Gesamtes Protokol
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist eröffnet.
Ich möchte vor Eintritt in die Tagesordnung im Namen aller Fraktionen und der Gruppe eine Erklärung für das Haus abgeben: Am 8. November 1995 hat die Militärjunta in Nigeria die Todesurteile gegen den nigerianischen Menschenrechtler Ken Saro-Wiwa und acht weitere Vertreter der OgoniMinderheit bestätigt. Die Todesurteile, die von einem Militärgericht verhängt worden waren, stellen eine eklatante Verletzung der Menschenrechte dar.
Internationale Beobachter haben den Prozessen die Rechtmäßigkeit abgesprochen und wiederholt auf den politischen Hintergrund der Verfahren hingewiesen. Gegen die Todesurteile haben neben der Bundesregierung zahlreiche andere Regierungen sowie Menschenrechtsorganisationen protestiert. Der Deutsche Bundestag hat sich bereits mit den Vorgängen in Nigeria beschäftigt.
Die Todesurteile sind das neueste Glied in einer langen Kette von Menschenrechtsverletzungen der nigerianischen Militärregierung. Seit der Annulierung der freien Präsidentschaftswahlen im Juni 1993 und der Machtübernahme durch das Militär wurden Oppositionspolitiker, Gewerkschaftsführer und Menschenrechtler zu Hunderten verhaftet, gefoltert und getötet. Es steht zu befürchten, daß die gegen Ken Saro-Wiwa und weitere acht Menschenrechtler verhängten Todesurteile binnen kürzester Zeit vollstreckt werden.
Deshalb fordert der Deutsche Bundestag die- nigerianische Militärregierung umgehend zur Rückkehr zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit auf. Wir verurteilen die Todesurteile, verlangen deren unverzügliche Aufhebung und die Freilassung von Ken SaroWiwa und der mit der Todesstrafe bedrohten weiteren Vertreter des Ogoni-Volkes.
Ich danke Ihnen.
Ich komme jetzt zu den amtlichen Mitteilungen.
Interfraktionell ist vereinbart worden, den Gesetzentwurf des Bundesrates „Entsendegesetz" in erster Beratung ohne Aussprache an die Ausschüsse zu überweisen.
Des weiteren ist vereinbart worden, den Tagesordnungspunkt IV d - es handelt sich um die abschließende Beratung eines Gesetzentwurfs der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Pflegeversicherungsgesetz - abzusetzen. Sind Sie damit einverstanden? - Ich höre keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.
Ich sehe hier gerade, daß wir zunächst eine Geschäftsordnungsdebatte haben. Ich gehe von folgendem aus: Die Fraktionen der CDU/CSU und der F.D.P. haben fristgerecht beantragt, die heutige Tagesordnung um die erste Beratung ihres Entwurfs eines Arbeitslosenhilfe-Reformgesetzes zu erweitern. Der Gesetzentwurf soll nach den Abstimmungen zum Haushaltsgesetz 1996 mit einer Debattenzeit von einer Stunde aufgerufen werden.
Zu diesem Geschäftsordnungsantrag wird als erster Herr Hörster sprechen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Koalitionsfraktionen hätten sich gewünscht, daß der Gesetzentwurf zum Arbeitslosenhilfe-Reformgesetz am gestrigen Donnerstag im Zusammenhang mit der Beratung des Haushaltes des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung beraten worden wäre, weil dieses Reformgesetz zusammen mit dem Asylbewerberleistungsgesetz eine zielgerichtete Neuorientierung von Sozialleistungen ermöglichen soll. Dabei sollen auch Einsparungen in einer Größenordnung von zirka 3,4 Milliarden DM erzielt werden, die zum Haushalt für das Jahr 1996 gehören.
Leider Gottes hat die Opposition ihr Einvernehmen zu der Beratung dieses Gesetzentwurfs am gestrigen Tag zusammen mit dem Haushalt verweigert,
so daß uns nichts anderes übrigbleibt, als diesen wichtigen Gesetzentwurf heute im Wege einer Geschäftsordnungsentscheidung auf die Tagesordnung aufzusetzen, damit 'er in die parlamentarischen
Joachim Hörster
Beratungen eingeführt und ordentlich beraten werden und schließlich auch in Kraft treten kann.
Dieser Gesetzentwurf will vor allem erreichen, daß die Langzeitarbeitslosigkeit durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen bekämpft werden kann und Langzeitarbeitslose dem Arbeitsmarkt schneller wieder zugeführt werden. Dazu sind verschiedene Maßnahmen in diesem Gesetzentwurf enthalten, wie zum Beispiel die Zuweisung von Arbeitslosenhilfebeziehern in allgemeine Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung, die Einführung von Trainingsmaßnahmen für Arbeitslosenhilfebezieher zum Erwerb zusätzlicher beruflicher Qualifikationen, die Einführung einer Arbeitnehmerhilfe für Arbeitslosenhilfebezieher, die ihnen die Entscheidung für die Aufnahme auch einer schlechter entlohnten Arbeit erleichtern soll, und schließlich auch die Verlängerung der Möglichkeit, einen bestehenden Anspruch auf Arbeitslosenhilfe im Anschluß an eine selbständige Tätigkeit oder an die Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen geltend zu machen.
Ich finde, daß diese vorgeschlagenen Maßnahmen in die richtige Richtung gehen, notwendig sind und im Parlament rechtzeitig beraten und entschieden werden müssen. Deswegen ist es notwendig, die Dinge heute im Anschluß an die Verabschiedung des Bundeshaushaltes für das Jahr 1996 zu beraten.
Ich bitte das Haus, dem Aufsetzungsantrag zuzustimmen.
Zur Geschäftsordnung Ottmar Schreiner.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für eine Erweiterung der Tagesordnung um das Arbeitslosenbekämpfungsgesetz - das wäre der richtige Name, um den Sachverhalt zu beschreiben -
muß es schwerwiegende Gründe geben. Das gilt erst recht für eine Beratung während der Haushaltswoche. Denn bislang ist es guter parlamentarischer Brauch, sich ganz auf die Haushaltsberatungen zu konzentrieren.
Im heutigen Fall sind schwerwiegende Gründe für eine Ausnahme nicht zu erkennen. Wir lehnen die Beratung deshalb ab. Das Gesetz soll schließlich erst zum 1. April nächsten Jahres in Kraft treten. Warum angesichts dieser Datenlage der von der Koalition vorgesehene Schweinsgalopp noch in dieser Haushaltswoche? Das gibt überhaupt keinen Sinn. Es gibt keinen Eilbedarf, um die Beratung in diesem Schweinsgalopp durch das Parlament zu ziehen.
Zweiter Punkt. Was die Verbindung betrifft, wäre eine Koppelung mit dem ebenfalls von der Koalition
hier im Parlament eingebrachten Antrag auf Wegfall der sogenannten originären Arbeitslosenhilfe sachlich geboten. Beide Male - sowohl beim Arbeitslosenbekämpfungsgesetz als auch beim geplanten Wegfall der originären Arbeitslosenhilfe - handelt es sich um schwerwiegende Eingriffe in das im Arbeitsförderungsgesetz geregelte Recht der Arbeitslosenhilfe. Hier gibt es einen unmittelbaren Sachzusammenhang, den Sie künstlich aufgelöst haben.
Die Bundesregierung hat umgekehrt den geplanten Wegfall der originären Arbeitslosenhilfe mit dem sogenannten Asylbewerberleistungsgesetz gekoppelt und argumentiert, hier gäbe es einen Zusammenhang, weil es durch den geplanten Wegfall der originären Arbeitslosenhilfe zu erheblichen Mehrbelastungen bei der Sozialhilfe käme. Zu diesen erheblichen Mehrbelastungen bei der Sozialhilfe kommt es aber auch beim Arbeitslosenbekämpfungsgesetz, und zwar in massivem Umfang. Das haben die Kommunen Ihnen vorgerechnet. Es hätte also, wenn überhaupt, nur Sinn gemacht, die drei Themen in einem beratungsfähigen Gesetz zusammenzufassen.
Das wäre ein normales Verfahren gewesen.
Statt dessen haben Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, eine geradezu chaotische Situation heraufbeschworen.
Die parlamentarische Anhörung zur originären Arbeitslosenhilfe findet unter Federführung des gar nicht zuständigen Gesundheitsausschusses noch im November dieses Jahres statt, die parlamentarische Anhörung zum Arbeitslosenbekämpfungsgesetz findet unter Federführung des Arbeits- und Sozialausschusses im Dezember statt.
Ich sage Ihnen in aller Offenheit: Angesichts der außerordentlich dramatischen Arbeitsbelastung des Arbeits- und Sozialausschusses führt dieses chaotische Verfahren der Koalition zu einem Zustand, in dem ein ordnungsgemäßes Verfahren, eine ordnungsgemäße Beratung der Gesetzentwürfe nicht möglich ist.
Sie stürzen den Arbeits- und Sozialausschuß ins blanke Chaos.
Diese wirre Situation kann auch durch die Halsüber-Kopf-Debatte heute nicht verbessert werden. Es gibt keinen einzigen sachlichen Grund für eine Ausnahmeregelung. Im Gegenteil: Die Handlungsmöglichkeiten der Opposition werden ohne Grund beschnitten.
Ich denke, der eigentliche Punkt, warum Sie die Debatte in der Haushaltswoche geradezu verstecken wollen, liegt darin, daß Sie die sozialpolitische Großtat, vor allem die jährliche Herabstufung der Arbeitslosenhilfe um 5 Prozent, vor der Öffentlichkeit verschleiern wollen. Das ist der eigentliche Grund,
Ottmar Schreiner
warum Sie zu diesem merkwürdigen Manöver greifen.
Nachdem der Kollege Hörster dazu ein paar Zahlen genannt hat, will ich denjenigen unter Ihnen, die die Zahlen nicht kennen, zwei Zahlen zum Abschluß nennen: 1994 betrug die durchschnittliche Arbeitslosenhilfe im Monat in Westdeutschland 1 008 DM. Die durchschnittliche Arbeitslosenhilfe in Ostdeutschland betrug im Monat 782 DM.
Rechnen Sie mir bitte vor, wie Menschen mit diesem Einkommen im Monat über die Runden kommen sollen!
Herr Schreiner, Sie reden zur Geschäftsordnung.
Sie wollen jetzt jährlich um 5 Prozent abstufen. Das ist eine sozialpolitische Sauerei allerersten Grades, die Sie vor der Öffentlichkeit kaschieren wollen.
Als nächste spricht zur Geschäftsordnung Frau Annelie Buntenbach für das Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Sehr geehrten Damen und Herren! Auch wir lehnen die Aufsetzung des Tagesordnungspunktes Arbeitslosenhilfereform für den heutigen Tag ab; nicht weil wir früher ins Wochenende wollen, sondern weil die Debatte so zentral ist, daß sie zu einem vernünftigen Zeitpunkt in der nächsten Sitzungswoche geführt werden muß.
Wir wissen doch alle aus Erfahrung, daß die Diskussionen am Freitagnachmittag so spät, wie sie heute stattfinden werden, faktisch unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattfinden. Das ist dem öffentlichen Interesse und der Brisanz des vorliegenden Gesetzentwurfs überhaupt nicht angemessen.
Er hat für die Betroffenen und für die, die es noch treffen kann, große Bedeutung. Er hat für die Kommunen Bedeutung, auf die durch Ihre Politik des Sozialabbaus und der Verschiebung von Kostenstellen neue Belastungen und Anforderungen zukommen. Er hat nicht zuletzt für die Gewerkschaften große Bedeutung.
Wenn von diesem Redepult aus in der letzten Sitzungswoche immer wieder positiv auf die Initiative des IG-Metall-Vorsitzenden Zwickel Bezug genommen worden ist, dann sollten Sie, Herr Blüm, doch wenigstens ernst nehmen, daß diese Initiative „Bündnis für Arbeit" auch Ihnen etwas abverlangt,
nämlich auf Sozialkürzungen wie diese Arbeitslosenhilfereform zu verzichten.
Das Mindeste wäre doch, einmal darüber nachzudenken und nicht in einem solchen Hoppla-hoppVerfahren, wie das hier gewünscht ist, darüber hinwegzugehen. Wenn die IG Metall über ihren Schatten springen kann, dann sollten auch Sie es versuchen; denn so lang ist der Schatten, den Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, werfen, auch nicht.
Sie sollten sich und uns nicht die Chance auf ein „Bündnis für Arbeit" gleich wieder verscherzen. Zumindest sind Sie der Gewerkschaft eine wirklich öffentliche Debatte im angemessenen Rahmen schuldig.
Das würde Ihnen gleichzeitig die Zeit geben, über eine andere Entscheidung ernsthaft zu diskutieren.
Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, wollen mit Ihrer Arbeitslosenhilfereform für die Erwerbslosen eine Rutschbahn in den Billiglohnsektor installieren, einen Automatismus an Absenkungen. Sie bieten den Menschen statt einer Perspektive Ernteeinsätze und sogenannte Trainingsmaßnahmen zur Überprüfung der Arbeitsbereitschaft.
Sie verschärfen die Kontrollen, statt die Angebote zu erweitern. Dabei reden Sie aber ständig von all den neuen Brücken, die Sie in den Arbeitsmarkt hineinbauen wollen. Weil Sie aber nicht mehr aktive Arbeitsmarktpolitik anbieten wollen, bleibt dies alles pure Rhetorik,
sozial und anrührend, wie das Herr Blüm meisterhaft beherrscht. Auch Minister Seehofer hat hier beachtliche Qualitäten unter Beweis gestellt.
Frau Buntenbach, reden Sie zur Geschäftsordnung?
Ja. - Wenn man unter dem wallenden Mantel der Sozialrhetorik die Härten einer unverantwortlichen Sparmaßnahme gegenüber den Armsten verstecken will, dann ist es auch besser, wenn niemand mitbekommt, worum es in der Sache wirklich geht. Dafür sind ohne Zweifel Debatten, versteckt in der Vielfalt von Haushaltswochen oder spät an Freitag-
Annelie Buntenbach
nachmittagen, bestens geeignet. Inzwischen glaube ich, daß dieses Vorgehen Methode hat.
In der vorigen Sitzungswoche war es das Asylbewerberleistungsgesetz, das Sie auf diese Weise recht unauffällig durch die erste Lesung gebracht haben. Die Diskussion über die Arbeitslosenhilfereform kann aber nicht am Rande des Plenargeschehens abgehandelt werden. Das, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, sind Sie dem Parlament schuldig,
denn Sie haben uns in dieser Sache schon einiges zugemutet. Im Juli, in der parlamentarischen Sommerpause, teilen Sie, Herr Blüm, Ihre Pläne der Presse mit.
Dann dauert es fast vier Monate, bis wir eine beratungsfähige Vorlage im Parlament haben. Ein Haushalt wird aufgestellt und verabschiedet, in dem Einsparungen festgeschrieben sind, für die es überhaupt noch keine gesetzliche Grundlage gibt. Das hätten Sie übrigens auch nicht mehr geheilt, wenn der Gesetzentwurf gestern beim Abschluß der Haushaltsplanberatung in erster Lesung zum ersten Mal beraten worden wäre. Solch seltsames Vorgehen entspricht in keiner Weise der Bedeutung des Parlaments.
Wir werden die Aufsetzung dieses Tagesordnungspunktes für heute nachmittag ablehnen und fordern eine angemessene Debatte in der nächsten Sitzungswoche.
Für die F.D.P. die Kollegin Ina Albowitz.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich stelle fest: Sie haben gerade die großen Reformer des sozialen Umbaus gehört.
Meine Damen und Herren, die F.D.P.-Fraktion befürwortet die Aufsetzung des Entwurfs eines Gesetzes zur Reform des Rechtes der Arbeitslosenhilfe auf die heutige Tagesordnung. Dieser Gesetzentwurf flankiert die Haushaltsberatungen, insbesondere die zum Einzelplan des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Es besteht - das ist in diesem Hause doch völlig unumstritten - dringender Handlungsbedarf für den Gesetzgeber, der Tendenz entgegenzuwirken, daß die Arbeitslosenhilfe zunehmend zu einer Dauerleistung wird, und dafür zu sorgen, daß die Bezieher von Arbeitslosenhilfe bessere Möglichkeiten erhalten, durch vorübergehende Tätigkeiten bessere Aussichten zur Wiedereingliederung in den Arbeitsprozeß zu bekommen.
In der Debatte zum Einzelplan des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung am gestrigen Tage ist immer wieder darauf hingewiesen worden, daß gerade der Bereich der Langzeitarbeitslosigkeit einer besonderen Aufmerksamkeit bedarf. Durch den Gesetzentwurf zum Arbeitslosenhilfe-Reformgesetz will die Koalition durch verschiedene Maßnahmen den Menschen, die unter Arbeitslosigkeit leiden, Möglichkeiten zur Verbesserung ihrer Situation geben. Es geht um eine produktive Arbeitsförderung, um die Erschließung zumutbarer Beschäftigungsmöglichkeiten und gleichermaßen um eine Garantie des Rechtsanspruchs auf Arbeitslosenhilfe, auch bei Übernahme zeitweiliger Beschäftigung.
Gleichermaßen will der Gesetzentwurf den Bundeshaushalt entlasten, und zwar in den Haushaltsjahren 1996 bis 1998 um jeweils 2,1 Milliarden DM. Das brauchen wir auch dringend, meine Damen und Herren.
Die Regierungskoalition kommt ihrem Gestaltungsauftrag nach, und Sie, Frau Kollegin Buntenbach, haben heute nachmittag hinreichend Gelegenheit, hier ausführlich zu debattieren. Wir sind gerne bereit, die Debattenzeit noch zu verlängern. Der Tag hat 24 Stunden und endet nicht mittags um 14 Uhr.
Für die PDS spricht Dagmar Enkelmann.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die PDS lehnt den Antrag der Koalition ab. Ich denke, es darf schon gefragt werden, aus welchem Grund dieser Gesetzentwurf in einem solchen Affentempo hier durchgezockt werden soll.
Kollege Schreiner, eigentlich paßt es aber doch ganz gut in die Haushaltsberatungen. Denn das, was hier Reform der Arbeitslosenhilfe genannt wird, ist letzten Endes Teil eines Haushaltssanierungsprogramms, und zwar gerade zu Lasten der Nichtbesserverdienenden, Frau Kollegin Albowitz, ist Teil der Rotstiftpolitik dieser Bundesregierung im Sozialbereich, ist Teil des Sozialabbaus, der hier stattfindet.
Hier wurden ja in den letzten Tagen während der Haushaltsberatung wahre Krokodilstränen vergossen. Kanzler Kohl beispielsweise hat am Mittwoch gesagt, Arbeitslose hätten vor allem das Gefühl, nicht gebraucht zu werden. „Deshalb", so Kohl, „werden wir die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft stärken. " Warum tun Sie es dann nicht?
Einer zusätzlichen Debatte über eine arbeitsplatzschaffende Steuer- und Investitionspolitik hätten wir freudig zugestimmt. Nur: Sie zäumen das Pferd am Schwanz auf. Sie halten sich schamlos an den Schwächsten dieser Gesellschaft schadlos, bei denen ohnehin nicht mehr allzu viel zu holen ist. Da kümmert Sie das Gefühl der Betroffenen offenkundig einen feuchten Kehricht.
Dr. Dagmar Enkelmann
Am Donnerstag war von Graf Lambsdorff hier mit fast tränenerstickter Stimme zu hören, die Kürzung der Arbeitslosenhilfe sei sicher „für manche bitter". Dieses Mitgefühl kann ich dem Kollegen Lambsdorff allerdings nicht abnehmen. Auch Minister Blüm sprach von menschlichen Schicksalen, die hinter den Zahlen der Arbeitslosenentwicklung stehen, und sagte, man müsse den Betroffenen massive Hilfe geben. Wie die aussieht, genau das werden wir wohl heute nachmittag sehen: Leistungskürzung über die Schmerzgrenze hinaus.
Warum gehen Sie nicht endlich an den Kragen derer, die sich mit Steuerhinterziehung und Subventionsbetrug eine goldene Nase machen?
Der Bundestag wird sicher dank Ihrer Mehrheit nachher den chaotischsten Haushalt aller Zeiten verabschieden. Die anschließende Debatte zur Arbeitslosenhilfereform macht dann auf das Dilemma aufmerksam. Sie kündigen hier Hilfe an, unter anderem durch den verstärkten Einsatz von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Aber im Haushalt 1996 sind keine zusätzlichen Mittel dafür eingestellt. Damit werden die Löcher im sozialen Netz immer größer. Es wird ein wahnsinniger Verdrängungswettbewerb stattfinden. Die Kommunen werden immer stärker belastet.
Genau da machen wir nicht mit, und ich fordere Sie deshalb auf: Lassen Sie das heute bleiben!
Wir kommen zur Abstimmung. Wer stimmt für den Aufsetzungsantrag der Koalitionsfraktionen? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Damit ist der Aufsetzungsantrag mit den Stimmen der CDU/CSU und F.D.P. gegen die Stimmen der SPD, des Bündnisses 90/Die Grünen und der PDS angenommen. Der Gesetzentwurf wird als letzter Punkt der heutigen Tagesordnung aufgerufen.
Wir setzen die Haushaltsberatungen - Punkt I - fort:
Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1996
- Drucksachen 13/2000, 13/2593 -
Ich rufe den Einzelplan 30 auf:
Einzelplan 30
Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie
- Drucksachen 13/2622, 13/2626 -
Berichterstattung: Abgeordnete Dieter Schanz
Antje Hermenau Steffen Kampeter Jürgen Koppelin
Es liegen zwei Änderungsanträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und ein Änderungsantrag der Gruppe der PDS vor.
Nach einer Vereinbarung im Ältestenrat sind für die Aussprache anderthalb Stunden vorgesehen. - Dazu sehe ich keinen Widerspruch. Wir können so verfahren.
Ich eröffne die Aussprache. Es beginnt der Kollege Dieter Schanz.
- Ich bitte Sie, Platz zu nehmen, damit Herr Kollege Schanz beginnen kann. - Ich bitte die Kollegen, ihre Gespräche draußen zu führen und den Saal zu verlassen. Wir möchten hier weitermachen. - Herr Schanz.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die „Frankfurter Rundschau" vom 18. Oktober 1995 schrieb unter der Überschrift „Zukunft als Zauberwort der CDU - Rüttgers möchte Pakt mit den Kreativen", daß der CDU-Politiker für seine von zahlreichen Delegierten als schwach empfundene Rede nur mäßigen Beifall erhielt.
Das verwundert schon, ist aber auch erklärlich. Denn wer mit so viel Vorschußlorbeeren angetreten ist und zum zweiten Mal einen Einzelplan für den Bereich Forschung, Technologie und Bildung verantworten muß, der die Erwartungen in keiner Weise erfüllt, hat selbstverständlich nichts im Rücken, und das hat er auch gespürt.
Wenn dann noch ein bißchen Sensibilität hinzukommt, was ich ihm gern unterstelle, wirkt man, so weiß man, selten überzeugend. Seine Truppen in Bonn haben ihn mal wieder im Regen stehenlassen.
Von der zugesagten Offensive für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie ist auch im Bundeshaushalt 1996 nichts zu spüren.
Statt eines überproportionalen Wachstums, wie angekündigt, wird nicht einmal die Preissteigerungsrate ausgeglichen. Entgegen dem Regierungsentwurf, der Ausgaben in Höhe von 15,62 Milliarden DM vorsah, hat die Koalition für diesen Geschäftsbereich einen um 24,5 Millionen DM reduzierten Plafond, d. h. einen solchen von rund 15,595 Milliarden DM, beschlossen. Meine Damen und Herren, ohne zusätzliche Mittel können aber neue Themen, können Innovationen so gut wie nicht angestoßen werden.
Forschungspolitik verkommt unter dieser Bundesregierung zu einer Politik der Mängelverwaltung und des Stopfens von Löchern.
Dieter Schanz
Spielraum für neue Maßnahmen, wie die überfällige Aufstiegsfortbildung und die notwendige Aufstokkung beim Hochschulbau sowie die Förderung von Wissenschaftsorganisationen, soll durch die vorgesehene volle Verzinsung der auf einen Schattenhaushalt übertragenen BAföG-Darlehen gewonnen werden. Diese Pläne werden von den Ländern ebenso wie von den Betroffenen abgelehnt.
Meine Damen und Herren, es ist wahr: Eine Industrienation, zugegebenermaßen eine große Industrienation, die über ausreichende Bodenschätze nicht verfügt, muß, wenn sie ökonomisch und ökologisch überleben will, wenn sie sich weiterentwickeln will, andere Ressourcen mobilisieren und einsetzen. Wenn der Haushalt das Schicksalsbuch der Nation ist, so sind Forschung und Technologie, Innovation und Entwicklung neuer Produkte, sind Bildung und Wissenschaft sowie qualifizierte Berufsausbildung grundlegende Voraussetzungen für die Weiterentwicklung des Forschungs- und Bildungsstandorts Deutschland. Es sind die Voraussetzungen für wirtschaftliche und soziale Stabilität in unserem Lande.
Im Grunde genommen hängen die Bedeutung des Standorts und seine Wettbewerbsfähigkeit an drei Fragen. Das ist einmal die Frage der Investitionskraft der Unternehmen, das ist zweitens die Frage von Forschung und Entwicklung, und es ist drittens die Frage von Bildung und Ausbildung.
Vor diesem Hintergrund, Herr Minister Rüttgers, will ich Ihnen nicht allein die Verantwortung und schon gar nicht die Schuld dafür zuweisen, daß in den zurückliegenden Jahren dieser Einzelplan die Ausgaben für Bildung und Forschung, im Vergleich zu anderen Staatsausgaben und -aufgaben nicht mitgewachsen ist. Nicht zu Unrecht spricht man von der Wilms- und Riesenhuber-Delle, die für 1996, bezogen auf den Einzelplan 30, hochgerechnet ein Defizit von etwa 3,5 Milliarden DM ausmacht.
Stellen wir uns einmal vor, stellen Sie sich einmal vor, Herr Rüttgers, was heute, da alle Welt erkannt hat, daß Forschung und Entwicklung für eine Industrienation von höchster Bedeutung sind, machbar wäre, machbar auch für die Entwicklung einer funktionierenden Forschungslandschaft in den neuen Bundesländern!
Die Technologiebasis der deutschen Wirtschaft erodiert. Im Kern besteht unsere Exportbasis aus Branchen und Produkten mit mittlerem Technologiegehalt. Hier ziehen die Wettbewerber aus Asien und in Zukunft aus Osteuropa zunehmend nach, vielleicht auch vorbei. Daß Sie, Herr Rüttgers, jetzt vom Bundeskanzler anstelle des Wirtschaftsministers für die südostasiatischen Wachstumsregionen Verantwortung übertragen bekommen haben, unterstreicht diese Feststellung. Ich wünsche Ihnen bei dieser Arbeit viel Erfolg; denn es stimmt: Dort liegt die Zukunft unserer Exporte, dort liegen die Zukunftsmärkte.
Meine Damen und Herren, die Aufwendungen der Wirtschaft für Forschung und Entwicklung fallen drastisch. Hierfür tragen Sie Mitverantwortung, weil es der Bundesregierung insgesamt nicht gelingt, die deutsche Wirtschaft davon zu überzeugen, daß sie auf diesem Feld mehr tun muß. Im Rahmen der Verabschiedung des Haushalts 1995 habe ich Ihnen für die SPD-Fraktion für die Bemühungen, die deutsche Industrie zu animieren, mehr für Forschung und Entwicklung auszugeben, unsere volle Unterstützung zugesagt. Dies gilt auch heute noch.
Ein Beispiel dafür sind die in den EVU angesammelten Rücklagen, die nunmehr auch im Einsatz etwa beim Rückbau der Reaktoren oder bei Markteinführungsstrategien für alternative Energietechnologie aktiviert werden müssen. Hier müssen die Rahmenbedingungen entsprechend den Erfordernissen der Modernisierung unserer Industriegesellschaft gesetzt werden.
Aber auch durch gezielte Unterstützung von forschungs- und technologieintensiven Unternehmen insbesondere in den neuen Ländern muß die Umsetzung neuer Produkte beschleunigt werden. Gerade kleinere und mittlere Unternehmen bieten durch die schnelle Reaktion auf den Markt die Garantie für langfristige Erfolge. Bisher hat die Bundesregierung versäumt, mit entsprechenden Hilfen die nötige Unterstützung zu leisten.
Unseren diesbezüglichen Antrag im Haushaltsausschuß zum Einzelplan 30 haben Sie abgelehnt. Gegen die Stimmen der gesamten Opposition hat die Koalition gegen die Aufstockung der Beteiligung am Innovationsrisiko von technologieorientierten Unternehmen gestimmt und den Ansatz auf einem Niveau von 72,2 Millionen DM festgeschrieben.
Abgelehnt haben sie auch unseren Antrag auf Einstellung eines Lehrtitels zur Fortführung des Hochschulsonderprogramms I, obwohl alle Experten im Rahmen einer öffentlichen Anhörung des Fachausschusses diese Notwendigkeit eindeutig unterstrichen haben. Der Auf- und Ausbau einer Forschungslandschaft, einer gesunden Hochschullandschaft in den neuen Ländern ist aber die Voraussetzung für wirtschaftliche Entwicklung und Stabilität. Dies mißachteten Sie auch, als Sie unseren Antrag für den Aus- und Neubau von Hochschulen ablehnten.
Gefolgt sind Sie unserem Antrag, für 1996, aber auch für die Folgejahre für die Ausbildungsplatzsicherung als Gemeinschaftsaufgabe von Bund und neuen Ländern Mittel in Höhe von 137 Millionen DM einzustellen.
- Sehr wohl, Herr Kampeter.
Meine Fraktion und ich begrüßen diesen Sachverhalt; denn es kann nicht hingenommen werden, daß junge Menschen in den neuen Ländern nach Entlas-
Dieter Schanz
sung aus den Grundschulen etc. ohne Perspektive ins Leben gehen.
Dennoch, meine Damen und Herren von der Koalition, Herr Rüttgers, sollten wir aus ordnungspolitischen Gründen sehr sorgfältig mit dieser Subventionierung von Ausbildungsplätzen umgehen.
Wer beispielsweise das duale System in der beruflichen Bildung - hier geht es nicht nur um Handwerk und Gewerbe - feiert, sollte immer wieder deutlich machen, daß es sich dabei nur um eine vorübergehende, aus der Not geborene Aufgabe handeln darf. Wenn nämlich Handwerksbetriebe und Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft Ausbildungsplätze nur deshalb zur Verfügung stellen, weil der Staat entsprechend hoch subventioniert, befinden wir uns auf einem gefährlichen, ja, sehr gefährlichen Weg.
Ich will nicht mißverstanden werden: Diese Aufgabe muß finanziert werden; denn die Leidtragenden wären die jungen Menschen in den neuen Ländern. Es darf aber keine Dauersubvention erfolgen, nur weil die Bundesregierung insgesamt auf diesem Feld ihre großspurigen Versprechungen nicht eingelöst hat.
Abgelehnt haben Sie ebenfalls einen Titel, den wir unter der Überschrift „Starthilfe An-Institute neue Länder" beantragten. Jedem von uns ist klar, daß über An-Institute der Hochschulen flächendeckend eher eine Forschungs- und Entwicklungslandschaft aufgebaut werden kann, als wenn man nur am Standort der Hochschulen entsprechend investiert. Gerade in Nordrhein-Westfalen, insbesondere in der strukturschwachen Region des nördlichen Reviers, hat sich gezeigt, daß über An-Institute der Universitäten Duisburg, Essen, Bochum und Dortmund Entwicklungschancen für schwächere Regionen wachsen. Diese Erfahrung sollten wir, vor allem Sie, für die neuen Länder nutzen.
Meine Damen und Herren, vor dem Hintergrund der Debatten der letzten Tage, in denen seitens der Koalition wiederholt die interessanten Vorschläge des IG-Metall-Vorsitzenden Zwickel erwähnt wurden, stimmt es fast traurig, daß die Koalition seit Jahren dabei ist, den Haushaltstitel „Arbeit und Technik" zurückzufahren. Alle Appelle des DGB und der Einzelgewerkschaften, aber auch andere Wissenschaftseinrichtungen unter der Überschrift „Forschung im Bereich einer sich ständig verändernden Arbeitswelt" auch unter der Überschrift „Flexibilisierung nicht behindern" haben die Koalition nicht daran gehindert, unseren Antrag auf entsprechende Erhöhung abzulehnen. Herr Rüttgers behauptet gerade zu diesem Forschungsfeld, es sei eine Spielwiese für irgendwelche Zurückgebliebene.
Vor diesem Hintergrund empfinde ich es, meine Damen und Herren, geradezu als Bubenstück, daß mir nichts, dir nichts rund 22 Millionen DM für die Klimaforschung zusätzlich bereitgestellt werden. Nun könnte man jubeln, wenn das Wort Klimaforschung fällt, denn diese ist allzumal notwendig. Man könnte diese frohe Botschaft nach draußen vertreten. Das ist aber nicht so.
Die Koalition war sich nicht zu schade - im Gegensatz zur Meinung Ihres Hauses, Herr Rüttgers -, in diesem Punkte sogar einen Haushaltsvermerk zu beschließen, welcher besagt, daß diese Mittel ausschließlich zur Finanzierung eines Projekts, nämlich des Strato-C2-Fliegers der Firma Grob, zur Verfügung gestellt werden.
Dies ist vor dem Hintergrund der Tatsache geschehen, daß wir im Mai dieses Jahres einen sehr kritischen Bericht über Ablauf und Ergebnis dieser Forschungslinie im Haushaltsausschuß diskutiert haben mit der Maßgabe, strengste Kriterien anzuwenden, um hier endlich zu einem positiven Ergebnis zu kommen.
Dabei ist die Rolle der F.D.P. besonders bemerkenswert, handelt es sich doch fast um eine direkte Subvention.
Auch an dieser Stelle möchte ich nicht mißverstanden werden. Ich weiß, daß es sich bei der genannten Firma um ein hochinnovatives Unternehmen handelt. Ich weiß auch, daß diese Forschungslinie, würde sie zum Erfolg führen, für die Bundesrepublik Deutschland und für die Klimaforschung von großem Wert wären, und ich bin mir auch darüber klar, daß bei dieser Firma Arbeitsplätze gesichert werden müssen. Wenn das aber so ist, meine Damen und Herren, warum dann in aller Heimlichkeit und Stille und außerhalb einer öffentlichen Debatte? Warum so klammheimlich? Gibt es da etwas zu verbergen?
Hinsichtlich des IPP Stellerator Experiments, eines Forschungsprojekts der Max-Planck-Gesellschaft in Greifswald, habe ich im Haushaltsausschuß auf einen entsprechenden Antrag zur Realisierung dieses Forschungsprojekts verzichtet, weil mir im Rahmen des Berichterstattergesprächs zugesichert wurde, die Maßnahme könne, wenn die entsprechenden Rahmenbedingungen gesetzt sind, aus dem laufenden Haushalt finanziert werden. Herr Minister, meine Damen und Herren, ich erinnere Sie daran, hier Wort zu halten, denn es ist wichtig für die Forschungslandschaft Ost.
Zum wiederholten Male haben wir uns bei den Erörterungen zum Geschäftsbereich des Einzelplans 30 mit der Etatisierung der globalen Minderausgabe beschäftigt. Für Haushälter ist es unerträglich, hinzunehmen, daß ein Ministerium die Möglichkeit hat, frei über 129 Millionen DM ohne eigentliche Haushaltskontrolle, die notwendig wäre, zu operieren.
Meine Damen und Herren, statt mit uns gegen die globale Minderausgabe zu stimmen, sattelt die Koalition noch 29 Millionen DM drauf. Ich halte das für einen Skandal.
Dieter Schanz
Ich frage meine Kollegen Mitberichterstatter, ob sie das weiterhin so mittragen wollen. Wenn mein Kollege Karl Diller den Haushalt 1996 generell mit dem Etikett „ohne Klarheit und Wahrheit" versehen hat, so tut er recht damit, denn gerade dies ist ein klassisches Beispiel für eine Haushaltsvernebelungsaktion.
Nun wird sich sowohl der Fachausschuß als auch der Haushaltsausschuß in Kürze mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der beruflichen Aufstiegsbildung auseinandersetzen. Meine Damen und Herren, meine Fraktion begrüßt grundsätzlich diese Absicht, nämlich die Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung wiederherzustellen und einen Rechtsanspruch auf individuelle Förderung gesetzlich zu verankern. Die berufliche Aufstiegsfortbildung ist ein überfälliger Beitrag zur Herstellung der Gleichwertigkeit von allgemeiner und beruflicher Bildung.
Ich vermag nicht einzusehen, daß ein qualifizierter Facharbeiter in dieser Gesellschaft nicht gleiche Aufstiegschancen hat wie ein Abiturient oder Hochschulabsolvent. Auch der Zugang zur Hochschulbildung muß liberalisiert und für jede Frau und jeden Mann offen gestaltet werden. Selbstverständlich sind Qualifizierungskriterien notwendig. Hierüber sollten wir sachgerecht diskutieren. Die deutsche Wirtschaft und die Gesellschaft schlechthin benötigen qualifizierte, bildungsorientierte Facharbeiter. Sie sind heute oftmals dringend notwendiger als Absolventen von Hochschulen.
Ich will nun der Debatte im Fachausschuß und im Haushaltsausschuß nicht vorgreifen und vorschnell bewerten. Kritisieren muß ich aber den vorgelegten Gesetzentwurf, denn er ist unzureichend; kritisieren muß ich den Zeitdruck, unter dem wieder beraten und entschieden werden soll; und kritisieren muß ich die erkennbare Finanzierungslücke für diese Sachentscheidung.
Meine Damen und Herren, die Förderung der Ausbildung von qualifzierten Fach- und Führungskräften in mittleren Managementbereichen ist zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft dringend erforderlich. Dies nur wie bisher unter der Überschrift „Meister-BAföG" zu subsumieren reicht, wie Sie ja selbst sagen und wissen, nicht aus.
Die von meiner Fraktion eingebrachten Anträge zum Einzelplan 30 wurden, wie Sie wissen, ausreichend begründet. Wenn der Zukunftsminister eine Zukunft haben soll, hätten Sie diesen Anträgen zustimmen müssen; denn wir sind uns ja darin einig, daß die in diesem Ministerium zusammengefaßten Zielsetzungen und Aufgaben tatsächlich für den Wirtschaftsstandort Deutschland von höchster Priorität sind. Wenn ich das aus der Opposition heraus sage, will ich damit durchaus unterstreichen, daß die Aufgabe, die er zu erfüllen hat, eine sehr wichtige und lohnende ist; denn sie liegt im Interesse unseres Volkes, in unser aller Interesse. Ich komme deshalb nicht umhin, Ihnen, Herr Rüttgers, bei Ihrer Aufgabe
Erfolg zu wünschen; denn dieser Erfolg wäre unser aller Erfolg.
Die Präsenz Deutschlands auf den neu entstehenden Märkten Asiens, Lateinamerikas, Osteuropas und der GUS muß dringend verstärkt werden. Wir fordern die Unterstützung kleinerer und mittlerer Unternehmen, damit eine handels- und kooperationsfördernde Infrastruktur in diesen neu entstehenden Märkten aufgebaut werden kann. Herr Rüttgers hat die Zuständigkeit dafür anstelle des Wirtschaftsministers erhalten - ich verstehe das sehr gut -; er muß schnell handeln. Wie auch mein Kollege Uwe Jens festgestellt und gefordert hat, brauchen wir eine Industriepolitik, die versucht, Wachstumshemmnisse abzubauen und Innovationskräfte freizusetzen.
Der südostasiatische Markt wäre auch für die deutsche Forschungs- und Entwicklungslandschaft von großem Interesse. Dazu gehört natürlich auch die Koordination von Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten zwischen Unternehmen, Universitäten und sonstigen Forschungseinrichtungen. Über diese verfügt die Bundesrepublik Deutschland. Ich erinnere hier nur an die Max-Planck-Gesellschaft, die Fraunhofer-Gesellschaft und die Deutsche Forschungsgemeinschaft. Ich verweise auf ein beträchtliches Kapital. Die Politik, Herr Minister Rüttgers, hat die entsprechenden Rahmenbedingungen zu setzen. Sie müssen organisieren und koordinieren, initiieren, aber auch finanzieren. Damit ist es in Ihrem Hause nicht gut genug bestellt.
Die Ausstattung des Einzelplans 30, der Finanzrahmen Ihres Hauses, reicht hierfür nicht aus. Sie werden verstehen, daß wir dem Einzelplan 30 unsere Zustimmung nicht geben können. Wir hätten das gern getan, weil er, wie ich schon gesagt habe, von einem hohen Stellenwert für die Bundesrepublik Deutschland ist.
Herzlichen Dank.
Als nächster spricht zum Einzelplan 30 der Kollege Steffen Kampeter.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor einigen Tagen hat der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Professor Wolfgang Frühwald, auf einem Kongreß auf die rasch zunehmende Geschwindigkeit aller Lebensprozesse hingewiesen. Ein heute geborenes Kind werde mit 75 Jahren, in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts, zu den erfahrenen Menschen gezählt werden können.
Wenn wir heute einmal zurückblicken, was in den vergangenen 75 Jahren alles geschehen ist: Aufstieg und Fall des Nationalsozialismus, Aufstieg und Fall des Kommunismus, Weltkrieg, Völkermord, die
Steffen Kampeter
Atombombe, der erste Mensch auf dem Mond, eine enorme Explosion von Wissenschaft, Technik und Verkehr; und in der gleichen Zeit, in der 1927 Charles Lindbergh den Atlantik von New York nach Paris überquerte, nämlich in 33 Stunden, fliegt heute ein Jet um die Welt, wird deutlich, welchen unvorstellbaren Wandel der Erfahrung wir in den nächsten 75 Jahren in dieser Welt zu erwarten haben.
Damit wird auch deutlich, daß die Gestaltung der Zukunft, die emotional bei vielen Menschen in Deutschland mit dem Weg und dem Wechsel ins 21. Jahrhundert verbunden ist, zu den wichtigsten Anliegen der politischen Gegenwartsdiskussion gehört. Die Union ist in Deutschland die politische Kraft, in der die Zukunftsgestaltung im Mittelpunkt des politischen Handelns steht.
Dabei geht es sowohl darum, Bewährtes für das 21. Jahrhundert zu sichern, als auch darum, zugleich auf die vielfältigen und neuen Fragen hinreichende Antworten zu entwickeln. Dies wird, um ein Beispiel zu nennen, deutlich durch die politischen Akzente im Einzelplan 30, im Etat des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie oder neuerdings: des Zukunftsministers.
Während der Bundeshaushalt insgesamt in den Etatberatungen um 1,4 Prozent sinkt, haben wir in diesem Etat einen Aufwuchs um rund 2,9 Prozent für das Jahr 1996.
Das ist ein politischer Beleg für die Bedeutung dieses Bereichs.
Wenn Sie darüber hinaus noch in Betracht ziehen, daß in den Beratungen des Haushaltsausschusses eine Vielzahl von anderen Etats mit guten Gründen Kürzungen haben hinnehmen müssen und der Zukunftsetat trotz erheblicher Umschichtungen im Ergebnis noch einen Aufwuchs erfahren hat, wird uns die Bedeutung dieser Entwicklungen angesichts der knappen haushaltspolitischen Jahre für das Jahr 1996 erst im vollen Umfang bewußt.
Mit einem Gesamtausgabevolumen von knapp 15,7 Milliarden DM wird der in Zahlen geronnene Wille zu einer aktiven Zukunftsgestaltung deutlich. Dies ist ein guter Beitrag für die Zukunft in unserem Land.
Natürlich konnten nicht alle Wünsche befriedigt werden. Das kann aber auch nicht gewollt sein. Es kann nicht Sinn und Aufgabe des Staates sein, Wunschlisten von Interessenten zu erfüllen. Ich gebe eines zu bedenken: Gerade im Etat von Herrn Bundesminister Rüttgers, wo es ein Herzensanliegen ist, Kreativität und Intelligenz zu fördern, sollte es gelingen, mit kreativer und intelligenter Mittelbewirtschaftung zukünftige Aufgaben zu erledigen.
Ich erinnere an dieser Stelle auch daran, was in den letzten Jahren an Anpassungslasten z. B. im Wissenschaftsbereich in den neuen Ländern passiert ist. Wir haben diesen Instituten viel zugemutet. Wir sind auf großen Veränderungs- und Anpassungswillen gestoßen. Ich würde mir wünschen, daß sich manche andere Wissenschaftseinrichtungen in den anderen Bundesländern hiervon wenigstens ein Stückchen abschneiden würden und bereit wären, die Lasten zu tragen, die viele Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen in den neuen Bundesländern in den vergangenen Jahren haben tragen müssen.
Für den Etat 1996 gilt: Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie sind Kernanliegen unserer Politik. Dabei wollen wir alle Kreativitätsreserven für die Zukunftsgestaltung mobilisieren.
Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, gefallen sich hingegen - das wird durch Ihr Verhalten bei den Haushaltsberatungen sehr, sehr deutlich - in der Rolle des Zukunftsverweigerers, des Verhinderers von technischem Fortschritt.
Sie versagen vor der politischen Aufgabe, den Weg ins 21. Jahrhundert zu gestalten.
Um noch einmal das Bild von dem heute neugeborenen Kind zu verwenden: Wenn wir heute den Einstieg in die Zukunftstechnologie nicht beherzt angehen, wird es dem Neugeborenen bei sozialdemokratischer Regierung, sagen wir einmal, im Jahre 2070, doch wie folgt ergehen: Es würde in einem Deutschland leben, welches im Weltvergleich eher einem Museum der Technik des 20. Jahrhunderts als einem leistungsfähigen Dienstleistungs- und Industriestaat des 21. Jahrhunderts gleicht.
Da reicht es einfach nicht aus - wie es Herr Fischer vorgestern hier getan hat -, sich auf angebliches nächtliches Surfen im Internet zu berufen. Denn gerade die Grünen, zumeist gemeinsam mit Ihnen von der SPD - darauf werde ich später noch eingehen -, spielen doch die zentrale Rolle bei der Zukunftsverweigerung in Deutschland.
Herr Kollege Schanz, Sie haben im Zusammenhang mit der Entwicklung des zukunftswichtigen Projekts Strato 2C vorhin von Heimlichkeiten im Ausschuß gesprochen. Das empfinde ich als dreist.
Sie ziehen aus der Sitzung des Haushaltsausschusses aus. Wir erledigen ordnungsgemäß unsere Aufgaben, für die wir vom Wähler beauftragt worden sind. Sie hätten in der Zeit, in der Sie sich draußen vor den
Steffen Kampeter
Kameras der Presse vergnügt haben, im Haushaltsausschuß jede Frage mit uns diskutieren können.
Uns dann heute vorzuwerfen, wir hätten eine Entscheidung heimlich getroffen, ist wirklich dreist und empörend.
Ich möchte einige Beispiele aufzeigen, an Hand deren die Unterschiede zwischen Regierung und Opposition, die Unterschiede zwischen Zukunftsgestaltung und Zukunftsverweigerung, deutlich werden.
Trotz gelegentlicher rhetorischer Appelle - Herr Schanz hat ja auch gesagt, er sei im Prinzip für dieses oder jenes Anliegen - haben Sie im Kern Ihre alte Politik beibehalten. Chancen werden von Ihnen nicht erkannt oder, was noch schwerer wiegt, ignoriert. Risiken werden in der Regel heillos überschätzt. Während wir die Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts gestalten wollen, beabsichtigen Sie mit Ihrer intellektuellen Vollkaskomentalität, den Jahrtausendwechsel noch ein paar Jahre nach hinten zu verschieben.
Dies gilt zum Beispiel für die Gen- und Biotechnologie, die in vielen Bereichen an der Schwelle zum kommerziellen Durchbruch steht. Neues biotechnologisches Wissen wird im Rahmen des Umweltschutzes, in der Landwirtschaft, in der Pharmazie und in vielen anderen Bereichen eingesetzt. Stärken der deutschen Chemie bei neueren organischen Chemikalien, in der Pharmakologie und im Pflanzenschutz werden in den kommenden Jahren durch neue biotechnologische Verfahren revolutioniert. Die Gentherapie weckt Hoffnungen auf substantiellen Fortschritt bei der Heilung von Krankheiten wie Krebs.
Aus wissenschaftlichen Untersuchungen wird deutlich, daß unter den 30 wichtigsten Innovationen bis zum Jahr 2000 die Hälfte ganz wesentlich mitbestimmt wird von der Biotechnologie.
Nach Schätzungen der OECD wird die Biotechnologie im 21. Jahrhundert eine ähnliche Bedeutung gewinnen, wie sie heute die Informationstechnik innehat. Gar nicht absehbar sind die neuen Märkte, die sich aus der Diffusion der Biotechnologie in Grenzbereichen wie Elektronikinformatik oder Materialwissenschaft ergeben.
Die Wachstumsraten sind heute groß. Aber der Weltmarkt für Biotechnologie - für 1991 auf 6 Milliarden US-Dollar geschätzt - wird weiter wachsen. Für das Jahr 2000 wird von der Industrie ein Weltumsatz von 150 Milliarden US-Dollar erwartet. Damit ist dies einer der am schnellsten wachsenden Märkte. Im engeren Bereich der Biotechnologie sind in Deutschland zur Zeit 40 000 Menschen beschäftigt. Das Beschäftigungspotential muß auch wegen der zahlreichen beschriebenen
Anwendungen im Dienstleistungsbereich hoch eingeschätzt werden.
Die Förderung der Biotechnologie stellt daher, wie in den vergangenen Jahren, einen Schwerpunkt der Forschungs- und Innovationspolitik ouch im Haushalt 1996 dar. Es muß doch unsere Aufgabe sein, alles Verantwortbare zu leisten, um Unternehmen zu ermutigen, bei uns zu investieren. Arbeitsplätze müssen auch in diesem Bereich geschaffen werden, dürfen nicht verhindert werden.
Doch in den Haushaltsberatungen wollte die Opposition, insbesondere Bündnis 90/Die Grünen, streichen.
- Ich komme auf Sie und die Haltung der Grünen zur Gentechnologie ausführlich zu sprechen. Deshalb bäte ich Sie, auf eine Zwischenfrage zu verzichten.
Bei Ihnen zeichnen sich starke ideologische Barrieren ab. So hat Ihre für die Gentechnologie zuständige Sprecherin in einem Interview die Gentechnik als „gefährlichen Unsinn" bezeichnet. Und auf die Frage, ob geninduzierte Ertragssteigerungen bei Lebensmitteln nicht einen Beitrag gegen den Hunger in der Welt leisten könnten, antwortete sie ablehnend.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, solche Stellungnahmen sind nicht nur Zukunftsverweigerung, sondern zynisch. Mit ideologischer Verweigerung werden wir den Hunger in dieser Welt nicht stillen können. Das geht nur im Wege technologischer Innovationen.
Unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Gen- und Biotechnologie brauchen mehr als nur materielle Forschungsförderung. Sie brauchen rechtliche, administrative und moralische Unterstützung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, was die SPD darunter versteht, kann am rot-grünen hessischen Beispiel gezeigt werden. Die Förderung eines Kongresses von Gentechnikgegnern durch die Landesregierung in Wiesbaden beweist, daß man Wissenschaftsgelder auch gezielt zur Verhinderung von Zukunftsgestaltung einsetzen kann.
Steffen Kampeter
Ich will an dieser Stelle aus einem Bericht der „Neuen Osnabrücker Zeitung" über diesen Kongreß zitieren:
Zur freien gentechnik Landwirtschaft hat der Kongreß „Gegen Gen" aufgerufen, der im Hessischen stattfand. Vier Tage wurde diskutiert. Gründe für die Gentechnologie, so heißt es, seien irrational und unreflektiert. Die Gentechnik führe zu einer weiteren Verarmung an Sorten, zu mehr Chemieeinsatz und Bodenreaktionen. Es wird von einem nicht abschätzbaren Risiko gesprochen.
Wir haben gegen die Förderung dieses Kongresses protestiert. Die hessische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst behauptet in einem Schreiben an Bundesminister Rüttgers, dies sei ein Kongreß, der sowohl Chancen als auch Risiken darstelle. Meine sehr verehrten Damen und Herren, von Risiken habe ich in diesem Bericht gelesen, aber wo hat dieser Kongreß die Chancen der Gentechnik aufgezeigt?
Wenn solche Berichte deutlich machen, daß Chancen offensichtlich irgendwo vergraben werden, die Risiken ideologisch überhöht werden, dann ist das Zukunftsverweigerung. Das ist die Vernichtung von möglichen Arbeitsplätzen in diesem Land, meine sehr verehrten Damen und Herren.
So sieht es konkret aus, Herr Kollege Schanz,
wenn Sie sagen, Sie seien bereit, Forschung und Wissenschaft in diesem Land zu unterstützen. Rhetorische Bekenntnisse reichen nicht aus. Es geht um konkrete Unterstützung.
Das Beispiel Transrapid zeigt ein weiteres, meine sehr verehrten Damen und Herren.
- Ja, das tut Ihnen weh. Gerade diese Frage sollte Ihnen auch wehtun, denn es ist ein weiteres wichtiges Beispiel, wo Sie technologischen Fortschritt, wo Sie Arbeitsplätze in Deutschland blockieren.
Lassen Sie mich zu einem weiteren Bereich kommen. Schon heute werden in Deutschland pro Jahr mehr Computer als Autos verkauft. Die Mikroelektronik ist weltweit auf dem Vormarsch. Der Weltmarkt für Halbleiter wuchs 1994 um 28 Prozent auf 110 Milliarden Dollar. Die europäischen Hersteller befinden sich ebenfalls im Aufwind und erzielen
nach einer längeren Verlustphase erstmals wieder Gewinne - ich behaupte: nicht zuletzt wegen unserer Förderpolitik. Denn im Etat 1996 wachsen die Mittel für diesen Bereich überproportional.
Europa darf sich aus dieser für die Innovationskraft wichtigen Technik nicht verdrängen lassen.
Wir brauchen die Anwendungen wie Multimedia, Informationshighways und Kommunikationstechnik. All diese modernen Anwendungen, die zukünftigen Wachstumsmärkte der Welt, sind ohne eine moderne Mikroelektronik nicht erschließbar.
Im Etat 1996 werden die Mittel für die Förderung der Informationstechnik erstmals die Milliardengrenze überschreiten. Damit wird wiederum deutlich: Wir reden nicht nur von Zukunft,
sondern wir gestalten sie ganz konkret.
Ein weiteres Beispiel: Vor einigen Tagen hat beim Deutschen Industrie- und Handelstag ein achtzehnjähriger Unternehmer aus Ostwestfalen seine Unternehmensgruppe vorgestellt, die im zweiten Geschäftsjahr dreistellige Millionenumsätze im Computerbereich erwirtschaftet und über 200 Arbeitsplätze geschaffen hat. Mit 18 Jahren, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Angesichts dieses ungewöhnlichen Erfolges hat ein Kollege aus der Opposition - ich glaube, er war früher mal wirtschaftspolitischer Experte - sofort nach der Gefahr des Scheiterns gefragt. Das finde ich symptomatisch für das Verhalten der SPD zu Zukunftschancen. Da gibt es einen jungen Unternehmer, der 200 Arbeitsplätze - er hat mit 16 Jahren begonnen - geschaffen hat, der dreistellige Millionenumsätze erzielt. Anstatt sich über diesen Erfolg zu freuen, wird nach der Angst vor dem Scheitern gefragt. Hätte sich dieser junge Mensch von dem Bedenkenträger aus der SPD beraten lassen, wäre das Unternehmen heute überhaupt noch nicht gegründet.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie bei allen Haushaltsberatungen wird natürlich über eine zu knappe Mittelzuweisung in verschiedenen Bereichen geklagt. Herr Kollege Schanz hat in dieses Klagelied auch eingestimmt. Ich teile diese Klage nicht. Knappe Mittel sind eine Aufforderung zur intelligenten Bewirtschaftung von Budgets. Jedes am Markt tätige Unternehmen weiß, daß, wenn Einnahmen ausbleiben, für den dauerhaften Erhalt des Unternehmens deutliche Kostenreduzierungen erforderlich sind.
Steffen Kampeter
Die Kostensituation hat das Unternehmen selbst in der Hand. Eigenverantwortliches, kreatives, ja intelligentes Handeln ist gefragt. Auf den hier zur Diskussion stehenden Bereich übertragen bedeutet dies, daß bei konstanten oder langsam wachsenden Budgets neue Formen des Kostenmanagements gefunden werden müssen.
Ich möchte dies an einem Beispiel deutlich machen, nämlich an dem des schon angesprochenen Studenten-BAföG und der beruflichen Aufstiegsqualifikation, des Meister-BAföG. Im Kern der Diskussion über die Studenten-BAföG-Reform steht die Stärkung von Eigenverantwortung und damit der Grundgedanke,
daß nach erfolgter Ausbildung und bei hohem Einkommen aus einer akademischen Tätigkeit ein Teil der Fördermittel in den BAföG-Topf zurückfließen soll. Damit sollen wichtige Strukturverbesserungen für die heutigen Studenten finanziert werden. Als jemand, der selbst BAföG-Student war, finde ich dies gut. Das ist ein gelungener Generationenvertrag. Ehemalige Studenten leisten ihren Möglichkeiten entsprechend einen Beitrag dazu, daß beispielsweise im Jahr 1996 ein Anstieg der BAföGLeistungen um etwa 6 Prozent für die folgende Studentengeneration ermöglicht wird. Diese BAföG-Strukturreform, würde sie umgesetzt, bedeutete innerhalb von zwei Jahren 12 Prozent mehr BAföG bei gleichzeitig geringerer Belastung für die öffentlichen Haushalte. Dies nenne ich eine innovative Finanzierung und eine, die die Eigenverantwortung stärkt. Denn mit den zusätzlichen 266 Millionen DM können allein im Jahr 1996 weitere wichtige zentrale Aufgaben in der Hochschul- und Wissenschaftspolitik finanziert werden, für die ohne BAföG-Reform kein Spielraum wäre.
Im engen fachlich-politischen Zusammenhang hierzu steht das Vorhaben, die Meisterausbildung finanziell zu unterstützen. Diese Unterstützung wird von den Betroffenen zu Recht erwartet. Sie soll nach den gleichen Strukturprinzipien wie die Studentenförderung organisiert werden. In den Diskussionen mit dem Handwerk wurde nie bezweifelt, daß auch hier ein Element der Eigenverantwortung enthalten sein muß. Das ist um so anerkennenswerter, als die finanziellen Belastungen beim Selbständigmachen eines Handwerkers erheblich höher sind als bei der Berufsaufnahme eines Akademikers. Der Bundesrat hat diesen Gesetzentwurf in seiner letzten Sitzung zwar grundsätzlich begrüßt - Rhetorik -, aber gleichzeitig jede Form der Finanzierung verweigert. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die politische Konsequenz heißt: Es gibt weiterhin - richtigerweise - viel Geld für die Studenten, aber kein Geld für die Handwerker. Soll etwa das die von Herrn Schanz
geforderte Gleichbehandlung von akademischer und beruflicher Bildung sein?
Ich möchte mit einem Bild schließen. In diesen Tagen hat ein niederländischer Unternehmer das Gelände des Reaktors von Kalkar gekauft, um dort einen Freizeitpark zu errichten.
Ich freue mich über die in Kalkar dadurch geschaffenen Arbeitsplätze. Es ist sicherlich ein wirtschaftlicher Impuls. Aber wir können nicht auf Dauer zum Prinzip erheben, daß wir technologische Hochentwicklungen von Rot und Grün stoppen lassen und daraus dann Freizeitparks machen.
Dann lese ich in der Zeitung auch noch „Achterbahn statt Atommeiler" und daß dieser Unternehmer als „König von Kalkar" charakterisiert wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie uns gemeinsam darum ringen, daß wir hinreichend Geld haben, um in Freizeitparks zu investieren, daß wir aber die technologische Zukunft unseres Landes nicht verspielen.
Wir stimmen dem Einzelplan 30 zu.
Als nächste spricht die Kollegin Elisabeth Altmann.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie Kollege Kampeter, so versuchte neulich auch die „FAZ" in anschaulicher Sprache darzustellen, „die CDU sei jetzt vorgeprescht und habe das Thema Zukunft besetzt". Ich habe mir darunter eine Art Pferderennen - atemberaubendes Tempo, dampfende Nüstern - vorgestellt. In dem einen Jahr Bundestag habe ich die CDU im Bereich Zukunft allerdings eher als Schildkröte denn als Rennpferd empfunden.
Der zweite Vergleich allerdings ist sehr treffend: Da kommt die CDU/CSU, läßt sich behäbig auf dem Sessel der Zukunft nieder, besetzt das Thema und steht drei Jahre lang nicht mehr auf.
Jetzt möchte ich einmal fragen, ob der vorgelegte Einzelplan 30 wirklich die Perspektive für das
Elisabeth Altmann
21. Jahrhundert bietet, wie der Kollege Kampeter eben versuchte auszuführen. Zwei namhafte Fachleute teilen meine Zweifel. Dieter Simon, der ehemalige Vorsitzende des Wissenschaftsrates, findet die Steigerungen des Haushaltsentwurfs - nämlich nicht 10 Prozent, nicht 5 Prozent, nicht 3 Prozent, sondern reichlich 1 Prozent - eher „dürftig". Karl-Heinz Hoffmann, der jetzige Vorsitzende des Wissenschaftsrates, fürchtet zu Recht, daß „Deutschland ... in Sachen Bildung und Forschung zum Entwicklungsland" wird.
Zum ersten Schwerpunkt des Ministeriums: Bildung. Meine Damen und Herren, schon trägt die Bundesrepublik laut der dritten OECD-Bildungsstatistik die Schlußlaterne bei den öffentlichen Bildungsausgaben. Der prozentuale Anteil liegt bei 8,5 Prozent der gesamten Staatsausgaben. Zum Vergleich: Die Schweiz gibt das Doppelte aus, die USA 80 Prozent mehr.
Wie sieht die Situation vor Ort aus? In den Hochschulen drängeln sich die Studentinnen und Studenten; auf knapp 900 000 ausgewiesenen Studienplätzen müssen zirka 1,9 Millionen Studentinnen und Studenten Platz finden. Das heißt, jeder Stuhl ist doppelt besetzt! Professorenstellen und Studienplätze werden gestrichen, Vorlesungsräume und Laboratorien vergammeln, Bibliotheken verkümmern.
Minister Rüttgers sollte einmal den „Spiegel" lesen, wenn er darf,
oder an einem Regentag nach Greifswald fahren und sehen, wie es durch die Dächer der Uni tropft. Das ist ja kein Einzelfall.
Gerade in den neuen Bundesländern müßten Hochschulgebäude renoviert werden. Die von Minister Rüttgers in Aussicht gestellten Mittel sind gerade einmal ein Tropfen auf den heißen Stein.
Auch die vorgeschlagenen Leasing-Verfahren beim Hochschulbau kommen längerfristig teurer. Außerdem sagt ein Rechtsgutachten eindeutig, daß im Hochschulbau „Formen der Miete oder des Leasings ohne Erwerbsabsicht unzulässig sind". Wer will schon auf die Dauer mit einem geleasten Auto fahren, meine Herren?
In dieser angespannten Situation ist es dringend nötig, die Hochschulsonderprogramme fortzuführen und zusammenzufassen.
Hier drohen viele Arbeitsplätze verlorenzugehen. Es handelt sich immerhin um 5 800 qualifizierte Arbeitsplätze!
Auch die Nachwuchsförderung muß der Bund weiterführen.
Es nützt nichts, wenn Mittel für Programme ausgewiesen werden, die dann auf Grund der Vergabe- und Qualifikationskriterien nicht abgerufen werden können. Das nützt doch nichts! Frauenförderung vor allem darf ja nicht nur auf dem Papier stehen, sondern muß real praktiziert werden.
Wie sieht die Zukunft konkret für Empfänger und Empfängerinnen von BAföG aus?
Was sagen Sie, Herr Minister, zu den bundesweiten Auftaktaktionen, auch heute in Bonn, die jetzt zum „heißen Herbst" beginnen? Das BMBF bringt ein Rechenbeispiel: Bei elf Semestern Vollförderung müssen statt bisher 35 000 DM nun verzinst 70 000 DM zurückgezahlt werden, also doppelt soviel. Die Studierendenvertretung der Uni Erlangen/Nürnberg spricht von einer „Ausgrenzung ... materiell schlechter gestellter Studenten" . Die Probleme der Bildungsfinanzierung werden hier auf die Schwächsten abgewälzt. Zu Recht rufen unter diesen Umständen die Studenten und Studentinnen zu dem eben genannten „heißen Herbst" auf.
Meine Erfahrungen vor Ort sind: Studenten, Studentinnen, Professoren und Professorinnen sind guten Willens, Sparmaßnahmen mitzutragen. Ich warne Sie jedoch: Überspannen Sie den Bogen nicht. Der Pfeil könnte sonst als Bumerang zu Ihnen zurückkehren.
Das Meister-BAföG wird hochgelobt. Den Handlungsbedarf aber haben Sie, meine Damen und Herren von der Regierungsbank, durch die Novelle des AFG selbst verursacht. Erst streichen Sie die Förderung, die reichlicher war als die jetzt eingesetzten Mittel, und dann weisen Sie ein Meister-BAföG aus, das nicht ausreichend ist. Wir benötigen dringend Anmeldungen zu Meisterprüfungen! Hiermit werden wir das nicht erreichen. Das ist eine Mängelverwaltung.
Um Mängelverwaltung geht es auch bei der nach wie vor schlechten Ausbildungsplatzsituation. Ich habe dazu schon einmal gesagt: Wir müssen da etwas tun; wir werden Vorschläge zur Umlagefinanzierung bringen. Besonders Großbetriebe, die nicht ausbilden, sollen in diesem Zusammenhang zahlen.
Nun möchte ich zum zweiten Schwerpunkt des Ministeriums kommen, zur Technologiepolitik. Die Bundesregierung finanziert unserer Meinung nach überholte Großforschungsanlagen ebenso wie Atom-
Elisabeth Altmann
technologie. Der Präsident des Nuclear Control Institute in Washington, Paul Leventahl, stellt fest: Der Reaktor Garching, der FRM II, benötigt kein hochangereichertes Uran. Der FRM II unterminiert die Nichtverbreitungsanstrengungen. Trotzdem soll der Forschungsreaktor München-Garching mit Investitionsmitteln von 33 Millionen DM weiter gefördert werden.
Das ist ein Skandal!
- Wissenschaftler widersprechen Ihnen; Sie sollten da genau hinhören.
Insgesamt wird die Nuklearforschung im Einzelplan 30 mit 268 Millionen DM gefördert. Wir fordern, dieses Geld statt dessen für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen einzusetzen.
Wenn der Staat die Wirtschaft mit Atomförderung in die technologische Sackgasse lockt, müßte viel Charakterstärke dazugehören, dem zu widerstehen. Die Regierungen in Bonn und München hätten am Bauzaun von Wackersdorf weiterprügeln lassen, wäre nicht die Industrie ausgestiegen.
- Sie sind einer der Ewiggestrigen. Sie haben das bis heute noch nicht kapiert.
Ebenso überholt sind Großprojekte wie der Transrapid zwischen Hamburg und Berlin. Solche Projekte verursachen Milliardenlöcher im Haushalt, zerstören die Natur, und der verkehrspolitische Nutzen ist höchst fragwürdig. Hinzu kommt, daß ernsthafte Interessenten für das Magnetbahnsystem nicht erkennbar sind.
Dann zur Gentechnologie, Herr Kampeter: Jährlich werden mehr als 300 Millionen DM aus dem Bundeshaushalt der Gentechnologie in den Rachen gesteckt.
- Ich habe dazu eine andere Meinung;
darauf komme ich noch zu sprechen. - Dazu betont die Bundesregierung, daß in den Forschungslabors und wissenschaftlichen Einrichtungen heute die Arbeitsplätze der Zukunft entstehen.
Nicht nur wir, Bündnis 90/Die Grünen, bezweifeln dies. Gentechnologie führt nicht nur wirtschaftlich in eine Sackgasse, wie Beispiele aus den USA ganz deutlich zeigen. Weite Teile der Öffentlichkeit glauben nicht an Ihre Versprechungen, Gentechnologie könne den Welthunger beseitigen, Krebs heilen, vielleicht sogar gebratene Tauben züchten oder den Goldesel hervorzaubern, der das Milliardenloch in Minister Waigels Haushalt stopft.
Die wunderbare Arbeitsplatzvermehrung in Millionenhöhe ist ebenfalls reines Wunschdenken.
Sie sprachen eben von der Krebsbekämpfung. Die zwei führenden Gentechnikfirmen, die British Biotech und die Cantab, haben klinische Mißerfolge bei der Entwicklung ihres heißersehnten Medikamentes, des Batismastat, gehabt. Das müßten eigentlich auch Sie wissen, wenn Sie in diesem Bereich so firm sind.
Mit dem Argument der Arbeitsplätze kann man ebenfalls nicht jede Risikotechnologie rechtfertigen. Wir wollen jedenfalls den Bereich Genomforschung und ähnliches streichen und das Geld für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen verwenden.
Wir wollen Arbeitsplätze schaffen durch den ökologischen und sozialen Umbau. Darin müssen wir wettbewerbsfähig sein und Vorbild werden. An dieser Herausforderung muß sich Forschungs- und Technologiepolitik orientieren. Das ist keine Zukunftsverweigerung, wie Sie das eben nannten, sondern Gestaltung einer lebenswerten Zukunft.
Alternative Märkte müssen wir erschließen, zum Beispiel für Photovoltaik, also Sonnenstrom, KraftWärme-Kopplung, sparsamen, effizienten Umgang mit Materialien und Kreislaufwirtschaft.
Das sind wichtige Pfeiler, und wir müssen darangehen. So bewahren wir unsere Lebensgrundlagen. Das ist unsere Zukunft, das steht an, und das müssen wir vorantreiben. Erst eine sozial und ökologisch umgestellte Gesellschaft wird auch die Aufgaben der Zukunft kraftvoll bewältigen können.
Das Wort hat jetzt der Kollege Jürgen Koppelin.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Haushaltspolitik der Freien Demokratischen Partei war beim Bundeshaushaltsplan 1996 von zwei Schwerpunkten gekennzeichnet: zum einen die Staatsausgaben zu drosseln, auf der anderen Seite jedoch bewußt die Ausgaben für Bildung und Forschung zu steigern.
Nur so war und ist es nach unserer Auffassung möglich, neue Arbeitsplätze zu schaffen oder Arbeitsplätze zu erhalten. Der Bundeshaushaltsplan 1996 spiegelt das wider. Es ist erfreulich, daß die Mittel für den Einzelplan für Bildung und Forschung gesteigert werden konnten.
Der Kollege Schanz hat hier eine kritische Anmerkung zu einem Bereich im Haushaltsplan gemacht, den wir ebenfalls durchaus kritisch gesehen haben, nämlich zum Bereich der globalen Minderausgabe. Herr Kollege Schanz, ich will Ihnen dazu nur folgendes sagen: Das ist sicher eine Sache, über die man diskutieren kann.
Aber ich halte es da mit der Kollegin Ingrid Matthäus-Maier. Sie hat in einer Haushaltsdebatte folgendes gesagt - ich bitte die Sozialdemokraten, einmal zuzuhören, weil sie vorhin bei der Kritik an der globalen Minderausgabe alle geklatscht haben -:
Ich glaube, über dieses Instrument der Haushaltspolitik kann man streiten.
Das bestätige ich.
Es ist sehr großflächig und überläßt seine Wirkung dem Haushaltsvollzug. Aber wenn man sich aus rein praktischen Gründen zur Anwendung entschließt, dann steht dieses Instrument Koalition und Opposition gemeinsam und gleichermaßen zur Verfügung.
Dem kann ich mich anschließen.
Ingrid Matthäus-Maier hat vorhin kräftig geklatscht, als der Kollege Schanz das kritisierte. Ich denke, man kann sich auf diesem Weg einigen; das ist jedenfalls auch unsere Auffassung.
- Ja, selbstverständlich; aber wir haben doch immer mit der globalen Minderausgabe gearbeitet. Das haben Sie doch ebenfalls getan.
Wir Freien Demokraten haben jedenfalls alles unternommen, damit der Rotstift bei diesem Haushaltsplan nicht angesetzt werden mußte. Es ist sehr richtig, was Wolfgang Gerhardt, unser Parteivorsitzender, nach seiner Wahl zum Parteivorsitzenden der F.D.P. gesagt hat: Forschung, Entwicklung und neue Technologien sind immer Vorläufer für Beschäftigungsverhältnisse von morgen. Deswegen haben wir
mehr Mittel für die Forschung und die Bildung gefordert.
Es ist erfreulich, daß es in den Koalitionsgesprächen gelungen ist - wir Freien Demokraten haben ja Koalitionsgespräche zu diesem Bereich verlangt -, mehr Mittel zu bekommen. Das Versprechen wurde eingehalten. Das ist ein Erfolg der F.D.P.; das ist ein Erfolg der Koalition insgesamt.
Trotz der Erhöhung der Mittel für Forschung und Bildung bleibt Kreativität gefragt, damit mit dem vorhandenen Geld mehr gemacht werden kann. Wissenschaftliche Höchstleistungen, Spitzenforschung und Spitzentechnologie sichern auch unseren Wohlstand und unseren Sozialstaat. Deshalb bedauern wir Freien Demokraten, daß in vielen Bundesländern in letzter Zeit die Mittel für die Hochschulen und für die Forschung heruntergefahren worden sind.
- Herr Kollege, ich sage nur einen Satz zu Ihnen: Ich stelle auch bei diesen Haushaltsberatungen fest: Das einzige, was Sie können, ist krakeelen. Ich ahne schon, warum Ihre Fraktion Sie hier nie ans Pult schickt.
- Doch, er macht es ja ständig. Wenn er einen Zwischenruf machen würde, wäre es ja in Ordnung. Aber das geht jetzt alles von meiner Zeit ab.
Wir wissen sehr wohl, daß die Mittel für den Hochschulbau schon lange nicht mehr ausreichen. Ich kann auch die Polemik, die hier teilweise auftaucht - ich sage das an alle Seiten gerichtet -, nicht verstehen, weil nach Auffassung der F.D.P. „Bildung und Forschung" ein Thema ist, bei dem wir in den Ländern und im Bund wirklich alle zusammenstehen müßten.
Ich werde nachher etwas dazu sagen. Sie werden bei meinen Ausführungen auch feststellen, daß ich nicht die Bundesregierung, und das, was sie macht, pauschal lobe, sondern daß ich durchaus bereit bin, auch kritische Anmerkungen zu machen.
Aber Sie müssen mir die Chance geben, indem Sie zumindest zuhören.
Ich habe gerade gesagt, daß nach unserer Auffassung die Mittel für den Hochschulbau zu knapp sind. 1,9 Milliarden DM sind zu wenig, zumal wenn man feststellen muß, daß kaum neue Baumaßnahmen mit diesem Geld gefördert werden.
Jürgen Koppelin
Betrachtet man die unter dem Begriff Hochschulbauförderung zusammengefaßten Maßnahmen, so muß man sich doch oft wundern, was in Deutschland alles unter diesen Begriff fällt und entsprechend finanziert wird. Wir Freien Demokraten sind der Auffassung, daß zum Beispiel die Ausgaben für Universitätskliniken, medizinische Großgeräte oder Großgeräte der Grundlagenforschung nicht der Hochschulbauförderung zugerechnet werden sollten. Statt dessen sollten wir überlegen, ob wir nicht besonders Bibliotheken, Laboratorien und Hörsäle in das Zentrum der Förderung stellen.
Lassen Sie uns, Länder und Bund, gemeinsam - wohlgemerkt: gemeinsam - einen Vorstoß machen, daß wir hier reformieren und - auch im Sinne von Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit - für eine stärkere Übereinstimmung zwischen Titelbezeichnung und tatsächlicher Förderung sorgen.
Die Hochschulbauförderung muß sich auf die unmittelbaren Belange der Hochschulen und der Studierenden konzentrieren. Die Freien Demokraten in Rheinland-Pfalz haben sich zum Hochschulbau Gedanken gemacht und sind zu dem Ergebnis gekommen, wir sollten in das Hochschulbau-Leasingmodell einsteigen. Das halten wir durchaus für einen gangbaren Weg, um mehr für unsere Hochschulen zu erreichen.
Ich finde es erfreulich, daß der Wissenschaftsminister von Rheinland-Pfalz in dieser Woche in einer Pressekonferenz die besonderen Vorteile eines Hochschulbau-Leasingmodells vorgestellt hat. Wir Freien Demokraten haben sehr viel Sympathie dafür.
- Auch die SPD in Rheinland-Pfalz. Das ist zu begrüßen. Deswegen sprach ich auch davon, daß wir versuchen sollten, uns gemeinsam, Opposition und Koalition, an dieses Thema zu begeben.
Der zweite Bereich mit Reformbedarf ist sicher BAföG. Es war höchste Zeit, die Diskussion um die Reform des BAföG zu eröffnen. Die F.D.P. hat sich darauf konzentriert, daß ein tragfähiger Kompromiß gefunden wurde. Wichtig war uns, Fehlentwicklungen bei den Freibeträgen und bei den Bedarfssätzen umgehend und unabhängig vom Fortgang des BAföG-Reformprozesses zu beseitigen. Deswegen haben wir in den Beratungen des Haushaltsausschusses dafür gesorgt, daß die für die Erhöhung der Freibeträge und der Bedarfssätze um jeweils 6 Prozent notwendigen Mittel entsperrt wurden und jetzt ohne Bedingungen zur Verfügung stehen. Das bedeutet, die Studierenden erhalten ab Herbst 1996 6 Prozent mehr. Dies wird etwa 30 Prozent der Studierenden betreffen.
Ich will durchaus zugestehen, daß das jetzige BAföG-Modell die F.D.P. nicht zufriedenstellt. Jedoch
muß eingeräumt werden, daß auf diese Weise zusätzliche Mittel für die Belange der Bildungspolitik freigemacht werden, die sonst nicht zur Verfügung stünden. Es muß allerdings auch gesagt werden: Aus der Sicht der F.D.P. ist der gravierendste Nachteil des BAföG-Modells, daß hier nur ein Viertel der Studierenden zur Finanzierung allgemeiner Aufgaben des Bildungsbereichs herangezogen werden.
Da dies erst nach Abschluß des Studiums in einer Phase mit in der Regel überdurchschnittlichem Einkommen geschieht, ist das zwar nicht unsozial, aber nach unserer Auffassung ungerecht.
Mein Freund und Fraktionskollege Karlheinz Guttmacher hat in der ersten Lesung etwas gesagt, was ich hier gern wiederholen will: „Dieses Modell ist ein Modell der Gegenwart, nicht aber ein Modell der Zukunft." Nach Auffassung der F.D.P. muß ein BAföG-Modell für die Zukunft auch der Tatsache Rechnung tragen, daß es sich bei den Studierenden nicht um Kinder, sondern um junge Erwachsene handelt.
- Er wird nachher etwas dazu sagen.
Man muß allerdings wissen: Hätten wir das BAföG-Modell abgelehnt, dann hätten wir damit einen Stillstand im Hochschulbau, bei den Hochschulsonderprogrammen und auch im Bereich der Forschung verursacht. Das war jedenfalls nach unserer Auffassung nicht zu verantworten.
Neben der Förderung der beruflichen und akademischen Bildung brauchen wir dringend die Einführung des Meister-BAföG. Wir Freien Demokraten sind für schulische, akademische und berufliche Bildung, die gleichwertig sein muß.
Eine Vielzahl selbständiger beruflicher Existenzen ist nach unserer Auffassung Voraussetzung für die Sicherung und den Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes. Kleine und mittelständische Betriebe spielen bei der Schaffung neuer Ausbildungsplätze und Arbeitsplätze eine wichtige Rolle.
In vielen Betrieben wird in den kommenden Jahren ein Generationswechsel stattfinden. Der Bedarf an qualifizierten Nachfolgern ist dann vorhanden, und dem müssen wir nachkommen. Meister-BAföG ist nach unserer Auffassung ein Signal an junge Menschen, über die berufliche Ausbildung den Weg in die Selbständigkeit zu suchen.
Die Länder verweigern sich nun. Meister-BAföG darf jedoch nach unserer Auffassung nicht auf dem Altar eines Bund-Länder-Hickhacks geopfert wer-
Jürgen Koppelin
den. Wir Freien Demokraten sehen überhaupt nicht ein, warum die Länder hier eine Blockadepolitik betreiben. Natürlich sind die Mittel bei den Ländern genauso knapp wie beim Bund. Aber wie will man Arbeitsplätze schaffen, wenn man nur davon redet, aber nicht bereit ist, die entsprechenden Mittel zur Verfügung zu stellen? Ich sehe ein, daß bei den Ländern die Mittel knapp sind, beim Bund sind sie auch knapp, aber man muß hin und wieder den Knoten durchschlagen, um Erfolg zu haben, Arbeitsplätze zu schaffen und nicht nur davon zu reden.
Es ist auch hier notwendig, daß wir gemeinsam, Bund und Länder, an die Sache herangehen.
Wenn die Länder das Meister-BAföG blockieren und behaupten, dafür kein Geld zu haben, dann müssen sie einmal überprüfen, ob wirklich alles aus Landeshaushalten gefördert werden muß, was man aus politischen Gründen gern fördern möchte, oder ob man nicht andere Schwerpunkte setzt.
- Kollege Weng, um es deutlich zu machen, nenne ich ein Beispiel aus Schleswig-Holstein. Was meinen Sie, wofür da Geld zur Verfügung steht? Da stellt das Frauenministerium Unmengen Gelder zur Verfügung, damit der Urschrei geübt und Trommelkurse usw. angeboten werden können. Mir wäre es lieber, das Geld würde in die Ausbildung junger Meister investiert. Das wäre mir wichtiger.
Mit dem Haushalt des Bundesministers für Bildung und Forschung haben die Koalitionsparteien bei den Beratungen im Haushaltsausschuß Akzente gesetzt, damit die öffentliche Forschung nicht zurückgefahren werden muß. Es muß jedoch auch bei der Industrie angemahnt werden, daß sie in ihrem eigenen Verantwortungsbereich, in ihren Firmen, die notwendige praktische Industrieforschung fördert und nicht zurückfährt.
Die Forschungsmittel, die wir zur Verfügung stellen, sind von erheblicher Schubkraft für die Zukunftsgestaltung. Forschung und Entwicklung sind Investitionen für die Zukunft. Das dafür zur Verfügung gestellte Geld ist Saat für Arbeitsplätze und für die Zukunft. Achten wir darauf, daß wir gut säen und daß die aufgehende Saat zügig in marktfähige Produkte umgesetzt wird.
Dann können neue Arbeitsplätze geschaffen und bisherige gesichert werden.
Das war das Ziel der Arbeit der Koalition bei den Beratungen zum Einzelplan des Bundesministers für Bildung und Forschung. Ich habe schon dargelegt, daß wir Freie Demokraten über den Erfolg, den wir als F.D.P. in diesem Bereich durch die Aufstockung der Mittel haben erreichen können, sehr erfreut sind.
Das ist ein Erfolg der Koalition. Deswegen werden wir dem Einzelplan des Bundesministers für Bildung und Forschung aus Überzeugung zustimmen.
Ich danke Ihnen für Ihre Geduld.
Das Wort hat jetzt Professor Ludwig Elm.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Man braucht keine Lupe, um im Haushalt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung die Schieflage des gesamten Bundeshaushalts zu erkennen. Im Gegenteil: Das sogenannte Zukunftsministerium gehört zu den auch in der Öffentlichkeit sichtbaren Spitzen des Eisbergs und zeigt die Drift an, weg vom Konsens des Sozialstaats hin zu einer Gesellschaft, die ihren Zusammenhang in einer konservativ nationalen Standort-Deutschland-über-alles-Ideologie finden soll und die auf alles pfeift, was in dieses Konzept nicht hineinpaßt.
So betrachtet ist der Haushalt dieses Ministeriums ein rechtes Pfeifkonzert. Bundesregierung und Bildungsministerium pfeifen auf das Grundgesetz, zum Beispiel auf Art. 12, auf das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. 100 000 Ostdeutsche haben ihren Arbeitsplatz in Forschung und Entwicklung verloren. Seit Jahren fehlen in Ostdeutschland 100 000 betriebliche Ausbildungsplätze. Die Verwirklichung von Rüttgers' BAföG-Plänen wird Zehntausende Studierwillige aus einkommensschwächeren Schichten vom Studium fernhalten.
Der vorliegende Haushaltsentwurf setzt sich in empörender Weise über geltendes Recht, nämlich über das gültige Bundesausbildungsförderungsgesetz hinweg.
An die Stelle des geltenden Rechts wird unverfroren das Recht des aktuell Stärkeren, der Koalitionsmehrheit gesetzt. Diese Koalition pfeift auf die Chancengleichheit zwischen Ost und West und auf die Chancengleichheit der sozial Schwächeren beim Bildungserwerb.
Allein in diesem Jahr überstieg die Zahl der Bewerber für eine betriebliche Ausbildungsstelle in Ostdeutschland die Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätze um zirka 100 000. Die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung in Ostdeutschland betragen 3 Prozent der Gesamtaufwendungen des Bundes für Forschung und Entwicklung.
Von 132 000 Beschäftigten im Bereich Forschung und Entwicklung 1990 in Ostdeutschland sind etwas mehr als 30 000 übriggeblieben. Durch das Auslaufen verschiedener Förderprogramme, so des Hochschulsonderprogramms Ost im Jahre 1996, und von Förderprogrammen des Bundesministeriums für
Dr. Ludwig Elm
Wirtschaft zur Forschungs- und Technologieförderung Ost werden solche zukunftswidrigen Ungleichheiten sogar vertieft und auf weite Sicht festgeschrieben.
Der „Zukunftsminister" macht mit seinem Haushalt Vorschläge, wie es in Zukunft noch ungerechter und kälter in Deutschland werden soll. Alle, auch die sozial Schwächeren, sollen diesen Haushalt bezahlen, auch diejenigen, deren Kinder durch Lehrstellenmangel, BAföG-Hürden usw. schon frühzeitig in das letzte Drittel der Gesellschaft mit den geringsten Bildungs- und - später - Berufschancen verwiesen werden.
Mit dem Entwurf zum Einzelplan 30 wird die Bundesregierung ihrer Verantwortung für die Förderung von Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie nicht gerecht. Der Haushaltsentwurf zeichnet sich insbesondere durch die faktische Einführung eines sozialen Numerus clausus für das Studium aus. Studierwillige aus einkommensschwächeren Schichten sollen durch die Zumutung einer Verschuldung von zirka 70 000 DM vom Studium abgeschreckt werden. Der Bundesregierung kommt das zweifelhafte Verdienst zu, den Anteil der Studierenden aus sogenannten sozial niedrigen Herkunftsgruppen von 23 Prozent im Jahr 1982 auf 14 Prozent im Jahr 1994 heruntergedrückt zu haben. Der Abbau in dieser Richtung soll nun offenbar in drastisch erhöhtem Tempo fortgesetzt werden.
Vorgestern haben einige hundert Studenten in Leipzig gegen die geplante Verzinsung des Darlehensanteils des BaföG demonstriert. Gestern war in der „Frankfurter Rundschau" zu lesen, in welchem Maße Eltern und lernwillige junge Leute hinsichtlich der Ausbildungschancen und der überhaupt verbleibenden Möglichkeiten der Studienförderung verunsichert sind. Wörtlich kann man da lesen: „Hochschulzugang ist längst wieder zu einem Privileg geworden, dessen Zuteilung von der sozialen Herkunft abhängt." Vielleicht kann Herr Kampeter das Leserforum der „Frankfurter Rundschau" das nächste Mal mit dem BAföG bestreiten. Er müßte sich dann allerdings argumentativ noch etwas stärker rüsten. Gegebenenfalls müßte auch die Redaktion Sicherheitsvorkehrungen für ihre Räume treffen, wenn das Konzept so, wie wir es hier gehört haben, vertreten werden soll.
Es besitzt geradezu symbolischen Gehalt, wenn sich dem Bericht in der „Frankfurter Rundschau" ein Beitrag über den Wiedereinzug des Korporationsstudententums am Beispiel von Halle und Bad Kösen anschließt. Die karrierebewußten, bierseligen, sich schlagenden Männerbündler können als Kohls und Rüttgers elitärer Vortrupp ins 21. Jahrhundert gelten -
ein Vortrupp, der die emanzipatorischen und alternativen Aufbrüche in diesem Säkulum vergessen machen soll. Vor 30 Jahren war ja der anachronistische Aufbruch schon einmal mit großem Aufwand weit fortgeschritten, wurde aber noch einmal durch aufmüpfige Studenten jäh unterbrochen und zurückgeworfen. Nunmehr soll es gelingen. Das gehört zum Zukunftskonzept der Union!
Der Haushalt zeichnet sich durch die Fortschreibung der Lehrstellenmisere in Ostdeutschland aus, indem ein notwendiges längerfristiges Gemeinschaftsprogramm zur Schaffung von mindestens 100 000 zusätzlichen betrieblichen Ausbildungsplätzen und seine anteilige Finanzierung verweigert werden. Der Haushalt zeichnet sich weiter aus: durch die Verweigerung, den Hochschulausbau in dem vom Wissenschaftsrat geforderten Umfang von 2,45 Milliarden DM mitzufinanzieren; durch die Weigerung, sich an einem Sonderprogramm zur Förderung der Berufsschulen in den neuen Ländern zu beteiligen; durch ein fehlendes Konzept der Zusammenfassung und Weiterführung der bisherigen Hochschulsonderprogramme einschließlich des Wissenschaftler-Integrationsprogramms im Rahmen des Hochschulerneuerungsprogramms Ost; durch die unzureichende Förderung von Forschung und Entwicklung in der mittelständischen Wirtschaft; durch die Untätigkeit angesichts des anhaltenden Zerfalls der Industrieforschung Ost; durch Geringschätzung der Technikfolgenabschätzung, der Friedens- und Konfliktforschung, der FuE-Vorhaben, zu erneuerbaren Energien, zur Ökologie- und Klimaforschung.
Diese Kritik enthält die Ansätze für unsere Forderungen. Ich nenne hier nur nochmals stichwortartig die Hochschulfinanzierung, BAföG, ökologische Forschung, Friedens- und Konfliktforschung, Berufsausbildung Ost und Industrieforschung Ost.
Einsparmöglichkeiten gibt es zunächst in diesem Haushalt selbst. Dazu gehören Kürzungen bei unnützen oder überhöhten Ausgaben für die selbstgefällige Eigenwerbung in der Öffentlichkeit, beim Transrapid, bei der Atomforschung und bei der Raumfahrt.
Woher zusätzliche Mittel kommen können, sieht man besonders eindrucksvoll, wenn man nicht nur die absolute Höhe, sondern auch die kräftigen Steigerungsraten der Ausgaben für militärische Forschung und Entwicklung einbezieht. So steigen die Ausgaben für wehrtechnische Forschung und Technologie von 467 Millionen DM im Jahre 1994 auf 610 Millionen DM im Haushalt 1996 und bei der wehrtechnischen Entwicklung und Erprobung von 790 Millionen DM auf 1 130 Millionen DM im nächsten Jahr. Mit dem Großen Zapfenstreich und schlagenden Verbindungen allein ist offenbar die neuerlich angestrebte Aufrüstung nicht zu bewältigen.
Wir haben im zuständigen Ausschuß Nichtbefassung mit diesem Haushaltsentwurf beantragt, da der Minister sich mit seinem BAföG-Vorschlag außerhalb des geltenden Bundesausbildungsförderungsgesetzes befindet. Wir haben allerdings - zusammen mit anderen Oppositionsparteien - den Lernprozeß
Dr. Ludwig Elm
durchgemacht, daß angesichts der Ignoranz dieser Regierungsmehrheit mit konstruktiver Opposition nicht sehr viel zu gewinnen ist.
Es bleibt die Aufgabe, die Positionen, die wir vertreten, und die Art und Weise, wie sie durch die Mehrheit in Ausschüssen und im Plenum abgeschmettert werden, auch den Bürgern im Lande, insbesondere den Studenten und Wissenschaftlern, darzustellen.
Danke schön.
Als nächster Kollege spricht Erich Maaß.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die letzten Ausführungen des Herrn Elm muß ich doch noch kurz aufgreifen. Ich finde es einfach geschmacklos, daß er sich als ehemaliger SED-Spitzenfunktionär mit solchen Reden von diesem Platz aus an die deutsche Bevölkerung wendet. Das finde ich unverschämt!
Entschuldigung, das ist meine persönliche Meinung; ich möchte das hier einmal zum Ausdruck bringen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat vor zwei Jahren ein 22-Punkte-Programm einstimmig beschlossen und hier den Weg festgelegt, den wir in den nächsten Jahren in der Forschungs- und Technologiepolitik zur Sicherung des Standortes Bundesrepublik Deutschland beschreiten wollen. Wir haben eine ganze Reihe von Themen bereits abgearbeitet. Der Technologierat beim Bundeskanzler ist installiert und funktioniert.
Meine Damen und Herren, ein weiterer Punkt: Wir haben den hohen Standard der Grundlagenforschung trotz vieler Unkenrufe erhalten. Es wäre vielleicht vermessen, zu sagen, diese Bundesregierung nehme in Anspruch, die Zuständigkeit für Nobelpreise zu haben. Aber ich darf Ihnen einmal deutlich sagen: Hätten wir nicht eine so exzellente Grundlagenforschung, dann hätten wir auch die Leistungen unserer Nobelpreisträger in diesem Lande nicht. Das sollte uns und auch die Opposition dazu bewegen, unsere Anstrengungen zu akzeptieren.
Ein weiterer Punkt: Vor zwei Jahren hörte ich noch etliche Unkenrufe, als man gesagt hat, wir müßten uns antizyklisch verhalten. Wir verhalten uns antizyklisch. Wir haben in einer Zeit, in der die Haushalte zusammengestrichen worden sind, Aufwächse im Forschungshaushalt. Das muß man bitte auch einmal honorieren und akzeptieren. Jürgen Rüttgers hat den Mut gehabt, den Forschungshaushalt in seinen
Schwerpunkten umzustrukturieren. Das zeigt uns, daß wir hier auf dem richtigen Wege sind.
Zum Stichwort Transrapid: Der Eiertanz, den die Opposition in den letzten Monaten beim Thema Transrapid vollführt hat, ist schlichtweg schlimm. Gerhard Schröder hat die Teststrecke im eigenen Land, tritt sich aber selbst auf die Füße; er möchte springen und traut sich nicht. Herr Lafontaine sagt, der Transrapid sei ein viel zu kostspieliges Gerät, und Ihr Katastrophenkollege Müller sagt: Um Gottes willen, das Ding ist viel zu laut, das funktioniert nicht.
In einem waren sie sich stets einig: in der Verhinderung der Spitzentechnologien. Das hat sie geeint.
Ich denke dabei auch daran, welche Probleme Sie mit dem Gentechnikgesetz gehabt haben. Endlich ist es uns gelungen, Herr Catenhusen, eine Novellierung hinzubekommen. Wir hoffen, daß der Wissenschaftsstandort Deutschland für die Gentechnologie jetzt endlich wieder interessant wird.
Denken Sie bitte daran, wie Sie in diesem Bereich alles verhindern wollten. Ich danke Jürgen Rüttgers und nenne nur das Stichwort „Bioregio". Hier können Sie unter Beweis stellen, ob Sie mitmachen, ob Sie zukunftsfähig sind. Wenn ich mir Ihre Reden anhöre, habe ich manchmal den Eindruck, daß Sie Ihre Zukunft schon hinter sich haben.
Meine Damen und Herren, wir haben noch weitere Schulaufgaben zu machen. Wir müssen beispielsweise das Thema Risikokapital aufgreifen. Wir haben das Stiftungsrecht novelliert; hier muß noch einiges korrigiert werden. Ich spreche mich an dieser Stelle auch eindeutig für eine steuerliche FuE-Förderung und -Unterstützung aus.
Wir brauchen auch wirtschaftliche Instrumentarien, um die Markteinführung von innovativen Produkten tatsächlich erreichen zu können.
- Lieber Kollege Tauss, Sie nehmen langsam neurotische Züge an mit Ihren Zwischenrufen hier im
Hause. Meine Güte! Bremsen Sie sich doch bitte mal!
Meine Damen und Herren, wir brauchen in dieser Republik Innovationen, die uns in die Lage versetzen, Produkte und Verfahren mit hoher Wertschöpfung herzustellen bzw. in Gang zu setzen. Das können wir nur mit Spitzentechnologien machen. Wer sich diesen Spitzentechnologien verweigert, verweigert die Zukunft.
Erich Maaß
Das ist bei Ihnen leider der Fall.
Warum passiert das?
- Frau Bulmahn, bitte Ruhe! Sie kennen mich doch lange genug! -
Ich verfolge diese Diskussion seit Jahrzehnten. Wenn Sie mit Ihrem ideologischen Tüttelütt immer versuchen, in der Öffentlichkeit Ängste zu schüren, wenn Sie Angst vor der eigenen Courage haben, wenn die Bedenkenträger bei Ihnen wie mit einer Monstranz vorwegmarschieren, dann können Sie damit doch keine Zukunft gestalten. Das ist doch das Problem bei Ihnen. Das müssen Sie doch erkennen. Vor lauter Risikobedenken vergessen und verschlafen Sie die Zukunft! Das ist doch Ihr Problem.
Lassen Sie mich bitte noch auf einige Punkte zu sprechen kommen. Die Leute, die sich vor zehn, fünfzehn Jahren gegen den Chip ausgesprochen haben - das waren die Medien, das waren die Gewerkschaften, und viele sozialdemokratische Kollegen waren auch dabei; „Jobkiller" etc. hieß es -, sind heute auch diejenigen, die vorwegmarschieren und sagen: Wir sind gegen Freilandversuche! Wissen Sie, wo wir sind? - Wir sind auf dem Level von Zaire. Das muß man bitte zur Kenntnis nehmen. Die Zukunft auf diesem Sektor findet woanders statt. Wenn Sie das weiter so betreiben, meine Damen und Herren, stellen Sie damit unter Beweis, daß Sie nicht mehr zukunftsfähig sind. Das ist das Bedauerliche in dieser Republik.
Meine Damen und Herren, ich komme aus Niedersachsen, von der Küste, und bin ziemlich gebeutelt. Ich habe in den letzten Jahren gesehen, wie schwer sich unser Ministerpräsident Gerhard Schröder tut, der immer noch als der große Medienstar öffentlich verkündet, was er alles an Leistungen vollbringt.
Liebe Freunde, erst hat er den Haushalt des Landes Niedersachsen kaputtgeritten - Niedersachsen ist bankrott; das müssen wir bitte zur Kenntnis nehmen -, und jetzt kommt er mir vor wie Richard Kimble auf der Flucht: Er will den Ort seiner Schandtaten schnellstens verlassen. Und was macht er dann weiter, meine Damen und Herren? - Er kappt die Stellen bei den Hochschulen radikal. Das bedeutet, er amputiert die Zukunft in Niedersachsen. Und so ein Mann will hier in Bonn auftreten und die Forschungs- und Wirtschaftspolitik in dieser Republik insgesamt bestimmen! Ich kann nur mit vielen Kollegen aus der SPD hoffen, daß das nie eintreten wird.
Meine Damen und Herren, ich möchte jetzt noch einen letzten Punkt ansprechen - ich bin mir sicher, daß ich da viele Verbündete in Ihren Reihen haben werde.
- Doch! -: Wenn die Betriebsräte aus den AirbusWerken zu den Abgeordneten der CDU kommen, dann spricht aus ihnen die ganze Sorge über ihre Situation. Sie sagen: Wir wissen ja, was unsere Vorturner in Bonn auf diesem Gebiet teilweise sündigen. Sie sprechen sich permanent gegen die Raumfahrt und gegen den Wehretat aus. Der Jäger 90 ist das ideologische Teufelszeug.
- Liebe Frau Matthäus-Maier, ich finde es einfach eine politische Perversität, heute plötzlich zu sagen: Wir brauchen den Jäger 90, um ein staatliches Beschäftigungsprogramm aufzulegen, damit die Arbeitsplätze vor Ort erhalten werden können.
So können wir doch nicht argumentieren, liebe Kollegen! Da sieht man doch den Frust in Ihren Reden. Man sieht, daß Sie sich der Zukunft längst abgewandt haben. Ich kann nur hoffen, daß Sie endlich erkennen, daß Sie, wenn wir die Probleme des nächsten Jahrtausends bewerkstelligen wollen, bitte auch Ideen beitragen müssen, die in die Zukunft gerichtet sind. Was Sie hier vorgetragen haben, sind Ideen von gestern; tut mir leid.
Das Wort zu einer persönlichen Erklärung nach § 30 unserer Geschäftsordnung erhält Professor Elm.
Es kam der Einwand, daß ich nicht berechtigt sei, solche Ausführungen zu machen. Dazu möchte ich sagen, daß ich als Abgeordneter das Rederecht in Anspruch nehme und zudem davon ausgehe, daß man als Mitglied einer Oppositionspartei nicht unbedingt Aussagen zu machen hat, die den Beifall der Regierungskoalition finden. Dabei sollte es auch bleiben.
Ich habe im übrigen die Position vertreten, die in meinem Wahlkreis und von Studenten in den ostdeutschen Ländern - aber nicht nur dort - in diesen hochschulpolitischen Auseinandersetzungen erwartet wird.
Nun wurde ich hier zum Spitzenfunktionär befördert - und das mehrere Jahre nach dem Ende der DDR. Ich nehme das zur Kenntnis und verstehe es so, daß Sie, um das Feindbild hinlänglich aufrechtzuerhalten, das Bedürfnis haben, den Kreis von Spitzenfunktionären auszuweiten. Damit wollen Sie sichergehen, daß Ihr Bedarf an Feindbildern auch für den Einzug in das vielberufene 21. Jahrhundert unter Garantie noch ausreicht.
Im übrigen ist es nicht schwer, auf biographische Daten im Handbuch des Deutschen Bundestages zurückzugreifen; sie liegen ja vor. Ich darf Ihnen versichern, daß ich meine Biographie lückenlos dargestellt habe. Das steht im Gegensatz zu den Bundes-
Dr. Ludwig Elm
tagshandbüchern der 50er Jahre. Wenn Sie noch keine Gelegenheit hatten, hineinzusehen, empfehle ich vor allem den Unionsparteien, sich die Handbücher der 50er Jahre mit den Lücken in den Biographien und der Verlogenheit in bezug auf die Vergangenheit als Lektüre vorzunehmen. Dann können wir auf die Diskussion über Vergangenheiten und den Umgang verschiedener Parteien damit gern zurückkommen.
Das Wort in der Debatte hat jetzt der Kollege Peter Glotz.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Obwohl wir als Opposition den Einzelplan 30 des Haushalts unbefriedigend finden, beginne ich diese Rede mit einem Gefühl tiefer Befriedigung. Vor eineinhalb Jahren haben der frühere schleswig-holsteinische Wirtschaftsminister Thomas und ich bei Econ eine neue Gründerwelle gefordert. Zur selben Zeit verlangten Herbert Henzler und Lothar Späth eine neue Kultur der Selbständigkeit.
Am Mittwoch hat der Bundeskanzler in seiner Rede vor diesem Hohen Haus wörtlich gesagt, daß wir eine breite Gründungswelle brauchen, so wie wir sie in den 50er Jahren erreicht haben, und eine neue Kultur der Selbständigkeit. Ich kann nur feststellen: Die Behauptung, daß der Kanzler, den vorwitzige Kritiker inzwischen mit Buddha vergleichen, nicht lernfähig sei, ist falsch.
Sagen tut er schon das Richtige. Jetzt geht es nur noch darum, daß auch noch das Richtige getan wird, meine Damen und Herren.
Aber auch da scheint der Bundeskanzler auf dem richtigen Weg zu sein. Dem „Spiegel" vom 30. Oktober konnten wir entnehmen, daß er jungen Leuten die Entscheidung zur Selbständigkeit leichtmachen will. -
Er will seinen Reden auf dem CDU-Parteitag und hier im Parlament offensichtlich Taten folgen lassen. - Dann allerdings schreibt der „Spiegel" wörtlich:
Doch die wichtigen Dinge überläßt Kohl schon längst nicht mehr den zuständigen Ministern, er beauftragte Sieghard Nehring, seinen Abteilungsleiter für Wirtschaft im Kanzleramt, eine Arbeitsgruppe zusammenzustellen und Ideen für ein günstiges Umfeld für Existenzgründer zu entwickeln.
Ich stelle fest, meine Damen und Herren: Der Kanzler gebraucht seinen Zukunftsminister als Zukunftssäusler.
Wenn gehandelt werden soll, nimmt er die Sache selber in die Hand. Das Mißverhältnis zwischen Reden und Handeln in diesem Zukunftsministerium ist inzwischen peinlich geworden.
Dabei muß ausdrücklich bemerkt werden: Was Herr Rüttgers sagt, ist gelegentlich höchst vernünftig.
Ich zitiere zwei Sätze aus seiner Rede auf dem CDUParteitag. Dort heißt es:
Unsere Aufgabe ist es, der Bildungspolitik einen neuen Stellenwert zu geben.
Das ist richtig.
Herr Rüttgers hat sogar den Satz gesagt:
Wir brauchen wieder mehr Investitionen in unser Bildungssystem.
Auch das ist richtig. Nur, sein Haushalt in Höhe von 16 Milliarden DM steigt, einschließlich des jetzt beschlossenen Sonderprogramms für die Berufsbildung, um ganze 169 Millionen DM. Er spitzt den Mund, aber pfeifen darf er nicht, meine Damen und Herren.
Das ist, wenn Sie mir erlauben, das ins Medizinische zu wenden und es ganz liebenswürdig zu meinen, so gefährlich wie Harnverhaltung. Wir machen uns Sorgen um Herrn Rüttgers, meine Damen und Herren!
Gelegentlich ärgern wir uns aber auch über ihn. Er ist, wenn wir hier über unseren Etat diskutieren, höchst sachlich. Dann allerdings gibt er Interviews, die beispielsweise mit dem schönen Satz enden - man muß sich das einmal richtig reintun, um in der Sprache unserer Kinder zu reden -:
Unter Rudolf Scharping ist die SPD endgültig von einer Volkspartei zu einer Widerstandsgruppe verkommen.
Meine Damen und Herren, ich würde mir wünschen, daß Herr Rüttgers die Bissigkeiten, die er sich als Funktionär der Jungen Union und als Geschäftsführer angeeignet hat, nicht nur bei Parteipolemik, sondern auch im Kabinett im Kampf um seinen Haushalt anwenden würde.
Dr. Peter Glotz
Herr Rüttgers, beißen Sie doch einmal Herrn Rexrodt! Der kann durch Narben nur farbiger werden.
Ein zweiter Punkt: Herr Rüttgers, Sie haben den Bundeskanzler genötigt, in seiner Regierungserklärung eine zentrale bundesweite Akademie der Wissenschaften zu fordern. Sie sind jetzt ein Jahr im Amt. Seitdem hat weder das Parlament noch die Öffentlichkeit ein Sterbenswörtchen über diese Akademie der Wissenschaften gehört. Wenn Sie zu der Erkenntnis gekommen sein sollten, daß das, was Sie gefordert haben, falsch war, dann sollten Sie es diesem Parlament sagen, es aber nicht foppen, indem in einer Regierungserklärung hochoffiziell etwas gefordert wird, was dann hinterher plötzlich vergessen wird, was dann - gluck, gluck, gluck - im Abwasser verschwindet. Das geht nicht!
Und das ist nicht das einzige, meine Damen und Herren. Ich stelle fest, daß in der Regierungserklärung die sinnvolle Idee enthalten war, marktwirtschaftliche Anreize zur Umsetzung von Schlüsseltechnologien in Produkte und Verfahren zu entwikkeln. - Nichts dergleichen hat stattgefunden. Ich stelle fest, daß in der Regierungserklärung die kontinuierliche Förderung der Industrieforschung in den neuen Ländern versprochen worden ist. - Nichts dergleichen hat stattgefunden. Sie gehen diesmal im Etat von 18 Millionen auf 16 Millionen DM zurück. Ich stelle weiter fest, daß die Bundesregierung - ich zitiere den „General-Anzeiger" vom 24. März 1995 - bis zur Sommerpause einen Regierungsbericht Info 2000 vorlegen wollte. - Nichts dergleichen hat stattgefunden. Nach einem Jahr Tätigkeit, Herr Kollege Rüttgers, erweisen Sie sich weniger als Bildungs- und Forschungs- denn als Ankündigungsminister.
Inzwischen muß ich immer, wenn ich Jürgen Rüttgers sehe, an den Schweizer Dichter Friedrich Dürrenmatt denken. Der hat gesagt:
Das Gute im Menschen ist, daß er über Einsichten verfügt.
Und dann hat er hinzugefügt:
Und das Schlechte an ihm ist, daß er nicht danach handelt.
Er muß Sie gekannt haben, Herr Rüttgers.
Auf einem Gebiet sind Sie allerdings zugegebenermaßen aktiv geworden. Sie wissen natürlich, daß Sie scheitern müßten, wenn Sie nicht neue Akzente in und mit dem Haushalt setzen könnten. Sie wissen auch - und haben es offensichtlich akzeptiert -, daß der Bundesfinanzminister eine Verschiebung der Prioritiäten zugunsten von Bildung nicht zuläßt. Also haben Sie das Konzept entwickelt, sich das Geld, das Sie aus anderen Etats nicht bekommen können, bei den einkommensschwächsten Studierenden zu holen, indem Sie diese zwingen, ihre Darlehen zu verzinsen. Ich habe Ihnen schon in der ersten Lesung zu diesem Haushalt gesagt - und das nach eingehenden Gesprächen mit den Ländern -,
daß Sie mit dieser Absicht im Bundesrat scheitern werden und daß wir auch dazu beitragen werden, daß Sie dort damit scheitern.
Es darf aber nicht so weit kommen, daß notwendige Mittel für den Hochschulbau, die Max-PlanckGesellschaft oder die Deutsche Forschungsgemeinschaft gestrichen werden müssen, weil Sie im Bundesrat mit der Art Ihrer Geldbeschaffung in die Sackgasse laufen. Ich wiederhole deshalb mein Angebot, das Problem so schnell wie möglich in einem hochrangigen Gespräch, an dem auch die A- und B-Länder beteiligt sind, aufzugreifen. Ich warne Sie: Der Versuch, die hochkomplizierten Probleme der Finanzierung unseres Bildungswesens im Vermittlungsausschuß zu lösen, muß scheitern, Herr Kollege Rüttgers.
Es wäre verantwortungslos, wenn Sie die notwendigen Leistungen für die Max-Planck-Gesellschaft, um dieses Beispiel herauszugreifen, oder den Hochschulbau mit Luftbuchungen decken würden, die Ihnen spätestens bei Vorlage eines zustimmungsbedürftigen BAföG-Gesetzes im Bundesrat platzen müßten. Suchen Sie Kooperation mit uns, statt auf einem chancenlosen Konzept sitzenzubleiben!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, in ihren Koalitionsvereinbarungen haben die Union und die F.D.P. eine „Offensive für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur" versprochen. Über nicht weniger als „die Zukunft Deutschlands" sollte dieser Feldzug entscheiden, und der auserkorene Feldherr sollte fortan „Zukunftsminister" heißen. Ein Jahr später fragen wir: Wo sind die identifizierten Zukunftsthemen? Wo sind die vielbeschworenen Visionen?
Wo ist zum Beispiel das deutsche Pendant zum „Zero Emission Car", zum „Clean Car", das in Kalifornien ab 1998 angeboten werden muß?
Dort hat man konkret etwas gemacht.
Schon wahr: Beim Thema Zukunft geht es nicht nur um Geld; es geht auch um faszinierende Konzepte, um langfristige Perspektiven, um anstachelnde Szenarios. Der amerikanische Vizepräsident Al Gore hat mit seinem Feldzug für eine moderne Informationsgesellschaft gezeigt, wie man Begeisterung und Investitionen mobilisieren kann. In der heutigen Zwischenbilanz muß ich feststellen, daß es dem Zukunftsminister dieser Regierung bisher sowohl an Realisierungsstärke als auch an Vermittlungskompetenz gebricht.
Dr. Peter Glotz
Deutschland bräuchte einen, der die Rolle von Al Gore in unserem Land spielen könnte. Sie sind es offensichtlich nicht, Herr Rüttgers.
Das Wort hat jetzt der Bundesminister Dr. Jürgen Rüttgers.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zuerst möchte ich mich beim Herrn Kollegen Glotz für das Dürrenmatt-Zitat bedanken: Ich wußte nicht, daß schon Dürrenmatt über mich geschrieben hat. Sie geben mir ganz sicher die Fundstelle; das interessiert mich doch.
Nun verhält es sich ja so, daß diese Haushaltsdebatte den Zweck hat, daß die Opposition auch sagen kann, was sie an der Regierung nicht gut findet und was im Haushalt nicht in Ordnung ist. Daß natürlich dann in dem einen oder anderen Fall über das Ziel hinausgeschossen wird, das gehört zum Ritual; das ist normal. Nun will ich zunächst einmal feststellen: Derjenige, der jetzt behaupten würde, daß alles, was die Opposition in dieser Woche gesagt hat, falsch ist, der würde die Unwahrheit sagen. Wer aber das Gegenteil behauptet, der sagt allerdings auch die Unwahrheit.
Deshalb will ich mich einfach auf das beziehen, was Herr Glotz und die anderen Redner jetzt gesagt haben. Ich will zunächst einmal feststellen: Er hat sowohl im zuständigen Fachausschuß wie jetzt eben hier sowohl etwas Richtiges als auch etwas Falsches gesagt. Ich will einmal mit dem Fehler anfangen; das scheint ein Problem der Rechenfähigkeit zu sein. Der Kollege Glotz hat moniert, wir hätten zuwenig Geld und wären nicht bereit, unsere Vorstellungen zu finanzieren. - Lieber Herr Glotz, das ist falsch; egal, wie Sie rechnen: Es ist falsch. 15,7 Milliarden DM stehen im Haushalt 1996 für das BMBF zur Verfügung. Das sind im Vergleich zum bereinigten Haushalt 1995 - man kann ja nicht Äpfel mit Birnen vergleichen - nun einmal 456 Millionen DM mehr.
- Entschuldigen Sie mal, Frau Matthäus-Maier. Wenn in einer Sache bestimmte Aufgaben nicht mehr drin sind, die im vorigen Haushalt enthalten waren, dann kann man das anhand dieser Basis nicht mehr vergleichen. Das muß ich dann eben ganz konkret benennen, und das sind dann 456 Millionen DM.
Frau Matthäus-Maier, das ist nach Adam Riese - nicht nach Gesamtschule - eine Steigerung um 2,9 Prozent,
und das bei einem Haushalt, der um 1,4 Prozent zurückgeht. Das zeigt, daß man etwas bewegen kann.
Nun muß ich fairerweise allerdings auch benennen, was der Kollege Glotz an Richtigem gesagt hat. In der Öffentlichkeit macht er das nicht so wie im Ausschuß; im Ausschuß haben Sie, Kollege Glotz, das ein bißchen klarer gesagt. Im Ausschuß hat Herr Glotz - weil das so spannend ist, möchte ich es dem Hohen Hause mitteilen - gesagt, daß ich mit diesem Haushalt die Schwerpunkte richtig gesetzt habe. Insofern, lieber Herr Glotz, bedanke ich mich für die Zustimmung und den Konsens. Das ist wichtig. Auch ich finde, daß wir die bildungs- und forschungspolitischen Schwerpunkte richtig gesetzt haben.
Nun haben Sie gerade hier gefragt, Herr Glotz: Wo ist das Konzept? Nun ist das in dieser Beziehung so wie mit dem Rechnen: Man kann nur zu richtigen Ergebnissen kommen, wenn man es kann. Wenn man Konzepte sehen will, kann man sie nur wahrnehmen, wenn man die Augen aufmacht. Deshalb will ich jetzt einfach einmal ein paar Punkte nennen. Ich bitte die anderen Kollegen um Verständnis; das wird vielleicht jetzt ein bißchen schnell und ein bißchen langweilig. Ich will einfach, damit Herr Glotz noch einmal die Chance hat, das wahrzunehmen, die Punkte vom letzten Jahr hintereinander schnell nennen.
- Mir wäre lieber, Kollege Steffen Kampeter, wenn wir jetzt erlebt hätten, daß zum Beispiel Herr Scharping, der am Dienstag immer gesagt hat, es finde keine Zukunftspolitik statt, hier wäre. Er könnte viel lernen, nicht nur für die Republik, sondern auch für seine Zukunft.
Es weiß ja auch jeder. Er hat es im Moment ein bißchen schwer.
Herr Glotz, noch einmal ganz schnell und hintereinander:
900 Millionen DM Innovationskapital für kleine Technologieunternehmen mobilisiert.
Weichen für mittelständische Unternehmen im Bereich der Produktion gestellt mit dem Konzept „Produktion 2000", 450 Millionen DM.
Für 600 000 junge Leute eine sichere Lehrstelle und 14 500 außerbetriebliche Ausbildungsplätze in den neuen Ländern geschaffen.
Neue Verfahren zur Entwicklung von Zukunftsberufen eingeführt.
Bundesminister Dr. Jürgen Rüttgers
1,6 Milliarden DM für die Hochschulerneuerung im Zusammenhang mit einer 10prozentigen BAföGErhöhung durch den Vorschlag zur Reform der Ausbildungsförderung freigemacht.
5 Prozent Steigerung in diesem und in den nächsten Jahren für die Spitzenorganisationen DFG und Max-Planck-Gesellschaft.
Rat für Forschung, Technologie und Innovation beim Bundeskanzler installiert.
Förderung der Informations- und Kommunikationstechnik auf Milliardenhöhe gesteigert.
Hochgeschwindigkeitsnetz für die Universitäten in Gang gesetzt.
Deutschland auf den Weg in die Biotechnologie gebracht.
Biologische Sicherheitsforschung ausgebaut, Humangenomforschung mit 200 Millionen DM eingesetzt
und den Wettbewerb um die besten Bioregionen mit 150 Millionen DM angefangen.
Initiative für ein neues Mobilitätskonzept, für die Entkopplung von Verkehrs- und Wirtschaftswachstum gestartet.
Kostenorientierten Ausbau des Forschungszentrums CERN mit einer Einsparung von 1,4 Milliarden DM erreicht.
Europäische Raumfahrt mit Planungssicherheit bis zum Jahr 2004 in Gang gesetzt.
Asien-Pazifik-Konzept für Bildung und Forschung vorgelegt.
Jetzt geht mir die Luft aus, weil ich es einfach nicht mehr vortragen kann.
Nur, ich frage mich: Was soll man eigentlich in einem einzigen Jahr noch alles machen, damit Herr Glotz überhaupt etwas wahrnehmen kann?
Da ich mir das gedacht habe, lieber Herr Glotz, und da das jetzt ein bißchen schnell und vielleicht auch ein bißchen holzschnittartig war, was ich ja zugebe, habe ich das Ganze im Ministerium noch schriftlich. Wenn Sie das nachlesen wollen, können Sie das alles haben.
Meine Damen und Herren, die Politik für Bildung, Wissenschaft und Forschung hat das Ziel, Deutschland für das 21. Jahrhundert fit zu machen. Das will
ich jetzt einmal bei meinen nächsten Ausführungen deutlich machen.
- Lieber Herr Tauss, der Kollege Maaß hat gesagt: Es gibt Sachen, die tun wirklich weh. Ihre Zwischenrufe tun weh, und zwar körperlich.
- Ja, passen Sie einmal auf! Weil ich weiß, daß Sie das nicht zum erstenmal machen, weil das jetzt bei Ihnen wieder weitergeht.
Herr Tauss - damit die Öffentlichkeit das einmal weiß und vielleicht die Kollegen, die das noch nicht wissen - ist der Vorsitzende des virtuellen Ortsvereins der SPD.
- Im Internet ist nachzulesen: Virtueller Ortsverein unter Mitwirkung von Herrn Tauss. Das nenne ich, damit man weiß, wes Geistes Kinder das sind. Es ist natürlich völlig klar: Wenn der Partei die reellen Mitglieder weglaufen, dann gründet man einen virtuellen Ortsverein.
Das zweite ist: Daß das bei dem Vorsitzenden Scharping so passiert ist, ist auch klar. Das haben wir gerade gelesen: Nur noch 3 Prozent der Parteitagsdelegierten glauben, daß er 1998 noch Kanzlerkandidat ist.
So ein Mann ist natürlich ein virtueller Kanzlerkandidat. Das ist völlig klar.
Jetzt wollen wir uns einmal über die Programmatik unterhalten. Hier steht etwas Schönes drin - ich habe das einmal ausdrucken lassen -: Internet, das Angebot: SPD, virtueller Ortsverein. Sie wissen, das kommt so nacheinander heraus. Da steht erstens drin: Wer sind wir? Zweitens: Was wollen wir?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach der Haushaltsdebatte verstehe ich, warum die SPD solche Fragen im Internet stellt: Wer sind wir, was wollen wir?
Wir waren bei dem Zukunftsthema: Deutschland für das 21. Jahrhundert fit machen. In Zeiten von Computernetzen und von offenen Grenzen ist es so, daß Arbeitsplätze zu einem hochmobilen Gut werden. Jetzt entscheiden die weichen Standortfaktoren, wo Arbeitsplätze hingehen: Ausbildung, Wissen, Innovationsfähigkeit und natürlich die Bereitschaft zu unternehmerischem Risiko. Deshalb interessiert mich die Frage sehr - nicht nur heute, aber ich will das in dieser Haushaltsdebatte einmal besonders in den Mittelpunkt stellen -: Wie schaffen wir durch Innovation neue Arbeitsplätze? Das ist das erste.
Bundesminister Dr. Jürgen Rüttgers
Jeder von uns weiß, daß die meisten neuen Arbeitsplätze im Mittelstand entstehen und die wertvollsten natürlich im Bereich der technologieorientierten Unternehmen. Deshalb haben unsere eben angesprochenen Programme für Beteiligungskapital bei technologieorientierten Unternehmen mindestens 10 000 neue Arbeitsplätze in Deutschland geschaffen.
Durch das Meister-BAföG kommen insgesamt bis zu 60 000 weitere Arbeitsplätze hinzu. Die Informationstechnologie eröffnet die Chance auf rund 800 000 Telearbeitsplätze im Jahr 2000 in Deutschland. Allein im Mobilfunksektor stieg die Anzahl der Beschäftigten in Deutschland nach der Liberalisierung von 1 600 im Jahre 1990 auf 22 000 im Jahre 1994. Die internationale Konferenz zu diesen Telearbeitsplätzen in den USA hat gezeigt, daß wir jetzt auch noch die Arbeitsorganisation ändern müssen,
damit dieser positive Trend weiter gestärkt werden kann.
Im Bereich der Biotechnologie gibt es in Deutschland 40 000 Arbeitsplätze. Es könnten heute schon 150 000 Arbeitsplätze, das heißt 110 000 mehr sein, wenn nicht professionelle und politisch motivierte Bedenkenträger Verunsicherungen verbreitet und ein innovationsfeindliches Klima geschaffen hätten.
Eben ist behauptet worden, eigentlich seien alle der Auffassung, daß das mit der Biotechnologie weitergehen müsse. In einem will ich übrigens dem Kollegen Kiper - ein aufrechter Kämpfer gegen die Biotechnologie - recht geben: Seine Ablehnung ist nicht mehr technologisch begründet, sondern jetzt hat er wirtschaftspolitische Bedenken, wie man seinen Anfragen entnehmen kann.
Aber damit wir uns einmal darüber im klaren sind, worüber wir reden: Im Zusammenhang mit der hessischen Landesregierung muß man nicht nur auf den von Steffen Kampeter angesprochenen Kongreß hinweisen. Auch in der Debatte im hessischen Landtag hat die zuständige Ministerin gesagt: Mit uns findet das alles nicht statt. Wir diskutieren weiter über die Risiken, nicht über die Chancen. - Wenn das so bleibt, dann aber nicht mit öffentlichem Geld des Bundes zur Forschungsförderung in Hessen.
Damit wir weiter klar sehen: Ein Artikel von heute über die Grünen in Rheinland-Pfalz: „Nein zur Gentechnologie ". Das werden wir bis zum März diskutieren. Denn diejenigen, die in Rheinland-Pfalz Arbeitsplätze verhindern wollen, dürfen dort nicht in die Regierung.
Schließlich ein Informationsbrief der Sozialdemokraten aus Schleswig-Holstein von Frauke Wallhorn: „CDU ignoriert Risiken bei der Gentechnologie". Horribile dictu, da könnte irgend jemand Gentechnologie in Schleswig-Holstein anwenden. Die Leute,
die so mit den Arbeitsplätzen umgehen, müssen weg.
Im Bereich des Umweltschutzes waren 1990 in Deutschland 680 000 Menschen beschäftigt. Nach unseren aktuellsten Prognosen können es im Jahr 2000 mehr als 1,1 Millionen sein.
Auch in diesem Bereich wollen wir unsere Position ausbauen, müssen wir stark bleiben.
Nur, mit Vollkaskomentalität und garantierter Gewinnausschüttung sind solche Zukunftschancen nicht zu halten. Deshalb ist es wichtig, daß sich auch die alten Denkschemata auflösen. Ich freue mich daher über das, was Herr Zwickel angekündigt hat. Übrigens steht ja in der Bibel: Im Himmel ist mehr Freude über einen bekehrten Sünder als über 99 Gerechte.
- Das hat mit Arroganz überhaupt nichts zu tun. Frau Matthäus-Maier, wenn ich mich über das Angebot von Herrn Zwickel freue, vergesse ich nicht, welche Rolle Herr Zwickel bei den Tarifauseinandersetzungen in diesem Jahr gespielt hat. Wir könnten nämlich insgesamt schon erheblich weiter sein.
Wenn Sie das interessiert, will ich noch etwas konkret zu dem Angebot von Herrn Zwickel sagen, auch im Hinblick auf die Debatte, die gestern hier stattgefunden hat und in der über ein Treffen von Ministern berichtet worden ist - Stichwort Wirtschaftskabinett -, bei dem Planungen für ein neues Wachstumsprogramm erörtert wurden. Ich nehme das, was Herr Zwickel gesagt hat, sehr ernst, und finde, daß wir dies nicht nur positiv kommentieren, sondern auch aufnehmen sollten. Ich finde es gut, daß er bereit ist, die Einkommenssteigerungen 1997 am Ausgleich der Preissteigerungen zu orientieren. Ich finde es gut, daß Einstiegstarife möglich sein werden.
Die Frage, wie geregelt wird, daß die Metallunternehmen auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten, stellt sich nicht an die Regierung, sondern an die Tarifparteien und die Unternehmen.
Ob es möglich ist, nach dem Modell der Ausbildungszusagen in den Kanzlerrunden verbindlich zuzusagen, für 300 000 Arbeitsplätze zu schaffen, ist eine Frage, die es meiner Ansicht nach wert ist, in diesen Runden besprochen zu werden. Das gilt genauso für das Bestreben, in den nächsten Jahren 5 Prozent mehr Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen. Dazu hat es bereits Verabredungen für 1995 und 1996 gegeben.
Allerdings werden wir kritisch miteinander diskutieren müssen, was Herr Zwickel zum Umbau unse-
Bundesminister Dr. Jürgen Rüttgers
res Sozialsystems gesagt hat. Es kann natürlich auch nicht im Interesse der Gewerkschaften sein, daß das, was man an einer anderen Stelle im „Bündnis für Arbeit" macht, durch zu hohe Arbeitskosten und Lohnzusatzkosten wieder konterkariert wird.
Das ist ein konkretes Angebot zu Gesprächen.
Deshalb sage ich im Hinblick auf das, was heute in den Zeitungen steht: Zumindest mit mir hat es keine Vereinbarung gegeben, in den nächsten Wochen bis zum Januar etwa darüber zu sprechen, daß die Hürden im Hinblick auf das Gespräch mit den Gewerkschaften höher gelegt werden und Themen, von denen wir bereits wissen, daß das Gespräch nicht möglich ist, in den Vordergrund gestellt werden. Ich zumindest halte eine solche Strategie für falsch und werde mich an ihr auch nicht beteiligen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte noch etwas zu der Frage der Weichenstellungen in der Bildungspolitik sagen. Wir wissen, daß wir in den nächsten Jahren das Tor zur Informationsgesellschaft durchschreiten werden. Wir wissen, daß das Wissen das Kapital der Informationsgesellschaft ist und daß wir dafür ein leistungsfähiges und ausgewogenes Bildungssystem brauchen.
Was mich wirklich erschreckt hat, war die Debatte im Bundesrat und die Haltung der SPD zum MeisterBAföG in der vergangenen Woche. Ich finde, daß ein solches Verhalten im Bundesrat Bände spricht. Da gibt es junge Menschen, die auf Meister-BAföG hoffen und wollen, daß es zum 1. Januar 1996 in Kraft tritt. Und dann kommen plötzlich die SPD-Bundesländer und sagen, es habe mit Bildungspolitik überhaupt nichts zu tun, es gehe um Arbeitsmarktpolitik, sie könnten sich finanziell nicht beteiligen. Was waren das denn alles für Reden zur Gleichrangigkeit von beruflicher und akademischer Bildung? Sprüche waren das, ausschließlich Sprüche, wenn man nicht bereit ist, sich daran zu beteiligen.
Weil die Gleichrangigkeit von beruflicher und akademischer Ausbildung so wichtig ist, sage ich noch eins: Wer als Arbeiterkind auf die SPD setzt, ist in seinen Ausbildungschancen verlassen.
Die Bundesregierung bleibt bei ihrem Konzept. Wir werden es auch durchsetzen, wenn es sein muß, im Vermittlungsausschuß.
Genauso ist das auch mit den Hochschulen. Wir haben es mit dem Vorschlag zur Reform der Ausbildungsförderung geschafft, die Hochschuldebatte wieder in Bewegung zu setzen. Die Opposition hat versucht, ein paar Modelle vorzulegen. Das Problem all dieser Modelle ist: Milliardendefizite. Man kann halt nicht rechnen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht aber nicht nur um die Neuordnung der Ausbildungsförderung. Es geht in dem Zusammenhang auch um die Modernisierung des Hochschulwesens.
Herr Bundesminister, Verzeihung, aber Sie sind ein riesiges Stück über Ihre Redezeit hinaus.
Ich werde mich bemühen, ganz schnell zum Ende zu kommen, Herr Präsident.
- Das mag Ihnen unangenehm sein, und deshalb will ich die zwei, drei Sätze noch sagen. Das ist schon wichtig.
Es geht nicht nur um die Umstellung der Ausbildungsförderung, sondern auch um mehr Chancen für unsere Hochschulen. Dann müssen wir den Studentinnen und Studenten auch die Wahrheit sagen. Vor allen Dingen dürfen wir sie nicht für Kampagnen instrumentalisieren.
Gestern hat der „fzs" - das ist der Freie Zusammenschluß von Studentinnen und Studenten in den „Studentlnnenschaften" - in Bonn eine Pressekonferenz zum sogenannten heißen Herbst gegeben. Dabei hat ein Mitglied des „fzs"-Vorstandes erklärt - liebe Kolleginnen und Kollegen, nun hören Sie genau zu -, den Studierenden sei von der SPD signalisiert worden, daß der „fzs" mit seinen Aktionen jetzt fortfahren müsse, damit die SPD nicht umfalle.
Mit solchen Tricks Stimmung zu machen, das finde ich abstoßend. Das ist der Versuch, junge Leute zu instrumentalisieren, statt ihnen Zukunftschancen zu eröffnen.
- Entschuldigen Sie, ich habe das nicht gesagt. Ein Vorstandsmitglied des „fzs" hat gesagt, die SPD-Fraktion falle um, wenn man die Aktionen nicht weiterführe.
- Ja, das tut weh. Ich weiß das. Aber die Wahrheit tut meistens weh.
Der heiße Herbst, der angekündigt worden ist, wird wohl mehr ein milder Winter werden, nachdem sich noch nicht einmal 1 Prozent der 1,9 Millionen Studentinnen und Studenten an diesen Veranstaltungen beteiligt haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen mehr Geld für die Hochschulen. Wir werden sie angesichts der konkreten Lage aber von Theo Waigel nicht bekommen können.
Bundesminister Dr. Jürgen Rüttgers
Deshalb müssen wir versuchen, uns im Bereich des Bildungsetats selbst zu helfen. Wir können die altbackenen sozialistischen Rezepte, wie wir sie von der SPD bekommen, eben
nicht übernehmen. Sie funktionieren nach dem Motto: Im Parteihaus Benzingutscheine verteilen und an der Tankstelle kein Benzin und lange Warteschlangen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Bundesregierung versteht sich als Partner eines Zukunftsbündnisses mit den Menschen in unserem Land. Wir werden mit dieser Politik auch im kommenden Jahr weitermachen. Wir wollen ein Zukunftsbündnis von Wissenschaft und Wirtschaft, das die Innovationsdynamik in Deutschland stärkt. Ich freue mich darüber, daß auch die Gewerkschaften in diesen Zukunftsdialog mit uns eingetreten sind. Wir sind auf einem guten Weg für Innovationen, für mehr Arbeitsplätze, für Zukunft in Deutschland.
Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zu den Abstimmungen, und zwar zunächst zu den Änderungsanträgen der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen. Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Drucksache 13/2911? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Entschuldigung, das Stimmverhalten der PDS ist hier leider nicht erkennbar. - Sie waren dafür. Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Drucksache 13/2923? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist gegen die Stimmen der Antragsteller und der Gruppe der PDS bei Enthaltung der Fraktion der SPD mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen abgelehnt.
Wer stimmt für den Änderungsantrag der Gruppe der PDS auf Drucksache 13/2958? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Wer stimmt für den Einzelplan 30 in der Ausschußfassung? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Der Einzelplan 30 ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposition angenommen.
Ich rufe auf:
Haushaltsgesetz 1996
- Drucksachen 13/2627, 13/2630 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Dietrich Austermann Michael von Schmude
Dr. Wolfgang Weng
Es liegen zwei Änderungsanträge der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen vor.
Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Wir kommen deshalb gleich zur Abstimmung, und zwar zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 13/ 2869. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Wer stimmt für den Änderungsantrag der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 13/ 2870? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Wer stimmt für das Haushaltsgesetz 1996 einschließlich des Gesamtplans in der Ausschußfassung? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Das Haushaltsgesetz 1996 ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposition angenommen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte II a und II b auf:
, a) Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1996
- Drucksachen 13/2000, 13/2593, 13/2601 bis
13/2626, 13/2627, 13/2630 -
b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Der Finanzplan des Bundes 1995 bis 1999 - Drucksachen 13/2001, 13/2593, 13/2631 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Dietrich Austermann Dr. Wolfgang Weng
Zum Haushaltsgesetz liegen zwei Entschließungsanträge der Fraktion der SPD und je ein Entschließungsantrag der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen und der Gruppe der PDS vor. Zur Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zum Finanzplan wurde von der Gruppe der PDS ein Entschließungs- und ein Änderungsantrag eingebracht.
Der gemeinsame Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 13/2921 wurde zurückgezogen.
Ich weise darauf hin, daß wir im Anschluß an die Aussprache über das Haushaltsgesetz und zwei Entschließungsanträge namentlich abstimmen werden.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die gemeinsame Aussprache zweieinhalb Stunden vorgesehen. - Dagegen erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem Kollegen Helmut Wieczorek.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am Ende einer arbeitsreichen Beratungswoche haben wir heute in dritter Lesung über den Bundeshaushalt 1996 zu entscheiden. Das ist für den Haushaltsausschußvorsitzenden eine Gelegenheit, dem Plenum zu berichten und auch seine Meinung zu dem vorliegenden Gesetzeswerk deutlich zu machen.
Damit Sie die Inhalte und Akzente meiner folgenden Ausführungen richtig einordnen und bewerten können, erlauben Sie mir den Hinweis, daß ich meine Aufgabe als Ausschußvorsitzender darin sehe, neutral den Ablauf der Sitzungen zu steuern und als Bindeglied oder Klammer zwischen Koalition und Opposition zu fungieren, um zielgerichtet nach gemeinsamem Dialog zu vertretbaren Ergebnissen zu kommen.
Diese administrative Neutralität kann jedoch nicht mit politischer Indifferenz im Sinne von Parteilosigkeit gleichgesetzt werden. Haben Sie deshalb Verständnis dafür, daß ich aus meinem Herzen im folgenden keine Mördergrube mache.
Die Beratungen des zweiten Bundeshaushaltes innerhalb weniger Monate stellt an alle Ausschußmitglieder hohe Anforderungen. Denn, wie wir alle wissen, gehen den Sitzungen im Ausschuß vielerlei Zeit und arbeitsintensive Vorberatungen auf Berichterstatterebene voraus. Ich stelle mit großer Befriedigung fest, daß sich alle Berichterstatter ihrer Aufgabe mit großem Einsatzwillen und zwischenzeitlich immer mehr erworbenem Fachwissen gestellt haben und die vielfältigen Diskussionen im Ausschuß in fairer und sachlicher Weise geführt haben.
Mein Dank gilt in diesem Zusammenhang besonders den Obleuten Adolf Roth, Karl Diller, Oswald Metzger, Dr. Wolfgang Weng, Frau Dr. Luft sowie meinem Stellvertreter Kurt J. Rossmanith und dem Vertreter der CSU, Bartholomäus Kalb.
Mein Dank gilt allerdings auch den Mitarbeitern des Sekretariates, die uns in hervorragender Weise zugearbeitet haben.
In diesem Zusammenhang erlaube ich mir, unserem Kollegen Dr. Schnell zum Geburtstag zu gratulieren. Er wird heute 42 Jahre alt. Er ist trotz seines Geburtstages hier.
Zu meinem Bedauern hat sich die Flut der Änderungsanträge, die noch nach Abschluß der Berichterstattergespräche durch die Arbeitsgruppen der Fraktionen eingebracht wurden, nicht reduziert. Sie hat sich im Gegenteil von 450 Anträgen auf über 600 erhöht. Dieses - ich will einmal sagen - Übersteuern der Berichterstatter durch die Arbeitsgruppen schmälert die Reputation der Berichterstatter innerhalb der eigenen Fraktion und muß demotivierend wirken. Insgesamt ist dies der Sache nicht dienlich. Ich hielte es für sehr viel vorteilhafter, wenn die Fraktionen die Weichen vor den Berichterstattergesprächen stellten.
In diesem Zusammenhang möchte ich mir noch einmal den Appell erlauben, in Zukunft im Ausschuß wieder wirkliche Beratungen zu ermöglichen, bei denen jeder das Gefühl hat, sachlich begründete Veränderungen vornehmen zu können. Im Augenblick scheint es mir nach wie vor durch die starren Festlegungen in den Koalitionsabsprachen Einschränkungen zu geben, die die Bewegungsfreiheit der einzelnen Kolleginnen und Kollegen stark beeinträchtigen.
- Ich glaube, daß Sie es unter sich schwer haben, Kollege Weng; man merkt das regelmäßig. Darum will ich Ihren Zwischenruf ausdrücklich bestätigen.
Meine Damen und Herren, der Beratungsablauf gestaltete sich auch in diesem Jahr, obwohl ein engerer Zeitrahmen vorgegeben war, sehr zügig, bis die Einzelplanberatungen durch einen bemerkenswerten Vorgang jäh in Gefahr gerieten, zur Makulatur zu werden.
Ich darf zurückblenden: Der Bundesminister der Finanzen hat am 29. September 1996 vor der eigenen Fraktion und vor der Presse als Hiobsbotschaft Steuermindereinnahmen für den Bund in Höhe von 10 Milliarden DM für die Haushalte 1995 und 1996 in Aussicht gestellt. Letztlich hat sich allerdings eine Größenordnung von 20 Milliarden DM für den Bund allein im Jahre 1996 herausgestellt.
Herr Minister, ich kritisiere nicht, daß Sie zu diesem Zeitpunkt das Ergebnis noch nicht veröffentlichter Daten des Arbeitskreises Steuerschätzung vorweggenommen haben. Ich halte es aber für skandalös, daß der Finanzminister eine formelle Information des Haushaltsausschusses über die neuesten Eckdaten für nicht erforderlich hielt und erst auf Antrag des Obmanns der SPD-Fraktion den Ausschußmitgliedern mündlich Rede und Antwort stand.
Die Aussagen, die dann kamen, waren global und unpräzise.
Daß sich der zuständige beamtete Staatssekretär im Vorfeld sogar weigerte, den Berichterstattern zum Einzelplan 32 und 60, die genau dafür zuständig waren, Auskunft auf deren konkrete Fragen zu geben - denn das ist ihr Recht -, halte ich für eine
Helmut Wieczorek
Mißachtung des Parlaments. Wir müssen diesen Vorgang rügen.
Nach der offiziellen Bekanntgabe des Steuerschätzungsergebnisses am 19. Oktober 1995 stellte sich zwar der Bundesfinanzminister noch vor der Bereinigungssitzung erneut den Fragen der Ausschußmitglieder, konnte die gesamte Opposition aber auf der Grundlage der hinlänglich bekannten Tischvorlage - ich stehe hier als Ausschußvorsitzender; darum möchte ich diese Bezeichnung wählen - nicht von der Seriosität seiner Deckungsvorschläge überzeugen.
Auf der Grundlage einer somit insgesamt unsoliden und unredlichen Regierungsvorlage weiterzuberaten verbot sich von selbst.
Die Opposition zog daraus den konsequenten Schluß, an der von der Koalition weitergeführten Ausschußberatung nicht weiter teilzunehmen, um somit ein Signal zu setzen.
Herr Minister, es liegt in der Natur eines auf Schätzungen beruhenden Haushaltsentwurfes, daß dieser keine Punktlandung garantieren kann. Abweichungen aber in einer Größenordnung von 2,5 bis 3 Prozent, die den BMF zu drastischen Maßnahmen wie einer Haushaltssperre veranlassen, um die plafondierte Neuverschuldung in 1995 von knapp 49 Milliarden DM zu halten, erlauben es, eine kritische Hinterfragung vorzunehmen.
Völlig zu Recht wurde im Haushaltsausschuß die Frage gestellt, welchen Sinn eigentlich ins einzelne gehende, dem haushaltspolitischen Konsolidierungswunsch folgende Detailberatungen von Tausenden von Titeln noch haben sollen, wenn deren Geschäftsgrundlage durch plötzlich auftretende Mindereinnahmen in Höhe von 20 Milliarden DM weggewischt wird.
Als konkrete Forderung aus diesem bemerkenswerten Vorgang könnte sich ergeben, daß der Arbeitskreis Steuerschätzung zukünftig seine Daten und Fakten noch vor Beginn der Beratungen dem Haushaltsausschuß vorzulegen hat, um zumindest diesem Expertengremium von Anfang an die Chance eines fundierten Nachsteuerns und Rettens zu geben.
Denn Herr dieses Verfahrens ist zu diesem Zeitpunkt
- darauf lege ich großen Wert - nicht der BMF oder
die Bundesregierung, sondern ausschließlich das Parlament.
Meine Damen und Herren, wenn man alle Vorgänge Revue passieren läßt, die sich in der Zeit vom 29. September bis zum 19. Oktober abgespielt haben, dann drängt sich einfach die Frage auf: Wie ehrlich sind eigentlich die Informationen der Regierung an das Parlament?
Gelegentlich muß man nämlich nicht nur die Solidität, sondern gar die Redlichkeit in Zweifel ziehen.
Denn, Herr Minister, unredlich handeln Sie auch dann schon, wenn Sie das Instrument der gobalen Minderausgabe, das eigentlich als parlamentarischer Rettungsanker für unvorhergesehene Entwicklungen im Staatshaushalt vorgesehen war, als ein Regierungsinstrument einsetzen, das künstlich einen Haushaltsausgleich vorgaukelt und dem Parlament die Möglichkeit anderweitiger Korrekturen nimmt.
Bei diesem Haushalt war wieder bereits im Regierungsentwurf im Einzelplan 30 eine globale Minderausgabe vorgesehen. Herr Rüttgers, ich habe eben Ihre Rede sehr aufmerksam verfolgt. Daß Sie es sich gefallen lassen, daß in diesem Einzelplan 100 Millionen DM globale Minderausgabe angesetzt werden, kann keiner nachvollziehen, der sich mit Haushaltstechnik und mit Haushaltsabsichten beschäftigt.
Hier, meine Damen und Herren von allen Seiten des Parlamentes, gibt es den Versuch der Regierung, die Budgethoheit des Parlaments ganz eindeutig zu unterminieren und bestehende Grundsätze der Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit in Frage zu stellen. Ein solches Vorgehen, Herr Bundeskanzler, ist unredlich; denn es verstößt gegen den Geist der Haushaltsordnung.
Meine Damen und Herren, Redlichkeit in der Politik ist die Voraussetzung für Glaubwürdigkeit der Aussage und Glaubwürdigkeit der Person. Wenn man die Debatte in dieser Woche nochmals an sich vorüberziehen läßt, dann wird sehr deutlich, daß alle Kolleginnen und Kollegen versucht haben, hier vor der Öffentlichkeit eine gute Figur zu machen und ihre Politik gut zu verkaufen. Ich glaube, den meisten ist das auch gelungen.
Solche Debatten aber, wie wir sie in dieser Woche hier führen, sind eigentlich die Ausnahme. Ich verfolge mit großer Sorge die zunehmende Politikverdrossenheit der Menschen in unserem Lande, insbesondere der jungen Menschen. Die Bürgerinnen und Bürger reagieren sehr empfindlich und haben ein viel besseres Erinnerungsvermögen, als die Politiker oft glauben. Gerade in Zusammenhang beispiels-
Helmut Wieczorek
weise mit der Zusammenführung der beiden deutschen Staaten sind in der Rückschau die Aussagen der Politik und die Wirklichkeit oft meilenweit auseinander gewesen. Nehmen wir nur einmal das Thema der Staatsverschuldung und ihrer Ursachen. Verharmlosend wurden die Wirtschaftskraft und das Vermögen der ehemaligen DDR so dargestellt, als ob die Staatsverschuldung im Übergang von der Planwirtschaft zur Marktwirtschaft kurzfristig durch Realisierung des volkseigenen Vermögens der DDR wieder ausgeglichen werden könnte.
Zur nächsten Fehldarstellung - oder sollte man fragen: War es eine bewußte Unredlichkeit? - kam es, als die Regierung erklärte, die Finanzierung der deutschen Einheit werde durch das Wirtschaftswachstum ermöglicht. Ich nenne ferner die Fiktion, die Bundesrepublik sei das einzige Land in Europa, das die Kriterien des Vertrages von Maastricht aus eigener Kraft erfüllen könnte, und die Volkswirtschaft sei so stark, weil möglicherweise der Staat die Voraussetzungen geschaffen habe, wobei natürlich verschwiegen wird, daß die Staatsverschuldung der Bundesrepublik Deutschland viel später begonnen hat als die aller anderen Staaten Europas und daß wir uns durch zwei Währungsreformen als Staat entschuldet haben und die Lasten zweier Weltkriege auf den Bürger in direkter Form abgewälzt haben, was andere Staaten in dieser Form nicht gemacht haben, die sie in ihren Staatshaushalten mitschleppen mußten.
Ist es redlich, Herr Minister, zu sagen: Wir wollen eine Unternehmensteuerreform, und dabei den Eindruck zu erwecken, daß wir uns dies finanziell erlauben können? Stöhnen wir nicht gleichzeitig darüber, daß wir die Aufgaben, die wir uns vorgenommen haben, als Staat nicht erfüllen können?
Wenn Sie von Investitionshemmnissen reden, frage ich Sie: Ist es redlich, die Kosten der Einheit über die sozialen Sicherungssysteme, die sich in der Tat in den Lohnnebenkosten bei den Unternehmen widerspiegeln, erwirtschaften zu wollen?
Herr Waigel, ist es wirklich redlich, einem überzogenen Außenwert der D-Mark das Wort zu reden, wohl wissend, daß man nur mit den Gefühlen der Menschen spielt und in Wirklichkeit die Rationalisierungsanstrengungen der Wirtschaft zunichte macht? Wir wissen doch ganz genau - zumindest sollten es alle wissen -, daß die Exportpreise sofort wieder in Schieflage geraten, wenn die Überbewertung der D-Mark fortgesetzt wird.
Zu politischer Redlichkeit gehört, sich nicht nur das auszusuchen, was man gerade für die eigene politische Argumentation braucht, sondern auch das zumindest zu erwähnen, was insgesamt in einen solchen Themenkreis gehört.
Ist es wirklich redlich, Herr Finanzminister, unabhängig von der augenblicklich akuten, hier ausreichend diskutierten Veränderung der Einnahmeansätze den Menschen vorzugaukeln, wir müßten nur den Gürtel ein wenig enger schnallen und alles würde besser? Sie und wir wissen doch ganz genau, daß das System unserer Finanzverteilung und der Aufbringung unserer Finanzmittel für den Staat, der nur eine Relaisstation für Finanztransfers sein darf, in erheblicher Weise in Unordnung gekommen ist und die Aufgabenverteilung zwischen den Gebietskörperschaften sowie die damit verbundene Finanzverteilung nicht mehr stimmen. Wissen wir nicht alle ganz genau, daß die Struktur unserer Finanzen und auch unserer Finanzverfassung nicht für das neue, große Deutschland gemacht sind? Trauen wir uns eigentlich noch zu, wirkliche Reformen, auch eine Finanzreform, anzugehen?
Ich habe das Gefühl, die Regierung bastelt weiter, wurstelt sich so durch und hofft, daß das dann irgend jemand vernünftig regeln wird. So werden wir aber nicht die Voraussetzungen für blühende Landschaften in Ost und West im nächsten Jahrhundert schaffen.
Was mir weiter große Sorgen macht, ist die zunehmende Sprachlosigkeit der einzelnen unterschiedlichen Kräfte untereinander. Ich meine nicht, daß wir etwa nicht mehr miteinander reden können. Geschwafelt wird meiner Ansicht nach genug.
Aber wirkliche Ansätze zu Veränderungen, die eine Seite erdacht hat oder bei denen einzelne Kollegen das ihnen zustehende Recht praktiziert haben, eigene Gedanken zu haben und zu veröffentlichen, werden sofort mit populistischen Totschlagargumenten vom Tisch gewischt. Dabei sind wir oft weder bereit noch in der Lage, zuzuhören und in eine Diskussion zum Wohle der Menschen einzutreten. Statt dessen führen wir oft nur aus populistischen Gründen Diskussionen unter dem Motto: Ich muß die öffentliche Meinung beeinflussen.
Die hingehaltenen Mikrophone von Journalisten führen gelegentlich zu spontanen Äußerungen, die unter Umständen eine gutgemeinte und Sachlichkeit erheischende Stellungnahme ausschließen. Ich denke im Moment nicht nur an die Ministerpräsidenten, die, wenn sie sich über die Diäten des Bundestages unterhalten, immer den Eindruck erwecken, selbst glaubwürdig und ehrlich sein zu wollen,
und im Rahmen der Diskussion unsere Überlegungen als verfassungswidrig und deutlich überzogen bezeichnen, obwohl ihre eigenen Gehälter an das öffentliche Besoldungsrecht gekoppelt und deutlich höher sind als die von Bundestagsabgeordneten.
Was mir in diesem Zusammenhang Sorge macht - das sage ich sehr offen -, ist die Unehrlichkeit - oder
Helmut Wieczorek
sollte man vielleicht besser sagen: die Verlogenheit? -, mit der man hier miteinander umgeht.
Auch meine ganz private Meinung in diesem Zusammenhang ist sehr schnell dargestellt. Ich glaube, wenn wir die Rentenformel von 1997 an als Bezugsgröße wählen und sie auch in Zukunft weiterschreiben würden, wäre die Debatte um unsere Diäten sehr schnell ausgestanden, ohne daß wir dann noch deutlichere Abstriche machen müßten als bisher.
Die Frage, wie weit Kritiker unseres Systems das System des eigenen Vorteils wegen kritisieren, möchte ich nicht untersuchen, sondern nur der Vollständigkeit halber ansprechen. Denn unredlich handelt auch ein Journalist, der politische Zusammenhänge genau kennt und trotzdem reißerische Überschriften wählt, um einen Artikel zu verkaufen, und sich dann bei Ossi an der Bar damit entschuldigt, er habe nur so gehandelt, weil auch die anderen das so machten.
Ich ermahne Sie, zu logischen und ehrlichen Schlußfolgerungen zurückzukehren, die sich aus der Ableitung der Grunddaten ergeben, anstatt wie jetzt populistisch die politische Meinung und leider auch die politische Entscheidung nach der veröffentlichten Meinung zu richten.
In diesem Zusammenhang müssen wir uns auch darüber unterhalten und vielleicht auch klar werden, wieweit wir wirklich in unserem Denken im System noch reformfähig sind. Mir macht es große Sorgen, daß wir eine Generation von Schnellschußpolitikern auf allen Seiten des Parlamentes haben, die jeden Gedanken, egal mit wieviel Aufwand er erarbeitet und formuliert wurde, sofort erfassen können, um ihn abzulehnen, weil er nicht in das eigene vorgefaßte Bild, das selten vorurteilsfrei ist, paßt.
Sicherlich haben wir nicht mehr die großen Themen, die sich aus der Blockbildung der Welt ergeben haben und die es Konrad Adenauer mit der Aussöhnung nach Westen und Willy Brandt mit der Aussöhnung nach Osten ermöglicht haben, die Parlamentarier auf große Politikfelder zu führen und in der Sachauseinandersetzung auch den persönlichen Erfolg zu ermöglichen.
Wir haben heute andere Probleme in unserem Lande, die jedoch von uns genauso große Phantasie und Innovation erfordern und die nicht mit dem Computer im Abgeordnetenbüro zu lösen sind, bei denen auch nicht die Mitarbeiter und die parlamentarischen Hilfskräfte die Fragen und Antworten bestimmen können.
Wir sind alle persönlich gefragt und herausgefordert, wenn es darum geht, mit den Herausforderungen unserer Zeit fertig zu werden. Die Massenarbeitslosigkeit ist die Ursache für die Probleme im Staat und die Ursache für die Einschränkung des finanziellen Spielraums zur Politikgestaltung. Die Frage, auf die ich noch keine Antwort weiß und auch
noch keine gehört habe, ist die: Auf welche Weise wollen wir den technischen Produktivitätsfortschritt mit anderen Aufgaben zur Beschäftigung von Menschen kompensieren und bewältigen?
Ob solche Fragen mit dem Instrumentarium der Bundesanstalt für Arbeit und der dieser Institution zugrunde liegenden Grundphilosophie gelöst werden können, wage ich zu bezweifeln. Müssen wir nicht auch zur Kenntnis nehmen, daß das Heil nicht nur im zweiten Arbeitsmarkt liegen kann und daß auch die Flucht in die Dienstleistungsgesellschaft nur sehr begrenzt möglich ist?
Der Dienstleistende erbringt eine volkswirtschaftlich zwar berechenbare, aber nicht unbedingt ver-mehrbare Wertschöpfung. Wenn wir nicht in dem primären Wertschöpfungsbereich die Voraussetzungen schaffen, werden uns auch die Mittel für den dienenden Bereich und damit den ergänzenden Bereich nicht zur Verfügung stehen.
Darum müssen wir in der Politik die Voraussetzungen dafür schaffen, daß wir den Wertschöpfungsanteil der Arbeit deutlich erhöhen, wobei Aus- und Weiterbildung ein zentrales Anliegen bleiben und die Motivation der für dieses Ziel arbeitenden Menschen gesteigert werden muß.
Unser Ziel muß es sein, mit einer aktiven Arbeitsmarktpolitik Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren.
Arbeitslosigkeit und der Bezug von Arbeitslosenunterstützung darf nicht die Regel sein, sondern muß die Ausnahme bleiben. Wir müssen uns ein neues gesellschaftliches Klima zugunsten von Innovation und technischem Fortschritt schaffen.
Eine moderne Wirtschaftspolitik heißt auch Flexibilisierung der Wirtschaft und Entlastung des Faktors Arbeit von Steuern und Abgaben. Dabei wollen wir Sozialdemokraten keinesfalls unserer Verpflichtung zum Sozialstaat untreu werden. Im Gegenteil: Der Standort Deutschland ist mit Lohnverzicht allein, so wie die Bundesregierung es gern darstellt, nicht zu sichern.
Gedrückte Arbeitskosten können gefährdete Arbeitsplätze nur für eine Weile über die Runden retten. Gute Wirtschaftspolitik sorgt statt dessen von vornherein dafür, daß neue, sichere und gutbezahlte Arbeitsplätze geschaffen werden. Das kann sowohl durch die Stärkung von Forschung, Bildung und Wissenschaft geschehen, aber ebenso durch eine innovative Industriepolitik, die neue Zukunftsmärkte erschließt.
Die Mittelstandspolitik muß sicherlich künftig ein größeres Gewicht haben, weil der wirtschaftliche Mittelstand und das Handwerk der Motor für Beschäftigung, Innovation und technischen Fortschritt sind.
Helmut Wieczorek
Ich hoffe sehr, daß wir alle gemeinsam die Kraft finden und es uns gelingt, die Gestaltung des Haushaltes wieder enger in den parlamentarischen Raum zu ziehen,
daß wir der Regierung den ihr zukommenden Platz im Beratungsverfahren und in unserem Selbstbewußtsein zuweisen können, der ihr zukommt. Die Haushälter und wir alle müssen wieder lernen, ein distanzierteres Verhältnis zur Regierung zu bekommen, sich nicht als Erfüllungsgehilfe, aber auch nicht als Bremsklotz der Regierungspolitik zu erweisen. Lassen Sie uns gemeinsam versuchen, nicht mit der Elle der Mittelmäßigkeit beurteilt zu werden, sondern selbstbewußt und ohne Arroganz unsere Aufgaben zu erfüllen.
Ich danke Ihnen sehr.
Herr Kollege HansPeter Repnik, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Haushalt des Bundes für 1996, den wir heute beschließen werden, setzt ein Stabilitätssignal. Mit den Eckdaten dieses Budgets tun wir alles, um die Maastricht-Kriterien einzuhalten. Wir erfüllen von unserer Seite die schärfsten, die präzisesten Stabilitätskriterien, die je von der Politik, von der Wirtschaft und von der Nationalökonomie definiert worden sind.
Verehrter Herr Kollege Wieczorek, ich möchte mich ausdrücklich für meine Fraktion für Ihr Mitwirken an dem Zustandekommen dieses Haushalts als Vorsitzender des Ausschusses bedanken. Ich bedanke mich auch für die außerordentlich sachliche und seriöse Rede, die Sie hier gehalten haben. Es wäre schön, wenn Sie beispielgebend für Ihre Fraktion bei zukünftigen Haushaltsberatungen wären.
Meine Damen und Herren, in diesem Haushalt mußten enorme Veränderungen berücksichtigt werden. Im laufenden Jahr 1995 muß schon der neue Finanzausgleich mit erheblichen Belastungen für den Bund verkraftet werden. Das sind Zuweisungen und Steuerverzichte in Höhe von gut 44 Milliarden DM. Ausfälle aus dem föderalen Konsolidierungsprogramm, aus Steuererleichterungsmaßnahmen, die diese Koalition beschlossen hat, schlagen sich hier bereits nieder.
Ganz nebenbei darf ich vielleicht der SPD eine Information vermitteln. Die von der SPD-Finanzpolitik zugrunde gerichteten Länder Bremen und Saarland bekommen aus diesen Zuweisungen jährlich rund 3,4 Milliarden DM Nothilfe. Was uns besorgt, nicht nur im Hinblick auf die Finanzsituation in Niedersachsen, sondern im Hinblick auf das, was möglicherweise auf den Bund zukommt: Der nächste Aspirant für solch ein Nothilfeverfahren, Niedersachsen, steht bereits vor der Tür.
- Sehr verehrter Herr Finanzminister, Sie sagen, es kommt überhaupt nicht in Frage, drum sage ich, es besorgt mich.
Ein Blick, Kollege Fischer, in die „FAZ" von dieser Woche begründet diese Sorge. Ich darf zitieren. In der „FAZ" steht, als Ministerpräsident Schröder im Jahre 1990 die CDU/F.D.P.-Regierung mit einer rotgrünen Koalition abgelöst habe, habe das Land in 40 Jahren knapp 40 Milliarden DM Schulden angehäuft. Ende des kommenden Jahres, also innerhalb von nur 6 Jahren, werde sich dieser Betrag um 20 Milliarden DM erhöht haben. Innerhalb von 6 Jahren - eine verhängnisvolle Entwicklung!
Und es ist keine kurzfristige, nicht vorhersehbare Entwicklung. Ein renommiertes Wirtschaftsforschungsinstitut hat folgendes festgestellt: Niedersachsen hat seit 1990 den höchsten Personalzuwachs im öffentlichen Dienst, die höchste Neuverschuldung und die niedrigste Investitionsquote aller Länder.
Mehreinnahmen von 10 Milliarden DM in diesem Bereich, Rücklagen, Ersparnisse der vorherigen Regierung von 1,5 Milliarden DM, wurden hier verbraucht. Meine sehr verehrten Damen und Herren, was hätten wir alles mit diesen Geldern im Hinblick auf Zukunftsprojekte anfangen können!
In dem Haushalt 1996, den wir heute verabschieden, sind wieder 44 Milliarden DM aufzufangen. Ich weiß sehr wohl, daß das eine große Aufgabe ist. Mindereinnahmen aus dem Jahressteuergesetz, die wir gewollt haben, reduzierte Einnahmeerwartungen, Wegfall des Kohlepfennigs, Arbeitsmarkt und Bundeseisenbahnvermögen sind die Stichworte. Daß diese Integration gelang, ist eine Leistung, auf die die Haushälter der Koalition und der Finanzminister wahrlich stolz sein können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, politisches Gestalten mit vollen Kassen wäre schön. Nur, jetzt ist verantwortliches Gestalten mit knappen Mitteln nötig. Dieser Haushalt ist der Beleg für die Mög-
Hans-Peter Repnik
lichkeit und die Kunst solch verantwortlichen Gestaltens.
Die SPD - das kann ich Ihnen nicht ersparen - hat dies immer noch nicht begriffen. Ich nehme mir nur einmal den Entschließungsantrag vor, den die SPD hier zur Beratung vorgelegt hat, und lenke Ihre geschätzte Aufmerksamkeit, Frau Matthäus-Maier, auf einige wenige Punkte. Insoweit werde ich auch begründen, weshalb wir diesen Entschließungsantrag ablehnen müssen. Auf Seite 5 dieses Entschließungsantrages sprechen Sie davon, daß Ihnen eine Konsolidierungsperspektive fehle, und sagen gleichzeitig auf Seite 6: „Nicht alles, was wünschenswert ist, ist finanzierbar".
- Ja, da stimme ich Ihnen zu. Nur, ich habe den Antrag sorgfältig gelesen und die Beratungen in dieser Woche ebenfalls sorgfältig verfolgt. Sie haben in keinem einzigen Punkt seriöse Einsparungsvorschläge vorgelegt. Gleichzeitig fordern Sie im selben Antrag, in dem Sie die Staatsverschuldung geißeln, auf der Seite 1 Mehrausgaben beim sozialen Wohnungsbau, im Forschungsbereich, beim Wohngeld, beim Erziehungsgeld, beim Wehrsold, beim BAföG, bei der beruflichen Bildung usw. Das alles sind zusätzliche Forderungen, ohne daß Sie dafür eine Deckung vorgelegt hätten.
Schon deshalb ist Ihr Antrag nicht zustimmungsfähig.
Verehrte Frau Kollegin Matthäus-Maier, ich komme auf Seite 6 Ihres Antrages zurück, um einen anderen Widerspruch deutlich zu machen. Sie sagen:
Wir brauchen einen modernen, innovativen Staat, der sich auf die wesentlichen Aufgaben konzentriert.
Prima gebrüllt, eine ganz hervorragende Geschichte, der wir zustimmen! Nehme ich dann aber das Papier zur Hand, das Sie eine Woche früher in Ihrer Fraktion beraten und verabschiedet haben, dann lese ich dort auf Seite 2:
Der Trugschluß konservativer und wirtschaftsliberaler Ideologien liegt in dem Glauben, sie könnten die Gesellschaft dadurch stärken, daß sie den Staat und seine Gestaltungsfähigkeit schwächen.
Ja, was wollen Sie nun eigentlich? Wollen Sie weniger Staat, wollen Sie einen schlankeren Staat, oder haben Sie die Sorge, daß mit solchen Maßnahmen einmal mehr Ihre Politik konterkariert wird?
Ich möchte ein drittes Beispiel herausgreifen. Sie schreiben auf Seite 8:
Durch eine gerechtere Finanzierung der aktiven Arbeitsmarktpolitik sollen die Sozialversicherungsbeiträge gesenkt, Arbeitnehmer und Unternehmer entlastet und dadurch die Wettbewerbsfähigkeit verbessert werden.
Sie bleiben auch hier die Antwort schuldig, wie Sie diese Senkung vornehmen wollen und wer sie finanzieren soll.
Vielmehr machen Sie eine ganz einfache Milchmädchenrechnung auf,
indem Sie sagen: Wir nehmen das aus dem Topf der Solidarversicherung heraus und finanzieren es über die Steuern. Das heißt, die Staatsquote bleibt erhalten, die Steuern können nicht gesenkt werden, und wir haben nicht die dringend benötigte Entlastung für die Arbeitnehmer und die Unternehmer. Ein Verschiebebahnhof ohne ein konkretes positives Ergebnis!
Wenn ich bei der Seite 8 Ihres Entschließungsantrages bin, dann will ich einen letzten Grund von vielen, die ich hinzufügen könnte, dafür liefern, weshalb dieser Antrag von uns abgelehnt werden muß. Sie schreiben völlig zu Recht:
Bemühungen um einen deutlichen Anstieg der Beschäftigung ist Vorrang einzuräumen.
Dem stimmen wir zu.
Ein wesentliches Element dazu ist die Stärkung der Kaufkraft der unteren Einkommensschichten durch Entlastung bei Steuern und Abgaben.
Verehrte Frau Matthäus-Maier, die Beratungen zum Jahressteuergesetz 1996 liegen wenige Wochen zurück.
Die Koalition hat im Zusammenhang mit dem Jahressteuergesetz 1996 vorgeschlagen, eine Entlastung in der Größenordnung von 23 Milliarden DM vorzunehmen. Und was hat die SPD mit ihrer Mehrheit im Bundesrat gemacht,
und was haben Sie im Vermittlungsverfahren gemacht? Sie haben gesagt: Wir sind nicht in der Lage, diese Steuerermäßigung weiterzugeben, weil das Saarland und Niedersachsen nicht in der Lage sind, die Steuerausfälle in ihren Haushalten zu verkraften. Aus 23 Milliarden DM Steuererleichterungen wurden 19 Milliarden DM. 4 Milliarden DM haben Sie den Bürgern vorenthalten!
Auch deshalb lehnen wir diesen Antrag ab.
Hans-Peter Repnik
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Kollege Wieczorek - ich stimme ihm ausdrücklich zu - hat auch in dieser Debatte Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit eingefordert. Nur, verehrter Kollege Wieczorek, was Sie von der Regierung und von der Mehrheit der Koalition hier eingefordert haben, gilt natürlich auch für die SPD. Sie haben nirgendwo eine vernünftige Deckung angeboten. Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit fehlen bei der Opposition. Sie haben eine Bringschuld, die Sie nicht eingelöst haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sprüche in Programmen und in Anträgen sind das eine; die verhängnisvollen Folgen Ihrer Politik dort, wo Sie Verantwortung tragen, sind das andere.
- Hören Sie mir bitte zu! - Sprüche in Programmen sind das eine; verantwortliche Politik dort, wo Sie Verantwortung tragen, ist das andere. Verantwortung tragen Sie zum Beispiel - ich kann es Ihnen nicht ersparen, noch einmal auf Niedersachsen hinzuweisen - in Hannover, dem Sitz des früheren Chefökonomen der SPD. Dieser hat in einem Interview einen Ausspruch getan, den ich gern zitieren möchte; er könnte von Theo Waigel stammen, unserem Finanzminister.
- Nein. Ich werde auf den Widerspruch aufmerksam machen, Kollege Schmidt.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
„Vor uns stehen Jahre des eisernen Sparens. "
Allerdings - das unterscheidet ihn von dieser Bundesregierung, dem Bundeskanzler und unserem Finanzminister -, hinter ihm und seiner Regierung liegen Jahre der Verschwendung.
Die „FAZ" hat ihn in der Ausgabe vom letzten Montag wie folgt zitiert:
Weil in der Vergangenheit gelegentlich die Augen zugedrückt wurden, war man großzügig.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich empfehle Ihnen die Lektüre des Sonderdrucks aus „Impulse" 11/95. Ich möchte drei oder vier Sätze daraus zitieren. Hier steht:
So sieht die Bilanz eines Verlierers aus: Hören Sie bitte zu!
Er leistet sich einen der teuersten Verwaltungsapparate in der Republik. Seit seinem Amtsantritt macht seine Landesregierung mehr Schulden als jedes andere westliche Bundesland. Im nächsten Jahr droht seinem Land die Zahlungsunfähigkeit.
Die Rede ist von Gerhard Schröder. Dies ist sozialdemokratisch verantwortete Finanzpolitik.
- Ja, ein schöner Titel: „Der Blender". Ich empfehle Ihnen allen, das zu lesen.
Weshalb sage ich dies alles? - Frau Kollegin Matthäus-Maier, ich weiß, daß es Ihnen wehtut. Das ist gut so, das ist ja auch beabsichtigt. Ich will damit auch der Öffentlichkeit demonstrieren, daß das, was Sie in Papieren auf Parteitagen möglicherweise verabschieden, das eine ist, und daß dort, wo Sie konkrete finanzpolitische Verantwortung tragen, die Kehrseite dieser Medaille zu erkennen ist. Genauso, wie es in Niedersachsen läuft, lief es von 1969 bis 1982 unter SPD-Kanzlern in der bundespolitischen Verantwortung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, hinter uns liegen schon Jahre sparsamster Haushaltspolitik.
Theo Waigel hat überzeugend darauf hingewiesen: Wenn nicht in den ersten sieben Jahren, von 1982 bis 1989, unter Helmut Kohl und Gerhard Stoltenberg die maroden Staatsfinanzen von den SPDKanzlern und -Finanzministern saniert worden wären,
hätten wir die große Leistung der Wiedervereinigung nie finanzieren können.
Die D-Mark wäre nicht so stabil, wie sie es jetzt trotz der Integration der ruinierten DDR ist. Dies muß doch deutlich gesagt werden.
Wenn Sie es mir und dem Finanzminister nicht glauben, dann lesen Sie die Stellungnahmen des Internationalen Währungsfonds, der Weltbank und der OECD. Sie alle haben dieser Bundesregierung, auch diesem Finanzminister, eine herausragende Qualität bescheinigt - ohne ideologische, parteipolitische Verblendung. Dies sind die Fakten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Herr Kollege Verheugen, der im Moment nicht da ist,
hat in seiner Rede am Dienstag dieser Woche mit Blick auf den Bundeskanzler vom Kanzler der höchsten Steuern gesprochen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben es hier mit dem Kanzler der Einheit zu tun. Ihm ist es trotz einer in den letzten fünf Jahren erfolg-
Hans-Peter Repnik
ten Transferleistung von West nach Ost in Höhe von rund 1 Billion DM - das sind 1 000 Milliarden DM - gelungen, die Staatsquote für das nächste Jahr niedriger zu halten, als sie bei der Abdankung des Kanzlers Helmut Schmidt war. Sie wird im nächsten Jahr niedriger sein als unter Helmut Schmidt, obwohl wir die Lasten der Wiedervereinigung zu tragen haben. Dies sind die Fakten.
Ich muß Ihnen von der Opposition entgegenhalten: Sie haben weder in den vergangenen Jahren noch in den letzten Wochen einen konkreten Beitrag zu dieser Stabilitätspolitik geleistet. Im Gegenteil: Sie schaden nur, indem Sie mit hektischen Ablenkungsmanövern Unruhe schaffen. ihre unsachliche Kritik, Ihr kleinkariertes Beleidigtsein in der letzten Sitzungswoche und Ihr merkwürdiger Auszug aus der Ausschußsitzung
haben das Vertrauen in die Arbeit des Parlaments beschädigt.
Sie haben zudem keine politische Alternative aufgezeigt.
Herr Kollege • Wieczorek, ich würde gerne eine Ihrer Bemerkungen korrigieren. Sie haben beklagt, daß der Finanzminister, nachdem die neuesten Zahlen aus jener Schätzung, die ja nicht von ihm stammt, sondern von einem Arbeitskreis, an dem auch die Länder beteiligt sind, vorgelegen haben, nicht sofort den Haushaltsausschuß unterrichtet hat.
Ich möchte darauf hinweisen, daß Theo Waigel sofort, nachdem diese Zahlen vorlagen, im Plenum des Deutschen Bundestages einen Bericht abgegeben hat. Anschließend ist er zur Jahrestagung nach Washington geflogen und direkt danach hat er sich mit seinen Zahlen und Unterlagen dem Haushaltsausschuß gestellt.
Ich bitte, dies zu würdigen und hier keine falschen Verdächtigungen auszusprechen.
Ihr Auszug aus dem Ausschuß, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, und Ihre Debattenbeiträge in dieser Woche
waren nichts als eine Flucht aus der politischen Verantwortung. Enthaltung nach Enthaltung - das ist keine Politik. Kehren Sie zur sachlichen, konstruktiven Politik zurück.
Mit Ihrem Entschließungsantrag flüchten Sie sich erneut in persönliche Angriffe und Verfahrenstricks.
Leider ist der Kollege Struck nicht da. Ich hätte ihn gern persönlich angesprochen.
- Richten Sie es ihm bitte aus, Herr Schmidt.
Wenn es noch eines Beweises für die Nervosität und das schlechte Gewissen der SPD bedurft hätte, dann hat das Verhalten des Kollegen Struck während der Rede des Bundeskanzlers am Mittwoch dieser Woche den Beweis dafür geliefert.
Es war hoch spannend, wie der Bundeskanzler in seinem Debattenbeitrag selbst Ihre Fraktion in den Bann gezogen hat.
Als alle Argumente nichts mehr nützten, haben Sie für Unruhe gesorgt. Dies ist Ihre Politik der Verweigerung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Tatsache - und damit konkret zu Ihrem Entschließungsantrag - ist: Der Haushalt war zum Zeitpunkt der neuen Steuerschätzung bereits im parlamentarischen Beratungsverfahren. Damit war der Haushaltsausschuß, wie der Vorsitzende zu Recht in seiner Rede gesagt hat, Herr des Verfahrens. Er hat von diesem Recht Gebrauch gemacht und hat unter dem Vorsitz des von uns sehr geschätzten Kollegen Wieczorek auch getagt, beraten und beschlossen.
Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf ein anderes Täuschungsmanöver lenken. In dramatischen Auftritten - es war zettelschwenkend von einem „Wisch" die Rede; Sie haben es diplomatischer ausgedrückt; Sie sprachen von einer Tischvorlage - sind Sie auch hier im Plenum dieses Parlamentes leichtfertig mit der Wahrheit umgegangen. In den Beratungen des Haushaltsausschusses wurden am Haushaltsentwurf der Bundesregierung Änderungen in einer Größenordnung von zweistelligen Milliardenbeträgen vorgenommen. In rund 1 000 einzelnen Fällen wurde abgesenkt, aufgestockt, neu eingestellt oder gestrichen. Dies ist durch die Anträge belegt. Adolf Roth hat vor sich einen Ordner mit diesen Anträgen liegen. Für die Abstimmungen waren diese Anträge die
Hans-Peter Repnik
Grundlage. Von daher ist Ihnen nichts vorenthalten worden.
Ich sage für meine Fraktion: An der Beteiligung des Finanzministers beim Abschluß des parlamentarischen Haushaltsverfahrens gibt es nichts zu beanstanden. Wir weisen den Antrag der Opposition als haltlos und unbegründet zurück. Theo Waigel hat unser uneingeschränktes Vertrauen.
Ich möchte Sie gerne noch an einem anderen Vorgang, der vermutlich nicht jedem in diesem Hohen Hause aufgefallen ist, schmunzelnd teilhaben lassen. Es lag ein Entschließungsantrag vom 7. November 1995 betreffend eine Mißbilligung vor; das war am Dienstag dieser Woche. Dieser Entschließungsantrag war von Rudolf Scharping und Fraktion, von Joseph Fischer, Kerstin Müller und Fraktion unterzeichnet.
Heute liegt uns ein Entschließungsantrag mit Datum vom 9. November 1995, also zwei Tage später und nach den Reden des Finanzministers und des Bundeskanzlers, vor, der inhaltlich gleich ist. Dieser Entschließungsantrag ist von Rudolf Scharping und Fraktion unterschrieben.
- Herr Fischer, Ihre persönliche Unterschrift und die von Frau Müller fehlen. Ich kann daraus nur den Schluß ziehen, daß Herr Waigel und Bundeskanzler Kohl Sie in den vergangenen zwei Tagen überzeugt haben;
sonst hätten Sie Ihre Unterschrift nicht zurückgezogen. Daraus schlußfolgere ich, daß Theo Waigel auch das Vertrauen Ihrer Fraktion hat. Ich bin sicher, daß der Kollege Metzger dies gleich begründen wird.
[BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN]: Wenn das Herr Stoiber hört,
ist das ein Rücktrittsgrund!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Verhalten der SPD, das wir in den letzten Wochen erleben mußten, ist für uns keine neue Erfahrung. Ähnliches haben wir bei den Beratungen zum Jahressteuergesetz 1996 erlebt. Was wollen Sie eigentlich? Frau Kollegin Matthäus-Maier, ich bin beim Jahressteuergesetz und beim Verfahren. Ich habe mir einmal angeschaut, was Sie auf dem vor Ihnen liegenden
Bundesparteitag für Papiere beraten. Auf Seite 10 eines dieser Papiere steht:
Eine Unternehmensteuerreform muß günstige Rahmenbedingungen für Innovationen und Investitionen schaffen.
Richtig, kann ich nur sagen. Das ist eine prima Aussage, die wir mit unterstützen.
Für mich ist interessant, daß dieses Papier, nachweislich des Vorspanns, wesentlich von Damen und Herren, die im Bundesrat und im Vermittlungsausschuß Verantwortung tragen, geschrieben wurde. Auch sie haben daran mitgewirkt.
Das Vermittlungsverfahren liegt wenige Wochen zurück. Die Koalition hat in diesem Vermittlungsverfahren die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer, einer Unternehmensteuer, die mittelstandsfreundliche Absenkung der Gewerbeertragsteuer, einer Unternehmensteuer, gefordert. Durch Ihre Blockadepolitik im Bundesrat und im Vermittlungsausschuß ist dies nicht zustande gekommen; wertvolle Monate sind verstrichen.
Ich kann nur hoffen, daß Sie in den letzten Wochen hier dazugelernt haben.
Ich würde mich freuen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte Sie einladen. Wenn das, was Sie in Mannheim beschließen wollen, umgesetzt werden soll: Sie haben bereits heute nachmittag oder nächste Woche die Möglichkeit dazu.
Sie wissen, das parlamentarische Beratungsverfahren würde es zulassen, daß wir das ursprünglich avisierte Ziel der Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer und einer mittelstandsfreundlichen Ausgestaltung der Gewerbeertragsteuer zum 1. Januar 1996 realisieren und • gleichzeitig den Kommunen eine berechenbare Zukunftssicherung für ihre Finanzen geben könnten.
Wir laden Sie ein.
Ihre Redezeit, Herr Kollege, ist ein gutes Stück überschritten.
Ich möchte, wenn Sie gestatten, noch eine halbe Minute sprechen.
Ich gestatte es schon. Aber die anschließenden Kollegen?
Wir laden Sie ein, in der nächsten Woche zu Gesprächen zusammenzukommen,
um diese Unternehmensteuerreform jetzt noch, in diesem Jahr, abzuschließen.
Abschließend, meine Damen und Herren: Ich bin nicht so zuversichtlich, daß die guten Noten, die dieses Papier jetzt bekommen hat, auch Bestand haben werden.
Herr Kollege, bitte.
Die Fraktion hat mir noch eine Minute Redezeit zugestanden, Herr Präsident.
Das ist mir neu. Das ist gar nicht möglich, weil die gesamte Fraktion noch das an Redezeit „einholen" muß, was Minister Rüttgers überzogen hat.
Gut. Dann komme ich zum Schluß.
Dieser Haushalt gibt Antwort auf viele uns gestellte Zukunftsfragen. Er ist seriös; er ist stabilitätsgerecht, er ist inflationshemmend,
er ist international beispielhaft. Deshalb stimmen wir ihm zu.
Macht uns doch bitte das Leben hier oben angesichts des gewaltigen Zeitdrucks, unter dem das ganze Haus steht, nicht schwer! Wenn ein Minister seine Redezeit deutlich überzieht und nicht reagiert und wenn auch der nächste Kollege überzieht, dann muß ich sagen: Das geht auf Kosten der folgenden Kollegen, die sprechen wollen.
Ich erteile das Wort dem Kollegen Oswald Metzger.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege
Repnik, vorab eine Bemerkung: Loch für Loch wurde in dieser Woche in dieser Debatte bestätigt, was zum Auszug der Opposition in der vorletzten Sitzungswoche geführt hat.
Dieser Finanzminister, der „Herr der Schröpfung", wie es heute der „Kölner Stadt-Anzeiger" schreibt, der im nächsten Jahr die Steuer- und Abgabenquote nicht reduziert, der versucht, den Haushalt auf dem Papier mit Luftbuchungen zu sanieren, sollte daraus, daß wir den SPD-Antrag nicht mit unterschreiben, nicht ableiten, daß wir sein Vorgehen nicht mißbilligen. Man soll aber andererseits nicht glauben, daß die grüne Fraktion gemeinsam mit der Sozialdemokratie diesen Mißbilligungsantrag hätte einbringen müssen, da die Sozialdemokratie in dieser Woche nicht den Mut hatte, selbst für die Anträge zu stimmen, zu denen sie ansonsten im politischen Alltag in dieser Republik steht,
beispielsweise in bezug auf die Gemeinschaftsaufgabe Ost, den Eurofighter, die MEKO-Fregatten. Man sollte sich nicht wundern, wenn wir unsere Unterschrift zurückziehen. Soviel dazu.
Ich möchte auf Grund der Eingangsrede des Kollegen Wieczorek als Obmann unserer Fraktion ihm für seine Arbeit im Ausschuß danken,
auch den Obleuten der anderen Fraktionen. Ich möchte ein Beispiel anführen: Trotz der Hektik der vorletzten Sitzungswoche mit dem Auszug der Opposition hat Kollege Wieczorek dafür gesorgt, daß die traditionelle Abschlußfeier des Haushaltsausschusses zustande kam. Auch die Opposition hat mitgefeiert. Dies vielleicht als Beispiel dafür, daß Kollegialität im Haushaltsausschuß auch solche Strapazen übersteht.
Nun aber zum Inhalt. Wir sind in einer Situation, in der es überhaupt nicht weiterführt, wenn die Diskussion auf dem Niveau läuft, um das sich Herr Kollege Repnik heute wieder bemüht hat. Er hält der Opposition vor, wie die Finanzsituation in Niedersachsen und in den Ländern aussieht. Wer selber die Hosen voll hat, braucht doch nicht auf andere Leute mit vollen Hosen zu verweisen.
Die gesellschaftspolitische Situation ist nun einmal so, daß wir eine Strukturkrise der öffentlichen Haushalte in Deutschland haben, vom Bund angefangen über die Bundesländer bis zu den Gemeinden.
Oswald Metzger
Wenn einem nicht mehr dazu einfällt, als sich gegenseitig irgendwelche Vorhaltungen zu machen, dann können wir einpacken. Kreativität ist gefragt. Insofern gab es in dieser Woche wenigstens eine Botschaft hier im Haus: Der IG Metall-Chef Zwickel erzielte mit seinem Vorschlag zumindest eine gewisse Resonanz, wobei es von Resonanz bis zur tatsächlichen Wirkung ein weiter Weg ist.
Ich möchte ein paar strukturelle Bereiche skizzieren, die in unserem Entschließungsantrag auftauchen. Dort, Kolleginnen und Kollegen von der SPD, bemühen wir uns tatsächlich nicht nur - was wir auch hätten tun können - um Politlyrik, darum, programmatische Schwerpunkte aufzulisten, ohne angesichts der Deckungslücken im Bundeshaushalt eigene Streichungsvorschläge zu machen. Vielmehr benennen wir auch Bereiche, in denen Kürzungen vorgeschlagen werden.
Insofern sind wir die einzige Fraktion in diesem Haus, die heute, zumindest nach unseren Vorstellungen, ein relativ schlüssiges Deckungskonzept vorschlägt. Es muß uns erst einmal jemand nachmachen, daß eine Fraktion in einem Gesamtvolumen von 8 Milliarden DM den Abbau von Steuervergünstigungen und von Subventionen vorschlägt und damit die eigenen Maßnahmen im Bereich Arbeitsmarktpolitik und Verkürzung der Arbeitslosenhilfe sauber gegenfinanziert.
Zu den strukturellen Problemen dieses Bundeshaushalts. Wir haben eine Steuer- und Abgabenquote, die im nächsten Jahr, Herr Finanzminister, eben nicht sinkt. Vielmehr ist das in sich zusammengebrochen, was Sie im September noch jubelnd verkündet haben: Das Jahr 1996 wird das Jahr der Steuersenkungen sein, und damit wird der Wachstumslokomotive, vor allem dem Bereich Kaufkraftnachfrage zusätzlich Geld zugeführt.
Wir haben nächstes Jahr durch die Pflegeversicherung und durch die Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge in der Rentenversicherung tatsächlich die Situation, daß der Kaufkraftzufluß an die Bevölkerung praktisch ein Nullsummenspiel ergibt. Die grüne Bundestagsfraktion hat Ihnen aber schon lange vor dem September vorgehalten, daß die Rechnung mit der Steuerentlastung nicht aufgeht. Das ist der eine Punkt, wo Sie im nächsten Jahr auf das Prinzip Hoffnung setzen müssen, weil Sie das wahrscheinlich nicht realisieren können, was Sie sich im Bereich Wachstum erhoffen.
Sie wissen, daß die OECD und die Wirtschaftsforschungsinstitute die Wachstumsraten im Bereich der Konjunktur inzwischen deutlich nach unten reduziert haben. Ihre Finanzplanung geht von viel zu optimistischen Erwartungen aus. Deshalb ist es aus Sicht des Novembers 1995 absolut ausgeschlossen, daß Sie im Bereich der Steuereinnahmen wesentlich günstiger fahren als dieses Jahr. Es fehlen die Rahmenbedingungen dafür.
Sie brauchen sich nur die Daten auf dem Arbeitsmarkt anschauen. Die Zahl der Arbeitslosen wird eine Größenordnung von 3,5 Millionen oder mehr
haben, was dazu führt, daß die Einnahmen der Bundesanstalt für Arbeit geringer als erwartet ausfallen, daß die Arbeitslosenhilfezahlungen im Bereich der Versorgung der von Arbeitslosigkeit Betroffenen noch mehr steigen werden, als es die Koalition im Rahmen dieser Haushaltsberatungen eingeräumt hat.
Wie wollen Sie angesichts einer solchen Vorbelastung tatsächlich seriös glauben, daß dieser Haushalt in dem Rahmen bleibt, wie Sie sich ihn vorstellen? Sie werden nächstes Jahr, weil die Kommunal- und Länderhaushalte ihre bisherigen Soll-Verschuldungsansätze überschreiten, die in der Finanzplanung der Landesfinanzminister und vieler kommunaler Kämmerer enthalten sind, eine Überziehung in der Fremdfinanzierung erhalten, die das Maastricht-Kriterium, die 60-Prozent-Marge, bei der die Verschuldungssituation aller öffentlichen Haushalte eine Rolle spielt, wahrscheinlich übersteigen wird.
- Herr Kollege Roth, der Einwand ist richtig. Wir brauchen einen Solidaritätspakt. Sie merken ja, ich bemühe mich um eine differenzierte Argumentation. Natürlich sitzen alle Gebietskörperschaften, was die Finanzsituation betrifft, im gleichen Boot. Deshalb nützt es überhaupt nichts, wenn wir eine Debatte auf dem Niveau führen, wie wir es jetzt in den letzten Tagen hier gehabt haben. Solche Haushaltsdebatten langweilen mich als grünen Haushälter angesichts der Herausforderungen, denen sich unsere Gesellschaft ausgesetzt sieht.
In jedem Kommunalparlament irgendwo in der oberschwäbischen Provinz wird inzwischen quer durch die Fraktionen seriöser als hier über Ausgabendisziplinierung und die Notwendigkeit geredet, Schwerpunkte auf das zu legen, was zukunftsfähig ist.
Die Schwerpunkte der Investitionen der öffentlichen Haushalte müssen aus betriebswirtschaftlicher Sicht gesetzt werden. Wir müssen die Energiewende finanzieren, zum Beispiel - ganz banal gesprochen - Energiesparinvestitionen für öffentliche Gebäude fördern oder Anreize dafür geben, daß die Bevölkerung vorsorgende Investitionen tätigt, um künftige Kosten zu vermeiden. Von der Kraft-Wärme-Kopplung beispielsweise - das wissen Sie genau - würden die mittelständischen Betriebe der Installationswirtschaft profitieren. Sie zu fördern würde Arbeitsplätze schaffen. Das wäre nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch sinnvoll.
Ähnlich ist es, wenn Sie eine Verkehrswende angehen: Was nützen uns die schönsten Autobahnen, die schönsten Umgehungsstraßen, wenn damit nur mehr individueller Verkehr, ein höherer CO2Ausstoß, mehr Staus, ein größeres Chaos produziert werden und mehr Verkehrsopfer zu beklagen sind, während sinnvolle Investitionen in das Schienennetz dieser Republik verabsäumt werden? Sie fördern lieber eine Paralleltechnologie wie den Transrapid, die
Oswald Metzger
Investitionen in Höhe von -zig Milliarden bindet, statt sinnvollerweise ein Programm zur Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs aufzustellen.
Wir müssen der Tatsache Rechnung tragen, daß ein struktureller Mangel in dieser Gesellschaft auch in der zu hohen Steuer- und Abgabenquote liegt. Dies führt dazu, daß auch der Durchschnittsbürger in die Schattenwirtschaft gedrängt wird. Extrem viele Umsätze und damit potentielle Steuereinnahmen gehen am Staat vorbei, weil jeder Mensch - aus mir durchaus nachvollziehbaren Gründen - versucht, seine persönliche Steuerlast zu minimieren.
Also hilft doch nur eines: Machen wir Ernst mit der Ankündigung - diese Aufforderung geht auch an den kleinen Koalitionspartner F.D.P. -, Steuervergünstigungen und Subventionen abzubauen, um die nominelle Steuerbelastung tatsächlich reduzieren zu können. Nur so kann die Steuerbelastung eines Systems, das heute nur die Begüterten dieser Gesellschaft überdurchschnittlich begünstigt, in das richtige Lot gebracht werden.
Gehen wir diese Herkulesaufgabe einmal an, Kollege Weng, Kollegin Albowitz! Ihr wirtschaftspolitischer Sprecher Lambsdorff hat - nachdem er jetzt zwei Wochen zum Stillhalten vergattert war, weil die F.D.P. entgegen ihrer ursprünglichen Forderung beim Haushaltssicherungsgesetz eingeknickt ist - diese Woche das gleiche gefordert.
Wir müssen dieser Situation Rechnung tragen und die nominelle Steuerbelastung zurückfahren, aber um den Preis des Abbaus von Steuervergünstigungen und Subventionen.
Es geht natürlich auch um folgendes, Herr Finanzminister: Eine Regierung, die mit einer so knappen Mehrheit regiert, kann es sich offensichtlich nicht leisten und hat nicht die Kraft dazu, tatsächlich die Axt an liebgewonnene Gewohnheiten zu legen. Wir müssen diese Kraft aber aufbringen, weil wir sonst das Umsteuern nicht schaffen.
Genau das gleiche Problem gibt es im Bereich der Unternehmensteuern. Die Bundesrepublik Deutschland hat die höchsten nominalen Steuerquoten für Kapitalgesellschaften: im Westen - wo noch die Gewerbekapitalsteuer erhoben wird - von mehr als 60 Prozent,
im Osten noch von knapp 60 Prozent. Damit liegen wir knapp vor Japan. Ich weiß, Herr Schäuble, daß ich Ihnen das nicht zu sagen brauche. Ich sage das auch in Richtung der Sozialdemokraten.
Dieses Maß der nominalen Steuerbelastung hat dazu geführt, daß die großen Konzerne dieser Republik in den letzten Jahren systematisch ihre tatsächlich bezahlten Ertragsteuern reduzieren konnten. Auf Grund der weltweiten Verflechtung mittels Holdings und Beteiligungsgesellschaften ist es ihnen möglich, ihre Erträge im Ausland, wo die Ertragsteuern niedriger sind, zu versteuern. Dieses Problem führt dazu, daß selbst in Zeiten, in denen die Wirtschaft floriert, Erträge der Großbetriebe am deutschen Fiskus vorbeifließen. Dieses Problem müssen wir angehen. Das erkennen auch wir als Grüne.
Seriöse Wirtschafts- und Finanzpolitik verlangt solche Erkenntnisse.
Diese baren Selbstverständlichkeiten - sie sind für manche im Raum wahrscheinlich nur deshalb interessant, weil sie ein Grüner sagt - spreche ich an, weil wir Sparpotentiale realisieren und ein Umsteuern in dieser Gesellschaft erreichen wollen, das auf eine nachhaltige Finanz- und Haushaltspolitik hinausläuft.
Ich fühle mich nicht als häushälterischer Erbsenzähler, wie viele der Kolleginnen und Kollegen, manchmal auch der eigenen Fraktion, Haushälter bezeichnen,
sondern mir geht es darum, tatsächlich die Schieflage der öffentlichen Haushalte strukturell in eine andere Situation zu bringen. Wir brauchen Investitionsspielräume.
Wir müssen noch an einen anderen Bereich denken, nämlich den Ausgabenbereich des Staates. Der Staat soll tun, was des Staates ist, aber nicht alles an sich ziehen, weil der Staat nicht alles besser macht.
- Der Beifall kommt zu früh. Da sind Sie zu kurz gesprungen.
Allerdings ist Privatisierung als solche kein Allheilmittel, wie viele Beispiele zeigen. Wenn Sie nach dem Motto verfahren: Die guten Risiken des Staates werden privatisiert und die schlechten bleiben beim Staat hängen, verschlechtern Sie natürlich insgesamt die fiskalischen Rahmenbedingungen für den öffentlichen Haushalt.
Oswald Metzger
Die Haushälter wissen, daß das keine seriöse und nachhaltige Haushaltspolitik wäre.
Hier fiel gerade das Stichwort Tafelsilber. Herr Finanzminister, schauen Sie sich doch an, wie die Finanzplanung in den nächsten Jahren aussieht. Sie sind im September bei der Finanzplanung mit dem Anspruch angetreten, die Staatsquote zurückzuführen. Das Ziel ist okay. Das werden Sie aber auf Grund der Ausgangssituation mit der reduzierten Steuerschätzung jetzt nicht erreichen, weil die Finanzplanung Makulatur ist. Sie glauben doch selber nicht, daß Sie im Jahr 1999 mit 29 Milliarden DM Neuverschuldung auskommen, wie es jetzt in der Finanzplanung steht.
Für das Jahr 1996 haben Sie nach den Veränderungen, die der Regierungsentwurf seit September erfahren hat, allein rund 10 Milliarden DM Einmalerlöse. Stichwort: Verscherbelung des Tafelsilbers. Diese Einnahmen können Sie ab 1997 nicht wiederholen.
Sie werden auch nicht jedes Jahr, weil das ein reiner Buchungstrick ist, durch das Vorziehen der Mineralölsteuer 2,6 Milliarden DM auf der Habenseite des Bundeshaushalts einstellen können.
Hier fehlen Ihnen dann im Prinzip schon runde 13 Milliarden DM als Ausgangsbasis. Wenn Sie dann wirklich Ihre Nettoneuverschuldung ab 1997 unter 50 Milliarden DM fahren müßten, müßten Sie im Saldo nach meiner Rechnung schon über 20 Milliarden DM als Einnahmeverbesserung des Bundes erzielen. Das werden Sie nach menschlichem Ermessen nie und nimmer schaffen, weil auch das Steuerrecht selbst im nächsten Jahr ein großes Risiko birgt. Das wissen Sie so gut wie ich.
Durch das Auslaufen der hohen Sonderabschreibungen für den Osten ist möglicherweise zu erwarten, daß es ähnlich wie beim Auslaufen von Abschreibungsregelungen, zum Beispiel beim Kauf von Altbauwohnungen, nächstes Jahr eine Art Finish-Effekt gibt, daß Leute sich noch versorgen und ihre veranlagte Einkommensteuer und Körperschaftsteuer in den Keller fährt.
Vor dem Hintergrund, daß bisher nur ein Drittel der Steuerrückgänge konjunkturbedingt ist und die Wachstumserwartungen inzwischen nach unten korrigiert wurden, ist möglicherweise im nächsten Jahr der Anteil der konjunkturell bedingten Steuerausfälle höher als dieses Jahr. Der Basiseffekt der Steuerabzüge durch die Sonderabschreibungen Ost kommt dazu. Dann können wir hier gemeinsam das Kreuz schlagen, weil viele im Haus dann erst begreifen, daß die Finanzkrise der öffentlichen Haushalte kein Einmaleffekt und kein Zweimaleffekt ist, sondern in den nächsten Jahren dauerhaft die politische Debatte bestimmen wird.
Deshalb noch einmal mein Appell an alle in diesem Haus: Wer glaubt, vor dem Hintergrund der Verknappung der öffentlichen Mittel parteipolitisches Kapital aus der Debatte schlagen zu können, der täuscht sich. Jeder von uns in diesem Haus trägt, mit wenigen Ausnahmen, irgendwo auf Bundesländerebene Regierungsverantwortung; im kommunalen Bereich tun dies ohnehin ganz viele. Alle stehen vor der gleichen Aufgabe, und niemand ist bereit, um des Populismus willen tatsächlich entsprechende Antworten zu geben.
Wenn wir finanzpolitisch redlich argumentieren wollen, wie es der Haushaltsausschußvorsitzende Helmut Wieczorek gesagt hat, müssen wir uns an dem Punkt selbst ein Stück weit zurücknehmen und ein Stück Gemeinsamkeit in der Finanzpolitik als Basis der Lebensqualität einer Gesellschaft an den Tag legen.
Diese Gemeinsamkeit fordere ich ein. Sie verlangt aber, daß sich natürlich auch die Regierungskoalition ein Stück weit zurücknimmt. Deshalb hätte ich es gut gefunden, wenn sich die Haushälter der Koalitionsfraktionen in der vorletzten Woche eben nicht zu Jasagern entwickelt hätten, die innerhalb von wenigen Tagen die unseriösen Deckungsvorschläge des Finanzministers durchgewinkt hätten,
sondern gesagt hätten: Wir wollen ausreichende Beratungszeit. Eigentlich wäre die Zeit reif für eine Ergänzungsvorlage der Regierung. - Wir hätten dann eine seriöse Diskussion unter Beteiligung der Opposition gehabt und hätten vielleicht ein Ergebnis erreicht, das besser aussähe als das, was wir heute haben.
Vielen Dank.
Das Wort hat Kollege Dr. Wolfgang Weng.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Äußerungen des Kollegen Metzger sind in einigen Punkten sicher interessant und richtig. Aber an einer Stelle hat er sich ganz eklatant selber widersprochen. Das macht dann immer deutlich, daß es sehr leicht ist, aus der Oppositionsrolle heraus große Worte zu führen. Herr Kollege Metzger, eingangs Ihrer Rede haben Sie gesagt, über das, was in den Bundesländern los sei, sollten wir hier überhaupt nicht reden. Ausgangs
Dr. Wolfgang Weng
haben Sie gesagt, überall sei irgend jemand mit in der Verantwortung, und deswegen müsse über alles gesprochen werden. Dies paßt natürlich nicht zusammen.
Wir haben durch die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat, durch die Mehrheitsverhältnisse im Vermittlungsausschuß und durch die Pflicht des Bundes, bankrotte Länder zu sanieren, nämlich genau die Situation, daß schon über alles gesprochen werden muß, was in den einzelnen Gebietskörperschaften vor sich geht. Deswegen gibt es einen Stabilitätspakt aller Gebietskörperschaften.
Der SPD muß man vorhalten, daß sie, als Kollege Repnik von „sparsamster Haushaltspolitik" gesprochen hat, furchtbar gelacht hat. Meine Damen und Herren, die gleiche SPD hat an anderer Stelle immer vom „Kaputtsparen" geredet.
Entweder war es zuviel, oder es war zuwenig, aber es kann nicht beides gewesen sein. Sie machen sich mit solchem Verhalten lächerlich.
Bei der dritten Lesung des Bundeshaushalts läßt man natürlich auch die abgelaufene Woche einmal Revue passieren. Ich habe vor allem die Medien im Laufe dieser Woche sehr aufmerksam verfolgt, weil das, was sie darstellen, nachher die Öffentlichkeit zur Kenntnis erhält. Erwartungsgemäß hat die Strategie der SPD-Oppositionsfraktion und ihres Vorsitzenden vom Mittwoch bei der Debatte über den Kanzlerhaushalt interessante Medienreaktionen ausgelöst. Natürlich haben wie immer die SPD-nahen Berichterstatter einen großen Erfolg gefeiert, die eher konservativen von einem Schlag ins Wasser geredet. Das kennen wir schon. Für mich war aber interessant, wo und wie politisch neutrale Journalisten die Tatsache bewertet haben, daß Herr Scharping versucht hat, den Bundeskanzler auszusitzen - nach meinem Gefühl übrigens nicht intelligent.
Ich zitiere Gunter Hartwig aus der „Leonberger Kreiszeitung":
Kohl bot Grundsätzliches zu Europa, etwas Lyrik zur Wirtschaftspolitik und zum Schluß Bissiges. Scharping antwortete mit bekannten Vorwürfen und bohrender Klage über die Bilanz, zumindest verlor Scharping nicht weiter an Boden.
Meine Damen und Herren, wenn der Erfolg des Herausforderers sein soll, daß er nicht weiter an
Boden verliert, dann kann die Koalition ruhig und gelassen sein.
Ich meine, ein Herausforderer, der sitzen bleibt, hat versagt.
Haushaltsdebatte als Stunde der Opposition? Hier hat sich wieder einmal gezeigt, daß die SPD nicht einmal diese Rolle spielen kann.
Die Grünen wenigstens haben begriffen, daß der gemeinsame Auszug aller Oppositionsgruppierungen aus dem Haushaltsausschuß ein Schlag ins Wasser war,
und sind in der Plenarberatung in der zweiten Lesung in dieser Woche zur Sacharbeit zurückgekehrt.
Die Oppositionsfraktion SPD dagegen hat sich darin gefallen, sich zu allen Sachanträgen der Stimme zu enthalten und selbst keine Anträge zu stellen. Sie hat auch keine Alternativen aufgezeigt. Zwischen Grün-Rot und Knallrot eingekeilt, fällt der SPD nichts mehr ein.
Wer sich an den Beratungen nicht beteiligt, kann tatsächlich gleich zu Hause bleiben und das Oppositionsfeld räumen. Die SPD hat es freiwillig den Grünen überlassen.
Deren Oppositionsrolle bedeutet natürlich keine Regierungsfähigkeit. Zu Unterschiedliches und zu Gegensätzliches ist aus den grünen Reihen vorgetragen worden. Die Positionen gehen wild durcheinander.
Auch geschickte Verschleierung, Herr Kollege Metzger, kann nicht verdecken, daß man immer nur weitere Belastung der Bürger mit zusätzlichen Abgaben und Steuern im Auge hat. Wenn die Deckungsvorschläge, mit denen die Grünen ihre Mehrausgaben bestreiten wollten - auf sie hat Herr Metzger vorhin wieder hingewiesen, aber geschickt getarnt -, auf sogenannten Einnahmeverbesserungen beruhen, dann wird hier genau das gemacht, was wir nicht
Dr. Wolfgang Weng
wollen: Es werden bekannte sozialistische Rezepte herausgezogen.
Nicht Ausgaben sparen, sondern immer höhere Belastung der Bürger, das ist Forderung der Grünen.
Übrigens darf sich die Oppositionsrolle bei der Debatte über den Bundeshaushalt nicht in Klagen und Fragen erschöpfen. Wenn die Haushaltsdebatte Stunde der Opposition und der Herausforderung durch die Opposition sein soll, dann müßten von dort vorwärtsgerichtete Vorschläge kommen. Es ist aber in dieser Woche sehr deutlich geworden, daß sich die SPD am hintersten Ende des Fortschrittes bewegt. Sie keucht hinterher. Sie wird ja selbst durch die Vorschläge der erzkonservativen IG Metall überholt.
Die SPD entlarvt sich selbst, Herr Gewerkschaftsfunktionär, an vielen Stellen mit ihrem Parteitagsantrag, der in dieser Woche hier kursierte.
Lassen Sie mich ein kleines Beispiel nennen, weil kleine Beispiele oft für die große Dimension stehen. Seit langem hat die F.D.P. gefordert, auch den Privathaushalt als einen ganz normalen Arbeitsplatz zu ermöglichen.
Hierzu hat Frau Matthäus-Maier auf der Suche nach Kampfbegriffen die diffamierende Bezeichnung „Dienstmädchenprivileg" erfunden.
Jetzt schreibt die SPD in ihren Parteitagsantrag - wörtlich -:
Es sind Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß bei Dienstleistungen für private Haushalte gut bezahlte und sozial abgesicherte Arbeitsplätze entstehen.
Genau dies haben wir immer gefordert. Die Bezahlung wird sicherlich wie überall am Markt zwischen Angebot und Nachfrage durch die Tarifparteien entschieden, und sie wird durch die Tarifparteien geregelt. Die soziale Absicherung muß bei einem ordentlichen Arbeitsverhältnis wohl selbstverständlich sein.
Die totale Umkehr der SPD in Richtung Vernunft wäre zu loben. Aber das Ganze wird kaschiert, weil man nämlich über die Frage der steuerlichen Absetzbarkeit dieser Aufwendungen keinen Ton verliert, das heißt, wieder hinterherkeucht. Dafür kann es kein Lob geben.
Meine Damen und Herren, Haushaltsrecht ist Königsrecht des Parlaments.
Das Gesetz zum Bundeshaushalt ist ein wichtiges Gesetz. Ich habe keinen Zweifel, daß die Koalition diesen Haushalt heute in dritter Lesung mit klarer Mehrheit verabschieden wird.
Eine funktionierende Koalition beweist sich allerdings auch dadurch, daß sie weniger wichtige Vorhaben geschlossen bewältigt. Deswegen darf die Hängepartie in Sachen Flexibilisierung beim Ladenschluß nicht fortgesetzt werden.
- Die sehr unterschiedlichen Äußerungen von der linken Seite des Hauses lasse ich dahingestellt. Das kennen wir schon.
Hier braucht es eine schnelle Entscheidung der Unionsfraktionen.
Meine Damen und Herren Kollegen von der Union, wir alle blicken auf die anstehenden Wahlen im März, darunter auch die Landtagswahl in BadenWürttemberg. Dort stellt sich eine große Koalition nach vier Jahren kleiner Politik den Wählern.
Bei uns gibt es die Sorge, Herr Kollege Repnik, daß eine Hängepartie in Sachen Ladenschluß von einigen Politikern aus Ihren Reihen zu einer Doppelstrategie Anlaß sein könnte. Während in Bonn der gemeinsame Kompromiß, den auch viele von Ihnen wollen, auf die lange Bank geschoben wird, wirbt man vor Ort um Stimmen aus dem Einzelhandel gegen die F.D.P.
Jeder weiß, daß bei einem laufenden politischen Vorhaben immer viel Unruhe gegeben ist, daß aber nach Abschluß dieser Vorhaben üblicherweise alle Betroffenen sehen, daß das Ganze doch in Ordnung war und daß es Besserung gibt, und sie ihre Chancen erkennen, und dann wieder Ruhe einkehrt. Deswegen ist ein solches offenes Verfahren niemals wünschenswert.
Ich erinnere Sie, meine Damen und Herren Kollegen von der Union: Es war Ihr baden-württembergischer CDU-Kollege Haungs, der als erster öffentlich den Durchbruch verkündet hat.
Dr. Wolfgang Weng
Es war der baden-württembergische Vorsitzende Ihrer Fraktion, Dr. Schäuble, der bei dem gefundenen Kompromiß die Feder geführt hat.
Daß der Herr Bundeskanzler, der dieses Thema mehrfach als nicht ganz so wichtig bezeichnet hat, bei dieser Koalitionsberatung dabei war, zeigt auch unter dem Aspekt dessen, was vor zwei Jahren in gleicher Sache gewesen ist, daß er dieser Sache und diesem Verfahren doch ein besonderes Gewicht beimißt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Unionsfraktion, Sie sind jetzt in der Pflicht. Zeigen Sie Ihre Handlungsfähigkeit bei diesem uralten Thema jetzt schnell!
Wir brauchen Sie, und Sie brauchen uns.
Meine Damen und Herren, beim Stichwort Koalitionen habe ich immer die Karikatur aus einer Zeitschrift vor Augen, in der am Brunnenrand ein dicker häßlicher grüner Frosch mit dem Gesicht von Joseph Fischer neben einer Goldkugel sitzt,
und zwei Frauen bewegen sich auf diesen Brunnen hin, eine Frau im roten und eine Frau im schwarzen Kleid.
Jedes Kind weiß: Nur im Märchen wird der grüne Frosch zum Prinzen, wenn er geküßt wird. Das hat die SPD in den Bundesländern, in denen sie mit den Grünen koaliert, schon bitter erfahren müssen.
Deswegen mein Rat an die Union: Lassen Sie den häßlichen grünen Frosch ungeküßt! Halten Sie sich lieber an die goldene Kugel, die F.D.P.: klein, aber wertvoll!
Herr Bundesfinanzminister, Sie haben in dieser Woche darauf hingewiesen, daß die Dauer Ihrer Amtszeit die des Kollegen Stoltenberg überschritten hat. Heute nochmals herzlichen Glückwunsch dazu!
Aber Sie sind noch lange nicht aus der Pflicht, und das nächste Spiel ist bekanntlich das schwerste.
Im nächsten Jahr bleibt viel zu tun: Sie müssen den
Finanzplan in Ordnung bringen, das heißt, ohne
Erhöhung der Verschuldung die Rahmendaten einarbeiten. Das wird nicht einfach sein.
Bei Ihrem geplanten und mit Blick auf die europäische Währungsunion auch notwendigen nationalen Stabilitätspakt unterstützt die F.D.P. Sie vorbehaltlos, und die Opposition wird sich hier nicht verweigern können. Da ist das vom grünen Kollegen Metzger hier Gesagte sehr viel vernünftiger als das Geschrei der SPD.
Der Haushaltsvollzug im kommenden Jahr braucht Ihre ganze Kraft, Herr Minister Waigel. Mit der Durchführung der geplanten Privatisierungen sind Sie persönlich im Wort. Hierbei haben Sie uns an Ihrer Seite.
Zusätzlich haben Sie erklärt, 1998 einen ersten Schritt bei der Rückführung des Solidarzuschlags zu machen. Richten Sie sich ruhig schon einmal auf 1997 ein! Denn wenn dem Herrn Bundeskanzler das ständige Drängeln der Freien Demokraten zu dieser Steuersenkung lästig wird, wird er Ihnen sicherlich raten, diesen ersten Schritt schon für 1997 zu planen. Wenn dies politisch gewünscht wird, wird das auch möglich sein.
Darf ich Sie, Herr Minister Waigel, gerade weil ich in dieser Woche die Medien sehr sorgfältig verfolgt habe, heute hier auch als Vorsitzenden der CSU ansprechen: Ein Mitglied des Bundeskabinetts, das Ihrer Partei angehört, hat in dieser Woche öffentlich in Deutschlands auflagenstärkster Zeitung die Einführung des Mehrheitswahlrechts gefordert.
Das bedeutet bekanntlich eine Wahlrechtsmanipulation zugunsten der Großparteien.
Ich weiß nicht, ob ein Minister besonders gut beraten ist, gerade in der Woche, in der es mit dem Haushalt auch um sein Ministergehalt geht und er hier die Zustimmung der F.D.P. braucht, an einer solchen Stelle dem Partner den parlamentarischen Tod zu wünschen.
Ich stelle mir umgekehrt Ihr Gesicht vor, Herr Minister Waigel, wenn Frau Leutheusser-Schnarrenberger in der „Bild-Zeitung" den Vorschlag gemacht
Dr. Wolfgang Weng
hätte, Parteien nicht im Bundestag zuzulassen, die nur in einem einzigen Bundesland kandidieren.
Da wären Sie und Ihre Freunde sicherlich beleidigt, obwohl auch für eine solche Regelung eine gewisse Logik sprechen könnte.
Partnerschaftliche Zusammenarbeit in einer Koalition ist auch eine Frage der Atmosphäre. Sagen Sie Herrn Spranger, er solle sich lieber um die Entwicklung in fernen Ländern kümmern, anstatt hier in Deutschland Keile in die Koalition zu treiben.
Herr Minister Waigel, die SPD stellt einen Mißbilligungsantrag. Der Redner Ihrer Fraktion hat richtig dargelegt, daß hier der Falsche getroffen wird. Deswegen wird dieser Mißbilligungsantrag, der eigentlich gegenstandslos ist, von uns selbstverständlich abgelehnt.
Ihr Haus hat auf unseren Wunsch Daten geliefert, die in der Situation einer entstandenen Haushaltslücke eine Lösungsmöglichkeit boten. Diese gaben uns die Chance, mit den einzelnen Positionen, die, auf einem Blatt zusammengefaßt, zu dem Gesamtergebnis führten,
den Haushalt so zu verabschieden, wie wir es in zweiter Lesung getan haben und heute in dritter Lesung auch tun wollen. Die Verantwortung hierfür trägt die Mehrheit dieses Parlamentes, und die Mehrheit des Haushaltsausschusses, nachher in der Abstimmung. Verantwortung tragen nicht Sie, der Sie uns durch die Lieferung von Material geholfen haben und zur Seite getreten sind. Der Entschließungsantrag ist ohne jede Substanz.
Meine Damen und Herren, als Vertreter meiner Fraktion habe ich nach der umfangreichen, in diesem Jahr zum zweitenmal geleisteten Arbeit, den Mitarbeitern von Bundestag, Ministerien und Rechnungshof, den Kollegen im Ausschuß, vor allem natürlich dem Obmann Kollegen Adolf Roth von der Union und dem Ausschußvorsitzenden zu danken. Dem Ausschußvorsitzenden Helmut Wieczorek danke ich zusätzlich für die nichtparteipolitischen Äußerungen, die er hier gemacht hat. Es fällt immer etwas schwer, bei dem bunten Gemisch von parteipolitischen und allgemeinen Äußerungen an der richtigen Stelle zu applaudieren. Der Schlußapplaus unserer Fraktion betraf nur den Teil, der nicht parteipolitisch war. Ich bitte das dem Kollegen Wieczorek mitzuteilen, falls er wieder auftaucht.
Auch wenn die Sacharbeit zwangsläufig unter dem Zeitdruck etwas gelitten hat, wenn diese noch mehr durch das Verhalten der Opposition, sich zu verweigern, gelitten hat: Wir haben ein gutes Stück Arbeit geleistet.
Ich habe an dieser Stelle Beifall erwartet.
Deswegen nehme ich einen kleinen Schluck Wasser. Ich glaube auch, daß das ein richtiger Moment ist. Man kann sich ja nicht selber übertrieben loben, aber wenn man es selber nicht macht - das sagt der Finanzminister immer -, dann macht es am Ende gar keiner. Deswegen muß an dieser Stelle Entsprechendes in das Protokoll. Vielen Dank. Ich mache jetzt trotzdem mit meinen Ausführungen weiter; sonst kommt hier durchgängig 20 Minuten Applaus. Das können wir auch nicht haben.
Meine Damen und Herren, in schwieriger Haushaltssituation haben die Freien Demokraten Schwerpunkte gesetzt, die in Deutschland zur Standortverbesserung und damit auch zur Verbesserung auf dem Arbeitsmarkt beitragen sollen. Arbeitsplätze im Hochtechnologiebereich zum Beispiel entstehen nur bei konkreten Projekten, wie etwa dem Transrapid. Sie entstehen nicht durch blumige Worte, wie wir sie von der Opposition hören, die sich, wenn es ernst wird, immer verweigert. Nur hochqualifizierte Produktion in Deutschland - das wird Ihnen am Parteitag Herr Schröder, der etwas dazugelernt hat, aber prompt in das Parteiloch fiel, erzählen - kann die Voraussetzungen für die Lebensqualität der Bürger, für Arbeitsplätze und vor allem auch für zusätzliche Arbeitsplätze im Dienstleistungsbereich schaffen.
Bei Verbesserungen des Standorts, wenn es darum geht, die Gewerbekapitalsteuer aufzuheben, die Gewerbesteuer zu senken, verweigert sich die SPD. Bei der Forderung nach massiver Erhöhung der Erbschaftsteuer - wenn Menschen sparen und ihr Erspartes dann nicht selbst verbrauchen, sondern weitergeben wollen - zeigt s ch das wahre Gesicht der Sozialdemokraten: abkassieren, immer nur abkassieren!
Mit der Förderung von Mittelstand und Kultur, mit Signalen in der Umweltpolitik, auch mit einem Bremsen bei Verteidigungsausgaben haben wir von der F.D.P. Schwerpunkte bei der Parlamentsarbeit gesetzt. Wo Erhöhungen der Ausgaben notwendig waren, haben wir darauf geachtet, daß Investitionen berücksichtigt wurden. Unser Augenmerk liegt auf Rückführung der Verschuldung, vor allem mit Blick auf die Zukunftschancen der heranwachsenden Generation. Unser Augenmerk liegt auf Wahrung der Stabilität unserer Währung in Deutschland wie auch zukünftig in Europa. Wir wollen, daß sich sparsame Bürger auf staatliche Solidität verlassen können.
Dr. Wolfgang Weng
Der Haushalt 1996 flankiert die von der Bundesregierung angekündigte Initiative zur Schaffung weiterer zusätzlicher Arbeitsplätze. Hierauf, auf die Verringerung der Arbeitslosigkeit, richtet sich all unser Bemühen.
Die Bundestagsfraktion der F.D.P. stimmt dem Bundeshaushalt für das Jahr 1996 auch in dritter und letzter Lesung zu.
- Joseph Fischer, Frankfurt, ist völlig überrascht.
Frau Kollegin Professor Luft, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Aus dem Debattenverlauf in dieser Woche ist unmißverständlich klargeworden, daß wir von der Partei des Demokratischen Sozialismus den Haushalt 1996, wie er vorgelegt worden ist, in Gänze ablehnen, und dies nicht, weil Opposition gemeinhin so verfährt oder weil wir nicht den einen oder den anderen Ausgaben- oder Einnahmenänderungsantrag hätten mittragen können.
Wir lehnen dieses Papier erstens ab, weil es sich inzwischen um Makulatur handelt, weil dieses Opus mit einem spitzen Bleistift zurechtgerechnet worden ist, weil es Haushaltsrisiken in Fülle enthält und weil die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes unverantwortlich hinters Licht geführt werden. Ein Mißbilligungsantrag gegenüber dem Finanzminister ist wohl das Gelindeste, was man in dieser Debatte fordern kann.
Zweitens lehnen wir diese Vorlage ab, weil aus jedem Einzelplan und aus dem Gesamtpaket eine kurzatmige Politik lugt. Sie hangeln sich doch, Herr Finanzminister - er ist im Moment nicht da -,
von Jahr zu Jahr. Die optimistischen Daten, die Sie in Ihrer mittelfristigen Finanzplanung gegeben haben, sind im Haushaltsvollzug nie eingehalten worden. Vor drei Jahren haben Sie für das kommende Jahr 1996 eine Neuverschuldung von nur 22 Milliarden DM versprochen. Inzwischen wird sie dreimal so hoch sein. Sie nennen das eine Punktlandung.
Für 1999 haben Sie den Bürgerinnen und Bürgern nun 29 Milliarden DM Neuverschuldung versprochen. Ob Ende des Jahrhunderts eine Multiplikation mit dem Faktor drei ausreichend sein wird, das wage ich sehr zu bezweifeln. Das wird wahrscheinlich wieder eine Landung auf dem Punkt; aber ich fürchte, dieser Punkt wird die Größe eines Bombentrichters haben.
Drittens sagen wir nein, weil auch mit diesem Etatentwurf keinerlei Zukunftsvorsorge getroffen wird. Sie laborieren doch noch immer an den Auswirkungen Ihrer fehlerhaften Politik von gestern.
- Jawohl, das sind Folgen Ihrer Politik in den 80er Jahren. Darauf komme ich noch zurück.
Die Krebsgeschwüre am Körper dieser Gesellschaft, nämlich Massenarbeitslosigkeit, Ausbildungsnotstand, Hochschulmisere, Altersarmut - insbesondere bei Frauen - und Defizite an bezahlbaren Wohnungen, wuchern nach wie vor. Allein in Berlin - wenn ich Ihnen das sagen darf; dort gibt es ja einen Regierenden Bürgermeister von der CDU - gibt es ein Manko von 200 000 Wohnungen für Menschen mit mittlerem und niedrigem Einkommen. Ich frage Sie: Wie wollen Sie diesen Menschen die Zukunftsangst nehmen? Ob Sie das nun mit oder ohne Eurogeld machen, spielt für sie keine Rolle.
Ein Wort an meine Ausschußkolleginnen und -kollegen von der Koalition. Sie haben die Opposition und damit auch die PDS-Vertreter dafür gerügt, daß sie die Ausschußberatungen verlassen haben.
Aber ich frage Sie: Welche Basis hatten Sie denn eigentlich für eine weitere Sachmitarbeit gelegt, Herr Weng und Herr Roth? Wochenlang haben Sie jede Erbse aus einem Oppositionsantrag dreimal gezählt und dann doch weggeworfen.
Als dann aber der Finanzminister plötzlich innerhalb von Minuten einen unverdaulichen, 20 Milliarden DM schweren Gesteinsbrocken präsentierte, waren Sie nicht einmal schockiert, sondern sie wiegelten ab. Dies trifft meiner Meinung nach vor allen Dingen für die Kolleginnen und Kollegen von der F.D.P. zu, die immer heimlich die Faust in der Tasche machen, aber sie öffentlich nicht auf den Tisch hauen.
Das sind schon böse Erfahrungen, die man macht.
Der Ausschußvorsitzende hat in den oft hochschlagenden Wellen - zumindest in der letzten Phase schlugen sie besonders hoch - äußerlich wie ein Fels in der Brandung gewirkt, und er war um Begrenzung der atmosphärischen Schäden sehr bemüht. Dafür gebührt ihm der Respekt, den ich ihm namens der PDS-Vertreterinnen und -Vertreter im Haushaltsausschuß gern zolle.
Wie aber können Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, dem Finanzminister den plötzlichen Steueroffenbarungseid so widerspruchslos abnehmen?
Dr. Christa Luft
- Hören Sie doch einmal zu. Das ist es doch, was in diesem Parlament wenigstens möglich sein sollte. Jeder sollte unabhängig von der politischen Farbe seiner Partei seine Meinung sagen können.
Sie können sich doch nicht mit den honorigen Leuten herausreden, die die Steuerschätzungen zu verantworten haben. Soll der Finanzminister doch in den erlauchten Kreis dieser Schätzer auch Experten aufnehmen, die nicht blind den Selbstheilungskräften des Marktes frönen. Aber eine Kontraposition, ein rechtzeitiger Widerspruch ist ihm und offenbar auch Ihnen von der Koalition nicht genehm.
Es kam nicht nur von den Steuerschätzern, sondern auch von der Regierung bis kurz vor Toresschluß nichts als Gesundbeterei. Ich könnte Ihnen die Antworten zitieren, die uns Herr Minister Rexrodt auf Kleine Anfragen gegeben hat, in denen es immer hieß, die Bundesrepublik erfreue sich eines expansiven Wachstumskurses. Das war noch bis Ende September schriftlich von Ihnen zu bekommen.
Der Finanzminister sonnte sich gar bis Anfang Oktober - vor allem im Ausland - im Glorienschein des erfolgreichen Haushaltssanierers. Ich frage Sie: Was hat Trickserei auf der Einnahmenseite mit Haushaltssanierung zu tun?
Von der sozialen und fiskalischen Wahnsinnsidee, 44 000 Wohnungen innerhalb eines Jahres privatisieren zu wollen, war hier schon die Rede. Aber wir wollen doch nicht übersehen, daß das Wohnungen waren, die mit öffentlichen Geldern gebaut wurden, und zwar für sozial Schwache. Jetzt sollen Private daran verdienen. Das nenne ich ein Vergehen am Steuerzahler.
Sie stilisieren die Privatisierung von Bundesvermögen zu einer ordnungspolitischen Tugend. Es ist nichts dagegen zu sagen, daß man die Privatisierung dort, wo sie vernünftig ist, machen muß. Aber Sie stilisieren sie zu einer ordnungspolitischen Tugend. Wenn Sie wenigstens zugeben würden, daß Sie sich mit Ihrer Politik in ein Finanzloch manövriert haben und jetzt nach jedem Strohhalm greifen, ob er sich eignet oder nicht.
Sie schlachten die Henne, nur um an das Ei zu kommen, bevor es gelegt wurde. Das muß man einmal öffentlich sagen.
Für einen kurzfristigen Einmaleffekt opfern Sie einen dauerhaften Vorteil, nämlich die Quelle, mit der die öffentliche Hand ihren grundgesetzlichen Pflichten zum Leistungsangebot für die Allgemeinheit zu günstigen Bedingungen nachkommen kann.
Was werden Sie, Herr Roth, Herr Weng und Herr Finanzminister Waigel, künftigen Generationen noch an öffentlichem Vermögen und damit an Rückhalt und als Sicherheitspolster hinterlassen? Sie haben das in Ihrer Regierungszeit noch vorgefunden. Sie haben das öffentliche Vermögen in Ihrer Regierungszeit so gut wie verschwinden lassen.
Schuldenberge türmen sich auf. Obwohl Sie besonders in den 80er Jahren munter privatisiert haben, ist die öffentliche Verschuldung laufend gestiegen. Das nenne ich eine Versündigung an den Kindern und Enkeln, denen Sie die Erblast verfehlter Finanz- und Wirtschaftspolitik hinterlassen.
Sie sind nicht einmal dem Rat Ihrer Großmütter gefolgt, die sicherlich wie auch meine gesagt haben: Spare in der Zeit, dann hast du in der Not.
Sie haben in den 80er Jahren konjunkturell günstige Entwicklungen gehabt. Sie haben die 80er Jahre nicht genutzt. Herr Buwitt, Sie müssen das zugeben.
- Ich rede nicht von der Zeit ab 1989. Ich rede von den Jahren davor. - Sie haben die 80er Jahre nicht genutzt, um auch nur eine einzige Mark, die Sie aus Privatisierungserlösen erhalten haben, zu nehmen, um die nationale Bürde abzubauen.
Ich komme zu den haushaltspolitischen Inkonsequenzen der Regierung und der Koalitionsabgeordneten. Sie sagen: Das Haushaltsgesetz schreibt vor, das, was für das kommende Jahr an Ausgaben vorauszusehen ist, muß auch etatisiert werden. Das haben Sie bei den Diäten getan.
Darf ich das Faktum, daß Sie im Etat 1996 für die Beseitigung der Strafelemente im Rentenrecht und für die Behebung der Überführungslücken im Rentenüberleitungsgesetz keine einzige Mark bisher vorgesehen haben, als Signal dafür nehmen, daß Sie entgegen ihren öffentlichen Ankündigungen keinen Handlungsbedarf mehr sehen?
Dann, meine Damen und Herren von der Koalition und von der Regierung, müssen Sie das aber der Öffentlichkeit auch ganz deutlich mitteilen.
Noch ein Faktum. Sie haben gestern, vorgestern und auch heute den IG Metall-Chef Zwickel für seine Vorschläge, die er unterbreitet hat, gelobt. Dann kann ich aber nicht verstehen, wie Sie heute nachmittag noch über die Reform - oder besser gesagt: über die Kürzung - der Arbeitslosenhilfe reden wollen. Sie schaffen ja damit vom Parlament aus schon wieder Fakten, bevor Sie überhaupt mit Herrn Zwickel über sein Angebot diskutiert haben. Das ist doch unredlich!
Dr. Christa Luit
Wir sind in einem Punkt mit den Koalitions- und mit den Oppositionsparteien kaum auseinander. Wir meinen auch, die Nettokreditaufnahme hat einen Pegel erreicht, dessen Überschreitung einen nicht kaltlassen darf; dies aber nicht wegen der rechtzeitigen Erreichung der Maastricht-Kriterien, wie es des Finanzministers Ehrgeiz ist, sondern um den gegenwärtigen Lohnsteuerzahlern und den künftigen Generationen nicht den Atem abzuschnüren und um endlich wieder die finanzpolitischen Spielräume für soziale Projekte auszudehnen.
Wir haben uns daher - ich hoffe, das haben Sie bemerkt - in der zweiten Lesung auf die arbeitsmarktpolitischen, bildungspolitischen und wohnungspolitischen Anträge konzentriert, die nach unseren Vorstellungen gegenfinanzierbar sind. Natürlich sind unsere gesellschaftspolitischen Schwerpunkte andere als Ihre, aber den PopulismusVorwurf können Sie sich endlich ersparen.
In der energischen Rückführung der öffentlichen Schuldenlast, dieser ungeheuren Bürde, sollten alle Parteien eine Aufgabe von nationalem Rang sehen. Diese Lösung läßt sich allerdings nicht herbeiführen, indem man nur weiter Tafelsilber verkauft oder indem man sich kaputtspart. Sie müssen endlich dort anpacken, wo die Chancen für die Überwindung der Misere liegen. Agieren Sie doch in der Regierung nicht weiter auf Nebenschauplätzen: Ladenschlußgesetz, die Kürzung der Arbeitslosenhilfe, jetzt das Neueste: die Schaffung von 500 000 Arbeitsplätzen über subventionierte Dienstleistungschecks für Leihkräfte in privaten Haushalten. Das führt doch aus der Sackgasse nicht heraus.
Wenn dieses Hecheln von Jahr zu Jahr nicht anhalten soll, dann müssen Sie sich bequemen, endlich Einnahmequellen zu nutzen, die Sie bisher geschont oder arrogant verweigert haben. Bekämpfen Sie die Steuerhinterziehung! Allein eine 10prozentige Eindämmung dieses Betrugs könnte noch im Jahre 1996 15 Milliarden DM zusätzliche Einnahmen bringen. Eine solche 10prozentige Kürzung werden Sie sich ja wohl wenigstens zutrauen.
Dies wäre übrigens auch ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für Tausende von Finanzbeamten.
Verlängern Sie die Verjährungsfristen für Finanzdelikte im gewerblichen Bereich, beispielsweise auf 15 Jahre. Holen Sie die zweistelligen Milliardenbeträge zurück, um die westdeutsche Geldinstitute den Bund und damit den west- und ostdeutschen Steuerzahler beim Verkauf der DDR-Banken geprellt haben.
Die altbundesdeutschen Geldinstitute haben die DDR-Schulden, von denen man abschätzig sagt, sie seien ja nur in Aluchips gemacht, inzwischen versilbert und vergoldet.
Gehen Sie endlich mit dem DDR-Vermögen, das dem Bund gehört, so um, daß es Nutzen abwirft und nicht weiter vor sich hinmodert wie große Teile des Auslandsvermögens.
Setzen Sie eine Expertenkommission ein, die das Für und Wider der Besteuerung spekulativer Börsenumsätze kritisch durchleuchtet, anstatt diese Idee von vornherein in den Papierkorb zu werfen. Warum ergreift der Finanzminister, der sich international auf jeder Bühne gerne feiern läßt, nicht die Initiative, um dieses Thema ebenfalls auf die internationale Bühne zu bringen?
Wenn die Bundesrepublik Deutschland, wenn die Bundesregierung, wenn die Koalitionsabgeordneten endlich das gleiche Tempo wie bei der Änderung von Gesetzen zur Absenkung sozialer Leistungen auch bei der Mittelumschichtung bzw. der Schaffung gesetzlicher Grundlagen für die Erhöhung der Steuereinnahmen an den Tag legen würden, dann könnten bereits im Laufe des Jahres 1996 erhebliche beschäftigungspolitische Wirkungen erzielt werden.
Ich danke Ihnen.
Für die Bundesregierung hat jetzt Herr Minister Dr. Waigel das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am Dienstag hatten wir noch die Hoffnung, die Opposition werde sich auf ihre gesamtstaatliche Verantwortung besinnen und zu einer sachorientierten Diskussion zurückkehren.
Im Lichte des Leitantrags für Ihren Parteitag waren wir immerhin mit bescheidenen Hoffnungen davon ausgegangen, bei dieser Debatte konstruktive Vorschläge von der Opposition zu hören.
Diese Haushaltswoche hat statt dessen einmal mehr bestätigt: Sie haben kein Konzept, sondern nur Polemik angeboten.
Sie erweisen sich als unfähig, dringende Zukunftsprobleme des Standorts Deutschland mit einer modernen Wirtschafts- und Finanzpolitik anzugehen. Die Diskussion in dieser Woche hat wieder einmal bewiesen: Zur Finanzpolitik dieser Koalition gibt es keine Alternative.
Zu Ihnen, Herr Wieczorek, auch als Vorsitzender des Haushaltsausschusses: Ich habe am 29. September keine neuen Eckdaten, sondern Annahmen und Schätzungen von mir gegeben. Der SPD und Ihnen standen die gleichen Informationen zur Verfü-
Bundesminister Dr. Theodor Waigel
gung. Sie wissen, daß es ein sehr offener, transparenter Prozeß ist, wie sich die Steuereinnahmen von Monat zu Monat entwickeln.
Nichts von der Beratung des Haushaltsausschusses ist durch diese neue Einschätzung überflüssig geworden. Sie tun manchmal so, als hätten Sie wochenlang vergeblich über die anderen Dinge beraten. Nichts ist davon überflüssig oder Makulatur geworden.
Was nun meine Tischvorlage anbelangt, so kann ich nur sagen: Wenn Sie künftig so etwas nicht mehr wollen, dann machen wir das nicht mehr. Es gab bloß bei Ihnen keine Nachfragen zu den Themen, die wir angesprochen haben,
weil Sie das Spektakel wollten und nicht die Diskussion, nicht die Information, nicht die Aufklärung.
Herr Kollege Wieczorek, Sie haben sehr oft das Wort „unredlich" verwandt. Ich weiß nicht, ob Sie schon 1981 dem Haushaltsausschuß angehörten.
- Dann müßten Sie sich noch sehr genau daran erinnern, daß Sie damals ohne Ergänzungsvorlage nur durch eine mündliche Unterrichtung den Haushalt in der Bereinigungssitzung entsprechend angepaßt haben.
War dies dann unredlich?
- Ach so, das war unredlich. Warum haben Sie sich denn damals nicht geäußert, daß dies unredlich ist? Wenn 1981 etwas unredlich war, dann mußte man sich damals schon dazu äußern. Dann hat man auch das Recht, das gleiche ein paar Jahre später zu sagen. Aber Sie dürfen nicht jetzt damit kommen, wenn Sie damals geschwiegen haben.
Trotzdem, Kollege Wieczorek, möchte ich als Bundesfinanzminister Ihnen für Ihre faire, überparteiliche und kluge Leitung des Haushaltsausschusses danken.
Herr Kollege Metzger, Sie haben recht: Wir haben noch weiteren Konsolidierungsbedarf. Die Konsolidierung ist nicht zu Ende, sondern sie muß fortgesetzt werden. Sie beginnt aber auch nicht erst; denn zwei Drittel der Lasten der deutschen Einheit sind über Umschichtungen und über Einsparungen bisher schon finanziert worden. Aber der Prozeß muß weitergehen.
Allerdings, Herr Kollege Metzger: Treiben Sie Ihre Annäherung an die Finanzpolitik der Regierung nicht zu weit! Sie wissen sehr wohl, daß das sonst für Sie und für mich erhebliche Probleme mit sich bringen könnte.
Herr Kollege Weng, Sie haben mich zum Thema Mehrheitswahlrecht ganz persönlich angesprochen. Ich will dem Thema auch hier nicht ausweichen. Es ist ein Vorschlag, den der SPD-Abgeordnete Penner gemacht hat.
1966 hat einen solchen Vorschlag Herbert Wehner zusammen mit anderen gemacht. Unser Bedarf an Diskussion zu diesem Thema ist seitdem erschöpft.
Ich hoffe, daß wir alle uns darüber im klaren sind.
Völlig unverständlich und widersprüchlich sind die Ausführungen des SPD-Fraktions- und -Parteivorsitzenden Scharping, was Maastricht und die Kriterien anbelangt. Wir sind seit Monaten mit unseren Partnern im Gespräch. Ich habe am 30. September beim informellen Ecofin in Valencia noch einmal einen Vorschlag gemacht, wie sich die Länder, die die dritte Stufe erreichen, dann finanzpolitisch verhalten sollten, um auf die Dauer ein Funktionieren einer Wirtschafts- und Währungsunion erreichen zu können.
Diese Vorschläge von uns sind auf großes Interesse und auf Zustimmung der Partner gestoßen. Sie enthalten keine Vertragsänderung und keine Nachverhandlungen, damit darüber Klarheit besteht. Ein SPD-Abgeordneter im Europäischen Parlament hat zu Recht festgestellt: Mit der Kritik am Vertrag stehen die Vertragstreue der Bundesrepublik und die Verläßlichkeit der deutschen Sozialdemokraten auf dem Spiel.
Ich darf die Kernelemente unseres Vorschlags noch einmal nennen: 3 Prozent Defizit sind die absolute Obergrenze, auch in wirtschaftlich ungünstigen Zeiten. 1 Prozent Defizit ist das mittelfristige Ziel für die wirtschaftliche Normallage. Abweichungen davon sind nur mit Zustimmung der Partner und in extremen Ausnahme- und Notfällen möglich. Die Teilnehmer der dritten Stufe gründen einen Stabilitätsrat, der über die Koordination der nationalen Finanzpolitiken berät.
Beim Überschreiten des 3-Prozent-Defizits - das ist auch wichtig - treten automatisch Sanktionen in Kraft. Der betroffene Mitgliedstaat in der dritten Stufe hat - das ist ein Vorschlag - pro angefangenen Punkt Defizitüberschreitung 0,25 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts als Stabilitätseinlage abzuführen. Werden die 3 Prozent wieder unterschritten, wird die Einlage zurückgezahlt. Ist das Defizitziel nach zwei Jahren weiterhin verfehlt, wird die Stabilitätseinlage in eine Geldbuße umgewandelt und in den EU-Haushalt eingestellt.
Das sind, so meine ich, wirksame und schnell wirkende Mechanismen, mit denen die Eingangskrite-
Bundesminister Dr. Theodor Waigel
rien nicht verändert, erschwert oder erleichtert werden, sondern mit denen sehr wohl weiterführende, auf Dauer ausgerichtete Merkmale und Möglichkeiten angeboten werden, die die Länder, die die dritte Stufe erreichen, unter sich vereinbaren sollten.
Wir haben diese Fragen bilateral mit allen unseren Partnern und natürlich auch im Rat besprochen, und wir werden das weiter tun. Unser Ziel ist es, ein hohes Maß an Gemeinsamkeit zu erreichen. Unser Ziel ist es, damit Akzeptanz in allen Ländern, auch bei uns, zu erreichen. Und unser Ziel ist es, damit Akzeptanz auf den Finanzmärkten zu erreichen - das ist auch erfolgreich -, um Turbulenzen auszuschließen, die sonst denkbar wären.
Meine Damen und Herren, die Erfahrungen von 40 Jahren zeigen: Die harte Mark hat dazu beigetragen, Investitionen und Innovationen immer wieder anzukurbeln, Importpreise günstig zu halten. Davon haben wir letztlich profitiert.
Wenn man mir vorwirft, wenn ich auf die harten Kriterien und ihre strikte Einhaltung hinweise, ich hätte Deutschland damit volkswirtschaftlichen Schaden zugefügt,
dann, meine Damen und Herren, stellt sich die Frage: Will jemand eine Aufweichung? Will jemand eine weichere Mark? Meint jemand, mit Subventionswettlauf und Abwertungswettlauf könnten wir die Fragen der Zukunft lösen? - Doch ganz sicher nicht.
Meine Damen und Herren, nun noch einige Anmerkungen zum Haushalt 1996. Die Einbeziehung der Steuerausfälle in den Haushalt 1996 ist nach einem absolut normalen und durch die Bundeshaushaltsordnung jederzeit gedeckten Verfahren in der Souveränität des Haushaltsausschusses abgelaufen.
Ich habe zu den lange anstehenden Privatisierungen schon Stellung bezogen. Ich erinnere nur daran, daß der Bericht zur Privatisierung der Postbank im Haushaltsausschuß vorlag.
Ein Ergänzungshaushalt ist weder notwendig noch geboten. Gerade die Bereinigungsvorlage dient dazu, Verzögerungen bei der Haushaltsaufstellung zu vermeiden. Jede Verzögerung stört das Vertrauen der Märkte, behindert die Kapitalbildung und damit die Investitionen in Ost und West.
Ihnen von der Opposition ist es doch nicht darum gegangen, ein anderes Haushaltsverfahren zu erreichen. Was Sie wollen, ist Unruhe. Was Sie wollen, ist Unsicherheit. Was Sie wollen, ist, aus der Unsicherheit Kapital zu schlagen. Damit, meine Damen und Herren, haben Sie bei uns aber keinen Erfolg!
Was haben Sie in den letzten Jahren nicht alles für „Löcher" beschworen und sind selber hineingefallen!
Seit 1989 haben wir in jedem Jahr die veranschlagte Neuverschuldung unterschritten: 1989 um rund 9 Milliarden DM, 1990 um rund 20 Milliarden DM, 1991 um rund 10 Milliarden DM, 1992 um rund 2 Milliarden DM, 1993 um rund 1,5 Milliarden DM und 1994 um rund 19 Milliarden DM. Seit 1989 hat der Bund also 60 Milliarden DM weniger Schulden gemacht als geplant.
Die Ausgaben des Haushalts 1996 sinken im Vergleich zum Haushalt 1995, bereinigt um die Systemumstellung beim Kindergeld. Hier schlägt sich das Ergebnis unserer Sparanstrengungen in Mark und Pfennig nieder.
Sie, Frau Matthäus-Maier, wollen eine Hochrechnung auf das Ist-Ergebnis des Jahres 1995 mit dem Ausgaben-Soll für 1996 vergleichen. Das ist absolut unzulässig; denn dann hätten wir Monat für Monat eine andere Steigerungsrate. Das Ergebnis der Einsparungsbemühungen wird eindeutig durch den Vergleich von Soll zu Soll dokumentiert.
Wenn Sie, Frau Kollegin, anschließend wieder mit altbekannten Themen Ihre Philippika anstimmen, dann gönne ich Ihnen das heuer. Das dürfen Sie tun. Sobald die Resozialisierungsphase des Ministerpräsidenten Schröder in der SPD abgeschlossen ist, werden wieder die Troikaner kommen. Dann müssen Sie in das zweite Glied zurücktreten.
Meine Damen und Herren, auch wenn wir die geplanten mit den tatsächlichen Ausgaben seit 1989 vergleichen, zeigt sich ein günstiges Bild: 1989 betrug die Minderausgabe 1,5 Milliarden DM, 1990 16 Milliarden DM und 1991 8,5 Milliarden DM. 1992 gab es Mehrausgaben in Höhe von 2 Milliarden DM. 1993 gab es eine Minderausgabe von 0,5 Milliarden DM und 1994 von 9 Milliarden DM. Die Minderausgaben in den Jahren von 1990 bis 1994 betragen insgesamt rund 34 Milliarden DM.
Meine Damen und Herren, das Investitionsvolumen übersteigt um etwa 5,5 Milliarden DM klar die Investitionen des Jahres 1994. Der Anteil der Investitionen an den Gesamtausgaben wird auch 1996 mit 14,8 Prozent deutlich über dem Stand des Jahres 1989 mit 13,5 Prozent liegen. Wir haben also eine hohe Investitionsquote, und das ist für das Wachstum in Deutschland gut.
Auch weiterhin fließt ein überproportionaler Teil der Investitionsausgaben in die neuen Länder.
Meine Damen und Herren, noch ein Wort zu den Subventionen. Der Konsolidierungskurs des Bundes wird auch bei den Subventionen und Finanzhilfen fortgesetzt. Zwar steigen die Finanzhilfen im Jahre
Bundesminister Dr. Theodor Waigel
1996 wegen der Kohleverstromung gegenüber 1995 an. Bereits jetzt hätten wir ohne die Übernahme der Kohlelasten in den Bundeshaushalt insgesamt einen Rückgang bei den Subventionen zu registrieren, der insbesondere in den alten Ländern sehr deutlich ausfiele.
Die Erfolge des Subventionsabbaus lassen sich leicht an einer Relation ablesen: Während die Summe der Finanzhilfen und Steuervergünstigungen des Bundes 1980 noch 1,7 Prozent des Bruttosozialproduktes ausmachten, betrug dieser Anteil im Jahre 1989 1,3 Prozent und liegt 1996 bei rund 1,2 Prozent. Er würde noch um 0,2 Prozent sinken, wenn wir die Verstromungshilfen herausrechneten.
Es bleibt dabei: Der Subventionsabbau muß vorangebracht werden.
Steuergelder dürfen nicht dafür verwendet werden, überkommene wirtschaftliche Strukturen auf Dauer zu subventionieren und damit den Strukturwandel hin zu einer modernen, international konkurrenzfähigen Wirtschaft zu bremsen.
Zu dem Punkt haben Sie doch in den letzten Jahren überhaupt nichts beigetragen.
Meine Damen und Herren, in verschiedenen Debattenbeiträgen ist behauptet worden, die Hauptlast der Konsolidierung im Bundeshaushalt fiele auf die neuen Länder. Zunächst einmal: Rund ein Drittel der Zinslasten, die wir 1996 zu bewältigen haben, sind Zinserstattungen für den Erblastentilgungsfonds und den Fonds „Deutsche Einheit". Sie stehen damit in unmittelbarem Zusammenhang mit der Wiedervereinigung.
1996 werden rund 97 Milliarden DM aus dem Bundeshaushalt nach Ostdeutschland fließen. Zusätzlich trägt der Bund im Rahmen des neu geregelten Finanzausgleichs mit rund 36 Milliarden DM zur Sicherung der Finanzausstattung der neuen Länder bei. Mit diesen rund 133 Milliarden DM liegen wir deutlich über dem Transferniveau der Jahre 1991 bis 1994. Das gilt auch für den Nettotransfer.
Meine Damen und Herren, auf Grund der erfreulichen wirtschaftlichen Entwicklung in den neuen Ländern werden die Aufwendungen zum Beispiel im Bereich des Arbeitsmarktes zurückgehen, und das ist positiv.
Noch ein Wort zum Sozialbudget. Wenn man immer wieder von Sozialabbau, Kahlschlag und ähnlichen Dingen spricht, so muß ich sagen, daß zwischen 1990 und 1995 die Sozialausgaben des Bundes von 103 Milliarden DM auf 175 Milliarden DM stiegen. Ihr Anteil am Bundeshaushalt stieg von 27 auf fast 37 Prozent. Die gesamten Sozialausgaben in Deutschland stiegen gleichzeitig von knapp 800 Milliarden DM auf über 1 100 Milliarden DM, das heißt, von 29 auf 31 Prozent des Bruttosozialproduktes. Dies ist und bleibt ein Sozialstaat, nämlich der Sozialstaat Deutschland, und er geht auf unsere Leistungen zurück.
Ein Wort zur Steuerschätzung. In der Wochenzeitschrift „Die Woche" hat sich der beteiligte Steuerschätzer des Ifo-Institutes Josef Körner zu Prognosefehlern geäußert. Zur Erhellung darf ich Ihnen vorlesen:
26 Milliarden DM sind viel Geld, aber nur 3 Prozent des Steueraufkommens. Eine Fehlermarge von 2 Prozent ist normal.
Und weiter:
Prognosen bei Einkommen- und Körperschaftsteuer sind dagegen recht schwierig ...
Auf die Frage: „Was kann man verbessern?" gibt Körner eine klare Antwort: „Unsere Arbeit gerechter beurteilen. "
Wenn Ihnen etwas nicht paßt, dann fragen Sie einmal, warum uns die Mehrheit der Ländervertreter nicht etwas anderes gesagt hat. Mich hier der Unwahrheit und der Falschinformation zu zeihen, dort mitzuwirken und dies zu akzeptieren, ist unredlich, Herr Kollege Wieczorek.
Noch ein Wort zu den DDR-Banken; dieses Thema haben Sie, Frau Luft, noch einmal aufgegriffen. Bereits unter der Regierung Modrow, der Sie ja angehörten, sind bindende Vereinbarungen über die Rechtsnachfolge der DDR-Banken nach bestem Wissen und Gewissen und unter Berücksichtigung aller verfügbaren Daten getroffen worden. Nach dem 3. Oktober haben wir uns intensiv bemüht, schnell ein für den Wiederaufbau unbedingt notwendiges, funktionierendes Bankensystem aufzubauen.
Wir haben hier keiner Frage auszuweichen, und wir tun dies auch nicht. Aber das ist die alte Methode, wie in der letzten Legislaturperiode, nämlich sehr schnell etwas zu unterstellen und jemanden zu diffamieren. Das werden wir nicht zulassen.
Auf eines bin ich sehr stolz: Wir haben der Regierung Modrow und Luft die 15 Milliarden DM, die sie damals haben wollte und die sie in den Orkus geschmissen hätte, Gott sei Dank nicht gegeben. Das war eine wichtige und richtige Entscheidung.
Wir haben um jede Mark gekämpft. Im deutschrussischen Überleitungsabkommen konnte der Aufwand für den frühzeitigen Abzug der russischen Truppen auf 17 Milliarden begrenzt werden. Meine Damen und Herren, wenn man sich heute, nach fünf Jahren, die Situation im Kaukasus vor Augen führt, muß man sagen: Ein solches Ergebnis hätten wir nie wieder erzielt. Heute sagen die Gesprächspartner von damals: Wenn wir eine Null drangehängt hätten, hättet ihr es auch in zehn Jahren bezahlt.
Bundesminister Dr. Theodor Waigel
Wir sind mit dem Geld des deutschen Steuerzahlers auch bei der Wiedervereinigung sehr gewissenhaft und sehr sparsam umgegangen.
Acht Milliarden DM Nachforderungen der russischen Seite für die freigemachten Liegenschaften haben wir in Sawidowo damals abgewehrt. Für die deutschen Transfer-Rubel-Guthaben konnte bislang in schwierigen und langwierigen Verhandlungen immerhin ein Gegenwert von über 1 Milliarde DM hereingeholt werden. An Auslandsforderungen der ehemaligen DDR in westlichen Währungen wurden bisher rund 3,5 Milliarden DM eingezogen bzw. sichergestellt.
Zu den Defiziten und zu den Schulden: In der Zeit der sozialdemokratischen Finanzminister hat sich die Schuldenquote des Bundes von 7 Prozent auf 19 Prozent mehr als verdoppelt. Seit 1982 ist sie um 2,5 Prozentpunkte gestiegen.
1989 hatte der Staatssektor einen leichten Überschuß; es gab insgesamt eine Nettotilgung. Ohne die Wiedervereinigung - Gott sei Dank kam sie - hätten wir die Bundesschuldenquote deutlich zurückgeführt. Trotz der Einheit erfüllen wir heute die Defizitkriterien von Maastricht.
In allen gebräuchlichen Statistiken der internationalen Institutionen stehen wir hervorragend da. Wir brauchen uns überhaupt nicht selbst zu beweihräuchern. Das kann man nachlesen, wenn man die Dokumente zu Rate zieht. Sie können sie weder bezweifeln, noch können Sie sie fälschen. Das sagen die OECD, der IWF und die Europäische Kommission.
Wenn Sie noch einmal die 2 000 Milliarden DM Schulden ansprechen, dann gebietet es schon ein Mindestmaß an Anstand, ihre Verteilung darzustellen.
300 Milliarden DM Schulden hat diese Koalition von ihren Vorgängern übernommen. 700 Milliarden DM Schulden gehen auf das Konto von Ländern und Gemeinden. 450 Milliarden DM Schulden gehen direkt auf das Konto von 40 Jahren Sozialismus, im Erblastentilgungsfonds und im Fonds „Deutsche Einheit".
Daß die PDS hierherkommt und diese Schulden kritisiert, das ist eine intellektuelle Unredlichkeit ganz besonderer Art.
Was haben wir in den letzten vier Jahren finanzpolitisch bewegt? Der Bund hat 500 Milliarden DM für den Aufbau der neuen Bundesländer ausgegeben. An die GUS-Staaten gingen 100 Milliarden DM, um dort Stabilität und Demokratie herbeizuführen, 45 Milliarden DM an die mittel- und osteuropäischen Staaten, um ihnen die Chance zu geben, wieder nach Europa zurückzukommen und an der Integration Europas teilzunehmen, 30 Milliarden DM an
internationale Organisationen, 66 Milliarden DM an Entwicklungsländer.
Das ist eine stolze Bilanz. Wir haben sie gemeistert und verfügen neben Luxemburg heute über die besten finanzpolitischen Kennziffern in Europa, und auf diese Leistung sind wir stolz.
Nur, auch jenseits von Angebot und Nachfrage muß man einmal fragen: Was steht auf der Sollseite, und was steht auf der Habenseite? Auf der Habenseite dieser Bilanz steht die deutsche Einheit, stehen Freiheit und Demokratie unseres Vaterlandes. Auf der Habenseite steht der Aufbau einer leistungsfähigen Wirtschaft und Infrastruktur in den neuen Bundesländern, und auf der Habenseite steht das Ende des Eisernen Vorhangs - eine Jahrhundertchance für Frieden, Freiheit und Wohlstand in ganz Europa.
Das ist in Ihren Diskussionsbeiträgen nicht einmal in Ansätzen zum Ausdruck gekommen, nämlich das, worauf wir eigentlich im ganzen deutschen Volk, bei allen demokratischen Kräften, stolz sein dürfen.
Noch ein Wort zur Steuerquote: Sie beträgt im Jahr 1995 24,5 Prozent. Weiß eigentlich die SPD noch, wie die Steuerquote in sozialdemokratischer Zeit war? 1977 lag die Steuerquote bei sage und schreibe 26,5 Prozent.
Meine Damen und Herren, Sie kennen doch die Struktur ganz genau; Sie wissen, daß heutzutage zwei Drittel des Lohnsteueraufkommens vom oberen Viertel der Lohnsteuerpflichtigen getragen werden. Hier handelt es sich doch nicht mehr um die Arbeiter im klassischen Sinne. Es sind dabei vielmehr die von Ihnen so oft geschmähten „Besserverdienenden", die leitenden Angestellten oder auch die ehemals Selbständigen, die heute als Geschäftsführer von GmbHs fungieren und die seit dem Körperschaftsteuergesetz 1977 nun Lohnsteuer zahlen.
Klar ist doch auch, daß die Unternehmen in Ost und West, die wir zu Investitionen im Osten ermutigt haben und denen wir die Voraussetzungen dafür geschaffen haben, heute nicht die entsprechende Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuer zahlen können.
Wir haben gerade auch in unserer Steuerpolitik, beim Jahressteuergesetz die unteren Einkommensschichten und die Familien überproportional im Sinne einer vernünftigen sozialen Symmetrie entlastet.
Wenn Sie, Herr Kollege Poß, und Ihre Freunde die Gegenfinanzierung der Unternehmensteuerreform durch Rückführung der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter kritisieren, so möchte ich an Ihr Modell für eine Reform der Unternehmensteuern aus dem Jahr 1992 erinnern.
In diesem Modell haben Sie selber eine Rückführung der Abschreibung von 30 auf 25 Prozent vorge-
Bundesminister Dr. Theodor Waigel
sehen. Es ist schon eine merkwürdige Sinneswandlung, die hier stattfindet. Wenn wir etwas tun, dann wird das abgelehnt, was man 1992 selber noch für richtig empfunden hat.
Konjunktur und Finanzmärkte, das alles hat auch mit Vertrauen zu tun. Vertrauen ist für die Politik notwendig. Es ist notwendig, daß Bürger Vertrauen in die Politik und in die Politiker haben.
Die Akzeptanz zeigt sich oft in ganz nüchternen Zahlen. In meinem Wahlkreis Neu-Ulm bin ich mit 58,6 Prozent gegenüber 27,1 Prozent der SPD gewählt worden. Als Spitzenkandidat der CSU haben wir vor einem Jahr in Bayern 51,2 Prozent erreicht, die SPD 29,6. Auf einem Parteitag vor wenigen Wochen bin ich in geheimer Wahl mit 95,1 Prozent gewählt worden.
Ich empfehle es zur Nachahmung. Es muß nicht sein, aber wir wüßten immerhin endlich, lieber Wolfgang Schäuble, wie wir hier wieder dran sind. Ich jedenfalls - dafür bin ich dankbar - besitze das Vertrauen der CDU/CSU-Fraktion
und das Vertrauen der Koalition. Das haben die Sprecher der F.D.P. zum Ausdruck gebracht. Dafür bin ich ihnen dankbar.
Ich besitze außerdem das Vertrauen des Bundeskanzlers.
Mit diesem Vertrauen und mit genügend Selbstvertrauen werde ich die Finanzpolitik dieser Bundesregierung fortsetzen.
Ich danke Ihnen.
Das Wort hat die Kollegin Ingrid Matthäus-Maier, SPD.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Bundesfinanzminister tut Kritik der Opposition gerne als unbeachtlich ab. Deswegen möchte ich einmal einige Zeitungskommentare zu seinem Haushalt und seiner Finanzpolitik zitieren. Dort heißt es: „Waigel als Zahlenfriseur", „Flickschusterei aus Theo Waigels Trickkiste", „Loch für Loch", „handstreichartig nachgeschobene Etatkorrekturen", „haushaltspolitisches Schindluder", „erfüllt nicht einmal die Anforderung an einen Dorfkämmerer", „durchlaviert", „Luftnummern", „Notreparatur", „Haushaltsentwurf nach der bekannten Formel Pi mal Daumen" und „Muster ohne Wert".
Meine Damen und Herren, das sind, wohlgemerkt, alles Kommentare seriöser Wirtschaftsjournalisten. So wie die Kommentatoren recht haben, Herr Waigel, so mißbilligen wir ausdrücklich Ihr Vorgehen im Zusammenhang mit diesen Haushaltsberatungen. Jeder frühere Finanzminister, der einen solchen Schlamassel zu verantworten gehabt hätte, wäre von seinen eigenen Leuten zum Rücktritt gezwungen worden.
Die Waigelschen Fehlleistungen in der Finanzpolitik sind doch schon sprichwörtlich: erst der Waigelsche Steuerbuckel, dann die Waigelschen Haushaltslöcher und schließlich der dürftige Waigel-Wisch, mit dem binnen 24 Stunden ein 20-Milliarden-DM-Loch zugekleistert werden soll. Herr Waigel, was wollen Sie diesem Parlament eigentlich sonst noch zumuten?
Der Vorgang ist in seiner Größenordnung in diesem Parlament einmalig.
Daß der Bundesfinanzminister nicht den für einen solchen Fall rechtlich sauberen Weg nach der Bundeshaushaltsordnung wählt, nämlich Aussetzung der Beratungen im Haushaltsausschuß,
Vorlage eines Ergänzungshaushalts und erst dann die abschließende Beratung, ist eine schwere Mißachtung des Parlaments.
Da werden Sie doch nicht ernsthaft erwarten, daß sich die Opposition an einer solchen Mißachtung beteiligt. Das forsche Auftreten der Koalitionshaushälter in dieser Woche soll doch nur verdecken, daß sie zu unmündigen Statisten degradiert wurden und nun auch noch den Kakao trinken müssen, durch den sie Herr Waigel gezogen hat.
Daß Herr Minister Waigel Zahlen schönrechnet und Luftbuchungen vornimmt, ist ja nicht neu. Wenn man Sie dafür kritisiert, sagen Sie immer, Sie hätten sich geirrt. Aber diesmal ist es nun wirklich zu dreist.
Nur ein Beispiel: Sie hatten im Haushaltsentwurf vorgesehen, den Zuschuß an die Bundesanstalt für Arbeit von 8 Milliarden DM auf Null herunterzufahren. Noch in der Haushaltsdebatte im September dieses Jahres habe ich Sie von dieser Stelle aus gewarnt, daß bei der Bundesanstalt für Arbeit ein Deckungsloch von 3 bis 5 Milliarden DM drohe. Wörtlich sagte ich hier im September:
Sich mit geschönten Arbeitslosenzahlen reichzurechnen, hilft weder den Arbeitslosen noch dem Bundeshaushalt.
Ingrid Matthäus-Maier
Minister Waigel zeigte sich empört und sagte, das sei das übliche Gemeckere der Opposition. Aber siehe da, in dem berüchtigten Waigel-Wisch tauchte auf einmal, 24 Stunden vor Abschluß der Haushaltsberatungen, ein Zuschußbedarf der Bundesanstalt für Arbeit in Höhe von 4,3 Milliarden DM auf.
Dies ist ein besonders eindeutiges Beispiel: Ich sagte vor sieben Wochen, 3 bis 5 Milliarden DM fehlten, Sie sagen, nein, es sei alles paletti, und schließlich fehlen Ihnen 4,3 Milliarden DM. Sie sind ganz schnell von Ihrer Schönrednerei eingeholt worden, Herr Waigel.
Es gibt weitere Beispiele zur Genüge: Nicht nur, daß Sie sich bei der Finanzierung der deutschen Einheit um dreistellige Milliardenbeträge geirrt haben, Sie haben auch bei den Schulden und den Zinszahlungen immer wieder falsche Zahlen genannt. Sie haben geleugnet, daß die Staatsschulden allein in diesem Jahr oberhalb der 2-Billionen-DM-Grenze liegen, davon liegen 1,4 Billionen DM beim Bund.
Ich kann nur sagen: Wer mit seinen Zahlen immer wieder so danebenliegt wie dieser Finanzminister, der kann entweder nicht rechnen oder er täuscht die Öffentlichkeit. Ich fürchte, bei diesem Finanzminister kommt beides zusammen. Das ist schädlich für dieses Land.
Das Vertuschen und Schönreden geht auch heute weiter. „Der Haushalt 1996 steht bisher auf recht tönernen Füßen", schreibt der „General-Anzeiger" heute. Graf Lambsdorff sagt Ihnen voraus, daß Sie im nächsten Jahr einen Nachtragshaushalt brauchen werden. Und er hat recht; denn 10 Milliarden DM hängen bei Ihrer Rechnung doch völlig in der Luft.
Dafür nur zwei Beispiele. Das erste Beispiel: Bei Ihren nicht berücksichtigten Haushaltsrisiken muß ich ausdrücklich die Altschulden der ostdeutschen Kommunen nennen, die diesen von dem damaligen SED-Regime willkürlich angehängt worden sind.
Wollen Sie, gerade angesichts ohnehin dramatischer Kürzungen der Leistungen für die neuen Bundesländer, die ostdeutschen Kommunen auf den 8 Milliarden DM Altschulden allein sitzenlassen?
Ein zweites Beispiel: die angebliche Einsparung bei der Arbeitslosenhilfe in Höhe von 3,4 Milliarden DM. Diese Streichung ist zum einen eine Demütigung für Zehntausende von Langzeitarbeitslosen, die oft jahrelang erwerbstätig waren und Beiträge gezahlt haben,
zum anderen ist es kein Sparvorschlag, sondern ein Verschiebebahnhof zu Lasten der Gemeinden. Es ist doch unhaltbar, daß die Sozialhilfe, die ursprünglich einmal als Überbrückungshilfe für Notfälle gedacht
war, unter dieser Bundesregierung zu einem Notnagel für Arbeitslosigkeit geworden ist.
Daß Sie immer wieder versuchen, Lasten auf Länder und Gemeinden abzuschieben, hat heute morgen in einer sehr polemischen Rede Herr Rüttgers klargemacht. Er sagt: Das Meister-BAföG wird eingeführt. Das ist auch richtig so, denn Sie haben erst den Vorläufer beim Arbeitsförderungsgesetz abgeschafft.
Aber daß Sie dann nebenbei die Kosten des Meister-BAföG zu einem Drittel auf die Länder schieben, obwohl Sie vorher im Arbeitsförderungsgesetz als Bund alles alleine bezahlt haben, paßt zu Ihrer alten Strategie: weiterschieben nach unten auf Länder und Gemeinden.
Frau Kollegin Matthäus-Maier, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Bitte schön. Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Bitte sehr.
Frau Kollegin, ich kann nicht ganz verstehen, wie Sie gerade argumentiert haben.
Sie billigen vollauf, daß beim Studenten-BAföG die Länder ihr Drittel zahlen, aber bei denjenigen, die das Meister-BAföG bekommen sollen, sollen sich die Länder nach Ihrer Meinung nicht beteiligen. Worin liegt der Sinn?
Ich billige das eine nicht, sondern mißbillige ausdrücklich, daß die Regelung, die es schon gab, beendet wurde. Sie tun so, als hätten Sie eine tolle Geschichte aus der Kiste gezogen. Es gab in früheren Jahren bereits eine finanzielle Hilfe des Staates für Gesellen, die sich selbständig machen wollen.
Das hat der Bund völlig alleine bezahlt. Wenn Sie das jetzt ändern und nebenbei den Gemeinden Millionenverpflichtungen in die Tasche schieben, machen wir das nicht mit. Das ist unredlich. Das zahlt bitte weiter der Bund.
Meine Damen und Herren, da ich gerade bei den Ländern und Gemeinden bin, ein Wort zur Gewerbekapitalsteuer. Herr Waigel und Herr Repnik, ich wundere mich wirklich, warum die Gewerbekapital-
Ingrid Matthäus-Maier
steuer nun Ihr Steckenpferd ist, das Sie jeden Tag dreimal hier vortragen.
Ist Ihnen eigentlich nicht klar, daß die Lohnsteuer aus allen Nähten platzt, daß die Mehrwertsteuer aus allen Nähten platzt, daß also die Masse der Lohnsteuerzahler und der Verbraucher unter immer höheren Steuern stöhnt, daß sich aber der Anteil der Unternehmensteuern am Steuerkuchen über die letzten Jahre drastisch verringert hat? Wir haben also weiß Gott andere Aufgaben.
Aber wenn man sich schon mit der Gewerbekapitalsteuer beschäftigt - sie ist international zweifellos keine besonders glückliche Steuer -, dann haben Sie hier doch eine Bringschuld, Herr Waigel. Wer an die Gewerbekapitalsteuer herangeht, läuft Gefahr, daß auch der Rest, die Gewerbeertragsteuer, in Karlsruhe fällt, weil sie dann keine Realsteuer mehr ist.
Das ist auch Ihr Ziel, denn in Ihrer Koalitionsvereinbarung steht ausdrücklich: Abschaffung der Gewerbesteuer.
Deswegen sagen wir Ihnen ganz deutlich: Mit uns werden Sie eine wie auch immer geartete Regelung nur bekommen, wenn die Gewerbeertragsteuer für die Gemeinden gesichert ist und wenn sie zweifelsfrei in der Verfassung niedergelegt ist. Da stehen wir an der Seite der Städte und Gemeinden, meine Damen und Herren.
Auch in dieser Woche hört das Täuschen und Tricksen nicht auf. Sie beharren auf der Behauptung, die Ausgaben würden im Jahr 1996 gegenüber 1995 sinken. Das ist schlicht und einfach die Unwahrheit. Wenn man die Ausgaben 1995 und 1996 um die Umstellung des Kindergeldes bereinigt und gleichzeitig berücksichtigt, daß Herr Waigel schon offiziell verkündet hat, er werde im Jahr 1995 10 Milliarden DM weniger ausgeben,
so stellt sich heraus, daß die Ausgaben 1995 etwa 448 Milliarden DM betragen, die Ausgaben 1996 demgegenüber 451,3 Milliarden DM.
Da können Sie sich drehen und wenden, wie Sie wollen, Ihre Ausgaben steigen in 1996. Da Sie das ganz genau wissen, kommen Sie mit dem Käse an, man könne nur Soll-Zahlen mit Soll-Zahlen und nicht mit Ist-Zahlen vergleichen.
Ich gebe Ihnen einmal einen guten Rat:
Schauen Sie auf Seite 46 Ihres Finanzplans. Dort vergleicht dieser Finanzminister Ist-Zahlen mit Soll-Zahlen. Genau das tun wir auch.
Lassen Sie deswegen das Märchen, daß Sie 1996 weniger ausgeben als 1995!
Zusammen mit dem Haushalt 1996 beraten wir heute auch die mittelfristige Finanzplanung bis 1999, einen Finanzplan, der in seiner Grundstruktur völlig überholt ist. Was in der Debatte bisher ganz untergegangen ist, sind die mittelfristigen Auswirkungen, die sich aus dem finanzpolitischen Chaos dieser Wochen ergeben.
Drei Beispiele. Die konjunkturbedingten Steuerausfälle werden als Basiseffekt auch in den kommenden Jahren weiterwirken. Damit sind die Annahmen der mittelfristigen Finanzplanung falsch.
Zweitens. In der Finanzplanung sind die Ansätze für die Bundesanstalt für Arbeit für 1997 - man höre und staune - auf Null gesetzt. Das ist doch völlig unrealistisch. Wollen Sie denn die Fehlprognose Ihres Jahreswirtschaftsberichts von diesem Februar noch einmal fortschreiben? Dort gingen Sie von einem Rückgang der Arbeitslosenzahlen in diesem Jahr von 350 000 aus. Tatsächlich, wie jedermann nachlesen kann, steigen die Arbeitslosenzahlen im Jahresdurchschnitt sogar noch an, wie die neuesten Zahlen zeigen. Also auch an dieser Stelle ist Ihre Finanzplanung reine Makulatur.
Drittes Beispiel. Sie haben im Bundeshaushalt 1996 rund 16 Milliarden DM an Einmalzahlungen vorgesehen: Vorziehung der Mineralölsteuerzahlung und ganz überwiegend Privatisierung. Ich frage Sie, meine Damen und Herren: Wie soll das denn eigentlich weitergehen? Haben Sie denn die Absicht, auch in den Folgejahren einmal eben zwischen Mittwoch mittag und Donnerstag mittag den Verkauf einer ganzen Stadt mit 48 000 Wohnungen zum Stopfen Ihrer Haushaltslöcher zu beschließen?
Nicht nur, daß diese Regierung unseren Kindern einen riesigen Schuldenberg mit der bekannten Zinsfalle hinterläßt, gleichzeitig verringert sie auch noch zu Lasten der kommenden Generationen das öffentliche Vermögen immer weiter. Diese doppelte Erblast, höhere Schulden und geringeres Vermögen zu Lasten unserer Kinder und Enkel, ist einfach unverantwortlich.
Ingrid Matthäus-Maier
Schließlich: Der Bundeshaushalt 1995 schrammt mit knapp 3 Prozent Haushaltsdefizit und der 1996 mit knapp unter 60 Prozent beim Schuldenstand nur ganz knapp an den Kriterien von Maastricht vorbei. Im Klartext: Bei der chaotischen Finanzpolitik dieser Bundesregierung ist auch noch zu befürchten, daß wir die Stabilitätskriterien bald selber nicht mehr erfüllen, die für einen Beitritt zur Wirtschafts- und Währungsunion erforderlich sind.
Da Sie es nicht lassen können, hier immer Helmut Schmidt und seine Schulden zu zitieren, schreibe ich Ihnen noch einmal ins Stammbuch, Herr Waigel: Als Helmut Schmidt im Oktober 1982 durch Vertrauensbruch gestürzt wurde,
betrugen die Schulden des Bundes und seiner Nebenhaushalte 390 Milliarden DM. Heute betragen die Schulden des Bundes unter Finanzminister Waigel inklusive aller Nebenhaushalte 1,4 Billionen DM, das sind 1 400 Milliarden DM. Sie haben in der Zeit der Regierung Kohl 1 Billion DM Schulden obendraufgepackt. Dann lassen Sie endlich Helmut Schmidt in Ruhe! Es ist schlimm, was Sie hier machen.
Im Haushalt 1996 werden 92 Milliarden DM allein an Zinszahlungen ausgewiesen. Das bedeutet, daß die Handlungsspielräume für die öffentliche Hand dramatisch eng geworden sind. Um so wichtiger ist, daß man die Schwerpunkte richtig setzt. Das ist aber leider nicht der Fall.
Ich nehme nur drei einfache Zahlen. Der Verteidigungshaushalt steigt um 378 Millionen DM, der Etat des Zukunftsministers steigt dagegen nur um 169 Millionen DM, und der Haushalt des Umweltministers sinkt sogar um über 45 Millionen DM. Wer seine Koalitionsvereinbarung vom letzten Herbst mit der Überschrift „Das vereinte Deutschland zukunftsfähig machen" versieht, muß sich schon den Vorwurf des Etikettenschwindels gefallen lassen, wenn er einen solchen rückwärtsgewandten Haushalt vorlegt.
Für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft in der Welt brauchen wir dringend neue Investitionen im Bereich Forschung, Technologie, Markteinführungshilfen für neue Produkte, zusätzliche Anstrengungen im Hightech-Bereich und keine Absenkung der Studienförderung. Wer angesichts einer solchen internationalen Herausforderung beim Verteidigungshaushalt doppelt so viel drauflegt wie beim Zukunftsetat und auch noch die Ausgaben im Umwelthaushalt senkt, der mag vielleicht einen Parteitag nach dem Motto „Der Weg ins 21. Jahrhundert" abhalten; aber in Wahrheit verschläft er die Zukunft unseres Landes.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Sie sind auch die Regierung mit der höchsten Armut.
Wir leben in einem reichen Land; aber nicht alle in diesem reichen Land sind reich. Wir haben nämlich eine doppelte Entwicklung: Noch nie waren die Vermögen in diesem Lande so hoch wie heute. Aber es gilt auch: Noch nie gab es soviel Arme in diesem Lande.
So richtig es ist, den Wohlstand zu wahren und zu mehren, so wichtig ist es, dafür zu sorgen, daß diejenigen, die im Schatten leben, daß die eine Million Kinder, die in Armut aufwachsen, wie uns allen die Kirchen sagen, endlich ausreichend gefördert werden, um aus diesem Teufelskreis herauszukommen. Wer in dieser Situation bei Langzeitarbeitslosen kürzt und gleichzeitig die Vermögensteuer abschaffen will, der hat jedes Gefühl für soziale Gerechtigkeit verloren.
Unsere konkreten Einsparvorschläge liegen auf dem Tisch.
- Kommt, kommt! - Sie haben sie beim Jahressteuergesetz und im Haushaltsausschuß abgelehnt. Wir beharren selbstverständlich darauf, daß bei den rund 450 Millionen DM für Öffentlichkeitsarbeit dieser Regierung kräftig gekürzt wird, daß ebenso bei den über 2 Milliarden DM für Kernenergie gekürzt wird. Daß bei einem 48-Milliarden-DM-Verteidigungshaushalt noch Luft ist, ist auch selbstverständlich. Es ist außerdem nicht in Ordnung, daß Sie 54 Staatssekretäre beschäftigen. Das ist Verschleuderung der Steuergelder der Bürger.
Hat Ihnen der Rechnungshof nicht gerade bescheinigt, daß Sie bei der Abwicklung der Altkredite der ehemaligen DDR Milliarden D-Mark verschleudert haben? Herr Schily und Herr Beucher haben es Ihnen vorgeführt: Hätten Sie im Jahre 1990 auf uns
Ingrid Matthäus-Maier
gehört und die Altkredite vernünftig abgewickelt, hätten Sie heute Milliarden mehr zur Verfügung.
Ein anderes Beispiel: Die Bundesregierung zeigt, wie man aus 300 Millionen DM mickrige 15 315 DM macht. Ganz einfach: Die Bundeswehr bestellt ein 300 Millionen DM teures Landesystem namens SETAC für die Luftwaffe. Es stellt sich heraus, daß es nicht funktioniert; das kann ja passieren. Aber statt dieses System zu stoppen, machen Sie weiter, bis Sie es zum Schluß als Schrott für genau 15 315 DM verkaufen. Nein, meine Damen und Herren, so darf man mit Steuergeldern des Bürgers nicht umgehen.
Unsere Einsparvorschläge bei den Steuersubventionen haben wir alle aufgeschrieben.
- Bei den Veräußerungsgewinnen, beim Betriebsausgabenabzug für steuerfreie Schachteldividenden, bei den Verlusten ausländischer Betriebsstätten, bei der Abzinsung von Rückstellungen und bei der Absetzbarkeit von Betriebs-Pkw.
Allein diese Vorschläge erbringen zusammen jährlich mehrere Milliarden DM. Also, stellen Sie sich nicht hin, und sagen Sie nicht, wir hätten keine Vorschläge. Geben Sie lieber endlich offen zu, daß Sie diese alle abblocken.
Im übrigen bin ich ganz sicher - das sehe ich sehr gelassen -: Bei der Finanznot dieses Finanzministers werden Sie einen Teil unserer Vorschläge übernehmen müssen. Das haben Sie auch in der Vergangenheit gemacht. Ich erinnere nur an das Beispiel der steuerlichen Absetzbarkeit von Schmiergeldern. Das wurde jahrelang von Ihnen abgelehnt; es gab ein riesiges Gezeter hier im Bundestag. Dann haben Sie Gott sei Dank nach heftiger Kritik der Opposition uns im Jahressteuergesetz zugestimmt.
Das gleiche werden Sie zum Beispiel bei der Begrenzung der steuerlichen Absetzbarkeit von Betriebs-Pkws machen müssen. Meine Damen und Herren, manche Leute wissen nicht, wovon ich rede.
Ich nenne einmal ein Beispiel: Es ist doch wirklich nicht einzusehen, daß es, wie der Bundesfinanzhof in einem Urteil bestätigt hat, in diesem Lande möglich ist, die Anschaffung von drei Porsche, einem Simca, einem Innocenti und einem Mercedes von der Steuer abzusetzen, und zwar durch einen Werbefachmann, der angab, für seinen Beruf über repräsentative Gefährte verfügen zu müssen.
Meine Damen und Herren, wer wie Sie eine solche gesetzliche Regelung mit Händen und Füßen verteidigt, gleichzeitig aber dem Lohnsteuerzahler jeden Tag tiefer in die Tasche greift, der hat jeden Sinn für die Wirklichkeit verloren.
Auch unsere Forderung, die Steuerhinterziehung endlich aktiv zu bekämpfen, bleibt auf der Tagesordnung. Herr Waigel wird sich wundern: Es ist nicht mehr nur die Frau Matthäus-Maier, die sagt, daß die Zinsbesteuerung verfassungswidrig sei - darauf will er nicht hören; das muß er auch nicht. Der Präsident des Bundesfinanzhofs hat in der vorigen Woche gesagt, daß er die Zinsbesteuerung für verfassungswidrig halte, weil es nicht angehen könne, daß der ehrliche Steuerzahler der Dumme sei. Deshalb schließen Sie endlich das Steuerschlupfloch nach Luxemburg!
Frau MatthäusMaier, gestatten Sie dem Kollegen Lambsdorff eine Zwischenfrage?
Bitte schön.
Frau MatthäusMaier, darf ich Sie nach den beiden Fällen, die Sie eben zitiert haben, fragen?
Erstens. Sie haben den Bundesfinanzhof mit diesem in der Tat unglaublichen Absetzungsvorschlag für soundso viele Autos zitiert. Müssen wir Ihrer Darstellung entnehmen, daß der Bundesfinanzhof das gutgeheißen hat, oder hat es der Bundesfinanzhof nicht gutgeheißen, womit die Rechtsgrundlage wohl einigermaßen in Ordnung wäre?
Zweitens. Sie haben eben den Präsidenten des Bundesfinanzhofs zitiert. Sind auch Sie seiner Meinung, daß an die Stelle der derzeitigen Regelung eine Abgeltungssteuer bei der Zinsbesteuerung treten muß?
Zur zweiten Frage sage ich eindeutig: nein.
Zur ersten Frage sage ich: Ich habe hier doch vorgetragen, daß es geltendes Recht ist - wie war das so schön? -, daß ein Werbefachmann, der repräsentative Gefährte braucht, drei Porsche, einen Simca, einen Innocenti und noch einen Mercedes absetzen kann.
Ich weiß gar nicht, was man alles auf einmal mit diesen Autos macht. - Das ist geltendes Recht. Der Bundesfinanzhof hat natürlich geltendes Recht beschlossen. Was soll er denn sonst tun?
Aber daß Sie sich weigern, mit uns zusammen eine Obergrenze bei der steuerlichen Absetzbarkeit ein-
Ingrid Matthäus-Maier
zuführen, das ist der eigentliche Skandal, Graf Lambsdorff.
Meine Damen und Herren, die wichtigste Konsolidierungsaufgabe liegt aber an anderer Stelle: Solange Sie nicht ernsthaft an die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit herangehen, werden Sie die öffentlichen Haushalte nicht in den Griff bekommen. Auf 140 Milliarden DM belaufen sich die Kosten der Arbeitslosigkeit 1994. Deswegen ist die aktive Bekämpfung der Arbeitslosigkeit nicht nur ein Gebot der Mitmenschlichkeit, sondern auch finanzwirtschaftlich unumgänglich.
Die Philosophie der Bundesregierung ist, die Leistungen für die Leistungsempfänger immer weiter zu kürzen. Die Philosophie der SPD ist aber, aus Leistungsempfängern Beitragszahler zu machen. Das ist der bessere Weg.
Patentlösungen gibt es dafür nicht, aber wir haben viele konkrete Einzelvorschläge gemacht. Zum Beispiel: erstens ein Arbeits- und Strukturförderungsgesetz, mit dem endlich Arbeit statt Arbeitslosigkeit bezahlt werden soll.
Zweitens: eine Teilzeitarbeitsoffensive, die aber nicht zu noch mehr ungesicherten Beschäftigungsverhältnissen führen darf. Wir dürfen doch alle gemeinsam nicht länger zusehen, daß in Deutschland mittlerweile fast 5 Millionen 580-DM-Beschäftigungsverhältnisse ohne soziale Absicherung existieren. Sogar die christlichen Arbeitnehmer, die CDA, sagen doch, daß das Thema Ladenschluß und die Einschränkung der 580-DM-Jobs nicht voneinander getrennt werden dürfen.
Drittens: ein wirksames Entsendegesetz. Wir können doch nicht zulassen, daß Zigtausende Bauarbeiter in Deutschland arbeitslos sind, weil polnische oder portugiesische Arbeiter für 5 oder 6 oder 7 DM die Stunde deren Arbeitsplatz einnehmen. Tun Sie endlich etwas und lassen Sie die arbeitslosen Bauarbeiter nicht im Regen stehen!
Viertens: ein Arbeitszeitgesetz, das Überstunden zugunsten neuer Arbeitsplätze reduziert.
Mein letzter Punkt: Wir brauchen eine Senkung der Lohnnebenkosten. Durch die verfehlte Politik der Bundesregierung zur Finanzierung der deutschen Einheit vorwiegend über die Sozialversicherungen sind die Lohnnebenkosten dramatisch angestiegen. Der Anstieg frißt im nächsten Jahr sogar einen Großteil der Entlastungen durch das Jahressteuergesetz auf, was ich ausdrücklich bedauere.
Unser Vorschlag: Senken Sie die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung um rund ein Drittel! Das kommt den Arbeitgebern zugute, weil die Lohnnebenkosten sinken; das kommt den Arbeitnehmern zugute, weil sie mehr Geld in der Tasche haben. Heben Sie statt dessen die Energiepreise maßvoll an! Das ist ein aufkommensneutrales Modell. Unser Vorschlag ist ein gutes Beispiel für den Dreiklang von Modernisierung der Wirtschaft, ökologischer Erneuerung der Industriegesellschaft
und sozialer Verantwortung. Dieser Weg führt ins nächste Jahrhundert, nicht das, was Sie vorschlagen.
Ich fasse zusammen. Die Fehlleistungen von Finanzminister Waigel untergraben das Vertrauen von Wirtschaft und Bürgern. Schönrechnen und Luftbuchungen kennzeichnen seinen Bundeshaushalt. Eine dramatisch hohe Steuer- und Abgabenbelastung lähmt den Leistungswillen.
Schuldenberge, Zinsfalle und falsche Schwerpunktsetzungen dieser Bundesregierung verbauen eine aktive Politik für mehr Arbeitsplätze.
Die Bundesregierung redet - wie Rudolf Scharping gesagt hat - nach dem Motto der drei M, nämlich „Man müßte mal" . Wir fordern Sie auf: Handeln Sie endlich! Da Sie es immer noch nicht tun, lehnen wir Ihren Bundeshaushalt ab.
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Dietrich Austermann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In unserer Fraktion übersetzen wir die drei M etwas anders: „Matthäus-Maier mault".
Das zeigt eigentlich deutlich, was Sie die letzten 25 Minuten gemacht haben.
Ich habe gerade unter das Pult geguckt, deswegen meine Irritation. Nachdem Sie alles wiederholt haben, was Sie jedes Jahr vortragen - wie ich gleich kurz belegen werde -, habe ich gedacht, dort läge der Teil, der den Jäger 90 betrifft. Aber er war nicht dort, Sie haben ihn offensichtlich vergessen.
Dietrich Austermann
Sie haben Ihre Rede damit begonnen, daß Sie Zeitungsausschnitte über die Arbeit des Bundesfinanzministers zitiert haben. Es wäre ja einmal interessant, die Zeitungsausschnitte zu zitieren, die die Presse zur Zeit über den Zustand der SPD verbreitet.
Das war die Situation vor dem Abschluß der Haushaltsberatungen und vor allen Dingen vor der dritten Lesung, die wir heute haben. Nun fragt man sich: Was hat sie denn eigentlich gesagt? Worin hat sich das unterschieden? Was wissen die Bürger heute, wenn sie sich überlegen: Der Bundeshaushalt wird beschlossen, was bedeutet das für mich persönlich? Dann schaut man sich einmal ein paar Zitate an. Matthäus-Maier am 1. Dezember 1993: „Der Etat 1994 hält keine drei Monate." Ebenfalls im Dezember 1993: „Die Finanzpolitik der Bundesrepublik wird immer mehr zum Jahrmarkt der Chaoten. " Helmut Wieczorek in ähnlicher Weise 1992: „Der Bundesfinanzminister hat die Bundesrepublik in eine ausweglose Schuldenfalle geführt." Auch noch 1992: Matthäus-Maier fordert die Ablösung von Waigel. An anderer Stelle heißt es: „Die SPD beantragt bei der Bundestagspräsidentin die Absetzung der Endberatung des Haushaltstorsos. " Das war am 13. November 1992.
Es wiederholt sich alles. Sie haben nichts einzubringen. Sie wiederholen den gleichen Klamauk, den Sie in den letzten Jahren gemacht haben.
Ich brauche als Gegenäußerung gewissermaßen nur eine einzige Stimme zu zitieren. Das ist der OECD-Bericht, der deutliche Kritik an der Blockadehaltung der Opposition übt. Da werden ausdrücklich die beeindruckenden Erfolge bei der Konsolidierung der Finanzen der Bundesrepublik gelobt. Dem ist, glaube ich, nicht viel hinzuzufügen.
Wir haben in den letzten Wochen - das ging immerhin über drei Monate - den Haushalt gründlich beraten, zum Teil auch gründlich umgekrempelt. Man kann heute den Bürgern sagen, daß sie sich auf die Finanz- und Haushaltspolitik dieser Bundesregierung verlassen können und daß nach der Diskussion um ein angebliches 20-Milliarden-DM-Loch heute klar ist - das werden wir mit unserer Abstimmung deutlich machen -: Die Regierung ist handlungsfähig. Sie hat die Finanzen im Griff. Die Neuverschuldung liegt nicht über der mittelfristigen Finanzplanung. Wir werden unserer haushaltspolitischen Verantwortung gerecht. Wir haben dabei Entscheidungen getroffen, die durchaus in die Zukunft gerichtet sind, haben die neue Steuerschätzung aufgefangen und zusätzliche Milliardenbeträge zum Abbau der Arbeitslosigkeit bereitgestellt.
Dazu kommt von Ihnen kein Wort wie auch kein konkreter Antrag zu diesem Thema. Das, was heute als Entschließungsantrag vorgelegt wird, ist noch nicht einmal gute Lyrik, sondern das ist eine Fülle von Textseiten ohne eine einzige konkrete Zahl. Man könnte den Entschließungsantrag annehmen oder ablehnen - wenn man ihn beschließt, geschieht überhaupt nichts in Deutschland, was der Bürger in positiver Hinsicht an Auswirkungen spüren würde.
Wir haben die Ausgaben um 10,7 Milliarden DM gekürzt und die Einnahmen um 10 Milliarden DM erhöht. Das ergibt 20 Milliarden DM. Wir haben also unsere Haushaltsarbeit ernst genommen. Die SPD stand vor der Tür, gab Interviews, lamentierte über die schwierige Situation und forderte Vertagung. Das ist das Grundproblem der SPD, daß sie nicht mehr entscheidungs-, sondern nur noch vertagungsfähig ist.
Wir haben darüber hinaus eine ganze Reihe von Entscheidungen getroffen, die positiv in die Zukunft gerichtet sind: zusätzliche Hilfen im Bereich des Wohnungsbaus und der Rentenversicherung, Finanzbeiträge für Seeschiffahrt und Straßenbau.
Ich möchte noch einmal das Thema Steuerschätzung aufnehmen. Wenn einzelne Ministerpräsidenten aus einzelnen Bundesländern dem Bundesfinanzminister vorwerfen, er habe sie hier nicht richtig informiert, kann ich nur fragen: Hat denn Frau Simonis keine Oberfinanzdirektion? Führt denn ihr Finanzminister keine Steuerstatistik? Warum, so fragt das renommierte Kieler Wirtschaftsinstitut, sind ihr nicht die hohen Steuererstattungen angesichts beträchtlicher Vorauszahlungen aufgefallen? Warum ist das nicht richtig gewertet und nach Bonn weitergemeldet worden?
Hat auch Ministerpräsident Eichel keine Oberfinanzdirektion? Hat er keine eigenen Steuerschätzer? Wir wissen doch alle, daß die Zahl der roten Steuerschätzer in dem verantwortlichen Gremium inzwischen größer ist als die der schwarzen. Sind denn da nur Schlafmützen oder Leute, die von dem Thema überhaupt keine Ahnung haben?
Die Haushaltsberatungen haben einen interessanten Einblick in die bundesstaatliche Realität gebracht. Das zeigt sich, wenn man sich fragt: Was wird in Bonn gefordert, und was passiert in den Ländern, insbesondere in den SPD-regierten Ländern? Da fordern Länder Zuschüsse des Bundes, sind aber nicht in der Lage, diese auszugeben, weil die Desorganisation der Verwaltung einen zügigen Vollzug hindert. Da wird darüber diskutiert, ob man Lehrer als Beamte oder als Angestellte braucht. Entscheidend ist, glaube ich, die Frage, ob diejenigen ihren erzieherischen Auftrag wahrnehmen. Nicht bezopfte Beamte müssen weg, sondern bezopfte Gesetze und Verwaltungen mit ihrer Blockade in den Ländern sowie Medusenhäupter von Staatskanzleien in Kiel, Wiesbaden, Hannover und anderswo, die Entscheidungsausführung ständig verhindern.
In den Ländern, in denen die SPD regiert, wird nicht gehandelt. Es mangelt am Vollzug. Es werden schöne Reden gehalten, vielleicht auch über den Handlungsbedarf in Sachen innere Sicherheit, und dann läßt man „Chaostage" zu.
Dietrich Austermann
Es paßt dazu, daß Sie in dieser Position auch hier heute Unterschiedliches vortragen. Da beklagt Frau Matthäus-Maier wieder einmal, der Verteidigungsetat sei zu hoch, obwohl wir ihn gekürzt haben. Ihre Ministerpräsidenten aber kommen und fordern, wir müßten in Sachen DASA kräftige Anstrengungen unternehmen und Investitionen unterstützen. Was sollen wir denn? Wer redet denn da offensichtlich nicht miteinander?
Ich glaube, die SPD hatte gut daran getan, daß sich ihre Genossen bei dieser desolaten Position in den Bundesländern an den Beratungen nicht beteiligt haben. Das ist schon eine merkwürdige Arbeitsteilung: In Bonn fordert man mehr Geld für die Forschung, und in Geesthacht können sich die norddeutschen Mitgliedsländer nicht über den mickrigen Eigenanteil der Bundesländer einigen.
In Bonn werden Milliarden für die Bahn gefordert, in den Ländern werden die Planfeststellungsverfahren verschleppt. Wissmann soll mehr Geld für den Straßenbau geben, aber außer Autofahrerschikanen fällt der SPD nichts ein. Sie wollen die Biotechnologie fördern - selbst Herr Fischer hat sich vorgestern so geäußert -, und die rot-grüne Landesregierung in Hessen muß sich anmahnen lassen, daß sie nicht ständig Gegenkongresse zu Bundesveranstaltungen durchführt.
In Bonn wird die zu hohe Steuer- und Abgabenlast kritisiert, und im Vermittlungsausschuß fordert die SPD die Verdoppelung des Solidarzuschlags. Forderungen werden dort erzwungen. Am Rentenreform- und am Pflegepaket haben die Länderfürsten mitgewirkt, und Frau Matthäus-Maier beklagt heute, daß die Lohnnebenkosten zu hoch seien.
Auch beim Entsendegesetz ist das so. Sie fordern hier das Entsendegesetz für die Bauarbeiter, und eine Tür weiter, im Bundesrat, wird das Ganze von der SPD-Mehrheit abgelehnt.
Der Parteivorsitzende der SPD muß sich einmal mit den Fraktionsvorsitzenden der SPD unterhalten, damit nicht ständig solche Pleiten passieren: Chaos in der Berliner SPD, rot-grüner Streit in Düsseldorf, grüne Selbstbedienung in Wiesbaden, rote Pleite in Hannover, in Brandenburg ist die Haushaltslage düster, und Sie kommen hierher und wollen kritisieren, daß wir die falsche Politik machen.
Da ist es eigentlich nur logisch, wenn die Opposition am 25. Oktober die Mitarbeit am Haushalt eingestellt und heute keinen konkreten Finanzantrag vorgelegt hat.
Auch in Sachen Technologiepolitik ist das so. Die Grünen nehmen die typische Radio-Eriwan-Position ein: Im Prinzip vielleicht, aber nicht hier - oder noch nicht. Da sind sich die grünen Technologiestänkerer mit den roten Technikfolgenabschätzern in Bonn und Kiel einig.
„Kiel" und „glaubwürdige Politik" sind übrigens wichtige Stichworte: Da sich Frau Simonis seit dem Thema Parlamentsreform als erste Adresse in Sachen politische Moral empfohlen hat, muß gestattet sein, hier einige Fragen zu stellen, die die politische Moral betreffen.
Vorausgeschickt sei, daß es in Kiel einen zweiten Untersuchungsausschuß gibt, der sich mit den Machenschaften eines Herrn Pfeiffer, mehr noch aber mit einer Geldsammelstelle eines Herrn Jansen befaßt.
Ein paar Hauptbetroffene der Vergangenheit sind - wohl wegen der Ein-Stimmen-Mehrheit im Landtag - immer noch oder wieder in öffentlicher Funktion. Das kann nur mit Duldung der Ministerpräsidentin geschehen sein.
Ich frage deshalb: Was waren die Gründe, warum ein gewisser Genosse Pelny, früher Verfassungsschutzvize, bereits am 14. Juni 1987, lange vor Bekanntwerden der Kieler Affäre, vom Simonis-Vorganger angeworben wurde?
Was sind die Gründe, warum Pelny zunächst über die Staatskanzlei unter Engholm - die Älteren werden ihn noch kennen - und jetzt als Staatssekretär im Justizministerium weiter beschäftigt wird?
Was sind die Gründe, weshalb Simonis ihn und den Justizminister
- ich weiß, daß das weh tut - als Hauptbetroffene des zweiten Untersuchungsausschusses nicht abberuft? Ist es politisch-moralisch sauber, daß Simonis seit 1993 einen von einem Genossen geleiteten Parlamentsausschuß runtermacht?
Weder Pelny noch Klingner, noch Nilius, noch Frau Schröder, die Ex-Freundin von Herrn Pfeiffer, wären in den Kieler Funktionen, die sie innehaben, wenn es nicht Grund gäbe, sie zu versorgen. Entspricht es politischer Moral, wenn Simonis versucht, in bezug auf CDU-Mitglieder den Unschuldsbeweis umzudrehen? Ist es politisch-moralisch vertretbar, daß sie im Interesse ihrer Partei versuchte, Ausschußmitglieder unter Druck zu setzen? Ist es politischmoralisch vertretbar, daß sie versuchte, Zeugen zu beeinflussen?
Ich glaube, daß diese Fragen hier gestellt werden müssen, weil in Kürze der Bundesetat, über den wir heute diskutieren, im Bundesrat zur Diskussion gestellt wird
und dann wieder einzelne Positionen - -
Herr Kollege Austermann, darf ich Sie einen Augenblick unterbrechen? - Meine verehrten Kollegen, so lange dauert
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch
es ja nicht mehr bis zur namentlichen Abstimmung. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie die Würde des Hauses dadurch wahren würden, daß Sie dem Redner etwas mehr Aufmerksamkeit widmen.
Herr Kollege Austermann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Glotz?
Ja, bitte.
Bitte schön, Herr Glotz.
Herr Kollege, abgesehen davon, daß Sie jetzt nicht über den Haushalt, sondern über die schleswig-holsteinische Landespolitik geredet haben: Darf ich Sie fragen, ob Sie sich im klaren sind, daß Sie die Ehre eines Politikers und Staatssekretärs mit nichts anderem als mit nachgeplapperten Informationen aus der Presse in den Schmutz ziehen?
Herr Glotz, wenn Sie über den Sachverhalt informiert wären - deswegen wäre es gut, wenn Sie mir bei diesem Thema zuhörten -, dann wüßten Sie, daß es Meinungs- und Positionsunterschiede dort gab, wo es um die Frage der Glaubwürdigkeit bei diesem Staatssekretär und bei unserem Kollegen Gansel geht. Ich möchte Ihnen gerne die Frage zurückgeben: Wessen Glaubwürdigkeit zu diesem Thema zählt für Sie höher? Ich glaube schon, daß man diese Frage kritisch stellen muß. Sie hätten sie mit Sicherheit gestellt, wenn sich das gleiche unter einer unserer Landesregierungen zugetragen hätte. Es ist richtig, daß man die Frage stellt, ob Menschen, die durch ihre eigene Tätigkeit dermaßen ins Zwielicht geraten sind, noch in der Regierungsverantwortung belassen werden können. Wir sind der Meinung, hier muß dringend eine Änderung erfolgen.
Ich will das gerne noch fortsetzen, weil Sie wissen, daß 1988 die Regierung in Kiel wegen der Vorkommnisse gewechselt hat, die von Ihnen damals mit falschen Behauptungen der Öffentlichkeit zugespielt worden sind.
Frau Simonis ist nicht durch eine Wahl der Bürger ins Amt gekommen. Ihr Amt basiert auf dem notwendigen Rücktritt von Engholm, der 1987 die politische Kultur erfunden haben wollte und 1994 zur Atomlobby übertrat. Dieser wiederum hat sein Wissen von den Machenschaften eines Herrn Pfeiffer gezielt dazu genutzt, die gesamte CDU im Lande in Mißkredit zu bringen und den Wahlausgang zu beeinflussen.
Deswegen ist es so, daß Frau Simonis im Amt ist, weil ihr Vorgänger Wahlbetrug begangen hat. Ich glaube, die Rückschlüsse, die daraus gezogen werden müssen, sind richtig.
Es täte der politischen Moral gut, wenn die Dame einen ihrer großen Hüte nähme oder zumindest öfter schwiege.
Ich glaube, daß es richtig ist, daß wir uns mit dieser Frage auseinandersetzen. Ich verstehe Ihre Aufregung nicht. Kein einziger von den hier anwesenden Genossen ist von dem, was ich angesprochen habe, betroffen, außer dem Kollegen Gansel, und der nur in positiver Hinsicht. Aber diejenigen, die tagein, tagaus großformatige Interviews geben, die politische Moral vor sich hertragen und in Wirklichkeit das Gegenteil tun, müssen deutlich beim Namen genannt werden.
Ich möchte abschließend zur Haushaltssituation ein paar Worte sagen.
Es ist bei Ihnen wie immer so: Theoretisch weiß man, wo es langgeht, praktisch erweist man sich als ungeeignet. Jetzt wird der Versuch unternommen, die positiven Entscheidungen zum Januar 1996 auf die eigenen Fahnen zu heften. Wir können heute den Bürgern sagen: Zum 1. Januar 1996 werden Kindergeld und Kinderfreibetrag netto um 7,6 Milliarden DM erhöht. Das Jahressteuergesetz läßt den Bürgern 27 Milliarden DM mehr Kaufkraft von ihrem Einkommen, vor allem den Beziehern kleiner Einkommen. 1,5 Millionen Menschen werden von der Steuerlast befreit. Das Wohneigentum wird neu gefördert. Der Strompreis sinkt um 9 Prozent. Ein Facharbeiter mit 4 700 DM brutto im Monat, verheiratet, zwei Kinder, wird ab 1. Januar 1996 monatlich um 211 DM entlastet. Hinzu kommt die Einsparung bei der Stromrechnung.
Das ist das, was Sie einen „unsoliden Haushalt" nennen. Das ist das, was wir unter verantwortlicher Haushaltspolitik im Interesse der Bürger verstehen: Entlastung von Steuern und Abgaben.
Selbst wenn man einbezieht, daß sich der Rentenbeitrag um 0,3 Prozent für den Arbeitnehmer erhöht, bleibt eine deutliche Nettoentlastung im zweistelligen Milliardenbereich. Die SPD kommt bei Entscheidungen immer Jahre zu spät. Die Standortdebatte hat sie drei Jahre lang verschlafen,
beschließt dann allmählich mit, behauptet, ausschließlich die eigenen Vorstellungen durchgesetzt
Dietrich Austermann
zu haben, da man schon immer gleiches wollte, und will dann anschließend die Konsequenzen, in diesem Falle die Lohnsteuerauswirkungen, nicht mehr mittragen. Nach diesem Thema wird nun auch beim Jahressteuergesetz verfahren. Wir werden das nicht zulassen. Wir informieren die Bürger über die Politik, die wir machen.
Dies sind die guten Nachrichten vom Bundeshaushalt: Die Ausgaben gehen erstmals seit 40 Jahren zurück. Der Privatisierungsschub wird vorbereitet. Ein neuer Familienleistungsausgleich wird eingeführt. Der Aufbau Ost genießt weiter Priorität. Die Stabilitätskriterien für Maastricht sind erfüllt. Mit uns gibt es kein Tutti-Frutti-Geld. Neue Wege auf dem Arbeitsmarkt werden beschritten. Es wird mehr Geld für Forschung ausgegeben. Die Zuschüsse für Renten- und Arbeitslosenversicherung werden gesteigert. Der Umbau des Sozialstaats wird in Angriff genommen. Die Zinsen sinken weiter. Die Steuern werden gesenkt.
Dies sind alles Daten, die uns dazu veranlassen, dem Haushalt auch in dritter Lesung zuzustimmen und dem Finanzminister und der Regierung das Vertrauen auszusprechen.
Herzlichen Dank.
Zu einer Erklärung nach § 30 der Geschäftsordnung erteile ich nun der Abgeordneten Luft das Wort. - Frau Kollegin, Sie wissen, daß sich eine Erklärung nach § 30 nur auf eine Äußerung beziehen kann, die sich während der Debatte auf Sie selbst bezogen hat.
Ja, ich weiß. - Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bedaure, daß ich erst jetzt das Wort bekomme. Ich hatte mich unmittelbar nach der Rede des Finanzministers gemeldet. Ich möchte zwei Bemerkungen machen, weil er sich in seiner Rede auf mich bezogen hat.
Erstens. Mit meiner Forderung an den Bundesfinanzminister oder an die Regierung überhaupt, die zweistelligen Milliardenbeträge zurückzuholen, um die die DDR-Kreditinstitute zu billig verkauft worden sind, habe ich mich auf einen Bericht des Bundesrechnungshofes vom 27. September 1995 bezogen. Das ist nichts, was ich mir ausgedacht habe. Der Bundesfinanzminister hat nach meinem Empfinden die Fakten und auch die Verdachtsmomente, die es in diesem Bericht gibt, nicht explizit entkräftet. Sein Staatssekretär Faltlhauser hat auf zwischenzeitlich ergangene Anfragen nach dem Verkaufserlös gepaßt. Er hat diese Angabe nicht gemacht. Ich finde, der Steuerzahler hat schon einen Anspruch darauf, solche Informationen zu bekommen.
Im übrigen muß ich sagen: Sie wischen Belege des Bundesrechnungshofes vom Tisch, Sie fechten Urteile des Bundesverfassungsgerichtes an. Ich frage mich: Sind denn diese Institutionen aus Ihrer Sicht überflüssig geworden? Das ist gegen das Grundgesetz!
Frau Kollegin, ich muß Sie unterbrechen. Sie sprechen zur Sache, können aber nur eine Erklärung abgeben, die sich auf Ihre Person bezieht.
Ja. - Zweitens. Die Regierung, der ich angehört habe, die Modrow-Regierung, hat nachweislich keinen Verkauf von DDR-Banken an westdeutsche Kreditinstitute vorbereitet bzw. betrieben. Wenn Sie, Herr Bundesfinanzminister, der Öffentlichkeit hier das Gegenteil suggerieren wollen, so ist dies eine Irreführung. Sie müssen dann schon Roß und Reiter benennen und sagen, an wen Sie dieses adressieren. Die nachfolgende Regierung war im übrigen eine CDU-geführte Regierung, also eine Regierung, mit der Sie sehr gute Kontakte gehabt haben. Wenn es Unredlichkeiten gegeben hätte, so hätten Sie dies mit Ihren politischen Freunden unmittelbar und mit Leichtigkeit korrigieren können.
Danke schön.
Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Schlußabstimmung über das Haushaltsgesetz 1996 auf den Drucksachen 13/2000, 13/2593, 13/2601 bis 13/2626, 13/2627 und 13/2630.
Die Fraktion der CDU/CSU verlangt namentliche Abstimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. - Sind alle Urnen besetzt? - Dann eröffne ich die Abstimmung.
Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später bekanntgegeben. )
- Ich bitte Sie, Ihre Plätze wieder einzunehmen.
Wir setzen die Abstimmungen fort und kommen zum Entschließungsantrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 13/2972. Die Fraktion der SPD verlangt namentliche Abstimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. - Sind alle Urnen besetzt? - Das ist der Fall. Ich eröffne die Abstimmung.
Ich darf die Damen und Herren Geschäftsführer bitten, zu mir zu kommen.
*) Seite 6092 B
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch
Sind Mitglieder im Saal, die ihre Stimme noch nicht abgegeben haben? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Abstimmung.
Ich bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später bekanntgegeben. *)
Wir setzen die Abstimmungen fort und kommen jetzt zum Entschließungsantrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 13/2922. Die Fraktion der SPD verlangt namentliche Abstimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. Ist das geschehen? - Das ist der Fall. Ich eröffne die Abstimmung.
Ist ein Mitglied im Hause, das seine Stimme noch nicht abgegeben hat? - Das ist erkennbar nicht der Fall.
Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Auch dieses Ergebnis wird Ihnen später bekanntgegeben** )
- Darf ich Sie bitten, Ihre Plätze einzunehmen. Ansonsten werde ich die Sitzung unterbrechen.
Ich gebe nun das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Schlußabstimmung über den Gesetzentwurf über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1996, Drucksachen 13/2000, 13/2593, 13/2601 bis 13/2626, 13/2627 und 13/2630, bekannt. Abgegebene Stimmen: 650. Mit Ja haben gestimmt: 337.
Mit Nein haben gestimmt: 313. Keine Enthaltung.
*) Seite 6101C * *) Seite 6099 B
Endgültiges Ergebnis Dr. Norbert Blüm
Friedrich Bohl
Abgegebene Stimmen: 649; Dr. Maria Böhmer
davon Jochen Borchert
ja: 337 Wolfgang Börnsen
Wolfgang Bosbach
nein: 312 Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Ja Rudolf Braun
Paul Breuer
Monika Brudlewsky
Georg Brunnhuber
CDU/CSU Klaus Bühler
Hartmut Büttner
Ulrich Adam
Peter Altmaier Dankward Buwitt
Anneliese Augustin Manfred Carstens
Jürgen Augustinowitz Peter Harry Carstensen
Dietrich Austermann
Heinz-Günter Bargfrede Wolfgang Dehnel
Franz Peter Basten Hubert Deittert
Dr. Wolf Bauer Gertrud Dempwolf
Brigitte Baumeister Albert Deß
Meinrad Belle Renate Diemers
Dr. Sabine Bergmann-Pohl Wilhelm Dietzel
Hans-Dirk Bierling Werner Dörflinger
Dr. Joseph-Theodor Blank Hansjürgen Doss
Renate Blank Dr. Alfred Dregger
Dr. Heribert Blens Maria Eichhorn
Peter Bleser Wolfgang Engelmann
Rainer Eppelmann Eva-Maria Kors
Heinz Dieter Eßmann Hartmut Koschyk
Horst Eylmann Manfred Koslowski
Anke Eymer Thomas Kossendey
Ilse Falk Rudolf Kraus
Dr. Kurt Faltlhauser Wolfgang Krause
Jochen Feilcke Andreas Krautscheid
Dr. Karl H. Fell Arnulf Kriedner
Ulf Fink Heinz-Jürgen Kronberg
Dirk Fischer Dr.-Ing. Paul Krüger
Leni Fischer Reiner Krziskewitz
Klaus Francke Dr. Hermann Kues
Herbert Frankenhauser Werner Kuhn
Dr. Gerhard Friedrich Karl Lamers
Erich G. Fritz Dr. Karl A. Lamers
Hans-Joachim Fuchtel
Michaela Geiger Dr. Norbert Lammert
Norbert Geis Helmut Lamp
Dr. Heiner Geißler Armin Laschet
Michael Glos Herbert Lattmann
Wilma Glücklich Dr. Paul Laufs
Dr. Reinhard Göhner Karl-Josef Laumann
Peter Götz Werner Lensing
Dr. Wolfgang Götzer Christian Lenzer
Joachim Gres Peter Letzgus
Kurt-Dieter Grill Editha Limbach
Wolfgang Gröbl Walter Link
Hermann Gröhe Eduard Lintner
Claus-Peter Grotz Dr. Klaus W. Lippold
Manfred Grund
Horst Günther Dr. Manfred Lischewski
Carl-Detlev Freiherr von Wolfgang Lohmann
Hammerstein
Gottfried Haschke Julius Louven
Sigrun Löwisch
Gerda Hasselfeldt Heinrich Lummer
Rainer Haungs Dr. Michael Luther
Otto Hauser Erich Maaß (Wilhelmshaven)
Hansgeorg Hauser Dr. Dietrich Mahlo
Erwin Marschewski
Klaus-Jürgen Hedrich Günter Marten
Manfred Heise Dr. Martin Mayer
Dr. Renate Hellwig
Ernst Hinsken Wolfgang Meckelburg
Peter Hintze Rudolf Meinl
Josef Hollerith Dr. Michael Meister
Dr. Karl-Heinz Hornhues Dr. Angela Merkel
Siegfried Hornung Friedrich Merz
Joachim Hörster Rudolf Meyer
Hubert Hüppe Hans Michelbach
Peter Jacoby Meinolf Michels
Susanne Jaffke Dr. Gerd Müller
Georg Janovsky Elmar Müller
Helmut Jawurek Engelbert Nelle
Dr. Dionys Jobst Bernd Neumann
Dr.-Ing. Rainer Jork Johannes Nitsch
Michael Jung Claudia Nolte
Ulrich Junghanns Dr. Rolf Olderog
Dr. Egon Jüttner Friedhelm Ost
Dr. Harald Kahl Eduard Oswald
Bartholomäus Kalb Norbert Otto
Steffen Kampeter Dr. Gerhard Päselt
Dr.-Ing. Dietmar Kansy Dr. Peter Paziorek
Manfred Kanther Hans-Wilhelm Pesch
Irmgard Karwatzki Ulrich Petzold
Volker Kauder Anton Pfeifer
Peter Keller Angelika Pfeiffer
Eckart von Klaeden Dr. Gero Pfennig
Dr. Bernd Klaußner Dr. Friedbert Pflüger
Hans Klein Beatrix Philipp
Ulrich Klinkert Dr. Winfried Pinger
Dr. Helmut Kohl Ronald Pofalla
Hans-Ulrich Köhler Dr. Hermann Pohler
Ruprecht Polenz
Manfred Kolbe Marlies Pretzlaff
Norbert Königshofen Dr. Albert Probst
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch
Dr. Bernd Protzner Carl-Dieter Spranger Lisa Peters Karl Hermann Haack
Dieter Pützhofen Wolfgang Steiger Dr. Günter Rexrodt
Thomas Rachel Erika Steinbach Dr. Klaus Röhl Hans-Joachim Hacker
Hans Raidel Dr. Wolfgang Freiherr von Helmut Schäfer Klaus Hagemann
Dr. Peter Ramsauer Stetten Cornelia Schmalz-Jacobsen Manfred Hampel
Rolf Rau Dr. Gerhard Stoltenberg Dr. Edzard Schmidt-Jortzig Christel Hanewinckel
Helmut Rauber Andreas Storm Dr. Hermann Otto Solms Alfred Hartenbach
Peter Harald Rauen Max Straubinger Dr. Max Stadler Dr. Liesel Hartenstein
Otto Regenspurger Michael Stübgen Carl-Ludwig Thiele Klaus Hasenfratz
Christa Reichard Egon Susset Dr. Dieter Thomae Dr. Ingomar Hauchler
Klaus Dieter Reichardt Dr. Rita Süssmuth Jürgen Türk Dieter Heistermann
Michael Teiser Dr. Wolfgang Weng Reinhold Hemker
Dr. Bertold Reinartz Dr. Susanne Tiemann Rolf Hempelmann
Erika Reinhardt Dr. Klaus Töpfer Dr. Barbara Hendricks
Hans-Peter Repnik Gottfried Tröger Monika Heubaum
Roland Richter Dr. Klaus-Dieter Uelhoff Nein Uwe Hiksch
Roland Richwien Gunnar Uldall Reinhold Hiller
Dr. Norbert Rieder Dr. Horst Waffenschmidt Gerd Höfer
Dr. Erich Riedl Dr. Theodor Waigel SPD Jelena Hoffmann (Chemnitz)
Klaus Riegert Alois Graf von Waldburg-Zeil Frank Hofmann
Dr. Heinz Riesenhuber Dr. Jürgen Warnke Brigitte Adler Ingrid Holzhüter
Hannelore Rönsch Kersten Wetzel Gerd Andres Erwin Horn
Hans-Otto Wilhelm (Mainz) Robert Antretter Eike Hovermann
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr Gert Willner Hermann Bachmaier Lothar Ibrügger
Dr. Klaus Rose Bernd Wilz Ernst Bahr Wolfgang Ilte
Kurt J. Rossmanith Willy Wimmer Doris Barnett Barbara Imhof
Adolf Roth Matthias Wissmann Klaus Barthel Brunhilde Irber
Norbert Röttgen Simon Wittmann Ingrid Becker-Inglau Gabriele Iwersen
Dr. Christian Ruck Wolfgang Behrendt Renate Jäger
Volker Rühe Dagmar Wöhrl Hans Berger Jann-Peter Janssen
Dr. Jürgen Rüttgers Michael Wonneberger Hans-Werner Bertl Ilse Janz
Roland Sauer Elke Wülfing Friedhelm Julius Beucher Dr. Uwe Jens
Ortrun Schätzle Peter Kurt Würzbach Rudolf Bindig Volker Jung
Dr. Wolfgang Schäuble Cornelia Yzer Lilo Blunck Sabine Kaspereit
Hartmut Schauerte Wolfgang Zeitlmann Dr. Ulrich Böhme Susanne Kastner
Heinz Schemken Benno Zierer Arne Börnsen Ernst Kastning
Karl-Heinz Scherhag Wolfgang Zöller Anni Brandt-Elsweier Hans-Peter Kemper
Gerhard Scheu Tilo Braune Klaus Kirschner
Norbert Schindler Dr. Eberhard Brecht Marianne Klappert
Dietmar Schlee F.D.P. Edelgard Bulmahn Siegrun Klemmer
Ulrich Schmalz Ursula Burchardt Hans-Ulrich Klose
Bernd Schmidbauer Ina Albowitz Hans Martin Bury Dr. Hans-Hinrich Knaape
Christian Schmidt Dr. Gisela Babel Hans Büttner (Ingolstadt) Walter Kolbow
Dr.-Ing. Joachim Schmidt Hildebrecht Braun Marion Caspers-Merk Fritz Rudolf Körper.
(Augsburg) Wolf-Michael Catenhusen Nicolette Kressl
Andreas Schmidt Günther Bredehorn Peter Conradi Volker Kröning
Hans-Otto Schmiedeberg Jörg van Essen Dr. Herta Däubler-Gmelin Thomas Krüger
Hans Peter Schmitz Dr. Olaf Feldmann Christel Deichmann Horst Kubatschka
Gisela Frick Karl Diller Eckart Kuhlwein
Michael von Schmude Paul K. Friedhoff Peter Dreßen Konrad Kunick
Birgit Schnieber-Jastram Horst Friedrich Rudolf Dreßler Christine Kurzhals
Dr. Andreas Schockenhoff Rainer Funke Freimut Duve Dr. Uwe Küster
Dr. Rupert Scholz Hans-Dietrich Genscher Ludwig Eich Werner Labsch
Reinhard Freiherr von Dr. Wolfgang Gerhardt Peter Enders Brigitte Lange
Schorlemer Joachim Günther Gernot Erler Detlev von Larcher
Dr. Erika Schuchardt Dr. Karlheinz Guttmacher Petra Ernstberger Waltraud Lehn
Wolfgang Schulhoff Dr. Helmut Haussmann Annette Faße Robert Leidinger
Dr. Dieter Schulte Ulrich Heinrich Elke Ferner Klaus Lennartz
Walter Hirche Lothar Fischer (Homburg) Dr. Elke Leonhard
Gerhard Schulz Dr. Burkhard Hirsch Gabriele Fograscher Klaus Lohmann (Witten)
Frederick Schulze Birgit Homburger Iris Follak Christa Lörcher
Diethard Schütze Dr. Werner Hoyer Norbert Formanski Erika Lotz
Clemens Schwalbe Ulrich Inner Dagmar Freitag Dr. Christine Lucyga
Dr. Christian Schwarz- Dr. Klaus Kinkel Anke Fuchs Dieter Maaß (Herne)
Schilling Detlef Kleinert Katrin Fuchs (Verl) Winfried Mante
Wilhelm-Josef Sebastian Roland Kohn Arne Fuhrmann Dorle Marx
Horst Seehofer Dr. Heinrich L. Kolb Monika Ganseforth Ulrike Mascher
Wilfried Seibel Jürgen Koppelin Norbert Gansel Christoph Matschie
Heinz-Georg Seiffert Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann Konrad Gilges Ingrid Matthäus-Maier
Rudolf Seiters Dr. Otto Graf Lambsdorff • Iris Gleicke Heide Mattischeck
Johannes Selle Heinz Lanfermann Günter Gloser Markus Meckel
Bernd Siebert Sabine Leutheusser- Dr. Peter Glotz Ulrike Mehl
Jürgen Sikora Schnarrenberger Günter Graf Angelika Mertens
Johannes Singhammer Uwe Lühr Angelika Graf Dr. Jürgen Meyer (Ulm)
Bärbel Sothmann Günther Friedrich Nolting Dieter Grasedieck Ursula Mogg
Margarete Späte Dr. Rainer Ortleb Achim Großmann Siegmar Mosdorf
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch
Michael Müller Jörg Tauss
Jutta Müller Dr. Bodo Teichmann
Christian Müller Jella Teuchner
Kurt Neumann Dr. Gerald Thalheim
Volker Neumann Wolfgang Thierse
Gerhard Neumann Dietmar Thieser
Dr. Edith Niehuis Franz Thönnes
Dr. Rolf Niese Uta Titze-Stecher
Günter Oesinghaus Adelheid Tröscher
Leyla Onur Hans-Eberhard Urbaniak
Manfred Opel Siegfried Vergin
Adolf Ostertag Günter Verheugen
Kurt Palis Ute Vogt
Albrecht Papenroth Karsten D. Voigt
Dr. Willfried Penner Josef Vosen
Dr. Martin Pfaff Hans Georg Wagner
Georg Pfannenstein Hans Wallow
Dr. Eckhart Pick Dr. Konstanze Wegner
Joachim Poß Wolfgang Weiermann
Rudolf Purps Reinhard Weis
Karin Rehbock-Zureich Matthias Weisheit
Margot von Renesse Gunter Weißgerber
Renate Rennebach Gert Weisskirchen
Otto Reschke Jochen Welt
Bernd Reuter Hildegard Wester
Dr. Edelbert Richter Lydia Westrich
Günter Rixe Inge Wettig-Danielmeier
Reinhold Robbe Dr. Norbert Wieczorek
Gerhard Rübenkönig Helmut Wieczorek
Dr. Hansjörg Schäfer Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dieter Schanz Dieter Wiefelspütz
Rudolf Scharping Berthold Wittich
Bernd Scheelen Dr. Wolfgang Wodarg
Dr. Hermann Scheer Verena Wohlleben
Siegfried Scheffler Hanna Wolf
Horst Schild Heidi Wright
Otto Schily Uta Zapf
Dieter Schloten Dr. Christoph Zöpel
Günter Schluckebier Peter Zumkley
Horst Schmidbauer
Dagmar Schmidt BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN
Wilhelm Schmidt
Regina Schmidt-Zadel Gila Altmann
Heinz Schmitt Elisabeth Altmann
Dr. Emil Schnell
Walter Schöler Volker Beck
Ottmar Schreiner Angelika Beer
Gisela Schröter Matthias Berninger
Dr. Mathias Schubert Annelie Buntenbach
Richard Schuhmann Amke Dietert-Scheuer
Dr. Uschi Eid
Brigitte Schulte Andrea Fischer (Berlin)
Reinhard Schultz Joseph Fischer
Gerald Häfner
Volkmar Schultz Antje Hermenau
Ilse Schumann Kristin Heyne
Dr. R. Werner Schuster Ulrike Höfken
Dietmar Schütz Michaele Hustedt
Dr. Angelica Schwall-Düren Dr. Manuel Kiper
Ernst Schwanhold Monika Knoche
Bodo Seidenthal Dr. Angelika Köster-Loßack
Lisa Seuster Steffi Lemke
Horst Sielaff Vera Lengsfeld
Erika Simm Dr. Helmut Lippelt
Johannes Singer Oswald Metzger
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk Kerstin Müller
Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast Winfried Nachtwei
Wieland Sorge Cem Özdemir
Wolfgang Spanier Gerd Poppe
Dr. Dietrich Sperling Simone Probst
Jörg-Otto Spiller Dr. Jürgen Rochlitz
Antje-Marie Steen Halo Saibold
Ludwig Stiegler Christine Scheel
Dr. Peter Struck Irmingard Schewe-Gerigk
Joachim Tappe Rezzo Schlauch
Albert Schmidt Dr. Ruth Fuchs
Wolfgang Schmitt Dr. Gregor Gysi
Dr. Uwe-Jens Heuer
Ursula Schönberger Dr. Barbara Höll
Werner Schulz Dr. Willibald Jacob
Rainder Steenblock Ulla Jelpke
Christian Sterzing Gerhard Jüttemann
Manfred Such Dr. Heidi Knake-Werner
Ludger Volmer Rolf Köhne
Helmut Wilhelm Rolf Kutzmutz
Margareta Wolf Andrea Lederer
Dr. Christa Luft
Heidemarie Lüth
PDS Dr. Günther Maleuda
Manfred Müller
Wolfgang Bierstedt Rosel Neuhäuser
Petra Bläss Christina Schenk
Maritta Böttcher Steffen Tippach
Eva Bulling-Schröter Klaus-Jürgen Warnick
Heinrich Graf von Einsiedel Dr. Winfried Wolf
Dr. Dagmar Enkelmann Gerhard Zwerenz
Der Gesetzentwurf ist damit angenommen.
- Darf ich einen Augenblick um Ihre Aufmerksamkeit bitten. Wir haben eine etwas veränderte Geschäftslage.
Wir kommen nun zu dem Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 13/2971. Dazu liegt ein Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 13/2983 vor. Das ist der hier verteilte neue Antrag, der sich auf die Mißbilligung von Welajati bezieht.
Weiter gibt es einen Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen auf Drucksache 13/2984.
- Gemach. Ich weiß das, Herr Diller. Deshalb bitte ich auch um Ihre geschätzte Aufmerksamkeit. - Dieser Antrag ist noch nicht verteilt. Ich möchte daher den Kollegen Hörster bitten, ihn zu verlesen; denn sonst müßten wir die Sitzung unterbrechen, bis er verteilt werden kann. Ich schlage Ihnen also vor, daß der Antrag zunächst einmal verlesen wird.
Herr Präsident! Der Antrag der Koalitionsfraktionen steht im Zusammenhang mit dem Änderungsantrag der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen zu ihrem eigenen Entschließungsantrag. Unser Antrag lautet:
Der Bundestag wolle beschließen:
Die Äußerungen aus Teheran zur Ermordung von Yitzhak Rabin sind völlig unakzeptabel.
Der Deutsche Bundestag erwartet von der Bundesregierung, daß sie im Vorfeld der Islam-Konferenz auf eine eindeutige Erklärung durch die iranische Regierung drängt.
Meine Kollegen, es liegen also zwei Anträge vor. Wir haben unter
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch
den Fraktionen verabredet, daß über diese beiden Anträge eine gemeinsame Runde stattfindet. Danach wird getrennt über die Anträge abgestimmt. Sind Sie damit einverstanden? - Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.
Ich erteile dem Abgeordneten Joseph Fischer das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion hat gemeinsam mit der Fraktion der Sozialdemokraten aus aktuellem Grunde folgenden Änderungsantrag gestellt:
Die Bundesregierung wird aufgefordert, den iranischen Außenminister Welajati von der bevorstehenden Islam-Konferenz auszuladen.
Der Vertreter eines Regimes, dessen Präsident den Mord am israelischen Ministerpräsidenten Rabin als „Strafe Gottes" rechtfertigt, ist in unserem Lande nicht willkommen.
Herr Bundeskanzler, Herr Bundesaußenminister, meine Damen und Herren, am vergangenen Samstag wurde der israelische Ministerpräsident Yitzhak Rabin ermordet. Wir alle waren entsetzt, tief erschüttert. Die Bundestagspräsidentin, der Bundespräsident und der Bundeskanzler haben dieses Entsetzen zum Ausdruck gebracht, mit der Billigung des gesamten Hauses, aller Fraktionen und - so nehme ich an - auch der Gruppe der PDS.
Ich möchte mich ausdrücklich bei Ihnen, Herr Bundeskanzler, und beim Bundespräsidenten nochmals für die Gelegenheit bedanken, daß ich mit nach Jerusalem fahren konnte. Aber ich möchte Sie auffordern, zu bedenken: Es kann doch nicht sein, daß wir, die Bundesrepublik Deutschland in dieser Woche Gastgeber des Außenministers eines Regimes sind - auch wenn wir wissen, daß man mit mörderischen Regimen gelegentlich Gespräche führen muß, wenn man auf Veränderung setzt -, das den Mord am israelischen Ministerpräsidenten und damit auch an dem, wofür er stand, nämlich für Frieden und Aussöhnung zwischen Israelis und Palästinensern, nicht nur gerechtfertigt, sondern mit seinen höchsten Repräsentanten nachgerade gebilligt, ja sogar bejubelt hat.
Herr Bundeskanzler, uns wäre es am liebsten, der Bundesaußenminister würde hierher kommen und eine Abstimmung überflüssig machen,
indem er sagt, daß dieses Verhalten nicht nur nicht akzeptabel ist, sondern daß Herr Welajati in diesem Lande nicht erwünscht ist und demnach ausgeladen wird. Uns geht es hier nicht um einen parteipolitischen Vorteil, sondern uns geht es darum, daß wir auf der Grundlage gemeinsamer Überzeugungen, unserer Israel-Politik, die von allen gemeinsam getragen wird, aber auch der Verpflichtung für Menschenrechte, der Unterstützung für den Friedensprozeß im Nahen Osten ein deutliches Signal setzen.
Ich möchte Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen, auffordern, diesem Antrag zuzustimmen oder - das wäre uns noch lieber - den Bundesaußenminister zu veranlassen, eine solche Erklärung hier und heute abzugeben.
Ich erteile nun das Wort dem Abgeordneten Rudolf Seiters.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich brauche die Worte der Trauer und des Entsetzens über die Ermordung des israelischen Ministerpräsidenten, die dieses Haus vor einigen Tagen übereinstimmend und gemeinsam geäußert hat, nicht zu wiederholen. Wir sind uns einig in der Bewertung der Vorgänge. Jedermann in der Welt muß wissen, daß die Bundesregierung, der Deutsche Bundestag, Deutschland den Friedensprozeß im Nahen Osten nachdrücklich unterstützt und damit auch die Politik von Ministerpräsident Rabin und Außenminister Peres.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat unmittelbar nach den abstoßenden Äußerungen aus Teheran zur Ermordung des israelischen Ministerpräsidenten erklärt: Diese Äußerungen sind völlig inakzeptabel. Wir sagen dies auch heute. Wir erwarten von der Bundesregierung, daß sie im Vorfeld der Islam-Konferenz auf eine eindeutige Erklärung durch die iranische Regierung drängt.
In diesem Sinne erbitten wir einen Beschluß des Deutschen Bundestages. Wir erwarten im übrigen auch, daß die Bundesregierung im Lichte der iranischen Reaktion gegebenenfalls in neue Überlegungen eintritt.
Meine verehrten Kollegen! Der Außenminister der Schweiz, Herr Cotti, ist als Gast von Außenminister Kinkel und Bundesminister Rüttgers hier anwesend. Er hat auf der Tribüne Platz genommen. Herr Minister, ich möchte Sie als unseren guten Nachbarn herzlich begrüßen und freue mich, daß Sie hier sind.
Wir fahren fort. Ich erteile nun das Wort dem Abgeordneten Günter Verheugen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt Zeiten, in denen kritischer Dialog, ein diplomatisches Gespräch richtig ist, und es gibt Zeiten, in denen deutliche Signale vonnöten sind.
Und dies ist die Zeit, in der ein deutliches Signal gebraucht wird. Eine Woche nach der Beisetzung des israelischen Ministerpräsidenten den iranischen Außenminister in Bonn zu empfangen ist von unserem Selbstverständnis her nicht möglich,
weil er dann auch hier die Politik einer Regierung vertreten wird, deren Präsident den Mord am israelischen Ministerpräsidenten ja nicht nur gerechtfertigt, sondern mit dieser Rechtfertigung geradezu dazu aufgerufen hat, Terrorismus in der Welt zu verbreiten.
Wer wird der nächste sein, der sich unter Berufung auf das, was der iranische Präsident gesagt hat, nämlich diese Ermordung sei eine „Strafe Gottes" gewesen, als Werkzeug Gottes mißversteht und den nächsten, Herr Bundeskanzler, aus dem Kreis der Regierungschefs oder Staatsoberhäupter ermordet? Wer wird der nächste sein, der das tut? - Das muß man überlegen.
Deshalb muß der iranischen Regierung, die von unseren amerikanischen Freunden, wie Sie wissen, nachdrücklich und öffentlich mit der Förderung des Staatsterrorismus in der ganzen Welt in Beziehung gebracht wird, ein klares und deutliches Stoppsignal gesetzt werden.
Der iranische Außenminister kann hier nicht erscheinen, als wäre nichts geschehen. Es reicht nicht aus, Herr Kollege Seiters, die Bundesregierung aufzufordern, sie möge die iranische Regierung zu einer Erklärung drängen. Was geschieht, wenn diese Erklärung nicht kommt? - Nein, Herr Seiters, die Erklärung ist bereits da, von der höchsten Autorität jenes Landes.
Diese Erklärung reicht aus, um ein klares Nein zu sagen.
Ich bitte Sie: Stimmen Sie unserem Antrag zu! Verständigen wir uns darauf, hier ein gemeinsames
Signal der deutschen Demokratie für Menschenrechte und Menschenwürde zu setzen.
Ich erteile nun dem Abgeordneten Ulrich Irmer das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will nicht verhehlen, daß dem Antrag, der jetzt von Bündnis 90/Die Grünen und SPD eingebracht wird, viel Sympathie entgegenschlägt.
Auch ich halte die Vokabel im Antrag der Koalition nicht für ausreichend, wenn es dort heißt, diese Erklärungen von iranischer Seite seien „unakzeptabel" . Das sind sie natürlich. Sie sind aber darüber hinaus menschenverachtend. Sie sind verwerflich.
Ich bitte um Verständnis dafür, daß der Text in der Hektik dieses Vorgangs sehr schnell gezimmert werden mußte. Sie alle kennen das.
Nehmen Sie es bitte hin, daß ich hier für meine Fraktion erkläre: Das, was von iranischer Seite zum Tode von Yitzhak Rabin gesagt worden ist, ist menschenverachtend und verwerflich.
- Ich habe gesagt, es gibt viel Sympathie für die Reaktion, die uns hier vorgeschlagen wird, nämlich jetzt zu sagen: Wir laden Herrn Welajati aus.
Meine Damen und Herren, leider - gerade dieser Vorgang zeigt es - ist die Welt nicht so, wie wir sie gerne hätten, wie wir sie uns wünschen und erträumen.
- Ich weiß, Herr Duve, daß wir uns hier auf einem schmalen Grat bewegen. Ich halte aber daran fest: Wir melden uns aus der Politik ab, wenn wir nicht den Versuch machen, selbst mit den Schlimmsten zu reden.
Die Bundesregierung hat bereits im Vorfeld klargestellt - sie wird das erneut tun -, was wir von diesen Äußerungen halten, wie entsetzlich, wie schrecklich, wie furchtbar wir dies finden. Aber ich meine, daß die Chance eröffnet werden sollte, den Iranern noch
Ulrich Irmer
einmal klarzumachen, wie empört die Weltöffentlichkeit ist.
Ich halte daran fest: Die Islam-Konferenz, die nächste Woche hier stattfindet,
kann nicht aussparen, daß es im Islam eben nicht nur friedliche Gesprächspartner, sondern auch blutrünstige Verbrecher und Terroristen gibt. Das müssen wir einfach zur Kenntnis nehmen. Deshalb bitte ich noch einmal darum, jetzt nicht mit moralischen Fingern auf diejenigen zu zeigen, die Ihrem Antrag nicht von vornherein in dieser Weise zustimmen.
Ich erteile nun dem Abgeordneten Dr. Winfried Wolf das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Diskussion zum Thema Iran und Welajati kommt etwas überraschend. Die Äußerungen von Welajati zu der Ermordung des israelischen Ministerpräsidenten sind empörend. Aber es ist weit mehr über den Iran und Welajati bekannt, und deshalb müßte zu diesem Thema weit mehr gesagt werden. Ich werde hierzu vier Punkte nennen.
Erstens. Die iranische Regierung hat den Charakter einer systematisch die Menschenrechte im Iran verletztenden Regierung. Diese Regierung praktiziert Menschenrechtsverletzung flächendeckend und seit mehr als einem Jahrzehnt - dies ist dokumentiert auf Hunderten von Seiten, von Amnesty International und einer ganzen Reihe anderer prominenter Menschenrechtsorganisationen -; dies hat unter anderem kulminiert in dem systematisch aufrechterhaltenen Mordaufruf gegen Salman Rushdie. Dieses Land unterdrückt vor allem die Rechte der schwächsten Menschen im Iran, der Kinder - auch sie werden zum Tode verurteilt - und der Frauen.
Zweitens. Die Bundesregierung betreibt seit vielen Jahren eine systematische Sympathiewerbung für das verbrecherische Regime in Teheran.
Die Bundesregierung hat während des ersten Golfkriegs in den 80er Jahren beide Seiten wirtschaftlich, mit Krediten und zum Teil militärisch unterstützt.
Vor diesem Hintergrund hat die Bundesregierung die Einladung an Welajati ausgesprochen und damit eine empörende Provokation begangen. Ich bitte Sie, das Verhältnis der Bundesregierung zu Kuba und zum Iran zu vergleichen. Egal, was Sie über Kuba sagen mögen: Der Unterschied zwischen Iran und Kuba ist der, daß in dem einen Land, Herr Joschka Fischer, die Menschenrechte flächendeckend verletzt werden und es in dem anderen vielleicht punktuell passiert.
Drittens. Die PDS hat in diesem Bundestag einen Antrag eingebracht, der sich gegen privilegierte Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Iran richtet, und dies begründet - denn dies bringt diese privilegierten Beziehungen zum Ausdruck - mit der Vergabe neuer HermesKredite an den Iran. Wir halten diesen Antrag aufrecht, gerade in diesem Zusammenhang.
Viertens. Der CDU-Antrag, der jetzt vorgelegt worden ist, ist heuchlerisch und pharisäerhaft. Mit ihm soll ein Nebelschleier gelegt werden. Ich bitte Sie noch einmal, den Text, der jetzt schriftlich vorliegt, exakt zu lesen. Dort steht, es werde „im Vorfeld der Islam-Konferenz auf eine eindeutige Erklärung" gedrängt. Das heißt, wenn sie vorgelegt werden würde, dann würde die Einladung trotzdem aufrechterhalten werden, während der Antrag, der von Grünen und SPD vorgelegt worden ist, fordert, diese Einladung generell zurückzuziehen.
Eine kleine Anmerkung am Schluß: Es gab bei der kurzen Absprache in der PDS einzelne Meinungen, die dahin gingen, daß auch die Unterstützung des Antrags von Grünen und SPD falsch verstanden werden könnte, als gegen das iranische Volk gerichtet. Ich möchte klar sagen: Damit hat es nichts zu tun. Es hat mit dem Verhältnis unseres Landes zur Regierung des Iran zu tun.
Danke schön.
Ich erteile nun dem Bundesminister Dr. Klaus Kinkel das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung verfolgt im Rahmen der EU gegenüber dem Iran eine Politik des kritischen Dialogs.
Dieser Dialog bezieht ausdrücklich und nachdrücklich die Themen mit ein, die Anlaß nicht nur zur Sorge, sondern zu massivster Kritik geben. - Ich habe mich in meiner Zeit als Staatssekretär im Justizministerium, in meiner Zeit als Justizminister und auch in meiner Zeit als Außenminister seit Jahren in dieser Beziehung eingesetzt. - Hierzu zählen insbesondere die Lage der Menschenrechte, terroristische Bestrebungen, die Fatwa gegen Salman Rushdie - ich habe ihn empfangen und dafür gesorgt, daß er in Brüssel empfangen wird - und die Ablehnung des Nahost-Friedensprozesses.
Bundesminister Dr. Klaus Kinkel
Ich habe - im Gegensatz zu anderen - im Rahmen dieses kritischen Dialogs in zahlreichen Gesprächen mit der iranischen Regierung den Einfluß geltend gemacht, den wir hatten.
Der Europäische Rat hat sich im Dezember 1992 diese Politik des kritischen Dialogs gegenüber dem Iran förmlich zu eigen gemacht. Diese Politik des kritischen Dialogs ist ein schwieriger Weg, der nicht sofort zu Erfolgen führen kann. Das wissen alle. Aber diese Politik hat auch Erfolge erzielt, und die sind unter anderem unserer deutschen Politik zuzuschreiben.
Der Iran hat das Chemiewaffenübereinkommen gezeichnet. Der Iran hat die Verlängerung des Nichtverbreitungsvertrags unterzeichnet. Es gibt Verbesserungen in der Lage der Bahai im Iran. Es gibt nicht unerhebliche Fortschritte, gerade in den letzten Tagen, im Fall Salman Rushdie, die ich jetzt im einzelnen aus für Sie nachvollziehbaren Gründen leider nicht darlegen kann. Und wir haben erstmals einen offiziellen Menschenrechtsdialog mit dem Iran zustande gebracht,
mit Erfolgen in Einzelfällen.
Eine Politik der Isolierung wäre falsch. Es ist besser, mit dem Iran zu sprechen als über ihn und im Gespräch zu versuchen, dieses Land in die Pflichten eines Mitglieds der Staatengemeinschaft einzubinden.
Die Äußerungen des iranischen Präsidenten Rafsandschani zur Ermordung von Ministerpräsident Rabin sind nicht hinnehmbar,
in gar keiner Weise akzeptabel. Ich habe dies in einem scharfen Brief
dem iranischen Außenminister gegenüber zum Ausdruck gebracht, und es hat ein massives Gespräch mit dem iranischen Botschafter in Bonn stattgefunden.
Ziel der bevorstehenden Konferenz „Europa und die islamische Welt" ist, den Dialog zwischen zwei der wichtigsten Kulturkreise zu fördern und zu vertiefen.
- Hören Sie erst einmal zu.
Ich werde mich nachdrücklich dafür einsetzen, daß dem entsprochen wird, was der Antrag der Koalitionsfraktionen wünscht. Lassen Sie uns die Reaktion abwarten. Ich wünsche mir, daß der iranischen
Regierung die Chance einer Korrektur gegeben wird.
Meine verehrten Damen und Herren Kollegen, es liegen keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Thema vor; wir hatten das verabredet.
Wir haben eine etwas ungewöhnliche Geschäftslage. Darum müssen wir in der Reihenfolge etwas ungewöhnlich verfahren. Der Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und der Grünen ist zweifellos der weitergehende. Es ist ein Änderungsantrag zu dem Entschließungsantrag. Wenn er angenommen würde, wäre der Antrag der Koalition, der kein Änderungsantrag ist, überflüssig.
Also stimmen wir zuerst über den Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/ Die Grünen ab. Dann stimmen wir nicht über den Entschließungsantrag insgesamt ab, sondern über den Antrag der Koalition.
Wenn diese beiden Abstimmungen erledigt sind, fahren wir in der normalen Reihenfolge fort und stimmen über den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ab.
Herr Kollege Fischer zur Geschäftsordnung.
Herr Präsident! Wir haben uns vorhin außerhalb der üblichen Regularien interfraktionell verständigt, daß der Antrag der Koalitionsfraktionen, obwohl noch nicht schriftlich vorgelegt, als Entschließungsantrag auf die Tagesordnung gesetzt wird.
Wenn es keinen Widerspruch seitens der Mehrheit des Hauses gibt, bitte ich darum, unseren Änderungsantrag ebenfalls als Entschließungsantrag zur Abstimmung zu stellen; denn, wenn er Änderungsantrag zu unserem Antrag bliebe - gegen den die Mehrheit aus ganz anderen Gründen stimmen würde -, wäre er obsolet.
Da ich von der CDU/CSU-Fraktion signalisiert bekommen habe, daß sie dem zustimmt - ich nehme an, die F.D.P. auch -,
bitte ich, diesen Änderungsantrag zum Entschließungsantrag zu erheben und über ihn als solchen abzustimmen.
Wenn es keinen Widerspruch dagegen gibt, dann hätte ich geschäftsordnungsmäßig keine Bedenken. - Ich stelle fest, daß es zu diesem Vorschlag keinen Widerspruch gibt. Dann verfahren wir so.
Ich lasse über den Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 13/2983 abstimmen. Wer diesem
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch
Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! -
Es besteht im Präsidium keine Einigkeit.
Wir stimmen durch Hammelsprung ab. Ich bitte Sie, den Saal zu verlassen.
Ich bitte die Schriftführer, die Türen zu besetzen.
Haben die Schriftführer Ihre Plätze an den Türen eingenommen? - Das ist der Fall. Dann eröffne ich die Abstimmung. -
Darf ich die Kollegen am Eingang bitten, die Plätze einzunehmen, damit wir die Prozedur beschleunigen?
Ich gebe das Ergebnis der Abstimmung über den Antrag auf Drucksache 13/2983 der Fraktion SPD der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bekannt. Für den Antrag haben 268 Abgeordnete gestimmt. mit Nein haben 225 gestimmt. Es gab 5 Enthaltungen.
Ich stelle fest, daß der Antrag damit angenommen ist, so daß sich eine Abstimmung über den Antrag der Koalition erübrigt.
Jetzt gebe ich das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Haushaltsgesetzes 1996 auf Drucksache 13/2922 bekannt. Abgegebene Stimmen: 648. Mit Ja haben gestimmt: 283, mit Nein: 365.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 647; davon
ja: 282
nein: 365
Ja
SPD
Brigitte Adler Gerd Andres Robert Antretter
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr
Doris Barnett Klaus Barthel
Ingrid Becker-Inglau Wolfgang Behrendt
Hans Berger Hans-Werner Bertl Friedhelm Julius Beucher Rudolf Bindig
Lilo Blunck
Dr. Ulrich Böhme Arne Börnsen (Ritterhude) Anni Brandt-Elsweier
Tilo Braune
Dr. Eberhard Brecht Edelgard Bulmahn
Ursula Burchardt
Hans Martin Bury
Hans Büttner Marion Caspers-Merk Wolf-Michael Catenhusen Peter Conradi
Dr. Herta Däubler-Gmelin Christel Deichmann
Karl Diller
Peter Dreßen
Rudolf Dreßler
Freimut Duve
Ludwig Eich
Peter Enders
Gernot Erler
Petra Ernstberger Annette Faße
Elke Ferner
Lothar Fischer Gabriele Fograscher
Iris Follak
Norbert Formanski Dagmar Freitag Anke Fuchs Katrin Fuchs (Verl) Arne Fuhrmann Monika Ganseforth Norbert Gansel Konrad Gilges
Iris Gleicke
Günter Gloser
Dr. Peter Glotz
Günter Graf Angelika Graf (Rosenheim) Dieter Grasedieck
Achim Großmann Karl Hermann Haack
Hans-Joachim Hacker Klaus Hagemann Manfred Hampel Christel Hanewinckel Alfred Hartenbach
Dr. Liesel Hartenstein Klaus Hasenfratz
Dr. Ingomar Hauchler Dieter Heistermann Reinhold Hemker Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks Monika Heubaum Uwe Hiksch
Reinhold Hiller Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann Frank Hofmann (Volkach) Ingrid Holzhüter
Erwin Horn
Eike Hovermann Lothar Ibrügger Wolfgang Ilte
Barbara Imhof
Brunhilde Irber Gabriele Iwersen Renate Jäger
Jann-Peter Janssen Ilse Janz
Dr. Uwe Jens
Volker Jung Sabine Kaspereit Susanne Kastner
Ernst Kastning
Hans-Peter Kemper Klaus Kirschner Marianne Klappert Siegrun Klemmer Hans-Ulrich Klose
Dr. Hans-Hinrich Knaape Walter Kolbow
Fritz Rudolf Körper Nicolette Kressl Volker Kröning
Thomas Krüger Horst Kubatschka Eckart Kuhlwein Konrad Kunick
Christine Kurzhals Dr. Uwe Küster
Werner Labsch
Brigitte Lange
Detlev von Larcher Waltraud Lehn
Robert Leidinger Klaus Lennartz
Dr. Elke Leonhard
Klaus Lohmann Christa Lörcher
Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga Dieter Maaß Winfried Mante
Dorle Marx
Ulrike Mascher
Christoph Matschie Ingrid Matthäus-Maier Heide Mattischeck Markus Meckel
Ulrike Mehl
Angelika Mertens
Dr. Jürgen Meyer Ursula Mogg
Siegmar Mosdorf
Michael Müller Jutta Müller (Völklingen) Christian Müller (Zittau) Kurt Neumann (Berlin) Volker Neumann (Bramsche) Gerhard Neumann (Gotha)
Dr. Edith Niehuis Dr. Rolf Niese
Günter Oesinghaus Leyla Onur
Manfred Opel
Adolf Ostertag
Kurt Palis
Albrecht Papenroth Dr. Winfried Penner Dr. Martin Pfaff
Georg Pfannenstein Dr. Eckhart Pick
Joachim Poß
Rudolf Purps
Karin Rehbock-Zureich Margot von Renesse Renate Rennebach Otto Reschke
Bernd Reuter
Dr. Edelbert Richter Günter Rixe
Reinhold Robbe
Gerhard Rübenkönig Dr. Hansjörg Schäfer Dieter Schanz
Rudolf Scharping Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer Siegfried Scheffler Horst Schild
Otto Schily
Dieter Schloten
Günter Schluckebier Horst Schmidbauer
Ursula Schmidt Dagmar Schmidt (Meschede) Wilhelm Schmidt (Salzgitter) Regina Schmidt-Zadel
Heinz Schmitt Dr. Emil Schnell
Walter Schöler
Ottmar Schreiner Gisela Schröter
Dr. Mathias Schubert Richard Schuhmann
Brigitte Schulte Reinhard Schultz (Everswinkel)
Volkmar Schultz Ilse Schumann
Dr. R. Werner Schuster
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch
Dietmar Schütz Dr. Angelica Schwall-Düren Ernst Schwanhold
Bodo Seidenthal Lisa Seuster
Horst Sielaff
Erika Simm
Johannes Singer
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast Wieland Sorge
Wolfgang Spanier Dr. Dietrich Sperling Jörg-Otto Spiller Antje-Marie Steen Ludwig Stiegler
Dr. Peter Struck Joachim Tappe
Jörg Tauss
Dr. Bodo Teichmann Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim Wolfgang Thierse Dietmar Thieser Franz Thönnes
Uta Titze-Stecher Adelheid Tröscher Hans-Eberhard Urbaniak Siegfried Vergin
Günter Verheugen Ute Vogt
Karsten D. Voigt Josef Vosen
Hans Georg Wagner Hans Wallow
Dr. Konstanze Wegner Wolfgang Weiermann Reinhard Weis Matthias Weisheit Gunter Weißgerber
Gert Weisskirchen Jochen Welt
Hildegard Wester Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Norbert Wieczorek Helmut Wieczorek Heidemarie Wieczorek-Zeul Dieter Wiefelspütz
Berthold Wittich
Dr. Wolfgang Wodarg Verena Wohlleben Hanna Wolf
Heidi Wright
Uta Zapf
Dr. Christoph Zöpel Peter Zumkley
BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN
Gerald Häfner
Michaele Hustedt Dr. Helmut Lippelt Gerd Poppe
Dr. Jürgen Rochlitz Halo Saibold
Albert Schmidt Werner Schulz (Berlin) Rainder Steenblock Helmut Wilhelm (Amberg)
PDS
Wolfgang Bierstedt Petra Bläss
Maritta Böttcher
Eva Bulling-Schröter Heinrich Graf von Einsiedel Dr. Dagmar Enkelmann
Dr. Ruth Fuchs Dr. Gregor Gysi
Dr. Uwe-Jens Heuer Dr. Barbara Höll
Dr. Willibald Jacob Ulla Jelpke
Gerhard Jüttemann
Dr. Heidi Knake-Werner
Rolf Köhne
Rolf Kutzmutz
Andrea Lederer Dr. Christa Luft Heidemarie Lüth
Dr. Günther Maleuda Manfred Müller Rosel Neuhäuser Christina Schenk Steffen Tippach Klaus-Jürgen Warnick
Dr. Winfried Wolf
Gerhard Zwerenz
Nein
CDU/CSU
Ulrich Adam
Peter Altmaier Anneliese Augustin Jürgen Augustinowitz Dietrich Austermann Heinz-Günter Bargfrede Franz Peter Basten
Dr. Wolf Bauer Brigitte Baumeister Meinrad Belle
Dr. Sabine Bergmann-Pohl Hans-Dirk Bierling
Dr. Joseph-Theodor Blank Renate Blank
Dr. Heribert Blens Peter Bleser
Dr. Norbert Blüm Friedrich Bohl
Dr. Maria Böhmer Jochen Borchert
Wolfgang Börnsen Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Bötsch Klaus Brähmig
Rudolf Braun Paul Breuer
Monika Brudlewsky Georg Brunnhuber Klaus Bühler Hartmut Büttner
Dankward Buwitt
Manfred Carstens Peter Harry Carstensen
Wolfgang Dehnel Hubert Deittert Gertrud Dempwolf Albert Deß
Renate Diemers Wilhelm Dietzel Werner Dörflinger Hansjörgen Doss Dr. Alfred Dregger
Maria Eichhorn Wolfgang Engelmann Rainer Eppelmann Heinz Dieter Eßmann Horst Eylmann
Anke Eymer
Ilse Falk
Dr. Kurt Faltlhauser Jochen Feilcke
Dr. Karl H. Fell Ulf Fink
Dirk Fischer Leni Fischer (Unna)
Klaus Francke Herbert Frankenhauser Dr. Gerhard Friedrich Erich G. Fritz Hans-Joachim Fuchtel Michaela Geiger
Norbert Geis
Dr. Heiner Geißler Michael Glos
Wilma Glücklich
Dr. Reinhard Göhner Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer Joachim Gres Kurt-Dieter Grill Wolfgang Gröbl Hermann Gröhe Claus-Peter Grotz Manfred Grund
Horst Günther Carl-Detlev Freiherr von
Hammerstein
Gottfried Haschke
Gerda Hasselfeldt Rainer Haungs
Otto Hauser Hansgeorg Hauser
Klaus-Jürgen Hedrich Manfred Heise
Dr. Renate Hellwig Ernst Hinsken Peter Hintze
Josef Hollerith
Dr. Karl-Heinz Hornhues Siegfried Hornung Joachim Hörster
Hubert Hüppe Peter Jacoby
Susanne Jaffke Georg Janovsky Helmut Jawurek Dr. Dionys Jobst Dr.-Ing. Rainer Jork
Michael Jung Ulrich Junghanns
Dr. Egon Jüttner Dr. Harald Kahl Bartholomäus Kalb Steffen Kampeter
Dr.-Ing. Dietmar Kansy Manfred Kanther Irmgard Karwatzki Volker Kauder
Peter Keller
Eckart von Klaeden Dr. Bernd Klaußner Hans Klein Ulrich Klinkert
Dr. Helmut Kohl Hans-Ulrich Köhler
Manfred Kolbe Norbert Königshofen Eva-Maria Kors Hartmut Koschyk Manfred Koslowski Thomas Kossendey Rudolf Kraus
Wolfgang Krause Andreas Krautscheid
Arnulf Kriedner Heinz-Jürgen Kronberg Dr.-Ing. Paul Krüger
Reiner Krziskewitz Dr. Hermann Kues Werner Kuhn
Karl Lamers
Dr. Karl A. Lamers
Dr. Norbert Lammert Helmut Lamp
Armin Laschet Herbert Lattmann Dr. Paul Laufs Karl-Josef Laumann
Werner Lensing Christian Lenzer Peter Letzgus Editha Limbach
Walter Link Eduard Lintner
Dr. Klaus W. Lippold
Dr. Manfred Lischewski Wolfgang Lohmann
Julius Louven Sigrun Löwisch Heinrich Lummer Dr. Michael Luther
Erich Maaß Dr. Dietrich Mahlo
Erwin Marschewski Günter Marten
Dr. Martin Mayer
Wolfgang Meckelburg Rudolf Meinl
Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Friedrich Merz
Rudolf Meyer
Hans Michelbach Meinolf Michels Dr. Gerd Müller
Elmar Müller Engelbert Nelle
Bernd Neumann Johannes Nitsch
Claudia Nolte Dr. Rolf Olderog Friedhelm Ost Eduard Oswald
Norbert Otto
Dr. Gerhard Päselt Dr. Peter Paziorek Hans-Wilhelm Pesch
Ulrich Petzold Anton Pfeifer Angelika Pfeiffer Dr. Gero Pfennig
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Dr. Winfried Pinger Ronald Pofalla
Dr. Hermann Pohler Ruprecht Polenz
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch Marlies Pretzlaff
Dr. Albert Probst Dr. Bernd Protzner Dieter Pützhofen Thomas Rachel
Hans Raidel
Dr. Peter Ramsauer Rolf Rau
Helmut Rauber
Peter Harald Rauen Otto Regenspurger
Christa Reichard Klaus Dieter Reichardt
Dr. Bertold Reinartz Erika Reinhardt
Hans-Peter Repnik Roland Richter
Roland Richwien Dr. Norbert Rieder
Dr. Erich Riedl Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber Heinrich-Wilhelm Ronsöhr Dr. Klaus Rose
Kurt J. Rossmanith Adolf Roth Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck Volker Rühe
Dr. Jürgen Rüttgers Roland Sauer Ortrun Schätzle
Dr. Wolfgang Schäuble Hartmut Schauerte Heinz Schemken Karl-Heinz Scherhag Gerhard Scheu
Norbert Schindler Dietmar Schlee
Ulrich Schmalz
Bernd Schmidbauer Christian Schmidt Dr.-Ing. Joachim Schmidt
Andreas Schmidt Hans-Otto Schmiedeberg Hans Peter Schmitz
Michael von Schmude Birgit Schnieber-Jastram
Dr. Andreas Schockenhoff Dr. Rupert Scholz Reinhard Freiherr von
Schorlemer
Dr. Erika Schuchardt Wolfgang Schulhoff Dr. Dieter Schulte
Gerhard Schulz (Leipzig) Frederick Schulze Diethard Schütze (Berlin) Clemens Schwalbe
Dr. Christian Schwarz-
Schilling
Wilhelm-Josef Sebastian Horst Seehofer
Wilfried Seibel
Heinz-Georg Seiffert Rudolf Seiters
Johannes Selle
Bernd Siebert
Jürgen Sikora
Johannes Singhammer Bärbel Sothmann Margarete Späte
Carl-Dieter Spranger Wolfgang Steiger Erika Steinbach
Dr. Wolfgang Freiherr von
Stetten
Dr. Gerhard Stoltenberg Andreas Storm
Max Straubinger Michael Stübgen Egon Susset
Dr. Rita Süssmuth Michael Teiser
Dr. Susanne Tiemann
Dr. Klaus Töpfer Gottfried Tröger
Dr. Klaus-Dieter Uelhoff Gunnar Uldall
Dr. Horst Waffenschmidt
Dr. Theodor Waigel
Alois Graf von Waldburg-Zeil Dr. Jürgen Warnke
Kersten Wetzel
Hans-Otto Wilhelm Gert Willner
Bernd Wilz
Willy Wimmer Matthias Wissmann Simon Wittmann
Dagmar Wöhrl Michael Wonneberger
Elke Wülfing
Peter Kurt Würzbach Cornelia Yzer Wolfgang Zeitlmann
Benno Zierer
Wolfgang Zöller
BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN
Gila Altmann Elisabeth Altmann
Volker Beck (Köln) Angelika Beer Matthias Berninger Annelie Buntenbach
Amke Dietert-Scheuer
Dr. Uschi Eid
Andrea Fischer Joseph Fischer (Frankfurt) Antje Hermenau
Kristin Heyne Ulrike Höfken Dr. Manuel Kiper Monika Knoche
Dr. Angelika Köster-Loßack Steffi Lemke
Vera Lengsfeld Oswald Metzger Kerstin Müller Winfried Nachtwei Cem Özdemir Simone Probst Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk Rezzo Schlauch
Wolfgang Schmitt
Ursula Schönberger Christian Sterzing Manfred Such Ludger Volmer
Margareta Wolf
F.D.P.
Ina Albowitz
Dr. Gisela Babel Hildebrecht Braun
Günther Bredehorn Jörg van Essen
Dr. Olaf Feldmann Gisela Frick
Horst Friedrich
Rainer Funke
Hans-Dietrich Genscher
Dr. Wolfgang Gerhardt Joachim Günther
Dr. Karlheinz Guttmacher
Dr. Helmut Haussmann Ulrich Heinrich
Walter Hirche
Dr. Burkhard Hirsch Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Ulrich Irmer
Dr. Klaus Kinkel
Detlef Kleinert Roland Kohn
Dr. Heinrich L. Kolb Jürgen Koppelin
Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann Heinz Lanfermann
Sabine LeutheusserSchnarrenberger Uwe Lühr
Günther Friedrich Nolting Lisa Peters
Dr. Günter Rexrodt Dr. Klaus Röhl
Helmut Schäfer Cornelia Schmalz-Jacobsen Dr. Edzard Schmidt-Jortzig Dr. Hermann Otto Sohns
Dr. Max Stadler
Carl-Ludwig Thiele Dr. Dieter Thomae Jürgen Türk
Dr. Wolfgang Weng
Damit ist der Antrag abgelehnt.
Dann gebe ich das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 13/2972 bekannt. Abgegebene Stimmen: 671. Mit Ja haben gestimmt: 247, mit Nein: 399, Enthaltungen: 25.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 649; davon
ja: 246
nein: 378
enthalten: 25
Ja
SPD
Brigitte Adler
Gerd Andres
Robert Antretter
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr
Doris Barnett
Klaus Barthel
Ingrid Becker-Inglau Wolfgang Behrendt
Hans Berger
Hans-Werner Bertl
Friedhelm Julius Beucher Rudolf Bindig
Lilo Blunck
Dr. Ulrich Böhme Arne Börnsen (Ritterhude) Anni Brandt-Elsweier
Tilo Braune
Dr. Eberhard Brecht
Edelgard Bulmahn
Ursula Burchardt
Hans Martin Bury
Hans Büttner Marion Caspers-Merk Wolf-Michael Catenhusen Peter Conradi
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Christel Deichmann Karl Diller
Peter Dreßen
Rudolf Dreßler
Freimut Duve
Ludwig Eich
Peter Enders
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Annette Faße
Elke Ferner
Lothar Fischer Gabriele Fograscher
Iris Follak
Norbert Formanski Dagmar Freitag
Anke Fuchs Katrin Fuchs (Verl) Arne Fuhrmann
Monika Ganseforth Norbert Gansel
Konrad Gilges
Iris Gleicke
Günter Gloser
Dr. Peter Glotz
Günter Graf Angelika Graf (Rosenheim) Dieter Grasedieck
Achim Großmann
Karl Hermann Haack
Hans-Joachim Hacker Klaus Hagemann
Manfred Hampel
Christel Hanewinckel Alfred Hartenbach Dr. Liesel Hartenstein Klaus Hasenfratz
Dr. Ingomar Hauchler Dieter Heistermann Reinhold Hemker
Rolf Hempelmann
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch Dr. Barbara Hendricks
Monika Heubaum Uwe Hiksch
Reinhold Hiller Gerd Höfer
Jelena Hoffmann Frank Hofmann (Volkach) Ingrid Holzhüter
Erwin Horn
Eike Hovermann Lothar Ibrügger Wollgang Ilte Barbara Imhof Brunhilde Irber Gabriele Iwersen Renate Jäger
Jann-Peter Janssen Ilse Janz
Dr. Uwe Jens
Volker Jung Sabine Kaspereit Susanne Kastner
Ernst Kastning Hans-Peter Kemper Klaus Kirschner Marianne Klappert Siegrun Klemmer Hans-Ulrich Klose
Dr. Hans-Hinrich Knaape Walter Kolbow
Fritz Rudolf Körper Nicolette Kressl Volker Kröning Thomas Krüger Horst Kubatschka Eckart Kuhlwein Konrad Kunick Christine Kurzhals Dr. Uwe Küster Werner Labsch Brigitte Lange Detlev von Larcher Waltraud Lehn Robert Leidinger Klaus Lennartz
Dr. Elke Leonhard Klaus Lohmann Christa Lörcher
Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dieter Maaß Winfried Mante Dorle Marx
Ulrike Mascher Christoph Matschie
Ingrid Matthäus-Maier Heide Mattischeck Markus Meckel
Ulrike Mehl
Angelika Mertens
Dr. Jürgen Meyer Ursula Mogg
Siegmar Mosdorf
Michael Müller Jutta Müller (Völklingen) Christian Müller (Zittau) Kurt Neumann (Berlin) Volker Neumann (Bramsche) Gerhard Neumann (Gotha) Dr. Edith Niehuis
Dr. Rolf Niese Günter Oesinghaus
Leyla Onur
Manfred Opel Adolf Ostertag Kurt Palis
Albrecht Papenroth Dr. Winfried Penner Dr. Martin Pfaff
Georg Pfannenstein Dr. Eckhart Pick
Joachim Poß
Rudolf Purps
Karin Rehbock-Zureich Margot von Renesse Renate Rennebach Otto Reschke
Bernd Reuter
Dr. Edelbert Richter Günter Rixe
Reinhold Robbe
Gerhard Rübenkönig Dr. Hansjörg Schäfer Dieter Schanz
Rudolf Scharping
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer Siegfried Scheffler Horst Schild
Otto Schily
Dieter Schloten
Günter Schluckebier Horst Schmidbauer
Ursula Schmidt Dagmar Schmidt (Meschede) Wilhelm Schmidt (Salzgitter) Regina Schmidt-Zadel
Heinz Schmitt Dr. Emil Schnell
Walter Schöler
Ottmar Schreiner
Gisela Schröter
Dr. Mathias Schubert Richard Schuhmann
Brigitte Schulte Reinhard Schultz (Everswinkel)
Volkmar Schultz Ilse Schumann
Dr. R. Werner Schuster Dietmar Schütz Dr. Angelica Schwall-Düren Ernst Schwanhold
Bodo Seidenthal
Lisa Seuster
Horst Sielaff
Erika Simm
Johannes Singer
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast Wieland Sorge
Wolfgang Spanier Dr. Dietrich Sperling Jörg-Otto Spiller
Antje-Marie Steen Ludwig Stiegler
Dr. Peter Struck
Joachim Tappe
Jörg Tauss
Dr. Bodo Teichmann Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim Wolfgang Thierse Dietmar Thieser
Franz Thönnes
Uta Titze-Stecher Adelheid Tröscher Hans-Eberhard Urbaniak Siegfried Vergin
Günter Verheugen
Ute Vogt Karsten D. Voigt (Frankfurt) Josef Vosen
Hans Georg Wagner Hans Wallow
Dr. Konstanze Wegner Wolfgang Weiermann Reinhard Weis Matthias Weisheit
Gunter Weißgerber
Gert Weisskirchen Jochen Welt
Hildegard Wester
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier Dr. Norbert Wieczorek
Helmut Wieczorek Heidemarie Wieczorek-Zeul Dieter Wiefelspütz
Berthold Wittich
Dr. Wolfgang Wodarg Verena Wohlleben Hanna Wolf Heidi Wright
Uta Zapf
Dr. Christoph Zöpel Peter Zumkley
PDS
Eva Bulling-Schröter Rolf Kutzmutz
Nein
CDU/CSU
Ulrich Adam Peter Altmaier
Anneliese Augustin
Jürgen Augustinowitz Dietrich Austermann Heinz-Günter Bargfrede Franz Peter Basten
Dr. Wolf Bauer Brigitte Baumeister
Meinrad Belle Hans-Dirk Bierling
Dr. Joseph-Theodor Blank Renate Blank
Dr. Heribert Blens Peter Bleser
Dr. Norbert Blüm Friedrich Bohl
Dr. Maria Böhmer Jochen Borchert
Wolfgang Börnsen Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Rudolf Braun Paul Breuer
Monika Brudlewsky
Georg Brunnhuber
Klaus Bühler Hartmut Büttner
Dankward Buwitt
Manfred Carstens Peter Harry Carstensen
Wolfgang Dehnel
Hubert Deittert Gertrud Dempwolf Albert Deß
Renate Diemers Wilhelm Dietzel Werner Dörflinger Hansjürgen Doss Dr. Alfred Dregger Maria Eichhorn
Wolfgang Engelmann Rainer Eppelmann Heinz Dieter Eßmann Horst Eylmann
Anke Eymer
Ilse Falk
Dr. Kurt Faltlhauser Jochen Feilcke
Dr. Karl H. Fell Ulf Fink
Dirk Fischer Leni Fischer (Unna)
Klaus Francke Herbert Frankenhauser Dr. Gerhard Friedrich Erich G. Fritz Hans-Joachim Fuchtel Michaela Geiger
Norbert Geis
Dr. Heiner Geißler Michael Glos
Wilma Glücklich
Dr. Reinhard Göhner Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer Joachim Gres
Kurt-Dieter Grill Wolfgang Gröbl Hermann Gröhe Claus-Peter Grotz Manfred Grund
Horst Günther Carl-Detlev Freiherr von
Hammerstein
Gottfried Haschke
Gerda Hasselfeldt Rainer Haungs
Otto Hauser Hansgeorg Hauser
Klaus-Jürgen Hedrich Manfred Heise
Dr. Renate Hellwig Ernst Hinsken Peter Hintze
Josef Hollerith
Dr. Karl-Heinz Hornhues Siegfried Hornung Joachim Hörster
Hubert Hüppe Peter Jacoby
Susanne Jaffke Georg Janovsky Helmut Jawurek Dr. Dionys Jobst Dr.-Ing. Rainer Jork
Michael Jung Ulrich Junghanns
Dr. Egon Jüttner Dr. Harald Kahl Bartholomäus Kalb Steffen Kampeter
Dr.-Ing. Dietmar Kansy Manfred Kanther Irmgard Karwatzki
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch Volker Kauder
Peter Keller
Eckart von Klaeden Dr. Bernd Klaußner Hans Klein Ulrich Klinkert
Dr. Helmut Kohl Hans-Ulrich Köhler
Manfred Kolbe
Norbert Königshofen Eva-Maria Kors
Hartmut Koschyk Manfred Koslowski Thomas Kossendey Rudolf Kraus
Wolfgang Krause Andreas Krautscheid Arnulf Kriedner Heinz-Jürgen Kronberg Dr.-Ing. Paul Krüger Reiner Krziskewitz
Dr. Hermann Kues Werner Kuhn
Karl Lamers
Dr. Karl A. Lamers
Dr. Norbert Lammert Helmut Lamp
Armin Laschet
Herbert Lattmann Dr. Paul Laufs
Karl -Josef Laumann Werner Lensing
Christian Lenzer Peter Letzgus
Editha Limbach
Walter Link Eduard Lintner
Dr. Klaus W. Lippold
Dr. Manfred Lischewski Wolfgang Lohmann
Julius Louven
Sigrun Löwisch
Heinrich Lummer Dr. Michael Luther
Erich Maaß Dr. Dietrich Mahlo
Erwin Marschewski Günter Marten
Dr. Martin Mayer
Wolfgang Meckelburg Rudolf Meinl
Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Friedrich Merz
Rudolf Meyer Hans Michelbach Meinolf Michels
Dr. Gerd Müller
Elmar Müller Engelbert Nelle
Bernd Neumann Johannes Nitsch
Claudia Nolte
Dr. Rolf Olderog
Friedhelm Ost
Eduard Oswald
Norbert Otto Dr. Gerhard Päselt Dr. Peter Paziorek Hans-Wilhelm Pesch
Ulrich Petzold Anton Pfeifer Angelika Pfeiffer Dr. Gero Pfennig
Dr. Friedbert Pflüger Beatrix Philipp
Dr. Winfried Pinger
Ronald Pofalla
Dr. Hermann Pohler Ruprecht Polenz Marlies Pretzlaff
Dr. Albert Probst Dr. Bernd Protzner
Dieter Pützhofen Thomas Rachel Hans Raidel
Dr. Peter Ramsauer
Rolf Rau
Helmut Rauber Peter Harald Rauen
Otto Regenspurger
Christa Reichard Klaus Dieter Reichardt
Dr. Bertold Reinartz
Erika Reinhardt Hans-Peter Repnik
Roland Richter Roland Richwien Dr. Norbert Rieder
Dr. Erich Riedl Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber Hannelore Rönsch
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr Dr. Klaus Rose
Kurt J. Rossmanith Adolf Roth Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck Volker Rühe
Dr. Jürgen Rüttgers
Roland Sauer Ortrun Schätzle
Dr. Wolfgang Schäuble Hartmut Schauerte
Heinz Schemken Karl-Heinz Scherhag Gerhard Scheu Norbert Schindler Dietmar Schlee Ulrich Schmalz Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt Dr.-Ing. Joachim Schmidt
Andreas Schmidt Hans-Otto Schmiedeberg Hans Peter Schmitz
Michael von Schmude
Birgit Schnieber-Jastram
Dr. Andreas Schockenhoff Dr. Rupert Scholz Reinhard Freiherr von
Schorlemer
Dr. Erika Schuchardt Wolfgang Schulhoff
Dr. Dieter Schulte
Gerhard Schulz (Leipzig) Frederick Schulze Diethard Schütze (Berlin) Clemens Schwalbe
Dr. Christian Schwarz-Schilling
Wilhelm-Josef Sebastian Horst Seehofer
Wilfried Seibel Heinz-Georg Seiffert
Rudolf Seiters Johannes Selle Bernd Siebert Jürgen Sikora
Johannes Singhammer Bärbel Sothmann Margarete Späte Carl-Dieter Spranger Wolfgang Steiger Erika Steinbach
Dr. Wolfgang Freiherr von
Stetten
Dr. Gerhard Stoltenberg Andreas Storm
Max Straubinger Michael Stübgen
Egon Susset
Dr. Rita Süssmuth
Michael Teiser
Dr. Susanne Tiemann
Dr. Klaus Töpfer Gottfried Tröger
Dr. Klaus-Dieter Uelhoff Gunnar Uldall
Dr. Horst Waffenschmidt
Dr. Theodor Waigel
Alois Graf von Waldburg-Zeil Dr. Jürgen Warnke
Kersten Wetzel
Hans-Otto Wilhelm Gert Willner
Bernd Wilz
Willy Wimmer Matthias Wissmann
Simon Wittmann
Dagmar Wöhrl Michael Wonneberger
Elke Wülfing
Peter Kurt Würzbach Cornelia Yzer Wolfgang Zeitlmann
Benno Zierer Wolfgang Zöller
BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN
Gila Altmann Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn)
Volker Beck
Angelika Beer Matthias Berninger
Annelie Buntenbach
Amke Dietert-Scheuer
Dr. Uschi Eid
Andrea Fischer Joseph Fischer (Frankfurt) Gerald Häfner
Antje Hermenau Kristin Heyne Ulrike Höfken Michaele Hustedt Dr. Manuel Kiper Monika Knoche
Dr. Angelika Köster-Loßack Steffi Lemke
Vera Lengsfeld
Dr. Helmut Lippelt Oswald Metzger Kerstin Müller Winfried Nachtwei Cern Özdemir
Gerd Poppe
Simone Probst
Dr. Jürgen Rochlitz Halo Saibold
Christine Scheel Irmingard Schewe-Gerigk Rezzo Schlauch
Albert Schmidt Wolfgang Schmitt (Langenfeld)
Ursula Schönberger Werner Schulz Rainder Steenblock Christian Sterzing Manfred Such
Ludger Volmer
Helmut Wilhelm Margareta Wolf (Frankfurt)
F.D.P.
Ina Albowitz
Dr. Gisela Babel Hildebrecht Braun
Günther Bredehorn Jörg van Essen
Dr. Olaf Feldmann Gisela Frick
Paul K. Friedhoff Horst Friedrich
Rainer Funke
Hans-Dietrich Genscher Dr. Wolfgang Gerhardt Joachim Günther
Dr. Karlheinz Guttmacher
Dr. Helmut Haussmann Ulrich Heinrich
Walter Hirche
Dr. Burkhard Hirsch Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Ulrich Irmer
Dr. Klaus Kinkel
Detlef Kleinert Roland Kohn
Dr. Heinrich L. Kolb Jürgen Koppelin
Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann Dr. Otto Graf Lambsdorff Heinz Lanfermann
Sabine LeutheusserSchnarrenberger Uwe Lühr
Günther Friedrich Nolting
Dr. Rainer Ortleb Lisa Peters
Dr. Günter Rexrodt Dr. Klaus Röhl
Helmut Schäfer Cornelia Schmalz-Jacobsen
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Dr. Hermann Otto Solms Dr. Max Stadler
Carl-Ludwig Thiele Dr. Dieter Thomae Jürgen Türk
Dr. Wolfgang Weng
Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch
Enthalten
PDS
Wolfgang Bierstedt Petra Bläss
Maritta Böttcher
Heinrich Graf von Einsiedel Dr. Dagmar Enkelmann
Dr. Ruth Fuchs
Dr. Gregor Gysi
Dr. Uwe-Jens Heuer Dr. Barbara Höll
Dr. Willibald Jacob
Ulla Jelpke
Gerhard Jüttemann
Dr. Heidi Knake-Werner Rolf Köhne
Andrea Lederer Dr. Christa Luft Heidemarie Lüth
Dr. Günther Maleuda Manfred Müller Rosel Neuhäuser Christina Schenk Steffen Tippach Klaus-Jürgen Warnick Dr. Winfried Wolf Gerhard Zwerenz
Damit ist auch dieser Entschließungsantrag abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 13/2971. Wer für den Entschließungsantrag - ursprünglich Änderungsantrag - stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Ich stelle fest, daß dieser Antrag mit den Stimmen der Koalition und der Fraktion der SPD gegen die Stimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Gruppe der PDS abgelehnt worden ist.
Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Gruppe der PDS auf Drucksache 13/2975. Wer für diesen Entschließungsantrag stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Ich stelle fest, daß dieser Antrag mit den Stimmen der Koalition, der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der Gruppe der PDS abgelehnt worden ist.
Wir setzen die Abstimmungen fort und kommen zur Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zum Finanzplan des Bundes 1995 bis 1999 auf den Drucksachen 13/2001, 13/2593 und 13/2631. Dazu liegt ein Änderungsantrag der Gruppe der PDS auf Drucksache 13/2950 vor, über den wir zuerst abstimmen. Wer dem Änderungsantrag der Gruppe der PDS auf Drucksache 13/2950 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Ich stelle fest, daß dieser Antrag mit den Stimmen der Koalition und einzelnen Stimmen aus der Fraktion der SPD bei Stimmenthaltungen im übrigen gegen die Stimmen der PDS abgelehnt worden ist.
Dann stimmen wir über die Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses ab. Wer der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zum Finanzplan des Bundes zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Ich stelle fest, daß dieser Finanzplan mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der Opposition angenommen worden ist.
Dann kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Gruppe der PDS auf Drucksache 13/2974. Wer für diesen Entschließungsantrag der Gruppe der PDS stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen?
- Ich stelle fest, daß dieser Entschließungsantrag mit den Stimmen des Hauses gegen die Stimmen der Gruppe der PDS abgelehnt worden ist.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt IV c auf: Abschließende Beratungen ohne Aussprache
Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit
- Drucksache 13/2207 -
Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung
- Drucksache 13/2940 -
Berichterstattung:
Abgeordneter Karl-Josef Laumann
Eine Aussprache ist nicht vorgesehen.
Das Wort zu einer Erklärung zur Abstimmung hat die Kollegin Bläss.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der unbestritten notwendig gewordenen Neufassung des Art. 51 des Pflege-Versicherungsgesetzes kann ich in der zur Beschlußfassung vorliegenden Form nicht zustimmen.Selbstverständlich begrüße ich, daß Menschen mit Behinderungen, die nach dem Pflege-Versicherungsgesetz keinen oder einen geringeren Anspruch auf Leistungen gegenüber vorherigen Regelungen nach SGB V und BSHG haben, durch diese Klarstellung keine Leistungseinbußen hinnehmen müssen. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß Art. 51 seinem Namen, nämlich Bestand zu schützen, nicht gerecht wird. Denn für einen nicht unerheblichen Betroffenenkreis - für diejenigen, die Geld- und Sachleistungen kombiniert erhalten - werden reale Leistungseinbußen festgeschrieben.Das bedeutet, daß von der vorgesehenen Besitzstandsregelung nur die Menschen profitieren, die bisher nur Pflegegeld und keine weiteren Leistungen erhielten und auch jetzt nur ein Pflegegeld benötigen oder beanspruchen. Alle diejenigen, die vor dem 1. April 1995 neben dem Pflegegeld weitere Leistungen erhielten, haben bedeutende Nachteile. Insbesondere die behinderten Menschen, die sich ihre Pflege nach dem Arbeitgebermodell selbst organisieren, werden damit einen Verlust von zirka 400 bis 715 DM monatlich in Kauf nehmen müssen.Andere schon vorgesehene Einschränkungen sind noch offen. Noch nicht klar ist, wie sich die Sozialhil-
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 69. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. November 1995 6105
Petra Blässfeträger in bezug auf die neue Fassung des § 69 c Abs. 4 BSHG verhalten werden. Hier ist festgelegt:Leistungen nach § 69b Abs. 1 werden insoweit nicht gewährt, als der Pflegebedürftige in der Lage ist, entsprechende Leistungen nach anderen Rechtsvorschriften in Anspruch zu nehmen.Auf jeden Fall aber kann das Arbeitgebermodell einer selbstorganisierten Pflege in der bisherigen Form nicht weitergeführt werden.Hinzu kommt, daß über die Regelungen in Abs. 3 der Besitzstandsschutz an die Einkommensgrenzen zum 31. März 1995 gebunden ist. Damit fallen jetzt noch geschützte Leistungsempfängerinnen und -empfänger bei entsprechenden Einkommenserhöhungen heraus. Das heißt, hier ist der Besitzstandsschutz zeitlich begrenzt.Der neugefaßte Art. 51 sichert zwar, daß sich die Sozialhilfeträger nicht ganz aus der Leistungserbringung „Hilfe zur Pflege" zurückziehen können. Einschnitte sind jedoch einkalkuliert.Da die ebenfalls zur Abstimmung vorgelegte Änderung des Art. 52 - die Möglichkeit, Investitionshilfen für die neuen Bundesländer mit Verwahrkonten ins nächste Jahr zu übertragen - zu begrüßen ist, werde ich mich bei der Gesamtabstimmung der Stimme enthalten. Ich gehe davon aus, daß meine Kolleginnen und Kollegen aus der PDS meinem Abstimmungsverhalten folgen werden.Ich danke.
Wir kommen zu den Abstimmungen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschußfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Ich stelle fest, daß der Gesetzentwurf in der Ausschußfassung bei Stimmenthaltung der Gruppe der PDS in zweiter Beratung angenommen worden ist.
Wir kommen zur
dritten Beratung
und Schlußabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle fest, daß der Gesetzentwurf mit derselben Mehrheit wie in der zweiten Beratung angenommen worden ist.
Ich gebe bekannt, daß der Abgeordnete Oswald Metzger zu dem Antrag der SPD auf Drucksache 13/2984 eine schriftliche Erklärung zu Protokoll gegeben hat. - Ich sehe und höre keinen Widerspruch. *)
*) Anlage 2 Ich rufe den Zusatzpunkt 2 auf:
Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Angleichung der Arbeitsbedingungen bei der Entsendung von Arbeitnehmern
- Drucksache 13/2834 —
Überweisungsvorschlag:
Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Rechtsausschuß
Ausschuß für Wirtschaft
Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Eine Aussprache ist nicht vorgesehen.
Interfraktionell wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf auf Drucksache 13/2834 federführend an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung, mitberatend an den Rechtsausschuß, an den Ausschuß für Wirtschaft, an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, an den Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau und an den Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union zu überweisen. Gibt es dazu anderweitige Vorschläge? - Das ist nicht der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.
Ich rufe den Zusatzpunkt 3 auf:
Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform des Rechts der Arbeitslosenhilfe
- Drucksache 13/2898 —
Überweisungsvorschlag:
Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Innenausschuß
Ausschuß für Wirtschaft
Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Ausschuß für Gesundheit
Haushaltsausschuß mitberatend und gemäß § 96 GO
Ich stelle fest, daß darüber Einverständnis besteht, daß sämtliche Reden zu Protokoll gegeben werden. *)
Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf auf Drucksache 13/2898 zur federführenden Beratung an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung und mitberatend an den Innenausschuß, an den Ausschuß für Wirtschaft, an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, an den Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, an den Ausschuß für Gesundheit und an den Haushaltsausschuß zur Mitberatung und gemäß § 96 GO zu überweisen. - Ich sehe und höre dazu keine anderweitigen Vorschläge. Dann ist die Überweisung so beschlossen.
Wir sind damit am Schluß unserer Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 22. November 1995, 13 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.