Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.Meine Damen und Herren, vor Eintritt in die Tagesordnung gedenken wir zweier Toten.
Am 27. Mai verstarb im Alter von 74 Jahren Ministerpräsident Nehru, der erste Regierungschef des freien Indien. Mit Nehru ist der bedeutendste Gefolgsmann, Gehilfe und geistige Nachfolger des Mahatma Gandhi aus dieser Welt geschieden. Nehru geht in die Geschichte als Vollstrecker des nationalen und des sozialen Vermächtnisses Gandhis ein. Er ist der eigentliche Gestalter des großen Staates Indien. In seiner Person und in seinem politischen Wirken vereinten sich staatsmännische Kunst mit pädagogischer Kraft und Liebe in der Fähigkeit, die einzelne politische Notwendigkeit im Zusammenhang der weltpolitischen Entwicklung zu begreifen. Seine Integrität als ein Wortführer der friedlichen Verständigung und des praktizierten Freiheitswillens wird auch von denen nicht bestritten, die mit dieser oder jener seiner politischen Entscheidungen nicht einverstanden waren.Der Deutsche Bundestag gedenkt in Ehrerbietung dieses hervorragenden Staatsmannes und fühlt sich dem indischen Volk in der Trauer um seinen Ministerpräsidenten verbunden. Ich habe dieser Verbundenheit von Tokio aus in einem Telegramm an den Speaker der Lok Sabha für den Deutschen Bundestag Ausdruck gegeben. Sie haben sich hier zum Gedenken des ersten großen Ministerpräsidenten Indiens von Ihren Plätzen erhoben.Nach kurzer schwerer Krankheit starb am 29. Mai unsere Kollegin Frau Dr. Luise Rehling. Luise Rehling wurde am 30. November 1896 in Bochum-Harpen geboren. Sie wurde zunächst Lehrerin, studierte danach Philologie und heiratete im Jahre 1925 den Pfarrer Kurt Rehling. Ihm ist sie in guten und bösen Jahren im Haus und in der Gemeinde treu zur Seite gestanden. Sie wurde ihrem Mann besonders in den Jahren des Kirchenkampfes eine unentbehrliche Gehilfin auch in seinem kirchlichen Amt.Nach dem Zusammenbruch von 1945 legte Frau Dr. Rehling tatkräftig mit Hand an beim Wiederaufbau ihrer Stadt Hagen. Sie trat der Christlich Demokratischen Union bei und wurde für sie Stadtverordnete in Hagen, ein Amt, das ihr so sehr ans Herz wuchs, daß sie es trotz aller anderen Belastungen bis zuletzt beibehalten hat. 1947 wurde Frau Dr. Rehling Mitglied des Zonenausschusses und des Kulturpolitischen Ausschusses der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU, danach Vorsitzende des Landesfrauenausschusses sowie stellvertretende Vorsitzende der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU.Mit Frau Dr. Rehling verlieren wir eine verehrte Kollegin, die diesem Haus seit seinem Anbeginn im Jahre 1949 angehört hat. Von der ersten bis zur dritten Legislaturperiode vertrat sie den Wahlkreis Hagen; dem 4. Bundestag gehörte sie über die Landesliste von Nordrhein-Westfalen an. Frau Dr. Rehling war Mitglied der Bundestagsausschüsse für auswärtige Angelegenheiten und für Gesundheitswesen. Seit Gründung des Europarates gehörte sie dessen Beratender Versammlung an; in ihrem Rahmen hat sie sich im besonderen um die kulturellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten des Europarates verdient gemacht. Die hohe Wertschätzung, die diese Kollegin im ganzen Haus, insbesondere aber in ihrer Fraktion genoß, drückte sich auch in ihrer vor sechs Wochen erfolgten Wahl zur stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU aus.Ich spreche den Angehörigen, besonders ihrem Mann und ihren Kindern sowie der Fraktion der Christlich Demokratischen und der Christlich Sozialen Union die herzliche Anteilnahme des Hauses aus. — Sie haben sich zu Ehren unserer verstorbenen Kollegin von Ihren Plätzen erhoben; ich danke Ihnen.Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:Der Herr Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat am 26. Mai 1964 mitgeteilt, daß der Ausschuß beschlossen hat, zu dem Vorschlag der Kommission der EWG tür eine Verordnung des Rats über die Änderung der für die Erzeugung von einem Kilogramm geschlachteten Perlhühnern festgesetzten Futtergetreidemenge sowie über die Änderung des Einschleusungspreises für geschlachtete Perlhühner nicht mehr Stellung zu nehmen, da der Ministerrat zwischenzeitlich die Verordnung bereits verabschiedet hat.Der Herr Vorsitzende des Außenhandelsausschusses hat am 27. Mai 1964 mitgeteilt, daß der federführende Außenhandelsausschuß und der mitbeteiligte Ausschuß für Ernährung, Landwirstchaft und Forsten gegen die Verordnung Nr. 51/64/EWG des Rats über die Vorausfestsetzung des auf die Einfuhr von Reis und Bruchreis erhobenen Abschöpfungsbetrages keine Bedenken erhoben haben.
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6170 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964
Präsident D. Dr. GerstenmaierMeine Damen und Herren, ehe ich in die Tagesordnung eintrete, mache ich Sie mit einer Interfraktionellen Vereinbarung bekannt, derzufolge die heutige Tagesordnung erweitert werden soll um dieBeratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes zu dem Gesetz zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres (Drucksache IV/2296);Berichterstatter: Minister Dr. Lauritzen.Ich frage das Haus, ob es mit der Aufnahme dieses Punktes in die Tagesordnung einverstanden ist. — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen. Ich schlage vor, daß dieser Tagesordnungspunkt sofort erledigt wird, da der Berichterstatter um 11 Uhr eine ,andere Verpflichtung wahrzunehmen hat. — Ich rufe diesen Punkt auf und frage den Herrn Berichterstatter, ob er das Wort wünscht. — Bitte sehr, das Wort hat als Berichterstatter des Vermittlungsausschusses Herr Minister Dr. Lauritzen.Dr. Lauritzen, Minister des Landes Hessen: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Gesetz zur Förderung eines freiwilligen . sozialen Jahres ist aus der Mitte des Hohen Hauses hervorgegangen und wurde vom Bundestag in dritter Lesung am 29. April einstimmig verabschiedet. Es sollte damit im wesentlichen eine Gleichstellung der im sozialen Jahr Tätigen mit den Jugendlichen erreicht werden, die noch in der Berufsausbildung .stehen. Deshalb wurde bestimmt, daß die gesetzt lichen Vorschriften über das Kindergeld und die Vorschriften des Sozialversicherungsrechts, des Bundesversorgungsgesetzes, des Lastenausgleichsgesetzes, des Beamten- und Besoldungsrechts und des Einkommen- und Vermögensteuerrechts Anwendung finden sollen.Der Bundesrat hat das Gesetz in seiner Sitzung vom 15. Mai beraten und beschlossen, den Vermittungsausschuß mit dem Antrage anzurufen, einen neuen § 14 a mit folgendem Inhalt in das Gesetz einzufügen:Die Tätigkeit im Rahmen des freiwilligen sozialen Jahres gilt als Arbeitsverhältnis.Der Bundesrat ging bei seinem Antrag davon aus, daß bei der enumerativen Aufzählung der einzelnen Gesetze, die für Helferinnen und Helfer im sozialen Jahr Anwendung finden sollen, eine Reihe von Arbeitsschutzbestimmungen und das Bundesurlaubsgesetz nicht berücksichtigt worden sei. Da jede enumerative Aufzählung solche Lücken nicht ausschließe und vor allem auch zukünftige Gesetze nicht erfasse, schlug der Bundesrat die in seinem Antrag formulierte Fassung vor.Der Antrag des Bundesrates ist in der gestrigen Sitzung des Vermittlungsausschuses beraten worden. Es bestand allseitiges Einverständnis darüber, dem Verlangen des Bundesrates in der Sache Rechnung zu tragen. Da aber nach allgemeiner Auffassung zwischen den Trägern des freiwilligen sozialen Jahres und den Helferinnen und Helfern weder ein Ausbildungs- noch ein Arbeitsverhältnis begründetwerden soll, war der Vermittlungsausschuß der Auffassung, es sollte, um Mißverständnisse auszuschließen, auch keine derartige Fiktion in das Gesetz aufgenommen werden. Der Vermittlungsausschuß schlägt daher vor, folgenden § 14 a in das Gesetz aufzunehmen:Auf eine Tätigkeit im Rahmen eines freiwilligen sozialen Jahres finden die Arbeitsschutzbestimmungen und das Bundesurlaubsgesetz Anwendung.Dieser Vorschlag liegt Ihnen auf Bundestagsdrucksache IV/2296 vor. Er entspricht auch ,der Auffassung der Initiatoren dieses Gesetzes.Namens des Vermittlungsausschusses bitte ich das Hohe Haus, dem Einigungsvorschlag des Ausschusses zu folgen und das Gesetz entsprechend zu ergänzen.
Werden Erklärungen abgegeben? — Das ist nicht der Fall.Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen!Zu den in der Fragestunde der 127. Sitzung des Deutschen Bundestages am 27. Mai 1964 gestellten Fragen des Abgeordneten Geiger Nrn. XI/5, XI16 und XI/7 ist inzwischen die schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Dr. Dahlgrün vom 27. Mai 1964 eingegangen. Sie lautet:Zu Frage XI/5:Der Bundesregierung ist bekannt, daß der Bundesfinanzhof die Stellung des Vorsitzenden eines Vorstands einer Landesversicherungsanstalt und seines Stellvertreters mit der Stellung der gesetzlichen Vertreter einer handelsrechtlichen Kapitalgesellschaft verglichen und in beiden Fällen Arbeitnehmereigenschaft angenommen hat.Zu Frage XI/6:Aufwandsentschädigungen der Ortskrankenkassen, der Landkrankenkassen, Innungskrankenkassen und Ersatzkassen, der Kassen der Berufsgenossenschaften, Gemeindeunfallversicherungsverbände, der Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen und der Knappschaften können, wie in Abschnitt 17 Abs. 4 der Lohnsteuer-Richtlinien klargestellt ist, steuerfrei bleiben, sofern die Voraussetzungen des § 3 Ziff. 12 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes erfüllt sind. Eine steuerfreie Aufwandsentschädigung liegt nach diesen Vorschriften insoweit nicht vor, als die Entschädigungen für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden oder idem Empfänger ein Aufwand nicht oder offenbar nicht in Höhe der gewährten Entschädigung erwächst. Die Finanzämter haben das Recht und die Pflicht zu prüfen, ob die Beträge, die als Aufwandsentschädigungen gezahlt werden, tatsächlich zur Bestreitung von Aufwand, der durch die dienstliche Tätigkeit veranlaßt isst, erforderlich sind.Aus Vereinfachungsgründen ist durch gleichlautende Ländererlasse angeordnet worden, daß von den an die Vorstandsvorsitzenden und deren Stellvertreter bei den Landesversicherungsanstalten gezahlten Vergütungen grundsätzlich ein Betrag von monatlich 50 DM steuerfrei zu lassen ist. Ein höherer Betrag kann nur beim Nachweis höherer Aufwendungen steuerfrei ,gelassen werden.Wegen der unterschiedlich gelagerten Verhältnisse ist davon abgesehen worden, eine einheitliche Regelung auch für Aufwandsentschädigungen, die an die Vorsitzenden der Vorstände anderergesetzlicher Kassen und ihrer Verbände sowie an die Stellvertreter dieser Vorsitzenden gezahlt wenden, zu treffen. Die Finanzämter lassen nach einer Prüfung im Einzelfall einen jeweils angemessenen Betrag der an diese Personen gezahlten Aufwandsentschädigungen steuerfrei.Es besteht keine Veranlassung, die bezeichneten Aufwandsentschädigungen durch eine besondere gesetzliche Regelung generell steuerfrei zu stellen und das Prüfungsrecht der Finanzämter 'auszuschließen. Es kann nicht zweifelhaft sein, daß ein Teilbetrag der Entschädigungen als Entschädigung für Verdienstausfall und Zeitverlust gewährt wird. Solche Beträge sind aber nach allgemeinen Grundsätzen als steuerpflichtig anzusehen.
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964 6171
Präsident D. Dr. GerstenmaierFür die .Aufwandsentschädigungen der bei Kreis- und Gemeindeverwaltungen ehrenamtlich tätigen Personen gelten die gleichen gesetzlichen Vorschriften. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung ist in Abschnitt 17 Abs. 3 der Lohnsteuer-Richtlinien vorgesehen, daß von den Aufwandsentschädigungen ohne Nachprüfung im Einzelfall jeweils ein Drittel, mindestens ein Betrag von 50 DM monatlich steuerfrei gelassen werden kann. Für bestimmte Personenkreise, z. B. Bürgermeister, Landräte, Gemeindedirektoren, Oberstadtdirektoren, Oberkreisdirektoren bestehen in den einzelnen Ländern unterschiedliche Regelungen, nach denen auch höhere Beträge unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei bleiben können. Auf diese Regelungen können sich die Kassen der Rentenversicherung und der gesetzlichen Krankenversicherung nicht berufen, weil die jeweiligen Tätigkeitsbereiche nicht vergleichbar sind. Es kann z. B. keinem Zweifel unterliegen, daß etwa ein Bürgermeister oder ein Oberstadtdirektor auf Grund seiner Stellung einen höheren Repräsentationsaufwand als der Vorsitzende des Vorstandes einer Ortskrankenkasse hat.Zu Frage XI/7:Die Tätigkeit der in Frage 3 angesprochenen Personen erfüllt nicht die Voraussetzungen der nichtselbständigen Arbeit im steuerrechtlichen Sinn. Entschädigungen, die diesen Personen für ihre Tätigkeit als Vorsitzende der Vertreterversammlung usw. gezahlt werden, werden insoweit, als sie über reinen Auslagenersatz hinausgehen, als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen aus der Haupttätigkeit oder als Entgelt für die in dem jeweiligen Gremium geleistete Arbeit gewährt und sind als solche zu versteuern. Eine generelle Steuerbefreiung derartiger Entschädigungen kann nicht in Betracht gezogen werden, weil das eine ungerechtfertigte Bevorzugung eines bestimmten Personenkreises vor anderen Steuerpflichtigen, die ebenfalls aus Nebentätigkeiten steuerpflichtige Einkünfte beziehen, bedeuten würde. Selbstverständlich sind die durch die ehrenamtliche Tätigkeit verursachten Aufwendungen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig.Ich rufe auf Punkt 1 der gedruckt vorliegenden Tagesordnung:Fragestunde .Wir beginnen mit den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr. Ich rufe die von dem Abgeordneten Dr. Kempfler gestellte Frage I/1 auf:Ist der Herr Bundesverkehrsminister bereit, angesichts derÖffnung der Grenze bei Furth im Wald und der großzügigen straßenbaulichen Ausgestaltung des Grenzüberganges seitens der Tschechoslowakei den Ausbau der B 20, die damit zu einer wichtigen Verbindungsstraße zwischen den Alpen, dem Industriegebiet an Alz und Inn und dem böhmischen Raum wird, vordringlich zu betreiben?Das Wort hat der Bundesminister für Verkehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Soweit mir bekannt ist, rechnet die tschechische Seite mit einer künftigen Tagesbelastung des Grenzüberganges bei Furth im Wald von etwa 500 Kraftfahrzeugen. Dieser Verkehr verzweigt sich bereits im Raume Cham, wo die durchgehende Bundesstraße 20 auf vier weitere Bundesstraßen trifft. Eine weitere Verteilung erfolgt im Raume Straubing über die Bundesstraße 8 und einige Staatsstraßen. Südlich davon wird daher der spezifische Verkehrszuwachs auf der Bundesstraße 20, wie er sich infolge der geplanten Öffnung des Grenzüberganges bei Furth im Wald ergeben wird, mit Sicherheit nicht so ins Gewicht fallen, daß hier eine Beschleunigung und Intensivierung des vorgesehenen Ausbaues notwendig wird.
Die Baumaßnahmen am Grenzübergang selbst sind diesseits und jenseits die gleichen: Zur Erleichterung des Grenzüberganges wird nur im Bereich der Paß- und Zollabfertigung die im allgemeinen rund 6 m breite Straße örtlich in zwei durch einen Mittelstreifen getrennte Fahrbahnen aufgeweitet.
Obwohl die Bundesstraße 20 nicht zu dem Blauen Netz gehört, das die bevorzugt auszubauenden Bundesstraßen umfaßt, wurden in den letzten Jahren neben umfangreichem Zwischenausbau vor allem in ihrem mittleren Abschnitt bereits wesentliche Bauvorhaben durchgeführt. Ich darf z. B. an die Umgehung Landau/Isar und an den Ausbau zwischen Wurmannsquick und Gumpendorf erinnern.
Ich werde mich nach Kräften darum bemühen, im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten weitere Ausbaumaßnahmen im Zuge dieser Straße zu veranlassen. Wichtig scheint mir vor allem der Ausbau der Einführung der B 20 in die B 12 zu sein. Weiter sind Maßnahmen bei Altgemein und Untertürken vorgesehen.
Zusatzfrage!
Herr Bundesverkehrsminister, könnte man trotz der von Ihnen geschilderten Lage und unter Anerkennung des bisher für die Bundesstraße 20 Geleisteten nicht doch die zwei schwachen Stellen, nämlich die Einmündung in die Bundesstraße 12 — die schon erwähnt wurde — und die Brücke von Suhrheim, möglichst bald ausbauen?
Ich will gern alles tun, Herr Kollege Dr. Kempfler, um diese Sache zu beschleunigen, sofern uns die Planfeststellung, der Grunderwerb und die Mittel das ermöglichen.
Ich rufe die von dem Abgeordneten Schmidt gestellte Frage I/2 auf:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die von der Deutschen Bundesbahn geplante Senkung der Frachttarife der Bundesbahn keine Mehreinnahme für den defizitären Haushalt der Bundesbahn bringen wird, dafür aber erneute Verzerrungen des Wettbewerbs zu Lasten der Unternehmen des Güterkraftverkehrs hervorruft?
Bitte, Herr Bundesminister!
Herr Kollege Schmidt, der mit dieser Frage angesprochene Antrag des Vorstands der Deutschen Bundesbahn auf Änderung der Tarifelemente des Deutschen Eisenbahn-Gütertarifs ist beim Bundesminister für Verkehr am 12. Mai 1964 eingegangen. Innerhalb des Genehmigungsverfahrens wird die Bundesregierung auch die betroffenen Verkehrsträger hören und insbesondere den die Fragen betreffenden Problemkreis prüfen. Ich bitte deshalb um Verständnis, daß die Bundesregierung gegenwärtig keine konkrete Stellungnahme abgeben kann, da wir noch mitten in der Prüfung stehen. Die Besprechung mit den Länderverkehrsministern und das Gespräch am Runden Tisch mit den Spitzen der drei Verkehrsträger ist für die Wende Juni/Juli vorgesehen. Die nach den Verkehrsgesetzen gestellte Frist zur Entscheidung endet Mitte Juli. Falls seitens der Bundesregierung über .die Anträge keine Entscheidung getroffen wird, treten die beantragten Tarife kraft Gesetzes nach Fristablauf in Kraft.
Zusatzfrage!
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6172 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964
Herr Minister, darf ich Sie darum bitten, bei der Überprüfung ganz besondere Aufmerksamkeit der Frage zuzuwenden, ob die behauptete Frachteinbuße von 150 Millionen DM bei der Bundesbahn eine Vergrößerung des Defizits im Haushalt der Bundesbahn und damit eine neue Belastung der Steuerzahler bedeuten würde, so daß die Maßnahmen auch im Widerspruch zu den mit den Verkehrsnovellen verfolgten Zielen stehen würden?
Herr Kollege Schmidt, sicherlich werden wir diese Sache prüfen. Die ständige Tarifkommission, der Ausschuß der Verkehrsinteressenten und der Verwaltungsrat der Bundesbahn haben aber die Maßnahme bereits geprüft und gutgeheißen. Die Auffassung auf dieser Seite geht dahin, daß im Falle der Nichtgenehmigung eine größere defizitäre Wirkung auf den Haushalt der Bundesbahn eintreten würde. Diese Angelegenheit befindet sich bei uns noch in der Prüfung.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Minister, darf ich Sie darum bitten, es dennoch zu tun, da diese Zahl von der Bundesbahn selbst einmal genannt worden ist?
Nicht bitten, I) sondern fragen!
Selbstverständlich, Herr Kollege Schmidt, wird das getan. Ich darf nur bemerken, daß nach Auffassung der Bundesbahn — ob das richtig ist, wird die Prüfung ergeben — ohne Genehmigung der Anträge der Verlust sich um 400 Millionen DM erhöhen und mit Genehmigung der Anträge um etwa 150 Millionen DM vermindern würde. Wir werden beides sehr genau prüfen.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Ramms.
Herr Minister, sind Sie nicht der Meinung, daß dieser Wettbewerb — wenn die privaten Verkehrsträger die Tarifsenkung mitmachen müssen und sie auf einen Unkostensatz von 105 bis 110 % kommen — ruinös ist?
Herr Kollege Ramms, das ist eben eine Frage, die wir prüfen werden. Nach dem Gesetz sind wir verpflichtet, zu prüfen, ob die Tarifanträge der Bundesbahn unbillig und unlauter sind. Die Frage wird geprüft. Ich kann darüber noch keine endgültige Entscheidung treffen, weil sich die Sache noch in der Prüfung befindet.
Wir kommen zur Frage I/3 — des Abgeordneten Faller —:
Ist zu befürchten, daß es auch in diesem Sommer und im Frühherbst auf der Rheintalstrecke wieder zu großen Stauungen im Nord-Süd-Nord-Güterverkehr kommt?
Der Abgeordnete Faller ist nicht im Saal; die Frage wird schriftlich beantwortet. Dasselbe trifft für die Frage I/4 — des Abgeordneten Faller — zu:
Gedenkt die Bundesregierung an die Regierung der italienischen Republik heranzutreten, um eine Verbesserung der Zollabfertigung .anzuregen, die im vergangenen Jahr als eine der Ursachen der Verkehrsstauungen auf der Rheintal-GotthardStrecke bezeichnet wurde?
Ich rufe die Frage I/5 — des Herrn Abgeordneten Bazille — auf:
Trifft es zu, daß der Herr Bundesverkehrsminister den Standort für eine neue Raststätte an der Bundesautobahn WeinsbergWalldorf am .17. April ohne Befragen des Autobahnamtes Stuttgart und ohne eine Stellungnahme des Innenministeriums von Baden-Württemberg bei einem „Blitzbesuch" in Sinsheim festgelegt hat?
— Der Fragesteller wird von Dr. Mommer vertreten.
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister für
Verkehr.
Herr Kollege Mommer, ich beantworte die Frage mit Nein. Der Standort für eine Tank- und Rastanlage an der Bundesautobahnstrecke WalldorfWeinsberg wurde auf Grund von Vorschlägen des Autobahnamts Stuttgart und einer bereits am 28. November 1963 erfolgten Ortsbesichtigung durch Vertreter des Bundesverkehrsministeriums, des Autobahnamts Baden-Württemberg und der Gesellschaft für Nebenbetriebe festgelegt. Am 20. März 1964 hat der Leiter des Autobahnamts mit den örtlichen Stellen die Fragen der Wasserversorgung, der Abwasserbeseitigung, der Straßenanschlüsse usw. abschließend besprochen.
Von dieser Festlegung habe ich, nachdem ein entsprechender Antrag des Autobahnamts mit der Bitte um Genehmigung bei mir vorlag, bei meinem Besuch ins Sinsheim auf Anfrage Mitteilung gemacht und mir das in Frage kommende Gelände angesehen.
Eine Zusatzfrage.
Herr Minister, wie vereinbart sich das mit der Feststellung des Heilbronner Landrats — die er gestern noch .in einem Fernschreiben an den erkrankten Abgeordneten Bazille getroffen hat —, daß er alle Kritik, die er ausgesprochen hat, aufrechterhalten muß und daß keine Landes-stelle im Lande Baden-Württemberg vor der Entscheidung von Sinsheim gefragt worden sei?
Herr Kollege, ich kann mir nur vorstellen, daß sich der Landrat da nicht richtig orientiert hat; denn mir liegen alle diese Unterlagen als Akten vor.
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964 6173
Ich rufe die Frage I/6 — des Albgeordneten Bazille — auf:
Entspricht es der allgemeinen Praxis des Bundesverkehrsministeriums, derartige, in Frage I15 geschilderte Beschlüsse ohne enge Fühlungnahme mit allen interessierten staatlichen und kommunalen Stellen auf Wahlkampfreisen zu fassen und bekanntzugeben?
Herr Kollege Mommer, ich darf dazu folgende Antwort geben. Die Standorte für Tank- und Rastanlagen werden stets im Einvernehmen mit den zuständigen Landesbehörden festgelegt. Daran werden auch die kommunalen Stellen natürlich in jedem Fall beteiligt; denn ohne deren Auskünfte über die 'Grundstücksverhältnisse, über Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung, Unterbringung des Personals usw. lassen sich die für den Bau einer umfangreichen Anlage nötigen Vorerhebungen nicht anstellen. Der Entschluß, die Tank- und Rastanlage hier oder dort zu bauen — einseitig oder doppelseitig —, wird erst nach eingehenden Untersuchungen und nach Abwägung aller Vor- und Nachteile gefaßt.
Eine Zusatzfrage.
Herr Minister, ist es denn richtig, daß Sie die Wahl, die .Sie getroffen haben, auf einer Wahlversammlung des Kreises bekanntgegeben haben?
Ich bin in der Zeit in Württemberg gewesen und habe die Gelegenheit des Tages benutzt, auch dienstliche ,Aufgaben zu erledigen; das muß mir ja wohl überlassen bleiben. Es war nicht etwa eine Wahlveranstaltung, bei der ich über diese Angelegenheit gesprochen habe.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Baier !
Herr Minister, darf ich Sie im Hinblick auf die von Ihnen soeben gegebene eindeutige Antwort und auf die eine Zusatzfrage von Kollegen Mommer fragen, ob es nicht richtiger und auch verantwortungsbewußter von den sich angeblich benachteiligt fühlenden Stellen und Personen gewesen wäre, wenn sie sich zuerst bei den 'zuständigen Landesdienststellen und beim Autobahnamt erkundigt hätten, bevor sie in der Öffentlichkeit in einer unsachlichen und, wie ich glaube, auch im Ton unangemessenen Weise polemisierten?
Ja, Herr Kollege, ich glaube schon, daß es an sich für kommunale Stellen richtig ist, sich zuerst einmal mit den Landesbehörden ins Benehmen zu setzen, um von ihnen zu hören, wie die Sache liegt, statt in die Öffentlichkeit zugehen. Nur wenn sie sie gehört und dabei festgestellt hätten, daß das Autobahnamt nicht beteiligt gewesen sei und die Untersuchungen nicht vorher durchgeführt worden seien, wäre es berechtigt gewesen, darüber Klage zu führen.
Zweite Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Mommer!
Herr Minister, haben Sie die Entscheidung erstmalig auf einer parteipolitischen Veranstaltung bekannt gegeben,
oder waren die zuständigen Behörden vorher informiert? — Eine Sünde ist das nicht, aber eine Stilfrage.
Herr, Kollege Mommer, es handelte sich um einen Besuch von Sinsheim, wo ich offiziell, aber als Bundesminister und nicht als Wahlkampfredner, durch den Landtag in einem offiziellen Gebäude empfangen worden bin und gebeten wurde, den Herren dort ganz sachlich und ohne irgendwelche parteipolitischen Bemerkungen die Lage im Straßenbau in diesem Raum zu erläutern. Im Zusammenhang damit habe ich dann natürlich auch gesagt, wo also etwa solche Rastanlagen geplant sind.
Ich rufe Frage I/7 — des Herrn Abgeordneten Dr. Mommer — auf:
Zu welchem Ergebnis haben die Untersuchungen darüber .geführt, wie es zu dem Schienenbruch kommen konnte, der das Eisenbahnunglück vom 4. April 1964 in Ludwigsburg verursachte?
Herr Kollege Mommer, wie mir die Deutsche Bundesbahn zu Ihrer Frage mitgeteilt hat, hat die Oberstaatsanwaltschaft Stuttgart das Schienenstück, in dem der Schienenbruch entstanden war, nach dem Unfall beschlagnahmt und hat Herrn Professor Wellinger, Ordinarius für Werkstoffkunde bei der Technischen Hochschule in Stuttgart, mit der Begutachtung beauftragt. Dieses Gutachten steht noch aus.
Erst wenn das Gutachten vorliegt und auch die Deutsche Bundesbahn Gelegenheit hatte, die Schienenbruchstücke zu untersuchen, kann über die Unfallursache endgültig ausgesagt werden.
Herr Minister, wann wird es so weit sein?
Herr Kollege, ich weiß nicht, wann der Professor sein Gutachten für die Staatsanwaltschaft erstattet. Darauf habe ich leider keinen Einfluß. Ich hoffe, daß es recht bald geschieht.
Ich rufe Frage I/8 — des Herrn Abgeordneten Müller — auf:ist dem Herrn Bundesverkehrsminister bekannt, daß das Ministerium für Wirtschaft und Verkehr in Mainz am 10. März 1964 an den Gebietsausschuß Rheinhessen im Landesverkehrsverband Rheinland-Pfalz geschrieben hat, daß dessen Anregung, die Straffen in Rheinhessen mit Baumreihen einzufassen, um das rheinhessische Landschaftsbild zu verbessern, nicht entsprochen werden könne „wegen der damit verbundenen erheblichen Gefahren für den heute dominierenden Kraftfahrzeugverkehr"?
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6174 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964
Präsident D. Dr. GerstenmaierDer Abgeordnete ist nicht im Saal; die Frage wird schriftlich beantwortet.Ich rufe Frage I/9 — des Herrn AbgeordnetenMüller — auf:Hält der Herr Bundesverkehrsminister entgegen der in Frage I/8 genannten Entscheidung nicht die Auffassung des Landesverkehrsverbandes Rheinland-Pfalz für berechtigt, im Interesse der Förderung des Fremdenverkehrs eine Bepflanzung der Straßenränder an den Bundes- und Landesstraßen vorzunehmen, damit Beschwerden über das Fehlen des schattenspendenden Baumbestandes beseitigt werden, da die besondere Qual .der Hitze in den Hochsommermonaten in einer kahlen Landschaft den Fremdenverkehr in besonderem Maße benachteiligt?Diese Frage wird ebenfalls schriftlich beantwortet.Ich rufe Frage I/10 — des Herrn Abgeordneten Müller — auf:Ist .der Herr Bundesverkehrsminister bereit, Baumanpflanzungen an den Bundesstraßen9 Bingen—Mainz—Worms,47 Marnheim—Worms —Odenwald, 40 Kaiserslautern—Mainz,420 Wörrstadt—Bad Kreuznachzu veranlassen und auf die Landesregierung Rheinland-Pfalz einzuwirken, auch die übrigen Landstraßen I. und II. Ordnung mit Bäumen zu bepflanzen?Auch diese Frage wird wegen der Abwesenheit des Fragestellers schriftlich beantwortet.Wir kommen nun zur Frage I/11 — des Herrn Abgeordneten Dr. Müller-Emmert —:Ist der Herr Bundesverkehrsminister im Hinblick auf die ständige Zunahme der Verkehrsunfälle bereit, den Organisationen, die Halter von Kranken- und Verkehrsunfall-Hilfswagen sind , zur Rettung von Menschenleben nach Verkehrsunfällen die gleichen Sonderrechte zu gewähren, die gemäß § 48 Abs. 1 StVO der Bundeswehr, der Polizei, dem Bundesgrenzschutz, der Feuerwehr, dem Zollgrenzdienst und der Zollfahndung zustehen?Zur Beantwortung der Herr Bundesverkehrsminister.
Herr Kollege, durch Verordnung vom 14. März 1956 wurde ein beschränktes Verkehrsvorrecht für Krankenwagen eingeführt. Die Führer dieser Fahrzeuge dürfen sich durch blaues Blinklicht und durch die Mehrklanghupe bemerkbar machen. Auf diese Zeichen hin müssen die anderen Fahrzeugführer sofort freie Bahn schaffen.
Es ist schon wiederholt der Antrag gestellt worden, die Vorrechte der Krankenwagen zu erweitern, also ihren Führern z. B. zu erlauben, auch bei Rotlicht über die Kreuzungen zu fahren, die zulässigen Höchstgeschwindigkeiten zu überschreiten, die Straßenbahnen links zu überholen und ähnliche Vorrechte in Anspruch zu nehmen. Aber eine so weitgehende Bevorrechtigung der Krankenwagen stößt aus Gründen der Verkehrssicherheit auf starke Bedenken. Den Kranken und Verletzten in den Krankenwagen ist nicht gedient, wenn sich dadurch auf dem Wege zum Krankenhaus neue Unfälle ereignen, die ihre Beförderung verzögern oder sogar eine weitere Lebensgefahr heraufbeschwören könnten. Auch die Sonderrechte der Polizei und der Feuerwehr auf diesem Gebiet bestehen tatsächlich nur noch beschränkt. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat mit Recht darauf hingewiesen, daß es nicht Sinn eines hoheitlichen Einsatzes ist, gefährdete Menschen unter Bedrohung der Gesundheit
oder des Lebens anderer zu retten, und daß die Verantwortlichkeit im Sinne des allgemeinen Strafrechts bestehenbleibt.
Bei der ständig zunehmenden Verkehrsdichte kann das Problem der ärztlichen Versorgung von Menschen, die in Lebensgefahr schweben, nur in geringem Maße durch besondere Verkehrsvorrechte gelöst werden. Es muß deshalb gefordert werden, daß alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um den Rettungsdienst zu verbessern. Dabei ist vor allem eine zweckmäßigere Ausstattung der Krankenwagen noch wichtiger, z. B. durch Schaffung von Funkverbindungen, heizbare Transportkörbchen für Frühgeburten und durch Einrichtungen, die eine ärztliche Versorgung am Unfallort und während der Fahrt ermöglichen, wie das auch verschiedentlich eingeführt ist.
Sollte in einem einzelnen Fall die Abweichung von den Verkehrsvorschriften dringend geboten sein, dann ist nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen über den übergesetzlichen Notstand schon immer, also auch im Rahmen der geltenden Vorschriften, jeder Krankenwagenführer berechtigt, das hochwertige Gut, nämlich das Menschenleben, unter Mißachtung des geringerwertigen Gutes, nämlich der Verkehrsvorschriften, zu retten, wenn es tatsächlich bedroht ist. Sein Handeln ist dann gerechtfertigt, und eine Schuld ist insoweit ausgeschlossen, so daß er wegen Mißachtung der Verkehrsvorschriften dann nicht verfolgt werden kann.
Eine Zusatzfrage.
Herr Minister, sind Sie trotz der mir soeben gegebenen Antwort nicht doch der Auffassung, daß es nicht gerechtfertigt ist, daß beispielsweise ein Einsatzwagen der Zollfahndung einen kleinen Zigarettenschmuggler durch das dichteste Verkehrsgewühl verfolgen darf, daß — um ein weiteres Beispiel zu nennen — der Bundesverteidigungsminister mit seiner Autoeskorte ohne weiteres die Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 km in der Stunde überschreiten darf, daß — um noch weitere Beispiele zu nennen — ein Einsatzwagen der Feuerwehr auf der Fahrt zu einem kleinen Zimmerbrand oder ein Krankenwagen der Feuerwehr im Einsatz — ich betone ausdrücklich: der Feuerwehr — sich über das Rotlicht an einer Straßenkreuzung hinwegsetzen dürfen, während Krankenwagen auf der Fahrt zu einer Unfallstelle, wo es oftmals wirklich um Sekunden geht, an die Straßenverkehrsvorschriften gebunden sind?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege, in einzelnen der Beispiele, die Sie gegeben haben — es sind verschiedenartige Beispiele gewesen —, ist es sicher nur deswegen gerechtfertigt, weil die örtliche Polizei dafür eine Sondergenehmigung erteilt hat, was ja möglich ist, z. B. bei der Leitung von Kolonnen oder aus ähnlichen Gründen. Wenn ein Feuerwehrwagen wegen eines Zimmerbrandes bei Rotlicht über die Straße fährt, handelt der Fahrer unvernünftig.
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964 6175
Noch eine Zusatzfrage, die letzte Zusatzfrage.
Führt die derzeitige Regelung, Herr Minister, nicht zu einer Verwirrung im Straßenverkehr, da der Verkehrsteilnehmer, von dem freie Bahn gefordert wird, in der Regel nicht nachprüfen kann, ob dem Einsatzfahrzeug die Sonderrechte des § 48 Abs. 1 der Straßenverkehrs-Ordnung zustehen oder ob es unter die Gruppe fällt, die in § 48 Abs. 3 einzuordnen ist?
Herr Kollege, die Dinge sind natürlich schon deshalb etwas schwierig, weil die Ausführung dieser Bestimmungen den örtlichen Polizeibehörden unterliegt und in den Ländern verschieden gehandhabt wird. Eine absolute Einheitlichkeit ist dabei leider nicht zu erreichen, obwohl wir die Frage in der Straßenverkehrssicherheitskonferenz immer wieder mit den Repräsentanten der Länder besprechen.
Frage I/12 — des Herrn Abgeordneten Seibert, von Herrn Abgeordneten Iven übernommen —:
Welche Verbilligung des Straßenbaus wäre — bezogen auf den durchschnittlichen Preis eines Kilometers Bundesautobahn oder Bundesstnaße — möglich, wenn Unterbau und Decke dieser Wege nicht für die extreme Belastung mit Schwerfahrzeugen des Straßengüterfernverkehrs, sondern lediglich für den Verkehr mit Personenkraftwagen und leichten bis mittleren Lastkraftwagen ausreichen müßten?
Zur Beantwortung der Herr Bundesverkehrsminister.
Eine inhaltlich fast gleiche Frage ist bereits von Herrn Kollegen Varelmann ,gestellt und in der 85. Sitzung ides Deutschen Bundestages am 11. Oktober 1963 beantwortet worden. Ich darf auf den Stenographischen Bericht über diese Sitzung, Seite 4153 B, Bezug nehmen. Ich darf mich ebenfalls auf meine Antwort auf die Frage des Herrn Kollegen Seibert in der 119. Sitzung am 5. März 1964 beziehen.
Im Hinblick .auf meine damaligen Ausführungen haben sich inzwischen keine neuen Gesichtspunkte ergeben. Auch die Ermittlungen der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen von Europa in Genf und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft sind noch nicht zum Abschluß gekommen.
Die Tragfähigkeit und die Lebensdauer einer Fahrbahnbefestigung, bestehend aus Decke und Unterbau, hängt nicht so sehr vom Gesamtgewicht der Fahrzeuge als vielmehr von der Höhe der Achslast und der Zahl der Überrollungen ,ab. Der amerikanische AASHO-ROAD-Test ergab bei einer Erhöhung der Einzelachslasten von 8,2 t auf 10,2 t, also um 24 %, eine Abnahme der Lebensdauer der Fahrbahnbefestigung um 60 bis 65% und bei einer weiteren Erhöhung der Achsfasten von 10,2 t auf 13,6 t, also um weitere 34 %, eine Abnahme der Lebensdauer um 72 bis 75 %. Dieses Ergebnis zeigt deutlich den zerstörenden Einfluß schwerer Achs-lasten auf die Fahrbahn bei hoher Überrollungszahl.
Leider ist es noch nicht hinreichend bekannt, welche Achslasten bei den Fahrzeugen tatsächlich auftreten; denn das hängt ja von der jeweiligen Höhe des Auslastungsgrades des Fahrzeugs ab. Zwar werden an drei Stellen in der Bundesrepublik mit automatischen Waagen die gefahrenen Achslasten registriert, doch ist es nicht möglich, rückwirkend zu sagen, ob z. B. eine mittelschwere Achslast durch ein vollausgelastetes mittelschweres Fahrzeug oder durch ein teilausgelastetes Schwerfahrzeug gefahren worden ist. Vorerst ist es aus diesen Gründen leider nicht möglich, den tatsächlichen Anteil an Kosten der Fahrbahndecke und des Unterbaues für die einzelnen Fahrzeugarten und danach die mög liche Verbilligung beim Wegfall einer Fahrzeugart exakt anzugeben. Ich habe jedoch bereits Untersuchungen eingeleitet, um diese Zusammenhänge
aufzuklären.
Ferner ist zu bedenken, daß die vom Schwerverkehr verursachten Mehrkosten bei Fahrbahndecke und Unterbau nur einen Teil der veranlaßten Kasten bilden. Denn die schweren Lastzüge bedingen durch ihre Abmessungen und Gesamtgewichte weitere Aufwendungen bei der Gestaltung der Querschnitte, z. B. Breite der Fahrbahnen, Anlegen von Kriechspuren usw. bei der Trassierung z. B. ,durch Verminderung der Steigungsgrade, dadurch umfangreichere Erdarbeiten und Kunstbauten auch bei der Dimensionierung der Brücken. In all diesen Fällen ergeben sich natürlich beachtliche Kostenerhöhungen.
Einen Augenblick, Herr Bundesminister! — Der Bundestagspräsident kritisiert die Bundesregierung grundsätzlich nicht nur aus Courtoisie nicht, sondern auch aus Respekt vor der Gewaltenteilung. Aber ich bin an die Einhaltung der Geschäftsordnung gegenüber jedermann, und zwar nicht nur gegenüber den Mitgliedern dieses Hauses gebunden. Und da heißt es unter Ziffer 6:
Die Anfragen müssen kurz gefaßt sein und eine kurze Beantwortung ermöglichen.
Ich würde also bitten, daß Ihre Mitarbeiter sich die-fer Fassung erinnern. Natürlich respektiere ich die Mühe, die sie sich machen, um eine möglichst erschöpfende Auskunft zu geben.
Aber bei aller Würdigung dieses Bemühens muß ich dennoch darauf bestehen, daß eine kurze Antwort erfolgt, damit wir auch mit den anderen Fragen noch einigermaßen fertig werden.
Frage I/13 — Abgeordneter Seibert, die Frage wird vom Abgeordneten Iven übernommen —:
Wie hoch sind nach Auffassung der Bundesregierung die direkten und indirekten jährlichen Folgeschäden von Straßenverkehrsunfällen aller Art?
Zur Beantwortung der Herr Bundesverkehrsminister.
Unfallfolgekosten sind die in Geldwerten ausgedrückten volkswirtschaftlichen Verluste, die eintreten, wenn im Straßenverkehr im Zusammenhang mit dem Fahrverkehr Personen getötet oder ver-
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6176 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964
Bundesminister Dr.-Ing. Seebohmletzt, Sachgüter und Fahrzeuge beschädigt oder zerstört werden und Produktionsausfälle entstehen. Eine einheitliche Auffassung über die Höhe dieser Kosten hat sich noch nicht herausgebildet. Vor allem der Versuch, den Wert eines Menschenlebens in Geld festlegen zu wollen, ist außerodentlich schwierig. Eine sorgfältige Untersuchung dieser Frage stellt die „Berechnung der Unfallfolgekosten der Verkehrsunfälle in der Bundesrepublik" dar, die von Professor Berkenkopf, Dr. Hansmayer und Dr. Nelsen angestellt wurde. Danach ergaben sich Unfallfolgekosten im Jahre 1955 in Höhe von 1,8 Milliarden DM. Der dabei bezifferte „Wert" der Toten und der Hinterbliebenenrenten betrug 50% der Gesamtschadenssumme. Genaue Fortrechnungen für spätere Jahre sind bisher nicht vorgenommen worden. Eine Schätzung könnte darauf hinweisen, daß 1963 mindestens 3 Milliarden DM an Unfallfolgekosten und Unfallschäden entstanden sind. Die Größenordnung und die steigende Tendenz dieser Verluste erweisen die Bedeutung, die allen Maßnahmen zur Erhöhung unserer Verkehrssicherheit zuerkannt werden muß.
Frage I/14 — Abgeordneter Seibert, die Frage wird übernommen von Herrn Abgeordneten Iven —:
Kann die Bundesregierung Auskunft darüber erteilen, wie hoch die öffentlichen Aufwendungen für die Verkehrsüberwachung sind und inwieweit diese Aufwendungen auf die Kontrolle und Sicherung des Straßenverkehrs und der Kraftfahrzeuge entfallen?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister!
Herr Kollege, genauere Angaben über die öffentlichen Aufwendungen für die Verkehrsüberwachung machen sehr umfangreiche Ermittlungen erforderlich. Diese sollen sowohl im nationalen als auch im internationalen Bereich im Rahmen der Wegekostenrechnung innerhalb der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft durchgeführt werden.
Die Verkehrsüberwachung ist eine polizeiliche Aufgabe und fällt somit in den Zuständigkeitsbereich der Bundesländer. Von den Innenministerien der Länder sind für das Jahr 1961 die Aufwendungen für die Polizei ermittelt worden. Die Aufwendungen für die polizeilichen Aufgaben der Verkehrsüberwachung belaufen sich dabei für alle Länder der Bundesrepublik auf etwa 450 Millionen DM.
Frage I/15 — Herr Abgeordneter Schwabe —:
Hat der Herr Bundesverkehrsminister die Möglichkeit oder die Absicht, die „Deutsche Ferienstraße Alpen—Ostsee" durch eine offizielle Anerkennung zu fördern?
Zur Beantwortung der Bundesverkehrsminister!
Eine offizielle Anerkennung der neu vorgeschlagenen Bezeichnung eines Straßenzuges mit dem Namen Deutsche Ferienstraße Alpen-Ostsee ist leider nicht möglich. Der Bundesminister für Verkehr könnte einen Straßenzug nach § 1 Abs. 5 des Bundesfernstraßengesetzes nur bezeichnen, -wenn sich der Straßenzug ausschließlich aus Abschnitten zusammensetzt, die zum Bundesfernstraßennetz gehören. Grundsätzlich sind jedoch bisher alle derartigen Benennungen amtlich nicht bestätigt worden, auch wenn sie neben ihrer Aufgabe, der Fremdenverkehrswerbung zu dienen, zur Verkehrsentflechtung beitragen, wie z. B. die Romantische Straße usw.
Für die Erfordernisse des weiträumigen Verkehrs sind solche Bezeichnungen nicht erforderlich. Sie können sogar zu Irrtümern führen und der glatten Verkehrsabwicklung schaden. Andererseits sind keine Einwendungen dagegen zu erheben, wenn Verbände oder Organisationen des Fremdenverkehrs durch attraktive Namensgebung bestimmte Straßenzüge in Wort, Schrift, Bild und Karte propagieren.
Eine Zusatzfrage!
Nachdem Sie, Herr Bundesminister, in Ihrer leider im ganzen ablehnenden Stellungnahme, die sich aus der Rechtslage ergibt, doch festgestellt haben, daß eine Entflechtung —
Eine Frage, Herr Kollege!
— jetzt haben Sie mir gerade die Frage abgeschnitten —
Gleich mit der Frage anfangen!
— erreicht wird, frage ich Sie, ob es trotz der genannten Schwierigkeiten nicht doch den Weg der Empfehlung von oben herunter gibt, die dazu führen könnte, daß diese Straßen in dem Sinne bezeichnet werden und daß damit die entflechtende Wirkung auch wirklich einträte?
Herr Kollege Schwabe, ich glaube, die gewünschte Bezeichnung der Straßen können wir nicht zulassen, weil die amtlichen Bezeichnungen vorgeschrieben sind. Das ist eine Frage, die mit den Ländern und den zuständigen Fremdenverkehrsverbänden beraten werden müßte, um zu sehen, ob sich ein Weg findet, auf dem Ihrem Wunsche Rechnung getragen werden kann.
Ich rufe auf die Frage I/16 — des Abgeordneten Felder —:Ist der Herr Bundesverkehrsminister bereit, in der Angelegenheit Autobahnausfahrt nördlich Schnaittach eine nochmalige Ortsbesichtigung — u. a. unter Einschaltung des Gemeinderates Schnaittach — vorzunehmen?Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Herrn Bundesministers Dr.-Ing. Seebohn vom 4. Juni 1964 lautet:Die Notwendigkeit einer Autobahnanschlußstelle bei Schnaittech wurde bereits wiederholt zwischen der Abteilung Straßenbau des Bundesverkehrsministeriums und der bayer. Obersten Baubehörde erörtert. Auf Grund eingehender Überprüfung der Verkehrsverhältnisse ist die Oberste Baubehörde im Bayer. Staatsministerium des Innern zu dem Ergebnis gekommen, daß
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Präsident D. Dr. Gerstenmaiersich eine grundlegende Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in diesem Raum nicht so sehr durch den Bau einer Autobahnanschlußstelle, wie durch den Ausbau des dort bestehenden Straßennetzes erzielen läßt, insbesondere durch den Bau einiger Ortsumgehungen, vor allem für Schnaittach selbst im Zuge der in der Baulast des Landes stehenden Staatsstraße 2241. Ich habe mich zunächst diesem Vorbringen der Auftragsverwaltung angeschlossen, zumal die Autobahnen grundsätzlich dem Fernverkehr vorbehalten bleiben sollen. Demzufolge sollte die Zahl der Anschlußstellen auf das Notwendige begrenzt bleiben, damit der flüssige Ablauf des weiträumigen und schnellen Verkehrs auf den Autobahnen möglichst wenig beeinträchtigt wird.Inzwischen wurde von verschiedenen Stellen erneut der Wunsch nach einer Autobahnanschlußstelle bei Schnaittach an mich herangetragen. Auch Kollege Lemmrich hat wiederholt auf die Notwendigkeit dieser Anschlußstelle hingewiesen. Ich habe deshalb veranlaßt, daß diese Frage in einer unmittelbaren Besprechung zwischen meiner Abteilung Straßenbau und den Vertretern der bayer. Auftragsverwaltung an Ort und Stelle nochmals eingehend geprüft und erörtert wird; dabei sollen auch die örtlichen Behörden, daneben ein Vertreter der Gemeinde Schnaittach zugezogen werden.Ich rufe auf die Frage 1/17 — des Abgeordneten Felder —:Ist dem Herrn Bundesverkehrsministerbekannt, daß im Winterhalbjahr die Unfälle am Hienberg besonders zahlreich und schwer sind und daß es der Sanitätskolonne Schnaittach nicht möglich ist, auf dem schnellsten Wege zum Unfallplatz zu kommen, weil eine Ein- und Ausfahrt nicht zur Verfügung steht und lediglich eine Baurampe vorhanden ist, die zu benützen aber verboten ist?Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Herrn Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 4. Juni 1964 lautet:Die bei Schnaittach vorhandene Baurampe zur Autobahn ist zwar durch Sperrzeichen für den allgemeinen Verkehr gesperrt, sie kann jedoch im Bedarfsfalle jederzeit von den Hilfsfahrzeugen der Sanitätskolonne Schnaittach ohne weitere Vorbereitungen benutzt werden, so daß sie auf kürzestem Wege zu etwaigen Unfallstellen am Hienberg kommen kann. Da keine mechanische Absperrung angebracht ist, eben weil diese Baurampe in solchen Fällen ohne Sondergenehmigung benützt werden kann, können, soweit ich darüber unterrichtet bin, bei der Versorgung von Unglücksfällen im Bereich des Hienberges Verzägerungen eigentlich nicht eintreten. Unfallverletzte vom Hienberg werden von der Unfallstelle am schnellsten über die Autobahn zum Kreiskrankenhaus Lauf befördert und es braucht dazu die Baurampe nicht benutzt zu werden. Unfälle mit Todesfolge haben sich in diesem Abschnitt in den letzten Jahren, soweit mir bekannt wurde, nicht ereignet. Aber auch dieses Teilproblem für die Anlage einer eigenen Anschlußstelle soll in die soeben erwähnten an Ort und Stelle anzustellenden Überlegungen mit einbezogen werden.Wir kommen zur Frage 1/18 — des Herrn Abgeordneten Kahn-Ackermann —:Trifft es zu, daß die DSG beabsichtigt, künftig nur noch vier Weinsorten .auf ihrer Speisekarte zu führen?
Ich beantworte die Frage mit Nein. Nach Mitteilung der Deutschen Schlaf- und Speisewagengesellschaft wurden in allen von ihr bewirtschafteten Speisewagen zum Fahrplanwechsel am 31. Mai 1964 neue Weinkarten aufgelegt, in denen einheitlich 13 Sorten, nämlich 8 Weißweine und 5 Rotweine aufgeführt werden, die selbstverständlich auch mitgeführt werden. Außerdem werden vier Sorten Schaumwein, 2 Sorten Wermutweine und 2 Sorten Südweine angeboten. Natürlich kann es, wie in jedem Gasthaus, vorkommen, daß gelegentlich die eine oder andere Sorte ausgegangen und im Augenblick nicht lieferbar ist. In den Schlafwagen werden 9 Weinsorten angeboten. In den sogenannten Buffet-wagen mit Selbstbedienung steht allerdings nur je 1 Rotwein- und 1 Weißweinsorte zur Verfügung. Das hat sich bisher nicht geändert.
Herr Minister, wie ist denn ein leitender Angestellter dieser Gesellschaft dazu gekommen, eine derartige Behauptung aufzustellen?
Es tut mir außerordentlich leid, Herr Abgeordneter Kahn-Ackermann, aber hier handelt es sich um eine Untergesellschaft der Deutschen Bundesbahn. Ich kann weder für die Ausführungen der Angestellten dieser Gesellschaft eintreten noch sie genau kennen. Die Weinkarten sind jedenfalls ganz eindeutig.
Herr Abgeordneter Schwabe, eine Zusatzfrage!
Können Sie, Herr Minister, heute schon zu dem „hochaktuellen" Ereignis bei der DSG Stellung nehmen, daß die seit dem 1. November gewährte Aufbesserung des Frühstücks sang- und klanglos ab 1. Juni wieder eingestellt worden ist, ohne daß sich das beim Preis bemerkbar macht?
Ich vermag Ihnen darüber leider keine Auskunft zu geben. Mir ist das nicht bekannt. Ich müßte erst noch einmal feststellen, welche Gründe dazu geführt haben.
Ich rufe auf die Frage I/19 — des Herrn Abgeordneten Wendelborn —:
Hält die Bundesregierung den § 8 Abs. 3 der Straßenverkehrsordnung noch für zeitgemäß und verkehrsgerecht, in dem verlangt wird, daß zwei entgegenkommende Linksabbieger aneinander vorbeifahren müssen, bevor sie jeweils nach links abbiegen können?
Zur Beanwortung der Herr Bundesminister!
Die von Ihnen, sehr geehrter Herr Kollege, kritisierte - Vorschrift entspricht internationaler Vereinbarung; sie sollte daher ohne zwingenden Grund nicht geändert werden. Ich sehe zu einer Änderung aber auch keinen Anlaß. Die Methode, beim Links-abbiegen den gedachten Kreuzungsmittelpunkt links liegen zu lassen, hat sich auf allen ausreichend breiten Kreuzungen bewährt; nur auf besonders engen Kreuzungen kann sie beim Abbiegen besonders langer Fahrzeuge zu Schwierigkeiten führen. Hier ist eine gegenseitige Verständigung der beiden Linksabbieger über ihr Fahrverhalten unerläßlich. Beobachtungen haben gezeigt, daß das auch geschieht. Infolgedessen sind Unfälle zwischen zwei einander begegnenden Linksabbiegern selten.
Auch die für die Durchführung der Straßenverkehrsordnung zuständigen obersten Behörden der Länder sehen z. Z. keinen Anlaß, die gegenwärtig übliche Methode des Linksabbiegens zu ändern.
Eine Zusatzfrage!
Herr Minister, entsprechen dann die Kreuzungen, die schon so angelegt sind, daß die Linksabbieger voreinander nach links abbiegen können, nicht den gültigen Richtlinien?
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6178 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964
Ja, das ist sicher so. Ich kann es im Einzelfall natürlich nicht übersehen. Da handelt es sich ja wahrscheinlich auch um Kreuzungen, die nicht in der Baulast des Bundes liegen. Dafür müßte dann der zuständige Baulastträger die entsprechende Verantwortung übernehmen. Nach der Vorschrift hat er sich auch bei der Anlage so zu verhalten.
Zweite Zusatzfrage!
Herr Minister, dient es nicht doch dem Verkehrsfluß mehr, wenn in geeigneten Fällen nicht unbedingt zwingend vorgeschrieben ist, daß die Linksabbieger erst aneinander vorbeifahren müssen, bevor sie jeweils nach links abbiegen können?
Herr Kollege, ich habe Ihnen gesagt, daß ich die für diese Frage zuständigen Länderreferenten noch einmal um Auskunft gebeten habe. Sie haben alle die Auffassung vertreten, daß man es bei der jetzigen Regelung belassen sollte, zumal sie international üblich ist.
Ich rufe auf Frage I/20 — der Frau Abgeordneten Dr. DiemerNicolaus —:
Ist die Bundesregierung bereit, Wanderparkplätze mit einem besonderen Parkschild, und zwar einem weißen P auf grünem Grund, zu kennzeichnen und ,auf den Durchgangsstraßen entsprechende Hinweiszeichen anzubringen?
Die Frage wird von Herrn Abgeordneten Dürr übernommen. Bitte, Herr Minister.
Herr Kollege, der Bundesminister für Verkehr ist seit mehr als zehn Jahren bemüht, zum Wohle der Kraftfahrer die nationalen Verkehrszeichen den im internationalen Protokoll über Straßenverkehrszeichen vom 19. September 1949 vorgesehenen Normen anzupassen. Nach dem zu erwartenden Erlaß der demnächst in Kraft tretenden Neufassung der Straßenverkehrsordnung werden alle nationalen deutschen Verkehrszeichen mit den internationalen Zeichen übereinstimmen. Es wäre deshalb ein Rückschritt, wenn die in mühevoller Arbeit erreichte internationale Übereinstimmung durch die Zulassung eines international nicht anerkannten Verkehrszeichens beeinträchtigt würde.
Es liegt zwar im Rahmen der Politik des Bundesministers für Verkehr, auch besondere Hinweiszeichen für Parkplätze in Wandergebieten zu schaffen, wenn sie sich als notwendig erweisen. Das dürfe aber kaum der Fall sein, da der Zweck eines solchen Hinweiszeichens zu einem Teil durch das seit Jahrzehnten eingeführte Parkplatzschild erreicht werden kann, wenn es mit einem Zusatzschild versehen wird, das auf den Rundwanderweg aufmerksam macht.
Ich bitte um Verständnis dafür, daß die Zahl der verschiedenen Verkehrszeichen möglichst niedrig
gehalten werden muß und daß neue Verkehrszeichen daher nur dann eingeführt werden können, wenn es absolut erforderlich ist.
Zusatzfrage!
Herr Minister, ist die Bundesregierung aber bereit, in Zusammenarbeit mit den zuständigen Stellen der Länder darauf hinzuwirken, daß unter Verwendung des derzeit üblichen Parkplatzschildes solche Parkplätze in diesen Gegenden angelegt werden, .weil bei dem wilden Suchen nach einem Parkplatz in einem Gebiet, wo es z. B. keinen Papierkorb gibt, die Landschaft .viel mehr verschandelt wird als etwa durch einen Hinweis auf einen offiziellen Parkplatz?
Die offiziellen Parkplätze können ja immer mit dem weißen P auf blauem Grund bezeichnet werden. Wenn sich ein Rundwanderweg anschließt, kann darunter ein kleines Schild „Parkplatz am Rundwanderweg" angebracht werden. Dagegen bestehen keine Bedenken.
Frage I/21 — des Herrn Abgeordneten Fritsch —:
Wie beurteilt die Bundesregierung einen Aufsatz in der Zeitschrift „Wehr und Wirtschaft" vom Mai d. J. mit der Überschrift „Mangelhafte Flugsicherung", in welchem behauptet wird, daß der Vorwurf fahrlässiger Gefährdung von Menschenleben infolge mangelhafter technischer und personeller Ausstattung der Flugsicherungsorganisation in der Bundesrepublik und der Vorwurf totaler Unfähigkeit in der menschlichen Führung dieser Organisation noch die mildesten Vorwürfe gegen das Bundesverkehrsministerium sind?
Herr Bundesminister, bitte.
Herr Kollege, der Aufsatz in der Zeitschrift „Wehr und Wirtschaft" vom Mai mit der Überschrift „Mangelhafte Flugsicherung" entspricht inhaltlich dem Artikel „Ist Fliegen bei uns gefährlich" in der „Frankfurter Rundschau" vom 21. April 1964. Ich möchte dazu auf meine Ausführungen im Bulletin der Bundesregierung vom 29. April verweisen. Dort ist ganz ausführlich zu den Angaben in den Aufsätzen Stellung genommen und zugleich der Standpunkt der Bundesregierung dargelegt worden. Auch in meiner Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP — Bundestagsdrucksache IV/2264 — habe ich eingehend zu der Lage der Flugsicherung Stellung genommen. Ich darf mich darauf beziehen.
Zusatzfrage!
Herr Bundesminister, wären Sie bereit, im Wege etwa einer Pressekonferenz für eine breite Aufklärung der Öffentlichkeit über den Flugsicherungsdienst zu sorgen, einmal um dadurch solche immer wieder erscheinenden Verlautbarungen zu vermeiden und zum anderen um zu einer Aufklärung der Öffentlichkeit über die Zustände im Flugsicherungsdienst beizutragen?
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964 6179
Herr Kollege, das scheint mir gar nicht notwendig zu sein, nachdem jetzt auch auf Grund der Anfrage der FDP-Fraktion in allen Zeitungen sehr eingehend über den Inhalt berichtet worden ist und sowohl das Bulletin als auch die Bundestagsdrucksache übereinstimmend die gleichen Unterlagen und Aussagen enthalten. Ich weiß nicht, was denn noch mehr bei einer Pressekonferenz herauskommen sollte, und halte das wirklich nicht für eine unbedingte Notwendigkeit.
Zweite und letzte Zusatzfrage!
Herr Minister, ist es aber nicht doch ein Hinweis auf die Notwendigkeit für eine derartige Konferenz oder für die Verbreitung der Kenntnis um die tatsächlichen Verhältnisse, wenn feststeht, daß die Verlautbarung in der Zeitschrift „Wehr und Wirtschaft" erfolgte, als Ihre Darstellung im Bulletin bereits gegeben war, und die Verlautbarung in etwa mit der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP zusammenfiel?
Herr Kollege, wir haben am 29. April im Bulletin eine sehr ausführliche Stellungnahme veröffentlicht, und die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP ist, am 20. Mai beantwortet worden. Da steht doch eigentlich alles, was für Interessenten wichtig ist. Für die Menschen draußen, die Einrichtungen des Flugverkehrs benutzen, geht es ja in erster Linie darum, daß sie wirklich sicher sein könneen, daß sich unsere Flugsicherung technisch und sachlich in gleich gutem Zustande befindet wie auch in den Nachbarländern.
Zusatzfrage des Herrn Albgeordneten Ritzel!
Herr Bundesverkehrsminister, ganz abgesehen davon, daß es vielleicht ein bißchen viel verlangt ist, wenn eine im Parlament gestellte Frage durch den Hinweis auf das beantwortet werden soll, was im Bulletin steht, möchte ich die ganz konkrete Frage stellen: Was steht denn hinter dieser Behauptung, daß eine fahrlässige Gefährdung von Menschenleben infolge mangelhafter technischer und personeller Ausstattung ;der Flugsicherungsorganisation bestehe? Ich frage speziell: Hat es Tatsachen gegeben, die diese Behauptung rechtfertigen?
Herr Kollege, .ich habe sehr genau geprüft und die Angelegenheit mit den mir unterstellten Stellen eingehend beraten. Ich habe keine Gründe finden können, die diese Behauptung rechtfertigen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Börner.
Börner Herr Minister, wären Sie unter Umständen bereit, die Dinge noch durch eine strafgerichtliche Klärung dieses Vorwurfs zu einem Abschluß zu bringen?
Herr 'Kollege Börner, ich weiß nicht, warum wir in dieser Sache nun noch den Strafrichter bemühen sollen. Ich glaube, wenn wir etwas tun sollten, sollten wir uns lieber mit dem zuständigen Ausschuß des Bundestages an Ort und Stelle ,begeben und uns dort über diese Fragen unterhalten.
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Börner.
Herr Minister, würden Sie dann auch bereit sein, im Zuge einer solchen Unterhaltung eine Reihe von konkreten Vorwürfen zu entkräften, die in „Wehr und Wirtschaft" erhoben worden sind, die aber durch die bisherigen Stellungnahmen Ihres Hauses im Detail noch nicht entkräftet sind?
Sicherlich. Aber ich bin der Meinung, daß man das nicht durch eine Strafanzeige machen kann, sondern nur so, daß wir uns in dem 'zuständigen Ausschuß über diese Angelegenheiten in aller Ausführlichkeit unterhalten.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dröscher.
Herr Minister, darf ich Ihre ersten Antworten auf die Frage des Kollegen Fritsch so verstehen, daß die personellen Schwierigkeiten, die in der Flugsicherung bestanden, mittlerweile ausgeräumt sind.
Die personellen Schwierigkeiten sind nach unserer Auffassung weitgehend ausgeräumt. Die Personalverhältnisse bei der Flugsicherung sind jetzt in Ordnung, soweit man das eben überhaupt bei einer Behörde sagen kann, bei der natürlich auch eine gewisse Fluktuation eintritt; die Fluktuation ist aber sehr gering?
Herr Bundesverkehrsminister, darf ich Sie bitten, einen Augenblick Platz zu nehmen.Meine Damen und Herren, dem Hause ist es eine Freude und eine Ehre, den Präsidenten des Europäischen Parlaments, Herrn Jean Duvieusart, hier in unserer Mitte willkommen zu heißen.
Herr Präsident, Sie können gewiß sein, daß Sie die Unterstützung dieses Hauses bei Ihrer außerordentlich wichtigen Arbeit für Europa haben.
Wir fahren fort. Ich rufe auf die Frage I/22 — des Abgeordneten Weigl —:
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6180 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964
Präsident D. Dr. GerstenmaierWie vereinbart sich die Äußerung des Herrn Bundesverkehrsministers in der Fragestunde des Deutschen Bundestages vom 6. April 1962 zur Frage der Verbeamtung des Flugsicherungspersonals: „Ich möchte gern, daß jeder einzelne der Herren in seinem Fall prüfen kann, wie seine Position ist, dann kann er frei entscheiden, ob er verbeamtet werden will oder ob er lieber Angestellter bleiben will" mit der Tatsache, daß seit fast zwei Jahren kein Bediensteter der Bundesanstalt für Flugsicherung, der sich entschied, Angestellter zu bleiben, 'auf einen Weiterbildungslehrgang geschickt wurde?Bitte, Herr Minister!
Herr Kollege Weigl, .die Übernahme der Angestellten des FS-Kontrolldienstes und ,des FS-technischen Dienstes in das Beamtenverhältnis ist auf freiwilliger Grundlage durchgeführt worden. Die Einrichtung von Laufbahnen hat sich, wie ich .soeben schon betonte, günstig auf die Personallage bei der Bundesanstalt für Flugsicherung ausgewirkt. Künftig werden im FS-Kontrolldienst und im FS-technischen Dienst mehr als 80 % Beamte beschäftigt sein. Die Maßnahmen der Verwaltung haben damit eine eindrucksvolle Bestätigung gefunden.
Die verbleibenden Angestellten werden meiner Zusage entsprechend nicht benachteiligt. Sie erhalten ihre Vergütung nach dem Tarifvertrag vom 12. Juni 1962 und damit auch die vorgesehenen automatischen Aufrückungen. Sie werden nicht deshalb von ihren Dienstposten einschließlich leitender Dienstposten zurückgezogen, weil sie nicht Beamte werden wollten. Ein Anspruch auf Weiterbildung für höherwertige Funktionen steht ihnen nicht zu. Ihr Rechtsverhältnis richtet sich nach ihrem Arbeitsvertrag, der auf dem Bundesangestelltentarifvertrag beruht. Dies ist durch ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Frankfurt rechtskräftig entschieden worden.
Im übrigen hat die Mehrzahl der verbleibenden Angestellten bereits den höchsten Ausbildungsstand erreicht. Ebenso wichtig wie die Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes zu dieser Frage ist aber auch die Tatsache, daß für Sonderlehrgänge für Angestellte kein personalwirtschaftliches Bedürfnis besteht, da alle durch Haushaltsgesetz zur Verfügung stehenden Stellen besetzt sind.
Herr Minister, in der Annahme, daß Sie sich noch daran erinnern, daß ich seinerzeit, 1962, diese Diskussion ausgelöst hatte, möchte ich mir die Frage erlauben, ob sich nicht aus Ihrer Antwort deutlich sichtbar ergibt, daß diejenigen Bediensteten, die Angestellte geblieben sind, doch benachteiligt sind, weil ,sie nämlich nicht an weiterbildenden Lehrgängen teilnehmen können.
Herr Kollege Dröscher, das ist natürlich insofern richtig, als sich das aus den Laufbahnvorschriften ergibt. Für Angestellte gelten bestimmte Laufbahnvorschriften, und 'für Beamte gelten bestimmte Laufbahnvorschriften. Davon können wir natürlich nicht bei einer bestimmten Behörde abgehen.
Ich rufe nunmehr die Fragen des Herrn Abgeordneten Büttner auf.
— Es tut mir leid, Herr Kollege Ritzel, ich hatte Sie nicht gesehen. Wir müssen jetzt weiterkommen. Wir müssen unter allen Umständen erreichen, daß alle eingereichten Fragen, die im Druck vorliegen, in einer Woche, in der wir nur zwei Fragestunden haben, noch einige Chancen haben, hier beantwortet zu werden. Wir müssen uns deshalb mit Zusatzfragen beschränken, wenn es sich nicht um ganz außerordentlich wichtige Dinge handelt.
Ich rufe auf aus der Drucksache IV/2293 die erste Frage des Herrn Abgeordneten Büttner:
Sind der Bundesregierung die Ergebnisse der Bemühungen des Kölner Ingenieurs Oskar Steinbach bekannt, wonach durch den Einbau eines verhältnismäßig einfachen und nicht kostspieligen Auspuffgasentgifters der Ausstoß der besonders giftigen Kohlendioxydgase von 3,03 % auf 0,079% herabgesetzt wird?
Ich bitte, Herr Präsident, die beiden Fragen des Kollegen Büttner zusammen beantworten zu dürfen, wenn Herr Kollege Büttner einverstanden ist.
Herr Abgeordneter Büttner, einverstanden? — Dann rufe ich auch die zweite Frage des Herrn Abgeordneten Büttner auf:
Ist die Bundesregierung nach eingehender Prüfung bereit, mit den beteiligten Ressorts Maßnahmen zu ergreifen, um diesem, in Frage 1 genannten technischen Fortschritt im Interesse der Volksgesundheit in der Automobilindustrie Eingang zu verschaffen und durch entsprechende Vorschriften den Einbau für In Betrieb befindliche Fahrzeuge zu veranlassen?
Der Erfinder Oskar Steinbach ist bereits vor Jahren mit der Behauptung bei uns vorstellig geworden, daß er über Einrichtungen zur Entgiftung der Abgase von Kraftfahrzeugmotoren verfügt. In wiederholten Aussprachen konnte er jedoch keinen Nachweis über den Gebrauchswert seiner Vorschläge erbringen. Auf meine Empfehlung hin hat sich der Erfinder Steinbach 1961 mit Professor Dr. Löhner an der Technischen Hochschule in Braunschweig und später mit Professor Dr. Luther an der Bergakademie in Clausthal in Verbindung gesetzt, um seine Erfindung von Sachverständigen überprüft zu erhalten. Den wiederholten Aufforderungen beider Professoren, sein Gerät zur Prüfung vorzustellen, hat der Erfinder jedoch bis heute nicht Folge geleistet. Aus diesen Gründen sieht sich die im interparlamentarischen Auftrag gebildete Kommission „Reinhaltung der Luft" beim Verein Deutscher Ingenieure, der auch die beiden genannten Professoren angehören, außerstande, die von mir gewünschte Beurteilung über den Gebrauchswert des Geräts von Steinbach abzugeben.Zu der zweiten Frage des Herrn Kollegen Büttner ist zu bemerken, daß nur über die im interparlamentarischen Auftrag gebildete Kommission des Vereins Deutscher Ingenieure die Möglichkeit gegeben ist, den Gebrauchswert von Vorschlägen zur Abgasentgiftung sachlich feststellen zu lassen. Da sich aber der Erfinder Steinbach geweigert hat, eine solche Prüfung vornehmen zu lassen, ein wissenschaftlicher Nachweis über die Güte des Geräts also nicht erbracht ist, kann bis jetzt weder von einem technischen Fortschritt gesprochen werden, noch sind
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964 6181
Bundesminister Dr.-Ing. SeebohmMaßnahmen für entsprechende Vorschriften über den Einbau dieses Geräts zu rechtfertigen.
Eine Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, darf ich Sie dann fragen, ob Ihnen die Versuchsanstalt für Brennstoffe, Feuerungsanlagen und Gastechnik an der Technischen Hochschule in Wien bekannt ist, deren Vorstand, der ordentliche Professor Dr. Karl Peters, ein positives Gutachten über die Erfindung von Steinbach abgegeben hat?
Herr Kollege, warum gibt Steinbach, wenn positive Gutachten vorliegen, das Gerät nicht den beiden Mitgliedern der interparlamentarisch eingesetzten Kommission zur Begutachtung? Herr Professor Luther in Clausthal ist doch der beste Fachmann, den wir auf diesem Gebiet haben. Wir wären alle froh, wenn wir eine Bestätigung bekämen.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Minister, wären Sie bereit — und wann —, Herrn Ingenieur Steinbach mit seinen Mitarbeitern und seinen Unterlagen zu empfangen und mit ihm noch einmal zu reden?
Herr Kollege, wenn Herr Steinbach nicht den offiziell vorgeschriebenen Weg der Untersuchung seines Gerätes geht, hat ein Empfang bei mir gar keinen Zweck. Ich bin, obwohl ich Ingenieur bin, nicht in der Lage, durch eine Unterhaltung mit Herrn Steinbach zu erkennen, ob das Gerät geeignet ist oder nicht. Dazu sind eben diese Stellen eingesetzt. Ich muß darauf bestehen — wie in allen anderen Fällen —, daß Herr Steinbach sein Gerät diesen Stellen zur Begutachtung vorlegt.
Ich rufe auf die Frage I/23 aus Drucksache IV/2280 — des Herrn Abgeordneten Felder —:
Ist dem Herrn Bundesverkehrsminister bekannt, daß die Verkehrsverhältnisse beim Bahnhof Bubenreuth nunmehr dringend die Errichtung einer Fußwegunterführung erforderlich machen?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Herrn Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 4. Juni 1964 lautet:
Ich hatte mich schon im November 1960 auf Grund Ihrer damaligen Anfrage über die Verhältnisse am Bahnübergang in Bubenreuth eingehend informiert. Wie mir jetzt von der Deutschen Bundesbahn mitgeteilt wird, ist sie nach wie vor der Auffassung, ,daß der beschrankte Bahnübergang auch heute den Erfordernissen der Sicherheit und Abwicklung des Verkehrs vollauf genüge.
Wenn die Gemeinde Bubenreuth dennoch den Bau einer Fußgängerunterführung fordert und hierüber keine Vereinbarung mit der Deutschen Bundesbahn zustande kommt, kann die Gemeinde gemäß § 6 des Eisenbahn-Kreuzungsgesetzes eine Anordnung im Kreuzungsrechtsverfahren beantragen. Anordnungsbehörde ist in diesem Fall der Bundesminister für Verkehr; er wird den Antrag der Gemeinde zu prüfen haben.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr erledigt.
Ich rufe auf die Frage — des Herrn Abgeordneten Lemmrich — aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für gesamtdeutsche Fragen:
Hat Herr Vizekanzler Dr. Mende, der anläßlich der Verleihung des Karlspreises der Stadt Aachen an den Staatspräsidenten der Republik Italien die Festrede gehalten hat, die Gelegenheit wahrgenommen, dem hohen italienischen Gast auch die Besorgnis der deutschen Bevölkerung über die Entwicklung in Südtirol darzulegen?
Es ist selbstverständlich, daß die Anwesenheit des Staatspräsidenten der Republik Italien in Aachen zur Verleihung des Karlspreises genutzt wurde, um über alle das deutsch-italienische Verhältnis und die europäische Zusammenarbeit betreffenden Fragen zu sprechen, auch mit der starken Delegation, die den Staatspräsidenten begleitete und in der sich Abgeornete und Senatoren der Christlichen Demokraten, der Sozialdemokraten und der Liberalen befanden. Aber ich bitte um Verständnis dafür, daß über Einzelheiten solcher Unterhaltungen keine Aufklärung in der Öffentlichkeit gegeben werden kann.
Eine Zusatzfrage.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß Teile der deutschen Öffentlichkeit und des deutschen Volkes an die Verleihung des Karlspreises die Hoffnung geknüpft haben, dieser Akt möge dazu beitragen, die Lage der Südtiroler zu verbessern?
Das Südtirol-Problem berührt Österreich und Italien unmittelbar, die Bundesrepublik Deutschland mittelbar im Rahmen des deutsch-italienischen Verhältnisses, im Rahmen der europäischen Zusammenarbeit. Ich bin überzeugt, daß dieser Besuch, aber auch der Besuch des Bundeskanzlers in Rom dazu beitragen kann, eine hoffentlich baldige Lösung zwischen Osterreich und Italien zu ermöglichen. Die entsprechenden Verhandlungen sind im Gange. Was die Bundesregierung dazu beitragen kann, auch im Sinne des Europarates und der Konvention der Menschenrechte und der Charta der Vereinten Nationen zu wirken, ist wohl bekannt.
Fragen aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts. — Eine Zusatzfrage?
— Ich bedaure, ich habe es einfach nicht gesehen.
- Na schön, dann nehme ich die Schuld auf mich.
Herr Minister, darf ich aus Ihrer Antwort schließen, daß Sie der Auffassung sind, es wäre schon lange notwendig gewesen, daß die deutsche Bundesregierung durch freundschaftliche Gespräche mit dem EWG-Partner Italien zur Lösung der Südtirol-Frage im Sinne internationaler Rechts-
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6182 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964
Ertlprinzipien wie der Charta der Vereinten Nationenoder wie sie auch in der Europäischen Konventionüber die Menschenrechte festgelegt sind, beiträgt?
Ich glaube, daß die Bundesregierung früher wie auch heute alle Chancen genutzt hat und nutzt, um, wenn es möglich ist, zur Lösung der Südtirol-Frage im Sinne der zwischen Österreich und Italien bestehenden Verträge und im Sinne der Charta der Vereinten Nationen und der Konvention der Menschenrechte beizutragen. Einzelheiten allerdings zu dieser Frage können eher die Herren hier darlegen, die dafür ressortmäßig zuständig sind. Das ist speziell der Bundesminister des Auswärtigen. Der Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen wäre überfragt, wenn er zu Einzelheiten der Begegnungen und der Hilfen Stellung nehmen sollte.
Eine zweite Zusatzfrage.
Herr Vizekanzler, sind Sie in Ihrer Eigenschaft als Vizekanzler bereit, im Sinne Ihrer Ausführungen dein Herrn Außenminister eine wohlwollende _Empfehlung zu geben?
Sie können diese Bereitschaft immer unterstellen, daß der Stellvertreter des Bundeskanzlers sich um eine gute Zusammenarbeit mit dem Bundesminister des Auswärtigen bemühen wird.
Fragen aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts! Frage III/1 — des Herrn Abgeordneten Dr. Mommer —:
Welches Ergebnis hat das Gespräch der Bundesregierung mit dem stellvertretenden rumänischen Außenminister Georghe Pele über Fragen der deutsch-rumänischen Familienzusammenführung gehabt?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär des Auswärtigen Amts.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, mit dem rumänischen Vizeaußenminister Herrn Pele wurden anläßlich seines Besuchs zunächst eine Reihe technischer Fragen, die die Errichtung der beiderseitigen Handelsmissionen betreffen, besprochen. Es wurde auch die Frage der Familienzusammenführung erörtert.
Über weitere Einzelheiten möchte ich jedoch im gegenwärtigen Zeitpunkt keine Mitteilungen machen.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, haben Sie den Herrn Vizeaußenminister darauf aufmerksam gemacht, welche Bedeutung eine humanitäre Lösung des Problems der Familienzusammenführung für die Fundamentierung der Beziehungen zwischen unserem Lande und Rumänien haben muß?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, es sind mit dem Herrn Pele die verschiedenen Aspekte dieses Fragenkomplexes, auch der von Ihnen soeben genannte, erörtert worden.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär haben Sie auch darauf aufmerksam gemacht, daß für die von uns erhoffte Entwicklung der Beziehungen nichts so schlecht sein kann wie die Methode des „Kopfpreises", die praktiziert worden ist, um Familien aus Rumänien und hier zusammenzuführen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich möchte zur Beantwortung dieser Frage, Herr Ageordneter, auf meine Antwort zu Ihrer vorigen Frage verweisen.
Frage III/2 — des Herrn Abgeordneten Haase —:
Warum wurde .das Goethe-Institut in Daressalam kurze Zeit nach seiner Eröffnung wieder .geschlossen?
Herr Abgeordneter Haase ist nicht im Saal? — DieFrage wird schriftlich beantwortet.
Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern! Frage IV/1 — des Abgeordneten Dröscher —:
Lst die Bundesregierung bereit, Sprechhilfgeräte für Kehlkopfoperierte, die deren Wiedereingliederung in das mitbürgerliche Leben ganz erheblich erleichtern können, in der zur Verfügung stehenden Ausführung in die Liste der nach dem BVG zu gewährenden Hilfsmittel aufzunehmen, damit die Anschaffung eines solchen Gerätes beihilfefähig wird?
Herr Kollege Dröscher, Ihrem Petitum ist bereits entsprochen. Ich habe durch Rundschreiben vom 14. :April 1964 eine Ergänzung des Verzeichnisses der beihilfefähigen Hilfsmittel mit Wirkung vom 1. Januar 1964 angeordnet.
Keine Zusatzfrage.
Frage 1V/2 — des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen —:
Ist ,die Meldung .einer Zeitschrift richtig, wonach ein. Mitarbeiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz dieser Zeitschrift Material aus dem Jahre 1963 unter der Bedingung versprochen hat, „daß Ihr groß damit herauskommt"?
Es handelt sich um eine Meldung des neuen Magazins „Zeitung", ,das in Ihrer Anfrage nicht genannt ist, worauf sich Ihre Anfrage aber offenbar bezieht. Ich habe Erkundigungen eingeholt und folgendes feststellen können. Die Meldung ist unrichtig. Ein Vertreter dieser Zeitschrift hatte sich Anfang April 1964 an den zuständigen Bediensteten des Bundesamtes für Verfassungsschutz mit der Bitte gewandt, ihm Material aus dem Aufgabengebiet des Amtes zur Veröffentlichung zu geben. Dabei hat dieser Journalist von sich aus erklärt, er wolle dieses Material „groß herausbringen". Die Behauptung, das Bundesamt
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964 6183
Bundesminister Höcherlhabe das Material nur unter der Bedingung zugesagt, daß die „Zeitung" damit „groß herauskomme", ist nach den mir zuteil gewordenen Mitteilungen unrichtig.
Zusatzfrage!
Werden Sie, Herr Minister, eine nach dem Presserecht mögliche Gegendarstellung an die ,,Zeitung" geben?
Darüber könnte man reden, Herr Kollege.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Börner!
Herr Bundesminister, würden Sie im Interesse des Ansehens Ihres Hauses und des Bundesamtes für Verfassungsschutz diese von Herrn Kollegen Schmitt-Vockenhausen angeregte Möglichkeit möglichst bald wahrnehmen?
Ja; dennoch muß auch bei einer Gegendarstellung überlegt werden, ob die ganzen Umstände es rechtfertigen, eine solche Darstellung zu verlangen. Es ist nicht jedes Organ für eine .Gegendarstellung geeignet.
Zweite Zusatzfrage!
Darf ich aus Ihrer Darstellung entnehmen, daß Sie das zitierte Magazin für so unseriös halten, daß sich eine Berichtigung erübrigen würde?
Nein!
Die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft werden am Freitag aufgerufen.
Ich rufe auf die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Die Frage des Herrn Abgeordneten Dröscher ist vom Fragesteller zurückgestellt. Damit ist dieser Geschäftsbereich erledigt.
Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung.
— Ist niemand da vom Bundesverteidigungsministerium? Der Minister oder Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung ist nicht da? — Meine Herren, das muß ich unter allen Umständen rügen. Herr Stellvertreter des Bundeskanzlers, das geht nicht. Das Haus hat Anspruch darauf, daß die Ressorts, an die hier Fragen gestellt sind, auch vertreten werden.
Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung; Fragesteller ist der Herr Abgeordnete Schmitt-Vockenhausen:
Trifft es zu, daß bei der Berechnung der Mieten fair Bundesdarlehenswohnungen ein Betrag von 2 v. H. als Mietausfallwagnis berücksichtigt werden kann, obwohl bei den mit Bundesbediensteten belegten Wohnungen normalerweise kein Mietausfall eintreten kann?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es trifft zu, daß in den Wirtschaftlichkeitsberechnungen für Wohnungen, die im Rahmen der Wohnungsfürsorge mit Bundesmitteln errichtet werden, ein Mietausfallwagnis in Höhe von 2 % der Jahresmiete berücksichtigt wird. Dieser Ansatz ist gerechtfertigt, weil die Darlehensnehmer, vor allem wegen des häufigen Mieterwechsels bei Versetzungen, Mietausfälle haben.
Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, ist es richtig, daß bisher dieser Satz nur 1 % war, und liegen Ihnen exakte Unterlagen vor, nach denen eine Erhöhung um 100 % berechtigt war?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die bisherigen Ermittlungen ergeben, daß ein Satz von 2 % berechtigt ist. Er stellt keine Sonderregelung für den Wohnungsbau für Bundesbedienstete dar. Das gleiche gilt auch für die mit öffentlichen Mitteln geförderten Wohnungen.
Zweite Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, die Angelegenheit noch einmal unter dem Gesichtspunkt zu überprüfen, daß doch gerade die Bundesbediensteten, die in solchen Wohnungen wohnen, kaum Mietausfälle verursachen, weil es sich um Beamte und Angestellte handelt, die in jeder Weise ihren Verpflichtungen nachkommen, und die Wohnungen jeweils in sehr kurzer Frist wieder belegt werden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, die Mietausfälle bei den Bundesbedienstetenwohnungen entstehen nicht etwa, weil die Mieter mit ihren Mietzahlungen rückständig wären, sondern weil im Falle der Versetzung die Wohnungen repariert, d. h. Instandsetzungen oder Schönheitsreparaturen vorgenommen werden müssen. In dieser Zeit — das sind beim Auszug eines Mieters etwa 14 Tage oder 4 Wochen — bekommt der Vermieter keine Miete. Für diesen Fall ist das Mietausfallwagnis in Höhe von 2 % notwendig.
Geschäftsbereich des Bundesschatzministers! Frage des Herrn Abgeordneten Ritzel:Hat das Bundesschatzministerium Kenntnis von Pressemeldungen, wonach ein bundeseigenes Unternehmen ,dem sogenannten Deutschen Kulturwerk europäischen Geistes des SA-Lyrikers Herbert Böhme erhebliche Geldbeträge 'zugewandt haben soll?
Metadaten/Kopzeile:
6184 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964
Präsident D. Dr. GerstenmaierIst der Herr Abgeordnete Ritzel da? — Die Frage wird übernommen vom Herrn Abgeordneten Börner.Zur Beantwortung der Herr Bundesschatzminister.
— Ja, was ist denn das?Dr. Mende, Stellvertreter des Bundeskanzlers: Ich lasse die beiden Herren Staatssekretäre holen.
Herr Stellvertreter des Bundeskanzlers, es tut mir außerordentlich leid; aber das geht unter gar keinen Umständen. Wir sind ein Staat, der vom Parlament getragen wird und der aus seinem Parlament die Regierung stellt. Das Haus kann sich das nicht gefallen lassen.
— Zur Geschäftsordnung Herr Abgeordneter Dr. Mommer.
Ich unterstreiche, was Sie gesagt haben, Herr Präsident! Ich beantrage, daß wir — ausnahmsweise — für die Dauer, die nach unserem Zeitplan in Frage käme, die Fragestunde später fortführen und jetzt die zuständigen Ressorts herbeirufen, damit sie dann hier anwesend sind und die Fragen beantworten. Ich glaube, es genügt nicht, den Tadel auszusprechen, sondern es sind sofort Konsequenzen zu ziehen.
Das Wort hat der Herr Stellvertreter des Bundeskanzlers.
Dr. Mende, Stellvertreter des Bundeskanzlers: Herr Präsident! Ich bedauere im Namen der Bundesregierung, daß einige Herren des Bundeskabinetts und einige Staatssekretäre aus der Vielzahl der Fragen an das Ressort des Bundesministers für Verkehr offensichtlich geschlossen haben, daß sie heute noch nicht, wie man so sagt, „drankämen". Ich habe soeben den Herrn Bundeskanzler davon verständigt, daß hier einige Ressorts nicht vertreten sind und habe Sorge getragen, daß die betreffenden Bundesminister oder Staatssekretäre sofort hier erscheinen.
Herr stellvertretender Bundeskanzler, ich muß darauf aufmerksam machen, daß es die Pflicht des Präsidenten des Hauses ist, dafür zu sorgen, daß jeder, der seine Frage schriftlich rechtzeitig eingereicht hat, auch die Möglichkeit hat, hier in der Fragestunde eine Antwort entgegenzunehmen und dann unter Umständen Zusatzfragen zu stellen. Deshalb habe ich vorhin bei den Fragen an den Bundesverkehrsminister etwas gedrängt, um den anderen Kollegen die Chance zu geben, auch dranzukommen. Aber ich würde doch die Regierung bitten, sich bewußt zu sein, daß es der Respekt vor diesem Hause erfordert, hier mindestens
mit einem Staatssekretär vertreten zu sein, wenn der Minister verhindert ist.
Es ist ein Antrag zur Geschäftsordnung gestellt worden. Der Antrag ist geschäftsordnungsmäßig zulässig. § 46 der Geschäftsordnung fordert die Unterstützung von 30 Mitgliedern des Hauses für einen solchen Antrag auf Herbeirufung von Mitgliedern der Bundesregierung. Ich unterstelle, daß Sie die Mitglieder der Bundesregierung herbeizurufen wünschen, die hier in der Fragestunde noch gefragt werden sollen. Ich unterstelle weiter, Herr Kollege Dr. Mommer, daß Sie natürlich nicht die herbeirufen wollen, mit denen ein Einvernehmen darüber besteht — nach der Absprache im Ältestenrat —, daß die sie betreffenden Fragen erst am Freitag aufgerufen werden; sonst hat ja die Sache keinen Zweck.
Wird der Antrag auf Herbeirufung unterstützt? — Das sind mehr als 30 Abgeordnete.
Ich stelle den Antrag zur Abstimmung. Konkret bedeutet er, daß der Bundesverteidigungsminister und der Bundesschatzminister herbeigerufen werden sollen. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! —
— Letzteres ist die Minderheit; der Antrag ist angenommen.
Ich unterbreche die Sitzung für 10 Minuten. Wir fahren in der Fragestunde um 11.50 Uhr fort; Ende der Fragestunde demgemäß um 12.01 Uhr.
Die Sitzung ist unterbrochen.
Die Sitzung ist wieder eröffnet.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung. Ich rufe auf die Frage des Herrn Abgeordneten Kubitza:
Ist das Bundesverteidigungsministerium bereit, Soldaten, die vor dem 30. September 1961 ihre 25jährige Dienstzeit beendet haben, wenigstens eine Dankurkunde auszuhändigen?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär des Bundesverteidigungsministeriums!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident, ich darf zunächst um Entschuldigung bitten, daß ich nicht pünktlich hier war. Es war eben der französische Verteidigungsminister gekommen, und wir hatten gerade angefangen, eine wichtige Finanzbesprechung mit ihm zu führen. Ich hatte einen Beobachter hergeschickt. Wir haben uns beide geirrt, er sowohl als auch ich, und ich bin dann sehr schnell hergekommen. Aber durch die drei auf der kurzen Strecke befindlichen Ampeln bin ich jedesmal aufgehalten worden. Ich bitte also um Entschuldigung.
Das Haus hat Ihre Entschuldigung gehört. Ich danke Ihnen. Zur Beantwortung!
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964 6185
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nach den Verordnungen vom 24. Mai 1962 und vom 24. Juli 1963 gelten für Beamte, Soldaten und Richter des Bundes die gleichen Bestimmungen. Nach Dienstzeiten von 25, 40 und 50 Jahren wird gemäß § 1 der Verordnung von 1962, wie es wörtlich heißt, „eine Jubiläumszuwendung mit Dankurkunde" überreicht. Beide Verordnungen sind mit Wirkung vom 1. Oktober 1961 in Kraft gesetzt.
Wegen der Frage, ob die Bundesregierung beabsichtigt, den Tag des Inkrafttretens der Verordnung auch wegen der Jubiläumszuwendung zu ändern, hat sich der Herr Bundesminister des Innern in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 7. Januar 1964 geäußert.
Der Verteidigungsminister kann von sich aus nicht entscheiden, ob ohne Rücksicht auf den Stichtag des 1. Oktober 1961 wenigstens eine Dankurkunde überreicht werden kann. Da die Verordnungen für Beamte, Richter und Soldaten einheitlich gelten, kann diese Frage auch nur einheitlich entschieden werden. Der Verteidigungsminister wird den Bundesminister des Innern bitten, insoweit eine möglichst positive Entscheidung zu treffen.
Ich darf allerdings darauf hinweisen, daß nach dem Text der Verordnung von 1962, wie ich sagte, nur eine „Jubiläumszuwendung mit Dankurkunde" erwähnt ist. Sollte dies rechtlich bedeuten, daß die Überreichung einer Dankurkunde automatisch einen moralischen und rechtlichen Anspruch auf die Geldzuwendung zur Folge hat, so darf ich auf die Antwort des Herrn. Innenministers, die ich vorhin erwähnte, verweisen. Dann ist es gleichzeitig eine Finanzfrage, die der Verteidigungsminister um so weniger allein entscheiden könnte.
Eine Zusatzfrage? — Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen!
Die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesschatzministers rufe ich nachher auf. Ich höre, daß der Herr Bundesschatzminister hierher unterwegs ist.
Ich glaube, die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen sind bis zum Freitag 'zurückgestellt.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Ist der Herr Bundesernährungsminister da?
Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post-und Fernmeldewesen. — Meine Damen und Herren, ich breche die Fragestunde ab.
Entschuldigung! Ich rufe auf die Frage XII/1 —des Abgeordneten Dr. Mommer —:
Ist die Bundesregierung bereit, die Sender der Deutschen Welle zu verstärken?
Jetzt ist 'der Herr Abgeordnete Mommer nicht da. —
Die Frage übernimmt der Herr Abgeordnete Börner. Zur Beantwortung .der Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Seit der Übernahme der Rundfunksendestelle Jülich im Jahre 1961 hat die Deutsche Bundespost bereits die Anzahl der Sender mit Sendernennleistungen von 100 kW von fünf auf acht erhöht. Dadurch konnte die Deutsche Welle die Programmzeiten von 5790 Minuten pro Tag am 1. September 1961 auf 8400 Minuten pro Tag am 1. Juni 1964 erhöhen. Weitere zwei Sender werden im nächsten und übernächsten Jahr aufgebaut.
Im übrigen ist in Aussicht genommen, der Deutschen Welle bei einer neu zu errichtenden Sendestelle künftig auch Sender größerer Leistung zur Verfügung zu stellen, wenn die Deutsche Welle bereit ist, die Gebühren für die Überlassung solcher Sendeanlagen zu übernehmen.
Eine Zusatzfrage 'des Herrn Abgeordneten Mommer!
Herr Staatssekretär, darf ich Ihrer Antwort entnehmen, daß zwischen dem Bundespostministerium und den Herren der Deutschen Welle volles Einverständnis besteht?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wir stehen in ständigem Kontakt. Es ist selbstverständlich ein Schriftwechsel über die Einzelheiten noch nötig, ebenso Besprechungen über die Einzelheiten der Ausgestaltung.
Zweite Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß es z. B. im Nahen Osten bei der gegenwärtigen Stärke der Sender der „Deutschen Welle" in den meisten Fällen kaum möglich ist, einen klaren Empfang der „Deutschen Welle" zu erhalten?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Über die Empfangsverhältnisse wird in erster Linie die „Deutsche Welle" orientiert sein. Wir sind in großen Zügen unterrichtet, und wir bemühen uns, wie ich schon sagte, durch Verstärkung der Sendeleistung den Bedürfnissen weiterhin in erhöhtem Maße Rechnung zu tragen.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Börner!
Metadaten/Kopzeile:
6186 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, in naher Zukunft über dieses Problem dem Ausschuß für das Post- und Fernmeldewesen einen detaillierten Bericht zu geben?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ja.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Neumann!
Ist Ihnen bekannt, Herr Staatssekretär, daß in einem Ausschuß, dem ich angehört habe, von einem Ihrer Herren gesagt worden ist, daß aus technischen Gründen zwei Jahre vergehen müßten, ehe eine Verstärkung möglich sei. Ist dieser Zeitraum richtig?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Äußerung selbst ist mir nicht bekannt. Zur Sache kann ich bemerken, daß von der deutschen Industrie zur Zeit Kurzwellen-Sender, die 100 kw übersteigen, für uns noch nicht fertiggestellt sind. Wir sind aber im Begriff, eine solche Planung ins Auge zu fassen.
Zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Neumann!
Glauben Sie nicht, daß aus gesamtdeutschen Gründen eine bevorzugte Verstärkung der „Deutschen Welle" notwendig wäre? Ist Ihnen bekannt, daß Königwusterhausen die technischen Probleme durchaus gemeistert hat?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Sicher ist die Verstärkung der Sendeleistung im gesamtdeutschen Interesse durchaus wichtig. Das Bundespostministerium wird im Benehmen mit der „Deutschen Welle" fortgesetzt nach Mitteln suchen, um diese Verstärkung so schnell wie möglich herbeizuführen.
Einen Augenblick, Herr Abgeordneter Sänger. Ich muß jetzt zu dem Geschäftsbereich des Bundesschatzministers zurückkehren. Ich sehe, daß der Herr Bundesschatzminister inzwischen hier eingetroffen ist.
Ich rufe die Frage IX — des Herrn Abgeordneten Ritzel — auf:
Hat das Bundesschatzministerium Kenntnis von Pressemeldungen, wonach ein bundeseigenes Unternehmen dem sogenannten Deutschen Kulturwerk europäischen Geistes des SA-Lyrikers Herbert Böhme erhebliche Geldbeträge zugewandt haben soll?
Zur Beantwortung der Herr Minister.
Dr. Dollinger, Bundesschatzminister: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst darf ich um Entschuldigung bitten, daß ich nicht hier war. Ich hatte von der Verwaltung des Bundestages gestern abend die Auskunft erhalten, daß ich die Frage erst am Freitag beantworten müsse.
Einen Augenblick, Herr Minister! Das Haus hat Ihre Entschuldigung gehört; ich danke Ihnen. Aber Auskünfte irgendeines nachgeordneten Mitarbeiters oder einer nachgeordneten Mitarbeiterin dieses Hauses sind unter gar keinen Umständen verbindlich. Es sind allenfalls Ratschläge, mit denen man auch hereinfallen kann. Dafür haftet auch der Chef der Bundestagsverwaltung nicht.
Dr. Dollinger, Bundesschatzminister: Das sind dann ähnliche Auskünfte wie beim Finanzamt, Herr Präsident.
Die Frage des Herrn Kollegen Ritzel beantworte ich wie folgt: Dem Bundesschatzministerium sind die in der Frage bezeichneten Pressemeldungen bekannt. Das Deutsche Kulturwerk in München hat auf telegraphische Anfrage mitgeteilt, daß ihm eine Spende von bundeseigenen Unternehmen an das Deutsche Kulturwerk unbekannt ist. Ermittlungen, die bei den bundeseigenen Unternehmen aus Anlaß der Pressemitteilungen angestellt worden sind, haben ebenfalls in keinem Fall zu der Feststellung einer Spende an das Deutsche Kulturwerk geführt.
Zusatzfrage!
Wären Sie bereit, Herr Bundesminister, dem Hohen Hause Bericht zu geben, sobald Sie feststellen — was vielleicht noch im Gange sein dürfte —, ob nicht da oder dort eine derartige Zuwendung an den SA-Lyriker Herbert Böhme erfolgt ist?
Dr. Dollinger, Bundesschatzminister: Herr Kollege Ritzel, von Herrn Herbert Böhme habe ich ein Telegramm mit dem Wortlaut: „Spenden von bundeseigenen Unternehmen an das Deutsche Kulturwerk hier unbekannt. Dr. Böhme, Präsident." Sollten in diesem Fragenbereich noch Mitteilungen von bundeseigenen Unternehmen kommen, die mit meiner heutigen Aussage nicht in Einklang stehen, so würde ich selbstverständlich darüber Auskunft erteilen.
Keine weitere Zusatzfrage? — Dann muß ich die Fragestunde abbrechen. Der Rest der Fragen wird am Freitag aufgerufen.Ich rufe auf Punkt 2 der Tagesordnung:Nachwahl von Mitgliedern für das Europäische Parlament.Die Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom 26. Mai 1964 für den aus dem Europäischen Parlament ausgeschiedenen Abgeordneten Herrn Kollegen Birkelbach den Abgeordneten Bading und an Stelle des verstorbenen Abgeordneten Dr. Deist den Abgeordneten Seuffert als Vertreter der Bundesrepublik Deutschland im Europäischen Parlament benannt. Ich frage, ob das Haus mit der Wahl der Abgeordneten Bading und Seuffert einverstanden ist. — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964 6187
Präsident D. Dr. GerstenmaierPunkt 3 der Tagesordnung:Beratung der Sammelübersicht 31 des Ausschusses für Petitionen über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen (Drucksache IV-2275).Wünscht die Frau Vorsitzende bzw. der Herr Berichterstatter das Wort hierzu? — Das ist nicht der Fall. Wird sonst das Wort gewünscht? — Auch das ist nicht der Fall.Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Der Antrag des Ausschusses ist angenommen.Damit kommen wir zu Punkt 4 der Tagesordnung:a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Schlußgesetzes zum Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen ;b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Dorn, Hammersen, Dr. Miessner, Kreitmeyer, Dr. Danz, Schultz, Opitz, Ollesch und Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen ;c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung beamtenrechtlicher und besoldungsrechtlicher Vorschriften ;d) Erste Beratung des von den Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen, Seibert, Gscheidle und Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesbeamtengesetzes (Drucksache IV/2214).Das Wort zur Einbringung hat Herr Bundesinnenminister Höcherl.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit zu den schwierigsten Problemen, die wir beim Aufbau unserer jungen Republik zu bewältigen hatten, gehört die Frage der verdrängten Angehörigen des öffentlichen Dienstes. Dieser sehr große Personenkreis hat seinerzeit nicht nur das Amt und die Versorgung, sondern zum großen Teil auch die Heimat verloren. Das Gesetz zu Art. 131 des Grundgesetzes, das vor dreizehn Jahren erlassen worden ist, hat die vielgestaltigen Rechtsverhältnisse dieser Personen geregelt. Besonders schwierig war die Unterbringung der zahlreichen amtsverdrängten Personen.Durch das im Jahre 1961 vom Deutschen Bundestag verabschiedete Dritte Änderungsgesetz ist es gelungen, die Unterbringung abzuschließen. Überhaupt bin ich der Meinung, daß — wie schon aus dem Schriftlichen Bericht des Bundestagsausschusses für Inneres zum Dritten Änderungsgesetz hervorgeht — die entscheidenden Probleme in weitem Umfangdurch das Dritte Änderungsgesetz gelöst worden sind.Die Bundesregierung legt Ihnen nunmehr den Entwurf eines Schlußgesetzes zu der 131er-Gesetzgebung vor. Dieses Schlußgesetz soll nach der Absicht der Bundesregierung, die vom Bundesrat bestätigt worden ist, die Probleme lösen und die Härten beseitigen, die im Dritten Änderungsgesetz nicht mehr behandelt werden konnten. Soweit im Schlußgesetzentwurf verständliche und begreifliche Wünsche der Betroffenen nicht erfüllt werden konnten, möchte ich sagen, daß wir alle dem Gesetz des Möglichen, vor allen Dingen des finanziell Möglichen unterliegen. Immerhin darf ich feststellen, daß der Bund in den vergangenen dreizehn Jahren für den durch das Gesetz zu Art. 131 betroffenen Personenkreis insgesamt mehr als 17 Milliarden DM aufgewendet hat und daß allein in diesem Haushalt mehr als 2 Milliarden DM für diesen Personenkreis vorgesehen sind. Darüber hinaus sieht der vorliegende Entwurf weitere erhebliche Leistungen des Bundes ab 1965 vor.Ich darf im Rahmen der ersten Lesung, die sich ja nur mit den entscheidenden und leitenden Gesichtspunkten zu befassen hat, drei der wichtigsten Verbesserungen herausgreifen und kurz skizzieren.1. Den Personen, die den vorgeschriebenen Stichtag für den Zuzug in das Bundesgebiet, nämlich den 31. Dezember 1952, erfüllen, sollen auch solche Personen gleichgestellt werden, die bis zum 31. Dezember 1961 aus der sowjetischen Besatzungszone im Wege eines Notaufnahmeverfahrens ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik genommen haben.2. Die Zeit der Kriegsgefangenschaft und die sogenannte amtlose Zeit bis zum 31. März 1951 sollen als Dienstzeit im Sinne des Besoldungsrechts angerechnet werden.3. Die Vorschrift, daß Berufssoldaten der früheren Wehrmacht und berufsmäßige Arbeitsdienstführer — von den Ausnahmen einmal abgesehen — keine Rechte nach dem 131 er-Gesetz haben, wenn sie nach dem 8. Mai 1935 erstmals in den öffentlichen Dienst eingetreten sind, soll nunmehr entfallen.Diese Konzeption des Gesetzentwurfs, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist vom Bundesrat gebilligt worden. Ich darf der Hoffnung Ausdruck geben, daß die Beratung des Gesetzentwurfs auch in diesem Hause zu einem guten Ergebnis führt.Die Beratungen in diesem Hause werden Gelegenheit geben, auch zu dem von der Fraktion der Freien Demokratischen Partei eingebrachten Entwurf eines Vierten Änderungsgesetzes zum 131erGesetz mit Stellung zu nehmen. Ich möchte jedoch schon hier feststellen, daß der Entwurf der FDP erheblich über das hinausgeht, was die Bundesregierung in ihrem Entwurf vorsehen konnte. Diese weitergehenden Änderungswünsche des Initiativentwurfs sind aus wohlabgewogenen Rechtsgründen, aus politischen Gründen und im Hinblick auf die angespannte Haushaltslage nicht in den Regierungsentwurf aufgenommen worden. Vor allem hat sich die Bundesregireung strenger an die finanzpolitische Ordnung gehalten als der FDP-Entwurf.
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6188 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964
Bundesminister HöcherlDer Deutsche Bundestag wird zu entscheiden haben, welche Änderungen Gesetz werden sollen.Bei der Gesamtbeurteilung des Problems darf im übrigen nicht außer acht gelassen werden, daß auch der Regierungsentwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung beamtenrechtlicher und besoldungsrechtlicher Vorschriften, der anschließend in erster Lesung beraten werden soll, beträchtliche Leistungen gerade für diesen Personenkreis vorsieht. Insbesondere kommt die vorgesehene strukturelle Überleitung der Versorgungsempfänger des Bundes ganz überwiegend diesem Personenkreis zugute.Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will meine Ausführungen nicht schließen, ohne hier auch die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes zu erwähnen. Wie ich bereits in der Fragestunde vom 26. Mai ausführen konnte, wird sichergestellt, daß Verbesserungen nach den Novellierungsvorschlägen zum Bundesentschädigungsgesetz und zum Gesetz zu Art. 131 des Grundgesetzes gleichzeitig auch den geschädigten Angehörigen des öffentlichen Dienstes zugute kommen und zugute kommen müssen.In diesem Sinne, meine sehr verehrten Damen und Herren, darf ich Sie bitten, die Beratungen energisch in Angriff zu nehmen und so bald wie möglich einem guten Abschluß zuzuführen.
Zur Begründung des unter Tagesordnungspunkt 4 b genannten, von der FDP eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen — Drucksache IV/1863 — hat das Wort der Herr Abgeordnete Dorn.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin leider nicht in der glücklichen Lage, es ganz so kurz machen zu können wie der Herr Bundesinnenminister. Denn Sie werden mit Sicherheit von uns erwarten, daß wir auch ein paar Worte dazu sagen, warum unsere Fraktion hier nunmehr einen eigenen Initiativ-gesetzentwurf einbringt.Herr Bundesminister, Sie haben gesagt, aus dreierlei Gründen sei die Bundesregierung nicht in der Lage, unseren Gesetzentwurf so zu akzeptieren. Sie haben Rechtsgründe, politische Gründe und finanzielle Gründe angeführt. Lassen Sie mich dazu sagen, eben hinsichtlich der Rechtsgründe und der politischen Gründe unterscheiden wir uns von der Bundesregierung in dieser Fragestellung sehr klar. Einer der Gründe dafür, daß wir einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht haben, war Ihre unterschiedliche Auffassung zu der Ansicht, die unsere Fraktion seit jeher in diesem Hause vertreten hat. Zu den finanziellen Gründen werde ich zum Schluß der Begründung dieses Gesetzentwurfs einiges sagen.Die Regierungsvorlage ist als Schlußgesetz bezeichnet und auch von dem Herrn Bundesinnenminister ausdrücklich so angekündigt worden. Wirsind auch für ein Schlußgesetz — das soll hier in aller Offenheit gesagt werden , aber es muß dann ein Schlußgesetz sein, das es auch uns ermöglicht, ihm unsere Zustimmung zu geben, und das nicht so viele Probleme offenläßt; viele Dinge sind in dem Schlußgesetz der Bundesregierung aus rechtspolitischen und politischen Gründen völlig unzureichend geregelt worden.
Wenn man aber weiß, daß noch viele wichtige Fragen unbeantwortet und viele Probleme nach wie vor ungelöst sind, sollte man nicht von einem Schlußgesetz in dieser Angelegenheit sprechen.Die Verfassungsbestimmung des Art. 131 unseres Grundgesetzes gilt in erster Linie dem Parlament als Auftrag, aber auch die Bundesregierung sollte sich diesem Auftrag verpflichtet fühlen. Darum ist es uns nicht ganz verständlich, daß uns nunmehr ein Abschlußgesetz vorgelegt wird, das diesem Verfassungsauftrag in seiner Konsequenz und unseren rechtlichen und politischen Vorstellungen nicht Rechnung trägt.Der Arbeitskreis „Innenpolitik" der Bundestagsfraktion der Freien Demokraten hat im Herbst 1963 einen Initiativgesetzentwurf erarbeitet, der von unserer Fraktion am 24. Januar dieses Jahres dem Deutschen Bundestag zugeleitet wurde. Wir wissen sehr wohl, daß auch in unserem Gesetzentwurf manche Vorstellungen der Verbände — auch von uns in der Sache anerkannte Forderungen — nicht enthalten sind. Es kommt uns aber in erster Linie darauf an, —
— Doch, es sind eine ganze Reihe von Forderungen von uns nicht aufgenommen worden. Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, ich darf Ihnen sagen, daß wir schon im Herbst des vergangenen Jahres 'in einer Abstimmung mit dem Bundesfinanzminister uns einmal von ihm haben ausrechnen lassen, was die anderen Dinge noch kosten würden, und daß sich ergeben hat, daß — gegenüber den Vorstellungen der Verbände — ein Viertel derjenigen 'Forderungen im 'finanziellen Bereich von uns aufgenommen worden sind, die in dem „grünen" Bericht vorgesehen sind. Allein daraus mögen Sie erkennen, daß auch wir sehr sorgfältig abgewogen haben, was vertretbar und was erreichbar ist und was eben in einer späteren Schiußgesetzgebung noch geregelt werden muß.
— Entschuldigen Sie, ich bin zu der Zeit, als der Art. 131 so in unsere Verfassung hineingenommen wurde, nicht Mitglied des Parlamentarischen Rates gewesen; ich nehme aber den Auftrag, den uns die Väter des Grundgesetzes damals gegeben haben, sehr ernst.Es 'kommt uns in erster Linie darauf an — um in der Begründung fortzufahren —, die Schwerpunkte und die wichtigsten Fragen zu regeln bzw. zu lösen.Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonne Donnerstag, den 4. Juni 1964 6189DornLassen Sie mich deswegen gleich zu der Regierungsvorlage ein Wort sagen; dann erspare ich mir heute einen zweiten Gang zum Rednerpult. Herr Bundesminister, Sie haben drei wichtige Verbesserungen vorgetragen, die auch von uns anerkannt und akzeptiert worden sind, aber Sie haben leider kein Wort zu den erheblichen Verschlechterungen gesagt, die gegenüber der jetzigen Regelung der 131er-Gesetzgebung auch in der Regierungsvorlage enthalten sind. Deswegen sollte man auch dazu gleich ein Wort sagen.Der letzte Bundestag beschloß bei den Beratungen über die Dritte Novelle des ,Gesetzes zu Art. 131, daß mit Wirkung vom 1. Januar 1966 die Sondervorschrift über die Anrechnung privaten Einkommens auf die Versorgungsbezüge ,für 131er wegfallen und insoweit die allgemeinen versorgungsrechtlichen Bestimmungen angewandt werden sollten. Demgegenüber sieht der vorliegende Regierungsentwurf die Aufhebung dieses Beschlusses des Deutschen Bundestages vor. Wir Freien Demokraten lehnen ein solches Ansinnen — unabhängig von den sachlichen Fragen — schon allein deshalb ab, weil der Gesetzgelber sich durch eine solche Handlung heute unglaubwürdig machen müßte.Wir sind der Meinung, daß zwei Probleme, die über unseren Gesetzentwurf hinausgehen und darin nicht berücksichtigt worden sind, ebenfalls während der Ausschußberatungen noch mit erörtert werden müssen. Dabei geht es in erster Linie um die Anerkennung der Anrechnungszeiten der Berufsunteroffiziere. Hier sollte die Zehnjahresgrenze in den Sachberatungen unbedingt erreicht werden.
— Entschuldigen Sie, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, jede Fraktion dieses Bundestages darf das Recht für sich in Anspruch nehmen, aus Erfahrungen zu lernen.Darüber hinaus muß nach unserer Meinung auch endlich die Anlage A komplettiert werden.Bei der Begründung unseres Gesetzentwurfs gehen wir daher zwangsläufig von einer anderen Konzeption aus, als die Bundesregierung sie hier für ihren Gesetzentwurf vorgetragen hat. Ich darf an dieser Stelle sagen, daß wir schon seit dem Oktober des vergangenen Jahres die finanziellen Auswirkungen unserer Forderungen und Vorstellungen mit dem Finanzministerium abgestimmt haben. Der Bundesfinanzminister ist natürlich wie jeder Finanzminister nicht erfreut darüber, wenn über eine Regierungsvorlage hinaus Mehraufwendungen von irgendeiner Fraktion oder von Abgeordneten dieses Hauses verlangt werden. Aber wir sind der Meinung, daß hier insgesamt nicht mehr Ausgaben unter dem Strich erforderlich sind. Vielmehr werden wir wie bei der Beseitigung des Zweistufenplans bei der Kriegsopferversorgung den Ehrgeiz haben, die Mehrausgaben, die durch unseren Entwurf entstehen werden, an anderer Stelle einsparen zu helfen.Lassen Sie mich nun einiges zu unseren Änderungsvorschlägen bemerken. Ich möchte nur zur Sachdiskussion beitragen, aber nicht auf alle Einzelfragen eingehen.Mit Nr. 1 a ist beabsichtigt, den jetzt im Gesetz verwandten recht unbestimmten Begriff der „sonstigen Einrichtung" etwas zu präzisieren. Die Fassung soll außerdem dem Umstand Rechnung tragen, daß häufig von den Gebietskörperschaften zur Erfüllung ihrer Aufgaben, insbesondere kultureller oder versorgungsmäßiger Art, Einrichtungen geschaffen wurden, die meist aus steuerlichen oder aus haushaltsrechtlichen Gründen in privatrechtlicher Rechtsform gebildet wurden, deren gesamtes Kapital sich jedoch in öffentlicher Hand befand und deren Bedienstete nach den gleichen personalpolitischen Gesichtspunkten behandelt wurden wie die unmittelbaren Bediensteten der Körperschaft. Dies muß nach unserer Auffassung das Kriterium für die Aufnahme einer Einrichtung in die Anlage A des Gesetzes sein.Nr. 1 b enthält einerseits eine Klarstellung für diejenigen Fälle, in denen Zweifel bestehen können, ob eine Volkstumsorganistion in den Vertreibungsgebieten den Rechtscharakter eines „Verbandes" im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 3 erfüllt, und enthält andererseits eine notwendige Ergänzung, die den besonderen Verhältnissen der Heimatvertriebenen in ihrem fremden Heimatstaat gerecht werden soll, wo der Aufgabenkreis einer Einrichtung im Reichsgebiet nicht gegeben war, aber, wenn er gegeben gewesen wäre, demjenigen einer Nichtgebietskörperschaft gleichzuachten gewesen wäre.In den Ziffern 2 a und b wird eine unter rechtsstaatlichen Gesichtpunkten unabweisbare Korrektur rechtswidriger früherer Spruchkammerentscheidungen erstrebt. Es ist bekannt, daß in einer Reihe von Fällen im Entnazifizierungsverfahren von den Spruchkammern Strafen verhängt worden sind, die nach dem Befreiungsgesetz und den sonstigen einschlägigen Vorschriften nicht zulässig waren, z. B. Aberkennung der Beamtenrechte oder der Versorgung bei Mitläufern der Kategorie IV u. a. Die Gerichte haben sich in diesen Fällen fast einhellig auf den Standpunkt gestellt, daß nach dem Abschluß der Entnazifizierungsgesetzgebung eine Korrektur dieser fehlerhaften Urteile durch die Gerichte selbst nicht mehr vorgenommen werden kann. Es ist jedoch für einen Rechtsstaat ein unglücklicher Zustand, wenn eindeutig gesetzwidrige Maßnahmen aus rein formellen Gründen weiterhin ihre nachteiligen Wirkungen behalten sollen.Bei Ziffer 2 c soll dem allgemeinen Rechtsgrundsatz Rechnung getragen werden, daß Rechtsminderungen grundsätzlich nur bei Vorliegen einer persönlichen Schuld eintreten dürfen.In Ziffer 3 unseres Antrages beziehen wir uns auf den sogenannten Wohnsitzstichtag. Wir sind der Auffassung, daß in § 4 Abs. 1 Nr. 1 der Stichtag selbst auf den 31. Dezember 1961 verlegt werden sollte. Wir sind auch der Meinung, daß es eine unnötige Verwaltungsarbeit bedeuten würde, wenn man für diejenigen Personen, die nach dem 31. Dezember 1952 zugezogen sind, erst wieder ein Gleich-6190,Metadaten/Kopzeile:
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Dornstellungsverfahren durchführen müßte. Bei Vorliegen der Familienzusammenführung sollte der gewährte Versorgungsbezug in der vollen Höhe des sonst zustehenden Ruhegehaltes gewährt werden. Die gegenwärtige Kürzung wird von diesen regelmäßig in hohem Alter stehenden Personen nicht verstanden und ist im übrigen nach einer Stichtagverlegung auch ohne jede finanzielle Bedeutung.Ziffer 5 unseres Antrages bezweckt eine zeitliche Begrenzung der Maßnahmen nach § 7 des Gesetzes. Es ist nach unserer Auffassung mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht zu vereinbaren, daß ein 131 er auf unbegrenzte Zeit hinaus — nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bis an sein Lebensende und darüber hinaus seine Hinterbliebenen — ständig der Unsicherheit ausgesetzt ist, plötzlich durch einen Bescheid der Behörde seine gesamte Existenzgrundlage zu verlieren. Der vom Bundesverwaltungsgericht herausgearbeitete Grundsatz des Vertrauensschutzes bietet dem Betroffenen keinerlei hinreichenden Schutz, da dieser Gesichtspunkt erst nach fünf bis sechs Jahren zum Tragen kommt. Wenn nämlich die Behörde den Bescheid erläßt, ist der Betroffene auf den Prozeßzwang angewiesen; und erfahrungsgemäß dauert es fünf bis sechs Jahre, bis ein solcher Prozeß alle drei Instanzen durchlaufen hat. Dann nützt es in der Regel nichts mehr, wenn der Bescheid der Behörde vom Bundesverwaltungsgericht aufgehoben wird. Außerdem muß bei einer ordnungsgemäß funktionierenden Verwaltung vorausgesetzt werden, daß nach nunmehr fast dreizehn Jahren seit der Verkündung des Gesetzes zu Art. 131 die politisch anfechtbaren Fälle erledigt worden sind, es sei denn, es wird neues Material bekannt, über das man dann erneut verhandeln muß.Mit Ziffer 6 soll auch auf dem Sektor des öffentlichen Dienstes der Tatsache Rechnung getragen werden, daß die Entnazifizierung allgemein abgeschlossen ist und die früher verhängten Einschränkungen aufgehoben sind. Die Verwirklichung von Sühnemaßnahmen nur gegen Angehörige des öffentlichen Dienstes nach dem allgemeinen Abschluß der Entnazifizierung erscheint uns nicht tragbar.Ziffer 7 unseres Antrages soll klarstellen, daß Zeiten der Kriegsgefangenschaft oder des Gewahrsams, die begrifflich zusammengehören, so gewertet und anerkannt werden, wie es auch vom Bundesinnenminister hier vorhin vorgetragen worden ist.In Ziffer 8 wird eine Konsequenz aus der soeben behandelten Ziffer 7 gezogen.Ziffer 9 des Antrages bezweckt die Streichung des sogenannten Beförderungsschnitts. Diese Streichung hat seit ,der dritten Novelle keine nennenswerten finanziellen Auswirkungen mehr. Sie erscheint uns aber aus grundsätzlichen Erwägungen um so mehr geboten, als das Bundesverfassungsgericht bekanntlich für den Bereich des Bundesbeamtengesetzes die entsprechende Vorschrift des .damaligen § 110 des Bundesbeamtengesetzes für verfassungswidrig erklärt hat und in § 78 des Gesetzes zu Art. 131 bestimmt ist, daß die versorgungsrechtlichen Grundlagen des Gesetzes zu Art. 131 dem Bundesbeamtengesetz anzupassen sind.Nach Ziffer 10 a soll die einheitliche Behandlung aller Personen geregelt werden, die in Gebieten außerhalb des Deutschen Reiches in seinen Grenzen vom 31. Dezember 1937 im öffentlichen Dienst standen und bei der Eingliederung von Gebieten in das Deutsche Reich oder als Vertriebene oder Umsiedler nicht entsprechend im deutschen öffentlichen Dienst wiederverwendet worden sind. Sie sollen so behandelt werden, wie wenn sie in der Rechtsstellung verblieben wären, die sie früher in ihrem Heimatstaat gehabt haben. Bei Vertriebenen und Umsiedlern wird bereits jetzt in dieser Form verfahren.Darüber hinaus soll nach Ziffer 10 b ,den früheren sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften der in Betracht kommenden fremden Staaten besser Rechnung getragen werden, in denen die Dienstzeiten, auf ,die keine Rente mehr entfallen konnte, bei der Versorgung voll angerechnet wurden. Auch die Vorschrift des § 18 Abs. 3 des Fremdrentengesetzes zwingt zur vollen Anrechnung 'der in Betracht kommenden Zeiten.Ziffer 11 b unseres Antrags enthält eine notwendige Ergänzung des jetzigen Satzes 3 des § 35 Abs. 3, und mit unserem Antrag unter Ziffer 11 c wollen wir einer Sondensituation der Berliner Eisenbahner gerecht werden. Durch das Potsdamer Abkommen wurde die Betriebsführung der Eisenbahn in Westberlin der Deutschen Reichsbahn in Ostberlin übertragen. Die Westberliner Eisenbahner waren also zwar formell bei einer Behörde außerhalb des Bundesgebietes beschäftigt, leisteten ihren Dienst jedoch auf Dienstposten in Berlin-West und zum Nutzen von Westberlin. Es erscheint deshalb angemessen, diesen Personenkreis, soweit er bei einem Amtsverlust unter das Gesetz zu Art. 131 des Grundgesetzes fällt, nach dem Rechtsstand im Zeitpunkt des Amtsverlustes 2u behandeln.Mit unserem .Antrag unter Ziffer 13 wollen wir dem Umstand Rechnung tragen, daß das Reichstarifrecht nicht für alle Verwaltungen und Betriebe einheitlich am 1. April 1938 in Kraft getreten ist, sondern teilweise zu einem späteren Zeitpunkt.Mit 'der Ziffer 16 ziehen wir für die Angestellten und Arbeiter hinsichtlich der sogenannten amtlosen Zeit die Konsequenzen aus der versorgungsrechtlichen Behandlung dieser Zeit bei den Beamten und Berufssoldaten. Wird bei diesem Personenkreis die amtlose Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum 31. März 1951 in vollem Umfang versorgungsrechtlich berücksichtigt, d. h. sowohl beim Besoldungsdienstalter als auch für den Ruhegehaltssatz, ,so muß auch bei den Angestellten und Arbeitern eine entsprechende Berücksichtigung dieser Zeit für ihre Altersversorgung erfolgen. Das ist ein Gebot der Gerechtigkeit und gleicher Behandlung aller Staatsdiener. Für die Angestellten und Arbeiter muß entsprechend der Natur ihres Dienstverhältnisses diese Berücksichtigung durch eine entsprechende Nachversicherung erfolgen.Die Ziffer 17 a unseres Antrags enthält die Streichung des sogenannten Eintrittsstichtages für die früheren Berufssoldaten. Dieser in seiner Begründung und im System des Gesetzes zu Art. 131 zwei-
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Dornfelhafte Stichtag hat zu erheblichen Härten geführt, die beseitigt werden müssen. Darüber hinaus muß klargestellt werden, daß die Berufssoldaten, die nach der jetzigen Regelung des § 53 Abs. 3 bereits versorgungsrechtlich wie Militäranwärter behandelt werden, auch statusrechtlich als solche, d. h. im Rahmen des Gesetzes zu Art. 131 als Beamte auf Lebenszeit behandelt werden.Weiter ist zu berücksichtigen, daß der weitaus größte Teil der ehemaligen Berufsunteroffiziere infolge der kriegsbedingten Schließung der Wehrmachtsfachschulen bis zum 8. Mai 1945 keine normale Wehrmachtfachschulprüfung ablegen konnte. Deshalb sollen die nach verschiedenen Lehrgängen abgelegten Ersatzabschlußprüfungen entsprechend gewertet werden.Durch die von uns unter Ziffer 17 f beantragte Änderung wird die Einlösung eines Versprechens erreicht, das von den Vertretern aller drei Fraktionen des Deutschen Bundestages bereits bei Verabschiedung der zweiten Novelle gegeben worden ist, nämlich die Gleichstellung der Waffen-SS mit der früheren Wehrmacht im Bereich des Gesetzes zu Art. 131.Mit dem Antrag unter Ziffer 18 a wollen wir die Behandlung der ehemaligen Berufsoffiziere des Truppensonderdienstes nach ihrem am 8. Mai 1945 innegehabten Rechtsstatus erreichen, wie dies bei allen anderen Personengruppen des Gesetzes zu Art. 131 ebenfalls geschieht.Mit unserem Antrag unter Ziffer 21 soll eine elastischere Fassung des § 56 Abs. 3 erreicht werden, wodurch Härten insbesondere für die Berliner Verhältnisse beseitigt werden sollen, die sich aus dem Dienststellen- und Kassenprinzip ergeben haben.Ziffer 23 unseres Antrages erscheint unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung gleicher Tatbestände notwendig. Während die Bediensteten bestimmter Einrichtungen privatrechtlicher Art außerhalb des Bundesgebietes, z. B. kommunaler Versorgungs- oder Verkehrsunternehmen, durch Aufnahme dieser Einrichtungen in die Anlage A zum Gesetz zu Art. 131 in den Personenkreis dieses Gesetzes einbezogen werden können und in vielen Fällen auch einbezogen worden sind, ist dies bei den Bediensteten entsprechender Einrichtungen im Bundesgebiet nicht möglich. Eine Aufnahme dieser „einheimischen" Einrichtungen in die Anlage A ist daher nach unserer Auffassung erforderlich.Darüber hinaus wollen wir unter Ziffer 26 einige Härten in Spezialverwaltungen — Reichswetterdienst usw. — ausgleichen, die sich durch besondere Laufbahnverhältnisse für einen bestimmten begrenzten Personenkreis ergeben haben.Lassen Sie mich einige Schlußbemerkungen machen. Die sogenannten versorgungsberechtigten Angestellten — § 52 — teilen mit den an der Unterbringung teilnehmenden Berufsunteroffizieren das Schicksal, daß sie nur im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit entsprechend wiederverwendet werden können, andererseits aber in den meisten Fällen die laufbahnmäßigen Voraussetzungen hierfür nicht erfüllen. Es erscheint daher angemessen, die für die Berufsunteroffiziere vorgesehenen Maßnahmen auf diese Angestellten auszudehnen. Die Unterbringung der Berufsunteroffiziere war seit Beginn ein besonders schwieriges Problem, das am Anfang nur sehr unvollkommen gelöst worden ist. Auch die Verbesserungen durch die dritte Novelle reichen nach unserer Überzeugung nicht aus, um die Belange dieses Personenkreises nunmehr anzuerkennen.Wir haben darüber hinaus mit einer Reihe von Forderungen die notwendigen Konsequenzen aus einer Entscheidung gezogen, die das Bundesverfassungsgericht am 7. Mai 1963 getroffen hat. Auch hier ist festgestellt, daß der bis zum 30. August 1957 verfügte Ausschluß aus der Versorgung für diejenigen am 8. Mai vorhandenen Versorgungsempfänger aus dem Kreis der früheren Berufssoldaten, die den sogenannten Eintrittsstichtag nicht erfüllen, verfassungswidrig war. Wir sehen deshalb eine entsprechende Behandlung dieses Personenkreises vor.Wir bitten Sie, unseren Antrag dem Innenausschuß mitzuüberweisen. Wir möchten aber auch an dieser Stelle noch einmal die Frage aufwerfen, ob es nicht doch zweckmäßig ist, da der Innenausschuß nach dem letzten Gespräch, das die Vertreter der sozialdemokratischen Fraktion mit dem Herrn Bundeskanzler hatten, nunmehr die Notstandsgesetzgebung intensiv beraten will, einen Beamtenrechtsausschuß zu bilden, der diese Fragen zügiger behandeln kann und mit Sicherheit noch bis zum Ende der Legislaturperiode verabschieden wird.
Herr Kollege Dorn, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen?
Bitte schön.
Herr Kollege Dorn, Ihre Fraktion war in der letzten Sitzung leider nicht vertreten. Aber wir haben die Gelegenheit benutzt und einen Unterausschuß gebildet, der gerade diese Vorlage zügig beraten soll. Ich nehme an, daß Sie damit sehr einverstanden sind.
Das weiß ich nicht, Herr Schmitt-Vockenhausen. Wir sind in dieser Frage in der Sache immer etwas anderer Meinung gewesen. Sie haben für eine Arbeitsgruppe oder für einen Unterausschuß plädiert,
während wir der Meinung sind, daß die jetzt in diesem Hause anstehenden Gesetzentwürfe, die nicht nur das 131er-Gesetz, sondern auch andere beamtenrechtliche und besoldungsrechtliche Fragen betreffen und die in den nächsten Wochen und Monaten entschieden werden müssen, besser in einem Beamtenrechtsausschuß behandelt würden.
— Entschuldigen Sie bitte, Herr Kollege Matzner,wir haben in dieser Frage von Anfang an differen-
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Dornzierte Auffassungen gehabt. Wir können Sie — das sehe ich ein — nicht überzeugen. Wir sind allein nicht stark genug, um das in diesem Hause zu erreichen. Da das eben nicht möglich sein wird, müssen wir uns leider mit dem Unterausschuß begnügen. Das werden wir einsehen müssen. Von der Sache her wäre eine andere Lösung besser. Wir hoffen aber, daß es uns gelingt, eine gute Lösung des 131er-Problems noch in dieser Legislaturperiode zu finden, und werden uns, wenn es nicht anders möglich ist, auch in diesem Unterausschuß dafür einsetzen, daß die erforderlichen Regelungen nunmehr verabschiedet werden.
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie haben die von Herrn Kollegen Höcherl vorgetragene Begründung zu dem von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Schlußgesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen gehört. Herr Kollege Dorn hat den Initiativgesetzentwurf der FDP-Fraktion ebenfalls ausführlich begründet. Der Entwurf der Fraktion der FDP bringt weitergehende Änderungen und Ergänzungen des 131 er-Rechts als der Gesetzentwurf der Bundesregierung.
Meine Damen und Herren, als Bundesminister der Finanzen muß ich diesem Initiativgesetzentwurf der FDP allerschwerste Bedenken entgegensetzen.
Die Bundesregierung ist nicht in der Lage, diesen Gesetzentwurf zu befürworten. Ersparen Sie es mir bitte, auf die Wertigkeit der in diesem Antrag enthaltenen Wünsche und Forderungen im einzelnen einzugehen.
Die Bundesregierung hat bisher im Rahmen der Gesetzgebung zu Art. 131 des Grundgesetzes das äußerste getan, das unter sorgfältiger Abwägung finanzieller Möglichkeiten des Bundes getan werden konnte. Die Bundesregierung hat nunmehr, urn endlich einen Schlußstrich zu ziehen, trotz erheblicher Bedenken — das möchte ich betonen — mit ihrem vorliegenden Gesetzentwurf für das Haushaltsjahr 1965 zusätzliche Mittel in Höhe von rund 215 Millionen DM ausgeworfen. Die Mehrkosten für Bundesbahn, Bundespost und für die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung werden sich auf weitere 60 Millionen DM belaufen.
Dazu kommt, daß in dem heute zur ersten Beratung anstehenden Entwurf zur Änderung beamtenrechtlicher und besoldungsrechtlicher Vorschriften Vorschläge enthalten sind, die im wesentlichen auch dem unter Art. 13.1 des Grundgesetzes fallenden Personenkreis zugute kommen werden, worauf Herr Kollege Höcherl bereits hingewiesen hat. Die Annahme der Vorschläge, die in dem Antrag der Fraktion der FDP enthalten sind, würde aber darüber
hinaus zusätzliche Mehrkosten für den Bundeshaushalt in Höhe von rund 430 Millionen DM verursachen.
Wenn Herr Kollege Dorn sagt, daß noch weiter gehende Forderungen der Verbände von der FDP nicht berücksichtigt worden sind — noch weiter gehende Forderungen, die man, ich weiß es nicht mehr aus dem Kopf, mit 150 oder 250 Millionen DM beziffern könnte —,
dann kann ich ihm nur sagen: Es ist keine Begründung, wenn man sagt: „Es hätte ja auch noch schlimmer kommen können."
Meine Damen und Herren, ich muß Ihnen hier namens der Bundesregierung erklären, daß diese Mittel nicht vorhanden sind. Im Interesse der Aufrechterhaltung der Kaufkraft unserer Mark und der Stabilität in der Wirtschaft hat die Bundesregierung, wie Sie gelesen haben, beschlossen, den Ausgabenzuwachs für den Bundeshaushalt 1965 auf 3,6 Milliarden DM zu. begrenzen. Aus den danach verfügbaren Mehreinnahmen von 3,6 Milliarden DM sind Mehrausgaben von 3,8 Milliarden zu decken, die sich zwingend aus gesetzlichen Vorschriften, die von Ihnen beschlossen worden sind, ergeben. Daneben kommen weitere Ausgaben hinzu, die der Abwicklung rechtlicher Verpflichtungen dienen — ich brauche nur den Sozialetat als Beispiel zu erwähnen — oder die aus politischen Gründen unabweisbar sind. Für diese Ausgaben rechne ich mit etwa 1,5 Milliarden DM. In diesen Mehrbedarf von 1,5 Milliarden DM habe ich die Kosten der Regierungsvorlage des Schlußgesetzes zu Art. 131 mit 215 Millionen DM aufgenommen. 3,8 Milliarden plus 1,5 Milliarden sind 5,3 Milliarden DM. Wenn diesem Mehrbedarf nur 3,6 Milliarden DM Mehreinnahmen gegenüberstehen, ergibt sich eine Deckungslücke von 1,7 Milliarden DM, selbst dann, wenn alle Ansätze der Haushaltspläne auf dem Vorjahrsansatz festgebunden werden. In Höhe dieser Deckungslücke werden wir also die Anforderungen der Ressorts kürzen müssen, wenn wir diese Stabilitätsforderungen, denen alle Damen und Herren dieses Hauses zustimmen werden, erfüllen wollen.
Bei dieser aus konjunkturpolitischen Erwägungen sich herleitenden ernsten finanziellen Situation muß ich das Hohe Haus bitten, bei der Behandlung des Antrags der Fraktion der FDP im Ausschuß das zu würdigen, was ich hier vorgetragen habe.
Vizepräsident Dr. Dehler Herr Minister, gestatten Sie eine Frage?
Herr Minister, damit in der Öffentlichkeit keine Meinungsverschiedenheiten entstehen, erlaube ich mir zwei Fragen an Sie,
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Schmitt-VockenhausenDer Herr Kollege Dorn hat vorhin gesagt, diese Mehranforderungen seiner Partei seien mit Ihrem Hause abgestimmt worden. Ich wäre Ihnen für eine Auskunft dankbar.Er hat weiter gesagt, man werde sich im Benehmen mit dem Bundesfinanzministerium um Einsparungen an anderer Stelle bemühen. Ich wäre Ihnen auch für ein klärendes Wort hierzu sehr dankbar.
Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, ich glaube, Sie haben Herrn Kollegen Dorn mißverstanden.
— Ich glaube das. Ich habe sehr genau zugehört. Herr Kollege Dorn hat gesagt, er habe mit unserem Hause einmal die Kosten des nun eingereichten FDP-Entwurfs und die Kosten 'der Mehrforderungen der Verbände abgestimmt. Daher kam er auf das eine Viertel „Einsparung" — in Anführungsstrichen —, das heißt also das Viertel mehr noch, 'was nicht in den Entwurf aufgenommen worden ist. Das ist abgestimmt worden, dazu haben wir Hilfe geleistet.
— Die Berechnungen waren abgestimmt.
Nun 'zu der zweiten Frage nach den Einsparungen an anderer Stelle. Meine Damen und Herren, darf ich ,Sie als Antwort auf die Frage des Herrn Schmitt-Vockenhausen einmal an die Auseinandersetzungen in den Ausschüssen in diesem Hohen Hause erinnern, die bei der Aufstockung der Kriegsopferversorgung stattgefunden haben. Damals war man anfänglich im Ausschuß der Meinung, man werde für diese Mehrausgaben in einer Sitzung im Etat eine Deckung finden. Nachher hat man sehr lange Zeit gebraucht, um etwas zu finden. Man hat 94 oder 96 Positionen kürzen müssen — wobei man bis zu Beträgen gegangen .ist, die unter einer Million lagen —, um die Aufwendungen abzudecken.
Ich halte es für irreal, zu glauben, daß es in unserer augenblicklichen 'Haushaltssituation möglich sein wird, einen Mehrbetrag von rund 430 bis 450 Millionen DM an anderer Stelle einzusparen. Sie müssen sich einmal die 'Zahlen vor Augen halten, die ich im Interesse der Stabilität kürzen muß und — ich habe das vorhin bei meinen Ausführungen nicht extra erwähnt — in Erfüllung der Verpflichtung, die die Bundesrepublik Deutschland innerhalb der EWG übernommen hat, das Haushaltsvolumen nicht noch weiter zu erhöhen. Sie wissen, daß die Empfehlung der Kommission, der wir alle zugestimmt halben, bei 5% liegt. Wenn wir heute mit 63,9 Milliarden DM gegenüber 60,3 Milliarden DM rechnen, sind wir schon bei 6 % angekommen. Das kann ich gegenüber der EWG verantworten, weil in diesem Betrag von 63,9 Milliarden DM Ausgaben enthalten sind, .die konjunkturneutral sind; ich denke hier an die Abdeckung der Nachkriegswirtschaftshilfe, an die Raten, .die an die Bundesbank zurückgezahlt werden, und letzten Endes auch an Auslandskäufe, die die Konjunktur bei uns nicht anheizen. Deshalb bin ich — so habe ich es auch in Brüssel vertreten — über
die 5% auf rund 6 % hinausgegangen. So kommen wir zu 63,9 Milliarden DM. Diese Zahl erfordert aber nun gewaltige Kürzungen. Wenn Sie das einhalten wollen und wenn Sie die Aufblähung des Haushalts vermeiden wollen, halte ich es für ausgeschlossen — und damit möchte ich Ihre Frage beantworten, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen —, daß Sie noch zusätzlich eine halbe Milliarde DM finden können.
Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen möchte eine weitere Frage stellen.
Herr Minister, sind Sie bereit, schon jetzt mit dem Innenministerium die Minderausgaben in den letzten Jahren auf diesem Gebiet zusammenstellen zu lassen, damit wir im Ausschuß in der Lage sind, gegebenenfalls auch aus diesen Beträgen beschlossene Mehrausgaben zu decken?
Selbstverständlich werden wir zusammen mit dem Innenministerium die Unterlagen für die Ausschußberatung zu erarbeiten versuchen, die Sie dann anfordern.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Brück.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich hier zunächst etwas zu der Regierungsvorlage wie auch einige wenige Sätze zu dem Initiativantrag der FDP vortragen. Ich glaube, wenn man beide Dinge hier in der Aussprache behandelt, ist es wichtig, daß man einen Rückblick auf das bisher Erreichte tut.Im Jahre 1951 wurde das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen vom 1. Deutschen Bundestag verabschiedet und trat am 1. 4. 1951 in Kraft. Der 1. Deutsche Bundestag hat dann zu einem späteren Zeitpunkt auch noch die erste Novelle zu diesem Gesetz verabschiedet. Der 2. Deutsche Bundestag hat im Jahre 1957 eine zweite Novelle mit vielen Verbesserungen für den unter das Gesetz zu Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personenkreis verabschiedet. Der 3. Bundestag hat durch eine drtite Novelle im Jahre 1961 umfangreiche Verbesserungen vorgenommen, die man nach der furchtbaren Katastrophe des Jahres 1945 nicht zu erhoffen gewagt hätte. Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang sinngemäß die Worte des früheren Herrn Landesarbeitsamtspräsidenten Gärtner, des langjährigen und sehr geschätzten Bundesvorsitzenden des Deutschen Beamtenkartells, zitieren, die er im vorigen Jahr auf der Godesburg anläßlich einer Tagung des Gesamtverbandes in Gegenwart des Herrn Ministers Höcherl und des soeben weggegangenen Herrn Ministers Dr. Mende sowie des Vorsitzenden des Innenausschusses, Herrn Kollegen Schmitt-Vockenhausen, aussprach. Damals sagte Herr Präsident Gärtner6lMetadaten/Kopzeile:
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Brücksinngemäß folgendes: Wir haben nach diesen furchtbaren Jahren die Vorstellung gehabt, daß wir glücklich wären, wenn wir eine monatliche Pension von 300 Mark bekämen. Gott sei Dank ist es anders geworden.So möchte auch ich sagen: Gott sei Dank ist es anders geworden. Der Herr Innenminister hat eben bereits die Beträge hier aufgeführt, die in der Zeit vom 1. 4. 1951 bis zum 31. 12. 1963 aus dem Bundeshaushalt gezahlt worden sind. Ich will lediglich noch einmal auf den Betrag hinweisen, der im Einzelplan 33 des vor wenigen Wochen verabschiedeten Bundeshaushalts für das Jahr 1964 vorgesehen ist. In diesem Einzelplan 33 sind für den Personenkreis 2 107 924 000 DM vorgesehen. Man kann sagen, daß, wenn man diesen Betrag, die Kosten aus der von der Bundesregierung vorgelegten Abschlußnovelle und die Ausgaben bei Bahn und Post zusammenfaßt, sich der Gesamtbetrag allmählich auf die 3-MilliardenGrenze — pro Jahr — zu bewegt. Das ist immerhin ein Betrag, der doch sehr beachtlich ist. Wir müssen auch sagen, daß durch diese von der Bundesregierung vorgelegte Novelle gewisse Härten beseitigt werden, die bereits bei der dritten Novelle — so war es von uns gewünscht — hätten ausgeräumt werden können. Leider war das damals nicht möglich.Über die Einzelheiten der Verbesserung, Herr Kollege Wilhelm, könnte man noch sehr viel sagen; aber ich möchte wegen der umfangreichen Tagesordnung nicht in die Details gehen. Sicherlich werden wir uns im Ausschuß über die Zweckmäßigkeit der Behandlung einer Reihe von Problemen noch sehr eingehend unterhalten müssen. Wir werden uns sicherlich auch darüber unterhalten müssen, wie die Überschrift des Gesetzes endgültig heißen soll. Wir werden uns auch — das hat der Kollege Dorn eben auch schon hier angesprochen — unterhalten müssen über die Frist der Anrechnung bis zum 31. Dezember 1965, die dann ab 1.1. 1966 wegfallen soll. Das ist ein Problem, über das man sprechen muß. Immerhin darf ich sagen, daß die Überlegungen, die wir damals angestellt haben, von einem Betrag von 80 bis 90 Millionen DM ausgingen. Darüber werden wir uns unterhalten.Wir werden uns natürlich auch über andere Fragen unterhalten. Ich denke hier an die Angelegenheiten der Arbeiter und der Angestellten,
ich denke auch an das Problem der Unteroffiziere. Der Herr Bundesinnenminister hat eben bereits darauf hingewiesen, daß diese Fragen im Zusammenhang mit der strukturellen Überleitung in einer Gemeinsamkeit zu sehen sind. Das werden wir überlegen.Wir müssen unsere Überlegungen natürlich im Rahmen dessen, was finanziell möglich ist, anstellen. Es geht nicht, daß wir sagen: Fiskalische Gründe spielen absolut keine Rolle. Dieses Hohe Haus hat in der Vergangenheit diesem Personenkreis aber durchaus Wohlwollen bewiesen.Zu den finanziellen Auswirkungen der FDP-Vorlage brauche ich nicht viel zu sagen. Der Herr Bundesfinanzminister hat dazu hier bereits Stellung ge- nommen.Herr Kollege Dorn, Ihnen möchte ich nur einen Satz sagen. Es ist sicherlich jeder Fraktion unbenommen, ihre Gedanken zu entwickeln. Aber in dem Vorschlag von Ihnen sind einige Punkte, die mir im Augenblick politisch nicht realisierbar zu sein scheinen.
— Herr Kollege Dorn, ich darf Ihnen folgendes sagen — das soll jetzt kein Vorwurf sein —: Wir haben uns kürzlich einmal in einer Sitzung des Innenausschusses außerhalb der Tagesordnung mit einem Problem beschäftigt, das mit dem von Ihnen erwähnten § 53 f in Zusammenhang steht. Ich will gar nicht das Wort wiederholen, das Sie ausgesprochen haben. Es handelte sich im Ausschuß für Inneres zwar nur um einen Teilbereich des von Ihnen angeschnittenen Problems, aber die Schwierigkeiten der ganzen Frage haben sich dabei erneut gestellt. Ich hätte gewünscht, Herr Kollege Dorn, Sie wären da gewesen. Ich sage noch einmal: Das soll kein Vorwurf gegen Sie sein, jeder kann einmal abwesend sein. Sie wissen, daß die Empfehlung, die wir da ausgesprochen haben, anschließend im Rechtsausschuß beraten worden ist, und auch der Rechtsausschuß hat nicht sofort eine Entscheidung fällen können, sondern hat drei Beschlüsse gefaßt, mit denen wir uns noch beschäftigen müssen. Allein aus diesem Tatbestand ist zu erkennen, wie schwierig es ist.Auf die anderen Fragen, Herr Kollege Dorn, will ich nicht eingehen. Darüber ließe sich sehr viel sagen, nicht nur Negatives, das gebe ich zu. Aber wir meinen, diese Punkte sollten wir im Ausschuß beraten. Wir sind gerne bereit — und ich hoffe, daß die Arbeitsgruppe demnächst eine recht gute Beteiligung findet —, alle diese Fragen sehr sorgfältig zu beraten und zu überlegen und noch einmal genau zu prüfen, in welche Rangfolge die Dinge gesetzt werden müssen.
Das Wort hat der Abgeordnete Matzner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe in aller Kürze die Meinung meiner Fraktion zu den vorliegenden Gesetzentwürfen vorzutragen. Vielleicht ist es notwendig, noch einmal festzustellen, daß von Anfang an ein Auftrag des Grundgesetzes vorlag und daß nicht das Parlament aus eigener Initiative dieses Problem aufgegriffen hat. Sie wissen, daß der 1. Deutsche Bundestag trotz seiner ungeheuer starken Belastung schon im Jahre 1951, also zwei Jahre nach seinem Zusammentritt, die äußerst schwierige Materie behandelt hat. Dort war es natürlich nicht möglich, bis in die letzten Einzelheiten eine gerechte Entscheidung zu fällen, weil wir noch zu nahe an den Dingen waren. Wer sich heute das Gesetz, das damals erlassen wurde, und die Verhandlungen ansieht — und das möchte ich jedem Mitglied des
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MatznerHauses, das sich mit diesen Dingen vollständig vertraut machen will, empfehlen —, die Verhandlungen, über die Protokolle, sogar stenographische Protokolle, vorliegen, der wird ermessen können, wie schwierig es war. Es war nur möglich, eine tragbare Lösung für die damalige Zeit zu finden, weil sich in dem betreffenden Ausschuß die Vernunft durchgesetzt hat und weil der überwiegende Teil der Ausschußmitglieder alles ablehnte, was — ich will es milde ausdrücken — nach Propaganda ausgesehen und nach Beliebtheit gehascht hat. Bitte, lesen Sie das nach! Ich will nicht an die Anträge erinnern, die noch im Plenum entgegen dem vernünftigen Sachgehalt gestellt wurden. Ich glaube, daß ich dazu berechtigt bin, daran zu erinnern, weil man nur so verstehen kann, was bisher geschehen ist. Wir haben allerdings schon die 4. Novelle vor uns, aber das erklärt sich, wie gesagt, aus den schwierigen Verhältnissen und aus neuen Erkenntnissen.Eines aber, Herr Kollege Dorn, wird immer die Richtschnur bleiben, nämlich daß wir in allererster Linie bei Erweiterungen des Personenkreises darauf zu sehen haben, ob es sich um öffentlichen Dienst im wahrsten Sinne des Wortes handelt. Das war unsere Ansicht als Fraktion und Gott sei Dank auch die Ansicht des Ausschusses. Das ist die Grenze, über die wir auf keinen Fall hinausgehen. Es sind gewisse Grenzen gefallen, über die wir reden müssen, sowohl im Regierungsentwurf, als auch in den anderen Belangen.Gegen eines möchte ich mich aber bei dieser Gelegenheit wenden. Ich will nicht im einzelnen auf verschiedene Punkte eingehen. Herr Kollege Dorn, Sie haben in Ihren Darstellungen von Entnazifizierung gesprochen und erklärt, daß in diesem Zusammenhang gesagt werden muß, daß nur Gruppe I und II der Entnazifizierten vom § 7 hier erfaßt werden dürfen. Wenn Sie die Verhandlungen nachgelesen hätten, hätten Sie festgestellt, daß sich der Ausschuß sowohl 1951, als auch 1953 leidenschaftlich gegen den Vorwurf gewehrt hat, es werde hier eine neue Entnazifizierung vorgenommen. Wir haben die Sache nur vom beamtenrechtlichen Standpunkt gesehen. Ich bitte also, diese Fragen noch einmal zu überlegen und auch bei den Beratungen nur von diesem Standpunkt auszugehen. Niemand im Ausschuß, ganz gleich, welcher Fraktion er angehört hat, hat geduldet, daß hier von Entnazifizierungsbestimmungen geredet wird. Das hat damit gar nichts zu tun, das sind von Anfang an zwei ganz verschiedene Dinge gewesen.Nun zum Gesetz selbst! Ich will auf die Einzelheiten nicht eingehen. Wir sind seit dem Jahre 1951 mit der Materie vertraut. Ich will nur ganz wenige Gedanken dazu vortragen.Ob es ein Schlußgesetz werden wird oder nicht, wird natürlich davon abhängen, daß wir nicht wieder unter Zeitdruck geraten wie bei zwei Novellen, die wir bis jetzt verabschiedet haben. Das wird von den Beratungsmöglichkeiten abhängen. Sie wissen, daß wir kurz vor den Sommerferien stehen und daß wir die wirklich tiefgründigen Beratungen wahrscheinlich erst im Oktober so richtig beginnenkönnen. Sie wissen auch, wie schwierig die Probleme sind. Wir wollen hoffen, daß wir zügig vorwärtskommen. Wir möchten natürlich auch hoffen — das wurde schon mehrfach gesagt —, daß sich auch die dritte Fraktion immer rege beteiligt und daß es nicht nachher im Plenum wieder zu großen Auseinandersetzungen kommt, nur deswegen, weil in den Ausschüssen nicht die nötige Besetzung vorhanden war. Das wäre mein Wunsch. Aber lassen wir einmal offen, ob es ein Schlußgesetz werden wird. Nach unserem Willen s oll es ein Schlußgesetz werden. Sie wissen, daß wir das schon bei der letzten Novelle verlangt haben. Das ging aber damals nicht. Wir standen unstreitig unter großem Zeitdruck. Denken Sie an die Verhandlungen in Berlin in den letzten Wochen des 3. Bundestages.Hier kann ich gleich wieder den Antrag der FDP mit den bisherigen Erfahrungen verbinden. Herr Kollege Dorn, Sie haben gesagt: man kann es keiner Fraktion übelnehmen, wenn sie etwas lernt. Das ist völlig richtig. Aber man muß doch eine gewisse Linie sehen, auch wenn die Bundestage gewechselt haben. Sehen Sie, die Anträge, die Sie heute bringen, hat unsere Fraktion im Jahre 1951 fast wortwörtlich eingebracht. Wir haben damals z. B. verlangt — und dieses Ziel haben wir heute noch; ob wir es erreichen, wissen wir nicht —, daß man hier, weil man das n e u regeln soll — im Grundgesetz steht doch etwas von regeln und nicht von anerkennen —, die zehnjährige Dienstzeit als Voraussetzung für alle Beteiligten einführt. Wäre damals die Zustimmung erfolgt, so brauchten wir uns heute nicht um diese Dinge zu kümmern, weil sie längst erledigt wären. Das betrifft die Frage der Unteroffiziere sowie der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes. Daß wir diese Frage jetzt behandeln müssen, ist die Folge des Abstimmungsverhaltens Ihrer Fraktion von damals, als Sie gegen meine Fraktion gestimmt haben. Das muß hier festgestellt werden, damit wir ganz klar sehen. Schritt für Schritt hat man dann nachgegeben. Aber auch in Berlin ist noch manches offengeblieben.Ich möchte hier keine Einzelheiten herausgreifen, möchte aber doch heute schon herausstellen, daß wir in bezug auf den Begriff der Härten und Ungerechtigkeiten die Frage der Unteroffiziere sowie der Angestellten und Arbeiter noch einmal sehr gründlich zu prüfen haben werden. Das bedeutet nicht, daß wir die anderen Dinge nicht auch prüfen wollen. Auf jeden Fall haben wir bezüglich des Begriffs des Stichtags eine andere Meinung als die Regierung. Auch darüber wird etwas zu sagen sein. Zu § 35 haben wir eine andere Auffassung als die Regierung. Wir sind nicht ,der Meinung, daß das Gesetz durch Streichung von Vorschriften, die im Jahre 1961 beschlossen worden sind, finanziert werden sollte. Das erscheint uns nicht als der richtige Weg, und auch Herr Brück hat ja zugestanden, daß diese Frage zu prüfen sein wird.Nun noch einige wenige Worte zu dem Antrag der FDP. Inder Öffentlichkeit und auch bei den Verbänden ist der Eindruck entstanden, daß es sich bei diesem Antrag um einen nicht gerade sehr ernstgemeinten Antrag handelt — ganz abgesehen davon, daß Sie eine ganze Reihe von Regelungen fast wortwörtlich abgeschrieben haben. Sie haben gesagt, Sie hät-
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Matznerten nur ein Viertel dieser Anträge aufgenommen, soweit ich .Sie verstanden habe. Der Finanzminister hat aber gerade das entgegengesetzte Verhältnis genannt, also 4 : 1; d. h. es wäre ein Fünftel der in den Verbandsanträgen erhobenen Forderungen in Ihrem Gesetzentwurf nicht aufgenommen worden. Ich will das hier nicht vertiefen. Jedenfalls gilt es in der Öffentlichkeit weithin als unwahrscheinlich, daß Sie Ihren Antrag ernst gemeint haben. Wir haben festzustellen: In der Unterschrift unter dem Antrag steht „Freiherr von Kühlmann-Stumm und Fraktion". Da mußten wir annehmen, daß auch ,der Finanzminister einverstanden ist, weil er ja dieser Fraktion angehört. Aber es kann ja sein, daß der Finanzminister eine andere Meinung hat. Das war der Grund, weshalb wir von vornherein bezweifelten, ob Sie mit diesem Umstand gerechnet haben. Ich will nicht von vornherein behaupten, daß es sich nur um einen Propagandaantrag gehandelt hat. Ihr Verhalten im Ausschuß wird zeigen, wie wir diesen Antrag zu beurteilen haben. Sie haben .sich ja nicht nur mit der Opposition auseinanderzusetzen, sondern vor allem auch mit Ihrem Koalitionspartner, und insofern hat die Vergangenheit immerhin gewisse Aufschlüsse über Ihr weiteres Verhalten gegeben. Es kommt also darauf an, wie wir in den Ausschüssen verhandeln. Wir haben seit 1951 das Schwergewicht .auf diese Verhandlungen gelegt, die ja für alle Mitglieder des Bundestages zugänglich sind. Ich hoffe, daß wir zu einem guten Ende kommen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dorn.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe schon vorhin gesagt, daß es das gute Recht ,der Bundesregierung sei, sich gegen zusätzliche Belastungen des Etats zu wenden, wie es auch das gute Recht einer Fraktion dieses Hauses ist, bei den Etatberatungen diejenige Verwendung der Haushaltsmittel zu beantragen, die sie politisch für richtig hält. Wir können uns nicht damit .abfinden, daß ein Vertreter der Bundesregierung schlicht und einfach erklärt, die geforderten Mittel seien nicht vorhanden; sondern welche Mittel für welche Positionen eingesetzt werden, das entscheidet dieses Haus.Herr Bundesfinanzminister, es tut mir leid, Ihnen, nachdem Sie Zahlen genannt haben, widersprechen zu müssen. Ihr Haus hat uns am 25. November des vergangenen Jahres schriftlich mitgeteilt, daß die in unserem Antrag enthaltenen Forderungen nicht die Summe von 450 Millionen DM ausmachen, sondern gegenüber der Regierungsvorlage eine Mehrerhöhung in Höhe von 218,5 Millionen DM.
— Natürlich ständige Ausgaben, und 68 Millionen DM einmalige Ausgaben.
— Entschuldigung! Auch diese Zahl ist eindeutig schriftlich vom Finanzministerium mitgeteilt worden.
— Herr Kollege Brück, es ist für uns vielleicht interessant, daß Sie die Abschriften unserer Briefe erhalten haben, um diese Zahlen zu bekommen; das weiß ich nicht, aber wir haben auch gar nichts dagegen.
— Wir haben die Dinge auch gar nicht zu verbergen, sondern sie müssen hier sowieso offen genannt werden. Wir müssen hier also gar nicht darüber streiten, Herr Kollege Brück, ob 5 oder 10 Millionen DM mehr — damals in diesem Schreiben oder zu einem späteren Zeitpunkt — genannt worden sind. Aber ich meine, daß es an diesem Hause liegt, zu bestimmen, welche Mittel eingesetzt werden.Nun lassen Sie mich gleich ein Wort zu dem sagen, was Herr Kollege Matzner vorgetragen hat. Herr Kollege Matzner, Sie haben gesagt: Na ja, ob Sie das dann so durchhalten und ob Ihr Antrag ernst gemeint war oder ob es ein Propaganda-Antrag war? Und wenn wir das Verhalten der FDP bei anderen Gesetzen beurteilen, dann — so wollten Sie, wie ich annehme, weiter sagen — sind wir sehr skeptisch. Ich darf Ihnen dazu folgendes sagen. Dieselbe Skepsis haben Ihre Vertreter geäußert, als mein Freund Zoglmann erklärt hat, daß wir die Kriegsopferversorgung nicht im Zwei-Stufen-Plan, sondern in einem Gang erledigen werden. Auch dann haben wir unsere Vorschläge durchhalten können und haben an anderen Positionen Einsparungen vorgenommen, ohne daß das, Herr Finanzminister, mit einer Ausweitung des Haushaltsplans geregelt werden mußte.Wir haben es gar nicht nötig, diesen Antrag als Propaganda-Antrag anzusehen, sondern wir sind wirklich der Überzeugung, daß es aus rechtspolitischen Gründen notwendig ist, diese Änderungen durchzuführen.Herr Kollege Matzner, Sie haben gesagt, wir sollten hier doch die Entnazifizierungs-Diskussion herauslassen. Dazu muß ich Ihnen sagen, daß ich in allen Fällen, wenn ich über die Frage der Behandlung der Entnazifizierungsurteile und die beamtenrechtliche Auswirkung auf die Betroffenen vorgetragen habe — das werden Sie, wenn es nachher gedruckt vorliegt, feststellen können , höchstrichterliche Urteile herangezogen habe, die von rechtswidrigen Entscheidungen gesprochen haben, durch die Beamte oder andere Angehörige des öffentlichen Dienstes nicht die ihnen zustehenden Rechte bekommen haben.
— Natürlich kenne ich den § 7 im Wortlaut. Aber, Herr Kollege Matzner, daß Sie den § 7 heute noch als Beweismittel anführen, wundert mich sehr, nachdem die SPD-Landtagsfraktion von Niedersachsen bereits im Heiligabend-Gesetz von 1952 den § 7 in einer Weise geregelt hat, die wir uns für das ganze Bundesgebiet wünschen könnten. Das heute anzu-
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Dornführen, ist, glaube ich, in der Sache doch nicht mehr begründet.
Meine Damen und Herren, wir werden im Ausschuß zu einer Sachdiskussion kommen und hoffen, daß wir zu einer Verbesserung der Regierungsvorlage gelangen, deren jetzige Fassung nach unserer Auffassung nicht ausreichend ist.
Zu den Punkten 4 a und b hat sich noch Herr Abgeordneter Miessner gemeldet. Er wird nach der Mittagspause das Wort bekommen. Dann wird der Herr Innenminister den Gesetzentwurf unter Tagesordnungspunkt 4 c begründen.
Ich unterbreche die Sitzung bis 15 Uhr.
Meine Damen und Herren, wir fahren in der unterbrochenen Sitzung fort. — Wir sind bei Punkt 4 der Tagesordnung.
Das Wort hat der Abgeordnete Miessner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Grundgesetz hat bei dem Auftrag in Art. 131 leider nicht klar herausgestellt, ob die 131 er-Materie nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder nach allgemeinen sozialen Gesichtspunkten geregelt werden sollte. Die Grundkonzeption des damaligen Bundesinnenministers Dr. Heinemann war zweifellos nicht die beamtenrechtliche. Das entsprach vielleicht der damaligen Situation. Die Zeit aber hat sich geändert. Heute sind wohl fast alle Mitglieder dieses Hohen Hauses der Meinung, daß auch die vertriebenen und verdrängten Beamten in das allgemeine Beamtenrecht voll eingegliedert werden müssen. Das heißt, daß wir erst dann von einem wirklichen Schlußgesetz sprechen können, wenn die negativen Sonderbestimmungen gefallen sind.
Ich bin daher etwas überrascht über die meines Erachtens allzu starke Betonung der fiskalischen Seite dieses Fragenkomplexes durch den Herrn Bundesfinanzminister. Schließlich ist der Haushalt 1965 auch Sache dieses Hohen Hauses, das die Rangfolge der Ausgaben letztlich zu bestimmen hat.
Ich möchte den Herrn Bundesfinanzminister in diesem Zusammenhang aber auch daran erinnern, daß es bei dem 131er-Komplex fast in jedem Jahr nicht verbrauchte Haushaltsteile von 100 bis 200 Millionen DM gegeben hat; das wurde vorhin schon in einer Zwischenfrage des Kollegen Schmitt-Vockenhausen erwähnt. Mit diesem Nachweis zum Beispiel gelang es mir als dem seinerzeitigen Initiator der Ersten Novelle zum 131 er-Gesetz im Jahre 1953, die fiskalischen Widerstände des damaligen Finanzministers Schäffer zu überwinden und die Novelle 'durchzubringen. Ich habe den Eindruck, daß der Herr Bundesfinanzminister diese Dinge vielleicht nicht genügend berücksichtigt hat, und bitte ihn daher, seine vorhin so apodiktisch getroffene Feststellung noch einmal zu überprüfen.
Das Wort hat der Herr Bundesminister des Innern zu Punkt 4 c der Tagesordnung, der Ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung beamtenrechtlicher und besoldungsrechtlicher Vorschriften, Drucksache IV/2174.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe die Ehre, Ihnen einen weiteren Gesetzentwurf 2u drei sehr bedeutsamen beamtenrechtlichen und dienstrechtlichen Problemen vorzulegen.Diesem Gesetzentwurf kommt unter beamten-und besoldungspolitischen Gesichtspunkten sehr große Bedeutung zu. Das gilt in erster Linie für die Frage der Doppelversorgung und der strukturellen Überleitung der Versorgungsempfänger. Aber auch die im Gesetzentwurf vorgesehene Änderung der Vorschriften über das Ruhen von Versorgungsbezögen bei anderweitigen Einkünften aus einer Verwendung im öffentlichen Dienst ist von großem Gewicht.Die Prüfung und Lösung der Probleme dieses Gesetzentwurfs beruht neben der Initiative der Bundesregierung auch auf Aufträgen, die dieses Hohe Haus wiederholt erteilt hat.So hat der Deutsche Bundestag bei der Verabschiedung des Ersten Gesetzes zur Änderung beamtenrechtlicher und besoldungsrechtlicher Vorschriften die Bundesregierung durch die Annahme eines Entschließungsantrags des Ausschusses für Inneres ersucht, 1. zur Frage der Regelung der Doppelversorgung bei Beamten und Versorgungsempfängern dem Deutschen Bundestag einen Gesetzentwurf vorzulegen und 2. die Frage einer Änderung der Ruhensvorschriften der §§ 158 und 160 des Bundesbeamtengesetzes zu prüfen.Im Zusammenhang mit der Beratung des Zweiten Gesetzes zur Änderung beamtenrechtlicher und besoldungsrechtlicher Bestimmungen, der sogenannten Harmonisierungsnovelle, hat der Ausschuß für Inneres die Bundesregierung gebeten, dem Bundestag einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch den die beiden genannten Probleme zusammen mit der strukturellen Überleitung der Versorgungsempfänger behandelt werden sollten. Wenn die Bundesregierung dieser Aufforderung nunmehr nach intensiver und zum Teil recht schwieriger Vorbereitungsarbeit, die zusammen mit den Ländern getan werden mußte, nachkommt, dann darf sie mit der Vorlage des Gesetzes den Wunsch verbinden, daß der Entwurf recht bald und zügig in den zuständigen Ausschüssen beraten werden möge, so daß er noch in diesem Jahr verabschiedet werden kann.Ich darf mich nun den einzelnen Abschnitten des Entwurfs zuwenden und zunächst einige grundsätzliche Ausführungen zur Doppelversorgung machen.
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Bundesminister HöcherlUnter Doppelversorgung ist hier das Zusammentreffen von beamtenrechtlicher Versorgung mit Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen zu verstehen. Ich darf Ihnen das tatsächliche Problem einmal an zwei symptomatischen Beispielen erläutern.Erstes Beispiel: Der Beamte, der ausschließlich Beamtendienst leistet, und zwar vom frühestmöglichen Zeitpunkt an, sagen wir: vom 16. Lebensjahr an bis zur Erreichung der Altersgrenze mit dem 65. Lebensjahr, erhält einem allgemeinen versorgungsrechtlichen Grundsatz entsprechend, 75% seiner ruhegehaltfähigen Dienstbezüge als Versorgung. Der gleiche Beamte, der aber erst mit dem 30. Lebensjahr in das Beamtenverhältnis eintritt und vorher als Arbeiter oder als Angestellter außerhalb des öffentlichen Dienstes versicherungspflichtig tätig war, erhält ohne Regelung der Doppelversorgung folgende Versorgungsleistungen: auf Grund seines Beamtenverhältnisses 75 %, auf Grund seiner Versicherungsjahre 22,5% der im Rentenrecht und im Beamtenversorgungsrecht maßgebenden Bemessungsgrundlagen.Ein weiteres Beispiel: Ein Beamter ist zunächst 20 Jahre im öffentlichen Dienst als Arbeiter oder Angestellter versicherungspflichtig tätig und leistet anschließend noch 15 Jahre Beamtendienst. Dieser Beamte kann ohne Regelung der Doppelversorgung auf 'Grund seines 35jährigen Arbeitslebens folgende Versorgungsleistungen erhalten: Aus der Rentenversicherung 35% und aus der Beamtenversorgung bei Berücksichtigung auch seiner Arbeitertätigkeit 75% seiner jeweiligen Bemessungsgrundlagen.Eine Lösung der Frage der Doppelversorgung war bereits in einem Initiativgesetzentwurf verschiedener Abgeordneter in der dritten Legislaturperiode in der Drucksache 1630 vorgesehen. Über die Notwendigkeit und Dringlichkeit einer Regelung dieses Problems bestand damals wie heute Übereinstimmung. Die Frage wurde seinerzeit nur zurückgestellt, weil die Zeit zur 'Beratung nicht mehr ausreichte.
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Bei der strukturellen Überleitung handelt es sich um die Teilnahme der Versorgungsempfänger an den Besoldungsverbesserungen, die die aktiven Beamten, Richter und Soldaten in den Besoldungsordnungen durch die Zuweisung von Ämtern oder Dienstgraden zu einer höheren Besoldungsgruppe erfahren haben. So sind durch das Bundesbesoldungsgesetz vom Jahre 1957 im Wege der Sonderüberleitung Ämter der Betriebsverwaltungen des Bundes, der Unterführerlaufbahn im Bundesgrenzschutz und der Eingangsgruppe für Richter sowie die Unteroffiziersdienstgrade .der Bundeswehr in eine höhere Besoldungsgruppe übergeleitet worden, als sie sich unter Zugrundelegung ihrer früheren Besoldungsgruppe nach ,der Regelüberleitung ergab. Die Versorgungsempfänger, deren Versorgungsfall im Bundesdienst nach dem 1. April 1957, dem Tag des Inkrafttretens .des Bundesbesoldungsgesetzes, eingetreten ist, sind an den strukturellen Besoldungsverbesserungen nicht beteiligt worden, weil sich die Versorgung entsprechend einem anerkannten Grundsatz des Beamtenrechts nach dem Grundgehalt richtet, das dem Beamten bei seiner Zurruhesetzung zustand. Dieser Grundsatz ist vom Bundesverfassungsgericht in mehreren Entscheidungen im Jahre 1959 bestätigt worden.Inzwischen haben die Länder ihre Versorgungsempfänger in unterschiedlichen Regelungen strukturell in die neuen Landesbesoldungsgesetze übergeleitet. Erfaßt worden sind hauptsächlich Richter, Lehrer und Polizeivollzugsbeamte, also Versorgungsempfänger aus Gruppen, wie sie auch der Bund nach dem Gesetz zu Artikel 131 des Grundgesetzes versorgt. Es ist daher verständlich, daß die Versorgungsempfänger des Bundes ebenfalls eine Beteiligung an den strukturellen Besoldungsverbesserungen anstreben.Die Bundesregierung möchte in der Frage der strukturellen Überleitung eine Befriedigung innerhalb der Versorgungsempfänger des Bundes und zugleich eine Harmonisierung mit den Regelungen der Länder herbeiführen. Sie schlägt daher im vorliegenden Gesetzentwurf vor, im Wege einer einmaligen Maßnahme den Versorgungsempfängern, deren Versorgungsfall unter der Geltung des Reichsbesoldungsgesetzes vom Jahre 1927 oder der diesem Gesetz angeglichenen früheren Landesbesoldungsgesetze grundsätzlich bis zum 31. März 1957 eingetreten ist, die strukturellen Besoldungsverbesserungen des Bundes und der Länder bei den Besoldungsneuregelungen der Jahre 1957/58 zugute kommen zu lassen.Bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfs stand die Bundesregierung vor viel größeren Schwierigkeiten als die Länder, weil diese nur die ihrem Hoheitsbereich angehörenden ehemaligen Beamten und Richter sowie deren Hinterbliebene zu versorgen haben, dem Bund aber nach dem Gesetz zu Artikel 131 des Grundgesetzes auch die Versorgung der verdrängten und vertriebenen Beamten, Richter und Berufssoldaten aus allen Teilen des früheren Reichsgebiets und aus Gebieten außerhalb desselben obliegt. Hinzu kam, daß die neuen Besoldungsordnungen der Länder, hauptsächlich für Lehrer und Richter, abweichend von den Besoldungsordnungen des Bundes Zwischenbesoldungsgruppen aufweisen, die darüber hinaus in der Einstufung und in der Höhe der Grundgehaltssätze voneinander abweichen. Die vorgeschlagene Regelung des Bundes stellt daher insoweit eine Synthese, eine Zusammenschau aus den verschiedenen landesrechtlichen Regelungen dar, wobei die Zwischenbesoldungsgruppen der Länder durch ein Zulagensystem ersetzt werden.Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 28. Februar 1964 keine wesentlichen Einwendungen gegen den Gesetzentwurf erhoben. Meinungsverschiedenheiten bestehen nur wegen des Artikels IX § 2 Nr. 1 Satz 2, in dem der Regierungsentwurf vorsieht, daß bis zum Inkrafttreten entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Landesbereich die wesentlichsten Änderungsvorschriften zum Beamtenrechtsrahmengesetz, insbesondere über die Regelung der Doppelversorgung, unmittelbar gelten sollen. Die Bundesregierung hält diese Regelung verfassungsrechtlich für zulässig. Sie ist auch aus praktischen Gründen für die Übergangszeit nicht zu entbehren, weil die Regelungen über das Zusammentreffen von Renten und Versorgungsbezügen nicht zu verschiedenen Zeitpunkten wirksam werden dürfen.Abschließend darf ich meine Bitte wiederholen, meine Damen und Herren, daß auch dieser Gesetzentwurf rasch in Beratung genommen wird. Es sind heute vier große und bedeutsame Probleme im öffentlichen Dienstrecht angesprochen und Regelungen dem Hohen Hause vorgelegt worden im Zuge der ständigen Bemühungen der Bundesregierung und auch des Hohen Hauses, das öffentliche Dienstrecht den modernen Erfordernissen anzupassen.
Das Wort hat der Abgeordnete Seibert zur Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesbeamtengesetzes, Drucksache IV/2214.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Drucksache IV/2214 enthält einen Antrag auf Änderung des § 72 des Bundesbeamtengesetzes. Die Begründung — im allgemeinen und im einzelnen — ist dem Antrag schriftlich beigefügt, so daß ich mich bei meinen Ausführungen beschränken kann.Der § 72 des Bundesbeamtengesetzes regelt die Arbeitszeit der Beamten. Darin ist u. a. festgelegt, wieviel Stunden die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt. Des weiteren ist bestimmt, daß die wöchentliche Arbeitszeit bis auf 56 bzw. 54 Stunden verlängert werden kann, soweit der Dienst in Bereitschaft besteht. Das Nähere ist durch die Bundesregierung durch Rechtsverordnung zu regeln. Weder im Gesetz — § 72 — noch in der Rechtsverordnung der Regierung ist z. B. etwas darüber gesagt, was unter Dienst in Bereitschaft zu verstehen ist. Dieses
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SeibertVersäumnis wirkt sich bei den großen Betriebsverwaltungen dann so aus, daß von diesen selber die Definition des Dienstes in Bereitschaft einseitig und zum Nachteil der Bediensteten vorgenommen wird.Besonders kraß wirkt sich das bei den Dienstdauervorschriften der Deutschen Bundesbahn aus. Die hier bestehende Arbeitszeitregelung führt vor allem beim Zugpersonal und beim stationären Betriebspersonal teilweise zu erheblichen sozialen Härten, die stets zu Differenzen im Betrieb und zu Streitigkeiten vor den Verwaltungsgerichten führen. Diese Rechtsunsicherheit, dieser gesetzliche Mangel kann nur vom Gesetzgeber durch eine Legaldefinition in § 72 des Bundesbeamtengesetzes beseitigt werden. Dies verlangt auch das Grundgesetz. In Art. 80 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes wird dem Gesetzgeber die zwingende Auflage gemacht, in Fällen der Ermächtigung der Bundesregierung, Rechtsverordnungen zu erlassen, den Inhalt, Zweck und das Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz zu bestimmen. Die derzeitige Fassung des § 72 des Bundesbeamtengesetzes erfüllt diese Auflage des Grundgesetzes nicht. Demgegenüber trägt unser Antrag dem Verlangen des Grundgesetzes Rechnung.Ich bitte Sie, den vorliegenden Antrag auf Drucksache IV/2214 dem Ausschuß für Inneres zu überweisen.
Das Wort hat der Herr Bundesinnenminister Höcherl.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu dem von dem Herrn Kollegen Seibert begründeten Antrag muß ich noch einige Ausführungen machen, um das Haus vollkommen über die Tragweite des Entwurfs und die Absichten zu informieren, die damit verbunden sind.Die Bedeutung des Initiativgesetzentwurfs zu § 72 des Bundesbeamtengesetzes zeigt sich erst dann, wenn man die Vorgänge genau kennt, die ihn veranlaßt haben. Es geht in erster Linie um die Arbeitszeit der Bediensteten der Deutschen Bundesbahn. Für die Bundesbahn ist, was sich aus der Natur der Sache ergibt, eine Fülle spezieller Arbeitszeitregelungen erforderlich, die in den „Dienstdauervorschriften der Deutschen Bundesbahn" zusammengefaßt worden sind. Sie enthalten die arbeitszeitliche Bewertung der einzelnen Tätigkeiten, ihre Einstufung als Vollarbeit oder als Bereitschaftsdienst, den Prozentsatz, mit dem die einzelnen Bereitschaftsdienstzeiten auf das Wochenleistungsmaß angerechnet werden, und sie bestimmen, was als Ruhepause anzusehen und deshalb auf die Arbeitszeit nicht anzurechnen ist.Obwohl die Dienstdauervorschriften ständig der Entwicklung im sonstigen Dienst- und Arbeitszeitrecht angepaßt werden, haben einige Regelungen in den letzten Jahren mehr und mehr Widerspruch erfahren, so u. a. die Bewertung einzelner Tätigkeiten als Bereitschaftsdienst und nicht als Vollarbeit, das Ausmaß der Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit in den einzelnen Fällen von Bereitschaftsdienst, die Behandlung der sogenannten Fahrgastfahrten — das sind die Rückfahrten des Lok- und Zugbegleitpersonals vom Zielbahnhof zum Heimatbahnhof —, der Still-Lagen mit Lokomotive, bei denen der Beamte untätig ist, aber die Lokomotive nicht verlassen darf, und der Wendezeiten, d. h. der Pausen am auswärtigen Zielort bis zum nächsten Einsatz. Hierher gehört auch die Frage des Ausgleichs für geleistete Mehrarbeit. Ihr kommt gegenwärtig besondere Bedeutung zu, weil der Arbeitsmarkt den Personalbedarf der Bundesbahn nicht mehr zu dekken vermag.Wesentliche Fragenkomplexe sind zur Zeit Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten — darauf möchte ich das Haus ganz besonders aufmerksam machen —, teils vor den Verwaltungsgerichten, teils vor den Arbeitsgerichten. Es liegen bereits Urteile zweiter Instanz vor, die grundlegend voneinander abweichen. Der Gesetzgeber sollte deswegen meines Erachtens die Entscheidungen der Revisionsinstanzen abwarten und dann prüfen, ob die Rechtslage, die er für richtig erachtet, hinreichend abgesichert ist oder der Verdeutlichung durch Gesetz oder unter Umständen auch durch neue Definitionen bedarf.Hinzu kommt, daß auch die Bundesbahn bemüht ist, zu einer objektiv richtigen Bewertung der einzelnen Tätigkeiten das Ihre beizutragen. Sie hat, wie der Herr Bundesminister für Verkehr mir mitgeteilt hat, eine Sachverständigenkommission zur Überprüfung der Dienstdauervorschriften eingesetzt. Es erscheint mir zweckmäßig, daß den Ergebnissen dieses Gremiums im derzeitigen Zeitpunkt nicht vorgegriffen wird.Die Initiatoren des Gesetzentwurfs tragen ferner vor, die Änderung des § 72 des Bundesbeamtengesetzes sei dringlich, weil seine jetzige Formulierung verfassungswidrig sei. Ich muß dieser Auffassung nachdrücklich widersprechen. Die Verfassungswidrigkeit besteht nach Auffassung der Urheber des Entwurfs darin, daß die Ermächtigung der Bundesregierung, das Nähere durch Rechtsverordnung zu regeln, nicht so umschrieben sei, wie das Art. 80 des Grundgesetzes verlange. Dazu darf ich zunächst darauf hinweisen, daß sich der Ihnen vorliegende Initiativgesetzentwurf durchaus nicht auf eine Konkretisierung der Verordnungsermächtigung beschränkt, sondern in mehreren Punkten neues Recht schaffen will — —
— Durch Gesetz, ja; aber ich meine, wir sollten doch abwarten, bis die gerichtliche Entscheidungen fallen; sie stehen unmittelbar bevor; dann haben wir eine sichere und solide Basis.
Als Beispiele für diese Ausweitung und für das neue Recht, das über die beanstandete Stelle des § 72 hinaus erfolgen soll; darf ich die Legaldefinition des Bereitschaftsdienstes nennen, nach der wache Arbeitsbereitschaft nicht mehr bloßer Bereitschaftsdienst sein soll, ferner die Behandlung aller Bereitschaftsdienste an Sonn- und Feiertagen als Vollarbeit, die Forderung, daß Bereitschaftsdienst
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6202 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964
Bundesminister Höcherlbis zu 11 Stunden in der Woche das allgemeine Wochenleistungsmaß von 44 Stunden unberührt lassen soll usw. Würden solche Regelungen für die Bundesbeamten Gesetz werden, so könnte dem Verlangen aller Arbeitnehmer des öffentlichen und privaten Sektors, den Beamten gleichgestellt zu werden, nicht begegnet werden. Auf ihre finanziellen und personalwirtschaftlichen Auswirkungen — namentlich bei der Bundesbahn und Bundespost — will ich im Augenblick gar nicht eingehen.Im übrigen ist die Verfassungsmäßigkeit des § 72, des Ausgangspunktes für dieses Initiative, bisher von keinem Gericht in Frage gestellt worden. Jedenfalls wurde das Bundesverfassungsgericht als die einzige Instanz, die eine etwaige Verfassungswidrigkeit verbindlich festzustellen hätte, nicht angerufen. Außerdem liegen Gutachten zweier maßgebender Wissenschaftler des Arbeits- und Verwaltungsrechts vor, die in gewerkschaftlichem Auftrag erstellt worden sind; beide kommen zu dem Ergebnis, daß an der Verfassungsmäßigkeit des §72 nicht zu zweifeln ist.Schließlich hat sich auch das Hohe Haus, meine Damen und Herren, insonderheit der Beamtenrechtsausschuß, damals — im Jahre 1953 — bei der Beratung des § 72 mit dieser Frage befaßt und nach eingehender Prüfung einmütig die Auffassung vertreten, daß die vorgesehene Regelung verfassungskonform sei.Bei dieser Sach- und Rechtslage darf ich dem Hohen Haus die Anregung übermitteln, die Erörterung der Vorlage im Innenausschuß zurückzustellen, bis die Urteile der Revisionsinstanz und der Bericht des Sachverständigengremiums über die Dienstdauervorschriften vorliegen. Ich werde einen praktischen Beitrag dadurch zu leisten versuchen, daß ich den Herrn Bundesminister für Verkehr bitte, darum bemüht zu sein, daß die Sachverständigenkommission ihre Untersuchungen beschleunigt durchführt. Bei den Beratungen im Innenausschuß wird die Bundesregierung dann zu den einzelnen Problemen Stellung nehmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Brück.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zunächst eine Vorbemerkung machen. Zu dem Initiativentwurf der Fraktion der SPD auf Drucksache IV/2214 wird mein Kollege Biechele Stellung nehmen.Ich möchte namens der CDU/CSU zu dem vorliegenden Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung beamtenrechtlicher und besoldungsrechtlicher Vorschriften Stellung nehmen. Ich bitte um Verständnis, wenn ich das für manche Zuhörer etwas zu ausführlich tue. Wegen der Schwierigkeit der Materie, aber auch wegen der vielen Unklarheiten und der manchmal recht sonderbaren Darstellung in der Öffentlichkeit muß ich Ihre Geduld etwas länger in Anspruch nehmen, als ich das sonst zu tun gewohnt bin.Lassen Sie mich zunächst noch einmal etwas zur Entstehungsgeschichte dieses Entwurfs sagen, die in das Jahr 1957 zurückreicht. Bei der Beratung des Beamtenrechtsrahmengesetzes und des Bundesbesoldungsgesetzes im Jahre 1957 waren alle Mitglieder des damaligen Beamtenrechtsausschusses,. von denen leider schon vier aus dem Leben abberufen wurden, der Auffassung, daß das Versorgungsrecht der Beamten bei vollem Wirksamwerden der Rentenreform zu einem späteren Zeitpunkt überprüft werden müsse. Der Herr Bundesinnenminister erwähnte bereits den Beschluß des Deutschen Bundestages vom 29. Juni 1961, wonach die Bundesregierung aufgefordert wurde, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Frage der Doppelversorgung bei Beamten und Versorgungsempfängern wie auch die Ruhensvorschriften neu zu regeln habe. In dem Bericht über die Deutsche Bundesbahn vom 30. Januar 1960 — Bundestagsdrucksache 1602 — ist das Problem der Doppelversorgung ebenfalls sehr eingehend behandelt worden. Ich möchte sagen, seit diesem Zeitpunkt ist die Frage aus der öffentlichen Diskussion nicht mehr verschwunden.Das Zusammentreffen von Pensionen und Renten — um diese Frage geht es im ersten Teil des vorliegenden Gesetzentwurfs — sollte, wie ich bereits ausgeführt habe, nach einer gewissen Zeit der Erfahrung neu überprüft werden. Pension und Rente treffen in der Versorgung nur dann zusammen, wenn der Empfänger der Versorgungsbezüge zuerst in einem versicherungspflichtigen Arbeiter- oder Angestelltenverhältnis und dann in einem Beamtenverhältnis tätig war. Man spricht in diesem Falle von einer Doppelversorgung, weil gewisse Zeiten des Berufsleben sowohl ruhegehaltsteigernd wie auch rentensteigernd wirken. Das gleiche gilt für bestimmte Ersatzzeiten wie auch für bestimmte Ausfallzeiten. Man würde besser von Doppelbemessungszeiten als von Doppelversorgung sprechen.Der Ausschuß für Beamtenrecht hat in seiner 138. Sitzung am 3. April 1957 den heutigen § 115 Abs. 2 des Bundesbeamtengesetzes beschlossen. Das Hohe Haus hat diesen Beschluß kurze Zeit hinterher bestätigt. Nach § 115 Abs. 2 ist vorgesehen, daß jener Teil der Rente, der nicht auf eigenen Beitragsleistungen beruht, auf die Versorgungsbezüge anzurechnen ist. Trotz dieser Anrechnung werden nach dem derzeit geltenden Recht unter Umständen gewisse Zeiten doppelt angerechnet, d. h. sie finden bei der Festsetzung der Rente wie auch bei der Festsetzung der Pension ihren Niederschlag. In der Praxis sieht das dann so aus, daß die Gesamtversorgung, d. h. Pension plus Rente, die Höchstpension — das sind bekanntlich 75 % der zuletzt bezogenen Dienstbezüge — in vielen Fällen nicht unerheblich übersteigt, ja, in einzelnen Fällen sogar über dem zuletzt bezogenen Gehalt liegt.Nach der Neuregelung des Rentenrechts ist im Laufe der Jahre nun deutlich sichtbar geworden, daß Rentenrecht und Beamtenversorgungsrecht in ihrer Systematik nicht übereinstimmen. Ein rentenberechtigter Versorgungsempfänger kann unter Umständen wesentlich besser gestellt werden als der nicht rentenberechtigte Versorgungsempfänger.
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964 6203
BrückHerr Innenminister Höcherl führte soeben u. a. aus, daß eine Sachverständigenkommission die Frage gründlich untersucht und mehrere Lösungsmöglichkeiten unterbreitet habe. Wir begrüßen es im Grundsatz, daß die Bundesregierung für ihren Gesetzentwurf den Weg der Ruhensregelung gewählt hat, wenn auch gesagt werden muß, daß sicherlich noch einige Korrekturen in der Beratung vorgenommen werden. Diese von der Bundesregierung angestrebte Regelung erscheint uns mit einigen Einschränkungen deshalb am günstigsten, weil — ich muß das noch einmal deutlich wiederholen — erstens das Recht des Nur-Beamten unverändert bleibt, zweitens das Rentenrecht nicht geändert zu werden braucht, drittens der Beamte mit versicherungspflichtigen Vordienstzeiten auch nach seiner Verbeamtung an den Vorteilen des Rentenrechts teilnehmen kann. Insbesondere hat er die Möglichkeit der freiwilligen Weiterversicherung, ein Umstand, auf den nicht deutlich genug hingewiesen werden kann.In der bisherigen Erörterung wurde immer wieder behauptet, daß jener Rentenanteil, der auf freiwilliger Weiterversicherung beruht, in die Anrechnung mit einbezogen werden solle. Mit Bedauern kann man nur feststellen, daß die sogenannte Aufklärung in den betroffenen Personenkreisen recht seltsame Wege gegangen ist.Bevor ich mich dem Personenkreis zuwende, bei dem ein Zusammentreffen von Pension und Rente erfolgt, muß ich auf einige Grundsätze bzw. Rechtstatbestände hinweisen, die mir bei der Beurteilung der anstehenden Frage doch sehr wesentlich zu sein scheinen. Sowohl im Beamtenrecht als auch im Rentenrecht gilt, daß die Versorgungsleistungen für den Lebensabend in einem angemessenen Abstand hinter ;dem zugrunde zu legenden aktiven Arbeitseinkommen zurückbleiben müssen, .es sei denn, daß eine zusätzliche Altersversorgung durch eigene freiwillige Beiträge bewirkt worden ist. Bei der Bemessung der Altersversorgung muß das gesamte Berufsleben als ein Arbeitsleben betrachtet werden.Lassen Sie mich an dieser Stelle auch sinngemäß wiederholen, was in der Begründung zum Regierungsentwurf steht.Erstens. Ein Beamter, der sein ganzes Leben im Beamtenverhältnis zurückgelegt hat, erhält nach einer Dienstzeit von 35 und mehr Jahren ein Ruhegehalt von 75 % der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge.Zweitens. Der Arbeiter oder Angestellte, der sein Arbeitsleben allein in einem rentenversicherungspflichtigen ,Beschäftigungsverhältnis zurückgelegt hat, erhält nach einer 50jährigen Beschäftigung 75 % seines durchschnittlichen Einkommens, seiner persönlichen Bemessungsgrundlage.Drittens. 'Ein versorgungsberechtigter Beamter, der sein Berufsleben teilweise in einem rentenversicherungspflichtigen Verhältnis zurückgelegt hat, kann für dieses Berufsleben eine Gesamtversorgung aus Pension und Rente von weit mehr als 75% der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge erhalten. Hauptursache hierfür sind die Doppelbemessungszeiten.Ich möchte mich nun dem von diesem Gesetz betroffenen Personenkreis zuwenden, den man in vier große Gruppen einteilen kann: 1. vorhandene Versorgungsempfänger, die sowohl eine Pension als auch eine Rente erhalten, 2. aktive Beamte, die demnächst pensioniert werden und einmal als Arbeiter oder Angestellte vorher pflichtversichert waren, 3. aktive Beamte, die pflichtversichert waren oder nach ihrer Verbeamtung eine freiwillige Weiterversicherung oder freiwillige Höherversicherung vorgenommen haben, 4. Arbeiter oder Angestellte, die demnächst in das Beamtenverhältnis überführt werden sollen.Zur Gruppe 1! Der Regierungsentwurf sieht vor, daß bei den vorhandenen Versorgungsempfängern der Besitzstand gewahrt wird. Der Besitzstand wird in Form einer Ausgleichszulage gewahrt, wenn die neuen Bezüge nach neuem Recht hinter den bisherigen Bezügen zurückbleiben. In vielen Fällen tritt nach neuem Recht auch eine leichte Verbesserung der jetzigen Bezüge ein, da der bisher geltende § 115 Abs. 2 in der derzeitigen Fassung nicht bestehenbleibt. Der Regierungsentwurf sieht allerdings vor, daß bei kommenden Besoldungserhöhungen ein Abbau der Ausgleichzulage vorgenommen werden soll. Dieser Abbau der Ausgleichzulage wird wesentlich davon abhängig sein, wie man die 'zweite Gruppe, d. h. diejenigen Beamten behandelt, die demnächst in den Ruhestand treten und einmal pflichtversichert waren.Der Regierungsentwurf sieht vor, daß für die Berechnung der Versorgungsbezüge zunächst einmal die Endstufe der Besoldungsgruppe maßgebend ist. Weiter ist besonders wichtig, daß alle pflichtversicherte Tätigkeit ab 17. Lebensjahr voll und ohne jede Einschränkung auf das Pensionsalter angerechnet wird. Das würde praktisch bedeuten: ein mit 17 Jahren pflichtversicherter Arbeiter oder Angestellter, der später in das Beamtenverhältnis berufen worden ist, hat bereits mit 52 Jahren die Höchstpension erworben, wogegen ein Arbeiter erst nach 50 Jahren, d. h. 15 Jahre später, theoretisch die höchstmögliche Pension von 75% erhalten kann. Daneben soll ein Betrag von 10 % der zu berücksichtigenden Rente außer Ansatz bleiben.Hier, meine Damen und Herren, sind wir nun an dem kritischsten Punkt des Gesetzentwurfs angekommen, über den man sich aber sicherlich verständigen kann. Auch in unserer Fraktion gibt es Kollegen, die hier eine andere Lösung anstreben. Es würde zu weit führen, wenn ich Ihnen die verschiedenen Lösungsmöglichkeiten vortrüge. Darüber werden wir im Ausschuß sprechen.Zur Gruppe drei: Aktive Beamte, die sich nach ihrer Verbeamtung freiwillig weiter- oder höherversichert haben, erhalten neben ihrer Pension die volle Rente, die auf Grund ihrer freiwilligen Beiträge bewirkt worden ist. Man stellt immer wieder in der öffentlichen Diskussion wie aus den vielen Zuschriften fest, daß hier eine unbewußt oder — leider muß ich es sagen — auch bewußt falsche Darstellung stattgefunden hat. In § 160 a Abs. 4 des Gesetzentwurfs steht ausdrücklich:
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6204 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964
BrückAußer Ansatz bleibt der Teil der Rente, der1. dem Verhältnis der Versicherungsjahre auf Grund freiwilliger Weiterversicherung oder Selbstversicherung zu den gesamten Versicherungsjahren entspricht,2. auf einer Höherversicherung beruht.Ich möchte nun auf einen Punkt eingehen, der in der bisherigen Diskussion außerhalb dieses Hohen Hauses häufig eine große Rolle gespielt hat. So hat das Land Bremen in einem Antrag in der 266. Sitzung des Bundesrats darauf hingewiesen, daß der vorgelegte Gesetzentwurf nicht frei sei von verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich in seinen Sitzungen wiederholt mit den beamtenrechtlichen Bestimmungen über das Zusammentreffen von Pension und Rente befaßt und hat beispielsweise in einem Urteil vom 29. Juni 1961 —VI C 148.59 — davon gesprochen, daß die geltende beamtenrechtliche Regelung der Doppelversorgung nicht abgeschlossen oder auch nur in sich geschlossen wirkt. Das Hohe Gericht spricht von einer nicht sehr glücklichen Regelung eines Teilproblems der Doppelversorgung. Aus den weiteren Ausführungen in dem Urteil muß zwangsläufig gefolgert werden, daß auch das Bundesverwaltungsgericht eine Neuregelung der gesetzlichen Bestimmungen über das Zusammentreffen von Pension und Rente erwartet, „nachdem" — wie das Hohe Gericht am 29. Juni 1961 ausführt — „auf einem sich hierfür anbietenden Teilbereich erst einmal Erfahrungen gesammelt werden".Abschließend möchte ich zu dem ersten Teil des Gesetzentwurfs sagen, daß wir in der CDU/CSU überwiegend der Meinung sind — wie es auch der Herr Innenminister ausgeführt hat —, eine Neuregelung des Problems eines Zusammentreffens von Pension und Rente ist in der Zukunft dringend notwendig, und zwar sowohl aus sozialpolitischen Überlegungen gegenüber anderen Schichten unseres Volkes wie auch aus beamtenpolitischen Gründen im Interesse der Beamtenschaft selbst und nicht zuletzt unter sehr ernsten personalwirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ich habe die Hoffnung, daß wir uns bei den Beratungen verständigen werden und zu einer Lösung kommen, die dieser Frage gerecht wird.Ich wende mich nun ganz kurz dem zweiten Teil des Gesetzentwurfs, der Änderung der Ruhensvorschriften, zu. Wir begrüßen diese Änderung und sehen die vorgeschlagene Regelung als einen guten Mittelweg zwischen den verschiedenen sich anbietenden Möglichkeiten. Wir hoffen, daß hierdurch manche wertvolle Kraft auch nach Erreichung der Altersgrenze dem öffentlichen Dienst für eine gewisse Zeit erhalten bleibt. Die für Beamtenwitwen vorgesehene Regelung wird von uns begrüßt. Über die Einzelheiten werden wir uns im Ausschuß weiter unterhalten.Das dritte Problem des Gesetzentwurfs, die strukturelle Überleitung, hat dieses Hohe Haus wiederholt beschäftigt. Unter struktureller Überleitung versteht man auch die Überleitung der Versorgungsempfänger in ein Amt, das bei der Neuordnung einer höheren Besoldungsgruppe zugeteilt worden ist. Nachdem alle Länder mit Ausnahme von Berlin die strukturelle Überleitung durchgeführt haben — allerdings mit verschiedenartigen Einzelregelungen —, begrüßen wir die beabsichtigte strukturelle Überleitung auch für den Bundesdienst. Während die strukturelle Überleitung in den Ländern verhältnismäßig einfach war und trotzdem nicht zur vollen Zufriedenheit vollzogen werden konnte, ist der Vollzug auf Bundesebene ganz erheblich schwieriger.Meine Damen und Herren, lassen Sie mich hier einmal ganz offen sagen: eine strukturelle Überleitung, die alle Betroffenen, insbesondere aber auch jene, die glauben, betroffen zu sein, zufrieden stellt, auf Bundesebene zu schaffen ist bei allem guten Willen nicht möglich. Die Regelung beim Bund ist deshalb so schwierig, weil ein großer Teil des unter das Gesetz zu Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personenkreises hiervon betroffen ist.Ich will davon Abstand nehmen, an einigen praktischen Beispielen meine Behauptung zu beweisen. Darüber werden wir uns auch zur Genüge im Ausschuß unterhalten müssen. Wir werden uns über andere Fragen, von denen ich nur die der Regelung für Bahn- und Postschaffner wie auch für Lehrer und Unteroffiziere aus dem 131 er-Personenkreis andeuten will, im Ausschuß sehr intensiv unterhalten.Zum Abschluß möchte ich Sie zunächst einmal um Entschuldigung bitten, daß es ein wenig lange gedauert hat. Gleichzeitig möchte ich alle Mitglieder der in Frage kommenden Ausschüsse um eine gute Zusammenarbeit bitten, damit wir diese Gesetze noch rechtzeitig verabschieden können.
Das Wort hat der Abgeordnete Matzner.Matzner .: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde bestimmt viel weniger Zeit brauchen, weil ich nicht genötigt bin, die Absicht und den Inhalt des Gesetzentwurfs, den die Regierung diesmal eingebracht hat, näher zu begründen. Herr Brück hat das sehr ausführlich getan. Ich vermisse dabei in gewissen Punkten aber eine klare Stellungnahme, wie wir sie hinsichtlich der Behandlung dieser Gesetze abgeben wollen.Herr Brück, Ihnen ist ein Fehler unterlaufen. Sie haben gesagt, wir hätten im Jahre 1957 im Beamtenrechtsausschuß einstimmig gewünscht, daß diese Frage geregelt wird. Sie wissen ganz genau, daß wir damals noch gar nicht die Gelegenheit hatten, weil das Rentengesetz in Behandlung war und wir die Auswirkungen erst nach einigen Jahren erkannt haben. Das ging dann von den Ländern aus. Von der Novelle, die seinerzeit — 1960/61 — initiativ eingebracht wurde, ist hinsichtlich dieser sogenannten Doppelversorgung nichts übriggeblieben. Wir haben die Novelle damals dazu benützt, besoldungsrechtlich und beamtenrechtlich für die Betroffenen eine ganze Reihe von Vergünstigungen herauszuholen.
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964 6205
MatznerEs stimmt also nicht, was Sie sagten. Man kann sich ja irren.
Diese Frage ist viel später aufgekommen; Sie können sich darauf verlassen. Wir können das ja nachprüfen. Also ich will nichts wiederholen.Ich will nun ganz klar die Stellungnahme meiner Fraktion zu diesen Dingen vortragen. Ich beginne bei dem für uns Angenehmsten und Einfachsten: das ist die Verbesserung der Anrechnungsbestimmungen. Diese geht zurück auf den Ausschußantrag, den wir in Berlin beschlossen haben — er findet sich im Schriftlichen Bericht — und der vom Plenum genehmigt wurde. Mit dem Antrag wird die Bundesregierung ersucht, in drei Punkten eine gewisse Aufklärung zu geben, wenn sie diesen neuen Gesetzentwurf vorlegt.Meine Damen und Herren, wenn ich diesen seinerzeitigen Ausschußantrag nicht nur nach den Buchstaben, sondern auch nach den Motiven, die dahinterstanden, beurteile, so muß ich sagen, daß der eingebrachte Gesetzentwurf die Anliegen nicht voll erfüllt, und zwar deswegen nicht, weil Punkt b des Antrages nicht ausreichend überprüft worden ist, wonach die Frage einer Änderung der Ruhensvorschriften der §§ 158 und 160 des Bundesbeamtengesetzes geprüft werden sollte. Da haben wir uns weit mehr vorgestellt, als wir heute vorfinden. Vor allem müßten alle Anrechnungen im öffentlichenDienst überprüft werden, denn Verdienste in der freien Wirtschaft dürfen, wie wir wissen, auf keinen Fall angerechnet werden. Das ist eine Sache, die natürlich immer wieder Gegenstand der Debatten war, aber noch nie so klar zu Widersprüchen geführt hat wie heute. Das haben wir uns darunter vorgestellt, aber das ist nun nicht erfüllt worden. Wir werden uns im Ausschuß auch mit dieser Frage beschäftigen müssen.Wir begrüßen die Verbesserungen, die hinsichtlich der Ruhensvorschriften in diesem Gesetz vorgesehen sind. Sie wissen, daß uns auch beim Soldatenversorgungsgesetz mitgeteilt wurde, daß die Zeitsoldaten nicht sehr gern in den öffentlichen Dienst gehen — obwohl sie dort sehr notwendig, z. B. bei der Bundeswehr selbst, gebraucht werden —, weil sie in der freien Wirtschaft nicht von dieser Anrechnung betroffen werden. Schon aus diesem Grunde hat sich inzwischen vieles aufgelockert. Wir glauben also, daß diese Fragen nochmals einer Überprüfung wert sind.Ein Wort zur strukturellen Überleitung, die Herr Brück angesprochen hat. Ich kann nur feststellen, daß wir mit großer Entschiedenheit im Jahre 1957 dieses Problem mit regeln wollten. Sie als Koalitionsparteien haben es abgelehnt. Sie haben wieder nur Schritt für Schritt mitgemacht: zunächst einmal eine sogenannte spitze Überleitung, und jetzt entschließen Sie sich zur strukturellen Überleitung. Man kann sich eines leisen Lächelns nicht erwehren, Herr Kollege Brück; Sie wissen ganz genau, daß die Länder vorgezogen haben. Ich habe das einmal im Ausschuß klargestellt: wenn man von einer Harmonisierung zwischen Bund und Ländern spricht,sollten nicht die Länder vorangehen, sondern derBund. Denn es handelt sich um einen Personenkreis— soweit er im Bundesdienst war oder heute noch im Bundesdienst ist —, bei dem es nicht um eine echte strukturelle Überleitung, sondern um eine Wiedergutmachung geht, und zwar an die Personen des einfachen und mittleren Dienstes, die sie schon längst zu Recht hatten. Sie wissen, das war unsere Absicht. Sie haben es erst heute auf Ihr Programm geschrieben.
— Spät kommt ihr, doch ihr kommt; das wollen wir anerkennen.Nun kommen wir zu dem schwierigsten Problem, zu der sogenannten Doppelversorgung. Ich wünschte, wir würden dieses Wort nicht gebrauchen. Im Regierungsentwurf steht es auch nicht so klar darin. In meinen Augen ist es keine Doppelversorgung. Wenn Sie von Doppelversorgung sprechen, können Sie nur damit meinen, daß in den meisten Fällen sowohl in dem einen Fall — im Rentenfall —, als auch in dem anderen Fall Jahre angerechnet werden. Das ist eine Frage, über die man später einmal reden muß, aber eine Doppelversorgung ist es nicht.Man muß auch die Entstehung dieser von Ihnen als Diskrepanz angesehenen Dinge genau betrachten. Woher kommt es denn? Es liegt doch bei den Betriebsverwaltungen an den großen Stellenpuffern, daß die Leute jahrelang warten müssen, bis sie ins Beamtenverhältnis kommen. Dann müssen sie eben Pflichtbeiträge zahlen. Sie wären natürlich viel glücklicher, wenn ihnen das erspart geblieben wäre. Sie haben ja auch die Hälfte gezahlt. Nicht nur die Arbeitgeber, sondern auch die Arbeitnehmer haben gezahlt. Das bestimmt uns, eine Haltung einzunehmen, die mit Ihrer Haltung nicht übereinstimmt. Wir werden das sehr genau überprüfen.Vor allem ist eines klar — das möchte ich als Grundsatz aussprechen —: die vollständige Besitzstandswahrung, sowohl die materielle als auch die rechtliche, ohne Aufzehrung der Ausgleichszulage müssen wir in jedem Fall erreichen. Sonst tun wir diesem Personenkreis Unrecht. Meiner Ansicht nach wäre das Gegenteil auch vom verfassungsrechtlichen Standpunkt aus zu beanstanden.Wir werden dann darüber zu reden haben, wie das Problem für die Zukunft zu regeln ist. Ich habe wohl im großen und ganzen unsere Einstellung zu diesen Dingen dargelegt. Wir sind der Meinung, daß eine neue Regelung in Kraft treten muß, und ich glaube, auch der große betroffene Personenkreis sieht das ein. Dabei muß aber auf jeden Fall vermieden werden, daß Unrecht geschieht, und wir meinen: nach dem Regierungsentwurf ist manches Unrecht nicht ausgeschlossen. Ich hoffe, daß wir uns im Ausschuß auf eine gute Lösung einigen werden.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Miessner.
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6206 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Regierungsentwurf enthält zwei Schwerpunkte: erstens die Neuregelung der sogenannten Doppelversorgung, d. h. der Gesamtbezüge beim Zusammentreffen von beamtenrechtlicher Altersversorgung mit anderen nicht beamtenrechtlichen Versorgungsleistungen aus öffentlichem Recht, z. B. den Renten, zweitens die Teilnahme der Pensionäre des Bundes ,an den strukturellen Verbesserungen des Besoldungsrechts, d. h. an den Höherstufungen bestimmter Beamtengruppen, die nach deren Pensionierung eingetreten sind.
Zum ersten Punkt: Die Neuregelung der sogenannten Doppelversorgung stand schon im 3. Bundestag auf der Tagesordnung. Wegen der Vielschichtigkeit des zur Diskussion stehenden Problems wurde damals die Entscheidung hierüber vertagt. Nunmehr liegt dem Hohen Hause eine ähnliche Gesetzesänderung vor, die wiederum sehr umstritten ist und in der Ausschußberatung mancherlei Verbesserungen bedarf. Im übrigen muß ,darauf hingewiesen werden, daß das Problem der sogenannten Doppelversorgung nicht nur bei den Beamten, sondern auch bei Angestellten und Arbeitern innerhalb und außerhalb des öffentlichen Dienstes, z. B. beim Zusammentreffen von Sozialrenten und Werkspensionen, besteht.
Gegenüber dem Hinweis, daß Rente plus Pension zusammen das letzte Gehalt des aktiven Beamten übersteigen könnten, ist zu bedenken, daß die sogenannte Doppelversorgung hauptsächlich bei Beamten des einfachen und mittleren Dienstes zum Zuge kommt.
Herr Bundesminister Höcherl, natürlich kann es auch bei ,anderen Beamtenkategorien vorkommen; aber Sie werden mir zugeben, daß die große Zahl der Fälle beim einfachen und mittleren Dienst, besonders bei Bahn und Post liegt. Das sind Beamtenkategorien, bei denen die Pensionen schon jetzt hinter der Altersversorgung vergleichbarer Gruppen zurückbleiben.
Das ist so ungefähr die allgemeine Situation, in der wir uns mit dieser sehr schwierigen Materie heute befinden. Diese Sache steht zwar schon seit vier Jahren an, aber deswegen ist die Lösung des Problems keineswegs leichter und einfacher geworden.
Lassen Sie mich namens der FDP-Fraktion vorweg erklären, daß wir die Regierungsvorlage insoweit durchaus begrüßen, als die Frage des Zusammenfallens mehrerer Versorgungsbezüge zu überprüfen ist. Wir sind also mit der Regierung der Meinung, daß für die Zukunft eine Neuordnung der Gesamtversorgung beim Zusammentreffen von Pension und Renten erforderlich ist, wobei jedoch in bestehende Rechte und Anwartschaften nicht eingegriffen werden sollte. Darum muß den im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neuregelung bereits vorhandenen Versorgungsempfängern der volle Besitzstand ungeschmälert erhalten bleiben.
Für die andere Gruppe, für die jetzt noch aktiven Beamten, ist ebenfalls eine Lösung ,zu suchen, die deren Rechte wahrt; denn es wäre gefährlich, in einem Rechtsstaat Regelungen zu treffen, die einen
legal erworbenen Rechtsstand eines Staatsbürgers nachträglich mindern.
Nun zu dem anderen Fragenkomplex, nämlich der strukturellen Verbesserung der Pensionen. Die Teilnahme auch der Pensionäre des Bundes an den strukturellen Verbesserungen des Besoldungsrechtes ist zu begrüßen, besonders auch die Einbeziehung der 131er-Berufssoldaten in die vorgesehene Regelung. Mit Bedauern anzumerken wäre hier lediglich, daß der Bund auf 'dem Beamtensektor wieder einmal erst verspätet einer Regelung folgt, die in den Bundesländern bereits seit Jahren gilt.
Ich beschränke mich bei diesem ganzen Fragenkomplex, bei dem wohl im großen und ganzen unter allen drei Fraktionen Einmütigkeit herrscht, auf einen Punkt, über den wir im Ausschuß sicher noch sehr eingehend werden sprechen müssen. Wir sind der Meinung, daß bei der Durchführung der strukturellen Überleitung auf Anfangs- und Endstichtage verzichtet werden sollte, ,da sonst wieder vom Zufall abhängige Ergebnisse geschaffen werden und da jeder Stichtag bekanntlich neue Härten mit sich bringt.
Im übrigen sollte der Gesetzentwurf dem Innenausschuß Veranlassung geben, gleichzeitig vielleicht noch die eine oder andere Bestimmung des Beamtenversorgungsrechts zu reformieren, damit es im Gesamtrahmen der ,Altersversorgung seine 'Stellung behält.
Das Wort hat der Abgeordnete Biechele.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen, Seibert, Gscheidle und Fraktion der SPD — Drucksache IV/221,4 — betrifft den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesbeamtengesetzes. Es soll der I§ 72 über die Arbeitszeit geändert werden. Namens meiner Fraktion drf ich dazu kurz folgendes ausführen.
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964 6207
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6208 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Miessner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die FDP-Fraktion ist der Meinung, daß es auf jeden Fall gut ist, die in dem SPD-Antrag Drucksache IV/2214 angeschnittene Frage des „Dienstes in Bereitschaft" einer klaren Regelung zuzuführen. Wir stimmen daher der Überweisung an den Ausschuß zu. Darüber, ob wir dort die Beratung noch etwas zurückstellen, wie es der Herr Bundesinnenminister wünscht, oder ob wir gleich anfangen, können wir uns im Ausschuß ja noch unterhalten. Irgendwelche Gefahren, wie sie eben angedeutet wurden, dürften nicht bestehen, da Sie, Herr Schmitt-Vockenhausen, selber der Vorsitzende dieses Ausschusses sind.
Meine Damen und Herren, ich habe keine Meldungen mehr auf meiner Liste. Wir können also zur Abstimmung kommen.
Der Gesetzentwurf unter Punkt 4 a soll nach einer Vereinbarung im Ältestenrat an den Ausschuß für Inneres als federführenden Ausschuß und an den Haushaltsausschuß zur Mitberatung überwiesen werden, der Gesetzentwurf unter Punkt 4 b ebenso, der Gesetzentwurf unter Punkt 4 c nur an den Ausschuß für Inneres und der Gesetzentwurf unter Punkt 4 d ebenfalls an den Ausschuß für Inneres. Ist das Haus einverstanden? — Dann ist so beschlossen. Punkt 4 der Tagesordnung ist erledigt.
Wir kommen zu Punkt 5 der Tagesordnung:
Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Änderung mietrechtlicher Vorschriften ;
Zusammenstellung der Beschlüsse des Bundestages in zweiter Beratung .
.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
Zu Art. I ist ein Änderungsantrag auf Umdruck 455 Ziffer 1 *) angekündigt. Wer begründet? — Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf nur kurz den Ände-
*) Siehe Anlage 2
rungsantrag, den meine Fraktion vorgelegt hat, begründen. Es handelt sich im Grunde bei allen Punkten nur um redaktionelle Änderungen.
Der Antrag unter Ziffer 1 beruht darauf, daß die Worte „auf Widerspruch" in § 556 c, welche gesetzliche Bestimmung in der zweiten Lesung mit der Wiederholung der Sozialklausel beschlossen worden ist, nicht ganz passen. Wir müssen hier den Begriff „auf Verlangen" einführen, denn wir haben in der zweiten Lesung den § 556 b eingeführt mit den Mietverhältnissen auf bestimmte Zeit, bei denen die Sozialklausel zugelassen ist, obwohl es keiner Kündigung und damit auch keines Widerspruchs bedarf, der Mieter also seinerseits verlangen kann, daß das Mietverhältnis unter den besonderen Voraussetzungen fortgesetzt wird. Um nun auch in der neuen Bestimmung des § 556 c beide Fälle zu erfassen, erscheint es notwendig, hier den Begriff „Verlangen" statt des Begriffs „Widerspruch" einzuführen.
Die Ziffern 2, 3, 4 und 6 tragen der Tatsache Rechnung, daß wir erst heute zur Verabschiedung des Gesetzes kommen, so daß der vorgesehene Termin des 1. 7. 1964 wohl schwerlich noch eingehalten werden kann. Der Bundesrat kann erst am letzten Freitag dieses Monats Juni über den Gesetzentwurf beschließen. Selbst wenn das Gesetz noch bis zum 1. Juli verkündet werden könnte, muß man ja denen, die es anzuwenden haben, die Möglichkeit geben, sich damit vertraut zu machen. Aus diesem Grunde beantragen wir, die Daten „30. 6. 1964" bzw. „1. 7. 1964" jeweils durch die Daten „31. 7. 1964" bzw. „1. 8. 1964" zu. ersetzen.
In Ziffer 5 unseres Änderungsantrages handelt es sich gleichfalls nur um eine redaktionelle Änderung. Wir haben in der zweiten Lesung die Bestimmungen über die Werkswohnungen um zwei Paragraphen erweitert; das muß in den Übergangsbestimmungen des Art. IV berücksichtigt werden.
Meine Damen und Herren, ich möchte, bevor ich weiter das Wort erteile, den Vorschlag machen, daß wir die allgemeine Aussprache am Ende der dritten Lesung durchführen, wenn über die Abänderungsanträge abgestimmt ist. Ich glaube, das ist das Vernünftigste.
Das Wort hat der Abgeordnete Jahn.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich nur mit Ziffer 1 des Änderungsantrages beschäftigen und folgendes dazu bemerken.In § 556 c soll das Wort „Widerspruch" durch das Wort „Verlangen" ersetzt werden. Wenn ich den Herrn Kollegen Dr. Hauser recht verstanden habe, geht es hier nicht um eine materielle Änderung, sondern lediglich um eine Änderung der Formulierung.
Aber, Herr Kollege Hauser, dagegen sprechen zwei Umstände.
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964 6209
JahnErstens: Sie haben das Institut des Widerspruchs eingeführt. Warum sollen wir es nicht dabei belassen, um der Klarheit willen zu sagen, daß hier von diesem Institut des Widerspruchs Gebrauch gemacht wird?Es kommt aber eine zweite, mehr stilistische Überlegung hinzu. Wenn Sie jetzt sagen „Verlangen", dann haben Sie ein paar Zeilen weiter noch einmal das Wort „verlangen". Wir haben bei diesem Gesetz schon mehrere Male Gelegenheit gehabt, uns darüber zu äußern, daß es in seinen Formulierungen weiß Gott nicht glücklich ist. Es wird einfach eine noch schlechtere Formulierung. Deshalb bitte ich Sie, zu überlegen, ob Sie an diesem Antrag festhalten wollen. Oder soll es im Ernst heißen: „Ist auf Verlangen des Mieters bereits einmal durch Einigung oder Urteil die Fortsetzung des Mietverhältnisses bestimmt worden, so kann der Mieter eine weitere Fortsetzung nur verlangen ..." usw.? Das scheint mir wirklich kein Fortschritt zu sein. Ich bitte deshalb zu überlegen, ob Sie den Antrag nicht zurückziehen wollen. Wir werden ihm jedenfalls nicht zustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Hauser.
Herr Kollege Jahn, es ging uns lediglich darum, daß nicht nur der Fall der Kündigung mit dem Widerspruch in § 556 a) gemeint ist, sondern darüber hinaus auch der Fall des § 556 b) : daß auch Mietverhältnisse, die auf be- stimmte Zeit abgeschlossen sind, eindeutig erfaßt sind.
Das Wort hat der Abgeordnete Busse.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren Kollegen! Das Verlangen der CDU, ,die Berichtigung herbeizuführen, daß das Wort „Widerspruch" durch „Verlangen" ersetzt wird, ist materiell unzweifelhaft begründet. Schöner wird der § 556 c sprachlich dadurch jedenfalls nicht. Zu den sonstigen Unschönheiten, die in diesem Paragraphen drinstecken, werde ich nachher noch gesondert etwas ausführen. Mit dem Vorbehalt, daß wir dem § 556 c in dieser und in einer anderen Fassung überhaupt nicht zustimmen werden, möchte ich sagen: behält man ihn bei, dann ist freilich trotz der sprachlichen Unschönheit das Wort „Verlangen" statt „Widerspruch" schon das richtigere.
Keine weiteren Wortmeldungen. Dann stimmen wir über den Änderungsantrag Umdruck 455 Ziffer 1 ab. — Bitte, Herr Abgeordneter Weber.
Herr Präsident, ich bitte, die Abstimmung zurückzustellen. Nach meiner Meinung kann über den Antrag nicht abgestimmt werden, weil die FDP in einem Änderungsantrag ihrerseits verlangt, in dem vorangehenden Paragraphen eine Streichung vorzunehmen,
und weil die SPD die Streichung der ganzen Bestimmung verlangt. Deswegen bitte ich, die Abstimmung zurückzustellen.
Sie haben recht. Wir müssen zuerst über die Änderungsanträge auf Umdruck 465 und 469*) Ziffer 2 abstimmen.
Herr Präsident, darf ich mir vorbehalten, wenn es zur Abstimmung kommt, vorzuschlagen, das Verb „verlangen" durch „begehren" zu ersetzen.
Wird der Änderungsantrag auf Umdruck 465 begründet? — Das Wort hat der Herr Abgeordnete Jahn.
Herr Präsident! Meine Damen und und Herren! Wir haben mit diesem Antrag folgendes vor. Bisher ist in dem Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vorgesehen gewesen, daß von der einzigen Schutzvorschrift, die es für den Mieter gibt, überhaupt nur einmal Gebrauch gemacht werden kann. In der zweiten Lesung hat sich immerhin eine Mehrheit dafür gefunden, die Vorschrift, daß von dem Widerspruchsrecht nur einmal Gebrauch gemacht werden kann, dahin zu modifizieren, daß wenigstens in den Fällen, wo wesentliche Änderungen der Umstände eingetreten sind, vom Widerspruchsrecht noch einmal Gebrauch gemacht werden kann.Mit dieser Entscheidung, die an sich schon einen Fortschritt gegenüber der ursprünglichen Vorstellung darstellt, tun Sie, meine Damen und Herren, aber nur einen halben und nicht genügend wirksamen Schritt, weil Sie den vielfältigen möglichen Lebensumständen nicht hinreichend Rechnung tragen. Es genügt nicht, daß man nur einmal mit dem Widerspruchsrecht gegen eine Kündigung angehen kann. Es genügt auch nicht, die Wiederholung von neu eingetretenen besonderen Umständen abhängig zu machen. Denken Sie an die Fälle — der Herr Bundeswohnungsbauminister hat in seinen Veröffentlichungen gelegentlich darauf hingewiesen, daß es sich da um einen Widerspruchsgrund handelt —, wo infolge hohen Alters das erste Mal ein Widerspruch erfolgreich gewesen ist. An dem hohen Alter ändert sich nur insofern etwas, als es noch höher wird. Ob aber die Gerichte bereit sein werden, darin nun eine wesentliche Änderung der Lebensumstände zu sehen — obwohl gerade das Fortbestehen des hohen Alters gegen die Wirksamkeit einer Kündigung sprechen kann —, erscheint uns in hohem Maße zweifelhaft. Ich bitte Sie, sich darauf zu besinnen, daß der Herr Bundeswohnungsbauminister mehrfach öffentlich — mit Recht — gesagt hat, keine Familie dürfe unter die Räder kom-*) Siehe Anlagen 3 und 4
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6210 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964
Jahnmen. Ich hoffe, er hat dabei auch an die alten Familien gedacht. Mehrfach hat er darauf hingewiesen, daß Kindergeschrei kein Kündigungsgrund sein dürfe. Das ist auch so einer der Umstände, die sich nicht ohne weiteres in verhältnismäßig kurzer Zeit ändern werden, sondern sich sogar noch verstärken könnten. Auch dem tragen Sie nicht hinreichend Rechnung, wenn Sie es bei der bisherigen Fassung belassen.Ich habe vorhin gesagt: es war nur ein halber Schritt, den Sie mit der Einfügung des § 556 c gemacht haben. Haben Sie den Mut dazu, einen ganzen Schritt daraus zu machen und dieses minimale Schutzrecht, das Sie dem Mieter überhaupt noch gewähren wollen, doch wenigstens so zu gestalten, daß er mehrfach davon Gebrauch machen kann, daß er mehrfach die Möglichkeit hat, sich gegen eine ungerechtfertigte Kündigung zu wehren, auch und gerade dann, wenn seine besonderen Lebensumstände fortbestehen und deshalb eine besondere Schutzwürdigkeit bei ihm gegeben ist!
Herr Abgeordneter Busse, Sie haben das Wort. Sie begründen gleich Ihre beiden Anträge auf Umdruck 469.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren Kollegen! Wenn wir die Frage zu prüfen haben, ,ob der § 556 c in der jetzigen Form oder in einer geänderten Form bestehenbleiben soll oder nicht, so müssen wir bedenken, daß diese Frage unlösbar verbunden ist mit der Änderung des bestehenden Rechts, die in der zweiten Lesung auf Antrag der CDU/CSU hier beschlossen worden ist, nämlich mit der Streichung .des Buchstaben a in § 556 a Abs. 4 Nr. 3, der dem Inhalt nach besagte, daß ein Widerspruch gegen eine Kündigung nur einmal zulässig sei.
Wir haben bereits in zweiter Lesung hier sehr eindringlich darauf hingewiesen, daß wir diesem damals von der CDU/CSU gestellten Änderungsantrag, der praktisch von heute auf morgen auf den Tisch des Hauses flatterte, nicht zustimmen könnten. Auch 'die Überlegungen, die wir in der Zwischenzeit angestellt haben, haben uns von unserem damals eingenommenen Standpunkt nicht abbringen können; im Gegenteil, unsere Bedenken sind verschärft und vertieft worden.
Als wir — sowohl hier im Plenum wie auch in den Ausschußberatungen — daran gingen, die Neugestaltung unseres Mietrechts zu beraten, waren sich alle Beteiligten darüber im klaren, daß hier ein neuer Abschnitt des Bürgerlichen Gesetzbuches geschaffen werden sollte und daß wir nach der Bedeutung dieser Aufgabe alles daransetzen müßten, ein dauerhaftes und solides Recht zu schaffen, ein Recht, das sich würdig an das anschließt, was das Bürgerliche Gesetzbuch einmal war, in großem Umfange auch heute noch bei uns und in ,der internationalen Anerkennung ist.
Eine Voraussetzung dafür, daß ein solches Recht wirklich geschaffen wurde, mußte das Bemühen sein, es so zu gestalten, daß es wirklich auf lange Sicht
hin Geltung haben konnte, abgesehen von der allgemeinen Funktion des Rechts, das dem Bürger ja eine gewisse Sicherheit geben, das ihm sagen soll, wie er sich einrichten kann und muß, um den bestehenden gesetzlichen Anforderungen Genüge zu leisten. Schon diese Funktion des Rechts verlangt es, daß man nicht ohne zwingenden Grund kurzfristig die bestehenden Gesetze ändert. Darüber hinaus verlangt es aber noch mehr die Bedeutung .des bürgerlichen Rechts im allgemeinen, die ich eben herausgestellt 'habe, daß man ,ein Gesetz, das soeben beschlossen worden ist — und wie lange existiert denn § 556 a, damals auf Antrag der CDU/CSU so beschlossen, wie er heute 'im )Gesetz steht? —, nicht ohne zwingende Notwendigkeiten nun kurzfristig bereits wieder ändert und daß man morgen dem Bundesbürger sagt: 'Zwar hast du bis heute angenommen, daß 'die Rechtslage so ist, wie sie das BGB, vor zwei Jahren beschlossen, dir bietet, aber das war bis gestern der Fall, morgen gilt 'wieder etwas anderes. Diesen Schritt, meine Damen und Herren, sollte man nicht leichtfertig tun. Es ist nicht erträglich, daß wir so ständig an den bestehenden Gesetzen ändern.
Gestatten Sie eine Frage des Herrn Abgeordneten Jahn?
Herr Kollege Busse, dieser Grundsatz ist sehr schön, er ist bei diesem Gesetz nicht immer durchgehalten worden. Aber meinen Sie nicht auch, daß eine Verbesserung trotz 'dieser grundsätzlichen Überlegungen durchaus vertretbar ist und von den Betroffenen nicht nur 'hingenommen, sondern gern 'entgegengenommen würde?
Herr Kollege Jahn, ich habe bisher kein Werturteil gefällt. Ich habe nicht gesagt, daß diese Änderung besseres oder schlechteres Recht schafft. Ich habe nur aus allgemeinen Erwägungen gesagt — und dem wird man wohl schlecht widersprechen können —, daß man nur aus zwingenden Notwendigkeiten derart einschneidende Gesetze kurzfristig ändern soll. Aber ich bin auch der Meinung — um nun gleich auf das weitere einzugehen —, daß die Änderung, die hier eingefügt ist, keineswegs eine Verbesserung des bestehenden Rechtes darstellt, im Gegenteil. Auch hier wieder: Eine der Hauptfunktionen unseres Rechtes ist die, daß der Staatsbürger weiß, woran er ist, was er machen kann, wie er sich zu verhalten hat.Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir berücksichtigen — und dabei ziehe ich bei meinen Überlegungen den Antrag der SPD noch in Betracht —, welche uferlose Ungewißheit durch diese Änderung der Bestimmungen in unser gesamtes Rechtsleben und in Verhältnisse, die 'für Millionen von Menschen von großer Bedeutung sind, hineingetragen wird, dann wird wohl jedem evident werden müssen, daß ohne zwingenden Grund nichts getan werden sollte, was in der zweiten Lesung geschehen ist und heute noch vertieft werden soll. Bereits nach geltendem Recht besteht heute die Möglichkeit, daß der Richter eine Verlängerung des
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BusseMietverhältnisses auf eine Zeit festsetzt, die nicht irgendwie begrenzt ist — schon ein Ungewißheitsfaktor, der von gar nicht zu unterschätzender Bedeutung ist. Aber wenn nun der Staatsbürger nach Hause geht und sagt: Nun hat der Richter entschieden — ich will jetzt einmal unterstellen, das Mietverhältnis ist auf ein Jahr verlängert worden —, dann weiß er immer noch nicht, ob nach diesem Jahr die Dinge zu Ende sind, wenn er Ihren Ideengängen folgt, sondern dann soll er nach einem Jahr wieder einmal vor die Frage gestellt werden: Wie lange kann es nun wieder verlängert werden? Dieses Spiel soll sich nach Ihren Vorstellungen, meine Damen und Herren von ,der SPD, ad infinitum beliebig fortsetzen, eine Ungewißheit soll sich an die andere anschließen, und das bei einem Verhältnis, bei dem jeder Partner, sowohl der Hauswirt wie der Vermieter, daran interessiert ist, möglichst bald zu wissen: Wie steht es denn nun, womit kann ich rechnen, wie kann ich disponieren, was kann ich in die Wege leiten, und was muß ich unterlassen?
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Meinen Sie nicht auch, Herr Kollege Busse, daß es die Diskussion wesentlich fördern würde, wenn Sie jetzt einmal sagten, von welcher und von wessen Ungewißheit Sie eigentlich hier sprechen?
Von der, die durch Ihren Antrag ) hervorgerufen wird.
Denken Sie auch an die Ungewißheit des Mieters bei der Frage, wie er eigentlich eine andere Wohnung finden soll gegenüber der ohne Kündigungsgründe ausgesprochenen Kündigung des Vermieters?
Auch darauf will ich gleich noch kurz eingehen, ich bin mit meinen Ausführungen ja nicht zu Ende. Nicht ohne Grund beschäftigt uns der § 556 a mehrfach in diesem Hause, und nicht ohne Grund mache ich von der Möglichkeit Gebrauch, jetzt etwas ausführlicher dazu zu reden; denn hier scheiden sich eben die Geister, Herr Kollege Jahn, und sie scheiden sich hier recht eindeutig. Das will ich gleich an anderen Beispielen ausführen.
Ich will noch auf einen anderen, meinetwegen Schönheitsfehler, der aber meines Erachtens von sehr wesentlicher Bedeutung ist, hinweisen und fragen: Bis wann soll denn nun der zweite Antrag gestellt werden müssen? Beim ersten Antrag haben wir wenigstens noch Fristen eingeführt. Beim zweiten Antrag kann unter Umständen, wenn der Gerichtsvollzieher bereits vor der Tür steht, der Mieter noch hingehen und sagen: ich möchte jetzt aber erneut eine Verlängerung des Mietverhältnisses, weil inzwischen das und das eingetreten ist.
Aber damit nicht genug! Ich weiß, was Sie mit dem § 556 c zu erreichen beabsichtigen, meine Damen und Herren von der CDU/CSU-Fraktion. Sie
möchten, daß der Mieter, wenn sich die Umstände so ändern, daß eine Verlängerung gerechtfertigt sein könnte, trotz Ablaufens der Verlängerungsfrist eine weitere Verlängerung beantragen kann. Dieses Ihr Verlangen ist zwar dem „kundigen Thebaner" klar, im Gesetze steht es aber leider nicht. Dort steht vielmehr wörtlich: „ ... so kann der Mieter eine weitere Fortsetzung verlangen, wenn dies durch eine wesentliche Änderung der Umstände bedingt ist". Was besagt denn das? Welche wesentliche Veränderung der Umstände muß denn eintreten? Was muß sich geändert haben? Mindestens das müßte doch im Gesetz zum Ausdruck kommen.
Die Bestimmung ist also nicht nur wegen der Worte „verlangen" und „Widerspruch", sondern auch gesetzestechnisch unvollkommen. Sie ist in der vorliegenden Form auch nicht praktikabel.
Wir müssen aber, glaube ich, die Fragen doch noch etwas — und damit komme ich auf Ihre Fragen zurück — vertiefen, die hier zur Erörterung stehen. Wir jedenfalls gehen bei unseren Überlegungen davon aus, daß die beste soziale Wohnungspolitik, wenn ich das einmal so bezeichnen darf, diejenige ist, bei der möglichst viele Wohnungen gebaut werden und möglichst bald ein möglichst ausgeglichener Wohnungsmarkt hergestellt wird.
— Herr Kollege Jahn, ich glaube, ich spreche so deutlich und drücke mich so verständlich aus, daß man das verstehen kann. Wir gehen davon aus, daß die Schaffung dieser Voraussetzungen zu der besten Wohnungspolitik führt, die man betreiben kann. Wir geben Ihnen zu — und das weiß jeder in diesem Hause —, daß dieser Zustand heute noch nicht erreicht ist,
weitgehend noch nicht erreicht ist.
— Wenn nun Hunger herrscht, Herr Kollege Jahn, dann bekämpft man ihn natürlich am besten, indem man möglichst viele Zwangsvorschriften gegen den Anbau, den Verkauf und Vertrieb von Getreide und Kartoffeln und Brot erläßt? — Das ist die Methode, die diejenigen wollen, die auch heute noch ein möglichst großes Maß an Zwangsvorschriften in unser Mietrecht einfügen wollen.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Darf ich meinen Gedanken eben zu Ende führen? — Die Überlegungen der anderen gehen dagegen dahin, daß man die Produzierung des Gutes, an dem Mangel ist, so attraktiv gestalten muß, wie es nur eben möglich ist, damit möglichst viele Wohnungen bauen, damit möglichst viele nicht dazu übergehen, nun nur noch ihr Einfamilienhaus zu bauen, sondern gleich die Einliegerwohnung mit hineinbauen. Meine Damen und Herren, wenn Sie glauben, diese Erfolge erzielen zu können, indem
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6212 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964
BusseSie die Kündigung noch und noch und noch erschweren, ich glaube, dann sind Ihre Vorstellungen auch vorn Grundsätzlichen her falsch. — Bitte, Herr Kollege Jahn.
Herr Kollege Busse, ich würde gern wissen, ob Sie mit diesem etwas merkwürdigen Vergleich, den Sie soeben brachten und der nach meiner Auffassung nicht nur auf einem Bein, sondern auf allen vier Beinen hinkt, zum Ausdruck bringen wollten, in diesem Hause gebe es eine Fraktion, die der Meinung ist, daß man nicht mehr Wohnungen bauen sollte.
Nein.
Das hat auch nicht in meinen Worten gelegen. Ich habe soeben schon einmal gebeten, doch dem zuzuhören, was ich sage. Dann braucht man nicht gegen etwas zu kämpfen, was nicht ausgesprochen ist, was nicht gemeint war und auch nicht so verstanden werden konnte, wenn man meinen Ausführungen gutwillig folgte.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Jacobi?
Bitte.
Herr Kollege Busse, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie klarmachten, ob Sie nicht, wenn Sie von Zwangsmaßnahmen sprechen, die Sie bedauern, auch daran denken, daß dieses Haus mindestens in seiner überwiegenden Mehrheit an Schutzmaßnahmen denkt.
Herr Kollege Jacobi, ich komme ja auf eine gewisse Frage noch zu sprechen, die in den Gesamtrahmen hineingehört; ich wollte jetzt gerade damit anfangen. Es ist die Frage der Sozialpflichtigkeit des Eigentums. Auch wir sind davon überzeugt, daß Eigentum auch soziale Verpflichtungen mit sich bringt. Aber wenn man sich den Katalog dessen ansieht, was unser geltendes Recht bereits an Möglichkeiten enthält — und Sie, Herr Kollege Dr. Hauser, haben mir in dem Bericht, den Sie ursprünglich gegeben haben, dabei gute Dienste vorgeleistet —, so fragt man sich mit Fug und Recht, ob damit nicht die Grenzen der Sozialpflichtigkeit des Eigentums endlich erreicht sind oder was wir darüber hinaus noch tun sollen.
Ich darf nur erwähnen: Die Kündigungsfristen sind gegenüber früher erheblich verlängert worden. Gegen die Kündigung gibt es da, wo die Verhältnisse entsprechend liegen, die Möglichkeit des Widerspruchs und der Verlängerung des Mietverhältnisses auf unbegrenzte Zeit. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, Räumungsfristen bis zu einem Jahr zu erhalten, und da, wo der Hauswirt Mißbrauch mit seinem Titel treibt, hat der Mieter dann immer noch die Möglichkeit, zusätzlich die allgemeinen Maßnahmen des Vollstreckungsschutzes für sich in Anspruch zu nehmen.Wenn man das alles berücksichtigt, ergibt sich tatsächlich die Frage, ob die Wirkungen eines Mietvertrages so weit gehen dürfen, daß der Hauswirt über seine Verfügungsbefugnis über sein Eigentum ad infinitum im ungewissen ist, so daß ihm incidenter die Verpflichtung auferlegt ist, den Mieter so lange zu behalten, wie es die Umstände eben erfordern. Meine Frage — um es ganz klar zu sagen —ist die, ob der Hauswirt diese Verpflichtung übernehmen soll, oder ob es in einer Situation, die sich dann möglicherweise ergeben kann, nicht eine Verpflichtung anderer Stellen ist, dafür zu sorgen, daß die Lasten, die hier entstehen, nicht auf jemanden, der zufällig der Vermieter ist, abgewälzt werden. Ist es nicht Aufgabe der öffentlichen Hand, dafür zu sorgen, daß diese Last auch von dem getragen wird, der bei sozialen Notständen die Verpflichtung hat, generell einzutreten?
— Auch die kann in Frage kommen.
— Wollen Sie die vielleicht ausschalten?
— Also sie kann auch nach Ihrer Meinung in Frage kommen. Aber darüber kann man sich dann den Kopf zerbrechen, welche Schritte in die Wege geleitet werden sollen und müssen. Jedenfalls ist es nicht richtig, dem einzelnen Hauswirt diese Last ad infinitum aufzuerlegen.
Da scheiden sich eben die Geister, das möchte ich ganz klar und deutlich zum Ausdruck bringen. Diesen Appell möchte ich auch an die Damen und Herren der CDU/CSU richten. Sie sollten sich die Konsequenzen und Auswirkungen ihres Beschlusses, den sie in der zweiten Lesung gefaßt haben, noch einmal eingehend überlegen.
Ohne daß irgendein zwingender Grund vorliegt, ändern Sie ein Gesetz, das Sie vor zwei oder drei Jahren — nehmen Sie es nicht genau — selber beschlossen haben. Dabei ist noch nicht einmal der Versuch gemacht worden, glaubhaft zu machen, daß diese Änderung bereits heute erfolgen müßte. Ich bitte Sie deshalb, unserem Antrag, den ich jetzt etwas erläutern muß, zuzustimmen.Unser Antrag geht dahin, die alte Fassung des § 556 a wiederherzustellen. Ich hatte einen Antrag vorbereitet und bei der Antragsannahmestelle eingereicht, in dem positiv stand, daß die ursprüngliche Fassung des Gesetzes wiederhergestellt werden soll, weil ich mir nicht so recht klar war, ob ich die Streichung einer Streichung beantragen könne, ob also auch hier minus mal minus plus ergibt. Aber die kluge Antragsannahmestelle hatte gemeint, daß es
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Bussetechnisch so gemacht werden müßte, wie es jetzt formuliert ist, und derartigen technischen Ratschlägen folge ich gern. Gemeint ist jedenfalls, daß wir die alte Bestimmung, wonach der Widerspruch nur einmal erhoben werden darf, wiederhergestellt wissen wollen. Das hat zur Konsequenz, daß § 556 c gänzlich entfallen muß.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Bitte sehr.
Herr Busse, würden Sie bitte auch noch erklären, worin Sie die untragbare Last für einen Hausbesitzer sehen, wenn er einen Mieter, der seine Miete pünktlich bezahlt und auch sonst seine Verpflichtungen erfüllt, der ordentlich ist, noch ein bißchen länger behalten muß? Denn wenn der Mieter das nicht tut, wird der Hausbesitzer ihn ohnehin schnell los.
Verehrte gnädige Frau, die Dinge liegen hier einfach so, daß ich als Hauswirt eines Tages sagen möchte: Ich möchte einmal Herr in meinem Hause sein.
— Möchten Sie nicht Herr in Ihrem Hause sein? Den möchte ich sehen, der diese Funktion gern aufgäbe. Das kann er sehr schnell haben. Da braucht er nicht erst einen Mietvertrag abzuschließen. Wenn er aber einen Mietvertrag abschließt, dann will er wissen, welche Verpflichtungen er eingeht, in welchem Umfang er sich bindet. In diesem Umfang soll er gebunden sein und gebunden bleiben, aber nicht darüber hinaus. Das ist das, was ich Ihnen dazu zu sagen habe.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Ausführungen haben, glaube ich, auch folgendes klargemacht — ich kann mich da jetzt sehr kurz fassen —: Dem Antrag der Fraktion der SPD, § 556 c zu streichen, können wir natürlich noch weniger zustimmen; denn er würde tatsächlich 'zu dem führen, was ich hier bekämpfe: daß bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen ,ein Mietverhältnis durch Richterspruch ad infinitum verlängert werden könnte. Daß wir das nicht wollen, ist klar. Der Antrag der SPD ist formell in einem Punkt zwar unserem Antrag ähnlich. Wir werden ihn aber aus ganz anderen Überlegungen ablehnen.
Wir bitten aber auch Sie, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, unserem Antrag auf Wiederherstellung des alten § 556 a und Streichung des neu eingefügten § 556 c zuzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Weber.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Angelegenheit, die wir hier behandeln, ist nach meiner
Meinung nicht von solcher Bedeutung, daß darüber eine Erregung entstehen sollte, wie sie während des Diskussionsbeitrags des Herrn Kollegen Busse geherrscht hat. So Entscheidendes ist in der zweiten Lesung nicht geändert worden, daß es nicht tragbar wäre. Das zu Ihren Ausführungen, Herr Kollege Busse.
Immerhin ist es nicht so, wie Sie es dargestellt haben, daß diese Bestimmung — es ist wohl im Jahre 1960 gewesen — widerspruchslos beschlossen worden ist. Vielmehr hatte der Bundesrat bereits im zweiten Durchgang erhebliche Bedenken gegen die Bestimmung des § 556 a Abs. 4 Nr. 3 erhoben. Er hatte das damals auch in einer Entschließung zum Ausdruck gebracht. Der Bundesrat hatte im ersten Durchgang dieser Vorlage sogar schlechthin die Streichung des Abs. 4 Nr. 3 verlangt und dazu ausgeführt:
Es kann Fälle geben, in denen sich während der Verlängerungszeit infolge neuer Umstände ein Notstand für den Mieter ergibt. Dem Mieter sollte nicht abgeschnitten werden, diese neuen Umstände in einem Erkenntnisverfahren geltend zu machen. Auch besteht die Gefahr, daß der Vermieter den Fall des Absatzes 4 Nr. 3 mißbräuchlich vorbereitet, indem er zunächst kündigt und auf Widerspruch die Fortsetzung des Mietverhältnisses befristet bewilligt.
Das sind die Gesichtspunkte für die Stellungnahme des Bundesrats gewesen.
Wir halten grundsätzlich an der Auffassung fest, die wir in dem Beschluß des .Jahres 1960 zum Ausdruck gebracht haben. Wir sind aber der Meinung, daß diese Überlegungen des Bundesrates immerhin Beachtung verdienen. In der zweiten Lesung ist beschlossen worden, daß eine clausula rebus sic stantibus ausdrücklich in das Gesetz eingefügt wird. Die Verlängerung des Mietverhältnisses erfolgt ja nicht schlechthin auf den Widerspruch hin, Herr Kollege Busse. Vielmehr sieht § 556 a dafür doch sehr scharfe Voraussetzungen vor, die von beiden Seiten erfüllt sein müssen. Es wird abgewogen. Infolgedessen kann man wirklich nicht sagen, daß einem solchen Begehren ohne weiteres stattgegeben würde.
Ich meine deshalb, daß der in der zweiten Lesung gefaßte Beschluß durchaus vertretbar ist. Insbesondere kann keine Rede davon sein, daß dadurch etwa das Eigentum ausgehöhlt würde, wie es in manchen Zuschriften an uns geheißen hat. Vielmehr haben Sie selbst darauf hingewiesen, daß das Eigentum nach der allgemeinen Auffassung dieses Hauses soziale Bindungen hat und daß infolgedessen die Interessen der schwächeren Partei vom Gesetzgeber berücksichtigt werden müssen. Das geschieht bei dem Antrag, den wir in der zweiten Lesung gestellt haben und der auch angenommen worden ist. Man sollte die Bedeutung dieser Frage nicht übertreiben.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage? — Bitte, Frau Abgeordnete!
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6214 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964
Herr Kollege Weber, glauben Sie als erfahrener Anwalt und Jurist nicht auch, daß nachher, wenn veränderte Umstände eintreten, diese nicht bei den sehr großzügigen Vollstreckungsschutzmaßnahmen berücksichtigt werden könnten?
Wir legen Wert darauf, daß es ausdrücklich im Gesetz verankert wird, weil es in die Konzeption des § 556 a, wie wir sie vor drei oder vier Jahren beschlossen haben, nicht hineinpassen würde, wenn wir einen Mieter, bei dem die Voraussetzungen des § 556 a vorliegen, auf das Vollstreckungsschutzverfahren verwiesen. Dafür haben wir den § 556 a seinerzeit ja geschaffen. Wenn jetzt neue Umstände vorliegen — das betone ich allerdings sehr scharf —, die die Voraussetzungen des § 556 a Abs. 1 erfüllen, sollte die Verlängerung erneut möglich sein. Das haben wir in zweiter Lesung beschlossen.
Herr Kollege Jahn, ich muß noch einige Worte zu Ihren Darlegungen sagen. Das Beispiel mit den Alten war sehr schlecht gewählt. Denn ,den Umstand, daß der Mensch von Tag zu Tag älter wird, kann der Richter schon bei dem ersten Antrag berücksichtigen; er muß es, wenn das der Gesichtspunkt ist, unter dem er dem Widerspruch stattgibt und eine Verlängerung des Mietverhältnisses vornimmt. Diesem Umstand muß immer Rechnung getragen werden, denn wenn der Umstand ,des Alterns entscheidend ist, gilt, daß der Mieter jeden Tag älter wird, und dem muß der Richter in seiner Entscheidung Rechnung tragen.
— Dieses Beispiel zieht meines Erachtens nicht.
Wir sind also der Meinung, daß der Änderung, die in der zweiten Lesung beschlossen worden ist, nicht die Bedeutung zukommt, die ihr in der Debatte beigelegt wurde. Deshalb bitten wir, den Antrag der FDP-Fraktion Umdruck 469 Ziffern 1 und 2 und ebenso den Antrag der SPD-Fraktion Umdruck 465 abzulehnen.
Nun zur Erläuterung unseres eigenen Antrags. Ich habe ja vorhin schon kurz dazu gesprochen. Der Antrag ist vom Kollegen Dr. Hauser begründet worden.
Unser Antrag ging dahin, in § 556 c — Art. I Nr. 14 a —, das Wort „Widerspruch" durch das Wort „Verlangen" zu ersetzen. Es ist darauf hingewiesen worden, daß dann im selben Satz das Verb „verlangen" vorkäme. Deshalb habe ich vorhin vorgeschlagen, in dem zweiten Fall für das Wort „verlangen" das Wort „begehren" zu setzen. Der Absatz würde dann wie folgt lauten:
Ist auf Verlangen des Mieters bereits einmal durch Einigung oder Urteil die Fortsetzung des Mietverhältnisses bestimmt worden, so kann der Mieter eine weitere Forsetzung nur begehren, wenn dies durch eine wesentliche Änderung der Umstände. die nach § 556 a oder § 556 b maßgebend waren, gerechtfertigt ist.
Ich bitte, den Antrag in dieser Fassung anzunehmen und die Anträge der FDP und der SPD ,abzulehnen.
Das Wort hat der Abgeordnete Jahn.
— Herr Abgeordneter Jahn verzichtet. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.Wir kommen zur Abstimmung über die Änderungsanträge, zunächst zum Antrag Umdruck 469. Können wlir übler die Ziffern 1 und 2 zusammen abstimmen?
— Also getrennte Abstimmung.Ich stelle fest, daß der Antrag der SPD Umdruck 465 mit dem Antrag der FDP Umdruck 469 Ziffer 2 identisch ist.
— Selbstverständlich ist er identisch.
— Das habe ich gemeint; ich habe mich ja der höheren Weisheit des Hauses gefügt.Wir stimmen also zunächst über den Antrag Umdruck 469 Ziffer 1 ab. Wer diesem Antrag zustimmen will, dien bitte ich um :ein Handzeichen. — Danke. Gegenprobe! — Das ist unzweifelhaft die Mehrheit. Enthaltungen? — Eine Endhaltung. Der Antrag ist abgelehnt.Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag Umdruck 469 Ziffer 2, der mit dem Antrag der SPD Umdruck 465 identisch ist. Wer dem Antrag zustimmen will, dien bitte ich um ein Handzeichen.
Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist mit Mehrheit abgelehnt.Wir kommen nun zu dem Antrag Umdruck 455 Ziffer 1;In Artikel I Nr. 114 a wird in § 556 c das Wort „Widerspruch" durch das Wort „Verlangen" ersetzt.Ferner soll im zweiten Fall das Wort „verlangen" durch das Wort „begehren" ersetzt werden.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag Umdruck 455 Ziffer 1 mit den vorgetragenen Änderungen zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Danke. Gegenprobe! — Enthaltungen? — Die Ja-Stimmen waren in der Mehrheit. — .Ich habe einen Augenblick überlegt, ob die Abstimmung des Kollegen Memmel typisch ist für eine ganze Sub-
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Vizepräsident Schoettlefraktion ides Hauses. Das scheint also nicht der Fall zu sein. — Der Antrag ist angenommen.Dann rufe ich Artikel II und dazu den Änderungsantrag der Abgeordneten Frau Dr. Diemer-Nicolaus und Genossen auf Umdruck 454 *) auf. Soll der Antrag begründet werden? Bitte, Frau Kollegin Diemer-Nicolaus!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir Freien Demokraten haben uns mit unseren Änderungsanträgen zu der Neugestaltung des Mietrechtes wirklich auf Fragen von ganz grundsätzlicher Bedeutung beschränkt. Mit unserem Antrag auf Umdruck 454 möchten wir die Fassung nach den Beschlüssen wieder hergestellt haben, die im Rechtsausschuß gefaßt worden sind.
Es handelt sich hier um einen ganz wesentlichen Punkt unseres Verfahrensrechtes. Unsere Zivilprozeßordnung hat sich seit einigen Jahrzehnten — das muß man doch zuerkennen — bewährt. Sie ist eines der Gesetze, das noch am wenigsten Änderungen erfahren hat. Ein Grundsatz unseres zivilrechtlichen Verfahrens ist, daß Anträge gestellt werden müssen, über die im Urteil entschieden wird. Aus welchem Grunde denn, meine Damen und Herren? Einmal aus dem Grunde, daß sich die Partei, indem sie den Antrag stellt, ganz klar darüber wird, was sie nun eigentlich will; zum anderen für den Richter, daß er, wenn er richtig Recht sprechen will, wenn er den einzelnen Parteien auch das notwendige rechtliche Gehör geben will, auf Grund der Formulierung der Anträge weiß, was die Parteien wollen.
Es geht das Mietrecht schon einen ganz neuen Weg, daß nämlich der Richter gegebenenfalls durch Urteil einen Mietvertrag ändern kann. Das hat es bisher nicht gegeben. Der Rechtsausschuß hatte die Auffassung vertreten, daß dafür auch entsprechende Anträge gestellt werden müssen. Dieser Beschluß wurde in der zweiten Lesung rückgängig gemacht und § 308 a der Zivilprozeßordnung wurde so gefaßt, daß der Richter gegebenenfalls auch ohne Antrag den Mietvertrag ändern kann. Weiterhin wurde zu § 721 der Zivilprozeßordnung in zweiter Lesung von dem Hohen Hause beschlossen, daß „das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen dem Schuldner eine den Umständen nach angemessene Räumungsfrist gewähren" kann.
Ich bitte Sie dringend, nicht von einem ganz maßgeblichen Grundsatz unseres Zivilverfahrens im Mietverfahren abzugehen. Es ist nämlich für die Partei notwendig, daß sie sich genau überlegt, was sie in einem Mietvertrag geändert haben will. Der Richter muß, auch wenn eine Partei keinen Anwalt hat, auf Grund von § 139 der Zivilprozeßordnung die Parteien anregen, die entsprechenden Anträge zu stellen. Dadurch wird der Richter gezwungen — Frau Kollegin Berger-Heise, das liegt im Interesse beider Parteien —, mit den Parteien eingehend zu verhandeln. Gerade wenn es sich um die Änderung eines Vertrages, um eine Neugestaltung eines pri-
*) Siehe Anlage 5
vatrechtlichen Vertrages handelt, ist es für den Richter wichtig zu wissen, was denn die Parteien im einzelnen wollen und was sie für das Richtige erachten. Nicht anders ist es auch mit der Räumungsfrist. Es macht heute auch in einem Verfahren vor dem Amtsgericht gar keine Schwierigkeiten, daß der Richter die Stellung sachgemäßer Anträge veranlaßt. Unsere Richter sind viel zu erfahren, und ich habe viel zu viel Zutrauen dazu, daß dies gegebenenfalls geschieht.
Viel schwieriger kann es sein, wenn eine Partei, weil kein Antrag gestellt worden ist, von Amts wegen etwas erhält, was sie gar nicht gewollt hat und wozu Stellung zu nehmen sie nicht die Möglichkeit gehabt hat. Von Herrn Kollegen Busse wurde mit Recht schon bei den Beratungen des Rechtsausschusses und auch im Plenum darauf hingewiesen, daß damit das rechtliche Gehör, das im Grundgesetz verankert worden ist, nicht gewährt werden würde.
Ich bitte Sie deshalb, unserem Antrag zuzustimmen und sich an das zu halten, was der Rechtsausschuß nach eingehender Beratung unter Würdigung des Für und Wider als richtig erkannt hat, das heißt die Fassung anzunehmen, die der Rechtsausschuß beschlossen hat.
Wird dazu weiter das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck 454. Wer ihm zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Danke. Die Gegenprobe bitte! — Enthaltungen? — Die NeinStimmen waren unzweifelhaft in der Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Meine Damen und Herren, ich rufe nun die Artikel III und IV des Gesetzentwurfs auf. Dazu liegen die bereits begründeten Anträge auf Umdruck 455 vor. — Das Wort dazu wird nicht weiter gewünscht.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer den Ziffern 2 bis 6 des Änderungsantrags Umdruck 455 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Danke. Die Gegenprobe bitte! — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.
Nun hat Herr Bundesminister Lücke das Wort.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der Verabschiedung des Zweiten Gesetzes zur Änderung
Mit der Verabschiedung des Zweiten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften —
— Ist es das dritte? Die Überschrift des Gesetzes heißt: Zweites Gesetz.
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6216 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964
A Bundesminister LückeMit der Verabschiedung des sozialen Mietrechts
wird der Schlußstein des Gesetzeswerks über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und die Einführung eines sozialen Miet- und Wohnrechts gesetzt, — ein Ereignis von großer Bedeutung. Mit dieser Entscheidung wird ein über fünf Jahre währendes Gesetzgebungsverfahren erfolgreich abgeschlossen. Mit dieser Entscheidung wird aber auch eine gesellschaftspolitische Frage für die Zukunft geregelt, die für unser Volk von großer Bedeutung ist.Ich darf die Ziele des sozialen Mietrechts zusammenfassend kurz in Erinnerung rufen. Das neue Mietrecht trägt den gesellschaftspolitischen Wandlungen unserer Zeit Rechnung, die auch im Grundgesetz verankert worden sind.
Art. 14 des Grundgesetzes sagt: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen."
An anderer Stelle des Grundgesetzes, in Artikel 6, wird gesagt: „Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung". Daher grundsätzliche Wiederherstellung des Eigentumsrechtes für den Hausbesitzer, gleichzeitig aber Bestimmung der Grenzen des Eigentums!Ziel der Gesetzgebung ist es, echte Partnerschaftzwischen Vermieter und Mieter im Sinne gegenseitiger Rücksichtnahme zu erreichen. Auch die Eigenverantwortung des Mieters für seine Wohnung muß wiederhergestellt werden. Die Mietwohnung ist kein Erbhof. Bevormundung der Mietpartner durch die öffentliche Hand darf und soll nur noch in besonderen Notfällen zulässig sein. Die Grenzen des Eigentums werden auch durch die mißbilligten Klauseln bestimmt, die nunmehr im Gesetz verankert werden sollen.Kernpunkt aber, meine Damen und Herren, ist die Sozialklausel. Sie gibt dem Mieter ein Widerspruchsrecht, wenn die Kündigung des Vermieters nach Lage der Verhältnisse ein Eingriff von besonderer Härte ist, und zwar von einer Härte, die nicht gerechtfertigt werden kann. Dabei sind vor allem auch .die Belange der Familie zu beachten. Das neue Recht enthält keine Verschlechterungen gegenüber dem bisherigen Mieterschutz, sondern Verbesserungen.
Dieses neue Recht schützt die berechtigten Belange der Familie; ein Gesichtspunkt, der im Mieterschutzrecht nirgends zu finden war und ist. Das neue Mietrecht gibt auch dort Schutz, wo bisher kein Mieterschutz galt, nämlich bei frei finanzierten Wohnungen.
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Bitte!
Herr Minister, wenn das neue Mietrecht gegenüber dem bisherigen Mieterschutz keine Verschlechterungen bringt, warum brauchten wir dann überhaupt ein neues Mietrecht?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wir brauchen ein soziales Mietrecht, das die berechtigten Belange der Familie, vor allem der Familien mit Kindern, sicherstellt. Das geschieht durch dieses Gesetz, das wir jetzt vorlegen.
Darf ich zur dritten Abstimmung dem Hohen Hause meinen Dank aussprechen, vor allem den beteiligten Ausschüssen, dem Rechtsausschuß und dem Ausschuß für Wohnungswesen, Bau- und Bodenrecht, für die ausgezeichnete Arbeit, die in den fünf Jahren an diesem schwierigen Gesetzeswerk getan worden ist! Ich darf bei dieser Gelegenheit auch den Mitarbeitern in den Ministerien danken. Es waren schwere, wichtige Arbeiten, die geleistet wurden, und ich hoffe, daß dieses Gesetz wirklich für die Zukunft auch auf dem Gebiete des Wohnungsbaues die Gesetze der sozialen Marktwirtschaft zum Wohle unserer Bürger einführen wird.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Hauser.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen rund Herren! Meine Freunde begrüßen mit mir, daß nunmehr die letzte Mietrechtsnovelle zum Abschluß kommt und damit dieses Gesetzeswerk krönt, an dem der Bundestag, wie Herr Minister Lücke soeben sehr richtig gesagt hat, mehr als ein halbes Jahrzehnt nachdrücklichst gearbeitet hat.Es ist wirklich ein Werk aus einem einheitlichen Geist geworden und damit aus einem Guß, auchwenn es in drei Etappen ausgestaltet worden ist. In einer ausgewogenen Weise ist die Sicherung von Freiheit, Unabhängigkeit und Eigenständigkeit für Mieter wie Vermieter mit ihren oft entgegengesetzten Interessensphären erreicht.
So sind in diesem Raum unserer Gesellschafts- und Rechtsordnung .die gegenseitigen Rechte respektiert und geschützt, wenn nun eine allzu weit verbreitete Meinung, Herr Jacobi, endlich revidiert wird, daß Wohnen ohne weiteres als Teil staatlicher Sozialleistung gelten müßte.
In der Auseinandersetzung um das soziale Mietrecht hat die Opposition Ende April die allerletzte Notbremse gezogen, die ihr noch verblieben war. Sie hat Fristeinrede geltend gemacht. Deshalb mußte
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964 6217
Dr. Hauserdie abschließende dritte Lesung dieser Gesetzesvorlage bis zum heutigen Tage aufgeschoben werden. Sie mögen dies als taktischen Erfolg buchen; ob die SPD aber auch auf weite Sicht gesehen als Sieger das Schlachtfeld verlassen wird, muß bezweifelt werden, so schrieb die „Welt" unmittelbar danach. Dadurch fällt ihr allein die Verantwortung zu — Herr Kollege Dr. Weber hat es am 30. April sehr deutlich ausgesprochen —, .daß Sie eine rechtzeitige Verabschiedung des Gesetzes verhindert haben. Wir sind durch Ihr taktisches Manövrieren heute genötigt, die Termine für das Inkrafttreten um einen Monat hinauszuschieben, und so wird die Überleitung der Wohnungswirtschaft in die soziale Marktwirtschaft zu unserem Bedauern verzögert. Aber es war wirklich nicht mehr als nur eine Notbremse, die die Opposition gezogen hat. Nun, wenn man schon Notbremsen gebraucht, so ist dies das deutlichste Zeichen dafür, daß man müde und flügellahm geworden ist und daß man der eigenen Fechtkunst nicht mehr vertraut. Das ist auch verständlich; sind doch alle Ihre Prognosen, die Sie nicht düster genug im letzten Herbst in die Welt hinausposaunten, überhaupt nicht eingetroffen.Einer Ihrer Kollegen meinte damals gar im Zusammenhang mit dem Abbau der Wohnungszwangswirtschaft im nordrhein-westfälischen Landtag — ich zitiere aus dem Dezember-Heft der „Deutschen Wohnungswirtschaft" —, der innere Schweinehund sei jetzt von der Kette gelassen und trabe fröhlich durch die Lande, man wundere sich, wenn die Leute gebissen würden. Nun, meine Damen und Herren der Opposition, genauso schief wie dieses mehr als plastische Sprachbild Ihres Herrn Kollegen in Nordrhein-Westfalen mit einer neuen, dem Gehege der SPD entsprungenen Tiergattung — bis dahin wußte ich nämlich nur, daß man den inneren Schweinehund überwinden kann, nicht aber, daß er nun herumtrabt und gar noch beißt — lagen Ihre gesamten Prophezeihungen des vergangenen Jahres.Die Strategen sahen dies bald ein. Nur die Hilfstruppen begriffen das nicht ebenso prompt. Herr Kollege Jacobi hat etwa im Januar-Heft der DAG-Hefte schon einräumen müssen, daß die von manchen Pessimisten — ich nehme an, er meinte dabei sich selbst — erwartete allgemeine Kündigungswelle nicht eingetreten sei, während etwa der Direktor der Landesverbandes hessischer Mietervereine zur gleichen Zeit erklärte, die zweite Kündigungswelle rolle, obwohl eine erste ausgeblieben war.So können wir in der Tat nur feststellen: Weg und Zeitpunkt der Überführung der Wohnungswirtschaft in die soziale Marktwirtschaft waren richtig gewählt. Wir werden alles daran setzen, daß der Weg gradlinig weiterführt. Auch in diesem Jahr werden wieder 550 000 Wohnungen gebaut, und nicht weniger werden es im kommenden Jahr sein. Herr Minister Lücke wird Ihnen das jederzeit bestätigen. Seitdem wir die ersten neuen Mietvertragsbestimmungen des BGB verabschiedet und damit klar und eindeutig die Sozialgebundenheit auch bei den Wohnungen gesetzlich verankert haben, sind in der Bundesrepublik bis heute insgesamt2,2 Millionen Wohnungen neu erstellt worden. So läßt sich der Zeitpunkt absehen, wo auch Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, das Ende der Wohnungsnot konstatieren müssen, ob Sie wollen oder nicht.
Darum ist es auch an der Zeit, daß wir ein soziales Mietrecht konzipieren und im BGB verankern. Wir fügen damit in ein ehrwürdiges Gesetzbuch, das über alle Stürme dieses Jahrhunderts hinweg als gültiges Werk anerkannt und geachtet geblieben ist, eine sehr entscheidende Neufassung ein. Mit dieser Novelle weisen wir den weiten Weg auf, den das deutsche Volk in der Wandlung der gesellschaftlichen Verhältnisse in den rückliegenden Jahrzehnten genommen hat. So ist auch diese Novelle, mit der sich der Bundestag, und zwar alle Seiten, sehr redlich bemüht hat, ein zukunftsweisendes Werk zu schaffen, tatsächlich ein Spiegelbild unserer gewandelten Lebensauffassungen und Anschauungen.Es ging uns allen darum, ein soziales Mietrecht zu konzipieren, das beide Partner eines Mietvertrages mit der gleichen Elle mißt. Mieter und Vermieter sollen künftig beide einen gegeneinander abgewogenen Schutz genießen. Die Wohnungsbewirtschaftung, zu der auch das alte Mieterschutzgesetz zählt, soll als ein überholtes Relikt kriegsbedingter Zwangswirtschaft verschwinden. Es galt aber, seinen echten, sozialrechtlichen Inhalt neu zu fassen.Hier gehen nun unsere Meinungen auseinander, Herr Kollege Jahn, wie die sozialstaatliche Verpflichtung des Grundgesetzes verwirklicht werden muß. Sozialstaatliche Aufgaben können im Rechtsstaat, in dem jedermann Anspruch auf Gleichbehandlung hat, nicht auf Kosten einzelner erfüllt werden.
Immer entspricht in einer Sozialordnung jedem Recht auch ein Maß an Pflicht. Ihre Konzeption aber, meine Damen und Herren von der Opposition, verschob diese Gewichte.Ich konzediere Ihnen, was etwa Herr Kollege Jacobi vor noch nicht langer Zeit einmal geschrieben hat, daß Sie nicht grundsätzlich gegen die Liberalisierung der Wohnungswirtschaft seien. Was Sie aber als Lösung anboten — auch heute noch in der dritten Lesung mit Ihrem Antrag —, ist nichts anderes, als die soziale Hypothek, die bis dahin die Hausbesitzer als Folge des Krieges lange genug aufgebürdet bekamen, noch lange nicht abtragen zu lassen, wenn Sie sie nicht gar verewigen. Wer aber auf seinem Eigentum eine Hypothek hat, wird darum bemüht sein, sein Eigentum freizumachen. Eine Hypothek ist kein Zubehör zum Eigentum, sondern eine Belastung, die als notwendiges Übel solange getragen werden muß, bis man durch angestrengtes Sparen sich ihrer entledigen kann und sich schuldenfrei gemacht hat. An diesem Punkte sind wir mit unserer Wohnungsbaupolitik in der Bundesrepublik heute angelangt.
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6218 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964
Dr. HauserWir mit unseren Vorstellungen von einem sozialen Mietrecht haben nicht das Bestreben, soziale Hypotheken weiter aufzulasten, die die Rechtsstellung des Eigentümers schmälern. Uns geht es darum, die Sozialverpflichtung herauszustellen, die dem Eigentum innerlich nichts Fremdes ist und sein wird. Wir wollen mit der Sozialverpflichtung, mit der Sozialgebundenheit auch hier im Mietrecht wirklich etwas dem Eigentum Wesensgemäßes deutlich machen. Dies bedeutet, daß man die Grenzen sehr klar erkennt und zieht zwischen sozialer Hypothek und der echten sozialen Funktion, die das Eigentum nicht beeinträchtigt, sondern seine soziale Wesensanlage umreißt. Diese Unterscheidung ist aber Ihnen in dieser Form wahrhaftig noch nicht deutlich geworden.Mit dem, was nun mit der Gesetzesvorlage geworden ist, revidieren wir auch, was schon kurz nach der Jahrhundertwende an Kritik gegen die Mietrechtsbestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs laut geworden war. Es waren Sozialkritiker, die bemängelten, daß das BGB, geboren aus einem spätbürgerlichen Individualismus, alle Mietverhältnisse über einen Leisten geschlagen habe. Es hat in der Tat die Miete über bewegliche Sachen nicht anders behandelt als die Wohnungsmiete und so außer acht gelassen, daß die Mietwohnung nicht rein als Wirtschaftsobjekt zu werten ist, sondern Heimstatt und Mittelpunkt des Lebens der Familie sein muß. Die Mietrechtsbestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches alter Form sind in der Tat praktisch nicht mehr als gesetzliche Mustervorschläge, die jederzeit durch einen Mietvertrag abgeändert werden konnten und so den Mietern den notwendigen Schutz nicht boten. Dies ist heute bereinigt.Andererseits ist die allzu strenge Enge des Mieterschutzgesetzes nicht verewigt. Denn danach war das Recht des Eigentümers nicht viel mehr als bloß Obereigentum, dem das Nutzungsrecht des Mieters als eine Art Untereigentum gegenüberstand. So haben wir nun neue Wege beschritten, die die Signatur unserer Zeit tragen, daß Rechte und Pflichten gegeneinander abgewogen werden, damit die Selbstverantwortung auf beiden Seiten gestärkt werde. Es galt, eine Neuordnung zu schaffen, die eine gegebene wirtschaftliche und gesellschaftliche Benachteiligung zu mildern, ja, zu beseitigen bestrebt ist.Nun haben wir nachgeholt, was die Rechtsprechung bei den anderen Dauerschuldverhältnissen schon längst mit den allgemeinen Normen von Treu und Glauben als besondere Rechte und Pflichten beiderseits herausgestellt und anerkannt hat, was sie eben auf dem Gebiet des Mietrechts nicht zu entwickeln vermochte, weil die bestehenden gesetzlichen Vorschriften dies nicht erlaubt haben. Mit der Verwirklichung der neuen Bestimmungen haben wir das Mietverhältnis aber auch über das rein schuldrechtliche Austauschverhältnis des Alltags herausgehoben. Wir haben deutlich gemacht, daß die Wohnung Heimstatt der Familie ist und daß eine gewisse Fürsorgepflicht zwischen den Vertragsparteien besteht. Mit dem Gedanken der Partnerschaft — Herr Minister Lücke hat es schon deutlich gemacht —,der besonders in den Kostenbestimmungen zu erkennen ist, haben wir wirklich völlig neue Wege gefunden.Wir sind mit diesem Gesetzeswerk, das nun zum Abschluß kommt, auch dem großen Rechtslehrer Otto von Gierke gerecht geworden, der verlangte, daß der Gesetzgeber nur in Notfällen gehalten ist, die Pflicht des richtigen Gebrauchs in dem sozial gebotenen Umfang zur Rechtspflicht zu stempeln. Wir haben das Prinzip der Eigenverantwortlichkeit aller Schichten unserer Bevölkerung auf diesem Gebiet herausgestellt und so deutlich gemacht, daß der Staat nur subsidiär Hilfe zu leisten hat, daß im übrigen aber der freien Initiative der Partner Raum gelassen wird; sie sollen sich am runden Tisch und nicht am eckigen zum Gespräch zusammensetzen.
So soll gegenseitig Verständnis für die Situation des Partners, gegenseitige Rücksichtnahme geweckt werden.Als Benjamin Franklin einst als 81jähriger im Konvent seinen Gegnern die Zustimmung zum Verfassungsentwurf abrang, mahnte er sie, zu bedenken, daß es darauf ankomme, ein Feld für die politische Aktion zu gewinnen. Sein Anliegen war es, für eine Aktionssphäre des guten Willens Raum zu lassen. Wenn wir heute den Weg zur Partnerschaft freigeben, dann bewegt uns in der Tat der gleiche Gedanke, wissend, wieviel politische, wieviel soziale Wirklichkeit in dieser Idee der Partnerschaft gegenwärtig ist. Gehen Sie diesen Weg mit und geben Sie damit auch Ihrerseits ein weites Feld zur Aktion des guten Willens.
Das Wort hat der Abgeordnete Jahn.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man den Versuch einer Weiherede des Herrn Bundeswohnungsbauministers und den Nicht-nur-Versuch einer Weiherede des Kollegen Hauser soeben hören konnte oder teilweise hören mußte, konnte für den unbefangenen und nicht ganz kundigen Zuhörer sicherlich .der Eindruck entstehen, hier vollziehe sich ein außerordentliches Ereignis.Aber, meine Damen und Herren, bringen wir die Dinge auf .einen Nenner! Was geschieht heute? Herr Minister Lücke, wenn nicht Sie, wir können bis 3 zählen: das ist nicht das zweite, sondern das ist das dritte Mietrechtsgesetz, 'das 'hier im Laufe von viereinhalb Jahren verabschiedet wird, und zwar nicht etwa das dritte Gesetz, das ein neues Thema regelt, sondern es ist glücklich ,der dritte Anlauf, mit dem die eine und dieselbe Materie nach einem sehr langen und unerfreulichen Leidensweg bewältigt wird.
— Das wäre schön, Herr Kollege Schmidt, wenn esauch gut wäre; aber davon kann ja wohl kaum die
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JahnRede sein. Denn, meine Damen und Herren, das schlechte Verfahren war nur ein !Symptom für die Materie, die so schlecht geregelt worden ist. Das Ergebnis ist entscheidend, und das Ergebnis — ich muß hier den Herrn Minister wieder berichtigen — ist keineswegs ein soziales Mietrecht, sondern ein Mietrecht, das, wenn es überhaupt einen Beinamen verdient, dann !den eines nichtsozialen Mietrechts verdient.
Das zeigt sich auch daran, daß Sie dem Zweiten und Dritten Gesetz eine neue Überschrift gegeben haben, in .der Sie in aller Bescheidenheit 'das schmückende Beiwort „sozial" schon von sich aus gestrichen haben. Meine Damen und Herren, in den ganzen früheren Debatten, in denen wir gefragt haben, wo denn nun das schmückende Beiwort „sozial" geblieben sei, sind Sie uns .die Antwort wohlweislich schuldig geblieben. Es ist eben kein Zufall, daß Sie nicht mehr vom sozialen Mietrecht im !Gesetzestext selber reden, sondern es ist sicherlich die notwendige Erkenntnis, daß in Ihren Reihen der Standpunkt, den Herr Kollege Busse vorhin in so schöner Offenheit hier vertreten hat, nämlich der Herr-im-Hause-Standpunkt, sich als Leitlinie für dieses Gesetz durchgesetzt hat.
Denn Sie leugnen mit diesem Gesetz die Sozialbindung des Eigentums und Sie leugnen die Verpflichtung zum Sozialstaat, auch wenn der Herr Minister meint gerade an dieser Stelle der dritten Lesung noch einmal die entsprechenden Bestimmungen des Grundgesetzes zitieren zu sollen.Ich würde gerne einmal statt der schönen und blumigen Bemerkungen von Partnerschaft, und was da sonst alles über Heimstatt usw. gesagt worden ist, aufgeklärt haben, wie Sie den Widerspruch lösen wollen, der darin steckt, daß Sie auf der einen Seite davon reden, hier müsse nun der Herr-imHause-Standpunkt sein Recht bekommen und im Gesetz sein Echo finden, und auf der anderen Seite davon sprechen, daß dem einzelnen Mieter die Heimstatt der Familie erhalten bleiben muß. Sie können das eine oder das andere vertreten, aber Sie können nicht eine Lösung finden, in der Sie beide Auffassungen gleichermaßen zur Geltung kommen lassen. Und Sie haben ja in der Tat von der Sicherung der Heimstatt der Familie in diesem Gesetz auch nichts spüren lassen.Aber es gibt nicht nur diesen Widerspruch in Ihren Reden, es gibt noch ganz andere Widersprüche, so den, den auch der Kollege Busse in erfrischender Offenheit hier heute hat offenbar werden lassen: daß Sie ein Gesetz vorlegen, das von der Vorstellung ausgeht, es könne die Verhältnisse auf einem ausgeglichenen Wohnungsmarkt befriedigend regeln, im gleichen Atemzug aber einräumen, daß es diesen ausgeglichenen Wohnungsmarkt heute nicht gibt.
Wenn wir keinen ausgeglichenen Wohnungsmarkt haben, machen Sie dennoch ein Gesetz, das so tut, als ob wir einen ausgeglichenen Wohnungsmarkt hätten, und dann wollen Sie uns erzählen, dieses Gesetz sei ein soziales Gesetz?!Ich wäre vielleicht etwas zurückhaltender in meiner Kritik dessen, was Sie hier dazu sagen, aber aus Ihren eigenen Reihen gibt es doch recht eindrucksvolle Kritik. Es gibt beispielsweise das, was das Vorstandsmitglied des CDU-Bundesausschusses für Wirtschaftspolitik, das CDU-Mitglied Dr. Hans Ilau, vor kurzer Zeit zum Thema des neuen Mietrechts sagte. Sie können es in der „Frankfurter Neuen Presse" vom 26. Mai 1964 nachlesen, aus der ich folgendes zitieren möchte. Herr Dr. Ilau — wie gesagt, Mitglied der Christlich-Demokratischen Union — schreibt:Auf dem Wohnungsmarkt vieler „weißer" Kreise stehen sich heute jedoch Vermieter und Mieter noch mit so unterschiedlicher Marktmacht gegenüber, daß ein auf einen ausgeglichenen Markt zugeschnittenes Mietrecht Zerstörung unserer ausgewogenen Rechtsordnung auf diesem wichtigen Lebensgebiet bedeutet.
In diesem Artikel von Herrn Dr. Hans Ilau, Mitglied der CDU, heißt es an anderer Stelle weiter:Das Wohnungsbauministerium nimmt offenbar selbst nicht an, daß Angebot und Nachfrage in den „weißen" Kreisen bereits ausgeglichen seien, also der Wettbewerb zwischen den Vermietern und zwischen den Mietern sich ungefähr die Waage hält. Frau Dr. Orthaus aus diesem Ministerium hat vor der Frauenvereinigung der hessischen CDU in schöner Offenheit erklärt, mit der „Aufhebung der Zwangswirtschaft"— ich zitiere immer noch —
könne man nicht warten, bis das Angebot an Wohnungen die Nachfrage übersteigt; sonst wären im Zeitpunkt der Freigabe Tausende von Altwohnungen praktisch nicht mehr vermietbar, was einen untragbaren Verlust an Volksvermögen bedeuten würde.
Meine Damen und Herren, wir wollen uns gar nicht darüber streiten, ob diese Betrachtungen über das Volksvermögen an dieser Stelle angemessen sind oder nicht. Nur sagen Sie eines doch ganz eindeutig: von der Heimstatt der Familie, von ,der sozialen Sicherung der Wohnung als Lebens-Mittelpunkt der Familie kann doch bei solchen Überlegungen weiß Gott nicht mehr die Rede sein.
Und Ihre Spekulation auf dem ausgeglichenen Markterweist sich hier denn doch ganz eindeutig aus demMunde eines Ihrer Parteifreunde als ein Phantom.Meine Damen und Herren, wenn dieses sogenannte soziale Mietrecht überhaupt an der einen
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Jahnoder anderen Stelle das schmückende Beiwort „sozial" verdient, dann möchte ich doch einmal in aller Deutlichkeit eines feststellen: daß das nämlich nicht das Verdienst der Mehrheitsfraktion dieses Hauses ist, sondern das Verdienst derjenigen, die sich in recht mühseliger Arbeit in den Ausschüssen darum bemüht haben, ein wenig an Schutz für den Mieter offenzuhalten, an ,Schutz für den Mieter, der in manchen Vorstellungen sogar ursprünglich in der Regierungsvorlage vorgesehen war und für den sich der Minister da, wo es zum Schwure kam, nämlich in den Beratungen des Ausschusses, weder selbst — da ließ er sich besser nicht blicken —, noch durch seine Beamten einzusetzen für notwendig befand.Meine Damen und Herren, dieses Mietrecht, das Sie jetzt beschließen wollen, ist in gar keiner Hinsicht ein hinreichender Ersatz für das, was wir mit seiner Einführung endgültig verlieren werden, nämlich ein wirklich soziales Mieterschutzrecht. Sie geben dem Mieter schon während des Bestehens des Mietverhältnisses keinen ausreichenden Schutz gegenüber dem Vermieter, und wenn der Herr Minister vorhin mit großen Worten die „mißbilligten Klauseln" als Schutzbestimmungen gerühmt hat, so ist das einfach falsch; denn diese „mißbilligten Klauseln" werden im Ernstfall, nämlich dann, wenn es zur Kraftprobe kommt, ohne jede Bedeutung sein, weil jedes Mietverhältnis praktisch jederzeit frei kündbar ist und demjenigen, der unbequem wird, weil er sich auf die „mißbilligten Klauseln" beruft, einfach gekündigt wird.Hier ist die Rede gewesen von dem Partnerschaftsverhältnis. Nun, ich würde gern einmal wissen, was denn eigentlich gelten soll: Partnerschaft zwischen Vermieter und Mieter oder der Standpunkt des Herrn im Hause, daß nämlich der Vermieter frei über sein Eigentum müsse verfügen können. Dieser Widerspruch, meine Damen und Herren — ich zitiere ja hier nur — unter den Befürwortern des Gesetzes selber ist bis zur Stunde nicht geklärt und scheint mir offenbar auch gar nicht klärbar zu sein. Aber wenn Sie so großen Wert darauf legen, daß Mietverhältnisse künftig als Partnerschaftsverhältnisse gewertet werden, so frage ich Sie, warum Sie dann unseren Versuch, dieses Partnerschaftsverhältnis durch die Einführung eines Güteverfahrens wirksam werden zu lassen, abgelehnt haben.
Ist es also doch so, wie man auch aus anderen Gründen annehmen muß, daß hier zwar manches mit großen Worten beschworen wird, daß man aber dann, wenn es darum geht, sich in den Entscheidungen zu den richtigen und konsequenten Lösungen zu bekennen, nicht mehr dazu steht?Von der lebensfremden, von der allzu engen und der gegenwärtigen Wohnungsmarktsituation gar nicht gerecht werdenden Einschränkung des Vollstreckungsschutzes möchte ich in diesem Zusammenhang gar nicht sprechen. Ich möchte nur darauf hinweisen, daß eben auch das zu der Einschränkung und dem Abbau sozialer Schutzrechte gehört, auf die nach unserer Auffassung nicht verzichtet werden darf.Es ist hier so häufig davon gesprochen worden — ich weiß im Moment nicht, ob wörtlich —, daß dieses soziale Mietrecht ja schließlich über ein Herzstück, nämlich über die sogenannte Sozialklausel, verfüge, und der Herr Minister hat — wenigstens dem Sinne nach — heute noch einmal davon gesprochen. Ja, meine Damen und Herren, ist Ihnen völlig entgangen, daß in der — bisher nur recht spärlichen — Rechtsprechung zu dem Thema ganz eindeutig gesagt wird, daß die Gerichte nicht daran denken, diese Bestimmung der Sozialklausel als das Herzstück des sozialen Mietrechts anzusehen, sondern als eine Ausnahmevorschrift, die nach ihrem Wortlaut nur in begründeten Ausnahmefällen zum Zuge kommt und keineswegs in der Regel die Hilfe und die Schutzbestimmung darstellen soll und kann, als die sie hier immer angepriesen wird.
Was soll denn geschehen, Herr Kollege Weber, mit den Kranken, mit den Kinderreichen, wenn sie von ihrem Widerspruchsrecht einmal Gebrauch gemacht haben und keine neuen Gründe haben als die Tatsache des Fortbestands der Erkrankung eines oder mehrerer Familienangehöriger, als die Tatsache des Fortbestands einer großen, kinderreichen Familie? Was soll denn geschehen mit den alten Menschen, die in ihrem Alter keinen Weg mehr finden, eine neue Wohnung zu bekommen? Auf all diese Fragen gibt die Sozialklausel, wie Sie sie konstruiert haben, nicht nur keine befriedigende, sondern überhaupt keine Antwort. Sie haben es ja im Grunde selber gespürt und zugegeben, als Sie in der zweiten Lesung des Gesetzes einen — wenn auch nur schüchternen und bescheidenen — Versuch machten, mit einem halben Schritt wenigstens die schlimmsten Härten zu mildern. Es ist ein halber Schritt geblieben, und die ganze Lösung bleibt als Fehlkonstruktion bestehen.Nun, der Herr Kollege Hauser hat hier mit Pathos an uns appelliert, wir möchten doch diesem „fortschrittlichen, sozialen" Mietrecht unsere Zustimmung nicht versagen. Nach dem, was ich hier habe vortragen müssen, kann mit keinem Wort die Rede davon sein, daß wir solche Überlegungen im Ernst zu den unseren machen. Mit schönen Worten lösen Sie die Probleme nicht, und wir sind unter keinen Umständen bereit, die Verantwortung für diese eindeutige Verschlechterung des Mietrechts mit zu tragen.
Das Wort hat der Abgeordnete Busse.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren Kollegen! Nach den Ausführungen des Herrn Kollegen Jahn muß 'ich doch mit einem anfangen, was geschah, als wir über unseren Antrag abstimmten. Herr Kollege Jahn, ich habe es zunächst als einen Scherz angesehen, als Sie uns dann zuriefen, wir stimmten gegen unseren eigenen Antrag. Sie wissen genau, warum wir nach Ableh-
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Bussenung der Ziffer 1 dann diesen anderen Antrag abgelehnt halben. Trotzdem einen solchen Zwischenrufzu machen, Herr Kollege Jahn, kann ich nicht mehr— entschuldigen Sie — als fair bezeichnen.
Und in der Methode, Herr Kollege Jahn, wie Sie diesen Zwischenruf gemacht haben, haben Sie auch gegen das vorliegende Gesetz argumentiert.
Sie haben gesagt, wir — darin waren Sie, meine Damen und Herren von der ,CDU/CSU, eingeschlossen — leugneten die soziale Bindung des Eigentums und hätten es durch dieses Gesetzdokumentiert, Herr Kollege Jahn.
— De facto! Wir machen .ein Gesetz, Herr Jacobi, und das sollten Sie zum Maßstab nehmen. Das sollten Sie, Herr Kollege Jahn und Ihre Freunde, einmal in einer ruhigen Stunde durchsehen; dann werden Sie feststellen, in welchem Maße hier berechtigten sozialen Anliegen Rechnung getragen ist. Ich glaube, dann würden Sie den Ausspruch, den Sie hier ;getan haben, die Mehrheitsparteien des Hohen Hauses leugneten die soziale Bindung des Eigentums, nicht ernsthaft wiederholen können.
Sie würden ihn ebensowenig wiederholen können, wie Sie hier die Behauptung aufrechterhalten können, ich hätte einen Herr-im-Hause-Standpunkt eingenommen, weil ich gesagt habe: Irgendwo hört es auch mil der sozialen Bindung einmal auf, und irgendwo muß man doch einmal wieder Herr im Hause sein. Wenn Sie das als Herr-im-Hause-Standpunkt hinstellen, der sich hier abrupt durchgesetzt habe, Herr Kollege Jahn, dann ist das genau die gleiche Argumentation, die ich in allen drei Fällen nicht mitmachen kann.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Nein. Ich möchte meine Ausführungen zu Ende bringen.
Meine verehrten Damen und Herren, auch wir haben lebhaft bedauert — das haben wir mehrfach zum Ausdruck gebracht —, daß dieses Gesetz nicht uno actu, nicht in einem Guß erledigt werden konnte, daß wir die Dinge in drei oder vier Abschnitten nacheinander regeln mußten. Einen Vorwurf wird man freilich nicht erheben können, daß dadurch die Struktur des Ganzen gelitten hätte. Das eine ist vielmehr stets die sinnvolle Fortsetzung des Vorhergehenden gewesen. Dieses Werk wird von dem einen begrüßt und von dem anderen abgelehnt. Aber man kann nicht sagen, es sei etwas Schlechtes, weil es leider in drei Etappen zur Verabschiedung komme; so weit wird man nicht gehen können. Wirz. B. stimmen dem Gesetz im ganzen keineswegs sehr freudigen Herzens zu. Wir werden ihm zustimmen, weil wir der Überzeugung sind, daß dieses Gesetz eine Fülle von Bestimmungen enthält, die eine Besserung gegenüber dem jetzt bestehenden Zustand bringen, und zwar für den einen und für den anderen.
— Und für den anderen! Jawohl, Herr Jacobi, denn die Bestimmungen ermöglichen es wirklich, Herr Kollege Jahn, eine echte Partnerschaft zwischen den Parteien herbeizuführen, ein Partnerschaftsverhältnis, das sich nicht erst in einer Güteverhandlung vor irgendeiner Instanz, sondern im täglichen Zusammenleben bewähren soll. Das Partnerschaftsverhältnis scheint mir wichtiger zu sein als eine Güteverhandlung.
Sie sprachen von der Sicherung der Familie und taten so, als ob niemand in diesem Hause daran dächte. Ja, sind denn die Verlängerung der Kündigungsfristen, das Widerspruchsrecht, die Räumungsfristbestimmungen, die Vollstreckungsschutzbestimmungen alles nichts?
Sind die Bemühungen darum, daß möglichst viele Eigentum erwerben und für sich und ihre Familie ein Heim bilden oder eine Eigentumswohnung erwerben können — man muß das doch in einem Zusammenhang sehen —, denn alles nichts? Sind das alles nur Bestimmungen, die familienfeindlich sind, sind das Dinge, wo wir so tun, als ob wir familienfreundlich wären, wo wir aber, wenn es zum Schwur käme, nicht zum Wort stünden?Es sind — angefangen von unserm Parteifreund Wildermuth vor vielen Jahren, fortgesetzt von seinen Nachfolgern — auf dem Gebiet des Wohnungswesens überragende Taten vollbracht worden, die das Staunen der ganzen Welt hervorrufen und die hier als null und nichtig hingestellt werden.
Da werden, insbesondere von der SPD, große Bekenntnisse abgelegt, daß man von sozialistischen Vorstellungen mehr und mehr abzugehen bereit sei.
— Ich spreche auch nur von sozialistischen Vorstellungen, gnädige Frau.
— Ja, ich weiß es, Herr Kollege Jahn. Aber ich muß nochmals bitten, doch wenigstens zu versuchen, zuzuhören. — Es wird gesagt, man sei bereit, von sozialistischen Vorstellungen abzukommen und sich mehr und mehr marktwirtschaftlichen Vorstellungen anzuschließen. Aber wenn dieses Gesetz an einem leidet, ,dann an dem Mangel an Phantasie, den ein großer Teil ides Hauses aufweist, wenn es darum geht, sich vorzustellen, wie der Wohnungsmarkt bei ausgeglichenem Zustand von sich aus funktionieren wird.
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6222 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964
BusseHerr Kollege Dr. Hauser, hier kann ich nur unterstreichen, was Sie im Anfang sagten, indem Sie Otto von Gierke zitierten: nur in Notfällen — so meinten Sie ja — solle der Gesetzgeber eingreifen. Wenn dieser Teil des bürgerlichen Rechts von einem der Grundsätze des Bürgerlichen Gesetzbuches in einem ganz erheblichen Maße abweicht — nämlich von dem Grundsatz der Vertragsfreiheit —, und zwar in einem so weiten Maße, daß man von einer echten Vertragsfreiheit nicht mehr sprechen kann, so bitte ich um Ihr Verständnis, wenn wir aus diesem Gesichtspunkt heraus gegen das Gesetz gewisse Bedenken haben. Aber ich möchte auch betonen: wer sich über die Diskrepanz zwischen Vertragsfreiheit und dem, was hier beschlossen ist, einmal wirklich klar ist, der wird nicht mehr sagen können, daß hier den sozialen Bedenken nicht genügend Rechnung getragen sei.Ich glaube als ein Mann, der sein Menschenleben in liberalen Ideen und Vorstellungen gelebt hat, daß wir uns vielleicht etwas bessere Vorstellungen über die Auswirkungen des ausgeglichenen Wohnungsmarktes machen können, der einmal kommen wird, Herr Jahn.
— Nein, der wird einmal kommen. Der ist schon einmal dagewesen. Meine Damen und Herren, Sie wissen es vielleicht nicht mehr, aber es hat Zeiten gegeben — staunen Sie! —, in denen der Hauswirt besorgt war, ob nicht am Ersten ,der Mieter kommen würde, um die Wohnung zu kündigen, weil er wußte,daß sie dann monatelang leer stehen würde, bis er wieder einen passenden Mieter gefunden haben würde. Das hat es alles gegeben. Das wissen Sie anscheinend alles nicht mehr. Es wird wieder Zeiten geben, in denen ,die natürlichen wirtschaftlichen Verhältnisse ,die Funktionen ausüben werden, die notwendig sind, damit die Dinge gesund geregelt werden. Das können Sie sich natürlich nicht so recht vorstellen. Es ist ja auch zu lange her.
40 Jahre Zwangswirtschaft prägen gewisse Vorstellungen, prägen gewisse Bilder, und es ist schwer, sich davon zu lösen. Aber wir sind der Überzeugung: eines Tages wird über viele Bestimmungen, die heute ach so umstritten sind, die Wirklichkeit einfach hinweggehen. Statt langer Kämpfe wird effektiv der Hauswirt fürchten, daß sein Mieter kündigt, und der Mieter wird wissen — wenn es nicht so ist, wie es gehen soll —, daß er eine andere Wohnung findet.
— Das mögen Sie bezweifeln. Sie haben auch sonst Prognosen gestellt, seit eh und je, wenn es darum ging, irgendeinen Bereich in die freie Wirtschaft zu überführen. Immer haben Sie am Wegrand gestanden und geunkt und das, was geschah, als unsozial hingestellt. Das haben Sie seit 1949 getan, systematisch. Selbst 'in jüngster Zeit stellten Sie Prognosen über den Zusammenbruch des Wohnungsmarktes und all das Elend, das kommen würde. Das ist nicht eingetreten. Es erweist sich genauso als unrichtig,wie es sich in der Vergangenheit als unrichtig erwiesen hat.
— Ach? Dann wollen wir doch einmal die Protokolle über die letzten Sitzungen hier im Hause nachlesen und sehen, wie sehr der schwarze Teufel an die Wand gemalt worden ist,
— der schwarze Peter an die Wand gemalt worden ist.
Nein, meine Freunde, so leicht kommen Sie nicht davon. Ihrer Ansicht, daß das Eigentum — darauf laufen Ihre Vorstellungen doch letzten Endes hinaus —, wenn man es vermietet hat, inhaltlos geworden sei und daß der Mann, dem es gehört, der Eigentümer, nur noch die Leistungen zu erbringen habe, Herr Kollege Jahn, vermögen wir nicht zu folgen.Trotz zahlreicher Bedenken glauben wir, daß die weitere Entwicklung des Wohnungsmarktes — die die Mehrheit des Hauses in der bisherigen Weise weiterzutreiben entschlossen ist — viele Probleme lösen wird, daß auch das durch die Entwicklung gelöst wird, was uns an diesem Gesetz heute nicht gefällt. Wir werden ihm daher unsere Zustimmung geben.
Das Wort hat der Abgeordnete Könen .
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte mich eigentlich nur zu Wort gemeldet, weil ich meine Frage nicht hatte anbringen können. Aber die Ausführungen vom Herrn Kollegen Busse veranlassen mich doch, etwas zu dem zu sagen, was er soeben erklärt hat.Er hat uns in einer verblüffenden Vereinfachung in einigen Sätzen einen Vortrag darüber gehalten, was „Bedarf" ist. Ich entsinne mich noch sehr gut der Zeiten, als bei uns in Düsseldorf die Arbeitslosen aus ihren Wohnungen gingen, um auf der Rheinwiese mit Wellblech, Holzlatten und alten Blecheimern ihre „Heimstatt" zu errichten. Da standen die Wohnungen der Hausbesitzer tatsächlich leer. Der „Bedarf" war offensichtlich gedeckt.
— Verzeihung! Sie haben davon gesprochen, daß es früher genügend Wohnungen gegeben habe. Sicherlich hat es manchmal leerstehende Wohnungen gegeben, weil es eben Leute gegeben hat, die die Miete nicht aufbringen konnten.
— Wir reden doch nicht von den jetzigen Verhältnissen, sondern von den damaligen; wir reden deshalb davon, weil Herr Busse aus einem langen erfahrungsreichen. Leben gesprochen hat.
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964 6223
Könen
Noch etwas anderes, warum ich mich zu Wort gemeldet habe. Herr Busse, ich habe mich vorhin über Sie geärgert.
— Es wird doch wohl noch das Recht eines deutschen Abgeordneten sein, sich über die Ausführungen eines Kollegen zu ärgern.
Ich habe ja nicht gesagt, daß ich mich „gegiftet" habe.
Herr Busse hat sich hier folgendes geleistet — ich hätte sonst nichts gesagt; ich habe zunächst gedacht: Laß nur! —: Er hat sich hier in der Rolle eines Pharisäers gefallen, von ,dem uns Herr Präsident Gerstenmaier erzählt hat, —
— Ja, nun ärgern S i e sich. Ich kann nichts dafür.
Herr Präsident Gerstenmaier also hat schon einmal gesagt, daß die Pharisäer immerhin sehr gesetzeskundige Leute waren. Aber heute haben wir dafür einen anderen Sprachgebrauch.Nachdem Herr Busse hier gesagt hat, daß der Kollege Jahn nicht nur einen unfairen Zwischenruf gemacht habe, sondern daß alle seine Ausführungen unfair gewesen seien, bin ich also an das Mikrophon gegangen. Herr Busse hat mich nicht fragen lassen. Infolgedessen muß ich er hier vorbringen.Herr Busse, ich will Ihnen sagen, warum ich mich geärgert habe: Sie haben sich hier etwas gesagt, was ein bißchen mehr als unfair war. Das ging an die Grenze dessen, was der Herr Präsident als einen unparlamentarischen Ausdruck bezeichnet haben würde. Sie haben gesagt, die Opposition werde eines Tages feststellen müssen — ob sie das nun wolle oder nicht; sie werde es müssen —, daß Sie es erreicht hätten, daß der Wohnungsnotstand beendet sei. Da habe ich den Zuruf gemacht: Wir wollen das ja! — Herr Busse, Sie stellen das hier so dar, als ob die Sozialdemokraten davon lebten, daß es einen Wohnungsnotstand gebe. Ich weise das entschieden zurück. Ich will Ihnen auch sagen, warum ich das zurückweise, warum ich mich getroffen fühle. Neben vielen anderen Leuten — hinter Ihnen sitzt jemand, den ich mit meine — gibt es Tausende von Sozialdemokraten, die seit vielen Jahren ehrenamtlich dafür sorgen, daß ,die Menschen Wohnungen bekommen' und daß der Wohnungsnotstand behoben wird.
Dann aber darf man nicht so tun, als ob wir ein miserables politisches Geschäft mit dem Wohnungsnotstand machten. Sie saßen im Glashaus, als Sie mit Steinen \\warfen!
Meine Damen und Herren, es scheint also in diesem Hause unbestritten zu sein, daß Abgeordnete des Deutschen Bundestages sich über andere ärgern dürfen. Das möchte ich doch für den Fall festgestellt haben, daß noch Zweifel daran bestehen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe daher die Aussprache.
Wir kommen zur Schlußabstimmung über das Zweite Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften. Wer dem Gesetz in dritter Beratung zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben.—Danke, ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Keine Enthaltungen! Das Gesetz ist mit Mehrheit beschlossen.
Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Siebzehnten Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes (Drucksachen IV/404, IV/1383, IV/1621)
a) Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache IV/2232)
b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für den Lastenausgleich (Drucksache IV/2157) (Erste Beratung 33., 84., 100. Sitzung)
Berichterstatter für den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung ist Herr Abgeordneter Windelen. Ich nehme an, er wünscht seinen Bericht nicht zu ergänzen. Der Bericht liegt schriftlich vor. Berichterstatter für den Ausschuß für den Lastenausgleich ist der Abgeordnete Leukert.
— Sie verweisen auf den schriftlichen Bericht.
Damit kommen wir zur zweiten Beratung. Ich rufe zunächst Art. 1 auf. Dazu liegen Änderungsanträge vor, und zwar auf den Umdrucken 464, 468, 457, 458, 459, 460, 461, 462 und 463.* Werden die Anträge begründet? — Zunächst Umdruck 464, ein gemeinsamer Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP. Soll dieser Antrag begründet werden? Wer wünscht das Wort? — Der Abgeordnete Kuntscher hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der interfraktionelle Antrag auf Umdruck 464 enthält eine Reihe von Anliegen.Unter Ziffer 1 wird einer Empfehlung gefolgt, die der Haushaltsausschuß in seiner Stellungnahme gegeben hat. Der im Ausschuß beschlossene Text ist hinfällig und soll geändert werden. Nunmehr soll in den bisherigen Text von § 6 Abs. 4 die Zahl „500" durch die Zahl „650" ersetzt werden. Das bedeutet, daß der Plafond für die Leistungen des Bundes und der Länder zur Abstattung der Unter-*) Siehe Anlagen 6 bis 14
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Kuntscherhaltshilfe und des Selbständigenzuschlages von bisher 1 Milliarde DM auf 1,3 Milliarden DM erhöht wird.Ziffer 2 dieses interfraktionellen Antrages sieht eine Änderung von § 47 b Abs. 5 vor und bedeutet eine Abgrenzung zu den beschlossenen Änderungen des § 13 Abs. 6 des Feststellungsgesetzes für Kriegssachschäden, d. h. eine Änderung der Vergleichswerte für die Abgaben- und Schadensberechnung der Kriegsachgeschädigten. Auch in diesem Falle folgen wir einer Empfehlung des Haushaltsausschusses.
Das Wort hat der Abgeordnete Zühlke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu diesem interfraktionellen Antrag nur einige wenige, aber desto grundsätzlichere Fragen und Antworten! Das Lastenausgleichsgesetz besteht seit 1952. Wir haben heute noch den Zustand, daß der Fonds mit Hilfe öffentlicher Mittel mehr als eine Milliarde pro Jahr für Unterhaltshilfe zur Verfügung stellen muß. Das bedeutet, daß die Not in den vom Lastenausgleichsgesetz betroffenen Kreisen, aus welchen Gründen immer, doch noch verhältnismäßig groß ist. Wir entlasten durch diese Unterhaltshilfeleistungen die öffentlichen Haushalte der Gemeinden und der Länder in der Sozialfürsorge.
Aus diesem Grunde hatte die SPD-Fraktion den Vorschlag gemacht, alle Mehrbelastungen auf die öffentlichen Haushalte abzustellen, um die Mittel des Lastenausgleichsfonds für die Hauptentschädigung bereitzuhalten. Wir haben diesen Antrag im Ausschuß nicht durchbekommen. Es wurde ein Kompromiß gewählt, und nun hat auch der Haushaltsausschuß wieder den Betrag von 650 Millionen DM als Plafond eingebaut. Uns wäre es lieber gewesen, wenn wir den Antrag: 50% Fonds, 50 % öffentliche Hand, durchbekommen hätten. Trotzdem werden wir mit einigen Bedenken und unter Hinweis darauf, daß auch diese Frage in der Zukunft nicht ruhen kann, dem interfraktionellen Antrag zustimmen.
Zu den zwei anderen Punkten, die hier angesprochen worden sind, werden wir eventuell beim Saar-Lastenausgleich noch das Wort nehmen.
Zur Begründung der weiteren Anträge hat der Abgeordnete Lemper das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten die Änderungsanträge zur 17. Novelle zum Lastenausgleichsgesetz auf den Umdrucken 468, 457 und 458 im Zusammenhang begründen.
Bitte sehr!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach den Änderungsanträgen auf den Umdrucken 468 und 457 zum 17. Änderungsgesetz zum Lastenausgleichsgesetz soll die Unterhaltshilfe nach nicht an der Wirklichkeit vorbeigehenden Tatbeständen erhöht werden. Ich freue mich, diese Änderungsanträge begründen zu dürfen, und möchte vorweg sagen, daß meine Freunde und ich bereits in zahlreichen Ausschußsitzungen versucht haben, die Mehrheit des Ausschusses davon zu überzeugen, daß die gegen unsere Stimmen beschlossene Erhöhung der Unterhaltshilfe um nur 20 DM — von 155 auf 175 DM — weitaus zu niedrig bemessen ist. Wir Sozialdemokraten sind der Auffassung, daß die Unterhaltshilfe um mindestens 35 DM, also auf 190 DM für alleinstehende Unterhaltshilfeempfänger, erhöht werden muß. Die von der Mehrheit des Ausschusses beschlossene Erhöhung um nur 20 DM geht an der Wirklichkeit vorbei.Wir glauben weiter, daß man an einem alten Grundsatz, der bisher in diesem Hohen Hause praktiziert wurde, nicht vorbeigehen darf. Bisher galt, daß die Unterhaltshilfe um etwa 20% höher liegen muß als die bisherigen Sätze der Fürsorge, heute Sozialhilfe. Dies ist bei der von der Mehrheit des Ausschusses beschlossenen Erhöhung nicht mehr der Fall. Allein schon die Tatsache, daß der Ausschuß in seiner Mehrheit gegen uns Sozialdemokraten und entgegen dem Regierungsentwurf, der nur 15 DM Erhöhung vorsah, dank unserer Bemühungen eine Erhöhung der Unterhaltshilfe um 20 DM monatlich beschloß, zeigt deutlich, wie recht wir haben. Auch liegt die Unterhaltshilfe nach dem jetzigen Stand unter der Sozialhilfe und nicht, wie bisher praktiziert, um etwa 20 % über der Sozialhilfe bzw. Fürsorge.Ich darf das anhand eines Beispiels erläutern. In meinem Heimatkreis Bergheim beträgt die regelsatzmäßige Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz für einen alleinstehenden 65jährigen Mann — oder eine alleinstehende Frau —116 DM. Hinzu kommen der Mehrbedarf nach § 23 des Bundessozialhilfegesetzes in Höhe von 23,20 DM und .die Kosten der Unterkunft, also Miete, mit durchschnittlich 53 DM, so daß sich eine Gesamtsumme von 192,20 DM ergibt. Bei Eheleuten sieht es ähnlich aus. Der Haushaltungsvorstand erhält ebenfalls 116 DM, der Mehrbedarf beträgt 23,20 DM, der Zuschlag für 'die Ehefrau 93 DM, die Miete 60 DM, insgesamt 292,20 DM.Wenn wir diese aus amtlichen Quellen stammenden Beträge für einen alleinstehenden Sozialhilfeempfänger und für ein Ehepaar, welches von der Sozialhilfe leben muß, einmal den von der Mehrheit des Ausschusses beschlossenen erhöhten Unterhaltshilfesätzen gegenüberstellen wird deutlich, daß die Unterhaltshilfe weitaus unter ,der Sozialhilfe bleibt. Dieser Unterschied wird noch deutlicher, wenn man berücksichtigt, daß der Sozialhilfeempfänger durch einmalige Beihilfen für Winterbevorratung, Bekleidung, Schuhe usw. eine weitere Besserstellung gegenüber den Unterhaltshilfeempfängern erfährt. Sicher, man kann sagen: Wenn der Unterhaltshilfeempfänger mit seinen Bezügen unter den Säten der Sozialhilfe
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Lemperliegt, kann .er ja zu dem Sozialamt gehen, um sich den Unterschiedsbetrag auszahlen zu lassen oder entsprechende .Beihilfen zu beantragen. Aber ich glaube, daß das nicht der Wille dieses Hohen Hauses sein kann.Diese unsere Argumente habe ich und haben auch meine Kollegen mehrmals im Lastenausgleichsausschuß vorgetragen. Sie wurden jedoch aus mir unverständlichen Gründen nicht akzeptiert. Nach Ansicht der Ausschußmehrheit und der zuständigen Ministerien erhalten nämlich alle Unterhaltshilfeempfänger 80 % der von ihnen zu zahlenden Miete als Mietbeihilfe nach dem Gesetz über Mietbeihilfen erstattet. Eine Aufstellung des Bundesministeriums der Finanzen weist dies nach, aber dieser Nachweis geht an der Wirklichkeit vorbei. Diese 'statistische Zusammenstellung des Bundesministeriums liegt den Ausschußmitgliedern vor und kann jederzeit eingesehen werden. Ich glaube nicht, daß diese falschen Zahlen in böser Absicht vorgelegt worden sind. Wahrscheinlich ist das irrtümlich geschehen. Aber Tatsache bleibt Tatsache, und es ist nicht wegzuleugnen, daß diese 80% zu gewährender Mietbeihilfen als Grundlage für die Festlegung der Höhe der Unterhaltshilfe auf 175 DM durch die Mehrheit des Ausschusses gedient haben.Die Mietbeihilfen werden nämlich unterschiedlich gezahlt. Einmal spielt hierbei eine Rolle, ob es sich um .einen sogenannten schwarzen oder weißen Kreis handelt. Ferner spielen die Beschaffenheit der Wohnung eine Rolle, die Miethöhe und andere Tatbestände, die entsprechend berücksichtigt werden müssen. Von der Annahme, daß 'sie berücksichtigt würden, ist der Ausschuß allerdings ausgegangen. Ich glaube, es ist an der Zeit, daß diese Zusammenhänge einmal überprüft werden, insbesondere jetzt, wo es darum geht, in zweiter und dritter Lesung die endgültige Entscheidung zu treffen.Ich darf noch ergänzend anhand eines kleinen Beispiels sagen, daß, ebenfalls in meinem Heimatkreis Bergheim, von 1200 Unterhaltshilfeempfängern, die demnach also einen Anspruch auf 80 % Mieterstattung hätten, nur ein einziger einen Antrag gestellt hatte und daß der auch noch das Pech hatte, daß der Antrag abgelehnt werden mußte, weil die Voraussetzungen nicht erfüllt waren.Abschließend darf ich noch einmal die Vergleichszahlen gegenüberstellen, um deutlich zu machen, daß der Unterhaltshilfeempfänger, ganz gleich, ob Vertriebener oder Kriegssachgeschädigter, der schließlich sein verlorenes Vermögen oder seine verlorene Existenz gegen die Unterhaltshilfe stellt und damit praktisch auf eine Hauptentschädigung nach dem Lastenausgleich verzichten muß, weitaus schlechter gestellt wird als der Sozialhilfeempfänger bzw. frühere Fürsorgeempfänger. Ein alleinstehender Sozialhilfeempfänger erhält im Durchschnitt etwa 190 DM, zusätzlich hierzu Beihilfen usw. Der alleinstehende Unterhaltshilfeempfänger soll dagegen nach dem Ausschußbeschluß nur 175 DM erhalten. Ein Ehepaar erhält im Durchschnitt etwa 290 DM Sozialhilfe plus Beihilfen, während ein Ehepaar an Unterhaltshilfe nur 280 DM erhalten soll.Diese Beispiele, aber ebenso die anderen von mir angeführten Fakten, die im Ausschuß zu dem Mehrheitsbeschluß geführt haben, dürften das Hohe Haus von der Richtigkeit unserer Auffassung überzeugen.Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich halte es für erforderlich, den bisherigen Standpunkt der Mehrheit des Hohen Hauses zu überprüfen und die von mir vorgetragenen Beispiele als Grundlage für die endgültige Festsetzung der Höhe der Unterhaltshilfe zu nehmen, also die im Ausschuß gefaßten Beschlüsse entsprechend zu revidieren bzw. zu ändern.Wir alle, auch die Regierungsparteien, sind der Auffassung, daß die Unterhaltshilfeempfänger nicht weiter wie bisher benachteiligt werden dürfen. Denken wir daran, daß es nach der Abstimmung, die heute stattfindet, zu spät sein wird und die Ärmsten der Armen erst dann wieder — allerdings nochmals verspätet — nachziehen werden, wenn die 18. Novelle auf der Tagesordnung steht. Ich bin der Meinung, so lange können wir mit weiteren Verbesserungen in diesem Sektor nicht warten; das kann unter Umständen sehr, sehr lange dauern.Ich bitte, meine sehr verehrten Damen und Herren, den beiden Änderungsanträgen auf Umdruck 468 und Umdruck 457 Ihre Zustimmung nicht zu versagen.Lassen Sie mich gleichzeitig den Änderungsantrag Umdruck 458 begründen. Da ist vorgesehen, daß die Rentenerhöhungen aus Anlaß der Veränderung der allgemeinen Bemessungsgrundlage auf die Unterhaltshilfe nicht mehr angerechnet werden sollen. Ich darf namens meiner politischen Freunde diesen Änderungsantrag kurz begründen.Es soll, wie gesagt, die Rentenerhöhung der gesetzlichen Rentenversicherung aus Anlaß der Veränderung der allgemeinen Bemessungsgrundlage auch für den Unterhaltshilfeempfänger spürbar werden.Nach dem jetzt geltenden Recht wird der Rentenmehrbetrag durch die in jedem Jahre vorgesehene Erhöhung aus Anlaß der Veränderung der allgemeinen Bemessungsgrundlage auf die Unterhaltshilfe voll angerechnet. Hierdurch werden die Unterhaltshilfeempfänger — die Ärmsten der Armen —, die gleichzeitig eine kleine Rente beziehen, leer ausgehen! Dies, meine sehr verehrten Damen und Herren, kann und 'darf nicht der Wille des Hohen Hauses sein. Das, was mit der rechten Hand gegeben wird, darf nicht mit der linken wieder weggenommen werden!Der Deutsche Bundestag hat in seiner 52. Sitzung anläßlich ,der Verabschiedung des Fünften Rentenanpassungsgesetzes einmütig die Meinung vertreten, daß Rentenerhöhungen nur in der von uns beabsichtigten Form berücksichtigt werden sollen.Es ist mit Sicherheit anzunehmen, daß die Sprecher der Regierungsparteien darauf hinweisen werden, daß die Freibeträge für Unterhaltshilfeempfänger, die gleichzeitig Renten beziehen, erhöht wurden. Dies darf kein Grund sein, unseren Antrag abzulehnen. Hierfür darf ich anführen:
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LemperErstens. Der Rentenempfänger hat für seine Renten auf Grund der von ihm geleisteten Beiträge zur Sozialversicherung einen Rechtsanspruch!Zweitens. Unterhaltshilfeempfänger haben ebenso einen Rechtsanspruch, weil sie ihre Vermögensverluste oder den Existenzverlust für die Unterhaltshilfe einsetzen und daher keinen Anspruch auf eine Hauptentschädigung haben!Drittens. Im laufenden Jahre 1964 sind durch Preissteigerungen weitere Rentenerhöhungen aus Anlaß der Veränderung der allgemeinen Bemessungsgrundlage zu erwarten, so daß der zu berücksichtigende Personenkreis erneut benachteiligt würde. Nach heutigen Pressemeldungen ist mit 9,2 % Rentenerhöhung zu rechnen, vorausgesetzt, daß die zuständigen Gremien zustimmen.Viertens sollte man dieser Entwicklung schon jetzt im Gesetz Rechnung tragen, um zu verhindern, daß sich das Hohe Haus in jedem Jahre erneut mit dem gleichen Problem zu befassen hat.Fünftens sollte man die Möglichkeit wahrnehmen, auch diesen Personenkreis vorausschauend in die kommende Regelung einzubauen.Ich könnte noch eine Reihe von Gründen anführen, doch glaube ich, daß die Mitglieder des Hohen Hauses auf Grund meiner Ausführungen zustimmen werden. Es geht darum, eine der noch bestehenden Ungerechtigkeiten im Lastenausgleichsgesetz zu beseitigen und gleichzeitig auch diesem Personenkreis die einmütig vom Deutschen Bundestag beschlossene Rentenautomatik spürbar werden zu lassen. — Ich bitte also um Annahme unserer Anträge.
Meine Damen und Herren, ich werde darauf aufmerksam gemacht, daß der soeben von Herrn Abgeordneten Lemper begründete Antrag Umdruck 457 einen Druckfehler enthält. Unter Buchstabe a muß es in der zweiten Zeile — sie beginnt mit der Zahl 2 — statt „155" richtig "115" heißen.
Die restlichen Anträge beziehen sich alle auf den Artikel I. Ich bin der Meinung, wir sollten die Begründung, soweit sie gewünscht wird, nacheinander hören, damit wir dann die Abstimmung zügig vornehmen können.
Zur Begründung des Änderungsantrags auf Umdruck 459 hat der Herr Abgeordnete Rehs das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Altersversorgung der Vertriebenen, insbesondere die Altersversorgung der vertriebenen Bauern und der anderen ehemals Selbständigen, gehört zu den dringlichsten Problemen, die in diesem Kriegsfolgenkomplex einer durchgreifenden Lösung bedürfen. Alle Beteiligten wissen dies, auch die Bundesregierung. In der Regierungserklärung vom 6. Februar 1963 hieß es:
Die Unterhaltshilfe, besonders aber die Alters-
versorgung der ehemals Selbständigen unter
den Vertriebenen und Flüchtlingen, bedarf einer Verbesserung.
Mehrfach haben sich in gleichem Sinne seit 1961 die drei Vertriebenenminister geäußert. Aber was bisher hierzu geschehen ist, ist nach wie vor unzureichend. Meine Freunde und ich begrüßen es daher, daß es im Rahmen der Ausschußberatungen wenigstens gelungen ist, entgegen dem Regierungsentwurf die Selbständigenzuschläge zur Unterhaltshilfe etwas zu verbessern.
Unberücksichtigt dagegen ist die in dem von der SPD-Fraktion eingebrachten Gesetzentwurf enthaltene Forderung geblieben, weitere 6 Geburtsjahrgänge in den Kreis der Berechtigten einzubeziehen. Es ist unseres Erachtens nicht zu vertreten, jeweils von Novelle zu Novelle immer nur zwei bis drei weitere Jahrgänge in die Altersversorgung einzubeziehen und die anderen sich weiter um ihr Alter sorgen und sich grämen zu lassen. Wir müssen über die Ansätze, ,die hierzu in der 8., der 11. und der 14. Novelle gemacht worden sind, endlich einmal mit einem gründlichen Schritt hinauskommen, um den Druck von den bedauernswerten alten Menschen zu nehmen. •
Deshalb appellieren wir mit dem vorliegenden Antrag noch einmal an das Parlament, die Altersgrenze für das Recht auf Kriegsschadensrente der ehemals Selbständigen bei Männern auf den 1. Januar 1906 und bei Frauen auf den 1. Januar 1911 festzulegen. Auch dieser Antrag löst noch nicht das ganze Problem, aber er trägt zu einer wesentlichen Erleichterung bei. Deshalb bitten wir um Ihre Zustimmung.
Wird der Antrag auf Umdruck 460 begründet? — Das Wort hat der Abgeordnete Zühlke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine ganz kurze Begründung zu diesem Antrag. Er behandelt das Problem der Krankenversorgung.Solange der Unterhaltshilfeempfänger Bargeld, also Unterhaltsleistung erhält, ist er auch krankenversichert. Ruht aber die Unterhaltshilfe aus irgendeinem Grund, so ist auch die Krankenversorgung nach dem Lastenausgleichsgesetz nicht mehr gegeben. Es besteht dann nur die Möglichkeit für ihn, über die Fürsorgeverbände wieder zur Krankenversorgung zu kommen.Deshalb haben wir den Antrag gestellt, daß bei Ruhen der Unterhaltshilfe gemäß § 287 die Krankenversorgung gegen Entrichtung eines monatlichen Betrages von 12 DM weiter gewährt wird. Der Antragsteller muß also selber 12 DM als Prämie an die Krankenkasse bezahlen und 'behält damit den Anspruch auf Krankenversorgung, wie er ihn bis zur Aussteuerung oder bis zum Ruhen der Unterhaltshilfe gehabt hat.Ich möchte herzlichst bitten, wenigstens diesen Antrag anzunehmen.Ich darf, Herr Präsident, vielleicht auch gleich den nächsten Antrag begründen.
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ZühlkeBei dem Antrag auf Umdruck 461 geht es um Fragen der Anrechnung von Unterhaltshilfe auf die Hauptenschädigung. Wir haben uns darüber im Lastenausgleichsausschuß lange unterhalten. Es bestanden dort einige Bedenken, die mehr formaler als sachlicher Art waren.Wir wollten erreichen, daß vom 1. 1. 1964 an die geleistete Unterhaltshilfe nicht auf die Hauptentschädigung angerechnet wird. Zur Erläuterung darf ich wenige Sätze sagen. Die Hauptentschädigung ist eine Entschädigung wegen Vermögensverlustes. Ich möchte es an einem Beispiel konkretisieren. Wenn ich in der Bundesrepublik ein Vermögen von 5000 DM in Form von Hausbesitz habe, brauche ich dieses Vermögen nicht zu verzehren. Ich erhalte, wenn ich keine anderen Leistungen — etwa eine Rente — bekomme, von dem Fürsorgeamt die Fürsorgeleistung; es wird mir vom Fürsorgeamt nicht zugemutet, das Haus zu verkaufen, um mit den 5000 DM den Lebensunterhalt zu bestreiten.Unter denselben Voraussetzungen gehen wir an dieses Problem der Nichtanrechnung von Unterhaltshilfe auf die Hauptentschädigung heran. Es sei zugegeben, daß wir mit den einzelnen Novellen Wesentliches geändert haben; ich erinnere nur an die 14. und an die 16. Novelle, wo wir den Mindesterfüllungsbetrag eingebaut haben. Der Mindesterfüllungsbetrag ist aber, sagen wir mal, ein Betrag, der noch etwas übrig läßt: bei 3000 DM Endgrundbetrag 300 DM = 10%. Dieser Betrag ist dem Empfänger sicher. Wir wollten bei der weiteren Entwicklung in § 278 a Abs. 4 die Höhe des Endgrundbetrags als Mindesterfüllungsbetrag verändert wissen, wie es in der Vorlage vorgesehen ist. Bei Grundbeträgen bis 4800 DM soll Mindesterfüllungsbetrag dieselbe Summe sein. Sie ermäßigt sich bei mehr als 9600 DM auf 50 v. H. des Endgrundbetrags; bis jetzt sind es im Gesetz nur 25%.Ich kenne die Kompliziertheit dieses Antrags. Zur Aufklärung mußte ich das Anliegen hier einmal deutlich aussprechen. Es ist zu bedenken, daß sonst das verlorengegangene Vermögen, über das der Berechtigte im Jahre 1952 nicht verfügen konnte, vielleicht erst im Jahre 1970 — auch mit der Zinsleistung, die darauf ruht — zur Verfügung steht, er aber nachher nicht mehr die gleiche Möglichkeit wie jeder andere hat. Ich bin davon überzeugt, daß unser Antrag hinsichtlich des Mindesterfüllungsbetrags, wie er hier im einzelnen angegeben ist, oder, global gesagt, hinsichtlich der Nichtanrechnung von Unterhaltshilfe auf Hauptentschädigung berechtigt ist. Das ist seit Jahren ein berechtigtes Anliegen meiner Fraktion. Ich bitte um Annahme.
Soll der Antrag Umdruck 462 begründet werden? — Das Wort hat Frau Abgeordnete Korspeter.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Nach dem bestehenden Flüchtlingsrecht werden die anerkannten und nichtanerkannten Flüchtlinge unterschiedlich behandelt.Meine Fraktion ist der Meinung — diesen Grundsatz haben wir bereits in unserem Flüchtlingsgesetzentwurf festgelegt —, daß wir eine solche unterschiedliche Behandlung der Flüchtlinge aus politischen, aus menschlichen und auch aus sozialen Gründen nicht weiter aufrechterhalten sollten und daß wir alle — es sei denn, es liegen gegen einzelne Flüchtlinge bestimmte Ausschließungstatbestände vor — mit gleichen Rechten und Vergünstigungen ausstatten sollten.Wir haben die Möglichkeit, in der 17. Novelle zum Lastenausgleichsgesetz durch eine Veränderung des § 301 bzw. durch die von uns auf Umdruck 462 vorgeschlagene Einfügung in § 301 Abs. 1 die Leistungen für alle Flüchtlinge in gleicher Weise zu regeln und dadurch die bisher nicht anerkannten Flüchtlinge in den Kreis der Anspruchsberechtigten einzugliedern. Von diesen Ansprüchen sollen allein diejenigen ausgeschlossen werden, auf die die Ausschließungstatbestände der Nrn. 1 bis 5 zutreffen. Diese Tatbestände entsprechen der jetzigen Regelung.Durch eine solche Gleichbehandlung aller Flüchtlinge würden wir bestehende Spannungen und Schwierigkeiten ausschalten. Wir würden dazu beitragen, daß in den Kreisen der Flüchtlinge das Gefühl lebendig wird, daß das Parlament sich ihres Schicksals und ihrer Situation bewußt und darum bemüht ist, grundlegende Verbesserungen zu schaffen.Wir würden mit einer solchen Regelung gleichzeitig das Flüchtlingshilfegesetz überflüssig machen. Alle, die sich mit den Fragen des Flüchtlingsrechts beschäftigen, wissen, daß dieser Gesetzentwurf der Bundesregierung, der jetzt beraten wird, durch die darin vorgesehenen fürsorgerechtlichen Voraussetzungen wie Einkommensbegrenzungen, Verwandtenhilfe und Bedürftigkeitsprüfungen nicht ausreicht, den Flüchtlingen gerecht zu werden und die Spannungen, die bestehen, zu beseitigen.Von einigen Vertretern der Regierungsfraktionen wurde besonders in der letzten Zeit des öfteren erklärt, daß auch sie dazu neigten, diese Unterschiedlichkeiten in der Behandlung der Flüchtlinge aufzuheben, und daß sie hofften, den Entwurf eines Flüchtlingshilfegesetz von gewissen fürsorgerechtlichen Voraussetzungen befreien zu können. Meine Herren und Damen, wenn eine solche Meinung ernst genommen werden soll, könnten wir hier schon in § 301 durch die von uns vorgeschlagene Regelung die gleiche Behandlung aller Flüchtlinge erreichen. Das wäre viel einfacher und das führte uns sehr viel schneller zum Ziel.Selbstverständlich macht die vorgeschlagene Regelung vermehrte Aufwendungen notwendig. Hierbei ist aber zu berücksichtigen, daß eine Entlastung der Länder durch Übernahme von Sozialleistungen auf den Bund erfolgen würde, wobei der Bund die Handhabe hätte, mit den Ländern über Kriegsfolgelasten abzurechnen. Außerdem könnte, genauso wie es früher bei den Vertriebenen geschehen ist, durch Rechtsverordnung ein Punktsystem der Leistungen entwickelt und damit die ,Streckung der Ausgaben
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Frau Korspetererreicht werden, so daß diese Ausgaben in mehreren Haushalten, ganz besonders bei der Hausrathilfe, in Ansatz gebracht werden könnten.Unsere Regelung würde dazu beitragen, meine Herren und Damen — und dessen sollten wir uns bewußt sein —, eine Beruhigung in Iden Kreisen der Flüchtlinge herbeizuführen, die den Flüchtlingshilfegesetzentwurf der Bundesregierung mit seinen fürsorgerischen Voraussetzungen mit Recht als völlig unzureichend bezeichnen. Das zu dem § 301 und unseren Vorschlägen zur Änderung.Ich darf nun mit Erlaubnis .des Herrn Präsidenten sofort auch unseren Änderungsvorschlag zu § 301 a auf Umdruck 463 begründen.§ 301 a befaßt sich gleichfalls mit dem Flüchtlingsrecht, und zwar mit der Alterssicherung der alten, ehemals selbständigen Flüchtlinge. Es ist bekannt, und wir haben oft genug in diesem Hause über dieses Problem gesprochen, daß die Flüchtlinge aus der Zone — auch die Inhaber von C-Ausweisen, also auch die anerkannten Flüchtlinge — in der Alterssicherung gegenüber den Heimatvertriebenen schlechter gestellt :sind und daß diese Schlechterstellung zu einer ständigen und auch berechtigten Kritik und Klage über das bestehende Flüchtlingsrecht geführt hat. Auch meine Fraktion hält diese Klagen für durchaus berechtigt, und wir haben deshalb in unserem Flüchtlingsgesetzentwurf eine Regelung vorgeschlagen, nach der alle alten, ehemals selbständigen Flüchtlinge aus der Zone eine Alterssicherung erreichen, wie sie den Heimatvertriebenen nach den Vorschriften des Lastenausgleichsgesetzes zusteht.Bei den Beratungen im Lastenausgleichsausschuß zu der 17. Novelle wurde von den Vertretern der CDU ein Vorschlag unterbreitet, der zwar eine Verbesserung der Alterssicherung für die alten, ehemals selbständigen Flüchtlinge vorsieht, aber diesen Personenkreis keineswegs den Heimatvertriebenen gleichstellt. Wir haben deshalb entsprechend den Vorschlägen unseres Flüchtlingsgesetzentwurfs im Ausschuß einen Antrag eingebracht, der eine völlige Gleichstellung mit den Heimatvertriebenen in der Alterssicherung herbeiführen sollte. Dieser Antrag wurde leider abgelehnt, so daß nach dem Schriftlichen Bericht in § 301 a einmal nur die Inhaber von C-Ausweisen unter ,den ehemals Selbständigen erfaßt werden und zum anderen auch die Leistungen der Alterssicherung für sie gegenüber den Heimatvertriebenen geringer sind. Es besteht mit der zu gewährenden laufenden Beihilfe, die jetzt neu eingeführt werden soll, nur die Möglichkeit, daß ein Schadensbetrag bis zu 12 000 DM berücksichtigt wird, d. h. daß im Höchstfall nur eine Beihilfe von 100 DM gewährt werden kann. Da der bisher gewährte Steigerungsbetrag, der im Höchstfall 60 DM betragen konnte, mit dieser laufenden Beihilfe wegfällt und durch diese laufende Beihilfe ersetzt wird, würde die Verbesserung der Alterssicherung der ehemals selbständigen Flüchtlinge nur 40 DM betragen.Wir stellen deshalb erneut unseren Antrag auf Umdruck 463, den wir bereits im Ausschuß gestellt hatten, einmal alle ehemals selbständigen Flüchtlinge zu erfassen und nicht nur die Inhaber vonC-Ausweisen, wie es jetzt im Schriftlichen Bericht vorgesehen ist, und darüber hinaus diesem Personenkreis die Kriegsschadensrente in der entsprechenden Leistungshöhe zu gewähren.Die Vertreter der Regierungsfraktionen haben sehr häufig die Meinung geäußert, daß man die älteren ehemals selbständigen Flüchtlinge nicht weiterhin schlechter gestellt sehen wolle als die Heimatvertriebenen. Mit der Annahme unseres Antrages würden wir diese Vorstellungen verwirklichen können. Ich bitte deshalb darum, unsere beiden Anträge anzunehmen. Sie würden viel dazu beitragen, in den Kreisen der Flüchtlinge eine Beruhigung herbeizuführen.
Frau Kollegin Korspeter, das war offenbar gleich die Begründung zu dem Antrag Umdruck 463. Damit sind alle Anträge begründet, die zu Art. I vorliegen. — Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Leukert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zu den Anträgen der Fraktion der SPD auf den Umdrucken 468, 457, 458, 459, 460 und 461 Stellung nehmen.Zu den Ausführungen meiner Vorredner, der Kollegen Lemper, Zühlke und Rehs, darf ich folgendes sagen. Wir haben in den Beratungen des für den Lastenausgleich zuständigen Ausschusses über die 17. Novelle alle die Fragen, die jetzt wieder in den Anträgen auftauchen, genügend durchgesprochen und ausdiskutiert. Auf Grund der begrenzten Möglichkeiten, die sich aus dem Lastenausgleichsaufkommen und aus den Beiträgen der Haushalte des Bundes und der Länder ergeben, können wir im Augenblick praktisch keine anderen Erhöhungen vorsehen, als sie in der Vorlage des Ausschusses enthalten sind.Nach der Ausschußvorlage sollen sowohl die Unterhaltshilfe für Alleinstehende wie auch der Ehegattenzuschlag, der Kinderzuschlag und die Pflegezulage — das wissen die Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion auch — im Durchschnitt über das Maß dessen hinaus erhöht werden, was in der Regierungsvorlage vorgesehen war. Die Ausschußberatungen waren also keineswegs erfolglos, sondern wir haben das Möglichste getan.Der Herr Kollege Lemper hat behauptet, die Höhe der Unterhaltshilfe liege heute noch unter den Leistungen der Sozialhilfe. Das stimmt nicht, Herr Kollege Lemper.
— Herr Kollege Rehs, Sie haben genau wie ich die Unterlagen des Bundesministers der Finanzen mit den vergleichenden Zahlen des Bundesamts für Statistik erhalten, und diese Zahlen können Sie nicht widerlegen.
— Herr Kollege Rehs, nach den statistischen Unterlagen beträgt die Sozialhilfe je Partei 87,80 DM
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Leukertmonatlich und die Unterhaltshilfe je Partei 143 DM monatlich; die Sozialhilfe je Person beträgt 107 DM monatlich, und die Unterhaltshilfe je Person 115 DM monatlich.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Bitte.
Herr Kollege Leukert, wissen Sie nicht genauso wie wir, daß die Durchschnittssätze, mit denen in dieser Statistik gearbeitet wird, keineswegs mit den Sätzen in den einzelnen Ländern übereinstimmen, die unterschiedlich sind und die zum Teil wesentlich unter bzw. über diesen Durchschnittssätzen liegen?
Herr Kollege Rehs, das trifft nicht zu. Wir haben eine vergleichende statistische Ubersicht aus dem Land Niedersachsen — diese Zahlen sind ja von den zuständigen Landesämtern bekanntgegeben worden und können von keiner Seite ernsthaft bezweifelt werden —, und wenn Sie diese Ubersicht, die das Datum vom 1. Juli 1963 trägt und die auch Ihnen vorliegt, in den einzelnen Alters- und Familienstandsgruppen betrachten, dann werden Sie feststellen, daß tatsächlich die Unterhaltshilfe höher ist als die Leistungen der Sozialhilfe. Dem ist keineswegs im Ausschuß widersprochen worden. Wir haben im Gegenteil im Ausschuß noch ausdrücklich erklärt, daß bei den Unterhaltshilfeempfängern noch eine bessere soziale Anhebung stattgefunden hat dadurch, daß die Unterhaltshilfe auf Grund des Wohnbeihilfegesetzes nur zu 50 % angerechnet werden darf. Das kann natürlich bei der Diskussion über die Höhe der Unterhaltshilfe nicht außer Betracht bleiben. Wir können also, sofern Sie uns nicht eine andere Begründung geben, nicht der Auffassung folgen, daß die Unterlagen erstens nicht vollständig wären und daß zweitens die Anhebung der Unterhaltshilfesätze nicht so weit wie möglich den tatsächlichen Gegebenheiten entspräche.Bezüglich der Renten darf ich auf die Anhebung der Freibeträge verweisen. Sie wissen, daß wir die Freibeträge angehoben und daß wir auch die Erhöhung des Freibetrages bezüglich der letzten Erhöhung der Renten ab 1. 1. 64 zum 1. Juni 1964 gleich mit einbezogen haben.Nun zu dem Antrag Umdruck 459. Es geht um das Hineinwachsen von weiteren fünf Jahrgängen in die Unterhaltshilfe und damit auch in den Selbständigenzuschlag. Ich darf für meine Fraktion in diesem Hohen Hause einmal erklären, daß es das besondere Anliegen der Christlich-Demokratischen Union und der Christlich-Sozialen Union gewesen ist, gerade den Personenkreis ehemals selbständiger Landwirte, Unternehmer, Handwerker, aber auch frei Schaffender in den Genuß eines besonderen Zuschlags zu bringen, den wir damals den Selbständigenzuschlag genannt haben. Bei der 17. Novelle haben wir auch eine besondere Erleichterung geschaffen, indem wir nicht nur von einem Mindestgrundbetrag der Hauptentschädigung bei der Zuerkennung des Selbständigenzuschlags ausgehen, sondern auch den Satz von etwa 2000 Reichsmark Einkommen als das sogenannte Lebensbild für den Selbständigen mit eingebaut haben. Ich verweise darauf, daß der Initiativgesetzentwurf der SPD dies nicht vorgesehen hatte. Damit ist wohl dokumentiert, daß es ein besonderer Erfolg gerade der Fraktion der CDU/CSU war und ist, sich dieser ehemals selbständigen Personen, die heute die Unterhaltshilfe nach dem Lastenausgleich beziehen müssen, angenommen zu haben.Das Hineinwachsen weiterer fünf Jahrgänge halten wir im Augenblick noch nicht für möglich. Ob sich in absehbarer Zeit die Möglichkeit ergibt, bleibt einer späteren Prüfung vorbehalten.In ihrem Antrag Umdruck 460 zu § 276 verlangt die Fraktion der SPD bei Ruhen der Unterhaltshilfe die weitere Gewährung der sogenannten Krankenversorgung nach dem Lastenausgleichsgesetz. Ich glaube, daß jemand, soweit er aus der Unterhaltshilfe herauskommt, Anspruch auf Krankenversorgung nach dem Sozialhilfegesetz hat, andererseits, wenn er freiwillig versichert ist, während der Zeit des Ruhens der Unterhaltshilfe die freiwillige Krankenversicherung wird fortsetzen müssen.Nun zu dem schwierigen Kapitel der Nichtanrechnung der Unterhaltshilfe auf die Hauptentschädigung bzw. die Erhöhung des Mindesterfüllungsbetrages. Darüber ist im zuständigen Lastenausgleichsausschuß so ausführlich diskutiert worden, daß es nicht mehr notwendig ist, dazu im Plenum noch allzuviel zu sagen. Ich glaube, in dem Antrag ist keine Logik enthalten; denn man muß berücksichtigen, daß der Geschädigte im Sinne des Lastenausgleichsgesetzes, der eine Unterhaltshilfe bezieht, wenn er einen entsprechenden Grundbetrag der Hauptentschädigung hat, daneben auch noch die Kriegsschadensrente bekommen kann, dazu den Selbständigenzuschlag, wenn er selbständig war, und dann den Mindesterfüllungsbetrag von im Durchschnitt 25 % des Grundbetrages der Hauptentschädigung.Wenn man darüber hinausgehen will, muß man natürlich sagen — so wie es verlangt wird —: Alles wegfallen lassen! Dann kann ich aber wahrscheinlich nicht mehr den Mindesterfüllungsbetrag erhöhen; denn man kann Leistungen nicht doppelt verteilen.Zum Schluß darf ich ein Wort zu der Höhe der Ausgaben sagen, die durch die gestellten Anträge entstehen würden. Es ist immerhin so, daß die SPD mit uns gemeinsam den interfraktionellen Antrag eingebracht hat, wo wir für die Deckung der Ausgaben der 17. Novelle von Bund und Ländern einen Zuschuß von 650 Millionen DM jährlich beantragen. Die von der SPD gestellten Anträge gehen natürlich weit über dieses Ausmaß hinaus. Ich glaube, daß wir Gegenliebe weder bei den von der SPD regierten Ländern noch bei den anderen finden würden und daß damit wahrscheinlich auch die ganze Novelle scheitern würde. Das hat wohl niemand in diesem Hohen Hause bedacht.
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Leukert
Im Dezember haben wir dann diesen Antrag im Lastenausgleichsausschuß zum erstenmal behandelt. Im Januar habe ich im Namen meiner Fraktion erklärt: das würde einen Antrag zu § 301 a zur Folge haben. Am 13. Februar habe ich diesen Antrag formuliert vorgelegt. Bis zu diesem Augenblick hat die SPD sich in dieser Frage überhaupt nicht gerührt. Dann klappte sie eine Woche später mit
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964 6231
Eichelbaumdem Antrag nach, der Ihnen jetzt vorliegt und der unseren Antrag zu übertrumpfen versucht. — Bitte!
Herr Eichelbaum, ist Ihnen nicht bekannt, daß meine Fraktion durch die Vorlage des Entwurfs eines Flüchtlingshilfegesetzes ganz eindeutig und klar eine Alterssicherung für die ehemals Selbständigen, die nicht Heimatvertriebene sind, vorgeschlagen hatte? Ist Ihnen das bekannt? Sie könnten sonst jetzt nicht erklären, die SPD habe in keiner Weise an die Regelung dieser Frage gedacht.
Es handelt sich um eine Sofort maßnahme im Rahmen der 17. Novelle zum Lastenausgleich. Davon habe ich gesprochen. Ich füge hinzu, daß zu diesem Zeitpunkt sowohl im Gesamtdeutschen Ausschuß als auch im Lastenausgleichsausschuß bereits entschieden war, daß die Unterscheidung zwischen „anerkannten" und „nichtanerkannten" Flüchtlingen beibehalten werden sollte, daß aber auch die „nichtanerkannten" Flüchtlinge — wie sie oft heißen — unter bestimmten Umständen Hilfen bekommen sollten auf Grund eines Gesetzes, über das wir noch beraten.
Es war also damals schon völlig klar, daß der Antrag, den Sie jetzt begründet haben, in der Luft hing und daß es überhaupt keine Möglichkeit mehr gab, ihn zu verwirklichen. Ich möchte sagen, das nenne ich eine Opposition rein deklamatorischen oder deklaratorischen Charakters. Ich verstehe schon, Sie haben diesen Antrag gestellt, um dann sowohl auf Ihrem Flüchtlingskongreß in Sindelfingen als auch in der Öffentlichkeit, wo immer Sie auch auftreten konnten, die Initiative der CDU abzuwerten, mit Ihrem eigenen Vorhaben zu bestreiten, und haben damit eine sehr beträchtliche Verwirrung geschaffen.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Rehs?
Bitte sehr.
Herr Kollege Eichelbaum, sagen Sie: Halten Sie es wirklich für vertretbar, solche Behauptungen angesichts der Tatsache aufzustellen, daß meine Fraktion ein geschlossenes Flüchtlingsgesetz mit einer vollständigen Konzeption zur Regelung aller dieser Fragen vorgelegt hat? Über dieses Gesetz ist noch nicht endgültig entschieden, weil darüber im Bundestag noch nicht definitiv verhandelt worden ist. Halten Sie es für vertretbar, hier jetzt solche Behauptungen aufzustellen, in denen Sie einfach die Tatsachen und die Zeitabläufe auf den Kopf stellen?
Dazu kann ich folgendes sagen. Frau Korspeter hat hier erklärt, daß mit der Annahme dieses Antrages das Hauptanliegen des Flüchtlingsgesetzes gewissermaßen schon erledigt sei. Ich bin der Meinung, entweder wollen Sie das Flüchtlingsgesetz ernstlich oder Sie wollen denAntrag zu § 301 und § 301 a ernstlich. Aber beides nebeneinander in dieser Form verträgt sich nicht!
Ich muß folgendes hinzufügen, weil davon gesprochen worden ist, daß hier menschliche Gründe entscheidend sein sollen. Seit dem Jahre 1961 erhält jeder Flüchtling, der durch die bolschewistischen Maßnahmen drüben sein Unternehmen verloren hat oder in der selbständigen Verwertung seines Unternehmens gehindert ist, die Anerkennung als Flüchtling. Die Tatsache, daß im Härtefonds des Lastenausgleichs diese Flüchtlinge bedacht werden, bedeutet, daß nahezu alle der in Betracht Kommenden darunter fallen. Außerdem ist der Opposition genau bekannt, daß wir in dem Hilfsmaßnahmen-Gesetz die dort zu bestimmenden Leistungen für die anderen in gleicher Weise beschließen wollen, wie sie der Härtefonds des Lastenausgleichs für diese früher selbständigen Flüchtlinge bestimmt. Es ist also einfach nicht richtig und nicht wahr, daß wir über diese Menschen hinweggehen wollen.Ich muß schon daran erinnern, daß ich vor fünf Vierteljahren hier bei dem Beginn der Beratung über die Flüchtlingsgesetze gegenüber der Opposition den ernsthaften Wunsch ausgesprochen habe, Flüchtlingspolitik „ohne Parteihader" zu treiben. Das habe ich ernster gemeint, als manche es wahrscheinlich aufgenommen haben; ich meine es auch heute noch, und ich hoffe auch heute noch, daß sich das verwirklicht.
— Ich meine das auch. Ich rede ja gegen Entstellungen und Verzerrungen. Ich bin der Ansicht, so sachlich, wie wir uns im Gesamtdeutschen Ausschuß unterhalten haben, sollten wir auch unsere Antragspolitik betreiben und damit nicht irgendwelche Parteivorteile zu erlangen suchen oder Parteiwerbung betreiben.
Es kann nicht bestritten werden, daß die Unruhe unter den Flüchtlingen, von der Sie gesprochen haben, durch die Art Ihrer Propaganda und Ihrer Taktik in ganz besonderer Weise angeheizt und geschürt worden ist. Ich glaube, daß umgekehrt die Flüchtlinge durchaus wissen, daß sie der CDU und dem Vorstoß der CDU, d. h. der neu formulierten Fassung des § 301 a, die wirkliche soziale Gleichstellung mit den Vertriebenen verdanken werden. Was Sie an Zahlen darüber angegeben haben, ist genausowenig richtig wie manches andere auch. Denn da man die Berechnungsmethoden des Lastenausgleichs für die Vertriebenen für die hier gemeinten Flüchtlinge nicht anwenden kann, muß in einer
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6232 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964
EichelbaumRechtsverordnung eine Tabelle aufgestellt werden, aus der sich die einzelnen Sätze überhaupt erst ergeben werden. Diese Tabelle existiert noch gar nicht. Über diese Tabelle ist noch gar nicht beraten worden, weil ja erst das Gesetz vorliegen muß. Jetzt zu behaupten, diese Tabelle werde ungenügende Ergebnisse aufweisen, die Menschen — wie eben behauptet worden ist — erhielten dann bloß 40 DM mehr, ist also eine Verfälschung der Tatsachen.Ich muß Sie bitten, diese beiden Anträge abzulehnen.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.Wir sind in zweiter Beratung bei § 1 und haben demnach zuerst über den interfraktionellen Antrag Umdruck 464 Ziffer 1 abzustimmen. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die 'Gegenprobe. — Angenommen.Wer nun der Nr. 1 mit der beschlossenen Änderung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Angenommen.Wer den Nrn. 2, 3 und 4 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Angenommen.Ich rufe auf Nr. 5. Dazu liegt vor der interfraktionellen Antrag Umdruck 464 Ziffer 2. Wer diesem Antrag Umdruck 464 Ziffer 2 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Angenommen.Wer Nr. 5 mit der soeben beschlossenen Änderung zuzustimmen wünscht, 'den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die !Gegenprobe. — Angenommen.Wer den Nrn. 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14 und 15 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe — Angenommen.Zu Nr. 16 liegt vor der Änderungsantrag Umdruck 468 der Fraktion der SPD. Er ist begründet; die Aussprache darüber hat stattgefunden. Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 468 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das zweite ist 'die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.Wer Nr. 16 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um dais Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.Wer Nr. 17 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Angenommen.Zu Nr. 18 liegt 'der Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 457 'vor. Er ist begründet; die Aussprache hat stattgefunden. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Abgelehnt.Wer Nr. 18 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.Zu Nr. 19 liegt der Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 458 vor. Er ist begründet und besprochen. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den 'bitte 'ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Abgelehnt.Wer Nr. 19 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.Zu Nr. 20 liegt der Änderungsantrag der 'Fraktion der SPD auf Umdruck 459 vor. Er ist begründet und besprochen. Wer ihm zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Abgelehnt.Wer Nr. 20 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, 'den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.Wer den Nrn. 21 und 22 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Angenommen.Nr. 23. Hierzu liegt der Antrag Umdruck 460 der Fraktion der SPD vor; er ist begründet und besprochen. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Abgelehnt.Wer Nr. 23 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.Wer Nr. 24 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Angenommen.Zu Nr. 25 ist der Antrag Umdruck 461 der Fraktion der SPD gestellt. Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Abgelehnt.Wer der Nr. 25 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.Wer den Nrn. 26, 27, 28, 29 sowie 30 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Angenommen.Wir kommen nunmehr zu dem Antrag Umdruck 462, eine Nr. 30 a einzufügen, einem Antrag der Fraktion der SPD, der begründet worden ist und über den beraten wurde. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Abgelehnt.Nr. 31. Hierzu ist der Antrag Umdruck 463 der Fraktion der SPD gestellt. Ich nehme an, auch er wurde begründet und diskutiert. Ich bitte diejenigen, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, das Handzeichen zu geben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Abgelehnt.
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964 6233
Vizepräsident Dr. JaegerIch lasse abstimmen über Nr. 31 in der Ausschußfassung, Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.Wer den Nrn. 32, 33, 34, 35, 36 und 37 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Angenommen.Wer § 1 insgesamt mit den soeben beschlossenen Änderungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.Ich rufe auf die §§ 2 und 3. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Paragraphen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Angenommen.Ich rufe auf § 4 und dazu den Antrag Umdruck 464 Ziffer 3. Wird dazu das Wort gewünscht. — Das ist nicht der Fall. Wer diesem interfraktionellen Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Angenommen. Damit hat § 4 eine neue Fassung erhalten.Ich rufe auf die §§ 5, — 6, — 7, — 8 und 9. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Paragraphen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Angenommen.Wir kommen zu § 10 und damit zum letzenmal zu dem interfraktionellen Antrag Umdruck 464, diesmal Ziffer 4. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Angenommen.Wer § 10 mit der soeben beschlossenen Änderung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Angenommen.Wer den §§ 11 und 12 sowie der Einleitung und der Überschrift zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.Damit kommen wir zurdritten BeratungDas Wort hat Herr Abgeordneter Rehs.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht die Absicht, auf die Aussprache der zweiten Lesung in diesem Augenblick noch einzugehen und mich mit manchen nach unserer Auffassung nicht richtigen Darstellungen in den Ausführungen von Herrn Kollegen Leukert und insbesondere den sehr unglücklichen Darstellungen des Herrn Kollegen Eichelbaum nochmals zu beschäftigen.Ich möchte namens der sozialdemokratischen Fraktion zur dritten Lesung folgendes erklären.Wieder einmal hat sich bei der Beratung eines Änderungsgesetzes zum Lastenausgleichsgesetz gezeigt, daß die Bundesregierung kein Augenmaß für die Notwendigkeiten und Möglichkeiten in diesemMillionen Menschen betreffenden Fragenbereich besitzt.Bei fast allen ins Gewicht fallenden früheren Novellen zum Lastenausgleichsgesetz hat sie sich durch das Ergebnis der Ausschußberatungen sehr hart beweisen lassen müssen, daß ihre jeweiligen Gesetzesvorlagen ungenügend konzipiert, auf unzureichenden Zahlenvorstellungen aufgebaut und von unzulänglicher Einstellung zu dem Gesamtproblem bestimmt gewesen sind.Obwohl diese beschämende Feststellung bereits bei früheren Änderungsgesetzen getroffen werden mußte, hat die Bundesregierung auch bei der 17. Novelle hieraus keine Folgerungen gezogen.Wegen der völligen Unzulänglichkeit dieser Regierungsvorlage hat sich die sozialdemokratische Bundestagsfraktion veranlaßt gesehen, ihrerseits einen eigenen Entwurf mit den nach ihrem Dafürhalten mindestnotwendigen Veränderungen und Verbesserungen einzubringen. Auf Grund dieses Entwurfs ist es in den Ausschußberatungen gelungen, in einer Reihe von Punkten, z. B. bei der Anhebung der Unterhaltshilfesätze, der Selbständigenzuschläge usw., Verbesserungen über die Regierungsvorlage hinaus zu erzielen. Die Einsicht der Ausschußmitglieder, daß es bei den Maßnahmen der Regierungsvorlage keinesfalls bleiben konnte, wird von uns begrüßt und gewürdigt. Die Beratungen des Ausschusses standen infolge der zu späten Vorlage auch unter unerfreulichem Zeitdruck.Mit Bedauern müssen wir aber andererseits feststellen, daß sich die Mehrheit des Ausschusses auch nicht dazu hat entschließen können, in entscheidenden Punkten — so: der Einbeziehung weiterer Jahrgänge, der Nichtanrechnung der Unterhaltshilfe auf die Hauptentschädigung, der Krankenversorgung bei ruhender Unterhaltshilfe und der Nichtanrechnung von Rentenerhöhungen auf die Unterhaltshilfe — unseren Anträgen zuzustimmen. Ebenso ist unseres Erachtens die erfolgte Anhebung der Unterhaltshilfe in keiner Weise geeignet, den veränderten Umständen und Tatbeständen Rechnung zu tragen. Auch unser Versuch, den Sowjetzonenflüchtlingen im Rahmen der Novelle wirkliche Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, ist mißlungen.Wir bedauern deshalb, daß auch heute die Regierungmehrheit in diesem Hohen Hause bei dieser ablehnenden Haltung geblieben ist.Diese Tatsache wird für die davon betroffenen Menschen nicht nur eine erneute schwere Enttäuschung bedeuten; wir können das aus den zahlreichen Gründen, die ich in diesem Augenblick nicht mehr zu wiederholen brauche, auch nicht für gerecht halten.Natürlich wäre es nicht zu verantworten, unseren Menschen das vorzuenthalten, was immerhin an Verbesserungen durchgesetzt worden ist, und deshalb werden wir der heute beschlossenen Fassung in der :dritten Lesung zustimmen.Aber ich möchte die Bundesregierung bei dieser Gelegenheit ernstlich erneut auffordern, sich nun Vorstellungen darüber zu machen, wie es mit dem
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6234 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964
RehsLastenausgleich weitergehen soll. Wir brachen endlich eine zuverlässige, wirklich objektive Bestandsaufnahme hinsichtlich des Lastenausgleichsfonds, des Ausmaßes der noch erforderlichen Verbesserungen und der dafür benötigten Mittel. Wir haben heute in der Erörterung wieder gesehen, wie groß die Unsicherheit und Unklarheit über die finanziellen Voraussetzungen sind, und haben gehört, daß infolge dieser Unklarheit eben auch in Ihren Reihen eine starke Hemmung gegenüber, Herr Kollege Rutschke, auch von Ihnen für notwendig gehaltenen Verbesserungen besteht. Die bisher mehr oder minder aus der Richtung des Finanzministeriums stammenden einseitigen Angaben können angesichts der wiederholten Widerlegungen bei den verschiedenen Novellen und der von anderer sachverständiger Seite ins Feld geführten Berechnungen nicht mehr als ausreichend angesehen werden. Wir erwarten daher, daß die Bundesregierung nunmehr nach der Erfahrung auch bei 'dieser Novelle endlich das Augenmaß gewinnt, das der Bedeutung dieser Aufgabe und der damit verbundenen Verantwortung zukommt.
Das Wort hat der Abgeordnete Kuntscher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kurz vor der Verabschiedung der 17. Novelle zum Lastenausgleichsgesetz zunächst eine Vorbemerkung.Allenthalben wurde im Wahlkampf in Baden-Württemberg und auch in einer gewissen Vertriebenenpresse der Vorwurf erhoben, daß die Verabschiedung der 17. Novelle absichtlich hinausgezögert worden sei. Dazu ein klärendes Wort. Alle Mitglieder des Lastenausgleichsausschusses werden mir folgendes bestätigen müssen. Wir haben keine Möglichkeit vorübergehen lassen und jeden Sitzungstag ausgenutzt, um diese 17. Novelle so rasch wie möglich zu verabschieden. Daß im Mai keine Plenarsitzung gewesen ist, haben wir in diesem Falle nicht zu verantworten.Nun zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Rehs. Herr Kollege Rehs, Sie haben im wesentlichen nur die nicht erfüllten Wünsche des SPD-Initiativgesetzentwurfs hervorgehoben und diese Nichterfüllung als Mangel der Ausschußbeschlüsse bezeichnet. Sie haben kein Wort über die wesentlichen Verbesserungen gesagt, die bei den Ausschußberatungen dem Regierungsentwurf hinzugefügt worden sind.
— Nein, nein, Herr Kollege Rehs, so billig können Sie das hier nicht machen, daß Sie nur auf den Schriftlichen Bericht verweisen. Wir haben uns nicht nur bemüht, wesentliche Verbesserungen der Leistungen herbeizuführen, sondern wir haben uns auch die Mühe gegeben, dem Ausgleichsfonds neue Mittel zuzuführen. Ich sage nicht, daß wir das allein getan haben; ich erkenne an, daß das einstimmigeBeschlüsse des Ausschusses waren. Aber das muß eben auch gesagt werden.Sie haben kein Wort gesagt über die Änderung des § 6, kein Wort über die Änderung des § 348, kein Wort darüber, daß wir den Selbständigenzuschlag nicht nur geändert und erhöht, sondern daß wir sein System vollständig umgebaut haben, wodurch Zehntausende ehemals kleiner Handwerker in den Genuß dieses Zuschlages kommen werden. Sie haben kein Wort gesagt über die Ausweitung auf den größeren Personenkreis, über die Erhöhung der Leistungen, die Erhöhung der „Schongrenze" von 6000 auf 12 000 DM, die Verlängerung der „Schonfrist" von 5 auf 10 Jahre, die Erhöhung der Freibeträge, nicht nur für die Rentenbezieher, sondern auch für diejenigen, die Einkünfte aus Kapital oder die Mieteinnahmen haben, über die wesentliche Änderung des § 301 a; darauf möchte ich besonders hinweisen, denn damit haben wir einen beachtlichen Schritt dorthin getan, wohin wir kommen wollen, nämlich — —
— Nein, 'das ist ein ganzer Schritt für einen bestimmten Personenkreis, Frau Kollegin Korspeter, ob Sie es wahrhaben wollen oder nicht. Der dritte Schritt muß jetzt im Hilfsmaßnahmengesetz folgen, und dieser dritte Schritt kann kein anderer sein als der, daß wir das, was wir — 16. Änderungsgesetz — durch die Änderung des Stichtages, was wir durch § 301 a in diesem Gesetz für die anerkannten Flüchtlinge erreicht haben, im Hilfsmaßnahmengesetz auch für die nicht anerkannten Flüchtlinge tun.
Das sind die drei Etappen. Sollen wir denn immer so laut und deutlich darüber reden? Es muß doch erkannt werden, welchen Weg wir gehen und daß wir das Ziel nur Schritt für Schritt erreichen können.Die Änderungen, die wir in diesem Gesetz vorsehen, haben aber auch eine ganz besondere Bedeutung für den Kreis der Kriegssachgeschädigten, und zwar ist es im besonderen die Änderung des Feststellungsgesetzes in § 13 Abs. 6 im Zusammenhang mit § 47 b des Lastenausgleichsgesetzes, wo wir die Vergleichswerte geändert und die Betroffenen zum Teil an eine Hauptentschädigung herangeführt haben. Wir haben in der Besprechung der einzelnen Anträge auf die Begründung verzichtet, weil auch die Kollegen von der Linken zugewinkt haben, daß wir nicht darüber reden. Aber es ist schon eine ganz wichtige Angelegenheit, die wir im Lastenausgleich-Saarergänzungsgesetz durchgeführt haben. Da beseitigen wir sehr viel Unzufriedenheit an der Saar mit dem heutigen Beschluß.Lassen Sie mich noch etwas sagen. Der Regierungsentwurf sollte nach den Planungen Ausgaben von 95 Millionen DM pro Jahr verursachen.
— Ja, ja, es stimmt! Der Entwurf, den wir heute verabschieden wollen, bringt eine Jahresbelastung von etwa 300 Millionen DM. Das müssen wir doch anerkennen und würdigen, anerkennen auch aus dem Grunde, weil es in den verschiedenen internen
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KuntscherVerhandlungen recht schwierig gewesen ist, das zu erreichen.
Herr Abgeordneter Kuntscher, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Rehs?
Ja.
Herr Kollege Kuntscher, bestätigen Sie damit nicht genau das, was ich ausgeführt habe, nämlich daß die Regierung, wie Ausschußberatungsergebnisse wiederholt erwiesen haben, bei ihrer Vorlage eben nicht das richtige Augenmaß für das — auch nach Ihrer Auffassung — mindestens Notwendige gehabt hat?
Herr Kollege Rehs, ja, Sie haben das gesagt, und ich habe sehr gut hingehört. Aber daraus dürfen Sie nicht den Schluß ziehen, daß der Regierung der gute Wille überhaupt fehlt. Letzten Endes haben wir, die wir draußen vor den Vertriebenen und vor den Sowjetzonenflüchtlingen Woche für Woche Rechenschaft abzulegen haben, bestimmt ein besseres Verständnis für die kleinen Sorgen des einzelnen Mannes, als man es manchmal an höherer Stelle haben kann.
Wir haben in dieser Novelle zum Lastenausgleichsgesetz aber auch den abgabepflichtigen Kriegssachgeschadigten etwa 320 bis 350 Millionen DM bewilligt, darch Abgabenminderung. Durch die Änderung des Lastenausgleichs-Ergänzungsgesetzes ersparen wir der Saarbevölkerung 60 Millionen DM. Diese Tatsachen müssen einmal gesagt werden.
Zum Schluß möchte ich nicht nur den Mitgliedern des Ausschusses für die sachliche Arbeit danken — denn im Ausschuß herrscht eine tragbare, angenehme Atmosphäre —, danken möchte ich auch dem Bundeskanzler und dem Bundesfinanzminister, die es uns in internen Verhandlungen ermöglicht haben, im Ausschuß so weit zu gehen, um diese vorhin schon genannte Ausweitung zu erreichen. Bitten möchte ich jetzt die Landesregierungen und deren Vertreter im Bundesrat, das gleiche Verständnis zu bekunden, das die Regierungsstellen in der letzten Phase vor der Verabschiedung dieses Gesetzes bekundet haben.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Rutschke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich noch einige Worte zur dritten Lesung sage, gestatten Sie, Herr Präsident, daß ich den Entschließungsantrag Umdruck 470*) kurz begründe, den Abgeordnete meiner Fraktion gestellt haben.Wir hatten in der Ausschußvorlage zu § 47 b eine Änderung beschlossen, die sich zugunsten derjenigen Kriegssachgeschädigten auswirken sollte, die*) Siehe Anlage 15zum Teil erhebliche Kriegssachschäden erlitten haben, aber noch gleichzeitig zur Lastenausgleichsabgabe herangezogen werden. Diese Bestimmung des § 47 b, so wie in der Ausschußfassung vorgeschlagen, hat das Mißfallen des Haushaltsausschusses, aber auch der Verwaltung erregt, weil sie, wie die Verwaltung behauptete, die Praktizierung in der Verwaltung zu schwierig machen würde. Deshalb wurde interfraktionell der Änderungsantrag Umdruck 464 Ziffer 2 eingebracht. Dazu darf gesagt werden, daß materiell etwa der gleiche Personenkreis erfaßt ist, aber die Praktizierung dieser Bestimmung — so sagten die Herren des Ministeriums — wesentlich einfacher ist.Allerdings muß bei dieser Änderung in Betracht gezogen werden, daß es eine kleine Gruppe geben kann, die von dieser in dem Änderungsantrag Umdruck 460 geforderten Vergünstigung nicht erfaßt wird. Deshalb haben wir den Entschließungsantrag Umdruck 470 eingebracht, wonach die Bundesregierung gebeten werden soll, durch großzügige Handhabung des § 131 der Abgabenordnung einen angemessenen Erlaß der Vermögensabgabe einzuräumen, wenn besondere Härten für diesen Personenkreis auftreten. Ich wäre Ihnen, meine Damen und Herren, dankbar, wenn Sie diesem Entschließungsantrag zustimmten.Zur dritten Lesung darf ich namens meiner Fraktion folgende Bemerkung machen. Wenn Sie, Herr Kollege Rehs, in Ihren Ausführungen zur dritten Lesung die Bundesregierung aggressiv „angenommen" und ihr Vorwürfe gemacht haben, so ist das Ihr gutes Recht als Sprecher der Oppositionspartei. Aber ich darf doch in diesem Zusammenhang auch sagen, daß die Atmosphäre in diesem Ausschuß — das hat der Vorsitzende Kuntscher schon bestätigt — sehr erfreulich war. Wir sind wohl alle dankbar, daß eine sachliche Arbeit geleistet werden konnte und daß man sich bemüht hat, durch sachliche Darstellungen und durch Vernunft eine gute Lösung zu finden. Daran hat sich die Opposition genau so beteiligt, wie wir uns bemüht haben das zu tun, und dafür gebührt ihr durchaus Dank. Ich darf das an dieser Stelle ruhig sagen. Ich glaube, das Problem, das wir zu behandeln hatten, ein Lastenausgleichsgesetz für Millionen von Menschen, die ein sehr hartes Schicksal getroffen hat, eignet sich auch gar nicht dazu, hier zu sehr divergierende politische Anschauungen vorzutragen. Vielmehr sind wir gezwungen und sollten wir auch mit aller Macht versuchen, diesen Menschen zu helfen. Wir haben uns im Ausschuß in sachlicher Arbeit bemüht, das zu tun. Dafür soll allen Dank gesagt werden, die sich daran beteiligt haben.Wir Freien Demokraten freuen uns, daß wir mit unserem alten Anliegen der Änderung des § 47 nunmehr nicht auf taube Ohren gestoßen sind. Wir konnten die Änderung durchsetzen, und zwar, wie ich glaube, in einer Form, die durchaus angemessen ist. Ich glaube, daß diese Novelle dazu beitragen wird, die Verhältnisse für diesen Personenkreis, aber auch für alle anderen, einschließlich der Vertriebenen und Flüchtlinge, so zu gestalten, daß sie
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6236 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964
Dr. Rutschkedas Gefühl haben, der Deutsche Bundestag kümmert sich um sie und tut alles, was in seiner Macht steht.
Wortmeldungen liegen nicht mehr ,vor. Ich schließe die allgemeine Aussprache. Einzelanträge liegen nicht vor. Wir kommen damit zur Schlußabstimmung.
Wer dem Gesetzentwurf als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu eiherben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. — Enthaltungen? — Auch keine Enthaltungen; einstimmig angenommen.
Ich rufe nunmehr den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Rutschke, Zoglmann, Kubitza, Margulies, Mertes und Genossen auf Umdruck 470 auf. Der Antrag ist bereits begründet. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, .den bitte ich um ,das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen; einstimmig angenommen. Damit ist auch dieser Punkt ,der Tagesordnung abgeschlossen.
Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vereinsgesetzes ;
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Inneres (Drucksache IV/2145 [neu]). ) (Erste Beratung: 36. Sitzung.)
Der Berichterstatter, der Abgeordnete Dr. Kempfler, hat einen Schriftlichen Bericht vorgelegt — ich danke ihm dafür —, den er noch zu ergänzen wünscht.
Es ist mir zwar durchaus klar, daß sich ein Berichterstatter, der sich in so später Stunde noch zu Wort meldet und nicht bloß auf den Schriftlichen Bericht verweist, nicht sehr beliebt macht. Aber bei der Bedeutung dieses Gesetzes, das zur Beratung steht, und vor allen 'Dingen bei der Art der Erledigung, die es im 'federführenden Ausschuß, dem Ausschuß für Inneres, gefunden hat, erscheint es mir doch angebracht, einige kurze mündliche Erläuterungen zu geben.Durch ,die einstimmige Annahme im Innenausschuß bleibt eine längere Debatte erspart. Nur an einem verhältnismäßig unwesentlichen Punkt werden sich die Geister entzünden. Aber gerade deshalb wäre zu befürchten, daß durch die bloße Verweisung auf den Schriftlichen 'Bericht die Akzente und die Schwergewichte dieses Gesetzes in den Augen der Öffentlichkeit in unerwünschter Weise verschoben würden.Das vorliegende Gesetz ist nicht nur ein Ausführungsgesetz zu Art. 9 des Grundgesetzes, sondern es kodifiziert auch die Bestimmungen, die — in zu verschiedenen Zeitpunkten erlassenen Gesetzen enthalten — das öffentliche Vereinsrecht betreffen und die mit den rechtsstaatlichen Normen vereinbar, alsonoch gültig sind. Es bringt darüber hinaus die in verschiedenen anderen Gesetzen — dem Strafgesetzbuch, dem Versammlungsgesetz etc. enthaltenen Normen in Übereinstimmung untereinander und in Übereinstimmung mit diem in Rede stehenden Entwurf.Um nun klar 'herauszustellen, daß der vorliegende Gesetzentwurf nur die öffentlich-rechtliche Seite des Vereinsrechts betrifft, hat der Innenausschuß auch die Gesetzesüberschrift geändert und ihr die aus dem Bericht ersichtliche Fassung mit dem Kurztitel „Vereinsgesetz" gegeben.Mit der Fassung des § 1 des Entwurfs wollte der Ausschuß nicht bloß die Gedanken des Grundgesetzes über die Vereinsfreiheit deklaratorisch wiederholen, sondern mit aller Deutlichkeit darstellen, daß das Prinzip der Vereinsfreiheit der leitende Grundgedanke des Gesetzentwurfs ist, etwa mit der Devise: Soviel Freiheit wie irgend möglich, Eingriffe nur dort, wo unbedingt nötig. Damit kann diese Bestimmung sowohl wichtig werden als Richtschnur für die Handhabung der Verwaltung als auch gegebenenfalls relevant für die Auslegung des Gesetzes durch die Rechtsprechung.Nach diesen grundsätzlichen Bemerkungen nur einige als Schlaglichter gedachte Ausführungen zu einzelnen Bestimmungen!Als Verbotsbehörde in § 3 Abs. 2 schlägt der Ausschuß die oberste Landesbehörde vor, soweit es sich um Vereine handelt, die sich nicht über das Gebiet eines Landes hinaus erstrecken, dagegen ,den Bundesinnenminister für solche Vereine, deren Organisation und Tätigkeit sich über das Gebiet eines Landes hinaus ausdehnt. Der Ausschuß hat in diesem letzten Punkt dem Vorschlag des Bundesrats, für Vereine, die sich nicht auf ein Land beschränken, als Verbotsbehörde die oberste Landesbehörde des Sitzes des Vereins zu wählen, nicht folgen können, nicht etwa aus irgendwelchen antiförderalistischen Erwägungen — sowohl der Herr Minister des Innern als auch der Berichterstatter kommen angesichts ihres politischen und geographischen Standorts wohl nicht in den Verdacht, Unitaristen zu sein —, sondern einfach deswegen, weil eine andere praktische Handhabung ihm nicht möglich erscheint bei der eventuell gegebenen Eilbedürftigkeit des Einschreitens und des Vollzugs der Beschlüsse.Art. 4 des Übereinkommens Nr. 87 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 9. August 1948 über Vereinigungsfreiheit und Vereinigungsrecht schreibt vor, daß Organisationen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern im Verwaltungswege weder aufgelöst noch zeitweilig eingestellt werden dürfen. Wenn auch der Regierungsvorschlag in § 16 der Vorlage nach der Ansicht der Mehrheit der Ausschüsse dadurch diesen Bestimmungen schon entsprochen hätte, daß er die praktische Verwirklichung des Vereinsverbots erst nach Prüfung dieses Aktes durch das Verwaltungsgericht zugelassen hätte, so hat der Innenausschuß doch eine andere Regelung getroffen, die vor das Wirksamwerden einer Verbotsverfügung überhaupt in jedem Fall eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung setzt, und hat damit
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964 6237
Dr. Kempflerauch dem Buchstaben nach dem Art. 4 des erwähnten Übereinkommens zweifellos entsprochen.Die im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf notwendig werdenden Änderungen des Strafgesetzbuchs sind vom Sonderausschuß „Strafrecht" des Rechtsausschusses sehr eingehend beraten worden. Seinen Empfehlungen ist der Innenausschuß mit einer Ausnahme gefolgt. Er hat keine besondere Beratung mehr angefügt, die etwa den gründlichen Beratungen des Sonderausschusses entsprochen hätte. Der Ruhm und die Verantwortung für diese Bestimmungen stehen also dem Sonderrechtsausschuß zu.Lediglich eine Bestimmung, nämlich § 22 a Nr. 4 des Entwurfs, haben wir vom Sonderausschuß nicht übernommen, sondern hier sind wir einer Empfehlung des Justizministeriums gefolgt. Zu diesem Punkt wird es nun wahrscheinlich eine Auseinandersetzung geben, nachdem verschiedene Änderungsanträge eingegangen sind. Um Wiederholungen zu vermeiden, möchte ich die Begründung hier nicht im einzelnen bringen. Ich kann mir auch die Berichtigung eines Druckfehlers, nämlich eines Anakoluths, ersparen.So obliegt es mir, zum Schluß nur noch auf die Tatsache einzugehen, daß der Gesetzentwurf nach sehr gründlichen Diskussionen, die, wie es scheint, fruchtbar waren, einstimmig — das dürfte nicht alltäglich sein — verabschiedet wurde. Das ist ein Beweis mehr dafür, daß auch problembeladene und kontroverse Materien in einer sachlichen Atmosphäre und bei einer elastischen, aber doch förderlichen Gesprächsleitung eine Erledigung finden können, die zwar nicht jeden einzelnen restlos, aber alle Beteiligten wenigstens einigermaßen befriedigt. Das ist ja auch schon etwas.Namens des Ausschusses für Inneres bitte ich deshalb das Hohe Haus, den Gesetzentwurf in der von diesem Ausschuß beschlossenen und aus der Berichtsbeilage ersichtlichen Fassung anzunehmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Meine Damen und Herren, ich rufe in zweiter Beratung die §§ 1 bis 22 auf. — Das Wort wird hierzu nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Paragraphen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Sie sind angenommen.
§ 22 a! Dazu liegen Änderungsanträge auf den Umdrucken 456 und 466 *) vor.
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Dr. Müller-Emmert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der Fraktion der SPD begründe ich den Änderungsantrag auf Umdruck 466. Ich werde mich selbstverständlich kurz fassen, weil die Zeit sehr vorgeschritten ist.*) Siehe Anlagen 16 und 17Ich möchte zunächst darauf hinweisen, daß der § 128 des geltenden Strafgesetzbuches ein Relikt polizeistaatlichen Denkens des 19. Jahrhunderts ist. Es wäre höchste Zeit, daß diese Bestimmung entweder ganz gestrichen oder zumindest durch eine Bestimmung ersetzt würde, die unserer heutigen Rechtsauffassung entspricht.Schon wenn man die Bestimmung liest, erkennt man, daß sie aus dem 19. Jahrhundert stammt. Im Rahmen der Beratungen des Vereinsgesetzes beschäftigten sich sowohl der Innenausschuß als auch der Sonderausschuß „Strafrecht" eingehend mit diesem Paragraphen, weil er praktisch in mancher Weise ein Hindernis darstellte. Im Rahmen des Vereinsgesetzes wurden nämlich die bisherigen Organisationsdelikte in sogenannte Ungehorsamsdelikte umgearbeitet. Das bedeutet, daß eine politische Tätigkeit für eine verfassungswidrige Partei oder Vereinigung nur dann unter Strafe gestellt werden soll, wenn die Verfassungswidrigkeit durch die zuständigen Instanzen, also durch das Verfassungsgericht oder durch Verwaltungsgerichte, vorher ausdrücklich erklärt worden ist.Nun steht aber § 128 des geltenden Rechts dieser Neuregelung insofern im Wege, als nach dieser Vorschrift Mitglieder einer Vereinigung oder Verbindung schon dann bestraft werden können, wenn noch nicht einmal die Vereinigung oder Verbindung als verfassungswidrig erklärt worden ist.Hinzu kommt, daß § 128 auch diejenigen mit Strafe bedroht, die als Mitglieder von Geheimverbindungen tätig sind, auch wenn die Geheimverbindungen keinen verfassungsfeindlichen oder strafbaren Zweck verfolgen. Auch darüber könnte man lange Ausführungen machen.Jedenfalls haben sich der Sonderausschuß „Strafrecht" und der Innenausschuß bemüht, eine neue Formulierung zu finden. Es wurde auch in der letzten Sitzung des Innenausschusses am 26. Mai 1964 eine Fassung gegen eine Gegenstimme, also man kann sagen: mit riesengroßer Mehrheit verabschiedet. Dennoch wurde nachträglich festgestellt, daß auch diese neue Formulierung — die in dem Bericht Drucksache IV/2145 enthalten ist wirklich nicht befriedigend ist.Da nun das Vereinsgesetz verabschiedet werden soll, andererseits aber die ganze Angelegenheit um den § 128 StGB herum noch nicht ausgegoren ist, hat sich die Fraktion der SPD dazu entschlossen, den Antrag zu stellen, § 22 Nr. 4 der Vorlage, über die wir abzustimmen haben, zu streichen. Das hätte zur Folge, daß der derzeit geltende § 128 weiterhin in Geltung bliebe.Nun kann man mir natürlich sofort entgegenhalten, dies sei Unsinn, da zunächst festgestellt worden sei, daß der § 128 wirklich reformbedürftig ist, daß aber andererseits die SPD-Fraktion dennoch diesen reformbedürftigen § 128 weiterhin in Geltung lassen wolle. Ich darf, damit auch dieser Punkt verständlich wird, noch auf den Antrag Umdruck 467 *) hinweisen, der die Erklärung dafür gibt, warum wir*) Siehe Anlage 18
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6238 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964
Dr. Müller-Emmertzunächst die Streichung des § 22 Nr. 4 beantragen. Wir meinen, daß der Bundesregierung eine gewisse Zeit gegeben werden soll, um nochmals eingehend die Probleme des § 128 StGB zu untersuchen. Die Bundesregierung soll gebeten werden, bis zum 15. Oktober 1964 dem Bundestag zu berichten, ob entweder nach ihrer Auffassung der § 128 gestrichen werden kann oder — sofern sie diese Auffassung nicht teilt — eine zufriedenstellende, alle Fraktionen des Bundestages befriedigende Neufassung des § 128 vorgelegt werden soll. Daraus erklärt sich als unser Antrag Umdruck 466 und unser Entschließungsantrag Umdruck 467 .Um mir weitere Wortmeldungen zu ersparen, darf ich darauf hinweisen, daß die Fraktion der CDU/CSU — wie in den Vorbesprechungen klar zum Ausdruck gekommen ist — im wesentlichen die gleiche Auffassung hat, zumindest in materieller Hinsicht, was den § 128 betrifft, daß sie aber glaubt, einen andern Weg gehen zu sollen, nämlich den, der in dem Änderungsantrag Umdruck 456 dargelegt ist. — Ich bitte um Entschuldigung, Herr Kollege Kanka; Sie hätten zunächst den Antrag zu begründen. Ich kann auch schweigen; aber ich müßte mich dann später noch einmal zu Wort melden, und das wollte ich eigentlich dem Hohen Hause ersparen.
— Gut, ich danke Ihnen, Herr Kollege Kanka.Die CDU/CSU-Fraktion geht folgenden Weg: Sie möchte den § 128 des Strafgesetzbuches, so wie er jetzt gültig ist, weiter aufrechterhalten, obwohl sie genau weiß, daß dies von der Sache her unmöglich ist — insofern sind wir einer Auffassung —; sie möchte aber inzwischen im Sonderausschuß „Strafrecht" und im Innenausschuß erarbeitete Verbesserungen in Form einer Neufassung der Absätze 2 und 3 in den § 128 hineinbringen. Wir würden damit, mit Verlaub gesagt — Herr Kollege Kanka, Sie sagten dieses Wort selber; entschuldigen Sie, wenn ich das wiederhole —, einen gesetzestechnischen „Zwitterbalg" haben: wir würden auf der einen Seite in Abs. 1 eine uralte Regelung übernehmen und auf der anderen Seite in den Absätzen 2 und 3 Neues schaffen, über das man selbstverständlich reden kann. Es wäre jedoch zweckmäßig, es bei dem § 128 insgesamt, so wie er zur Zeit geltendes Recht ist, zu belassen, weil damit — ich darf auch das sagen — doch ein besserer zulässiger Druck dahingehend ausgeübt werden kann, daß bis zum 15. Oktober 1964 eine alle Fraktionen diese Hauses befriedigende Neufassung durch das Bundesjustizministerium vorgelegt wird. Wir wissen selbst, daß das Gesetz der Trägheit auch die Parlamentsarbeit in irgendeiner Weise belastet. Hat man einmal den Paragraphen in den Absätzen 2 und 3 geändert, so neigt man sehr leicht dazu, später zu sagen: Nun ist der Paragraph in seinen wesentlichen Punkten geändert; eine beschleunigte Änderung ist deshalb nicht nötig. Das ist die Erfahrung in der parlamentarischen Arbeit. Man neigt dann mit Sicherheit dazu, die ganze Angelegenheit auf die lange Bankzu schieben, so daß letztlich doch keine beschleunigte Lösung kommt.Aus diesem Grunde bitten wir, unserem Antrag Umdruck 466 und unserem Antrag Umdruck 467 zuzustimmen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Kanka!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf allen Bänken des Parlaments herrschen starke Zweifel daran, ob § 128 des Strafgesetzbuches, der sogenannte Geheimbündeleiparagraph, überhaupt .noch nötig ist, ob er nicht deshalb gestrichen werden sollte. Zu diesen starken Zweifeln kommen weitere, nicht minder starke Zweifel an der Richtigkeit seiner Fassung. Weil diese starken Zweifel bestehen, werden wir dem für die dritte Lesung angekündigten Antrag der SPD zustimmen. Wir sind der Meinung, daß spätestens im Herbst dieser § 128 entweder gestrichen werden sollte oder, wenn er sich doch als notwendig erweist, in einer wesentlich besseren Fassung in das I Gesetz aufgenommen werden sollte.Der Versuch, den der Innenausschuß unternommen hat, brachte leider keine wesentlich bessere Fassung. Sie hat uns allesamt nicht befriedigt. Auch darin sind wir uns einig. Wir unterscheiden uns nur in den Folgerungen, die wir daraus ziehen. Da muß ich sagen, lieber Herr Müller-Emmert, ich komme bei Ihnen nicht ganz mit. Wir wollen für diese kurze Übergangszeit § 128 wenigstens in zwei Punkten verbessern, indem wir einmal in Abs. 2 die politischen Parteien von seiner Anwendung ausnehmen und damit die Konsequenz aus einer bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidung ziehen. Wir wollen außerdem mit Abs. 3 den Gerichten und den Staatsanwaltschaften die Möglichkeit geben, von der Anwendung des § 128, wo sie formal möglich wäre, von vornherein abzusehen. Ich meine, diese Verbesserung eines an sich zweifelhaften Paragraphen sollten wir für die nur kurze Frist von dreieinhalb Monaten hinnehmen.Sie, meine Damen und Herren, haben im Grunde eine pädagogische Absicht. Sie meinen: lassen wir § 128 in der jetzigen, absolut unvollkommenen Fassung, dann ist der moralische Druck auf die Bundesregierung, ihn zu verbessern, stärker, als wenn wir gewisse leichte Verbesserungen vornehmen.
Aber wir sollten diese pädagogische Absicht im vorliegenden Fall redlicherweise nicht verwirklichen. Wir haben dem Bundesverfassungsgericht gegenüber die Verpflichtung, bei § 128 die Konsequenz zu ziehen. Sie wissen es aus den Beratungen im Sonderausschuß „Strafrecht", und Sie hören es jetzt auch von mir: Bei uns 'ist der Wille, § 128 spätestens im Herbst zu ändern, so stark wie bei Ihnen. Schließen Sie sich also der Lösung an, die wir mit dem Antrag Umdruck 456 vorgeschlagen haben. Wir werden dafür nachher in voller
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964 6239
Dr. KankaÜberzeugung und mit aller Festigkeit Ihrer für die dritte Beratung vorgeschlagenen Entschließung zustimmen.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Diemer-Nicolaus.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den Ausführungen meiner beiden Vorredner kann ich mich kurz fassen, und das ist angesichts der späten Stunde wohl erwünscht. Heute wurde nur die Reformbedürftigkeit ides Geheimbündeleiparagraphen erörtert. Bei der Beratung des Vereinsgesetzes hat sich ergeben, daß das politische Strafrecht reformbedürftig ist. Nun ist § 128 eine der schwierigsten Bestimmungen des materiellen Strafrechts. Aber, Herr Kollege Müller-Emmert, wir — die FDP — schließen uns da den Ausführungen von Herrn Kollegen Kanka an. Wir sind der Auffassung, daß die 'Formulierung, die schon im Sonderausschuß „Strafrecht" gefunden wurde — vor allen 'Dingen, daß die politischen Parteien, solange sie nicht für 'verfassungswidrig erklärt sind, ausgenommen sein müssen —, schon jetzt gebracht werden kann und soll genau wie die andere Verbesserung, die in idem Antrag der CDU/CSU enthalten ist. Ich kann aber weiterhin jetzt schon versichern, daß wir auch Ihrem Antrag zustimmen werden, daß die Bundesregierung gebeten werden soll, bis zum 15. Oktober neue Formulierungsvorschläge vorzulegen.
Meine Damen und Herren, wird noch das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Ich kann dann über den Antrag der Fraktion der SPD abstimmen lassen, nach dem eine Nummer gestrichen werden soll; insoweit ist dieser Antrag der weitergehende. Wer dem Streichungsantrag der Fraktion 'der SPD auf Umdruck 466 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um Idas Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das zweite ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der CDU/ CSU Umdruck 456 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — 'Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Ich komme zur Abstimmung über § 22 a mit der soeben 'beschlossenen Änderung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Angenommen.
Ich rufe auf die §§ 22 b, — 23, — 23 a, — 23 b, —23 c, — 23 d, — 24, — 25, — 26, — 26 a, — 27, —28, — Einleitung und Überschrift. —Das Wort wird nicht begehrt. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Sie sind beschlossen.
Damit kommen wir zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die 'allgemeine Aussprache und erteile dem Abgeordneten Hansing das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens meiner Fraktion habe ich folgende Erklärung abzugeben.
Die sozialdemokratische Fraktion hat sich bei der Ausschußberatung des Vereinsgesetzes immer wieder bemüht, die freiheitlich-demokratische Ordnung des Grundgesetzes in dem Vereinsgesetz sichtbar werden zu lassen und dabei die Notwendigkeiten eines wirksamen Schutzes der Verfassung nicht zu vergessen. Da sich der Entwurf im wesentlichen mit dem Verbotsverfahren beschäftigt, entspricht der äußere Eindruck nicht immer dem eigentlichen Gehalt des Gesetzes. Um so wichtiger war es, bereits in den Eingangsvorschritfen noch einmal deutlich zu machen, daß in der Bundesrepublik Deutschland Vereinsfreiheit besteht. Darüber hinaus hat der Ausschuß in erfreulicherweise Weise auch die Stellung der politischen Parteien, der Fraktionen, der Religionsgemeinschaften und der Weltanschauungsgemeinschaften abgegrenzt.
Unter den zahlreichen Bestimmungen, die vor allem durch unsere Mitarbeit in den Ausschüssen geändert und neugestaltet wurden, möchten wir insbesondere auf die Bestimmungen für die Ausländervereine hinweisen. Die Bundesrepublik Deutschland ist ein Land, in dem Ausländer entscheidende Freiheiten besitzen. Das Ausländergesetz wird diese Freiheiten noch einmal unterstreichen. Um so wichtiger ist es, daß im Vereinsrecht eine Waffe besteht, gegen diejenigen Vereine vorzugehen, die gegen die freiheitliche Grundordnung verstoßen.
Erfreulicherweise ist es gelungen, auch für Arbeitnehmer- und Arbeitgebervereinigungen Regelungen zu finden, die unserem Grundgesetz und nicht zuletzt dem Abkommen Nr. 87 der Internationalen Arbeitsorganisation entsprechen.
Auf Grund der Vorschläge des Sonderausschusses „Strafrecht" sind sehr wesentliche Änderungen der Strafrechtsvorschriften vorgenommen worden, die zweifellos eine wichtige Verbesserung des politischen Strafrechts bedeuten. Wenn auch die Frage der Geheimbündelei noch nicht geklärt werden konnte, so ist doch zu hoffen, daß auch diese letzte Frage abschließend geklärt werden kann.
Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hat an diesem Gesetzentwurf wesentlich Anteil und stimmt ihm zu.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Diemer-Nicolaus.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der Fraktion der Freien Demokratischen Partei habe ich folgende Erklärung zu dem Vereinsgesetz abzugeben.
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6240 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964
Frau Dr. Diemer-NicolausWie schon der Berichterstatter in seinen ergänzenden mündlichen Ausführungen dargelegt hat, handelt es sich um ein Ausführungsgesetz zu dem Grundgesetzartikel über das Grundrecht der Vereinigungsfreiheit. In Art. 9 — meine Damen und Herren Abgeordneten, es ist immer gut, wenn auch wir als Abgeordnete uns immer wieder den Text der Grundrechte vor Augen führen — heißt es:Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.Es galt jetzt, die entsprechenden Folgerungen daraus zu ziehen, und zwar in einem rechtsstaatlichen Sinn. Es galt, in diesem Gesetz ein Verfahren zu schaffen, durch das die Schwierigkeiten, die bisher bestanden haben, weil ein modernes Gesetz auf diesem Gebiet fehlte, behoben werden, so daß die Vereinigungen, die gegen Art. 9 Abs. 2 oder auch gegen Art. 21 Abs. 2 des Grundgesetzes verstoßen, in einem rechtsstaatlichen Verfahren verboten werden können, das auch die nötigen Rechtsbehelfe enthält.Darüber hinaus galt es, weitere Folgerungen zu ziehen. Das Grundrecht der Vereinigungsfreiheit gilt für uns Deutsche im Geltungsbereich unseres Grundgesetzes. Es ist nicht möglich, über das hinauszugehen, was in Art. 9 des Grundgesetzes bestimmt ist.Aber etwas anderes ist es, wenn Ausländer auf deutschem Boden Vereinigungen bilden und mit diesen Vereinigungen wesentliche deutsche Belange beeinträchtigen. Es ist deshalb schon von meinem Herrn Vorredner darauf hingewiesen worden, daß eine Sonderbestimmung für die Ausländervereine geschaffen wurde, die weitergeht und mehr ist als eine Ausführung des Art. 9 Abs. 2 des Grundgesetzes. Ausländervereine können auch dann verboten werden, wenn sie durch politische Betätigung die innere oder äußere Sicherheit, die öffentliche Ordnung oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik oder eines ihrer Länder verletzen oder gefährden. Eine derartige Bestimmung ist notwendig. Ich habe Verständnis für jeden Flüchtling, der seine Heimat hat aufgeben müssen und in einem fremden Land leben muß. Ich habe auch Verständnis dafür, daß er, der wegen seiner politischen Auffassung, vielleicht weil sie antikommunistisch ist, nicht mehr zu Hause sein kann, weiter für seine politische Auffassung wirken will. Aber das muß seine Grenzen haben. Es geht nicht an — das sind wir dem Schutz unserer Bürger und auch der Ausländer, die bei uns wohnen, schuldig —, daß dabei gegebenenfalls zu Terrormaßnahmen gegriffen wird. Hiergegen muß entsprechend vorgegangen werden, möglichst schon rechtzeitig, indem solche Ausländervereine verboten werden.Im Zusamemnhang mit den strafrechtlichen Bestimmungen hat sich bei der 'Beratung auch dieses Gesetz ergeben, daß das politische Strafrecht sehr reformbedürftig ist. Vorhin wurde nur § 128 des Strafgesetzbuchs angesprochen. Wir haben, nachdem uns die Aufgabe gestellt worden war, die Strafbestimmungen neu zu fassen, erkennen müssen, daß wir dabei weiter gehen müssen als die Regierungsvorlage. Wir haben versucht, iGedankengänge, die in ,dem Entwurf des Strafgesetzbuchs, der jetzt beraten wird, enthalten sind, schon jetzt zum Tragen zu bringen. Aber gerade die Bestimmungen des politischen Strafrechts sind 'so ineinander verzahnt — das führte ja auch dazu, daß wir § 128 jetzt noch nicht in befriedigender Weise neufassen konnten —, daß wir es nach meiner Auffassung und auch nach der Auffassung meiner politischen Freunde einfach nicht bei den Änderungen des Strafgesetzbuchs belassen können, die jetzt hier Ivorgenommen werden.Ich bin sonst nicht dafür, daß wir der Großen Strafrechtsreform mit Einzelnovellierungen vorgreifen. Aber wir werden auch in den nächsten Wochen laufend 'mit neuen politischen strafrechtlichen Bestimmungen befaßt werden, weil die Probleme so dringend sind, daß wir nach unserer Auffassung doch nicht warten können, bis wir den Gesamtentwurf der Strafrechtsreform verabschiedet halben. Wir bitten auch die Bundesregierung, von sich aus doch noch einmal eingehend zu überlegen, inwieweit eine Novellierung des gesamten politischen Strafrechts vorgenommen werden kann. Nur dann, wenn wir diesen ganzen Komplex nach einheitlichen Grundsätzen ordnen, wird es möglich sein, auch im Zusammenhang mit diesem Vereinsgesetz die richtige Lösung zu finden.Als Liberale und Freie Demokratin möchte ich zum Abschluß doch noch auf eines hinweisen. Wir setzen uns immer sehr für die 'Grundrechte ein. Zu ihnen gehört auch das Grundrecht der Vereinigungsfreiheit. Aber gerade wir als Freie Demokraten, wir, die wir den Liberalismus — in den süddeutschen Ländern seit hundert Jahren, wir haben ja Jubiläum gefeiert — vertreten, sind uns der Grenzen auch der Freiheit, auch 'der Grundrechte jeweils bewußt. Deswegen wurde mit Recht die Beschränkung im Artikel 9 Abs. 2 aufgenommen. 'Wenn wir ein Ausführungsgesetz jetzt machen und machen müssen, so wäre es natürlich für unseren freiheitlich demokratischen Staat ,das Schönste, wenn die Verhältnisse so wären, daß das Gesetz nie angewendet werden müßte, daß alle Vereinigungen sich nur in unserem rechtsstaatlichen Sinne bestätigten; dann brauchen keine Verbote zu ergehen wild unsere Gerichte sich nicht mit diesen politischen Straftatbeständen zu befassen. Hoffen wir, daß 'unser demokratischer Rechtsstaat immer stärker in das 'Bewußtsein aller unserer Mitbürger eingeht, ,damit das Gesetz, das wir nun machen, nach Möglichkeit nicht praktiziert werden muß.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kempfler.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der Fraktion der CDU/ CSU beehre ich mich folgende Erklärung abzugeben.Wir begrüßen das Zustandekommen dieses Gesetzes, das unserer Ansicht nach eine nahezu optimale Synthese zwischen der Möglichkeit der freien Ent-
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964 6241
Dr. Kempflerfaltung des Vereinslebens und den Notwendigkeiten der Staatssicherheit bei Wahrung aller rechtsstaatlichen Garantien darstellt. Diese letzteren Einschränkungen sind notwendig, weil ich nicht glaube, daß wir das soeben von Frau Kollegin Diemer-Nicolaus geschilderte Idealbild je erreichen.Das Gesetz regelt ein wichtiges Betätigungsfeld innerhalb unserer staatlichen Gemeinschaft im Sinne unserer freiheitlichen Verfassung. Unklarheiten der bisherigen, sich vielfach überschneidenden gesetzlichen Normen sind beseitigt, Widersprüche zwischen dem gesetzten Recht und der Rechtsprechung, namentlich der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, sind ausgeglichen. Wir hoffen, daß sich das Gesetz in der Verwaltungspraxis und in der Rechtsprechung bestens bewährt.Es ist mir ein Bedürfnis, im Namen der Fraktion den mitwirkenden Ausschüssen, die sehr gute Arbeit geleistet und erhebliche Änderungen und, wie wir hoffen, Verbesserungen in den Entwurf eingefügt haben, ebenso aber auch den Vertretern der Bundesregierung zu danken, die durch gewandte Formulierungshilfen manche schwierige Situation haben überbrücken helfen. Ganz besonders erfreut sind wir aber darüber, daß durch Kompromisse in Einzelheiten sich eine einstimmige Annahme im federführenden Ausschuß ermöglichen ließ. Wir hoffen und wünschen, daß dieses Faktum ein günstiges Omen und ein gutes Vorbild für die schwierigen und drängenden Gesetzesvorlagen ist, die dieser Ausschuß in der nächsten Zeit zu erledigen hat.Meine Fraktion wird dem Gesetz zustimmen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache. Änderungsanträge liegen nicht vor.Wir kommen zur Schlußabstimmung in der dritten Beratung. Wer dem Gesetzentwurf zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Auch keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.Wir kommen zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 467 . Er ist bereits begründet worden. Wir können abstimmen. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei einer Gegenstimme ohne Enthaltungen angenommen.Wir kommen zu Punkt 8 der Tagesordnung:Erste Beratung des von der Bunderegierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Abschöpfungserhebungsgesetzes .Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage die Überweisung an den Finanzausschuß — federführend — sowie an den Außenhandelsausschuß und den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zur Mitberatung vor. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Durchführung der Verordnung Nr. 19 des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (Drucksache IV/2122) ;Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksache IV/2269).
Ich danke dem Herrn Berichterstatter, dem Abgeordneten Dr. Pflaumbaum, für seinen Schriftlichen Bericht.Ich rufe in der zweiten Beratung auf die Artikel 1, 2 und 3, die Einleitung und die Überschrift. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Angenommen.Wir kommen zurdritten Beratung.Das Wort wird nicht begehrt. Wer dem Gesetzentwurf in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Struve, Bauknecht, Bauer , Dr. Schmidt (Gellersen), Ertl und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Milch- und Fettgesetzes (Drucksache IV/2245);Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksache IV/2284).
Ich danke dem Herrn Berichterstatter, dem Abgeordneten Dr. Roesch, für seinen Schriftlichen Bericht.Ich rufe in zweiter Beratung die Artikel 1, 2 und 3, die Einleitung und die Überschrift auf. — Das Wort wird nicht gewünscht.Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Angenommen.Wir kommen zurdritten Beratung.Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetzentwurf in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben.— Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. — Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
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6242 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964
Vizepräsident Dr. JaegerWir kommen zu Punkt 11 der Tagesordnung:Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über den Antrag der Abgeordneten Logemann, Sander, Wächter, Murr, Mauk und Genossen betreffend EWG-Regelung für Kartoffeln (Drucksachen IV/2153, IV/2271) .Ich danke dem Herrn Berichterstatter, dem Herrn Abgeordneten Saxowski, für seinen Schriftlichen Bericht. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Ausschußantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.Ich rufe Punkt 12 der Tagesordnung auf:Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf einer Ergänzung zum Entwurf des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1964 (Grüner Plan 1964) (Drucksachen IV/2128, IV/2219).Berichterstatter ist der Abgeordnete Brese; ich erteile ihm das Wort.
— Das Haus verzichtet auf einen mündlichen Bericht.— Das Wort wird nicht gewünscht.Wenn Sie dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünschen, geben Sie bitte das Handzeichen.— Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.Ich rufe Punkt 13 der Tagesordnung auf:Beratung des Antrags der Abgeordneten Ehnes, Sühler, Krug, Dr. Kempfler, Dr. Ramminger, Dr. Gleissner, Unertl, Drachsler, Lermer und Genossen betreffend Schutz der bäuerlichen Veredelungswirtschaft .Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet?— Ich schlage Ihnen vor, den Antrag dem Finanzausschuß — federführend — sowie dem Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zur Mitberatung zu überweisen. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.Punkt 14 der Tagesordnung wird nach der Vereinbarung im Ältestenrat erst in der morgigen Sitzung aufgerufen.Punkt 15:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter .Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet?
— Aber auf die Begründung wird verzichtet? — Dann hat in der Aussprache Herr Abgeordneter Dr. Müller-Emmert das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte um Entschuldigung, wenn ich um das Wort gebeten habe. Ich wollte aber zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter eine ganz kurze, wie ich meine, sehr grundsätzliche Anmerkung machen.Der § 12 des Gesetzentwurfs sieht vor, daß ein Entschädigungsfonds für Schäden aus Kraftfahrzeugunfällen gebildet wird, aus dem Schäden ersetzt werden sollen, wenn das Fahrzeug, durch dessen Gebrauch der Schaden verursacht worden ist, nicht ermittelt werden kann oder wenn die nach diesem Gesetz erforderliche Haftpflichtversicherung zugunsten des Halters, des Eigentümers und des Fahrers des Fahrzeugs nicht besteht. In dem einen Falle geht es also um die Entschädigung bei Fahrerflucht, in dem anderen Falle ist es so, daß der Halter des Fahrzeuges, das den Unfall verursacht hat, nicht versichert ist.Ich betrachte den § 12 des Entwurfs als einen äußerst wesentlichen Fortschritt, muß aber bei dieser Gelegenheit sagen, daß wir eine weitere Lücke im Gesetz haben, die meines Erachtens bei § 12 dieses Entwurfs geschlossen werden muß. Es handelt sich um die Entschädigung bei Unfällen, die durch jagdbares Wild, möglicherweise auch durch nicht jagdbare Tiere entstehen.In der Fragestunde des Bundestages vom 30. 4. 1964 wurde dieses Problem eingehend besprochen. Ich glaube, es ist die weit überwiegende Auffassung des Bundestages, daß in der Frage der Unfälle durch Wild etwas geschehen muß. Praktisch ist es heute so, wenn ein Unfall durch Wild geschieht, daß diejenigen, die durch diesen Unfall einen Schaden erlitten haben, in keiner Weise einen Ersatzanspruch haben. Dieses Ergebnis ist meines Erachtens nicht befriedigend, im Gegenteil, sogar äußerst unbillig. Man könnte mit einer Änderung des vorgesehenen § 12 dafür Sorge tragen, daß auch bei Wildunfällen Schadensersatz aus einem Entschädigungsfonds geleistet werden kann. Es besteht ein echtes Bedürfnis zur Regelung dieser Frage; das ist auch in der Fragestunde vom 30. 4. 1964 auf Grund einer von mir gestellten Frage zum Ausdruck gekommen. Es wird zwar eingewendet, daß bei Unfällen durch Wild an und für sich kein begründetes Haftungsverhältnis besteht; aber die Interessenlage ist fraglos dieselbe, wenn man die beiden bisher geregelten Gruppen von Fällen mit diesem Fall eines Unfalls durch Wild vergleicht.Meine Bitte geht dahin, daß bei den Beratungen dieses Gesetzentwurfs im Wirtschaftsausschuß die Frage, die ich angeschnitten habe, eingehend geprüft wird. Ich bin der sicheren Überzeugung, daß sich die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses und dann auch die Damen und Herren im Plenum einer vernünftigen Lösung schließlich nicht versagen können.
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964 6243
Dr. Müller-EmmertIch wollte nur mit kurzen Worten auf dieses, wie ich meine, äußerst wichtige, ungelöste Problem hinweisen. Es wäre sehr begrüßenswert, wenn insoweit eine vernünftige Lösung für die Zukunft gefunden würde.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Diemer-Nicolaus.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Müller-Emmert, es hat mich eigentlich etwas überrascht, daß Sie im Zusammenhang mit Haftungsfragen auf das Problem des Wildschadens kommen. Sie wissen als Jurist doch genau, auf welcher Basis dieses Gesetz aufbaut. Natürlich haben wir Freien Demokraten nichts dagegen, daß auch diese Frage mit erörtert wird. Aber ich möchte doch einmal mit aller Eindeutigkeit darauf hinweisen: gegen diese Schäden kann sich jeder selbst schützen, indem er eine entsprechende Kaskoversicherung abschließt. Da liegt der Schutz bei ihm selbst und in seiner eigenen Verantwortung. Auf keinen Fall aber sollte von Dritten, wenn keine Haftpflichtgründe bestehen, Schadensersatz verlangt werden können.
Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Aussprache.Ich schlage Ihnen vor, den Gesetzentwurf an den Wirtschaftsausschuß — federführend — zu überweisen und zur Mitberatung an den Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.Punkt 16 der Tagesordnung:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 20. April 1959 über die obligatorische Haftpflichtversicherung für Kraftfahrzeuge .Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf an den Wirtschaftsausschuß — federführend — und zur Mitberatung an den Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen zu überweisen. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.Ich rufe auf Punkt 17 der Tagesordnung:Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Verlängerung der Geltungsdauer des Gesetzes über die Sicherstellung von Leistungen auf dem Gebiet der gewerblichen Wirtschaft ;Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (Drucksachen IV/2233, zu IV/2233).
Ich danke dem Berichterstatter, dem Abgeordneten Dr. Steinmetz, für seinen Schriftlichen Bericht.
Ich rufe in zweiter Beratung auf die Art. 1, 2, 3, Einleitung und Überschrift. — Das Wort wird nicht begehrt.Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Angenommen.Wir kommen zurdritten Beratung. — Das Wort wird nicht gewünscht.Wer dem Gesetzentwurf in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Auch keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.Punkt 18 der Tagesordnung wird morgen aufgerufen.Punkt 19:Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Rehs, Kuntscher, Mischnick und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes (Drucksache IV/2093 (neu); —Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Heimatvertriebene (Drucksache IV/2244).
Ich danke dem Berichterstatter, dem Abgeordneten Rehs, für seinen Schriftlichen Bericht.Ich rufe in zweiter Beratung auf Art. 1, 2, 3, Einleitung und Überschrift. — Wortmeldungen liegen nicht vor.Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Angenommen.Wir kommen zurdritten Beratung.— Das Wort wird nicht begehrt.Wer dem Gesetzentwurf in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Auch keine Enthaltungen. Einstimmig ,angenommen.Ich rufe auf Punkt 20 der Tagesordnung:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europäischen Auslieferungsübereinkommen vom 13. Dezember 1957 und zu dem Europäischen Übereinkommen vom 20. April 1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen ;Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses (Drucksache IV/2281).
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6244 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964
Vizepräsident Dr. JaegerIch danke ,dem Berichterstatter, dem Abgeordneten Dr. Reischl, für seinen Schriftlichen Bericht.Ich rufe in zweiter Beratung auf Art. 1, 1 a, 2, 3, 4, Einleitung und Überschrift. — Wortmeldungen liegen nicht vor.Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen.— Ich bitte um die Gegenprobe. — Angenommen.Wir kommen zurdritten Beratung.— Das Wort wird nicht gewünscht.Wer dem Gesetzentwurf in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben.— Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.Meine Damen und Herren, ich rufe Punkt 21 der Tagesordnung auf:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Wiener Übereinkommen vom 18. April 1961 über diplomatische Bezieziehungen ;Schriftlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (Drucksache IV/2285).
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Ich danke dem Berichterstatter, dem Abgeordneten Dr. von Merkatz, für seinen Schriftlichen Bericht.Ich rufe in zweiter Beratung Art. 1, — 2, — 3, —4 — sowie Einleitung und Überschrift auf. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.Ich komme zurdritten Beratung.Wird das Wort begehrt? — Das ist nicht der Fall. Dann komme ich zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen; einstimmig angenommen.Ich rufe Punkt 22 der Tagesordnung auf:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Zusatzprotokoll vom 11. Dezember 1963 zu dem Abkommen vom 8. April 1958 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Spanien über die Wiederherstellung gewerblicher Schutzrechte .Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage Überweisung an den Rechtsausschuß vor. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.Wir kommen zu Punkt 23 der Tagesordnung: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 5. März 1962 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Thailand über den Luftverkehr .Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage Ihnen vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldwesen zu überweisen. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.Ich rufe Punkt 24 auf:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den zivilen Ersatzdienst .Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage Ihnen vor, den Gesetzenwurf dem Ausschuß für Arbeit — federführend — und dem Ausschuß für Inneres — mitberatend — zu überweisen. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.Ich rufe Punkt 25 der Tagesordnung auf:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Berlin und des Gesetzes über Steuererleichterungen und Arbeitnehmervergünstigungen in Berlin (West) (Drucksache IV/2267).Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage Ihnen vor, den Gesetzentwurf an den Finanzausschuß — federführend — und an den Ausschuß für gesamtdeutsche und Berliner Fragen und an den Wirtschaftsausschuß — mitberatend — sowie dem Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung zu überweisen. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.Ich rufe Punkt 26 der Tagesordnung auf:Zweite Beratung des von den Abgeordneten Dr. Imle, Mertes, Dr. Supf, Opitz und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes ;Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksache IV/1713).
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Berichterstatter ist der Abgeordnete Meis, dem ich für seinen Schriftlichen Bericht danke.Meine Damen und Herren, es ist der Wunsch geäußert worden, die Vorlage an den Finanzausschuß zurückzuverweisen. — Das Wort wird nicht gewünscht. — Dem Antrag auf Zurückverweisung wird nicht widersprochen. Damit ist der Gesetzentwurf zurücküberwiesen.
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964 6245
Vizepräsident Dr. JaegerIch rufe Punkt 27 der Tagesordnung auf:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Zollgesetzes .Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage Ihnen vor, den Gesetzentwurf dem Finanzausschuß — federführend — und dem Außenhandelsausschuß — mit beratend — zu überweisen. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.Wir kommen zu Punkt 28 der Tagesordnung:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu der Erklärung vom 13. November 1962 über den vorläufigen Beitritt der Vereinigten Arabischen Republik zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen ;Schriftlicher Bericht des Außenhandelsaus-schusses (Drucksache IV/2238).
Ich danke dem Berichterstatter, dem Abgeordneten Theis, für seinen Schriftlichen Bericht.Wir kommen in der zweiten Beratung zu Art. 1, 2, — 3 — sowie Einleitung und Überschrift. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.Wir kommen zurdritten Beratung.Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wer dem Gesetzentwurf in dritter Beratung in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. — Enthaltungen? — Auch keine Enthaltungen; einstimmig angenommen.Ich rufe Punkt 29 der Tagesordnung auf:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu der Empfehlung des Rates für die Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Zollwesens vom 16. Juni 1960 zur Änderung des Artikels XVI des Abkommens über das Zolltarifschema für die Einreihung der Waren in die Zolltarife ;Schriftlicher Bericht des Außenhandelsaus-schusses (Drucksache IV/2239).
Ich danke dem Berichterstatter, dem Abgeordneten Diebäcker, für seinen Schriftlichen Bericht.Ich rufe auf in zweiter Beratung Art. 1, — 2, 3, — Einleitung und Überschrift. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. —Das erste war die Mehrheit; die Bestimmungen sind angenommen.Wir kommen zurdritten Beratung.Das Wort wird nicht begehrt. Wer dem Gesetzentwurf in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Der Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen.Ich rufe auf Punkt 30 der Tagesordnung:a) Beratung des Schriftlichen Berichts des Außenhandelsausschusses über die von der Bundesregierung vorgelegteSechsundfünfzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963
Sechzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963 (Drucksachen IV/2034, IV/2151, IV/2241) .Berichterstatter ist der Abgeordnete Bäumer, dem ich für seinen Schriftlichen Bericht danke.Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen!b) Beratung des Schriftlichen Berichts des Außenhandelsausschusses über die von der Bundesregierung vorgelegte Einundsechzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963 (Wein zum Herstellen von Weindestillat) (Drucksachen IV/2152, IV/2242).Ich danke dem Berichterstatter, dem Abgeordneten Bäumer, für seinen Schriftlichen Bericht.Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Antrag des Außenhandelsausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die _Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen!Wir kommen nunmehr zu Punkt 31 der Tagesordnung:a) Beratung des Berichts des Außenhandelsausschusses über die von der Bundesregierung erlassene Vierundfünfzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963 (Zollkontingent für weibliche Nutzrinder — 1964)Achtundfünfzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963 (Drucksachen IV/2150, IV/2171, IV/2240),b) Beratung des Berichts des Außenhandelsausschusses über die von der
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6246 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964
Vizepräsident Dr. JaegerBundesregierung erlassene Siebenundfünfzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963
Neunundfünfzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963 (Drucksachen IV/2225, IV/2226,IV/2243).Berichterstatter zu a) ist der Abgeordnete Burckardt, Berichterstatter zu b) der Abgeordnete Dr. Brenck. Ich nehme an, daß das Haus auf mündliche Berichterstattung verzichtet.Das Wort wird nicht gewünscht. Abstimmung ist nicht erforderlich, da kein Antrag vorliegt. Es handelt sich nur um eine Kenntnisnahme durch das Haus. Das Haus hat Kenntnis genommen.Ich rufe auf Punkt 32:Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen betreffend Veräußerung einer Teilfläche des ehemaligen Heereszeugamtes Glinde an die Firma Gebrüder Gies, Wachswarenfabrik, Hamburg-Bergedorf
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Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage Ihnen Überweisung an den Ausschuß für wirtschaftlichen Besitz des Bundes vor. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.Punkt 33:Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für wirtschaftlichen Besitz des Bundes über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betreffend Veräußerung eines Teils der ehemaligen Hacketäuer-Kaserne in Köln-Mülheim an die Stadt Köln (Drucksachen IV/1890, IV/2287).Berichterstatter ist der Abgeordnete Dr. Mälzig. Ich nehme an, daß das Haus auf einen mündlichen Bericht verzichtet.Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen!Punkt 34:Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für wirtschaftlichen Besitz des Bundes über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betreffend Veräußerung einer Teilfläche des ehemaligen Flugplatzes Hamburg-Bahrenfeld an die Freie und Hansestadt Hamburg (Drucksachen IV/2046, IV/2288).Berichterstatter ist der Abgeordnete Dr. Mälzig. Ich nehme an, daß das Haus auf den Bericht verzichtet. — Das Wort wird nicht gewünscht.Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ichbitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.Ich rufe Punkt 35 der Tagesordnung auf:Beratung des mündlichen Berichts des Ausschusses für wirtschaftlichen Besitz des Bundes über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betreffend Veräußerung einer Teilfläche der ehemaligen Infanteriekaserne in Lübeck an die Firma Edeka Großhandel Lübeck eGmbH (Drucksachen IV/2103, IV/2289).Berichterstatter ist der Abgeordnete Dr. Mälzig. Ich nehme an, daß das Haus auf den Bericht verzichtet. — Das Wort wird nicht gewünscht.Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Auch keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.Wir kommen zu Punkt 36 der Tagesordnung:Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für wirtschaftlichen Besitz des Bundes über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betreffend Deutsche Pfandbriefanstalt;hier: Erhöhung des Grundkapitals und Übernahme neuer Stammeinlagen durch das Land Nordrhein-Westfalen und das Saarland .Berichterstatter ist der Abgeordnete Mick. Ich nehme an, daß das Haus auf den Bericht verzichtet. — Das Wort wird nicht gewünscht.Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Auch keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.Punkt 37 der Tagesordnung wird erst am Freitag verhandelt. Das gilt nach den Vereinbarungen im Ältestenrat ebenso für die Punkte 38, 39, 40 und 41.Somit kommen wir nunmehr zu Punkt 42:a) Beratung der Ubersicht 22 des Rechtsausschusses über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht (Drucksache IV/2209),b) Beratung der Ubersicht 23 des Rechtsausschusses über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht (Drucksache IV/2246).Das Wort wird nicht gewünscht. Wer in beiden Fällen dem Antrag des Ausschusses zustimmen will, von einer Äußerung zu den nachstehend aufgeführten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht abzusehen, den bitte ich um das Handzeichen. —
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Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Juni 1964 6247
Vizepräsident Dr. JaegerGegenstimmen? — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.Meine Damen und Herren, es bleibt mir noch übrig, zu Punkt 21 der Tagesordnung etwas nachzuholen. Es geht um den Ausschußantrag Nr. 2. Nachdem hier das Büro versagt hat, sage ich Ihnen genau, um was es sich handelt: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zu dem Wiener Übereinkommen vom 18. April 1961 über diplomatische Beziehungen. Berichterstatter für diesen Bericht war Herr Abgeordneter von Merkatz. Dazu ist noch einEntschließungsantrag anzunehmen. Er findet sich auf Drucksache IV/2285. Eine Aussprache wird nicht gewünscht.Wer dem Ausschußantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenstimmen? — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.Meine Damen und Herren, wir stehen am Ende der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung auf Freitag, 5. Juni, 9 Uhr, ein.Die Sitzung ist geschlossen.