Gesamtes Protokol
Schönen guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen!Die Sitzung ist eröffnet.Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:Befragung der BundesregierungDie Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-binettssitzung mitgeteilt: Bericht zur Lage auf demAusbildungsmarkt.Das Wort für den einleitenden Bericht von fünf Minu-ten erteile ich dem Bundesminister für Wirtschaft undTechnologie, Michael Glos.Michael Glos, Bundesminister für Wirtschaft undTechnologie:Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen undHerren! Das Bundeskabinett hat sich heute, wie Sie rich-tig gesagt haben, unter anderem mit der Situation aufdem Ausbildungsmarkt beschäftigt. Auch der Lenkungs-ausschuss des Nationalen Paktes für Ausbildung undFachkräftenachwuchs hat am Montag sehr intensiv überdieses Thema beraten.Die Lage ist wesentlich besser, als sie in der PressesnBBhdAgtwzn6mlamtidsMdRedetzum Teil dargestellt wird. Allerdings sehe ich sie nochnicht als zufriedenstellend an. Auf der einen Seite gibt eszwar deutlich mehr Angebote und Ausbildungsverträgeals im Vorjahr. Auf der anderen Seite gibt es aber auchmehr unversorgte Bewerber, weil die Zahl der Bewerberaufgrund der vielen Altfälle stärker angestiegen ist.Die Wirtschaft hat die im Ausbildungspakt gegebenenZusagen in 2006 mehr als erfüllt. 30 000 neue Ausbil-dungsplätze und 25 000 EQJ-Plätze wurden zugesagt.Tatsächlich wurden 55 800 neue Ausbildungsplätze ein-geworben und 32 600 Plätze für betriebliche Einstiegs-qualifizierungen zur Verfügung gestellt. Damit wurdendie versprochenen Zahlen übertroffen. Trotz schwierigerBeschäftigungslage konnten also mehr Auplätze angeboten werden. Das zeigt, dass dkonjunkturelle Erholung inzwischen auch ammarkt angekommen ist. Die Perspektive für
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Herr Minister, ich war etwas verblüfft, dass Sie vorge-ragen haben, die Lage sei nicht so schlecht, wie sie öf-entlich dargestellt werde. Schließlich haben knapp
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Priska Hinz
50 000 Jugendliche derzeit noch keinen Ausbildungs-platz. Das sind so viele wie in den letzten Jahren nicht.Ferner haben Sie darauf hingewiesen, es würden nochviele Plätze zur Verfügung gestellt, um diese Jugendli-chen zu versorgen. Dabei wird es sich jedoch vor allenDingen um Schulungsmaßnahmen unterschiedlichsterArt handeln. Allerdings kommen die meisten der so ge-nannten Altbewerber – genau die Gruppe, um die sichdie Zahl der Arbeitslosen erhöht hat – geradewegs aussolchen Schulungsmaßnahmen.Deswegen frage ich Sie: Welche Vereinbarungen wur-den im Rahmen des Ausbildungspaktes getroffen, damitSchulungsmaßnahmen wie das EQJ insbesondere Altbe-werbern – nicht etwa Realschülern oder Absolventen mithöherem Abschluss – zur Verfügung gestellt werden?Was wurde vereinbart, damit derartige Qualifizierungs-maßnahmen anerkannt werden und die Jugendlichen ei-nen Qualifikationsnachweis bzw. eine Zertifizierungerhalten, sodass sie weitere Ausbildungsschritte an-schließen und tatsächlich einen Abschluss machen kön-nen? Die Jugendlichen von einer Schulungsmaßnahmezur nächsten zu schicken, ohne dass sie einen Abschlussmachen können, bringt uns und den Jugendlichen über-haupt nichts.Michael Glos, Bundesminister für Wirtschaft undTechnologie:Erstens. Im Bundesbildungsministerium werden der-zeit Vorschläge erarbeitet, wie Maßnahmen der schuli-schen Ausbildung – Sie haben das geschildert – besserangerechnet und mit der betrieblichen Ausbildung ver-zahnt werden können. Das kann immer nur im Einver-nehmen mit der Wirtschaft geschehen.Zweitens. Das EQJ ist vor allem für Jugendliche ge-dacht, die keine hinreichende Qualifizierung und nichtden erforderlichen Hintergrund – zum Beispiel insprachlicher Hinsicht – haben, den man vorweisen kön-nen muss, wenn man eine Ausbildung beginnt. 60 Pro-zent der Jugendlichen, die mit EQJ-Maßnahmen begon-nen haben, konnten zu einem späteren Zeitpunkt einreguläres Ausbildungsverhältnis vorweisen. Das ist einegute Sache.Am Anfang Ihrer Ausführungen haben Sie die 50 000Jugendlichen angesprochen, die dem Ausbildungsmarktgegenwärtig noch zur Verfügung stehen. Deswegenmöchte ich Ihnen zur Kenntnis geben, wie sich die Bun-desagentur für Arbeit, die hier natürlich auch in der Ver-antwortung steht, zu diesen 50 000 derzeit noch unver-sorgten Bewerbern äußert. Die Bundesagentur für Arbeitstellt fest, dass es sich dabei zunächst einmal um 15 000gemeldete, aber noch unbesetzte Ausbildungsplätze han-delt. Diese Ausbildungsplätze konnten aus regionalenGründen, aus Gründen mangelnder Mobilität oder auf-grund nicht hinreichender Qualifikation der Bewerbernoch nicht besetzt werden. Das wird man nun in Angriffnehmen, indem man den Jugendlichen zusätzliche Ange-bote macht. Darüber hinaus sind in den von Ihnen ange-sprochenen außerbetrieblichen Ausbildungsprogram-men, zum Beispiel im Migrantenprogramm derBundesagentur für Arbeit, noch 17 000 freie Plätze zuv4d3skddtuldbSs2fWhhvtnT3dsvebddaaldisemslsg
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Wir haben in diesem Zusammenhang eine gestufte Aus-bildung in allen Ausbildungsberufen vorgesehen. Wirwollten dadurch einen Ausbildungsweg schaffen, der estheorieschwächeren Jugendlichen ermöglicht, einenAusbildungsstand zu erreichen, auf den in einer weiterenStufe mehr Theorie aufgesetzt werden kann, bis der Ju-gendliche den geltenden Ausbildungsstandard erreicht.Wir haben darum gebeten, alle Ausbildungsberufe da-raufhin zu überprüfen, ob so etwas machbar ist. Wir sindda auf einem sehr guten Weg: Fast 60 Prozent der Aus-bildungsberufe sind inzwischen überprüft; bei einer gan-zen Reihe haben wir das schon umgesetzt.Meine Frage in diesem Zusammenhang: Herr Minis-ter, sehen Sie schon Erfolge bei den verkürzten, „abge-speckten“ Ausbildungsordnungen? Werden zusätzlicheLehrstellen, gerade für theorieschwächere Jugendliche,angeboten oder glauben Sie, dass wir hier ein Gesetz aufden Weg gebracht haben, das wenig erfolgreich ist? Ichdenke, Sie können unter Umständen schon gute Bei-spiele nennen.Michael Glos, Bundesminister für Wirtschaft undTechnologie:Herr Kollege Dobrindt, zum Ersten bedanke ich michvor allem dafür, dass Sie mich daran erinnert haben, dassich allen Anlass habe, den Kolleginnen und Kollegendes Deutschen Bundestages, die selbst tätig gewordensind – nicht für den Bundeswirtschaftsminister, sondernfür die Jugendlichen, die Ausbildungsplätze brauchen –,zu danken. Ich finde, es ist auch Aufgabe eines Volks-vertreters, dass er den Wählerinnen und Wählern vor Orthilft. Wir haben regional, insbesondere in den struktur-schwächeren Gebieten, oft große Probleme. Dort zähltein Ausbildungsplatz praktisch doppelt.Zum Zweiten arbeitet mein Haus zusammen mit demBundesministerium für Bildung und Forschung immerwieder an neuen Ausbildungsordnungen. Wir haben eineReihe neuer Berufsbilder kreiert. Daneben haben wirAusbildungszeiten von drei Jahre auf zwei Jahre herab-gesetzt. Ich habe mich aber vor Ort davon überzeugt,dass es teilweise nicht genügend Bewerber für die neuenBerufsbilder gibt. Deswegen haben wir noch einmal fürdie Ausbildung in diesen neuen Berufsbildern geworben.Wir fordern natürlich die Kammern und die Verbändeder Wirtschaft auf, auch darauf hinzuwirken.vJaawAgdddmdgDEZssuFfzbdnnnWlTgisandKmwrwgjsi
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Dann kommen wir zum Geschäftsbereich des Bun-
esministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
raucherschutz.
Die Fragen 4 und 5 der Abgeordneten Bärbel Höhn
erden schriftlich beantwortet.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
inisteriums der Verteidigung. Zur Beantwortung steht
er Parlamentarische Staatssekretär Christian Schmidt
ur Verfügung.
Ich rufe die Frage 6 des Abgeordneten Bonde auf:
Wann beabsichtigt die Bundesregierung, die ersten bzw.
letzten nuklearwaffenfähigen Tornadoflugzeuge außer Dienst
zu stellen, und kann die Bundesregierung definitiv ausschlie-
ßen, dass in dieser Legislaturperiode Entscheidungen getrof-
fen werden, die darauf hinauslaufen, den Eurofighter zum Nu-
klearwaffenträger nachzurüsten?
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Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Kollege Bonde,
hre Frage beantworte ich wie folgt: Die Nutzung des
affensystems Tornado ist in reduzierter Stückzahl bis
um Jahr 2020 geplant. Grundsätzlich sind alle Luftfahr-
euge der Jagdbombervariante des Waffensystems Tor-
ado hinsichtlich der Zielstruktur befähigt, Nuklearwaf-
en zu tragen. Es ist derzeit nicht geplant und es werden
uch keine Vorkehrungen getroffen, das Waffensystem
urofighter für einen Einsatz mit Nuklearwaffen zu be-
ähigen.
Ich darf im Übrigen auf die Antwort der Bundesregie-
ung vom 7. Juli 2004 auf die schriftliche Frage 44,
rucksache 15/3609, sowie auf die Antwort der Bundes-
egierung auf die Fragen 20 und 21 der Kleinen Anfrage
er Fraktion Die Linke vom 6. Februar 2006, Druck-
ache 16/568, verweisen.
Herr Bonde, möchten Sie eine Nachfrage stellen? –
itte schön.
Herr Staatssekretär, mich interessiert, inwieweit es
utrifft, dass es in der Koalition Überlegungen gab, den
usstieg aus der nuklearen Teilhabe im Weißbuch des
undesministeriums der Verteidigung festzuschreiben.
alls es diese Überlegungen tatsächlich gab: Warum
urde dies verworfen?
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Herr Kollege Bonde, Sie stellen eine Frage, dierundsätzlich mit der Frage, die ich im Anschluss zu be-ntworten habe, zusammenhängt, Stichwort: Weißbuch.
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Parl. Staatssekretär Christian SchmidtBei der Beantwortung von Frage 6 gerade wollte ich Ih-nen erklären, wieso ich über den Inhalt des Weißbuchsheute nichts sage. Ich möchte in meinen Antworten kon-sistent bleiben. Das gilt auch bezüglich Ihrer Frage zudiesem Sachverhalt.Ich kann nur folgende Ankündigung machen: DasWeißbuch wird dem Parlament nach der Kabinettssit-zung nächste Woche – dort soll es vom Bundeskabinettverabschiedet werden – in gedruckter Form zur Verfü-gung stehen.Zu Ihren Spekulationen über die möglichen Elemente,die in der Diskussionsphase der Erstellung des Weiß-buchs eine Rolle gespielt haben, kann ich im Hinblickauf diesen einen Punkt mitteilen, dass das nicht der Fallgewesen ist.
Eine Nachfrage des Kollegen Koppelin.
Herr Staatssekretär, Sie selbst haben eben die Lebens-
dauer der Tornados angesprochen. Können Sie das noch
konkreter machen, indem Sie mir die Frage beantworten,
mit wie viel Kampfwertsteigerung und mit welchem fi-
nanziellen Umfang ich beim Tornado rechnen muss?
C
Herr Kollege Koppelin, Sie wissen, dass die Kampf-
wertsteigerung der Tornados nicht ursächlich und nicht
inhaltlich mit der Frage der Nuklearfähigkeit zu tun hat.
Die Nuklearfähigkeit, die bereits jetzt bei einem Teil
bzw. in der Jagdbomberversion besteht, wird bis zum
Jahr 2020 erhalten bleiben. Über die in diesem Zeitraum
bis zum Jahr 2020 und darüber hinaus notwendigen In-
vestitionen in den Erhalt des Waffensystems kann ich
keine verbindlichen zahlenmäßigen Aussagen machen.
Ich verweise darauf, dass wir zu gegebener Zeit, falls
solch eine Verbesserung notwendig sein sollte, mit den
entsprechenden Anträgen in das Parlament bzw. in den
Haushaltsausschuss kommen werden.
Die zweite Nachfrage des Kollegen Bonde.
Herr Staatssekretär, nach diesen Ausführungen würde
mich interessieren, ob die Bundesregierung die zum Bei-
spiel vom IAEO-Generalsekretär al-Baradei oder auch
im jüngsten Blix-Bericht geäußerte Einschätzung teilt,
dass es schwierig ist, andere Staaten davon zu überzeu-
gen, auf Atomwaffen zu verzichten, wenn man selbst
solche Waffen besitzt, unter deren Schutz steht oder be-
wusst formuliert, dass man sie für die eigene Sicherheit
für unverzichtbar hält.
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Gibt es dazu Wortmeldungen?
err Kollege Grund.
Ich widerspreche für die CDU/CSU-Bundestagsfrak-
ion dem Antrag des verehrten Kollegen Koppelin, den
undesverteidigungsminister herbeizuzitieren. Ich emp-
inde die Darlegungen, die der Staatssekretär beim Bun-
esverteidigungsministerium gemacht hat, als völlig
usreichend. Ich sehe für meine Fraktion nicht die Not-
endigkeit, den Bundesverteidigungsminister herbeizu-
ufen.
Die Kollegin Enkelmann möchte sich nicht äußern. –
itte schön.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!uch nach meiner Auffassung waren die Darlegungen,ie der Herr Staatssekretär gemacht hat, so ausführlichnd ausreichend, dass der Herr Minister hier nicht unbe-ingt persönlich anwesend sein muss und die Zitierungigentlich verzichtbar ist. Die Frage des Herrn Kollegenoppelin ist entsprechend beantwortet worden. Ichlaube auch nicht, dass der Herr Minister hier eine an-
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Petra Ernstbergerdere Position beziehen wird, als es sein Staatssekretärjetzt im Vorfeld getan hat.
Ich lasse jetzt, da es keine weiteren Wortmeldungen
gibt, über den Antrag des Kollegen Koppelin abstim-
men. Wer für den Antrag des Kollegen Koppelin ist, der
möge bitte seine Hand heben. – Gegenstimmen?
Das ist sehr eindeutig. Wir erwarten also das Erscheinen
des Herrn Verteidigungsministers. Ich unterbreche die
Sitzung.
Die Sitzung ist wieder eröffnet.
Die nächste Nachfrage stellt der Kollege Werner
Hoyer.
Frau Präsidentin, die Situation ist ein bisschen
schwierig; denn der Minister hat die Antworten, die der
Staatssekretär vorhin gegeben hat, nicht hören können.
Aber die Abstimmung innerhalb der Bundesregierung
wird so perfekt sein, dass der Minister jetzt trotzdem ant-
worten kann.
Der Staatssekretär hatte großen Wert auf Konsistenz
gelegt. Die Frage ist: Ist es konsistent, die Nuklearfähig-
keit der Tornados bis zu deren Auslaufen 2020 für erfor-
derlich zu halten, während für das Nachfolgemodell
Eurofighter von vornherein keinerlei Nuklearfähigkeit
für erforderlich gehalten wurde? Ist das nicht inkonsis-
tent? Müsste man nicht erwarten, dass das Weißbuch
darüber Aufklärung gibt?
Dr. Franz Josef Jung, Bundesminister der Verteidi-
gung:
Herr Abgeordneter, zunächst möchte ich Sie um Ver-
ständnis dafür bitten, dass ich jetzt nicht inhaltlich zum
Weißbuch Stellung nehme. Denn Sie wissen, dass die
Bundesregierung beabsichtigt, in der nächsten Woche,
am 25. Oktober, das erste Mal seit 1994 diesbezüglich
eine Entscheidung zu treffen. Danach werden wir im
Parlament darüber debattieren.
Zu Ihrer konkreten Frage: Die Konzeption ist zurzeit
so, dass die Trägerfähigkeit durch vorhandene Flug-
zeuge, durch Tornados, gewährleistet wird. Auch wenn
wir 180 Eurofighter zur Verfügung haben werden, wer-
den wir bei der Bundeswehr weiterhin Tornados einset-
zen, um unseren bestehenden internationalen Verpflich-
tungen nachzukommen.
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Auch Sie haben schon eine Nachfrage zur Frage 6 ge-
tellt.
Jetzt kommen wir zur Frage 7 des Kollegen Bonde:
Auf welche Ausweitung der Möglichkeiten eines Einsat-
zes der Bundeswehr im Innern hat sich die Bundesregierung
im Weißbuch geeinigt und inwieweit ist dabei vorgesehen,
dass die Bundeswehr, zum Beispiel zur Sicherung des Luft-
oder Seeraums, Waffengewalt anwenden kann und darf?
Dr. Franz Josef Jung, Bundesminister der Verteidi-
ung:
Herr Kollege Bonde, ich habe schon darauf hingewie-
en, dass die förmliche Verabschiedung des Weißbuchs
n der Kabinettssitzung am 25. Oktober vorgesehen ist
nd wir vorher nicht zu inhaltlichen Themen Stellung
ehmen. Wir werden nach dieser Verabschiedung eine
ebatte im Parlament über das Weißbuch führen. Diese
ebatte wird mit einer Regierungserklärung eingeleitet.
Eine Nachfrage des Kollegen Koppelin.
Herr Minister, der Kollege Bonde hatte nachgefragt,
orauf sich die Koalition im Weißbuch geeinigt hat.
arf ich erstens aus Ihrer Antwort schließen – sonst wür-
en Sie ja nicht auf diese Art und Weise antworten –,
ass sich die Koalition noch nicht geeinigt hat? Darf ich
weitens fragen, wie, da das Weißbuch sicher Ihre Hand-
chrift, das heißt Ihre persönlichen Vorstellungen, be-
nhalten sollte, Ihre persönlichen Vorstellungen als Mi-
ister dazu sind?
Dr. Franz Josef Jung, Bundesminister der Verteidi-
ung:
Herr Abgeordneter, ich kann gut verstehen, dass Sie
ber diesen Weg den Inhalt des Weißbuchs erfragen wol-
en. Ich bitte Sie aber um Verständnis, dass ich darauf
icht eingehen kann. Ich habe das Weißbuch dem Chef
es Kanzleramtes zugeleitet. Daraus ersehen Sie, dass
ine Abstimmung stattgefunden hat. Ich gehe davon aus,
ass die Bundesregierung im Rahmen ihrer Kabinettssit-
ung am nächsten Mittwoch – es ist beabsichtigt, sie im
undesverteidigungsministerium durchzuführen – das
eißbuch verabschiedet. Ich bitte Sie um Verständnis,
ass ich vorher nicht zu inhaltlichen Fragen Stellung
ehme.
Eine Nachfrage des Abgeordneten Bonde.
Herr Minister, Sie selbst waren langjähriger Parlamen-arier in einem Landtag und Sie wissen, dass in Deutsch-and die Armee dem Parlament besonders unterstellt ist.
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Alexander BondeWie hätten Sie persönlich als Mitglied eines Landespar-lamentes reagiert, hätte Ihnen die Landesregierung in ver-gleichbarer Situation mitgeteilt, dass sie die Darlegungihrer Vorgehensweise bei einem Sachverhalt, der beson-dere Parlamentsaffinität hat, so lange verweigert, bis dieRegierung diesbezüglich etwas beschließt? Finden Sienicht, dass Sie an dieser Stelle mit dem Parlament etwasoffener hätten kommunizieren können?Dr. Franz Josef Jung, Bundesminister der Verteidi-gung:Herr Abgeordneter, angesichts der Art, wie der eineoder andere Abgeordnete über dieses Thema spricht,habe ich nicht den Eindruck, dass dieses Thema nicht of-fen kommuniziert wird. Ein Vergleich mit der Landes-politik ist gerade bei einer solchen bundespolitischenFrage schwer anzustellen.Ich will unterstreichen, dass es – nach meiner Erinne-rung – seit 1969 Praxis ist, dass die Bundesregierung inzeitlichen Abständen zur Sicherheitspolitik Deutsch-lands und zur Zukunft der Bundeswehr ein Weißbuchverabschiedet und dass über dieses Dokument der Bun-desregierung im Parlament eine Debatte stattfindet.Diese sachliche Form der inhaltlichen Auseinanderset-zung wird einer Parlamentsarmee gerecht.
Eine Frage der Abgeordneten Birgit Homburger.
Herr Minister, ich möchte direkt an das anschließen,
was Sie gerade gesagt haben. Das Weißbuch ist ein au-
ßen- und sicherheitspolitisches Grundsatzdokument. Seit
1994 – Sie haben darauf hingewiesen, dass in diesem
Jahr das letzte Weißbuch von einer Regierung vorgelegt
wurde – hat sich etliches erheblich geändert. Bei der
Bundeswehr gab es mehrere Strukturreformen. Vor die-
sem Hintergrund haben Sie selbst immer wieder öffent-
lich geäußert, dass es einen dringenden Diskussionsbe-
darf inhaltlicher Art gibt. Deshalb habe ich folgende
Frage an Sie: Warum wird die Diskussion nicht vor der
Verabschiedung des Weißbuchs durch die Bundesregie-
rung hier im Parlament geführt? Es macht doch keinen
Sinn, etwas zu verabschieden und es anschließend dem
Parlament vorzulegen. So können Sie Ihrem eigenen An-
spruch, das Parlament und die Öffentlichkeit in eine Dis-
kussion einzubinden, nicht gerecht werden.
Dr. Franz Josef Jung, Bundesminister der Verteidi-
gung:
Frau Abgeordnete, ich denke, dass wir diesem An-
spruch gerecht werden können. Es ist selbstverständlich
unsere Absicht – das kann ich unterstreichen –, infolge
dieses Weißbuchs eine sicherheitspolitische Debatte zu
führen. Es handelt sich um ein Dokument der Bundesre-
gierung, über das im Parlament natürlich diskutiert wird.
In einem Punkt kann ich das, was Sie gesagt haben,
nur unterstützen. 1994 gab es noch keine Auslandsein-
sätze, weder auf dem Balkan noch am Horn vor Afrika
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– Die habe ich Ihnen doch gerade deutlich gemacht.
Dann haben wir noch eine Nachfrage des Kollegen
Alexander Bonde.
Herr Minister, ich bin durch Ihre Antwort auf meine
Frage und auch durch Ihre Antworten auf die Fragen der
Kollegen nicht schlauer geworden und frage daher noch
einmal: Welche Position haben Sie als Bundesverteidi-
gungsminister hinsichtlich der Änderung des Grundge-
setzes und welche Rolle spielt dabei die Anwendung von
Waffengewalt der Bundeswehr zur Sicherung des Luft-
und Seeraums in der Bundesrepublik Deutschland?
Dr. Franz Josef Jung, Bundesminister der Verteidi-
gung:
Herr Abgeordneter, ich will das noch einmal unter-
streichen. Dieses Thema geht meines Erachtens ein
Stück über die Fragestunde und Ihre Frage zum Weiß-
buch hinaus. Aber ich will es Ihnen noch einmal darle-
gen, damit Sie vielleicht – das formulieren Sie ja selbst
so – schlauer werden.
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass
ein Einsatz beispielsweise zur Abwehr terroristischer
Angriffe aus der Luft möglich ist, aber dass dafür nach
Art. 35 des Grundgesetzes keine militärischen Mittel
eingesetzt werden dürfen. Nun hat das Bundesverfas-
sungsgericht es auch als zulässig angesehen, dass zum
Beispiel unbemannte oder nur mit Terroristen besetzte
Flugzeuge abgeschossen werden dürfen. Das geht mit
polizeilichen Mitteln nicht. Deshalb ist, glaube ich, eine
grundgesetzliche Änderung notwendig. Dann können in
Zukunft zum Schutz der Bevölkerung und zur Abwehr
derartiger Angriffe die Fähigkeiten der Bundeswehr ein-
gesetzt werden. Das betrifft die Luft- und Seesicherheit.
Darüber haben wir uns in der Koalitionsvereinbarung
verständigt. Ich meine, dass wir das Grundgesetz in die-
ser Richtung ändern sollten.
Die letzte Frage hat der Kollege Hoyer.
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Dr. Franz Josef Jung, Bundesminister der Verteidi-
ung:
Herr Abgeordneter, ich bitte um Verständnis dafür,
ass ich dazu keine Stellung nehme. Ich kann nur sagen,
ass ich es dem Chef des Bundeskanzleramtes zugeleitet
abe, um die Kabinettssitzung vorzubereiten. Ich habe
eider Gottes schon im Zusammenhang mit dem ersten
ntwurf erfahren müssen, dass Dinge ohne unser Zutun
n die Öffentlichkeit gelangt sind. Das ist, wie ich finde,
in bedauerlicher Vorgang, der nicht zu akzeptieren ist.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
inisteriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Ich rufe die Frage 8 der Kollegin Haßelmann auf:
Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung nach der von
Bundestag und Bundesrat beschlossenen Verlagerung der
Kompetenz für das Heimrecht an die Bundesländer im Zuge
der Föderalismusreform zum derzeitigen Stand der Planung
und Umsetzung für Heimgesetzgebungen in den einzelnen
Ländern und wie bewertet die Bundesregierung diese?
Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staats-
ekretär Dr. Hermann Kues zur Verfügung.
Dr
Sehr geehrte Frau Präsidentin, Frau Kollegin
aßelmann, mit Ihrer Erlaubnis beantworte ich Ihre bei-
en Fragen aufgrund des Sachzusammenhangs gemein-
am.
Dann rufe ich auch noch die Frage 9 der Kolleginaßelmann auf:Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Koordi-nierungsinstrumente oder -prozesse der Länder in Fragen desHeimrechts, die darauf abzielen, dass auch bei der zukünfti-gen Ausgestaltung der Länderheimgesetze Standards nicht zusehr voneinander abweichen – ähnlich der bisherigen Vorge-hensweise der Bund-Länder-Arbeitsgruppe –, wie es die Ant-wort auf die Fragen 24 und 25 der Abgeordneten ElisabethScharfenberg in der Fragestunde vom 8. März 2006
nahe legte?
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5434 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Oktober 2006
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Dr
Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass das
Heimrecht lediglich aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 des Grund-
gesetzes herausgenommen worden ist, das heißt aus dem
Bereich der öffentlichen Fürsorge, also aus dem öffent-
lich-rechtlichen Bereich, und damit nicht vollständig auf
die Länder übertragen worden ist. Nach Auffassung der
Bundesregierung bedarf es allerdings der raschen Klä-
rung, welche Teile des Heimrechts weiterhin in den
Kompetenzbereich des Bundes gehören.
Das Bundesministerium für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend hat den notwendigen Dialog mit den
Ländern eingeleitet. Am 18. September dieses Jahres hat
ein erstes Gespräch in Berlin stattgefunden. Ein weiteres
Gespräch ist für Ende November vorgesehen. Nach
Kenntnis der Bundesregierung sind die Bundesländer
gegenwärtig in Gespräche eingetreten – allerdings noch
ohne eine zentrale Koordinierung – mit dem Ziel, sich
auf gemeinsame Eckpunkte zur Weiterentwicklung des
Heimrechts zu verständigen. Eine Erörterung dieses
Themas ist unter anderem im Rahmen der Arbeits- und
Sozialministerkonferenz am 16./17. November dieses
Jahres vorgesehen. Konkrete Ergebnisse, die Gegen-
stand einer Bewertung durch die Bundesregierung sein
könnten, liegen gegenwärtig logischerweise noch nicht
vor.
Frau Haßelmann, Sie haben eine Nachfrage? – Bitte
sehr.
Vielen Dank, Herr Staatssekretär. – Ich habe folgende
Nachfrage: Welchen Rechtsstatus wird das bisher bun-
deseinheitliche Heimrecht genießen, sofern nur einige
einzelne, jedoch nicht alle Bundesländer von ihrer Ge-
setzgebungskompetenz in Bezug auf das Heimrecht Ge-
brauch machen?
Dr
Ich hatte erwähnt, dass die Zuständigkeit für den öf-
fentlich-rechtlichen Teil des Heimrechts – das betrifft
vor allen Dingen die Bestimmungen gewerberechtlicher
Natur – an die Länder übertragen worden ist, sodass der
Bund hier keine Regelungen mehr treffen kann. Der pri-
vatrechtliche Teil des Heimrechts allerdings – das be-
trifft insbesondere die Regelungen des Heimvertrages –
verbleibt nach unserer Auffassung in der Kompetenz des
Bundes. Da dieser Bereich zur konkurrierenden Gesetz-
gebung gehört, können die Länder Regelungen treffen,
wenn und soweit der Bund von seinem Gesetzgebungs-
recht nicht abschließend Gebrauch gemacht hat. Ansons-
ten ist es Aufgabe der Länder, entsprechende Regelun-
gen zu schaffen.
Sie haben eine weitere Nachfrage? – Bitte schön.
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Damit verlassen wir diesen Geschäftsbereich und
ommen zu dem des Bundesministeriums für Wirtschaft
nd Technologie. Zur Beantwortung steht der Parlamen-
arische Staatssekretär Peter Hintze zur Verfügung.
Die Fragen 10 und 11 des Abgeordneten Werner
reibus werden schriftlich beantwortet.
Ich komme zur Frage 12 des Abgeordneten
r. Diether Dehm:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Vor-
standsgehälter teilweise in keinem Verhältnis zur Leistung
und Verantwortung – Stichwort Managerhaftung – der Vor-
stände stehen?
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Frau Präsidentin! Lieber Herr Kollege Dr. Dehm, esbliegt nicht der Bundesregierung, einzuschätzen, ob dieergütung eines Vorstandsmitglieds einer deutschen Ak-iengesellschaft in einem angemessenen Verhältnis zueinen Leistungen steht. Es ist die Aufgabe des Auf-ichtsrates, über die Höhe der Vergütung zu entscheiden.r hat dabei dafür zu sorgen, dass die Gesamtbezüge desinzelnen Vorstandsmitglieds in einem ausgewogenenerhältnis zu seinen Aufgaben und zur Lage seiner Ge-ellschaft stehen.Um die Transparenz für die Aktionäre zu stärken, hater Gesetzgeber mit dem Vorstandsvergütungs-Offenle-ungsgesetz die Pflicht eingeführt, die Einkünfte derorstandsmitglieder börsennotierter Aktiengesellschaf-en detailliert offen zu legen. Verlangt wird die Auf-chlüsselung in erfolgsunabhängige und erfolgsbezo-ene Komponenten sowie solche mit langfristigernreizwirkung wie etwa Aktienoptionen. Die neuen Re-elungen sind seit dem 11. August 2005 in Kraft undntsprechend auf die Jahres- und Konzernabschlüsse fürie Geschäftsjahre ab dem 1. Januar 2006 anzuwenden.ie Anteilseigner können allerdings auf die individuelleffenlegung der Einkünfte der Vorstandsmitglieder ver-ichten.Vergütung und Haftung haben nicht unmittelbar mit-inander zu tun. So wird weder nach ausländischemoch nach deutschem Recht für eine nicht gute, der Ver-ütung nicht angemessene Leistung gehaftet. Gehaftetird immer für Unredlichkeiten und Sorgfaltspflichtver-etzungen.
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5436 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Oktober 2006
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Sie haben eine Nachfrage, bitte schön.
Herr Staatssekretär, ich will die Frage einmal auf Sie
persönlich – und auch den Minister – zuspitzen: Was
glauben Sie, wie es bei den Menschen ankommt, wenn
a) Aktienkurssteigerungen dazu führen, dass die Mana-
gergehälter steigen, und b) Entlassungen, durch die eine
große Zahl von Menschen arbeitslos und ärmer wird,
fast automatisch zu eben diesen Kurssteigerungen füh-
ren, die sich positiv auf die Managergehälter auswirken?
Meinen Sie nicht, dass dieses Unwohlsein und teil-
weise auch die Feindseligkeit in der Bevölkerung gegen-
über den Institutionen dieses Staates und der Demokratie
– ich hatte das mit der ersten Frage schon angedeutet –
den Staat auf den Plan rufen müssten, dass man das also
nicht alleine in die Hand der Aktionäre legen sollte? Ich
denke, die Zukunft unserer Gattung mit den zwei Beinen
auf diesem Planeten liegt zu einem großen Teil in den
Händen von Aktionären. Ich finde: zu viel.
P
Der Gesetzgeber hat damals auf Anregung der Bun-
desregierung mit dem Vorstandsvergütungs-Offenle-
gungsgesetz – meiner Erinnerung nach getragen von al-
len Fraktionen der Koalition und der Opposition – die
Grundlage dafür geschaffen, dass in diesem Bereich
mehr Transparenz herrscht. Eine Folge dieser Transpa-
renz ist natürlich, dass in den allermeisten Fällen auch
eine Diskussion – betriebsöffentlich oder gesamtgesell-
schaftlich – über die Angemessenheit der Vergütung
stattfindet. Nach unserer Rechtsordnung sind bei einer
Unangemessenheit die Konsequenzen durch die Auf-
sichtsräte zu ziehen. Insofern hat der Gesetzgeber das
Seine hierzu getan.
Sie haben eine weitere Nachfrage.
Sie meinen, das reicht?
P
Ich glaube, dass der Gesetzgeber damit die ihm oblie-
genden Pflichten vollumfänglich wahrgenommen hat.
Damit sind wir bei der Frage 13 des Kollegen Klaus
Ernst:
Sieht die Bundesregierung gesetzlichen Handlungsbedarf,
um die enormen Einkommensunterschiede zwischen Vor-
standsmitgliedern und den übrigen Angestellten eines Unter-
nehmens zu verhindern?
Frau Präsidentin, höflichkeitshalber erlaube ich mir,
darauf hinzuweisen, dass die Frage des Kollegen Klaus
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5438 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Oktober 2006
)
)
Die Frage war, ob Sie das so sehen.
P
Ich habe Ihre Darstellung trotz konzentrierten Zuhö-
rens inhaltlich nicht richtig verstanden. Deswegen habe
ich den Fragegehalt nicht erkannt.
Dann kommt die Frage der Kollegin Enkelmann.
Herr Kollege, Sie haben sehr zu Recht darauf auf-
merksam gemacht, dass der Aufsichtsrat eine besondere
Verantwortung wahrnimmt. Mein Kollege Ernst hat
schon darauf verwiesen, dass die Bundesregierung bei-
spielsweise auch im Aufsichtsrat der Deutschen Bahn
AG vertreten ist.
Halten Sie die sehr drastisch gestiegenen Gehälter des
Vorstandes der DB AG angesichts der Leistung der
DB AG für angemessen, die sich in Fahrpreiserhöhun-
gen, Streckenausdünnung, dem Betrieb des rollenden
Materials auf Verschleiß usw. ausdrückt?
P
Die Bundesregierung kommentiert die Höhe einzel-
ner Vorstandsbezüge nicht. Das ist allein Angelegenheit
der Gesellschaft.
Eine Frage des Kollegen Dr. Diether Dehm.
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Ziel des Vorstandsvergütungs-Offenlegungsgesetzes
ar, für mehr Transparenz zu sorgen. Dass die Transpa-
enz auch zu Diskussionen in der Bevölkerung führt, war
om Gesetzgeber ebenfalls beabsichtigt und ist damals
on allen Fraktionen des Deutschen Bundestages für
ichtig gehalten worden. Welche Folgerungen daraus in
en einzelnen Unternehmen gezogen werden, bleibt ab-
uwarten.
Eine Frage des Kollegen Ernst.
Herr Staatssekretär, wir hören auf der einen Seite
ich habe es bereits angesprochen – sehr drastische
orte aus der Regierung über die dieser Meinung nach
bertriebenen Gehaltserhöhungen und auf der anderen
eite Ihre Stellungnahme, die den Eindruck erweckt, als
tünden die öffentlichen Äußerungen in krassem Wider-
pruch zu dem, was wirklich getan wird. Welche Maß-
ahmen wollen Sie ergreifen, um das der Bevölkerung
erständlich zu machen, die zunehmend den Eindruck
at, dass die Politiker und damit auch die Regierungs-
itglieder untätig zuschauen, wie das Volk verarmt,
ährend sich die Vorstände kräftig bedienen? Welche
aßnahmen wollen Sie ergreifen, um in der Bevölke-
ung zumindest den Eindruck zu erwecken, dass die Re-
ierung etwas tut?
P
Die Regierung arbeitet sehr konsequent daran, dieirtschaftliche Entwicklung im Lande, die Chancen aufem Arbeitsmarkt und die Stärkung unserer Wirtschaftnsgesamt voranzubringen. Die Zahlen sind erfreulich.ie haben sicherlich verfolgt, dass das Wirtschafts-achstum in diesem Jahr kräftig zunimmt. Die Wachs-umsrate wird sich im Verhältnis zum Vorjahr mehr alserdoppeln. Wir legen im Außenhandel zu. Die Binnen-achfrage zieht an. Die Beschäftigungssituation verbes-ert sich. Die Arbeitslosigkeit geht zurück und die Zahler sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsver-ältnisse zieht an. Wir haben also allen Anlass, der Be-ölkerung zu sagen, dass es wirtschaftlich aufwärts geht,nd wir arbeiten auch intensiv daran.Ich glaube, dass die Vergütung von Vorstandsmitglie-ern und die Beschäftigungssituation in der Bevölkerungn keinem direkten Zusammenhang stehen.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Oktober 2006 5439
)
)
Dann kommen wir zu Frage 15 der Kollegin Eva
Bulling-Schröter:
Sieht die Bundesregierung einen Zusammenhang von ex-
trem hohen Einkommensunterschieden zwischen Vorständen
großer Unternehmen und deren einfachen Angestellten einer-
seits und der Leistungsbereitschaft der Beschäftigten anderer-
seits?
P
Die Frage 15 beantworte ich mit Nein.
Haben Sie eine Nachfrage?
Ja, natürlich. – Es geht um die Leistungsbereitschaft
der Beschäftigten in Bezug auf die große Differenz von
Löhnen und Gehältern. Sie sehen also nicht, dass es Pro-
bleme mit der Belegschaft gibt. Es gibt immer noch Un-
ternehmen, deren Staatsanteil sehr hoch ist. Die Bundes-
republik Deutschland ist zum Beispiel an der Telekom
und der DB AG beteiligt. Wie sehen Sie die Rolle der
Bundesregierung bezüglich der Gehälter der Aufsichts-
ratsmitglieder?
P
Meinen Sie die Vorstandsmitglieder oder die Auf-
sichtsratsmitglieder?
Beides.
P
Darf ich die Frage mit Genehmigung der Präsidentin
vorlesen, damit auch die Kollegen im Plenum, denen die
Frage nicht vorliegt, wissen, worüber wir diskutieren?
Ist das zulässig? Dann mache ich das gerne.
Sie dürfen sie gerne vorlesen.
P
Die Frage lautet:
Sieht die Bundesregierung einen Zusammenhang
von extrem hohen Einkommensunterschieden zwi-
schen Vorständen großer Unternehmen und deren
einfachen Angestellten einerseits und der Leis-
tungsbereitschaft der Beschäftigten andererseits?
Diese Frage habe ich mit Nein beantwortet; denn
wenn man sie mit Ja beantwortete, würde man einem
Beschäftigten eines Unternehmens unterstellen, dass er
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5440 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Oktober 2006
)
)
– Weniger, deutlich weniger, liebe Kollegin.
Eigentlich war der Herr Staatssekretär zur Antwort
bereit.
P
Ich bin gerne bereit, die Frage zu beantworten. Zuerst
möchte ich für das Protokoll feststellen, dass die Wieder-
gabe meiner Position in Ihren einleitenden Sätzen so von
mir nicht geteilt wird. Aber das betrifft Ihre eigentliche
Frage nicht; das ist nicht das Entscheidende.
Zu Ihrer Frage: Ich glaube, dass das im Unternehmen
selber zu klären ist und auch im Unternehmen geklärt
wird.
– Ich weiß nicht, ob ich auf einen Zwischenruf eingehen
soll, aber in der Tat unterscheiden wir zwischen den
Aufgaben der Wirtschaft und den Aufgaben der Regie-
rung. Wir sind nicht der Auffassung, dass die Regierung
für alles zuständig ist – jedenfalls in einem demokrati-
schen, sozialen Rechtsstaat.
Der Kollege Dehm hat noch eine Frage.
Seh
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Dies ist eine reine Entscheidung
der Konzernspitzen. Wir haben vorher den Verteidi-
gungsminister gehört, der in den letzten Monaten etwas
von einer Energieaußenpolitik gesagt hat. Sollten wir
nicht vielleicht auch die Bundeswehr in den Werkschutz
der Energiekonzerne integrieren?
P
Ich bin ein friedliebender Mensch, deswegen beant-
worte ich diese Frage höflich mit Nein.
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Es tut mir Leid, Kollege Ernst, aber Sie hatten schon
ine Zusatzfrage zu diesem Bereich. Deshalb danken wir
em Staatssekretär.
Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundes-
inisteriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung.
ur Beantwortung steht die Parlamentarische Staatsse-
retärin Karin Roth zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 16 des Abgeordneten Dr. Anton
ofreiter vom Bündnis 90/Die Grünen auf:
Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass die
Gründe und die Angemessenheit für die Höhe der Preisanhe-
bung zum 1. Januar 2007 bei der Deutschen Bahn AG,
DB AG, transparent werden und ein Zusammenhang zwischen
der geplanten Teilprivatisierung der DB AG und zusätzlicher
Belastung der Kunden ausgeschlossen werden kann?
Bitte, Frau Staatssekretärin.
K
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Kollege
ofreiter, ein Zusammenhang zwischen der Preisgestal-
ung der Deutschen Bahn AG und der geplanten Teilpri-
atisierung ist nicht erkennbar. Schon heute ist die
B AG als Wirtschaftsunternehmen zu führen. Die
reise aller Eisenbahnverkehrsunternehmen im Schie-
enpersonenfernverkehr unterliegen nach gesetzlichen
orschriften nicht der Genehmigung. Sie bleiben der
nternehmerischen Gestaltungsfreiheit und der wirt-
chaftlichen Eigenverantwortung dieser Unternehmen
orbehalten. Es ist folglich alleinige Aufgabe der Unter-
ehmen und liegt im wirtschaftlichen Interesse der Kun-
en, die Gründe für Preiserhöhungen zu erläutern. Das
uss die DB AG aber von sich aus tun.
Haben Sie noch eine Nachfrage? – Bitte, Herr Kol-ege Hofreiter.
Ich finde, diese Aussage ist sehr verblüffend; dennir alle wissen, dass im Moment versucht wird, eine er-olgreiche Börsenstory zu schreiben, indem ein im Kern-ereich de facto tief defizitäres Unternehmen an dieörse gebracht werden soll. Angesichts dessen ist zu er-arten, dass extrem überproportionale Preiserhöhungenazu dienen, dieses Unternehmen für die Börse aufzu-übschen.Ich frage nach, wie das Ministerium sicherstellenill, dass die Preisgestaltung transparent wird. Sie habenesagt, die Preisgestaltung sei alleinige Aufgabe des Un-ernehmens. Aber bei einem Unternehmen, das zu00 Prozent in Bundesbesitz ist, darf das nicht der Fallein. Vielmehr ist die Preisgestaltung gegenüber dem Ei-entümer – das sind wir – transparent zu machen.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Oktober 2006 5441
)
)
K
Herr Kollege Hofreiter, es geht um Preiserhöhungen.
Wie Sie sicherlich wissen, sind diese aufgrund der Ge-
setzeslage alleinige Sache des Unternehmens, genauso
wie die Kommunikation zwischen dem Unternehmen
auf der einen Seite und der Öffentlichkeit auf der ande-
ren Seite. Wir, die Bundesregierung, werden keinen Ein-
fluss nehmen.
Hinsichtlich der Transparenz gehen wir angesichts
der Zahlen, auf die Sie gerade zu Recht hingewiesen ha-
ben, davon aus, dass es Gründe für eine Erhöhung der
Fahrpreise im Fernverkehr gibt. Aber es ist nicht Auf-
gabe der Bundesregierung, sondern alleinige Aufgabe
des Aufsichtsrates und des Vorstandes der DB AG, Fahr-
preiserhöhungen zu prüfen.
Eine weitere Nachfrage, Herr Hofreiter.
Stimmen Sie mir zu, dass die Bundesregierung kein
Interesse hat, für Transparenz innerhalb der Finanz-
ströme der DB AG zu sorgen?
K
Es geht hier um Fahrpreiserhöhungen und nicht um
Finanzströme, zum Beispiel bei der Finanzierung der In-
frastruktur; das ist ein anderes Thema.
Herzlichen Dank. – Da es keine weiteren Nachfragen
gibt, kommen wir zur Frage 17 des Abgeordneten
Dr. Anton Hofreiter:
Wird die Bundesregierung bzw. der Bundesminister für
Verkehr, Bau und Stadtentwicklung im Falle der Uneinigkeit
der Bundesländer in der Frage der Genehmigungsfähigkeit im
Hinblick auf die Preisanhebung zum 1. Januar 2007 bei der
DB AG das in § 5 Abs. 4 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes
vorgesehene Einvernehmen dahin gehend herstellen, der be-
antragten Preisanhebung zuzustimmen, und wie lässt sich
nach Auffassung der Bundesregierung die Preisanhebung mit
dem im Vergleich zum Vorjahr verbesserten Betriebsergebnis
der DB AG in Einklang bringen?
Frau Staatssekretärin Roth, Sie haben wieder das
Wort.
K
Danke schön, Frau Präsidentin. – Die Zuständigkeit
für die Genehmigung der Tarife, also für Beförderungs-
bedingungen und -entgelte für den Schienenpersonen-
nahverkehr, liegt bei den Bundesländern. Das Bundes-
ministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung hat
grundsätzlich keine Möglichkeit, auf Tarifentscheidun-
gen im Nahverkehr Einfluss zu nehmen. Lediglich wenn
keine einvernehmliche Genehmigung der Tariferhöhung
durch die Bundesländer erfolgt, hat der Bund auf Antrag
der Bundesländer zu entscheiden. Dabei ist die Zustän-
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Speziell im Nahverkehr, dem einzigen Bereich, der
ewinnträchtig ist, hat die DB AG extrem hohe Ge-
inne, nämlich rund 500 Millionen Euro. Deshalb wäre
s doch sinnvoll, diese Preiserhöhungen nicht zu geneh-
igen. Stimmen Sie mir da zu?
K
Das ist Sache der Länder. Wenn die Länder die Tarife
enehmigen, werden sie ihre Gründe haben.
Danke schön.
Damit kommen wir zur Frage 18 des Abgeordneten
ans-Kurt Hill von der Fraktion Die Linke:
In welchen einzelnen Punkten ist bei der Bundesregierung
die Einführung eines bedarfsorientierten Gebäudeenergiepas-
ses, so wie ihn Deutscher Mieterbund, Verbraucherzentrale
Bundesverband und Deutsche Umwelthilfe fordern, strittig?
K
Frau Präsidentin! Kollege Hill, der Referentenentwurf
ur Novellierung der Energieeinsparverordnung wird ge-
enwärtig in der Bundesregierung abgestimmt. In die-
em Zusammenhang wird auch über die Gestaltung des
nergieausweises entschieden.
Ihre Nachfrage, bitte.
Vielen Dank, Frau Staatssekretärin, für diese kurze
nd prägnante Auskunft. Meine Frage geht dahin: Wel-
he Art von Energiepass wird abgestimmt, und zwar von
er Sache her? Wird es ein bedarfsorientierter oder ein
erbrauchsorientierter Energiepass sein?
K
Das ist die Frage, die im Rahmen der Ressortabstim-
ung zurzeit geklärt wird. Ich gehe davon aus, dass
iese Klärung rechtzeitig erfolgt.
Kann ich also davon ausgehen, dass die Frage, ob esinen bedarfsorientierten oder einen verbrauchsorientier-
Metadaten/Kopzeile:
5442 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Oktober 2006
)
)
Hans-Kurt Hillten Energiepass geben wird, in der ganzen Zeit strittig istund dass wir deswegen darauf verzichten, einen Energie-pass so rechtzeitig einzuführen, dass wir schon heute dieAuswirkungen des Energiepasses insbesondere auf dasHandwerk und auf den Arbeitsmarkt vermerken könn-ten?K
Herr Kollege Hill, wir können feststellen, dass das
CO2-Sanierungsprogramm, also die Energieeinsparun-
gen im Zusammenhang mit den Gebäudesanierungen,
gut angenommen wird. Daher, so denke ich, ist der Zu-
sammenhang zwischen Energieausweis auf der einen
Seite und CO2-Sanierungsprogramm auf der anderen
Seite positiv zu bewerten.
Es ist richtig: Wir diskutieren die Frage der Wahl-
möglichkeiten und die der Einführung des Bedarfsaus-
weises oder des Verbrauchsausweises sowie die Frage,
ab wann ein Bedarfsausweis und ab wann ein Verbrauchs-
ausweis vorgeschrieben wird. Wir legen großen Wert
darauf, dass die Wahlfreiheit ermöglicht wird. Aber sie
hat nichts mit der Wirtschaftlichkeit und der Entwick-
lung der Wirtschaft zu tun. Im Gegenteil: Wir nehmen
gerade wahr, dass die Gebäudesanierung der konjunktur-
politische Renner der Bundesregierung ist.
Da es keine weiteren Nachfragen zu dieser Frage gibt,
kommen wir zur Frage 19 des Abgeordneten Hans-Kurt
Hill:
Wann genau können die Verbraucherinnen und Verbrau-
cher, die unter stark gestiegenen Energiekosten leiden, mit der
Einführung eines Gebäudeenergiepasses rechnen, der nach
EU-Vorgabe bereits im Januar dieses Jahres hätte eingeführt
werden müssen?
K
Vielen Dank. – Der Energieausweis soll im Zusam-
menhang mit der Novellierung der Energieeinsparver-
ordnung so rasch wie möglich eingeführt werden. Der
Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der neuen Verordnung
und der Einführung des Energieausweises für Verkaufs-
und Vermietungsfälle kann aber schon deshalb nicht be-
stimmt werden, weil die Ressortabstimmung noch nicht
erfolgt ist. Wie gesagt: Wir arbeiten daran.
Sie haben eine Nachfrage, bitte.
Selbstverständlich, Frau Präsidentin. – Ich danke Ih-
nen wiederum für diese kurze und prägnante Ausfüh-
rung, die sich inhaltlich eigentlich fast mit dem deckt,
was Sie schon eben gesagt haben. Ich muss trotzdem et-
was anmerken und daraus eine Frage entwickeln. Wir
sollten eigentlich den Energiepass seit dem 1. Januar
dieses Jahres zur Verfügung haben. So sehen es die EU-
Rahmenrichtlinien vor. Wir haben jetzt Oktober. Woran
liegt es denn, dass es innerhalb der Regierung so lange
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Oktober 2006 5443
)
)
Vizepräsidentin Petra PauWir sind damit am Ende dieses Geschäftsbereichs.Danke schön, Frau Staatssekretärin.Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeri-ums für Bildung und Forschung auf. Zur Beantwortungsteht der Parlamentarische Staatssekretär Andreas Stormzur Verfügung.Ich rufe die Frage 21 der Abgeordneten CorneliaHirsch von der Fraktion Die Linke auf:Welche Lösung haben die Bund-Länder-Verhandlungenzum Hochschulpakt bezüglich der Fortsetzung der Hoch-schul- und Wissenschaftsprogramme, insbesondere des Pro-gramms zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen inForschung und Lehre, gefunden bzw. welche Lösung wirdvon der Bundesregierung vorgeschlagen?A
Frau Kollegin Hirsch, ich beantworte Ihre Frage wie
folgt: Das Hochschul- und Wissenschaftsprogramm,
HWP, endet am 31. Dezember dieses Jahres. Eine Fort-
setzung ist nicht geplant. Die Grundverantwortung für
die Hochschulen liegt nach der Föderalismusreform bei
den Ländern. Das gilt auch für die Förderbereiche des
HWP. Eine Fortsetzung der Förderung wäre damit Län-
dersache.
Der Hochschulpakt soll nach derzeitigem Verhand-
lungsstand auf zwei Säulen beruhen: zum einen auf ei-
nem Programm zum Ausbau der Ausbildungsleistung
der Hochschulen, um der steigenden Zahl von Studien-
anfängerinnen und Studienanfängern ein qualitativ hoch-
wertiges Hochschulstudium zu ermöglichen, insbeson-
dere durch die Schaffung zusätzlicher Stellen, und zum
anderen auf einer Programmkostenpauschale für erfolg-
reiche Hochschulforschung, die sich im Wettbewerb um
Fördermittel der DFG durchsetzt.
Die konkrete Ausgestaltung des Hochschulpaktes ist
derzeit Gegenstand von Verhandlungen von Bund und
Ländern. Dies betrifft auch die Frage, wie die Länder bei
der Umsetzung der Maßnahmen im Rahmen des Hoch-
schulpakts wichtige strukturelle Gesichtspunkte des
Ausbaus gegebenenfalls berücksichtigen, zum Beispiel
die auch von Ihnen angesprochene Förderung der Chan-
cengleichheit von Frauen in Forschung und Lehre.
Darüber hinaus sollen mit der aktuellen Bekanntma-
chung des Bundesministeriums für Bildung und For-
schung „Frauen an die Spitze“ Grundlagen für neue
Handlungsansätze zur Förderung der Chancengerechtig-
keit und zur Integration von Gender-Fragen in den unter-
schiedlichen Bereichen der Forschung geschaffen wer-
den. Es sollen Faktoren untersucht werden, die einer
chancengerechten Karriereentwicklung entgegenstehen,
um daraus Handlungsansätze zu entwickeln. Außerdem
sollen strukturelle Ansätze entwickelt werden, die zu ei-
ner durchgängigen Betrachtung von Gender-Perspek-
tiven in naturwissenschaftlichen und technischen For-
schungsbereichen führen.
Danke, Herr Staatssekretär. – Kollegin Hirsch, Sie ha-
ben die Möglichkeit zur Nachfrage.
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5444 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Oktober 2006
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Oktober 2006 5445
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Metadaten/Kopzeile:
5446 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Oktober 2006
)
)
– beide von der FDP-Fraktion – werden
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Oktober 2006 5447
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)
Ab 2007 wird es zu massiven, breiten Beitragssatzerhö-hungen kommen. 2007 werden wir erstmals einen Re-kordbeitragssatz von nahezu 15 Prozent erreichen. Dasführt zu einer Mehrbelastung der Versicherten inDeutschland im Umfang von mindestens 8 MilliardenEuro. 2008 und 2009 werden die Beitragssätze weitersteigen, obwohl Sie noch im Koalitionsvertrag das Zielformuliert haben, die Lohnzusatzkosten zu senken unddie Krankenkassenbeiträge zumindest stabil zu halten.Das Ziel, durch eine Festschreibung des Arbeitgeber-beitrages einen Beitrag zur Konsolidierung des Arbeits-marktes zu leisten, wird mit dieser Reform überhauptnicht verfolgt. Im Gegenteil: Demnächst werden dieLohnzusatzkosten und damit auch die Arbeitgeberbei-träge massiv steigen; denn Sie, Frau Ministerin Schmidt,und die Bundesregierung werden dann entscheiden, wieviel Geld dem Gesundheitswesen zur Verfügung gestelltwird. Sie werden dann entscheiden, wie hoch der poli-tisch festgelegte, bundesweit einheitliche Beitragssatzausfallen soll. Die Bundesregierung entscheidet dannalso jährlich, wie viel Geld dem Gesundheitswesen imdarauf folgenden Jahr zur Verfügung gestellt wird. Dasist Gesundheitspolitik nach Zuteilung und Kassenlage.
Was passiert denn, wenn das Geld nicht ausreicht?Was passiert denn, wenn der Beitragssatz und damit dieLohnzusatzkosten eigentlich steigen müssten? Dannwürde der Arbeitsmarkt belastet. Also wird es sofort denDruck geben, dass das nicht passiert. Was macht danndie Bundesregierung? Sie wird wieder mit einer kurzfris-tigen Kostendämpfungspolitik auf dem Rücken der Pa-tienten, also zulasten der Versorgung, eine allenfallskurzfristige Lösung finden. Das heißt, das Gesundheits-wesen ist weiterhin chronisch unterfinanziert. Die Fol-gen werden Mangelverwaltung und Wartelisten sein.Wir, die FDP, stellen uns deshalb mit aller Vehemenzgegen diesen Weg in ein staatliches und zentralistischesGesundheitswesen. Wir glauben, dass wir ein Gesund-heitswesen brauchen, das auf Freiheit und Transparenzaufbaut,
das den Versicherten mehr Wahlmöglichkeiten bietetund ihnen die Entscheidung darüber überlässt, welchenVmtmtgiztwsDmsWeBHSHljWtmrsnWdsnzdsawws
ir sollten niemandem, der über dieses Thema disku-iert und um die richtige Lösung ringt, absprechen, dasit bestem Wissen und Gewissen und im Bemühen da-um zu machen, dass wir auch in Zukunft für alle in die-em Land unabhängig von ihrem Einkommen eine ver-ünftige Versorgung sicherstellen können.
ir können über die Wege dahin streiten. Aber uns aufie Art und Weise, wie Sie es gerade getan haben, abzu-prechen, dass wir genau darum ringen, das sollten Sieicht tun.
Nichtsdestotrotz nutzen Sie mittlerweile in jeder Sit-ungswoche die Möglichkeit einer Aktuellen Stunde zuiesem Thema. In diesen Zusammenhang passt die Pres-emitteilung Ihres Parlamentarischen Geschäftsführers,uf die ich gleich zu sprechen komme. Er hat mittler-eile einen sehr populistischen Ton angeschlagen, wieir ihn sonst eigentlich nur von der Linkspartei gewohntind. Das kennen wir mittlerweile im Hinblick auf die
Metadaten/Kopzeile:
5448 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Oktober 2006
)
)
Jens SpahnRente mit 67, die Praxisgebühr und jetzt auch bei diesemThema.
Dies hätte ich von der FDP eigentlich nicht erwartet.Sie haben einmal mehr auf die Frage, was Sie jenseitsder großen Überschriften, die wir alle kennen, angesichtsder Ausgabendynamik, wie sie sich für die nächstenJahre und insbesondere das nächste Jahr abzeichnet,
und angesichts steigender Kosten aufgrund des medizi-nisch-technischen Fortschrittes und der demografischenEntwicklung tun wollen, keine Antwort gegeben. Nur zuschimpfen und ein paar Überschriften zu nennen, reichtnicht, um alle zwei Wochen im Deutschen Bundestageine Debatte zu diesem Thema zu führen.
Herr Oppositionsführer, zu einer konstruktiv-kriti-schen Opposition würde es auch gehören, anzuerkennen,
dass in den Eckpunkten bzw. im Gesetzentwurf be-stimmte Elemente enthalten sind, die der FDP eigentlichgefallen müssen, nämlich die Einführung eines Kosten-erstattungstarifes, die Einführung von Wahltarifen undSelbstbehalttarifen sowie die Einführung von mehrWettbewerb aufseiten der Leistungserbringer, bei denÄrzten. Ich weiß, da ist es mit der liberalen Haltungnicht mehr ganz so weit her. Es wird aber nicht nur beiden Ärzten, sondern auch bei den Apothekern und aufdem Arzneimittelmarkt mehr Wettbewerb geben. Zu alldiesen Punkten, die doch eigentlich liberalem Gedan-kengut entsprechen müssten und die eine konstruktiv-kritische Opposition anerkennen würde, haben Sie leiderkein Wort gesagt und sich in keiner Weise dazu ausge-lassen. Das ist eigentlich sehr schade, Herr KollegeBahr.
Ich möchte auf das eingehen, was zumindest laut Ih-rem Parlamentarischen Geschäftsführer der Anlass zudieser Aktuellen Stunde ist; Sie, Herr Bahr, haben dazuleider kein Wort gesagt. Auf der Homepage der FDPwird seine Pressemitteilung wiedergegeben:‚Das künftige Abkassieren von Krebskranken istzynisch und kaltherzig’... Vor diesem Hintergrundhabe seine Fraktion eine Aktuelle Stunde … bean-tragt.ZDoihddatmtDdwigdßgBwlbDHwbWTSzadwgs
Hinzu kommt, dass der Kerngedanke der Vorsorgeem liberalen Gedankengut, nämlich der Eigenverant-ortung, entstammt. Wir verlangen von denen, die dazun der Lage sind – es geht nicht um diejenigen, die auf-rund ihres Alters oder ihrer Situation gar nicht dazu iner Lage sind –, ab einem bestimmten Alter in regelmä-igen Abständen zur Früherkennungsuntersuchung zuehen bzw. Vorsorge zu betreiben. Wir verlangen zumeispiel, dass einmal im Jahr ein kostenloser Arztbesuchahrgenommen wird. Ich glaube, es ist nicht zu viel ver-angt, mit Blick auf die eigene Gesundheit Vorsorge zuetreiben.
ie Debatte darüber sollten wir einmal vor liberalemintergrund führen.Liebe Kollegen von der FDP, lieber Herr Westerwelle,ir können diese Debatte gerne, wie Sie angeboten ha-en, jede Woche führen.
enn Sie aber jede Woche populistisch irgendwelcheickermeldungen vom Wochenende aufgreifen, wennie sich mit dem Sachverhalt aber nicht auseinander set-en wollen, wenn Sie die Debatte führen wollen, ohneuch nur eine konkrete Alternative zu bieten, wie wiren Herausforderungen des Gesundheitswesens gerechterden können, dann sind das Debatten auf sehr niedri-em Niveau. Dann steht es um die gesundheitliche Ver-orgung der Menschen in diesem Lande schlecht.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Oktober 2006 5449
)
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Für die Fraktion Die Linke spricht nun der Kollege
Frank Spieth.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Das Wettbewerbsstärkungsgesetz – das sagen
alle Fachleute – löst keines der strukturellen Probleme
der gesetzlichen Krankenversicherung. Gestoppt wird
nicht die Erosion der Einnahmebasis der GKV infolge
sinkender Löhne, Gehälter und Renten und alle anderen
Einnahmequellen insbesondere Vermögen werden außer
Acht gelassen.
Dieses Gesetz wird verhängnisvoll sein, weil es
– wiederum – nur ein Spargesetz sein wird. Es greift im
Wesentlichen bei denen zu, die weniger als 3 900 Euro
Einkommen erzielen, und lässt die darüber liegenden
Einkommen außen vor.
Dieses Wettbewerbsstärkungsgesetz – „W“ wie Wettbe-
werb, „S“ wie Sterben und „G“ wie Glöckchen – ermög-
licht keinen Wettbewerb um eine vernünftige Finanzie-
rung einer solidarischen Krankenversicherung und die
Bereitstellung der notwendigen Leistungen.
Dieses Gesetz ist gemessen an den Ansprüchen der Ko-
alition nach unserer Auffassung ein Desaster.
Wir müssen mit einer Beitragserhöhung um 0,5 bis
1 Prozentpunkt schon im nächsten Jahr rechnen. Gleich-
zeitig werden Sie die Höhe der Arbeitgeberbeiträge de-
ckeln, was zur Folge haben wird, dass die zukünftig ent-
stehenden zusätzlichen Kosten von den Versicherten
allein zu tragen sein werden.
Die kleine Kopfpauschale, die Sie verschämt „pau-
schalen Zusatzbeitrag“ nennen, wird Teil des Systems
werden, was zur Konsequenz haben wird, dass die Versi-
cherten zuzahlen müssen. Über die Höhe findet öffent-
lich ein Wettbewerb statt. Wie viel soll es denn nun sein?
Die CDU will 3 Prozent und die SPD 1 Prozent. Dazu
sagen die Menschen: Lieber 1 Prozent, wie es die SPD
vorschlägt. Natürlich sagen sie das. Es gäbe allerdings
eine Alternative, nämlich überhaupt keine Kopfpau-
schale festzulegen, sondern endlich die Bürgerinnen-
und Bürgerversicherung einzuführen. Dann wäre dieser
ganze Unsinn nicht erforderlich.
Außerdem wollen Sie mit diesem Gesetz einen Teil-
kaskotarif für die Gesunden einrichten, die es sich leis-
ten können, einen Eigenanteil – beispielsweise in Höhe
von 1 000 Euro pro Jahr – zu zahlen. Für die Kranken
wollen Sie einen Vollkaskotarif einführen.
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ie kritisieren, dass wir bei der Umlagefinanzierungleiben. Sie sagen, dass das zulasten der jungen Genera-ion geht. Wir halten es für ein bewährtes System,
ass Menschen für andere Menschen zahlen, dass dieungen für die Alten einstehen wie früher die jetzt Altenür ihre Älteren eingestanden sind,
ass Gesunde für Kranke einstehen und dass diejenigenhne Kinder für diejenigen mit Kindern einstehen. Dasst der Solidargedanke,
er dazu führt, dass in unserem Gesundheitswesen – Gottei Dank! – viele Menschen viel mehr einzahlen, als sieemals in Anspruch nehmen müssen, damit die Men-chen, die krank sind, auf der Höhe des medizinischenortschritts das erhalten, was sie brauchen und was me-izinisch notwendig ist.
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Bundesministerin Ulla SchmidtIch sage: Das kostet für viele kranke Menschen mehr, alssie jemals in ihrem Leben einzahlen könnten.Unsere Ansichten stehen schon in diesem Punkt dia-metral gegensätzlich zueinander: Ihre Partei will einePolitik, die die individuellen Lebensrisiken privatisiert,und wir gehen an die Lösung dieser Probleme heran, in-dem wir das Solidarprinzip stärken und uns dafür einset-zen, dass alle in dieser Gesellschaft füreinander einste-hen.
Deshalb werden wir nie zu einheitlichen Auffassungenin der Gesundheitspolitik kommen.
Wir können jede Woche darüber diskutieren. Es trennenuns Welten.
Auch Sie auf der linken Seite des Hauses sollten Wel-ten von der FDP trennen, deren gesundheitspolitischeKonzepte man in zwei kleine Gruppen einteilen könnte.Erstens fürchtet – Herr Kollege Spahn, deshalb würdeHerr Kollege Bahr nie etwas Positives daran finden, dasswir Wettbewerb einführen und dass wir die Möglichkei-ten der Kassen erweitern, Preisverhandlungen zu führen –
die FDP für ihre Klientel den Wettbewerb mehr als derTeufel das Weihwasser. Darum geht es hier doch.
Zweitens hatte diese Partei immer nur eine Antwort.Ich habe dieses Amt ja schon lange inne
und wir haben viele Debatten miteinander geführt. IhrePartei möchte Ausschlüsse für Versicherte, weil Sie wol-len, dass die Versicherten selber für Krankengeld, fürZahnbehandlung und für Unfälle einstehen.
Sie wollen ein Kostenerstattungsprinzip und für Armeeine Notversorgung. Das ist die Politik der FDP. Daswird die Koalition nicht machen.
Deshalb kann man sich nur wünschen, dass Sie soschnell nicht wieder an einer bundespolitischen Regie-rung beteiligt werden. Ich hoffe, dass die Menschen indiesem Land entsprechend wählen.
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arin steht:Jeder Einzelne ist dafür verantwortlich, durch einegesundheitsbewusste Lebensweise der Entstehungvon Gesundheitsrisiken vorzubeugen, …
eiter hinten heißt es:… setzen die Liberalen auf Anreize zu gesundheits-bewusstem Verhalten.Genau darum geht es.
s geht nicht darum, kranke Menschen zu bestrafen. Eseht vielmehr darum, dass man, wenn man weiß, dass esorsorgeuntersuchungen gibt, diese nutzt. Wir haben dieerantwortung, Anreize dafür zu setzen, dass die Men-chen die notwendigen Vorsorgeuntersuchungen wahr-ehmen. Das ist ein Angebot, das sich vor allem anunge Menschen richtet. Viele Ältere haben diesehance nicht mehr.Wir leben in einer Gesellschaft, in der die Menschenlücklicherweise immer älter werden. Daher müssenrävention und gesundheitsbewusstes Verhalten zu denragenden Pfeilern unserer künftigen Gesundheitspolitikerden. Wir wollen Anreize schaffen, damit die Men-chen notwendige Vorsorgeuntersuchungen durchführenassen.
iejenigen, die das tun, sollen dafür belohnt werden.Die Richtigkeit dieses Weges zeigt sich auch darin,ass insbesondere die Deutsche Krebsgesellschaft genauiese Regelungen begrüßt. Auch ihrer Meinung nachuss mehr dafür getan werden, dass die Menschen dientersuchungen, die notwendig sind, um Krankheitenrühzeitig zu erkennen, durchführen lassen. Dazu stehenuch wir und dabei werden wir bleiben.
Durch das Gesundheitsreformgesetz wird der Wettbe-erb gestärkt. Diese Reform setzt bei der Frage an: Wel-he Versorgung brauchen die Menschen? Sie ist seit lan-er Zeit die erste Reform, durch die keine reineostendämpfungspolitik betrieben wird – das wäre,
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Bundesministerin Ulla Schmidtwenn wir andere Mehrheiten hätten, alles, was wir tunkönnten –, sondern eine Reform, mit der wir das Zielverfolgen, die strukturellen Probleme unseres Gesund-heitswesens zu lösen. Dabei geht es unter anderem umdie Trennung zwischen ambulanter und stationärer Be-handlung. Die Forderung nach mehr Freiheit ist nichtetwa so zu verstehen, dass die Menschen von jeglicherVerantwortung frei sein sollen. Gemeint ist vielmehr,dass die Krankenkassen den Menschen Angebote füreine sehr gute Gesundheitsversorgung machen sollen,zwischen denen sie wählen können.Ich sage Ihnen, was wir tun werden, weil wir wollen,dass die Menschen wählen bzw. sich frei entscheidenkönnen:
für einen Arzt, für ein Krankenhaus und für eine Kran-kenkasse, von der sie glauben, dass sie ihnen gute Ver-sorgungsangebote macht, zum Beispiel für chronischkranke Menschen oder in Bezug auf alternative Medizin.Das unterscheidet uns von Ihnen.Wir wissen: Zu dieser Freiheit gehört, dass jederMensch in diesem Land – jede Frau, jeder Mann und je-des Kind – das Recht haben muss, versichert zu sein.Wir verlangen von den Krankenkassen, auch von denprivaten, jeden Menschen ohne Ansehen des individuel-len Krankheitsrisikos zu versichern, damit hier jederMensch Versicherungsschutz hat.
Allein dafür, Herr Kollege Spieth, hätten wir von IhrerSeite ein Lob bekommen müssen. Denn Sie haben es lei-der noch nie geschafft, ein solches Vorhaben umzuset-zen.Wir werden diesen Gesetzentwurf intensiv beraten,sowohl im Kabinett als auch in den Fraktionen, und wirwerden genügend Zeit haben, auch hier im Bundestagdarüber zu diskutieren.
Ich rate Ihnen dringend, bei diesem Thema sehr genauhinzuschauen. Wenn man nur das Geschrei der Lobby-gruppen zur Kenntnis nimmt, wird die Bewertung diesesGesetzentwurfs sehr einseitig ausfallen.Wir haben uns zum Ziel gesetzt, den Umfang der not-wendigen Leistungen im Rahmen dieser Reform auszu-weiten. Dabei geht es um die Verbesserung der Versor-gung von todkranken Menschen, die Ausweitung derRehabilitationsangebote für Ältere und vieles andere.Wir wollen eine Reform durchführen, die weder Leis-tungsausschlüsse noch Zuzahlungserhöhungen mit sichbringt.Wenn man das will, dann muss man den Mut haben– wir haben ihn –, sich mit allen Besitzstandswahrern imGesundheitswesen anzulegen und ihnen deutlich zu ma-chen: Alle müssen sich bewegen, auch die Krankenkas-sSSVWsgdssMddwWSkagmtdFswDdDSwddGeu
arum lösen Sie die Vorschrift, dass die Kassen ihrechulden tilgen müssen, aus dem Gesetzentwurf heraus,nallen heute Morgen im Ausschuss einen Änderungs-ntrag zu einem laufenden Gesetz auf den Tisch und sa-en, das müsse jetzt so sein? Wenn so viel Zeit ist, kannan das im Gesamtkontext der Gesundheitsreform bera-en. Offensichtlich gibt es gewisse Panikreaktionen beier Koalition.
In einem Punkt haben Sie Recht: darin, dass Sie dieDP dafür kritisieren, dass sie das Solidarsystem zer-chlagen will. Mit Ihnen, Herr Kollege Westerwelle,ürde das Gesundheitssystem ja insgesamt privatisiert.
ie Freiheit, von der Sie sprechen, das wird eine Freiheiter Besserverdienenden sein.
as ist nicht unser Weg.Frau Ministerin, Ihre großartigen Bekenntnisse zumolidarsystem sind nicht besonders glaubwürdig. Hierar viel von Zynismus die Rede im Zusammenhang miter neuen Regelung für chronisch Kranke. Wenn maner Meinung ist, dass es zum Solidarsystem gehört, dassesunde für Kranke mit aufkommen – das sehen wirindeutig so –, dann ist es ein Fehler, zwischen „guten“nd „schlechten“ Kranken zu unterscheiden.
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Birgitt BenderIch kann Sie nur warnen, diese abschüssige Ebene zu be-treten.Die große Mehrheit der Krankheiten, die Geld kosten,sind solche, die lebensstilbedingt sind. Sie haben etwaszu tun mit falscher Ernährung, mangelnder Bewegung,belastenden Arbeitsplätzen, belasteter Wohnumgebung.An vielen dieser Faktoren können die Menschen selberetwas ändern; man muss sie nur dazu befähigen. Das istAufgabe der Politik: für gescheite Prävention zu sorgen.
Nicht Aufgabe der Gesundheitspolitik ist es, Menschen,die krank sind und behandelt werden müssen, zu sagen:„Hättest du dich vorher gesundheitsbewusst verhaltenund das vom Arzt bescheinigen lassen!“ oder „Hättest durechtzeitig die Möglichkeiten der Labordiagnostik ge-nutzt; jetzt ist eine Strafzahlung fällig!“. Das bedeutetgerade ein Stück Abkehr vom Solidarsystem. Man musssich wundern, dass ausgerechnet eine sozialdemokrati-sche Ministerin so etwas mitmacht.
Zu der Reform im Ganzen. Was haben wir zu erwar-ten? Die Kanzlerin hat ja vordem schon angekündigt: Eswird teurer. Damit hat sie die Wahrheit gesagt. Sie hatnur eine falsche Begründung gegeben. Wir haben zu er-warten, dass die Beitragssätze im nächsten Jahr mit Be-stimmtheit auf 15 Prozent steigen. Manche Experten,wie der Leiter des Wissenschaftlichen Instituts der AOK,sagen bereits: 15,5 Prozent. Diese Steigerungen liegenaber nicht, wie die Kanzlerin gesagt hat, an der Alterungder Gesellschaft und am medizinischen Fortschritt. Mitdieser Reform wird der medizinische Fortschritt nichtbefördert und es wird auch niemand länger leben. Daseinzige, was passiert, ist doch, dass es teurer wird.
Dafür ist die Koalition selbst verantwortlich. Sie hat dieEntkopplung vom Faktor Arbeit, die, wie alle erkannthaben,
entscheidend ist, nicht vorgenommen. Sie tun nichts füreine nachhaltige Finanzierung. Steuermittel gibt es amEnde nicht mehr, sondern weniger.
Dann schreiben Sie auch noch eine Luftbuchung ins Ge-setz, gewissermaßen: Demnächst – wenn die Morgenrötekommt? – gibt es mehr Steuermittel. Das ist keine politi-sche Lösung. Sie verschärfen das Finanzierungsproblem,indem Sie den Steuerzuschuss für Familienleistungen– bestritten aus dem Tabaksteueraufkommen – wiederstreichen. Die Krankenkassen werden im Jahre 20091,2 Milliarden Euro weniger an Steuermitteln zur Verfü-gung gestellt bekommen als im laufenden Jahr.artPesdvgEkDgdnvUdeüdGbMtsksas–rwd
Schließlich beschließen Sie einen Gesundheitsfonds,on dem niemand von Ihnen erklären kann, wozu er ei-entlich gut sein soll.
s gibt keine Begründung für diesen Fonds, er ist voll-ommen nutzlos. Das Ganze nennen Sie eine Reform.a kann ich nur sagen: Eine Reform, bei der alle künfti-en Kostenrisiken auf die Versicherten abgeladen wer-en und sonst nichts passiert, die verdient ihren Namenicht. Deswegen wird es Zeit, dass dieses Trauerspielom Spielplan abgesetzt wird.
Das Wort hat der Kollege Hubert Hüppe für die
nionsfraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nachen Beiträgen der Opposition darf ich vielleicht nochinmal daran erinnern, worüber wir sprechen, nämlichber die Folgen für die Beitragszahler und die Patienten.
Es wird niemanden verwundern, dass ich als Behin-ertenbeauftragter meiner Fraktion jetzt nicht für dieruppen spreche, die starke Lobbyisten hinter sich ha-en und finanziell gut ausgestattet sind, sondern über dieenschen, um die es geht, nämlich über die Schwächs-en, die Menschen mit Behinderungen, die alten Men-chen, die schwerstkranken Menschen, die chronischranken Menschen und die sterbenden Menschen.
Man kann ja vieles kritisieren – das steht einer Oppo-ition auch zu –,
ber es wäre natürlich anständiger, wenn Sie nicht nuragen würden, dass das ein zynischer Gesetzentwurf ist ich komme noch dazu –, sondern wenn Sie auch da-über reden würden, dass es neue Leistungen gebenird, die diesen Menschen in Zukunft mehr helfen wer-en.
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Hubert Hüppe
Ich nenne Ihnen einfach ein paar Beispiele: Die geria-trische Reha wird in Zukunft finanziert werden. KeinMensch aus der Opposition erkennt das an. Ich meine, esist richtig, dass auch alte und pflegebedürftige Menschenein Recht und einen Anspruch auf Rehabilitation haben.
Das bedeutet nicht nur, dass der Grundsatz Reha vorPflege beachtet werden muss – diesen Grundsatz vertre-ten Sie eigentlich auch, Herr Spieth –,
sondern dass auch diejenigen, die gepflegt werden, einenAnspruch auf Reha haben.
Als neuer Anspruch steht in dem Gesetzentwurf, dassMenschen mit Behinderungen, die in Einrichtungen le-ben, demnächst auch eine häusliche Pflege erhalten. Dasist bisher ein großes Problem für die Einrichtungen, weildie Menschen diese häusliche Hilfe im Moment reintechnisch nicht bekommen können. Die Pflege wird vonden Einrichtungen wahrgenommen. Gerade die kleinenEinrichtungen, die wir haben wollen – es geht nicht umdie großen Einrichtungen –, sind gar nicht in der Lage,diese Hilfe zu leisten. Für diese Menschen tun wir das.Die Leistungen für Schwerstkranke und für die Pallia-tivmedizin – Frau Eichhorn wird gleich noch einmal da-rauf eingehen – werden gerade im ambulanten Bereichverbessert. Genau das wollen wir. Wir wollen, dass dieMenschen – das ist auch der Wunsch der Menschen – zuHause in ihrer gewohnten Umgebung gepflegt werdenund dass sie nicht in Einrichtungen oder Krankenhäusernsterben müssen, sondern dort, wo die meisten Menschensterben wollen, nämlich in ihrer heimischen Umgebungbei ihren Verwandten. Das ist ein Akt der Nächstenliebe.Krankenhäuser sind nämlich nicht dazu da, dass dort ge-storben wird, sondern sie sind dazu da, dass die Men-schen dort geheilt werden. Die Menschen sollten dortsterben, wo sie es wollen und wo sie Liebe erfahren. Wirhaben diese Regelung vereinbart, um dies zu unterstüt-zen.
Wichtig ist ferner, dass wir jetzt die Regelung einfüh-ren, dass die Krankenversicherungen auch dann Hilfs-mittel zahlen, wenn die hundertprozentige Teilhabe vonMenschen mit Behinderungen in Zukunft nicht mehrmöglich sein wird. Es gab leider entsprechende Ge-richtsurteile und die Krankenkassen haben sie umge-setzt. Auch in meinem Wahlkreis gab es ein Beispiel da-für. Dort wurde einer Frau mit ALS kein Elektrorollstuhlmit einer Kopfsteuerung mehr genehmigt. Man sagte, siekönne ja gar nicht mehr am Verkehr teilnehmen. Damitsei die Teilnahme also nicht mehr gewährleistet.wmzwvdimbsguseMKelaegssDwbfwpIdvmr
Für die FDP-Fraktion spricht nun der Kollege
r. Konrad Schily.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auchenn ich noch immer ein bisschen neu im Bundestagin: Das GKV-Modernisierungsgesetz hat mich von An-ang an begleitet. Ich habe mich immer gefragt: Warumird dieses Gesetz gegen alle Widerstände durchge-eitscht?
ch sehe nur einen Gewinner: die staatliche Verwaltung,en Apparat.
Dieses Gesetz wird auch mit sozialen Argumentenerteidigt. Um einen Machtzuwachs, nämlich die Staats-edizin, zu erreichen, ist manchen fast jedes Mittelecht, auch das der Täuschung. Der jetzige Referenten-
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Dr. Konrad Schilyentwurf trägt den Titel „GKV-Wettbewerbsstärkungsge-setz“. Eigentlich aber wird der Wettbewerb aufgehoben.
Dahinter stehen Zwangsfusion und Gleichschaltung; daskann man so sagen.
– In der Wirkung ist das so.Wir haben über den Fonds gesprochen und gehört,dass er 2009 eingeführt werden soll. 20 Jahre nachdemdas Volk der DDR den Fonds in der DDR beseitigt hat,sind wir beim Wandel durch Rückschritt statt durch An-näherung angekommen. Wir sind auf dem Weg in dieVergangenheit.
Es wird hier von der Solidargemeinschaft gesprochen.Eine Solidargemeinschaft ist die Vereinigung von Freienund Gleichen.
Die Solidargemeinschaft, die ich in Ihrem Gesetzentwurfwiederfinde, ist die Kollektivierung von Menschendurch Apparate. Das hatten wir schon. Das hat nichts mitSolidarität zu tun.
– Nein, eine Staatsmedizin hat sich in der ganzen Weltnoch nie bewährt.Die Therapiefreiheit bleibt dabei auf der Strecke. Dasfreie vertragliche Miteinander der Leistungserbringerwird durch Zwänge ersetzt.
Die Bürger werden durch höhere Kassenbeiträge, wei-tere Zuzahlungen und höhere Steuern zur Kasse gebeten.
Im Klartext bedeutet das: weniger medizinische Leistun-gen, erheblich höhere Kosten für den Bürger und mehrVerwaltung. Besser wird es dadurch ganz sicher nicht.
Es ist eine Reform – das habe ich gesagt – in Rich-tung Vergangenheit.Wenn alle anderer Meinung als der Einzelne sind– dafür gibt es einen psychiatrischen Begriff –, dannkann er sagen: Alle anderen spinnen. Es könnte aberauch sein, dass der Einzelne eine überwertige Idee ent-wickelt und die anderen gar nicht mehr wahrnehmenkann.WdnZshrIdg–vegkhMdtsnmaTDusB
enn ich ein Ideal zu einer Ideologie mache, dann kannie Ideologie eine überwertige Idee werden. Diese istach psychiatrischen Begriffen meist krankhaft.
Der Zug fährt in Richtung Vergangenheit, in einwangssystem. Er fährt nicht in Richtung eines wirklichozialen Systems, in dem dem Einzelnen tatsächlich ge-olfen werden kann, Herr Hüppe. Ich weiß, wovon ichede.
ch habe viele Briefe von Privatversicherten bekommen,ie mir bestätigt haben, wie gut es ihnen mit ihrer Kasseeht – und zwar von den weniger gut Verdienenden.
Hören Sie doch auf! Dass bei den privaten Kranken-ersicherungen nur Reiche versichert sind, ist wiederine Ihrer Ideologien. Sie kennen die Zahlen und wissenenau, dass 80 Prozent der Mitglieder der privaten Kran-enkassen geringer Verdienende sind.
Ich denke, der Zug in die Vergangenheit muss aufge-alten werden. Franz Josef Strauß, der sicherlich keinann der FDP war, hat einmal gesagt: Wenn der Zug inie falsche Richtung fährt, dann sind alle einzelnen Sta-ionen falsch. Ich hoffe, dass der Widerstand gegen die-en Zug anhält und nachhaltig ist. Einen Zug kann manicht während der Fahrt wenden,
an muss ihn aufhalten und neu auf die Schienen setzen,ber in die richtige Richtung. Dafür steht die FDP.Vielen Dank.
Für die SPD-Fraktion spricht nun die Kollegin Jella
euchner.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Herren undamen! Es ist keine Frage: Die Gesundheitsreform wirdns in den Gremien noch intensiv beschäftigen. Es be-teht – das wird auch heute deutlich – noch gehörigereratungsbedarf.
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Jella TeuchnerSpannend ist aber, dass ausgerechnet die FDP dieKoppelung der Chronikerregelung mit der Teilnahme anVorsorgeuntersuchungen so vehement ablehnt.
Es ist doch Ihr Credo, dass die Leistungen der gesetzli-chen Krankenversicherungen auf das gesundheitlichNotwendigste abgespeckt werden sollten. Sind das dieAnreize, die Sie geben wollen? Wer Sport macht und da-her gesünder lebt, muss selbst zahlen; eine Vorsorgeun-tersuchung kann man nicht verlangen. Was ist das füreine Logik? Ich finde es sehr eigenartig, wie Sie Eigen-verantwortung definieren.
Wie finanzieren wir die Krankenversicherungen? Wermuss welchen Beitrag leisten? Woher kommt das Geld?Das sind die Fragen, die wir beantworten müssen.Eigentlich haben wir eine gute Antwort: Da man auchkrank wird, wenn man sich gesund ernährt und Vorsor-geuntersuchungen wahrnimmt, muss das LebensrisikoKrankheit von allen gemeinsam getragen werden.
– Ja, das machen wir doch.Die Gesundheitsreform ist keine Spielwiese für Popu-lismen. Die Diskussion darüber darf nicht dazu führen,dass Egoismen zu Gerechtigkeit umdefiniert werden. Esgeht darum, die Finanzierung des Lebensrisikos Krank-heit auch in Zukunft solidarisch zu organisieren. DieVersicherten der gesetzlichen Krankenversicherungensind Mitglieder einer Solidargemeinschaft, die auch inZukunft tragfähig gestaltet werden muss.
Wenn vorgeschlagen wird, Sportunfälle aus dem Leis-tungskatalog zu streichen, persönliche Rückstellungenzu bilden und den Zusatzbeitrag über die maximalen5 Prozent steigen zu lassen, dann ist das keine Genera-tionengerechtigkeit. Es ist schlicht und einfach ein gro-ßer Schritt aus der Solidargemeinschaft heraus.
Das gilt auch dann, wenn wir aus der einen Solidarge-meinschaft 16 Ländersolidargemeinschaften machensollen. Ohne einen Einkommensausgleich und einenfunktionierenden Risikostrukturausgleich ist das nichtmöglich. Andernfalls wird es einen Wettbewerb um dieguten Risiken geben, der der gesetzlichen Krankenversi-cherung schadet.Gleichzeitig brauchen wir eine kostendeckendeFinanzierung. Wenn wir stattdessen auf einen Preiswett-bewerb setzen, droht eine Verschlechterung der Leistun-gen, zum Beispiel durch die Streichung der Satzungs-leistungen oder die Einschränkung der im SGB V alsKmLhDigFcddLSrWMdmUcsbSftezinAznUtdppls
Eine Gesundheitsreform, die zwar das Gebäude deresetzlichen Krankenversicherung erhält, ihm aber dasundament entzieht, wird die solidarische Krankenversi-herung zum Einstürzen bringen. Es geht im Gegenteilarum, das Fundament zu stärken. Eine Verbreiterunger Beitragsgrundlage wäre sicherlich die sinnvollsteösung gewesen. Die Alternative ist, über eine spürbareteuerfinanzierung die Einbeziehung aller in die Solida-ität zu organisieren. In diese Richtung müssen wir dieeichen stellen.
Für die Unionsfraktion spricht nun die Kollegin
aria Eichhorn.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Me-izin hat im 20. Jahrhundert ungeheure Fortschritte ge-acht. Der medizinisch-technische Fortschritt hat einenmfang angenommen und eine Geschwindigkeit entwi-kelt, die ihn kaum noch kontrollierbar erscheinen las-en. Dieser medizinische Fortschritt hat Chancen ge-racht, aber auch Fragen aufgeworfen.Das Thema Sterben und Tod hat dabei einen neuentellenwert bekommen. Der Entwurf zur Gesundheitsre-orm trägt dem Rechnung; denn es geht darum, auch un-er veränderten Bedingungen ein Sterben in Würde zurmöglichen, Sterbenden ein menschenwürdiges Umfeldu schaffen und dabei deren Wünsche und Bedürfnissen den Mittelpunkt zu stellen.
Die meisten Menschen wollen zu Hause sterben undicht allein gelassen werden. Viele Menschen habenngst vor Fremdbestimmung, Einsamkeit und Schmer-en am Ende des Lebens. Aus dieser Angst heraus mei-en manche, aktive Sterbehilfe wäre eine Antwort.nsere Antwort ist Schmerzlinderung und Sterbebeglei-ung.Die Enquete-Kommission „Ethik und Recht der mo-ernen Medizin“ forderte in der letzten Legislatur-eriode zu Recht die Verbesserung der medizinischen,flegerischen und psychologischen Bedingungen in deretzten Lebensphase. Für CDU und CSU war es daherehr wichtig, dass in unserer Koalitionsvereinbarung die
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Maria EichhornStärkung von Hospizarbeit und Palliativmedizin festge-schrieben wurde. Dem trägt der jetzt vorliegende Ent-wurf zur Gesundheitsreform Rechnung.
Die bisherigen Regelungen im SGB V zur stationärenund ambulanten Hospizarbeit werden entsprechend denErfordernissen ergänzt. Wir, die Union, begrüßen sehr,dass die integrative hospizliche Versorgung in das Ge-sundheitsreformpaket aufgenommen wurde. Das bedeu-tet die Erweiterung der Leistungen der Krankenversiche-rung und baut auf die hervorragende Arbeit derstationären und ambulanten Hospizdienste auf.In Zukunft erhalten die Versicherten in der gesetzli-chen Krankenversicherung einen eigenständigen An-spruch auf eine spezialisierte ambulante Palliativversor-gung. Es handelt sich hierbei um eine Gesamtleistungmit ärztlichen und pflegerischen Leistungsanteilen. BeiBedarf kann die Versorgung rund um die Uhr erbrachtwerden. Damit ist es möglich, den Wunsch zu erfüllen,bis zum Tode in der vertrauten häuslichen Umgebungbetreut zu werden. Dieser neue Leistungsanspruch stehtPatienten zu, die nur noch eine begrenzte Lebenserwar-tung haben, aber trotz des besonderen Versorgungsbe-darfs zu Hause versorgt werden können. Nach Berech-nungen der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizintrifft dies auf etwa 10 Prozent aller Sterbenden zu. Dieübrigen Palliativpatienten werden weiterhin in den bis-herigen Strukturen, zum Beispiel stationär, versorgt.Die Leistung kann nicht nur von Vertragsärzten, son-dern auch von entsprechend qualifizierten Krankenhaus-ärzten verordnet werden. Das hat den Vorteil, dass imAnschluss an eine Krankenhausbehandlung ohne zeitli-che Verzögerung die spezialisierte ambulante Palliativ-versorgung ermöglicht wird. So können die Sterbendenwieder aus den Krankenhäusern heraus und in das häus-liche oder in ein anderes vergleichbares Umfeld zurück-geholt werden.Mit der gesetzlichen Absicherung des Leistungsan-spruchs auf eine bedarfsgerechte Palliativversorgungwird die ambulante Pflege am Lebensende erheblich ver-bessert und eine Vernetzung der vorhandenen Strukturenerreicht. Die bereits bestehenden Palliativ-Care-Teamshaben sich hervorragend bewährt und können nun be-darfsgerecht eingerichtet werden. Das wird vor allemPatienten außerhalb von Ballungsräumen zugute kom-men.Auch die Rahmenbedingungen für Kinderhospizewerden verbessert. Damit wird eine schon lange beste-hende Forderung erfüllt. Darüber hinaus wird künftig diehäusliche Krankenpflege in neuen Wohngemeinschaftenund Wohnformen sowie in besonderen Ausnahmefällenauch in Heimen als Leistung gewährt. Ein wichtigerFortschritt ist zudem, dass in Zukunft geriatrische Reha-leistungen als Pflichtleistungen der Krankenkassen er-bracht werden.Wir wünschen jedem, dass er bis zu seinem Lebens-ende gesund bleibt und im Kreise seiner Angehörigenohne Schmerzen für immer sanft einschläft. Wir wissenaber, dass dies nur einem Teil der Menschen gegönnt ist.MmdkzSHPptDdusGmlmmBdcp–wSIGüd
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen underren! Ich wollte mich eigentlich auf den Bereich derrävention konzentrieren. Aber ich mache vorab einaar allgemeine politische Bemerkungen, die mir spon-an eingefallen sind.
iese richten sich an Sie, Kolleginnen und Kollegen voner Union. Ich muss bei Ihnen Abbitte leisten. Wir habenns in den Auseinandersetzungen zum Teil nichts ge-chenkt. Aber sie waren immer von einem konstruktiveneist getragen. Was man an Ihnen hat, lernt man, wennan den Populismus, die Niveaulosigkeit und die Herz-osigkeit der FDP sieht. Das ist ohne Wenn und Abereine Position.
Herr Kollege Dr. Schily, gerade von Ihnen hätte ichehr erwartet. Ihre Rede läuft doch darauf hinaus – Herrahr, konzentrieren Sie sich! –,
ass Sie jeden, der mit der Privatisierung der gesetzli-hen Krankenversicherung nicht einverstanden ist, alssychisch krank erklären.
Doch, darauf läuft es hinaus. – Privatisierung ist alles,as Sie hier zu bieten haben. So weit meine politischetellungnahme.
Ich komme zum Sachlichen zurück.
ch spreche über die Präventionsregelung, die einer derründe ist, warum wir hier diskutieren. Worum geht esberhaupt? Es geht um die Check-up-Untersuchungener über 35-Jährigen, beispielsweise um die Krebsfrüh-
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Dr. Karl Lauterbacherkennung bei Männern und Frauen. Wir dürfen dasAusgangsproblem nicht vergessen: Diese sinnvollenLeistungen werden bislang sowohl von Frauen als auchvon Männern zu wenig genutzt. Die Check-up-Untersu-chung, mit der man Schlaganfälle, Herzinfarkte und Dia-betesfälle rechtzeitig erkennt, wird von nur 17 Prozentder Bevölkerung wahrgenommen. Bei der Krebsvor-sorge ist es nicht viel besser. Diese Möglichkeit wird vonnur 19 Prozent der Männer und 47 Prozent der Frauenwahrgenommen. Das heißt, der allergrößte Teil der Vor-sorge wird nicht in Anspruch genommen.Es ist richtig, dass nicht jede Vorsorgeuntersuchungsinnvoll ist; das stimmt ohne Wenn und Aber.
Zudem wird nicht jede Vorsorgeuntersuchung in guterQualität angeboten, wohl aber die meisten. Wir habenhier ein riesengroßes Potenzial. Wenn wir die Inan-spruchnahme der Vorsorge stärken, dann können wirZehntausende Herzinfarkte, Schlaganfälle und Kompli-kationen bei Diabetes pro Jahr verhindern. Hier geht esnicht nur ums Geld, sondern um Menschlichkeit undQualität. Vergessen Sie nicht: Zwei Drittel der Men-schen, die hier sitzen, werden statistisch gesehen an denerwähnten Erkrankungen sterben. Zwei Drittel! HerrKollege Bahr, daher darf hier nicht die übliche parteipo-litische Polemik auf niedrigem Niveau betrieben wer-den. Dafür ist die Sache zu ernst.
– Mir wird die Frage gestellt, was die Früherkennungden Männern bringt. Das kann ich beantworten, FrauBender.
– Sie haben nach der Früherkennung gefragt.
– Sie haben zuerst einmal von der Früherkennung ge-sprochen. Bei der Früherkennung ist es so: Bluthoch-druck wird früh erkannt, die Zuckerkrankheit wird früherkannt und das Risiko eines Schlaganfalls wird früh er-kannt. Wichtig ist auch die Früherkennung von Prostata-krebs mittels der Tastuntersuchung. Ich spreche nichtvon dem Antigentest, dem PSA-Test.
– Nein, aber es steht in den Richtlinien.
kaDAn–WügtuwSFzüDbscdscgHvbgmv
Nein, Sie faseln über etwas, das Sie nicht wissen. Dieahrheit ist: Sie wussten nicht, dass diese Regelungberhaupt nicht betroffen ist. Das ist doch der Hinter-rund. Genauso ist es.
Ich sage das deshalb, weil es sich hier um einen wich-igen Bereich handelt. Meine Redezeit läuft wegen dernqualifizierten Bemerkungen ab.
Das Potenzial dieser Regelung darf nicht unterschätzterden. Hier geht es um Zehntausende Fälle vonchlaganfällen und Herzinfarkten. Ausgerechnet dieDP schwingt sich hier zum Schützer derjenigen auf, dieu viel zuzahlen müssen. Das muss man sich einmalberlegen!
ie FDP, die noch über die Oettinger-Forderung, dassis zu 10 Prozent des Einkommens zugezahlt werdenollen, hinausgeht und Zuzahlungen und die Privatversi-herung für das alleinige Allheilmittel für die Lösunger Probleme der Krankenversicherung hält, schwingtich heuchelnd zum Schützer der Einkommensschwa-hen vor einer Überforderung auf! Das ist nicht überzeu-end!
ier muss die Regierung die Linie halten. Das ist eine derernünftigsten Regelungen, die wir eingeführt haben.
Ich komme zum Schluss: Meine Damen und Herren,ringen Sie sich bei der sinnvollen Gestaltung dieser Re-elung ein. Das ist aus meiner Sicht eine Regelung, dieehr Menschen helfen und mehr Kosten senken wird alsieles andere in diesem Gesetz.Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
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Für die Unionsfraktion spricht nun der Kollege Peter
Albach.
Werte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen undKollegen! Herr Kollege Bahr und Herr Kollege Schily,meinen Sie mit Freiheit und Wettbewerb das System derUSA, ein System, in dem 40 Millionen Menschen nichtversichert sind?
– Dann wäre es günstig, wenn Sie sich einmal dazu er-klären würden.Diese Aktuelle Stunde steht unter der Überschrift „Fi-nanzielle Folgen für Beitragszahler und Patienten beiVerwirklichung des von der Koalition vorgelegten Ge-setzes zur Gesundheitsreform“. Ich füge ergänzendhinzu: Wir reden über das, was hier als Vorlage kommenwird. Wir reden also ausdrücklich nicht über ein eigenesProjekt der FDP-Fraktion, sofern es dieses denn gäbe.Sie werden auf Dauer im Lichte der kritischen Öffent-lichkeit nicht bestehen können, wenn Sie mangels eige-ner Gedanken und ohne ein eigenes, geistig inspiriertesGesundheitsprojekt – einmal abgesehen von sehr einfachgehaltenen Zeitungskolumnen – das Koalitionsvorhabenlediglich populistisch attackieren.
Dass Sie in die Formulierung zum Verlangen der Ak-tuellen Stunde nun auch noch den Patienten neben denBeitragszahler hineingequetscht haben, passt in Ihrepopulistisch angelegte Logik, ist aber nicht zielführend.Das Wort „Patient“ ist bekanntermaßen dem Lateini-schen entlehnt und bedeutet im ursprünglichen Sinnedenjenigen, der leidet, also den Leidenden, auch denjeni-gen, der erduldet, nicht unbedingt auch den Abgeordne-ten. Der Patient, werte Kollegen der FDP, ist also aus-drücklich keine fiskalische Kategorie, sondernzuallererst eine menschliche. Dieser Leidende möchtevon seinem Leiden befreit werden – auch wenn Sie dasnicht verstehen, ich sage es Ihnen trotzdem –, er möchteeine Behandlung nach dem besten Stand des medizini-schen Fortschritts, er möchte im Bedarfsfall ein inländi-sches Krankenhausbett – möglichst wohnort- und zeit-nah –, er möchte den schnellstmöglichen Arztbesuch, ermöchte Rehamaßnahmen einschließlich Kuren und ermöchte zudem Vorsorge und Prävention. Er möchte alsoTeilhabe an einem Gesundheitswesen und dies vor allemunabhängig von seiner Krankenversicherung und seinemEinkommen.
Er – natürlich auch sie; es gibt auch weibliche Lei-dende; ich möchte mit der Gleichstellungsbeauftragtenkein Problem bekommen – möchte etwas, womit sichalle zivilisierten Staaten schwer tun und was es in derGesamtheit so gar nicht gibt, zumindest nicht ohne er-hVgwdbFgzsddknWvkdgrsLsSndsdwß–DFvaeshghfsW2aldn
Ich habe leider nur noch wenig Zeit. – Anders als ineutschland müssen die gesetzlich Versicherten inrankreich ambulante Leistungen wie Hausarztbesucheorfinanzieren und können dann einen Rückerstattungs-nspruch bei ihren Kassen geltend machen. Dies ist nurin Beispiel, aber ein signifikantes.Ich plädiere für mehr Sachlichkeit in der Diskussionowie insbesondere und ausdrücklich für eine gesamt-eitliche Betrachtung. Eine solche Betrachtung ist zuge-ebenermaßen politisch nicht unbedingt opportun, aberilfreich und nützlich, zumindest im Umgang mit denen,ür die wir uns hier alle engagieren, für die Leidenden,prich: die Patienten. Vor allem ist es auch finanzierbar.ir reden nämlich über ein System, das 240 bis50 Milliarden Euro verbraucht.Ich komme nun zum Schluss. Jeder Wandel erzeugtuch Ängste. Das gilt für jeden Bereich unseres mensch-ichen Daseins. Sie als Opposition – das gilt insbeson-ere für die FDP – sollten Ihre vornehmste Aufgabe abericht darin sehen, diese Ängste zu schüren.Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Oktober 2006 5459
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Peter Albach
– Mehr Sachlichkeit, Herr Bahr!
Das Wort hat der Kollege Peter Friedrich von der
SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen undHerren! Gestatten Sie mir zu Beginn, dem KollegenHüppe für seinen Beitrag zu danken. Er hat nämlich insachlicher und auch eindringlicher Art und Weise ge-schildert, was die Patienten von dieser Reform wirklichhaben werden. Ich glaube, das war sinnvoll und auch dierichtige Antwort auf die Fragen, die mit der Ursprungs-motivation zur Beantragung dieser Aktuellen Stundeeinhergingen.
Kollege Bahr und Kollege Schily haben hier ein Bildgemalt, das den Eindruck erweckt, dass dem Wettbewerbmit dieser Reform der Garaus gemacht wird und wir eineArt kollektivistische Staatsmedizin bekommen.
Der Kollege Spieth wiederum hat behauptet, dass es mitdieser Reform einen gnadenlosen Wettbewerb um denGesunden gibt.
Offensichtlich ist keines von beidem richtig.
Betrachten wir doch einmal die heutige Situation: Inder GKV gibt es eine Beitragssatzspreizung von fast4 Prozent. Der Beitragssatz in der billigsten gesetzlichenKrankenkasse liegt momentan bei 11,3 Prozent, währendder Beitragssatz in der teuersten gesetzlichen Kranken-kasse bei knapp 15 Prozent liegt. Das heißt, bereits heuteist es so, dass Versicherte für exakt gleiche LeistungenBeiträge bezahlen, die bis zu 50 Euro differieren. Ichwiederhole: für exakt gleiche Leistungen. Ich fragemich, ob dieses System tatsächlich gerecht ist. Alleindurch das Wechseln der Kasse aufgrund des unterschied-lichen Beitragssatzes entstehen für die GKV in diesemJahr Kosten in Höhe von 1 Milliarde Euro. Der Wettbe-werb ist lediglich an den Beitragssätzen ausgerichtet. Esgibt bei uns keinen Wettbewerb um Leistungen undLeistungsversorgungen. Diese Reform dient genau dazu,diesen Wettbewerb zu schaffen.
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as kann es doch wirklich nicht sein. Es wird gepredigt,ass die Kasse die beste ist, die es am besten schafft,isiken, das heißt kranke Versicherte abzuwehren.
as ist nicht die beste Kasse. Die beste Kasse ist die, dieie Menschen mit ihren Krankheiten richtig versorgt.arum geht es in dieser Reform.
Ich möchte noch auf einen speziellen Punkt eingehen,er mich bei der FDP immer wundert.
ei der Frage des Wettbewerbs sagen Sie immer, dasKV-System sei dem GKV-System überlegen. Erstensst es doch seltsam, dass sich die PKV auf genau das ka-riziert, was die GKV macht. Es gibt aber noch einenweiten Punkt, der mich wundert. Wir haben heute einystem, in dem die Versicherten, wenn sie sich in jungenahren einmal für eine private Versicherung entschiedenaben, ihr Leben lang daran gebunden sind, egal was iner PKV passiert. Genau an dieser Stelle setzen wir an.n Zukunft können sie wechseln, auch zwischen den pri-aten Kassen. Ich weiß, dass auch Sie das eigentlichollen.
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5460 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Oktober 2006
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Peter FriedrichDas muss man dann aber auch sagen, wenn man hierpauschal erklärt, es werde keinen Wettbewerb mehr ge-ben.
Der letzte Punkt, den ich ansprechen möchte, ist dieFrage der Demografiefestigkeit und der Vorsorge. Ichhabe im Bereich Rente immer dafür gekämpft, schon beiden Jusos, dann auch bei der SPD – das war ein harterKampf –, dass wir zu mehr Kapitaldeckung kommen.
Im Bereich der Gesundheit muss man aber einmal eineehrliche Rechnung aufmachen, Herr Kollege Bahr. ImBereich Gesundheit haben wir es mit zwei Effekten zutun. Zum einen haben wir schon heute einen extremenFinanzierungsdruck. Da wollen Sie, dass wir heute zu-sätzlich auch noch Geld für zukünftige Generationen an-sparen.
Was wollen Sie den Menschen heute noch alles zumu-ten? Sie wissen doch ganz genau, dass die PKV bis heuteeine verlässliche Antwort auf die Frage schuldig geblie-ben ist, ob die Rücklagen überhaupt ausreichen, dieMehrkosten, die durch demografischen Wandel und me-dizinischen Fortschritt entstehen, zu decken.
Sie wissen aus den Erfahrungen aus dem Ausland auch,dass die Leistungserbringer ihre Strategie darauf aus-richten, an den Kuchen, der dann definiert ist, auch he-ranzukommen.
Deswegen glaube ich auch, dass wir gerade für die jungeGeneration ein System haben müssen, in dem die Umla-gefinanzierung weiterhin enthalten ist.Vielen Dank.
Das Wort hat die Kollegin Elke Ferner aus der SPD-
Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrtenKollegen und Kolleginnen! Herr Bahr, es ist wirklichnett, wie Sie Ihre Aktuellen Stunden immer beantragen.
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Wenn ich einen Verband und die Interessen eines Ver-andes vertreten müsste, dann wäre ich dahin gegangennd hätte gesagt: Ich kann noch keine abschließendetellungnahme abgeben. – An vielen Punkten ist aber iner letzten Woche überhaupt nichts mehr geändert wor-en. Insofern hätten die Verbände zu den anderen Punk-en ihre Stellungnahme durchaus abgeben können.
Das müssen Sie die Verbände fragen!Zweiter Punkt. Sie haben eben beklagt, dass wir aner Umlagefinanzierung in der gesetzlichen Krankenver-icherung festhalten.
Sie haben das eben beklagt; Sie können es im Proto-oll wahrscheinlich nachlesen. – Wenn Sie Altersrück-tellungen auch in der gesetzlichen Krankenversiche-ung wollen, dann müssen Sie den Menschen bitte schönuch sagen, dass das heißt: höhere Beitragssätze,
nd zwar über das hinaus, was ohnehin notwendig ist,amit die Einnahmen die Ausgaben der gesetzlichenrankenversicherung auch decken.
Das wissen weder Sie noch ich.
ber auch weder Sie noch ich wissen, ob die privaterankenversicherung – die im Moment noch eine etwasünstigere Altersstruktur und ohnehin eine günstigereersichertenstruktur hat, weil sie als Krankenversiche-ung bisher immer nur Gesunde aufgenommen hat undie Kranke – überhaupt in der Lage ist, das, was an Las-en noch auf sie zukommt, über ihre Altersrückstellun-en zu finanzieren.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Oktober 2006 5461
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Elke Ferner
Ich finde es wirklich zynisch, dass Sie ein Umlage-system diskreditieren, in dem meine Eltern, als sie jungwaren, die Gesundheitskosten für meine Großeltern ge-zahlt haben,
meine Generation die Kosten für die Generation meinerEltern und die jüngere Generation unsere Kosten zahlt.Es gibt nichts Besseres, als dass Menschen für Men-schen bezahlen. Kapital für Menschen, das wird aufDauer nicht funktionieren.es bereits gibt, verstärkt in Anspruch genommen werdensollen. Bei manchen Krankheiten geht es schließlichschlicht darum, ob man sie überlebt, wenn sie früh genugerkannt werden. Das sollten auch Sie eigentlich wissen.Jetzt eine solche Panik zu veranstalten, ist in höchstemMaße unseriös und zynisch.
Es ist gesagt worden, die Versorgung werde mit dieserReform schlechter. Dies ist aber die erste Gesundheits-reform seit langem, die ohne Leistungskürzungen aus-kommt. Es wird keine Leistung aus dem gesetzlichenLeistungskatalog ausgegliedert.
(Zuruf von der FDP: Das haben wir ja schonbei der Rente gesehen, Frau Ferner!)Wir können ja in ein paar Jahren noch einmal darüberdiskutieren.
Ein weiterer Anwurf war, die Versorgung werdedurch diese Reform schlechter.
– Nein, zynisch ist, was Sie diese Woche auch bei demThema Vorsorgeuntersuchungen gemacht haben. Siepropagieren ständig Eigenverantwortung. Wenn Sie Ei-genverantwortung sagen, dann meinen Sie, die Versi-cherten sollen alle Kostensteigerungen der Zukunft al-leine bezahlen und sich am besten in einer privatenKrankenversicherung versichern, mit Risikoprüfung undRisikozuschlägen, auch wenn sie krank sind oder Behin-derungen haben. Diese Menschen kommen in die privateKrankenversicherung heute überhaupt nicht hinein; siesollen aber alles privat machen. Das ist das, was die FDPmeint, wenn sie von Eigenverantwortung spricht.
Wenn wir von Eigenverantwortung sprechen, meinenwir, dass die Angebote an Vorsorgeuntersuchungen, dieIHIdRbcdFwusjad9
nd auch an einer deutlichen Verbreiterung der Bemes-ungsgrundlage festhalten. Die Umsetzung ist nur leideretzt nicht möglich gewesen.
Damit ist die Aktuelle Stunde beendet und wir sind
m Schluss unserer heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf morgen, Donnerstag, den 19. Oktober 2006,
Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.