder lernen, was alle Tiere besitzen, der Löwe genauso wie die Maus: das ist der Instinkt, das Instinktgefühl, der Instinkt zur Sicherheit. Leider ist in der kultivierten Welt, besonders bei uns in der Bundesrepublik, vielleicht bedingt durch unsere etwas heroische Vergangenheit, manches in dieser Richtung verschüttet worden. Im Unterschied zu uns hält der Amerikaner die Vorsicht für eine echte Tugend. Bei uns wird der Begriff „Vorsicht" leicht mit dem Hautgoût der Feigheit verbunden. Mutig müssen wir der Gefahr ins Auge sehen, möglichst ohne Schutzbrille!

(Heiterkeit und Beifall in der Mitte. — Abg. Killat: Die ganz Guten liefen ohne Stahlhelm!)

Möglichkeiten bestehen aber, wenn wir erkennen, was zu erfolgen hat, um die Sicherheit in stärkerem Umfang zu gewährleisten. Ein großes Industrieunternehmen hat es im Ruhrgebiet jetzt bewiesen. Dieses Unternehmen, bei dem es mehrere zehntausend Beschäftigte gibt, hat klar erkannt, daß Leistung und Produktion auf der einen Seite und Sicherheit auf der anderen Seite einfach nicht zu trennen sind, sondern beides unabdingbar zusammengehört, und daß die Sicherheit nicht an Sicherheitsingenieure und -beauftragte delegiert werden kann. Sie kann nur in der gleichen Verantwortung liegen wie bei den leitenden Angestellten und den Meistern, die für die Produktion verantwortlich sind.

(Abg. Ruf: Sehr gut!)

Hier hat man nach dem System „Nicht kleckern, sondern klotzen!" große Prämien ausgeworfen. Für die
Führungskräfte hat man einen Betrag von mehreren hunderttausend D-Mark zur Verfügung gestellt, so daß es sich für diese Kräfte auch lohnt.
Nach einem ersten Zeitraum von drei Jahren, der vor einigen Monaten zu Ende gegangen ist, sind die ersten Feststellungen getroffen worden. Danach sind die tödlichen Unfälle um 41 % und die schweren Unfälle um 28 % zurückgegangen. Das Unternehmen liegt jetzt um 33 % unter dem Durchschnitt der branchengleichen Unternehmen bei gleichen Vorschriften, bei gleichen Gesetzen. Hier zeigt sich wieder einmal eine menschliche Eigenschaft, die uns mit allen Lebewesen verbindet. Die Verhaltensforscher weisen das immer wieder nach: Wir reagieren auf Belohnungen sehr viel besser und nachhaltiger als auf Strafen. Nach § 725 des Unfallversicherungs-
Neuregelungsgesetzes sind Nachlässe zu bewilligen, falls in einem Betrieb sicherheitsbewußt gearbeitet wird. Das ist eine zwingende Vorschrift. Es können auch Prämien gewährt werden. Mit diesen Nachlässen und Prämien kann die Arbeit belohnt werden.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0501621200
Gestatten Sie eine Zwischenfrage? — Bitte, Herr Abgeordneter Behrendt!

Walter Behrendt (SPD):
Rede ID: ID0501621300
Herr Kollege, ist Ihnen bekannt, daß man bei fallender Unfallzahl durch Prämien genau den gegenteiligen Effekt erzielen -kann, nämlich dadurch, daß dann die Betriebsunfälle nicht mehr in dieser Form gemeldet werden? Halten Sie das nicht auch für eine bedenkliche Entwicklung? Eine solche Entwicklung gibt es im Ruhrgebiet. Das ist nachweisbar.

(Zurufe von der Mitte.)


Gerd Springorum (CDU):
Rede ID: ID0501621400
Ich kenne die Fälle. Nur unterscheidet sich der von mir genannte Versuch von den anderen Versuchen, die mir bekannt sind und wo diese Prämien in keinem Verhältnis zu den Leistungsprämien standen. Man kann das nicht trennen. In den Fällen, die Sie genannt haben, ist aber zwischen Sicherheitsprämie, Leistungsprämie und was weiß ich getrennt worden. Sicherheit und Leistung muß für jeden von uns, ganz besonders für jede Führungskraft, eine gemeinsame Aufgabe sein,

(Beifall in der Mitte)

wie überhaupt die ganze Unfallbekämpfung nur von uns allen gemeinsam getragen werden kann.
Wir führen heute diese Debatte, weil wir zu der Verantwortung, die wir als Bundestag haben, ja sagen. Wir wollen das gesamte deutsche Volk aufrufen, in Zukunft diese Verantwortung mit uns gemeinsam zu tragen. Nur dann werden wir Erfolg haben.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0501621500
Das Wort hat der Ageordnete Frehsee.




Heinz Frehsee (SPD):
Rede ID: ID0501621600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein freundliches Wort zunächst dem Kollegen Springorum zu seiner Jungfernrede!

(Beifall.)

Mein Freund Professor Schellenberg hat im Namen der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei scharfe Kritik am Unfallverhütungsbericht geübt. Seine Kritik gipfelt in dem Vorwurf, der Bericht sei unzureichend und unklar; für den Zweck, für den er vom Gesetzgeber gefordert wurde, als dieses Haus damals ,den § 722 in die RVO einfügte und den alten § 883 Abs. 2 wesentlich erweiterte, sei er nicht zu verwenden. Das, meine Damen und Herren, ist ein Tatbestand, ein objektiver Tatbestand, der auch durch große Lautstärke nicht aus der Welt geschafft werden kann.

(Abg. Behrendt: Auch nicht durch Agitationsbemerkungen!)

Eine solche scharfe Kritik war erforderlich; denn der Unfallverhütungsbericht zeigt ganz deutlich, daß die Bundesregierung, die Exekutive, dem Willen des Parlaments offensichtlich in nur unzureichender Weise Rechnung getragen hat.
Wenn es um eine so wichtige Aufgabe wie die Unfallverhütung geht, wenn es darum geht, dem Ansteigen der Zahl der Arbeitsunfälle Einhalt zu gebieten, dann darf es an der notwendigen Entschlossenheit aller Beteiligten nicht fehlen, und alle Beteiligten sind die Unternehmer, die Arbeitnehmer, die Sicherheitsbeauftragten, die Betriebsräte, die Träger der Unfallversicherung, aber auch die Bundesregierung und dieser Bundestag. Wir haben den Eindruck, ,daß es der Bundesregierung an dieser notwendigen Entschlossenheit fehlt oder daß es ihr bisher zumindest daran gemangelt hat. Die Entschlossenheit, zu der auch wir verpflichtet sind, kann ihren Ausdruck hier im Parlament, in der Volksvertretung, nur in der entsprechenden Kritik finden.
Daß das Urteil, man lasse es an der notwendigen Entschlossenheit auf dem Gebiete der Unfallverhütung fehlen, nicht zu verallgemeinern ist, das wissen wir selber. Das zeigt beispielsweise der besondere Beitrag des Bundesverbandes der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften auf den Seiten 44-52 der Bundestagsdrucksache, mit dem ich mich jetzt befassen will. Dieser besondere Beitrag hebt sich aus dem Gesamtbericht wohltuend hervor. Obschon davon auszugehen ist, daß der von den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften dem Bundesarbeitsministerium vorgelegte Bericht vermutlich wesentlich umfangreicher war als der in der Drucksache V/152 enthaltene sogenannte besondere Beitrag, wird doch in diesem Teilbericht deutlich, daß die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften den Willen des Gesetzgebers akzeptiert haben, der damals mit dem Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz die Unfallverhütung als erste Aufgabe der Unfallversicherung besonders herausgestellt hat und der durch die erweiterte Forderung an die Unfallversicherung, mit allen geeigneten Mitteln für die Verhütung von Arbeitsunfällen und für eine wirksame erste Hilfe zu sorgen, ihnen, den Trägern der
Unfallversicherung, die Möglichkeit eröffnet hat, die Unfallverhütungsarbeit zu intensivieren und neue Maßnahmen zu ergreifen.
Die Tabellen und Berichte des Bundesverbandes der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften widerlegen übrigens die in der Einleitung zum Gesamtbericht vertretene Auffassung der Bundesregierung, daß man das Unfallgeschehen — so steht es dort jedenfalls — in der zurückliegenden Zeit nicht darstellen könne, weil die Zahlen früherer Jahre nicht vergleichbar seien. Der Bundesverband der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften hat die Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten für die Jahre 1949 bis 1964 dargestellt, so daß die Entwicklung genau verfolgt werden kann und ein Trend deutlich ablesbar ist. Die Einstellung der Bundesregierung, daß das nicht möglich sei, mutet aber auch sonst sonderbar an, nachdem das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung — darauf ist inzwischen schon mehrfach hingewiesen worden — in den Hauptergebnissen der Arbeits- und Sozialstatistik, in diesem Fall für das Jahr 1964, Seite 108, das Unfallgeschehen in allen Versicherungszweigen für die Jahre 1953 bis 1964 selber dargelegt hat.
Neben der spezifizierten Übersicht über die gemeldeten Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten, die wir dankenswerterweise durch diesen besonderen Beitrag der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften erhalten haben, wäre aber daneben eine ebenfalls spezifizierte Übersicht über die Steigerung der Zahl der Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen, zur Überwachung der Unternehmen, eine Übersicht also über die Zahl der im technischen Dienst Beschäftigten, insbesondere der technischen Aufsichtsbeamten und Betriebsrevisoren, über die Zahl der besichtigten Unternehmen und der untersuchten Unfälle und eine Übersicht über die sogenannten weiteren Maßnahmen zweckdienlich gewesen.
Der Rückgang der Arbeitsunfälle in der Landwirtschaft seit 1955, über den wir uns alle miteinander sehr freuen sollten, ist, wie auf Seite 45 in der rechten Spalte im vierten Absatz zutreffend festgestellt wird, keine selbstverständliche Folge der Mechanisierung und — wie ich hinzufügen möchte — auch keine ausschließliche Folge des Rückganges der Gesamtzahl der in der Landwirtschaft Beschäftigten, sondern ganz sicher und in erster Linie auf die verstärkten Bemühungen der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften, ihrer ehrenamtlichen Organe und aller Bediensteten zurückzuführen, denen auch ich an dieser Stelle dafür Dank und Anerkennung zollen möchte.

(Beifall bei der SPD.)

Denn trotz der stürmischen Mechanisierung in den Jahren 1949 bis 1955 und trotz der noch stürmischeren und erheblich schnelleren Abwanderung aus der Landwirtschaft in diesen Jahren ist die Zahl der landwirtschaftlichen Arbeitsunfälle, wie wir sehen, um 50 % gestiegen.
In der gleichen Spalte wird im dritten Absatz über die Berufskrankheiten der Landwirtschaft berichtet. Es scheint mir notwendig zu sein, daß auch dieser Teil im neuen Bericht ergänzt wird. Im Zusammenhang mit den Berufskrankheiten müßten doch Erhe-



Frehsee
bungen über die gesundheitsschädigenden Folgen des Umgangs mit den technischen Hilfsmitteln — beispielsweise in der Landwirtschaft mit den Ackerschleppern, in der Forstwirtschaft mit den Motorsägen — angestellt werden.
Der Feststellung auf Seite 46 Abs. 2 über die Notwendigkeit der rechtzeitigen Lösung der alten Menschen aus dem Arbeitsleben kann man nur beipflichten. Auch sie sollte aber ergänzt werden. Meines Erachtens sollte sie dadurch ergänzt werden, daß man nicht nur von der rechtzeitigen Lösung alter Menschen aus dem Arbeitsleben spricht, sondern daß man die Unfallverhütung — besonders auch in der Landwirtschaft, Herr Minister — vom Standpunkt des Kinder- und Jugendarbeitsschutzes einmal überprüft.

(Beifall bei der SPD.)

Meines Wissens hat es in der Landwirtschaft — das steht da nicht drin — im Jahre 1964 rund 6000 Arbeitsunfälle von Kindern und von Jugendlichen bis zu 14 Jahren gegeben.

(Hört! Hört! bei der SPD.)

Davon waren meines Wissens 44 tödliche Unfälle.

(Hört! Hört! bei der SPD.)

Solche Zahlen müssen wir doch im Parlament haben.

(Beifall bei der SPD.)

Sie gehören in einen solchen Bericht der Bundesregierung, der auch Unterlagen für die Gesetzgebungsarbeit bringen soll, hinein; denn hier haben wir das Jugendarbeitsschutzgesetz gemacht und hier müssen wir es, wenn erforderlich, auf Grund objektiver Tatbestände korrigieren. Es wäre überhaupt zweckmäßig, wenn der Bericht auch eine Altersstatistik über die am Arbeitsplatz Verunglückten enthielte.
Aus der Feststellung auf Seite 48 Abs. 2, daß vier Fünftel der tödlichen Schlepperunfälle durch seitliches Umstürzen und rückwärtiges Überschlagen des Schleppers verursacht seien, muß nun wirklich unbedingt die Schlußfolgerung gezogen werden, daß es eines Maschinenschutzgesetzes bedarf; der Herr Minister hat es gesagt. Fünfzig Jahre wird darüber geredet. Nun sollen wir es in den nächsten zwei Monaten erhalten.
Es hat sich erwiesen, daß die sonstigen Bemühungen der Träger der Unfallversicherung um die Einsicht der Hersteller von Landmaschinen und auch die Unfallverhütungsvorschriften häufig nicht ausreichen, um den Herstellern die Verpflichtung aufzuerlegen, Schlepper in Zukunft nur noch mit umsturzfesten Verdecken in den Handel zu bringen. Daß die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften, wie es hier im Bericht heißt, beabsichtigen, diese Forderung zunächst in die Unfallverhütungsvorschriften aufzunehmen, ist sehr zu begrüßen, und sie sollten es wohl auch tun; denn wann das Maschinenschutzgesetz verabschiedet werden kann, können wir noch nicht übersehen, und dringende Hilfe tut not.
Auch die häufigen Arbeitsunfälle in den Betrieben der Staatsforsten sind beunruhigend. Darüber ist auch nichts gesagt. Die Statistiken der Landesforstverwaltung, die es gibt, geben darüber nur unzureichend Auskunft. Sie sind, weil sie unterschiedlich aufgebaut sind, untereinander nicht vergleichbar. Meines Wissens hat im Bereich der Staatsforsten von Nordrhein-Westfalen im Jahre 1964 jeder vierte Waldarbeiter einen Arbeitsunfall erlitten. Ausgerechnet diese Staatsforstverwaltung hat in einem Erlaß über die Bestellung von Sicherheitsbeauftragten nicht nur das Forstamt, wie sonst überall geschehen, sondern den sogenannten Forstbetriebsbezirk — das ist das Revier — zum Betrieb im Sinne des Unfallversicherungsgesetzes deklariert und damit praktisch die Bestellung von Sicherheitsbeauftragten unmöglich gemacht,

(Hört! Hört! bei der SPD)

weil es in Nordrhein-Westfalen kaum Reviere geben dürfte, die mehr als 20 Waldarbeiter beschäftigen. Doch darüber sagt der Bericht der Bundesregierung nichts aus. Er ergeht sich in allgemeinen Feststellungen, z. B, in der Feststellung, daß ein Bericht der Gemeindeunfallversicherungsverbände nicht repräsentativ wäre, weil diese auch für alle Unfälle bei ehrenamtlich Tätigen einzutreten hätten. Meines Erachtens sind die Staatsforsten Unternehmen wie andere Unternehmen, und es sollte deswegen auch über das Unfallgeschehen in diesem Bereich berichtet werden.
Der nächste, der neue Unfallverhütungsbericht, Herr Minister, muß anders aussehen. Wenn Sie nur Zehntelerhebungen durchführen lassen, dann kommen Sie zu Prozentzahlen ohne jede Bezugsgröße, mit denen man absolut nichts anfangen kann. Ich war versucht, zu sagen: wenig anfangen kann. Man kann eigentlich gar nichts damit anfangen. Dann können wir auch ganz darauf verzichten. Das ist doch die Frage, die hier gestellt wird: ob wir einen Bericht bekommen, mit dem wir arbeiten können, ob wir einen Bericht bekommen, den wir hier zur Kenntnis nehmen und diskutieren und kritisieren und dann ad acta legen, weil wir ihn nicht weiter gebrauchen können.

(Beifall bei der SPD.)

Daß es auch anders geht, zeigt beispielsweise der Sozialbericht, und das zeigt in besonderem Maße — nehmen Sie es mir bitte nicht übel, daß ich darauf hinweise — der Grüne Bericht, bei dem wir uns immer darüber einig sind, daß er wirklich in erstklassiger Weise vorgelegt wird.

(Zuruf von der CDU/CSU: Und der Jugendbericht!)

Die Bundesregierung — und damit möchte ich schließen — mag sich den Grünen Bericht für den neuen Unfallverhütungsbericht ein wenig zum Vorbild nehmen.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0501621700
Das Wort hat der Abgeordnete Berberich.

August Berberich (CDU):
Rede ID: ID0501621800
Herr Präsident: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal darf



Berberich
ich feststellen, daß sich die Ausführungen meines Kollegen Frehsee zum landwirtschaftlichen Teil dieses Unfallverhütungsberichts wohltuend von der Kritik seines Kollegen Schellenberg abgehoben haben. Ich will mich darauf beschränken, auf einige wenige Dinge einzugehen, die Herr Kollege Frehsee angesprochen hat.
Zunächst aber noch eine Bemerkung zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Spitzmüller. Wir versuchen ja seit vielen Jahren von seiten der Landwirtschaft insoweit auf das Unfallgeschehen Einfluß zu nehmen, als wir gerade auf den Messen, auf den DLG-Ausstellungen durch unsere Unfallverhütungsabteilung die Hersteller von Maschinen beraten und die vielfältigen landwirtschaftlichen Besucher dieser Ausstellungen durch Filme aufklären. Ich glaube, daß auf diesem Gebiet im Verlaufe der letzten Jahre einiges erreicht worden ist.
Das zeigt auch die Entwicklung der Zahlen seit dem Jahre 1953. Man muß hier die Zahl der gemeldeten Unfälle mit der Zahl der erstmals entschädigten Unfälle vergleichen. Denn ein wirkliches Bild von dem, was auf dem Gebiete des Unfallschutzes und der Unfallverhütung erreicht worden ist, ergeben nicht die Zahlen der erstmals gemeldeten Unfälle, weil in ihnen auch alle leichten Unfälle enthalten sind, die ja mitgemeldet werden. Ein wirkliches Bild von den Bemühungen um den Unfallschutz und die Unfallverhütung ergeben die Zahlen der erstmals entschädigten Unfälle.

(Zustimmung bei der CDU/CSU.)

Hier darf man immerhin feststellen, daß die Zahl der erstmals entschädigten Unfälle in der Landwirtschaft von 38 393 im Jahre 1953 auf 27 604 im Jahre 1964 zurückgegangen ist. Das ist doch ein Beweis dafür, daß das Bemühen der Unfallversicherungsträger um das Zurückdrängen der Unfälle nicht ohne Erfolg geblieben ist. Ich glaube, wir sollten all denen, die als technische Aufsichtsbeamte in der Leitung tätig sind oder aber als Betriebsrevisoren draußen dafür sorgen, daß die Unfallverhütungsvorschriften, vor allen Dingen die baulichen Vorschriften, in den einzelnen Betrieben eingehalten werden, dafür danken, daß sie diese nicht immer gerade dankbare Aufgabe wahrnehmen.
Seien wir uns klar darüber — und das gilt nicht nur für die Landwirtschaft, sondern genauso für den gewerblichen Bereich —: Forderungen nach Unfallverhütungsmaßnahmen und Unfallschutz sind zwar, wenn man sie in einer Rede darlegt, sehr populär. Wenn man diese Dinge aber auf den Betrieb überträgt, dann sind sie oft beim Unternehmer so wenig populär wie beim Arbeitnehmer. Dort ist man sich darüber einig, daß die Forderung nach Unfallschutz oft eine Erschwerung der Arbeit darstellt.
Trotzdem können wir von dieser Forderung nicht abgehen, wenn wir die Kosten des Unfallgeschehens in einem vernünftigen Rahmen halten wollen. Es wird uns niemals gelingen, das Unfallgeschehen ganz auszuschalten. Dafür sind viel zuviel menschliche Unzulänglichkeiten mit im Spiel. Noch so viele Paragraphen und noch so viele Berichte werden nicht dazu führen, daß das Unfallgeschehen verschwindet.
Wir werden das Unfallgeschehen nur dann eindämmen können, wenn wir das Verantwortungsbewußtsein nicht nur des Unternehmers, sondern auch des Arbeitnehmers für seine persönliche Sicherheit wekken.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0501621900
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Reichmann.

Martin Reichmann (FDP):
Rede ID: ID0501622000
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der erste Schritt ist nicht immer der beste. Das gilt auch für diesen Bericht. Wir haben uns bereits zusammen entschlossen, daran mitzuarbeiten, daß der zweite Bericht entsprechend verbessert wird.
Wie der Herr Bundesarbeitsminister bereits ausführte, sind die Unfälle in der Landwirtschaft, insbesondere die tödlichen, erschreckend groß. Das ist nicht nur bedauerlich, sondern zwingt auch zu verstärktem Unfallschutz und Unfallverhütung in der Landwirtschaft, schwerpunktmäßig und gezielt besonders gegen die tödlichen Gefahren, welche durch die Lasten und Beförderungsmittel verursacht werden.
Wenn man den stürmischen Strukturwandel in der Landwirtschaft berücksichtigt, der zu einer Verminderung der Zahl der Betriebe und der Beschäftigten führt, und dann die Unfälle vergleicht, die in der Landwirtschaft entstanden sind, kommt man allerdings zu einem etwas schlechteren Ergebnis, als es im Bericht aufgezeigt wurde. Die Ursachen aber sind die gleichen, erstens die fortschreitende Technisierung und Motorisierung, zweitens der hohe Anteil der älteren Beschäftigten und besonders der Frauen, insbesondere aber auch die Arbeitsüberlastung in der Landwirtschaft ohne entsprechende Erholungsmöglichkeiten. Diese Situation zeigt, daß der Unfallschutz und die Unfallverhütung auch durch geeignete agrarpolitische Maßnahmen ergänzt und unterstützt werden müssen.
Unfallschutz und Unfallverhütung sind das Gebot an uns alle. Die gezielten Unfallverhütungsmaßnahmen der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften sind besonders zu begrüßen, ebenso die Neubearbeitung der Unfallverhütungsvorschriften, die Verstärkung der umfassenden Beratung und die Ausnutzung aller modernen Aufklärungsmittel sowie der weitere Ausbau des Überwachungsdienstes. Das Sicherheitsgefühl muß gestärkt werden. Das neugeschaffene Betriebshelfersystem muß weiterentwickelt werden; es ermöglicht alsdann auch Rehabilitationsmaßnahmen zur Wiederherstellung der Gesundheit und der Arbeitsfähigkeit. Durch bessere Koordinierung und Mitwirkung aller Beteiligten muß es gelingen, die Unfälle in der Landwirtschaft soweit wie möglich zu vermeiden und ihre Zahl zu vermindern.
Abschließend sei an dieser Stelle den Berufsgenossenschaften für ihre erfolgreiche Arbeit an dieser Aufgabe gedankt.

(Beifall bei der FDP.)





Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0501622100
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Schmidt (Offenbach).

Dr. Horst Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0501622200
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren. Es ist eigentlich bedauerlich — das kann man am Ende dieser Debatte wohl feststellen —, daß die gesundheitspolitische Bedeutung des ganzen Problems stark zu kurz gekommen ist, besonders in den Reden der Vertreter der Regierungsparteien und auch in den Stellungnahmen des Herrn Arbeitsministers. Der Herr Arbeitsminister hat zwar einige in die Zukunft weisende Maßnahmen angedeutet und angekündigt — was das Kuratorium für Unfallursachenerforschung, die Sicherheitsingenieure in den Betrieben und das Problem der Betriebsärzte angeht; alles Dinge, die wir schon vor drei Jahren in diesem Hohen Hause beantragt haben und die Sie abgelehnt haben —, er hat aber nichts zu den entscheidenden gesundheitspolitischen Problemen gesagt, die mit dem Unfallverhütungsbericht zusammenhängen. Hier gibt es eine ganze Reihe von Problemen, die man einmal in aller Kürze aufzeigen muß.
Es heißt schon in der Einführung des Unfallverhütungsberichts der Bundesregierung, daß er nicht den Zweck habe, Bericht zu erstatten über Erforschung der Unfallursachen. Da muß man doch die Frage stellen: Was soll denn überhaupt der ganze Bericht, wenn nicht am Anfang die Erforschung der Unfallursachen steht? Wenn es uns nicht gelingt, die Unfallursachen gründlich zu durchforschen, können wir einfach nicht die entscheidenden Maßnahmen zur Unfallverhütung treffen. Das muß am Anfang stehen, und das andere muß sich dann entsprechend ergeben.
Ich will nicht noch einmal wie die Kollegen meiner Fraktion auf die einzelnen Zahlenzusammenstellungen des vorliegenden Berichts eingehen. Wir haben festgestellt, daß er unvollständig ist, daß er ungenau ist, indem mit Prozenten gearbeitet wird, ohne daß tatsächliche Zahlen dahinterstehen. Es scheint so, als wenn hier Spielereien ohne Schlußfolgerungen durchgeführt werden, ganz abgesehen davon, daß der Bericht in manchen Bereichen unübersichtlich ist und daß man mit vielen Dingen gar nichts anfangen kann.
Auch will ich nicht sehr viel zu den Berufskrankheiten sagen. Man kann darüber streiten, ob eine bessere Auswertung in diesem Bereich günstiger wäre oder nicht.
In diesem Zusammenhang müssen wir aber die Frage nach der Vollständigkeit des Kataloges der Berufskrankheiten überhaupt stellen. Ich denke hier in erster Linie an etwas, was im Bericht nur andeutungsweise im Zusammenhang mit beim Bundessozialgericht vorliegenden Klagen über die sogenannte chronische Emphysem-Bronchitis gesagt ist. Hier hat meine Fraktion in den letzten Jahren einige Vorstöße unternommen. Wir sind aber immer wieder auf den Abschluß laufender Forschungen vertröstet worden. Wir richten an dieser Stelle an die Bundesregierung die dringende Mahnung, diese
Forschungen voranzutreiben. Ich möchte dem Herrn Arbeitsminister bei dieser Gelegenheit sagen, daß bei der 5. Verordnung für Berufskrankheiten andere Leiden in den Katalog aufgenommen wurden, auch ohne daß die Krankheitsbegriffe und die berufliche Ursache durch die Ergebnisse der Grundlagenforschung restlos geklärt worden sind. Bisher wird in bezug auf die Emphysem-Bronchitis aber immer wieder der Hinweis gebracht, daß man sie erst aufnehmen könne, wenn wissenschaftlich alle Voraussetzungen dazu erfüllt seien. Hier ist ein Widerspruch. Machen Sie einmal den vielen Tausenden von Betroffenen im Bergbau und in den anderen staubgefährdeten Betrieben klar, was die Hinauszögerung dieser Entscheidung auf die Dauer bedeutet!
Entscheidend — das möchte ich sagen — ist trotz vieler interessant erscheinender Zahlen die Notwendigkeit, aus einem solchen Bericht Schlüsse auf die Ursachen der Unfälle und auf die Möglichkeiten ihrer Verhinderung zu ziehen. Das kann man nicht. Es gibt eine ganze Reihe von Fragen, die man da mit hineinbringen könnte. Wie steht es beispielsweise mit den Zusammenhängen zwischen Unfall, Berufsbild und Alter, zwischen Unfall, Berufsbild und Schwere der Verletzung, zwischen dem Unfallgeschehen und dem Gesundheitszustand der Arbeitnehmer, mit der Arbeitszeitdauer, nicht mit den einzelnen Arbeitsstunden, wie sie hier aufgeführt werden? Wie steht es überhaupt — meiner Auffassung nach eine ganz entscheidende Frage — mit den Zusammenhängen zwischen Unfall und den geforderten Arbeitsleistungen? Auch das müßte einmal sehr kritisch überprüft werden, um die entsprechenden Schlüsse ziehen zu können, ganz abgesehen davon, daß keine Aussage über die Zusammenhänge der Unfälle mit den Betriebseinrichtungen, mit den staatlichen Aufsichten, den Betriebsaufsichten und den Umgebungseinflüssen gemacht worden ist noch erkennbar ist, inwieweit diese Unfälle mit der Gestaltung der werksärztlichen Betreuung in den Betrieben sowie der Tätigkeit der Sicherheitsbeauftragten und der Gewerbeaufsicht zusammenhängen. Das ist die eine Seite, die dringend bei einem solchen Bericht beachtet werden sollte.
Auf der anderen Seite hat der Kollege Ruf — auch das möchte ich noch einmal entsprechend herausstellen — sehr an das persönliche Verhalten des einzelnen beim Unfallgeschehen appelliert. Dabei wird oft sehr global alles in die Verantwortung desjenigen gedrängt, der durch einen Unfall zu Schaden gekommen ist, während auf der anderen Seite bekannt und auch bewiesen ist, daß ein großer Teil der unter dem persönlichen Verschulden rubrizierenden Unfälle durch Einwirkung von außerhalb zustande gekommen ist, sei es durch mangelhafte Aufsicht, sei es durch falsche Arbeitsplatzzuweisung, durch mangelhafte Prüfung der Betriebseinrichtungen, durch Nichtbenutzen oder falsche Benutzung dieser Einrichtungen, durch falsche Zusammenarbeit, durch falsches Arbeitstempo. Es gibt eine Fülle von Möglichkeiten, die außerhalb des persönlichen Bereichs des einzelnen Betroffenen liegen, dem im Grunde nur mangelnde Kenntnise, Nachlässigkeit oder sonstige Dinge vorgeworfen werden können.



Dr. Schmidt (Offenbach)

Ein letztes Wort noch im Zusammenhang mit all diesen Problemen der gesundheitspolitischen Bedeutung des Unfallschutzes in den Betrieben! Ein erfolgreicher Unfallschutz ist nur dann möglich, wenn auch die entsprechenden Fachleute dazu herangezogen werden. Darüber müssen wir uns klar sein, und darauf müssen wir hinarbeiten, daß diese Fachleute — seien es Werksärzte, seien es die Sicherheitsingenieure oder auch die Unfallvertrauensleute in den Betrieben — bei der Planung, bei der-Gestaltung und beim Betrieb der Arbeitseinrichtungen maßgeblich beteiligt werden und sich auch entsprechend durchsetzen.
Ich will mich gar nicht weiter über die werksärztliche Situation verlieren. Sie ist auch Ihnen bekannt. Wir sind ein werksärztlich unterversorgtes Land. Ich möchte hier nur in aller Kürze, aber auch in aller Deutlichkeit auf die Gefahren hinweisen, die durch diese werksärztliche Unterversorgung der Gesundheit unserer arbeitenden Menschen drohen. Wir werden uns bei der Diskussion um all diese Probleme auch hier mit aller Deutlichkeit auch für eine günstigere und bessere Lösung einsetzen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluß noch einmal betonen, daß ein solcher Unfallbericht nur dann einen wirklichen Sinn hat, wenn Ursachen der Unfälle erkannt werden, und wenn man daraus die entsprechenden Folgerungen ziehen kann. Da dies aus diesem Bericht nicht hervorgeht, müssen wir ihn zurückweisen.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0501622300
Ich schließe die Aussprache.
Ich lasse zunächst abstimmen über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 9 mit dem Ziel, eine Neufassung des Berichtes zu begehren. Wer diesem Antrag zustimmt, gebe bitte Handzeichen. — Gegenprobe! — Der Antrag ist abgelehnt.
Vorgesehen ist die Überweisung des Berichts an den Ausschuß für Sozialpolitik — federführend — und an den Ausschuß für Arbeit zur Mitberatung. Kann ich Einverständnis feststellen? — Ja, das ist der Fall.
Zu den nun folgenden Punkten 3 bis 5 der Tagesordnung schlage ich gemäß § 83 der Geschäftsordnung vor, jeweils über alle Teile des Gesetzes gemeinsam abzustimmen. — Das Haus ist damit einverstanden.
Ich rufe dann den Punkt 3 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 22. Oktober 1964 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Bundesrepublik Kamerun über den Luftverkehr
— Drucksache V/19 —
Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses (20. Ausschuß)

— Drucksache V/187 — Berichterstatter: Abgeordneter Schmidt

(Braunschweig)


(Erste Beratung 10. Sitzung)

Ich danke Herrn Abgeordneten Schmidt für seinen Bericht.
Der Berichterstatter wünscht das Wort nicht. Auch zur Aussprache wird das Wort nicht begehrt. Änderungsanträge liegen nicht vor.
Wer dem Gesetz in zweiter Beratung — einschließlich Einleitung und Überschrift — zustimmen will, gebe bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Ich kann einstimmige Annahme feststellen.
Wir kommen dann zur
dritten Beratung.
— Keine Wortmeldungen.
Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, erhebe sich vom Platze. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Ich rufe den Punkt 4 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 5. März 1965 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über den Luftverkehr
— Drucksache V/26 —
Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses (20. Ausschuß)

— Drucksache V/188 —
Berichterstatter: Abgeordneter Schmidt

(Braunschweig)


(Erste Beratung 10. Sitzung)

Auch hier danke ich Herrn Abgeordneten Schmidt für seinen Bericht.
Das Wort wird nicht begehrt.
Wer dem Gesetz in zweiter Beratung — einschließlich Einleitung und Überschrift — zustimmen will, gebe bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das Gesetz ist in zweiter Beratung angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, erhebe
sich vom Platze. — Gegenprobe! — Enthaltungen?
— Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Ich rufe den Punkt 5 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 29. Oktober 1964 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Senegal über den Luftverkehr
— Drucksache V/21 —
Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses (20. Ausschuß)

— Drucksache V/189 —



Vizepräsident Dr. Dehler
Berichterstatter: Abgeordneter Schmidt

(Braunschweig)


(Erste Beratung 10. Sitzung)

Ich danke wiederum Herrn Abgeordneten Schmidt für seinen Bericht. -
Das Wort wird nicht verlangt.
Wer dem Gesetz in zweiter Beratung — einschließlich Einleitung und Überschrift — zustimmen will, gebe bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das Gesetz ist in zweiter Beratung angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung
— Keine Wortmeldungen.
Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, erhebe sich vom Platze. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Ich rufe den Punkt 6 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Wahl der Vertreter der Bundesrepublik zu den Europäischen Versammlungen
— Drucksache V/37 —
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet.
Der Ältestenrat schlägt Ihnen Überweisung an den Rechtsausschuß vor. — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich rufe den Punkt 7 der Tagesordnung auf:
Beratung der Übersicht 1 des Rechtsausschusses (12. Ausschuß) über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht
— Drucksache V/180 —
Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer dem Ausschußantrag zustimmen will, gebe bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist nach dem Ausschußantrag beschlossen.
Ich rufe dann die Punkte 8, 9 und 10 der Tagesordnung auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik (18. Ausschuß) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats zur Änderung und Ergänzung gewisser Bestimmungen der Verordnungen Nr. 3 und Nr. 4 (Seeleute)
— Drucksachen V/119, V/196 — Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Blohm
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (15. Ausschuß) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über die teilweise Aussetzung des bei der Einfuhr von gefrorenem
Rindfleisch anzuwendenden Satzes des Gemeinsamen Zolltarifs
— Drucksachen V/131, V/199, zu V/199 — Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Serres
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (15. Ausschuß) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über die teilweise Aussetzung des Gemeinsamen Zolltarifs bei der Einfuhr von Färsen und Kühen bestimmter Höhenrassen
— Drucksachen V/141, V/200, zu V/200 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Serres
Die Ausschüsse empfehlen, von den Verordnungsvorschlägen Kenntnis zu nehmen.
Das Wort wird weder von den Berichterstattern noch zur Aussprache gewünscht.
Ist das Haus damit einverstanden, daß wir zur Vereinfachung über die drei Punkte gemeinsam abstimmen? — Kein Widerspruch.
Ich komme also zur Abstimmung über die Ausschußanträge auf den Drucksachen V/196, V/199 und V/200. Wer zustimmen will, gebe bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — So beschlossen.
Ich rufe die Punkte 11 und 12 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen betr. Zustimmung zur unentgeltlichen Abtretung von Geschäftsanteilen an wirtschaftlichen Unternehmungen
hier: Beteiligungen an Flughafengesellschaften
— Drucksache V/202 —
Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen betr. Zustimmung des Bundesrates und des Deutschen Bundestages zur Überlassung junger Aktien der Deutschen Lufthansa AG an private Zeichner
— Drucksache V/209 —
Auf Begründung wird verzichtet. Der Ältestenrat schlägt Ihnen die Überweisung der 'beiden Vorlagen an ,den Ausschuß für das Bundesvermögen — federführend — und an den Haushaltsausschuß zur Mitberatung vor; bei der Vorlage Drucksache V/202 soll außerdem der Verkehrsausschuß mitberatend beteiligt werden.

(Abg. Börner: Beide Vorlagen an den Verkehrsausschuß?)

— Nur die Vorlage Drucksache V/202. — Bitte, Herr Kollege Börner!

Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0501622400
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Vorlage der Tagesordnung für die heutige Sitzung ,enthielt leider keinen Hinweis, an welche Ausschüsse beide Vorlagen überwiesen werden sollen. Ich habe bei Durchsicht der Vorlage Drucksache V/209 festgestellt, daß auch darin erhebliche verkehrspolitische Probleme be-



Börner
rührt werden. Deshalb möchte ich Sie bitten, auch bei dieser Vorlage den Verkehrsausschuß des Hohen Hauses mitberatend zu beteiligen.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0501622500
Bestehen Bedenken gegen diesen Antrag des Herrn Abgeordneten Börner? — Das ist nicht der Fall. Dann darf ich wohl Ihr Einverständnis damit annehmen, daß die beiden Vorlagen Drucksache 202 und Drucksache 209 den vom Ältestenrat vorgeschlagenen Ausschüssen sowie zur Mitberatung auch dem Verkehrsausschuß überwiesen werden.
Ich rufe Punkt 13 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, betr. Einsetzung eines Ausschusses zur Wahrung der Rechte der Volksvertretung
— Drucksache V/213 —
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Wer dem Antrag zustimmen will, gebe bitte Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich habe noch bekanntzugeben, daß die CDU/CSU-Fraktion eine Ausschußumbesetzung mitteilt. Im Wahlprüfungsausschuß soll der Herr Abgeordnete Dr. Zimmermann als ordentliches Mitglied ausscheiden und stellvertretendes Mitglied werden, der Herr Abgeordnete Dr. Dittrich als stellvertretendes Mitglied ausscheiden und ordentliches Mitglied werden. — Das Haus stimmt zu.
Wir sind damit am Ende der heutigen Sitzung. Ich berufe die nächste Sitzung auf Donnerstag, den 27. Januar, 9 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.