Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren, bevor wir in die Tagesordnung eintreten, habe ich wieder eine traurige Pflicht zu erfüllen.
Wir gedenken unseres Kollegen Walther Kühn, der gestern, am 4. Dezember, nach langer, schwerer Krankheit verstorben ist. Walther Kühn wurde am 27. Dezember 1892 in Posen geboren. Er studierte Rechts- und Staatswissenschaften.
Von 1914 bis 1918 nahm er am ersten Weltkrieg teil. Nach Kriegsende vollendete er seine juristische Ausbildung und war danach zunächst als Regierungsrat bei der Regierung Frankfurt an der Oder und später beim Reichsministerium des Innern in Berlin tätig. Anschließend wurde er von den Vertretern aller Parteien einstimmig zum Landrat in Oststernberg gewählt.
Auf Grund seiner Zugehörigkeit zur Deutschen Volkspartei als Landrat 1933 entlassen, erfolgte bald darauf seiner hervorragenden Fachkenntnisse wegen seine Wiederberufung in das Oberpräsidium Breslau. Anschließend war er Landrat in Waldenburg und Liegnitz, Vizepräsident in Marienwerder und schließlich Regierungspräsident in Bromberg.
Im Jahre 1945 wurde Walther Kühn von der Geheimen Staatspolizei verhaftet und in ein Konzentrationslager verbracht. Er wurde danach einer Strafeinheit an der Ostfront zugeteilt und dort fünfmal verwundet.
Walther Kühn, der vor 1933 führend in der Deutschen Volkspartei tätig war, schloß sich nach 1945 der Freien Demokratischen Partei an. Seine politische Arbeit galt besonders den Flüchtlingen und Heimatvertriebenen. Er war Bundesvorsitzender des Verbandes der heimatvertriebenen Beamten, Angestellten und Arbeiter und stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Beamtenbundes. Weiter war Walther Kühn Sprecher der Landsmannschaft Westpreußen.
Dem Deutschen Bundestag gehörte Regierungspräsident a. D. Walther Kühn seit 1949 über die Landesliste von Nordrhein-Westfalen an. Er war
Mitglied des Ausschusses für Inneres. Im 2. Deutschen Bundestag war er stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Beamtenrecht. Er hat sich weit über die Kreise seiner Partei hinaus sachliches und menschliches Ansehen erworben.
Ich spreche den Hinterbliebenen des verstorbenen Kollegen und der Fraktion der Freien Demokratischen Partei meine und des Hauses Anteilnahme aus. — Sie haben sich zu Ehren des verstorbenen Kollegen von Ihren Plätzen erhoben. Ich danke Ihnen.
Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 29./30. November 1962 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht gestellt:
Gesetz über die Gewährung einer Überbrückungszulage
Viertes Gesetz zur Änderung des Flüchtlings-Notleistungsgesetzes
Gesetz zu dem Abkommen vom 12. Oktober 1961 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Marokko über den Luftverkehr
Gesetz zu dem Internationalen Übereinkommen vom 13. Dezember 1960 über Zusammenarbeit zur Sicherung der Luftfahrt „EUROCONTROL"
Gesetz zu dem Abkommen vom 5. Juli 1957 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkischen Republik über den Luftverkehr
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 29./30. November 1962 gemäß § 77 Abs. 5 des Zollgesetzes beschlossen, gegen die Achtunddreißigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1962 — Drucksache IV/729
— keine Bedenken zu erheben. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/791 verteilt.
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 29./30. November 1962 gemäß § 77 Abs. 5 des Zollgesetzes beschlossen, gegen die Neununddreißigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1962 — Drucksache IV/730 — keine Bedenken zu erheben. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/792 verteilt.
Der Herr Bundesminister des Innern hat unter dem 20. November 1962 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr. gesetzlicher Schutz des Post- und Fernmeldegeheimnisses — Drucksache IV/723 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/764 verteilt.
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem 26. November 1962 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr. Veranlagungsverfahren und Berichtigung von Steuerbescheiden
— Drucksache IV/724 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/765 verteilt.
Der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat unter dem 27. November 1962 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr. Förderung der bäuerlichen Veredelungswirtschaft — Drucksache IV/734 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/774 verteilt.
Der Herr Staatssekretär des Auswärtigen Amts hat unter dem 30. November 1962 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Paul, Schütz und Genossen betr. europäischer Solidaritätsbeitrag für das Hochkommissariat der Vereinten Nationen für Flüchtlinge
— Drucksache IV/751 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/795 verteilt.
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Vorschlag der Kommission der EWG für eine Richtlinie zur Aufhebung der Reise- und Aufenthaltsbeschränkungen für
2208 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Dezember 1962
Vizepräsident Dr. Jaeger
Staatsangehörige der Mitgliedstaaten innerhalb der Gemeinschaft im Rahmen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs
Vorschlag der Kommission der EWG für eine Richtlinie zur Koordinierung der Sondervorschriften für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern, soweit sie aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt sind
sowie eine Aufzeichnung der Bundesminister des Innern und für Wirtschaft zu diesen beiden Vorschlägen
— Drucksache IV/739 —
an den Ausschuß für Inneres — federführend — und an den Ausschuß für Arbeit — mitberatend — mit der Bitte um Berichterstattung an das Plenum bis zum 16. Januar 1963.
Verordnung Nr. 129 des Rats über den Wert der Rechnungseinheit und die im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik anzuwendenden Umrechnungskurse
Verordnung Nr. 130 des Rats über eine von Artikel 17 der Verordnung Nr. 19 des Rats abweichende Regelung betreffend die vorherige Festsetzung der Abschöpfung für bestimmte Erzeugnisse
Verordnung Nr. 131 der Kommission zur vorübergehenden Beschränkung des Höchstbetrages der Erstattung bei der Ausfuhr bestimmter Getreideverarbeitungserzeugnisse nach den Mitgliedstaaten
— Drucksache IV/748 —
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — federführend — und an den Außenhandelsausschuß zur Mitberatung.
Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates über die Einzelheiten zur Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs für Großhandelsberufe
Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates über die Einzelheiten zur Verwirklichung der Niederlassungsfreiheil und des freien Dienstleistungsverkehrs für Hilfspersonen des Handels und der Industrie
Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates über die Einzelheiten zur Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs auf dem Gebiet der Rückversicherung und Retrozession
Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Aufhebung aller Verbote oder Behinderungen von Zahlungen für Leistungen, wenn der Dienstleistungsverkehr nur durch Beschränkungen der entsprechenden Zahlungen behindert ist — Drucksache IV/761 —
an den Wirtschaftsausschuß mit der Bitte um Berichterstattung an das Plenum bis zum 16. Januar 1963.
Meine Damen und Herren, ich rufe den ersten Punkt der Tagesordnung auf:
Fragestunde
.
Ich komme zuerst zu der Frage des Abgeordneten Wittrock aus dem Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramts:
Wie stellt sich die Bundesregierung zu der in der Öffentlichkeit vertretenen Ansicht, der Abdruck einer Äußerung des Prof. Hellmuth Mayer in Nr. 217 des „Bulletins" der Bundesregierung sei ein ungewöhnlicher Mißbrauch dieser Publikationsmöglichkeit des Bundespresse- und Informationsamtes?
Herr Staatssekretär von Hase, bitte.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Presse- und Informationsamt hat nach dem Haushaltsplan die gesetzliche Aufgabe, „die Politik der Bundesregierung gegenüber den Organen des Nachrichtenwesens zu vertreten". Im Rahmen dieser Aufgabe ist es Sache des Bulletins des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, neben seiner Bedeutung als Dokumentationsorgan, in Kommentaren und sonstigen Veröffentlichungen zu aktuellen politischen Problemen Stellung zu nehmen. Die Veröffentlichung der fachlichen Stellungnahme eines Ordinarius der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät einer deutschen Universität zu einem solchen aktuellen politischen Problem sollte deshalb nicht als Mißbrauch einer Publikationsmöglichkeit angesehen werden.
Ich möchte auch darauf hinweisen, daß der Artikel ausdrücklich als Namensartikel und nicht als Redaktionsartikel gekennzeichnet war. Es handelt sich somit um die Stellungnahme eines namentlich genannten Verfassers und nicht um eine Stellungnahme der Bundesregierung.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Wittrock?
Identifiziert sich also die Bundesregierung nicht damit, daß Herr Professor Mayer in seinem Aufsatz einen zunächst nur Beschuldigten im Sinne einer Feststellung als Landesverräter bezeichnet? Identifiziert sich die Bundesregierung also nicht mit dieser Feststellung?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Bundesregierung identifiziert sich nicht mit allen Feststellungen, die in diesem Namensartikel des Verfassers getroffen worden sind. Die Bundesregierung hat ihre Auswahl in der Veröffentlichung dieses Artikels so getroffen, daß sie der ihr gestellten Aufgabe, die ich vorhin skizziert habe, gerecht werden kann.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Wittrock!
Ungeachtet dieser ausweichenden Antwort frage ich weiter: Hält es die Bundesregierung und hält es insbesondere das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung für besonders glücklich, einen Kommentar zu einem Sachkomplex zu veröffentlichen, der bekanntermaßen in einem sowohl durch den Bundeskanzler wie auch durch den Bundesminister der Justiz und andere Mitglieder der Bundesregierung angekündigten Bericht erst einer sachgemäßen Aufklärung zugeführt werden soll, so daß also dann erst eine Bewertung möglich ist?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Bundesregierung ist nicht der Ansicht, daß durch einen Namensbeitrag von Professor Mayer im „Bulletin", der im übrigen auch vorher in einer anderen deutschen Tageszeitung veröffentlicht worden ist, irgendwie ein Vorgriff auf die Bewertung des Verfahrens zu sehen ist.
Zu einer Zusatzfrage der Abgeordnete Dr. Kohut!
Ist der Bundesregierung bekannt, daß Professor Mayer der Autor des 1936 erschienenen Buches „Das Strafrecht des deutschen Volkes" ist?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, dieser Tatbestand ist nach dem Abdruck des Artikels im „Bulletin" zur Kenntnis der Bundesregierung gelangt.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Dezember 1962 2209
Eine zweite Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Kohut!
Wäre es, da sich die Ansichten, die in dem erwähnten Buch von Herrn Professor Mayer vertreten sind, genau mit der Stellungnahme im „Bulletin" decken, — da nicht möglich gewesen, daß sich die Bundesregierung vorher informiert hätte, mit wem sie es zu tun hat?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Bundesregierung ist der Ansicht, daß es zumutbar ist, wenn der Artikel eines Ordinarius der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät einer deutschen Universität im „Bulletin" abgedruckt ist.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
Zuerst die Frage II/1 — des Abgeordneten Dr. Schmidt —.
Trifft es zu, daß bei allen Buchweizen-Fabrikaten mit wesentlichen Preissteigerungen gerechnet werden muß?
Wer beantwortet die Frage? — Bitte, Herr Bundesminister!
Ich darf wie folgt antworten: Buchweizenpreise hatten im letzten Jahr infolge einer relativ schlechten Ernte auf dem Weltmarkt stark angezogen und liegen zur Zeit bei etwa 430 DM je Tonne cif. Da der Schwellenpreis zur Zeit bei 417 DM liegt, kommt Buchweizen abschöpfungsfrei herein.
Nach dem System der EWG-Marktordnung sollen diese Mehrpreise auf dem inländischen Markt durchschlagen. Deshalb ist ein Preisanstieg bei den Buchweizenfabrikaten als möglich anzusprechen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Schmidt !
Herr Minister, halten .Sie eine Preissteigerung von 30 bis 40 % nicht für erheblich?
Herr Kollege Dr. Schmidt, es dürfte nicht darauf ankommen, ob ich sie für erheblich halte oder nicht, sondern darauf, ob diese Preissteigerungen auf EWG- oder Weltmarktbasis erfolgen. Beide Dinge sind unabhängig von meiner persönlichen Auffassung; sie entwickeln sich völlig getrennt. Es ist aber nicht möglich, daß wir auf die Preisentwicklung einer Warenmenge einwirken, die angesichts der Gesamtentwicklung unserer Wirtschaft und damit auch für die Verbraucher relativ unbedeutend ist. Es handelt sich um einen Verbrauch von 1500 t. Wir haben keine Möglichkeit, bei Preissteigerungen auf dem Weltmarkt, die sich auch beim Verbraucher auswirken, in 'irgendeiner Form eingreifen.
Eine zweite Zusatzfrage!
Gibt es keine Möglichkeit, im Rahmen des EWG-Systems solche doch immerhin erheblichen Preissteigerungen zu verhindern?
Soweit eine solche Preissteigerung vom Weltmarkt ausgeht, haben wir keine Möglichkeit, sie zu verhindern.
Wir kommen zur Frage II/2 — des Herrn Abgeordneten Wächter —:
Was veranlaßt die Bundesregierung, zu den Bundeszuschüssen zur Förderung besonderer Vorhaben auf dem wasserwirtschaftlichen und kulturtechnischen Gebiet im Küstengebiet , Einzelplan 10 Kapitel 10 02 Titel 619, Rechnungsjahr 1962, höhere Eigenleistungen für die beschleunigte Deicherhöhung und Deichverstärkung von den Deichverbänden oder anderen Trägern dieser Baumaßnahmen zu fordern?
Niedersachsen und Schleswig-Holstein erhalten 1962 zusammen etwa das Vierfache von den Bundesmitteln, die sie in den Vorjahren erhalten haben. 1961 waren es insgesamt 29 Millionen DM, und in diesem Rechnungsjahr sind es 118 450 000 DM. Die Länder wurden damit in den Stand gesetzt, nicht nur Sturmflutschäden zu beheben, sondern zugleich auch die seit etwa 1950 laufenden Arbeiten für die Deichsicherung beschleunigt fortzusetzen.
Aus den von den beiden Ländern vorgelegten Listen über beabsichtigte Bauvorhaben mit rund 166 Millionen DM Gesamtbaukosten ergab sich eine Beteiligung des Bundes mit 118 450 000 DM — das sind 71,3 % —, der beiden Länder mit 44 148 000 DM — das sind 26,6 % — und der beteiligten Verbände und Gemeinden mit 2 689 000 DM — das sind 1,6 % —. In den Vorjahren bewegte sich die Leistung der Beteiligten etwa in der gleichen Höhe des genannten Geldbetrages. Dies ergab bei rund 44 Millionen DM an Baukosten ein Beteiligungsverhälnis von etwa 6 %.
Der Bundesregierung ist klar, daß 1962 nicht der alte Beteiligungsschlüssel erreicht werden konnte, da bei der Behebung der Schäden von Eigenleistungen der Beteiligten wegen früherer Leistungen abgesehen werden mußte. Andererseits sollten die Beteiligten jedoch im Rahmen des Möglichen dort mit herangezogen werden, wo es sich um die Fortsetzung, und zwar um die beschleunigte Fortführung der üblichen Deichverstärkungs- und Deicherhöhungsarbeiten handelte. Die Forderung an die beiden Länder, die Frage einer höheren Eigenleistung nochmals zu überprüfen, führte zu einer Erhöhung dieser Leistungen um 500 000 DM, so daß sich der bereits genannte Betrag von 2,689 Millionen DM auf 3,189 Millionen DM erhöhte. Das sind 1,9 % der Gesamtbausumme gegenüber 1,6 % vorher.
2210 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Dezember 1962
Bundesminister Schwarz
Um die Beteiligten nicht zu überfordern, andererseits aber sie im Rahmen des Möglichen als Bauträger zur Erweiterung des Bauvolumens mit heranzuziehen, beabsichtigt die Bundesregierung auf Vorschlag der niedersächsischen Landesregierung, zu Beginn des neuen Rechnungsjahres 1963 in gemeinsamen Verhandlungen mit den beiden Ländern die Frage der Beteiligung von Gemeinden und Verbänden an den Baukosten des Küstenschutzes für das Jahr 1963 erneut zu erörtern.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Wächter!
Ist Ihnen bekannt, Herr Bundesminister, daß in vielen Deichverbänden der landwirtschaftliche Grundbesitz über 'seine Beiträge in immer stärker werdendem Maße nicht nur zum Schutze von bebautem Grundbesitz, Industriebetrieben und beweglichem Vermögen, sondern auch zum Schutze von Bundesvermögen — Bundespost, Bundesstraßen, Bundesbahn, aber auch Verteidigungsanlagen — beiträgt, und glauben Sie, daß es unter diesem Gesichtspunkt richtig ist, für die Zukunft von diesen Deichverbänden höhere Eigenleistungen zu erwarten?
Herr Kollege Wächter, der Sachverhalt ist der Bundesregierung bekannt. Ich sagte bereits, daß in Kürze eine Besprechung stattfindet. In dieser Besprechung sollen auch gerade diese Punkte behandelt werden.
Eine zweite Zusatzfrage!
Ist Ihnen weiter bekannt, Herr Bundesminister, daß besonders in Schleswig-Holstein die Deichverbände Lasten aufzubringen haben, die sich von 2 bis 30 DM pro Hektar bewegen? Ist Ihnen weiter bekannt, daß die Deicherhöhungen teilweise nur durch die Vertiefung der Fahrrinne für die Schiffahrt bedingt sind, darüber hinaus aber auch durch die Anlegung von Sperrwerken, die wiederum teilweise deswegen angelegt werden, weil sie bei Sturmfluten nicht deichumlagepflichtiges Gelände schützen sollen? Glauben Sie nicht, daß besonders wegen der unterschiedlichen Wettbewerbsmöglichkeiten zwischen der Landwirtschaft an der Küste und der übrigen Landwirtschaft in der Bundesrepublik in Zukunft bei der Festlegung der Eigenleistungen auch diese zuletzt genannten Gesichtspunkte mitberücksichtigt werden müssen?
Herr Kollege Wächter, der Sachverhalt ist der Bundesregierung auch in diesem Falle bekannt. Ich bitte Sie zu bedenken, daß die Mehrkosten, die Sie mit Recht anführen, gerade erst auf Grund der neuen Bauvorhaben zum Schutze des Hinterlandes eingetreten sind. Dieser ganze Fragenkomplex wird in Kürze mitbesprochen werden, um eine, wie ich hoffe, für alle Beteiligten tragbare Lösung zu finden.
Ich danke Ihnen, Herr Bundesminister.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Frage III/1 — des Abgeordneten Schmidt-Vockenhausen —:
Warum gibt der Herr Bundesarbeitsminister den kommunalen Versicherungsämtern beim Umtausch der Sozialversicherungskarten nicht die Möglichkeit, die Aufrechnungsbesdseinigungen durch verwaltungsvereinfachende und auch zuverlässigere beglaubigte Photokopien zu ersetzen?'
Herr Bundesminister, darf ich bitten.
Eine Vereinfachung des Umtauschs der Versicherungskarten ist wiederholt in meinem Ministerium geprüft worden, so auch bei dem Erlaß der allgemeinen Verwaltungsvorschrift über die Muster der Versicherungskarten und Aufrechnungsbescheinigungen in der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten vom 31. August 1961.
Es hat sich gezeigt, daß von der geltenden gesetzlichen Vorschrift des § 1421 der Reichsversicherungsordnung und des § 134 des Angestelltenversicherungsgesetzes, die im einzelnen den Umtausch der Versicherungskarte und die besondere Ausstellung einer Aufrechnungsbescheinigung vorsehen, noch nicht abgegangen werden kann. Zwar würde eine einwandfreie Photokopie, die alle Schriftzüge sowie den Druck der Versicherungskarte vollständig wiedergibt und daraufhin beglaubigt ist, daß sie mit dem Original der aufgerechneten Versicherungskarte f übereinstimmt, eine Vereinfachung bedeuten. Jedoch ist dieses Ziel zur Zeit noch nicht einwandfrei erreichbar.
Obwohl ich in gleicher Weise aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und Verwaltungsvereinfachung bestrebt bin, in dieser Angelegenheit der technischen Entwicklung zu folgen, konnte bislang noch keine abschließende Stellungnahme gefunden werden. Ich werde mich weiterhin bemühen, eine verwaltungsmäßige Vereinfachung der Angelegenheit herbeizuführen, sobald die Voraussetzungen in technischer Hinsicht hierfür einwandfrei erfüllt sind.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen!
Herr Minister, wäre Ihr Haus bereit, sich einmal mit der kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung in Köln in Verbindung zu setzen, nachdem sich diese bereits im Februar an Ihr Haus gewandt hat, um ein solches technisch einwandfreies Verfahren zu erörtern? Die Stelle hat seit diesem Zeitpunkt noch keine Nachricht von Ihrem Hause.
Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, wenn Sie mir diesen Tatbestand mitgeteilt hätten — ich kannte ihn bis jetzt nicht —, hätte die Stelle bestimmt schon die Nachricht. Sie wird umgehend Nachricht bekommen.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Dezember 1962 2211
Ich rufe auf die Frage III/2 — des Abgeordneten Dröscher —:
Warum gibt es keine zentrale Forschungsstelle, die sich mit den Folgen der durch jahrelange Kriegsgefangenschaft unter schwersten Bedingungen entstandenen physischen und psychischen Gesundheitsschäden befaßt?
Herr Bundesminister!
Herr Kollege Dröscher, die medizinische Forschung wird in erster Linie von den Medizinischen Fakultäten der Universitäten wahrgenommen, wobei es sich erfahrungsgemäß für die Forschung besonders nützlich auswirkt, wenn sie auf eine möglichst breite Basis gestellt wird. In einer zentralen Forschungsstelle kann man nicht all die medizinischen Sachkenner vereinigen, die sich bei einer Dezentralisation den Problemen widmen können.
In der Bundesrepublik Deutschland ist in den vergangenen Jahren von Professoren der medizinischen Falkultäten und von erfahrenen wissenschaftlich interessierten und geschulten Ärzten verschiedener Dienststellen der Forschung der Spätschäden nach langjähriger Kriegsgefangenschaft erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt worden. Dies wurde durch die Vergabe von Forschungsaufträgen aus Mitteln des Bundeshaushalts auch noch gefördert. So gelang es, durch gleichzeitige planmäßige Forschungen an verschiedenen Stellen wissenschaftlich besser unterbaute Ergebnisse zu erhalten als durch Untersuchungen an einer einzigen Stelle.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dröscher.
Herr Minister, gibt es eine zentrale Dokumentation wenigstens über die Erfahrungen, die nach Ihrer Meinung an verschiedenen Universitäten gesammelt wurden?
Ja. In meinem Ministerium besteht ein ärztlicher Sachverständigenbeirat. Es sind hervorragende Persönlichkeiten, die auf dem Gebiet der Medizin einiges bedeuten, die von Zeit zu Zeit in wissenschaftlichen Aussprachen die erzielten Ergebnisse koordinieren und selbstverständlich auch festhalten.
Zu einer zweiten Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dröscher.
Herr Minister, wie kann es dann kommen, daß der Chefarzt des Krankenhauses Idar-
Oberstein, Herr Dr. Kohler, einer breiten Öffentlichkeit als 'der Stalingrad-Arzt bekannt, kürzlich auf einer Tagung der Spätheimkehrer erklären konnte, er habe um die Bereitstellung von 300 000 DM eben zu diesem Zweck in Ihrem Ministerium gebeten, ohne daß ihm aber geholfen worden sei?
Verzeihen Sie, ich kann nicht jeder Bitte um inanzielle Unterstützung nachkommen, die an das Ministerium gerichtet wird. Ich muß mich an die Mittel halten, die das Hohe Haus bewilligt hat.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dürr.
Herr Minister, ist man in Ihrem Hause bereit, zu erwägen, ob es nicht zweckmäßig wäre, wenigstens eine wissenschaftliche Bibliographie über die verschiedenen Forschungen herauszugeben?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
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Meine Damen und Herren, wir setzen die unterbrochene Sitzung fort.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz. Zuerst die Frage X/1 — des Abgeordneten Böhme —:
Beabsichtigt die Bundesregierung, Folgerungen aus der Erklärung der „Gruppe 47" zu ziehen, in der die Bevölkerung der Bundesrepublik zum Verrat von militärischen Geheimnissen und damit zu einer strafbaren Handlung aufgefordert wird?
Herr Bundesminister, bitte.
Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof hat das in der Presse veröffentlichte „Manifest" der „Gruppe 47" geprüft, jedoch keinen Anlaß gesehen, Ermittlungen wegen einer zu seiner Zuständigkeit gehörenden Straftat einzuleiten. Er hat das Vorliegen einer erfolglosen Aufforderung zum Landesverrat — also eines Verbrechens nach § 49 a Abs. 1 in Verbindung mit § 100 des Strafgesetzbuches — verneint. Das „Manifest" richtete sich nämlich nicht
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Dezember 1962 2215
Bundesjustizminister Dr. Stammberger
an bestimmte Personen, wie es der Tatbestand der erfolglosen Anstiftung nach Rechtsprechung und Lehre voraussetzt.
Sonstige zur Zuständigkeit des Generalbundesanwalts gehörende Straftaten sind nicht ersichtlich. Ob etwa andere strafbare Handlungen durch das „Manifest" verwirklicht worden sind, obliegt der Prüfung des dafür zuständigen Generalstaatsanwalts bei dem Landgericht in Berlin, an den der Generalbundesanwalt das Verfahren abgegeben hat.
Eine Zusatzfrage? — Herr Abgeordneter Haase.
Herr Minister, beabsichtigt die Bundesregierung, Unterzeichner dieses Manifestes, in dem die Bevölkerung zum Landesverrat animiert wird, weiterhin durch Stipendien zu fördern?
Herr Kollege, das ist eine Frage, für deren Beurteilung und damit auch zu deren Beantwortung ich nicht zuständig bin.
Würden Sie vielleicht durch das Innenministerium eine Beantwortung herbeiführen lassen?
Ich will das sehr gern tun.
Ich bedanke mich.
Ich rufe auf die Frage X/2 — des Abgeordneten Dr. Arndt , vertreten durch den Abgeordneten Dr. Müller-Emmert —:
Was ist an der Behauptung wahr, daß bei der Durchsuchung in den Räumen des „Spiegel" Schriftstücke, in denen der Name Zwicknagl vorkommt, und der Stellenplan 1947 des bayerischen Kultusministeriums von der Bundesanwaltschaft und ihren Hilfsbeamten einstweilen in Beschlag genommen seien?
Bitte sehr, Herr Bundesminister.
Wie mir der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof berichtet, hat die Bundesanwaltschaft aus der Durchsuchung der Räume des „Spiegel"-Verlags nur Schriftstücke in Besitz, die vom Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs geprüft und ordnungsmäßig beschlagnahmt worden sind. Es handelt sich also nicht um eine lediglich von der Bundesanwaltschaft und ihren Hilfsbeamten vorgenommene Sicherstellung oder vorläufige Beschlagnahme.
Wie mir der Generalbundesanwalt weiter berichtet, befinden sich unter den vom Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs im „Spiegel"-Verlag beschlagnahmten Gegenständen auch Schriftstücke, in denen der Name Zwicknagl vorkommt; die Beschlagnahme hat aber nichts mit der Erwähnung dieses Namens zu tun.
Soweit bisher bekannt, befindet sich der Stellenplan 1947 des bayerischen Kultusministeriums nicht unter den richterlich beschlagnahmten Gegenständen, jedoch ist die Auswertung der beschlagnahmten Schriftstücke durch die Bundesanwaltschaft noch nicht abgeschlossen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Müller-Emmert.
Herr Justizminister, können Sie mir sagen, ob weitere Beschlagnahmen erfolgt sind, die sich auf andere Fachkomplexe beziehen als auf den Fachkomplex „Fallex 62"?
Mit dieser Zusatzfrage habe ich gerechnet und mir daher auch dazu von der Bundesanwaltschaft berichten lassen.
Wie mir der Generalbundesanwalt mitteilt, sind im „Spiegel"-Verlag weder die Unterlagen über den Fibag-Komplex noch die Vorgänge zu dem Artikel „Onkel Aloys" oder die Akten über den Schmeißer-
Prozeß oder über sonstige Artikel, hinsichtlich derer kein Verdacht des Landesverrats oder anderer schwerwiegender strafbarer Handlungen besteht, beschlagnahmt worden. Jedoch haben sich Hinweise auf die strafbaren Handlungen, die Gegenstand des anhängigen Verfahrens bilden, oder auf andere schwerwiegende Straftaten auch in einigen — zum Teil aus älterer Zeit stammenden — Schriftstücken gefunden, die sich mit Vorgängen strafrechtlich unerheblicher Art befassen. Daher sind vereinzelt auch Schriftstücke über Vorgänge allgemeiner Art — d. h. über Vorgänge außerhalb des Geheimbereichs — beschlagnahmt worden. Die Beschlagnahme hatte in diesen Fällen jedoch nichts mit dem Inhalt der soeben genannten Veröffentlichungen des „Spiegel" zu tun; sie erfolgte vielmehr, weil die Schriftstücke als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können.
Danke.
Keine weitere Zusatzfrage. — Ich danke Ihnen, Herr Bundesminister.
Die nächste Frage wird erst am Freitag aufgerufen, ebenso die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen.
— Bei mir steht, daß sie erst am Freitag aufgerufen werden soll. — Gut, wenn Sie sie beantworten wollen, Herr Bundesminister, bitte sehr.
Ich rufe also auf Frage X/3 — des Herrn Abgeordneten Dr. Mommer —:
Wann wird der vom Bundeskanzler angeforderte Bericht der Bundesminister der Justiz, der Verteidigung, des Innern und des Auswärtigen über die Beteiligung dieser Ministerien an den Ermittlungen gegen den ,.Spiegel" entsprechend den Ankündigungen des Bundesministers der Justiz in der Nachmittagssitzung des Rechtsausschusses vom 15. November 1962 dem Bundestag bekanntgegeben?
Der von dem Herrn Bundeskanzler angeforderte gemeinsame Bericht der Bundesminister der Justiz, des Auswärtigen, des Innern und der Verteidigung
2216 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Dezember 1962
Bundesjustizminister Dr. Stammberger
steht kurz vor der Fertigstellung. Über die Weiterleitung des Berichts an den Deutschen Bundestag und über seine Veröffentlichung wird das Kabinett alsdann zu befinden haben.
Herr Justizminister, können Sie uns eine Mutmaßung darüber mitteilen, wann dieses Haus den Bericht bekommen kann?
Herr Kollege, das wäre lediglich eine Mutmaßung; eine solche Mutmaßung ist mir im Augenblick völlig unmöglich. Ich kann nur über Tatsachen berichten. Ich tue jedenfalls alles, um die Fertigstellung des Berichts in jeder Weise zu beschleunigen.
Herr Abgeordneter Wittrock, eine Zusatzfrage!
Herr Minister, gibt es irgendeinen Anhalt für die gelegentlich in der Öffentlichkeit geäußerte Vermutung, dieser Bericht solle überhaupt nicht veröffentlicht werden, sondern als eine Art geheime oder vertrauliche Sache behandelt werden?
Herr Kollege, dafür gibt es keinerlei Vermutung; denn daß dieser Bericht vom Herrn Bundeskanzler angefordert wurde, ist offiziell durch das Presse-
und Informationsamt sofort bei der Anforderung bekanntgemacht worden.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Wittrock.
Beziehen Sie dabei auch die Veröffentlichung ausdrücklich .ein?
Ich nehme das an:
Ich danke Ihnen.
Aber das ist eine Frage, die das Kabinett entscheiden muß, und ich bitte Sie um Verständnis dafür, daß ich dieser Entscheidung auf keinen Fall vorgreifen kann.
Ich danke Ihnen, Herr Bundesminister.
Wir kommen nunmehr zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft, zunächst zur Frage XII/1 — des Herrn Abgeordneten Dr. Müller-Emmert —:
Welche Vorschläge hat die Regierung Rheinland-Pfalz bisher im Interministeriellen Saarausschuß der Bundesregierung unter Vorlage von welchen Unterlagen gemacht, um die Notwendigkeit des Baues des Saar-Pfalz-Kanals im Hinblick auf die Verbesserung der wirtschaftlichen Struktur der Pfalz nachzuweisen?
Herr Staatssekretär, darf ich bitten.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Regierung von Rheinland-Pfalz ist ebenso wie die Saarregierung mit den Bundesressorts in einer Arbeitsgruppe tätig, die den saarländischen Vorschlag für den Bau eines Saar-Pfalz-Kanals überprüft. Bei der Schätzung der für die Beförderung auf dem Kanal in Frage kommenden Gütermengen wurden auch die Teilmengen berücksichtigt, die auf die Wirtschaft der Pfalz entfallen werden. Bei den Beratungen über die Vorteile, die dieser Kanal seinen Benutzern bieten könnte, wurde wiederholt darauf hingewiesen, daß der geforderte Wasserweg nicht nur die Standortlage der Saarwirtschaft, sondern auch die der Pfälzer Wirtschaft verbessern würde. Schließlich wurde festgehalten, daß ein Saar-Pfalz-Kanal in bereits diskutierte Bewässerungsprojekte einbezogen und damit größeren landeskulturellen Maßnahmen in der Pfalz dienstbar gemacht werden könnte. Darüber hinaus wurden besondere Unterlagen, die sich auf eine Verbesserung der wirtschaftlichen Struktur der Pfalz beziehen, nicht vorgelegt.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Müller-Emmert.
Wurden die Vorschläge der Landesregierung Rheinland-Pfalz, die in dem interministeriellen Saarausschuß erarbeitet wurden, auch dem Frankfurter Wirtschaftsprüfungsbüro zur Erstellung des Gutachtens übersandt?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich kann diese Frage aus dem Stegreif nicht beantworten; ich werde sie prüfen und werde Ihnen die Antwort schriftlich geben.
Ich rufe auf die Frage XII/2 — des Abgeordneten Kulawig —:
Zu welchen Ergebnissen kam bisher der Interministerielle Saarausschuß der Bundesregierung hinsichtlich des Baues des Saar-
Pfalz-Kanals?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Folgende Prüfungsergebnisse liegen vor:
1. Der Kanal von Saarbrücken nach Ludwigshafen würde 127 km lang sein und mit Hilfe von sieben Hebewerken Höhenunterschiede von 71 m beim Aufstieg von der Saar und von 170 m beim Abstieg zum Rhein zu bewältigen haben.
2. Der Bau einschließlich der Vorbereitungsarbeiten dieses Kanals würde etwa zehn Jahre dauern und nach dem Preisstand von 1960 etwa 1,35 Milliarden DM kosten. Da gleichzeitig aber auch eine Umkanalisierung der Saar zwischen Saargemünd und Völklingen notwendig wäre, würden sich die geschätzten Baukosten um weitere 160 Millionen DM auf insgesamt reichlich 1,5 Milliarden DM erhöhen.
3. Die jährlichen Betriebs- und Unterhaltungskosten werden auf 10 Millionen DM geschätzt; wobei selbstverständlich Verzinsung und Amortisation nicht gerechnet sind.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Dezember 1962 2217
Staatssekretär Dr. Westrick
Besondere Schwierigkeiten bereitet die Schätzung des vermutlichen Transportaufkommens auf dem Kanal in zehn Jahren und später. Die Arbeitsgruppe hat zu diesen Fragen nur vorläufige Schätzungen aufgestellt, die noch mit den Ergebnissen eines in Arbeit befindlichen Gutachtens vergleichend geprüft werden sollen.
Eine Zusatzfrage? — Bitte sehr.
Können Sie sagen, bis wann nach der Meinung der Bundesregierung das Gutachten des Interministeriellen Saarausschusses ihr vorliegen wird?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich glaube, Herr Abgeordneter, daß das Gutachten bis zum Ende des Jahres fertiggestellt sein wird. Aber dann werden sich natürlich zunächst einmal dieser Interministerielle Ausschuß und anschließend die Bundesregierung kritisch mit dem Gutachten befassen müssen, so daß es noch etwas in den Anfang des nächsten Jahres hineingehen wird.
Eine zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung das Gutachten allen Abgeordneten zustellen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich glaube, daß keine Bedenken dagegen bestehen werden, das Gutachten zu veröffentlichen. Ich bitte aber, mir zu erlauben, daß ich das noch einmal überprüfe. Prima vista sehe ich keinerlei Bedenken, der Veröffentlichung eines solchen Gutachtens zuzustimmen.
Herr Abgeordneter Dr. Schneider.
Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung vor ihrer soeben angekündigten Beratung das Gutachten der Regierung des Saarlandes zur Stellungnahme und zur eventuellen Gegendarstellung zur Verfügung stellen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, innerhalb dieses Interministeriellen Ausschusses, dieser Arbeitsgruppe, ist ja das Saarland vertreten, und zwar sehr kräftig vertreten, und das Saarland bringt seine Stimme dort mit Nachdruck zu Gehör.
Keine weitere Zusatzfrage? — Wir kommen zur Frage XII/3 — des Abgeordneten Hammersen —:
Welches Ergebnis haben bisher die baukonjunkturdämpfenden Maßnahmen der Bundesregierung gehabt, insbesondere die Haushaltssperre für Hochbauten und das sogenannte Baustoppgesetz?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Gesetz zur Einschränkung der Bautätigkeit ist am 9. Juni dieses Jahres in Kraft getreten. Auf Veranlassung der Bundesregierung werden vom Statistischen Bundesamt die Bauvorhaben gesondert erfaßt, für die zwar eine Baugenehmigung ausgestellt, deren Durchführung aber nach dem Gesetz verboten ist.
Über die Wirksamkeit des Gesetzes kann zur Stunde noch kein Urteil abgegeben werden, da nach Mitteilung des Statistischen Bundesamtes erst im Laufe des Monats Februar 1963 Zahlenmaterial über die ersten sechs Monate der Geltungsdauer des Gesetzes vorliegen wird.
Mir liegen jedoch Berichte einiger Landesregierungen vor, denen zufolge bis September 1962, also für rund drei Monate der Wirksamkeit des Gesetzes, in Nordrhein-Westfalen z. B. Bauvorhaben in Höhe von 93 Millionen DM, in Baden-Württemberg in Höhe von 26 Millionen DM, in Bayern in Höhe von 22 Millionen DM durch das Gesetz zur Einschränkung der Bautätigkeit verhindert worden sind.
Hierzu sind selbstverständlich die Vorhaben der Bauherren zu rechnen, die sich schon durch die Existenz des Gesetzes veranlaßt sahen, keinen Antrag mehr zu stellen. Diese Zahl dürfte insbesondere in Niedersachsen beträchtlich sein, da ja hier die Baugenehmigung nach einem Jahr erlischt und daher jedem Antragsteller geraten wird, seinen Antrag nach Möglichkeit nach Außerkrafttreten des Gesetzes zu stellen. Bei unveränderter Weitergeltung des Gesetzes bis zum 30. Juni 1963 — das ist der gegenwärtig geltende Auslauftermin — ist anzunehmen, daß sich während dieser Zeit die Nachfrage in einer beträchtlichen Summe, etwa in Höhe von 800 Millionen bis 1 Milliarde DM, auf dem Baumarkt nicht auswirken wird.
Zum zweiten Teil Ihrer Frage, nämlich nach der Wirksamkeit der Sperre von 20 v. H. gemäß § 8 des Haushaltsgesetzes 1962, möchte ich im Einvernehmen mit dem Bundesfinanzminister folgendes sagen: Es ist zu berücksichtigen, daß durch das Vorhandensein des § 8 des Haushaltsgesetzes 1962 bereits ein sehr strenger Maßstab an die Einstellung von Ausgaben für Baumaßnahmen in den Haushalt 1962 angelegt worden ist. Dadurch ist also schon eine erhebliche Einengung des Bauvolumens erreicht. Die Summe der bauwirksamen Haushaltsmittel des Bundes für 1962 beträgt, alles zusammengenommen, 8,928 Milliarden DM. Davon sind auf Grund rechtlicher Verpflichtungen 4,952 Milliarden DM festgelegt, so daß die Sperre überhaupt nur auf einen Betrag von 3,975 Milliarden DM angewendet werden kann. 20 % hiervon sind 794 Millionen DM. Durch Ausnahmebewilligungen wurden bisher 467 Millionen DM entsperrt, so daß zur Zeit 327 Millionen DM gesperrt sind. Die Ausnahmen von der Sperre, Herr Abgeordneter, sind jeweils nach Befragen der zuständigen Landesregierung zugelassen worden. Die Zulassung erfolgte in der Regel unter der ausdrücklichen Auflage, die Maßnahme ohne Unterbrechung in den Wintermonaten 'durchzuführen und den Baubeginn mit den örtlichen Baukoordinierungsausschüssen abzustimmen. Für 1963 sollen Ausnahmen für das
2218 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Dezember 1962
Staatssekretär Dr. Westrick
erste Vierteljahr nach Möglichkeit überhaupt nicht zugelassen werden. Ein gemeinsamer Erlaß der Bundesminister der Finanzen und für Wirtschaft ist in Aussicht genommen.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, darf ich fragen, welche Absichten innerhalb der Bundesregierung für die Zeit nach Auslaufen des Baustoppgesetzes am 30. Juni 1963 bestehen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich glaube, ,die Frage ist heute erschöpfend schwer zu beantworten. Aber wir beabsichtigen natürlich, eine Verlängerung des Gesetzes, vielleicht in einer verbesserten Form, vorzuschlagen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ritzel.
Herr Staatssekretär, wie vereinbart sich mit Ihrer Auskunft die Tatsache, daß in dem § 3 des heute noch zur Verabschiedung stehenden Nachtragshaushaltsgesetzes für 1962 die Summe der nach § 8 Abs. 1 des Haushaltsgesetzes gesperrten Mittel nur mit 114 745 000 DM angegeben wird?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, ich werde den Finanzminister danach fragen und versuchen, diese Frage aufzuklären.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Die weiteren Fragen werden am Freitag aufgerufen. Damit stehen wir am Ende der Fragestunde.
Meine Damen und Herren, es ist, wie ich höre, interfraktionell vereinbart worden, Punkt 15 der Tagesordnung vorzuziehen. Besteht damit Einverständnis? — Das istider Fall. Dann rufe ich auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten «Entwurfs eines Gesetzes über die Anpassung der Renten der Kriegsopferversorgung ;
a) Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache IV/771),
b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen (Drucksache IV/745 [neu])
.
Der Haushaltsausschuß hat einen Schriftlichen Bericht vorgelegt. Ich danke dem Herrn Abgeordneten Dr. Götz. Eine Ergänzung wird nicht notwendig sein. Ebenso hat der Ausschuß für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen einen Schriftlichen Bericht vorgelegt. Ich darf jedoch dem Abgeordneten Dr. Rutschke das Wort zu einer Ergänzung ides Berichts erteilen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich kann auf den Bericht Drucksache IV/745 verweisen. Eine Ergänzung habe ich jedoch noch vorzutragen, und zwar 'im Hinblick auf den fraktionsgemeinsamen Änderungsantrag Umdruck 1621. Von seiten der Länder ist die Frage aufgeworfen worden, ob bei der vorgesehenen Gewährung der Überbrückungszulage eine Übertragung, Verpfändung oder Pfändung bewußt ausgeschlossen werden sollte. Eine entsprechende Regelung war in dem Gesetz über die Gewährung von Zuwendungen an Kriegsopfer und Angehörige von Kriegsgefangenen vom 12. Januar 1953 vorgesehen. Die beantragte Ergänzung des § 2 des vorliegenden Gesetzes durch einen neuen Abs. 1 soll sicherstellen, daß die Kriegsopfer auch tatsächlich in den vollen Genuß der Überbrückungszulage gelangen. Das ist bei der ursprünglichen Fassung im Bericht Drucksache IV/745 (neu) vergessen worden; daher der interfraktionelle Antrag. Ich bitte, ihm zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichtersatter.
Ich rufe auf § 1. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer § 1 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — § 1 ist angenommen.
Ich rufe auf § 2 und zugleich den Antrag Umdruck 162. — Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer dem Antrag Umdruck 162 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Angenommen.
Wer § 2 mit der beschlossenen Änderung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Angenommen.
Ich rufe auf § 3, — 4, — Einleitung und Überschrift. — Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Ebenfalls angenommen.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung
und eröffne die allgemeine Aussprache.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Probst.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich gebe im Namen der CDU/CSU-Fraktion folgende Erklärung ab:
Die Fraktion der CDU/CSU begrüßt es, daß durch die Vorlage IV/745 — Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen — den Kriegsopfern eine einmalige zusätzliche Leistung gewährt wird. Die Fraktion der CDU/CSU legt Wert darauf festzustellen, daß der vorliegende Gesetzentwurf kein Präjudiz für die Weiterentwicklung des Kriegsopferrechts darstellt. Sie erwartet, daß der von der Bundesregierung vorzulegende Entwurf eines zweiten Neuordnungsgesetzes insbe-
*) Siehe Anlage 9
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Dezember 1962 2219
Frau Dr. Probst
sondere den Personenkreis berücksichtigt, der auf zusätzliche Leistungen angewiesen ist.
Wir bitten das Hohe Haus um Zustimmung.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Höhmann.
Höhmann (SPD) : Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer die kurze Erklärung unserer verehrten Kollegin Frau Dr. Probst vernommen hat, wird dabei unter Umständen herausgehört haben, daß in dieses relativ kurze Manuskript sehr wahrscheinlich der Herr Amtsgeschäftsführer des Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung hineingepfuscht hat.
Ich will für meine Fraktion klar und eindeutig eines hier sagen: Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion wird allen Versuchen energisch entgegentreten, die dahin gehen, die Forderung nach einem zweiten Neuordnungsgesetz für teilweise erledigt anzusehen oder aber jetzt schon bei der Abstimmung über diese Überbrückungszulage darauf hinzuwirken, einen ganz bestimmten, vom Herrn Bundesarbeitsminister bisher schon immer bevorzugten Personenkreis allein zu helfen und darüber die Masse der Kriegsopfer zu vergessen. Wir sehen diese Maßnahmen nach der Vorlage IV/745 lediglich als eine Überbrückungsmaßnahme für das Jahr 1962 an. Wir denken dabei auch daran, daß ein gewisser Schematismus bei allen Rentenbeziehern beim Zweiten Neuordnungsgesetz in Anwendung kommen muß, und wir Sozialdemokraten werden uns dafür sehr stark machen. Wir denken weiterhin auch daran, daß man vielleicht dem Herrn Bundeskanzler empfehlen sollte, den jetzigen Herrn Amtsgeschäftsführer im Ministerium für Arbeit und Sozialordnung bei einer künftigen Regierungsneubildung von seinem Posten zu entbinden. Denn er ist nicht der Anwalt der Kriegsopfer, der er immer gern sein möchte. Das merke ich aus dieser Formulierung heraus.
Wenn die Kriegs- und Arbeitsopfer zu wählen hätten, meine sehr verehrten Damen und Herren, wen sie als Anwalt haben wollten, wären sie längst zu einem anderen gelaufen.
Jetzt darf ich namens meiner Fraktion folgende Erklärung abgeben:
Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion ist stolz darauf, das Erstgeburtsrecht auf den vorliegenden Antrag für eine Überbrückungszulage für die Kriegsopfer anmelden zu können. Dieser Antrag auf Drucksache IV/745 ist in unseren Augen eine etwas verminderte und verdünnte Ausgabe des SPD-Entwurfs eines Gesetzes über die Anpassung der Renten der Kriegsopferversorgung.
Die SPD-Bundestagsfraktion ist der Meinung, daß eine Erhöhung der Grundrenten um 10 % als Überbrückungsmaßnahme — eine Mindestforderung — gerechtfertigt ist. Diese Grundrentenanhebung war von uns auch als Übergangslösung bis zum Inkrafttreten eines zweiten Neuordnungsgesetzes gedacht. Es war nach einer elfmonatigen Verhandlung unserer Vorlage im Ausschuß notwendig, daß angesichts der bevorstehenden Einbringung eines zweiten Neuordnungsgesetzes der ursprüngliche Antrag in einen Antrag auf eine einmalige Überbrückungszulage umgewandelt wurde. Ihrer ursprünglichen Absicht folgend haben die SPD-Mitglieder im Kriegsopferausschuß eine Überbrückungszulage in Höhe von 12 mal 10 % der Grundrenten gefordert. Das wäre für die Masse der Kriegsbeschädigten und -hinterbliebenen eine spürbare Verbesserung ihres Renteneinkommens gewesen. Eine große Anzahl der Kriegsopfer und -hinterbliebenen wird sich nunmehr mit Beträgen in Höhe von 10 bis 15 DM zufriedengeben müssen. Ich denke dabei besonders an die Kriegswaisen und die leichter Beschädigten.
Daß der von der SPD eingebrachte Entwurf eines Gesetzes über die Anpassung der Renten der Kriegsopferversorgung vom 18. Januar 1962 nach elfmonatiger Verhandlung im Ausschuß jetzt das Licht des Plenarsaals wieder erblickt, verdankt er einer ganz besonderen tagespolitischen Situation. Gegenüber den Forderungen der Kriegsopferverbände hat sich die Mehrheit des Ausschusses elf Monate lang taub gestellt. Die Bemühungen der SPD-Mitglieder blieben elf Monate lang erfolglos. Nicht die geltend gemachten gerechtfertigten Ansprüche der Betroffenen selber waren der Anlaß für die Verabschiedung des Ausschußantrages, sondern die Tatsache, daß die Bundesregierung und die Koalitionsparteien den Forderungen der Gewerkschaften bezüglich der Erhöhung der Beamtengehälter nachgegeben haben. Der Herr Berichterstatter drückt das in seinem Schriftlichen Bericht — ich darf das mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren — so aus:
Nachdem der Bundestag in seiner 48. Sitzung am 14. November 1962 eine Überbrückungszulage für die Beamten und Versorgungsempfänger des Bundes einstimmig beschlossen hatte, waren die Mitglieder des Ausschusses übereinstimmend der Auffassung, daß gleichfalls dem vom Bundesversorgungsgesetz erfaßten Personenkreis eine Überbrückungszulage gewährt werden müsse.
Das heißt auf eine knappe Formel gebracht: weil die Bundesbeamten eine 30%ige Überbrückungszulage bekommen, sollen auch die Kriegsopfer eine solche haben. Daraus kann der Umkehrschluß gezogen werden: hätten die Bundesbeamten nichts bekommen, wären auch die Kriegsopfer leer ausgegangen. Deshalb verdanken wir das Wiedererscheinen unseres Antrages in dieser Form kurioserweise den Bundesbeamten.
Wie dem auch sei, die Sozialdemokraten in diesem Hohen Hause freuen sich darüber, daß die Koalitionsparteien diese Schwenkung vollzogen haben. Wenn auch durch die in Aussicht stehende Annahme des Ausschußantrages weniger als das Notwendige getan ist, so empfiehlt die SPD-Bundestagsfraktion doch zuzustimmen, weil „etwas" mehr als „gar nichts" ist, weil man nämlich auch ein häßliches Kind nicht mit dem Bade ausschütten soll.
2220 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Dezember 1962
Das Wort hat der Abgeordnete Reichmann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im voraus möchte ich für die Fraktion der Freien Demokraten erklären, daß für das Zweite Neuordnungsgesetz selbstverständlich und dringlich ist und sobald wie möglich in Angriff genommen werden muß.
Im Namen der Fraktion der Freien Demokratischen Partei darf ich zu dem vorliegenden Gesetzentwurf erklären:
Schon im alten Reichsversorgungsgesetz bestand eine gewisse Wechselwirkung zwischen Beamtenversorgung und Kriegsopferversorgung. Wurde die Besoldung der Reichsbeamten verbessert, so erfolgte eine entsprechende Verbesserung der Kriegsopferversorgung.
Nachdem für die Bundesbeamten durch den Beschluß des Hohen Hauses am 14. November 1962 eine Überbrückungszulage beschlossen wurde, ist es unmöglich, den Kriegsopfern eine solche vorzuenthalten. Außerdem ist aber zu berücksichtigen, daß die ,anderen Rentner durch die Dynamisierung einen gewissen Ausgleich für den Kaufkraftschwund und eine entsprechende Beteiligung em Zuwachs ides Sozialprodukts erhielten. Man kann aber den Menschen, die das höchste Opfer — Leben und Gesundheit — für ihr Volk und Vaterland geben, am allerwenigsten zumuten, daß sie noch auf den ohnehin unzulänglichen Renten zurückgehalten werden.
Für die Fraktion der Freien Demokratischen Partei, die stets für die Vorrangigkeit der Kriegsopferversorgung eingetreten ,ist, ist es ,deshalb ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit, der beantragten Überbrückungszulage für die Kriegsopfer zuzustimmen. Ich darf 'das Hohe Haus deshalb bitten, dem Gesetzentwurf zuzustimmen.
b) Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses (Drucksache IV/574)
.
In beiden Fällen liegen Schriftliche Berichte vor, für die ich den Abgeordneten Brese und Benda danken darf.
Zur Ergänzung des Schriftlichen Berichts hat Herr Abgeordneter Benda das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß um das Wort bitten, weil in dem von mir vorgelegten Bericht — Drucksache IV/574 — an zwei Stellen ein Fehler enthalten ist; ich bitte, ihn an beiden Stellen zu berichtigen.
Es handelt sich auf Seite 1 in der linken Spalte in Abs. 2 Zeilen 9 und 10 und auf der Rückseite auf der rechten Spalte in der Zeile 14 um die gleiche Frage. Es heißt nämlich sinngemäß in dem Bericht, daß das Gesetz vom Juli 1961 im Gegensatz zu dem ursprünglichen Gesetz von 1956 eine Begrenzung für die Ausgleichsbeiträge für bratfertiges Jungmastgeflügel enthalten habe. Das ist insofern nicht richtig, als nach dem Gesetz von 1956 nur die Eierwirtschaft gefördert werden sollte, während eine Förderung der Geflügelwirtschaft damals überhaupt noch nicht vorgesehen war. Der Fehler wird dadurch berichtigt — ich möchte Sie bitten, diese Berichtigung vorzunehmen —, daß auf Seite 1 linke Spalte in Zeile 9 des zweiten Absatzes der Halbsatz „während es bisher diese Begrenzung nicht gegeben hatte" gestrichen wird und auf Seite 2 in der 14. Zeile der rechten Spalte die Worte „erfolgte nachträgliche" ebenfalls gestrichen werden. Ich darf bitten, diese Berichtigung vorzunehmen.
Dann darf ich für den Rechtsausschuß, für den ich Bericht zu erstatten habe, lediglich darauf aufmerksam machen, daß sich der Rechtsausschuß bei seiner Beratung und Beschlußfassung selbstverständlich nicht mit den Fragen der agrarpolitischen Zweckmäßigkeit dieser oder jener Regelung beschäftigt
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Dezember 1962 2221
Benda
hat und auch nicht beschäftigen konnte. Er hat sich vielmehr ausschließlich mit der Frage befaßt, ob die im Gesetz vom Juli 1961 getroffene Regelung aus verfassungsrechtlichen Gründen zu Bedenken Anlaß gibt. Diese Auffassung haben im Rechtsausschuß und auch in der Begründung sowohl der Berichterstatter als auch der Mitberichterstatter übereinstimmend vertreten. Der Rechtsausschuß hat sich aus den Gründen, die im Schriftlichen Bericht im einzelnen genannt werden und auf die ich verweisen kann, dieser Auffassung angeschlossen, allerdings mit einer sehr knappen Mehrheit.
Ich habe daher den Auftrag, Sie für den Rechtsausschuß um die Annahme des Gesetzentwurfs in der vorgelegten Fassung zu bitten.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wir kommen zur zweiten Beratung. Ich rufe Art. 1 auf. — Das Wort hat der Abgeordnete Struve.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der zur Beratung stehende Gegenstand ist, wie wir vom Herrn Berichterstatter gehört haben, federführend vom Rechtsausschuß, mitberatend vom Ernährungsausschuß und vom Haushaltsausschuß behandelt worden. Er hat, wie war aus dem Bericht gesehen und durch die Erläuterungen soeben erfahren haben, eine betont juristische, daneben eine agrarpolitische Bedeutung.
Wir haben gehört, daß die Entscheidung mit 9 : 8 Stimmen fiel. Im Schriftlichen Bericht heißt es, daß die Mehrheit die Verletzung der Art. 3 und 12 des Grundgesetzes als gegeben angesehen hat. Als Nichtjurist erlaube ich mir die Bitte um Auskunft, ob die Herren Kollegen des Rechtsausschusses diese Feststellung getroffen haben unbekümmert um die Frage der Begrenzung der Förderung auf 100 t mit dem Inkrafttreten des Gesetzes. Oder ist man zu dieser Entscheidung in der Annahme gekommen, die Begrenzung auf 100 t sei nachträglich eingeführt? Diese Frage scheint mir deshalb von weittragender Bedeutung zu sein, weil der nunmehr berichtigte Schriftliche Bericht mindestens bei einem Laien große Zweifel darüber entstehen läßt, ob diese Frage bei der ungewöhnlichen Inanspruchnahme unseres Rechtsausschusses tatsächlich Gegenstand der Beratung gewesen ist.
Ich darf darauf verweisen, daß 'wir seit Jahren eine Förderung der Eierwirtschaft bis zu einem Betrage von 3 Pf pro Ei hatten, je nachdem, wie groß der Futterkostenunterschied war. Wir haben dann mit Wirkung vom 1. August 1961 nachträglich auch die Förderungsmaßnahmen für Geflügelfleisch in dieses Gesetz aufgenommen und dabei bewußt die 100 t-Grenze eingeführt. Diese Begrenzung auf 100 t soll nun im Prozeßverfahren auf ihre Rechtmäßigkeit geprüft werden. Als Mitglied des Ernährungsausschusses bin ich von Vertretern der Wirtschaft wegen dieser Frage angesprochen worden. Ich habe mich außerstande gesehen, den Wünschen nachzugehen, und habe darauf hingewiesen, daß diese Begrenzung dem erklärten Willen der Mehrheit des Ernährungsausschusses entspreche.
Nach Einfügung der 100 t-Grenze ist noch eine Subvention im Betrag von 60 000 DM pro Einzelbetrieb möglich.
Die genannte Förderungsmaßnahme ist erst mit dem 1. August 1961 in Kraft getreten. Die Großbetriebe, die sich geschädigt fühlen, sind vorher entstanden.
Wir haben eingehende Überlegungen angestellt, welchen Weg man gehen müßte, um dem agrarpolitischen Ziel näherzukommen, nämlich die Eier- und Geflügelfleischproduktion bei den bäuerlichen Betrieben zur Entfaltung zu bringen bzw. sie dort zu belassen. Andererseits wollten wir auch nicht vorher entstandene größere Betriebe schädigen. Wir waren der Auffassung, daß Förderungsmaßnahmen im Betrage von 600 DM pro Tonne damit von 60 000 DM für den Einzelbetrieb vielleicht schon die vertretbare Grenze überschritten.
In dem Zusammenhang müssen wir auch die Frage weiterer Förderungsmaßnahmen in der Veredelungswirtschaft sehen. Wir haben die bezeichnete Förderungsmaßnahme seinerzeit, wie gesagt, auf Geflügelfleisch ausgedehnt, und zwar mit der ausdrücklichen Begründung, daß das Futter bei uns teurer als in Konkurrenzländern ist. Ich möchte dem Hohen Hause aber auch nicht verschweigen, daß wir bis dahin davon abgesehen haben, diese Regelung auf andere Veredelungszweige, vor allen Dingen auf die Schweinefleischproduktion, auszuweiten, wo dieselben Verhältnisse vorliegen. Es ist also vom agrarpolitischen Standpunkt aus in der Tat nicht zu vertreten, auf dem Gebiet der Veredelungswirtschaft Förderungsmaßnahmen zu befürworten, die die bezeichnete Grenze überschreiten.
Nun zum Schluß wieder ein Wort an unsere Juristen! Das Gesetz ist automatisch am 1. August 1962 außer Kraft getreten, und zwar auf Grund der Rechtsvorschriften, die das Hohe Haus im Hinblick auf die EWG-Marktordnungen verabschiedet hat. Ich möchte die Frage stellen: Ist es nicht ganz ungewöhnlich, daß auf Grund einer nachträglichen Gesetzesänderung umfangreiche Zahlungen für 13 oder 15 Betriebe — es wird auch die Zahl 17 genannt — vorgesehen werden? Ist es nicht richtiger, daß diese Frage auf dem Gerichtsweg geklärt wird, so, wie es die Betroffenen dem Ernährungsausschuß mitgeteilt und angekündigt haben? Als Laie neige ich doch sehr stark zu dieser Auffassung.
Ich möchte deshalb das Hohe Haus bitten, dem Antrag des federführenden Ausschusses nicht zu folgen und den Gesetzentwurf auf Drucksache IV/ 256 abzulehnen.
Das Wort hat der Abgeordnete Benda.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Struve, ich möchte die von Ihnen zum Eingang Ihrer Ausführungen gestellte Frage wie folgt beantworten. Dem Rechts-
2222 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Dezember 1962
Benda
ausschuß hat bei seinen Beratungen die Rechtslage so, wie Sie sie vorhin noch einmal zusammenfassend darstellten, vorgelegen. Ich glaube nicht, daß im Rechtsausschuß bei Eintritt *in die Beratung irgendein Irrtum über die Rechtslage bestanden hat. Es handelt sich bei der Formulierung, die in dem Schriftlichen Bericht enthalten ist, um eine bedauerliche Formulierung — für die der Berichterstatter, aber nicht der Rechtsausschuß verantwortlich ist —, die die Beratungen im Rechtsausschuß in keiner Weise beeinflußt hat.
Das Wort hat der Abgeordnete Bading.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte hier nicht vom rechtlichen, sondern vom wirtschaftlichen Standpunkt aus zu den Vorlagen Drucksache IV/256 und Drucksache IV/574 Stellung nehmen. Ich bedaure, den Auffassungen von Herrn Kollegen Struve widersprechen zu müssen. Zunächst darf ich sagen, daß er, glaube ich, irrt, wenn er meint, die Mehrheit des Ernährungsausschusses sei für diese besagte 100-Tonnen-
Grenze gewesen. Das stimmt nicht, Herr Struve. Ein entsprechender Antrag, der im Ausschuß gestellt worden ist, ist vom Ausschuß selbst abgelehnt worden, und danach erst ist in der letzten Sitzung des Bundestages der vorigen Legislaturperiode während der zweiten Beratung ein Antrag aus den Reihen der Abgeordneten der CDU/CSU gestellt worden, der dann bei einer außerordentlich schlechten Besetzung des Hauses — ich glaube, es waren nur noch 50 Abgeordnete da — angenommen worden ist. Die 100-Tonnen-Grenze haben die Sozialdemokratie und auch ein Teil der CDU/CSU-Fraktion und der FDP-Fraktion bereits damals abgelehnt, und zwar deshalb, weil diese Ausnahmeregelung nur eine relativ kleine Anzahl von Betrieben trifft. Es ist eine Ausnahmeregelung, die in keiner Weise nur eine kleine Minderheit belastet und einer großen Mehrheit von bäuerlichen Betrieben einen Vorteil gewährt, sondern es ist eben nur ein Nachteil für die größeren Geflügelmästereien, die einen Umsatz von mehr als 100 t im Jahr haben.
Die Lage der Geflügelwirtschaft in der Bundesrepublik ist, wie bekannt, schlecht, und zwar deshalb, weil — wie ja auch Herr Struve bereits zugegeben hat — die Futtermittel hier bedeutend teurer sind als in den Konkurrenzländern. Infolgedessen war es auch notwendig — jetzt gibt es ja eine andere Regelung mit Hilfe von Abschöpfungsbeträgen —, einen Ausgleich zu 'schaffen. Diesen Ausgleich zu differenzieren ist nicht nur aus juristischen Gründen, sondern auch aus Gerechtigkeitsgründen falsch. Er ist auch geradezu ein absoluter Unfug 'in bezug auf die gesamte Geflügelhaltung und die Entwicklung der Geflügelhaltung in der Bundesrepublik. Diese großen Betriebe sind nun einmal die Pioniere auf dem Gebiet der Geflügelwirtschaft. Das sind auch nicht nur reine Mäster, die den Viechern das Futter vorn reinstopfen, sondern damit sind auch Betriebe verbunden, die für die ganze Entwicklung dieses Zweiges außerordentlich wichtig sind, der innerhalb der
Veredelungswirtschaft eine so große Bedeutung hat.
Die Geflügelwirtschaft könnte in Deutschland auch eine gute Zukunft haben, was im Interesse der deutschen Landwirtschaft läge; denn die Nachfrage nach Eiern und Geflügelfleisch steigt ständig. Leider aber konnte die deutsche Landwirtschaft infolge dieser verfehlten Politik auf dem Gebiete der Futtermittelpreise nicht von der Ausweitung der Nachfrage profitieren, sondern die gestiegene Nachfrage kam ausschließlich dem Ausland zugute.
In dieser Situation diese Großbetriebe nun besonders zu schädigen, wo es der bäuerlichen Veredelungswirtschaft in keiner Weise dient, ist einfach ein wirtschaftlicher Unfug. Deswegen bitte ich das Hohe Haus, der Vorlage auf Drucksache IV/256 zuzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Lagemann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die Fraktion der FDP darf ich sagen, daß meine Fraktion die vom Rechtsausschuß geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken für berechtigt hält.
Wir sind weiter der Meinung, daß die Aufhebung der 100-Tonnen-Begrenzung keine Benachteiligung für bäuerliche Familienbetriebe gebracht hat, daß sie jedoch eine sehr starke Benachteiligung 'der Geflügelfleischerzeugung in den inländischen Großbetrieben zur Folge hatte.
Auf diesen Punkt möchte ich noch etwas näher eingehen. Herr Kollege Struve, die Situation 'ist bei der Geflügelfleischerzeugung doch etwas anders zu sehen als bei der Erzeugung von Schweinefleisch. Bei der Geflügelfleischerzeugung ist wirklich die zu erzeugende große Menge mitentscheidend. Hier geht es um die Erzeugung in sehr großen Stückzahlen. Vor allen Dingen müssen wir auch berücksichtigen, daß gerade in der Geflügelfleischerzeugung eine sehr enge Verzahnung zwischen den Großerzeugern und den Erzeugern in bäuerlichen Familienbetrieben besteht. Diese Verzahnung ist immer da gewesen.
Es wurde vorhin schon angedeutet, daß die Großbetriebe auf dem Gebiet der Geflügelfleischerzeugung oftmals geradezu Pionierbetriebe für die bäuerliche Geflügelfleischerzeugung gewesen sind. Es ist bekannt, daß sie häufig Lieferant von Zuchtmaterial waren und daß sie den bäuerlichen Familienbetrieben auch immer wieder Anregungen hinsichtlich rationeller Futtermethoden gegeben haben. Ich möchte sogar sagen, daß, wenn hier eine Benachteiligung der Großbetriebe festzustellen gewesen ist, diese Benachteiligung auf die kleineren bäuerlichen Geflügelhalter weitergewirkt hat, daß hier beide benachteiligt worden sind. So waren z. B. die Geflügelschlachtereien in den letzten Monaten nur sehr schlecht ausgelastet. Auch hier ist die Verbindung zwischen Groß- und Kleinbetrieb vorhanden.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Dezember 1962 2223
Logemann
Ich darf abschließend sagen, daß auch wir uns durchaus bemühen, dem bäuerlichen Familienbetrieb in unserer Agrarpolitik einen Vorrang in der Veredelungswirtschaft zu geben. Wir wollen uns gerade dieser Betriebe besonders annehmen. In diesem Fall bitte ich Sie aber doch, der Vorlage zuzustimmen.
Weitere Wortmeldungen? — Keine! Wir kommen zur Abstimmung über Art. 1. Wer stimmt dem Art. 1 zu? Ich bitte um ein Handzeichen. — Danke. Die Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit; Art. 1 ist angenommen.
Ich rufe Art. 2 auf. Wird dazu das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung. Wer stimmt dem Art. 2 zu? — Danke! Die Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit. Art. 2 ist angenommen.
Art. 3, Einleitung und Überschrift. — Wer stimmt zu? — Danke! Gegenprobe! — Nach der Meinung des Präsidiums war das erste die Mehrheit. Art. 3, Einleitung und Überschrift sind angenommen.
Ich eröffne die
dritte Beratung.
Wird das Wort gewünscht? — Herr Brese:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, es gibt noch einige Zweifel, und ich möchte hier noch einmal folgendes feststellen. Das Gesetz ist am 1. August 1962 ausgelaufen. Bezahlt ist für alle Mäster insgesamt die Subvention bis zu 100 t. Es handelt sich hier um sehr wenige Mäster.
Ich habe die Frage an die Regierung: ist der Regierung bekannt, daß dann, wenn wir dieses Gesetz beschließen, an einen einzigen Mäster über 1 Million DM bezahlt wird? Ich glaube, das muß man wissen.
Ich bitte also, die Vorlage abzulehnen.
Herr Abgeordneter Dr. Siemer!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Natürlich kann man sich die Sache so leichtmachen, wie Herr Brese das tut, indem man sagt: Sind Sie damit einverstanden, daß an einen Mäster — es handelt sich hier, ich will es offen sagen, um die bekannte Firma „Enten-
Bölts" in Norddeutschland —
Ausgleichszahlungen von vielen hunderttausend Mark — ich weiß nicht wieviel, es kann eine Million sein, es können mehrere hunderttausend sein; las ist mir auch gleichgültig — geleistet werden?
— Natürlich nicht. Aber hier geht es zunächst um
eine Rechtsfrage. Man kann, wenn man ein Ge-
setz macht, dies nicht davon abhängig machen, ob einer mehr oder weniger bekommt. Es geht ja nicht um Subventionen im Sinne der eigentlichen, uns bekannten Formulierung, sondern es geht nur um den Ausgleichsbetrag im Futtermittelsektor. Vater Staat hat doch vorher die Abschöpfung eingenommen, und d i e wollen wir den Leuten zurückgeben. Damals, als durch die Liberalisierung beim Geflügelfleisch plötzlich die großen Importe der Vereinigten Staaten kamen und damit der Geflügelfleischpreis vollkommen in den Keller sank, ist doch die Ausgangsbasis für die Formulierung dieses Gesetzes entstanden, das wir im vorigen Jahr am 30. Juni beschlossen haben.
Ich wiederhole: Während der Verhandlungen im Plenum ist die 100-Tonnen-Grenze eingeschoben worden; sie wurde nicht vorher im Ausschuß besprochen; vielleicht hätte man dann einen anderen Weg wählen können.
Ich möchte Ihnen grundsätzlich folgendes sagen. Der Rechtsausschuß sagt, daß rechtliche, sogar schwere verfassungsrechtliche Bedenken vorliegen. Wir selber, die wir diesen Antrag auf Gesetzesänderung gestellt haben, sind von maßgeblichen Männern des Ministeriums gebeten worden, eine Änderung vorzunehmen. Weiterhin sind wir sowohl von den Kammern in diesem Gebiet aufgefordert worden — von der Landwirtschaftskammer Weser-Ems —, als auch vom Herrn Präsidenten Rehwinckel, als dem Vorsitzenden des Bauernverbandes im Land Niedersachsen, diese Dinge zu ändern. Es geht jedoch nicht darum, daß wir einer Firma eine Wohltat widerfahren lassen wollen, sondern es geht darum, daß wir die Zuchtbetriebe, die in diesem Gebiet liegen, erhalten wissen möchten. Man kann natürlich auch der Auffassung sein: Was sollen wir noch mit den Zuchtbetrieben, weil sie einen größeren Betriebsumfang als normale Betriebe haben? Nun, bisher haben wir es noch nicht fertiggebracht, in der Landwirtschaft den Familienbetrieben eine wirksame Hilfe auf diesem Sektor zu geben. Man kann aber auch sagen: Vielleicht sind es diese schon seit Generationen bestehenden Betriebe, die heute so verschuldet sind — das möchte ich hier auch einmal sagen; ich bin nicht berechtigt, auf Grund der mir bekannten Bilanzen das zu sagen, was tatsächlich der Fall ist, aber sie sind restlos verschuldet bei der Futtermittelindustrie und bei den Banken —, aber auch wert, sie dadurch zu retten, daß wir das Gesetz annehmen.
Ich möchte hier auch noch eins sagen, weil ich wiederholt von der Presse darauf angesprochen worden bin: Ich selbst habe keine Masttiere, weder Enten noch Puten noch Gänse. Ich beschäftige mich mit diesem Betriebszweig nicht, wie man bei der seinerzeitigen Beratung geglaubt hat. Das muß man betonen, wenn man für bestimmte Interessen eintritt. Vielmehr setzte ich mich dafür ein, weil ich weiß, daß der Ausfall der Betriebe, ihre Vernichtung, auch im bäuerlichen Sektor, ganz bestimmte Auswirkungen hat. Denn gerade bei diesen Zuchtbetrieben handelt es sich nicht im wesentlichen um Zuchtbetriebe des Hähnchenmastbetriebs — das ist das Mindere an dieser Frage —, sondern im wesent-
2224 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Dezember 1962
Dr. Siemer
1 lichen um Gänse, Enten und Puten. Das können nur
Betriebe machen, die einen größeren Umfang haben.
Herr Kollege Struve, Sie bringen die Schweineproduktion mit hinein. Nun, die Schweineproduktion war doch nicht, wenn ich so sagen darf, liberalisiert. Infolgedessen war die Gefahr des Preisabfalls — weil wir Kontingente hatten — nicht gegeben, höchstens durch eine Überproduktion. Aber auf dem Sektor der Geflügelwirtschaft wurde doch gerade dadurch, daß wir liberalisierten und die Liberalisierung Anfang vorigen Jahres auf Amerika ausdehnten — wir kamen also den Amerikanern entgegen, und diese schickten uns nun in Massen ihre Hähnchen —, unser Geflügelfleischpreis heruntergedrückt.
Die Entscheidung, die Sie zu fällen haben, ist gar nicht so schwer, wenn Sie nach der wirtschaftlichen Bedeutung fragen. Die heute noch bestehenden 17 Firmen, um die es geht — soweit das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten die Zahl richtig angegeben hat; ich habe sie nicht gezählt —, werden nach überschlägiger Berechnung zwischen 1,8 und 2,5 Millionen sogenannte Unterschiedsausgleichsbeträge nachfordern bzw. bewilligt bekommen, wenn Sie den Gesetzentwurf annehmen. Wenn Sie ihn nicht annehmen, so weiß ich nicht, ob die Betriebe kaputtgehen. Die Klage muß durchgeführt werden. Aber Sie wissen doch genausogut wie ich: Wenn die Klage vor dem Bundesgerichtshof erledigt ist, sind die Betriebe längst gestorben. Das möchte ich der grundsätzlichen frage wegen mit auf den Weg geben. Wenn man die Betriebe erhalten will, muß man jetzt handeln und kann nicht warten, bis sie ihr Recht erkämpft haben. Das Recht spricht nach einem vorliegenden Rechtsgutachten absolut zugunsten der Betriebe, weil der Grundsatz der Gleichheit — Artikel 3 des Grundgesetzes — verletzt ist.
Ich wiederhole: es geht nicht um eine Subvention; es geht um nichts anderes als um den Ausgleichsbetrag, der dadurch entstanden ist, daß wir das Getreide vorher abschöpfen und der Vater Staat die Beträge einnimmt. Das soll diesen Betrieben für den Verbrauch zurückerstattet werden. Sonst wären ja diese Betriebe nicht in die Bredouille gekommen. Dann wären sie auch nicht so leistungsunfähig. Sie können bei dem Abschöpfungsbetrag, der vorher weggenommen worden ist, einfach nicht mit dem Ausland konkurrieren, das zu niedrigsten Weltmarktpreisen produziert. Sie können einfach ihre Produktion nicht aufrechterhalten.
Es geht gar nicht um eine Grundsatzfrage, sondern nur darum, ob man diesen Betrieben nachträglich helfen will oder nicht. Ich bitte deshalb, den Gesetzentwurf anzunehmen.
Wird weiter das Wort gewünscht?
— Herr Abgeordneter Struve!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Hohe Haus wird sich in Kürze wieder mit einem Grünen Bericht und einem Grünen Plan beschäftigen. In zunehmendem Maße werden von Jahr zu Jahr von dem Hohen Haus erhebliche
Mittel bewilligt, um den Strukturwandel der deutschen Landwirtschaft zu ermöglichen. Über diese Dinge ist sehr viel geschrieben und gerade in letzter Zeit wieder — im Zusammenhang mit dem Professorengutachten — sehr viel diskutiert worden. Wir wissen, daß dieser Strukturwandel, der mit erheblichen öffentlichen Mitteln begünstigt wird, den Betroffenen für Jahrzehnte dennoch erhebliche Zins- und Tilgungslasten aufbürdet. Wenn man diese Dinge in Ruhe nachrechnet, wird man zu dem Ergebnis kommen, daß Beträge von etwa 2- bis 3000 DM, vielleicht auch einmal etwas mehr, diesen Strukturwandel für den einzelnen auf der Grundlage gesunder Familienbetriebe ermöglichen.
Demgegenüber haben wir hier, befristet für 12 Monate, zugunsten der Erzeugung eines Produkts, des Geflügelfleischs, 60 000 DM gezahlt. Ich meine — ohne die Debatte verlängern zu wollen —, daß das in einem schlechten Verhältnis steht.
Nun hat mein Fraktionskollege Dr. Siemer noch einmal die juristische Seite erläutert. Es war schon gesagt: Mit neun zu acht Stimmen bei einer Enthaltung ist diese Entscheidung gefallen.
Auf Grund dieser Problematik möchte ich für meine Person den Antrag stellen, die Vorlage an den Rechtsausschuß zurückzuverweisen, damit die Frage dort noch einmal in Verbindung mit dem Ernährungsausschuß erörtert wird.
Das Wort hat der Abgeordnete Kriedemann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, den Antrag des Kollegen Struve abzulehnen.
Im Bereich der Agrarpolitik regiert der Staat in Bereiche hinein, von denen sich diejenigen, die in anderen Wirtschaftszweigen tätig sind, keine rechte Vorstellung machen. Der Staat schafft damit eine Fülle von Unsicherheit für diejenigen, die in diesem Bereich ihre wirtschaftliche Existenz suchen und finden müssen und die einen Anspruch darauf haben, zu wissen, wie sie vom Gesetzgeber beschieden werden.
Wir haben — der Kollege Siemer hat es hier mit der Deutlichkeit, die in diesem Fall durchaus am Platz ist, gesagt — schon erhebliche Schwierigkeiten geschaffen für Unternehmungen, für die wir uns auch verantwortlich fühlen müssen, nicht nur weil es große oder kleine sind, auf die man seine Sympathie verteilen kann, sondern weil es nun einmal gerade im Bereich der Geflügelhaltung so geworden ist, daß man über Größenordnungen, die uns von früher her geläufig sind, längst hinausgewachsen ist. Die Geflügelhaltung, die wir heute fördern müssen, kann sich nicht dadurch auszeichnen, daß sie klein ist. Wir dürfen nichts nur deshalb verfolgen, weil es groß ist.
Kollege Siemer hat darauf aufmerksam gemacht, was auch für die Betriebe auf dem Spiel steht, die von der Existenz solcher größerer Zuchtbetriebe abhängen, also auch für die hier immer wieder be-
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Dezember 1962 2225
Kriedemann
schworenen bäuerlichen Familienbetriebe. Ich war ein bißchen erschrocken, als der Kollege Brese sagte: „Da kriegt einer eine Million!" Was heißt das denn eigentlich? Man ist doch sonst nicht so erschrocken, wenn irgendwo einer einmal eine Million kriegt.
An der Tatsache, daß einer aus einem Gesetz einen Rechtsanspruch an den Staat hat — —
— Natürlich hat er einen, mindestens hat er einen moralischen Anspruch. Wir waren uns schon bei der ursprünglichen Beratung des Gesetzes nicht darüber im Zweifel und waren damals schon der Meinung, daß gleiches Recht für alle gelten muß; denn die Futtergetreidepreise, die wir mit der von Ihnen befürworteten Getreidepreispolitik in die Höhe bringen, treffen gleichermaßen die Großen und die Kleinen. Hier werden auch keine Geschenke verteilt, hier wird nur etwas zurückgezahlt. Das sollte dann auch gerecht jedem einzelnen, der von der vorher erfolgten Erhöhung der Futtergetreidepreise betroffen wird, in gleichem Umfang zugute kommen.
Vor allen Dingen aber kommt es mir darauf an, daß hier eine Entscheidung getroffen wird. Die Sache darf nicht weiter verschleppt werden. Die Dinge sind spruchreif. Die Vorlage noch einmal zurückzuverweisen, ist ein Unrecht gegenüber denen, deren wirtschaftliche Existenz von unserer vernünftigen und gerechten Entscheidung abhängt.
Das Wort hat der Abgeordnete Unertl.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte den Antrag des Kollegen Struve deswegen unterstützen, weil aus der Debatte, die bisher geführt wurde, ersichtlich geworden ist, daß eine völlige Unklarheit besteht.
Herr Bading selbst hat bei der Berichterstattung gesagt, die Ausschüsse seien damals schlecht besetzt gewesen und es sei eine Zufallsentscheidung getroffen worden.
Ich verstehe nicht, Herr Bading, warum denn ausgerechnet jetzt diese Frage auf einmal so über die Bühne gehen soll. Ich habe Ihren Antrag zum Schutze der bäuerlichen Veredelungswirtschaft noch gut in Erinnerung; er lief darauf hinaus, Grenzen zwischen den industriellen Mastbetrieben und der kleinbäuerlichen Veredelungswirtschaft zu ziehen. Deswegen können Sie und kann auch Herr Kriedemann heute nicht so tun, hier mache man zwar keine Geschenke, aber es sei nun einmal notwendig, die Sache zu bereinigen. Meine Damen und Herren, die hier zur Verteilung stehenden Beträge haben immerhin eine Größenordnung von 3 bis 3 1/2 Millionen DM, und zwar bloß für einige Betriebe. Ich bejahe die Privatwirtschaft — dafür bin ich bekannt —; aber wenn ich daran denke, daß wir uns bei Zinsverbilligungsmitteln hier im Hause und in den Ausschüssen um jede Million zu streiten haben, dann meine ich, diese Sache ist es wert, daß man den Antrag, wie es der Kollege Struve beantragt hat, an den Rechtsausschuß und an den Ernährungsausschuß zurückverweist und eine erneute Beratung herbeiführt. Wenn die Rückverweisung abgelehnt werden sollte, möchte ich dafür plädieren, den Antrag als solchen generell abzulehnen.
Das Wort hat der Abgeordnete Benda.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte nicht die Absicht, .mich nochmals zur Sache zu äußern; aber ich möchte doch den Rechtsausschuß und ich glaube, auch im Namen der Kollegen zu sprechen, die in der Sache eine andere Auffassung im Rechtsausschuß vertreten haben — in Schutz nehmen gegen die Behauptung, die hier aufgestellt worden ist, es habe dort völlige Unklarheit geherrscht. Davon kann überhaupt keine Rede sein. Ich habe das Protokoll über die Beratung des Rechtsausschusses bei mir und könnte daraus zitieren. Es hat Auseinandersetzungen gegeben — das ist richtig —, die Meinungen im Rechtsausschuß waren außerordentlich geteilt. Das soll unter Juristen vorkommen.
Die Entscheidung darüber, welche Auffassung gelten soll, wird das Hohe Haus zu treffen haben. Aber es kommt, Herr Kollege Unertl, relativ selten vor, daß Juristen, nachdem sie sich in einer mehrstündigen Beratung eine Meinung gebildet haben, auf Grund des Auftrages, sich die Sache noch einmal zu überlegen, ihre Rechtsmeinung ändern. Ich verspreche mir von einer erneuten Beratung jedenfalls im Rechtsausschuß überhaupt nichts. Ich kann mir nach der, ich kann wohl sagen, relativen Leidenschaftlichkeit — Leidenschaftlichkeit ist im Rechtsausschuß glücklicherweise ein relativer Begriff — schwer vorstellen, daß dort die einzelnen Kollegen, welchen Standpunkt sie bisher auch immer eingenommen haben, zu einer anderen Auffassung kommen sollten. Aus diesen Gründen halte ich es nicht für zweckmäßig, die Angelegenheit an den Rechtsausschuß zurückzuverweisen.
Das Wort hat der Abgeordnete Bading.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Benda hat den Vorwurf des Herrn Kollegen Unertl, daß hier Unklarheit bestehe, schon insoweit zurückgewiesen, als es die Verhandlungen im Rechtsausschuß betrifft. Auch sonst besteht nicht die geringste Unklarheit, Herr Unertl, es sei denn bei Ihnen, aber nicht bei denen,
die sich mit der Materie nun schon, man kann beinahe sagen, Jahre beschäftigen; es sind zwar noch
nicht zwei Jahre, aber es sind immerhin anderthalb
2226 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Dezember 1962
Bading
Jahre. Wenn bei Ihnen das Zehnerl noch nicht gefallen sein sollte, so tut mir das furchtbar leid, Herr Unertl, aber dafür kann ich halt nichts. — Bitte schön, Herr Kollege!
Herr Kollege Bading, die Sache mit dem Zehnerl, das noch nicht gefallen sei, können Sie nicht auf mich allein beziehen; denn querfeldein im ganzen Haus wurde dafür und dagegen gestimmt. Es sind dann bestimmt mehrere Zehnerl nicht gefallen.
Aber, Herr Unertl, das liegt doch einfach daran, daß verschiedene Meinungen darüber vorhanden sind. Aber diejenigen, die abgestimmt haben, waren sich vollkommen darüber klar. Ich nehme jedenfalls von allen meinen Kollegen an, daß sie sich, wenn sie über eine Sache abstimmen, vorher eine Meinung gebildet haben. Wenn das bei Ihnen nicht der Fall sein sollte, täte mir das furchtbar leid.
Ich möchte mich aber auch gegen die Behauptung wehren, die Sache sei so furchtbar überstürzt vor das Hohe Haus gekommen. Ich darf Sie nur bitten, einmal einen Blick auf das Datum der Drucksache IV/256 zu werfen. Da sehen Sie, daß dieser Gesetzentwurf bereits am 16. März 1962, also immerhin vor jetzt acht Monaten, eingebracht und dann auch in den Ausschüssen behandelt worden ist. Ich habe leider die andere Drucksache, den Bericht des Rechtsausschusses, nicht da. Aber auch die stammt schon aus dem Sommer.
Daß die Sache überstürzt vor das Plenum gebracht worden sei, kann also wirklich kein Mensch behaupten.
Ich bitte doch dringend darum, daß jetzt endlich eine Entscheidung fällt, und verweise auf die Ausführungen des Herrn Kollegen Siemer, der auch zum Ausdruck gebracht hat, daß das Hohe Haus jetzt im Interesse der Betroffenen eine Entscheidung fällen müßte.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache in der dritten Beratung.
Herr Abgeordneter Struve hat einen Geschäftsordnungsantrag auf Rücküberweisung an die beiden Ausschüsse, also Rechtsausschuß und Ernährungsausschuß, gestellt.
— Das ist in der Geschäftsordnung nicht vorgesehen. Wenn der Antrag angenommen würde, müßten die beiden Ausschüsse selber entscheiden, ob sie gemeinsam beraten wollen. — Der Antrag ist zulässig. Ich stelle ihn jetzt zur Abstimmung. Wer stimmt dem Antrag Struve auf Rücküberweisung zu? — Danke. Die Gegenprobe! — Das letzte war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der deutschen Eier- und Geflügelwirtschaft in der vorliegenden Fassung zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. — Danke. Die Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit; das Gesetz ist angenommen.
— Ich glaube, Herr Kollege Unertl, wenn das Präsidium gemeinsam der Auffassung ist, daß die Mehrheit eindeutig feststeht, dann sollte man das nicht bezweifeln.
Ich rufe auf Punkt 4 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Landwirtschaftliche Rentenbank ;
Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (Drucksachen IV/782, zu IV/782)
.
Berichterstatter ist der Abgeordnete Mertes. Der Berichterstatter verzichtet auf mündliche Berichterstattung.
Ich rufe auf die Nrn. 3, — 7, — 10. — Das Wort wird nicht gewünscht.
Wir stimmen ab. Wer den aufgerufenen Nummern, der Einleitung und der Überschrift zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. — Danke. Ich bitte um die Gegenprobe. — Offenbar keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Auch keine Enthaltungen. Der Entwurf ist in der zweiten Beratung einstimmig angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich rufe auf die Nummern 3, — 7, — 10, — Einleitung und Überschrift. — Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. — Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. — Ich darf die Abgeordneten, die stehen, bitten, sich wenigstens so weit zu erniedrigen, daß man klar sieht, ob sie abstimmen wollen oder nicht. — Ich stelle fest, 'daß das Gesetz einstimmig angenommen ist.
Ich rufe auf Punkt 5 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Hypothekenbankgesetzes ;
Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (Drucksache IV/763)
.
Berichterstatter ist der Abgeordnete Ruland. Wünscht der Berichterstatter das Wort? — Er verzichtet.
Ich rufe auf Art. I, — II, — III, — IV, — V, — VI. — Anträge liegen nicht vor.
Wer den aufgerufenen Artikeln sowie der Einleitung und Überschrift .des Gesetzes zustimmt, den
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 50, Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Dezember 1962 2227
Vizepräsident Schoettle
bitte ich um ein Handzeichen. — Ich danke. Die Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das Gesetz ist in der zweiten Beratung einstimmig verabschiedet.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die Aussprache. — Das Wort wird nicht gewünscht.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. — Danke! Die Gegenprobe! — Das Gesetz ist ohne Gegenstimmen einstimmig beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 6 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wirtschaftsstrafgesetzes 1954 ;
Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (Drucksache IV/781) (Erste Beratung 44. Sitzung).
Berichterstatter ist der Abgeordnete Junghans. Wünscht der Berichterstatter das Wort? — Er verzichtet.
Ich rufe auf den Artikel 1 des Gesetzes. Dazu liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck 163 vor *). Wird das Wort zur Begründung gewünscht? — Herr Abgeordneter Kanka, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Durch die Änderung des § 2 a soll in das Verbot der Preisüberhöhung auch das Entgelt aufgenommen werden, das für die Vermietung von Räumen zum Wohnen oder damit verbundene Nebenleistungen gefordert wird. Im Abs. 2 des § 2 a wird festgelegt, daß Zuwiderhandlungen gegen das Verbot der Forderung und des Annehmens überhöhter Preise in den Fällen des Abs. 1 Nr. 1 nur mit Ermächtigung der fachlich zuständigen obersten Landesbehörde verfolgt werden. Die Nr. 2 wird nicht erwähnt.
In den Fällen der Nr. 2, also des unangemessenen Mietzinses für Wohnräume, soll eine Ermächtigung der obersten Landesbehörde nicht notwendig sein. In unserer Fraktion und im Rechtsausschuß ist zur Erwägung gestellt worden, ob man das Erfordernis der Ermächtigung auch für die Fälle der Nr. 2 vorschreiben soll. Für diese Vorschrift hat sich bei uns eine sehr starke Minderheit ausgesprochen. Die Mehrheit war aber dagegen, und sie war, wie wir glauben, mit Recht dagegen, weil die oberste Landesbehörde überfordert würde, wenn sie auch in den Fällen der Forderung erhöhten Mietzinses für Wohnräume erst um die Ermächtigung angegangen werden müßte.
Das schließt aber nicht aus, daß man die Fälle der Nr. 2 einer besonderen Behandlung unterwirft. Die Frage, ob ein Mietzins unangemessen hoch ist, kann nämlich im Einzelfall sehr streitig sein. Für diesen Fall, daß man sich darüber streiten kann, ob der Mietzins unangemessen hoch ist oder nicht, ist es aus rechtsstaatlichen Erwägungen angebracht, den vermutlichen Täter mit einer Abmahnung zu beden-
*) Siehe Anlage 10 ken, ihn zu warnen, daß er den unangemessen hohen Mietzins, den Mietzins, den die Behörde für unangemessen hoch hält, nicht fordere. Für diese Fälle soll also die Vorschrift gelten, die wir im Abs. 3 Satz 1 niedergelegt haben, die besagt, daß in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 die Tat nur verfolgt wird, wenn der Täter vorher durch eine nach Landesrecht zuständige Behörde abgemahnt worden ist und der Abmahnung nicht binnen einer ihm zu setzenden Frist von mindestens zwei Wochen Folge geleistet hat. Das ist also eine Vorschrift aus der rechtsstaatlichen Erwägung heraus, daß die schwierige Entscheidung über die Angemessenheit oder Nichtangemessenheit nicht so ohne weiteres auf dem Rücken des Vermieters ausgetragen werden soll, ohne daß er vorher gewarnt worden ist.
Wir wollen aber nicht haben, daß dann die abmahnende Verfügung zum Gegenstand eines großen Verwaltungsstreitverfahrens wird, das durch alle Instanzen durchgetrieben wird. Daher der zweite Satz:
Die Abmahnung kann nicht selbständig angefochten werden.
Wenn wir uns mit diesen beiden Sätzen beruhigten, würden wir aber gewissen anderen Fällen, in denen offensichtlich ein grob unangemessener Mietzins angefordert wird, nicht gerecht werden. Wenn einer einen eklatant überhöhten Mietzins fordert, an dessen Überhöhtheit keinerlei Zweifel bestehen können, soll er sich nicht dahinter verstecken können, daß .er nicht abgemahnt worden ist. Sehr oft wird die Behörde erst dann, wenn sich der Wucherer schon kräftig betätigt hat, überhaupt von der Forderung überhöhter Miete in Kenntnis gesetzt worden sein. In solchen Fällen soll also die Abmahnung nicht notwendig sein. Daher in unserem sehr wohl abgewogenen Antrag der Satz 3:
Einer Abmahnung bedarf es nicht, wenn die Verhängung einer Geldbuße oder einer Strafe wegen der besonders graben Unangemessenheit .des Entgelts geboten ist.
Man kann, wenn man eine solche Vorschrift liest, natürlich sagen, daß darin sehr viele kautschukartige Begriffe enthalten seien. Dazu ist aber zu sagen: Wir kommen mit Begriffen dieser Art wie angemessen, unangemessen, nicht aus. Sie stehen bereits im Gesetz drin. Wir wollen in der Tat die Fälle einer wirklich groben Unangemessenheit gesondert behandeln, indem wir sagen, es solle bei ihnen von dem Erfordernis der Abmahnung abgesehen werden. Auf der anderen Seite halten wir die Abmahnung für die große Zahl 'der Fälle, vor allem Dingen für die Zweifelsfälle, aus rechtsstaatlichen Erwägungen für angemessen.
Besonders überzeugend in dem Sinne, daß man sagt, so und nicht anders müsse der Wortlaut des Gesetzes sein, sind Vorschriften auf diesem Gebiet überhaupt nicht auszudenken. Man kann sich um Einzelheiten, Feinheiten der Formulierung stundenlang, tagelang streiten. Worauf es ankommt, ist eine im Wortlaut und Sinn hinreichend klare und einwandfreie Regelung. Ich glaube, wir haben sie mit
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Dr. Kanka
diesem Vorschlag gefunden. Sie ist das Ergebnis einer Verständigung zwischen entgegengesetzten Auffassungen über diese Dinge. Ich glaube, sie ist eine gute Lösung, die aus rechtsstaatlichen und sozialpolitischen Erwägungen angebracht ist. Ich empfehle sie deshalb dem Hohen Hause zur Annahme.
Wird das Wort gewünscht? — Der Herr Bundesminister der Justiz!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mietpreisüberhöhungen sollen nach idem Vorschlag der Bundesregierung von den Preisbehörden verfolgt werden können, ohne daß es dazu wie bei anderen Preisüberhöhungen einer Ermächtigung oder eines Antrages der fachlich zuständigen obersten Landesbehörde bedarf. Die unterschiedliche Regelung für die beiden Gruppen von Preisüberhöhungen erklärt sich daraus, daß es bei Mietpreisüberhöhungen nicht darauf ankommen kann, nur die Verstöße zu erfassen, die für die allgemeine Preisbildung bedeutsam sind. Wenn wir vor allem im Hinblick auf den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und die am 1. Juli 1963 gebietsweise einsetzende Preisfreigabe mit ,dem Bekämpfen eindeutiger Mißstände ernst machen wollen, dann müssen wir alles vermeiden, was die Verfolgung solcher Fälle erschweren könnte. Die Befürchtung, .daß die Gerichte mit einer zu erwartenden Flut von Verfahren nicht fertig werden könnten, ist schon deshalb nicht begründet, weil die meisten Mietpreisüberhöhungen nach der Regelung des Wirtschaftsstrafgesetzes nicht Straftaten wären, sondern Ordnungswidrigkeiten. Für Ordnungswidrigkeiten gilt aber nicht das strenge Legalitätsprinzip der Strafprozeßordnung. Eine Verfolgung von Bagatellverstößen kommt nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten nicht in Betracht.
Aus den gleichen Gründen bitte ich Sie auch, den Änderungsantrag des Herrn Kollegen Biechele und Genossen abzulehnen. Eine Annahme des Antrages würde die von der Bundesregierung vorgeschlagene Änderung des § 2 a weitgehend entwerten. Das Ziel der Regierungsvorlage, ein wirkungsvolleres Einschreiten gegen Mietpreisüberhöhungen zu ermöglichen, würde dann eben nicht erreicht werden. Ich glaube, daß wir alles vermeiden müssen, was die Anwendung des § 2 a auf Mietpreisüberhöhungen erschwert.
Es trifft auch nicht zu, Herr Kollege Kanka, daß die Frage, was unangemessen hoch ist, in ,der Praxis bisher wirkliche Schwierigkeiten gemacht habe. Auch 'bei Mietpreisüberhöhungen kann ich mir keine wirklichen Schwierigkeiten vorstellen, wenn ich an die Fälle denke, die meinem Hause bisher amtlich mitgeteilt worden sind. Ich will die Debatte nicht dadurch verlängern, daß ich diese Fälle, die teilweise unglaublich kraß sind, im einzelnen schildere; aber ich stelle sie jedem Interessierten selbstverständlich gern zur Verfügung. Alle diese Fälle zeigen jedenfalls deutlich, daß die Unangemessenheit eines Mietpreises in der Praxis nicht .so schwer festzustellen sein dürfte, wie es bei abstrakter Betrachtung den Anschein haben könnte.
Handelt es sich aber nach Ansicht der Preisbehörde auch nur möglicherweise um einen Grenzfall, so steht es weitgehend in ihrem — natürlich pflichtgemäßen — Ermessen, ob sie den Fall verfolgen will. Hier gilt nämlich, wie ich vorhin schon ausführte, der im Strafprozeß herrschende Legalitätsgrundsatz regelmäßig nicht, weil es sich in den meisten Fällen dieser Art nicht um Straftaten, sondern um Ordnungswidrigkeiten handeln wird.
Eine Abmahnung, wie sie in dem vorliegenden Antrag vorgesehen ist, wäre darüber hinaus im Strafrecht und im Nebenstrafrecht auch ein vollkommenes Novum. Der Begriff ist im Zivilrecht beheimatet. Im Wirtschaftsstrafrecht erscheint er mir ungeeignet.
Darüber hinaus habe ich verfassungsrechtliche Zweifel, ob nicht die vorgeschlagene Regelung, daß die Abmahnung nicht selbständig anfechtbar sein soll, mit Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes unvereinbar ist. Mit verfahrensrechtlichen Zwischenentscheidungen, die nicht selbständig anfechtbar sind, ist die Abmahnung als Voraussetzung der Strafbarkeit meines Erachtens nicht vergleichbar. Sie ist und bleibt ein selbständiger Verwaltungsakt. Als solcher müßte er meines Erachtens selbständig anfechtbar sein, was aber den ganzen Vorschlag noch weniger praktikabel machen würde.
Wenig glücklich erscheint es mir auch, zwischen Unangemessenheit und besonders grober Unangemessenheit bei einer Voraussetzung der Strafbarkeit unterscheiden zu wollen.
Ich bitte Sie daher, den Änderungsantrag abzulehnen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Wittrock.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den Ausführungen des Herrn Bundesministers der Justiz ist es verhältnismäßig einfach, den ablehnenden Standpunkt weiter zu begründen. Auch wir haben gegen den vorgelegten Antrag wesentliche Bedenken. Ich kann mich im Hinblick auf das, was vom Herrn Justizminister vorgetragen worden ist, hier auf einige ergänzende Bemerkungen beschränken.
In dem Regierungsentwurf heißt es ausdrücklich, daß die Vorschrift so zu gestalten ist, daß sie — und jetzt zitiere ich — erfolgreicher als bisher gegen unangemessen hohe Preisforderungen auf dem Gebiet der Wohnraummieten angewandt werden kann.
Wir sind der Auffassung, daß es diesem zu begrüßenden und irgendwie unabweisbar notwendigen Rechtsgedanken widersprechen würde, wenn das Verwaltungsverfahren über Gebühr dadurch verlängert würde, daß hier noch eine Behörde — ich möchte sie einmal „Abmahnungsbehörde" nennen — vorgeschaltet werden würde. Diese Behörde hätte nämlich eine Art Vorentscheidung auch darüber zu treffen, wie es mit der Abgrenzung zwischen einer
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Wittrock
einfachen Unangemessenheit im Sinne des Regeltatbestandes und einer besonders groben Unangemessenheit ist. Das führt doch immerhin nicht zu einer Vereinfachung, wie es Herr Kollege Kanka bei der Begründung des Inhalts seines Gesamtantrags gemeint hat, sondern es führt zu einer wesentlichen Komplizierung, zumal — auch darin liegt eine Besonderheit — die Anfechtbarkeit fehlt. Ich lasse dahingestellt, ob es zutrifft, daß das verfassungsrechtlich bedenklich ist. Wegen der fehlenden Anfechtbarkeit ist es jedenfalls auch gar nicht möglich, jetzt eine einheitliche Rechtsauffassung, also eine gewisse Judikatur über die Auslegung des Begriffes der besonderen Unangemessenheit zu entwickeln, d. h. mit anderen Worten,- die einfache Unangemessenheit von der besonderen Unangemessenheit abzugrenzen. Das sind also wesentliche Bedenken.
Ich möchte noch ein Weiteres sagen. Was wir hier machen, ist ja ein Stückchen Strafrecht. Wirtschaftsstrafrecht heißt das Gesetz. Soweit ich weiß, hat sich der Wirtschaftsausschuß als der federführende Ausschuß mit diesem Antrag nicht beschäftigen können. Im Rechtsausschuß wurde er etwas beiläufig behandelt. Die Diskussion konzentrierte sich dann auf andere Punkte. Auch im Rechtsausschuß war eine eingehende rechtstechnische und rechtspolitische Überprüfung des dem Antrag zugrunde liegenden Anliegens also nicht möglich.
— Schön, Sie sagen freiweg, das sei nicht nötig. Aber ich habe Bedenken, ob wir nun gerade bei einem Strafgesetz auf Grund eines Einfalls in der zweiten Lesung eine solche Ergänzung, die im übrigen auf dem Gebiete des Nebenstrafrechts ein Novum darstellt, beschließen sollten.
Auch die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hatte erwogen, einen Antrag zu stellen, um das Problem der überhöhten Geschäftsraummieten zur Erörterung zu stellen. Wir haben davon Abstand genommen, und zwar aus einem ganz einfachen Grunde: Das Wirtschaftsstrafgesetz läuft am 31. Dezember 1962 aus. Wenn der Entwurf dann nicht in Kraft tritt, so droht eine Lücke zu entstehen, die zumindest bewirken kann, daß die dämpfende Wirkung der Existenz eines solchen Gesetzes — unabhängig von seinem Vollzug — beeinträchtigt wird. Eine solche Lücke kann der Gesetzgeber nicht in Kauf nehmen. Aus diesem Grunde sollte man sich mit Änderungsanträgen, insbesondere mit problematischen Änderungsanträgen aufs äußerste bescheiden. Sie würden zu der Gefahr führen, daß der Vermittlungsausschuß angerufen wird und damit kein Ergebnis erzielt werden kann, das das Entstehen einer Lücke nach dem 31. Dezember verhindert. Das ist ein Opportunitätsgesichtspunkt, dem aber erhebliches Gewicht zukommt, und auch hierauf stützen sich sehr wesentlich unsere Bedenken.
Es gibt einen dem Antrag zugrunde liegenden Gedanken, der durchaus Sympathie verdient, nämlich ausdrücklich das Prinzip eines •strafbefreienden Rücktrittsrechts einzubauen, eines Rücktrittsrechts, das man — ich rede jetzt einmal ins unreine — vielleicht auch mit einer Abmahnungsmöglichkeit verbinden könnte. Aber auch einen solchen Gedanken, den ich im Kern als erwägenswert bezeichne, muß man eingehend überlegen und beraten. Wir haben ja alle das Recht der Gesetzesinitiative und können davon immer noch Gebrauch machen. Das wäre, jedenfalls a priori, ein tauglicherer Versuch, als mit diesem — sicherlich gut gemeinten — Antrag ein Experiment zu unternehmen, das das Gesetz als Ganzes gefährdet.
Aus diesen Erwägungen kann die sozialdemokratische Bundestagsfraktion dem vorliegenden Änderungsantrag nicht zustimmen. Wir werden ihn aus den vorgetragenen Gründen ablehnen.
Das Wort hat der Abgeordnete Professor Böhm.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Schon bei der Beratung des Wirtschaftsstrafgesetzes habe ich gegen den § 2 allerstärkste Bedenken angemeldet. Diese Bedenken sind mit der Zeit immer größer geworden und haben sich auch angesichts dieser Vorlage betreffend Einfügung der Nr. 2 in Abs. 2 nicht verringert, was speziell den Mietwucher betrifft. Meine Bedenken dagegen möchte ich wie folgt begründen.
Wenn wir die Wohnungen aus der Zwangsbewirtschaftung herausnehmen und sozusagen den freien Markt wiederherstellen, damit aber nicht erreichen können, daß die Mangellage überwunden wird, tritt folgende Situation ein. Die Mangellage auf dem Wohnungsmarkt zeigt sich ja darin, daß es mehr Wohnungsuchende als Wohnungen gibt, und sie wird nicht dadurch beseitigt, daß wir zunächst den freien Markt herstellen. Sie wird aber, wenn wir den freien Markt herstellen, marktgerecht in der Weise gelöst, daß sich der Mangel an Wohnungen und das Überwiegen der Nachfrage über das Angebot in den Knappheitspreisen ausdrücken, daß also nur die zahlungskräftigsten Leute zu sehr hohen Mieten untergebracht werden können. Wenn man das nicht will, wenn man mit Strafen gegen die Vermieter, die Knappheitsmiete verlangen, vorgehen will, d. h. gegen die Vermieter, die eine Miete verlangen, die nur der zahlungskräftigste Wohnungsuchende zu zahlen bereit ist, und wenn es dann gelingt, prophylaktisch durch die Strafandrohung die Vermieter zu bewegen, unter die Knappheitsmiete zu gehen, dann ist die Folge, daß sich für die Wohnung, die sie vermieten wollen, wesentlich mehr Reflektanten melden, obwohl nur einer sie bekommen kann. Die Vermieter werden dann irgendeine andere Auswahl treffen, nicht die Auswahl nach der höchsten Zahlungsfähigkeit, aber vielleicht eine Auswahl nach Kriterien, die unserer Vorstellung von dem, was sozial sein sollte, keineswegs entspricht.
Man muß sich also folgendes klarmachen. Wenn man nicht will, daß eine Knappheitslage durch den Knappheitspreis reguliert wird, müßte man logischerweise zu der gesetzlichen Preisbildung übergehen. Man müßte den Preis durch Gesetz unter den
2230 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Dezember 1962
Dr. Böhm
Knappheitspreis ansetzen, dann aber auch — wie man das bei der Zwangsbewirtschaftung getan hat — Grundsätze für die Verteilung aufstellen, d. h. auch in das Recht der freien Auswahl der Mieter eingreifen, um in irgendeiner Weise nach sozialen Gesichtspunkten vorzugehen. Ich halte es einfach für eine unseriöse Art der Gesetzgebung, keines von beiden zu tun. Man führt zwar den freien Markt ein, verbietet aber den Knappheitspreis und tut überhaupt nichts, um die Verteilungsfrage zu regeln.
Was wird die Folge sein? Wer soll die Anzeige erstatten? Die wird natürlich einer von denen erstatten, die die Wohnung haben wollen. Das ist also eine Frage des reinen Zufalls. Kommt zunächst ein Mann mit viel Geld, wird er keine Anzeige erstatten, sondern zugreifen. Kommt zuerst ein Mann, der zwar die Wohnung haben möchte, aber nicht viel Geld hat, wird er Anzeige erstatten. Er wird dadurch aber erreichen, daß er die Wohnung ganz bestimmt nicht bekommt, eben weil er Anzeige erstattet hat.
Wenn er alber schlau und ruchlos ist, wird er auf die Preisforderungen des Vermieters eingehen, eine hohe Miete zahlen und dann anzeigen. Dann hat er nämlich den Mietvertrag abgeschlossen, und gekündigt kann nicht so leicht werden. Nach der jetzigen Fassung der Regierungsvorlage kann er dann erreichen, daß der Vermieter bestraft wird, und nach dem Vorschlag, den Herr Kollege Kanka hier begründet hat, wird er erreichen, daß ein Abmahnverfahren stattfindet. In diesem Abmahnverfahren wird der Mietpreis dann wahrscheinlich heruntergesetzt werden. Dann hat also doch der Zahlungskräftigste die Wohnung weggeschnappt und sich nachher der Vorteile dieses Gesetzes bedient, indem er das Abmahnverfahren in Ganggesetzt und eine Ermäßigung der Miete erwirkt hat.
Ich bin daher der Meinung, daß dieser ganze § 2 tatsächlich das Musterbeispiel einer gesetzgeberischen Lösung ist, wie sie nicht sein sollte. Meine grundsätzlichen Bedenken sind so stark, daß ich das Gesetz im ganzen ablehnen werde.
Das Wort hat der Herr Bundesjustizminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, Herr Kollege Böhm, wir stehen wirtschaftspolitisch auf dem gleichen Boden. Auch ich wäre froh, wenn wir das Wirtschaftsstrafrecht aufheben könnten. Leider ist aber die Situation so, daß wir es uns zumindest augenblicklich noch nicht leisten können. Sehr viele Gesetze nehmen ausdrücklich auf die Strafbestimmungen des Wirtschaftsstrafgesetzes Bezug. Auch einige Notstandsgesetze, die die Bundesregierung jetzt vorlegen wird, nehmen darauf Bezug. Es wäre daher schon rein gesetzesökonomisch unzweckmäßig, das Gesetz jetzt aufzuheben.
Aber es ist noch etwas anderes, was mich bewogen hat, das Wort zu ergreifen. Sie haben so nett von den „Knappheitsmieten" gesprochen. Herr Kollege, ich wollte, es bliebe dabei! Leider sind 'aber die Mieten in den Fällen, die uns vorliegen, alles andere als Knappheitsmieten; sie sind nämlich reiner Wucher. Und nun will ich das tun, was ich vorhin glaubte vermeiden zu können. Ich will Ihnen nur einige wenige Beispiele nennen, die uns im Ministerium vorgelegt worden sind und die uns, und zwar nicht nur 'das Justizministerium, sondern überhaupt die Bundesregierung, bewogen haben, die Vorlage dieses Gesetzesentwurfs einstimmig zu beschließen.
Die Beispiele:
Ein Ehepaar zahlte für eine als Wohnraum unmöbliert vermietete Garage einen monatlichen Mietpreis von 100 DM.
Für zwei primitiv möblierte Vorratsräume im sogenannten Souterrain von insgesamt 13 qm, die mit einem Aufwand von 900 DM baupolizeiwidrig als Wohnräume ausgebaut worden waren, wurden 1957 100 DM monatlich an Miete verlangt.
Zwei unmöblierte, nicht heizbare Speicherräume mit kleinen Dachfenstern und ohne Wasseranschluß, die in einem sechsstöckigen Haus zu behelfsmäßigen Wohnräumen ausgebaut worden waren, kosteten, je 7 qm groß, 1959 je 70 DM an Miete im Monat.
Der Pächter eines unbebauten Grundstücks errichtete auf ihm Baupolizei- und vertragswidrig primitive Baracken und baute alte Schuppen und Hühnerställe zu Behelfsunterkünften aus. Die Klosettanlagen mußten von bis zu 15 Mietparteien benutzt werden. Die Mietforderungen betrugen z. B. 1957 für 35 qm Wohnfläche 100 DM sowie 1500 DM als verlorener Baukostenzuschuß,
für 18 qm 80 DM und 2500 DM Baukostenzuschuß, für 29 qm bei Herrichtung der Unterkunft durch die Mietparteien 70 DM monatlich sowie 3100 DM Mietvorauszahlung.
Ich frage mich, ob das Knappheitsmieten oder offensichtliche Wuchermieten sind, Herr Kollege Böhm. Das ist es, worauf es uns ankommt.
Dann ist eben auch die Frage — um wieder auf den Antrag zurückzukommen, den abzulehnen die Bundesregierung Sie bittet —: was soll in allen diesen Fällen geschehen, wo das Mietverhältnis bereits so und so lange existiert, wo Zahlungen geleistet worden sind, verlorene Baukostenzuschüsse gegeben worden sind usw.? Was soll hier abgemahnt werden, wenn die Sache leider schon passiert ist? Aus diesem Grunde wollen wir Klarheit haben, und aus diesem Grunde bitten wir Sie, den Änderungsantrag abzulehnen und den Ausschußbericht anzunehmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kanka.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir können dem Herrn Bundes-
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Dezember 1962 2231
Dr. Kanka
justizminister für den ersten Teil seiner zweiten Ausführungen durchaus dankbar sein. Er hat uns Fälle eklatanten Mietwuchers vorgeführt, die klar erkennen lassen, daß es richtig war, wenn die Regierung in ihrer Vorlage und wenn dann auch der Wirtschaftsausschuß in den § 2 a Abs. 1 die Nr. 2 eingebaut haben. Damit wird klargestellt, daß auch gegen den Mietwucher mit aller Härte des Gesetzes vorgegangen werden kann. Gegen ihn soll auch mit aller Härte des Gesetzes vorgegangen werden. Die Vorlage, ,die ich hier vertrete, hat nichts damit zu tun, daß solchem Vorgehen auch nur der geringste Riegel vorgeschoben wird. Das wollen wir nicht. Auch wir sind der Meinung, daß der Mietwucher ganz entschieden und nachhaltig bekämpft werden muß. In Fällen so eklatanten Wuchers, wie sie von dem Herrn Minister berichtet worden sind, ist eine Abmahnung nicht vonnöten. Da wollen auch wir von einer Abmahnung nichts wissen. Das sagt der klare Wortlaut unserer Vorlage.
Herrn Professor Böhm möchte ich sagen: was er ausgeführt hat, richtet sich — das hat auch der Herr Justizminister schon klargestellt — nicht gegen den Abs. 3, den wir dem § 2 a anfügen wollen, sondern es richtet sich gegen den Abs. 1 Nr. 2, und dafür ist kein Änderungsantrag gestellt, so daß ich über diese Dinge jetzt nicht zu sprechen brauche. Herr Professor Böhm wird seine Entscheidung bei der Schlußabstimmung treffen können, indem er gegen das Gesetz im ganzen stimmt.
Aber nun zu den ersten Ausführungen des Herrn Bundesjustizministers, bei denen er uns eine Stellungnahme der Referenten in seinem Hause oder in einem benachbarten Hause — im Hause des Herrn Wohnungsbauministers — vorgelesen hat. Ich kann nicht anerkennen, daß diese Stellungnahme dem sozialpolitischen und dem rechtspolitischen Bedürfnis, aus dem heraus wir den Antrag gestellt haben, auch nur halbwegs gerecht wird. Diese Stellungnahme, die die Referenten ausgearbeitet haben, liegt völlig neben der Sache.
Es ist so: es soll der Mietwucher bestraft werden können. Gegen ihn soll entweder das normale Strafverfahren nach der Strafprozeßordnung in Gang gesetzt werden können — nämlich dann, wenn der Mietwucher den Umfang einer Straftat hat —, oder es soll das Ordnungsstrafverfahren mit Bußgeldbescheid in Gang gesetzt werden können, wenn der Mietwucher jenen Umfang nicht hat. Das gilt absolut und ohne daß vorher eine Ermächtigung der obersten Landesbehörde eingeholt werden soll.
Hinsichtlich der krassen Fälle, von denen der Herr Minister gesprochen hat, sagt ja der letzte Satz unseres Vorschlages, daß es auch da einer Abmahnung nicht bedarf. Es gibt aber Fälle, die nicht so kraß liegen, bei denen die Frage besteht: ist die Miete von 100 DM noch angemessen, müßte sie nicht 95 DM oder 90 DM betragen? Solche Fälle, in denen die Frage der Angemessenheit oder Unangemessenheit sehr schwer zu entscheiden ist, können nicht einfach damit aus dem Wege geräumt werden, daß man sagt: Naja, dann wird die Behörde von sich aus die Strafverfolgung und das Ordnungsstrafverfahren gar nicht einleiten. Dieses Vertrauen sollte der Gesetzgeber denen, die sich berufsmäßig mit Mieten und mit der Durchsetzung ihrer Standpunkte über die Angemessenheit von Mieten befassen, nicht ohne weiteres entgegenbringen. Wir sollten vielmehr dafür sorgen, daß in solchen Fällen der Betroffene, der vermietet, eine Abmahnung ins Haus geschickt bekommt, damit er sich besinnt und überlegt, damit er selbst nachprüft, und daß nur dann das Strafverfahren oder das Bußgeldverfahren in Gang gesetzt werden kann, wenn diese Abmahnung nichts fruchtet. Das ist, wie mir scheint, bei diesem sehr unsicheren Rechtsgebiet, das durch den etwas dehnbaren Begriff der Angemessenheit so unsicher gemacht wird, ein durchaus sauberes und rechtsstaatlich begrüßenswertes Verfahren.
Wenn mir nun von der Bürokratie das Argument serviert wird, daß die Abmahnung noch nicht in einem Gesetze stehe, so muß ich sagen: das stimmt gar nicht. Gerade im Mieterschutzgesetz haben wir in § 2 die Vorschrift, daß abgemahnt werden muß. Da liegt sie allerdings auf dem zivilrechtlichen Gebiet. Warum soll ich aber nicht im Verkehr zwischen der Behörde und dem „Untertanen", dem Bürger, dem ein Verfahren droht, die Wohltat der Abmahnung einbauen? Die Tatsache, daß etwas neu ist, besagt doch nicht immer, daß es auch schlecht sei, und so müssen die Herren in den Ministerien auch einmal einen neuen Gedanken prüfend zur Kenntnis nehmen. Die Abmahnung ist also gerade auf dem Gebiet des Mietrechts etwas durchaus Legitimes.
Nun kommt man mir sogar mit dem Grundgesetz und sagt, daß die Vorschrift, wonach die Abmahnung nicht selbständig angefochten werden kann, gegen Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes verstoße. Man soll das Grundgesetz sehr genau beachten und soll sich sehr davor hüten, daß man mit einem Gesetz vor das Bundesverfassungsgericht kommt. Aber dieser Einwand ist hier völlig fehl am Platze. In der Strafprozeßordnung, um deren Änderung wir uns schon seit längerer Zeit bemühen, und auch in der Zivilprozeßordnung gibt es eine ganze Anzahl von Vorschriften, wonach gewisse Zwischenentscheidungen nicht selbständig angefochten werden können, sondern erst nachher, wenn es zur Hauptentscheidung über die Berufung oder über das Rechtsmittel der Revision kommt. Der Einwand, daß gegen Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes verstoßen werde, ist also völlig fehl am Platze.
Um es noch einmal zu sagen: Wir wollen, daß gegen überhöhte Mietpreise vorgegangen wird, und zwar nicht nur, wenn es sich dabei um eklatante Fälle offensichtlichen krassen Mietwuchers handelt, sondern auch in den anderen Fällen. Wir sind aber der Meinung, daß zwischen diesen beiden Gruppen des eklatanten, ganz groben Mietwuchers und den Fällen, die man nicht in diese Kategorie einreihen muß, eine gerechte Unterscheidung zu treffen ist, daß nur in den erstgenannten groben Fällen die Bürokratie gleich mit allen Mitteln des Bußgeldbescheids oder, wenn der Fall schlimm genug liegt, auch der Abgabe ins Strafverfahren vorgehen soll. In den anderen Fällen aber soll die Abmahnung vorangehen, damit die schwierige Entscheidung nicht auf dem Rücken des Bürgers ausgetragen wird.
2232 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Dezember 1962
Dr. Kanka
Von der Ministerialbürokratie ist weiter noch gerügt worden, daß neben den Begriff der Unangemessenheit jetzt durch uns noch der Begriff einer groben Unangemessenheit, einer verstärkt schlimmen Unangemessenheit gesetzt werde. Das ist auch im Gesetz geschehen. Auch nach dem Gesetz, wie wir es jetzt haben, muß bei unangemessenen Preisen unterschieden werden zwischen den weniger schlimmen Fällen und den schlimmeren Fällen. Die weniger schlimmen Fälle werden im Ordnungsstrafverfahren durch Bußgeldbescheid erledigt, und die schlimmeren Fälle kommen in das ordentliche Strafverfahren und werden dann mit Strafen erledigt. Wir fordern hier eine Unterscheidung, und diese Unterscheidung muß gemacht werden, wenn wir den Tatbeständen des Lebens gerecht werden wollen. Das ist doch die Aufgabe des Gesetzgebers. Wir sollen doch die Dinge nicht alle über einen Kamm scheren, sondern wir müssen sauber unterscheiden. Diese Unterscheidung ist durchaus angebracht, und ich glaube deshalb, daß diese Vorlage es verdient hätte, daß sich die gesamte Ministerialbürokratie für sie eingesetzt hätte. Daß sie es nicht getan hat, ist, glaube ich, kein schlechtes Zeugnis für die Vorlage.
Das Wort hat der Herr Bundesjustizminister.
Herr Kollege Kanka, ich darf Ihnen zunächst einmal sagen, daß ich nicht die Meinung von irgendwelchen Referenten des Wohnungsbauministeriums vertrete, sondern meine höchstpersönliche Meinung.
Ihr Antrag ist uns soeben erst auf den Tisch gelegt worden. Vieles von dem, was Sie gesagt haben, ist bereits durch das, was ich eingangs gesagt habe, überholt. Das gilt zunächst einmal für die Frage der Abmahnung. Wie ich vorhin bereits gesagt habe, kennen wir sie natürlich im Zivilrecht, aber nicht im Strafrecht. Es gibt auch verfahrensrechtliche Zwischenentscheidungen, die unanfechtbar sind. Aber hier handelt es sich eben nicht um eine verfahrensrechtliche Zwischenentscheidung, sondern hier handelt es sich um eine verwaltungsrechtliche Voraussetzung einer Strafbarkeit, die, nachdem sie Voraussetzung geworden ist, nicht angefochten werden kann. Sie sagen — so ähnlich haben Sie sich eben etwa ausgedrückt —, sie kann notfalls mit dem Strafurteil angefochten werden, wenn ich einmal so sagen darf. — Sie nicken. — Das allein ist schon rechtstechnisch unmöglich. Ich kann nicht mit der Anfechtung eines Strafurteils auch einen Verwaltungsakt anfechten.
Dann habe ich in folgendem große Bedenken: Wenn Sie unterscheiden zwischen der groben Unangemessenheit, bei der eine Abmahnung nicht erforderlich ist, und der lediglich einfachen Unangemessenheit, wo nach ihrem Antrag eine Abmahnung erforderlich ist, wird der Streit in erster Linie darum gehen, ob die Abmahnung nun notwendig war oder ob sie nicht notwendig war; man wird von dem Gedanken des wucherischen Mietzinses überhaupt abgehen und sich lediglich um diese verfahrensrechtlichen Dinge streiten. Ich habe das Gefühl, daß wir, wenn wir diesen Antrag annehmen, die Praktikabilität des Gesetzes und das, was wir damit wollen, praktisch verhindern, und das sollten wir um des Sinnes des Gesetzes willen nicht tun.
Frau Abgeordnete Berger-Heise hat das Wort.
Meine Damen und Herren, mein Kollege Wittrock hat vorhin schon vorgetragen, daß sich zwei Ausschüsse mit dieser Frage beschäftigt hätten. Es sind aber drei Ausschüsse gewesen, zusätzlich war auch noch der Ausschuß für Raumordnung und Wohnungswesen beteiligt. Im Rahmen der fachlichen Auseinandersetzung ist dieser Ausschuß jetzt immerzu angesprochen worden. Ich möchte daher anregen, Herr Kanka, heute dieses Gesetz durchgehen zu lassen und dann eine Novelle einzubringen, mit der sich die zuständigen Ausschüsse noch einmal beschäftigen können. Die Entscheidung in dieser Strafrechtsangelegenheit, die Sie heute von uns verlangen, würde so über den Daumen gepeilt sein, daß man sich dazu einfach nicht entschließen kann.
Als vorhin Herr Professor Böhm hier sprach, mußte ich an die Verabschiedung des Lückeschen Abbaugesetzes denken. Herr Professor Böhm, da haben wie dieselben Bedenken gehabt, die Sie heute haben, nur etwas früher, im Jahre 1960. Damals haben wir gesagt, wenn eine Mangellage besteht, kann man nicht eine freie Marktwirtschaft auf dem Gebiet des Wohnungswesens einführen. Heute kommen wir nun zu diesen Bedenken zurück. Wenn der Herr Minister für Bau- und Wohnungswesen heute hier gewesen wäre, hätte er Ihnen wahrscheinlich geantwortet, daß er dieses Stückchen Strafrecht dringend braucht, weil er davon überzeugt ist, daß wir in dem Zeitpunkt, zu dem für die ersten Wohnungen die Mieten frei werden, nämlich am 1. Juli 1963, längst nicht einen ausgeglichenen Markt haben. Darum versucht er, zu seinem bisherigen Abbaugesetz — das wir damals abgelehnt haben, das Sie aber befürwortet haben — noch einige Komponenten zu bekommen. Eine davon ist dieses Wirtschaftsstrafrecht. Ich glaube, ich spreche in seinem Sinn, wenn ich sage, es ist dringend nötig, daß wir das heute hier verabschieden. Darum, Herr Dr. Kanka, noch einmal: Bitte, bringen Sie das hinterher ein. Jetzt hier darüber zu entscheiden zu wollen, ist einfach eine Überforderung des Parlaments.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Güde.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will nur in ein paar Sätzen noch sagen, daß ich den Antrag des Herrn Kollegen Dr. Kanka für vernünftig halte. Sie täuschen sich, wenn Sie meinen, daß mit dem Antrag beabsichtigt sei, die Wirksamkeit des Gesetzes zu vermindern.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Dezember 1962 2233
Dr. h. c. Güde
Ich glaube, wir sind mit Ihnen — und ich gerade mit meiner Vorrednerin — darin einig, daß der Notbehelf eines Strafgesetzes ein sehr dürftiger Notbehelf ist. Wenn ich ein Wirtschaftsgebiet freigebe und sage: „Jetzt könnt ihr machen, was ihr wollt", aber mit der anderen Hand drohe und sage: „Wenn ihr aber zuviel verlangt, dann strafe ich euch", so ist das ein gewisser Widerspruch.
Ich bitte alle, mir zu glauben, der ich ein alter Strafrichter und Staatsanwalt bin, daß die Wirkung eines Strafgesetzes gar nicht so ist, wie sich der Laie das vorstellt. Ich habe noch mit der Mietwuchervorschrift des § 49 a des Mieterschutzgesetzes als Richter judiziert und kann dem Herrn Minister sagen, daß das besser formulierte Recht dieses § 49 a ganz erhebliche Schwierigkeiten in der Praxis geboten hat.
Wenn Sie bloß eine Strafvorschrift in den Raum stellen, wenden Sie eine verhältnismäßig geringe Wirkung haben; denn Sie scheinen gewisse Fälle zu korrigieren, aber es sind nur die krassesten Fälle. Und die Klarheit, von der der Herr Minister sprach, werden Sie im Strafverfahren überhaupt nie haben. Niemals werden Sie nach einem Strafverfahren wissen, welches nun eigentlich die .angemessene Miete ist, sondern Sie werden lediglich wissen, daß jemand bestraft worden ist, weil er unangemessen viel verlangt hat. Da setzt nun der Antrag Kanka ein — etwas ungewöhnlich - indem er zu erreichen versucht, daß in einer großen Zahl der Fälle das geschieht, 'was ein vernünftiger Staat sich vornehmen sollte, daß sie nämlich praktisch geregelt werden, daß also, wenn bisher z. B. 120 DM verlangt wurden, der Vermieter unter dem Eindruck dieser Abmahnung sagt: Dann gebe ich mich eben mit 80 zufrieden, wenn ihr meint, 80 sei das Angemessene. Das ist ungewöhnlich. Aber das ganze Gesetz ist ein wenig ungewöhnlich und ein grobes Mittel.
Ich habe keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des Satzes, daß die Abmahnung nicht selbständig angefochten werden könne. Im Grunde handelt es sich um einen Akt sui generis und nicht um einen eigentlichen Verwaltungsakt; es handelt sich um einen Akt, der in diesem Ordnungsstrafverfahren steht.
Der letzte Satz, der verschiedentlich beanstandet worden ist, ist seinem Sinne nach vollkommen klar. Was ohne jeden Zweifel strafwürdig ist, soll ohne Abmahnung bestraft werden, so daß nicht etwa die wirklich krassen Fälle von Strafe verschont bleiben. Der Sinn des Antrags Kanka ist überhaupt nicht, jemanden, der strafwürdig ist, zu verschonen, sondern ist, eine breitere Wirkung im Sinne dessen zu erzielen, was Sie sich selbst mit dem Gesetz vorgenommen haben. Deswegen bitte ich, den Antrag anzunehmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Wittrock.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit Respekt vor dem Blick auf die Uhr eine ganz kurze Bemerkung! Herr Kollege Güde, Sie können nicht bestreiten, daß die beantragte Regelung, sofern sie Inhalt des Gesetzes würde, doch irgendwie den Charakter eines Experiments hätte. — Sie nicken zustimmend; ich betone das deshalb, damit es nachher im Protokoll steht. Es ist ja wichtig, daß der sehr ehrenwerte Kollege Güde hier zugestimmt hat. Aber nichts für ungut.
Meine Damen und Herren, ich möchte denen, deren Herz an diesem Antrag hängt, folgendes sagen. Sie denken an den kleinen Sünder. Ihm soll ein Warnschuß vor den Bug gesetzt werden. Aber der sogenannte kleine Sünder wird über die Weichenstellung da, wo der Begriff „Zuwiderhandlung" aufgelöst wird in „Straftat" und „Ordnungswidrigkeit", in ,den Bereich des Ordnungswidrigkeitenrechts rangiert. Da gilt — das wurde bereits betont — das Opportunitätsprinzip. Jetzt kommt das Wichtige, der Punkt, in dem man schon heute zu einer Lösung kommt. Es steht der Behörde völlig frei, nun eine Art Warnschuß abzugeben. Es wäre gut, wenn die Behörden, auch die übergeordneten Behörden, darauf hinwiesen. Wenn ein Warnschuß in diesen Fällen der kleinen Sünder abgegeben ist, dann wird ihnen praktisch über die Bestimmung geholfen — es ist, glaube ich, § 7 des Ordnungswidrigkeitengesetzes —, nach der das öffentliche Interesse verneint werden kann. So reduziert sich das Problem, was die Lösungsmöglichkeiten anbelangt, im Grunde genommen auf den Nullpunkt. Es gibt also schon heute eine Handhabe, da zu einem ordentlichen Ergebnis zu gelangen. Wenn es sich jetzt darum handelt, hier irgend etwas ausdrücklich gesetzlich zu institutionalisieren, dann möchte ich darauf hinweisen, daß wir immer die Möglichkeit haben — ich habe das vorhin schon gesagt —, die Gesetzesintiative auszuüben, um in einem wirklich sorgfältigen Gesetzgebungsverfahren, so wie es sich bei einer strafrechtlichen Norm geziemt, gemeinsam eine Lösung zu erarbeiten.
Meine Damen und Herren, wir sollten uns auch um der Sicherstellung der Verabschiedung des Gesetzes willen dazu entschließen, den Antrag des Kollegen Kanka abzulehnen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache über diesen Änderungsantrag ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck 163. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Danke. Ich bitte um die Gegenprobe. — Ich muß durch Aufstehen abstimmen lassen. Ich bitte diejenigen, die dein Antrag zustimmen wollen, sich zu erheben. — Danke. Ich bitte um die Gegenprobe. — Sowohl aus dem Geräusch wie aus der Zahl schließe ich, daß das letzte die Mehrheit war; der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über den Art. 1 des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wirtschaftsstrafgesetzes in der vom Ausschuß festgestellten Fassung. Wer diesem Art. 1 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Danke! Die Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit; Art. 1 ist angenommen.
Ich rufe auf Art. 2, — Art. 3, — Einleitung und Überschrift. — Wer den aufgerufenen Artikeln zu-
2234 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Dezember 1962
Vizepräsident Schoettle
stimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Danke! Die Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit.
— Wenn Sie sich durchaus enthalten wollen, Herr Abgeordneter Memmel, — bitte! Weitere Enthaltungen? — Offenbar nicht! Damit ist das Gesetz in zweiter Beratung verabschiedet.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz zur Änderung des Wirtschaftsstrafgesetzes 1954 zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. — Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. — Gegen sieben Stimmen ist das Gesetz in dritter Beratung verabschiedet.
Meine Damen und Herren! Ich bitte das Haus um Zustimmung, daß wir heute noch den Punkt 7 der Tagesordnung verabschieden. Er wird sicher nicht lange Zeit in Anspruch nehmen. Da ich es aber dem Herrn Kollegen Burgbacher versprochen habe, möchte ich das noch erledigt haben. —
Ich rufe also auf Punkt 7 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das Zollkontingent für feste Brennstoffe 1963 und 1964 ;
Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (Drucksache IV/783, zu IV/783)
.
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Dr. Burgbacher. — Er verzichtet auf die Berichterstattung.
Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Die Aussprache ist geschlossen.
Ich rufe auf §§ 1, — 2, — 3, —4, — 5, — 6, — 7, 8, — 9, — 10, — 11, — 12, — 13, — 14, — Einleitung und Überschrift. — Wer den aufgerufenen Paragraphen, der Einleitung und der Überschrift zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Danke! Die Gegenprobe! — Eine Gegenstimme! Die Landschaft wäre sonst so eintönig, nicht wahr, Frau Kollegin? — Das Gesetz ist damit in zweiter Beratung verabschiedet.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die Aussprache. — Das Wort wird nicht gewünscht. Die Aussprache ist geschlossen.
Ich rufe das Gesetz im ganzen auf. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. — Danke! Die Gegenprobe! Nun heißt es konsequent sein, Frau Kollegin. — Gegen eine Stimme ist das Gesetz in dritter Beratung verabschiedet. — Ja, Enthaltungen?
Damit sind wir am Schluß der heutigen Sitzung.
Ich berufe die nächste Sitzung auf Freitag, den 7. Dezember 1962, vormittags 9 Uhr, ein.
Die Sitzung. ist geschlossen.