Gesamtes Protokol
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 223. Sitzung des Deutschen Bundestages und bitte um Ihre Aufmerksamkeit für die Bekanntgabe der Namen der entschuldigten Abgeordneten.
Der Präsident hat Urlaub erteilt für zwei Tage den Abgeordneten Lemmer, Birkelbach, für drei Tage den Abgeordneten Blachstein, Kunze, Dr. Ott, Dr. Luchtenberg, Fürst Fugger von Glött, Funcke, Kemper, Freitag, Dr. Mühlenfeld, Lausen. Entschuldigt fehlen die Abgeordneten Hübner, Dr. Schatz, Etzel , Dr. Semler, Neumann, Frau Brauksiepe, Reimann, Rische.
Meine Damen und Herren, ich habe zunächst den an Stelle des ausgeschiedenen Abgeordneten Vesper in den Bundestag eingetretenen Abgeordneten Niebes zu begrüßen.
Er scheint nicht da zu sein.
Zur Tagesordnung wünscht zunächst der Abgeordnete Richter das Wort. Bitte schön, Herr Abgeordneter!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Namen der SPDFraktion beantrage ich, den Punkt 7 der Tagesordnung, die zweite Beratung des Betriebsverfassungsgesetzes, abzusetzen. Bekanntlich sind die Drucksachen Nr. 970 und 1546, die diese Materie zur Grundlage haben, im Juli bzw. Oktober 1950 dem Bundestag unterbreitet und den zuständigen Ausschüssen zur Beratung überwiesen worden. Der Arbeitskreis, eingesetzt von den Ausschüssen für Arbeit und für Wirtschaftspolitik, hat sich in wochenlangen Beratungen mit der Materie befaßt. Ebenso haben die beiden Ausschüsse die Beratungen durchgeführt. Damit ist aber nicht zum Ausdruck zu bringen, daß diese Ausschußberatungen erschöpfend durchgeführt worden sind.
Es ist bekannt
— ich habe sie mir aufgeschrieben, Herr Wuermeling —, daß die Vertreter der Gewerkschaften und des DGB mit der Regierungskoalition und der Regierung verhandelt haben, weil gerade in diesem Entwurf Bestimmungen enthalten sind, die zu tiefer Beunruhigung innerhalb der Arbeitnehmerschaft geführt haben.
Die Verhandlungen sollen am 7. Juli nachts um 12 Uhr beendet worden sein.
Der Ausschuß für Arbeit und der Ausschuß für Wirtschaftspolitik waren von ihrem Vorsitzenden bereits auf den 8. Juli um 9 Uhr einberufen worden. Als die Einladungen am 4. Juli versandt wurden, wußte man also anscheinend bereits, daß am 7. Juli um Mitternacht die Verhandlungen — wie es in der Presse und im Rundfunk hieß — gescheitert sein sollen.
Bereits am 8. Juli sollten wir, die Vertreter der Opposition, von den Dingen unterrichtet sein und zu den wichtigsten Bestimmungen, die noch nicht abschließend beraten waren, Stellung nehmen. Wir haben Sie von der Regierungskoalition gebeten, die Beratung auszusetzen, damit wir in der Lage seien, uns zu orientieren und dann in einer später stattfindenden Ausschußsitzung die Dinge sachlich, ordnungsgemäß und mit Ruhe zu beraten. Sie haben unseren selbstverständlichen Wunsch. der eigentlich von jeder Partei hätte berücksichtigt werden müssen, abgelehnt. Sie haben von 11 Uhr 5 bis 11 Uhr 20 die §§ 75 bis zum Schluß durchberaten, in 15 Minuten 15 Paragraphen! Einer Ihrer Kollegen soll sich dahin geäußert haben: Das ging im Hennecke-Verfahren, so rasch haben Wir noch nie gearbeitet!
Sie wissen, daß dieser Tage weitere Verhandlungen stattgefunden haben, und Sie wissen alle aus Presse und Rundfunk, daß der Bundesausschuß des DGB gestern beschlossen hat, den Bundestag und die Bundesregierung zu bitten, die dritte Lesung auszusetzen. Wir sind aber der Meinung, daß es zweckdienlicher ist, bereits die zweite Lesung auszusetzen; denn in der zweiten Lesung werden die einzelnen Paragraphen behandelt, und wenn die Beschlüsse zu den einzelnen Paragraphen gefallen sind, ist es viel schwieriger, mit den Vertretern der Arbeitnehmer eine Verständigung zu erzielen, d. h. diese Paragraphen zu ändern.
Aus diesen sachlichen Erwägungen und im Interesse der Arbeitnehmerschaft, unserer Volkswirtschaft und unseres Volkes bitten wir Sie, unserem Antrag auf Absetzung des Punktes 7 von der Tagesordnung zuzustimmen.
Zu diesem Geschäftsordnungsantrag wünscht Herr Abgeordneter Dr. Schröder das Wort. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir widersprechen dem Antrag, der von Herrn Abgeordneten Richter gestellt worden ist, und beantragen unsererseits zur Tagesordnung, den Punkt 7 vor dem Punkt 6 zu behandeln. Lassen Sie mich das kurz begründen.
Ich will nicht, wie Herr Abgeordneter Richter es getan hat, ausführlicher auf die Leidensgeschichte dieses Gesetzes eingehen; dazu wird im Laufe der Debatte sicher noch reichlich Gelegenheit sein. Es muß aber hier vorweg eins gesagt werden: es wird wenig Gesetze geben, auf die in zwei Jahren ein solches Maß von Geduld, Sorgfalt und Gründlichkeit verwendet worden ist,
wie das Gesetz, das wir heute in zweiter Lesung beraten. Es wird auch wenig Gesetze geben, bei denen wir tatsächlich bis zur Grenze des Möglichen gegangen sind, um mit allen daran interessierten großen und kleinen Gruppen ein Einverständnis herzustellen, weil wir die Überzeugung haben, daß dieses Gesetz so gründlich vorbereitet werden mußte, da es ein unerhört wichtiges Gesetz ist. Wir sind aber jetzt der Auffassung, daß, nachdem dies alles einschließlich aller Verhandlungen, die bis in die letzten Minuten hinein geführt worden sind, reichlich zwei Jahre gedauert hat, der Moment gekommen ist, das, was sich ergeben hat, nun wirklich auch zu kodifizieren. Wir glauben, daß das erforderlich ist aus einem ganz vordringlichen Grunde, nämlich dem, in Deutschland nun endlich auf diesem Gebiet eine Rechtseinheitlichkeit herzustellen.
Wir sind im übrigen der Auffassung, daß die weitgehenden Rechte, die dieses Gesetz der deutschen Arbeiterschaft bringen wird, der deutschen Arbeiterschaft nicht länger vorenthalten bleiben sollen.
Ich möchte schon hier sagen, meine Damen und Herren, daß dieses Gesetz weder in einem europäischen Lande noch in einem außereuropäischen Lande eine Parallele haben wird.
Zuruf von der KPD: Sie Ahnungsloser!)
Es wird an keiner Stelle übertroffen werden, wenn es in der Form verabschiedet wird, wie es Ihnen die Koalitionsparteien heute vorschlagen.
Nachdem der Bundeskanzler Adenauer in Übereinkommen mit dem Vorsitzenden des DGB Fette die erste Beratung des Generalkriegsvertrags hier durchzusetzen vermochte,
Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort zum Absetzungsantrag und nicht zum Generalvertrag!
— gehen die Koalitionsparteien nun dazu über und versuchen, dieses Durchführungsgesetz zum Generalkriegsvertrag
in diesem Hause durchzusetzen. Man will mit diesem Gesetz die Arbeiterschaft entrechten.
Man will mit diesem Gesetz die letzten Rechte den Betriebsräten nehmen.
Herr Abgeordneter Paul, Sie haben das Wort
— nein, nicht zur Geschäftsordnung, sondern zu einem Absetzungsantrag. Wenn Sie sich nicht im Rahmen dieses Absetzungsantrages halten, werde ich Ihnen das Wort entziehen.
Das Vorgehen der Regierungsparteien bedeutet gegenüber der Arbeiterschaft eine offene Provokation.
Wir werden uns deshalb dem Vorschlage der sozialdemokratischen Fraktion auf Absetzung der Beratung dieses Gesetzes anschließen. Ich sage mit aller Deutlichkeit: Wenn Sie von den Regierungsparteien glauben, entgegen dem Willen der gewerkschaftlich organisierten Arbeiterschaft ein solches
Zwangsgesetz und Entrechtungsgesetz
durchpeitschen zu können, dann wird die Arbeiterschaft — davon bin ich fest überzeugt — Ihnen die gebührende Antwort erteilen.
Herr Abgeordneter Sabel hat zunächst das Wort. — Herr Abgeordneter Schoettle, ich bitte um, Entschuldigung. Es ist die Reihenfolge der eingegangenen Wortmeldungen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur eine kurze Richtigstellung zu den Ausführungen des Kollegen Richter. Bereits am 20. Juni war ich als Ausschußvorsitzender aufgefordert worden, eine Sitzung des Ausschusses für Arbeit durchzuführen. Das war in der darauffolgenden Woche nicht möglich, weil der Ausschuß schon mit anderen Arbeiten beschäftigt war und der mitbeteiligte Ausschuß für Wirtschaftspolitik gleichfalls über seine Termine schon verfügt hatte. Die dann folgende Woche war plenarsitzungsfrei, so daß es mir auch nicht ratsam erschien, den Ausschuß einzuberufen. Er konnte also frühestens für den Tag einberufen werden, für den es geschehen ist. Das sind die einzigen Beweggründe dafür, daß nun am 8. Juli diese Ausschußberatungen stattgefunden haben.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Wellhausen. — Herr Abgeordneter Greve, die Erregung scheint mir überflüssig zu
sein. Ich mußte Herrn Abgeordneten Sabel die Gelegenheit geben, zu der Begründung des Antrags des Herrn Abgeordneten Richter Stellung zu nehmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich ebenfalls mit zwei Äußerungen des Kollegen Richter beschäftigen. Er hat gemeint, die Koalition wäre bereits am 4. Juli davon überzeugt gewesen, daß die Verhandlungen am 7. Juli scheitern würden, und hätte in dieser Voraussicht eine Sitzung, und zwar eine abschließende Sitzung, auf den 8. Juli einberufen. Ich darf dazu das wiederholen, was ich schon in der Pressekonferenz gesagt habe: Es wäre uns gar nicht in den Sinn gekommen, diese abschließende Sitzung abzuhalten, wenn die Verhandlungen am 7. abends Gelegenheit oder Aussicht geboten hätten, nicht — muß ich leider sagen, Herr Richter — zu einer Verständigung zu kommen, sondern sich überhaupt mit der Sache selbst zu beschäftigen. Denn eine der enttäuschendsten Angelegenheiten ist es ja, daß diese Verhandlungen sich mit dem Betriebsverfassungsgesetz, über das wir nunmehr zu beschließen haben, mit keiner Silbe beschäftigt haben.
Der zweite Punkt ist folgender, und da muß ich, zur Steuer der Wahrheit sagen: in unserer Sitzung vom 8. Juli haben wir nicht in zwanzig Minuten die §§ 75 bis 92 erledigt, sondern es waren überhaupt nur noch drei Paragraphen und von denen auch nur wenige Punkte ausständig. Man hätte also den alten Herrn Hennecke nicht zu bemühen brauchen.
Das Wort hat der Abgeordnete Schoettle.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich mit aller Entschiedenheit gegen den Vorschlag wenden, den Punkt 6 der Tagesordnung, die Beratung des Ersten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan 1951, hinter den Punkt 7 zurückzustellen. Ich glaube, daß dadurch etwas eintreten wird, was Sie alle nicht wünschen können. Der Haushalt 1951 ist noch unvollständig; seine Vollständigkeit ist die Grundlage für den Haushalt 1952, wie Sie alle wissen. Wir haben ihn zur Grundlage des Wiederholungshaushalts gemacht. Die Beratungen des Haushalts nehmen recht beträchtliche Zeit in Anspruch. Wenn Sie glauben, diesen wichtigen Punkt der Tagesordnung als eine belanglose Angelegenheit hinter den Ihnen wichtiger erscheinenden Punkt 7 zurückstellen zu können, so laufen Sie Gefahr, vor den Ferien den Haushalt nicht mehr unter Dach und Fach zu bringen. Ich mache Sie darauf aufmerksam und möchte widersprechen, wenn hier der Versuch gemacht wird, den einen gegen den anderen Punkt auszutauschen.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen zu diesem Punkt liegen nicht vor.
— Wer ist „Hallo"?
— Herr Abgeordneter Harig!
Meine Damen und Herren! Schon die Debatte heute morgen zu Beginn dieser Sitzung zeigt, in welch einer Lage sich unser Volk hier befindet.
Was ist denn heute morgen hier geschehen?
Heute morgen versucht man, dasjenige, was die Adenauer-Regierung will, in die Tat umzusetzen und noch vor den Ferien das Betriebsverfassungsgesetz über die Bühne gehen zu lassen. Dabei weiß die Regierung ganz genau, daß sie damit gegen den Willen der Belegschaften, gegen den Willen der Gewerkschaften handelt.
Aber warum handelt die Regierung so? Sie kennt
die Widersprüche, die draußen in der Wirtschaft
und zwischen Kapital und Arbeit vorhanden sind.
Sie sieht diese Widersprüche immer mehr aufeinanderprallen, und sie will daher den. Vertretern der Arbeitnehmer draußen die Hände fesseln. Sie will die Möglichkeiten schaffen, daß im Betrieb das vorbereitet wird, was der Generalvertrag
jawohl, was der Generalvertrag von dieser Seite aus beinhaltet.
Auch die Tatsache, daß heute morgen Herr Dr. Schröder beantragt, 'den Punkt 7 vor den unkt 6 zu setzen, zeigt ganz deutlich, daß man seitens der Regierungskoalition gewillt ist, dieses Gesetz unter allen Umständen noch vor den Ferien zu verabschieden,
damit die Arbeitnehmer ihrer Rechte verlustig gehen, damit man während der Ferien schon alles einleiten kann, was notwendig ist, um die Rechte der Arbeitnehmer vollends zu beseitigen.
Ich unterstreiche noch einmal das, was mein Kollege Paul gesagt hat. Wir unterstützen den Antrag der sozialdemokratischen Fraktion
auf Absetzung dieses Punktes von der Tagesordnung.
Meine Damen und Herren, damit sind aber die Wortmeldungen erschöpft.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der sozialdemokratischen Fraktion, den Punkt 7 von der Tagesordnung abzusetzen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzu-
stimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. —
Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Weiter ist der Antrag gestellt worden, den Punkt 7 der Tagesordnung vor den Punkt 6 zu setzen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Eine Enthaltung. Das erste war die Mehrheit; die beiden Punkte sind vertauscht. Wir haben die Möglichkeit, durch eine Beschleunigung der Verhandlungen die inzwischen verwandte Zeit von 22 Minuten wieder einzuholen.
Zunächst gebe ich das Wort zur Tagesordnung Herrn Abgeordneten Dr. Reismann, der auch zur Tagesordnung ums Wort gebeten hat.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es hat sich eben bei der Debatte um die Punkte 6 und 7 schon ergeben, zu was für Unzuträglichkeiten es führt, daß die Tagesordnung der drei Sitzungstage in dieser Woche außerordentlich übersetzt ist. Wenn man sich überlegt, daß außer dem Etat z. B. heute allein für die zweite Lesung über 160, nämlich 166 Paragraphen zu behandeln sind, und daß wir 25 Gesetze in zweiter und dritter Lesung, 11 Gesetze in erster Lesung und insgesamt etwa 60 Punkte in den drei Tagen behandeln sollen, so ergibt sich, daß das für den Gehalt und für die Gründlichkeit der Beratungen sicherlich nicht dienlich ist.
— Ja, das ist sehr nett; aber ist nun die Fixigkeit oder die Richtigkeit wichtiger?
Beides!
Beides scheint uns schlecht miteinander vereinbar zu sein.
Man muß einmal folgendes überlegen. Die Ministerien haben monatelang Zeit gehabt, diese Gesetzentwürfe zu beraten.
Die Ausschüsse haben einige Wochen Zeit dafür gehabt, und das Plenum hat nur einige Minuten für die Beratung. Eine solche Art des Vorgehens schafft auf die Dauer ein Übergewicht der Verwaltung, das hinterher ausschlaggebend ins Gewicht fällt, so daß die Bedeutung der zweiten und der dritten Lesung völlig wegfällt. Wir unterhalten uns dann zuletzt nur einmal grundsätzlich in der Grundsatzdebatte und kommen im endgültigen Verfahren dahin, daß wir mehr oder minder die Vorschläge der Verwaltung akzeptieren.
Auch daß der Haushaltsplan so als einer von verschiedenen Punkten heute alles in allem übers Knie gebrochen werden soll, scheint uns nicht nützlich. Das Recht der Haushaltskritik und der Entscheidung über den Haushalt ist nicht nur genealogisch das Urrecht des Parlaments überhaupt, sondern auch heute immer noch das Kernstück der parlamentarischen Rechte.
Wir möchten deshalb den Ältestenrat und den Herrn Präsidenten dringend bitten, in eine Überprüfung der für die drei Tage vorgesehenen überreichlichen Tagesordnung einzutreten und möglichst viel davon auf die Zeit nach den Ferien zu vertagen.
Herr Abgeordneter Reismann, darf ich eine Bemerkung machen. Der Ältestenrat tritt heute abend nach 19 Uhr zusammen. Wir haben also die Möglichkeit, Ihrem Wunsche zu entsprechen. Andererseits muß ich darauf hinweisen, daß in der heutigen Tagesordnung fast nicht ein einziger Gesetzentwurf der Regierung enthalten ist, sondern es handelt sich durchweg um Ergebnisse der Beratungen von Ausschüssen. Der Druck, möglichst viel auf die Tagesordnung zu bringen, ist meines Erachtens von den Ausschüssen ausgegangen, die ihre Arbeitsergebnisse noch auf der Tagesordnung haben wollten.
Herr Präsident, ich kann sehr wohl verstehen, daß die Ausschüsse darauf drängen, ihre Berichte auf die Tagesordnung zu bringen. Aber 49 Ausschüsse sind nicht in der Lage, zu übersehen, was alles von den anderen Ausschüssen kommt. Deswegen muß das koordiniert werden und hätte koordiniert werden müssen. Ich gestattete mir, das heute morgen zu sagen — für heute ist es ja ohnehin zu spät —, weil es auf morgen und übermorgen ankommt. Ich bitte deswegen, den Wunsch unserer Fraktion gerade bei der abendlichen Besprechung zu berücksichtigen.
— Wenn Sie nicht gesprochen hätten, Herr Sabel
Ich darf folgende Mitteilungen machen: Erstens. Der Ausschuß für Verkehrswesen tritt um 10 Uhr in Zimmer 214 zu einer kurzen Sitzung über das Güterkraftverkehrsgesetz zusammen. Zweitens: Wir haben vorgesehen, die heutige Sitzung pünktlich um 19 Uhr zu beenden, da um 20 Uhr eine Sitzung der Parlamentarischen Sektion der Europäischen Bewegung und um 21 Uhr der Empfang anläßlich des Abschieds des Hohen Kommissars der Vereinigten Staaten von Amerika stattfindet.
Außerdem darf ich, damit sich die Damen und Herren darauf einrichten können, vorschlagen, daß die Wahlen unter den Punkten 3, 4 und 5 der Tagesordnung um 12 Uhr vorgenommen werden, damit wir einen festen Termin haben und damit Sie sich auf diese Wahlen einstellen können. —Das Haus ist damit einverstanden.
Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:
Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betreffend Einfuhr- und Vorratsstellen .
Der Ältestenrat schlägt Ihnen eine Begründungszeit von 15 Minuten und eine Aussprachezeit von höchstens 90 Minuten vor. Das Wort hat Herr Abgeordneter Margulies.
Margulies , Anfragender: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als vor zwei Jahren in diesem Hause gegen meine Stimme und unter erheblichen Bedenken eines großes Teiles der Mit-
glieder dieses Hauses über die erste der Einfuhr- und Vorratsstellen beschlossen wurde, wurde damit an sich nichts Neues geschaffen; denn diese Stelle bestand bereits, wenn auch ohne ausreichende gesetzliche Grundlage. Dagegen hatte das Haus — der Gesetzgeber also — doch recht klar umrissene Vorstellungen darüber, welche Aufgaben dieser Stelle zugewiesen werden sollten. Das Aufgabengebiet gliederte sich nach den Vorstellungen des Gesetzgebers in zwei Teile. Einmal sollten diese Stellen als Einfuhrschleusen eingerichtet werden mit der Zweckbestimmung, teurere ausländische Nahrungsmittel auf das deutsche Preisniveau durch Subventionszugaben herabzuschleusen oder billigere ausländische Nahrungsmittel auf das innerdeutsche Preisniveau durch Abschöpfung heraufzuziehen, um damit eine gewisse Stetigkeit in der Preisentwicklung der Grundnahrungsmittel zu bekommen. Die zweite Aufgabe sollte sein, die aus politischen und wirtschaftlichen Gründen für notwendig gehaltene Reserve an Grundnahrungsmitteln zu bilden.
Als am 1. Juni 1950 in diesem Hause die erste Beratung des ersten der sogenannten Marktordnungsgesetze stattfand, nämlich des Gesetzes über den Verkehr mit Getreide und Futtermitteln, wurde die Begründung wie folgt gegeben:
Andererseits kann es jedoch keinem Zweifel unterliegen, daß an dem bestehenden Grundsatz einer möglichst freien Wirtschaftsentwicklung festzuhalten ist und deshalb staatliche Eingriffe sich in Grenzen halten müssen, die vom Standpunkt der Ernährungssicherung als Mindestmaß geboten erscheinen, um einen gesunden Leistungswettbewerb zu erhalten und zu fördern, nicht zuletzt im Hinblick auf das im allgemeinen Interesse erstrebenswerte Fernziel einer allmählichen Auflockerung im Rahmen der sich später ergebenden Möglichkeiten.
Herr Minister Dr. Niklas leitete die Beratung mit den Worten ein:
Auf einem so wichtigen Gebiet, wie es die Brotversorgung des Volkes nun einmal ist, kann man den Schritt von der Zwangswirtschaft in die freie Wirtschaft nicht auf einmal machen. Infolgedessen haben wir uns seit Monaten mit allen in Betracht kommenden Wirtschaftskreisen zusammengesetzt, um einen Weg zu finden.
Was hatten nun diese befragten Wirtschaftskreise damals gesagt? In einer Denkschrift des Gesamtverbandes des deutschen Groß- und Außenhandels finde ich folgende Stellungnahme:
Die vorbereiteten Gesetzentwürfe bedeuten eine vollständige Abkehr von diesem beherrschenden Grundsatz der Marktwirtschaft auf den Sektoren, für die sie erlassen werden sollen, eine Rückkehr zu Nährstandsmethoden, die der Vergangenheit angehören sollten.
Und die Gewerkschaften sagten:
Die Gewerkschaften halten eine Einfuhr- und Vorratsstelle für Getreide, Zucker, Ölsaaten und Ole für notwendig. Auf anderen Sektoren wie z. B. bei Fleisch, Milch und Milcherzeugnissen und anderen Agrarerzeugnissen erscheint eine Vorratshaltung weder notwendig noch ohne volkswirtschaftlichen Verlust technisch durchführbar.
Mindestens für die Milcherzeugnisse hat also der DGB recht behalten.
Aber auch die Sprecher der Fraktionen müssen einiges geahnt haben; denn sie machten in ihren Ausführungen energische Vorbehalte. Z. B. mein Fraktionskollege Fassbender sagte:
Was in diesem Gesetz verankert ist oder verankert werden soll, ist praktisch eine Machtfülle einer Bürokratie, zu der wir absolut kein Vertrauen haben.
Und Herr Kollege Horlacher sagte damals: Ich möchte mich heute dem Hauptkernstück der Einfuhr- und Vorratsstellen zuwenden und der Bundesregierung eines klar sagen, daß sie bei uns auf schärfsten Widerstand stoßen würde, wenn sie sich etwa, wie das früher beliebt wurde, eine Reihe von Einrichtungen neu schaffen würde, ohne das in der Wirtschaft schon Bestehende heranzuziehen. Ich darf hier auf die Lagermöglichkeiten unserer Raiffeisen-Genossenschaften, die Lagerhäuser des Handels, auf die Lagermöglichkeiten bei den Mühlen hinweisen. Alle diese schon bestehenden wirtschaftlichen Einrichtungen müssen in erster Linie benutzt werden, und es dürfen nicht sogenannte bundesunmittelbare Lagerverhältnisse neu geschaffen werden. Dagegen würden wir uns mit aller Entschiedenheit zur Wehr setzen.
Nun, die Einfuhr- und Vorratsstelle hat sich um die Meinung eines so prominenten Mitgliedes dieses Hauses und des Mitglieds ihres Verwaltungsrats recht wenig gekümmert. Kaum war das Gesetz verkündet, wurden die damals bestehenden Treuhandverträge für die Lagerhaltung aufgelöst und eben die bundesunmittelbaren Lagerverträge geschlossen, die Herr Kollege Horlacher hier so eindeutig abgelehnt hat.
Damit komme ich zur Betrachtung dessen, was die Bürokratie, zu der wir schon damals kein Vertrauen hatten, mit der ihr trotz aller Warnungen gegebenen Machtfülle angefangen hat und wie sie die in der Begründung zum Gesetz gegebenen Richtlinien, staatliche Eingriffe auf ein Mindestmaß zu beschränken, einen gesunden Leistungswettbewerb zu erhalten und eine allmähliche Auflockerung zu erstreben, in die Wirklichkeit umgesetzt hat. Man muß dabei zwischen den einzelnen Einfuhr- und Vorratsstellen unterscheiden. Die Voraussetzungen sind nicht auf allen Gebieten gleich. Ein Weltmarkt in Brotgetreide existiert z. B. überhaupt nicht. In den meisten Überschußländern der Erde sind es entweder Regierungsstellen oder Syndikate oder sonstige Zusammenschlüsse, die den Export lenken. Wenn hier, um diesen einen Einhandpartner entgegenzustellen, eine Einfuhr- und Vorratsstelle eine gewisse Hilfestellung in Form von Rahmenverträgen übernimmt, dann wird man das nicht mit dem gleichen Maß messen können, wie etwa dann, wenn eine andere Einfuhr- und Vorratsstelle in einem völlig freien Markt ohne Notwendigkeit über den Importhandel hinweg Kontrakte mit ausländischen Abladern schließt.
Nun, eine Tendenz ist allen Einfuhr- und Vorratsstellen gemeinsam, nämlich, ihren Aufgabenbereich ständig auszudehnen, möglichst alles selbst zu machen und den Apparat zu vergrößern. Die Richtlinien der Regierung, ,die Wünsche des Bundestages oder die zarten Andeutungen ihrer Verwaltungsräte kümmern sie dabei ebensowenig wie die Gesetze und Rechtsverordnungen, vom Wohl und Wehe der ihnen ausgelieferten Wirtschaft ganz zu schweigen. Daß die Einfuhr- und Vorratsstelle für Getreide umgehend und ent-
gegen der Vorschrift des Gesetzes, daß sie sich zur Durchführung ihrer Aufgaben der vorhandenen Einrichtungen der Wirtschaft bedienen soll, nun die Lagerhaltung selbst übernahm, sagte ich bereits. Der Vorgang ist deshalb besonders interessant, weil Sie sich bitte einmal die Größenordnung vor Augen halten wollen. Wenn die Bundesreserve auf 1 Million Tonnen Brotgetreide, also den Bedarf von drei Monaten, und 1 Million Tonnen Futtergetreide anwächst, dann sind damit etwa 900 Millionen DM absorbiert, also der gesamte Betrag, der im Kreditwege zur Verfügung gestellt ist, und für sonstige Manipulationen, sonstige Aufgaben, bleibt den Einfuhr- und Vorratsstellen kein Geld mehr, wie wir damals gesehen haben, als z. B. die Schweinepreise sehr stark fielen und die Einfuhr- und Vorratsstellen nicht in der Lage waren, einzugreifen, also das zu tun, wofür sie eigentlich geschaffen waren, nämlich die Stetigkeit der Preisentwicklung zu sichern. Um nun wieder zu Geld zu kommen und ihre Ladenhüter abzusetzen, machen sie verbotene Koppelgeschäfte. Sehr beliebt ist z. B. die Abgabe von Gerste zusammen mit Sorghum, das in Deutschland wenig bekannt und schlecht verkäuflich ist. Aber über dieses Verbot setzt sich die Einfuhr- und Vorratsstelle einfach hinweg, und was nachher die Wirtschaftskreise damit anfangen, das berührt sie recht wenig.
Ein Vorgang, der außerordentlich bedenklich ist, ist, weniger der Tatsache nach, der Stopp einer Ölkucheneinfuhr. Das mag im Augenblick zweckmäßig gewesen sein; aber daß hier eine nicht einmal nachgeordnete Dienststelle eines Ministeriums, die also eigentlich nur durch die Besetzung des Vorsitzes ihres Verwaltungsrats mit dem Ministerium zusammenhängt, die liberalisierte Einfuhr einer Warengattung einfach sperren kann, das eröffnet doch Möglichkeiten, die von seiten der Bundesregierung keinesfalls erwünscht sein können. Dann werden natürlich auch in mancher Richtung die Grenzen überschritten, Spannen freiweg festgesetzt, und wir haben auch häufig den Fall gehabt, daß darüber hinaus Geschäfte direkt getätigt wurden.
Ein klassisches Beispiel dafür, was die Einfuhr- und Vorratsstellen aus dem Willen des Gesetzgebers gemacht haben, ist aber folgender Fall. Anfang dieses Jahres hat die Einfuhr- und Vorratsstelle Milch und Fett eine Reserve von Margarinerohstoffen in Form von 50 000 Tonnen Soja-Öl aufgebaut. Sie hat diese Menge selbst eingekauft und darüber mit ausländischen Partnern Kontrakte geschlossen. Dem legitimen Importhandel hat sie nur eine Mahlerfunktion überlassen und die Kontrakte selbst abgewickelt. Vor einigen Wochen wurden nun weitere 2 Millionen Dollar zur Einfuhr von Soja-Öl angewiesen, und nun verkauft die Einfuhr- und Vorratsstelle ihre Bestände unmittelbar an die Verarbeiter. Sie kaufte zum damaligen Marktpreis, gibt die Bestände zu einem beträchtlich darunterliegenden Preis ab, ohne Rücksicht darauf, daß die Rückdeckung zu einem wieder gestiegenen Preis erfolgen muß. Dieser Fall ist so eindeutig ein Verstoß gegen alle drei der von uns gestellten Fragen, daß man ihn nach der rechtlichen Seite untersucht hat und dabei auf eine ganze Reihe von eklatanten Rechtsbrüchen stößt. So ist der § 15 Abs. 5 des Milch- und Fettgesetzes verletzt, der vorschreibt, daß solche Transaktionen unter Verwendung der im Haushalt bereitgestellten Mittel vom Ministerium angeordnet werden können, allerdings mit der Maßgabe des gleichen Gesetzes, daß sich die
Einfuhr- und Vorratsstelle zur Durchführung der Wirtschaft bedienen soll. Nun, das hat sie beides nicht getan. Im Haushalt sind keine Mittel bereitgestellt, und die Einfuhr- und Vorratsstelle hat sich nicht der Wirtschaft bedient. Entgegen dem Runderlaß 56/51 für die Außenwirtschaft wurde die Ausfuhr auch nicht ausgeschrieben oder im Bankenverfahren durchgeführt.
Dann liegt noch eine Rechtsverletzung darin, daß der Verwaltungsrat nicht gefragt worden ist, obwohl nach § 9 Abs. 3 des Gesetzes der Verwaltungsrat über die Aufstellung von Grundsätzen, nach denen von dem übernahmerecht Gebrauch gemacht werden soll, zu beschließen hat.
Ich will diese Beispiele nicht ins Endlose ausdehnen; sie ließen sich wer weiß wie sehr noch vermehren. Nur ein Wort noch zu der Dienststelle für Sonderverpflegung. Diese existiert eigentlich schon fünf Jahre ohne besonderen Auftrag, und wir haben sehr die Vermutung, daß dieser Dienststelle nun in Form einer Trockenobsteinfuhr ein Geschäft zugewiesen werden soll, um sie überhaupt zu beschäftigen; denn wir haben seit Jahren keine Vorstellung davon, was diese Stelle, die keine gesetzliche Grundlage hat, eigentlich macht.
Ich glaube, daß das hier vorgelegte Material an sich die Bildung eines Untersuchungsausschusses rechtfertigen würde. Meine Fraktion hat jedoch von einer solchen Forderung ausdrücklich abgesehen, um die Arbeitsfähigkeit der Einfuhr- und Vorratsstellen nicht zu beeinträchtigen. Wir erwarten aber von der Bundesregierung, daß sie die Tätigkeit der Einfuhr- und Vorratsstellen auf den Rahmen zurückführt, der vom Gesetzgeber beabsichtigt war, und wir fragen deshalb:
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um zu erreichen, daß die Einfuhr- und Vorratsstellen in der Ausübung ihrer Funktionen
a) sich im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen halten,
b) Schäden für die deutsche Volkswirtschaft vermeiden,
c) die Tätigkeit der Wirtschaft nicht mehr beeinträchtigen, als in Durchführung der ihnen zugewiesenen Aufgaben unvermeidlich ist,
d) wieder beweglich gemacht werden, um insbesondere die finanziellen Voraussetzungen ihrer Funktionsfähigkeit rechtzeitig zu sichern?
Wir fragen weiter:
Welche Aufgaben obliegen der Dienststelle für besondere Versorgungsaufgaben?
Zur Beantwortung der Großen Anfrage hat das Wort der Staatssekretär des Bundesernährungsministeriums.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Anfrage der Herren Abgeordneten Margulies, Stegner, Dr. Schäfer und Fraktion der FDP möchte ich wie folgt beantworten.
Nach den Marktordnungsgesetzen haben die Einfuhr- und Vorratsstellen vor allem drei Funktionen:
Erstens: sie sollen die Einfuhren abstimmen sowohl auf den Marktbedarf wie auf die Inlandsproduktion, d. h. sie sollen verhindern, daß durch die an sich notwendigen Einfuhren die Absatz-und die Preisverhältnisse in der inländischen Landwirtschaft gestört werden;
zweitens: sie sollen saisonale Marktschwankungen auffangen;
drittens: sie sollen im Interesse einer gleichmäßigen Versorgung eine angemessene Vorratswirtschaft betreiben.
Es liegt auf der Hand, daß diese verschiedenartigen Funktionen sich überschneiden können und nicht immer leicht in Einklang zu bringen sind, daß insbesondere die Aufgaben der Vorratshaltung, die unter den Gesichtspunkten staatlicher Bedürfnisse und öffentlicher Interessen behandelt werden müssen, in einen gewissen Widerspruch zu wirtschaftlichen Überlegungen oder gar zu privatwirtschaftlichen Gruppeninteressen geraten können.
Der Grund für solche, dem privaten Unternehmer nicht immer einleuchtende Maßnahmen liegt häufig in der unzulänglichen Kapitalausstattung der Einfuhr- und Vorratsstellen, z. B. dann, wenn eine Einfuhr- und Vorratsstelle, um im Rahmen ihrer durch die Bundesbürgschaften gezogenen Kreditmöglichkeiten zu bleiben, Wechselverpflichtungen in einem — wirtschaftlich betrachtet — ungeeigneten Zeitpunkt einlösen muß und genötigt ist, zu diesem Zeitpunkt Vorräte abzustoßen, in einem Augenblick, in dem jeder private Unternehmer seine Ware in der Hand behalten würde.
Die Forderung; daß die Einfuhr- und Vorratsstellen die Tätigkeit der Wirtschaft nicht mehr als notwendig beeinträchtigen sollten, entspricht einem Wunsche auch unseres Hauses. Es ist nicht zu bestreiten, daß sich manches ereignet hat, was in der privaten Wirtschaft den Eindruck erwecken konnte, als wollten die Einfuhr- und Vorratsstellen dem Kaufmann — insbesondere dem Importeur — ins Handwerk pfuschen oder als wollten sie gar den Importhandel ausschalten. Wenn ein solcher Anschein entstehen konnte, so haben dazu gewisse Vorschriften über das Außenhandelsverfahren, die nicht in der deutschen Gesetzgebung und nicht in den deutschen Vorstellungen etwa über den freien Wettbewerb oder über die Bedeutung eines soliden Fachhandels entstanden sind, mitgewirkt, ebenso die Tatsache, daß wir — Herr Abgeordneter Margulies hat schon darauf hingewiesen — auf dem Getreidemarkt häufig einem Einhandmonopol gegenüberstehen und nun von Fall zu Fall nach Wegen suchen müssen, um die Wünsche des privaten Unternehmertums mit solchen Lagen einigermaßen in Einklang zu bringen.
Ich bitte, für diese in der Sache und nicht im mangelnden Willen unseres Hauses und der Einfuhr- und Vorratsstellen liegenden Schwierigkeiten Verständnis aufzubringen.
Im übrigen sind wir damit beschäftigt, in enger Fühlungnahme mit den beteiligten Wirtschaftskreisen gewisse Unzuträglichkeiten, die ich hier keineswegs leugnen will, die sich unter anderem in einem nicht immer befriedigenden Zusammenspiel zwischen Einfuhr- und Vorratsstellen einerseits und der Außenhandelsstelle andererseits geäußert haben, durch sachliche, vielleicht auch durch personelle Umstellungen zu beseitigen.
Herr Abgeordneter Margulies, in einem Punkte begrüßen wir Ihre Anfrage ganz besonders. Wenn Ihre Anfrage nämlich dazu führen würde, daß die Einfuhr- und Vorratsstellen finanziell beweglich und in ihrer Ausstattung mit Eigenkapital und Kreditmitteln so gestellt würden, wie es im Interesse ihrer gesetzlichen Aufgaben erforderlich wäre, und wenn sie außerdem von gewissen bürokratischen und fiskalischen Hemmungen befreit werden würden,
die elastischen, wirtschaftlich vernünftigen Maßnahmen und Entscheidungen immer wieder im Wege stehen, dann würde das niemand mehr begrüßen als der Bundesernährungsminister.
Nun zum Schluß zur Dienststelle für Sonderverpflegung! Die Dienststelle für Sonderverpflegung hat keineswegs eine so suspekte Funktion, wie es aus Ihren Ausführungen, Herr Abgeordneter Margulies, vielleicht entnommen werden könnte. Sie ist zur Durchführung der Schulspeisung geschaffen worden, und das war ja zweifellos eine Aufgabe der Sonderverpflegung. Diese Aufgabe ist noch nicht ganz erledigt, weil die Schulspeisung bei den einzelnen Ländern noch fortgeführt wird. Die Dienststelle für Sonderverpflegung ist sodann zur Beschaffung von Einsatzverpflegung für den Bundesgrenzschutz und zur Bearbeitung der Bedarfsanforderungen der britischen Rheinarmee eingesetzt worden.
Doch das alles ist nicht der Sinn, die Zielrichtung Ihrer Anfrage; Sie interessiert die Geschichte mit den Rosinen und Pflaumen. Dazu ist folgendes zu sagen. Gerade dieses Geschäft entspricht nicht unseren Intentionen. Ich glaube, daß Sie und viele der Herren Abgeordneten, die die hier zugrunde liegenden Verhältnisse genau genug kennen, mir recht geben, wenn ich sage, daß uns dieses Geschäft ganz ohne Frage von amtlichen amerikanischen Stellen aufgezwungen worden ist,
die gefordert haben, daß wir hier einen Weg der Einfuhr wählen müßten, der ganz sicher ungewöhnlich ist und nicht unseren Intentionen entsprochen hat. Ich darf Ihnen erklären, daß Ihre Mutmaßungen über die weitere Abwicklung dieses Geschäftes eigentlich — und Gott sei Dank — nur noch historische Bedeutung haben. Die Dinge sind inzwischen bereinigt worden. Wir führen zwar so ein, wie es die Amerikaner uns ausdrücklich aufgezwungen haben. Aber nachdem die Ware in der Hand der Dienststelle für Sonderverpflegung ist, behandeln wir sie so, als ob es sich um einen Import handelt, d. h. wir schreiben aus. Ich glaube, daß damit eine befriedigende Regelung herbeigeführt werden kann.
Meine Damen und Herren, Sie haben die Beantwortung der Großen Anfrage gehört. Wird die Besprechung gewünscht?
— Doch, es sind mehr als 30 Abgeordnete. Die Besprechung findet also statt. — Wer wünscht das Wort?
Herr Abgeordneter Kriedemann!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß schon wieder einmal meiner Verwunderung darüber Ausdruck geben, daß es in diesem Hause offenbar so wenig Neigung gibt, solche durch eine Interpellation vor das Haus gebrachten Angelegenheiten dann zu besprechen. Auch diejenigen, die der Neigung widerstehen zu können glauben, hier dann Skandalgeschichten oder Sensationen aufzutischen, sollten sich doch nicht so schweigend verhalten. Denn muß dadurch nicht eigentlich der Eindruck entstehen — ein Eindruck, der uns als Parlament sicherlich sehr unerwünscht sein muß —, als handele es sich bei einer solchen Interpellation um eine, sagen wir mal, Pflichtübung? Das wird hier vorgetragen, darauf gibt es eine Antwort, und damit ist die Sache dann erledigt. Das hat in diesem Falle auch meine Freunde und mich veranlaßt, doch hier dafür zu stimmen, daß wir uns über die Angelegenheit unterhalten können. Ich kann Ihnen jetzt schon versprechen, daß ich der Versuchung, hier Sensationen aufzutischen, sehr wohl widerstehen kann.
— Na ja, sonst hätten wir vielleicht bei Ihnen noch etwas dazu gekriegt, Herr Kollege Horlacher, wenn wir uns darum bemüht hätten.
Aber in manchen Fällen reicht eben die Opposition.
Meine Damen und Herren, wer sich in Wahrnehmung seiner privaten Interessen oder in Wahrnehmung der ihm aufgetragenen öffentlichen Interessen mit unserer Außenwirtschaft auf dem Gebiet der Ernährung und der allgemeinen Versorgung zu beschäftigen hat, der weiß, daß es da eine
Fülle an Problemen gibt, die auch dadurch nicht
aus der Welt geschafft werden können, daß man nun aus einem aktuellen Anlaß sich mit den beteiligten Wirtschaftskreisen zusammensetzt und sogar personelle Veränderungen erwägt. Jeder, der sich ernsthaft zur Marktordnung bekennt, und vor allen Dingen alle diejenigen, die aus der Marktordnung etwas machen wollen, was nach allen Seiten wirkt, müssen es außerordentlich bedauern, daß in Verfolg dieser Schwierigkeiten, die Ihnen allen zumindest aus der Presse, wenn nicht aus Ihren Posteingängen geläufig geworden sind, die Einfuhr- und Vorratsstellen in ein gewisses Zwielicht gekommen sind. Die Einfuhr- und Vorratsstellen sind unverzichtbare Instrumente für eine auf die Stetigkeit der Versorgung und auf die Stetigkeit der Preise gerichtete Ernährungspolitik.
Sie können aber diese Rolle nur spielen, wenn sie im Bewußtsein aller Beteiligten eben so dastehen, wie sie theoretisch nach dem Gesetz dastehen sollten.
Man könnte vielleicht sagen, daß es gewisse Anfangsschwierigkeiten verständlicher Natur gibt, die uns in diese Diskussion hineingebracht haben. Wenn es nur so wäre, dann wäre es eine Frage der Zeit, bis wir damit fertig geworden wären. Offenbar handelt es sich hier aber doch auch um das Zutagetreten von gewissen Widersprüchen im System unserer Wirtschaftspolitik. Denn wenn auf der einen Seite in reichem Maße Bekenntnisse zu einer ungehemmten oder jedenfalls möglichst wenig gehemmten privaten Initiative da sind und auf der andern Seite dann eine Form von Marktordnung, die außerdem noch durch ein bitteres Erbe belastet ist, dann bleiben solche Schwierigkeiten, solche Widersprüche nicht aus.
Entscheidend ist aber in meinen Augen doch der Umstand, daß sich völlig entgegen dem, was hier im Hause gewollt war, als man die Marktordnung beschlossen hat, doch ganz offenbar auch dort Kräfte aus der Vergangenheit wieder festzusetzen versucht haben. Manch diner hat sich vielleicht nicht energisch genug mit den Resten dieses Reichsnährstandes auseinandergesetzt, der ja nicht nur eine Summe von Personen darstellt, sondern auch eine ganz bestimmte geistige Haltung ist. Ich bin davon überzeugt, daß allmählich alle Landwirte gemerkt haben, daß der Reichsnährstand nur scheinbar eine Sicherheit, in Wirklichkeit aber eine Fessel war, die die Landwirtschaft zum Stillhalten gezwungen und sie zum Opfer für eine uns allen geläufige Politik gemacht hat.
Ich habe so den Eindruck, daß das, was uns an den Einfuhr- und Vorratsstellen als unliebsame überflüssige Einmischung in die private Initiative, in den selbständigen Ablauf der Wirtschaft in Erscheinung tritt, eben gerade die Kräfte sind, die sich in eine Zeit zurücksehnen, in der sie zwar nicht eine „Gliederung der Partei", aber doch in einem Geist tätig waren, der es mit dem der übrigen Parteigliederungen aufnehmen konnte, nämlich in dem Geiste, Befehle an andere Leute auszuteilen, die stillzuhalten haben.
Wir haben hier öfter gehört und kennen alle zahllose Beispiele dafür, daß die Einfuhr- und Vorratsstellen nicht in der Lage waren, ihre Aufgaben zu erfüllen, weil es ihnen an den nötigen Mitteln fehlte. Ich möchte nur wiederholen, was ich schon früher gesagt habe: sie werden die nötigen Mittel auch nicht Verfügung bekommen wenn nicht alle Beteiligten der Bevölkerung und
nicht alle Beteiligten in der Wirtschaft zu diesen Einfuhr- und Vorratsstellen unvoreingenommen ja sagen können. Wenn sich die Einfuhr- und Vorratsstellen z. B. nur darum bemühen, Gelder zu bekommen, um im Falle eines zurückgehenden Inlandpreises etwa Schweine aus dem Markt zu nehmen, und nicht dafür eintreten, daß auch die spärlichen Einfuhrmöglichkeiten noch wahrgenommen werden, weil es sich nicht nur darum handelt, einen bestimmten Preis zu halten, sondern ebenso darum, einen möglichst großen Vorrat zu haben, um auch in Zukunft die Preise stabilisieren zu können, dann, meine Damen und Herren, ist es gar kein Wunder, daß es Meinungsverschiedenheiten gibt, denen die Einfuhr- und Vorratsstellen zum Schluß zum Opfer fallen, weil nur eine ganz breite Mehrheit imstande ist, ein solches Finanzierungsprogramm durchzuführen.
Aber eben an dieser breiten Mehrheit hat es deswegen gefehlt, weil wir trotz unseres gemeinsamen Bemühens um eine Ausbalancierung der Steuerorgane der Einfuhr- und Vorratsstellen offenbar doch nicht das Richtige erreicht haben; und. ein bißchen Zuviel an Wahrnehmung eines bestimmten Interessenstandpunktes ist dann meist im ganzen sehr viel zuwenig.
Nun, meine Damen und Herren, ich habe versprochen, daß ich der Neigung widerstehen möchte, heute einige von den sehr eigenartigen Einzelheiten vorzubringen, die uns oder jedenfalls einigen von uns geläufig sind. Ich darf darauf hinweisen, daß wir im Ernährungsausschuß schon be-
schlossen haben, uns gleich nach den Ferien mit den Problemen der Einfuhr- und Vorratsstellen auseinanderzusetzen, ohne einen eigentlichen Auftrag vom Hause zu haben; und über das Maß an Zeit hinaus, das uns sonst für unsere Arbeit zur Verfügung steht, haben wir uns dazu entschlossen.
Nachdem nun durch diese Interpellation die Frage aber ganz offiziell an das Haus herangebracht worden ist, möchte ich eigentlich doch gerne noch ein bißchen weitergehen. Ich schlage Ihnen deshalb namens meiner Fraktion vor, und zwar in Form eines ausdrücklichen Antrags:
Der Bundestag wolle beschließen:
Der Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und der Ausschuß für Außenhandel werden beauftragt, sich eingehend mit den Problemen der Einfuhr- und Vorratsstellen zu beschäftigen und dem Plenum in angemessener Zeit darüber Bericht zu erstatten.
Meine Damen und Herren, damit hat die Arbeit des Ernährungsausschusses auch eine geschäftsordnungsmäßige Grundlage. Ich glaube, daß wir auf diese Weise den Dingen doch besser zu Leibe gehen und fruchtbarere Arbeit leisten, als wenn wir hier nur einmal ein paar Dinge aufzählten und uns dann darauf verließen, daß das auf dem Verwaltungswege geebnet wird. Bitte, stimmen Sie unserem Antrag zu.
Herr Abgeordneter Niebergall.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es stimmt, was der Herr Abgeordnete Margulies über die Zustände hinsichtlich der Einfuhr- und Vorratsstellen ausgeführt hat; aber der Stoß hinsichtlich der Verantwortlichkeit stimmt nicht ganz; denn die Verantwortung für diese Zustände trägt in vollem Maße die Bundesregierung. Sie ist es nämlich, die durch ihre antinationale Handelspolitik, die im Interesse der amerikanischen Imperialisten liegt, unsere Wirtschaft, auch unsere Landwirtschaft, schädigt. Es ist so, daß Waren eingeführt werden, die unsere Landwirtschaft ernstlich bedrohen. Wenn man das also ändern will, kann man sich nicht in erster Linie an die Vorratsstellen wenden, sondern muß in erster Linie den Stoß gegen die Bundesregierung führen. Aber das können Sie nicht; denn das sind ja Ihre eigenen Kollegen, mit denen Sie in diesen Fragen durch dick und dünn gehen. Wer die Zustände ändern will, der muß also nach unserer Auffassung vor allen Dingen einmal gegen die verderbliche Politik der Liberalisierung angehen, der muß angehen gegen die einseitige Handelspolitik, die betrieben wird und die nie und nimmer unserem Volke dient. Wenn man eine richtige Handelspolitik nach dem Westen und nach dem Osten betreibt, kann man all diese geschilderten Umstände sehr leicht beseitigen.
Was den Antrag der sozialdemokratischen Fraktion betrifft, so versprechen wir uns nicht viel von ihm. Trotzdem stimmen wir ihm zu, um zu sehen, was sich abspielt, und um unser Volk in jeder Hinsicht aufzuklären.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. — Der Antrag ist von einer ausreichenden Zahl von Abgeordneten unterstützt, wenngleich unter ihm nur der Name des Herrn Abgeordneten Kriedemann steht.
— Ja, ja, ich unterstelle das ohne weitere;. Aber ich bitte doch, diese Form möglichst zu wahren.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Herrn Abgeordneten Kriedemann — ich brauche ihn nicht noch einmal zu verlesen — zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit; dieser Antrag ist angenommen. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe auf den Punkt 2 der Tagesordnung:
a) Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betreffend Menschenraub durch den sowjetzonalen Staatssicherheitsdienst in Westberlin ;
b) Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betreffend Schutz der Berliner Bevölkerung ;
c) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betreffend Menschenraub in Berlin .
Der Ältestenrat schlägt Ihnen eine Begründungszeit von jeweils 10 Minuten und eine Aussprachezeit von 60 Minuten vor.
Bevor ich Herrn Abgeordneten Brookmann zur Begründung der Großen Anfrage das Wort gebe, darf ich darauf hinweisen, daß die Gattin des verschleppten Rechtsanwalts Dr. Linse, Frau Linse, hier im Hause anwesend ist. Ich glaube den Gefühlen des Hauses Ausdruck zu geben, wenn ich sie unseres Mitgefühls und unserer Verbundenheit versichere.
Zur Begründung der Großen Anfrage hat das Wort Herr Abgeordneter Brookmann.
Brookmann , Anfragender: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Große Anfrage meiner Fraktion, der CDU/CSU-Fraktion, auf Drucksache Nr. 3592 erinnert an einen erschütternden Vorgang, der sich vor acht Tagen abgespielt hat. Menschenraub, Menschenraub auf deutschem Boden, Menschenraub in Berlin! Über Rundfunk und Presse erfuhr die deutsche Öffentlichkeit am 8. und 9. Juli, also erst vor wenigen Tagen, von einem verabscheuungswürdigen Verbrechen im amerikanischen Sektor Berlins. In den frühen Morgenstunden des 8. Juli wurde der Berliner Jurist Dr. Walter Linse, Mitarbeiter des Untersuchungsausschusses freiheitlicher Juristen, auf brutalste Weise durch bezahlte kommunistische Verbrecher, Agenten des sowjetzonalen Staatssicherheitsdienstes, niedergeschlagen und in einem Kraftfahrzeug in die Sowjetzone verschleppt.
Dieser Menschenraub ist der letzte in einer Kette ständiger Verbrechen, für die das Gremium, das sich DDR nennt, in vollem Umfang verantwortlich ist. Daß dieses Verbrechen von langer Hand vorbereitet wurde, ist bekannt und auch nachgewiesen worden. Erinnern Sie sich bitte der Berichte aus der Presse und erinnern Sie sich daran,
mit welcher unheimlichen Perfektion dieses Verbrechen geschah. Es erfüllt uns alle, die ganze deutsche Öffentlichkeit, mit Scham, daß so etwas überhaupt geschehen konnte, und es entsteht die Frage nach der Schuld.
Ich kann mich — auch auf Grund der Berichte, die aus Berlin vorliegen —, des Eindrucks nicht erwehren, daß hier offenbar ein Versäumnis der für die innere Sicherheit Berlins zuständigen Instanzen vorliegt. Hieraus resultiert meines Erachtens der berechtigte Vorwurf, daß bisher nicht genügend für den Schutz der Berliner Bevölkerung gesorgt worden ist. Ich stelle mit Befriedigung das schnelle und scharfe Reagieren des amerikanischen Stadtkommandanten fest. Diese Reaktion ist aber auch ein Zeichen für den Ernst der Situation, in der wir uns in Deutschland befinden. Der Berliner Senat hat ebenso schnell rigorose Maßnahmen zum Schutz gegen Menschenraub angeordnet, indem er die Sektorenübergänge sperrte und durch bewaffnete Polizei bewachen läßt. Es wird die Frage gestellt, ob das genügt. Lassen Sie mich im Zusammenlange mit diesen Maßnahmen, die der Berliner Senat ergriffen hat, auf Äußerungen hinweisen, die in den Sowjetzonensendern mit Bezug darauf gemacht worden sind. Die Sowjetzonensender vermerkten diese Maßnahmen mit dem zynischen Hinweis: Die Terrormaßnahmen gegen Friedensfreunde und Patrioten sollen in Westberlin verschärft werden!
Ich stellte schon einmal die Frage, was nunmehr geschehen solle. In der Berliner Presse wird von einer Eliminierung aller kommunistischen Keimzellen gesprochen. Das im Hinblick und unter besonderem Hinweis auf die Lage in Berlin. Ich möchte mich diesem Vorschlag in vollem Umfang anschließen und ihn erweitert wissen auch auf
das Gebiet der Bundesrepublik und damit an den Herrn Bundesminister des Innern die Empfehlung richten, rücksichtslos, rücksichtsloser und schärfer denn bisher, durchzugreifen.
Meine Damen und Herren, wir sollten uns in allen Überlegungen über die zu ergreifenden Maßnahmen kühl und entschlossen vielleicht auch einmal dazu durchringen und hier im Hohen Hause dadurch mit gutem Beispiel vorangehen, daß wir eine Änderung der Geschäftsordnung vornehmen. Ich denke dabei sehr lebhaft daran, daß wir es uns hier von der äußersten Linken pausenlos gefallen lassen müssen, daß sie die Institutionen unserer Demokratie,. Bundesregierung, Parlament, Parteien und Gewerkschaften, anpöbelt und diffamiert. Daher wäre es an der Zeit, sich einmal zu überlegen, ob man dem nicht wirksam entgegentreten kann.
Ich gehe so weit, zu verlangen, daß man Überlegungen auch darüber anstellt, ob man zu wirksamen Gegenmaßnahmen nicht auch durch eine Änderung des Grundgesetzes kommen kann.
Ich will darüber nichts Näheres sagen.
— Herr Fisch, Sie und Ihre Genossen haben mich offenbar verstanden!
Man komme mir nicht mit dem Einwurf, das sei
eine Gefährdung der Demokratie. Meine Damen
und Herren, die Situation, in der wir uns befinden,
ist allerdings in der Tat ernsthaft eine Gefährdung der Demokratie, wenn wir nicht den Versuch unternehmen, uns gegen das zu wehren, was auf der anderen Seite ständig gegen uns unternommen wird.
Die gegenwärtige Serie von Menschenrauben findet ihre Erklärung vielleicht in der sowjetdeutschen Politik. Um den grausamen Maßnahmen an den Demarkations- und Sektorengrenzen einen Schein von Begründung zu geben, muß eine allgemeine Agenten- und Saboteur-Psychose in der Bevölkerung hervorgerufen werden. Da es weder Saboteure noch Agenten noch Diversanten noch sonst irgend etwas Derartiges gibt, müssen sie erfunden und konstruiert werden, um „überzeugendes Beweismaterial" für geplante politische Schauprozesse zur Verfügung zu haben.
Noch ein anderes, meine Damen und Herren! Eineinhalb Jahre lang führt die Kommunistische Partei und führen die sowjetzonalen Machthaber in der sowjetischen Besatzungszone einen Kampf gegen die Remilitarisierung in Westdeutschland. Im Auftrage des Kremls muß hier um 180 Grad gedreht werden; denn seit kurzem ist eine neue politische Linie, nämlich die der nationalen Streitkräfte der DDR, durchzuführen,
und um die Notwendigkeit solcher Streitkräfte glaubhaft zu machen, muß man die Bedrohung durch westliche Agenten an die Wand malen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine grauenvolle Bilanz, wenn wir daran denken, welche Verbrechen gegenüber deutschen Menschen Tag für Tag begangen werden. Lassen Sie mich nur einen Monat dieses Jahres herausgreifen. Im Monat Mai wurden auf Grund des sogenannten Gesetzes zum Schutze des Friedens allein drei Todesurteile und acht lebenslängliche Verurteilungen ausgesprochen und in 31 Fällen Zuchthausstrafen und Gefängnisstrafen von über 258 Jahren verhängt.
Über 50 000 politische Häftlinge befinden sich hinter Gefängnis- und Zuchthausmauern oder hinter Stacheldraht in den Konzentrationslagern. Über 38 000 Verschleppte! Das ist wahrhaftig ein Fanal, eine grauenvolle Bilanz; und, meine Damen und Herren, das ist der Sinn unserer Anfrage, wenn wir heute die Bundesregierung fragen, was sie zu tun gedenkt, um die alsbaldige Freilassung Dr. Zinses zu erwirken und die Wiederholung gleicher oder ähnlicher Fälle von Menschenraub aus West-Berlin und der Bundesrepublik durch den sowjetzonalen Staatssicherheitsdienst und andere sowjetzonale Stellen zu verhindern: Freiheit für Dr. Linse, Freiheit aber auch für alle, die in der Knechtschaft und in der Unfreiheit leben!
Meine Damen und Herren! Ich schlage Ihnen vor, daß wir zunächst die Begründung der Anträge der Fraktionen hören und dann die Beantwortung der Großen Anfrage.
Zur Begründung des Antrages der Fraktion der FDP hat das Wort Herr Abgeordneter Dr. Henn.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der FDP hat mit dem Antrag auf Drucksache Nr. 3580 vom 8. Juli, betreffend den Schutz der Berliner Bevölkerung, das Hohe Haus aufgefordert, von der Bundesregierung die Veranlassung geeigneter Schritte zu verlangen, um die Freilassung des am gleichen Tage in West-Berlin vom sowjetzonalen Staatssicherheitsdienst überfallenen und dann in die Sowjetzone verschleppten Mitarbeiters des Untersuchungsausschusses freiheitlicher Juristen Dr. Linse durchzusetzen. Wir wiederholen diese Aufforderung an die Bundesregierung und die in Frage kommenden alliierten Stellen hiermit erneut mit allem Nachdruck.
Der Entschließungsantrag der FDP fordert die Bundesregierung weiterhin auf, gemeinsam mit den zuständigen Stellen der Westmächte geeignete Maßnahmen zu treffen, um ähnliche Vorfälle in Zukunft zu verhindern. In den letzten Tagen sind ja bereits einige der Sicherheitsvorkehrungen bekannt geworden, die die in erster Linie zuständige Berliner Polizei und der Senat von Berlin in der Zwischenzeit getroffen haben. Wir bedauern außerordentlich, daß derartige Maßnahmen, die schon seit langem fällig waren und von der öffentlichkeit immer wieder gefordert worden sind, erst jetzt getroffen wurden. Wir erwarten, daß weitere Maßnahmen folgen. Der Überfall auf Dr. Linse am hellichten Tage mitten in Westberlin ist j a in seiner Unverfrorenheit zwar erstmalig, aber er stellt doch nicht den ersten Menschenraub in Westberlin und nicht die erste Verschleppung in die Sowjetzone dar. Es ist deshalb völlig unverständlich, weshalb nicht schon längst von zuständiger Stelle geeignete Sicherungs- und Abwehrmaßnahmen getroffen wurden, um solche und ähnliche immer wiederkehrende Vorfälle in aller Zukunft ein für allemal zu unterbinden.
Wir fordern für die Zukunft solche Sicherungsvorkehrungen vor allem für alle die, die an besonderer Stelle im öffentlichen Leben tätig sind und die
durch ihr damit bekundetes Eintreten für die Ideale
und Ziele der westlichen Welt und durch ihr Eintreten für eine Wiedervereinigung unseres Vaterlandes in Freiheit sich den besonderen Haß der
sowjetzonalen Dienststellen und Parteien zuziehen.
Wir Westberliner und besonders alle die, deren Heimat die jetzige Sowjetzone ist, denken Tag und Nacht an die Wiedervereinigung unseres Vaterlandes in Freiheit. Wir alle überlegen uns ständig die möglichen friedlichen Wege, die zur Wiedervereinigung führen können, und die Maßnahmen, die erforderlich sind, um nach der Wiedervereinigung das ganze Deutschland wieder zu einem einzigen Vaterland freier und glücklicher Menschen zu machen.
Wir betrachten es in diesem Zusammenhang als unser selbstverständliches Recht und unsere selbstverständliche Pflicht, die Entwicklung in dem Teil unseres Vaterlandes, der infolge der sowjetischen Besetzung und der dadurch ermöglichten Alleinherrschaft der SED zur Zeit nicht mit uns vereint ist, aufmerksam zu beobachten. Wir lehnen es mit aller Entschiedenheit ab, diese zur Zeit ja doch eher theoretische Beschäftigung mit den Vorgängen hinter dem Eisernen Vorhang als Tätigkeit von Spionagezentralen bezeichnen zu lassen, wie das in der vergangenen Woche durch den Beauftragten der Sowjets hier in diesem Hause geschehen ist. Wir sind demgegenüber der Überzeugung, daß der Vorwurf der Spionage sehr viel mehr die Tätigkeit der zahlreichen Tarnorganisationen charakterisieren würde, die für die Sowjets und ihren Anhang im Gebiet der Bundesrepublik tätig sind
und die allein schon durch ihre Tarnung deutlich machen, welche eigentlichen Zwecke sie verfolgen.
Wir lehnen es auch mit aller Entschiedenheit ab, etwa die Hilfe für Flüchtlinge aus der Sowjetzone, die ja gerade in der letzten Zeit durch die Sperrmaßnahmen an der Zonengrenze in besonders großer Zahl zu uns kamen, als Beihilfe zur Sabotage kennzeichnen zu lassen, um hiermit dann gewisse östliche Drohwagen und Maßnahmen zu begründen. Auch mit der Hilfe für die Flüchtlinge aus der Sowjetzone erfüllen wir nur eine allgemein menschliche und vaterländische Pflicht.
Die Kundgebung der Berliner Bevölkerung vor dem Schöneberger Rathaus hat die außerordentliche Erregung deutlich gemacht, die die West-Berliner Bevölkerung ergriffen hat. Die Verschleppung Dr. Linses hat dabei nur endlich einmal aller Öffentlichkeit offenbar gemacht, wie stark diese Erregung über die Skrupellosigkeit sowjetzonaler Stellen und über die bisher nachsichtige Großzügigkeit, ja häufig Sorglosigkeit, der westlichen Stellen — deutscher wie alliierter — schon seit langem unter der Oberfläche gärt. Es ist nun wirklich Zeit, durchgreifende Maßnahmen zu treffen. Es handelt sich, wie gesagt, um Sicherungsmaßnahmen für alle West-Berliner, besonders für die vor allem gefährdeten Personen, und um wirksame Abwehrmaßnahmen gegen SED, KPD und alle ihre Tarnorganisationen. Vorfälle wie die Verschleppung Dr. Linses müssen in Zukunft ein für allemal verhindert werden. Dr. Linse muß wieder freikommen. Das ist auch der Sinn und Zweck unseres Entschließungsantrages, den ich Sie namens der Freien Demokratischen Partei anzunehmen bitte.
Zur Begründung des Antrags der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Herr Abgeordneter Brandt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Aber dieses Regime ist nicht allmächtig. Es ist verwundbar. Seinem Terror sind Grenzen gezogen. Es ist dem Untergang geweiht, wenn die freie Welt ihre Pflichten gegenüber der Freiheit erfüllt. Es geht für uns alle um Freiheit oder Knechtschaft, um Gut oder Böse, um Recht oder Unrecht.
Dies sind Worte, die Dr. Walter Linse gemeinsam mit seinen Mitarbeitern im Untersuchungsausschuß freiheitlicher Juristen formuliert hat. Zu unseren Pflichten gegenüber der Freiheit gehört nun nicht zuletzt die Sorge um das menschliche Einzelschicksal. Mehr als einmal konnte man in den vergangenen Jahren an den Rand der Verzweiflung geraten, wenn man beobachtete, wie die Anhäufung von Terror und Brutalität abstumpfend wirkte, wie die Gleichgültigkeit am Einzelschicksal über die abscheulichsten Verbrechen Gras wachsen ließ. Eine Zeitungsnotiz oder zwei, das war alles; vielleicht noch die ohnmächtige Frage: „Was können wir denn tun?" Die Verbrecher der kommunistischen Gestapo
rechnen mit dieser Schwäche der menschlichen Natur.
Sie wollen erst Angst erzeugen, und dann wollen sie Gras wachsen sehen über ihre ruchlosen Handlungen.
Der Fall des Rechtsanwalts Dr. Walter Linse hat den Spekulanten auf die Schwächen der menschlichen Natur einen Strich durch die Rechnung gemacht: das ganze Volk fühlt sich herausgefordert; in der Person, von Dr. Linse hat man jeden einzelnen von uns angegriffen!
Ich brauche nicht zu wiederholen, was sich am Morgen des 8. Juli in Lichterfelde zugetragen hat. Dieser Gangsterstreich hat uns wieder einmal auf dramatische Weise Folgeerscheinungen jenes Zustandes widernatürlicher Zerklüftung vor Augen geführt, dem unser Volk noch immer unterworfen ist. Diese Missetat, die zu einem Fanal geworden ist, mahnt uns noch einmal, daß es das oberste Ziel aller deutschen Politik sein muß, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln daran zu wirken, unser Volk aus dem Zustand der Spaltung heraus und zur Wiedervereinigung in Freiheit zu führen.
Wir verlangen Freiheit für Dr. Linse und für alle anderen Verschleppten. Wir möchten, daß alle bekanntgewordenen zuverlässigen Tatsachen über die Verbrechen des Menschenraubs von der Regierung in einem Weißbuch zusammengestellt werden. Wir und mit uns die deutsche Öffentlichkeit — und nicht zuletzt die Menschen in Berlin und in der Sowjetzone — erwarten, daß Aufklärung darüber gegeben wird, was die Regierungen der Westmächte bei der Regierung der Sowjetunion unternommen haben, ob sie sich für die ihrer Obhut anvertrauten Deutschen so einsetzen, als ob es sich um Bürger ihrer eigenen Staaten handelte,
noch genauer, was sie im konkreten Fall zu tun gedenken, um die Freilassung Dr. Linses zu erwirken.
Ich bin mit den Vorrednern völlig einer Meinung, daß diese Erwartung nur ausgesprochen werden kann, wenn andererseits die deutschen Behörden überall dort, wo sie tätig sein können, nichts versäumen, um ihrer Pflicht des Schutzes deutscher Menschenleben zu genügen.
Wir wollen, daß im Sinne Dr. Linses das Verbrechen des Menschenraubs vor den Europarat und durch Vermittlung der Westmächte vor das Weltforum der Vereinten Nationen gebracht wird. Dieses Haus hat kürzlich der Konvention zum Schutze der Menschenrechte zugestimmt. Sie darf nicht ein Stück Papier bleiben. Wir dürfen nicht nur, sondern wir müssen uns auch berufen auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom Dezember 1948. Menschenraub, meine Damen und Herren, Menschenraub ist schlimmste Mißhandlung des Menschenrechtes. Menschenraub ist Mord oder zumindest Mordversuch.
Aus diesem Satz die Konsequenzen zu ziehen, ist gleichermaßen Sache und Pflicht des Gesetzgebers und der Justiz. Organisationen, die Menschenraub betreiben, sind verbrecherische Institutionen.
Mir will scheinen, es muß von der Tribüne dieses Hauses klipp und klar gesagt werden: Sowenig wir den Prozeß der Wiedervereinigung unseres Volkes mit Rachegelüsten oder mit einer Neuauflage der Entnazifizierung belasten wollen, so unerbittlich werden wir sein müssen, wenn es sich um gemeine Verbrecher am Leben unserer Landsleute und an der Würde unserer Menschen handelt.
Es geht das böse Wort um, wer sich in die Gefahr begebe, müsse gefaßt sein, darin umzukommen. Wir sagen: Wer der Bevölkerung in der Sowjetzone Hilfe zu bringen, wer dem Recht Geltung zu schaffen versucht, macht sich um das Wohl von Volk und Staat verdient, so wie sich um das Wohl von Volk und Staat verdient gemacht hat, wer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft Widerstand leistete oder ihren Opfern Hilfe erwies.
Aber wir sagen ein Weiteres. Die nationale Legitimierung der Hilfe für unsere Menschen im Osten in ihrem stillen Widerstand gegen die Tyrannei ist kein Freibrief für Abenteurertum, Reklamesucht und leichtfertiges Spiel mit Menschenleben.
Das zu sagen ist gerade darum berechtigt, weil Dr. Linse jenes Verantwortungsbewußtsein repräsentiert, das durch noch so viel Unflätigkeiten der Einheitspresse nicht beschmutzt werden kann.
Gestatten Sie mir im Anschluß an meine Bitte, dem Antrag meiner Fraktion Drucksache Nr. 3591 zuzustimmen, noch ein ganz persönliches Wort. Ich erinnere mich, als ob es gestern gewesen wäre, jener Nacht vor fast drei Jahren, als wir bei mir zu Hause mitten in der Nacht durch den Anruf unseres damaligen Fahrers geweckt wurden. Er brachte zunächst nicht mehr heraus als: „Heinz ist weg". Es war im französischen Sektor geschehen. Der Fahrer hatte den Freund schreien und einen Wagen abbrausen gehört. Vor dem Hauseingang waren ein Strumpf und ein Schuh des sich verzweifelt Wehrenden liegengeblieben. Dann fand die Polizei in der Wohnung, die sich als Menschenfalle entpuppte, die Kanülen von Betäubungsspritzen, und an der Wand des Treppenhauses gab es Spuren einer blutdurchtränkten Wolldecke. Meine Frau, die aus der stillen Weite norwegischer Berge in das hektische Berlin verschlagen wurde, sprach in jener Nacht angesichts des Schicksals unseres Freundes das Wort, das sie jetzt bei der Kunde vom Schicksal Dr. Linses wiederholte: „Aber diese Verbrechen dürfen doch nicht ungesühnt bleiben!" Wir rufen das Gewissen der Welt: Helft uns, Walter Linse zu befreien! Pocht mit uns an die 'Kerkertür, bis sie sich öffnet! Schluß mit dem Menschenraub!
Zur Beantwortung der Großen Anfrage hat das Wort der Herr Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung nimmt zu der Großen Anfrage der Christlich-Demokratischen/Christlich-Sozialen Fraktion betreffend Menschenraub durch den sowjetzonalen Staatssicherheitsdienst in West-Berlin — Drucksache Nr. 3592 — zu dem Antrag der Fraktion der FDP betreffend Schutz der Berliner Bevölkerung — Drucksache Nr. 3580 - und zu dem Antrag der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands betreffend Menschenraub in Berlin — Drucksache Nr. 3591 — wie folgt Stellung:
Mehr als 100 deutsche Bürger hat das sowjetzonale Terrorregime seit 1948 aus Berlin und der Bundesrepublik verschleppt. 83 Deutsche wurden durch List entführt, 26 mit Gewalt.
Wir erinnern uns an jeden ihrer Namen, und wir gedenken in aller Anteilnahme des Schmerzes und der Sorge ihrer Angehörigen, die zum Teil seit Jahren auf ihre Rückkehr warten.
Der neueste und zugleich einer der krassesten Fälle von Menschenraub hat Dr. Walter Linse aus Berlin-Lichterfelde die Freiheit gekostet. Wenn je die totale Mißachtung jeglichen Menschenrechts vor aller Welt bekundet wurde, dann hat es das sowjetzonale Regime mit diesem Menschenraub von Dr. Walter Linse getan. Auf offener Straße am hellichten Tage wurde der wehrlose Walter Linse nur wenige Schritte von seinem Hause entfernt niedergeschlagen, in ein Auto gezerrt und in die benachbarte Sowjetzone entführt. Nach mehrtägigem Schweigen hat sich die sowjetzonale Presse offen zu diesem Menschenraub bekannt.
Nur Walter Ulbricht soll gestern in Berlin gesagt haben, daß das Ganze nur eine infame Dichtung sei.
Mehr noch, meine Damen und Herren! Die sowjetzonale Presse hat mit weiteren Entführungen
aus Berlin und aus der Bundesrepublik gedroht.
— Das können Sie hören! — Die Erklärung des Abgeordneten des Deutschen Bundestags Max Reimann vom 10. Juli 1952 vom Podium dieses Hauses, die den Menschenraub an Dr. Walter Linse als eine Verhaftung des Staatssicherheitsdienstes bezeichnet, zeigt, daß die KPD gewillt ist, dieses Verbrechen mit allen Konsequenzen zu decken.
Die Fraktionen der CDU/CSU, der FDP und der SPD fragen, was die Bundesregierung zu tun gedenkt, um die alsbaldige Freilassung von Walter Linse zu erwirken und ähnliche Fälle von Menschenraub zu verhindern.
Die Bundesregierung, meine Damen und Herren, wird sich bei den Besatzungsmächten unablässig und nachdrücklichst dafür verwenden, daß sie auf die sowjetische Besatzungsmacht einwirken, Walter Linse freizulassen. Die Bundesregierung hat mit
Genugtuung von dem Schritt des amerikanischen Hohen Kommissars McCloy bei dem Chef der sowjetischen Kontrollkommission General, Tschuikow und von dem Protest des amerikanischen Stadtkommandanten von Berlin Mathewsen Kenntnis genommen. Hinzu kommt die Bedeutung, die die gesamte freie Welt dem Schicksal von Walter Linse beimißt. Deshalb glaubt die Bundesregierung, der Überzeugung sein zu dürfen, daß diese Schritte nicht ohne Wirkung auf die sowjetische Besatzungsmacht bleiben werden und bleiben können.
Die Bundesregierung wird ferner dem Europarat und den Vereinten Nationen sämtliche Fälle von Menschenraub auf deutschem Boden zur Kenntnis bringen.
Sie wird diese internationalen Organisationen um Schutz und um Hilfe gegen die fortwährende Bedrohung deutscher Staatsbürger ersuchen. Sämtliche Fälle von Menschenraub werden in einem Weißbuch zusammengestellt.
Verbrechen und Reaktion des sowjetzonalen Regimes zeigen, daß die Bedrohung der Freiheit deutscher Bürger in West-Berlin und in der Bundesrepublik eines umfassenden Schutzes und umfangreicher Sicherungsmaßnahmen bedarf.
Meine Damen und Herren, dabei sei vorwegbemerkt: Berlin und die Deutsche Bundesrepublik sind echte demokratische Staatswesen. Sie können bei den zu treffenden Schutzmaßnahmen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit nicht verlassen. Das muß gesagt werden gegenüber jenen Stimmen, die Repressalien fordern. Wenn dem entgegengehalten wird, daß die SED und ihre Schergen nur die Sprache der Gewalt verstehen, so kann das für uns nicht Veranlassung sein, Unrecht mit Unrecht zu beantworten, sondern wir müssen andere Abwehr- und Vergeltungsmaßnahmen treffen.
An erster Stelle, meine Damen und Herren, muß ein wirksamer strafrechtlicher Schutz stehen. Zusätzlich zu den Vorschriften des Strafgesetzbuches gegen Freiheitsberaubung sind daher im Gesetz zum Schutz der persönlichen Freiheit vom 15. Juli 1951 besondere Strafbestimmungen gegen Verschleppung und politische Verdächtigung geschaffen worden. In seinen wesentlichen Bestimmungen gilt dieses Gesetz auch für Berlin. Seine Bestimmungen ermöglichen es, den Menschenraub schon im Stadium der Vorbereitung und 'bereits bloße Mitteilungen, die der Vorbereitung eines solchen Verbrechens dienen, mit hohen Freiheitsstrafen zu ahnden. So sind die gesetzlichen Voraussetzungen vorhanden, mit aller Strenge gegen jeden Beteiligten am Menschenraub vorzugehen.
Es kommt aber — das ist das, worauf geachtet werden muß — vor allem darauf an, daß der vorbeugende Rechtsschutz, den diese Gesetze verlangen, jetzt endlich in umfassendem Maße organisiert wird.
Die Bundesregierung hat mit Genugtuung davon Kenntnis genommen, daß der Senat von Berlin alle Ausfallstraßen von West-Berlin nach der Sowjetzone mit den notwendigen Sicherungen gegen Entführung versehen hat. Es wurde ein verstärkter Polizeischutz an der Zonen- und an der Sektorengrenze eingerichtet. Die Bundesregierung wird den Senat von Berlin und die alliierten Stadtkommandanten von Berlin bitten, alle notwendigen Sicherungsmaßnahmen, auch zum persönlichen Schutz besonders gefährdeter Personen, zu treffen.
Nach Auffassung der Bundesregierung kann aber der Gefahr nur dann wirksam begegnet werden, wenn Bevölkerung, Polizei u n d Besatzungsmächte allen nur irgendwie verdächtigen Vorgängen mit erhöhter Aufmerksamkeit nachgehen. Zum Schutze der Bevölkerung im Bundesgebiet gegen Verschleppung bedarf es nach Auffassung der Bundesregierung einer noch umfangreicheren Sicherung der Zonengrenzen durch Verstärkung des Bundesgrenzschutzes. Angesichts der Gefährdung der deutschen Bevölkerung hofft die Bundesregierung, daß sich das Hohe Haus den hierfür erforderlichen Maßnahmen nicht verschließen wird.
Die Bundesregierung, meine Damen und Herren, legt erneut entschiedenen Protest ein gegen die Verletzung der Menschenrechte auf deutschem Boden. Aber das Schicksal der über 100 Entführten ist nur ein Teil des deutschen Schicksals überhaupt. Hunderttausende von Kriegsgefangenen, von politischen Häftlingen und von Zivilinternierten warten auf ihre Freiheit.
Und 20 Millionen Deutsche hinter dem Eisernen Vorhang warten auf den Tag, der das Ende der kommunistischen Herrschaft bringen wird.
Sie warten auf die Wiedervereinigung unseres Volkes in Freiheit. Solange unser Deutschland geteilt ist, bleiben das Leben und die Freiheit seiner Bevölkerung und ihre Sicherheit bedroht. Deshalb gibt es nur eine wirksame und eine endgültige Hilfe für alle Deutschen: das ist unsere Wiedervereinigung.
Auf dieses Ziel ist unsere Politik gerichtet und bleibt sie.
Meine Damen und Herren, Sie haben die Beantwortung der Großen Anfrage gehört. Wird eine Besprechung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Meine Damen und Herren, eine Besprechung der Großen Anfrage findet nicht statt. Ich darf unterstellen, daß das Haus auch eine Besprechung der gestellten Anträge nicht wünscht.
— Das ist mir bekannt, Herr Abgeordneter Fisch.
Ich habe das Haus gefragt, ob eine Besprechung
gewünscht wird. Das ist offenbar nicht der Fall.
Damit ist die Besprechung geschlossen. Ich komme zur Abstimmung über die Anträge der Fraktion der FDP Drucksache Nr. 3580 und der Fraktion der SPD Drucksache Nr. 3591. Meine Damen und Herren, bei der Bedeutung dieser Anträge für diesen Fall und für die Gesamtheit der Fragen, die uns durch die Teilung Deutschlands und die Bedrohung der Freiheit aufgegeben sind, bitte ich, über diese beiden Anträge gemeinsam abzustimmen,
und ich bitte die Damen und Herren, die beiden Anträgen zuzustimmen wünschen, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. —
Enthaltungen? — Meine Damen und Herren, ich stelle fest, daß die beiden Antre mit ganz überwiegender Mehrheit gegen wenige Stimmen angenommen sind.
Damit, meine Damen und Herren, ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt. Wir hatten vorgesehen, die Wahlen zu den Punkten 3, 4 und 5 der Tagesordnung um 12 Uhr vorzunehmen.
Ich rufe gemäß dem Beschluß des Bundestags zunächst Punkt 7 der Tagesordnung auf:
Zweite Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Betrieb ,
des von der Fraktion der SPD eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung
der Wirtschaft ,
des Entwurfs eines Gesetzes über die Neuordnung der Beziehungen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern in den Betrieben (Nr. 1546 der Drucksachen);
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (Nr. 3585 der Drucksachen).
Der schriftliche Bericht*) des Ausschusses für Arbeit liegt Ihnen vor. Ist beabsichtigt, noch eine mündliche Ergänzung zu geben? — Herr Abgeordneter Sabel, bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Hohen Hause liegt ein ausführlicher schriftlicher Bericht vor. In Anbetracht der Zeitnot möchte ich darauf verzichten, diesen Bericht noch zu ergänzen. Ich behalte mir als Berichterstatter vor, gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung unter Umständen in die Debatte einzugreifen.
Herr Abgeordneter Richter!
Herr Präsident? Meine Damen und Herren! Punkt 7 der Tagesordnung, der jetzt aufgerufen ist, enthält einen Absatz, der besagt, daß die von der Fraktion der SPD eingebrachte Drucksache Nr. 1229 - Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung der Wirtschaft — heute mit behandelt werden soll. Es ist richtig, daß bei allen Beratungen der Ausschüsse die drei hier unter Punkt 7 angeführten Drucksachen auf den Einladungen vermerkt waren. Es ist aber ebenso feststehende Tatsache, daß zu der Drucksache Nr. 1229 in keiner Ausschußsitzung zu keinem Paragraphen und zu keinem Abschnitt Stellung genommen wurde.
*) Siehe Anlage 3, Seite 10010.
Es liegen also keine Beratungen über die Drucksache Nr. 1229 vor. Es liegen dementsprechend auch keine Ausschußbeschlüsse vor, und wir sind der Auffassung, daß die Einfügung der Drucksache Nr. 1229 auf einem Irrtum beruht; denn die Drucksache Nr. 1229 behandelt j a nicht irgendeine Bestimmung des Betriebsverfassungsrechts. Sie hat folgende drei Abschnitte: Abschnitt 1 Wirtschaftsausschüsse, Abschnitt 2 Wirtschaftskammern und Abschnitt 3 Bundeswirtschaftsrat.
Man kann entgegenhalten, daß die Frage der Wirtschaftsausschüsse im Betriebsverfassungsgesetz geregelt wird. Ich gebe zu, daß man im Betriebsverfassungsgesetz einen Wirtschaftsausschuß vorsieht; ich gebe zu, daß auch der Aufbau dieses Wirtschaftsausschusses mit dem Vorschlag der SPD identisch ist. Aber deren Aufgaben und Befugnisse stimmen nicht mit den Aufgaben und Befugnissen der Organe überein, die man in Drucksache Nr. 1229 vorsieht. Ganz gleich, wie dem auch sei: Wenn Sie lediglich den Namen und die Zusammensetzung aus diesem Antrage genommen und in das Betriebsverfassungsgesetz eingearbeitet haben, dann könnten Sie doch höchstens den Teil I der Vorlage auf Drucksache Nr. 1229 als durch dieses Gesetz behandelt erklären, aber keinesfalls die gesamte Drucksache, keinesfalls die Wirtschaftskammern und den Bundeswirtschaftsrat!
Ich bitte, daß dementsprechende Klarheit geschaffen wird.
Zu dieser geschäftsordnungsmäßigen Frage wünscht das Wort der Herr Abgeordnete Sabel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Berichterstatter möchte ich zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Richter folgendes sagen. Die Anträge der CDU und die Regierungsvorlage betreffen ein Betriebsverfassungsgesetz und enthalten ein Mitbestimmungsrecht in personellen, wirtschaftlichen und sozialen Fragen. Die Drucksache Nr. 1229 - Antrag der Fraktion der SPD — enthält zunächst einmal nur das wirtschaftliche Mitbestimmungsrecht auf der betrieblichen Ebene und darüber hinaus das Mitbestimmungsrecht auf der überbetrieblichen Ebene.
Die beteiligten Ausschüsse haben sich entschlossen, zunächst einmal lediglich das Problem der Mitbestimmung der Arbeitnehmer auf der betrieblichen Ebene zu regeln. Das ist in der Ihnen vorliegenden Drucksache Nr. 3585 geschehen.
Dem Kollegen Richter stimme ich insoweit zu, als der übrige Fragenkomplex, der in dem Antrag der SPD enthalten ist, noch offengeblieben ist. Eine spätere Behandlung dieser Frage ist selbstverständlich vorgesehen.
Meine Damen und Herren, dann muß ich allerdings dem Ausschuß anheimgeben, einen Antrag zu stellen. Es würde sich hier also lediglich um den Teil I der Drucksache Nr. 1229 handeln, und es müßte ja dann vom Ausschuß irgendein Antrag gestellt werden, etwa den Teil I als erledigt zu betrachten.
Ich bitte, das noch im Verlaufe der dritten Beratung zu tun.
Damit ist die Sache — jedenfalls zunächst — sachlich geklärt.
Wir treten dann in die Einzelbesprechung der zweiten Beratung ein.
Zu § 1 — Teil I, Allgemeine Vorschriften — liegen keine Änderungsanträge vor. Wird das Wort gewünscht? Bitte, Herr Abgeordneter Wönner!
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Es bedarf kaum der Betonung, daß es nicht meine Aufgabe sein kann, hier ein besonderes Plädoyer für die Interessen und berechtigten Ansprüche der Arbeitgeberverbände vorzutragen. Aber der § 2 gibt bestimmt eine Veranlassung, das gemeinsame Interesse der beiden Sozialpartner — bezogen auf dieses Gesetz — mit besonderer Betonung herauszustellen. In seiner jetzigen Formulierung, in der er nur davon spricht, daß die Aufgaben der Gewerkschaften und der Verbände der Arbeitgeber — —
— Ach, Entschuldigung, ich hatte mich zu § 2 gemeldet!
Ich hatte den § 1 aufgerufen und nach Wortmeldungen gefragt.
Ich dachte, § 2 sei aufgerufen. Ich bitte um Entschuldigung; es war ein Irrtum!
Dann darf ich bitten, noch einen Augenblick zu warten.
Zu § 1 liegen also keine Wortmeldungen vor. Ich bitte die Damen und Herren, die dem § 1 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit. § 1 ist angenommen.
Zu § 2: Änderungsantrag der Fraktion der SPD. Er ist noch nicht verteilt, da er erst vor kurzer Zeit eingegangen ist. Er wird beschleunigt vervielfältigt werden. Die Anträge werden seitenweise verteilt werden.
Ich darf also zunächst Herrn Abgeordneten Wönner zur Begründung des Antrags Umdruck Nr. 617 Ziffer 1 das Wort geben.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die eben gehörte Bemerkung des Herrn Präsidenten veranlaßt mich zu folgender Feststellung: Daß die Änderungsanträge meiner Fraktion nicht früher eingereicht werden konnten, ist nichts weiter als der Ausfluß der Tatsache, daß es den Koalitionsparteien offenbar darum ging, die Dinge zeitlich so zu beschleunigen, daß in der Zwischenzeit eine ausreichende Gelegenheit zur korrekten Durcharbeitung des Problems nicht mehr bestand.
— Das drückt nur die Schwierigkeit der Materie aus, daß zwei Jahre gebraucht worden sind und trotzdem eine ausreichende Annäherung der gegenseitigen Standpunkte nicht bewirkt werden konnte.
Nun aber lassen Sie mich darauf verzichten, das
noch einmal zu sagen, was ich vorhin irrtümlich
schon bemerkt habe, daß es nicht meine Aufgabe
sei, Plädoyers für die Arbeitgeberverbände hier zu halten. Das zu besorgen, wird wahrscheinlich Herr Dr. Wellhausen viel besser in der Lage sein als ich.
Ich lege Wert darauf, das besondere gemeinsame Interesse der beiden Sozialpartner gerade bei diesem Gesetz mit allem Nachdruck herauszustellen. Denn der § 2 in seiner jetzigen Formulierung, der nur von den Aufgaben der Gewerkschaften, also der Arbeitnehmerverbände, und der Verbände der Arbeitgeber spricht, ist in dieser Einseitigkeit doch in etwa geeignet, die selbständige Position der beiden Sozialpartner irgendwie zu beeinträchtigen. Er bietet in seiner jetzigen Formulierung mit Sicherheit die Möglichkeit einer Überdeckung des selbständigen Gestaltungswillens der beiden Sozialpartner durch politische Einflüsse, die, wie ich annehme, von beiden Sozialpartnern nicht gewünscht sind. Gemäß den auch von der Regierung mehrfach zum Ausdruck gebrachten Wünschen, daß innerhalb der Wirtschaft das Verhältnis der Sozialpartner von diesen selbst geregelt werden sollte, sollte diese Tatsache auch im Gesetz entsprechenden Ausdruck finden. § 2, der nach der Ausschußvorlage lautet:
Die Aufgaben der Gewerkschaften und der Vereinigungen der Arbeitgeber werden durch dieses Gesetz nicht berührt,
spricht eben nur von diesen Aufgaben. Die Aufgaben der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände müssen aber notwendig durch entsprechende Befugnisse ergänzt sein. Der Abgeordnete Sabel erklärt in seinem in der Drucksache Nr. 3585 vorgelegten Schriftlichen Bericht ausdrücklich:
Um jeden Zweifel daran auszuschließen, daß
durch die Bildung der Betriebsräte die Grundsätze des kollektiven Arbeitsrechts der Koalitionen nicht berührt werden sollen, wird in
§ 2 festgelegt, daß die Aufgaben der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände zur Gestaltung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen, insbesondere durch Abschluß von Tarifverträgen, aber auch zur Wahrnehmung der
Interessen ihrer Mitglieder in den Betrieben
durch das Gesetz nicht berührt werden. Grundsätzlich also kann man, wenn man die selbständige Gestaltungsbefugnis der Sozialpartner anzuerkennen bereit ist, nicht darauf verzichten, neben deren Aufgaben noch deren Befugnisse anzusprechen. Einer Pflicht muß notwendig auch immer ein Recht gegenüberstehen, einem Auftrag notwendig auch die Befugnis, ihn auszuführen. Dieser Grundsatz gilt doch auch nach Ihrer Meinung für den Menschen in allen gesellschaftlichen Beziehungsverhältnissen, wenn noch von echter Freiheit überhaupt die Rede sein soll. Denn an eine einseitige Zuteilung von Aufträgen ohne die Einräumung der entsprechenden Befugnisse, die die Voraussetzung für ihre Erfüllung sind, kann nicht gedacht sein. Dies gilt angefangen von den legislativen Aufgaben dieses Hauses über die Vollzugsaufgaben der Regierung bis hinein in die primitivsten Lebensverhältnisse. Bei einem Gesetz von so grundlegender Bedeutung, das in wesentlichen Teilen gerade auch das Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern in der Betriebsebene zu regeln sich bemüht, das notwendig auch die kollektiven Gebilde der Arbeitnehmer, d. h. ihre Gewerkschaften, und der Arbeitgeber in den Arbeitgeberverbänden berühren muß, kann nicht
nur von Aufgaben, sondern muß auch von Befugnissen gesprochen werden.
Meine Fraktion befindet sich bei dieser ihrer Vorstellung in absoluter Übereinstimmung mit den Auffassungen der Gewerkschaften. Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat in seinen Änderungsanträgen, die er den Fraktionen mit Schreiben vom 6. Mai 1952 zugefertigt hat, der gleichen Meinung Ausdruck verliehen, indem er gesagt hat: „Es ist selbstverständlich, daß durch ein Betriebsverfassungsgesetz weder die Aufgaben noch die Befugnisse der Gewerkschaften berührt werden. Wenn aber abweichend vom BRG 1920 und jetzt geltenden Ländergesetzen nur die Aufgaben der Gewerkschaften genannt werden, so könnte daraus hergeleitet werden, daß die Befugnisse der Gewerkschaften zur Vertretung ihrer Mitglieder gegenüber dem einzelnen Arbeitgeber beeinträchtigt werden sollen." Daher ist, wie der Deutsche Gewerkschaftsbund bemerkt, die vorgeschlagene Ergänzung unter allen Umständen notwendig.
Ich wiederhole, was ich schon einleitend bemerkt habe, daß es nicht meine Aufgabe sei, die Interessen der Arbeitgeberverbände herauszustellen; aber selbstverständlich gilt das, was der Deutsche Gewerkschaftsbund hier für die Arbeitnehmerverbände sagt, nach unserer Auffassung in genau derselben Weise für die Arbeitgeber.
Meine Damen und Herren, ich muß mit besonderem Nachdruck darauf hinweisen: dieser § 2 beinhaltet in etwa, daß den Gewerkschaften — vielleicht auch den Arbeitgeberverbänden — hier einseitig nur Aufgaben zudiktiert werden, ohne ihnen die entsprechenden Befugnisse einzuräumen. Das ist sicherlich auch Ihrerseits nicht gewollt.
Da es sich um eine grundsätzliche Frage handelt, die das Koalitionsrecht und das Verhältnis der Sozialpartner wirklich im tiefsten berührt, habe ich namens meiner Fraktion vorzuschlagen, in § 2 hinter dem Wort „Aufgaben" einzufügen „und Befugnisse". Wegen der grundsätzlichen Bedeutung habe ich gleichzeitig zu beantragen, daß darüber namentlich abgestimmt wird.
Meine Damen und Herren, wird dazu das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Es ist namentliche Abstimmung beantragt. Ich bitte die Herren Schriftführer, die Stimmkarten einzusammeln.
Sind alle Stimmzettel eingesammelt? — Ich nehme an, daß alle Mitglieder des Hauses, die sich an der Abstimmung beteiligen wollen, ihren Stimmzettel abgegeben haben. Es kann mit der Auszählung begonnen werden.
Ich rufe auf § 3. Das Wort zur Begründung eines Änderungsantrags auf Umdruck Nr. 617 Ziffern 2 und 3 hat der Abgeordnete Böhm.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe Ihnen im Auftrage meiner Fraktion den Antrag zu unterbreiten, dem § 3 einen ersten Absatz mit dem Wortlaut zu geben:
Betriebe im Sinne dieses Gesetzes sind alle
Betriebe und Verwaltungen des öffentlichen
und privaten Rechts.
Meine Damen und Herren, ich weiß, daß ich mit der Stellung dieses Antrages im Auftrage meiner Fraktion an jenen Fragenkomplex herankomme, der im Laufe der letzten Wochen und Monate Gegenstand von Verhandlungen gewesen ist, der aber zum Teil auch zu grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten zwischen der Opposition und den Koalitionsparteien geführt hat. Ich weiß, daß die Bundesregierung die Frage der Personalvertretung im öffentlichen Dienst noch in einem besonderen Gesetzentwurf regeln will. Ich will zu diesem Gesetzentwurf heute nicht sprechen, sondern ich möchte gerade zu § 3 und der von uns beantragten Änderung einige grundsätzliche Ausführungen machen.
Wir haben vor etwa 2 Jahren hier im Bundestag einen Gesetzentwurf beraten, und zwar die Vorlage Drucksache Nr. 970, die damals von der CDU als Entwurf zu einem Betriebsverfassungsgesetz eingereicht wurde. In diesem Entwurf war der Begriff des Betriebes wie auch der Begriff des Arbeitnehmers einheitlich sowohl für die öffentliche Hand als auch für die Privatbetriebe geklärt. Die Frage, ob es zweckmäßig und notwendig ist, die gesamten öffentlichen Betriebe in ein einheitliches Gesetz mit hineinzunehmen, ist meines Wissens in den beiden Ausschüssen für Arbeit und Wirtschaft nicht so gründlich behandelt worden, wie es erforderlich gewesen wäre. Wir vertreten die Auffassung, daß zwar die Rechtsstellung der Beamten im öffentlichen Dienst eine besondere Berücksichtigung im Gesetz selbst erfahren soll und muß, die Unterschiede in der Rechtsstellung und in der Handhabung dieses Betriebsverfassungsgesetzes aber nicht so groß sind, daß die Verhältnisse nicht in einem einheitlichen Gesetz geregelt werden könnten.
Herr Abgeordneter Schröder hat heute morgen in der Geschäftsordnungsdebatte zum Ausdruck gebracht, daß in keinem Lande der Welt für die Arbeitnehmer ein solches Gesetz mit soviel Rechten geschaffen worden sei, wie es bei dem vorliegenden Gesetz der Fall sei.
Ich möchte an diese Bemerkung anknüpfen und sagen: es hat aber auch noch keine Arbeitnehmerschaft in der Welt so ungeheuer viel für den Aufbau und für die Ordnung in Staat und Wirtschaft geleistet
wie die deutschen Arbeitnehmer nach 1945.
Wenn Sie einmal darangehen, in der deutschen Geschichte einiges niederzulegen, und wenn Sie einmal versuchen, die Arbeiten gegenseitig zu würdigen, dann werden Sie nicht daran vorbeigehen können, daß in einer Unmenge von Aufgaben gerade der öffentliche Dienst, Arbeiter, Angestellte und Beamte, im Wiederaufbau Ungeheures unter den allermißlichsten Verhältnissen geleistet hat. Wir sind der Meinung, daß nicht allein in Hervorkehrung dieser Verdienste eine gemeinsame Regelung erfolgen müßte, sondern wir sind der Auffassung, daß, wenn Sie darangehen wollen — und Sie haben es ja so oft betont —, in Deutschland eine neue, eine bessere, eine sozialere Ordnung zu schaffen, Sie dann dazu über-
gehen müssen, dieser neuen sozialen Ordnung auch die gesetzliche Grundlage zu geben.
Ich möchte hier aus dem Bundestagsprotokoll vom 10. Juli einen Ausspruch des Abgeordneten Strauß zitieren. Er sagte: „Man kann nicht mit der Einstellung von gestern und den Begriffen von vorgestern die Notwendigkeiten von heute und die Aufgaben von morgen begreifen. Wer es trotzdem tut, ist ein Reaktionär."
Wenn ich dies zitiere, so aus dem einfachen Grunde, weil ich glaube, daß in der gesamten Gesetzgebung und besonders in diesem Betriebsverfassungsgesetz auch der öffentliche Dienst mit eingeschlossen werden muß. Wir haben seit dem Jahre 1946 in Deutschland das Kontrollratsgesetz gehabt. Wir haben in einer ganzen Reihe von Ländern besondere Gesetze geschaffen, und ich glaube, daß keiner, weder von der Verwaltung noch von den Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst heute etwa aus der Erfahrung sagen könnte, daß diese besonderen Gesetze und das einheitliche Gesetz sich schlecht bewährt hätten.
Für die Herausnahme des öffentlichen Dienstes aus diesem Gesetz sind von der Regierungsseite eine Reihe von Begründungen gegeben worden. So hat z. B. Herr Staatssekretär Bleek in einer Pressekonferenz für die Notwendigkeit, den öffentlichen Dienst aus diesem Gesetz zu entfernen, eine Reihe von Begründungen gegeben. Eine der wesentlichsten war: Mit dem Betriebsverfassungsgesetz soll draußen in der öffentlichen Wirtschaft so etwas wie Betriebsdemokratie durchgeführt werden; im öffentlichen Dienst ist das nicht notwendig. — Meine Damen und Herren, ich glaube, daß auch im öffentlichen Dienst so etwas wie Demokratie zwingend notwendig ist, und ich kann einfach die Begründung nicht gelten lassen, daß durch die Hereinnahme des öffentlichen Dienstes, also der Arbeiter, Angestellten und Beamten in dieses Gesetz eine Reihe von Funktionen an die Betriebsräte übergehen sollen, die sonst eigentlich den parlamentarischen Körperschaften zustehen. Wir haben in dieser Beziehung bereits eine Reihe von grundsätzlichen Erklärungen abgegeben, und ich möchte hier zum Verständnis unserer Auffassung noch auf folgendes hinweisen. Die Rechtsstellung des Beamten im öffentlichen Dienst ist zwar durch eine Anzahl von Gesetzen bereits festgelegt. Aber die Durchführung der Beamtengesetze und der den Beamten obliegenden Aufgaben und Befugnisse braucht durch die Einbeziehung in dieses Gesetz keineswegs zu leiden. Soweit die reinen Verwaltungsbetriebe in Frage kommen, muß das wirtschaftliche Mitbestimmungsrecht unter anderen Gesichtspunkten gesehen werden, als sie für die allgemeine Wirtschaft gelten.
Ich verrate kein Geheimnis — diese Stellung ist bekannt —, daß nach unserer Auffassung dort, wo rechtsetzende Körperschaften und Organe die Entscheidung tragen, das Mitbestimmungsrecht der Betriebsräte eine besondere Regelung zu erfahren hat. Ich glaube, schon aus diesem Grunde die Notwendigkeit herausstellen zu müssen, nicht eine Zersplitterung auf dem Boden der Mitbestimmung und des Mitbestimmungsrechtes durchzuführen, sondern den gesamten öffentlichen Dienst in dieses Gesetz mithineinzunehmen. Auch die bisher vorliegenden Erklärungen der Regierungen zu dieser
ganzen Materie können unserer Meinung nach
nicht als stichhaltiger Grund angesehen werden.
Ich beantrage daher im Auftrag unserer Fraktion, dem Abs. 1 des § 3 folgende Fassung zu geben:
Betriebe im Sinne dieses Gesetzes sind alle Betriebe und Verwaltungen des öffentlichen und privaten Rechts.
Es ist nicht nur im Interesse der im öffentlichen Dienst Beschäftigten, sondern auch im Sinne einer demokratischen Entwicklung notwendig, hier eine Einheitlichkeit des Rechtes durchzuführen und in einer besonderen Bestimmung, über die noch zu sprechen wäre, dann das wirtschaftliche Mitbestimmungsrecht zu regeln.
Es handelt sich bei dieser Frage um eine grundsätzliche Entscheidung. Es geht auch nicht um eine Forderung, die allein von uns gestellt würde. Schon in der ersten Lesung habe ich auf den Entwurf der CDU hingewiesen. Wir sind der Meinung, daß es bei gesunder Einsicht und gutem Willen möglich sein muß, auf diesem Gebiet die notwendige einheitliche Regelung durchzuführen. Ich beantrage also der grundsätzlichen Bedeutung wegen auch hier die namentliche Abstimmung.
Meine Damen und Herren! Ich gebe das vorläufige Ergebnis*) der vorher stattgefundenen namentlichen Abstimmung bekannt. Es sind abgegeben worden 342 Stimmen und 13 Stimmen von Berliner Abgeordneten. Mit Ja gestimmt 139 Abgeordnete, mit Nein 203;
6 Berliner Abgordnete haben mit Ja gestimmt,
7 mit Nein. Damit ist der Änderungsantrag ab- gelehnt.
Ich habe zunächst die Abstimmung über § 2 vornehmen zu lassen. Wer für § 2 in der Ausschußfassung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit; § 2 ist in der Ausschußfassung angenommen.
Wir fahren nunmehr in der Beratung zu § 3 fort. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schröder.
Dr. Schröder [Düsseldorf] : Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit Rücksicht auf die sehr gespannte Geschäftslage des Hauses wollen wir uns auf ein Minimum an Bemerkungen, jedenfalls in diesem Augenblick, beschränken. Wir lehnen den Antrag, über den gerade namentliche Abstimmung beantragt worden ist, ab. Die Frage der Behandlung des öffentlichen Dienstes wird am Freitag wieder auf der Tagesordnung dieses Hauses stehen. Wir werden dann ausführlicher zu dieser Frage Stellung nehmen, wenn die erste Beratung des Personalvertretungsgesetzes stattfindet. Gerade über die Frage: Einbeziehung des öffentlichen Dienstes in das vorliegende Gesetz oder nicht, sind in den letzten Wochen, Tagen und — ich möchte sagen — Stunden sehr intensive Besprechungen geführt worden. Für uns stellte sich dieses Problem so dar, daß wir — an sich mehr aus technischen Gründen — an dem Erlaß eines besonderen Personalvertretungsgesetzes festhalten werden. Die Gründe dafür werden wir am Freitag im einzelnen auseinandersetzen. Ich möchte jetzt den Fortgang dieser Debatte nicht länger aufhalten und begnüge mich mit diesen Bemerkungen.
*) Vergl. das endgültige Ergebnis Seite 10042, 1. Abstimmung.
Wir lehnen — um es noch einmal zu sagen — den Änderungsantrag ab.
Das Wort hat der Abgeordnete Agatz.
Meine Damen und Herren! Wir begrüßen es, daß der Herr Kollege Böhm schon jetzt eine entscheidende Frage angeschnitten hat, nämlich die Frage, für wen das vorliegende Gesetz Gültigkeit haben soll. Auch wir stehen auf dem Standpunkt, daß der öffentliche Dienst nicht herausgenommen werden darf. Es wäre gegenüber dem Betriebsrätegesetz von 1920 sowie auch gegenüber den Gesetzen, die bisher in den einzelnen Ländern Gültigkeit hatten, ein entschiedener Rückschritt. Wir wissen sehr genau, daß mit dieser Herausnahme des öffentlichen Dienstes eine Aufspaltung der Arbeiter vorgenommen werden soll, daß vor allem aber auch ihre gewerkschaftliche Kraft damit geschwächt werden soll. Vielleicht will man hier auf der Rechten des Hauses zu der Entwicklung eines Ständestaates hin, wir aber wollen zu der Entwicklung eines demokratischen Staates hin,
in dem der Wille der Arbeiter Gesetz werden muß. Um das zu bewirken, müssen die Arbeiter einig sein. Die Arbeiter der privaten und öffentlichen Betriebe gehören zusammen. An diesem Grundsatz halten wir fest, und darum werden wir den Antrag des Kollegen Böhm unterstützen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Wellhausen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir schließen uns der Auf fassung, die Herr Schröder für die CDU vorgetragen hat, an.
Wieweit nur technische Gründe dafür bestimmend sein werden, ein besonderes Gesetz zu machen, darüber werden wir am Freitag hier zu sprechen haben. Ich darf aber feststellen, daß auch der Abgeordnete Böhm in seinen Ausführungen — nämlich über das wirtschaftliche Mitbestimmungsrecht — hat durchblicken lassen, daß andere Verhältnisse für den öffentlichen Dienst zu gelten haben als für die private Wirtschaft,
und er hat damit meines Erachtens zwar keine Berechtigung für unseren Wunsch hier angebracht, aber doch angedeutet, daß es nicht außer Kehr sein kann, daß man nun ein besonderes Personalvertretungsgesetz schafft. Ob das ein Rückschritt sein wird, Herr Kollege Agatz, würde ich doch, da ich kein Prophet bin, erst hier erklären, wenn das Gesetz mindestens in der ersten Lesung beraten worden ist.
Das Wort hat der Abgeordnete Böhm.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Wellhausen zwingen mich, noch einiges zu sagen. Ich wollte bestimmt nicht eine Begrün-
dung für Ihre Haltung geben, die auf ganz anderen Gebieten liegt als etwa auf dem des wirtschaftlichen Mitbestimmungsrechtes. Wenn ich herausstelle, daß sicher im öffentlichen Dienst die Dinge anders zu betrachten sind als etwa in der Montan- industrie oder im Bergbau, dann will ich ja damit gerade zum Ausdruck bringen, daß unsere Fraktion nicht, daran denkt, ein Dogma oder eine Schablonenarbeit gesetzlich zu verankern.
Darüber hinaus bleibt aber für das soziale und personelle Mitbestimmungsrecht auch in den öffentlichen Betrieben noch so viel zu tun übrig, daß ein einheitliches Gesetz einfach als zwingend notwendig erachtet werden muß.
Ganz abgesehen davon, daß im öffentlichen Dienst in den sogenannten „Betriebsverwaltungen" — ich denke hier an die Straßenbahn, an die Gas-, Wasser- und Elektrizitätswerke — nicht nur zu einem großen Teil bereits reprivatisierte Betriebe oder gemischt-wirtschaftliche Betriebe bestehen, sondern auch weil der Ablauf der Produktion und der Arbeit, die Gestaltung der Rechtsverhältnisse und die gesamte Problematik dieser Betriebe nicht anders gelagert sind als die Verhältnisse, wie sie draußen in der Privatwirtschaft gang und gäbe sind.
Ich glaube — und das möchte ich besonders betonen —, nur darin unterscheiden sich unsere Auffassungen. Wir sind der Meinung, daß man in der Entwicklung zu einer modernen und demokratischen Ordnung sowohl in Wirtschaft als auch in Staat nicht getrennte Gesetze machen sollte, daß man nicht getrennte Interessen wahrnehmen sollte, sondern daß Einheitlichkeit im Interesse der Wirtschaft, aber auch im Interesse des Staates gewahrt werden soll.
Weitere Wortmeldungen zu diesem Antrag liegen nicht vor. Es ist namentliche Abstimmung beantragt. Dieser Antrag ist genügend unterstützt. Ich bitte die Herren Schriftführer, sich mit den Urnen zu bewaffnen und die Stimmzettel einzusammeln.
Haben alle Mitglieder des Hauses, die sich an der Abstimmung beteiligen wollen, ihre Stimme abgegeben? — Dann ist die Abstimmung geschlossen. Die Auszählung hat schon begonnen.
Ein weiterer Abänderungsantrag zu § 3 ist in Ziffer 3 des Umdrucks angekündigt. Zur Begründung hat Herr Abgeordneter Keuning das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen
und Herren! Im Namen der SPD-Fraktion be
antrage ich, dem § 3 folgende Fassung zu geben:
Für Nebenbetriebe und Betriebsteile, die
räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt oder
durch Aufgabenbereich und Organisation
eigenständig sind, kann ein Betriebsrat gebildet werden, wenn die dort tätigen wahlberechtigten Arbeitnehmer dies vor einer Neuwahl mit Mehrheit beschließen.
Die Mitarbeiter an der heute vorliegenden Fassung werden merken, daß es sich hier nicht um eine grundsätzliche sachliche Entscheidung handelt, sondern daß es uns darum geht, hier eine Klärung herbeizuführen. Die Formulierung, die Ihnen vorliegt, enthält ebenfalls die drei Voraussetzungen: räumlich weit, eigenen Aufgabenbereich und eigene Organisation. Aber, meine Damen und Herren, wer soll darüber entscheiden? Wenn ich nur die Frage stelle: „was ist räumlich weit?", dann fragt sich doch, oh das auf die Gemeinde oder auf den Ort bezogen ist. Ist „räumlich weit" im Zeitalter dieser schnellen Beförderungsmittel, die wir heute zur Verfügung haben, überhaupt noch ein Begriff, der anwendbar ist, um hier irgendwie eine Abgrenzung herbeizuführen?
Der Kollege Sabel hat in seiner Begründung davon gesprochen, daß man sich über den Begriff „Betrieb" wohl klar gewesen sei. Aber ich kann sagen, daß über diesen Paragraphen im Ausschuß längere Zeit hin und her debattiert wurde und dann eben diese Formulierung gefunden wurde, ohne daß man sich nun grundsätzlich dagegenstemmte, eine solche Formulierung einzubauen — denn sie tauchte erst nach den Ausschußdebatten auf —, wie wir sie Ihnen heute vorschlagen. Ich sagte schon: „was ist räumlich weit?". Es taucht aber auch noch die Frage auf, wer denn über dieses „was ist räumlich weit?" entscheidet. Wir würden also in dieses Gesetz mindestens zwei Dinge einbauen, die eine gewisse Unsicherheit mit sich bringen würden. Und da das Bemühen allgemein war, dieses Gesetz so zu verabschieden, daß jegliche Unsicherheit ausgeschaltet sei, darum unser Vorschlag.
Wir schlagen Ihnen also die vorgelegte Fassung vor mit dem Ziel, eine Klärung für die Auslegung und Durchführung des Gesetzes herbeizuführen. Wir möchten die Entscheidung darüber in die Hände der Betroffenen legen, indem wir fordern, daß die wahlberechtigten Arbeitnehmer vor einer Neuwahl mit Mehrheit beschließen sollen, ob sie ein Betrieb sind, der unter die drei genannten Voraussetzungen fällt. Ich bitte Sie, unserem Änderungsantrag zuzustimmen.
Meine Damen und Herren, ehe ich das Wort weiter erteile, gebe ich das vorläufige Ergebnis*) der namentlichen Abstimmung bekannt. Es haben sich 348 Abgeordnete des Hauses und 13 Berliner Abgeordnete beteiligt. Mit Ja haben gestimmt 138, mit Nein 207 Abgeordnete, bei 3 Enthaltungen. Von den Berliner Abgeordneten haben 6 mit Ja und 7 mit Nein gestimmt. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.
Weitere Wortmeldungen zu dem eben gestellten Antrag liegen nicht vor. Dann lasse ich über diesen Antrag abstimmen. Wer für diesen Änderungsantrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Letzteres war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich lasse nunmehr über § 3 in der Ausschußfassung abstimmen. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit.
— Enthaltungen? — Gegen eine große Zahl von Enthaltungen angenommen.
*) Vgl. das endgültige Ergebnis Seite 10042, 2. Abstimmung.
Ich rufe auf § 4. Hier sind Änderungsanträge seitens der SPD und der CDU/CSU, FDP und DP angekündigt.
Zunächst hat für die SPD zum Umdruck Nr. 617 Ziffern 4 und 5 Herr Abgeordneter Böhm das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion stellt zu § 4 den Antrag, Ziffer 1 folgendermaßen zu formulieren:
Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter, Angestellte und Beamte.
Ich weiß, daß mit diesem Antrag eine grundsätzliche Frage aufgerollt wird, und ich weiß auch, daß man über den Begriff des Arbeitnehmers, soweit der öffentliche Dienst in Frage kommt, geteilter Meinung ist. Ich glaube aber, daß, wenn wir diesen Wortlaut „Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter, Angestellte und Beamte" wählen, der Begriff „Beamte" ebenfalls eindeutig im Sinne dieses Gesetzes geklärt ist. Wir bitten Sie also, dem von uns gestellten Antrag zuzustimmen, weil auch hier eine Abgrenzung der Befugnisse zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern im Gesetze selbst herausgestellt wird und schließlich auch der Beamte bei seiner Funktionswirkung, bei seiner gesellschaftlichen Aufgabe und bei den Aufgaben, die er durchzuführen hat, entweder als Arbeitgeber, d. h. als Beauftragter der Verwaltung, oder als Arbeitnehmer in Frage kommen soll. Wir bitten also nochmals, in diesem Sinne unserm Antrag zuzustimmen und die Fassung „Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter, Angestellte und Beamte" als Abs. 1 des § 4 zu beschließen.
Wird dazu das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter Böhm, haben Sie auch Ziffer 5 Ihres Antrages zu begründen?
Herr Abgeordneter Odenthal!
Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! In § 4 Abs. 2 des Entwurfs wird gesagt, wer nicht Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes ist. Das ist unter a) und b) mit erfreulicher Klarheit ausgedrückt. Auch der Anfang von c) läßt keinen Zweifel, was gemeint ist. Aber dann, meine Damen und Herren, beginnt leider der Wirrwarr, die Unklarheit. Die Arbeitnehmereigenschaft der leitenden Angestellten wird dann verneint, wenn ihnen Generalvollmacht oder Prokura erteilt ist oder wenn sie nicht angestelltenversicherungspflichtig sind und Aufgaben wahrnehmen, die regelmäßig wegen ihrer Bedeutung für den Bestand und die Entwicklung des Betriebs' nur auf Grund besonderen persönlichen Vertrauens des Arbeitgebers bestimmten Personen im Hinblick auf deren besondere Erfahrungen und Kenntnisse übertragen werden. Meine Damen und meine Herren, hier sind acht verschiedene Merkmale aufgeführt, von denen jedes einzelne genügt und geeignet ist, für den Angestellten, den es trifft, die Arbeitnehmereigenschaft zu verneinen, diese auszuschließen und ihm dafür die Rechte aus diesem Gesetz zu nehmen oder vorzuenthalten. Ich frage mich ängstlich, ob es dann in vielen Betrieben überhaupt noch Angestellte geben wird, die die Arbeitnehmereigenschaften besitzen. Oder ist beabsichtigt, hier den Arbeitsgerichten ein neues Feld der Betätigung zu erschließen?
Wir stellen — oft mit Bewunderung für die Juristen und ihre Solidarität — fest, daß ihre Mitwirkung in der Gesetzgebung so viele Unklarheiten schafft oder auch übrigläßt, daß ihren Berufskollegen draußen in der Praxis ein reiches Feld beruflicher Betätigung verbleibt.
Wir sehen darin ein echtes Arbeitsbeschaffungsprogramm von Juristen für Juristen.
Allerdings liegt dazu nach diesem Gesetz kein zwingender Grund vor, weil die Arbeitsgerichtsbarkeit durch die Auswirkungen dieses Gesetzes hoffenlich nicht allzu stark in Anspruch genommen werden wird und weil — wenigstens noch nicht in der ersten Instanz — in der richterlichen Besetzung der Volljurist noch nicht erscheint und auch der Anwaltszwang für die erste Instanz nicht vorgeschrieben ist.
Vielleicht darf ich aber bescheiden den Wunsch des einfachen Mannes draußen ausdrücken, der vom Bundestag klare und eindeutige Formulierungen und Entscheidungen fordert, der aber dauernd erleben muß, daß — leider — den Gerichten in der Auslegung unklarer Bestimmungen politische Aufgaben übertragen werden. Das ist aber nicht die Aufgabe der Gerichte, und die Gerichte wünschen auch diese Aufgabe nicht; sie ist ihnen höchst unerwünscht.
Wir sollten uns aber fragen — ich glaube, wir sind uns in diesem Hause darüber einig —: Was will der Bundestag mit der Bestimmung des § 4? Wir wollen doch dem leitenden Angestellten, der in eigener Zuständigkeit entlassen und einstellen kann, Arbeitgebereigenschaft verleihen und diese anerkennen; wir wollen für ihn die Arbeitnehmereigenschaft verneinen. Für die anderen aber, die nicht Vorstandsmitglieder in einer Aktiengesellschaft, nicht Gesellschafter in einer offenen Handelsgesellschaft, sondern nur leitende Angestellte mit Prokura, mit Vollmacht, meinetwegen auch mit Weisungsbefugnis in technischen Dingen sind, wollen wir die Arbeitnehmereigenschaft bejahen und ihnen die Rechte aus diesem Gesetz zuerkennen.
Dahin zielt unser Antrag, und ich glaube, wir sollten uns in einer klaren und eindeutigen Formulierung einig sein, die draußen in den Betrieben keinen Wust von Rechtsstreitigkeiten schafft.
Nachdem Sie nun bei den §§ 2 und 3 bereits die Einbeziehung der öffentlichen Hand abgelehnt haben, bitte ich Sie, unserem Antrage mit der Einschränkung, daß die Worte „der öffentlichen Verwaltung" gestrichen werden, zuzustimmen. Die Fassung würde dann heißen:
Geschäftsführer, Betriebsleiter und ihnen gleichzustellende Personen, wenn sie zur selbständigen Einstellung oder Entlassung der Arbeitnehmer berechtigt sind.
Ich bitte Sie um Zustimmung zu diesem Antrag.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Wellhausen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind nicht in der Lage, dem Antrage der SPD, den Herr Böhm begründet hat, zuzustimmen. Ich glaube, dazu brauche ich keine näheren Ausführungen zu machen; das er-
gibt sich aus unserer Haltung zu den bisher vorgetragenen oder behandelten Paragraphen.
Dagegen möchte ich etwas zu dem Antrag sagen, den der Herr Kollege Odenthal begründet hat. Er überschätzt die Juristen; denn es sind nicht acht verschiedene Gruppen. Wenn ich genau nachzähle, sind es nur vier. Sie dürfen nicht jedes „Und" mitrechnen, sondern Sie müssen nur die mit „oder" bezeichneten Differenzierungen zählen. Dann finden Sie drei „oder", eine Differenzierung steht als erste, macht zusammen vier.
Im übrigen ist die Sache so, daß in den Ausschüssen über diesen Paragraphen unendlich viel geredet worden ist. Es besteht gar kein Streit darüber, daß man sich hier so und so ausdrücken kann. Ich bin aber leider nicht in der Lage, für meine Freunde der Fassung zuzustimmen, die Herr Odenthal vorgetragen hat. Er stellt es nur auf die Einstellung und auf die Entlassung ab. Aus Vereinfachungsgründen oder aus sonstigen organisatorischen Gründen ist es natürlich besonders in größeren Betrieben so, daß diese Funktion der Einstellung und Entlassung in hohem Maße delegiert wird und vielleicht auch delegiert werden muß. Damit soll nicht zum Ausdruck kommen, daß das nun ein leitender Angestellter ist, sondern nur, daß die gute Ordnung es verlangt, in dieser Beziehung eine Verbreiterung der Stellen, die Befugnisse haben, vorzunehmen. Ich, und ich glaube, auch meine Freunde, mit denen wir in den Ausschüssen lange gesprochen haben, würden es also für eine Erweiterung des Begriffes leitende Angestellte halten, wenn Sie ihn nur auf diese Befugnis abstellten. Ich bin der Meinung, daß z. B. die Erteilung der Prokura ein sehr viel beachtlicherer Beweis des Vertrauens im großen hinsichtlich des Bestandes, sagen wir mal, und der Entwicklung des Unternehmens ist — Begriffe, die sich in der in Rede stehenden Ziffer finden — , als wenn es sich darum handelt, einen Hilfsarbeiter, und sei er noch so sympathisch, einzustellen oder zu entlassen. Ich bitte Sie daher, diesen Antrag abzulehnen.
Wer begründet den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP/DPB, Umdruck Nr. 612?
— Ohne Begründung!
— Das Wort hat der Abgeordnete Richter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Wellhausen hat eben den § 4 a der Vorlage Drucksache Nr. 3585 verteidigt. Ich möchte hier ausdrücklich feststellen, daß die Behauptungen, in dieser Vorlage Drucksache Nr. 3585 beständen keine Verschlechterungen gegenüber dem früheren, von 1920 bis 1933 geltenden Recht und gegenüber den Länderrechten, nicht richtig sind. In diesem § 4 a ist eine wesentliche Verschlechterung insofern enthalten, als der Kreis der wahlberechtigten und wählbaren Arbeitnehmer eingeschränkt wird, d. h. also der Kreis derjenigen, die den Schutz des Betriebsrätegesetzes beanspruchen sollen, für die es letzten Endes geschaffen worden ist. In dem alten Betriebsrätegesetz von 1920, in den Ländergesetzen, die jetzt in Kraft sind, und auch im Kontrollratsgesetz ist überhaupt keine Ausnahme vorgesehen. Ausgenommen sind lediglich die Geschäftsführer und Betriebsleiter, soweit sie zur selbständigen Einstellung und Entlassung berechtigt sind, während
alle anderen Angestellten, ganz gleich, ob sie Prokura, Handelsvollmacht oder Generalvollmacht oder welche Funktionen sie sonst haben, unter dem Schutz des Gesetzes stehen, wahlberechtigt und wählbar sind.
Und nun zu dem Antrag Umdruck Nr. 612 Ziffer 1. Hier machen Sie eine weitere Einschränkung dahin, daß Verwandte und Verschwägerte ersten Grades nicht als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes gelten sollen. Die gleichen Personen, die nach der Reichsversicherungsordnung oder dem Angestelltenversicherungsgesetz oder dem Arbeitslosenversicherungsgesetz als Arbeitnehmer angesehen werden und für die Beiträge zu den Sozialversicherungsgesetzen zu zahlen sind, wollen Sie hinsichtlich des Betriebsverfassungsgesetzes nicht als Arbeitnehmer anerkennen. Ich möchte feststellen, daß das auch eine Verschlechterung ist. Alle Arbeitnehmer sollten wahlberechtigt und wählbar sein, auch Verwandte und Verschwägerte, die Sie nach Ihrem Antrag davon ausnehmen wollen.
Wir werden deshalb gegen den Antrag stimmen.
Der Abgeordnete Schröder verzichtet.
Keine weiteren Wortmeldungen? — Dann können wir abstimmen, und zwar zunächst über den Antrag der SPD Umdruck Nr. 617 Ziffer 4: „Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter, Angestellte und Beamte." Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe? — Das letzte ist die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag Umdruck Nr. 617 Ziffer 5 in der abgeänderten Fassung mit der Ausklammerung der Worte „der öffentlichen Verwaltung". Wer für die Annahme dieses Antrags ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! - Das letzte ist die Mehrheit. Dieser Änderunsantrag ist abgelehnt.
Nunmehr lasse ich über den Änderungsantrag Umdruck Nr. 612 Ziffer 1 abstimmen, in § 4 Abs. 2 einen Buchstaben f anzufügen: „Verwandte und Verschwägerte ersten Grades . . .". Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit. Dieser Antrag ist angenommen.
Nunmehr lasse ich über § 4 in der veränderten Fassung abstimmen. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit. § 4 ist in der durch die Annahme des Antrags Umdruck Nr. 612 Ziffer 1 geänderten Fassung angenommen.
Meine Damen und Herren, auf Grund einer Vereinbarung der Fraktionen sollte um 12 Uhr mit den Wahlen nach den Tagesordnungspunkten 3, 4 und 5 begonnen werden. Ich schlage Ihnen vor, daß wir nunmehr in diesen Wahlakt eintreten.
Wir kommen zunächst zu Punkt 3 der Tagesordnung:
Wahl von Mitgliedern des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes gemäß § 67 Abs. 1 Satz 2 der Geschäftsordnung.
Die Wahlvorschläge befinden sich auf Umdruck Nr. 606. In diesem Falle kann die Wahl durch ein-
fache Abstimmung des Hauses vorgenommen werden. Wer für die Annahme des Antrags Umdruck Nr. 606 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Damit ist Punkt 3 erledigt.
Wir kommen zu Punkt 4 der Tagesordnung: Wahl der „Mitglieder kraft Wahl" des Richterwahlausschusses gemäß § 65 der Geschäftsordnung.
Hier ist das Wahlverfahren komplizierter. Es muß hier nach Namensaufruf auf Grund eines Wahlzettels gewählt werden. Die Damen und Herren des Hauses haben den Vorschlag, dem Sie den Vorzug geben, in den Kreis, der sich rechts von den beiden Vorschlägen befindet, anzukreuzen.
Ich bitte die Herren Schriftführer, die Urnen bereitzustellen. — Stehen die Urnen bereit? — Es wird durch Namensaufruf abgestimmt. Ich bitte die Urnen so bereitzustellen, daß etwa 4 Urnen über die ganze Breite verteilt sind.
Ich bitte, mit dem Namensaufruf zu beginnen. Die Berliner Abgeordneten können nicht abstimmen.
Meine Damen und Herren! Sind alle Mitglieder des Hauses, die sich an der Abstimmung beteiligen wollen, aufgerufen worden? — Keine Einwendungen. — Dann bitte ich, mit der Auszählung zu beginnen.
Ich habe noch bekanntzugeben, daß der Unterausschuß Kunst seine Beratungen um 13 Uhr im
Zimmer 204 Südflügel fortsetzen wird.
Der Justizminister bittet, eine Sitzung des Richterwahlausschusses zur Wahl von Bundesrichtern zum Bundesgerichtshof anzuberaumen für Donnerstag, den 17. Juli, 16 Uhr, Bundeshaus, Zimmer 206 Südflügel.
Da die Auszählung noch andauert, rufe ich auf Punkt 5 der Tagesordnung:
Wahl der deutschen Mitglieder der Gemeinsamen Versammlung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl.
Es liegen je ein Antrag der Fraktionen der CDU/ CSU, FDP, DP/DPB und FU vor auf Umdruck Nr. 607. Über diesen Antrag kann in einfacher Abstimmung abgestimmt werden. Wer für die Annahme dieses Antrags Umdruck Nr. 607 ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Gegen einige wenige Stimmen angenommen.
Meine Damen und Herren, wir fahren fort in
der Beratung des Punktes 7 der Tagesordnung: Zweite Beratung der Entwürfe eines Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Betrieb , eines Gesetzes zur Neuordnung der Wirtschaft (Nr. 1229 der Drucksachen) und des Betriebsverfassungsgesetzes (Nrn. 1546, 3585 der Drucksachen).
Wir sind bei § 5. Dazu ist ein Antrag der SPD Umdruck Nr. 617 Ziffer 6 angekündigt. Wer begründet den Antrag? — Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Richter.
Meine Damen und Herren! Der Antrag unter Ziffer 6 des Umdrucks Nr. 617 besagt, wer Beamter ist. Er lautet: „Wer Beamter ist, bestimmen die Beamtengesetze." Im zweiten Satz des Antrages wird zum Ausdruck gebracht, daß auch die Beamtenanwärter Beamte im Sinne dieses Gesetzes sind. Ich glaube, daß Sie diese Regelung grundsätzlich für richtig halten.
Es ist eine Abgrenzung des Begriffes „Beamter", wie Sie in den späteren Bestimmungen des § 5 eine Abgrenzung des Begriffes „Angestellter" und eine Abgrenzung des Begriffes „Arbeiter" finden. Ich bitte Sie, diesem Antrag zuzustimmen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Ich lasse über diesen Änderungsantrag abstimmen. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich lasse über § 5 in der Ausschußfassung abstimmen. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit; § 5 ist in der Ausschußfassung angenommen.
§ 6. Hierzu sind zwei Änderungsanträge angekündigt. Zunächst Umdruck Nr. 617 Ziffer 7. Wer begründet? — Das Wort hat der Abgeordnete Keuning.
Herr Präsident! Meine Damen
und Herren! Unter Ziffer 7 des Umdrucks Nr. 617
beantragt die sozialdemokratische Fraktion:
In § 6 sind an Stelle der Worte „das 18. Lebensjahr" zu setzen „am Wahltag das 17. Lebensjahr".
— Nachdem Sie sich beruhigt haben, werde. ich einiges dazu sagen. Wenn Sie für 10 Jahre sind, — das geht uns zu weit.
Aber wenn wir uns in der Mitte treffen würden, dann könnten Sie doch 17 Jahre anerkennen. Ich bin also erfreut über die Zustimmung, die ich in Ihren Reihen gefunden habe.
— Ja, das richtet sich je nach dem, wieviel Kleingeld einer in der Tasche hat, Herr Wuermeling!
Zu diesem Antrag schreibt unser Kollege Herr Sabel in seinem schriftlichen Bericht, daß man sich auch im Ausschuß damit beschäftigt habe und einige Anträge sogar so weit gegangen seien, das 16. Lebensjahr zu fordern. Der Ausschuß hat sich dann mit Mehrheit darauf geeinigt, das 18. Lebensjahr hier einzusetzen. Herr Sabel schreibt aber in seiner Begründung, daß man sich für das 18. Lebensjahr unter Anlehnung an frühere Vorbilder entschlossen habe. Ich frage mich: Warum nicht unter Anlehnung an jetzige Vorbilder?
Es ist doch so, daß in einem großen Teil der Bundesrepublik mit 17 Jahren gewählt wird, — auch dann, Herr Kollege Sabel, wenn Sie jetzt den Kopf schütteln! In dem ganzen Gebiet, in dem das Kon-
trollratsgesetz Nr. 22 heute noch Gültigkeit hat, wird mit 17 Jahren gewählt. In der Industrie, in der ich selbst tätig bin, wird mit 17 Jahren gewählt. Im Bergbau wird mit 16 Jahren gewählt. Dort steht der junge Bergarbeiter zwischen 16 und 17 Jahren schon mitten in der Kolonne im Streb und arbeitet mit, wie die andern auch unter Tage arbeiten. Warum soll dieser junge Mensch, der bis jetzt schon wählen konnte, nun nicht mehr das Recht haben, seinen Betriebsrat auszuwählen?
Ich sage also, warum nicht unter Anlehnung an jetzige Vorbilder? Das Kontrollratsgesetz Nr. 22 hat kein Alter vorgesehen, und in der britischen Zone ist es dann Praxis geworden, bereits mit 17 Jahren wählen zu können und mit 21 Jahren gewählt werden zu können.
Ich denke an die Debatten im Ausschuß, und alle, die wir mit dieser Arbeit zu tun hatten, haben ja ganze Stöße von Zuschriften aus Jugendverbänden, aus Ortsjugendausschüssen usw. bekommen. Aus all diesen Lagern sind wir doch angesprochen worden. — Ich glaube nicht, Herr Kollege Pelster — Sie schütteln so energisch den Kopf —, daß man ausgerechnet Sie übersehen hätte. Ich bin der Meinung, daß die Entscheidung des Ausschusses, ein Wählbarkeitsalter von 21 Jahren festzusetzen, statt das ursprüngliche Wählbarkeitsalter von 24 Jahren bestehen zu lassen, schon eine Auswirkung dieses Bemühens der jungen Menschen aus der ganzen Bundesrepublik und überwiegend aus dem britischen Besatzungsgebiet war.
Meine Damen und Herren, denken Sie doch selbst an Ihre eigene Jugend, als Sie 17 Jahre alt waren. Wieweit war man bereit, sich in all diesen Fragen bevormunden zu lassen? Viele aus diesem Kreise haben doch der Jugendbewegung angehört und wissen, welche Aufgaben dort von jungen Menschen bereits in eigener Verantwortung geleistet wurden. Denken Sie bitte an die Jugendlager, die heute von allen Richtungen durchgeführt werden, von konfessionellen Verbänden usw. Das sind doch junge Menschen, die teils in der Lage sind, die ganzen Lager zu führen, und sie werden ordnungsgemäß und sauber geführt. Denken Sie bitte auch an diese Dinge, wenn wir darüber sprechen.
Ich bin also der Meinung, daß der Druck der Jugend schon die Arbeit an diesem Gesetz in den Ausschüssen und die Entscheidung irgendwie beeinflußt hat, daß wir uns entschlossen, das 21. Lebensjahr anzuerkennen. Ich bitte Sie, auch den nächsten Schritt zu tun und denen, die bereits seit vielen Jahren mit 17 Jahren wählen konnten, das zu belassen.
Ich weiß, daß im Ausschuß gesagt wurde: ja, die jungen Menschen haben nicht die sittliche Reife. Denken wir doch an das Wahlrecht, das denjenigen gegeben wird, die zum Bundestag wählen können. Glauben Sie denn, daß all diese Wähler, die dann zur Wahlurne gehen, die sittliche Reife haben, eine Entscheidung für diesen Bundestag zu fällen?
Es wäre sicher hier manche komische oder lustige Situation nicht gewesen, wenn alle Wähler die sittliche Reife gehabt hätten, über die Zusammensetzung dieses Bundestags zu entscheiden.
Ich bitte Sie, auch daran zu denken, wenn Sie nun hier aufgefordert werden, — —
— Ich habe nicht gesagt, alle, Herr Kollege Pelster; und ich will damit gegen einen gewissen Schematismus sprechen. Denn wenn es so wäre, daß nun die 21-Jahre-Grenze die Grenze wäre, dann wäre sicher manches nicht möglich gewesen, was wir in den Jahren hier erlebt haben, und zwar durch bestimmte Vertreter der Leute, die gewählt haben.
Ich möchte sagen, daß man den Menschen nicht einen großen Teil eines gewissen Gewohnheitsrechtes nehmen sollte, das praktisch seit Bestehen des Kontrollratsgesetzes den jungen Menschen gegeben ist. Herr Dr. S c h r ö der hat heute morgen bei der Debatte über die Frage der Absetzung davon gesprochen, daß es kein Gesetz gebe, das soviel Rechte für die Arbeitnehmer enthalte wie das Gesetz, das heute hier diskutiert wird. Ich möchte Ihnen hierzu sagen, Herr Dr. Schröder: das Leben ist ja teils schon weiter, als es hier rechtlich fixiert werden soll. Es ist doch einfach, festzustellen, daß in großen Teilen der Bundesrepublik die Jugend mit 17 Jahren wählen kann. Sie halten also nicht nur etwas auf, sondern Sie schrauben sogar etwas zurück, was sich in der Praxis durchaus bewährt hat. Sie können gar nicht nachweisen
— ich habe gesehen, Herr Kollege Sabel hat sich bereits zum Wort gemeldet —: weisen Sie doch nach, daß durch dieses Recht, mit 17 Jahren wählen zu können, in den Gebieten, in denen heute das Kontrollratsgesetz noch Gültigkeit hat, irgendwie großer Unsinn geschah. Weisen Sie nach, daß es unhaltbar wurde! Ich bitte darum!
— Ob die Ostzone bei diesem Gesetz unbedingt eine Rolle spielen muß, das überlasse ich dem Zwischenrufer. Wir sprechen von einem Gesetz, das heute hier verabschiedet werden soll, und von einer Praxis in den Gebieten, in denen wir alle leben. Und daher bitte ich noch einmal dringend darum, diesem Vorschlag zuzustimmen.
Unter uns sitzt auch Herr Kollege S t r au B. Herr Kollege Strauß hat an dem gewerkschaftlichen Jugendtag in Stuttgart als Referent teilgenommen. Ich glaube, daß er dort auch in etwa die Aktivität der Jugend in diesen Verbänden erlebt hat. Herr Kollege Strauß hat auch hier bei der Debatte über den europäischen Verteidigungsbeitrag eine entscheidende Rolle gespielt.
Stellen Sie sich vor, daß diese jungen Menschen, die ein Jahr später schon aufgerufen werden sollen, das Vaterland zu verteidigen, mit 17 Jahren nicht in der Lage sein sollen, zu erkennen, wer sie in betrieblichen Dingen vertreten kann.
Herr Kollege Strauß, ich möchte auch Sie bitten, Ihren Einfluß in dieser Frage mit geltend zu machen.
Stecken Sie nicht den Kopf in den Sand, wie es
Ihr berühmter Namensvetter aus der Tierwelt tut!
Sehen Sie das, was ist! Sehen Sie es sehr nüchtern und helfen Sie mit, daß die Jugend hier ein Recht bekommt, das ihr das Einleben in unsere Gesellschaft leichter macht.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Sabel.
Meine Damen und Herren! Ich wundere mich darüber, daß Kollege Keuning soviel Aufwand mit dieser Bestimmung des Betriebsverfassungsgesetzes getrieben hat.
Nach der Beratung im Ausschuß habe ich das nicht erwartet. Damals hatte ich doch mehr den Eindruck, daß wir uns in dieser Frage so ziemlich einig wären.
Wir haben uns wirklich an die vorhandenen Vorbilder gehalten. Nicht nur im Betriebsrätegesetz von 1920 ist die Voraussetzung für das aktive Wahlrecht die Vollendung des 18. Lebensjahres, sondern auch in allen acht bestehenden Ländergesetzen, die sämtlich mit den 'Stimmen der SPD zustande gekommen sind.
Im Kontrollratsgesetz 22 ist über das Wahlalter gar nichts enthalten. Das Kontrollratsgesetz 22 gibt nur die Möglichkeit zur Schaffung von Betriebsvereinbarungen. Zum Teil ist in den Ländern, die kein eigenes Betriebsrätegesetz haben, auf Grund des Kontrollratsgesetzes 22 eine Betriebsvereinbarung geschaffen worden, die für einige Betriebe und Bezirke solche Bestimmungen enthält.
Noch ein weiterer praktischer Gesichtspunkt hat uns veranlaßt, bei dieser Regelung zu bleiben. Wir sind der Meinung, daß gerade die Beibehaltung der Vollendung des 18. Lebensjahres im Normalfall dazu führt, daß die Wahlberechtigung nur dort gegeben ist, wo eine abgeschlossene Berufsausbildung vorliegt. Ich betone: im Normalfall! Es kann sich einmal überschneiden. Aber ich glaube, wir wollen doch nicht haben, ,daß im Regelfall derjenige schon wahlberechtigt ist, der seine Berufsausbildung noch nicht abgeschlossen hat. Ich möchte daher bitten, diesem Antrag nicht zuzustimmen.
Ich möchte allerdings zugleich auch bitten, den zu diesem Paragraphen gestellten Änderungsantrag der Kollegen Dr. Besold und Genossen abzulehnen. Herr Kollege Dr. Besold und Genossen beantragen, daß das Wahlrecht noch abhängig gemacht werden soll von einer sechsmonatigen Betriebszugehörigkeit. Auch das war bisher nicht der Fall, und ich glaube, es besteht keine Veranlassung, diese Neuerung einzuführen.
Das Wort hat der Abgeordnete Richter.
Richter (SPD): Herr Präsident!
Meine Damen und Herren! Der Abgeordnete Sabel hat von den Sitzungen des Ausschusses für Arbeit und des Ausschusses für Wirtschaftspolitik gesprochen, und er hat, wenn ich ihn richtig verstanden habe, die Dinge so dargestellt, als wenn bei den Vertretern der SPD in diesen Ausschüssen und auch bei dem Abgeordneten meiner Fraktion, dem Kollegen Keuning, nicht so der Wille vorhanden gewesen wäre, das 17. Lebensjahr im Gesetz verankert zu bekommen.
Ich möchte ausdrücklich und in aller Öffentlichkeit feststellen, daß mein Parteifreund Kollege Keuning in der damaligen Ausschußsitzung, als diese Frage besprochen wurde, darauf hingewiesen hat, daß, bedingt durch die Möglichkeit des Kontrollratsgesetzes, in der ganzen britischen Zone entsprechend den dort geltenden Richtlinien für die Wahl der Betriebsräte das 17. Lebensjahr angewandt wurde. Herr Kollege Sabel hat mit großem Stimmaufwand hier erklärt,
- passen Sie schön auf, Herr Kollege Sabel! —, daß in keinem der Ländergesetze das 17. Lebensjahr verankert sei. Württemberg-Baden besteht, glaube ich, noch, auch wenn inzwischen ein Südstaat gebildet wurde. Ich weiß nicht, welchen Namen dieser Südstaat eines Tages bekommen wird. Aber in Württemberg-Baden alten Umfanges
—Württemberg-Baden steht hier — besteht ein Betriebsrätegesetz, und dieses Betriebsrätegesetz hat eine Wahlordnung; diese Wahlordnung hat einen § 6, und dieser § 6 der Wahlordnung von Württemberg-Baden sieht das 17. Lebensjahr als Voraussetzung für die Wahlberechtigung vor.
Es genügt nicht immer der Stimmaufwand, verehrter Kollege Sabel.
Was man hier sagt, das müssen Tatsachen sein!
Das Wort hat der Abgeordnete Harig.
Meine Damen und Herren! Der Abgeordnete Sabel hat eben erklärt, daß das Wahlalter von 18 Jahren ungefähr dem entspreche, was man so Abschluß einer Lehrzeit nennt. Das mag für verschiedene Berufsgruppen zutreffen; aber für die meisten Fälle trifft es nicht zu. Es ist hier vom Kollegen Keuning gesagt worden, daß im Bergbau der Sechzehnjährige das Wahlrecht habe. Will man hier behaupten, daß der sechzehnjährige Bergmann seine Lehre beendet hat? Wie verhält es sich denn mit den vielen, vielen, die keine Lehrstelle haben bekommen können und als Hilfsarbeiter in die Betriebe gehen mußten? Wie verhält es sich denn mit diesen Menschen? Sollen sie dafür, daß keine Lehrstelle zu beschaffen war, auch noch dadurch bestraft werden, daß man ihnen Rechte vorenthält? Sie gehen doch immer hinaus — heute morgen ist es hier auch zum Ausdruck gebracht worden — und posaunen draußen: wir wollen den Arbeitern das bisher vorenthaltene Recht bringen, und deshalb sind wir so eilig! Ich kann mich ganz gut an die Worte des Herrn Dr. Schröder erinnern, die er heute morgen hier gebraucht hat. Wie verhält es sich aber denn in Wirklichkeit? In der britischen Besatzungszone - oder in Nordrhein-Westfalen — hatten wir bisher noch kein neues Betriebsrätegesetz. Die Belegschaften in diesem Lande haben sich die Wahlordnungen selber gegeben, und ich kann Ihnen sagen: in dem Betrieb, in dem ich war, und in der Ortsverwaltung, in der ich tätig war, haben alle Beschäftig-
ten das Wahlrecht gehabt und haben wir uns die Wahlordnung selber gegeben.
Es konnten wohl Belegschaften beschließen, daß sie sich den Entwurf des DGB zu eigen machten, aber in den meisten Fällen haben sie davon Abstand genommen und beschlossen, daß alle zur Wahl gehen.
Diese Freiheiten und diese Rechte wollen Sie den Arbeitern nehmen. Was interessiert Sie denn so sehr an der Sache? Die Frage, ob ein Betriebsrat gewählt wird oder ob man das sein läßt, ist doch in den meisten Fälllen nicht Ihre Angelegenheit, sondern Angelegenheit der Arbeitnehmer selber. Es ist verdächtig, daß Sie sich so dafür interessieren.
Sehen Sie, hier haben Sie manchmal einen sehr großen Mund. Warum? Weil Sie wissen, daß Sie hier eine bürgerliche Mehrheit haben. Gehen Sie hinaus!
Sie haben doch die Demonstrationen draußen gesehen. Wie war Ihnen denn da zumute? Waren Sie da auch so mutig wie hier?
Ich glaube nicht. Wenn Sie z. B. nur die Demonstration in München gesehen hätten, dann hätte es Ihnen vielleicht etwas in den Knien gekitzelt.
— Tun Sie nicht so mutig; es ist gar nicht so weit her!
Kollege Keuning hat schon darauf hingewiesen, daß man auch mit 17 Jahren schon alt genug ist, eine Knarre in die Hand gedrückt zu bekommen. Sie wollen doch, daß das kommt!
— Ich will Ihnen etwas sagen! Ich war noch keine 18 Jahre alt, als man mir so ein Gewehr in die Hand drückte und sagte: Schieß! Dafür war man gut genug, dafür waren Sie vielleicht selber gut genug.
Jetzt wollen Sie den Leuten, die noch nicht 18 Jahre alt sind, das Recht absprechen, sich denjenigen wählen zu dürfen, der ihre Interessen vertritt. Ihre Interessen soll der junge Mann ja nicht vertreten! Er soll die Interessen seiner eigenen Kreise, er soll seine eigenen Interessen vertreten. Deshalb bin ich der Meinung, daß a 11 e diejenigen, die im Betrieb beschäftigt sind, das Wahlrecht haben sollen. Lehnen Sie das ab, dann gehen Sie ja nicht hinaus und erzählen der Jugend, daß Sie ihr Rechte bringen wollten! Sie nehmen ihr die Rechte, die sie bisher hatte!
Nun zu einer anderen Frage! In § 6 heißt es: Wahlberechtigt sind alle Arbeitnehmer, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte sind.
Mein Gott, morgen können Sie Hunderten von Betriebsräten die bürgerlichen Ehrenrechte absprechen! Ich traue es Ihnen zu. Dieser Regierung traue ich alles zu. Solche Formulierungen den
Arbeitern vorzusetzen, ist schon eine Herausforderung und Provokation der Arbeiter.
Ich stelle daher folgenden Antrag:
Der Bundestag wolle beschließen:
Der § 6 erhält folgende Fassung: Wahlberechtigt sind alle im Betrieb Beschäftigten mit Ausnahme der in § 4 unter a, b und c genannten Personen.
Keine weiteren Wortmeldungen. Dann kommen wir zur Abstimmung. Am weitesten geht fraglos der soeben übergebene Antrag. Ich lasse zunächst über ihn abstimmen. Wer für ihn ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einer Reihe von Enthaltungen ist der Antrag abgelehnt.
Der nächstweitestgehende Antrag ist der Antrag Umdruck Nr. 617 Ziffer 7. Wer für die Annahme dieses Antrags ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Gegenprobe! —
— Die beiden Hälften des Hauses sind sehr verschieden stark besetzt. Das Präsidium ist sich nicht einig. Wir müssen durch Hammelsprung entscheiden. Ich bitte, den Saal zu räumen.
Ich bitte, die Türen zu öffnen und die Abstimmung zu beginnen.
Ich bitte, die Türen zu schließen. Die Auszählung ist geschlossen.
Das Ergebnis der Abstimmung: mit Ja haben gestimmt 129, mit Nein 199 Mitglieder des Hauses. Keine Enthaltungen. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Es ist weiter ein Antrag der Bayernpartei Umdruck Nr. 616 Ziffer 1 angekündigt. Herr Dr. Besold verzichtet auf Begründung. Ich lasse über diesen Antrag abstimmen. Wer für die Annahme des Antrages ist, den bitte ich, die Hand zu erheben.
— Gegenprobe! — Letzteres war die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Ich lasse nunmehr über den § 6 in der Ausschußfassung abstimmen. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! Das erste war die Mehrheit. Der Paragraph ist angenommen.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Dr. Schröder.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, daß wir trotz der sehr umfangreichen Tagesordnungen für heute, morgen und übermorgen wenigstens zwischendurch doch eine Gelegenheit zum Essen geben sollten.
— Ich freue mich, Ihre Unterstützung zu haben. Da wir aber bei den überaus zahlreichen Punkten, die wir auf der Tagesordnung haben, unmöglich eine Pause eintreten lassen können, schlage ich
Ihnen vor, wenigstens eine Abstimmungspause eintreten zu lassen.
Die Diskussion kann in der Zwischenzeit fortgesetzt werden. Ich glaube, daß wir sehr gut auskommen, wenn wir von 13 bis 14.30 Uhr eine Abstimmungspause einlegen. Ich stelle den Antrag, so zu verfahren, von 13 bis 14.30 Uhr eine Abstimmungspause eintreten zu lassen.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Mellies.
Meine Damen und Herren, namens der sozialdemokratischen Fraktion stelle ich den Antrag, heute und auch an den folgenden Tagen von 13 bis 14 Uhr eine Mittagspause eintreten zu lassen.
— Solche Dinge scheinen bei Ihnen eine lächerliche Angelegenheit zu sein. Vielleicht ist es noch besser, wenn Sie sich weiter üben in den Urtönen des Chores, den Sie in letzter Zeit anzustimmen belieben.
Meine Damen und Herren, man sollte sich darüber klar sein, daß das Parlament diese ganztägigen Sitzungen — sie werden sich ja morgen und übermorgen noch länger hinziehen als heute — nur aushalten kann, wenn wirklich die Möglichkeit gegeben ist, während einer ordnungsmäßigen Mittagspause zu essen.
— Herr Schröder, Sie haben heute morgen selber auf die Wichtigkeit und Bedeutung dieses Gesetzes hingewiesen., Ich glaube, daß es dieser nicht entspricht, wenn nachher nur ein halbes Dutzend Fachexperten hier sitzen und sich unterhalten. Man sollte doch Wert darauf legen, daß das Haus halbwegs besetzt ist. Ich möchte auch noch weiter darauf hinweisen, daß man gerade an diese Fachexperten denken sollte. Die Situation würde dann doch so sein, daß alle Mitglieder dieses Hauses essen können, nur die eigentlichen Fachbearbeiter des Gesetzes müßten hier sitzen und hätten neben ihrer anstrengenden Tätigkeit noch die Aussicht, daß sie den ganzen Tag ohne Essen wären. Ich glaube, die einfache Rücksicht auf die außerordentliche Arbeit, die diese Kolleginnen und Kollegen zu leisten haben, sollte uns wirklich Veranlassung sein, nun eine Mittagspause von einer Stunde eintreten zu lassen.
Wir müssen abstimmen, und zwar zunächst über den weitestgehenden Antrag, eine Mittagspause einzulegen. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! —
Das erste war die Mehrheit. Wir unterbrechen die Sitzung und fahren um 14 Uhr fort.
Die Sitzung wird um 14 Uhr 4 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers wieder eröffnet.
Meine Damen und Herren, wir beginnen mit der Sitzung wieder. Ich darf mir den Hinweis gestatten, daß die Beendigung
der Sitzung, die für 19 Uhr vorgesehen war, geschehen sollte, um den Empfang des amerikanischen Herrn Hohen Kommissars in diesem Hause,
der um 21 stattfinden sollte, möglich zu machen.
Ich darf im Rahmen der Redefreiheit und der Verhandlungsfreiheit an die Mitglieder des Hauses
appellieren, daß wir uns in den Stand setzen, diesen Empfang nicht ohne Not absagen zu müssen.
— Herr Abgeordneter Mellies, es handelt sich nicht um eine komische Drohung!
— Ich habe mir gestattet, den Herren Fraktionsvorsitzenden diese Bitte zum Ausdruck zu bringen. Ich glaube nicht, daß es sich um eine komische Drohung handelt. Ich weise diesen Ausdruck zurück.
Ich darf das
Ergebnis der Wahl der Mitglieder des Richterwahlausschusses
bekanntgeben. Es sind abgegeben für die Vorschlagsliste I 218 Stimmen, für die Vorschlagsliste II 131 Stimmen. Zwei Wahlzettel waren ungültig. Auf Grund der Ausrechnung nach dem Höchstzahlverfahren — d'Hondt — entfallen auf die Vorschlagsliste I 6 Mandate, auf die Vorschlagsliste II 3 Mandate.
Danach sind zu Mitgliedern des Richterwahlausschuses gewählt worden: Abgeordneter Dr. Weber , Abgeordneter Dr. Greve, Abgeordneter Dr. Laforet, Abgeordneter Sabel, Abgeordneter Böhm, Dr. Hofmeister (Hannover), Abgeordneter Wagner, Abgeordneter Dr. Schneider und Abgeordneter Dr. von Merkatz.
Die Stellvertretung dieser gewählten Mitglieder des Richterwahlausschusses ergibt sich aus dem Wahlzettel, der als Anlage *) zum Protokoll der heutigen Sitzung gedruckt wird.
Meine Damen und Herren, in der
Fortsetzung der zweiten Beratung des Betriebsverfassungsgesetzes
waren wir bis zum § 6 vorgeschritten.
Zum § 7 liegen vor die Änderungsanträge der Fraktion der SPD auf Umdruck Nr. 617 Ziffern 8, 9 und 10. Wer wünscht, sie zu begründen? — Frau Abgeordnete Kipp-Kaule!
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Die Frage der Wählbarkeit zum Betriebsrat hat im Ausschuß für Arbeit und Wirtschaftspolitik einen großen Raum eingenommen und auch eine große Bedeutung gewonnen. Nach der Vorlage. des Ausschusses soll die Wählbarkeit von der zweijährigen Betriebszugehörigkeit abhängen. Ferner sollen die Betreffenden das Wahlrecht für den Deutschen Bundestag besitzen. Nun, meine Herren und Damen, weder in dem Betriebsrätegesetz vom Jahre 1920 noch in den zur Zeit bestehenden Ländergesetzen finden Sie eine solche Regelung. Ich darf deshalb mit Erlaubnis des Präsidenten Ihnen vielleicht einmal vor-
*) Siehe Anlage 4 Seite 10028.
tragen, was das Betriebsrätegesetz und was die Ländergesetze gegenwärtig besagen.
Das Betriebsrätegesetz vom Jahre 1920 sah die sechsmonatige Betriebszugehörigkeit vor als Voraussetzung für die Wählbarkeit zum Betriebsrat. Das Kontrollratsgesetz Nr. 22 hat diese Frage offengelassen. In Württemberg-Baden hat man eine zwanzigtägige Betriebszugehörigkeit zugelassen, im Land Südbaden sechs Monate Betriebszugehörigkeit und im Land Südwürttemberg ebenfalls sechs Monate Betriebszugehörigkeit. Darüber hinaus darf ich bemerken, daß weder der Entwurf der CDU — Drucksache Nr. 970 — noch der Regierungsentwurf — Drucksache Nr. 1546 — noch die Änderungsanträge der Arbeitgeberverbände eine zweijährige Betriebszugehörigkeit gefordert haben. Im Gegenteil, alle diese Entwürfe und Änderungsvorschläge forderten eine einjährige Betriebszugehörigkeit. Wir jedoch wollen, wie Sie unseren Änderungsvorschlägen auf Umdruck Nr. 617 entnehmen können, weder die zweijährige noch die einjährige, sondern die sechsmonatige Zugehörigkeit, weil wir der Auffassung sind: wenn Sie die jetzige Formulierung, also die zweijährige Betriebszugehörigkeit, bestehen lassen, bedeutet das eine Einengung der Wahlfreiheit für die Wahlberechtigten im Betrieb, und es kann Ihrerseits auch keine stichhaltige Begründung für die Formulierung „zweijährige Betriebszugehörigkeit" gegeben und gefunden werden. Wenn Sie sie etwa damit begründen sollten oder begründen wollten, daß der Betreffende, der in den Betriebsrat ge- wählt werden soll, erst einmal den Betrieb kennenlernen muß, dann muß ich Ihnen aus meiner eigenen Erfahrung und Praxis sagen, daß der arbeitende Mensch in dem Augenblick, wo er den Betrieb betritt, ob er Facharbeiter oder Hilfsarbeiter ist, z. B. den Ablauf der Produktionsmethoden im Betrieb sofort übersieht.
Nun eine andere Frage an die Vertreter der zwei jährigen Betriebszugehörigkeit: Meine Herren und Damen, Sie gestatten es Menschen, in den Betrieb einzutreten, die Sie mit der Leitung des Betriebes beauftragen. Sie beauftragen sie mit der Leitung des Betriebes, ohne diese von einer längeren Betriebszugehörigkeit abhängig zu machen, und wir stellen oft fest, daß diese Menschen nicht immer Fachkräfte sind, nicht immer Menschen vom Fach sind, ganz zu schweigen von der Menschenführung, die Sie ihnen noch zusätzlich übertragen. Ich frage, wenn Sie so argumentieren wollen, daß derjenige, der in den Betriebsrat gewählt werden soll, erst den Betrieb kennenlernen muß: Kennen all die Menschen, die Sie zu leitenden Persönlichkeiten in den Betrieben machen, den Betrieb?
Eine weitere Frage. Sie bewirken mit dieser Formulierung systematisch, daß in Klein- und Mittelbetrieben die Wahl von Betriebsräten erschwert wird.
Ein weiteres. Hunderttausende von Arbeitslosen und umgesiedelten Flüchtlingen werden durch eine solche Vorschrift nach Rückkehr in den Produktionsprozeß auf Jahre hinaus von der Wählbarkeit zum Betriebsrat ausgeschlossen. Ich glaube, Sie können auch kein Argument dafür vorbringen, daß etwa dieser letzte von mir angesprochene Personenkreis nicht das Recht haben soll, schon vorher im Betriebe mitzubestimmen, was im Betriebe sein und werden soll. Deswegen schlagen wir Ihnen vor, in § 7 Abs. 1 Satz 1 die Worte „zwei Jahre" zu streichen und an Stelle dieser Worte „sechs Monate" zu setzen.
In § 7 Abs. 1 Satz 2 sollen nach unserem Vorschlag - Umdruck Nr. 617 — die Worte „der zweijährigen Betriebsangehörigkeit und" gestrichen werden. Wir schlagen die Fassung vor:
Von den Voraussetzungen des Wahlrechts für
den Deutschen Bundestag kann in Ausnahme-
fällen Abstand genommen werden, wenn die
Mehrheit der Arbeitnehmer dies beschließt. In der Vorlage heißt es: „wenn zwischen der Mehrheit der Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber hierüber eine Verständigung herbeigeführt wird." Meine Herren und Damen, wenn Sie diese Formulierung stehen lassen, dann erreichen Sie da- durch, wie wir aus der Praxis sagen können, daß es wohl in den meisten Fällen zu einer Verständigung zwischen den Arbeitnehmern und dem Arbeitgeber, ganz besonders, wenn der letztere die Wahl einer bestimmten Person zum Betriebsrat verhindern will, nicht kommt.
In Abs. 2 heißt es:
Besteht ein Betrieb weniger als zwei Jahre, so sind in Abweichung von der Vorschrift des Abs. 1 über die zweijährige Betriebszugehörigkeit diejenigen Arbeitnehmer wählbar, die bei der Einleitung der Betriebsratswahl im Betrieb beschäftigt sind und die übrigen Voraussetzungen für die Wählbarkeit erfüllen.
Auch hier habe ich Ihnen, wie Sie es in unserer
Formulierung unter Ziffer 10 des Umdrucks Nr.
617 finden, vorzuschlagen, die Worte „zwei Jahre"
durch „sechs Monate" und das Wort „zweijährige"
durch „sechsmonatige" zu ersetzen.
Diese Frage spielt besonders bei der Neugründung von Betrieben, z. B. bei Betrieben, die aus dem Osten nach dem Westen verlagert worden sind, eine Rolle. Es kann nicht Ihr Wille sein, wenn ein Betrieb weniger als zwei Jahre besteht, daß die Wählbarkeit zum Betriebsrat dann der Auslegung des Gesetzes überlassen bleibt. Nehmen wir einmal an, daß bei einjährigem Bestehen des Betriebs die Möglichkeit zur Betriebsratswahl gegeben werden soll und daß dann die Menschen, die seit der Gründung dieses Betriebs dort arbeiten, von den Ausnahmebestimmungen des Abs. 1 mitbetroffen werden sollen.
Ich glaube, im Interesse aller Beteiligten hier im Hause, der "Arbeitgeberverbände und auch der Gewerkschaften draußen sollten wir eine längere Abweichung als sechs Monate nicht zulassen. Denn im Zuge der Vereinbarung von Tarifverträgen und der sonstigen Arbeitsbedingungen kann es nur im Interesse dieser beiden Organisationen und ihrer Menschen liegen, daß wir eine sechsmonatige Frist einsetzen. Ich bitte Sie aus diesem Grunde, auch dieser Änderung zuzustimmen. Bei der Wichtigkeit dieser Frage und bei der Bedeutung der Wählbarkeit zum Betriebsrat habe ich Ihnen namens meiner Fraktion zu sagen, daß wir namentliche Abstimmung beantragen. Ich bitte Sie im Auftrage meiner Fraktion. unseren Änderungsvorschlägen zuzustimmen.
Herr Abgeordneter Harig wünscht das Wort.
Meine Damen und Herren! Bisher war es üblich, daß derjenige, der Betriebsrat werden wollte, ein halbes Jahr im Betrieb sein mußte. Es hat auch Zeiten gegeben, wo das nicht einmal notwendig war. Das Kontrollratsgesetz Nr. 22, das
für Nordrhein-Westfalen und einige andere Gebiete noch Gültigkeit besitzt, schreibt das z. B. nicht vor. Jetzt seht in der Vorlage, daß derjenige, der Betriebsrat werden will oder soll, weil die Kollegen es wünschen, zwei Jahre im Betrieb sein muß. Warum denn das? Wer wünscht denn das? Wünschen das denn die Arbeiter?
Wünschen das denn die Belegschaften?
— Nee!
Die wünschen das nicht. Aber es gibt welche, die Interesse daran haben, weil sie nicht jedes Jahr einen Wahlkampf im Betriebe erleben möchten, in dem dann Forderungen an den Betriebsrat herangetragen werden. Sehen Sie, ich habe ein Gespräch im Ausschuß gehört.
Herr Kollege von Rechenberg hat dort den Vorschlag gemacht: Was, zwei Jahre? Ich glaub's Ihnen wohl! Fünf Jahre muß einer im Betrieb sein, wenn er Betriebsrat werden soll.
Fünf Jahre! Sagen Sie das den Arbeitern draußen einmal!
— Werden wir tun, haben wir auch schon getan, verlassen Sie sich darauf! Es kam dann jemand und hat ihm ins Ohr geflüstert: „Überlegen Sie, es ist manchmal auch notwendig, daß wir welche in den Betrieb hineinschicken, damit sie Betriebsrat werden!" Und daraufhin hat Kollege von Rechenberg dann gesagt: „Ja, das hat was für sich!"
Sehen Sie, Ihr Interesse liegt doch nur da, zu verhindern, daß dem Willen der Belegschaften, dem Willen der Arbeiter Rechnung getragen wird. Ihr Interesse liegt da, den Betrieb möglichst ruhig zu halten, mögen die Zustände noch so zum Himmel schreien!
Es gibt in ganz Deutschland kein Beispiel für die Forderung, daß jemand zwei Jahre im Betrieb sein muß. Was soll das denn eigentlich? Will man denn dem Betriebsrat Aufgaben übertragen, für die er, um sie erledigen zu können, einige Semester studiert haben soll? Der Betriebsrat hat die Aufgabe, die Interessen der Belegschaft wahrzunehmen. Der Betriebsrat hat die Aufgabe, die Interessen seiner Kollegen wahrzunehmen, dessen Vertrauen er hat. Deren Interessen kennt er; dazu braucht er nicht ein halbes Jahr im Betrieb zu sein.
Oder soll der Betriebsrat z. B. Industrieforschung betreiben?
Das überlassen wir Ihnen ganz gern, — bis zu einer gewissen Zeit, wo wir das dann selber machen!
— Ich weiß, auch wenn Sie lachen, Sie selbst sind gar nicht so fest davon überzeugt, daß Ihr System noch lange herrscht!
Sehen Sie, der Betriebsrat hat nicht die Aufgabe, Industrieforschung zu betreiben. Es gibt Unternehmer, die sind interessiert daran, dad ihre Betriebsräte gewisse Schulen besuchen, Betriebswirtschaftslehre studieren, weil sie sie für ihre Interessen einspannen möchten. Aber das liegt nicht im Interesse der Belegschaft, das sind nicht die Aufgaben der Betriebsräte!
Wer die Belegschaft ausbeutet, wer die Arbeiter unter Zuständen arbeiten läßt,
die zum Himmel schreien, das weiß der Betriebsrat, das weiß auch der Kollege, der erst ein halbes Jahr im Betrieb ist. Es kommt bei der Aufstellung der Betriebsräte nicht darauf an, wie lange man im Betrieb beschäftigt ist, sondern es kommt darauf an, daß man den Arbeitern gerecht wird, die jemanden vorschlagen, von dem sie annehmen, daß er ihre Interessen wahrnimmt.
Das gleiche gilt für § 7, in dem es heißt, daß auch eine Ausnahme gemacht werden kann, „wenn zwischen der Mehrheit der Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber hierüber eine Verständigung herbeigeführt wird." Was für eine Verständigung denn? Es kann einer hineingeschickt werden, der drei Tage beschäftigt ist, und dann kommt der Unternehmer und sagt: ich bin einverstanden, wenn ihr den vorschlagt. Das kennen wir doch! Und aus dem Grunde lehnen wir das ab.
— Das sind Ihre Methoden, mit denen Sie bei den Arbeitern nicht auf Gegenliebe stoßen werden. Gehen Sie hinaus und tragen Sie es vor! Sie werden Ihr blaues Wunder erleben.
Ebenso heißt es hier in Abs. 2 des § 7, daß, wenn der Betrieb weniger als zwei Jahre besteht, in Abweichung von der Vorschrift die zweijährige Betriebszugehörigkeit nicht notwendig ist. Ich bin der Meinung, daß dieser Absatz vollkommen überflüssig ist; denn im nächsten Paragraphen, dem § 8, wird all das gesagt, was notwendig ist. Es heißt dort:
In allen Betrieben, die in der Regel mindestens fünf ständige wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigen, von denen drei wählbar sind, werden Betriebsräte gebildet.
Das trifft für alle zu, ob ein Betrieb nun neu errichtet worden ist oder nicht. Deshalb ist nach
meiner Meinung der Abs. 2 des § 7 überflüssig.
Ich stelle einen Änderungsantrag. Dieser Antrag zu § 7 lautet:
§ 7 Abs. 1 wird wie folgt geändert:
Wählbar sind alle Wahlberechtigten, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und ein halbes Jahr dem Betrieb angehören.
Abs. 2 dieses Paragraphen wird gestrichen. Ich bitte, dem Antrag zuzustimmen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag, den der Abgeordnete Harig eben gestellt hat. Der Antrag ist verlesen; ich brauche ihn nicht noch einmal vorzulesen. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Ent-
haltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Ich komme zur namentlichen Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD Umdruck Nr. 617 Ziffer 8. Ich bitte die Damen und Herren, ihre Stimmzettel in die Urnen der Herren Schriftführer zu werfen. Sind Sie einverstanden, daß wir über die drei Anträge — Ziffern 8, 9 und 10 — gemeinsam abstimmen?
— Es wird also über die Ziffern 8, 9 und 10 des Änderungsantrags der SPD Umdruck Nr. 617 gemeinsam abgestimmt. Ich bitte die Herren Schriftführer, die Zettel einzusammeln. Ich bitte die Damen und Herren, auf ihren Plätzen zu bleiben, damit wir nach dem Abschluß des Einsammelns mit der Beratung fortfahren können.
Meine Damen und Herren, ich habe den Eindruck, als ob die Einsammlung der Stimmzettel im wesentlichen beendet ist.
- Herr Kollege Loritz, Sie haben immer noch die Möglichkeit, die Karte abzugeben, bis die Abstimmung nachher geschlossen wird. Aber die Einsammlung in den Reihen scheint mir im wesentlichen beendet zu sein.
Ich schlage vor, daß wir zur Beratung des § 8 übergehen, während die Auszählung erfolgt. Es liegt ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Besold und Genossen auf Umdruck Nr. 616 Ziffer 2 vor. Wollen Sie den Antrag begründen, Herr Abgeordneter Besold? — Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir wissen, daß die Frage, ob 5 oder 10 Arbeitnehmer in einem Betrieb für die Errichtung eines Betriebsrats maßgebend sein sollen, zu wesentlichen Auseinandersetzungen bei der Beretung dieses Gesetzes geführt hat. Die Antragsteller halten es im Interesse beider Partner, sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber für nor wendig und zweckmäßig, die Zahl der Arbeitnehmer auf 10 festzusetzen. Es handelt sich hier doch im wesentlichen um die kleinen mittelständischen Betriebe, die überschaubar sind und bei denen die individuelle Fürsorge in dem Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährleistet ist, bei denen die persönliche Fühlungnahme zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber in der Betreuung der Vertragspartner weit dienlicher ist als die Einschaltung eines Vertreters, weil vielleicht gerade durch die Einschaltung des Vertreters eine Entfremdung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber in solchen Betrieben herbeigeführt werden kann. Wir wissen doch alle, daß gerade in den kleinen mittelständischen Betrieben der persönliche und private, ja sogar patriarchalische Charakter vorwiegt und dadurch ein besonders gutes Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gewährleistet ist. Seien wir doch froh, daß wir noch Oasen haben, in denen die Persönlichkeitswerte maßgebender sind als eine kollektivistische Vertretung. Ich glaube, wir dürfen auch nicht bezüglich dieser Betriebe eine Überspitzung der Forderung auf Kollektivvertretung fördern. Wir sind daher der Überzeugung, daß dem Antrag zu § 8, wonach 10 Arbeitnehmer für die Errichtung von Betriebsräten maßgebend sein sollen, sowohl im Interesse der Arbeitnehmer als auch
der Arbeitgeber zugestimmt werden kann; und zwar soll sich dies nicht nur, wie es in einem anderen Antrag auf Umdruck Nr. 612 der Fall ist, auf die Land- und Forstwirtschaft beschränken, sondern für alle Betriebe gelten.
Wir beantragen namentliche Abstimmung.
Meine Damen und Herren, wird dieser Antrag auf namentliche Abstimmung unterstützt? — Ich darf also unterstellen. daß ernsthafte Unterstützung vorliegt.
— Zum Teil waren die Gesichter so lächelnd, daß man das Gefühl hatte, es sei nicht ganz ernst gemeint. Ich stelle also fest: Der Antrag ist hinreichend unterstützt.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Sabel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frage, die hier vom Herrn Kollegen Dr. Besold angeschnitten worden ist, ist zweifellos eine sehr schwierige Frage. Wir kennen die differenzierte Auffassung zu diesem Problem. Die Koalitionsparteien haben sich mit diesem Problem eingehend beschäftigt und haben im Umdruck Nr. 612 gerade eine Reihe von Wünschen der mittelständischen Wirtschaft berücksichtigt. Die Koalitionsfraktionen halten an ihren Anträgen zu 612 fest und lehnen den weitergehenden Antrag des Herrn Abgeordneten Besold ab.
Meine Damen und Herren, ich frage zunächst, ob noch jemand seine Stimme zur namentlichen Abstimmung über die Anträge zu § 7 abzugeben wünscht. — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Abstimmung.
Herr Abgeordneter Mensing!
Ich will mich kurz fassen und nur zum Ausdruck bringen, daß der Antrag der Bayernpartei vollkommen den Wünschen des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks entspricht. Meine Freunde vom Handwerk und ich stimmen daher dem Antrag zu.
Weitere Wortmeldungen? — Herr Abgeordneter Richter!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag auf Umdruck Nr. 616 sieht vor, daß nur in den Betrieben ein Betriebrat gebildet werden soll, in denen mindestens zehn wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt sind, von denen fünf wählbar sein sollen. Das heißt nicht, wie es den Anschein hat, daß in allen Betrieben mit zehn Beschäftigten schlechthin eine Betriebsvertretung nach diesem Gesetz gewählt werden kann, sondern es sind zwei wichtige Voraussetzungen zu erfüllen. Die eine Voraussetzung verlangt. daß die zehn Beschäftigten mindestens alle wahlberechtigt sein müssen, und die andere Voraussetzung ist, daß unter diesen mindestens zehn Wahlberechtigten fünf wählbar sein müssen.
Sie haben jetzt abgestimmt über die Frage der Betriebszugehörigkeit und der Wählbarkeit, ob sechs Monate oder zwei Jahre. Ich weiß nicht, wie die namentliche Abstimmung ausgegangen ist. Nehmen wir an, daß durch die namentliche Abstimmung, Ihrem Antrag und Ihrem Wollen entsprechend, die zweijährige Betriebszugehörigkeit
im Gegensatz zu der früheren sechsmonatigen Betriebszugehörigkeit beschlossen worden wäre. Dann bedeutet das, daß die fünf Wählbaren erst dann wählbar sind, wenn sie mindestens zwei Jahre dem Betrieb angehören. Nun denken Sie daran, daß wir gerade im Handwerk eine ganze Menge von fluktuierenden Gewerben, wie z. B. das Baugewerbe, haben. Dann würde praktisch überhaupt kaum noch in einer der Bauunternehmungen ein Betriebsrat in Frage kommen; denn wieviel Bauunternehmungen gibt es denn, die mehr als zehn oder mindestens zehn Wahlberechtigte und darunter mindestens fünf Wählbare haben, wenn Sie die Voraussetzungen derart verschlechtert haben, wie dies durch die Forderung auf die zweijährige Betriebszugehörigkeit ohne Zweifel geschehen ist.
Es wird von mittelständischen Betrieben gesprochen, vom Handwerk und anderen. Dort sollen alle sozialen Fragen geregelt sein. Dort ist alles in bester Ordnung. Dort gibt es überhaupt keine Differenzen. Dort sorgt der Meister oder der Chef für das Wohlergehen seiner Angestellten, seiner Arbeiter und insbesondere seiner Lehrlinge. Ja, meine Damen und Herren! Diese Worte sind sehr schön, man hört sie sehr gern, und man würde wünschen, es wäre Tatsache. Wenn es keine Statistiken gäbe, könnte man sogar glauben, daß es Tatsachen sind. Wenn Sie sich aber die Statistiken der Arbeitsgerichte ansehen, dann müssen Sie feststellen, daß sich die meisten Streitfälle gerade in den kleinen und mittleren Betrieben abspielen, daß dort am meisten Differenzen sind und daß in diesen Betrieben der Kampf um das Recht der einzelnen Arbeitnehmer so hart geführt werden muß, daß er zum Kadi laufen muß, daß er beim Arbeitsgericht sein Recht anhängig machen muß, daß er dort für sein Recht kämpfen muß. Das ist in den Großbetrieben im Verhältnis nicht so stark der Fall, ein Bev, is dafür, daß die Großbetriebe die Rechtsverhältnisse besser kennen und wissen, wann es sich rentiert, vor das Arbeitsgericht zu gehen, und wann es zweckmäßiger ist, einen Vergleich zu schließen oder das Recht des Arbeitnehmers voll und ganz anzuerkennen.
Ich will aber auch darauf hinweisen, daß nach dem alten Betriebsrätegesetz von 1920 in Betrieben von 5 Beschäftigten an ein Betriebsobmann, wie er damals hieß, gewählt werden konnte. Ich habe hier eine Zusammenstellung über die Zahl der Beschäftigten, die nach den einzelnen Betriebsrätegesetzen Voraussetzung für die Wahlberechtigung ist. Im Kontrollratsgesetz heißt es: in allen Betrieben, ganz gleich, wieviel Beschäftigte vorhanden sind, ganz gleich, wieviel Wahlberechtigte und wieviel Wählbare da sind. In dem Land Württemberg-Baden, das ich vorhin schon einmal angeführt habe, heißt es, daß in allen Betrieben ohne jegliche Einschränkung die Wahlberechtigung besteht. In Südbaden und in Südwürttemberg — aus diesen beiden Ländern sitzen ja einige Damen und Herren in unserer Mitte — ist in den dort zur Zeit noch geltenden Gesetzen vorgesehen, daß in Betrieben mit fünf und mehr Arbeitnehmern, wie es in Südbaden heißt, bzw. in Betrieben mit fünf und mehr wahlberechtigten Arbeitnehmern, wie es in Südwürttemberg heißt, die Voraussetzung für die Wahl eines Betriebsrats gegeben ist. Der Ausschuß des Bundestags hat das gleiche beschlossen; es ist so in der Vorlage enthalten. Auch die Gewerkschaften fordern die gleiche Regelung, und in Hessen und in den Gesetzen der anderen süddeutschen Länder ist es ebenfalls so vorgesehen. Auf Grund all dieser Umstände und vor allem auf Grund des jetzt geltenden Rechts bitte ich Sie dringend, den Antrag auf Umdruck Nr. 616 Ziffer 2 abzulehnen.
Ich bitte Sie aber auch, den Antrag auf Umdruck Nr. 612 Ziffer 2 abzulehnen. Dort wird gefordert, daß nur in der Land- und Forstwirtschaft das Vorhandensein von zehn ständigen wahlberechtigten Arbeitnehmern Voraussetzung für die Bildung von Betriebsvertretungen ist. Ich gebe gern zu, daß das Recht von 1920 die gleiche Bestimmung enthalten hat. Ich habe den Eindruck, daß man das dort nachgelesen und in diesen Antrag übertragen hat. Ich will aber auch mit aller Deutlichkeit feststellen, daß Sie die kleine Verbesserung, die in der heute zur Beratung stehenden Vorlage gegenüber dem Gesetz von 1920 hinsichtlich der Bildung von Betriebsräten bei der Voraussetzung der Betriebsgröße vorhanden war, mit diesem Antrag der CDU/CSU, FDP und DP wieder aufheben.
Ich kann nicht glauben, daß Sie Ihre Worte vergessen haben, die von Angehörigen Ihrer Partei in so vielen Versammlungen zum Ausdruck gebracht worden sind — ja vielleicht von Ihnen selber —, wo Sie allen Ihren Zuhörern immer und immer wieder gesagt haben, das neue Betriebsverfassungsgesetz bringe ein neues, fortschrittliches Recht für die Arbeitnehmer. Ich kann auch nicht glauben, daß Sie sogar diese minimalen Unterschiede in der Voraussetzung heute noch unter den Tisch fallen lassen wollen.
Meine Fraktion wird die beiden Anträge ablehnen.
Herr Abgeordneter Harig!
Meine Damen und Herren! Es ist sehr traurig,
daß einer der wenigen Paragraphen, zu denen wir ja sagen, jetzt auch noch geändert werden soll.
Es gibt viele Arbeiter in Betrieben mit weniger als fünf Beschäftigten. Sollen denn die Arbeiter in diesen Betrieben ganz der Willkür ihrer Herren ausgesetzt sein? Sollen sie sich denn gar nicht zur Wehr setzen dürfen? Sollen sie denn niemanden haben, der ihr Fürsprecher ist, wenn sie irgend etwas auf dem Herzen haben? Meist sind es doch diejenigen, die nicht in einer so engen Verbindung mit den Gewerkschaften arbeiten können, weil sie räumlich zu weit von ihnen entfernt beschäftigt sind.
Wir sind der Meinung, daß diesen Menschen auch Recht widerfahren soll, daß sie nicht Arbeiter minderen Rechts sind, sondern daß sie in dieses Recht mit aufgenommen werden sollen. Ich habe daher gar kein Verständnis für den Antrag des Herrn Dr. Besold, diesen Paragraphen zu ändern. Ich hätte viel mehr Verständnis dafür gehabt, wenn man seitens seiner Fraktion hier eine längere Rede gehalten und dem Bundestag begreiflich gemacht hätte, wie notwendig es ist, all diese armen Arbeitnehmer, die so verstreut im Bundesgebiet beschäftigt sind, in der Hauptsache die in der Landwirtschaft Beschäftigten, in dieses Gesetz aufzunehmen und ihnen das Recht, das ihnen längst zusteht, zu sichern.
Wir werden daher den Antrag des Abgeordneten Dr. Besold ablehnen.
Keine weiteren Wortmeldungen. Ich schließe die Besprechung zu § 8.
Meine Damen und Herren, Sie gestatten mir, daß ich über den Antrag der CDU/CSU, für den keine namentliche Abstimmung beantragt worden ist, vorweg abstimmen lasse. Sie haben keine Bedenken, obwohl es nicht der weitergehende Antrag ist.
— Wie meinen Sie, Herr Abgeordneter Richter? (Abg. Richter [Frankfurt]: Ich bin der Meinung, daß der weitergehende Antrag der auf Umdruck Nr. 616 ist, für den namentliche Abstimmung beantragt wurde! —
Abg. 'Dr. von Brentano: Richtig!)
— Meine Meinung deckt sich mit Ihrer, Herr Kollege Richter. Es ist namentliche Abstimmung beantragt. Wir stimmen über den Antrag Dr. Besold und Genossen Umdruck Nr. 616 Ziffer 2 ab. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrage zustimmen wollen, ihre Karten in die Urnen der Herren Schriftführer zu werfen, die Ablehner ebenfalls. Ich bitte die Herren Schriftführer, die Karten einzusammeln.
Meine Damen und Herren, darf ich bitten, die Plätze wieder einzunehmen, damit wir in der Beratung fortfahren können.
Ich gebe zunächst das vorläufige Ergebnis*) der Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD zu § 7, Umdruck Nr. 617 Ziffern 8, 9 und 10, bekannt. Mit Ja haben gestimmt 143 Abgeordnete, mit Nein 201, bei einer Enthaltung. Von den Berliner Abgeordneten mit Ja 6, mit Nein 5, bei einer Enthaltung. Die Anträge sind damit abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über § 7 in der Ausschußfassung. Ich bitte die Damen und Herren, die § 7 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit. § 7 ist angenommen.
Bei § 8 müssen wir das Ergebnis der namentlichen Abstimmung abwarten.
Ich rufe § 9 auf, Änderungsantrag der Fraktion der SPD Umdruck Nr. 617 Ziffer 11. — Bitte schön, Frau Abgeordnete Döhring!
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! In der vorliegenden Ausschußfassung wird in § 9 Abs. 1 die Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder nach der jeweiligen Betriebsgröße geregelt. Dabei ist zwischen den kleinen und den größeren Betrieben unterschieden. Es heißt im Abs. 1, daß in Betrieben mit in der Regel 5 bis 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern der Betriebsrat aus einer Person bestehen soll, und von 21 bis 50 wahlberechtigten Arbeitnehmern aus drei Mitgliedern. Es ist also vorgesehen, daß in kleinen Betrieben von 5 bis 20 Arbeitnehmern bzw. von 21 bis 50 Arbeitnehmern nicht die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer schlechthin, sondern die Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer für die Größe des Betriebsrates maßgebend sein soll.
*) Vgl. das endgültige Ergebnis Seite 10042, 3. Abstimmung.
Meine Fraktion, die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei, kann einer solchen Regelung nicht zustimmen. In § 8 ist bereits für die kleinen Betriebe als Voraussetzung für die Wahl eines Betriebsrates festgelegt, daß fünf ständige Arbeitnehmer, von denen drei wählbar sind, vorhanden sein müssen. Darüber hinaus in Betrieben bis zu 50 Arbeitnehmern die erwähnte Einschränkung vorzunehmen, halten wir nicht für notwendig und auch nicht für vertretbar. Wir können die Arbeitnehmer in den kleinen Betrieben nicht schlechter stellen. Deshalb kann auch in diesen Betrieben bis zu 20 bzw. bis zu 50 Arbeitnehmern die Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder keinesfalls von der Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer abhängig gemacht werden.
Meine Fraktion stellt daher den Antrag, in § 9 Abs. 1 die Worte „wahlberechtigten" bzw. ,.Wahlberechtigten" zu streichen, so daß es in § 9 Abs. 1 heißt:
5 bis 20 Arbeitnehmern aus einer Person,
21 bis 50 Arbeitnehmern aus drei Mitgliedern.
Ich bitte Sie, diesem Änderungsantrag Ihre Zustimmung zu geben.
Herr Abgeordneter Dr. Besold, Ihr Änderungsantrag Ziffer 3 korrespondiert mit dem zu Ziffer 2. Wollen Sie noch Ausführungen dazu machen? Es ist ja nur die Wiederaufnahme der Zahl 10 statt 5. Darf ich unterstellen, daß Sie die Abstimmung zu § 8 auch für § 9 maßgebend sein lassen wollen. Es ist ja nur eine selbstverständliche praktische Folgerung, die sich daraus ergeben würde.
— Das ist also der Fall.
Ist eine Begründung des Antrags Umdruck Nr. 612 Ziffer 3 erwünscht? — Nicht! Wird das Wort gewünscht? — Nein, das ist nicht der Fall. Oder, Herr Abgeordneter Richter, wünschen Sie das Wort?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich richtig gehört habe — ich wurde gerade unterbrochen —, so haben Sie, meine Damen und Herren von den antragstellenden Parteien, auf eine Begründung Ihres Antrags Umdruck Nr. 612 Ziffer 3 verzichtet?
— Danke schön! Dann muß ich es eben nachholen,
um darzustellen, worin der Unterschied zwischen
der Vorlage und dem, was Sie beantragen, besteht.
Sie wollen die alte Terminologie wieder einführen und von „Betriebsobmann" sprechen, wie es im Betriebsrätegesetz von 1920 für alle Betriebe mit einer Beschäftigtenzahl von 5 bis 20 Arbeitnehmern der Fall war. In solchen Betrieben konnte eine Betriebsvertretung gewählt werden, die den Namen „Betriebsobmann" hatte.
Wir haben uns bereits im Ausschuß mit dieser Frage befaßt und waren da der Meinung, daß es ausreichend ist, wenn auch dieser Ein-Mann-Betriebsrat eben Betriebsrat genannt wird und nicht den früheren Namen „Betriebsobmann" bekommt. Wir haben festgestellt, daß dies in den Ländergesetzen so gehandhabt wurde, und wir sahen im Ausschuß keinen Grund, dies zu ändern. Sie bringen nun diese neue Terminologie, diesen Einmannbetriebsrat Betriebsobmann zu nennen. Sehen Sie,
der Betriebsobmann alten Rechtes nach dem Betriebsrätegesetz vom 4. Februar 1920 hatte wesentlich weniger Rechte als der Betriebsrat. Er hatte insbesondere nicht das Recht des Einspruchs bei Entlassungen von Arbeitnehmern; und das war mit das wesentlichste und bedeutsamste Recht. Daher waren in allen Betrieben bis zu 20 Beschäftigten, in denen nur ein Betriebsobmann gewählt werden konnte, die Arbeitnehmer bei Entlassungen nicht geschützt. Sie hatten also den sogenannten Kündigungsschutz nicht, und wenn die Entlassung durchgeführt wurde, konnten sie auch nicht die Entschädigung bekommen, wie sie in den §§ 84 ff. des alten Betriebsrätegesetzes geregelt war. Sie konnten also nicht entschädigt werden je nach der Dauer ihrer Beschäftigung mit je einem Zwölftel des Jahreseinkommens bis zum Höchstbetrag von sechs Zwölfteln, selbst wenn sie 30, 40 oder gar 50 Jahre in dem Kleinbetrieb beschäftigt waren. Selbst wenn Sie jetzt den Betriebsobmann seligen Angedenkens hier wieder zum Leben erwecken, entfällt diese Aufgabe, weil wir ja ein besonderes Kündigungsschutzgesetz haben und weil in diesem Kündigungsschutzgesetz alle diese Fragen geregelt sind. Da kennt man keinen Betriebsrat und keinen Betriebsobmann. Da hat man auch der Betriebsvertretung nicht mehr die Rechte gegeben, die sie nach dem alten Betriebsrätegesetz §§ 84 ff. hatte, nämlich das Recht, den Einspruch zu prüfen und ihn zurückzuweisen. das Recht, mit den Arbeitgebern zu verhandeln. und derartiges mehr. Ich würde Ihren Antrag nicht verstehen — diese Änderung der Terminologie —, wenn nicht Ihre anderen Anträge, z. B. unter Ziffer 9, Ziffer 10 und Ziffer 11, vorlägen. Hier bringen Sie indirekt zum Ausdruck, daß Sie für die Betriebe mit 10 Wahlberechtigten und für die Betriebe mit 20 Wahlberechtigten mindere Rechte auf dem Gebiete des personellen und des wirtschaftlichen Mitbestimmungsrechts schaffen wollen.
All dies hängt hier allzu eng zusammen, so daß wir nicht in der Lage sind, Ihrem Wunsche, den Einmannbetriebsrat nun wieder in Betriebsobmann umzubenennen, zu entsprechen. Die SPD-Fraktion wird gegen diesen Antrag stimmen.
Keine weiteren Wortmeldungen. Ich schließe die Besprechung.
Ich frage zunächst: Wünscht noch jemand zur namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag zu § 8 auf Umdruck Nr. 616 Ziffer 2 seine Stimme abzugeben? — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich diese namentliche Abstimmung.
Ich komme zur Abstimmung über die gestellten Anträge, zunächst den Antrag der Fraktion der SPD auf Streichung der Worte „wahlberechtigten" und ,.Wahlberechtigten", Umdruck Nr. 617 Ziffer 11. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das zweite war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über- den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP/DPB auf Umdruck Nr. 612 Ziffer 3, Einfügung dès Wortes „". Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit; dieser Antrag ist angenommen.
Die Abstimmung über Ihren Antrag, Herr Abgeordneter Besold, entfällt. Er hängt ab von der
Entscheidung über § 8. Ich darf die Abstimmung über § 9 zunächst aussetzen, bis die Entscheidung über § 8 vorliegt, da der Wortlaut von § 9 ja dann unter Umständen von § 8 abhängt.
Ich rufe auf § 10, Änderungsantrag Umdruck 617 Ziffer 12. Herr Abgeordneter Preller, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Heren! Dieser § 10 befaßt sich mit der Gliederung, die der Betriebsrat künftig haben soll, und er spricht sich dafür aus — was auch unsere Auffassung ist —, daß die verschiedenen im Betrieb vertretenen Gruppen auch eine Vertretung im Betriebsrat finden sollten. Aber der § 10 gibt in seinem Abs. 1 zugleich eine Anweisung. Er bestimmt nämlich mit dem Wort „müssen", daß die Arbeiter und Angestellten entsprechend ihrem zahlenmäßigen Verhältnis im Betriebsrat vertreten sein müsse n. Damit wird dem Grunde nach ein Zwang zur Wahl ausgesprochen. Es wird nämlich festgelegt, daß dann, wenn Gruppen da sind, beide Gruppen bzw., wenn mehrere dasind, mehrere Gruppen im Betriebsrat vertreten sein müssen. Das schließt doch in sich, daß diese Gruppen auch zu wählen haben. Wir sind durchaus nicht der Auffassung, daß in dieser Weise zu einer Wahl gezwungen werden sollte. Die Wahl zum Betriebsrat oder auch zu den verschiedenen Gruppen innerhalb des Betriebsrates muß frei sein, sie darf nicht unter einem irgendwie gearteten Zwang stehen. Aus diesem Grunde sollte, so glauben wir, das Wort „müssen" fallen und an dieser Stelle das Wort „sollen "stehen. Wir müssen es den verschiedenen Gruppen überlassen, ob sie die Gruppen, die im Betrieb vertreten sind, auch im Betriebsrat, mit welcher Stärke immer, vertreten haben wollen.
Aber die Dinge haben noch ein anderes Gesicht.
Gruppen nur daß damit pp gegen ihren Willen vielleicht gezwungen sein würden, Vertreter zu
wählen, ist es doch umgekehrt auch so: wenn hier das Wort ,,müssen" steht, würde das bedeuten, daß, falls eine dieser Gruppen nicht zur Wahl aufrufen will, diese Gruppe damit die Wahl des Betriebsrates insgesamt praktisch verhindern könnte. Das kann doch nicht der Sinn einer solchen Bestimmung sein. Auch aus diesem Grunde — sagen wir es ruhig: um eine Sabotage der Betriebsrätewahl verhindern zu können — muß nach unserer Auffassung an Stelle des Wortes „müssen" das Wort „sollen" stehen.
Überlegen Sie doch einmal. wie die Dinge in der Praxis aussehen! Nehmen Sie etwa eine Bank! Nehmen Sie an. daß dort vielleicht drei oder vier oder fünf Arbeiter beschäftigt sind als Chauffeur, als Pförtner — wenn er nicht im Angestelltenverhältnis steht —, als Putzfrau oder sonstwie. Wollen Sie diese Arbeiter zwingen, einen eigenen Vertreter in den Betriebsrat zu wählen. auch dann, wenn sie mehr Vertrauen zu irgendeinem Angestellten dieser Bank haben? Das kann doch nicht gemeint sein! Deshalb muß dieses Wort nach unserer Auffassung fallen.
Würde diesem unserem Antrag zu Abs. 1 Rechnung getragen, dann dürfte es also nur heißen:
Arbeiter und Angestellte sollen entsprechend ihrem zahlenmäßigen Verhältnis im Betriebsrat vertreten sein ...
Ich lasse hier die Worte „und Beamte" aus, nachdem Sie vorhin in § 3 eine anderweitige Entscheidung gefällt haben. Die Worte „und Beamte" müßten also dementsprechend jetzt gestrichen werden.
Dann soll es also nur heißen „Arbeiter und Angestellte"?
Ja, „Arbeiter und Angestellte" müßte es heißen. Dementsprechend muß nunmehr auch Abs. 2 unseres Antrages unter Nr. 12 fallen, der ja ebenfalls auf drei Gruppen, nämlich auf Arbeiter, Angestellte und Beamte, abgestellt war. Der ganze Abs. 2 würde dann fallen.
Abs. 4 hat in der Vorlage des Ausschusses folgenden Wortlaut:
Eine Minderheitsgruppe erhält keine Vertretung, wenn ihr nicht mehr als fünf Arbeitnehmer angehören . . .
usw. Wir möchten statt dessen sagen:
Eine Minderheitsgruppe hat keinen Anspruch auf Vertretung, . . .
Ihr Wortlaut, so wie er von der Mehrheit im Ausschuß beschlossen ist, würde nämlich heißen, daß diese Minderheitsgruppe, wenn sie weniger als fünf und weniger als ein Zwangzigstel aller Arbeitnehmer umfaßt, völlig unerheblich sei, wie es auch in der Begründung — meines Erachtens nicht richtig — heißt. Meine Damen und Herren, wer sagt Ihnen denn, daß eine solche Gruppe völlig unerheblich sei?! Es kann sich einmal, wie ich vorhin am Beispiel der Bank ausführte, um eine Arbeitergruppe in einem Angestelltenbetrieb handeln; es kann sich umgekehrt darum handeln, daß in einem Betrieb mit Arbeitern nur vier Angestellte vorhanden sind, und diesen vier Angestellten schneiden Sie mit Ihrer Fassung das Recht ab, überhaupt ihre Minderheit im Betriebsrat zur Vertretung zu bringen. Auch das kann meines Erachtens auch von Ihnen, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, nicht gemeint sein. Der Wortlaut, den wir vorschlagen, ist nach unserer Auffassung elastischer, er greift weiter; es sollte heißen:
Eine Minderheitsgruppe hat keinen Anspruch auf Vertretung, . . .
Damit würden wir ihr die Möglichkeit geben, auch dann, wenn weniger als fünf Arbeitnehmer in dieser Gruppe vertreten sind, doch noch zu einer Vertretung im Betriebsrat zu kommen.
Endlich Abs. 5 unseres Antrages. Hier beziehe ich mich auf Abs. 4 der Ausschußvorlage. Meine Damen und Herren. man muß sich eigentlich noch einmal zu Gemüte führen, was hier steht. Es steht hier:
Die Geschlechter sollen innerhalb der Gruppen entsprechend ihrem zahlenmäßigen Verhältnis vertreten sein.
Das soll natürlich für den Betriebsrat gelten. Aber so, wie es hier steht, würde es j a praktisch eine Anweisung sein, — eine unmögliche Anweisung. Der vorliegende Wortlaut ist also schon stilistisch überhaupt nicht möglich, er sollte schon aus diesem Grunde geändert werden, weil hier etwas gefordert wird — und zwar im Grunde vom Arbeitgeber —, was praktisch nicht durchführbar ist.
Wir schlagen aber vor, an dieser Stelle das, was in der Ausschußvorlage in § 14 steht, mit hineinzunehmen. § 14 der Ausschußvorlage sagt, daß der Betriebsrat möglichst aus Vertretern der verschiedenen Beschäftigungsarten der im Betrieb tätigen Arbeitnehmer zusammengesetzt sein solle. Nach unserer Auffassung gehört dieser Paragraph seinem Inhalt und seinem Sinn nach in den § 10, der ja, wie ich eingangs sagte, die Gliederung des Betriebs im Betriebsrat selbst widergespiegelt sehen will. Wir schlagen deshalb vor, den Abs. 4 des § 10 und den § 14 der Ausschußvorlage zusammenzuwerfen und folgenden Wortlaut des Abs. 5 —oder nunmehr Abs. 4 — vorzusehen:
Der Betriebsrat soll sich möglichst aus Vertretern der verschiedenen Beschäftigungsarten, aus Frauen und Männern zusammensetzen.
Ich möchte ausdrücklich betonen, daß uns sehr daran liegt, daß im Betriebsrat nicht nur Männer. sondern auch Frauen vertreten sind. Wir kennen aus der Praxis der betrieblichen Erfahrungen heraus die Schwierigkeiten, Frauen überhaupt in den Betriebsrat hineinzubekommen. Aber gerade darum soll in einem solchen Gesetz noch einmal hervorgehoben werden, daß insbesondere auch Frauen im Betriebsrat ihre Vertretung finden sollen. Das kann man nicht mit dem allgemeinen Wort zum Ausdruck bringen: „Die Geschlechter sollen vertreten sein"; denn das muß man schon beim Namen nennen und muß sagen „Frauen und Männer". Beide gehören in den Betriebsrat hinein. Wir wünschen, daß sie darin enthalten sind. Wir wünschen auch, daß sie nicht etwa nur ihrem zahlenmäßigen Verhältnis entsprechend dort vertreten sind. Wenn in einem Betrieb eine große Anzahl von Frauen vorhanden ist, die eine gute Vertretung im Betriebsrat abgeben können, dann muß diesen Frauen auch über ihr zahlenmäßiges Verhältnis hinaus die Möglichkeit zur Vertretung im Betriebsrat gegeben sein. Wir bitten Sie aus diesem Grunde, den Abs. 5 in der vorgelegten Form zu beschließen.
Ich darf zusammenfassen: In Abs. 1 Ersatz des Wortes „müssen" durch „sollen", in Abs. 4, nunmehr 3, Einfügung des Wortes „Anspruch" und Abs. 5, nunmehr 4, in der vorgelegten Form anders zu fassen. Ich bitte Sie sehr, diese Anträge anzunehmen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor; ich schließe die Besprechung.
Meine Damen und Herren, ich darf zunächst das vorläufige Abstimmungsergebnis *) zum Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Besold Umdruck Nr. 616 Ziffer 2 zu § 8 bekanntgeben. Dafür haben gestimmt 137 Abgeordnete, dagegen 206, bei 3 Enthaltungen, von den Berliner Abgeordneten 4 mit Ja, 8 mit Nein, insgesamt 12. Der Antrag ist damit abgelehnt.
Ich darf zunächst, damit wir in der Reihenfolge bleiben, abstimmen lassen über den Antrag der CDU/CSU, FDP, DP Umdruck Nr. 612 zu Ziffer 2, Anfügung eines Satzes an § 8. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit. Bei wenigen Enthaltungen mit Mehrheit angenommen.
Ich komme zur Abstimmung über § 8 in der änderten Fassung. Ich bitte die Damen und Herren, die § 8 in der Gesamtheit zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit. § 8 ist angenommen. Damit ist der Antrag von Herrn Abgeordneten Besold zu § 9 erledigt.
*) Vergl. das endgültige Ergebnis Seite 10042, 4. Abstimmung.
Ich komme zur Abstimmung über § 9 in der durch die Annahme des CDU/CSU-, FDP-, DP-Antrags auf Umdruck Nr. 612 Ziffer 3 geänderten Fassung. Ich bitte die Damen und Herren, die § 9 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit. § 9 ist angenommen.
Ich komme zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD Umdruck Nr. 617 Ziffer 12, der eben von Herrn Abgeordneten Preller begründet worden ist. Ich bitte die Damen und Herren, die ihm zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das zweite war die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über § 10 in der Ausschußfassung. Ich bitte die Damen und Herren, die § 10 in der Ausschußfassung anzunehmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Weitere Möglichkeiten der Fragestellung habe ich nicht, meine Damen und Herren.
Ich bitte um Entschuldigung. Also § 10 ist mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe auf § 11. Änderungsanträge sind dazu nicht gestellt. — Keine Wortmeldungen. — Ich schließe die Besprechung. Ich bitte die Damen und Herren, die § 11 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit. § 11 ist angenommen.
Zu § 12, Änderungsantrag Umdruck Nr. 617 Ziffer 13, Herr Abgeordneter Freidhof. Ich bitte um Entschuldigung: Herr Abgeordneter Böhm.
— Es macht nicht die Lange, Herr Abgeordneter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe Ihnen im Auftrag meiner Fraktion zu § 12 Abs. 1 zweiter Halbsatz den Antrag zu unterbreiten, das Wort „beide" durch das Wort „die" zu ersetzen. Die Formulierung dieses Paragraphen durch die Ausschußberatung ist offensichtlich aus dem Grunde erfolgt, weil man bei der Regelung der Verhältnisse aus diesem Gesetz grundsätzlich nur an Arbeiter und Angestellte gedacht und dabei das Wort „beide Gruppen" gewählt hat. Wir sind leider nicht in der Lage, unsere grundsätzliche Auffassung bei der Beratung dieses Gesetzes aufzugeben. Wir sind der Meinung, daß der öffentliche Dienst auch hinzugenommen werden muß. Diese Meinung haben wir auch jetzt noch; infolgedessen wäre die Formulierung „beide Gruppen" nicht möglich, sondern es müßte dann schon „die Gruppen" heißen.
Wenn wir diesen Antrag stellen, so aus dem einfachen Grunde, weil wir doch immer noch, wenn auch nur eine ganz kleine Hoffnung haben, daß bis zur endgültigen Verabschiedung des Gesetzes die bessere Einsicht vor den koalitionspolitischen Gründen den Sieg davonträgt, zumal ja auch in dem Entwurf der CDU in der ersten Lesung die gleiche Forderung gestellt war und auch der Abgeordnete Sabel als Vorsitzender des Ausschusses für Arbeit bei den Beratungen wiederholt zum Ausdruck gebracht hat, daß er keine Notwendigkeit sehe, den öffentlichen Dienst in einem besonderen Gesetz zu regeln.
Darum von uns die Hoffnung, daß die bessere Einsicht noch siegt. Ich bitte, unserem Antrag zuzustimmen.
Keine weiteren Wortmeldungen. Ich schließe die Besprechung.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD Umdruck Nr. 617 Ziffer 13. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das zweite war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über § 12 in der Ausschußfassung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei Enthaltungen ist § 12 angenommen.
Ich rufe § 13 auf. Zur Begründung des Änderungsantrags der Fraktion der SPD Umdruck Nr. 617 Ziffer 14 Herr Abgeordneter Bergmann!
Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! Der § 13 regelt bestimmte Grundsätze und ist von besonderer Bedeutung. Dort wird festgelegt, ob die Arbeitnehmer gemeinsam den Betriebsrat wählen sollen, zweitens ob die Gruppen in getrennten Wahlgängen gesondert wählen sollen und weiterhin der Grundsatz: Verhältniswahl oder Mehrheitswahl.
Gerade diese Frage hat bei der öffentlichen Debatte und besonders bei den Arbeitnehmern und Gewerkschaften eine außerordentliche Bedeutung erlangt. Die Sozialdemokratische Partei steht auf dem Standpunkt, daß die Arbeitnehmer eines Betriebes den Betriebsrat gemeinsam wählen sollen; Arbeiter und Angestellte sollen also den Kandidaten gemeinsam ihre Stimmen geben. Denn hier geht es darum, daß gemeinsame Interessen im Betrieb wahrgenommen werden. Es geht hier nicht um Gruppeninteressen. Diese Frage ist, wie ich schon sagte, von außerordentlicher Bedeutung. Hierbei sollte besonders seitens der Regierungsparteien mehr darauf geachtet werden, was sich seit 1945 bis heute getan hat. Bei der Debatte um das Mitbestimmungsgesetz für die Eisen-, Stahl-und Kohleindustrie wurde praktisch zum erstenmal dieses angebliche Gruppeninteresse mit in die politische Debatte geworfen. Bis dahin wurde diese Frage in den Betrieben und bei den Gewerkschaften nicht diskutiert und stand auch nicht im Mittelpunkt der Diskussion. Ich stelle diese Frage darum heraus, weil vermutet werden kann, daß besondere Absichten für die zukünftige Arbeit im Betrieb im Gesetz verankert werden sollen.
Wenn es also jetzt darum geht, eine gesetzliche Formulierung für gemeinsame Interessen im Betrieb zu finden, so glaube ich, sollten wir einmal Ausschau halten, inwieweit gerade das Kontrollratsgesetz Nr. 22, nach dem bisher im wesentlichen und auch in den Ländergesetzen diese gemeinsame Aufgabe im Betrieb gelöst wurde, herangezogen werden kann. Dann müssen wir feststellen, daß nur Vorteile darin zu sehen waren. Wir wünschen also im Grundsatz, daß alle Arbeitnehmer im Betrieb — ganz gleich, ob Arbeiter, Angestellte oder Beamte — gemeinsam ihren Betriebsrat wählen. Nicht das Gruppeninteresse soll ausschlaggebend sein. Wenn solche Interessen für die
allgemeinen Interessen, für das Betriebsinteresse überhaupt ausschlaggebend sein sollen, dann ist die Zusammenarbeit von vornherein durch das Gruppeninteresse belastet.
Ich glaube, daran sollten auch Sie nicht interessiert sein.
Wenn ich sage „durch Gruppeninteresse belastet", so glaube ich, wieder darauf hinweisen zu müssen, daß in den vergangenen Jahren, besonders in den kritischen Jahren 1945, 1946, ja 1948 das gemeinsame Handeln durch die besonderen Umstände, als die Betriebe wieder in Angriff genommen werden mußten, und unter den besonderen Lebensumständen — wie die Arbeitnehmer leben mußten — immer im Vordergrund der Debatte gestanden hat. Wir halten es darum für eigenartig, daß jetzt, sieben Jahre nachdem diese Praxis bestanden hat und nachdem nun wieder ein deutsches Gesetz die Arbeitsgrundlage für die Betriebsrattätigkeit sein soll, das Trennende in den Vordergrund gestellt wird.
Ich sage ausdrücklich: „das Trennende in den Vordergrund gestellt wird"; 'denn es geht gar nicht bei beiden Vorschlägen darum, das Gruppeninteresse zu sichern. Das Gruppeninteresse ist gesichert.
Wir halten es daher für außerordentlich bedauerlich, daß in § 13 Abs. 2 von vornherein bestimmt wird, daß die Arbeitnehmer die Wahl zum Betriebsrat in getrennten Wahlgängen vornehmen müssen. Ich glaube, wir sollten gerade den gemeinsamen Weg finden und alles Trennende, das Gruppeninteresse beiseite legen und die gemeinsame Wahl zum Betriebsrat zum Prinzip erheben. Ich glaube, daß gerade in dieser Beziehung sehr gute und erfolgreiche Arbeiten vorliegen. Ich selbs komme aus dem Bergbau und habe vor mir einige Arbeitsgrundlagen — statistische Grundlagen der letzten Jahre — über diese gemeinsamen Wahlen zum Betriebsrat liegen. Dort wurden bisher durch die Wahlordnung die Rechte der Gruppen festgelegt und gesichert. Wir sind in der Lage, Ihnen nachzuweisen, daß diese Minderheitsgruppen weit über ihr zahlenmäßiges Verhältnis und ihre Stärke hinaus nach erfolgter Wahl in Erscheinung treten konnten. Zum Beispiel wurden im Bereich des Bergbaus nach den Angaben der Industrie-Gewerkschaft Bergbau im Jahre 1951 3962 Betriebsräte gewählt. Von diesen 3962 Betriebsratsmitgliedern sind 977 Angestelltenvertreter. Das sind 24,7 %. Der Anteil der Angestellten an der Gesamtzahl der Beschäftigten beträgt aber nur 8,4 %.
Damit ist bewiesen, daß die Angestellten als Minderheiten voll zu ihrem Recht gekommen sind. Sie sollten nach der Wahlordnung der I. G. Bergbau ein Fünftel der Betriebsratssitze einnehmen, also 20 %; sie haben aber durch die gemeinsame Wahl, wie ich schon sagte, 24,7 % erhalten. Ich glaube, das ist ein Beweis dafür, daß nicht das Trennende, sondern die gemeinsame Wahl zum Betriebsrat gesetzlich festgelegt werden sollte.
Diese Beweise könnten noch durch Beispiele anderer Industriesparten vermehrt werden. Wir können weiter dazu sagen, daß im Laufe der Jahre der Anteil der Betriebsratssitze für die Angestellten im Bergbau ebenfalls gestiegen ist. Im Jahre 1949 betrug z. B. der Anteil der Angestellten
an den Betriebsratssitzen im Bergbau 23,8 %, im Jahre 1950 24,1 % und im Jahre 1951, wie ich schon sagte, 24,7 %. Damit ist aber bewiesen, daß im Laufe der Jahre durch die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Arbeitern und Angestellten das Vertrauen gewachsen ist und gerade die Minderheitsgruppe davon den Erfolg getragen hat. Wir können daher nicht verstehen, daß gerade jetzt seitens der Regierungsparteien das Trennende wieder in den Vordergrund gestellt werden soll.
So sehen Sie, daß die Vertrauensbasis im Betrieb gewachsen ist. Ich glaube, daß bei einem großen Teil dieses Hauses darauf zuwenig geachtet wird, diese Vertrauensbasis weiterhin zu behalten, ja zu vergrößern. Denn sie war wesentlich der Motor für unsere Arbeit im Betrieb und für die Gestaltung der deutschen Wirtschaft. Wir haben wahrlich schwere Jahre hinter uns, und immer wieder wird erwartet, daß die ganze Arbeitskraft der deutschen Wirtschaft zur Verfügung gestellt wird. Sie sollten aber nicht unterschätzen, daß diese vertrauensvolle Zusammenarbeit letzten Endes unter Führung der Gewerkschaften vor sich gegangen ist.
Und da der Gewerkschaftsbund in dieser Frage heute eine seiner Hauptforderungen sieht, sollte das Parlament, sollte jeder Abgeordnete darauf mehr Rücksicht nehmen. Hier geht es um mehr. Denn in den Jahren, in denen wir nach dem Kontrollratsgesetz, z. B. in der britischen Zone, arbeiten mußten, hatten die Gewerkschaften ihre Einflußmöglichkeiten, und heute, wo das erste Betriebsrätegesetz auf Bundesebene nach 1945 jetzt im Jahre 1952 gestaltet und geformt werden soll, ist man nicht bereit, von der politischen Ebene ihnen diese Rechte zu geben.
Die deutsche Arbeitnehmerschaft wird das Verhalten dieses Parlaments genau verfolgen.
Wenn wir nun zu dem Abs. 3 kommen, in dem festgelegt wird oder, besser gesagt, in dem auf Vorschlag der Regierungsparteien festgelegt werden soll, daß die Wahl nach den Grundsätzen der Verhältniswahl erfolgt, dann muß man staunen, daß man heute noch den Mut aufbringt, die Verhältniswahl zum Prinzip zu erheben.
Denn darüber ist sich jeder im klaren, daß die Verhältniswahl die Politisierung der Betriebsrätewahlen bedeutet.
Wir sind um so mehr darüber erstaunt, als Sie ja gerade in der Politik schließlich mit demselben Argument arbeiten und in der Politik ebenfalls gewillt sind, sich nach der Mehrheitswahl Ihre Mandate zu sichern. Aber bei den Betriebsrätewahlen haben Sie nicht den Mut, sie nach dem Prinzip der Mehrheitswahl, wie es vom Deutschen Gewerkschaftsbund vorgeschlagen wird, durchzuführen. Ich denke hier gerade an das Ruhrgebiet und insbesondere an seine wirtschaftliche Bedeutung und daran, welche verhängnisvollen Folgen hier bei der Politisierung solcher Betriebsrätewahlen in Erscheinung treten müßten. Das bedeutet, daß der Gesetzgeber jetzt dazu bereit ist — und das wird eben die Folge sein —, daß auch nach politischen Grundsätzen der Streit in die Betriebe hineingetragen wird. Es ist das große Verdienst des Deutschen Gewerkschaftsbundes, daß er unter seiner bisherigen Führung gerade die Gewerkschaftler herausgestellt und sie zur Betriebsrätewahl gestellt hat.
Die Sozialdemokratische Partei fordert daher, daß die Mehrheitswahl, das Wahlsystem, das wir seit 1945 bis heute nicht nur nach dem Kontrollratsgesetz Nr. 22, sondern auch in fast allen Ländergesetzen durchgeführt haben, zum Prinzip erhoben und festgelegt wird. Dann hat auch der einzelne Wähler, weil die Wahl direkt erfolgen soll, Einfluß darauf, wer in den Betriebsrat hineinkommt. Denn vergessen Sie doch eines nicht: die Verhältniswahl bedeutet doch, daß mehrere Vorschlagslisten in Erscheinung treten. In der Praxis bedeutet das — und daran sollten Sie denken —, daß diese Verhältniswahl im alten Betriebsrätegesetz doch festgelegt und zum Prinzip erhoben werden mußte, weil mehrere Richtungsgewerkschaften vorhanden waren. Sie sind heute nicht vorhanden; die einheitliche Gewerkschaftsform ist die Grundlage der Gewerkschaftsarbeit. Sie wollen wir erhalten, und da sie letzten Endes die Grundlage darstellt, entfällt dieses wichtige Argument. Es ist darum gar nicht notwendig, daß die Verhältniswahl, die, wie ich sagte, mehrere Vorschlagslisten voraussetzt, nun hier festgelegt wird.
Ich sagte schon einmal: der Arbeitnehmer soll direkten Einfluß darauf haben, wer letzten Endes in den Betriebsrat hineinkommt; denn die Mehrheitswahl ist eine Persönlichkeitswahl. Die Arbeitnehmer wollen ihre Persönlichkeiten dort hineinwählen, nämlich die Männer und die Frauen, die bereit und in der Lage sind, mit viel Mut und Geschick die Belange der Arbeitnehmer zu vertreten. Sie wollen nicht rein listenmäßig wählen, wie das bei der Verhältniswahl der Fall sein muß. Dann haben sie auch die Gewähr, daß nicht politische, religiöse oder, wenn Sie wollen, auch gewerkschaftliche Zugehörigkeit von jedem Wähler in den Vordergrund gestellt werden kann, sondern er wählt
die Persönlichkeit, die sein Vertrauen besitzt. Darauf aber kommt es an, daß er Persönlichkeiten im Betriebsrat weiß, die mit seinem Vertrauen die Belange der Arbeitnehmer vertreten.
Ich möchte ein weiteres Argument anführen. Sie befürworten in § 13 die Verhältniswahl. Dieser Paragraph steht im Widerspruch zu § 14; denn in § 14 heißt es: „Der Betriebsrat soll sich möglichst aus Vertretern der verschiedenen Beschäftigungsarten der im Betrieb tätigen Arbeitnehmer zusammensetzen." Gerade mit einer Liste sind Sie nicht in der Lage, den Wünschen, die in § 14 zum Ausdruck gebracht werden, gerecht zu werden. § 13 über die Verhältniswahl steht also in direktem Widerspruch zu § 14, in dem festgelegt wird, daß möglichst die Vertreter der verschiedenen Beschäftigungsarten im Betriebsrat vertreten sein sollen.
Man wirft mit Recht die Frage auf, die bei der öffentlichen Debatte eine außerordentliche Rolle gespielt hat, ob die vorliegende Gesetzesvorlage — die Vertreter der Regierungsparteien behaupten es — keine Verschlechterung bedeute. Wenn wir aber feststellen müssen, daß wir seit 1945 gemeinsam mit den Gewerkschaften zum Wohle der deutschen Wirtschaft die Vertreter im Betriebsrat gewählt haben, wenn wir weiter feststellen müssen, daß die meisten Landesgesetze dies ebenfalls zum Prinzip erhoben haben, dann ist der Schluß berechtigt, daß die neue Gesetzesvorlage einen gewaltigen Rückschritt darstellt.
Darüber wird man in den Betrieben diskutieren.
Dafür wird man in den Betrieben kein Verständnis aufbringen, daß wir jetzt mit diesem Bundesgesetz wieder drei Schritte zurückgehen sollen.
Sehen Sie, meine Herren von den Regierungsparteien, das ist reaktionär,
das ist Rückschritt!
Aber ich möchte auch zum Abs. 4 des § 13 Stellung nehmen. Dort ist festgelegt, daß die wahlberechtigten Arbeitnehmer zur Wahl des Betriebsrats
Vorschläge machen können. Hier legen Sie, meine
Damen und Herren von den Regierungsparteien,
wiederum fest und versuchen, den Einfluß der Gewerkschaften zu schmälern, ja zu beseitigen. Wir
sind der Auffassung — auch Sie sind im Grunde
Ihres Herzens mit uns dieser Auffassung —, daß
gerade mit Hilfe der Gewerkschaften, als sie berechtigt waren, die Vorschläge zum Betriebsrat mit
einzureichen, die Gewähr für den sozialen Frieden
gegeben wurde, von dem Sie so oft sprechen. Ich
bin der Auffassung, daß Sie durch diese Gesetzgebung diesen Frieden im wesentlichen gefährden.
Wir sind darum der Auffassung, daß auch den Gewerkschaften das Recht gegeben werden muß, Wahlvorschläge zum Betriebsrat zu machen.
— Sie rufen dazwischen, das sei Quatsch;
ich sage Ihnen: Das ist die Praxis, die Sie bis heute mit durchgeführt haben!
Meine Damen und Herren, ich habe nicht gehört, wer „Quatsch" gerufen hat.
Der Ausdruck „Quatsch" ist unparlamentarisch; ich weise ihn zurück.
Ich möchte nur darauf hinweisen, daß das die bisherige Praxis gewesen ist und daß wir auch auf diesem Gebiete zum Wohle aller erfolgreich tätig waren.
Wir stellen darum mit Umdruck Nr. 617 Ziffer 14 den Antrag, dem § 13 folgenden Wortlaut zu geben:
1. Der Betriebsrat wird in geheimer und unmittelbarer Wahl von den Arbeitnehmern des Betriebes gewählt.
2. Für die Wahl der Mitglieder des Betriebsrates können die wahlberechtigten Arbeitnehmer und die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften Wahlvorschläge machen. Die Wahlvorschläge der wahlberechtigten Arbeitnehmer müssen von mindestens einem Zehntel oder von mindestens einhundert der Wahlberechtigten unterzeichnet sein.
3. Die Wahl der Mitglieder eines Betriebsrates, der aus mehr als einer Person besteht, kann von den Wahlberechtigten einer Gruppe, auf die nach § 10 mindestens ein Vertreter entfällt, in getrennten Wahlgängen erfolgen, wenn dies von der Mehrheit der betreffenden Wahlberechtigten vor der Wahl in geheimer Abstimmung beschlossen wurde.
4. Jeder Wahlberechtigte kann nur soviel Mitglieder aus den für die Wahl vorliegenden Wahlvorschlägen wählen, als Mitglieder für den Betriebsrat zu wählen sind. Gewählt sind diejenigen mit den höchsten Stimmenzahlen. Entfallen hiernach auf die einzelnen Gruppen nicht soviel Mitglieder, als ihnen nach § 10 zustehen, so treten an Stelle der Kandidaten mit den niedrigsten Höchstzahlen die Kandidaten der in Beracht kommenden Gruppen mit den nächsten Höchstzahlen.
5. Das gleiche gilt für die Ersatzmitglieder.
Wenn Sie diesen Antrag einmal ruhig überdenken,
dann stellen Sie fest, daß die Rechte jeder Minderheitsgruppe gewahrt sind. Hier geht es nur darum, was zum Prinzip erhoben werden soll, die getrennte Wahl oder letzten Endes die gemeinsame Wahl. Seien Sie hier einmal fortschrittlich und entscheiden Sie sich für unseren Antrag und damit für die Praxis, wie sie bisher fast überall durchgeführt wird, für die gemeinsame Wahl nach dem Prinzip der Mehrheitswahl.
Zum Schluß möchte ich absatzweise Abstimmung unseres Vorschlages beantragen und für Abs. 4 namentliche Abstimmung.
Meine Damen und Herren, können wir uns nicht auf das Verfahren einigen, daß wir die vervielfältigt vorliegenden Anträge als bekannt voraussetzen, so daß wir sie nicht noch zu verlesen brauchen?
— Herr Abgeordneter Sabel, wünschen Sie, einen Antrag zu begründen?
— Das ist nicht der Fall.
Herr Abgeordneter Harig wünscht das Wort.
Meine Damen und Herren! Die Unternehmer und ihre Leute hier im Bundestag knobeln allerlei aus,
um die Macht im Betrieb zu halten.
Sie kommen dabei auf die unmöglichsten Gedanken. Sie wollen den Herr-im-Hause-Standpunkt unter allen Umständen sichern. Aus diesem Grunde handeln sie nach dem alten Prinzip: Teile und herrsche.
Das haben wir in der Gewerkschaftsbewegung in
unsere Grundlehren aufgenommen. Es ist alle Vorsorge getroffen, diesem Standpunkt zu begegnen,
um das, was ihnen bisher zum Teil noch gelungen
ist, zukünftig zu verhindern. Die Arbeiterschaft ist
auf dem besten Wege, die Spaltung zu überwinden.
Sehen Sie sich die Kundgebungen und die Demonstrationen an. Da ging der Arbeiter neben dem Angestellten.
Beide hatten sie nur ein Interesse: das Interesse, eben ihre Forderungen durchzusetzen. Glauben Sie denn wirklich. daß Sie heute im Gefühl, die Mehrheit im Hause zu haben. die Dinge f immer entscheiden können?
Das glauben Sie doch selber nicht! Sie werden zukünftig noch Ihr blaues Wunder erleben.
Dagegen helfen auch gar keine Drohungen, die Sie ausstoßen.
Dagegen helfen auch die alten Methoden der Spaltung und Herrschaftspolitik nicht mehr. Lassen Sie sich das gesagt sein!
Auch in diesem Vorschlag kommt zum Ausdruck, wie wenig Sie sich mit den Belegschaften, mit den Arbeitern und mit den Mitgliedern der Gewerkschaften verbunden fühlen. Die Belegschaften, die Angestellten wie die Arbeiter, wollen gar nicht getrennt marschieren. Sie bringen es immer wieder fertig, sich einiger in Ihrer Abhängigkeit befindlicher Angestellter zu bedienen. Wir werden für die notwendige Aufklärung sorgen, worauf Sie sich verlassen können.
Es gibt eine Reihe mir bekannter Fälle, wo Unternehmer Angestellte direkt gezwungen haben, sie unter Druck gesetzt haben. Nennen Sie das auch Demokratie, auf die Sie sich hier berufen?
Es ist seit 1945 in keinem Land mit Ausnahme von Bayern Mode gewesen, Angestellte und Arbeiter getrennt wählen zu lassen. Weil sich das bewährt hat, bedeutet das, was Sie hier vorschlagen, keinen Fortschritt, sondern Rückschritt. Das kommt Ihren Interessen zugute und nicht den Interessen derer, für die das Gesetz gemacht werden soll.
Ich kann Ihnen nur sagen, daß Sie mit dem Vorschlag der Verhältniswahl ebenso Schiffbruch erleiden werden; denn die Arbeiterschaft wird sehr schnell erkennen, wer der Inspirator gewisser Listen ist, die dann kommen werden, und sie wird - glauben Sie mir das — den Leuten, die solche Listen einbringen und für die Verhältniswahl Propaganda machen, dann die Quittung erteilen. Verlassen Sie sich darauf, daß sie dann damit auch Ihnen die Quittung erteilen wird.
Ich möchte nur diese kurzen Ausführungen machen, um am Ende an alle Arbeiter und Angestellten appellieren zu können,
den Kampf gegen diese Spaltungsmaßnahmen der Unternehmer fortzusetzen, bis ihre Forderungen Wirklichkeit geworden sind, den Kampf so lange fortzusetzen, bis andere Leute hier sitzen,
die den Arbeitern mehr zugetan sind als Ihr, den Kampf so lange fortzuführen, bis die Regierungsbank von andern Leuten besetzt ist.
Ich stelle den Antrag, die Absätze 2 und 3 dieses Paragraphen zu streichen.
Keine weiteren Wortmeldungen? — Herr Abgeordneter Richter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Regierungsparteien haben mit Umdruck Nr. 612 Ziffer 4 zu § 13 Abs. 4 Satz 2 einen Antrag zur Änderung der Ausschußvorlage gestellt. Sie wollen nach dem Wort ,,Gruppenangehörigen" Worte einfügen: „ , jedoch von mindestens drei Wahlberechtigten".
Falls der Antrag der SPD Umdruck Nr. 617 zu § 13 nicht angenommen wird, muß über diesen Antrag der Regierungskoalition abgestimmt werden.
Ich habe größte Bedenken dagegen, diese Einfügung vorzunehmen. Denken Sie an die Kleinbetriebe, die nach dem Beschluß des Hauses ihre Vertretung bekommen. Da kann der Fall eintreten, daß nicht jeder Wahlvorschlag mit drei Unterschriften versehen werden kann. Ich sehe auch keinen tieferen Grund für diese Einfügung.
Warum soll denn ein Wahlvorschlag, der nur eine Unterschrift hat, nicht als gültig angesehen werden? Warum will man denn gerade bei den mittleren und kleineren Betrieben schon eine gewisse Vorentscheidung über die Kandidaten? Warum kann man nicht warten, bis die Abstimmung erfolgt und nach demokratischen Grundsätzen derjenige von den Vorgeschlagenen als gewählt gilt, der die Mehrheit der Stimmen hat.
Ich bitte, falls der Antrag der SPD abgelehnt wird, auch den Antrag der Regierungskoalition nicht anzunehmen.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung.
Die Herren Antragsteller haben beantragt, über den Antrag Umdruck Nr. 617 Ziffer 14 betreffend § 13 absatzweise abzustimmen. Ich bitte die Damen und Herren, die Abs. 1 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das zweite war die Mehrheit; dieser Absatz ist abgelehnt.
Bevor ich über die Änderungsanträge zu den Absätzen 2 und 3 abstimmen lasse, muß ich über den Antrag des Herrn Abgeordneten Harig, die beiden Absätze zu streichen, abstimmen lassen. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Streichungsantrag des Herrn Abgeordneten Harig zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über Abs. 2. Ich bitte die Damen und Herren, die Abs. 2 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben.
— Der Antrag der SPD zu § 13 Abs. 2. — Ich bitte
um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das
zweite war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über Abs. 3. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das zweite war die Mehrheit; der Abs. 3 ist abgelehnt.
Über den Änderungsantrag zu Abs. 4 ist namentliche Abstimmung beantragt. Ich bitte die Herren Schriftführer, die Stimmzettel einzusammeln.
Meine Damen und Herren, ich darf Sie herzlich bitten, auf den Plätzen zu bleiben, damit die Einsammlung erleichtert wird und wir möglichst bald mit der Beratung fortfahren können.
Meine Damen und Herren, ich habe den Eindruck, daß die Einsammlung der Stimmzettel im wesentlichen beendet ist. Ich schlage Ihnen vor, daß wir die Abstimmung zu § 13 bis zur Beendigung der Auszählung der Abstimmung zu Abs. 4 aussetzen.
Ich rufe zunächst auf § 14. Es liegt der Streichungsantrag auf Umdruck Nr. 617 Ziffer 15 vor. Wer wünscht ihn zu begründen? — Herr Abgeordneter Preller, ja!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Durch die Abstimmung zu § 10, die vorhin erfolgt ist, ist dieser unser Antrag zu § 14 erledigt.
Der Antrag zu § 14 ist erledigt. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Ich komme zur Abstimmung über § 14 in der Ausschußfassung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe auf § 15. Dazu liegt ein Antrag der SPD auf Umdruck Nr. 617 Ziffer 16 vor.
Herr Abgeordneter Preller zur Begründung!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe vorhin zu § 10 begründet, warum nach unserer Auffassung dort das Wort „müssen" durch das Wort „sollen" zu ersetzen ist. Ich habe darauf hingewiesen, daß durch die Festlegung des Zwanges, daß Angestellte und Arbeiter im Betriebsrat vertreten sein müssen, unseres Erachtens ein Zwang auch zur Wahl ausgeübt wird. Um wieviel mehr gilt das nun für den § 15, in dessen Abs. 1 Satz 2 Sie sagen:
Im Wahlvorstand müssen in Betrieben mit Arbeitern und Angestellten beide Gruppen vertreten sein.
Im Wahlvorstand kommt es in erster Linie darauf an, die Wahl vorzubereiten. Wenn Sie nun durch das Wort „müssen" die Notwendigkeit einer Vertretung beider Gruppen begründen wollen, so können Sie damit, stärker noch als vorhin, einer Gruppe die Möglichkeit geben, die Wahl überhaupt zu verhindern. Denn nachdem Sie hier sagen, im Wahlvorstand müssen in derartigen Betrieben beide Gruppen vertreten sein, könnte eine Gruppe, die nicht in den Wahlvorstand geht, den Wahlvorstand sabotieren und damit die Möglichkeit, daß eine Betriebsrätewahl überhaupt zustande kommt, vereiteln. Das war doch nicht die Absicht, von der Sie und auch wir ausgegangen sind.
Ich möchte noch einmal sagen: die Wahl muß auf dem Willen der Betroffenen beruhen. Wenn ein Teil sich diesem Willen entzieht oder entziehen will, dann darf man ihm nicht die Möglichkeit geben, dadurch die gesamte Wahl zu verhindern. Das erscheint unlogisch, falsch und auch nicht im Sinne des Betriebsrätegesetzes gelegen. Wir bitten aus diesem Grunde, in § 15 Abs. 1 Satz 2 das Wort „müssen" durch das Wort „sollen" zu ersetzen.
Bitte schön, Herr Abgeordneter Agatz!
Meine Damen und Herren! In § 15 ist die Bildung des Wahlvorstandes angesprochen. Ich meine, es ist wichtig, darauf hinzuweisen, daß bei großen Betrieben der Wahlvorstand sich aus mehr als drei Personen zusammensetzen müßte. Denn wir wissen aus Erfahrung, daß die Durchführung einer Betriebsrätewahl eine ganze Menge Aufgaben mit sich bringt.
Aber das ist es nicht, wozu ich sprechen wollte. In der Ausschußvorlage wird gesagt: Der Betriebsrat bestellt den Wahlvorstand. Dagegen ist soweit nichts zu sagen; nur sollte nach unserer Auffassung die Belegschaft bei diesem Akt der Vorbereitung ihrer Betriebsrätewahl beteiligt werden. Wir halten das für erforderlich, um von vornherein den demokratischen Willen der Belegschaft, diese Betriebsrätewahl zu einer für sie wichtigen Sache zu machen, sicherzustellen. Darüber hinaus haben sich auch bei den Betriebsrätewahlen in der Zusammensetzung der Wahlvorstände Mängel gezeigt dahingehend, daß es zu Unregelmäßigkeiten kam. Wir meinen deshalb, daß es erforderlich ist, eine demokratische Kontrolle schon von vornherein aufzurichten. Die muß durch die Belegschaft vorgenommen werden, die schon bei der Zusammensetzung des Wahlvorstandes mitwirkt und dafür Sorge trägt, daß Vertreter ihres Vertrauens den Wahlvorstand bilden.
Darum beantragen wir, daß an den ersten Absatz des § 15 angehängt wird:
Der Wahlvorstand bedarf der Zustimmung der Belegschaft.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen? — Bevor ich Herrn Abgeordneten Richter ,das Wort gebe, frage ich, ob jemand noch zu § 13 Abs. 4, Antrag der SPD, seine Stimme abzugeben wünscht. — Das ist nicht der Fall. Ich schließe diese namentliche Abstimmung.
Herr Abgeordneter Richter, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da von den Antragstellern zu Umdruck Nr. 612 Ziffer 5 keine Begründung gegeben worden ist, muß ich diese Frage nochmals selbst behandeln. Auch hier wird von Ihnen wieder beantragt, meine Damen und Herren, daß dort, wo ein Wahlvorstand nicht besteht, nicht zustande kommt, nicht gewählt wird, nicht ein wahlberechtigter Arbeitnehmer berechtigt sein soll, das Arbeitsgericht anzuschreiben und es zu bitten, einen Wahlvorstand zu bestellen, sondern daß diesen einfachen Brief oder die noch einfachere Karte drei Arbeitnehmer — und zwar drei Arbeitnehmer, die wahlberechtigt sind — unterschreiben müssen. Auch da denke ich wieder an die große Zahl der Klein- und Mittelbetriebe; auch da frage ich: Warum erschweren Sie die Bildung von Betriebsvertretungen? Der Betriebsrat, der, wenn er einmal gewählt ist, in Zukunft verpflichtet wäre, dies zu tun, unterläßt es; eine sonstige Stelle kümmert sich nicht um den Betrieb; aber ein wahlberechtigter Arbeitnehmer ist da, der dem Arbeitsgericht von den Dingen Kenntnis geben will, der das Arbeitsgericht bitten will: „Setzt hier einen Wahlvorstand ein, damit entsprechend der Wahlordnung die Wahl ausgeschrieben werden kann". Ihnen genügt nicht, daß
dieser Brief oder diese Karte an das Arbeitsgericht von einem Wahlberechtigten des Betriebs unterschrieben wird; Sie schreiben drei vor. Ich sage Ihnen offen, meine Damen und Herren: da komme ich nicht mit; ich halte diese Erschwerung für überflüssig. Wir sollten die Dinge nicht erschweren, sollten keine Bürokratisierung in all die Einrichtungen für die Arbeitnehmerschaft hineintragen, sondern wir sollten das Leben einfach gestalten. Das halte ich für viel gesünder und für fortschrittlicher.
Deshalb bitten wir, diesen Antrag abzulehnen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung.
Meine Damen und Herren, ich gebe zunächst das vorläufige Ergebnis*) der Abstimmung über den Antrag der SPD zu § 13 Abs. 4 bekannt. Mit Ja haben gestimmt 140, mit Nein 208, bei einer Enthaltung; von den Berliner Abgeordneten 6 mit Ja, 6 mit Nein. Der Antrag ist damit abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der SPD zu Abs. 5 des § 13. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das zweite war die Mehrheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP Umdruck Nr. 612 Ziffer 4. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit. Dieser Antrag ist angenommen.
Ich komme zur Abstimmung über § 13 in der geänderten Form. Ich bitte die Damen und Herren, die § 13 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit. § 13 ist angenommen.
Ich kehre zu § 15 zurück. Zunächst liegt der Antrag des Herrn Abgeordneten Agatz vor, dem Abs. 1 den Satz hinzuzusetzen: „Der Wahlvorstand bedarf der Zustimmung der Belegschaft." — Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der SPD Umdruck Nr. 617 Zifer 16 betreffend neue Fassung des § 15 Abs. 1 Satz 2. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das zweite war die Mehrheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP Umdruck Nr. 612 Ziffer 5 und darf vorschlagen, daß diese Abstimmung gleichzeitig zu den Ziffern 6 und 7 betreffend die §§ 16 und 17 gilt, da das wörtlich übereinstimmt. — Sie sind damit einverstanden. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit. Dieser Antrag ist angenommen.
*) Vergl. das endgültige Ergebnis Seite 10042, 5. Abstimmung.
Ich komme zur Abstimmung über § 15 in dieser geänderten Form. Ich bitte die Damen und Herren, die § 15 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit. § 15 ist angenommen.
§§ 16, — 17. — Keine Wortmeldungen. Ich schließe die Besprechung. Ich darf über beide Paragraphen unter Berücksichtigung der angenommenen Änderung Umdruck Nr. 612 Ziffern 6 und 7 gemeinsam abstimmen. Ich bitte die Damen und Herren; die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit. Beide Paragraphen sind angenommen.
Ich komme zu § 18, Antrag der CDU/CSU, FDP, DP/DPB, Umdruck Nr. 612 Ziffer 8. Wird das Wort dazu gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Besprechung. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag auf Umdruck Nr. 612 Ziffer 8 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit. Diese Änderung ist angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die § 18 in der geänderten Form zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe.
— Das ist mit Mehrheit angenommen worden.
Ich rufe auf § 19. Es liegt der Änderungsantrag Umdruck Nr. 617 Ziffer 17 vor. — Zur Begründung, bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion beantragt, den ersten Satz des § 19 zu streichen. Der Satz „Die Wahl des Betriebsrats darf von niemand behindert werden" sieht zwar sehr harmlos aus, aber meine Freunde sind hier außerordentlich mißtrauisch.
Sie befürchten Auslegungsschwierigkeiten und gehen dabei von- ganz bestimmten Erfahrungen aus. Nach unserer Auffassung genügt es vollständig, wenn der Abs. 2 in der von uns beantragten Weise geändert wird und lautet: „Kein Arbeitnehmer darf in der Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts beschränkt werden." Die Bildung von Betriebsräten ist eine freiwillige Angelegenheit der Belegschaften. Die Arbeitnehmer sind selbstverständlich sehr an der Schaffung von Betriebsräten interessiert und werden auch darauf drängen, daß der Betriebsrat überall und zur rechten Zeit gebildet wird. Gegen eine Behinderung der Bildung von Betriebsräten durch die Unternehmer bestehen im Gesetz genügend Sicherungen. Wir betrachten deshalb den ersten Satz als überflüssig und bitten Sie, unserem Antrag die Zustimmung zu geben.
Sollte nicht gleichzeitig der Antrag zu Satz 2 begründet werden?
- Ist damit erfolgt? — Offenbar! Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag Umdruck Nr. 617 Ziffer 17, der soeben begründet worden ist. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das zweite war die Mehrheit; dieser Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über § 19 — —
— Zur Abstimmung Herr Abgeordneter Richter!
Ich bitte, die Abstimmung absatzweise vorzunehmen, und über Abs. 1 Satz 1 gesondert abzustimmen.
Also sogar absatzweise und satzweise.
- Meine Damen und Herren, eine Debatte würde nur länger aufhalten!
Ich komme zur Abstimmung über Satz 1 des Abs. 1 des § 19. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Satz zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit; dieser Satz ist angenommen.
Ich komme zur Abstimmung über den folgenden Satz des Abs. 1. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben.
— Das ist die Mehrheit; ist angenommen.
Ich komme zur Abstimmung über Abs. 2. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; ist angenommen.
Ich komme zur Abstimmung über Abs. 3. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. -- Das ist die Mehrheit; ist angenommen. Damit ist der gesamte § 19 angenommen.
Ich rufe § 20 auf, Änderungsanträge Umdruck Nr. 617 Ziffern 18, 19 und 20. Zur Begründung Herr Abgeordneter Keuning, bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn der § 20 Abs. 1 in der vorliegenden Form verabschiedet wird, dann werden wir in den sogenannten Saisonbetrieben, in den Betrieben, in denen bei bestimmtem Arbeitsanfall ein viel größerer Arbeitnehmerbestand als in normalen Zeiten ist, zwei nebeneinanderstehende, für sich selbständige Betriebsvertretungen haben. Aus dem Grunde beantragen wir in Ziffer 18, daß nach dem ersten Satz, in dem über die Vergrößerung in diesen Saisonbetrieben und davon gesprochen wird, daß die größere Belegschaft dann das Recht haben soll, sich Vertreter zu wählen, die Sätze eingefügt werden, daß diese Vertreter dem Betriebsrat beitreten und, wenn kein Betriebsrat vorhanden ist, sie die Stellung eines Betriebsrats haben.
Wir möchten vermeiden, daß hier zwei selbständig nebeneinanderstehende Einrichtungen eventuell auch noch gegeneinander arbeiten. Es ist doch in den Saisonbetrieben so, daß die zusätzlich eingestellten Belegschaftsmitglieder die Arbeiten -am gleichen Platz und unter gleichen Arbeitsbedingungen mit den anderen durchführen, so daß nach unserer Meinung der Weg zu einer gemeinsamen Vertretung geöffnet werden sollte.
Wenn Sie Bedenken haben, daß hier ein erweiterter Kündigungsschutz eintreten soll, so hört er ja bei denen, die für Saisonarbeiten eingestellt sind, mit Ablauf der Saisonarbeit automatisch auf, so daß dieser Antrag nur für den eigentlichen Saisoneinsatz Gültigkeit hat.
Ferner haben wir beantragt, nach der Zahl „14" die Zahl „16" einzusetzen, und zwar sind das die Paragraphen, die bei Abs. 1 des § 20 von Bedeu-
tung sind. In dem § 16 kommt zum Ausdruck, daß, wenn in solch einem Saisonbetrieb kein Betriebsrat bestand, die neu hinzuströmenden Belegschaftsmitglieder das Recht haben, wie Belegschaftsmitglieder in einem ordentlichen Betrieb zu beantragen, daß ein Wahlvorstand gewählt wird und eine Betriebsversammlung stattfindet. Wenn eine Betriebsversammlung nicht stattfindet, dann soll auf Antrag eines einzelnen Wahlberechtigten oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft das Arbeitsgericht einen Wahlvorstand einsetzen.
Ich sagte schon zu Anfang, wir möchten nicht, daß diese beiden Einrichtungen nebeneinanderstehen und gegeneinander arbeiten, und wir hoffen, daß Sie unserem Antrag zustimmen werden.
Das ist Ziffer 18, Herr Abgeordneter. Wie ist es mit den Ziffern 19 und 20? Können die nicht gleich mitbegründet werden?
— Wir sind bei § 20. Sie schlagen also vor, zunächst § 20 Abs. 1 zu erledigen. — Wird dazu das Wort gewünscht? - Zunächst Herr Abgeordneter Harig, bitte!
Mein Kollege Keuning hat schon recht, wenn er sagt, daß es kein Zustand ist, daß man zwei Betriebsvertretungen nebeneinander bestehen lassen soll. Es wird anscheinend hier nach dem Grundsatz gehandelt: Mach es so kompliziert wie eben möglich, dann kommen manche nicht zurecht. Das, was die sozialdemokratische Fraktion dazu an Änderungsvorschlägen vorgelegt hat, sollte unterstützt werden.
In Abs. 2 wird eine Frage behandelt, die sehr interessiert, und zwar aus dem Grunde, weil diese Gruppe von Arbeitnehmern bei der Behandlung der §§ 6 und 7 zu kurz gekommen ist, weil man den jugendlichen Arbeitern bei der Behandlung dieser beiden §§ G und 7 die Rechte nicht gegeben hat, die ihnen längst zustehen. Deshalb habe ich einen Änderungsantrag formuliert, den ich gleich dem Präsidenten überreichen werde.
Aber auch zu dem Abs. 3 muß etwas gesagt werden. Wir sind der Meinung, daß hier die Regierungskoalition den Gewerkschaftsvertretern eine Konzession gemacht hat oder eine machen wollte oder eine Brücke bauen wollte. Wir sind nicht der Meinung, daß man auf diesem Wege den Arbeitern ihre Rechte nehmen soll. Wir werden dafür stimmen, daß dieser Absatz des § 20 gestrichen wird.
Ich stelle also zu § 20 folgenden Änderungsantrag, am Schluß des Abs. 2 einen Satz hinzuzufügen:
Die Jugendvertreter nehmen stimmberechtigt an den Sitzungen des Betriebsrats teil.
Der Abs. 3 dieses Paragraphen ist zu streichen.
Meine Damen und Herren, wir hatten uns dahin verständigt, daß wir zunächst über. Abs. 1 abstimmen wollten. Dazu liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Besprechung zu Abs. 1.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag unter Ziffer 17 des Umdrucks Nr. 617 zu § 19 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich rufe auf Abs. 2 und Abs. 3. Wer wünscht das Wort? — Herr Abgeordneter Keuning, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe eben nicht zu Abs. 2 gesprochen, weil in diesem § 20 zum Ausdruck kommt, mit welcher Hast am Ende das Ganze noch verabschiedet wurde. Wenn man sich nochmals in Ruhe zusammengesetzt hätte, hätte man sicher einen anderen Platz gefunden, an dem der Jugend klar herausgestellt das zugesprochen worden wäre, was ihr hier in einem Unterabsatz eines Paragraphen, der sich mit Saisonarbeit beschäftigt, zugebilligt worden ist.
Zur Sache selbst möchte ich sagen: Wir erwarten — Sie haben ja den Änderungsantrag meiner Fraktion vorliegen —, daß der Jugend mindestens das gegeben wird, was man der Belegschaft zu geben bereit ist. So ist in § 9 festgelegt, daß bei 5 bis 20 Arbeitnehmern der Betriebsrat aus einer Person bestehen soll, bei bis zu 50 Arbeitnehmern aus drei Mitgliedern, bis 150 Arbeitnehmern aus fünf Mitgliedern, über 150 bis 300 Arbeitnehmern aus sieben Mitgliedern. In § 20 stellen wir aber fest, daß man bei der Jugend auf einmal so viel Können voraussetzt, daß bis zu 50 Jugendlichen ein einziger Jugendvertreter alles bearbeiten soll.
In dieser Zahl kommt, glaube ich, schon zum Ausdruck, daß man diese Sache nicht genügend durchgearbeitet hat. Wenn wir für die erwachsene Belegschaft sagen, daß für 20 Arbeitnehmer ein Vertreter gewählt werden soll, dann sollte man das dem Jungen, der ja erst in diese Funktion hineinwächst, mindestens zusprechen. Wenn ich in der Begründung, die Herr Kollege Sabel uns hier vorgelegt hat, lese, daß der Jugend Gelegenheit gegeben werden soll, die Praxis demokratischer Vorgänge zu üben, was sehr lobenswert ist, dann stelle ich aber gleich zu Anfang fest, daß man doch speziell für die Jugendlichen einige Steine in den Weg legt, die viel größer sind als die Steine auf dem Weg für die erwachsene Belegschaft.
Meine Damen und Herren, ich bin der Ansicht, daß hier auch aus Ihren Reihen eine Zustimmung kommen könnte; auch von denen, die sich um den Kollegen Mensing herumgruppieren. Denn es geht nicht mehr darum, noch irgendwelche Kleinbetriebe hereinzuziehen — die untere Zahl liegt bereits bei fünf fest —; diese Bestimmung kommt also im wesentlichen für Betriebe mit viel Jugendlichen in Frage, so daß hier kaum eine Hemmung zu bestehen brauchte.
Wir beantragen, daß in Betrieben mit mehr als 100 Jugendlichen jede weiteren 100 noch einen Vertreter bekommen sollen. Wir denken hier an die Großbetriebe. Betriebe der Großindustrie haben 300, 400 oder 500 Jugendliche beschäftigt, die noch nicht 17 Jahre alt sind; und es wäre sicher nicht mehr als recht und billig, wenn man dann diesem großen Kreis von Jugendlichen auch mehr Vertreter zubilligen würde.
in Ziffer 19 Satz 2 unseres Umdrucks Nr. 617 haben wir beantragt, im letzten Satz von § 20 Abs. 2 die Zahl „21" durch „24" zu ersetzen. Hier möchte ich an einige Auseinandersetzungen im Ausschuß erinnern. Im Ausschuß war man vorüber-
gehend bereit, Jugendvertreter bis zum 30. Lebensjahr anzuerkennen. Nachher kam aber dann
die Meinung zum Durchbruch, daß man nun nicht
den ewig Jugendbewegten irgendwie gesetzlich
verankern wollte. Meine Damen und Herren, ich
möchte auch hier aus der Praxis sprechen.
In meinem Wahlkreis, einem Wahlkreis im
Herzen des Ruhrgebiets, habe ich mich
genau danach erkundigt, in welchem Alter
die Jugendvertreter sind. Ich habe die Zahlen
auch in einer Ausschuß-Debatte damals schon genannt. Ich stelle fest, daß etwa die Hälfte aller
Jugendvertreter zwischen 21 und 23 Jahre alt ist.
- Ich gehe ja nur von der Gesamtzahl aus, Herr Kollege Pelster! Das ist eine ganz nüchterne Feststellung gewesen. Über 25 Jahre sind es vielleicht noch um 10 %, also eine verhältnismäßig geringe Zahl. Das andere ist eben unter 21 Jahren. Wenn wir es aber heute so verabschieden würden, wie es die Vorlage vorsieht, dann wäre praktisch morgen mit der Verkündung dieses Gesetzes die Jugend ihrer fähigsten Funktionäre beraubt,
weil von heute auf morgen nicht sofort ein Nachwuchs sichergestellt ist. Kollege Pelster, ich möchte doch sehr bitten, das einmal zu sehen. Es geht hier nicht um große, grundsätzliche Angelegenheiten, bei denen nun wirtschaftliche Vor- oder Nachteile zu erwägen wären, sondern man sollte einmal die Sache so sehen, wie sie ist, und auch versuchen, die Folgen zu sehen, die durch einen solchen Beschluß heraufbeschworen werden würden. Ich .glaube, daß man das also aus der Praxis heraus durchaus vertreten kann.
Im letzten Satz verlangen wir - und wir erwarten, daß Sie zustimmen — eine beratende Teilnahme von Jugendvertretern bei Betriebsratssitzungen. Es heißt dort: „In Betrieben mit einem Jugendvertreter nimmt dieser, in Betrieben mit mehreren Jugendvertretern nehmen mindestens zwei derselben an den Sitzungen des Betriebsrats mit beratender Stimme teil." Auch hier ist zu sagen, daß die kleineren Unternehmer und Gewerbetreibenden keine Bedenken zu haben brauchen, dieser Regelung zuzustimmen, weil ja eben erst von einer bestimmten Zahl Jugendlicher an mehrere Jugendvertreter vorhanden sind. Wir erleben heute an sehr vielen Stellen des öffentlichen Lebens, daß man junge Menschen einlädt, an irgendwelchen Sitzungen teilzunehmen, um ihnen einen Einblick in das demokratische Geschehen zu gehen. Wir haben erlebt, daß junge Menschen für einer. Tag Oberbürgermeister waren und daß sie in einigen Verwaltungsstellen schon für einen Tag die Kommandogewalt hatten.
— Na ja, ich sage ja nur, daß man das tut, daß man also gewisse Ansätze dieser Art in unserem öffentlichen demokratischen Leben feststellen kann.
Es handelt sich doch letztlich nur darum, einem solchen jungen Menschen vielleicht einmal in der Woche die Gelegenheit zu geben, an einer Betriebsratssitzung von zwei, drei oder vier Stunden Dauer teilzunehmen.
Meine Damen und Herren! Ich habe Ihnen die Anträge der sozialdemokratischen Fraktion vorgetragen. Es ist mir eben, als ich beantragte, den jungen Menschen mit 17 Jahren das Wahlalter zu
geben, nicht gelungen, diesen Eisblock irgendwie anzuschmelzen, der hier so von der Mitte an bis rechts sitzt.
Ich hoffe aber, daß Sie nun doch nach reiflicher Überlegung finden, daß diesen unseren Anträgen von Ihnen durchaus zugestimmt werden kann, ohne daß Sie nun zu befürchten brauchen, daß damit die Wirtschaftlichkeit oder sonst irgend etwas gefährdet werden; sondern es sind Anträge, die den jungen Menschen die Möglichkeit geben sollen, früh mit unserem demokratischen Getriebe in Kontakt zu kommen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung.
Meine Damen und Herren, ich komme zur Abstimmung über den Antrag, den der Abgeordnete Harig begründet — aber nicht unterschrieben —hat, am Schlusse des Absatz 2 den Satz anzufügen „Die Jugendvertreter nehmen stimmberechtigt an den Sitzungen des Betriebsrats teil", und Abs. 3 zu streichen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über die Anträge zu § 20 Abs. 2 und Abs. 3. Darüber kann gemeinsam abgestimmt werden. Zunächst Ziffer 19 zu Abs. 2 Satz 2, Satz 3 und Satz 4. Ich bitte die Damen und Herren, die diesen Anträgen auf Umdruck Nr. 617 Ziffer 19 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Auch wenn ich die Damen und Herren, die die Hand jetzt nicht ganz erhobenhatten, nicht mitzähle,
ist das letzte die Mehrheit. Diese Ziffer ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Änderungsantrag auf Umdruck Nr. 617 Ziffer 20 zu § 20 Abs. 3. Herr Abgeordneter Wönner, wollen Sie den Antrag erst noch begründen? — Bitte!
Darf ich zwischendurch bekanntgeben, meine Damen und Herren, daß der Vorsitzende des Wahlausschusses mir mitteilt, daß die für 17 Uhr vorgesehene Sitzung der Vertrauensmänner ausfallen muß.
Meine Damen und Herren! Namens meiner Fraktion habe ich die Ehre, Sie zu bitten, in § 20 Abs. 3 die Sätze 2 bis 4 zu streichen, so daß nur der Satz 1 in diesem Abs. 3 stehenbleiben soll. Daß Satz 1 des Abs. 3 von uns gewünscht wird, ist in der Tatsache begründet, daß es tatsächlich eine solche Vielgestaltigkeit des wirtschaftlichen Lebens gibt, die es unbedingt erforderlich macht, gewisse abweichende Regelungen zuzulassen. Diese sollen selbstverständlich von den hier in erster Linie zuständigen Sozialpartnern im Tarifvertragsrecht geregelt werden. Eine Notwendigkeit hierzu besteht insbesondere beim Baugewerbe, aber auch in anderen Gewerbezweigen. Dort ist es bei der Vielgestaltigkeit der Unternehmenslage schlechterdings nicht möglich, die Betriebsratsfragen in die Zwangsjacke dieses Gesetzes zu zwängen, und es muß daher unter allen Um- ständen eine Ausgleichsmöglichkeit geschaffen werden.
Der Berichterstatter, Kollege Sabel, hat in seinem Bericht dazu bemerkt, daß ein solcher Tarifvertrag
jedoch der Zustimmung der obersten Arbeitsbehörde des Landes oder, wenn sich sein räumlicher Geltungsbereich über mehrere Länder erstreckt, der Zustimmung des Bundesministers für Arbeit bedürfe. Er hat weiter bemerkt:
Seitens der Opposition wurden gegen die Beteiligung der Arbeitsbehörde Bedenken geltend gemacht im Hinblick auf die Tarifautonomie.
Diese Tarifautonomie ist es tatsächlich, die einen Einwand als berechtigt erscheinen läßt; denn es ist nicht möglich, das Tarifvertragsgesetz in diesem Punkt abzuändern, weil nach dem Tarifvertragsgesetz alle betriebsverfassungsrechtlichen Fragen nach den Vorstellungen der Sozialpartner geregelt werden können. Im Tarifvertragsgesetz ist die auch im § 20 Abs. 3 des Betriebsrätegesetzes angesprochene Materie einwandfrei und vollständig geregelt; denn dort ist auch der Grundsatz aufgestellt, daß sie durch irgendwelche einengenden Bestimmungen nicht eingeschränkt werden kann. Das Tarifvertragsgesetz unterwirft diese Bestimmungen auch keinerlei Kontrolle oder Genehmigung durch die Arbeitsbehörden. Es regelt den persönlichen Geltungsbereich derartiger Bestimmungen.
Die vorgeschlagene Fassung des § 20 Abs. 3 in ihren Sätzen 2 und 4 steht somit in einem eklatanten Widerspruch zum Tarifvertragsgesetz. Eine Notwendigkeit, die tarifvertraglichen Bestimmungen über die Errichtung von Betriebsvertretungen in den in Abs. 3 Satz 1 bezeichneten Betrieben der Zustimmung durch die Arbeitsbehörden zu unterwerfen, liegt in keinem Falle vor. Wir sehen hier wiederum die gleiche Tendenz, wie ich sie heute schon in meinen Ausführungen zu § 2 zum Ausdruck bringen mußte, nämlich die Tendenz, die selbständige Gestaltungsbefugnis der Sozialpartner, der Gewerkschaften also und der Arbeitgeberverbände, zu beschränken. Dieser Weg führt zu einer weiteren Beschränkung der sozialen Selbstverwaltung, die von Ihnen ebensowenig gewünscht sein kann wie von uns.
Nun ist vom Kollegen Sabel in seinem Bericht weiter zum Ausdruck gebracht worden, daß darüber hinaus geprüft werden müsse, ob die Vertretung der tarifvertragabschließenden Verbände in dem betreffenden Gewerbezweig stark genug sei, um ihnen das Recht einzuräumen, Abweichungen von dem gesetzlich geltenden Betriebsvertragsrecht festzulegen. Auch diese Feststellung steht, wie wir glauben, in einem bedeutsamen Widerspruch zum Tarifvertragsgesetz, da auch nur im Anwendungsfall, im Analogiefall festgestellt werden kann, daß dort gewisse Beschränkungen in der Allgemeinverbindlichkeitserklärung nur insoweit gegeben sind, als der Gewerbezweig, dessen arbeitsrechtliche Materie in einem Tarifvertrag geregelt werden soll, nicht bedeutungsvoll genug ist, um ein allgemeines Interesse begründen zu können. Das ist, aber hier in diesem Fall, soweit es sich um die Gestaltung von betriebsverfassungsrechtlichen Fragen handelt, wiederum nicht gegeben.
Hier liegt wieder ein besonderer Fall der Einschränkung der Befugnisse der Sozialpartner vor. Wir glauben nicht, daß es wirklich Ihr Wunsch sein kann, dies zu tun, um so mehr, als im übrigen ja alle Fragen in diesem Gesetz ausreichend geregelt sind und die davon abweichend zu treffenden Regelungen von den Sozialpartnern sicher in ausreichender Weise gestaltet werden können. Das bedeutet, wenn diese Bestimmungen bleiben sollten, einen Rückschritt, bedeutet eine Beschränkung der Befugnisse der Gewerkschaften, bedeutet ein Zurückweichen hinter die Vorstellungen, die man bisher von tarifvertragrechtlicher Gestaltung hatte. Meine Damen und Herren, das kann Ihrerseits nicht gewollt sein. Ich habe Sie daher namens meiner Fraktion zu bitten, dem hierzu gestellten Antrag, nämlich in § 20 Abs. 3 die Sätze 2 bis 4 zu streichen, damit der tarifvertragrechtliche Zustand in vollem Umfang gewahrt bleibt, zuzustimmen. Angesichts der Bedeutung dieser Frage habe ich namens meiner Fraktion namentliche Abstimmung zu beantragen.
Meine Damen und Herren, Sie haben den Antrag gehört. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung. Über den Antrag der SPD Umdruck Nr. 617 Ziffer 20 zu § 20 Abs. 3 ist namentliche Abstimmung beantragt. Ich darf die Herren Schriftführer bitten, die Stimmkarten einzusammeln.
Ich darf bitten, zur Erleichterung des Einsammelns wieder auf den Plätzen zu bleiben.
Meine Damen und Herren, ich habe den Eindruck, daß das Einsammeln in den Bankreihen im wesentlichen erledigt ist. Später kommende Abgeordnete haben die Möglichkeit, ihre Stimme noch abzugeben. Ich darf vorschlagen, daß die Abstimmung über § 20 zunächst ausgesetzt wird.
Ich rufe auf den Zweiten Abschnitt, des Zweiten Teils des Entwurfs, § 21.
Herr Abgeordneter Agatz!
Meine Damen und Herren! In § 7 wurde heute von der Mehrheit des Hauses beschlossen, daß die Arbeitnehmer, um wählbar zu sein, zwei Jahre einem Betrieb angehören müssen. Hier in § 21 wird nun gefordert, daß die Amtszeit. des Betriebsrats zwei Jahre betragen solle. Ich erblicke in dieser Forderung eine schwere Schädigung der Interessen der Arbeiter, der Angestellten und Beamten, die ihre Betriebsräte wählen, damit diese ihre Interessen vertreten. Es war bisher eine bewährte Praxis, daß die Betriebsräte jedes Jahr gewählt wurden. Die Arbeiter, Angestellten und Beamten hatten somit die Gelegenheit, ihre Betriebsräte auf ihre Tätigkeit hin zu kontrollieren und dafür zu sorgen, daß immer solche Betriebsräte da waren, die sich konsequent für ihre Interessen einsetzten. Wir wissen genau, in welch großer Gefahr gerade Betriebsräte sind, von den Unternehmern von ihren Aufgaben abgezogen zu werden. Wir wissen z. B., daß auch die moralische Aufrüstung sich sehr energisch bemüht, die Betriebsräte zu zahmen Schafen zu machen, die es nicht mehr wagen,
sich für ihre Belegschaften einzusetzen. Wir wissen genau, wie das geht.
Wir sind deshalb der Meinung, daß der § 21 dahingehend geändert werden sollte, daß die Amtszeit des Betriebsrates ein Jahr betragen muß. Wir meinen, daß damit den Interessen der Arbeiter, der Angestellten und der Beamten am besten gedient ist. Ich stelle daher diesen Antrag.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung zu § 21.
Herr Abgeordneter Harig zu § 22.
In § 22 ist festgelegt, in welchen Fällen der Betriebsrat neu zu wählen ist. Dabei ist unter d) vorgesehen, daß der Betriebsrat dann neu zu wählen ist, wenn er durch das Arbeitsgericht aufgelöst ist. In den Paragraphen, die bisher zur Abstimmung gekommen sind, ist noch nicht darüber entschieden, ob das Arbeitsgericht einen Betriebsrat, wenn auch auf Antrag, absetzen kann. Das müßte noch kommen.
Weil wir aber nicht wollen, daß ein Betriebsrat — wenn auch auf Antrag — vom Arbeitsgericht abgesetzt werden kann, beantragen wir die Streichung der Bestimmung des Buchstaben d).
Es gibt aber eine ganze Reihe von Fällen, in denen es notwendig wäre, daß ein Betriebsrat neu gewählt wird. Das gilt dann, wenn die Belegschaft mit dem Betriebsrat nicht einverstanden ist. Ich beantrage daher, daß an die bisherige Bestimmung des Buchstaben d) folgende Bestimmung gesetzt wird:
die Belegschaft ihm mit Mehrheit das Mißtrauen ausspricht.
Ich erlaube mir, den Antrag vorzulegen.
Meine Damen und Herren, ich frage zunächst: Ist noch ein Abgeordneter vorhanden, der zur namentlichen Abstimmung zu § 20 Abs. 3 seine Stimme abzugeben wünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich schließe diese namentliche Abstimmung.
Zu § 22 wird nicht weiter das Wort gewünscht. Ich schließe die Besprechung.
Zu § 21 liegt der Antrag des Abgeordneten Agatz vor, „zwei Jahre" durch „ein Jahr" zu ersetzen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Dieser Antrag ist gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Zu § 22 liegt der Antrag vor, den Herr Abgeordneter Harig eben vorgetragen hat. Ich brauche ihn nicht noch einmal zu verlesen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Dieser Antrag ist gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Ich lasse abstimmen über § 21 und § 22, nachdem die Änderungsanträge abgelehnt sind. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit. Die beiden Paragraphen sind angenommen.
Ich rufe § 23 auf. Dazu liegt der Änderungsantrag der Fraktion der SPD Umdruck Nr. 617 Ziffer 21 vor.
Bitte, Herr Abgeordneter Ludwig.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn wir beantragen, in § 23 die Worte „grober Vernachlässigung seiner gesetzlichen Befugnisse oder" zu streichen, so geschieht es nur deshalb, weil wir Mißdeutung und Mißbrauch befürchten. Nach unserer Auffassung genügt es vollständig, wenn in der Bestimmung steht: „grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten". Das ist nach unserer Auffassung eine klare und ausreichende Formulierung.
Unser Mißtrauen stützt sich auch hier auf reiche Erfahrungen, über die bei unseren Besprechungen
von einzelnen aus ihrer Praxis berichtet wurde. Man kann nun einmal gewisse Begriffe sehr verschieden auslegen, weil sie vieldeutig sein können. Gewiß, es gibt Unternehmer, mit denen schließlich loyal verhandelt werden kann und bei denen derartige Schikanen, wie wir sie hier voraussehen, nicht zu befürchten sind. Es gibt auch Richter, bei denen nichts zu befürchten ist. Leider gibt es aber auch andere, und ich unterstelle, daß das sogar die Minderheit ist. Trotzdem müssen wir diejenigen, die davon betroffen werden könnten, entsprechend schützen. Das gilt auch für die Gerichte, selbst wenn wir unterstellen, daß in der Mehrheit der Fälle ordentliche und objektive Entscheidungen gefällt werden. Wir haben eben leider auch das Gegenteil erleben müssen. Deshalb möchten wir möglichst klare Verhältnisse schaffen. Wenn man ein neues Gesetz schafft, dann soll man die Möglichkeit zu Mißdeutungen und zu Schikanen von vornherein ausschalten. Ich bitte Sie deshalb, unserem Antrag zuzustimmen.
Darf ich einen Augenblick unterbrechen, meine Damen und Herren, und eben zu § 20 zurückkehren. Das vorläufige Ergebnis*) der namentlichen Abstimmung zu Abs. 3 ist folgendes: mit Ja, für den SPD-Antrag, haben gestimmt 140, mit Nein 208. Von den Berliner Abgeordneten haben 6 mit Ja und 6 mit Nein gestimmt. Der Antrag auf Streichung der letzten Sätze des Abs. 3 ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über § 20 in der Ausschußfassung. Ich bitte die Damen und Herren, die dieser Ausschußfassung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit; der § 20 ist angenommen.
Zu § 23 wünscht Herr Abgeordneter Paul das Wort. Bitte!
Meine Damen und Herren! Die Betriebsvertretung ist ein demokratisches Recht der Belegschaften. Wir sind der Meinung, daß das Verhältnis der Belegschaften zu den Betriebsräten nicht zu einer Angelegenheit des Arbeitsgerichts gemacht werden darf.
Wenn sich ein Betriebsrat Verfehlungen gegenüber der Wahrnehmung der Interessen der Arbeiter und Angestellten zuschulden kommen läßt, so ist es eine Angelegenheit dieser Arbeiter und Angestellten selbst, den Betriebsrat zur Ordnung zu rufen, bestimmte Betriebsratsmitglieder durch Mißtrauensaussprechung zum Rücktritt zu zwingen oder die Auflösung des ganzen Betriebsrats herbeizuführen, um so den Weg frei zu machen für die Neuwahl von Kolleginnen und Kollegen, die ihr Vertrauen besitzen.
Durch den § 23 öffnet man aber der Willkür Tür und Tor. Es wird dort gesagt, daß auch der Arbeitgeber das Recht haben soll, bei dem Arbeitsgericht den Ausschluß eines oder mehrerer Betriebsratsmitglieder oder sogar die Auflösung des Gesamtbetriebsrats zu beantragen. Ich kann mir folgende Situation vorstellen. Es gibt im Betriebsrat einige Kollegen der Gewerkschaften, die mit dem Unternehmer wegen der Arbeitsbedingungen in den Formereien oder in den Stahl-
*) Vergl. das endgültige Ergebnis Seite 10043, 6. Abstimmung,
diese Befugnisse einem sehr fragwürdigen Arbeitsgericht übertragen. Wir beantragen daher, daß dieser Paragraph gestrichen wird.
— Wissen Sie, was Demokratie ist? Wenn die Mehrheit der Belegschaft entscheidet, das ist Demokratie, nicht aber, wenn einige von Ihnen beeinflußte Arbeitsrichter gegen die Betriebsräte entscheiden!
Sie wollen keine Demokratie, Sie wollen die Entrechtung der Arbeiter, Sie wollen die Betriebsräte zu Handlangern für Ihre Politik, d. h. für die Wirtschafts- und Kriegspolitik dieser Adenauer-Regierung machen. Das wollen Sie!
— Sie können ja gar nicht darüber reden, was es für Rechte der Arbeiter in der Deutschen Demokratischen Republik gibt!
Sie erhalten Ihre Informationen in Wirklichkeit doch vom Petersberg und von Herrn McCloy!
Wir werden uns im Verlauf der Debatte über die
Rechte, die die Arbeiter und Gewerkschaften in
der Deutschen Demokratischen Republik in Wirtschaft und Gesellschaft haben, noch unterhalten.
Hier steht aber der § 23 zur Diskussion, und zwar die Frage, daß man mit Hilfe eines solchen Paragraphen in Zukunft alle konsequenten und fortschrittlichen Arbeiter aus dem Betriebsrat und nach Möglichkeit sogar 'aus ihrem Beschäftigungsverhältnis herausbringen will. Der Kollege von der sozialdemokratischen Fraktion hat auf diese Gefahr schon hingewiesen. Aber, werter Herr Kollege, mit der Streichung eines Halbsatzes begegnen Sie dieser Gefahr nicht. Das ist inkonsequent. Deshalb möchte ich die sozialdemokratischen Kollegen und Gewerkschaftler bitten, unserem Antrag zuzustimmen, der besagt, der Bundestag möge beschließen, den § 23 vollständig zu streichen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache zu § 23 ist geschlossen.
Es liegt also zunächst vor der weitestgehende Änderungsantrag, den Herr Abgeordneter ' Paul eben begründet hat, den § 23 zu streichen. Ich bitte diejenigen, die dieser Streichung zustimmen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Wir kommen dann zur Abstimmung über den Antrag der SPD Umdruck Nr. 617 Ziffer 21. Ich bitte diejenigen, die diesem Änderungsantrag zustimmen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Die Abstimmung ist zweifelhaft. Darf ich bitten, die Abstimmung zu wiederholen. Ich bitte also diejenigen, die dem Änderungsantrag der SPD zustimmen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Ja, meine Damen und Herren, innerhalb des Sitzungsvorstandes bestehen Zweifel. Dann müssen wir durch Hammelsprung auszählen. Ich bitte die Herren Schriftführer, ihre Plätze an den Türen einzunehmen, und die Mitglieder des Hauses, den Saal so schnell wie möglich zu räumen.
Ich bitte doch, die Räumung des Saales zu beschleunigen. Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen.
Ich bitte, die Abstimmung zu beschleunigen. In einer Minute werden die Türen geschlossen und die Abstimmung beendet.
Die Abstimmung ist beendet. Ich bitte, die Türen zu schließen. —
Meine Damen und Herren, das Ergebnis der Abstimmung: mit Ja haben gestimmt 136, mit Nein 193, enthalten 1. Damit ist der Änderungsantrag Umdruck Nr. 617 Ziffer 21 abgelehnt.
Ich bitte nunmehr diejenigen, die dem § 23 in der Fassung der Beschlüsse des Ausschusses zustimmen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit. § 23 ist angenommen.
Ich rufe nun auf § 24. Dazu ein Änderungsantrag der SPD Umdruck Nr. 617 Ziffer 22. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? — Bitte, Frau Abgeordnete!
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Mit dem von der sozialdemokratischen Fraktion unter Ziffer 22 im Umdruck Nr. 617 vorgeschlagenen Zusatz zum § 24 des vorliegenden Gesetzentwurfs soll lediglich für jene Fälle eine 'Ergänzung geschaffen werden, in denen ein Betriebsratsmitglied irrtümlich gewählt worden war, in der Zwischenzeit aber die Wählbarkeit erlangt hat. Die von uns vorgeschlagene Ergänzung, die übrigens der Vorschrift des § 21 Abs. 1 der Wahlordnung zum Betriebsrätegesetz vom Jahre 1920 entspricht, halten wir sowohl im Interesse der Erhaltung des Betriebsfriedens als auch im Interesse der Rechtssicherheit für unbedingt notwendig und zweckmäßig.
Im § 24 des vorliegenden Gesetzentwurfs sind die Tatbestände aufgeführt, bei deren Vorliegen die Mitgliedschaft im Betriebsrat erlischt. Das ist richtig und wird auch von uns bejaht. Es wäre aber unbillig und auch höchst überflüssig, einem Betriebsratsmitglied das Mandat absprechen zu wollen, weil ihm z. B. im Zeitpunkt der Wahl einige Tage an der vorgeschriebenen Betriebszugehörigkeit gefehlt haben, dieser Mangel aber im Zeitpunkt der Beanstandung bereits behoben ist, weil die erforderliche Betriebszugehörigkeit inzwischen erreicht worden ist. Bedenken Sie, bitte, dabei die Möglichkeit — und das kann durchaus der Fall sein —, daß ein solcher Mangel, der am Tage der Wahl bestanden hat und durch irgendeinen Zufall vom Wahlvorstand übersehen wurde, erst nach Monaten entdeckt würde, obwohl in dieser Zeit das betreffende Betriebsratsmitglied — in den meisten Fällen kann man das wenigstens annehmen — zur Zufriedenheit der Belegschaft amtiert hat, dann würde es doch von niemandem verstanden werden, wenn in einem solchen Falle nach einer längeren Zeit noch eine nachträgliche Korrektur vorgenommen werden sollte. Für eine solche unzweckmäßige Mandatsentziehung würde keine Belegschaft Verständnis haben.
Um diese unnötigen Schwierigkeiten zu vermeiden, beantragt deshalb die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei, dem § 24 den vorgeschlagenen Zusatz anzufügen, so daß dieser Paragraph nunmehr lauten würde:
Die Mitgliedschaft im Betriebsrat erlischt durch Ablauf der Wahlzeit, Amtsniederlegung, Beendigung des Arbeitsverhältnisses, Verlust der Wählbarkeit und Entscheidung des Arbeitsgerichts, oder wenn nach Ablauf der in § 18 bezeichneten Frist festgestellt wird, daß das Mitglied nicht wählbar war und die Wählbarkeit inzwischen auch nicht erlangt hat.
Ich bitte Sie, meine Herren und Damen, diesem berechtigten Änderungsantrag der Sozialdemokratischen Partei Ihre Zustimmung zu geben.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Dann ist die Aussprache geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Änderungsantrag Umdruck Nr. 617 Ziffer 22 zustimmen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das zweite war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich bitte diejenigen, die dem § 24 in der Fassung der Ausschußvorlage zustimmen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit; angenommen.
— Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe nun § 25 auf. Hierzu liegt ein Änderungsantrag Umdruck Nr. 617 Ziffer 23 vor. Das Wort zur Begründung hat Herr Abgeordneter Wönner.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren! Namens meiner Fraktion habe ich die Ehre, zu § 25 Abs. 2 die in Umdruck Nr. 617 abgedruckte Neufassung zur Annahme zu empfehlen, die folgenden Wortlaut hat:
Die Ersatzmitglieder rücken in der Reihenfolge der auf sie entfallenden Stimmenzahlen unter Beachtung der §§ 10 und 13 nach.
Mit dieser Fassung ist erneut die Frage des Mehrheits- oder Verhältniswahlrechtes aufgeworfen. Wir glauben, daß es notwendig ist, noch einmal so eingehend wie möglich zu diesem Thema Stellung zu nehmen,
insbesondere deshalb, weil auch der Deutsche Gewerkschaftsbund zu § 13 schon grundsätzlich die Forderung nach der Mehrheitswahl erhoben hat, da sie ihm und uns am besten geeignet erscheint, der richtigen Personenauslese zu dienen. Es ist zu diesem Thema heute schon mit aller Nachdrücklichkeit darauf hingewiesen worden, daß die überkommenen Vorstellungen bezüglich des Verhältnisses zwischen Angestellten und Arbeitern nicht mehr aufrechterhalten werden können und auch nicht mehr aufrechterhalten werden sollen. Es ist Ihr und unser Wunsch, die Betriebsbelegschaften zu einer echten Betriebsgemeinschaft zusammenwachsen zu lassen. Angestellte und Arbeiter sollen in Einheit einerseits und in vernünftiger Zusammenarbeit mit den Betriebsinhabern andererseits das Werk vollenden, das zu schaffen wir uns gemeinsam vorgenommen haben.
Ich habe persönlich zu diesem Punkt auch eine Reihe von Erfahrungen festzustellen, die zum Teil heute schon angesprochen worden sind, die aber noch dadurch ergänzt werden dürften, daß es nicht nur im Bergbau so ist, wie heute hier dargestellt wurde, sondern daß es auch in einer Reihe von anderen Industrien — ich nehme insbesondere Bezug auf die Metallindustrie — in weiten Teilen gelungen ist, das Verständnis der Arbeiterschaft in den Betrieben für die Angestelltenbelange weitgehendst zu wecken und auch das Interesse der Angestellten für die Arbeiterbelange in der Gemeinsamkeit wachzurufen. Das ist ein Umstand, der auch Sie veranlassen sollte, dieses Gesetz entsprechend zu gestalten; denn es ist nicht möglich, auf die Dauer zu verhindern, daß diesen Vorstellungen, die draußen in den Betrieben lebendig geworden sind und nicht mehr zum Schweigen gebracht werden können, auch im Gesetz entsprechender Ausdruck verliehen wird.
Wir haben bei unserem Änderungsantrag ausdrücklich auf die grundsätzlichen Forderungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes Bezug genommen. Wir haben das mit guten Gründen getan, weil wir eben von der Listenwahl abgehen möchten, um einer entsprechenden Personenwahl Raum zu geben. Dies ist insbesondere auch im Hinblick gerade auf die Durchführung dieses Gesetzes von sehr weitreichender Bedeutung; denn wir wissen sehr wohl, daß es im Angestelltenbereich eine Fülle von außerordentlich fähigen Leuten gibt, die auch von den Arbeitern gewählt werden wollen und gewählt werden und die gemeinsam mit den Arbeitern die Betriebsgeschicke zu gestalten sich bemühen werden. Ich glaube, daß es unzweckmäßig wäre, sich diesen Vorstellungen auf die Dauer versperren oder verschließen zu wollen; denn auf der Betriebsebene werden die Dinge sehr wahrscheinlich doch, wenn auch heute noch nicht allgemein, aber in kürzerer oder 'längerer Zeit durch die gemachten Betriebserfahrungen nach den auch im Gesetz bereits vorliegenden Möglichkeiten gestaltet werden. Denn mehr und mehr werden auch die mehr oder minder standespolitisch begründeten Vorstellungen eines Teils der Angestellten irgendwie in den Hin-
tergrund gedrängt werden. Sie werden mehr und mehr erkennen, daß ihr Interesse gemeinsam mit den Arbeitern am besten wahrgenommen werden kann.
Das, meine Damen und Herren, ist auch bei diesem Paragraphen die Vorstellung, die uns bewogen hat, den Änderungsantrag in der vorgelegten Fassung einzubringen, und ich habe den Auftrag und die Ehre, Sie zu bitten, der von uns beantragten Änderung Ihre Zustimmung nicht zu versagen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Änderungsantrag Ziffer 23 des Umdrucks Nr. 617 zuzustimmen wünschen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das zweite war die Mehrheit.
— Meine Damen und Herren, das Ergebnis der Abstimmung ist wieder zweifelhaft. Ich muß noch einmal durch Hammelsprung abstimmen lassen. Ich bitte, den Saal so schnell wie möglich zu räumen.
Darf ich bitten, den Saal zu räumen, meine Damen und Herren. Ich sehe, daß noch immer einige Abgeordnete auf ihren Plätzen sitzen und lesen.
— Soweit es sich um Berliner Herren handelt, ist das nicht tragisch.
Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen.
Ich bitte, die Auszählung zu beschleunigen. In zwei Minuten lasse ich die Türen schließen.
Ich bitte, die Türen zu schließen. Die Auszählung ist beendet.
Das Ergebnis der Auszählung: Mit Ja haben 131 gestimmt, mit Nein 177, Enthaltungen 1.
Meine Damen und Herren, ich bitte doch, durch die Besetzung des Hauses dafür zu sorgen, daß Zweifel an der Abstimmung nicht immer wieder aufkommen und diese Auszählungen vermieden werden können.
Nach dem Ergebnis der Abstimmung ist der Änderungsantrag Nr. 617 Ziffer 23 abgelehnt.
Ich bitte diejenigen, die dem § 25 in der Fas-. sung der Ausschußbeschlüsse zustimmen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe § 26 auf. Hierzu liegt der Änderungsantrag der SPD Umdruck Nr. 617 Ziffer 24 vor. Zur Begründung hat Herr Abgeordneter Keuning das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem Antrag Umdruck Nr. 617 Ziffer 24 nimmt die sozialdemokratische Fraktion einen Vorschlag des Deutschen Gewerkschaftsbundes auf. Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat einige Bedenken, der Jugendbetriebsvertretung eine zweijährige Amtszeit zu gewähren; und zwar einmal darum, weil durch die Erreichung des Wählbarkeitsalters der junge Mensch in den Konflikt kommt, Jugendvertreter zu sein oder eventuell schon zum Betriebsrat kandidieren zu können; zum anderen aber auch deshalb, weil erfahrungsgemäß bei Lehrzeitende ein stärkerer Arbeitsplatzwechsel zu verzeichnen ist, wobei dann aber die zweijährige Amtszeit eine starke Bindung für den jungen Menschen sein kann.
Satz 2 unseres Änderungsantrages enthält sinngemäß das, was in der Vorlage enthalten ist.
Der Satz 3 sieht nun vor, daß der Jugendliche zu Ende amtieren kann, auch wenn er in der Amtszeit das Höchstalter erreicht hat, das Alter, das wir mit 24 begrenzt sehen wollten, und das Sie eben durch Ihren Beschluß auf 21 festsetzten. Es ist hier die Gefahr, daß von arbeitsgerichtlicher Seite oder vom Unternehmer plötzlich festgestellt wird, daß dieser junge Mensch nicht mehr berechtigt ist, in der Jugendbetriebsvertretung zu sein, weil er das im Gesetz zulässige Höchstalter bereits überschritten hat. Ich glaube, daß der von uns beantragte letzte Satz zu einer notwendigen Klarstellung führt. Ich beantrage deshalb getrennte Abstimmung, das heißt eine besondere Abstimmung über den letzten Satz, und ich erwarte, daß Sie Ihre Zustimmung geben.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Es ist gewünscht, zu dem Änderungsantrag getrennt abzustimmen, und zwar über den letzten Satz — ich nehme an, daß es der Satz ist, der mit „Ein Jugendvertreter" beginnt —
getrennt abzustimmen. Wir stimmen also zunächst über die ersten beiden Sätze dieses Änderungsantrages ab. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letztere ist die Mehrheit; abgelehnt.
Wir stimmen nun ab über den letzten Satz des Abänderungsantrages auf Umdruck Nr. 617 Ziffer 24. Ich bitte diejenigen, die diesem letzten Satz zustimmen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe.
Enthaltungen? — Das zweite war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich bitte nun diejenigen, die dem § 26 in der Fassung der Ausschußbeschlüsse zustimmen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. —Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe nun auf § 27. Dazu liegt ein Änderungsantrag der SPD auf Umdruck Nr. 617 Ziffer 25 vor. Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Böhm.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu § 27 habe ich im Auftrag meiner Fraktion gemäß Umdruck Nr. 617 Ziffer 25 den Antrag zu stellen, in Abs. 1 das Wort „dessen" durch das Wort „seine" und das Wort „beider" durch das Wort „mehrerer" zu ersetzen. In Abs. 2 soll das Wort „sein" in der zweiten Zeile durch das Wort „seine" ersetzt werden; es soll also heißen: „seine Stellvertreter". Ich beziehe mich hierbei auf die Begründung, die ich bereits zu § 12 des vorliegenden Gesetzes gegeben habe. Wir setzen voraus, daß es sich bei der Wahl der Geschäftsführung des Betriebsrats, d. h. beim Vorsitzenden und bei den
Stellvertretern, nicht immer um eine Gruppe oder zwei Gruppen handeln muß, sondern auch um mehrere Gruppen handeln kann. Ich bitte Sie daher, dem von uns gestellten Antrag die Zustimmung zu geben.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Harig.
Meine Damen und Herren! Zu diesem Paragraphen stelle ich folgenden Änderungsantrag:
Abs. 1 Satz 2 wird gestrichen. Abs. 2 erhält folgende Neufassung:
Der Vorsitzende des Betriebsrats und sein Stellvertreter vertreten den Betriebsrat im Rahmen der von ihm gefaßten Beschlüsse. Alle Abmachungen mit dem Unternehmer bedürfen der Zustimmung des gesamten Betriebsrats.
Zur Begründung nur wenige Worte. Es gibt eine ganze Menge von Betriebsräten, in denen nicht die Besten aus den verschiedenen Gruppen zum Betriebsratsvorsitzenden und zum Stellvertreter gemacht werden, wenn dieses Gesetz Wirklichkeit wird.
Es gibt verschiedene Betriebsräte, die so zusammengesetzt sind, daß entweder in der Arbeitergruppe oder in der Angestelltengruppe wirklich tüchtige Kerle sind und die Belegschaft wünscht, daß beide Vorsitzende des Betriebsrats werden.
Was den zweiten Absatz betrifft, so wünschen wir, daß noch folgender Satz angefügt wird: „Alle Abmachungen mit dem Unternehmer bedürfen der Zustimmung des gesamten Betriebsrats." Wir wollen verhindern, daß es im Betriebsrat selbst Streitigkeiten über die Geschäftsführung des Betriebsrats, d. h. über die Abmachungen mit dem Unternehmer gibt.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über den soeben verlesenen Antrag des Abgeordneten Harig. Ich bitte diejenigen, die diesem Antrag zustimmen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Ich bitte nun um Abstimmung über den Antrag auf Umdruck Nr. 617 Ziffer 25. Ich bitte diejenigen, die diesem Antrag der SPD zustimmen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? — Der Antrag ist abgelehnt.
Ich bitte nunmehr diejenigen, die § 27 in der Fassung der Ausschußbeschlüsse zustimmen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe auf § 28. Dazu liegen keine Änderungsanträge vor. — Das Wort ist auch nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die § 28 in der Fassung der Ausschußbeschlüsse annehmen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe nun auf § 29. Dazu liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck Nr. 617 Ziffer 26 vor. Das Wort zur Begründung hat Herr Abgeordneter Dannebom.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! § 29 behandelt im Rahmen der Geschäftsführung des Betriebsrats die Betriebsratssitzungen und hier im besonderen deren Einberufung. Ich darf im Namen meiner Fraktion beantragen, in Abs. 3 hinter dem Wort „Betriebsrats" die Worte „einer für den Betrieb zuständigen Gewerkschaft" einzufügen, so daß Abs. 3 jetzt folgenden Wortlaut bekommen würde:
Auf Antrag eines Viertels der Mitglieder des Betriebsrats, einer für den Betrieb zuständigen Gewerkschaft oder des Arbeitgebers hat der Vorsitzende eine Sitzung anzuberaumen und den Gegenstand, dessen Beratung beantragt ist, auf die Tagesordnung zu setzen.
Damit, meine Damen und Herren, beantragen wir die Wiederherstellung der Fassung, wie sie der Arbeitskreis der Ausschüsse für Arbeit und für Wirtschaftspolitik in dem § 30 Abs. 3 beschlossen hatte. Des weiteren ist auch in der Drucksache Nr. 970, nämlich in der CDU-Vorlage, in § 17 Abs. 3 dieselbe Fassung enthalten.
Gestatten Sie mir nun ein Wort zu dieser Angelegenheit, und dieses Wort sei besonders gerichtet an die Gewerkschaftler innerhalb der Regierungskoalition. Vor zwei Jahren haben Sie diese Regelung auch begrüßt und in Ihrem Gesetzentwurf verankert. Ich frage mich und mit mir fragen sich alle meine politischen Freunde, wie sich dieser Gesinnungswandel gegenüber der Zeit von vor zwei Jahren bis heute überhaupt hat durchführen lassen. Damals waren Sie als Gewerkschaftler doch auch immerhin mit maßgeblich beteiligt an dem Zustandekommen Ihres Gesetzentwürfs. Damals waren Sie der Auffassung, daß auch die im Betrieb zuständige Gewerkschaft das Recht haben sollte, eine Betriebsratssitzung zu beantragen. So, wie Sie damals dieser Auffassung waren, waren Sie es auch noch bis vor einigen Monaten, nämlich als Sie in dem Arbeitskreis mitgewirkt haben.
In der Zwischenzeit scheint sich vieles in Ihrer Brust gewandelt zu haben.
Ich weiß nicht, ob das Ihrer Ansicht entspricht oder auf den Druck einer anderen Seite zurückgeht.
Meine Damen und Herren und besonders Sie als
christliche Gewerkschaftler, wie oft haben wir in
den vergangenen Monaten gemeinsam in gewerkschaftlichen Versammlungen zu diesen Dingen
Stellung genommen und wie oft haben auch Sie
sich in diesen Versammlungen für die gewerkschaftlichen Vorschläge und Forderungen ausgesprochen! Heute ist die bedauerliche Tatsache festzustellen, daß Sie sich in eisiges Schweigen hüllen,
daß Sie nicht den Mut haben, für diese Ihre gewerkschaftlichen Forderungen heute und hier zu kämpfen.
Das werden Sie, meine Herren Gewerkschaftler in der Regierungskoalition, auch vor Ihren Gewerkschaftsfreunden zu verantworten haben.
Das möchte ich mit allem Nachdruck gesagt haben. — Herr Kollege Sabel, ich nehme an, daß auch Sie noch Gewerkschaftler sind.
Wenn Sie das sind, dann hätten Sie die Pflicht, hier heute für diese gewerkschaftlichen Forderungen wenigstens das Wort zu ergreifen und nicht, wie Sie es getan haben, — —
Sie haben heute, meine Damen und Herren — gestatten Sie, daß ich das sage —, eine sehr eigenartige Rolle gespielt.
Sie haben sich in keiner Weise für die gewerkschaftlichen Belange eingesetzt. Ich meine, wie damals, so sollte auch heute anerkannt werden, daß die Gewerkschaften die Berechtigung haben müssen, eine Sitzung des Betriebsrats zu beantragen.
— Daß S i e keinerlei Interesse für eine vernünftige Zusammenarbeit zwischen Betriebsräten und Gewerkschaften haben, ist mir verständlich; denn Sie vertreten doch nur die Arbeitgeberinteressen.
Die Berechtigung unserer Forderung sollte sich doch auch schon aus der Tatsache ergeben, daß die Gewerkschaften — auch nach Ihrer Ansicht — die Pflicht und das Recht haben, sich für die Tarifgestaltung und alle diese Dinge einzusetzen. Deshalb muß doch ein Betriebsrat, wenn er seiner Pflicht nachkommen will, mit der zuständigen Gewerkschaft engstens zusammenarbeiten.
Ich möchte dann, daß dem § 29 ein neuer Abs. 4 eingefügt wird, der lautet:
Beauftragte der im Betriebsrat vertretenen Gewerkschaften sind berechtigt, an den Betriebsratssitzungen mit beratender Stimme teilzunehmen.
Schon zu Abs. 3 habe ich auf die Berechtigung dieser Forderung hingewiesen. Ich meine, wenn man die Notwendigkeit der Zusammenarbeit bejahen will, dann kann man die Teilnahme der Gewerkschaftsvertreter nicht jeweils von einem Beschluß des Betriebsrats abhängig machen.
Dazu muß noch folgendes gesagt werden: wenn in dem Abs. 4, der nach unserem Antrag nun Abs. 5 werden soll, gesagt wird, daß der Arbeitgeber, der an den Betriebsratssitzungen teilnimmt, berechtigt ist, einen Vertreter der Arbeitgebervereinigung, der er angehört, hinzuzuziehen, dann muß doch auch dem Betriebsrat das Recht eingeräumt werden, nun die im Betriebsrat vertretene Gewerkschaft an den Betriebsratssitzungen teilnehmen zu lassen.
Ich beantrage also, den jetzigen Abs. 4 des § 29 als Abs. 5 zu nehmen, und bitte Sie, unserem Änderungsantrag Ihre Zustimmung zu geben. Ferner beantrage ich getrennte Abstimmung für die Absätze 3 und 4, und über den Abs. 4, weil er für uns von wesentlicher Bedeutung ist, namentliche Abstimmung.
Das Wort hat der Abgeordnete Harig.
Meine Damen und Herren! Zu dem § 29 schlage ich folgende Änderung vor. In Abs. 1 werden die Worte „oder des Arbeitgebers" gestrichen.
Abs. 4 wird gestrichen und durch folgende neue Fassung ersetzt:
An allen Sitzungen des Betriebsrates kann ein Beauftragter der beteiligten Gewerkschaften mit beratender Stimme teilnehmen.
Nur wenige Worte zur Begründung. Die Betriebsräte lieben es gar nicht, sich von den „Arbeitgebern" auffordern zu lassen, Betriebsrätesitzungen einzuberufen — das ist ihre Sache —, irgendeinen Punkt auf die Tagesordnung zu setzen. Sie haben auch gar kein Interesse daran, sich bei Anwesenheit des Arbeitgebers im Betriebsrat irgendwelche Frechheiten sagen zu lassen, wie das oft genug geschieht,
oder sich unter Druck setzen zu lassen. Der Betriebsrat kann j a auch nicht beantragen, daß die Werksleitung eine Sitzung anberaumt und der Betriebsrat daran teilnehmen darf. Aus dem Grunde lehnen wir das ab.
Zu Abs. 4 nur einen Satz. Schon im Kontrollratsgesetz Nr. 22 war hier eine Bestimmung vorgesehen — wenn Sie diese jetzt aus dem Gesetz herauslassen, dürfen Sie draußen nicht davon sprechen, daß dieses Gesetz fortschrittlicher sei —, die festlegte: Der Betriebsrat übt seine Tätigkeit in engstem Einvernehmen mit den anerkannten Gewerkschaften aus. Hier hat er die Gelegenheit, seine Aufgaben mit den Gewerkschaften gemeinsam zu beraten und durchzuführen. Der Betriebsrat muß die Möglichkeit haben, zu seinen Sitzungen Gewerkschaftsvertreter hinzuzuziehen, wenn er dies für notwendig hält.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung, und zwar zunächst über die soeben verlesenen Anträge des Abgeordneten Harig. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag Umdruck Nr. 617 Ziffer 26. Die Antragsteller haben getrennte Abstimmung und bezüglich des Abs. 4 namentliche Abstimmung beantragt.
Bezüglich des Abs. 3 ist keine namentliche Abstimmung beantragt. Wir können darüber jetzt abstimmen. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das letzte war die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Über den Änderungsantrag Umdruck Nr. 617 Ziffer 26, der sich auf Abs. 4 bezieht, müssen wir namentlich abstimmen. Ich bitte die Schriftführer, mit der Einsammlung der Stimmkarten zu beginnen.
Haben noch Damen und Herren ihre Karten nicht abgegeben? — Dann darf ich bitten, mit der Auszählung zu beginnen.
Während die Auszählung zu dieser Abstimmung erfolgt, können wir schon zu § 30 übergehen. Dazu liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck Nr. 617 Ziffer 27 vor. Zur Begründung Herr. Abgeordneter Dannebom!
Herr Präsident! Meine Damen
und Herren! Ich darf im Namen meiner Fraktion
zu § 30 beantragen, den Satz 2, der lautet:
Der Betriebsrat hat bei der Ansetzung von Betriebsratssitzungen auf die betrieblichen
Notwendigkeiten Rücksicht zu nehmen,
zu streichen. Dieser Satz führt doch zu unnötigen Differenzen zwischen dem Betriebsrat und der Verwaltung. In diesem Gesetz wird doch die Auffassung vertreten, daß der Betriebsrat sowohl die Interessen der Belegschaft als auch die Belange des Unternehmens zu wahren hat. Eine Vernachlässigung betrieblicher Belange kann man j eden-falls einem verantwortungsbewußten Betriebsrat nicht zumuten. Außerdem ist eine willkürliche Außerachtlassung der betrieblichen Verhältnisse nach allgemeiner Rechtsansicht unzulässig. Die von mir beantragte Streichung entspricht auch dem jetzt geltenden Recht.
Außerdem beantrage ich, in dem letzten Satz das Wort „vorher" zu streichen. Es genügt nach unserer Ansicht vollkommen, wenn gesagt wird: „Der Arbeitgeber ist vom Zeitpunkt der Sitzung zu verständigen." Wenn man schon eine Benachrichtigung zu einem bestimmten Zeitpunkt will, dann muß eben auch in dem Gesetz eine bestimmte Frist festgesetzt werden. Die Praxis hat bis jetzt jedenfalls gezeigt — und auch nach den jetzt bestehenden Gesetzen ist das nicht vorgesehen —, daß es nicht notwendig ist, das Wort „vorher" in das Gesetz hineinzunehmen. Ich bitte Sie, unserem Antrag auf Streichung zuzustimmen.
Weitere Wortmelgen liegen nicht vor.
— Doch! Das Wort hat Herr Abgeordneter Harig.
Meine Damen und Herren, ich beantrage, dem § 30 eine neue Fassung zu geben, und zwar:
Die Sitzungen des Betriebsrates finden in der Regel während der Arbeitszeit statt.
Aus! Mehr nicht!
Sehen Sie, wenn hier z. B. geschrieben steht: „Die Sitzungen des Betriebsrates sind nicht öffentlich", so finde ich das gar nicht in der Ordnung. Ein anständiger Betriebsrat kann seine Sitzungen öffentlich durchführen.
Was glauben Sie wohl, was das für eine feine Sache wäre, wenn die Betriebsräte vor der Belegschaft oder zumindest vor einem Teil der Belegschaft ihre Beratungen durchführen und ihre Maßnahmen beschließen müßten, die meinetwegen die Lohnforderungen betreffen, die die Belegschaft hat! Dann würde es manchem von den Unternehmern angst und bange werden. Was glauben Sie, wie nützlich das für die ganze Belegschaft wäre
und welchen Auftrieb es der ganzen Belegschaft bei den Bemühungen um die Verbesserung ihrer Lage gäbe! Aus dem Grunde bin ich der Meinung, daß die Sitzungen ruhig öffentlich sein könnten. Ich wäre froh, wenn ich selbst Betriebsratsvorsitzender wäre, solche öffentlichen Betriebsratssitzungen durchführen zu können.
Nun zu der anderen Frage, dem letzten Satz dieses Paragraphen: der Unternehmer soll über den Zeitpunkt der Sitzung verständigt werden. Ich finde das gar nicht in Ordnung.
Ich bin viele Jahre Betriebsrat gewesen, und ich kann Ihnen nur sagen: ich habe den Unternehmer nie verständigt, sondern ich habe die Einberufung einer Betriebsratssitzung abhängig gemacht von den gegebenen Notwendigkeiten und von dem Verantwortungsgefühl gegenüber der Belegschaft, nicht aber von der eventuellen Zustimmung des Unternehmers. So weit darf die Liebe nicht gehen.
Der Unternehmer fragt ja auch niemanden, am allerwenigsten den Betriebsrat, wann, wo und wie lange er mit dem Syndikus des Arbeitgeberverbandes irgendwelche Besprechungen führt, wobei er immer im Schilde führt, irgend etwas gegen die Belegschaft auszuknobeln. Wir werden deshalb den Betriebsräten, selbst wenn sie zu dieser Formulierung j a sagen, empfehlen: Handhabt ihr das so, wie ihr es bisher gehandhabt habt! Fragt keinen Menschen! Erfüllt eure Pflicht gegenüber der Belegschaft!
Keine weiteren Wortmeldungen; die Aussprache ist geschlossen. Ich möchte zunächst noch feststellen, daß die namentliche Abstimmung zu § 29 ebenfalls geschlossen ist.
Wir kommen nun zur Abstimmung über § 30. Dazu liegt vor ein Antrag der SPD auf Umdruck Nr. 617 Ziffer 27. Ich bitte diejenigen, — —
— Also doch noch!
Zunächst müssen wir einmal über den Antrag des Abgeordneten Harig abstimmen. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Dann kommen wir zu dem Antrag der SPD auf Umdruck Nr. 617 Ziffer 27. Dazu wird getrennte Abstimmung gewünscht. Es wäre also zunächst abzustimmen über den Antrag, den Satz 2 des § 30 zu streichen. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Der Antrag ist abgelehnt.
Jetzt kommen wir zu dem zweiten Teil dieses Antrags: „In Satz 3 ist das Wort „vorher" zu streichen". Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die
Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Der Antrag ist abgelehnt.
Ich bitte nunmehr diejenigen, die dem § 30 in der Fassung der Ausschußbeschlüsse zustimmen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit; § 30 ist angenommen.
Wir kommen nun zurück zu § 29, zum vorläufigen Ergebnis*) der namentlichen Abstimmung. Abgegeben wurden insgesamt 344 Stimmen. Mit Ja haben gestimmt 136, mit Nein 208 Abgeordnete. Von den Berliner Abgeordneten haben 12 abgestimmt, 6 mit Ja und 6 mit Nein. Der Antrag ist abgelehnt.
Ich bitte nunmehr diejenigen, die dem § 29 in der Fassung der Ausschußbeschlüsse zustimmen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit; § 29 ist angenommen.
Ich rufe § 31 auf. Das Wort zur Begründung des Änderungsantrages der Fraktion der SPD auf Umdruck Nr. 617 Ziffer 28 hat Herr Abgeordneter Richter.
Nachdem in namentlicher Abstimmung der Änderungsantrag Ziffer 26 abgelehnt worden ist, ziehen wir unseren Antrag auf Streichung des § 31 zurück.
Meine Damem und Herren, der Änderungsantrag ist zurückgezogen. Wortmeldungen liegen auch nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem § 31 in der Ausschußfassung zustimmen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Gegen wenige Stimmen bei einigen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe § 32 auf. Dazu liegt ein Änderungsantrag der SPD auf Umdruck Nr. 617 unter Ziffer 29 vor. Das Wort hat Herr Abgeordneter Wönner.
Meine Damen und Herren! Namens meiner Fraktion habe ich Sie darum zu bitten, in § 32 Abs. 2 die Worte „nur" und „Stellvertretung durch Ersatzmitglieder ist zulässig" zu streichen, so daß diese Gesetzesbestimmung dann den Wortlaut haben soll:
Der Betriebsrat ist beschlußfähig, wenn mindestens die Hälfte der Betriebsratsmitglieder anwesend ist.
Die in den Ausschußberatungen festgelegte Formulierung entspricht nicht den tatsächlichen Bedürfnissen der Betriebsratsarbeit. Sie läßt zu, daß jedes ordentliche Betriebsratsmitglied bei jeder, auch der geringsten Verhinderung ein Ersatzmitglied zu seiner Vertretung delegieren kann. Dadurch wird — das ist eine Erfahrungstatsache — die kontinuierliche Arbeit des Betriebsrats wesentlich erschwert und gefährdet. Die Vertretung für zeitweilig verhinderte Mitglieder des Betriebsrats im Falle von Krankheit oder Beurlaubung, also für längere Dauer, ist in § 29 Abs. 1 ausreichend geregelt.
Der Begriff der Kontinuierlichkeit der Arbeit des Betriebsrats sollte eigentlich einer eingehenden Begründung gar nicht bedürfen. Der Betriebsrat hat sich in vielen Fällen mit nicht sehr einfachen Materien zu befassen, und er wird nur dann in der Lage sein, sie zur Zufriedenheit der Belegschaft und des
*) Vergl. das endgültige Ergebnis Seite 10043, 7. Abstimmung.
Betriebsganzen zu erledigen, wenn eine echte, zusammenhängende Arbeit und Information aller Betriebsratsmitglieder gewährleistet ist. In großen Betrieben wird das noch mehr erforderlich sein als in kleinen, und man sollte auch bei der Betriebsratsarbeit der formalen Gestaltung der Dinge ausreichende Würdigung angedeihen lassen, denn auch der Betriebsrat soll seine Arbeit in Formen abwickeln, die eine gedeihliche Arbeit unter allen Umständen gewährleisten. Es ist in Betriebsräten mit einer größeren Zahl von Mitgliedern immer sehr schwierig, die notwendige Kenntnis der zu behandelnden Materien allen denen zu vermitteln, die an ihrer Gestaltung mitzuarbeiten haben. Aus diesem Grunde scheint uns die Fassung, die der Ausschuß gefunden hat, nicht den echten Betriebsbedürfnissen zu entsprechen.
— Ich bin gern bereit, Herr Dr. Schröder, Ihre privaten Unterhaltungen da unten andauern zu lassen!
Nun, meine Damen und Herren, Sie sollten sich gerade diesen Vorstellungen nicht verschließen; denn gerade Ihre Absicht ist es ja, die Betriebsräte zu echter Sacharbeit zu veranlassen und sie dazu auch zu befähigen. Wenn das wirklich Ihr Wunsch ist, dann sollten Sie bereit sein, die innere Berechtigung des von uns gestellten Änderungsantrages anzuerkennen. Ich darf Sie namens meiner Fraktion bitten, diesem Änderungsantrag Ihre Zustimmung nicht zu versagen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Dann ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen also zunächst zur Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck Nr. 617 Ziffer 29. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das zweite war die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Ich bitte diejenigen, die dem § 32 in der Ausschußfassung zustimmen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? -
Bei zahlreichen Enthaltungen mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe nun die Paragraphen auf, zu denen keine Änderungsanträge vorliegen: §§ 33 —, 34 —, 35 —, 36 —, 37 —. Dazu liegen auch keine Wortmeldungen und keine Änderungsanträge vor. Wir kommen also zur Abstimmung über die aufgerufenen §§ 33 bis 37. Ich bitte diejenigen, die den Ausschußbeschlüssen zustimmen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen mit großer Mehrheit angenommen.
Ich rufe nun auf § 38. Dazu liegt der Antrag der SPD auf Umdruck Nr. 617 Ziffer 30 vor. Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Wönner.
Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, gemäß Umdruck Nr. 617 Ziffer 30 im § 38 Satz 1 die Worte „nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber" zu ersetzen durch „im Benehmen mit dem Arbeitgeber". Diese Formulierung mag im ersten Augenblick den Eindruck vermitteln, als ob die Absicht bestünde, den Betriebsräten ein selbständiges Recht neben dem Arbeitgeber zu gewährleisten. In Wahrheit aber ist das nicht der Kern der Sache, sondern die Bestimmung hat
eigentlich nur den einzigen Zweck, dem Betriebsfrieden in allen Fällen zu dienen und dem Betriebsrat in bestimmtem Umfang eine selbständige Entscheidungsbefugnis zu geben, und sie wird in jedem Falle auch dem Betriebsinteresse eingeordnet und untergeordnet sein, wenn in der Fassung des Gesetzes anstatt „nach näherer Vereinbarung" „im Benehmen mit dem Arbeitgeber" gesagt wird.
Satz 1 des § 38, der sich ohnehin nur auf Betriebe mit mehr als 100 Arbeitnehmern bezieht, läßt erfahrungsmäßig gewisse Schwierigkeiten erwarten, wenn jede selbständige Regelung des Betriebsrates bezüglich der Einrichtung von Sprechstunden an eine echte „nähere Vereinbarung" mit dem Arbeitgeber gebunden bleibt. In jedem Falle werden sehr ernste Schwierigkeiten daraus entstehen. Eine Fülle von Streitigkeiten wird die Folge sein, deren Wirkungen im Betrieb wahrscheinlich nicht selten den materiellen Wert, der dem § 38 innewohnt, um ein Vielfaches übersteigen werden. Denn wir haben die Erfahrung gemacht, daß der Betriebsrat zuweilen, ohne daß es ihm gelingt, beim Arbeitgeber im Augenblick das entsprechende Verständnis zu erwirken, das Bedürfnis haben kann, Sprechstunden während der Arbeitszeit einzurichten, um den Bedürfnissen der Belegschaft in weitgehendem Umfang gerecht werden zu können. Die Sprechstunden sollten, insbesondere in ihrer innerbetrieblichen Bedeutung, auch absolut positiv anerkannt werden. Es ist aus der Erfahrung bekannt: wenn die Belegschaftsangehörigen nicht die Möglichkeit haben, sich in fest umrissenen Sprechstunden mit ihren Betriebsräten ausreichend auszusprechen, dann werden diese Unterhaltungen am Arbeitsplatz geführt, und sie nehmen dort in der Regel nicht weniger, sondern viel mehr Zeit in Anspruch, als wenn sie ordnungsgemäß nach den Vorstellungen der Belegschaft und des Betriebsrats — eben in Sprechstunden — durchgeführt werden können. Die Erfahrungen, die wir in diesem Punkte zwischen den beiden Weltkriegen bereits nach dem Betriebsrätegesetz von 1920, dann 1926 und 1928 gemacht haben, sprechen in dieser Richtung eine beredte Sprache. Die Erfahrungen, die nach 1945 wiederum in dieser Ebene gemacht werden mußten, lassen es dringend geboten erscheinen, hier die erbetene Auflockerung eintreten zu lassen. In einer Reihe von Ländergesetzen ist diese .Materie lockerer gestaltet als in der jetzt vom Ausschuß vorgelegten Fassung.
Namens meiner Fraktion habe ich Sie zu bitten, unter den hier aufgezeigten Gesichtspunkten unseren Vorstellungen bzw. den Bedürfnissen der Betriebe, der Belegschaften und der Betriebsräte Rechnung zu tragen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Harig.
Meine Damen und Herren! Ich beantrage, den § 38 wie folgt zu ändern:
Der Betriebsrat kann Sprechstunden während der Arbeitszeit einrichten.
Wenn Sie etwas anderes beschließen, dann verstoßen Sie selber gegen dieses Gesetz, denn dann behindern Sie den Betriebsrat an der Ausübung seiner Tätigkeit.
Sagen Sie draußen ja nicht, das Gesetz sei fortschrittlicher! Im Kontrollratsgesetz Nr. 22 steht geschrieben: „Der Betriebsrat bestimmt im einzelnen
seine Aufgaben selber." Zu seinen Aufgaben gehört aber auch die Einrichtung von Sprechstunden.
— Ja, für Sie kommt noch etwas ganz anderes in Frage!
Es ist daher nicht mehr als recht und billig, daß man entsprechend dem, was in dem Kontrollratsgesetz Nr. 22 schon zugebilligt war, jetzt dem Betriebsrat die Gelegenheit gibt, seine Sprechstunden so einzurichten, wie er es für richtig hält.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über den soeben verlesenen Antrag des Abgeordneten Harig. Ich bitte diejenigen, die dem Antrag zustimmen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Nunmehr Abstimmung über den Antrag der SPD Umdruck Nr. 617 Ziffer 30. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das zweite war die Mehrheit; der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Ich bitte nunmehr diejenigen, die dem § 38 in der Fassung der Ausschußbeschlüsse zustimmen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe.
— Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit;
§ 38 ist in der Ausschußfassung angenommen.
Ich rufe nun § 39 auf; hierzu der Änderungsantrag der SPD Umdruck Nr. 617 Ziffer 31. Zur Begründung Herr Abgeordneter Wönner!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens meiner Fraktion habe ich zu
§ 39 zu beantragen, folgenden Abs. 3 neu anzufügen:
Soweit Betriebsratsmitglieder an Veranstaltungen der Gewerkschaften teilnehmen, die von diesen zur Unterrichtung oder Information der Betriebsräte über deren Aufgaben einberufen werden, sind sie zu beurlauben, und der Verdienstausfall ist vom Arbeitgeber zu ersetzen.
— Nun, meine Damen und Herren, ich höre auf der rechten Seite dieses Hauses einige über diesen Antrag schmunzeln.
Ob das so mit Recht geschieht, das wäre eine Frage, die aus der Praxis allein beantwortet werden kann; denn Sie sollten großen Wert darauf legen, daß die in den Betrieben gewählten Betriebsräte die ihnen nach dem Gesetz übertragenen Funktionen so ausüben können, wie sie das Gesetz gedacht hat. Wenn das gewünscht ist, dann muß wohl auch der andere Wunsch bestehen, diese Betriebsräte zur Erfüllung der hier gestellten Aufgabe von der ausreichenden Kenntnis. der Materie her zu befähigen.
Nicht, daß wir nicht heute schon eine ungewöhnlich große Zahl von Betriebsräten hätten, die die
ihnen gestellten Aufgaben vortrefflich zu meistern verstehen. Wir wissen aber, daß die Betriebsräte fortlaufenden Ergänzungen unterzogen sind, daß sich die Rechtsmaterie ändert und daß bestimmte wirtschaftliche Vorgänge zu neuen Betrachtungen zwingen. Alle diese Umstände sind es, die da irgendwie nicht nur den Wunsch lautwerden lassen, sondern die Notwendigkeit herausstellen, den Betriebsräten tatsächlich die Möglichkeit zu geben, sich das zur Durchführung ihrer Aufgabe erforderliche Wissen zu erwerben.
Im übrigen ist das, was beantragt ist, etwas, was sich in der Praxis längst eingelebt hat und was auch in der Rechtsprechung bereits ausreichende Anerkennung und, wenn ich so sagen darf, seinen Niederschlag gefunden hat.
Denn es handelt sich tatsächlich um nichts weiter als um die Aufnahme eines in der betriebsverfassungsrechtlichen Praxis bereits gegebenen Zustands, der, wie ich schon bemerkt habe, auch in der Rechtsprechung weitgehende Anerkennung gefunden hat. Ich darf zum Beweis für die Richtigkeit dieser letzteren Behauptung mit dem gütigen Einverständnis des Herrn Präsidenten aus einem Urteil des Landesarbeitsgerichts München zitieren, in dem diese Frage eingehend erörtert ist. Ich beschränke mich darauf, einige der wesentlichsten Sätze zum Thema auszuziehen. Es heißt dort:
Eine von den Gewerkschaften einberufene Betriebsrätekonferenz zur Aussprache über die Anwendung des § 91 in Betrieben von erheblicher volkswirtschaftlicher Bedeutung gehört in den Aufgabenbereich der betriebsverfassungsrechtlichen Betriebsebene. Die Teilnahmekosten sind Kosten des Betriebsrats.
Aus den Entscheidungsgründen:
Dieses Urteil fußt auf den vom Landesarbeitsgericht Bayern im Urteil vom 14. Oktober 1950 aufgestellten Grundsätzen, die sich die Kammer allenthalben zueilten gemacht hat. Insofern handelt es sich keineswegs um eine grundsätzliche Entscheidung, sondern lediglich um die konsequente Anwendung bereits durch die Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichtes Bayern gefundener rechtlicher Erkenntnisse. Wenn Fragen bei der betreffenden Betriebsrätekonferenz zur Behandlung standen, die nicht nur Betriebsfragen im engsten Sinn, d. h. gerade aus der wirtschaftlichen, der technischen oder persönlichen Beschaffenheit des einzelnen Betriebs entstanden sind, die in ihrer allgemeinen Art aber in den Betrieb hineingedrungen oder hineingetragen sind oder unter den gegebenen Zeitverhältnissen erfahrungsgemäß hineindringen müssen, so genügt das Fehlen eines akuten Betriebsanlasses für sich allein noch nicht, die Beteiligung eines Betriebsrats an einer diese Frage behandelnden Konferenz grundsätzlich als außerhalb der üblichen Arbeit des Betriebsrats liegend anzusprechen. In diesen Fällen steht das Recht des Betriebsrats, die Gewerkschaft zur Information und Belehrung bei Betriebsratssitzungen im Betrieb hinzuzuziehen, außer Zweifel. Dann kann aber nicht abgelehnt werden, daß dieses Recht des Betriebsrats sich nicht ändert, wenn die Bearbeitung dieser Aufgaben im Interesse der Zeitersparnis und der Einheitlichkeit kollektiv, d. h. eben in einer
derartigen Konferenz erfolgt. In all diesen Fällen sind 'Belehrungen und Informationen auch dann schon und noch betriebsbezogen, d. h. in engster Verflechtung mit den Betriebsinteressen, wenn sie noch nicht zu konkreten Streitfragen im Betrieb angewachsen sind.
Es wäre möglich, eine Reihe von anderen Urteilen anzuziehen. Mir scheint aber an diesem einzigen Urteil bereits erhärtet zu sein, daß das, was in unserem Antrag gefordert ist, de facto Praxis geworden ist und daß diese Praxis auch bereits ihre rechtliche Anerkennung gefunden hat. Wir sollten in einem neu zu schaffenden Gesetz nicht den Versuch unternehmen wollen, hinter bereits bestehenden Zuständen zurückzubleiben.
Ich bitte Sie aus diesem Grunde — und ich hoffe, daß es in diesem Fall möglich sein wird, Ihr Verständnis für diesen Antrag zu wecken —, dem Antrag meiner Fraktion auf Anfügung dieses Abs. 3 in § 39 zuzustimmen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Harig.
Meine Damen und Herren! Der von dem Kollegen Wönner beantragte Zusatz ist nicht mehr als recht und billig. Es hat eine Zeit gegeben, in der .die Unternehmer so freundlich waren, die Vertrauensleute und Betriebsräte in solche Gewerkschaftsversammlungen zu schicken und ihnen zu sagen: „Wir geben euch alles, was ihr braucht! Geht nur!" Es hat in meiner Heimatstadt manchmal wöchentlich drei Betriebsrätevollversammlungen gegeben, und die Unternehmer waren froh, unsere Leute hinschicken zu können.
Fragen Sie Frau Dr. Rehling, fragen Sie Herrn Oskar Funcke aus Ihren Reihen, wie froh die Stadt Hagen gewesen ist, wenn wir Betriebsrätevollversammlungen machten und zum WiederaufbauEhrendienst Stellung nahmen. Sehen Sie sich die Stadt Hagen an! Glauben Sie, sie sähe so aus, wenn die Gewerkschaften nicht in die Speichen gegriffen hätten? Kommen Sie jetzt nicht hierher und bestreiten Sie es, wenn Sie keine Ahnung von den Dingen haben.
Ich gebe mich keinen Illusionen hin. Bei dieser Mehrheit wird der Antrag wie alle übrigen abgelehnt werden. Ich sage Ihnen: Es bedeutet eine Einengung der demokratischen Rechte der Arbeiter, wenn man sie daran hindert, ihren demokratischen Verpflichtungen nachzukommen; denn immerhin ist die gewerkschaftliche Organisation eine demokratische Einrichtung.
Aber ich kann Ihnen sagen: Sie mögen diesen Zusatzantrag ablehnen. Es ist eine Frage des Kampfes, und es wird Belegschaften geben, die sich durchsetzen. Es wird Belegschaften geben, die es Ihnen schwer machen, ihnen dieses zumindest seit 945 in ihrer Hand befindliche Recht zu nehmen. Darauf können Sie sich verlassen! Wir werden dem Antrag der Sozialdemokratischen Partei zustimmen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der SPD Umdruck Nr. 617 Ziffer 31. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die
Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? — Das letzte war die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Ich bitte diejenigen, die § 39 in der Fassung der Ausschußbeschlüsse zustimmen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe § 40 und § 41 auf, Zu beiden liegen keine Änderungsanträge und auch keine Wortmeldungen vor.
— Sie wollen zu § 41 das Wort?
— Darf ich vorher noch § 40 abschließen. Zu § 40 liegen weder Wortmeldungen noch Änderungsanträge vor. Ich bitte diejenigen, die § 40 nach der Ausschußvorlage zustimmen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen?
— Bei einigen Enthaltungen mit großer Mehrheit angenommen.
Ich rufe § 41 auf. Dazu hat Abgeordneter Harig das Wort gewünscht.
Zu § 41 stelle ich folgenden An-
trag: § 41 erhält eine neue Fassung. Sie lautet:
Die Betriebsversammlung besteht aus den Beschäftigten des Betriebes. Sie wird durch ein Mitglied des Betriebsrates geleitet. Kann wegen der Eigenart des Betriebes eine gemeinsame Versammlung aller Beschäftigten nicht stattfinden, so sind Teilversammlungen durchzuführen. Ein Vertreter der zuständigen Gewerkschaft kann daran mit beratender Stimme teilnehmen.
Meine Damen und Herren! Nur wenige Worte zur
Begründung. Wenn Sie in Ihrer Vorlage sagen, daß
die Belegschaftsversammlung von dem Betriebsratsvorsitzenden geleitet wird, dann haben Sie sich auf eine bestimmte Person festgelegt, und das geht nicht, das geht zumindest nicht immer. Haben Sie schon einmal eine solche Versammlung mitgemacht? Der Betriebsratsvorsitzende muß den Geschäftsbericht, er muß den Rechenschaftsbericht geben. Er Ist der Referent des Tages. Und nun soll er die Versammlung eröffnen, soll sich selber das Wort erteilen, er soll sein Referat halten und soll dann auch die Versammlung für die Diskussionsredner leiten; er soll die Beschlüsse zusammenfassen, er soll sie evtl. ändern oder was weiß ich nicht alles. Das ist unmöglich. Deshalb ist es notwendig, daß dieser Paragraph geändert wird. Denn wenn er so bleibt, haben Sie damit denjenigen, die draußen Betriebsräte sind und Ahnung von den Dingen haben, demonstriert, daß Sie keine Ahnung haben. Deshalb muß es heißen „oder von einem anderen Mitglied des Betriebsrates wird die Versammlung geleitet".
Weiter ist in der Vorlage nicht enthalten, daß ein Vertreter der zuständigen Gewerkschaft an dieser Versammlung teilnehmen darf. Das ist von jeher so gewesen, nur Sie wollen das ändern. Das ist vor 1933 immer so gewesen, daß bei allen Belegschaftsversammlungen nicht nur ein Vertreter, sondern aus den vielen Gewerkschaften, die es damals gab, die Vertreter mit auf der Bühne saßen und den Arbeitern bei der Beratung ihrer Dinge zur Seite standen. Das ist in vielen, vielen Versammlungen, auch nach 1945 so gewesen, und jetzt wollen Sie es geändert wissen, jetzt wollen Sie es aus dem Gesetz herauslassen.
— Ich bin bei § 41, und darin habe ich vermißt, daß in den Belegschaftsversammlungen Gewerkschaftsvertreter zugelassen sind.
Ich habe meinen Antrag begründet;
ich bitte also, darüber abstimmen zu lassen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung über den soeben angehörten Antrag zu § 41. Ich bitte diejenigen, die dem Antrag des Abgeordneten Harig zustimmen, die Hand zu erheben. — Ich bitte urn die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Gegen die Stimmen der Antragsteller bei zahlreichen Enthaltungen abgelehnt.
Ich bitte nun diejenigen, die § 41 in der Fassung der Ausschußbeschlüsse zustimmen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe nun auf § 42 mit dem Abänderungsantrag der SPD, Umdruck Nr. 617 Ziffer 32. Zur Begründung hat das Wort Herr Abgeordneter Richter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der § 42 der Vorlage besagt in seinem ersten Satz, daß der Betriebsrat einmal in jedem Kalendervierteljahr in einer Betriebsversammlung einen Tätigkeitsbericht zu erstatten hat. Ich glaube, daß das Hohe Haus, ebenso wie es die Vertreter in den Ausschüssen getan haben, zustimmen wird. Denn er enthält eine Regelung, die wir alle bejahen. Wir hatten in dem alten Betriebsräterecht eine derartige Vorschrift nicht und wissen aus Erfahrungen, daß es Betriebe gegeben hat, in denen in längeren Zeitabschnitten keine Versammlung stattgefunden hat und kein Tätigkeitsbericht gegeben wurde. Wir wissen auch, daß es Betriebe gegeben hat, in denen in den Betriebsversammlungen Dinge behandelt worden sind, die nicht unmittelbar mit den Aufgaben des Betriebsrats zusammenhängen. Wir bejahen deshalb diese klare Bestimmung, die in dem ersten Satz enthalten ist.
Es heißt aber dann im Satz 2 der Vorlage: „Der Arbeitgeber ist hierzu unter Mitteilung der Tagesordnung einzuladen". Meine Damen und Herren! Ich frage Sie: Was hat der Arbeitgeber in den Betriebsversammlungen zu tun?
- Würden Sie auch so lachen, wenn ich die Frage stellen wollte: was haben die Betriebsangehörigen in den Versammlungen der Arbeitgeber zu tun?
Dann würden Sie sagen: Da haben sie nichts zu suchen.
Da werden Arbeitgeberangelegenheiten besprochen; da befaßt man sich mit der Frage, wie hoch in diesem Jahr das Einkommen sein wird; da werden Probleme der Rückstellung, der verschiedenen Reservefonds und derartiges mehr behandelt.
Wenn das auch Angelegenheiten sind, die mit dem Betrieb unmittelbar zusammenhängen, so werden Sie doch die Meinung vertreten, daß die Belegschaft in Arbeitgeberversammlungen nichts zu suchen hat. Genau so sind wir der Auffassung, daß der Arbeitgeber in den Betriebsversammlungen, die ja Versammlungen der Belegschaft sind, grundsätzlich nichts zu suchen hat. Damit wird gar kein Urteil über den Arbeitgeber als solchen oder über die Person des Arbeitgebers gesprochen; das liegt uns ganz fern. Entscheidend ist für uns der Grundsatz, daß die Betriebsversammlungen, in denen der Belegschaft Tätigkeitsberichte des Betriebsrats erstattet werden, Angelegenheiten der Belegschaft sind, so daß nicht zwingend im Gesetz festgelegt werden soll, daß der Arbeitgeber zu diesen Vierteljahresversammlungen unter Mitteilung der Tagesordnung vom Betriebsrat geladen werden muß. Das besagt doch diese Bestimmung, und das ist doch das Entscheidende. Wir sagen nicht, daß er nicht geladen werden kann; wir sagen noch nicht einmal, daß er nicht geladen werden soll. Wir wenden uns nur dagegen, daß man hier dem Betriebsrat zwingend oktroyiert, zu den Vierteljahresversammlungen, in denen er einen Tätigkeitsbericht zu erstatten verpflichtet ist, auch den Arbeitgeber zu laden und diesem dabei auch die Tagesordnung mitzuteilen.
Wir haben noch weitere Gründe, die uns veranlassen, uns gegen diese Bestimmung auszusprechen. Diese Gründe beruhen auf Erfahrungen in der Richtung, daß Arbeitnehmer sich nicht getrauen, die tatsächlichen Verhältnisse, ihre Nöte, ihre Lage, ihre Beschwerden in der Betriebsversammlung so zum Ausdruck zu bringen, wenn der Arbeitgeber anwesend ist, wie sie es ohne Zweifel tun würden, wenn sie unter sich wären. Das hat nichts mit Angst vor dem Arbeitgeber zu tun. Aber das ist ganz verständlich; denn man mußte schon die Erfahrung machen, daß so mancher Arbeitgeber sehr feinfühlig ist, daß er verschnupft ist, wenn der eine oder der andere Belegschaftsangehörige über diese oder jene Anordnung des Arbeitgebers eine andere Meinung hat als dieser, wenn er sich erlaubt, seine Arbeit zu kritisieren oder Vorschläge zu machen. Es gibt Arbeitgeber, die für die Kritik Verständnis haben und ein offenes Ohr dafür besitzen; aber es gibt auch — das werden Sie mir doch nicht bestreiten — Arbeitgeber, die Kritik einfach nicht vertragen können und sich dagegen wenden. Bewußt oder unbewußt wird dann ein armer Teufel, der es bei seiner Kritik gut gemeint hat, schließlich darunter leiden müssen, sei es bei der Beförderung, sei es, wenn Krisen im Anzug sind, bei Entlassungen usw. Wir vertreten deshalb die Auffassung, daß die zwingende Vorschrift im Zusammenhang mit der Betriebsversammlung in dieser Bestimmung unberechtigt ist. Sie werden aus unserem Antrag ersehen, daß wir sehr wohl anerkennen, daß der Arbeitgeber berechtigt ist, an Versammlungen, die er beantragt, teilzunehmen.
Es heißt nun im letzten Satz des Abs. 1: „Er ist berechtigt, in der Betriebsversammlung zu sprechen." Sie wissen doch, wie sich hier einzelne Damen und Herren des Hohen Hauses alle Mühe geben, die anderen in dieser oder jener Frage von ihrer Ansicht zu überzeugen, sie für ihre Ansicht zu gewinnen und ihre Stimme zu erhalten. Ich habe mir heute schon sehr oft in diesem Hohen Hause Mühe gegeben, und so wird das dann der Arbeitgeber auch tun, wenn er grundsätzlich das Recht hat, in jeder Betriebsversammlung zu jedem Tagesordnungspunkt, zu allem, wozu er will, zu sprechen. Da wird es ihm allerdings anders gehen als mir heute. Da wird er vielleicht sehr oft die Kritik des einen oder andern von vornherein ausschalten, was nach meiner Auffassung nicht gut ist. Da wird er sehr oft die Meinung formen und gestalten, so wie er es gern will. Da gilt vielleicht das Sprichwort: Wes Brot ich eß', des Lied ich sing. Dann erhalten Sie als Arbeitgeber — entschuldigen Sie, Sie sind j a nicht alle Arbeitgeber —, dann erhalten die Arbeitgeber doch nicht das wahre Spiegelbild der Stimmung und Meinung in dem Betrieb, und das wollen Sie doch nicht. Deshalb ist dieser Satz wirklich sehr unklug, und unserer Meinung nach sollte er beseitigt werden.
In Abs. 2 des § 42 heißt es:
Der Betriebsrat ist berechtigt und auf Wunsch des Arbeitgebers oder von mindestens einem Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmer verpflichtet, eine Betriebsversammlung einzuberufen...
Ursprünglich war in diesem Teil des Absatzes eine Bestimmung enthalten, die besagte, daß auch die Gewerkschaft diese Rechte hat. Es war nicht schön von Ihnen, daß Sie im Ausschuß diese Bestimmung gegen unsere Stimmen gestrichen haben. Wir werden sie deshalb wieder beantragen. Aber hier kommt doch zum Ausdruck, daß. der Betriebsrat berechtigt und auf Wunsch des Arbeitgebers oder von mindestens einem Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmer verpflichtet ist, eine Betriebsversammlung einzuberufen. Also hier hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, dem Betriebsrat gegenüber den Wunsch zu äußern, daß er eine Betriebsversammlung haben möchte, und der Betriebsrat ist verpflichtet, diesem Wunsch zu entsprechen. Ja, es geht sogar noch weiter, indem es heißt: „ ... und den beantragten Beratungsgegenstand auf die Tagesordnung zu setzen." Also in dieser Beziehung ist doch den Belangen des Arbeitgebers Rechnung getragen worden, so daß es wirklich nicht der Bestimmungen Abs. 1 Satz 2 und 3 bedarf.
Es geht dann in der Vorlage weiter:
Vom Zeitpunkt der Versammlungen, die auf Wunsch des Arbeitgebers stattfinden, ist dieser rechtzeitig zu verständigen.
Der Arbeitgeber wird also nicht überrascht, er erfährt nicht erst durch den Rundfunk oder liest in der Zeitung oder es wird im Betrieb erzählt, daß gestern abend eine Betriebsversammlung war, die auf seinen Wunsch einberufen wurde, von der er nicht einmal verständigt wurde und an der er nicht teilgenommen hat. Alles das ist in Abs. 3 geregelt.
Weil uns der Abs. 1 nicht zusagt, haben wir den Änderungsvorschlag gemacht:
Der Betriebsrat hat einmal in jedem Kalendervierteljahr in einer Betriebsversammlung den Tätigkeitsbericht zu erstatten.
Dieser Satz stimmt mit der Vorlage des Ausschusses überein. Es heißt in unsrem Vorschlag weiter:
Auf Wunsch des Betriebsrats ist der Arbeitgeber verpflichtet, daran teilzunehmen.
Das sind die obligatorischen Vierteljahresversammlungen, die schon das Kontrollratsgesetz und die Ländergesetze vorsehen und die hier auch im Bundesgesetz enthalten sein sollen. Es ist selbstverständlich: Wenn der Betriebsrat es wünscht oder wenn er von der Mehrheit der Belegschaft beauftragt wird, diesen Wunsch gegenüber dem Arbeitgeber zu äußern, dann muß der Arbeitgeber ver-
pflichtet sein, Rede und Antwort zu stehen. Das entspricht demokratischen Gepflogenheiten und Grundsätzen, und hiergegen sollte man sich eigentlich nicht wehren.
Es heißt dann weiter:
Der Arbeitgeber ist berechtigt, in der Betriebsversammlung zu sprechen
— wenn er auf Wunsch des Betriebsrates geladen wird —; das ist eine Selbstverständlichkeit. Zum Schluß heißt es:
und hat sich zu bestimmten Fragen der Tagesordnung zu äußern.
Hier liegt eine Verpflichtung vor, die Verpflichtung, daß der Arbeitgeber sich zu bestimmten Fragen zu äußern hat, wenn es die Betriebsversammlung wünscht, aber nicht zu Fragen, die nicht auf der Tagesordnung stehen, über die er sich vorher nicht orientieren konnte, bei denen er schließlich erklären müßte, er sei überfragt, sondern nur zu Fragen, die auf der Tagesordnung stehen. Sie werden uns doch zugeben wollen, daß dieser Abs. 1 zu § 42 unseres Vorschlags ohne Zweifel der richtige ist, daß er den Verhältnissen in den Betrieben entspricht und daß er den Arbeitnehmern und ihrer Vertretung die gleichen Rechte und Grundlagen gibt, wie sie auch der Arbeitgeber hat. Darauf kommt es an. Wir wollen und wir können doch kein Betriebsverfassungsgesetz schaffen, also die Rechte der Belegschaft und des Arbeitgebers in einem Grundgesetz, das wir Verfassung nennen, festlegen, wenn wir als Demokraten nun dem Arbeitgeber in der einen und anderen Frage weitergehende Rechte geben als den Arbeitnehmern und ihrer Vertretung. Wir, die wir doch Anhänger der sogenannten Sozialpartnerschaft
sind, die wir für die Parität bei der Besetzung der Selbstverwaltungen sowohl in der Arbeitslosenversicherung wie auch in der Sozialversicherung eintreten, müssen doch auch hier diese Dinge in Ordnung bringen. — Herr Dr. Atzenroth, gerade Sie sollten sich das merken. Wenn Sie mir die Uhr zeigen, wenn Sie keine Zeit haben für die Behandlung der Arbeitnehmerinteressen,
dann halte ich es auch nicht für notwendig, daß Sie hier dabei sind.
Nun zur Sache. Wir wollen gleiche Rechte für die Sozialpartner. Wir wollen keine Übergeordnete und Untergeordnete, wir wollen keine Befehlsgeber und keine Befehlsempfänger. Deshalb unser Antrag zu § 42 Abs 1.
Zu § 42 Abs. 2 sagen wir grundsätzlich das gleiche, was in der Vorlage der Ausschüsse enthalten ist. Wir fügen nur ein, was der Arbeitskreis damals schon beschlossen hatte und was die beiden Ausschüsse mit Mehrheit herausgestrichen haben, daß nicht nur ein Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmer, daß nicht nur der Arbeitgeber berechtigt ist, dem Betriebsrat gegenüber den Wunsch auf Einberufung einer Betriebsversammlung zum Ausdruck zu bringen, sondern daß auch der Gewerkschaft zuerkannt werden soll, diesen Wunsch dem Betriebsrat gegenüber zum Ausdruck zu bringen, aber nicht allen Gewerkschaften schlechthin. Das wäre nicht tragbar. Es kämen dann vielleicht allzu-viele Betriebsversammlungen besonders in den Gegenden zustande, wo die SRP und sonstige Gebilde sich aufgetan haben, wenn jeder gelbe Verein,
der sich auch den schönen und verdienstvollen Namen Gewerkschaft zulegt, nun einfach eine Betriebsversammlung verlangen kann. Wir wollen nur den Gewerkschaften das Recht geben, die im Betriebsrat ein Mitglied haben. Wenn also ein Letriebsratsmitglied Angehöriger irgendeiner Gewerkschaft ist, dann soll diese Gewerkschaft das Recht haben, den Wunsch auf Einberufung einer Betriebsversammlung zu äußern, genau wie der Arbeitgeber, genau wie das Viertel der Belegschaft. Wir stimmen auch mit Ihnen darin überein, daß von dieser Versammlung, die, wie es hier heißt, auf Wunsch des Arbeitgebers und der Gewerkschaft stattfindet, beide rechtzeitig verständigt werden und daß die Vertreter der Gewerkschaften und der Arbeitgeber berechtigt sind, in den Betriebsversammlungen, die auf ihren Antrag berufen werden, zu sprechen.
Meine Damen und Herren, ich habe zur Erörterung dieser Frage etwas mehr Zeit aufgewandt, um Ihnen durch längere Ausführungen die Bedeutung klarzumachen, die diese Angelegenheit für die Betriebsräte in Zukunft hat, für ihre Stellung, für ihr Gesicht, wie man so sagt. Ich darf Sie bitten, unserem Antrag zuzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Harig.
Meine Damen und Herren! Ich beantrage, § 42 folgendermaßen zu ändern. In Abs. 1 wird der zweite Satz gestrichen. Abs. 2 erhält folgende Fassung:
Der Betriebsrat ist berechtigt und auf Wunsch an einem Viertel der Beschäftigten verpflichtet, eine Betriebsversammlung einzuberufen. Er ist verpflichtet, innerhalb einer Woche diesem Antrag nachzukommen.
Lassen Sie mich zur Begründung einiges sagen. Wenn der Betriebsrat alle Vierteljahre eine Belegschaftsversammlung einberuft, so tut er das, um der Belegschaft einen Rechenschaftsbericht über seine Tätigkeit zu geben.
Was geht das den Unternehmer an? Damit hat der Unternehmer doch nichts zu tun. Wo ist denn schon jemals ein Unternehmer gekommen und hat sich vor der Belegschaft oder vor dem Betriebsrat über seine Tätigkeit verantwortet? Was geht es den Arbeitgeber, den Unternehmer an, was die Arbeiter in ihren Belegschaftsversammlungen zu besprechen haben? Wenn dort Beschlüsse gefaßt werden, notwendige Lohnforderungen zu stellen, wie das meistens der Fall sein wird, wird es der Arbeitgeber noch früh genug erfahren.
Und wenn die Arbeiter in diesen Belegschaftsversammlungen noch Kampfmaßnahmen beschließen, dann kriegt er vielleicht sogar das Zittern in den Knien.
Es gibt schon welche, die in den Belegschaften dafür sorgen, daß mehr und mehr das praktiziert wird, was ich eben zum Ausdruck gebracht habe. Da hilft es auch nicht, daß Drohungen ausgesprochen werden.
Wir haben aber gar nichts dagegen, daß der Unternehmer so ab und zu in einer Belegschaftsversammlung erscheint, wenn wir ihn rufen,
wenn der Betriebsrat sagt: Nun, komm mal her, alter Freund,
sag mal selber der Belegschaft, warum du die Forderungen abgelehnt hast,
nun sag ihnen mal selbst, warum du mir verweigerst, Einsicht in die Bücher zu nehmen; sag der Belegschaft mal, daß du verheimlicht hast, daß du einen ungeheuren Rebbach auf Kosten der Belegschaft gemacht hast.
Wenn solche Dinge vorhanden sind, dann haben wir es ganz gern, wenn der Unternehmer kommt, wenn er vor der Belegschaft steht und diese dem Unternehmer so etwas nachhilft, damit er sein soziales Gewissen wieder findet; dann ist das in Ordnung.
Was soll es denn heißen, wenn hier in Abs. 1 steht: „Der Arbeitgeber ist hierzu unter Mitteilung der Tagesordnung einzuladen"?
— Was geht den die Tagesordnung an? Jawohl, Sie haben ganz recht. Ja, Herr Sabel, ich will Ihnen sagen: selten stimmen wir überein, aber diesmal ja. Den Unternehmer geht die Tagesordnung nämlich gar nichts an.
Stellen Sie sich vor, da gibt es einen Betriebsrat,
der zu dem Betriebsverfassungsgesetz vor der Belegschaft Stellung nehmen will. Dann teilt er erst dem Unternehmer mit, daß er mit der Belegschaft irgend etwas besprechen will, was nun hier von einer bürgerlichen Mehrheit beschlossen, in die Tat umgesetzt worden ist, wozu man nun Kampfmaßnahmen beschließen will.
Und wissen Sie, was der Unternehmer macht? Der übt seinen Einfluß aus und versucht, auf Grund der Abhängigkeit der Belegschaft oder auch meinetwegen einiger Mitglieder des Betriebsrats diese Kampfmaßnahmen abzubiegen.
Das nennen Sie dann Demokratie! Sehen Sie, aus dem Grunde, um das nicht Wirklichkeit werden zu lassen, um diese Schnüffeleien der Unternehmer in Arbeiterversammlungen zu unterbinden, sind wir dagegen. Wir wollen unter uns sein, so wie ihr unter euch seid! Wir wollen unter uns sein und dann die Beschlüsse, die die Arbeiterschaft faßt, dem Unternehmer unter die Nase reiben.
Es ist noch nicht aller Tage Abend. Ich habe selber Belegschaftsversammlungen erlebt, da sind auch
Unternehmer gekommen, die froh waren, als sie wieder draußen waren.
Und so geht's Ihnen. Sagen Sie ja zu den Paragraphen und Sie werden zukünftig bei den wachsenden Widersprüchen zwischen Kapital und Arbeit erleben, wie die Erregung der Belegschaften und der Kollegen wächst und wie Unternehmer in Belegschaftsversammlungen wirklich — —
— wenn sie nicht ins Krankenhaus wollen,
lieber draußen bleiben.
Aus dem Grunde haben wir diesen Änderungsantrag gestellt, und ich bitte, darüber abstimmen zu lassen.
Meine Damen und Herren, wir sind immer noch bei § 42! — Keine Wortmeldungen mehr. Damit ist die Aussprache geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung zunächst über den weitestgehenden Antrag, das ist der Antrag des Herrn Abgeordneten Harig. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. —
Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der SPD auf Umdruck Nr. 617 Ziffer 32. Ich bitte diejenigen, die diesem Antrag zustimmen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. —
— Meine Damen und Herren, das Abstimmungsergebnis ist unsicher.
— Meine Damen und Herren, ich glaube kaum, daß Entrüstungstöne notwendig sind. Entrüsten sollte man sich über diejenigen, die nicht da sind und infolgedessen die Übersicht erschweren.
Also, meine Damen und Herren, wir kommen zur Auszählung durch Hammelsprung. Ich bitte die Herren Schriftführer, die Plätze an den Türen einzunehmen.
Ich bitte, die Räumung des Saales zu beschleunigen.
Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen.
— Ich bitte um Beschleunigung.
Ich bitte, die Türen zu schließen. Die Auszählung ist beendet.
Meine Damen und Herren, das Ergebnis der Abstimmung:
Mit Ja haben gestimmt 133 Abgeordnete, mit Nein 185 Abgeordnete, enthalten hat sich einer. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Ich bitte nun diejenigen, die dem § 42 in der Fassung der Ausschußvorlage zustimmen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen von einer Mehrheit angenommen.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat Herr Abgeordneter Mellies.
Meine Damen und Herren! Im Ältestenrat war die Vereinbarung getroffen, daß heute abend um 19 Uhr die Sitzung unterbrochen werden solle.
Der Präsident des Hauses hat mich gestern von sich aus noch einmal an diese Vereinbarung erinnert. Der sozialdemokratischen Fraktion ist bis zum Augenblick nicht mitgeteilt worden, daß diese Vereinbarung nicht innegehalten werden soll.
Ich möchte diese Tatsache hier nur feststellen.
Meine Damen und Herren, zu dieser Vereinbarung
sind wir gekommen, weil erstens die deutsche
Sektion der Interparlamentarischen Union um
20 Uhr ihre Versammlung haben sollte, die aus
organisatorischen Gründen dringend notwendig ist.
— Nun, es kann ja sein, daß Sie das nicht für erforderlich halten. Aber soweit ich weiß, ist mit Zustimmung ihrer Vertreter bereits seit Wochen der heutige Tag festgelegt worden.
Zweitens aber ist diese Vereinbarung im Ältestenrat getroffen worden, weil der Herr Präsident des Hauses heute abend einen Empfang zur Verabschiedung des amerikanischen Hohen Kommissars gibt. Zu diesem Empfang sind eine große Zahl von Bundestagsabgeordneten eingeladen. Meine Damen und Herren, ich möchte nur daran erinnern, daß es natürlich auf den Herrn Hohen Kommissar und wahrscheinlich auch auf die amerikanische Öffentlichkeit
einen bestimmten Eindruck machen muß,
— einen bestimmten Eindruck macht, wenn das Parlament nicht mit Rücksicht auf die Teilnahme dieser verhältnismäßig großen Zahl von Abgeordneten seine Verhandlungen zeitig genug abbrechen kann.
Oder wollen Sie die Damen und Herren, die an dem Empfang teilnehmen wollen, etwa in die Verlegenheit setzen, bei einer eventuellen namentlichen Abstimmung plötzlich wieder hier im Saal zu erscheinen?
Nun, wir wundern uns darüber nicht, wenn Sie
eine solche Auffassung haben, denn wir haben ja
gelegentlich schon Proben davon bekommen, was
Sie von der Würde, dem Ansehen und der Courtoisie des Parlaments halten.
Meine Damen und Herren, namens meiner Fraktion stelle ich den Antrag, daß das Plenum sich an die Vereinbarung des Ältestenrates hält und jetzt die Sitzung abgebrochen wird.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat Herr Abgeordneter Dr. Schröder.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir widersprechen dem Antrag auf Vertagung des Hauses und haben die Absicht, weiterzutagen. Lassen Sie mich das kurz begründen. Wir sind der heutigen Verhandlung mit einer Geduld gefolgt,
— wir sind der heutigen Verhandlung mit einer Geduld gefolgt,
die ein sehr hohes Prädikat verdient. Daß wir dieses Prädikat von Ihnen nicht bekommen werden, meine Damen und Herren, das wundert mich keineswegs. Wir haben zum ersten Mal heute etwas erlebt, was man, glaube ich, in ausländischen Parlamenten eine Art Filibuster-Methode nennt, und dies allein zwingt uns angesichts des ungeheuren Stoffes, den dieses Haus noch vor seinen Ferien zu bewältigen hat, tatsächlich darauf zu bestehen, auch das Letzte an Arbeitsmöglichkeit auszuschöpfen.
Der Empfang, den der Hohe amerikanische Kommissar Mr. McCloy in diesem Hause haben soll, kann dessen ungeachtet stattfinden. Es wird dann eben bedeuten, daß die Zahl von Abgeordneten, die in der Lage ist, an diesem Empfang teilzunehmen, etwas kleiner und bescheidener ausfallen wird. Wenn Sie gesagt haben, meine Damen und Herren, daß wir Proben von Courtoisie — offenbar an die Seite des Herrn amerikanischen Hohen Kommissars — hätten vermissen lassen, so glaube ich, daß dieser Vorwurf sicherlich nicht zutrifft. Wir werden es weder heute noch sonst an der notwendigen Courtoisie fehlen lassen.
Aber ich habe an Sie, meine Damen und Herren, die uns näherstehen
als andere, die Bitte, uns mit dem Maß von Courtoisie zu behandeln, das Sie heute empfangen
haben, ohne es vielleicht für sich zu beanspruchen.
— Der Ausdruck „Provokateur" ist hier gefallen.
Meine Damen und Herren, es dient durchaus dem Fortgang der Ver-
handlungen, wenn man auch mal verschiedene Auffassungen anzuhören sich bemüht.
Ich möchte nun doch dringend davor warnen, Schimpfworte hier zu rufen. Es ist eben der Ausdruck „Provokateur" gefallen. Das geht wirklich nicht. Also wir wollen doch diese an sich rein geschäftsordnungsmäßige Zweckmäßigkeitsfrage nicht übersteigern.
Ich bitte Sie, fortzufahren, Herr Abgeordneter.
Meine Damen und Herren! Sie haben heute auch von dem Mittel der namentlichen Abstimmung einen sehr reichlichen, wie ich glaube, überreichlichen Gebrauch gemacht.
Sie werden es aber uns, wie ich hoffe, jetzt nicht verargen, wenn wir über Ihren Antrag namentliche Abstimmung verlangen.
Meine Damen und Herren, zunächst möchte ich feststellen, daß es über geschäftsordnungsmäßige Fragen namentliche Abstimmung nicht gibt.
Ich glaube, daß nunmehr das Für und Wider von beiden Seiten erörtert ist und daß wir die Geschäftsordnungsdebatte schließen können. Ich bitte Sie, über den Antrag der sozialdemokratischen Fraktion, begründet von Herrn Abgeordneten Mellies, abzustimmen: Wer für die Unterbrechung der Sitzung für den heutigen Tag — so hatten Sie es verstanden — ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Damit, meine Damen und Herren, fahren wir
in den Beratungen fort. Ich rufe § 43 mit dem
Änderungsantrag der SPD Umdruck Nr. 617
Ziffer 33 auf. Wer begründet? — Das Wort zur
Begründung hat der Herr Abgeordnete Wönner.
Meine Damen und Herren, ich darf eben dem Hause mitteilen, daß die für heute vorgesehene Versammlung der Europa-Gruppen im Parlament ausfällt.
Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! Ich habe Ihnen namens und im Auftrage meiner Fraktion einen Änderungsantrag zu § 43 Abs. 2 zur Annahme zu empfehlen, nach dem in dieser Gesetzesbestimmung das Wort „Einvernehmen" durch das Wort „Benehmen" ersetzt werden soll. § 43 Abs. 2 beschäftigt sich mit den sonstigen Betriebsversammlungen, jenen also, die außerhalb der vierteljährlich durchzuführenden Tätigkeitsberichtsversammlungen auf Antrag des Arbeitgebers usw. stattfinden.
Hier ist zunächst einmal im Grundsatz zu der Frage Stellung zu nehmen, inwieweit der Begriff „Einvernehmen" oder „im Benehmen" eine so weitreichende Veränderung des Gesetzesinhalts bedingt, daß er nicht ohne weiteres als erträglich bezeichnet werden kann. Aber hier handelt es sich nicht darum, ob er erträglich ist, sondern darum, daß er nicht absolut notwendig ist. Wenn Sie selber in den Regelungen, wie der Ausschuß sie
in § 43 niedergelegt hat, zum Ausdruck gebracht haben, daß die in § 42 Abs. 1 bezeichneten und die auf Wunsch des Arbeitgebers einberufenen Betriebsversammlungen während der Arbeitszeit stattzufinden haben und daß durch die Teilnahme an solchen Betriebsversammlungen den Arbeitnehmern kein Ausfall an Arbeitsentgelt entsteht,
dann ist doch wohl die Frage irgendwie berechtigt und begründet, warum man nicht etwa den Wunsch von 25 % der Belegschaft in gleicher Weise anzuerkennen bereit ist.
Einen Augenblick, Herr Abgeordneter! — Meine Damen und Herren, ich bitte doch, Platz zu nehmen und Privatunterhaltungen so weit zu dämpfen, daß der Redner nicht gestört wird. Der Redner muß doch schließlich verständlich sein können!
Die hinter uns liegenden Erfahrungen — und es besteht durchaus kein Anlaß zu glauben, daß nicht Umstände wieder eintreten könnten, die solche Erfahrungen erneut vor uns aufzustellen vermöchten — haben, wie mir scheint, hinlänglich bewiesen, daß eine Änderung der angezogenen Gesetzesbestimmung im beantragten Sinne unbedingt geboten erscheint. Je nach dem Gegenstand der Materie und je nach dem Erregungsgrad der Belegschaften, der durch be- stimmte an sie herangetragene Materien ausgelöst wird, scheint es uns unbedingt erforderlich, und zwar als im allgemeinen Betriebsinteresse gelegen erforderlich, dem Betriebsrat eine Möglichkeit zu geben, auch in selbständigen Entscheidungen, selbstverständlich im Benehmen mit dem Arbeitgeber, außerhalb der zwei jetzt im Gesetz fixierten Möglichkeiten Betriebsversammlungen während der Arbeitszeit einzuberufen, um so mehr, als die Erfahrungstatsachen uns belehren, daß solche Betriebsversammlungen dann, wenn sie zeitgerecht zur Einberufung gelangen können, in der Regel eine unverhältnismäßig kurze Zeit in Anspruch nehmen,
daß andernfalls aber, wenn eine ausreichende Möglichkeit zur geschlossenen Diskussion etwa auftauchender Probleme nicht besteht, wesentlich mehr an Arbeitszeit erforderlich ist und wesentlich mehr an Mindererträgen im Betriebsergebnis usw. zu erwarten ist, als wenn man den Betriebsräten eine Möglichkeit gibt, diese Dinge sofort in einer offenen Aussprache mit den Belegschaftsmitgliedern zu klären.
Ich darf Sie an einige Beispiele aus der Vergangenheit erinnern. In jener Zeit — Sie mögen mir sagen, die Zeit liegt hinter uns; möchte es richtig und wahr sein, daß sie hinter uns läge und nicht jener Zustand wiederkehren möge —, in der wir erheblich mehr Ernährungssorgen zu bewältigen hatten, da War es nicht selten die Möglichkeit, eine Betriebsversammlung durchzuführen, die die Erregung, die in den Betrieben lautgeworden war, irgendwie wieder eindämmen ließ, wenn oft auch nur ganz bescheidene Zusagen vermittelt werden konnten.
Ich darf Sie daran erinnern, daß es andere Gelegenheiten genug gegeben hat, und ich fürchte
fast, auch dieses Betriebsverfassungsgesetz in der Form, in der die Regierungsmehrheit offenkundig die Absicht hat, es zu verabschieden, wird tatsächlich einige Erregung draußen in den Betrieben mit sich bringen, die klugerweise dann in offener Aussprache geklärt werden kann, ehe noch weiterreichender Schaden draußen entstanden ist. Nun, Herr Dr. Schröder war eben liebenswürdig genug, uns einiges über Courtoisie zu erzählen. Wir wünschen nicht, daß der Begriff der Courtoisie über das normale Maß hinaus zwischen Belegschaftsmitgliedern, Betriebsräten und Arbeitgebern etwa eine Anwendung findet. Aber die normalen Höflichkeitsvorstellungen, die Rechtens begründeten Vorstellungen der Betriebsräte und die berechtigten Ansprüche der Belegschaften sollten auch insoweit Anerkennung finden — und das ist echte Höflichkeit, Herr Dr. Schröder —, indem man den Belegschaften mit Höflichkeit begegnet und ihr Interesse ausreichend zur Anerkennung kommen läßt.
Die allgemeinen Erfahrungen lehren — und es würde sehr wahrscheinlich unter Summierung alles dessen, was an Negativem etwa zu unserem Gesetzesänderungsantrag vorgetragen werden könnte, nur sehr, sehr wenig sein —, daß unsere Betriebsräte im allgemeinen geschult genug sind, um zu wissen, daß sie mit diesen Dingen einen Mißbrauch nicht zu treiben in der Lage sind und nicht treiben dürfen. Sie haben auch nicht die Absicht, es zu tun. Die Belegschaften haben in der Regel ausreichendes Verständnis dafür, daß nicht allenthalben in kürzesten Fristen aus irgendwelchen belanglosen Fragen heraus Betriebsversammlungen durchgeführt werden können. Sie werden sich damit verbescheiden, und die Betriebsräte werden entsprechende Vorsorge dafür treffen, daß der rechte Anspruch gewahrt bleibe. Sie werden sich damit verbescheiden, in den von ihnen als wichtig empfundenen Fragen eine Möglichkeit zur Aussprache zu haben.
Ich darf Sie bei dieser Gelegenheit vielleicht auf einen möglicherweise auch bei den Ausschußberatungen nicht ausreichend berücksichtigten Umstand hinweisen, und das ist folgender. Wir leiden j a heute — ich möchte das allenthalben als bekannt voraussetzen — immer noch unter einer Fülle von Kriegsfolgewirkungen, die nicht zuletzt ihren Ausdruck auch in der Tatsache finden, daß nicht wenige Belegschaftsangehörige weitab von ihren Arbeitsstellen wohnen, daß sie an eine bestimmte Bahn-, Omnibus-, Straßenbahn- usw. Verbindung gebunden sind, deren Versäumnis ihnen unter Umständen eine mehrstündig verspätete Heimkehr zur Auflage machen würde. Auch diese Umstände müssen berücksichtigt werden; denn sie lassen es geboten erscheinen, in dringenden Fällen dem Betriebsrat selbst eine Entscheidungsbefugnis darüber zu geben, ob die Abhaltung einer Betriebsversammlung während der Arbeitszeit notwendig erscheint oder nicht.
Ich glaube, alle diese Umstände sollten Sie dazu veranlassen, diesem Änderungsantrag Ihre Zustimmung zu geben.
Das Wort hat der Abgeordnete Harig.
Meine Damen und Herren! Ich beantrage, den § 43 folgendermaßen zu ändern:
Die Belegschaftsversammlungen finden während der Arbeitszeit statt. Die Teilnahme an
ihnen berechtigt den Arbeitgeber nicht, eine
Minderung des Arbeitsentgeltes vorzunehmen. Einige Sätze zur Begründung! Es ist Ihnen genau so gut wie den Gewerkschaften und uns bekannt, daß die Arbeiter und Angestellten nicht um die Fabrik herum, sondern weit verstreut wohnen. Es ist Ihnen genau so gut bekannt, daß zu dem Zweck der An- und Abfahrt eigens Fahrzeuge eingesetzt werden, ob es Straßenbahnen, Omnibusse oder sonstige Fahrzeuge sind. Es ist Ihnen vielleicht nicht so sehr bekannt, daß ein Arbeiter nach seiner Schicht müde ist und kein Interesse oder keine physische Kraft mehr hat, dann noch Belegschaftsversammlungen zu besuchen, die nach und außerhalb der Arbeitszeit stattfinden. Ich stehe auf dem Standpunkt, daß derjenige, der so viel für den Betrieb tut wie ein Arbeiter, auch das Recht hat, während der Arbeitszeit die Dinge zu besprechen, die notwendig sind. Die Arbeiterschaft ist wirklich in allen Betrieben sehr anständig gewesen. Es hat noch niemals eine Belegschaftsversammlung stattgefunden, ohne daß auch ein zwingender Grund vorgelegen hätte; und bei einem solchen zwingenden Grund, der in den meisten Fällen auch zeitlich begrenzt ist, muß es der Belegschaft gestattet sein, während der Arbeitszeit ohne Verlust des Arbeitsentgelts ihre Besprechungen durchzuführen. Die Belegschaft und der Betriebsrat sind, handeln sie so, immer moralisch gedeckt. Und aus dem Grunde, weil es auch seit 1945 so in der Praxis gehandhabt worden ist und weil es einen Rückschritt bedeuten würde, wenn wir das hier ändern wollten, muß dieser Paragraph geändert werden.
Ich habe keine großen Hoffnungen, daß die bürgerliche Mehrheit in diesem Hause meinem Abänderungsantrag zustimmen wird. Aber ich habe große Hoffnungen darauf, daß die Betriebsräte und die Belegschaften es sich in Zukunft trotz dieses Paragraphen nicht nehmen lassen, während der Arbeitszeit die notwendigen Maßnahmen zu beraten und die notwendigen Beschlüsse zu fassen, die zur Wahrung ihres Rechts erforderlich sind. Aus diesem Grunde haben wir diesen Antrag gestellt.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Dr. Schröder.
Ich beantrage namentliche Abstimmung über diesen Antrag.
Es ist namentliche Abstimmung beantragt. Ich bitte die Herren Schriftführer, die Abstimmungskarten einzusammeln. Ich habe Sie doch recht verstanden, daß über den Antrag Harig namentlich abgestimmt werden soll?
Haben alle Mitglieder des Hauses, die sich an der Abstimmung beteiligen wollen, ihre Stimmzettel abgegeben? — Dann bitte ich, mit der Auszählung zu beginnen.
Wir fahren in der Abstimmung fort. Ich lasse abstimmen über den Antrag Umdruck Nr. 617 Ziffer 33. Wer für diesen Änderungsantrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. —
Meine Damen und Herren, wir stimmen ab über 617 Ziffer 33. — Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit; der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Mit der Schlußabstimmung über § 43 müssen wir warten, bis das Ergebnis der Abstimmung über den Antrag Harig ermittelt ist.
Ich rufe auf § 44. — Keine Wortmeldungen. Wer für die Annahme des § 44 in der Ausschußfassung ist, den bitte ich, um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen angenommen.
§ 45. — Keine Wortmeldungen. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
§ 46. Hier ist ein Änderungsantrag angemeldet: Umdruck Nr. 617 Ziffer 34.
Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Richter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Dritte Teil der Vorlage trägt die Überschrift: „Der Gesamtbetriebsrat". Nach dem Entwurf wird hier die Möglichkeit geschaffen, ein Organ zu bilden, das für die aus mehreren Betrieben bestehenden Unternehmen gedacht ist. Wenn sich also in der Hand eines Unternehmens mehrere selbständige Betriebe befinden, dann können sich die einzelnen Betriebsräte zu einem Gesamtbetriebsrat zusammentun. Wir hatten das gleiche Rechtsgebilde auch in dem alten Betriebsrätegesetz von 1920. Wir hatten dort, wie ich vorhin schon bei einem andern Abschnitt des Gesetzes zum Ausdruck gebracht habe, den Betriebsobmann. Wir hatten weiter den Betriebsrat, und es gab dann noch den sogenannten gemeinsamen Betriebsrat und den Gesamtbetriebsrat. Um den letzten handelt es sich jetzt.
In § 46 der Vorlage wird zum Ausdruck gebracht, daß, wenn ein Unternehmen aus mehreren Betrieben besteht, durch Beschlüsse der einzelnen Betriebsräte neben diesen einzelnen Betriebsräten ein Gesamtbetriebsrat errichtet werden kann. Das besagt also, daß die einzelnen Betriebsräte bestehen bleiben und daß es am Willen der einzelnen Betriebsräte liegt, ob sie einen Gesamtbetriebsrat bilden. Insoweit ist gegen die Fassung der Vorlage nichts einzuwenden. Der Betriebsrat, der von der Mehrheit der Arbeitnehmerschaft gewählt ist, bleibt bestehen.. Die Betriebsräte von mehreren Betrieben, die einem Unternehmen angehören, können sich freiwillig, ohne Zwang durch Mehrheitsbeschlüsse dahingehend einigen, daß sie einen Gesamtbetriebsrat bilden.
Aber nun kommt der nächste Satz im § 46, der besagt:
Die Errichtung ist abhängig von der Zustimmung der Betriebsräte aus den Betrieben, in denen insgesamt mindestens 75 vom Hundert der Arbeitnehmer des Unternehmens beschäftigt sind.
Dieser zweite Satz ist für uns nicht annehmbar. Wir haben nichts dagegen, daß Gesamtbetriebsräte gebildet werden können. Wir haben nichts dagegen, daß sich die einzelnen Betriebe, die in der Hand eines Unternehmens sind, zusammenschließen und mit Mehrheit dahingehend verständigen, einen Gesamtbetriebsrat zu bilden. Wogegen wir aber Einwendungen haben, ist, daß dann, wenn eine Mehrheit von 75 vom Hundert der Arbeitnehmer des Unternehmens es beschließt, für alle Betriebe, die zu dem Unternehmen gehören, ein Gesamtbetriebsrat gebildet werden soll. Das halten wir für undemokratisch.
Sie werden vielleicht einwenden: Hier ist doch eine Dreiviertelmehrheit, eine qualifizierte Mehrheit vorgeschrieben; hier sind doch Sicherungen gegeben. — Das trifft nur in einem gewissen, sehr eingeschränktem Ausmaß zu.
— Sie sollen ausgewalzt werden? Das glaube ich nicht, die Absicht hat sicherlich niemand, Herr Kollege Arndgen. Sie sollten mir nicht böse sein, daß wir jetzt noch hier sitzen und daß wir beide nicht an dem Hessenabend teilnehmen können.
Aber glauben Sie mir, daran bin ich wirklich nicht
schuld, das ist Schicksal. Auch wenn Sie sich, Herr
Dr. Schröder, vorhin noch so sehr aufgeregt haben,
so waren Sie doch sehr, sehr im Unrecht.
— Sie waren doch sehr aufgeregt! — Was wir hier tun, tun müssen
im Interesse der deutschen Arbeitnehmerschaft, ist keine Wiederholung der Ausschußberatungen,
sondern ist eine sachliche Beratung aller in Betracht kommenden Bestimmungen dieses Gesetzes.
Oder wollen Sie mir das Gegenteil nachweisen? Wollen Sie hier die Behauptung aufstellen, daß wir in den Ausschußsitzungen diesen Bestimmungen, zu denen wir heute Änderungsanträge stellen, zugestimmt hätten? Wollen Sie eventuell behaupten, daß wir heute anderer Meinung wären und diese Änderungsanträge nur stellen, um der Öffentlichkeit gegenüber sagen zu können, daß wir sie gestellt haben? Sie haben ja heute selbst betont: Zwei Jahre dauern die Sitzungen des Arbeitskreises der Ausschüsse und die Beratungen der Ausschüsse. Herr Dr. Wuermeling hat das durch einen Zwischenruf zum Ausdruck gebracht. Also bitte, das ist doch ein Beweis dafür, daß wir unsere Meinung vertreten haben. Wenn Sie uns überstimmt haben, so ist dies äußerst bedauerlich. Aber Sie können uns heute keinen Vorwurf machen, wenn wir unsere Meinung, die im Ausschuß nicht zum Durchbruch gekommen ist, hier wiederholen, wenn wir sie hier eingehend begründen, wenn wir die Auffassung vertreten, daß vielleicht für unsere Meinung doch eine Mehrheit zu bekommen ist,
wenn jeder einzelne unbeeinflußt und aufgeschlossen und frei in seiner Entscheidung und in seiner Willensbildung
unsere Argumente hört.
Bei Ihnen ist es ja schon soweit, daß Sie in Ihrer Auffassung so verhärtet sind,
daß Sie nicht einmal den Versuch machen, uns von Ihrer Ansicht, von der in der Vorlage und in den einzelnen Paragraphen zum Ausdruck gekommenen Meinung zu überzeugen.
Sie ringen ja nicht mehr um eine Meinung, um
eine einheitliche Willensbildung, um die beste
Lösung im Interesse der Sache des Betriebsverfassungsrechtes. Darum ringen Sie ja nicht mehr.
— Sie sollten deutlicher werden, Herr Kollege Bucerius.
— Ich bedaure, ich habe auch diesen Zwischenruf nicht verstanden, sonst hätte ich sehr gern darauf geantwortet. Wir halten uns für verpflichtet und für berechtigt, die einzelnen Bestimmungen, die wir für nicht ausreichend, für nicht richtig und für abänderungsnotwendig halten, hier eingehend zu begründen und unsere Anträge zu stellen.
Darf ich zu dem zweiten Satz zurückkehren:
Die Errichtung ist abhängig von der Zustimmung der Betriebsräte aus den Betrieben, in denen insgesamt mindestens 75 vom Hundert der Arbeitnehmer des Unternehmens beschäftigt sind.
Es heißt also, daß in einem Unternehmen, das
Großbetriebe, kleinere oder mittlere Betriebe hat
— und solche gibt es —, in den wenigen Großbetrieben, in denen 75 % der Arbeitnehmer beschäftigt sind, die Betriebsräte einfach bestimmen, daß ein Gesamtbetriebsrat gebildet wird. Die kleinen werden gar nicht gefragt, und wenn man sie wirklich fragt, so ist ihre Stimme zu schwach, da sie ja nicht einmal das eine Viertel an Arbeitnehmerzahl repräsentieren. Deshalb können wir diesem Absatz nicht zustimmen. Wir sind der Meinung, jeder Betrieb des Unternehmens, ob groß, ob mittel oder klein, muß das Recht haben, frei zu entscheiden, ob er einen Gesamtbetriebsrat bilden will oder nicht. Wenn er es nicht will, dann bleibt er eben draußen, dann wird der Gesamtbetriebsrat halt nur von den Betrieben des Unternehmens gebildet, die es wollen. Der Gesamtbetriebsrat soll dementsprechend auch nur das Recht haben, Fragen zu regeln, die gemeinsame Fragen für die Betriebe sind, die den Gesamtbetriebsrat bilden wollen. Aber nach Ihrer Fassung hätte der Gesamtbetriebsrat, der mit einer Mehrheit von 75 % der Arbeitnehmer gebildet wird, das Recht, auch über die anderen Maßnahmen von Filialen und Kleinbetrieben des Unternehmens zu entscheiden, Maßnahmen mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren, die die anderen nicht wollen, die den Kleinbetrieben und den Filialen des Unternehmens nicht dienen. Das halten wir für undemokratisch und deshalb sind wir gegen die Bestimmung. Wir sind, wie ich bereits sagte, der Meinung, daß § 46 in dieser Beziehung geändert, daß der Satz 2 gestrichen werden muß.
Lassen Sie mich nun noch einige Worte zu unserem weiteren Antrag sagen, in § 46 hinter dem Wort „Unternehmen" die Worte ,;oder eine Behörde" einzufügen. Meine Damen und Herren, Sie haben vielleicht nicht so die Erfahrungen wie manche von uns, die von Hause aus Arbeitnehmer sind, die am Schraubstock gestanden haben
oder als Angestellte tätig gewesen sind. — Nur langsam! O bitte, bei Ihnen sind auch einige. Ich sehe gerade vor mir den Kollegen Arndgen, und es sind noch manche in diesem Hause; der Kollege Gengler erhebt Anspruch darauf, auch das erkenne ich an.
Aber nun zur Sache. Wir sind der Meinung, daß die Behörden mit einbegriffen werden sollten. Gerade bei den Behörden, bei den Kommunen, bei den Betrieben der Länder, der Kommunalverwaltungen, der Gemeindeverbände, der Wasserstraßen, der Post, der Eisenbahn waren die Gesamtbetriebsräte schon immer eine Selbstverständlichkeit, weil hier ein Arbeitgeber sichtbar ist, der den Betriebsräten der einzelnen Dienststellen gegenübersteht. Da hat ein Gesamtbetriebsrat sich bewährt. Da wurde der Gesamtbetriebsrat auch immer einstimmig beschlossen, so daß die Festlegung „75 vom Hundert der Arbeitnehmer" gar nicht notwendig gewesen ist.
Wir beantragen, daß hinter dem Wort „Unternehmen" die Worte eingefügt werden: „oder eine Behörde". Das hat gar nichts damit zu tun, ob ein besonderes Personalvertretungsgesetz beschlossen wird oder nicht. Bezüglich des Teils, der sich auf den Gesamtbetriebsrat bezieht, könnten,. wir 'für die öffentlichen Behörden oder Betriebe und für die private Wirtschaft ein und dieselbe Bestimmung treffen.
Ich bitte deshalb, unseren Änderungsantrag Ziffer 34 betreffend den § 46 anzunehmen. Da auch diese Bestimmung äußerst wichtig ist — das werden Sie nicht bestreiten —, beantrage ich namentliche Abstimmung.
Weitere Wortmeldungen? Das Wort hat der Abgeordnete Harig.
Meine Damen und Herren! Es geht hier um die Bildung des Gesamtbetriebsrats. Dazu hat man einen § 46 gebaut, in dem es folgendermaßen heißt:
Besteht ein Unternehmen aus mehreren Betrieben, so kann durch Beschlüsse der einzelnen Betriebsräte neben diesen ein Gesamtbetriebsrat errichtet werden. Die Errichtung ist abhängig von der Zustimmung der Betriebsräte aus den Betrieben, in denen insgesamt mindestens 75 vom Hundert der Arbeitnehmer des Unternehmens beschäftigt sind.
Mit dem Inhalt dieses Paragraphen können wir
uns nicht einverstanden erklären. Sie reden so oft
und viel von Freiheit, aber das ist doch nur Gerede.
Hier wollen Sie die Bildung des Gesamtbetriebs- rats dadurch verhindern, daß Sie diese Formel gewählt haben. Ich bin kein Gegner von Gesamtbetriebsräten. Es ist manchmal notwendig, daß Gesamtbetriebsräte gebildet werden.
— Ich habe Zeit, sehr viel Zeit.
— Sie nehmen so oft keine Rücksicht auf mich, warum soll ich nun Rücksicht auf Sie nehmen?
Das fällt mir auch gar nicht ein. So lieb hab' ich Sie gar nicht!
Wer soviel Armut auf der einen Seite und soviel Prasser auf der anderen Seite gesehen hat, der haßt die Prasser,
und ich stehe nicht allein mit dieser Meinung.
Zweifellos gibt es Fragen, die, wenn mehrere Unternehmen zusammengehören, alle in den Unternehmen Beschäftigten interessieren. Ich habe eben schon gesagt, daß ich gar kein Feind von Gesamtbetriebsräten bin. Aber auf diese Art und Weise Gesamtbetriebsräte zu bilden, das muß abgelehnt werden. Es darf doch niemand zu irgendeiner Handlung gezwungen werden! Dazu gebe ich meine Hand nicht her.
Diejenigen, die ,nicht beizutreten wünschen, weil ihre Verhältnisse eben anders gelagert sind als die Verhältnisse in anderen Betrieben, die sollen doch nicht in den Gesamtbetriebsrat hinein.
Ich bin der Meinung, das ganze Haus täte gut daran, den Antrag der Fraktion der SPD zu diesem § 46 zu unterstützen. Ich kann für meine Fraktion hier sagen — —
— Ja, ich warte gern, bis Sie mit Ihren Rufen fertig sind. Sie glauben gar nicht, was Sie mir damit für einen Gefallen tun! — Ich kann für meine Freunde erklären,
daß wir gegen diesen § 46 stimmen werden,
daß wir aber dem Antrag, den mein Vorredner hier begründet hat, zustimmen werden.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Es ist namentliche Abstimmung beantragt über den Antrag der SPD Umdruck Nr. 617 Ziffer 34. Ich bitte die Herren Schriftführer, wie üblich zu verfahren.
Meine Damen und Herren, sind alle Stimmen abgegeben? — Dann bitte ich, mit der Auszählung zu beginnen.
Ich gebe in der Zwischenzeit das vorläufige Ergebnis *) der namentlichen Abstimmung zu dem Antrag Harig zu § 43 bekannt. Mit Ja haben gestimmt 12 Abgeordnete,
mit Nein 322, 2 haben sich der Stimme enthalten. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Ich lasse nunmehr abstimmen über den § 43, bezüglich dessen wir die Abstimmung ausgesetzt
*) Vgl. das endgültige Ergebnis Seite 10043, 8. Abstimmung.
.
Das Wort hat der Abgeordnete Harig.
Meine Damen und meine Herren! Es geht hier um den § 47.
— Ja, wenn Sie mich immer wieder unterbrechen, muß ich warten, bis wieder Ruhe im Hause vorhanden ist. Sehen Sie, hätten Sie jetzt eben meinem Antrag, den ich zu § 46 gestellt hatte, zugestimmt, dann brauchten wir uns um den § 47 gar nicht mehr zu bekümmern. Aber da Sie den Antrag, den ich zu § 46 gestellt hatte, abgelehnt haben, müssen wir uns jetzt mit § 47 beschäftigen.
Ich habe mir diesen Paragraphen sehr genau angesehen.
Dabei habe ich gefunden, daß der erste Absatz im Ausschuß wirklich gut durchdacht wurde. Die anderen drei Absätze sind aber weniger gut durchdacht worden,
weil ich nicht da war!
— Hätte man nämlich uns Kommunisten nicht die Fraktionseigenschaft genommen, dann wären wir noch Mitglied des Ausschusses, und dann hätte ich Ihnen, Herr Sabel, mit meinem Rat auch zur Verfügung stehen können.
— Ach, in Nordrhein-Westfalen haben Sie es jetzt auch gekonnt!
Kommen wir also zurück zu § 47.
Es heißt im § 47:
In den Gesamtbetriebsrat entsendet jeder Betriebsrat, wenn ihm Vertreter beider Gruppen . . . angehören, zwei seiner Mitglieder, wenn ihm Vertreter nur einer Gruppe angehören, eines seiner Mitglieder. Werden zwei Mitglieder entsandt, so dürfen sie nicht der gleichen Gruppe angehören. Jedes Mitglied des Gesamtbetriebsrats hat so viele Stimmen, als dem Betriebsrat, der es entsandt hat, Mitglieder seiner Gruppe angehören.
Ich habe nichts dagegen, wenn hier gesagt wird, daß jeder dieser aus den einzelnen Gruppen in den Gesamtbetriebsrat entsandten Delegierten so viel Stimmen hat, wie die Gruppe Mitglieder im Betriebsrat zählt. Und dennoch stimmt etwas in der Rechnung nicht. Wenn ich 20 Betriebe habe und in jedem dieser Betriebe zwei Gruppen im Betriebsrat vertreten sind, dann erscheinen in diesem Gesamtbetriebsrat 10 Angestelltenvertreter und 10 Arbeitervertreter. Sehen Sie, und das Plus haben die Angestellten, weil sie eine längere und bessere Argumentation führen können als die Mitglieder der Arbeitergruppe. Aus dem Grunde stimmt dieser erste Absatz des § 47 mit meiner Auffassung nicht überein.
Aber jetzt etwas zum zweiten Absatz des § 47. Es heißt dort:
Mitgliederzahl und Zusammensetzung des Gesamtbetriebsrats können durch Tarif vertrag oder Betriebsvereinbarung abweichend geregelt werden.
Ich bin der Meinung, daß der Absatz vollkommen überflüssig ist. Wenn Sie in § 46 des Gesetzes die Bildung von Gesamtbetriebsräten in diesem Gesetz zusichern und wenn Sie dann in § 47 im ersten Absatz festlegen, wer und wieviel in den Gesamtbetriebsrat kommen sollen und wie groß die Gruppenvertretung sein soll, dann ist doch alles in Ordnung! Warum denn dann noch diese Betriebsvereinbarungen oder Tarifvertragsregelungen? Das ist nach meiner Meinung überflüssig.
Der Gesamtbetriebsrat ist eine Körperschaft, die der Arbeiter- und Angestelltenschaft der einzelnen Betriebe Rechenschaft für ihr Tun und ihr Verhalten schuldig ist. Er setzt sich aus Verrtetern der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zusammen, und aus dem Grunde kann sich dieser Gesamtbetriebsrat auch eine Geschäftsordnung geben, ohne daß es notwendig ist, dies mit dem Unternehmen zu vereinbaren. Sie nehmen immer Rechte für sich in Anspruch, die Sie anderen vorenthalten, und nennen das dann Demokratie!
Ebenso verhält es sich mit Abs. 3 in § 47. Dort wird gesagt:
Gehören nach den Vorschriften des Abs. 1
dem Gesamtbetriebsrat mehr als 40 Mitglieder an und bestehen keine tarifvertraglichen
Bestimmungen über die Bildung eines Gesamtbetriebsrats, so ist zwischen Arbeitgeber
und Gesamtbetriebsrat eine Betriebsvereinbarung über Mitgliederzahl und Zusammensetzung des Gesamtbetriebsrats zu schließen. Ja, was wollen Sie denn damit sagen? Damit wollen Sie doch nur sagen: Das, was wir ihnen oben an Rechten zugestanden haben, beschneiden wir ihnen hier wieder! Wenn der Gesamtbetriebsrat stärker als 40 Personen ist — nun ja, dann lasse ich das nicht zu; es sei denn, du vereinbarst das mit mir und opferst vielleicht einige von den Beschäftigten an die Betriebsräte herangetragene Forderungen nach dem Grundsatz „eine Hand wäscht die andere!"
Nehmen wir einmal an, wir haben einen Konzernbetrieb — da die Potsdamer Beschlüsse nicht eingehalten worden sind, sind ja die Konzernbetriebe hier in unserer Republik nicht liquidiert worden —, in dem es 22 Betriebe gibt. Wenn sich hier nun der Betriebsrat aus Vertretern zweier Gruppen zusammensetzt, dann würde hier für den Gesamtbetriebsrat die Zahl von 44 Vertretern zustande kommen. Wenn sich nun der Unternehmer oder das Unternehmen nach dem Inhalt von § 47 nicht herablassen, mehr als 40 Mitglieder zuzugestehen, dann müßten zwei Betriebe vergewaltigt werden, indem man ihren Vertretern sagt: entweder geht ihr beide nach Hause, die ihr aus den Betrieben hierhergeschickt worden seid, oder aber es geht aus vier Betrieben je einer nach Hause! — Solch ein Unrecht wollen Sie den Arbeitnehmern zufügen, nachdem Sie vorher in § 46 großspurig den Eindruck von Demokratie zu erwecken versuchten. Aus all den Gründen, die ich, wenn es mir nicht um die Zeit ginge,
noch beliebig vermehren könnte, bin ich mit dem Inhalt dieses Paragraphen nicht einverstanden.
Wenn nun die sozialdemokratische Fraktion hier beantragt hat, in Abs. 2 die Worte „oder Betriebsvereinbarung" zu streichen, dann kann ich den Sozialdemokraten dieses Hauses sagen, daß ich damit nicht einverstanden bin.
Das genügt nicht. Man kann nicht nur die Worte „oder Betriebsvereinbarung" im Abs. 2 dieses Paragraphen streichen, sondern man muß den ganzen Absatz streichen.
Zum Abs. 4 des § 47 erkläre ich hier, daß ich mich den Ausführungen des Kollegen Richter anschließe. Aber ich habe anfangs schon betont, daß ich einen Abänderungsantrag vorbereitet habe,
und diesen Abänderungsantrag werde ich nun einreichen.
Der Antrag hat folgenden Wortlaut:
§ 47 Abs. 1 wird wie folgt geändert:
In den Gesamtbetriebsrat entsendet jeder Betriebsrat gemäß der Stärke seiner Belegschaft Vertreter. Im Gesamtbetriebsrat ist die Minderheitengruppe entsprechend ihrer Stärke zu berücksichtigen.
Abs. 2 wird gestrichen.
Abs. 3 wird gestrichen.
Abs. 4 wird gestrichen.
Ich bitte, diesem meinem Antrag Ihre Zustimmung nicht zu versagen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ehe wir über diese Anträge abstimmen, gebe ich das vorläufige Abstimmungsergebnis*) der namentlichen Abstimmung zu dem Abänderungsantrag zu § 46 bekannt. Mit Ja haben gestimmt 125, mit Nein 203 Mitglieder des Hauses. Ein Mitglied des Hauses hat sich der Stimme enthalten. Von den Berliner Abgeordneten haben 3 mit Ja und 5 mit Nein gestimmt. Damit ist der Abänderungsantrag abgelehnt.
Ich lasse nun zunächst abstimmen über § 46 in der Ausschußfassung. Wer einverstanden ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe. — Enthaltungen? — Gegen Enthaltungen angenommen.
Zu dem Antrag Umdruck Nr. 617 Ziffer 35 ist namentliche Abstimmung beantragt. Ich lasse aber zunächst abstimmen über den Antrag, den der Kollege Harig soeben verlesen hat. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe. — Enthaltungen? — Der Antrag ist abgelehnt.
Nun zur namentlichen Abstimmung über den Antrag auf Umdruck Nr. 617 Ziffer 35. Ich bitte die Herren Schriftführer, mit den Urnen durch den Saal zu gehen.
Hat ein Mitglied des Hauses seinen Stimmzettel noch nicht abgegeben? — Sind alle Stimmzettel abgegeben? — Dann bitte ich, mit der Auszählung zu beginnen.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Krone.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, man kann der heutigen Beratung nicht nachsagen, daß nicht genügend Freiheit der Diskussion gegeben worden sei. Es dient, glaube ich, der Orientierung des gesamten Hauses, wenn ich namens der Koalition feststelle, daß die Koalition gewillt ist, das Gesetz noch vor den Ferien zu verabschieden, und daß wir deshalb gegebenenfalls den Antrag stellen werden, am Samstag eine Sitzung zur dritten Lesung abzuhalten.
Wir schlagen vor, daß wir heute bis 11 Uhr tagen und morgen früh um 9 Uhr beginnen.
— Herr Kollege Wehner, 9 Uhr genügt auch für
eine ausgiebige Redezeit Ihrer Fraktion. Wenn wir
um 9 Uhr fortfahren, haben wir genügend Zeit.
Wir können dann eine Reihe anderer Punkte zugunsten dieses Gesetzes absetzen. Ich behalte mir
also namens der Koalition vor, den Antrag zu
stellen, am Samstag die dritte Lesung zu halten.
*) Vgl. das endgültige Ergebnis Seite 10043, 9. Abstimmung.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Mellies.
Meine Damen und Herren, Sie brauchen auf der Regierungsseite keine Sorge zu haben, daß Sie uns mit einer weiteren Sitzung schrecken können. Wir haben bisher nur immer festgestellt, daß es bei Ihren Freunden in der Regel so war, daß Sie darauf drängten, möglichst bald Schluß zu haben in diesem Hause, damit Sie nach Hause fahren konnten. Im übrigen, Herr Kollege Krone, glaube ich, daß es ja auch angesichts der ganzen Zusammenarbeit, die bisher dagewesen ist — Herr Schröder weiß das nicht und kennt das nicht; er ist im Ältestenrat nicht zugegen gewesen, und anscheinend legt er Wert darauf, als neuer zweiter Vorsitzender der Fraktion hier eine neue Tonart anzuschlagen — —
Bei der sonstigen Zusammenarbeit, die wir gehabt haben, wäre es ja wohl wünschenswert gewesen, Sie hätten den Vorschlag, den Sie jetzt gemacht haben, uns vorher schon zukommen lassen, Sie hätten uns mindestens vor 7 Uhr davon in Kenntnis gesetzt, daß die im Ältestenrat getroffene Vereinbarung nicht innegehalten wird.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete von Brentano.
Meine Damen und Herren! Ich möchte dem Herrn Kollegen Mellies zwei Dinge sagen. Zunächst: der Herr Präsident Ehlers hat mit — wenn ich recht unterrichtet bin — Herrn. Ollenhauer über diese Frage gesprochen.
Bitte keine privaten Unterhaltungen!
Wenn das nicht zutrifft, bedaure ich das; dann bin ich falsch unterrichtet; dann irre ich mich.
Dann kann ich nur feststellen, daß wir rechtzeitig gesagt haben, daß wir fortfahren wollen. Aber diese Frage scheint mir erledigt zu sein.
Ich möchte zu dem zweiten Punkt dem Herrn Kollegen Mellies antworten, daß ich mir eine Kritik an den Mitgliedern meiner Fraktion in dieser Tonart verbitte.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Ehlers.
Meine Damen und Herren! Ich schätze es nicht, in persönlichen Dingen Erklärungen abzugeben. Da in Zweifel gezogen ist, daß ich mit Herrn Kollegen Ollenhauer gesprochen habe, möchte ich — und Herr Kollege Ollenhauer wird mir das bestätigen — sagen: Ich habe ihn während des Mittagessens gebeten, zu helfen, daß wir entsprechend der Planung bis 19 Uhr fertig werden, da ich sonst — und zwar den Ausländern gegenüber — in die peinliche Lage versetzt würde, den Empfang abzusagen. Ich glaube, das konnte nur den Sinn haben, daß ich die Möglichkeit andeutete, man müßte weitertagen.
Das Wort hat der Abgeordnete Ollenhauer.
Meine Damen und Herren! Ich bedaure diesen letzten Teil der Aussprache außerordentlich. Ich habe nicht bestritten, daß der Herr Präsident Ehlers heute mittag mit mir gesprochen hat. Er hat mir mitgeteilt, er lege Wert darauf, daß wir bis um 7 Uhr diesen Tagesordnungspunkt beenden könnten. Ich habe ihn darauf hingewiesen, daß wir als sozialdemokratische Fraktion nicht die Absicht hätten, bei dieser Gesetzesberatung Obstruktion zu üben,
aber daß wir uns angesichts der Bedeutung dieses Gesetzes vorbehalten müßten, all unsere Anträge zu begründen. Sie werden uns bestätigen müssen, daß wir uns im Rahmen dieser Erklärung gehalten haben.
Zweitens möchte ich feststellen, daß über die frage des weiteren Verlaufs der Sitzung nach 19 Uhr zwischen dem Herrn Präsidenten und mir nicht ein einziges Wort gewechselt worden ist.
Das geht schon daraus hervor, daß der Herr Präsident mich gefragt hat, ob er etwa um 16 Uhr in dieser Sache noch einmal an mich herantreten könnte. Das ist nicht geschehen. Wir haben nichts anderes erfahren, als daß wir um 19 Uhr, als unser Kollege Mellies an den Ältestenratbeschluß erinnerte, darüber informiert wurden, daß die Koalitionsparteien — entgegen der bisherigen Übung —, ohne auch nur ein Wort mit uns zu sprechen, zur Meinung gekommen waren, ' über 19 Uhr hinaus zu tagen. Ganz unabhängig von dem materiellen Inhalt unserer Verhandlungen stelle ich fest, daß Sie nicht nur in der Art und Weise, wie Sie jetzt die zweite und dritte Lesung dieses Gesetzes erzwingen wollen, sondern auch in Bezug auf die gute parlamentarische Durchführung unserer Arbeit, Wege eingeschlagen haben, die wir bisher in diesem Hause nicht gewohnt gewesen sind.
Ich rufe § 48 auf. Hierzu ist kein Antrag angekündigt worden. Wortmeldungen liegen nicht vor.
Ich lasse abstimmen. Wer für die Annahme des
48 in der Ausschußfassung ist. den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen!
Es ist ein Antrag angekündigt, nach § 48 einen Paragraphen 48 a einzufügen, Umdruck Nr. 617 Ziffer 36.
Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Richter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der § 48 a, den wir in unserem Änderungsantrag Umdruck Nr. 617 Ziffer 36 beantragen, hat folgenden Wortlaut:
Für die Gesamtbetriebsräte bei den Unternehmen und Verwaltungen des Bundes, der Länder und der Gemeinden werden die Bestimmungen über Aufbau, Befugnisse und Aufgaben durch Vereinbarungen zwischen den Gewerkschaften und den Arbeitgebern geregelt. Im übrigen gelten die §§ 46 bis 48 entsprechend.
Meine Damen und Herren, Sie werden mir gestatten, daß ich Ihnen die in diesem Antrag liegende Tendenz und Absicht etwas erläutere. Sie haben sich eben, als mein Kollege Ollenhauer davon gesprochen hat, daß wir unsere Anträge klar, sachlich und einwandfrei begründet haben, von dieser Seite des Hauses Zwischenrufe erlaubt. Ich will gern zugeben, daß die Materie schwierig und kompliziert ist und daß sie nicht jedermanns Sache ist; denn Sie haben andere Sorgen und Aufgaben, als sich mit dem Recht der Arbeitnehmer zu befassen. Für Sie gibt es sicherlich Interessanteres und Wesentlicheres als das. Aber die Aufgaben der einzelnen Menschen sind verschieden.
— Ich sage damit nicht, Herr Kollege Wellhausen, daß Ihre Aufgaben untergeordneter Art sind.
— Ich bin auch nicht der Auffassung gewesen, daß Sie den Zwischenruf bei dem Kollegen Ollenhauer gemacht haben. Das glaube ich bestimmt nicht; da würde ich mich sehr täuschen, Herr Kollege Wellhausen. Es waren andere Damen und Herren, denen meine Ausführungen gegolten haben, nicht Ihnen persönlich, Herr Kollege Wellhausen.
Weil dem aber so ist, müssen Sie uns gestatten, daß wir diese Dinge klar und unmißverständlich hier erläutern. Denn jeder will doch wissen, über was er abstimmt, jeder hat doch das Recht, sich über die Tragweite seiner Entscheidungen zu orientieren. Wir haben am Montag die Drucksache Nr. 3585 bekommen, außerdem noch mehrere Dutzend andere Drucksachen. Welche Fraktion, wer von den Damen und Herren dieses Hohen Hauses war denn in der Lage, sich mit dieser Drucksache Nr. 3585 eingehend zu befassen? Derjenige, der dem Ausschuß für Arbeit und dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik nicht angehört, und der, der diesen Ausschüssen angehört, aber an den Sitzungen nicht regelmäßig teilgenommen hat, kann doch diese Materie gar nicht kennen. Deshalb verstehe ich einfach nicht, daß Sie sich erregen und hier große Geschäftsordnungsdebatten organisieren und noch Vorwürfe machen,
in einer Art und Weise, die doch wirklich unverständlich ist.
- Ich versuche doch nur zu begründen, warum ich diese Ausführungen zu diesen Bestimmungen machen muß.
Das ist doch das ganze Problem. Warum machen Sie denn alle diese Zwischenrufe? Seien Sie doch etwas duldsam. Das ist doch viel schöner, als so streitsüchtig zu sein.
Mit dem von uns beantragten § 48 a wollen wir, daß nicht nur bei den Unternehmen der privaten Wirtschaft ein Gesamtbetriebsrat gebildet werden kann, sondern daß dies auch für die Unternehmen und Verwaltungen des Bundes, der Länder und der Gemeinden gilt. Sie wissen aus der Vergangenheit, daß schon der Gesetzgeber von 1920 gezwungen war, für diese Unternehmen und Verwaltungen der Kommunen und des Reiches, wie es damals hieß, also der Eisenbahn und der Post, besondere ergänzende Bestimmungen zu erlassen, d. h. daß diesen Verwaltungen und Arbeitgebern das Recht gewährt werden mußte, durch besondere Vereinbarungen abweichende Bestimmungen zu treffen. Bekanntlich galten auch für das Baugewerbe abweichende Bestimmungen, und es wurden andere Organe für die Vertretungen der Arbeitnehmerschaft gebildet.
Das ist unsere Absicht, die wir mit dem § 48 a verfolgen. Da Sie ja mit uns grundsätzlich der Auffassung sind, daß durch Vereinbarungen der Gewerkschaften und der Arbeitgeber die Bestimmungen über Zusammensetzung und Mitglieder- zahl abgeändert werden können, so sollten Sie das gleiche hinsichtlich des Aufbaus, der Befugnisse und der Aufgaben für die Gesamtbetriebsräte der öffentlichen Verwaltung gelten lassen.
Im Grundsatz sind wir sicherlich einig. Es bedarf bei Ihnen nur noch des guten Willens, auch für die Unternehmen und Verwaltungen der öffentlichen Hand einen Gesamtbetriebsrat zuzulassen. Deshalb haben wir diesen Antrag auf Einfügung eines § 48 a gestellt. Ich bitte Sie, diesem Antrag zuzustimmen.
Da aber dieser ganze Fragenkomplex des Gesamtbetriebsrats und ganz besonders dieser Paragraph wichtig ist, beantrage ich auch hierüber namentliche Abstimmung.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich gebe zunächst das vorläufige Ergebnis*) der namentlichen Abstimmung zu Ziffer 35 des Antrags Umdruck Nr. 617 bekannt. Mit Ja haben 125, mit Nein 202 Mitglieder des Hauses gestimmt, eines hat sich der Stimme enthalten. Von den Berliner Abgeordneten haben 3 mit Ja und 6 mit Nein gestimmt. Der Änderungsantrag ist damit abgelehnt.
Ich lasse abstimmen über § 47 in der Ausschuß-fassung. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? Das erste war die Mehrheit. Gegen Enthaltungen angenommen.
Zu § 48 a ist namentliche Abstimmung beantragt.
Ich bitte die Herren Schriftführer, wieder durch die Reihen zu gehen.
*) Vgl. das endgültige Ergebnis Seite 10043, 10. Abstimmung.
Meine Damen und Herren, hat ein Mitglied des Hauses seinen Stimmzettel noch nicht abgegeben? — Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen.
Ich rufe nun auf § 49. Hier ist ein Änderungsantrag angekündigt, Ziffer 37 des Umdrucks Nr. 617. Wer begründet diesen Antrag? — Das Wort zur Begründung hat Herr Abgeordneter Richter.
— Ich bitte um Entschuldigung. Das Wort zur Begründung hat Herr Abgeordneter Preller.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem § 49 kommen wir an den eigentlichen Gehalt dieses Gesetzes, das ja nach den Vorlagen der Regierung, der CDU und der SPD von vornherein als ein Gesetz über die Mitbestimmung gedacht war und heute noch gedacht ist. Die Überschrift dieses Teiles, der mit § 49 beginnt, „Mitwirkung und Mitbestimmung der Arbeitnehmer" sagt allerdings, daß es sich hier nicht nur um Mitbestimmung sondern auch um Mitwirkung handeln soll. Die eigentliche Tendenz dieses Entwurfs wird dadurch gekennzeichnet, daß hier beide Worte zur Anwendung kommen. Zunächst war nur an ein Gesetz über die Mitbestimmung gedacht.
Der § 49 beginnt nun im ersten Absatz damit, daß Arbeitgeber und Betriebsrat im Rahmen der geltenden Tarifverträge vertrauensvoll und im Zusammenwirken mit den Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen zusammenarbeiten sollen. Damit ist etwas angesprochen, was im Ausschuß von den Regierungsparteien als der Grundgedanke der Partnerschaft bezeichnet worden ist. Meine Damen und Herren, wer wie ich die Entwicklung des Betriebsrätegesetzes von 1920 fast von Anfang an in der Praxis als Gewerbeaufsichtsbeamter, der damals das durchzuführen hatte, was das Betriebsrätegesetz von 1920 festgelegt hatte, mitgemacht hat, der weiß, daß ein solches Gesetz einer langen, ja, ich kann sagen, einer langsamen Entwicklung bedarf.
Sie entsinnen sich vielleicht noch, daß das Gesetz von 1920 im Reichstag oder vor dem Reichstag sogar zu blutigen Zusammenstößen geführt hat, daß damals dieses Gesetz in der Öffentlichkeit durchaus umstritten war, selbst bei den Gewerkschaften. Erst allmählich ist innerhalb der Arbeitnehmerschaft, aber ich muß auch sagen, innerhalb der Arbeitgeberschaft das Betriebsrätegesetz zu dem geworden, was wir dann vor der nationalsozialistischen Machtergreifung im Betriebsrätegesetz gekannt haben, nämlich, was hier in Abs. 1 ausgedrückt ist: die vertrauensvolle Zusammenarbeit im Betrieb. Ich mache diese Bemerkung, um Ihnen gerade an diesem Beispiel einer praktischen Entwicklung, die ich selbst erlebt habe, darzutun, daß es nicht so sehr auf den Wortlaut eines Gesetzestextes ankommt, etwa auf die Forderung, die hier aufgestellt ist, daß Betriebsrat und Arbeitgeber vertrauensvoll zusammenarbeiten sollen, sondern daß es darauf ankommt, wie die Praxis verläuft. Ich bin der Auffassung, und zwar eben auf Grund dieser Erfahrung, daß wir mit solchen Worten wie dem Wort „vertrauensvoll" nicht eine Praxis schaffen können; eine Praxis kann sich nur im Betrieb selbst ergeben.
Wie ist es denn damals gewesen? Die Arbeitgeber haben das Betriebsrätegesetz zunächst einmal abgelehnt, sie haben gerade diese Zusammenarbeit nicht haben wollen. Erst allmählich haben die Arbeitgeber eingesehen und sozusagen begriffen, daß mit diesem Instrument des Betriebsrates zu arbeiten sei, ja, daß dieser Betriebsrat im Betrieb eine sehr wertvolle und nützliche Funktion ausübe. Uns scheinen diese Dinge heute selbstverständlich zu sein. Aber es erscheint mir nötig, daran zu erinnern, daß hier eine Entwicklung sich vollzog, die sich über fast ein Jahrzehnt hingezogen hat. Wenn nun in diesem Betriebsverfassungsgesetz, das zweifellos wiederum, ähnlich wie das Gesetz von 1920, etwas Neues bringen will, im Anfangsparagraphen zum eigentlichen Mitbestimmungsrecht festgelegt, sozusagen verordnet wird, daß Arbeitgeber und Betriebsrat vertrauensvoll miteinander zu sprechen haben, so scheint mir das ein wenig eigenartig. Denn man kann nicht verordnen, daß zwei Menschen vertrauensvoll miteinander zu arbeiten haben. Das muß sich ergeben, das muß aus der Praxis herauswachsen. Deshalb — entschuldigen Sie! — ist dieses Wort hier im Grunde nichts anderes als Deklaration, vielleicht sogar eine Deklamation; und mir scheint es wenig angebracht, daß wir einen so wichtigen Abschnitt mit etwas beginnen, was ich eben zwangsläufig als eine Deklamation bezeichnen mußte.
Dasselbe gilt für die Reihenfolge der sonstigen Leistungen, die von Arbeitgeber und Betriebsrat hier erwartet werden. Da heißt es:
Arbeitgeber und Betriebsrat arbeiten ... zum Wohl des Betriebs und seiner Arbeitnehmer unter Berücksichtigung des Gemeinwohls zusammen.
Meine Damen und Herren, man wäre geneigt, auf die Frage einzugehen, welche Stellung denn eigentlich der Betrieb heute in irgendeiner Volkswirtschaft hat. Ist er denn isoliert? Ist denn dieser Betrieb noch ein Gebilde, das allein auf sich steht und das handeln kann unabhängig von den benachbarten Betrieben, unabhängig von der Gemeinde, in der dieser Betrieb liegt, unabhängig von der gesamten Wirtschaft dieser Branche, unabhängig von der gesamten Volkswirtschaft? Wir wissen doch alle, daß es einen solchen Betrieb nicht mehr gibt, daß selbst Monopolbetriebe heute nicht mehr in der Lage sind, sich isoliert von der Wirtschaft zu bewegen. Aber hier in diesem Absatz wird der Betrieb an den Anfang gesetzt, und es wird gesagt: Arbeitgeber und Betriebsrat haben zum Wohl des Betriebs und seiner Arbeitnehmer zu arbeiten. Erst an zweiter Stelle steht, daß sie dies zu tun hätten unter Berücksichtigung des Gemeinwohls. Meine Damen und Herren, schon nach unserer Verfassung, nach dem Grundgesetz, hat das Gemeinwohl, das allgemeine Wohl, vor jedem individuellen Wohl zu stehen, erst recht in einem Betriebe und bei der Arbeit, die ein Betrieb zu leisten hat. Deshalb erscheint es uns unverständlich, daß diese wichtigen Worte: „unter Berücksichtigung des Gemeinwohls" hier erst am Ende dieses ganzen, etwas ausführlichen Absatzes stehen. Nein, was Betrieb und Arbeitgeber zu tun haben, ist, daß sie nicht in erster Linie an sich selbst zu denken haben, sondern daß in erster Linie das Gemeinwohl zu stehen hat, das Gemeinwohl, dem auch der Betrieb selbst zu dienen hat.
Deshalb meinen wir, daß die Aufgaben, die hier Betriebsrat und Arbeitgeber gesetzt sind, beginnen müssen mit der Berücksichtigung des Gemeinwohls, und erst unter diesem allgemein gefaßten Gesichtspunkt kann dann und muß dann allerdings auch an den Betrieb gedacht werden, an den Betrieb und an seine Arbeitnehmer. Denn auch wenn dieses Gesetz Betriebsverfassungsgesetz genannt ist, so bleibt es doch dabei, daß es in erster Linie erlassen wird, um den Arbeitnehmern im Betriebe bestimmte Möglichkeiten — ich möchte gar nicht einmal allein sagen Rechte, sondern Möglichkeiten — und Befugnisse zu geben. Das ist das Neue. Deswegen ist es ein Gesetz, das nicht für die Arbeitgeber gemacht wird und gar nicht für Arbeitgeber gemacht werden kann, sondern das für Arbeitnehmer in allererster Linie dazusein hat.
Ich glaube, wir sollten uns gerade bei diesem Paragraphen an diesen Sinn des Gesetzes erinnern. Denn nur so kommen wir zu einer richtigen Formulierung der Gesamtaufgaben, die zunächst einmal unter dem Begriff Allgemeines in diesem Paragraphen festgelegt sind. Ich sagte, das Gemeinwohl hat am Anfang zu stehen, und erst im Rahmen dieses Gemeinwohls können der Betrieb und seine Interessen kommen.
Diese Interessenvertretung soll nun hier der Arbeitnehmerschaft, vertreten durch den Betriebsrat, auferlegt werden. Es ist sehr schwierig, sich vorzustellen, welche Art Aufgaben unter dieser Version eigentlich dem Arbeitnehmer, dem Betriebsrat zufallen sollen. Soll er etwa Unternehmer- oder Arbeitgeberaufgaben erfüllen? Wenn wir die anderen Paragraphen ansehen, die darauf folgen, dann sehen wir — mindestens gerade nach diesem Entwurf — daß dem Betriebsrat irgendwelche Funktionen unternehmerischer Art gar nicht übertragen werden, ja gar nicht übertragen werden sollen, und doch soll demselben Betriebsrat in § 49 Abs. 1 auferlegt werden, daß er zum Wohle des Betriebs zu arbeiten hätte! Wenn er nicht die Funktion des Unternehmers selbst ausüben kann oder darf, wird es für ihn sehr schwierig sein, seine Arbeitnehmeraufgaben mit dem Wohle des Betriebs in diesem Sinne zu vereinen. Denn ich könnte mir durchaus denken, daß diese beiden Begriffe sich gegenseitig stoßen. Ich könnte mir vorstellen, daß ein Arbeitnehmer, ein Betriebsrat, Dinge durchzuführen oder sich mit Angelegenheiten zu befassen hat, die nicht immer mit dem Interesse dieses Einzelbetriebs in vollem Einklang stehen oder stehen können, weil dieser Betriebsrat als Vertretung der Belegschaft, als Vertretung der Arbeitnehmerschaft ja zunächst einmal diese Arbeitnehmerschaft zu vertreten hat und weil diese Arbeitnehmerschaft neben ihrem Interesse, das aus dem Betrieb kommt, gleichzeitig überbetriebliche Interessen hat.
Heute morgen, als über die etwaige Vertagung dieses Tagesordnungspunktes gesprochen wurde, hat mein Freund Willi Richter unter anderem darauf hingewiesen, daß wir heute nur über einen Teil der Anträge, die seinerzeit dem Ausschuß vorlagen, zu sprechen haben. Der andere Teil nämlich, der sich mit dem sogenannten überbetrieblichen Mitbestimmungsrecht zu befassen hat, ist hier gar nicht vorgelegt worden. Der Fehler des Ausschusses war so beträchtlich, daß der Herr Präsident des Bundestages den Vorsitzenden des Ausschusses darauf aufmerksam machen und ermahnen mußte, er selbst hätte im Laufe dieser
Debatte noch einen Antrag einzubringen, aus dem hervorgehe, daß es sich hier nur um einen Teil handele. Ich erinnere an diese Vorgänge von heute morgen in diesem Zusammenhang; denn hier tritt nun der Zusammenhang deutlich zutage. Er wird noch bei dem wirtschaftlichen Mitbestimmungsrecht im einzelnen ebenfalls deutlich werden. Aber schon hier erkennen wir, daß der Betriebsrat auch Aufgaben haben sollte, die mit dem überbetrieblichen Mitbestimmungsrecht zusammenhängen. Woher soll denn der Betriebsrat eigentlich seine Gesichtspunkte für die Durchführung des nun kommenden Kapitels finden, nämlich für die Frage nicht nur des personellen und sozialen, sondern vor allem als Kernpunkt des ganzen auch für die Durchführung des wirtschaftlichen Mitbestimmungsrechts.
Wenn wir den vorliegenden Wortlaut in der vorliegenden Reihenfolge vollkommen ernst nehmen wollten, dann wäre der Betriebsrat gehalten, sich etwa so zu verhalten wie seinerzeit die Betriebsräte — leider, muß ich sagen — sich zum Teil vor der Währungsumstellung verhalten haben. Ich erinnere an die Zeit der Kompensation, wo Betriebsegoismus vor dem Gemeinwohl gestanden hat. Wenn Sie nun hier das Wohl des Betriebes vor das Gemeinwohl setzen, dann ermuntern Sie praktisch den Betriebsrat, sich so zu verhalten wie seinerzeit seine Kollegen vor der Währungsreform. Ich bin überzeugt, daß Sie das nicht wollen. Ich bin überzeugt, daß wir alle das nicht wollen; aber daraus müssen die Konsequenzen gezogen werden.
Wir wissen alle, daß in der Auslegung eines Gesetzes solche Reihenfolgen einen bestimmenden Charakter für die Auslegung einnehmen. Aus diesem Grunde möchten wir die andere Reihenfolge haben, die wir in unserem § 49 Abs. 1 festgelegt haben, wo wir gesagt haben: Betriebsrat und Arbeitgeber arbeiten unter Berücksichtigung des Gemeinwohles zusammen zum Wohle des Betriebes und seiner Arbeitnehmer. Mit einer solchen Reihenfolge haben Sie das rechte Maß gewonnen. Wie überall, kommt es gerade bei solchen Bestimmungen, die Neues schaffen wollen, auf das richtige Maß an.
Gerade bei Betriebsräten wissen wir ja — und auch das kann ich hier ruhig aussprechen —, daß nicht jeder Betriebsrat von vornherein weiß, wie diese Dinge gehandhabt werden sollen. Ihm sollen hier an dieser Stelle die notwendigen Weisungen gegeben werden. Sie werden ihm gegeben, wenn das Gemeinwohl vor das Wohl des Betriebes gesetzt wird.
Ich möchte außerdem sagen, daß wir aus den Gründen, die ich vorhin genannt habe, uns nicht damit einverstanden erklären können, daß hier eine Deklaration mit dem Worte „vertrauensvoll" vorgenommen wird, die nichts anderes als eine Deklaration bleiben kann. Wir möchten und wünschen, daß die Betriebsräte mit den Arbeitgebern — und hier möchte ich auch umgekehrt sagen: die Arbeitgeber mit den Betriebsräten — vertrauensvoll arbeiten. Wer die Zeit vor 1933 mitgemacht hat, weiß, daß dies möglich ist. Er weiß, daß diese vertrauensvolle Zusammenarbeit aus dem Zusammenwirken im Betrieb sich allmählich mit einer gewissen Sicherheit ergibt, vor allen Dingen dann ergibt, wenn der Betriebsrat die Möglichkeit hat, sich auch mit allen Fragen des Betriebes wirklich zu beschäftigen.
Wir kommen noch auf eine Reihe von Bestimmungen, die diese Voraussetzungen geben wollen
und bei denen wir glauben, daß die Voraussetzungen schärfer gefaßt werden müssen. Denn wenn ein Betriebsrat diese vertrauensvolle Zusammenarbeit haben soll, dann muß er auch über gewisse Interna des Betriebs unterrichtet sein. Ist er das nicht, liegen ihm nicht die Lohn- und Gehaltslisten vor, kann er die Bilanzen nicht voll einsehen usw., wenn das alles nicht der Fall ist, dann ist dieses Wort „vertrauensvoll" eine Deklamation und nichts weiter. Da Sie vorläufig in Ihrem Entwurf, wie er von der Mehrheit gestaltet worden ist, gerade diese entscheidenden Rechte des Betriebsrats auf Einsicht in alle Unterlagen nicht bzw. nicht ausreichend gegeben haben, ist dieses Wort „vertrauensvoll" hier fehl am Platze. Wir sind der Auffassung, daß dieses Wort aus diesem Grunde hier nicht stehen sollte.
— Ach, Herr Walter, dadurch wird Ihre Sache
nicht besser, daß Sie törichte Zwischenrufe machen.
Hier handelt es sich um eine sehr ernste Angelegenheit, und Sie, der Sie einmal der Gewerkschaft angehört haben, Sie sollten weiß Gott wissen, daß diese Angelegenheiten ernst sind.
— Herr Atzenroth, Sie haben sich in Ihren Reden auch gelegentlich wiederholt, und ich kann nichts dafür, wenn ich hier, gelegentlich und immer wieder auf das Betriebsrätegesetz zurückgreifen muß. Ich werde Ihnen aber gleich, weil Sie es wünschen, erklären, weshalb ich auf das Betriebsrätegesetz hier noch einmal zurückkommen muß.
Dieses Betriebsrätegesetz von 1920 nämlich hat ja seinerzeit in § 66 ähnliche Bestimmungen getroffen, wie sie nun hier formuliert worden sind. D. h. die Begriffsbestimmungen, die damals gewählt worden sind, lauteten ein wenig anders. In den Ziffern 3 und 6 des § 66 war einmal davon die Rede, daß der Betriebsrat dafür zu sorgen habe, daß der Betrieb vor Erschütterungen bewahrt bleibe. In Ziffer 6 war gesagt, daß der Betriebsrat u. a. für das notwendige Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat sowie Belegschaft zu sorgen hätte.
Was sind die Folgen solcher gesetzlicher Formulierungen und Festlegungen gewesen? Die Folgen dieser Formulierungen waren, daß zwar die Rechtswissenschaft — ich habe den Kommentar von Flatow, den die meisten Älteren von Ihnen ja kennen werden, vor mir — sagte: Damit ist ähnlich wie die tarifliche Friedenspflicht nun eine betriebliche Friedenspflicht festgelegt und stipuliert, d. h. genau dasselbe, was in diesem ersten
Satz des zweiten Absatzes von § 49 festgelegt worden ist, wo ebenfalls gesagt wird, der Betriebsrat habe dafür zu sorgen, daß der Friede des Betriebes nicht gefährdet werde. Und nun haben sich die Gerichte mit diesen Dingen zu befassen und festzustellen gehabt, wie diese Worte, die damals „Erschütterung des Betriebes und „Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat" hießen, auszulegen seien. Sie haben sich dann, gestützt auf eine Auslegung im Zusammenhang mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch, insbesondere mit den §§ 823 und 826 des BGB, damit beschäftigt, inwieweit Schadensersatzprozesse gegen Betriebsratsmitglieder auf Grund der hier vorliegenden damaligen Bestimmungen durchzuführen seien. Flatow gibt im Jahre 1927 — ich habe leider den späteren Kommentar verloren — allein etwa 10 Seiten Urteile, eng bedruckt, wieder, die sich mit dieser Auslegungsfrage befassen.
Die Gerichte haben zu tun bekommen, und durchaus nicht nur im Sinne und zum Nutzen der Betriebsräte. Diejenigen, die damals, wie ich selbst als Beamter zum Teil, mit diesen Dingen zu tun hatten, wissen, daß diese Bestimmungen, die wohlgemeint gewesen waren, sich damals in einer großen Zahl von Fällen als eine wahre Fußangel für die Betriebsräte erwiesen haben.
Wir haben Oberlandesgerichtsurteile und wir haben Reichsgerichtsurteile gehabt, die sich damit beschäftigt haben. Z. B. hat das Reichsgericht zum Begriff der Sittenwidrigkeit nach § 826 des BGB damals in bezug auf die Betriebsräte und ihre Tätigkeit davon gesprochen, daß Sittenwidrigkeit
— also eine Verfehlung des Betriebsrats, die zu ahnden wäre und die gegebenenfalls zu Schadensersatz führen müßte — bereits dann vorliege, wenn Mittel wie wahrheitswidrige und aufhetzende Darstellungen angewendet würden.
Das klingt, als wenn es sehr in Ordnung wäre. Die Praxis hat aber anders ausgesehen. Die hier anwesenden Betriebsräte und Gewerkschaftler, die wir ja erfreulicherweise in allen Fraktionen haben, werden mir bestätigen, daß gerade damals solche Urteile dazu geführt haben, daß etwa der Bericht eines Betriebsrats über eine Tarifverhandlung vom Arbeitgeber dazu benutzt worden ist, um ihm ein sittenwidriges Verhalten vorzuwerfen und um ihn entfernen zu können.
Oder ich denke etwa an die Berichte eines Betriebsrats über seine Verhandlungen mit dem Arbeitgeber. Hier lag dasselbe vor; er hat mit dem Arbeitgeber über dies und jenes gesprochen.
- Nein, Kollege Arndgen! Wir sind nicht in der ADA, obwohl es nützlich ist, daß dort den Betriebsräten einiges gesagt wird, wie Sie ja selbst als Minister die ADA gefördert haben. Aber immerhin glaube ich, daß wir bei dieser Angelegenheit uns doch einmal damit beschäftigen müssen, was Ihre Fassung, Kollege Arndgen, für die Betriebsräte künftig bedeuten wird.
Und so glaube ich, daß wir uns gerade mit der früheren Rechtsprechung beschäftigen müssen, um zu erkennen, was denn eigentlich dieser Satz bedeutet, der hier in das Gesetz hineingebaut werden soll. Er bedeutet eben, daß dem Betriebsrat auf diese Weise die Möglichkeit genommen wird, wirklich zu arbeiten, wie er es für erforderlich hält.
Meine Damen und Herren! Ich sage wirklich nichts Neues, wenn ich darauf hinweise, daß es zwar sehr viele Betriebsräte gibt, die ihre Aufgabe gut zu erfüllen vermögen, daß wir neben ihnen aber andere Betriebsräte haben, die erst in ihre Aufgaben hineinwachsen und sie erst erlernen müssen. Gerade jetzt nach den letzten fünf oder sieben Jahren müssen wir ja sehen, daß wir erst wieder Menschen heranbilden, die diese Funktionen auszuüben vermögen, nachdem die mittlere Generation durch den Krieg ausgefallen ist. Da passiert es natürlich auch einmal, daß ein Betriebsrat im besten Glauben über das notwendige und erforderliche Maß hinausgeht. Wenn er dies aber tut, dann wird ihm von einem Arbeitgeber, der nun eine Gelegenheit sucht, durch den Satz 1 des Abs. 2 gegebenenfalls eine Schlinge gelegt. Denn wenn es dort heißt, daß der Betriebsrat alles zu unterlassen hat, was geeignet sei, die Arbeit und den Frieden des Betriebes zu gefährden, dann entspricht dieser Wortlaut zwar nicht den Worten, wohl aber dem Sinn nach dem, was im alten Betriebsrätegesetz in den genannten Bestimmungen enthalten war. Dann wird die Urteilsfindung sich wieder mit einem gewissen Recht auf die alte Rechtsprechung beziehen, und dann werden die hier vorhin geschilderten Rechtsauslegungen wieder zum Zuge kommen können und kommen müssen.
Aus diesem Grunde glauben wir, daß dieser Satz 1 des Abs. 2 nicht dem entspricht, was den wahren Erfordernissen des Betriebsrats, aber auch des Betriebes selbst, dient. Denn wenn der Arbeitgeber die Möglichkeit hat, mit solchen Bestimmungen auch gegen den Betriebsrat vorzugehen, dann ist der Friede des Betriebes nicht gesichert, sondern dann ist er schon durch diese Bestimmung gefährdet. Aus diesem Grunde, gerade weil wir die Sicherung des Friedens und der Arbeit im Betriebe für eine vordringliche Aufgabe des Betriebsrats halten, möchten wir diesen Satz 1 gestrichen haben. Wir bitten Sie aus diesem Grunde, dem Abs. 2 lediglich die Sätze 2 und 3 des bisherigen Abs. 2 zu geben in einer stilistisch etwas anders geformten Fassung.
Meine Damen und Herren! Die Absätze 3 und 4, die von der Anrufung der Schiedsstellen und den vorhergehenden Verhandlungen mit dem Arbeitgeber sprechen, glauben wir nicht ändern zu sollen. Sie entsprechen in etwa dem, was erforderlich erscheint.
Aber ich habe noch auf eine Bestimmung einzugehen, die nach der Ausschußfassung im Abs. 1 liegt, und die wir in einem besonderen Absatz 5 geregelt sehen möchten. Wir schlagen Ihnen vor, den Abs. 5 des § 49 zu formulieren: „Die Betriebsräte führen ihre Aufgaben in Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften durch". Etwas Ähnliches steht im Abs. 1 der Ausschußvorlage. Dort steht nämlich, daß Arbeitgeber und Betriebsrat im Zusammenwirken mit den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen zusammenzuarbeiten haben. Die Erwähnung der Arbeitgebervereinigungen in diesem Zusammenhang ist zwar durchaus nicht sinnlos; aber sie ist überflüssig. Die Dinge liegen ja so, daß der Arbeitgeber jederzeit, da er nach wie vor Inhaber des Betriebes ist und bleiben soll, die Möglichkeit hat, mit seiner Arbeitgebervereinigung außerhalb, aber auch innerhalb des Betriebes zu arbeiten und zusammenzuwirken.
Die Frage, die in diesem Zusammenhang in der Zeitschrift „Der Arbeitgeber" vom 1. Juni gestellt wird, warum und mit welchem Recht die Gewerkschaft nach diesem Abs. 5 den alleinigen Anspruch erhebe, mit den Arbeitnehmern zu arbeiten, während die Arbeitgebervereinigung nicht mehr genannt sein solle, verkennt vollkommen den Sinn dieses von den Gewerkschaften übernommenen Abs. 5. Es wird gar nicht bestritten, daß der Arbeitgeber mit den Arbeitgebervereinigungen zusammenwirken könne. Aber, meine Damen und Herren, in diesem Absatz handelt es sich zunächst und in erster Linie darum, daß den Betriebsräten und der Belegschaft Rechte gewährt werden sollen. Da spielt allerdings eine ganz andere Rolle als die Zusammenarbeit des Arbeitgebers mit seinen Arbeitgebervereinigungen die Zusammenarbeit des Betriebsrats mit den Gewerkschaften, mit seiner Gewerkschaft; denn der Betriebsrat ist anders als der Arbeitgeber wohl in der Lage, außerhalb des Betriebs ohne weiteres mit seiner Gewerkschaft zusammenzuarbeiten. Aber, meine Damen und Herren, die Berechtigung, mit der Gewerkschaft auch i m Betrieb zusammenzuarbeiten, gehört in das Gesetz hinein.
Sie sagen vielleicht: Mein Gott, das wird schon nicht verhindert werden. Wir haben sehr viele solcher beschwichtigenden Reden im Ausschuß anhören müssen.
Aber der Verband der Textilindustrie Westfalens war so freundlich, gerade in diesen Tagen auf ein Urteil eines Landesarbeitsgerichts in Westfalen hinzuweisen. Dieses beginnt mit folgendem Satz:
Eine Pflicht des Arbeitgebers, jederzeit Rücksprachen von Gewerkschaftsvertretern mit Betriebsangehörigen im Betrieb zu dulden, kann
nicht anerkannt werden.
Meine Damen und Herren, dieses Gericht ist also in den Fußtapfen der Gerichtsurteile weitergelaufen, die ich Ihnen aus der Zeit vor 1933 geschildert habe, und Sie werden mir nunmehr vielleicht erst recht geben müssen, wenn ich sage: die hier vorgesehenen Bestimmungen zwingen dazu, daß sich die Gerichte nach der alten Rechtsprechung richten. Wenn das Landesarbeitsgericht in dem ja nicht unwesentlichen Westfalen davon gesprochen hat, daß der Arbeitgeber nicht verpflichtet sei, Rücksprachen des Betriebsrats mit der Gewerkschaft im Betrieb zu dulden, dann bekräftigt das unsere Forderung zu Abs. 5, daß dem Betriebsrat die Verpflichtung und die Berechtigung auferlegt wird, mit seiner Gewerkschaft zusammenzuarbeiten. Denn, meine Damen und Herren, der Wortlaut, den die Ausschußmehrheit für Abs. 1 gewählt hat, daß ein Zusammenwirken mit der Gewerkschaft erfolgen könne, genügt ja nicht. Wenn wir hier nur von einem Zusammenwirken sprechen, dann weiß ich nicht, ob ein findiges Gericht nicht darauf käme, wie dieses Landesarbeitsgericht zu sagen: Zu einem bloßen Zusammenwirken kann nicht gehören, daß die Gewerkschaft im Betrieb mit dem Betriebsrat verhandelt.
Interessanterweise sprach die Formulierung des Arbeitskreises, die in manchem viel besser war als das, was dann durch die Vertreter einer Partei in die Verhandlungen des kombinierten Ausschusses für Arbeit und Wirtschaft eingebaut worden
ist, jene Fassung des Arbeitskreises, die die Rückständigkeit der jetzigen Fassung noch nicht in allen Punkten enthielt, davon, daß der Betriebsrat mit Unterstützung der Gewerkschaften arbeiten könne und dürfe. Dieser Wortlaut oder der von uns der Deutlichkeit halber gewählte „Zusammenarbeit im Betriebe" gibt für den Betriebsrat die Möglichkeiten, mit seiner Gewerkschaft zusammenzuarbeiten. Wenn diese Möglichkeiten, die wir Ihnen aufgezählt haben, nach unseren Vorschlägen ausgeschöpft werden, dann glauben wir, daß das durchgeführt werden kann, worauf es Ihnen und uns gleichermaßen ankommt, nämlich daß wir eine vertrauensvolle Zusammenarbeit von Betriebsrat und Arbeitgeber zum Wohle des Ganzen und des Betriebes haben.
Es ist in der Begründung in diesem Zusammenhang von einer Partnerschaft gesprochen worden. Ich glaube, wir sollten das vermeiden. Das, was heute in einzelnen Betrieben unter dem Stichwort „Partnerschaft" läuft, sollte uns nicht als Vorbild für dieses Betriebsverfassungsgesetz dienen.
Denn das, was in diesen Betrieben — die ich hier nicht mit Namen nennen will — als Partnerschaft hervorgehoben wird, wird j a auch von den Arbeitgebervereinigungen abgelehnt, weil eben hier das, was natürlich ist, ich will nicht sagen: die Gegnerschaft, aber ein gewisses natürliches Gegenspiel zwischen Belegschaft und Arbeitgeber verleugnet wird, weil es irgendwie hinweggezaubert werden soll. Was hier in dem Entwurf eines Betriebsverfassungsgesetzes anzusprechen ist, das ist, daß die Belegschaften und ihre Arbeitgeber dazu kommen, sich gegenseitig zu verstehen und zu begreifen. Auf dieses Verstehen und Begreifen möchten wir allerdings abheben, aber nicht dadurch, daß, gesetzliche Formulierungen gewählt werden, über die die Betriebsräte stolpern können, wenn sie einen Arbeitgeber vor sich haben, der sie nicht wohlwollend behandelt, sondern dadurch, daß wir die Freiheit gewähren, gerade im ersten Paragraphen des Abschnitts über die Mitbestimmung, die Freiheit für die Belegschaft und für die Betriebsräte, daß sie vollkommen ungehindert als freie Menschen im Betrieb wirkliche Mitbestimmung üben können.
Das Wort hat der Abgeordnete Paul.
Meine Damen und Herren! Mit dem § 49 sind eine Reihe wichtiger Grundsatzfragen angesprochen. Wenn hier von dem Herrn Abgeordneten Preller gesagt wurde, mit diesem Gesetz solle etwas Neues geschaffen werden, so muß dem doch widersprochen werden. Dieses Gesetz soll im Gegenteil die Vereinbarungen, die die Arbeiter und die Betriebsräte in den letzten Jahren in zahlreichen Betrieben über die Rechte der Betriebsräte, ihre Mitwirkung und Mitbestimmung getroffen haben, und damit die letzten Reste der Rechte der Betriebsräte aufheben.
Das Gesetz soll weiter entscheidende Paragraphen und Rechte der Betriebsräte und Gewerkschaften aufheben, die bisher in einer Reihe von Betriebsrätegesetzen in den verschiedensten Ländern verankert waren. Ich denke hier an das Betriebsrätegesetz in Württemberg-Baden, in Süd-Baden, in Hessen usw. Dieses Gesetz dient einer Politik, die sich gegen die Arbeiterschaft richtet.
Man will durch dieses Gesetz die Betriebsräte an die Interessen der Großunternehmungen binden, man will die Betriebsräte zu Handlangern einer Betriebspolitik machen, die einzig und allein dazu dient, die Wirtschaftspolitik dieser Regierung im Betrieb durchzusetzen.
Es wird hier ausdrücklich gesagt: Arbeitgeber und Betriebsrat haben vertrauensvoll zusammenzuarbeiten im Interesse und zum Wohle des Betriebes und seiner Arbeitnehmer unter Berücksichtigung des Gemeinwohles. Was versteht man unter dem Wohl des Betriebes? Darunter verstehen diejenigen, die so eifrige Wortführer dieses Gesetzes sind, die hohen Gewinne der Konzerne; darunter verstehen sie, daß die Arbeiter noch mehr angetrieben werden; darunter verstehen sie die Durchpeitschung von Rationalisierungsmethoden, die Durchsetzung eines solchen verbrecherischen Systems wie des Erfolgsanteilsystems im Ruhrbergbau,
welches für die Bergleute eine ungeheuere Ausbeutung und zunehmend Todesfälle bringt.
Die Arbeitsgemeinschaftspolitik will man jetzt gesetzlich verankern. Aber die Interessen der Arbeiter sind nicht mit den Interessen der Großkapitalisten in Einklang zu bringen, die jetzt mit den amerikanischen Konzernherren gegen die Interessen der Arbeiterschaft und unseres Volkes gemeinsame Sache machen.
Die Interessen der Arbeiter stehen den Interessen dieser Großkapitalisten diametral gegenüber.
Die Arbeiter z. B. kämpfen systematisch gegen die Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen, für die Erhöhung ihrer Löhne. Aber die Generaldirektoren der Konzerne und die Großkapitalisten versuchen ständig, durch Akkordregulierungen und andere Methoden die Löhne der Arbeiter herabzusetzen. Wo kann davon gesprochen werden, daß es hier eine Interessengemeinschaft geben kann? So lange eine solche Ausbeutergesellschaft besteht,
so lange gibt es keine Interessengemeinschaft, und so lange wird es auch keine gute Zusammenarbeit im Interesse des Betriebs geben. Ich sage mit aller Deutlichkeit: man will durch diesen § 49 Abs. 1 die Betriebsräte an der Wahrnehmung der Interessen ihrer Arbeitskollegen hindern.
Es wurde bereits darauf hingewiesen, wie das Betriebsrätegesetz von 1920 in dieser Weise gegen die Betriebsräte ausgenutzt wurde. Es wurde auch darauf hingewiesen, daß das Betriebsrätegesetz von 1920 Todesopfer gefordert hat. Ja, die Berliner Arbeiter haben gegen dieses damalige Betriebsrätegesetz demonstriert. Vom Brandenburger Tor aus wurde auf die demonstrierenden Arbeiter von den Noskiden mit Maschinengewehren geschossen. Damals schon forderten die Arbeiter die Entmachtung der Großkapitalisten und ein wirkliches Mitbe-
stimmungsrecht. Dieses Mitbestimmungsrecht wurde in der Weimarer Zeit im Betriebsrätegesetz nicht verankert. So diente auch das damalige Gesetz einem ähnlichen Zweck wie das heutige Ge-I setz, nur mit dem Unterschied, daß es jetzt darum geht, die Betriebsräte für die Festigung der Monopolherrschaft im Interesse amerikanischer und deutscher Großkapitalisten zu gebrauchen.
— Wenn Sie sagen, ich kenne nichts davon, so kann ich nur erwidern: Ich habe noch nie in den Kontoren oder Büros von Großkapitalisten gesessen wie Sie, und ich war noch nie Interessenvertreter der Großkapitalisten.
Gerade weil Sie so eifrig auf diesem Gesetz herumreiten, gerade weil Sie von der Regierungskoalition solche Paragraphen wie den § 49 geschaffen haben, muß die Arbeiterschaft alle Kraft anwenden, um dieses Gesetz zu Fall zu bringen. Was nämlich Ihrer Politik dient, dient nicht den Interessen der Arbeiter. Ihre Politik ist die Politik der Durchsetzung der Interessen des Großkapitals und der Festigung seiner Position. Daran sind die Arbeiter niemals interessiert, auch nicht die Gewerkschaften.
Man spricht in diesem Gesetz davon, daß Arbeitgeber und Betriebsrat alles zu unterlassen haben, was geeignet ist, die Arbeit und den Frieden des Betriebs zu gefährden. Wann ist denn nach Ihrer Auffassung der Friede im Betrieb gefährdet?
Der Friede ist nach Ihrer Meinung, wie ich jetzt höre, und nach der Meinung der Unternehmer dann gefährdet, wenn sich die Arbeiter wehren gegen verstärkten Lohndruck, gegen die Steigerung der Ausbeutung,
gegen die Rationalisierungs- und solche amerikanischen Antreibermethoden wie die des Erfolgsanteilssystems im Bergbau.
Dann ist nach Ihrer Meinung und auch nach der der Unternehmer der Frieden im Betrieb gestört. Sie wollen im Betrieb eine Friedhofsruhe. Sie wollen im Betrieb die Möglichkeiten der rücksichtslosen Ausbeutung, der Unterdrückung und Entrechtung der Arbeiter haben. Das wollen Sie mit diesem Gesetz erreichen, und zwar zugunsten der Kriegsvorbereitungspolitik dieser Adenauer-Regierung.
Man sagt in diesem Gesetz, daß Schiedsstellen eingerichtet werden sollen, um strittige Fragen zu klären. Diese Schiedsstellen haben auch nur den Sinn, die Arbeiter und die Betriebsräte an die Kette zu legen. Die Schlichtungspraxis der Vergangenheit, der Weimarer Zeit, aber auch die der Gegenwart hat sich immer gegen die Interessen der Arbeiter gewandt. Ich möchte nur an die letzten Lohnkämpfe der hessischen Metallarbeiter erinnern, wo man von seiten gewisser Gewerkschaftsführer auch glaubte, sich der Schlichtung bedienen zu können. Was ist da für die Arbeiter herausgekommen? Für die Arbeiter sind ein paar Pfennige Lohnerhöhung herausgekommen. Aber im offenen
Arbeitskampf hätten sie mit ihrer Kraft bestimmt ihre Forderungen durchgesetzt.
Wenn der Kollege Preller davon spricht, daß es auch das Ziel und die Aufgabe der Sozialdemokratie sei, den Arbeitsfrieden zu erhalten, dann begibt er sich hier auf den Weg der Regierungskoalition.
Er sollte doch aus den Erfahrungen der letzten Tage gelernt haben.
Der Bundesvorsitzende Fette hat darauf hingewirkt, daß die gewerkschaftlichen Kampfaktionen abgebrochen wurden,
und er hat sich vertrauensvoll an Adenauer gewandt,
um die Forderungen der Gewerkschaften durchzusetzen. Was ist dabei herausgekommen? Herausgekommen ist, daß die Regierungskoalition mit aller Brutalität versucht,
entgegen den Interessen der Arbeiter und über die Forderungen der Gewerkschaften hinweg ihr arbeiter- und gewerkschaftsfeindliches Gesetz hier durchzupeitschen.
Heute wird in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" mitgeteilt, daß sich Christian Fette auf der letzten Bundesausschußsitzung des DGB wiederum gegen opponierende Kollegen durchgesetzt habe mit der Bemerkung, man müsse alles unterlassen, was auf der Gegenseite zur Versteifung führen könne. Das heutige Taktieren und Auftreten der Regierungskoalition hat gezeigt, daß man hier nicht nur von einer Versteifung und Verhärtung reden kann, sondern daß die Regierungsparteien jetzt auf Grund einer solchen Taktik Christian Fettes und des Bundesvorstandes des DGB bereit sind, die Lage auszunutzen, um dieses Gesetz durchzupeitschen.
Ich sage Ihnen von der Sozialdemokratischen Partei und vor allem meinen Gewerkschaftskollegen: Hätte man die gewerkschaftlichen Aktionen nicht abgebrochen, hätte man die Arbeiter in diesen Tagen entschlossen in Massendemonstrationen und Proteststreiks auf die Straße geführt, dann würden Sie heute nicht ein solches Auftreten, ein so freches Auftreten der Adenauer-Parteien erlebt haben.
Die Taktik von Christian Fette — das muß man den Arbeitern ganz offen sagen — ist eine direkte Unterstützung der Adenauer-Politik. Wer jetzt die Arbeiter nicht auf den Plan ruft gegen solche reaktionären Gesetze und gegen die ganze Kriegsvorbereitungspolitik dieser Regierung,
der schädigt die Interessen der Arbeiter
und schädigt damit auch die Interessen der Gewerkschaften.
Ich möchte es den sozialdemokratischen Kollegen noch einmal vor Augen führen. Herr Kollege Preller hat hier gesagt, die Zusammenarbeit zwischen den Betriebsräten und den Unternehmern sei vor 1933 — sinngemäß hat er sich so ausgedrückt —
ziemlich gut gewesen. Ich habe jahrelang auch als gewerkschaftlicher Vertrauensmann und Betriebsratsmitglied im Betrieb gestanden. Ich habe von dieser vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Betriebsräten und Unternehmern nichts gemerkt.
Ich möchte nur daran erinnern, daß man bei zahlreichen Streiks die Betriebsräte auf die Straße warf und daß man die Arbeiter in „Nordwest" aussperrte, als sie ihre Lohnforderungen anmeldeten. Was hat sich herausgestellt? Daß durch diese Arbeitsgemeinschaftspolitik, die damals mit der Mitarbeit im Kohlensyndikat und auch in den damaligen Wirtschaftsausschüssen begann, die Arbeiter nicht zum Zuge gekommen sind, sondern daß die Reaktion wieder erstarkte mit dem Erfolg, daß dann nachher das Kohlensyndikat 50 Pfennig pro Tonne Kohle an die Hitler-Bewegung abführte. So leistete man durch eine solche Arbeitsgemeinschaftspolitik den Angriffen auf die Lage der Arbeiter Vorschub und begünstigte damit zugleich die Übernahme der Macht durch den HitlerFaschismus.
Ich möchte Sie daran erinnern, daß der Bundesvorstand des ADGB die Proklamierung des Generalstreiks in der Hoffnung ablehnte, sich noch in den Gewerkschaften halten zu können. Ich möchte daran erinnern, daß damals mit Ley sogar Führer des ADGB nach Genf fuhren zu einer Tagung des Internationalen Arbeitsamtes, alles in der illusionären Auffassung, man werde gegen die Gewerkschaften nicht vorgehen. Und was ist dabei herausgekommen? Am 2. Mai wurden die Gewerkschaftshäuser besetzt, und ich sage Ihnen ganz offen: das ist die Politik, die 1918 mit der Arbeitsgemeinschaftspolitik eingeleitet wurde. Wenn Sie heute, Herr Kollege Preller, der Arbeitsgemeinschaftspolitik wieder das Wort reden,
dann, muß ich Ihnen sagen, haben Sie aus der Vergangenheit, aus der Weimarer Zeit, herzlich wenig gelernt. Die Entwicklung beweist doch schon seit 2 Jahren — seit dem Bestehen der Bundesregierung —, daß wir mit der Arbeitsgemeinschaftspolitik nicht weiterkommen. Im Gegenteil, durch diese Stillhalte- und Arbeitsgemeinschaftspolitik
haben die Großkapitalisten 60 Milliarden Mark auf Kosten der Arbeiter investieren können. Sie von der Sozialdemokratischen Partei haben hier mehrmals mit Recht auf die ungeheuren Währungsgewinne und die Riesengewinne der großen Unternehmungen aufmerksam gemacht. Aber daraus muß man dann auch die notwendigen Schlußfolgerungen ziehen, nämlich jetzt mit einer solchen Stillhaltepolitik, ich möchte sagen, mit der Hilfestellung für die Adenauer-Regierung zu brechen, mit einer solchen Politik Schluß zu machen und die Arbeiter und die Gewerkschaften in den Kampf zu führen für die Durchsetzung eines wirklichen Mitbestimmungsrechtes in den Betrieben, wie es die Gewerkschaften in den Badenweiler Beschlüssen auf der interzonalen Konferenz der deutschen Gewerkschaften formuliert haben.
Wir sind der Meinung, daß man sich aus all diesen Gründen gegen das gesamte Gesetz wehren und daß man es ablehnen muß.
Es genügt nicht, Herr Kollege Preller, aus diesem § 49 nur einige kleine Schönheitsfehler herauszunehmen, sondern man muß den ganzen Paragraphen zu Fall bringen, wie überhaupt dieses Gesetz — was die Gewerkschaftskollegen mit Recht sagten — nicht Gesetz werden darf. Ich möchte daran erinnern, daß der Kollege Gfeller auf der Eröffnungskundgebung der IG-Chemie in Frankfurt sagte: Wir haben den Kampf aufgenommen unter der Losung: Dieses Gesetz darf nicht Gesetz werden! Und welche Schlußfolgerungen hat man daraus gezogen? Man sprach von einer Wartefrist. Jetzt hat man die Frist für die Adenauer-Regierung und die Koalitionsparteien wiederum verlängert. Das kann man doch wirklich nicht in Einklang bringen mit den Interessen der Arbeiter und mit der Forderung der Arbeiter auf ein wirkliches Mitbestimmungsrecht!
Deshalb wende ich mich auch in dieser Stunde an die Gewerkschaftskollegen und an die sozialdemokratischen Genossen und sage ihnen: Überprüft die Situation! Wenn ihr sie kritisch überprüf t, dann werdet ihr feststellen müssen, daß man mit den bisherigen Methoden und mit der bisherigen Politik, wie sie von Christian Fette und einigen anderen betrieben wird, nicht weiterkommt,
sondern daß man Schluß machen muß mit dieser Politik,
daß man den Weg des entschlossenen Kampfes für die Arbeiterinteressen, für die Durchsetzung der Rechte der Betriebsräte gehen und daß man zugleich für den Bestand der Gewerkschaftsbewegung eintreten muß.
Wir sind der Meinung, daß man diesen Paragraphen streichen sollte, und wir erheben das hiermit zum Antrag. Ich bitte die sozialdemokratischen Kollegen, unserem Antrag auf Streichung dieses Paragraphen zustimmen zu wollen.
— Darüber sprechen wir noch! Mit der Hetze gegen die Deutsche Demokratische Republik schaffen Sie Tatsachen nicht aus der Welt!
Meine Damen und Herren! Die für heute abend vorgesehene Sitzung des Ältestenrates soll nach einer Mitteilung, die mir Präsident Ehlers machen ließ, nicht stattfinden. Sie soll morgen in einer Sitzungspause einberufen werden.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Mellies.
Meine Damen und Herren! Wir stehen wohl alle unter dem Eindruck, daß es jetzt Zeit wird, am heutigen Abend die Verhandlungen abzubrechen. Ich beantrage deshalb, daß jetzt mit den Verhandlungen Schluß gemacht wird und daß wir morgen früh fortfahren.
Das Wort hat Abgeordneter Dr. Krone.
Ich möchte doch darum bitten, daß wir möglichst die Redezeit ausnutzen, auch heute abend noch. Ich meine, eine ausgedehnte Debatte ist doch gerade von Ihrer Seite gewünscht worden.
Ich bitte deshalb darum, daß wir doch nach Möglichkeit bis heute um 11 Uhr durchtagen.
Es ist der Antrag gestellt, die Sitzung zu unterbrechen. Ich lasse darüber abstimmen. — Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. —
Gegenprobe! —
Die Abstimmung ist zweifelhaft. Wir müssen durch Hammeisprung entscheiden.
Ich bitte, die Türen zu schließen. — Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen.
Die Abstimmung ist geschlossen.
Meine Damen und Herren, das Ergebnis der Abstimmung ist: mit Nein haben gestimmt 191, mit Ja 5, 2 Mitglieder des Hauses haben sich der Stimme enthalten. Das sind insgesamt 198. Damit ist das Haus nicht mehr beschlußfähig.
— Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Schröder.
Meine Damen und Herren, die Beschlußfähigkeit des Hauses ist nicht angezweifelt worden.
Ich stelle jetzt den Antrag, über § 49 namentlich abzustimmen.
Meine Damen und Herren, ich glaube nicht,. daß dieser Antrag möglich ist. Es heißt in § 51 der Geschäftsordnung: Bei Beschlußunfähigkeit hat der Präsident die Sitzung sofort aufzuheben. Wenn sich bei einer Auszählung ergibt, daß nicht die für die Beschlußfähigkeit erforderliche Anzahl von Abgeordneten anwesend ist.
dann ist die Beschlußunfähigkeit von Amts wegen festzustellen.
Es heißt in § 49 Abs. 1:
Der Bundestag ist beschlußfähig, wenn mehr als die Hälfte der Abgeordneten im Sitzungssaal anwesend sind.
Wird bei einer Auszählung festgestellt, daß das nicht der Fall ist, — —
— Es handelt sich doch nicht darum, eine schlechte Sache zu verteidigen, sondern es handelt sich darum, die Geschäftsordnung vernünftig auszulegen!
— Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Dr. Schröder.
Meine Damen und Herren, ich beantrage die Anberaumung einer neuen Sitzung innerhalb von fünf Minuten.
Ich bitte, den Antrag begründen zu dürfen. Herr Kollege Ollenhauer hat hier vor kurzem festgestellt, daß er und seine Freunde keine Obstruktion betrieben.
Ich will mich eines Urteils darüber, was jetzt betrieben wird, enthalten.
Jeder, der hier im Hause anwesend ist, bis zu den Saaldienern, weiß, daß die Zahl der im Hause vorhandenen Abgeordneten die Beschlußfähigkeit weit übersteigt.
Ich beantrage noch einmal Anberaumung einer Sitzung in fünf Minuten.
Meine Damen und
Herren, ich halte diesen Antrag nicht für zulässig.
— Der Antrag ist nicht zulässig. Ich habe nach § 51 die Sitzung aufzuheben und Zeit und Tagesordnung der nächsten Sitzung zu verkünden.
Es bleibt mir nichts anderes übrig, als die Sitzung aufzuheben.
Ich beraume die nächste Sitzung, die 224. Sitzung des Deutschen Bundestages, an auf heute, Mittwoch, den 16. Juli 1952, 22 Uhr 45 Minuten, mit der Tagesordnung: Fortsetzung der Beratung der in der heutigen Tagesordnung enthaltenen Punkte.
Anlage 1 zum Stenographischen Bericht der 223. Sitzung
Berichtigung zur 221. Sitzung
Seite 9814A sind die Zeilen 27 ff. zu lesen:
Und ich wiederhole, daß auch die Bündnisverträge des Westens, die gegen uns gerichtet sind, noch weiter aufrechterhalten werden sollen.
— Ach, Herr Schröder!
In allen diesen Verträgen gehen die echten Leistungen — von wenigen Ausnahmen abgesehen — zu unseren Lasten.
Anlage 2 zum Stenographischen Bericht der 223. Sitzung
Druckfehlerberichtigung
zur namentlichen Abstimmung in der 222. Sitzung
über ,die Anträge des Vermittlungsausschusses zum Entwurf eines Gesetzes über den Lastenausgleich und zum Entwurf eines Gesetzes über Teuerungszuschläge zur Unterhaltshilfe nach dem Lastenausgleichsgesetz (Nr. 3549 der Drucksachen) Seite 9927D Zeilen 8 und 7 von unten ist zu lesen:
Name Abstimmung
Neuburger krank
Nickl Ja
Anlage 3 zum Stenographischen Bericht der 223. Sitzung
Schriftlicher Bericht
des Ausschusses für Arbeit
über den von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die
Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Betrieb
den von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur
Neuordnung der Wirtschaft
den Entwurf eines Gesetzes über die
Neuordnung der Beziehungen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern in den Betrieben
Berichterstatter: Abgeordneter Sabel
Inhalt :
Seite
Erster Teil
Allgemeine Vorschriften 10011 D
Zweiter Teil
Der Betriebsrat 10012 C
Erster Abschnitt
Zusammensetzung und Wahl 10012 C
Zweiter Abschnitt
Amtszeit 10014 C
Dritter Abschnitt
Geschäftsführung 10015 B
Vierter Abschnitt
Betriebsversammlung 10016 A
Dritter Teil
Der Gesamtbetriebsrat 10016 C
Vierter Teil
Mitwirkung und Mitbestimmung der Arbeitnehmer . . 10017 B
Erster Abschnitt
Allgemeines 10017 B
Zweiter Abschnitt
Soziale Angelegenheiten 10018 D
Dritter Abschnitt
Personelle Angelegenheiten 10019 B
Vierter Abschnitt
Wirtschaftliche Angelegenheiten 10021 B
Fünfter Abschnitt
Beteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat . . . 10023 D
Fünfter Teil
Strafvorschriften 10025 A
Sechster Teil
Schluß- und Übergangsbestimmungen 10025 C
Den Beratungen der Ausschüsse für Arbeit und Wirtschaftspolitik lagen drei Entwürfe zu Grunde:
Der Antrag der Fraktion der CDU/CSU Entwurf eines Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Betrieb
- Nr. 970 der Drucksachen —1. Lesung im Plenum am 27. 7. 1950,
der Antrag der Fraktion der SPD
Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung der Wirtschaft
— Nr. 1229 der Drucksachen —
1. Lesung im Plenum am 27. 7. 1950,
der Entwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung der Beziehungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern in den Betrieben
— Nr. 1546 der Drucksachen —
zugeleitet am 31. 10. 1950,
1. Lesung im Plenum am 16. 11. 1950.
Die Ausschüsse beschlossen, die drei Entwürfe nebeneinander zu behandeln. Die Beratungen erstreckten sich auf einen Zeitraum von nahezu zwei Jahren. Dies erklärt sich aus der Schwierigkeit der Materie, aber auch aus der Tatsache, daß die Arbeiten verschiedentlich wegen anderer dringender Aufgaben unterbrochen werden mußten, z. B. zu Beginn des Jahres 1951 anläßlich der Beratungen des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie vom 21. Mai 1951. Zwischen den Regierungsparteien und der Opposition bestanden Meinungsverschiedenheiten über die Arbeitsmethode, da die Opposition es befürwortete, daß die Probleme der Mitbestimmung im Betrieb und der Beteiligung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten gemeinsam mit den Fragen der Bildung von Landeswirtschaftsräten und des Bundeswirtschaftsrates behandelt werden sollten, während die Regierungsparteien der Ansicht waren, daß es zweckmäßiger sei, zunächst den Komplex des Betriebsverfassungsrechtes abschließend zu behandeln und im Anschluß hieran in die Beratung der durch das Betriebsverfassungsgesetz nicht erledigten Punkte des Entwurfs der SPDFraktion einzutreten.
Zur Vorbereitung der Ausschußberatungen wurde — nachdem einige grundsätzliche Fragen vorab behandelt worden waren — ein Arbeitskreis gebildet, der nach 26 Sitzungen einen Arbeitsentwurf vorlegte. Dieser Entwurf wurde sodann durch die Ausschüsse für Arbeit und Wirtschaftspolitik in 21 Sitzungen eingehend beraten und in verschiedenen Punkten umgestaltet und ergänzt. Die Beratungen des Arbeitskreises und der Ausschüsse wurden in der Öffentlichkeit mit großem Interesse verfolgt und führten zu zahlreichen Stellungnahmen seitens der interessierten Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände, Spitzenorganisationen, Wirtschafts- und sonstiger Verbände, deren Belange durch das kommende Betriebsverfassungsgesetz berührt werden.
Der Entwurf gliedert sich in 6 Teile:
Der erste Teil behandelt die allgemeinen Vorschriften über die Aufgaben der Betriebsräte, die Funktionen der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände, die betriebsverfassungsrechtliche Behandlung von Nebenbetrieben und Betriebsteilen und umreißt den Personenkreis der im betrieb Beschäftigten, die als Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsrechtes gelten. Weiter werden die Begriffe des Arbeiters und des Angestellten definiert.
Der zweite Teil regelt Zusammensetzung und Wahl des Betriebsrats, seine Amtszeit, Geschäftsführung und die Betriebsversammlung.
Der dritte Teil hat die Bildung von Gesamtbetriebsräten zum Gegenstand.
Der vierte Teil befaßt sich mit der Mitwirkung und Mitbestimmung der Arbeitnehmer. Im ersten Abschnitt werden allgemeine Bestimmungen über die Zusammenarbeit von Arbeitgebern und Betriebsrat vorausgeschickt. Die Mitbestimmung und Mitwirkung erstreckt sich im einzelnen auf soziale Angelegenheiten , personelle Angelegenheiten (3. Abschnitt) und wirtschaftliche Angelegenheiten (4. Abschnitt) sowie auf die Beteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat (5. Abschnitt).
Der fünfte Teil bringt die Strafvorschriften über Vergehen auf dem Gebiet des Betriebsverfassungsrechtes.
Der sechste Teil enthält die Schluß- und Übergangsbestimmungen, d. h. Sonderbestimmungen für Tendenzbetriebe, die Bestimmungen über die Nichtanwendbarkeit des Gesetzes auf Religionsgemeinschaften und ihre caritativen und erzieherischen Einrichtungen, auf die Betriebe und Verwaltungen des Bundes, der Länder, der Gemeinden und sonstiger Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts sowie auf Betriebe der Seeschiffahrt und Luftfahrt. In diesem Teil sind ferner die Zuständigkeiten der Arbeitsgerichte für Streitigkeiten aus dem Betriebsverfassungsrecht festgelegt, die notwendigen Anpassungen des Aktienrechts vorgenommen sowie Bestimmungen über den Zeitpunkt der erstmaligen Wahlen auf Grund des neuen Gesetzes getroffen und eine Ermächtigung der Bundesregierung zum Erlaß der erforderlichen Durchführungsverordnungen festgelegt. Schließlich wird das Verhältnis des Betriebsverfassungsgesetzes des Bundes zu den Betriebsrätegesetzen der Länder und zu bestehenden Betriebsvereinbarungen klargestellt.
Der Entwurf des Betriebsverfassungsgesetzes, wie er von den Ausschüssen für Arbeit und Wirtschaftspolitik erstellt ist, beruht auf eingehenden Diskussionen und stellt den Versuch dar, eine umfassende Regelung der Materie für den Bereich der privaten Wirtschaft zu schaffen.
Zu den einzelnen Teilen des Entwurfs ist zu bemerken:
Erster Teil
Allgemeine Vorschriften
Zunächst wird der Grundsatz aufgestellt, daß in den Betrieben der privaten Wirtschaft Betriebsräte nach Maßgabe des neuen Gesetzes obligatorisch vorgeschrieben sind. Um jeden Zweifel daran auszuschließen, daß durch die Bildung der Betriebsräte die Grundsätze des kollektiven Arbeitsrechts der Koalitionen nicht berührt werden sollen, wird in § 2 festgelegt, daß die Aufgaben der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände zur Gestaltung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen, insbesondere durch Abschluß von Tarifverträgen, aber auch zur
Wahrnehmung der Interessen ihrer Mitglieder in den Betrieben durch das Gesetz nicht berührt werden. Während der Betriebsbegriff als solcher nicht ausdrücklich im Gesetz geklärt ist, da man glaubte, auf dem von Rechtsprechung und Wissenschaft entwickelten Betriebsbegriff aufbauen zu können, schien es erforderlich, klarzustellen, in welchem Verhältnis Nebenbetriebe- und Betriebsteile zum Hauptbetrieb stehen. In § 3 ist deshalb festgelegt, unter welchen Voraussetzungen Nebenbetriebe und Betriebsteile den Hauptbetrieben gleichstehen.
Die Umreißung des Beschäftigtenkreises des Betriebs, der als Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes zu gelten hat, bereitete gewisse Schwierigkeiten. Nach § 4 Abs. 1 sind grundsätzlich Arbeitnehmer: alle Arbeiter und Angestellten des Betriebs sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten . Durch die letztere Bestimmung soll jedoch der rechtstheoretische Streit über die Zuordnung des Lehrverhältnisses zum Arbeits- oder Berufsausbildungsverhältnis nicht entschieden werden. Unbeschadet der Eigenart ihres Beschäftigungsverhältnisses und ihrer persönlichen Beziehungen zum Arbeitgeber gelten jedoch wegen ihrer engen Verbindung mit der Unternehmerfunktion nicht als Arbeitnehmer: die Vorstandsmitglieder von juristischen Personen, die Gesellschafter offener Handelsgesellschaften und die Mitglieder sonstiger Personengesamtheiten. Ferner sollen nicht als Arbeitnehmer gelten diejenigen Angestellten, die ihrer Stellung und ihrem Einflußbereich nach im Betrieb als leitende Angestellte anzusehen sind, wenn sie eine der folgenden zusätzlichen Voraussetzungen erfüllen: Sie müssen entweder zur selbständigen Einstellung und Entlassung von anderen Arbeitnehmern berechtigt sein oder es muß ihnen Generalvollmacht oder Prokura erteilt sein. Während die beiden vorgenannten Voraussetzungen im großen und ganzen schon in den früheren Betriebsrätegesetzen enthalten sind, beschlossen die Regierungsparteien gegen den Widerspruch der Opposition, als neue Einschränkung des Arbeitnehmerkreises im Sinne des Betriebsverfassungsrechts, daß auch solche leitenden Angestellten nicht als Arbeitnehmer gelten sollten, deren Bezüge über die Versicherungspflichtgrenze der Angestelltenversicherung hinausgehen und die Aufgaben wahrnehmen, die regelmäßig wegen ihrer Bedeutung für den Bestand und die Entwicklung des Betriebs nur auf Grund besonderen persönlichen Vertrauens des Arbeitgebers bestimmten Personen im Hinblick auf ihre besonderen Erfahrungen und Kenntnisse übertragen werden.
Schließlich sind — wie in fast allen Betriebsrätegesetzen —diejenigen Personen aus dem Kreise der Arbeitnehmer herausgenommen, deren Beschäftigung an sich schon kein eigentliches Arbeitsverhältnis ist, vielmehr in erster Linie durch Beweggründe caritativer oder religiöser Art bestimmt ist. Das gleiche gilt für Personen, die aus erzieherischen oder heilpädagogischen Gründen beschäftigt werden.
Im Hinblick auf die im zweiten Teil zu erörternden Grundsätze der Gruppenwahl war es erforderlich, eine scharfe Trennung zwischen dem Arbeiter- und dem Angestelltenbegriff herbeizuführen. Als Anhaltspunkt für die Unterscheidung wurden im wesentlichen die versicherungsrechtlichen Vorschriften zugrunde gelegt und dementsprechend grundsätzlich von der zu leistenden Arbeit ausgegangen. Hiervon abweichend sind folgende Ausnahmen vorgesehen: Den Arbeitern sind die in
Heimarbeit Beschäftigten gleichgestellt, die in der Hauptsache für den gleichen Betrieb arbeiten; den Angestellten sind die Lehrlinge gleichgestellt, die sich in Ausbildung zu einem Angestelltenberuf befinden sowie das mit einfachen oder mechanischen Dienstleistungen beschäftigte Büropersonal.
Zweiter Teil
Der Betriebsrat
Erster Abschnitt
Zusammensetzung und Wahl
Bei der Diskussion der Frage der Wahlberechtigung spielte die Frage des Mindestalters für die Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts eine wesentliche Rolle. Unter Ablehnung von Anträgen der Oppositionsvertreter auf Herabsetzung des Wahlalters auf 16 bzw. 17 Jahre beschloß der Ausschuß unter Anlehnung an frühere Vorbilder, ein Wahlalter von 18 Jahren festzulegen. Das Mindestalter für das passive Wahlrecht wurde entsprechend einem Antrag der Opposition im Laufe der Beratungen auf 21 Jahre festgesetzt. Unterschiedliche Auffassungen bestanden bezüglich der Mindestdauer der Betriebszugehörigkeit; während die Oppositionsvertreter eine Betriebszugehörigkeit von mindestens 6 Monaten als ausreichend ansahen, beschloß die Mehrheit, eine 2jährige Beschäftigung im gleichen Betrieb zu fordern. Um Härten, die hierdurch entstehen können, auszuschließen, ist in § 7 Abs. 1 Satz 2 vorgesehen, daß von den Voraussetzungen der zweijährigen Betriebszugehörigkeit durch Verständigung zwischen der Mehrheit der Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber abgesehen werden kann. Eine weitere Ausnahmeregelung ist für den Fall vorgesehen, daß der Betrieb selbst weniger als 2 Jahre besteht.
Auch die Frage der Mindestgröße des Betriebs, für den ein Betriebsrat zu errichten ist, war Gegenstand langer und eingehender Beratungen. Während aus Kreisen des Handwerks und der Landwirtschaft angeregt wurde, eine Mindest-Beschäftigtenzahl von 10 ständigen wahlberechtigten Arbeitnehmern festzulegen, beschloß der Ausschuß mit Mehrheit, daß in allen Betrieben, die in der Regel mindestens 5 ständige wahlberechtigte Arbeitnehmer, darunter 3 wählbare, beschäftigen, ein Betriebsrat zu bilden ist. Die Größe des Betriebsrats bestimmt sich nach der Zahl der im Betrieb Beschäftigten. In Kleinbetrieben bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern wird die Funktion des Betriebsrats durch eine Person wahrgenommen, in größeren Betrieben steigt die Zahl der Betriebsratsmitglieder bis zu höchstens 35. Zu bemerken ist, daß für Betriebe mit mehr als 1 000 Arbeitnehmern keine absolut festen Mitgliederzahlen der Betriebsräte vorgesehen sind, sondern eine Mindest- und Höchstzahl von Betriebsratsmitgliedern, wobei mangels eines besonderenn Beschlusses der Mehrheit der Arbeitnehmer die Mindestzahl als gewählt gilt; so besteht z. B. bei 3 001 bis 4 000 Arbeitnehmern der Betriebsrat in der Regel aus 17 Mitgliedern, diese Zahl kann jedoch auf Antrag des bestehenden Betriebsrat oder von mindestens einem Zehntel der wahlberechtigten Arbeitnehmer oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft vor einer Neuwahl mit einfacher Mehrheit auf eine höhere Mitgliederzahl bis zu 23 Mitgliedern erhöht werden.
In § 10 ist festgelegt, daß Arbeiter und Angestellte entsprechend ihrem zahlenmäßigen Verhältnis im Betriebsrat vertreten sein müssen, wenn dieser aus mehreren Personen besteht. Die Mehrheit des Ausschusses war der Aufassung, daß diese Vorschrift zwingend gestaltet werden müßte. Die Vertreter der Opposition waren der Ansicht, daß eine Soll-Vorschrift genüge.
In § 10 Abs. 2 sind feste Zahlen für die Mindestbeteiligung der Minderheiten-Gruppe festgelegt, die auch dann gelten, wenn nach den Grundsätzen der Verhältniswahl eine geringere oder garkeine Vertretung der Minderheitengruppe in Betracht käme. Eine Vertretung der Minderheiten-Gruppe ist ausgeschlossen, wenn diese im Verhältnis zur Gesamtzahl der Arbeitnehmer völlig unerheblich ist, d. h. ihr nicht mehr als 5 Arbeitnehmer angehören und diese nicht mehr als ein Zwanzigstel der Belegschaft des Betriebs darstellen. Die Geschlechter sollen im Betriebsrat, und zwar innerhalb ihrer Gruppen, entsprechend ihrem zahlenmäßigen Verhältnis vertreten sein.
Die Verteilung der Betriebsratssitze auf Arbeiter und Angestellte kann abweichend von den vorstehenden Grundsätzen geregelt werden, wenn die Arbeiter und die Angestellten vor der Wahl in getrennten und geheimen Abstimmungen entsprechende Beschlüsse fassen. Um einem praktischen Bedürfnis zu entsprechen, ist nicht vorgesehen, daß jede Gruppe nur durch ihre Angehörigen im Betriebsrat vertreten sein muß, vielmehr können auch Angehörige der anderen Gruppe gewählt werden, so daß z. B. die Arbeiter einen Angestellten, der das besondere Vertrauen der Arbeiter besitzt. als Arbeitervertreter in den Betriebsrat wählen können.
Die Wahl des Betriebsrats erfolgt geheim und unmittelbar. Die Vorschriften des CDU-Entwurfs, der eine mittelbare Wahl vorsah, wurden von der Mehrheit des Ausschusses abgelehnt. Grundsätzlich wird der mehrgliedrige Betriebsrat in Gruppenwahl gewählt, d. h. die Arbeiter und die Angestellten wählen ihre Vertreter in getrennten Wahlgängen. Hiervon kann abgewichen werden, wenn die wahlberechtigten Arbeiter und Angestellten vor der Neuwahl in getrennten und geheimen Abstimmungen einen entsprechenden Beschluß fassen.
Die Frage der Gruppenwahl wurde in den Ausschüssen eingehend diskutiert. Die Vertreter der Opposition erhoben gegen dieses Wahlsystem erhebliche Bedenken und begründeten diese damit, daß bei Gruppenwahl eine Spaltung zwischen Arbeitern und Angestellten eintreten und daß sich der in gemeinsamer Wahl durch alle Arbeitnehmer gewählte Betriebsrat einer viel größeren Vertrauensbasis im Betrieb erfreuen könne. Die Vertreter der Regierungsparteien waren jedoch der Ansicht, daß gerade — um bei der Minderheiten-Gruppe nicht das Gefühl aufkommen zu lassen, sie würden durch die Mehrheit majorisiert — die Gruppenwahl angezeigt erscheine, daß jedoch dort, wo ein kameradschaftliches und kollegiales Verhältnis zwischen Arbeitern und Angestellten bestehe, der Durchführung von Beschlüssen über die Abhaltung gemeinsamer Wahlen nichts im Wege stehen dürfe.
Für das Wahlverfahren selbst sind die Grundsätze der Verhältniswahl maßgebend. Auch über diese Frage wurden sehr sorgfältige Überlegungen in den Ausschüssen angestellt, ohne daß eine Übereinstimmung zwischen Opposition und Regierungsparteien zustande gekommen wäre. Die Opposition
sprach sich für das Prinzip der Mehrheitswahl aus, mit der Begründung, daß die Mehrheitswahl ihrem Wesen nach eine Persönlichkeitswahl sei, so daß diejenigen Arbeitnehmer unbeschadet ihrer politischen, weltanschaulichen und gewerkschaftlichen Zugehörigkeit gewählt würden, die die größte Resonanz im Betrieb hätten. Bei Listenwahl dagegen könne der Arbeitnehmer nur eine Liste wählen, ohne auf deren Zusammensetzung im einzelnen Einfluß zu nehmen. Zudem bestünde bei Einführung der Listenwahl die Gefahr einer Politisierung der Betriebsratswahlen. Dem gegenüber vertraten die Vertreter der Regierungsparteien den Standpunkt, daß bei einer Mehrheitswahl insbesondere die weltanschaulichen Minderheitsgruppen völlig ausgeschaltet werden könnten, so daß es geboten sei, an den Grundsätzen der Verhältniswahl festzuhalten. Von der Verhältniswahl wird lediglich dann abgewichen, wenn nur ein Wahlvorschlag eingereicht wird oder wenn der Betriebsrat nur aus einer Person besteht oder wenn eine Gruppe nur Anspruch auf einen Vertreter im Betriebsrat hat.
Auch die Frage der Vorschlagsberechtigung für die Wahl von Betriebsratsmitgliedern war Gegenstand schwieriger Erörterungen. Während die Regierungsparteien wünschten, daß Wahlvorschläge nur aus dem Kreis der Belegschaft selbst gemacht werden dürften, wünschte die Opposition, daß auch die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften eine Vorschlagsberechtigung erhielten. Die Mehrheit des Ausschusses konnte sich dieser Auffassung nicht anschließen, sondern beschloß, nur Wahlvorschläge der wahlberechtigten Arbeitnehmer zuzulassen, von denen jeder mindestens von einem Zehntel der wahlberechtigten Gruppenangehörigen unterzeichnet sein muß. Jedenfalls genügt aber die Unterzeichnung durch 100 Gruppenangehörige bzw. bei gemeinsamer Wahl durch 100 Arbeitnehmer.
Damit der Betriebsrat ein möglichst wahres Spiegelbild der Zusammensetzung der Belegschaft darstellt, ist in § 14 vorgeschrieben, daß er sich möglichst aus Vertretern der verschiedenen Beschäftigungsarten der Arbeitnehmer zusammensetzen soll. Die Betriebsratswahl wird durch einen Wahlvorstand vorbereitet und durchgeführt, den in der Regel der bestehende Betriebsrat 6 Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit bestellt. Geschieht dies nicht oder nicht rechtzeitig, so bestimmt das Arbeitsgericht den Wahlvorstand auf Antrag mindestens eines wahlberechtigten Arbeitnehmers oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft. Gegen die Beteiligung der Gewerkschaften bei der Einsetzung des Wahlvorstandes, die auch in den §§ 16, 17 und 18 sich wiederholt, wurden im Ausschuß zwar gewisse Bedenken erhoben, die Mehrheit des Ausschusses war jedoch der Ansicht, daß den Gewerkschaften gewisse Initiativrechte einzuräumen seien, zumal in solchen Fällen, in denen wegen des Verhaltens des Arbeitgebers die Betriebsratswahl oder ihre ordnungsmäßige Durchführung gefährdet werde. Besteht kein Betriebsrat, der den Wahlvorstand einsetzen könnte, so wird dieser in einer Betriebsversammlung von der Mehrheit der Arbeitnehmer gewählt. Geschieht dies nicht, so bestellt das Arbeitsgericht den Wahlvorstand auf Antrag der Obengenannten. Der Wahlvorstand hat die Wahl unverzüglich in der Weise einzuleiten, daß sie spätestens nach 6 Wochen stattfindet. Geschieht dies nicht, so beruft das Arbeitsgericht auf Antrag der Obengenannten einen neuen Wahlvorstand. Da gerade vor neuen Wahlen die Frage, ob ein Nebenbetrieb oder Betriebsteil selbständig ist oder zum
Hauptbetrieb gehört, eine wesentliche Rolle spielt, ist in diesem Zusammenhang vorgesehen, daß der Arbeitgeber, jeder beteiligte Betriebsrat oder Wahlvorstand oder jede im Betrieb vertretene Gewerkschaft vor der Wahl eine Entscheidung des Arbeitsgerichts herbeiführen kann. Um möglichst umgehend nach der Wahl eine Klärung darüber herbeiführen zu können, ob der Betriebsrat ordnungsmäßig gewählt ist, ist in § 18 festgelegt, daß innerhalb einer Ausschlußfrist von 14 Tagen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses jeder Wahlberechtigte, jede im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber die Wahl wegen wesentlicher Verstöße anfechten kann, wenn diese nicht berichtigt werden können und sie für das Wahlergebnis von Bedeutung waren.
In § 19 ist das Verbot der Behinderung oder rechtswidrigen Beeinflussung der Betriebsratswahl ausgesprochen. Die früheren Betriebsrätegesetze enthielten hierüber ausschließlich gegen den Arbeitgeber gerichtete Vorschriften. Die Mehrheit der Ausschußmitglieder beschloß, diese Vorschriften dahin zu erweitern, daß sie sich gegen jeden richten, der die Betriebsratswahl verhindert oder rechtswidrig beeinflußt. — Anknüpfend an frühere Vorbilder ist festgelegt, daß der Arbeitgeber die Kosten der Wahl trägt und das Arbeitsentgelt der Arbeitnehmer nicht wegen Ausübung des aktiven oder passiven Wahlrechts oder Teilnahme an den zur Wahl erforderlichen Betriebsversammlungen oder wegen seiner Tätigkeit im Wahlvorstand kürzen darf.
Die Vorschriften des § 20 beschäftigen sich mit den Fragen der Vertretung nichtständiger Arbeitnehmer und der Bildung von Jugendvertretungen. Die Bestimmungen über nichtständig beschäftigte Arbeitnehmer werden besonders in Saisonbetrieben erhebliche Bedeutung gewinnen. Sie greifen dann Platz, wenn die Zahl der Arbeitnehmer vorübergehend auf das Doppelte, aber mindestens um 20, darunter 5 Wahlberechtigte, steigt. In diesem Fall wählen die nichtständig Beschäftigten in geheimer Wahl einen, bei mehr als 50 nichtständig Beschäftigten zwei, bei mehr als 100 nichtständig Beschäftigten drei Vertreter. Der zur Durchführung des Wahlverfahrens erforderliche Wahlvorstand wird vom Betriebsrat bestimmt. Das Wahlverfahren ist dem für die Betriebsratswahl angepaßt, jedoch finden hier die Vorschriften über die Gruppenwahl keine Anwendung.
Um den jugendlichen Arbeitnehmern Gelegenheit zu geben, ihre Belange selbst innerhalb des Betriebs zu vertreten und sich gleichzeitig in der Praxis demokratischer Vorgänge zu üben, erhalten die Jugendlichen in Betrieben, in denen mindestens 5 Jugendliche beschäftigt sind, eine besondere Jugendvertretung. Dabei gelten als Jugendliche alle Arbeitnehmer unter 18 Jahren. Die Jugendvertretung besteht in Betrieben bis zu 50 jugendlichen Arbeitnehmern aus einer Person, bis zu 100 Jugendlichen aus drei und darüber hinaus aus fünf Jugendvertretern. Als Jugendvertreter kann jeder Arbeitnehmer gewählt werden, der nicht älter als 21 Jahre ist. Auch hier ist das Wahlverfahren dem zum Betriebsrat angepaßt; eine Gruppenwahl findet nicht statt.
Besondere Bedeutung kommt den Vorschriften des § 20 Abs. 3 zu, der Ausnahmen für den Fall vorsieht, daß der Errichtung von Betriebsräten nach der Eigenart des Betriebs besondere Schwierigkeiten entgegenstehen. Für diesen Fall kann durch Tarifvertrag abweichend von den Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes die Errichtung einer anderen Vertretung der Arbeitnehmer des Betriebs vorgeschrieben werden. Ein solcher Tarifvertrag bedarf jedoch der Zustimmung der obersten Arbeitsbehörde des Landes oder wenn sich sein räumlicher Geltungsbereich über mehrere Länder erstreckt, der Zustimmung des Bundesministers für Arbeit. Bestehen in Betrieben, deren Betriebsvertretung durch Tarifvertrag geregelt wird, Betriebsräte, so endet deren Amtszeit mit dem Inkrafttreten eines solchen Tarifvertrags. Seitens der Opposition wurden gegen die Beteiligung der Arbeitsbehörde Bedenken geltend gemacht im Hinblick auf die Tarifautonomie. Diesen Bedenken konnte die Mehrheit der Ausschüsse nicht entsprechen, weil man der Ansicht war, daß solche bedeutsamen Abweichungen von dem einheitlichen Betriebsverfassungsrecht nicht ohne Mitwirkung parlamentarisch verantwortlicher staatlicher Stellen erfolgen sollten und daß darüber hinaus geprüft werden müsse, ob die Vertretung der tarifvertragschließenden Verbände in dem betreffenden Gewerbezweig stark genug sei, um ihnen das Recht einzuräumen, Abweichungen von dem gesetzlich geregelten Betriebsverfassungsrecht festzulegen.
Zweiter Abschnitt
Amtszeit
In den Ausschüssen bestand im wesentlichen Übereinstimmung darüber, daß es im Interesse der kontinuierlichen Arbeit der Betriebsräte liege, wenn deren Amtszeit im Gegensatz zum Betriebsrätegesetz von 1920 auf 2 Jahre erhöht werde. Auch hat sich in den Ländergesetzen die zweijährige Amtszeit in zunehmendem Maße durchgesetzt. Der Entwurf regelt in § 22 die Fälle, in denen vor Ablauf der ordnungsmäßigen Amtszeit eine Neuwahl erforderlich wird. Dazu gehört vor allem der Fall der wesentlichen Veränderung der Beschäftigtenzahl, des Absinkens der Gesamtzahl der Betriebsratsmitglieder auch nach Eintritt sämtlicher Ersatzmitglieder unter die vorgeschriebene Zahl, der Rücktritt des Betriebsrats oder seine Auflösung durch das Arbeitsgericht wegen grober Vernachlässigung seiner gesetzlichen Befugnisse oder grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflicht. Soweit die Neuwahl nicht wegen eines Verschuldens des Betriebsrats notwendig ist, führt der alte Betriebsrat die Geschäfte weiter, bis der neue gebildet ist. Nach den Vorbildern der meisten Betriebsrätegesetze waren auch Vorschriften über die Abberufung einzelner Betriebsratsmitglieder sowie die Auflösung des Gesamtbetriebsrats wegen grober Vernachlässigung der gesetzlichen Befugnisse oder grober Verletzung der gesetzlichen Pflichten vorzusehen. Die Opposition erhob Bedenken gegen die Aufnahme des Tatbestandes der groben Vernachlässigung der gesetzlichen Befugnisse, weil sie befürchtete, daß dadurch die Betriebsratsmitglieder in zu weitem Maße der Abberufungsmöglichkeit ausgesetzt würden. Die Mehrheit der Ausschüsse war jedoch der Ansicht, daß man den Antragsberechtigten die Möglichkeit geben sollte, die Abberufung auch solcher Betriebsräte oder Betriebsratsmitglieder zu verlangen, die das in sie gesetzte Vertrauen dadurch enttäuschen, daß sie nicht in den nach dem Gesetz vorgesehenen Umfang tätig werden. Die Entscheidung über die Abberufung einzelner Betriebsratsmitglieder oder die Auflösung des Betriebsrats als solchen trifft das Arbeitsgericht im Beschlußverfahren.
Antragsberechtigt sind mindestens 1/4 der wahlberechtigten Arbeitnehmer, der Arbeitgeber oder jede im Betrieb vertretene Gewerkschaft. Die von mancher Seite geäußerten Bedenken gegen ein Antragsrecht der Gewerkschaften wurden von der Mehrheit der Ausschüsse nicht geteilt, weil man der Ansicht war, daß es gerade in diesen Fällen Sache der Gewerkschaft sein müsse, für eine ordnungsgemäße Besetzung des Betriebsrats Sorge zu tragen. Der Betriebsrat selbst hat die Möglichkeit, die Aberufung eines Mitgliedes, das seine Pflichten verletzt oder seine Befugnisse vernachlässigt, durch das Arbeitsgericht zu beantragen. Diskutiert wurden auch die Vorschriften mancher Ländergesetze über eine Abberufung des Betriebsrats oder einzelner Betriebsratsmitglieder durch Beschluß der Belegschaft. Die Mehrheit des Ausschusses glaubte diesen Vorbildern nicht entsprechen zu können, da man dem Betriebsrat, soweit nicht objektive Verstöße gegen seine Pflichten oder Befugnisse vorliegen, Zeit lassen müsse, sein Amt nach seinem Ermessen zu führen, während die Abberufung einzelner Betriebsratsmitglieder durch Mißtrauensvotum deswegen bedenklich sei, weil dadurch Vertreter von Minderheiten durch die Mehrheit der Arbeitnehmer ausgeschaltet werden könnten. Um zu vermeiden, daß zwischen der Auflösung des Betriebsrats und der Neuwahl des neuen Betriebsrats eine allzugroße Zeitspanne und dadurch ein vertretungsloser Zustand für die Arbeitnehmer entsteht, ist in § 23 Abs. 2 vorgesehen, daß im Falle der Auflösung das Arbeitsgericht gleichzeitig mit seiner Entscheidung auch einen Wahlvorstand für die Neuwahl einsetzt.
§ 24 stellt die Fälle des Erlöschens der Mitgliedschaft vor Ablauf der gesetzlichen Wahlzeit zusammen. Das Erlöschen der Mitgliedschaft hat die
Folge, daß ein Ersatzmitglied nachrückt. Da das
Gesetz von den Grundsätzen der Verhältniswahl ausgeht, werden die Ersatzmitglieder der Reihe nach aus den nichtgewählten Arbeitnehmern derjenigen Vorschlagsliste entnommen, der das ausscheidende Mitglied angehört hat. Für ausscheidende Betriebsratsmitglieder, die mit einfacher Mehrheit gewählt waren tritt der nichtgewählte Arbeitnehmer mit der nächsthöchsten Stimmenzahl ein. Die vorstehenden Grundsätze über das Eintreten von Ersatzmitgliedern gelten auch für die Stellvertretung für zeitweilig verhinderte Mitglieder des Betriebsrats.
Die Amtszeit der Jugendvertretung entspricht im wesentlichen der des. Betriebsrats. Die Amtszeit der Vertreter der nichtständigen Arbeitnehmer erlischt mit Ablauf des für ihre Beschäftigung vorgesehenen Zeitraums oder mit Beendigung ihrer Arbeitsaufgabe.
Dritter Abschnitt
Geschäftsführung
Die innere Organisation des Betriebsrats wird nach § 27 in der Weise geregelt, daß der Betriebsrat aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und dessen Stellvertreter wählt, wobei als Sollvorschrift festgelegt ist, daß Vorsitzender und Stellvertreter nicht der gleichen Gruppe angehören sollten.
Der Betriebsratsvorsitzende bzw. im Falle seiner Verhinderung der Stellvertreter vertreten den Betriebsrat, jedoch nicht im Willen, sondern nur in der Erklärung, d. h. im Rahmen der gefaßten Beschlüsse. Da größere Betriebsräte zu schwerfällig sind, um die laufenden
Geschäfte zu führen, ist in § 28 vorgesehen, daß diese aus ihrer Mitte mit einfacher Stimmenmehrheit einen Ausschuß zu wählen haben, der aus dem Vorsitzenden, seinem Stellvertreter und drei weiteren Ausschußmitgliedern besteht. In ihm müssen die im Betriebsrat vertretenen Gruppen vertreten sein.
Die Konstituierung des Betriebsrats erfolgt in einer Sitzung, zu der der Wahlvorstand spätestens eine Woche nach der Wahl einberuft. Im übrigen werden die Sitzungen durch den Vorsitzenden des Betriebsrats einberufen, der auch die Tagesordnung festsetzt, die Verhandlungen leitet und für eine ordnungsmäßige Einladung der Mitglieder zu sorgen hat. Der Vorsitzende ist verpflichtet, eine Sitzung anzuberaumen, wenn ein Viertel der Mitglieder des Betriebsrats oder der Arbeitgeber dies beantragen. Der Arbeitgeber ist berechtigt, an den Sitzungen, die auf sein Verlangen stattfinden oder zu denen er ausdrücklich eingeladen ist, teilzunehmen; er kann dabei einen Vertreter seiner Arbeitgebervereinigung hinzuziehen. Ebenso kann nach § 31 ein Beauftragter einer im Betriebsrat vertretenen Gewerkschaft zu der Sitzung hinzugezogen werden, wenn dies von einem Viertel der Mitglieder des Betriebsrats beantragt wird.
Die Sitzungen des Betriebsrats sind nicht öffentlich; sie finden im allgemeinen während der Arbeitszeit statt, jedoch hat der Betriebsrat auf die betrieblichen Notwendigkeiten Rücksicht zu nehmen und den Arbeitgeber vom Zeitpunkt der Sitzungen vorher zu verständigen.
§ 32 regelt die Beschlußfassung des Betriebsrats. Die Beschlüsse werden mit einfacher Stimmenmehrheit der Anwesenden gefaßt, bei Stimmengleichheit ist der Antrag abgelehnt. Die Beschlußfähigkeit ist nur dann gegeben, wenn mindestens die Hälfte der Betriebsratsmitglieder anwesend oder in zulässiger Weise durch Ersatzmitglieder vertreten ist.
Die Vorschriften über die Niederschrift der Verhandlungen des Betriebsrats, ihre Unterzeichnung und ihre Vorlage oder Aushändigung an den Arbeitgeber entsprechen denen des Betriebsrätegesetzes von 1920 und der meisten Betriebsrätegesetze der Länder. Entsprechend § 31 des Betriebsrätegesetzes von Bayern ist vorgesehen, daß ein Beschluß auf Antrag einer Gruppe für die Dauer von einer Woche auszusetzen ist, wenn die Mehrheit der Gruppenvertreter im Betriebsrat einen Betriebsratsbeschluß als erhebliche Beeinträchtigung wichtiger Interessen der Gruppenangehörigen erachtet. In dieser Frist soll versucht werden, eine Verständigung zu erreichen; die zuständigen Gewerkschaften können hierbei vermittelnd eingeschaltet werden. Der Antrag auf Aussetzung kann nur einmal gestellt werden, um eine Verschleppung von Betriebsratsbeschlüssen durch eine Gruppe zu verhindern. Die Vertreter der nichtständigen Arbeitnehmer und die Jugendvertreter nehmen nicht an sämtlichen Betriebsratssitzungen teil, sondern nur soweit Fragen behandelt werden, die die Interessen der von ihnen vertretenen Arbeitnehmer wesentlich berühren. Im Rahmen der oben dargestellten Bestimmungen ist es dem Betriebsrat überlassen, sich eine eigene Geschäftsordnung zu geben, in der das Verfahren der Geschäftsführung geregelt werden kann.
Das Amt des Betriebsrats ist ein Ehrenamt, es ist daher unentgeltlich. Andererseits kann der Arbeitgeber das Arbeitseinkommen der Betriebs-
ratsmitglieder nicht deswegen kürzen, weil sie Arbeitszeit versäumt haben, soweit dies nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsmäßigen Durchführung der Aufgaben des Betriebsrats erforderlich war. Das Gesetz sieht ausdrücklich die Verpflichtung zur Freistellung von Betriebsratsmitgliedern vor, soweit dies nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsmäßigen Amtsführung erforderlich ist. Darüber hinaus kann der Betriebsrat in Betrieben mit mehr als 100 Arbeitnehmern Sprechstunden auch während der Arbeitszeit einrichten; das Nähere ist mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren. Der Arbeitgeber trägt die Kosten des Betriebsrats und hat die erforderlichen Geschäftsbedürfnisse und Räume für seine Tätigkeit und Sprechstunden zur Verfügung zu stellen. Der § 40 bestimmt, daß die Erhebung und Leistung von Beiträgen der Arbeitnehmer für Zwecke des Betriebsrats unzulässig ist.
Vierter Abschnitt
Betriebsversammlung
Die Betriebsversammlung ist ein Organ der Betriebsvertretung. Sie stellt die Zusammenfassung der Arbeitnehmer des Betriebs dar. Die Betriebsversammlung wird von dem Vorsitzenden des Betriebsrats geleitet. Sie ist nicht öffentlich. Wenn mit Rücksicht auf die Größe des Betriebs oder aus sonstigen Gründen der Eigenart desselben eine gleichzeitige Zusammenkunft aller Arbeitnehmer nicht stattfinden kann, so sind Teilversammlungen durchzuführen.
Die Vorschrift des § 42 unterscheidet zwischen den regelmäßigen Pflichtversammlungen, die vierteljährlich einmal stattzufinden haben, und den Betriebsversammlungen, die aus sonstigen Anlässen stattfinden müssen. Aufgabe der regelmäßigen Pflichtversammlungen ist es, einen Tätigkeitsbericht des Betriebsrats entgegenzunehmen. Zu den Pflichtversammlungen ist der Arbeitgeber unter Mitteilung der Tagesordnung einzuladen. Er ist berechtigt, in der Versammlung zu sprechen. Die außerordentlichen Betriebsversammlungen finden entweder auf Anordnung des Betriebsrats oder auf Wunsch des Arbeitgebers oder von mindestens einem Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmer statt. Von Versammlungen, die auf Wunsch des Arbeitgebers stattfinden, ist dieser zu verständigen. Seitens der Opposition war angeregt worden, auch den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften das Recht zu geben, die Einberufung von Betriebsversammlungen zu beantragen. Diesem Wunsch wurde durch die Mehrheit des Ausschusses nicht entsprochen, weil ein Bedürfnis hierfür nicht anerkannt werden konnte, zumal solche Gewerkschaften, die repräsentativ im Betrieb vertreten sind, die Möglichkeit haben, die Abhaltung einer Betriebsversammlung beim Betriebsrat zu erwirken oder das erforderliche Viertel der Wahlberechtigten zu einem entsprechenden Antrag zu veranlassen.
Die regelmäßigen Pflichtversammlungen sowie die auf Wunsch des Arbeitgebers einberufenen Betriebsversammlungen finden im allgemeinen während der Arbeitszeit statt, es sei denn, daß dies aus betrieblichen Gründen nicht möglich ist. Den Arbeitnehmern darf durch ihre Teilnahme ein Ausfall an Arbeitsentgelt nicht entstehen. Die übrigen Betriebsversammlungen finden außerhalb der Arbeitszeit statt, es sei denn, daß der Arbeitgeber sich mit der Abhaltung während der Arbeitszeit einverstanden erklärt. Die Betriebsversammlung ist nicht berechtigt, dem Betriebsrat bindende Weisungen zu erteilen oder seine Beschlüsse außer Kraft zu setzen. Sie kann aber mit Anregungen und Wünschen an den Betriebsrat herantreten und zu seinen Beschlüssen kritisch Stellung nehmen. Um jede Politisierung der Betriebsversammlung auszuschließen und den Rahmen ihrer sachlichen Zuständigkeit zu klären, ist festgelegt, daß sie nur Angelegenheiten behandeln darf, die den Betrieb oder seine Arbeitnehmer unmittelbar berühren. An den Betriebsversammlungen können nur die Arbeitnehmer teilnehmen, eine Ausnahme gilt jedoch für Beauftragte der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften, die auch ohne Einladung an allen Betriebsversammlungen teilnehmen können. Beauftragte der Arbeitgebervereinigung des Arbeitgebers können naturgemäß nur an den Betriebsversammlungen teilnehmen, an denen auch der Arbeitgeber teilzunehmen berechtigt ist.
Dritter Teil
Der Gesamtbetriebsrat
Bereits das Betriebsrätegesetz von 1920 sah die Bildung von Gesamtbetriebsräten dann vor, wenn mehrere gleichartige oder nach dem Betriebszweck zusammengehörende Betriebe, die sich innerhalb derselben Gemeinde oder mehrerer wirtschaftlich zusammenhängender, nah beieinander liegender Gemeinden befanden, in der Hand eines Unternehmers waren. Die Bildung des Gesamtbetriebsrats war in diesen Fällen an übereinstimmende Beschlüsse sämtlicher Betriebsräte gebunden. Diese Erschwerung der Bildung von Gesamtbetriebsräten erklärte sich aus der damaligen politischen Lage, in der eine von radikalen Kreisen getragene Rätebewegung den Bestand der Gewerkschaften bedrohte. Der Ausschuß stellte nach Anhörung von Sachverständigen der Arbeitgeber und der Gewerkschaften fest, daß im Hinblick auf die geänderten politischen Verhältnisse die Bildung von Gesamtbetriebsräten erleichtert werden könnte. Besondere Bedeutung kommt den Gesamtbetriebsräten im Rahmen des sogenannten wirtschaftlichen Mitbestimmungsrechtes zu, das sich auf die Unternehmerfunktion bezieht und daher möglichst durch eine sich auf das ganze Unternehmen erstreckende Repräsentation der Arbeitnehmerschaft der Betriebe wahrgenommen werden sollte. Es wurde festgelegt, daß, wenn ein Unternehmen aus mehreren Betrieben besteht, unabhängig davon, ob diese in der gleichen Gemeinde oder über das ganze Bundesgebiet verstreut liegen, durch Beschlüsse der einzelnen Betriebsräte neben diesen ein Gesamtbetriebsrat errichtet werden kann. Die Errichtung ist an die Zustimmung der Betriebsräte geknüpft, die insgesamt mindestens 75% der Arbeitnehmer des Unternehmens repräsentieren. Weitere eingehende Diskussionen waren erforderlich über die Art der Zusammensetzung des Gesamtbetriebsrats; während aus Kreisen der Opposition besonderer Wert darauf gelegt wurde, daß möglichst jeder Betrieb im Gesamtbetriebsrat vertreten werden sollte, hielt die Mehrheit des Ausschusses es ebenso für erforderlich, daß auch die einzelnen Gruppen — Arbeiter und Angestellte — in angemessener Weise im Gesamtbetriebsrat zum Zuge kämen. Andererseits durfte nicht außer Acht gelassen werden, daß der Gesamtbetriebsrat eine bestimmte Höchstgröße nicht überschreitet, weil andernfalls seine Aktionsfähigkeit in Frage gestellt wäre und für die Unternehmen erhebliche Kosten entstehen könnten. Nach Anhörung von Sachverständigen wurde die in § 47 des Entwurfs niedergelegte Lösung gewählt, d. h.
jeder Betriebsrat entsendet soviel Mitglieder in den Gesamtbetriebsrat als ihm Gruppen angehören. Jedes Mitglied hat im Gesamtbetriebsrat soviel Stimmen als in dem Betriebsrat, der es entsandt hat, Mitglieder seiner Gruppen sind. Diese Vorschrift ist nicht absolut zwingend, vielmehr kann hiervon durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung abgewichen werden, so daß eine gewisse Freiheit in der Gestaltung des Gesamtbetriebsrats besteht. Um eine zu hohe Mitgliederzahl des Gesamtbetriebsrats zu vermeiden, ist in § 47 Abs. 3 vorgesehen, daß — falls dieser bei regelmäßiger Besetzung aus mehr als 40 Mitgliedern besteht — zwischen ihm und dem Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung über Mitgliederzahl und Zusammensetzung eines künftigen Gesamtbetriebsrats abzuschließen ist, wenn nicht bereits eine tarifvertragliche Regelung besteht. Einigen sich die Beteiligten in diesem Falle nicht, so entscheidet eine für das Unternehmen gebildete Einigungsstelle bindend, die aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Unternehmer und vom Gesamtbetriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, den der Präsident des zuständigen Landesarbeitsgerichtes bestellt, besteht. Im übrigen findet § 50, Abs. 1, 2 und 4 des Entwurfs über die betriebliche Einigungsstelle und über ihre bindenden Entscheidungen entsprechende Anwendung.
Der Gesamtbetriebsrat ist kein den einzelnen Betriebsräten übergeordnetes Organ. Es besteht innerhalb des Unternehmens eine Art föderalistischen Systems der Betriebsvertretungen, d. h. jeder einzelne Betriebsrat bleibt für diejenigen Angelegenheiten zuständig, die er ihrer Art nach natürlicherweise wahrnehmen kann. Der Gesamtbetriebsrat kann nur dort tätig werden, wo eine Angelegenheit das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betrifft und nicht durch die einzelnen Betriebsräte in ihrem Betrieb wirksam geregelt werden kann. Die Vorschriften über die Geschäftsführung des Betriebsrats finden auch auf den Gesamtbetriebsrat insoweit Anwendung, als dessen Eigenart der Anwendung nicht widerspricht; insbesondere ist auch bei größeren Gesamtbetriebsräten ein Gesamtbetriebsausschuß für die laufende Geschäftsführung zu bilden.
Vierter Teil
Mitwirkung und Mitbestimmung der Arbeitnehmer
Erster Abschnitt
Allgemeines
Der erste Abschnitt des vierten Teils enthält allgemeine Vorschriften über die Zusammenarbeit von Arbeitgeber und Betriebsrat. Über die Notwendigkeit dieser Vorschriften wurde eingehend beraten; die überwiegende Mehrheit des Ausschusses kam schließlich zu der Erkenntnis, daß derartige allgemeine Verfahrensregeln einer fairen Zusammenarbeit nur dienlich sein und auch dort, wo sie nicht unmittelbar zwingendes Recht schaffen, Richtlinien für die Gestaltung der Partnerschaft im Betrieb geben könnten. Grundsätzlich wird ausgesprochen, daß Arbeitgeber und Betriebsrat ihre Tätigkeit vertrauensvoll und zum Wohle des Betriebs, seiner Arbeitnehmer, aber auch unter Berücksichtigung des Gemeinwohls zu gestalten haben. Sie müssen hierbei die geltenden Tarifverträge beachten. Die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und die Arbeitgebervereinigungen sind zwar nicht unmittelbar in die Zusammenarbeit eingeschaltet, ihre Unterstützung — insbesondere bei Meinungsverschiedenheiten — wird jedoch durch den Entwurf besonders hervorgehoben . Ebenso ist festgelegt, daß Arbeitgeber und Betriebsrat im Verhältnis zueinander eine absolute Friedenspflicht haben. Sie haben alles zu unterlassen, was geeignet wäre, Arbeit und Frieden im Betrieb zu gefährden. Streiks und Aussperrungen gegeneinander sind verboten, ohne daß durch dieses Verbot die Arbeitskämpfe der tariffähigen Parteien in irgendeiner Weise berührt werden. In mindestens allmonatlichen Besprechungen sollen Arbeitgeber und Betriebsrat die laufenden Probleme behandeln, über strittige Fragen mit dem ernsten Willen zur Einigung verhandeln; sie sollen sich nicht auf negative Kritik beschränken, sondern positive Vorschläge für die Beilegung von Meinungsverschiedenheiten machen. Ebenso wurde der alte Grundsatz des § 29 Abs. 3 des Betriebsrätegesetzes von 1920 übernommen, wonach eine Anrufung außerbetrieblicher Stellen erst dann zulässig ist, wenn eine Einigung im Betrieb nicht erzielt werden kann. Aus dem gleichen Gesichtspunkt, daß alle betrieblichen Fragen möglichst der betrieblichen Einigung vorbehalten werden sollen, wird zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat von Fall zu Fall eine Einigungsstelle auf betrieblicher Grundlage gebildet. Diese Einigungsstelle ist paritätisch besetzt, d. h. ihr gehören eine gleiche Anzahl von Beisitzern, die der Arbeitgeber und der Betriebsrat bestellen, an, ferner ein unparteiischer Vorsitzender, auf den sich beide Seiten einigen sollen. Geschieht dies nicht, so bestellt den Vorsitzenden der Vorsitzende des Arbeitsgerichts. Der Vorsitzende des Arbeitsgerichts entscheidet auch, wenn kein Einverständnis zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat darüber erzielt wird, aus wieviel Beisitzern sich jeweils die Einigungsstelle zusammensetzen soll. Das Verfahren der Einigungsstelle ist verhältnismäßig formlos geregelt, es ist lediglich vorgeschrieben, daß sie ihre Beschlüsse mit einfacher Mehrheit nach mündlicher Beratung faßt. Grundsätlzich wird die Einigungsstelle nur dann tätig, wenn Arbeitgeber und Betriebsrat sie gemeinsam anrufen oder damit einverstanden sind, daß sie einen Einigungsversuch macht. Der Spruch der Einigungsstelle ist in diesem Falle nur dann verbindlich, wenn sich beide Seiten ihm im voraus unterworfen oder ihn nachträglich angenommen haben. Andernfalls ist der Spruch als unverbindlicher Einigungsvorschlag zu werten. In denjenigen Fällen jedoch, in denen nach dem Entwurf jedenfalls eine verbindliche Entscheidung im Interesse des Funktionierens des Betriebs und des Wohles der Belegschaft erreicht werden muß, ersetzt der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber. In diesen, im Gesetz ausdrücklich genannten Fällen (§§ 56, 70 Abs. 2) wird die Einigungsstelle auf Anruf einer Seite tätig. Um zu verhindern, daß die andere Seite durch Nichtbenennung von Mitgliedern oder durch Verschleppung (Nichterscheinen ordnungsmäßig geladener Mitglieder) die Tätigkeit der Einigungsstelle und damit den verbindlichen Spruch verhindert; ist vorgesehen, daß in solchen Fällen der Vorsitzende und die erschienenen Mitglieder allein entscheiden können. Von dem Grundsatz der betrieblichen Einigung kann durch Tarifvertrag abgewichen werden mit der Wirkung, daß an die Stelle der betrieblichen Einigungsstelle eine tarifliche Schlichtungsstelle tritt und daß das Verfahren bei der verbindlichen Schlichtung in anderer, als im Gesetz vorgesehenen Weise geregelt wird.
Durch § 51 werden Arbeitgeber und Betriebsrat verpflichtet, auf die Wahrung der Grundrechte des Artikels 3 ff. GG zu achten, insbesondere haben sie dafür zu sorgen, daß niemand wegen seiner Abstammung, Religion, Nationalität, Herkunft, seiner politischen Einstellung, seines Geschlechtes oder in Verletzung der Grundsätze der Koalitionsfreiheit unterschiedlich behandelt wird. -Im gleichen Zusammenhang wird Arbeitgeber und Betriebsrat verboten, sich im Betrieb parteipolitisch zu betätigen; damit soll jede Beeinträchtigung des Betriebsfriedens durch parteipolitische Einflüsse vermieden werden.
Die im Zuge der Mitwirkung und Mitbestimmung von Arbeitgeber und Betriebsrat gefaßten Beschlüsse führt der Arbeitgeber durch, soweit nicht im einzelnen etwas anderes vereinbart ist. Damit wird der im gesamten Betriebsräterecht anerkannte Grundsatz der alleinigen Exekutive des Arbeitgebers anerkannt. Dem Betriebsrat ist es daher untersagt, durch einseitige Handlungen, d. h. ohne Zustimmung des Arbeitgebers in die Betriebsleitung einzugreifen. Die von Arbeitgeber und Betriebsrat gemeinsam beschlossenen Betriebsvereinbarungen bedürfen der schriftlichen Form; sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen und im Betrieb an geeigneter Stelle durch den Arbeitgeber auszulegen, der sie in gut leserlichem Zustand zu erhalten hat. Die Bezeichnung Betriebsvereinbarung wurde entgegen der Formulierung des Regierungsentwurfs, der den Begriff Betriebssatzung einführen wollte, im Hinblick auf die eingeführte Terminologie gewählt, ohne dadurch der Entscheidung der Frage, ob die Betriebsvereinbarung ein schuldrechtlicher Vertrag mit normativer Wirkung, oder ein reines, durch übereinstimmende Beschlüsse von Arbeitgeber und Betriebsrat gesetztes Betriebsstatut sei, vorzugreifen.
In § 53 wird der überkommene Grundsatz verankert, daß der Betriebsrat, die Vertreter der nichtständig Beschäftigten und die Jugendvertreter in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder gehindert werden dürfen. Die Mitglieder dieser Organe und die Mitglieder der Einigungsstelle dürfen nicht um ihrer Tätigkeit willen anders behandelt werden als andere Arbeitnehmer, d. h. nicht bevorzugt oder benachteiligt werden.
Unabhängig von den in den Abschnitten über soziales, personelles und wirtschaftliches Mitbestimmungsrecht festgelegten Einzelaufgaben hat der Betriebsrat in sämtlichen Bereichen seiner Tätigkeit allgemein das Recht, beim Arbeitgeber zu beantragen, daß Maßnahmen, die dem Betrieb und der Belegschaft dienlich sind, durchgeführt werden. Er hat ferner darüber zu wachen, daß die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze und Verordnungen , die für den Betrieb einschlägigen Tarifverträge und bestehenden Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden. Diese Überwachung wird ihm dadurch erleichtert, daß der Arbeitgeber verpflichtet ist, die erforderlichen Unterlagen je nach Lage des Falles zur Verfügung zu stellen. Der Betriebsrat hat Beschwerden von Arbeitnehmern entgegenzunehmen, sie auf ihre Berechtigung zu überprüfen und, falls er eine solche als gegeben ansieht, mit dem Arbeitgeber über ihre Bereinigung zu verhandeln. Besonders wird dem Betriebsrat der Schutz der Schwerbeschädigten und sonstiger besonders schutzbedürftiger Personen (z. B. Jugendliche, schwangere Frauen) anvertraut.
Die Schweigepflicht des Betriebsrats erstreckt sich auf sämtliche Bereiche seiner Tätigkeit. Bei der Festlegung des Umfanges der Schweigepflicht war Rücksicht darauf zu nehmen, daß der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran hat, sicherzustellen, daß durch eine offene und unvoreingenommene Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat die Geschäftsgeheimnisse und sonstige vertrauliche Angelegenheiten nicht gefährdet werden; die Schweigepflicht erstreckt sich daher auf sämtliche Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse und auf die ihrer Natur nach vertraulichen Angaben, sofern sie den Mitgliedern oder Ersatzmitgliedern des Betriebsrats nur wegen ihrer Zugehörigkeit zum Betriebsrat bekanntgeworden sind. Andererseits mußte beachtet werden, daß die Betriebsratsmitglieder unter Umständen dann in eine schwierige Lage geraten, wenn nachträglich festgestellt wird, daß eine Frage als Geschäftsgeheimnis oder als vertraulich zu behandeln war, d. h. die Weitergabe von Mitteilungen hierüber als Verstoß gegen die Schweigepflicht anzusehen ist, ohne daß der Arbeitgeber zuvor darauf hingewiesen hat; es wurde deshalb vorgesehen, daß der Arbeitgeber ausdrücklich auf die Geheimhaltungspflicht aufmerksam machen muß. Die Schweigepflicht gilt auch für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Betriebsrat. Sie gilt jedoch nicht gegenüber den anderen Mitgliedern des Betriebsrats. Seitens der Opposition wurden gegen diese Formulierung der Schweigepflicht Bedenken geäußert, denen jedoch die Mehrheit des Ausschusses im Hinblick auf die wirtschaftliche Notwendigkeit, die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, nicht entsprechen zu können glaubte. Die Vorschriften über die Schweigepflicht gelten auch für die Mitglieder sonstiger Organe der Betriebsverfassung sowie für die Vertreter von Gewerkschaften und von Arbeitgebervereinigungen, soweit diese von Geschäftsgeheimnissen und vertraulichen Angaben wegen ihrer unterstützenden Tätigkeit im Rahmen der Betriebsverfassung Kenntnis erlangt haben.
Zweiter Abschnitt
Soziale Angelegenheiten
Der Entwurf faßt unter den Begriff der sozialen Angelegenheiten diejenigen Fragen zusammen, die sich auf die Arbeitsbedingungen, die Art der Arbeitsleistung, das Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb und ihre Behandlung beziehen einschließlich der Fragen des Betriebsschutzes.
In § 56 sind diejenigen sozialen Angelegenheiten zusammengefaßt, in denen der Betriebsrat sowohl durch Abschluß von Betriebsvereinbarungen und bei ihrer Durchführung, als auch bei einzelnen Maßnahmen ein Mitbestimmungsrecht hat mit der Wirkung, daß im Nichteinigungsfalle die betriebliche Einigungsstelle bzw. die nach § 51 Abs. 4 gebildete tarifliche Schlichtungsstelle verbindlich entscheidet. In Abs. 1 Buchst. a und b sind die wesentlichsten Punkte der Arbeitsordnung zusammengefaßt, d. h. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen, Zeit und Ort der Auszahlung des Arbeitsentgelts. Die Regelung dieser Fragen war bereits nach dem Betriebsrätegesetz von 1920 der verbindlichen Schlichtung unterworfen. Die weiteren in § 56 Abs. 1 Buchst. c bis h aufgeführten Gegenstände sind zum Teil bereits nach dem gelten den Landesrecht Gegenstand der absoluten Mitbestimmung. Es dürfte gelungen sein, über den Umfang des sozialen Mitbestimmungsrechts inso-
weit völlige Übereinstimmung im Ausschuß herbeizuführen. Danach erstreckt sich das durch verbindlichen Schiedsspruch erzwingbare Mitbestimmungsrecht auf die Aufstellung des Urlaubsplans, die Durchführung der Berufsausbildung , die Verwaltung von betrieblichen Wohlfahrtseinrichtungen unbeschadet deren Rechtsform, die allgemeinen Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer, die Regelung von Akkord- und Stücklohnsätzen, die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung von neuen Entlohnungsmethoden, soweit nicht tarifliche Bestimmungen vorliegen. Durch freiwillige Betriebsvereinbarungen können sämtliche sozialen Angelegenheiten geregelt werden. Insbesondere nennt der Entwurf Maßnahmen zur Verhütung von Betriebsunfällen und Gesundheitsschädigungen (d. h. Betriebsvereinbarungen auf dem Gebiete des Betriebsschutzes) sowie die Betriebsvereinbarungen über die Errichtung von betrieblichen Wohlfahrtseinrichtungen (Erholungsheimen, Pensionskassen u. dergl.) im Rahmen der vom Arbeitgeber freiwillig zur Verfügung gestellten Mittel. Die Zuständigkeit von Arbeitgeber und Betriebsrat zum Abschluß von Betriebsvereinbarungen ist jedoch, um jede Überschneidung der Tätigkeit von Betriebsräten und Gewerkschaften zu vermeiden, dadurch beschränkt, daß Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen in dem Maße, wie sie üblicherweise durch Tarifvertrag geregelt werden, nur dann in Betriebsvereinbarungen behandelt werden dürfen, wenn ein Tarifvertrag den Abschluß solcher ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zuläßt. Auf dem wichtigen Gebiet des Betriebsschutzes hat der Betriebsrat sowohl im Betrieb auf die Bekämpfung von Unfällen und Gesundheitsgefahren zu achten, als auch die Gewerbeaufsichtsbeamten und die sonstigen zuständigen Stellen (Berufsgenossenschaften u. dergl.) bei der Bekämpfung von Arbeitsgefahren zu unterstützen und sich für die Durchführung der Vorschriften des Arbeits- und Betriebsschutzes einzusetzen. Werden Arbeitsschutzeinrichtungen im Betrieb eingeführt oder geprüft oder finden auf Veranlassung des Arbeitgebers, der Gewerbeaufsichtsbeamten oder anderer Stellen Unfalluntersuchungen im Betrieb statt, so ist der Betriebsrat zu beteiligen.
Dritter Abschnitt
Personelle Angelegenheiten
Unter personellen Angelegenheiten im Sinne des Entwurfs sind diejenigen Maßnahmen zu verstehen, die sich auf die Zusammensetzung der Belegschaft und ihre Schichtung beziehen. Der Umfang, in dem derartige Angelegenheiten der Mitbestimmung unterworfen werden sollen, war Gegenstand ernster Erörterungen. Der Ausschuß einigte sich darauf, daß grundsätzlich als personelle Angelegenheiten im Sinne des Betriebsverfassungsrechts angesehen werden sollen: Einstellungen, Umgruppierungen, Versetzungen und Entlassungen. Dabei bestand Übereinstimmung darüber, daß die erste Eingruppierung eines Arbeitnehmers bei der Einstellung erfolgt, so daß eine besondere Erwähnung der „Eingruppierungen" nicht erforderlich sei. Unter Umgruppierung sollte verstanden werden jede Änderung in der tariflichen oder arbeitsvertraglichen Stellung des Arbeitnehmers, und zwar sowohl Verbesserungen als auch Herabstufungen. Der Begriff der Versetzung wird durch § 60 Abs. 2 dahin präzisiert, daß die in jedem laufenden Betrieb notwendigen Umsetzungen auf Grund des Direktionsrechts des Arbeitgebers nicht notwendig als Versetzung anzusehen sind, daß vielmehr als Versetzung im Sinne des Betriebsverfassungsrechts nicht gilt die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes, die innerhalb der gleichen selbständigen Betriebsabteilung oder des gleichen Betriebs ohne örtliche Veränderung oder Änderung der Arbeitsbedingungen er- folgt, es sei denn, daß durch eine solche Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes der Arbeitnehmer wesentlich schlechter gestellt wird. Um der Eigenart nicht stationär arbeitender Gewerbezweige , in denen das Direktionsrecht des Arbeitgebers bezüglich der Zuweisung von Arbeitsplätzen an anderen Orten stärker sein muß und in denen die Eigenart des Arbeitsverhältnisses auf ständigen Wechsel der Arbeitsstelle abgestellt ist, zu entsprechen, ist in § 60 Abs. 2 Satz 2 festgelegt, daß die Bestimmung des Ortes, an dem jeweils die Arbeit zu leisten ist, bei solchen Arbeitnehmern, die nach der Eigenart ihres Arbeitsverhältnisses üblicherweise nicht ständig am gleichen Ort beschäftigt werden, nicht als Versetzung im Sinne der Betriebsverfassung gilt. Näheres über den Versetzungsbegriff in den einzelnen Gewerbezweigen, Beschäftigungsarten oder Betrieben kann durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung bestimmt werden.
Über das Verfahren zur Geltendmachung des Mitbestimmungsrechts bei Einstellungen, Umgrupppierungen und Versetzungen konnte übereinstimmende Auffassung im Ausschuß nicht erzielt werden. Als Hauptprobleme der Erörterungen sind herauszustellen die Frage, ob der Arbeitgeber grundsätzlich eine Einstellung nur mit vorheriger Zustimmung des Betriebsrats durchführen kann, wobei ihm allerdings für dringende Fälle die Möglichkeit der vorläufigen Einstellung gewährt werden müßte, oder ob der Arbeitgeber in jedem Falle vorläufig einstellen kann vorbehaltlich der Rechte des Betriebsrats, eine endgültige Einstellung zu verhindern. Die Vertreter der Opposition sprachen sich für das erstere Prinzip aus mit der Begründung, daß andernfalls ein echtes Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht gegeben sei. Die Mehrheit des Ausschusses schloß sich dieser Auffassung nicht an, war vielmehr der Ansicht, daß es für Arbeitgeber und Betriebsrat dienlich sei, wenn der Arbeitgeber nicht eine vorläufige Einstellung über den Umweg einer behaupteten Dringlichkeit vornehmen müßte. Dem Betriebsrat sollte eine längere Zeitspanne zur Verfügung stehen, um sich ein Bild über die eingestellte Person machen zu können, die er ja in der Regel vor der Einstellung nur vom Hörensagen auf Grund von Auskünften außenstehender Personen kennen kann. Ferner war zu erörtern, inwieweit der Arbeitgeber verpflichtet sein soll, dem Betriebsrat über die Person des Bewerbers Auskunft zu erteilen, insbesondere ob er ihm sämtliche Personalunterlagen einschließlich der Personalakten vorzulegen hat. Die Opposition vertrat den letzteren Standpunkt mit der Begründung, daß andernfalls es dem Betriebsrat schwer möglich sei, sich ein ab- schließendes Bild über den Bewerber zu machen. Die Vertreter der Regierungsparteien waren der Ansicht, daß es genügen müsse, wenn der Arbeitgeber verpflichtet sei, dem Betriebsrat so Auskunft über den Bewerber zu geben, daß er sich ein Bild über dessen Person machen könne, daß jedoch die Personalakten und sonstigen Unterlagen häufig Dinge enthielten, an deren Geheimhaltung auch der Bewerber ein berechtigtes Interesse habe. Schließ-
lieh war zu erwägen, ob der Betriebsrat die Zustimmung zu der Einstellung oder sonstigen personellen Veränderungen nur bei Vorliegen bestimmter Gründe verweigern könne oder ob ihm ein unbeschränktes Verweigerungsrecht zugestanden werden solle. Die Vertreter der Opposition vertraten die Auffassung, daß eine katalogmäßige Zusammenfassung der Verweigerungsgründe notwendigerweise eine Beschränkung des Mitbestimmungsrechtes des Betriebsrats enthalte, daß insbesondere der von der Mehrheit des Ausschusses vorgeschlagene Katalog nicht ausreiche, alle möglichen Fälle, in denen der Betriebsrat ein berechtigtes Interesse an der Verhinderung einer Einstellung habe, zu umfassen. Die Vertreter der Regierungsparteien hingegen sprachen sich für einen Katalog aus mit der Begründung, daß die Rechtssicherheit, insbesondere auch das Interesse des betroffenen Bewerbers oder Arbeitnehmers gebiete, den Betriebsrat nur auf bestimmte Tatbestände für die Verweigerung der Zustimmung zu verweisen. Auf Grund der oben dargestellten Erörterungen sprach sich die Mehrheit für folgendes Verfahren bei Einstellungen, Versetzungen und Umgruppierungen aus:
Der Arbeitgeber hat bei jeder geplanten Maßnahme dem Betriebsrat rechtzeitig mitzuteilen, an welchen Arbeitsplatz und damit in welcher Eigenschaft ein Arbeitnehmer eingestellt, versetzt oder umgruppiert werden soll. Dabei ist Auskunft über die Person des Arbeitnehmers zu geben. Der Betriebsrat kann innerhalb einer Woche nach Zugang der Mitteilung gegen eine Einstellung, Versetzung oder Umgruppierung Bedenken erheben, muß diese jedoch unter Angabe von Gründen innerhalb dieser Frist dem Arbeitgeber schriftlich mitteilen. Wird die Meinungsverschiedenheit nicht durch Verhandlung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat bereinigt, so kann der Arbeitgeber die von ihm in Aussicht genommene personelle Maßnahme nur vorläufig durchführen. Dem Betriebsrat steht nunmehr eine Frist von 2 Monaten nach der Einstellung zur Verfügung, innerhalb deren er das Arbeitsgericht anrufen kann mit dem Antrag, festzustellen, daß er zur Verweigerung der Zustimmung berechtigt sei. Die Gründe, aus denen der Betriebsrat die Zustimmung verweigern kann, sind erschöpfend katalogmäßig in Absatz 3 festgelegt. Nach § 61 Abs. 3 Buchst. a ist Verweigerungsgrund die Tatsache, daß durch die Einstellung gegen ein Gesetz, eine Verordnung, gegen eine Bestimmung eines Tarifvertrags oder eine Betriebsvereinbarung, gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen wurde. Durch § 61 Abs. 3 Buchst. b erhält der Betriebsrat die Möglichkeit, zu verhindern, daß Personen eingestellt werden, wenn der durch bestimmte Tatsachen begründete Verdacht besteht, daß ungeeignete Bewerber nur aus Protektionsgründen eingestellt werden sollen. Nach Abs. 3 Buchst. c kann der Betriebsrat verhindern, daß eine personelle Maßnahme erfolgt, um einen Arbeitnehmer in seinen Grundrechten zu beeinträchtigen. Schließlich kann gemäß Abs. 3 Buchst. d die Zustimmung verweigert werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Besorgnis besteht, daß der Arbeitnehmer, insbesondere nach seinem seitherigen Verhalten den Betriebsfrieden in unsozialer oder gesetzwidriger Weise stören würde. Entspricht das Arbeitsgericht dem Antrag des Betriebsrats, d. h. stellt es fest, daß dieser zur Verweigerung der Zustimmung berechtigt ist, so endet das vorläufige Arbeitsverhältnis spätestens 14 Tage nach der Rechtskraft des Beschlusses unbeschadet etwaiger
Verpflichtungen des Arbeitgebers dem Arbeitnehmer gegenüber. Vom Tag der durch das Gesetz vorgeschriebenen Beendigung des Arbeitsverhältnisses an darf der Arbeitgeber den vorläufig Eingestellten nicht mehr im Betrieb beschäftigen, den Umgruppierten oder Versetzten nicht mehr in der vorläufig vorgesehenen Weise verwenden.
Gemäß § 64 kann der Betriebsrat durch Anrufung des Arbeitsgerichts erreichen, daß dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung entgegen den Rechtsfolgen des Beschlusses des Arbeitsgerichtes untersagt wird. Verstößt der Arbeitgeber gegen ein solches gerichtliches Beschäftigungsverbot, so hat ihn der Vorsitzende des Arbeitsgerichts auf Antrag des Betriebsrats nach vorheriger Androhung durch Ordnungsstrafen in Höhe von mindestens dem Vierfachen des regelmäßigen Arbeitsverdienstes des betreffenden Arbeitnehmers für jeden Arbeitstag, an dem die Zuwiderhandlung trotz der Androhung weitergeführt wird, zur Befolgung anzuhalten. Ausgenommen vom personellen Mitbestimmungsrecht sind grundsätzlich diejenigen Personen, die nicht als Arbeitnehmer im Sinne des Entwurfs gelten. Die Ausschüsse beschlossen jedoch mit Mehrheit, hiervon eine Ausnahme bezüglich der in § 4 Abs. 2 Buchst. e des Entwurfs genannten leitenden Angestellten zu machen, vor deren Einstellung oder sonstigen personellen Veränderungen im Sinne des Betriebsverfassungsrechtes dem Betriebsrat rechtzeitig Mitteilung zu machen ist, so daß dieser die Möglichkeit hat, etwaige Bedenken vorzutragen. Ein Antrag der Opposition, die Vorstandsmitglieder juristischer Personen in gleicher Weise zu behandeln, wurde im Hinblick auf deren eindeutige Arbeitgebereigenschaft von der Mehrheit des Ausschusses abgelehnt.
Erhebliche Schwierigkeiten ergaben sich bei der Behandlung der Frage der Mitbestimmung bei Kündigungen. Seitens der Opposition wurde im Einklang mit den Wünschen des Deutschen Gewerkschaftsbundes vorgeschlagen, daß der Betriebsrat die Zustimmung zur Kündigung dann sollte verweigern können, wenn diese gegen die wohlverstandenen Interessen der Arbeitnehmerschaft oder des Betriebs verstoße. Seitens der Regierungsparteien wurde dagegen eingewandt, daß durch das Kündigungsschutzgesetz vom 10. 8. 1951 eine erschöpfende Kodifikation des Kündigungsschutzes der Arbeitnehmer geschaffen sei, wodurch dem von einer sozial ungerechtfertigten Kündigung betroffenen Arbeitnehmer die Möglichkeit gegeben wird, nach Beteiligung des Betriebsrats das Arbeitsgericht anzurufen. Gegen die Formulierung des Antrags der Opposition wurde im übrigen eingewandt, daß eine Kündigung, welche gegen die wohlverstandenen Interessen des Betriebs verstoße, niemals durch betriebliche Erfordernisse bedingt sein könne, so daß in solchen Fällen an sich schon ein Angriff auf die Kündigung nach dem Kündigungsschutzgesetz gegeben sei; da die Arbeitnehmerschaft ein wesentlicher Teil des Betriebs sei, gelte das gleiche für solche Kündigungen, die gegen die wohlverstandenen Interessen der Arbeitnehmerschaft verstoßen. Im übrigen könne es dem betreffenden Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber nicht zugemutet werden, daß die Frage einer Kündigung dadurch unter Umständen jahrelang in der Schwebe bleibe, daß die Zulässigkeit einer Kündigung zunächst im Verfahren über die Zustimmung des Betriebsrats und dann in einem weiteren Verfahren nach dem Kündigungsschutzgesetz geklärt werden müsse.
In § 66 Abs. 2 ist sichergestellt, daß der Betriebsrat vor Masseneinstellungen oder -entlassungen so früh wie möglich verständigt wird und daß Art und Umfang der erforderlichen Einstellungen oder Entlassungen sowie die Vermeidung von Härten bei Entlassungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat zu beraten sind. Der Begriff der Massenentlassung ist der gleiche wie im Bereich des Kündigungsschutzgesetzes vom 10.8.1951, dessen Bestimmungen über den Kündigungsschutz bei Massenentlassungen durch die vorherige Einschaltung des Betriebsrats nunmehr in wirksamer Weise ergänzt werden. Entsprechend der Vorschrift des § 61 Abs. 3 Buchst. d, wonach der Betriebsrat die Einstellung eines Arbeitnehmers verhindern kann, wenn die durch bestimmte Tatsachen begründete Besorgnis besteht, daß dieser auf dem ihm zugedachten Arbeitsplatz den Betriebsfrieden durch unsoziales oder gesetzwidriges Verhalten stören könnte, erhält der Betriebsrat nach § 66 Abs. 4 die Möglichkeit, vom Arbeitgeber die Entlassung oder Versetzung eines Arbeitnehmers zu verlangen, der den gleichen Tatbestand verwirklicht. Der Betriebsrat kann beim Arbeitsgericht die objektive Feststellung darüber beantragen, daß sein Verlangen berechtigt war. Dadurch ist auch der betroffene Arbeitnehmer in seiner Existenz geschützt. Entspricht das Arbeitsgericht dem Antrag des Betriebsrats, so hat der Arbeitgeber eine Entlassung oder Versetzung des Arbeitnehmers unverzüglich, jedoch unter Berücksichtigung der gesetzlichen, tariflichen oder einzelvertraglichen Kündigungsfristen durchzuführen. Geschieht dies nicht, so kann der Betriebsrat durch Anrufung des Arbeitsgerichts die Entfernung des Arbeitnehmers aus dem Betrieb oder seine Versetzung an einen anderen Arbeitsplatz in der gleichen Weise betreiben wie die Rückgängigmachung einer vorläufigen Einstellung bzw. einer vorläufig vorgenommenen Versetzung .
Vierter Abschnitt
Wirtschaftliche Angelegenheiten
Im vierten Abschnitt des Entwurfs wird die Bildung von Wirtschaftsausschüssen und das Verfahren über die Mitbestimmung des Betriebsrats bei schwerwiegenden unternehmerischen Entscheidungen festgelegt.
Die Frage der Bildung von Wirtschaftsausschüssen und die Festlegung von deren Befugnissen war Gegenstand schwieriger Erörterungen innerhalb der Ausschüsse, ohne daß es zu einer Übereinstimmung zwischen Opposition und Regierungsparteien gekommen wäre. Was die Einrichtung des Wirtschaftsausschusses als solche anbelangt, konnte sich der Ausschuß auf die entsprechenden Vorschriften der drei zur Beratung stehenden Entwürfe stützen . Während die Mehrheit der Ausschüsse glaubte, an der Konstruktion der Wirtschaftsausschüsse festhalten zu sollen und diese zu Organen der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Unternehmer und Belegschaft zu gestalten, ohne ihnen eigentliche Mitbestimmungsrechte einzuräumen, gab diese Auffassung der Ausschußmehrheit den Vertretern der Opposition Veranlassung, die Bildung von Wirtschaftsausschüssen völlig abzulehnen. Die Opposition begründete ihre Ablehnung damit, daß die Wirtschaftsausschüsse nach
der Drucksache Nr. 1229 mit Mitbestimmungsbefugnissen ausgestattet seien und daß ihre Errichtung überdies nur im Zusammenhang mit der in der gleichen Drucksache vorgesehenen paritätischen Besetzung der Aufsichtsräte bzw. der Bildung entsprechender paritätisch besetzter Kontrollorgane für seither nicht aufsichtsratspflichtige Unternehmen zu verstehen sei.
Die Vertreter der Opposition schlugen daher vor, die gesamten Funktionen der Mitwirkung und Mitbestimmung einschließlich der Beratung der wichtigen internen Fragen der Unternehmensleitung den Betriebsräten zu übertragen. In diesem Zusammenhang wurde seitens der Vertreter der SPD-Fraktion beantragt, dem Betriebsrat das Recht einzuräumen, sich die Handels- und Steuerbilanzen vorlegen zu lassen, alle Geschäftsunterlagen des Betriebes, auf die sich sein Mitbestimmungsrecht erstreckt, insbesondere die Handelsbücher, die Korrespondenz und die schriftlichen Verträge einzusehen und dabei vereidigte Sachverständige auf Kosten des Unternehmens hinzuzuziehen. Der Arbeitgeber solle ferner verpflichtet werden, dem Betriebsrat regelmäßig mindestens in vierteljährlichen Abständen an Hand der Geschäftsunterlagen Bericht über alle geschäftlichen Vorgänge zu erstatten. Das wirtschaftliche Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats solle sich erstrecken insbesondere auf Änderungen des Betriebszweckes oder der Betriebsanlagen, das Produktionsprogramm, die Fabrikations- und Arbeitsmethoden, die Kalkulation und Preisgestaltung, die Produktions- und Absatzregelung, Betriebseinschränkungen und Betriebsstillegungen, Verlegungen von Betriebsteilen oder des Betriebs, Zusammenschlüsse mit anderen Betrieben, die wirtschaftliche Lage des Unternehmens und sonstige Vorgänge, welche die Interessen der Arbeitnehmer oder des Unternehmens berühren.
Als dieser Antrag abgelehnt wurde, erklärten die Vertreter der SPD, daß sie sämtliche Bestimmungen des Vierten Abschnitts, die sich mit der Zusammensetzung und dem Aufbau der Wirtschaftsausschüsse befassen, ablehnen würden. Die Regierungsparteien stimmten der Auffassung der Vertreter der SPD nicht zu, da sie der Ansicht waren, daß der Betriebsrat in seiner Gesamtheit ein zu großes Gremium und daher für die Unterrichtung über notwendigerweise vertraulich zu behandelnde Pläne und Absichten der Unternehmensleitung nicht geeignet sei. Zudem müsse unterschieden werden zwischen solchen Angelegenheiten, die unmittelbare Auswirkungen auf die Existenz der Arbeitnehmer des Betriebs hätten, und anderen unternehmenspolitischen Entscheidungen, bei denen die Unternehmensleitung wohl den guten Rat besonders ausgewählter Repräsentanten der Belegschaft würdigen solle und dabei für eine ausreichende Unterrichtung dieser Personen zu sorgen habe, andererseits jedoch im Interesse der für den wirtschaftlichen Ablauf im Rahmen der von den Regierungsparteien vertretenen sozialen Marktwirtschaft erforderlichen freien Unternehmerinitiative ein Mitbestimmungsrecht der Betriebsräte untragbar sei.
Demgemäß sieht der Entwurf vor, daß in allen Unternehmen mit in der Regel mehr als 100 ständigen Arbeitnehmern ein Wirtschaftsausschuß zu bilden ist, der die vertrauensvolle Zusammenarbeit von Betriebsrat und Unternehmer zu
fördern hat und durch den eine gegenseitige Unterrichtung in wirtschaftlichen Angelegenheiten sicherzustellen ist. Der Wirtschaftsausschuß besteht aus mindestens vier, höchstens acht Mitgliedern, die als Arbeitnehmer oder als arbeitgeberähnliche Personen dem Unternehmen angehören. Mindestens eines der Mitglieder des Wirtschaftsausschusses muß zugleich Betriebsratsmitglied sein. Die Mitglieder müssen die erforderliche fachliche und persönliche Eignung für die Wahrnehmung dieser wichtigen Funktion besitzen. Sie sind ebenso wie die Betriebsratsmitglieder der Schweigepflicht über ihrer Natur nach vertrauliche Angaben und über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, die vom Unternehmer ausdrücklich als solche bezeichnet sind, unterworfen. Diese Schweigepflicht wird noch auf Angelegenheiten ausgedehnt, die die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens berühren können . Die Hälfte der Mitglieder des Wirtschaftsausschusses wird vom Unternehmer, die andere Hälfte durch die Betriebsräte bzw. den Gesamtbetriebsrat bestimmt. Die Amtsdauer richtet sich in der Regel nach der des Betriebsrats. Werden die vom Arbeitnehmer zu bestimmenden Mitglieder durch den Gesamtbetriebsrat oder — falls ein Unternehmen mehrere Betriebe umfaßt, ein Gesamtbetriebsrat jedoch nicht gebildet ist — durch die Gesamtheit der einzelnen Betriebsräte bestimmt, so endet die Amtszeit der Mitglieder des Wirtschaftsausschusses in dem Zeitpunkt, in dem die Amtszeit der Mehrheit der Betriebsratsmitglieder, die an ihrer Bestimmung mitzuwirken berechtigt waren, endet. Seitens der Opposition wurde gegen die paritätische Besetzung des Wirtschaftsausschusses eingewandt, daß hierdurch bestimmte Personen, die dem Betriebe angehören, als arbeitnehmerfreundlich und andere als unternehmerfreundlich abgestempelt würden. Diesem Einwand wurde seitens der Regierungsparteien entgegengehalten, daß gerade ein in der vorgesehenen Weise paritätisch zusammengesetztes Organ besonders geeignet sei, die oft auf überkommenen Vorurteilen und überholten dogmatischen Einstellungen beruhenden Gegensätze im Betrieb zu überbrücken. Um eine Lahmlegung des Wirtschaftsausschusses durch eine Seite zu vermeiden, ist in entsprechender Anwendung eines Verfahrensgrundsatzes der betrieblichen Einigungsstelle vorgesehen, daß der Wirtschaftsausschuß schon tätig werden kann, wenn die Hälfte der Mitglieder mitwirkt, falls eine Seite keine Mitglieder benennt oder die Mitglieder dieser Seite ohne genügende Entschuldigung der Sitzung fernbleiben.
Der Wirtschaftsausschuß hat Anspruch auf Unterrichtung fiber die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Unternehmens. Die Unterrichtung erfolgt an Hand der nach Lage des Falles geeigneten Unterlagen, soweit dadurch nicht die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Unternehmens gefährdet werden. Zu den wirtschaftlichen Angelegenheiten, über die der Wirtschaftsausschuß zu unterrichten ist, gehören insbesondere die Fabrikations- und Arbeitsmethoden, das Produktionsprogramm, die wirtschaftliche Lage des Unternehmens, die Produktions- und Absatzlage und sonstige Vorgänge, welche die Interessen der Arbeitnehmer des Unternehmens wesentlich berühren.
Wird eine Auskunft über solche wirtschaftliche Angelegenheiten entgegen dem Verlangen von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Wirtschaftsausschusses nicht oder in nicht genügender Weise erteilt und kommt eine Einigung zwischen Unternehmer und Betriebsrat nicht zustande, so entscheidet die betriebliche Einigungsstelle verbindlich. Da es sich bei diesen Fragen um internste Angelegenheiten der Unternehmensleitung handeln kann, entfällt jedoch die Möglichkeit, auch außerbetriebliche Tarifschlichtungsstellen mit der Entscheidung zu betrauen. Der Wirtschaftsausschuß tritt in der Regel monatlich einmal zusammen. Der Unternehmer oder sein Vertreter nehmen an der Sitzung teil. Sind der Unternehmer oder sein Vertreter verhindert, so hat der Unternehmer zur Sitzung des Wirtschaftsausschusses auf Antrag von zwei Mitgliedern den zuständigen Abteilungsleiter oder Sachbearbeiter zur Erläuterung bestimmter Fragen zu entsenden.
Neben dieser ständigen Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses enthält der Entwurf noch folgende Vorschriften über besondere Unterrichtungspflichten: Der Jahresabschluß ist dem Wirtschaftsausschuß unter Beteiligung des Betriebsrats zu erläutern; einmal in jedem Kalendervierteljahr hat der Unternehmer zusammen mit dem Wirtschaftsausschuß und dem Betriebsrat, d. h. nach vorheriger Beratung mit diesen Stellen, den Belegschaftsmitgliedern Kenntnis von der Lage und von der Entwicklung des Unternehmens zu geben. In Betrieben, die keinen Wirtschaftsausschuß haben, weil sie nicht mehr als 100 ständige Arbeitnehmer beschäftigen, erfolgt diese Unterrichtung durch den Unternehmer zusammen mit dem Betriebsrat.
Bei Beratung der Frage des Mitbestimmungsrechtes des Betriebsrats in wirtschaftlichen Angelegenheiten wiederholten die Vertreter der Opposition ihre bei der Diskussion der Wirtschaftsausschüsse gestellten Anträge. Die Regierungsparteien erhoben gegen diese Anträge Bedenken, und zwar sowohl bezüglich des Verfahrens als auch bezüglich des Katalogs der Tatbestände, bei denen das Mitbestimmungsrecht Platz greifen sollte. Nach Ansicht der Regierungsparteien deckt sich der nunmehr gewählte Katalog des § 72 im wesentlichen mit den entsprechenden Vorschriften der zur Zeit bestehenden Länderbetriebsrätegesetze. Entscheidend für die weitere Erörterung war die Frage, ob und in welcher Weise eine außerbetriebliche Stelle befugt sein sollte, im Falle der Nichteinigung zwischen Unternehmer und Betriebsrat eine verbindliche Entscheidung zu treffen.
Dabei war für die Mehrheit in den Ausschüssen ein wesentlicher Gesichtspunkt, daß die Einsetzung einer außerbetrieblichen oder gar staatlichen Stelle als Schiedsstelle einen schwerwiegenden Eingriff in das Direktionsrecht des Unternehmers darstellen würde und mit den Grundlagen der Wirtschaftspolitik nicht in Einklang gebracht werden könne. Zudem sei bei Einschaltung außerbetrieblicher Stellen die in der Wettbewerbswirtschaft notwendige Wahrung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse nicht genügend gesichert. Schließlich würde es sehr schwer sein, eine außenstehende Stelle zu finden, die die erforderlichen Kenntnisse habe, um Entscheidungen über das Produktionsprogramm oder die Fabrikations- oder Arbeitsmethoden einzelner Unternehmer fällen zu können. Demgemäß sieht der Entwurf ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats vor bei geplanten Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, nämlich:
Einschränkung oder Stillegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
Zusammenschluß mit anderen Betrieben,
grundlegende Änderungen des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen, allerdings nur, soweit diese Veränderungen nicht offensichtlich durch eine Veränderung der Marktlage bedingt sind,
schließlich Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden, z. B. Rationalisierung, soweit sie nicht offensichtlich dem technischen Fortschritt entsprechen oder ihm dienen.
Kommt eine Einigung zwischen Betriebsrat und Unternehmer in den oben dargestellten Fällen nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat eine geeignete behördliche Stelle um Vermittlung ersuchen. Geschieht dies nicht oder bleibt ein etwaiger Vermittlungsversuch ergebnislos, so können Unternehmer oder Betriebsrat eine Vermittlungsstelle anrufen, die, wenn nichts anderes vereinbart ist, aus je einem Beisitzer besteht, der vom Unternehmer oder Betriebsrat bestellt wird. Die Beisitzer sollen nach Möglichkeit aus dem Personenkreis der Betriebsar gehörigen entnommen werden. Ferner gehört der Vermittlungsstelle ein Vorsitzender an, auf dessen Person sich Unternehmer und Betriebsrat einigen sollen. Geschieht dies nicht, so bestellt ihn der Oberlandesgerichtspräsident.
Seitens der Opposition war vorgeschlagen worden, die Vermittlungsstelle als Schiedsstelle zu gestalten und die Bestellung des Vorsitzenden dem Präsidenten des Landesarbeitsgerichtes zu übertragen. Damit die Tätigkeit der Vermittlungsstelle nicht von einer Seite lahmgelegt werden kann, ist
3) entsprechend den Vorschriften über das Verfahren der betrieblichen Einigungsstelle in den Fällen der bindenden Entscheidung festgelegt, daß die Vermittlungsstelle bereits tätig werden kann, wenn eine Seite keinen Beisitzer ernennt oder dieser unentschuldigt der Sitzung fernbleibt. Für die Mitglieder der Vermittlungsstelle gelten die Vorschriften über das Benachteiligungsverbot und über die Schweigepflicht entsprechend.
Das Vermittlungsverfahren gestaltet sich im übrigen wie folgt: Der Unternehmer und der Betriebsrat sollen der Vermittlungsstelle positive Vorschläge zur Bereinigung der Meinungsverschiedenheiten machen. Die Vermittlungsstelle hat eine gütliche Beilegung im Wege der Einigung der Parteien zu versuchen. Gelingt dies, so ist der Wortlaut der Einigung schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben. Eine vom Vorsitzenden unterschriebene Ausfertigung der Einigung ist jeder Partei zuzustellen und beim zuständigen Arbeitsgericht niederzulegen.
Kommt dagegen eine Einigung nicht zustande, so hat die Vermittlungsstelle von sich aus einen Einigungsvorschlag zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten zu machen, ohne jedoch darauf angewiesen zu sein, sich unbedingt an den Vorschlag einer Partei zu halten, sie kann vielmehr von den Vorschlägen der Parteien abweichen, insbesondere einen Kompromißweg vorschlagen. Der Einigungsvorschlag ergeht mit einfacher Mehrheit. Von diesem Grundsatz kann allerdings durch Vereinbarung zwischen Unternehmer und Betriebsrat abgewichen werden. Der Vorschlag ist unter Angabe des Tages, an dem er ergangen ist, von dem Vorsitzenden der Vermittlungsstelle zu unterschreiben und schriftlich zu begründen. Die Parteien können ausdrücklich auf eine Begründung verzichten. Auch der Einigungsvorschlag ist den Parteien zuzustellen und beim zuständigen Arbeitsgericht niederzulegen.
Liegt eine Einigung oder ein Einigungsvorschlag vor, so hat sich der Unternehmer hieran zu halten, wenn er nicht schwerwiegende zivilrechtliche Folgen auf sich nehmen will. Wird er nämlich infolge von Handlungen oder Unterlassungen, die von der Einigung oder dem Einigungsvorschlag abweichen, ohne daß ein zwingender Grund für die Abweichung vorliegt, genötigt, das Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern durch Kündigung aufzulösen, so können die hiervon betroffenen Arbeitnehmer, auch wenn die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes ihnen keine Möglichkeit eines Angriffs auf die Kündigung gewähren, d. h. wenn die Kündigung rechtswirksam ist, bei dem Arbeitsgericht Klage erheben mit dem Antrag, den Unternehmer zur Zahlung von Abfindungen zu verurteilen. Für die Berechnung der Abfindungsbeträge gelten die Vorschriften des § 8 des Kündigungsschutzgesetzes entsprechend, d. h. bei der Festsetzung im Einzelfall ist die Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers sowie die wirtschaftliche Lage des Arbeitnehmers und des Unternehmens zu berücksichtigen.
Seitens der Opposition wurde angeregt, stärkere Garantien für die Durchsetzung des Einigungsvorschlages zu schaffen und diesen damit zum Schiedsspruch zu erheben, Es wurde empfohlen, eine Vollstreckung des Vorschlags nach Maßgabe der Vorschriften der §§ 887 , 888 (Beugezwang) der Zivilprozeßordnung vorzusehen. Seitens der Regierungsparteien wurden hiergegen Bedenken erhoben, da die Ersatzvornahme sich nach der Natur der Sache nicht für die hier vorgesehenen Fälle eignet, andererseits das Verfahren des Beugezwanges durch Verhängung von Ordnungsstrafen zu umständlich und letzten Endes für die Arbeitnehmer wertlos sei. Es wurde betont, daß durch die verstärkte zivilrechtliche Haftung des Unternehmers der eigentliche Sinn des Mitbestimmungsrechtes in wirtschaftlichen Fragen bedeutend besser verwirklicht würde, da dieses Mitbestimmungsrecht in wirtschaftlichen Angelegenheiten eingeräumt wird, im Hinblick auf das berechtigte Interesse der Betriebsräte für die Erhaltung der Arbeitsplätze der Arbeitnehmer zu sorgen.
Die oben dargelegten Vorschriften über das Verfahren des wirtschaftlichen Mitbestimmungsrechts sind insoweit nachgiebiges Recht, als Unternehmer und Betriebsrat ein anderes Verfahren zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten in wirtschaftlichen Angelegenheiten im Sinne des § 72 Abs. 1 festlegen und auch die Rechtsfolgen der Verletzung von Einigungsvorschlägen oder Schiedssprüchen anders als in § 74 des Entwurfes vorgesehen gestalten können.
Fünfter Abschnitt
Beteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat
Bei Behandlung dieses Problems waren folgende Hauptpunkte zu erörtern: Zunächst war der Umfang der Beteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat festzulegen, wobei seitens der Opposition eine paritätische Besetzung der Aufsichtsräte mit Vertretern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer
gewünscht wurde, während die Regierungsparteien der Ansicht waren, daß die Vertretung zu einem Drittel angemessen erscheine. Weiter war die Frage zu klären, in welchem Verfahren die Vertreter der Arbeitnehmer bestellt werden sollten. Die Opposition wünschte die Nominierung durch die zuständige Spitzenorganisation der Gewerkschaften unter Beteiligunng der Betriebsvertretungen, während die Regierungsparteien die Auffassung vertraten, daß die Bestimmung der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsräten ausschließlich Angelegenheit der Arbeitnehmer des Unternehmens sein müßte. Schließlich war strittig, auf welche Arten von Unternehmungen die Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes über den Aufsichtsrat und die Beteiligung der Arbeitnehmer Anwendung fin- den sollten. Die Fraktion der SPD wünschte gemäß § 2 der Drucksache Nr. 1229, daß sämtliche als Großbetriebe bezeichnete Unternehmen ein Aufsichtsorgan zu bilden hätten, und zwar auch dann, wenn nach geltendem Recht derartige Kontrollorgane nicht vorgeschrieben oder zugelassen sind. Dies sollte gelten für Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, bergrechtliche Gewerkschaften des neueren Rechts, aber auch für offene Handelsgesellschaften oder Kommanditgesellschaften, bergrechtliche Gewerkschaften des älteren Rechts und Einzelkaufleute. Die Regierungsparteien konnten sich zu einem derartig weitgehenden Eingriff in die innere Struktur der Unternehmen nicht verstehen; demgemäß wurde die Regelung durch die Mehrheit der Ausschüsse auf solche juristischen Personen beschränkt, für die nach geltendem Gesellschaftsrecht ein Aufsichtsrat zu bilden ist oder gebildet werden
kann.
Im einzelnen ist folgende Regelung vorgesehen: Der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft und Kommanditgesellschaft auf Aktien muß in jedem Fall zu einem Drittel aus Vertretern der Arbeitnehmer bestehen, bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung und bergrechtlichen Gewerkschaften des neueren Rechts und Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften ist ein Aufsichtsrat unter Beteiligung der Arbeitnehmer zu einem Drittel zu bilden, wenn sie mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigen. Für Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit mit mehr als 500 Arbeitnehmern ist der Aufsichtsrat, wenn ein solcher nach Gesetz oder Satzung vorgesehen ist, fortan nach Maßgabe der Vorschrift des Betriebsverfassungsgesetzes zu bilden.
Die Vertreter der Arbeitnehmer werden in allgemeiner, geheimer, gleicher und unmittelbarer Wahl von allen zum Betriebsrat wahlberechtigten Arbeitnehmern des Unternehmens für die gesetzlich oder satzungsmäßig festgelegte Zeit gewählt. Die Vertreter der Opposition hatten unter Aufrechterhaltung ihrer ursprünglichen Auffassung, wonach das Vorschlagsrecht für die Vertreter der Arbeitnehmer ausschließlich der Spitzenorganisation der Gewerkschaften oder dem von ihr beauftragten Organ zuerkannt werden sollte, als Kompromißlösung vorgeschlagen, daß die Wahl nicht unmittelbar durch sämtliche Belegschaftsmitglieder, sondern mittelbar durch die gewählten Betriebsräte erfolgen sollte. Die Opposition begründete dieses Anliegen damit, daß bei einer Wahl durch die Betriebsräte eine größere Gewähr dafür bestünde, daß wirklich sachlich und persönlich geeignete Arbeitnehmer
in die Aufsichtsräte bestellt würden. Die Regierungsparteien traten der Auffassung der Opposition nicht bei aus der Erwägung heraus, daß es angemessen sei, dem Wahlorgan der Anteilseignerseite ein demokratisch legitimiertes Wahlorgan der Arbeitnehmerseite gegenüberzustellen. Dieses Wahlorgan sei natürlicherweise die Gesamtheit der wahlberechtigten Arbeitnehmer, wie auch auf der Anteilseigner-Seite die Gesamtheit der Anteilseigner die Aufsichtsratsmitglieder bestimme. Ebenfalls zu eingehenden Diskussionen Anlaß gab die Frage, ob nur Betriebsangehörige oder auch betriebsfremde Personen als Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat gewählt werden dürften. Die Mehrheit des Ausschusses einigte sich hier auf einen Mittelweg, d. h. bei Aufsichtsräten, die aus nur drei Personen bestehen, muß der Arbeitnehmervertreter als Arbeitnehmer im Unternehmen beschäftigt sein. Bei größeren Aufsichtsräten müssen sich unter den Arbeitnehmervertretern mindestens zwei Arbeitnehmer des Unternehmens befinden, darunter ein Arbeiter und ein Angestellter. Die Berücksichtigung einer Minderheitsgruppe entfällt, falls sie nach den Vorschriften des § 10 Abs. 3 keinen Anspruch auf Vertretung im Betriebsrat hat. Unter dem Gesichtspunkt der Gleichberechtigung der Geschlechter ist festgelegt, daß — falls mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer weiblichen Geschlechts ist -- mindestens eine von ihnen Arbeitnehmermitglied im Aufsichtsrat werden soll. Jede unterschiedliche Behandlung der in den Aufsichtsrat gewählten Arbeitnehmervertreter ist untersagt. Sie unterliegen der besonderen Schweigepflicht des § 55 Abs. 1 Satz 1 des Entwurfs.
Die Wahl der Arbeitnehmervertreter durch die Belegschaft erfolgt auf Grund von Wahlvorschlägen, von denen jeder nicht mehr Namen als die doppelte Anzahl der zu Wählenden enthalten darf. Vorschlagsberechtigt sind die Betriebsräte und die Arbeitnehmer des Unternehmens. Im letzteren Falle muß jeder Wahlvorschlag von mindestens einem Zehntel der wahlberechtigten Arbeitnehmer oder von mindestens 100 Wahlberechtigten unterzeichnet sein. Eine Anregung der Vertreter der Opposition, auch den in den Betrieben vertretenen Gewerkschaften das Recht zur Erstellung von Wahlvorschlägen einzuräumen, wurde abgelehnt, da hierfür ein Bedürfnis nicht anerkannt wurde, zumal eine im Unternehmen repräsentativ vertretene Gewerkschaft die Möglichkeit haben dürfte, über die Betriebsräte oder über ihre Mitglieder unter den Arbeitnehmern auf die Gestaltung der Wahlvorschläge und die Durchführung der Wahl Einfluß zu nehmen.
Eine Sonderbestimmung ist vorgesehen für die Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens eines Konzerns. In diesem Fall ist die Wahlberechtigung nicht auf die Arbeitnehmer des herrschenden Unternehmens beschränkt, sondern erstreckt sich auf die Arbeitnehmer sämtlicher abhängiger Unternehmen, da die Tätigkeit des Aufsichtsrats des herrschenden Unternehmens auch von wesentlicher Bedeutung für die Gestaltung des Schicksals des abhängigen Unternehmens ist. Um Schwierigkeiten bei der Wahl zu verhindern, ist vorgesehen, daß hierbei von dem Grundsatz der unmittelbaren Wahl abgewichen werden und die Wahl durch Wahlmänner erfolgen kann.
Die Bestellung eines Vertreters der Arbeitnehmer kann vor Ablauf seiner Wahlzeit durch Beschluß der wahlberechtigten Arbeitnehmer widerrufen werden. Dieser Beschluß bedarf einer Mehrheit von
mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen. Er kann gefaßt werden auf Vorschlag von mindestens einem Fünftel der wahlberechtigten Arbeitnehmer der Betriebe oder auf Vorschlag der Betriebsräte. Die qualifizierte Mehrheit, die zum Widerruf der Bestellung erforderlich ist, und der verhältnismäßig hohe Anteil der Arbeitnehmerschaft, der beim Vorschlag auf Abberufung mitwirken muß, erklären sich aus dem Bestreben, die Tätigkeit der in den Aufsichtsrat gewählten Arbeitnehmervertreter nicht ohne wichtigen Grund zu beeinträchtigen.
Eine Ausnahme von dem Grundsatz, daß sämtliche Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien ohne Rücksicht auf die Zahl der Arbeitnehmer ihren Aufsichtsrat nach Maßgabe der Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes zu bilden haben, enthält § 76 Abs. 6, wonach Familiengesellschaften nur dann unter das Gesetz fallen, wenn sie mindestens 500 Arbeitnehmer beschäftigen. Der Begriff der Familiengesellschaft ist in § 76 Abs. 6 Satz 2 definiert. Als Folge der Umgestaltung der Zusammensetzung der Aufsichtsräte durch das Betriebsverfassungsgesetz waren gewisse Anpassungen des Aktiengesetzes erforderlich .
Fünfter Teil
Strafvorschriften
Die Strafvorschriften sind im wesentlichen denen des Betriebsrätegesetzes von 1920 angepaßt. Schwierigkeiten ergaben sich lediglich bei der Erörterung der Frage, ob, wie bei früheren Vorbildern, sich die Strafvorschriften ausdrücklich gegen den Arbeitgeber bzw. die Arbeitnehmer oder gegen einen unbestimmten Personenkreis, der in schuldhafter Weise den objektiven Tatbestand erfüllt, richten sollten. Dies gilt besonders für die Tatbestände der Behinderung oder Beeinflussung der nach dem Betriebsverfassungsgesetz vorgesehenen Wahlen, der Hinderung oder Störung der Tätigkeit der Organe der Betriebsverfassung, der Diskriminierung gegenüber Mitgliedern dieser Organe und der Verletzung der Aufklärung oder Auskunftspflichten, die sich früher ausschließlich gegen den Arbeitgeber oder seinen Vertreter richteten. Die Regierungsparteien sprachen sich für eine gegen jedermann gerichtete Strafvorschrift aus, da sie der Ansicht waren, daß jede Störung oder Behinderung der Funktionen der Organe der Betriebsverfassung, von wem sie auch kommen möge, zum Delikt erklärt werden müsse. Die gleiche allgemeine, jede Tat umfassende Formulierung wurde gewählt bei den Vorschriften zur Sicherung der Schweigepflicht.
Auf die nichtbeamteten Mitglieder der Vermittlungsstelle für wirtschaftliche Angelegenheiten soll die Verordnung gegen Bestechung und Geheimnisverrat nichtbeamteter Personen vom 22. Mai 1943 angewandt werden, allerdings kann hierbei eine Verpflichtung, wie sie § 1 dieser Verordnung vorsieht, nicht erfolgen, da die Vermittlungsstelle nicht als staatliche Einrichtung, sondern auf Grund freiwilligen Zusammenwirkens von Unternehmer und Betriebsrat gebildet wird. Es wurde deshalb festgelegt, daß es einer Verpflichtung im Sinne des § 1 der erwähnten Verordnung nicht bedarf.
Sechster Teil
Schluß- und Übergangsbestimmungen
Im § 81 ist festgelegt, daß die sogenannten Tendenzbetriebe, d. h. diejenigen Betriebe, die überwiegend politischen, gewerkschaftlichen, konfessionellen, caritativen, erzieherischen, wissenchaftlichen, künstlerischen und ähnlichen Bestimmungen dienen, nicht unter die Vorschriften des wirtschaftlichen Mitbestimmungsrechts fallen. Die sonstigen Vorschriften, insbesondere die über das soziale und personelle Mitbestimmungsrecht, finden auf die Tendenzbetriebe nur insoweit Anwendung, als nicht die Eigenart des Betriebes dem entgegensteht, d. h. soweit nicht die der Zweckbestimmung des Betriebes zugrundeliegende Tendenz eine Alleinentscheidung des Arbeitgebers notwendig macht.
Völlig ausgeschlossen wurde die Anwendung des Gesetzes auf Religionsgemeinschaften und ihre caritativen und erzieherischen Einrichtungen unbeschadet deren Rechtsform. Seitens der Opposition wurde vorgeschlagen, daß eine solche völlige Herausnahme nur bezüglich der seelsorgerischen Einrichtungen der Religionsgemeinschaften erfolgen solle, währenddem die erzieherischen und caritativen Einrichtungen als Tendenzbetriebe behandelt werden könnten. Die Mehrheit der Ausschüsse war der Ansicht, daß die gewählte Fassung zweckmäßig und der Eigenart dieser Betriebe und Einrichtungen angemessen sei, nicht zuletzt im Hinblick auf die Tatsache, daß diese Stellen selbt in der sowjetischen Besatzungszone nicht unter das dortige Betriebsverfassungsrecht fallen, da man ihnen eine gewisse Autonomie eingeräumt habe. Man müsse daher verhindern, daß sich wegen einer Nichtzuerkennung dieser Selbstverwaltungsbefugnis durch die Gesetzgebung des Bundes die Lage der kirchlichen Einrichtungen in der Ostzone verschlechtere.
Streitigkeiten aus der Betriebsverfassung, insbesondere über Bildung und Zusammensetzung von Betriebsräten und Gesamtbetriebsräten, die Wahlberechtigung oder Wählbarkeit von Arbeitnehmern, die Funktionen der Organe der Betriebsverfassung, ihre Geschäftsführungskosten sowie Streitigkeiten aus dem personellen Mitbestimmungsrecht werden durch die Arbeitsgerichte im Beschlußverfahren entschieden. Da nach den Erklärungen der Vertreter der Bundesregierung nach Verabschiedung des Betriebsverfassungsgesetzes eine Novelle zum Entwurf eines Arbeitsgerichtsgesetzes, der zur Zeit dem Bundestag vorliegt — Nr. 3516 der Drucksachen —, geplant ist, konnte nur eine vorläufige Regelung des Beschlußverfahrens getroffen werden, die sich im wesentlichen auf das Arbeitsgerichtsgesetz von 1926 stützt. Es wurde jedoch vorbehaltlich der endgültigen Gestaltung festgelegt, daß eine zweite Tatsacheninstanz für das Beschlußverfahren eingerichtet wird, während nach dem Arbeitsgerichtsgesetz von 1926 nur eine revisionsähnliche Rechtsbeschwerde zulässig war. Demgemäß wurden die Vorschriften des zweiten Unterabschnitts des zweiten Abschnitts des dritten Teils des Arbeitsgerichtsgesetzes von 1926 neu gefaßt.
Als Auswirkung der Vorschriften des Entwurfs über die Beteiligung der Arbeitnehmer zu einem Drittel in den Aufsichtsräten der Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und gewisser anderer juristischer Personen mußte das Aktiengesetz geändert werden. Zunächst wurde in
Abänderung des § 86 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 des Aktiengesetzes bestimmt, daß die Mitgliederzahl des Aufsichtsrates stets durch drei teilbar sein muß. Sie beträgt mindestens drei und steigt bis zu fünfzehn.
Um nicht auszuschließen, daß die Hauptversammlung freiwillig außer dem von den Arbeitnehmern gewählten Drittel von Aufsichtsratsmitgliedern noch weitere Arbeitnehmer in den Aufsichtsrat wählt, wurde § 90 Abs. 1 des Aktiengesetzes dahin geändert, daß künftig nur die Vorstandsmitglieder, ihre dauernden Vertreter oder die leitenden Angestellten der Gesellschaft von der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat ausgeschlossen sind.
Der § 94 des Aktiengesetzes wurde dahin geändert, daß der Aufsichtsrat in der Regel einmal im Kalendervierteljahr einberufen werden soll, jedenfalls aber einmal im Kalenderhalbjahr einberufen werden muß.
Im § 85 ist ausgesprochen, daß die Vorschriften des Aktiengesetzes und des Genossenschaftsgesetzes über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats und über die Wahl und Abberufung seiner Mitglieder insoweit geändert werden, als sie den Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes widersprechen.
In Absatz 2 der gleichen Vorschrift ist klargestellt, daß die Vorschriften des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie vom 21. Mai 1951 , die eine weitergehende Beteiligung der Arbeitnehmer und ein anderes Wahlverfahren für die Arbeitnehmermitglieder vorsehen, durch das Betriebsverfassungsgesetz nicht berührt werden. Betriebsräte, die nach den seither geltenden Vorschriften ordnungsmäßig gewählt sind, bleiben bis spätestens 6 Monate nach dem Inkrafttreten des Gesetzes im Amt, soweit sie in Betrieben gebildet sind, für die auch nach dem Betriebsverfassungsgesetz des Bundes ein Betriebsrat künftig zu errichten ist. Sie erhalten die Befugnisse und Pflichten der Betriebsräte nach dem neuen Gesetz.
Durch § 87 wird die Bundesregierung ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates die zur Durchführung der Wahlen nach dem Betriebsverfassungsgesetz erforderlichen Verordnungen zu erlassen.
Zu wiederholten lebhaften Erörterungen führte die Frage, ob die Betriebe und Verwaltungen des Bundes, der Länder, der Gemeinden und sonstigen Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts in das allgemeine Betriebsverfassungsgesetz einbezogen oder ob diese Materie einer Sonderregelung vorbehalten werden sollte. Die Opposition sprach sich unter Berufung darauf, daß die Frage der Betriebsvertretung im öffentlichen Dienst ein Teil des Arbeitsrechts sei, dafür aus, den öffentlichen Dienst in das Betriebsverfassungsgesetz einzubeziehen. Auch sprächen sachliche Gesichtspunkte für eine einheitliche Regelung, um eine Zersplitterung des Arbeitsrechtes zu vermeiden. Demgegenüber stellten sich die Regierungsparteien auf den Standpunkt, daß es sich bei der Frage der Vertretung der Bediensteten des öffentlichen Dienstes, zu denen auch die Beamten gehören, nicht so sehr um die arbeits- und wirtschaftsrechtliche Frage der Betriebsverfassung handele, als darum, die öffentlich Bediensteten an den sie berührenden Angelegenheiten zu beteiligen. Das sei aber eine das öffentliche Dienstrecht wesentlich berührende Frage. Im Bereich des öffentlichen Dienstes fehle es weitgehend an der Beziehung zwischen Kapital und A rbeit, insbesondere in den Hoheitsverwaltungen bestehe kein Unternehmer im wirtschaftlichen Sinne. Im übrigen komme es nicht so sehr darauf an, ob die Gesamt-Materie in einem oder zwei Gesetzen behandelt würde, sondern welchen Inhalt das künftige Personalvertretungsgesetz haben werde; die Bediensteten des öffentlichen Dienstes sollten zwar nicht ein minderes Recht als die Arbeitnehmer der Privatwirtschaft erhalten, aber doch ein den Bedürfnissen des öffentlichen Dienstes und der Eigenart des Beschäftigungsverhältnisses der darin Tätigen angepaßtes anderes Recht.
Um eine gesetzeslose Zeit im Bereich der Bedienstetenvertretung des öffentlichen Dienstes zwischen dem Inkrafttreten des Betriebsverfassungsgesetzes und dem Erlaß des Personalvertretungsgesetzes zu vermeiden, wurde beschlossen, daß die insoweit zur Zeit geltenden Vorschriften, auch wenn sie in Ländergesetzen enthalten sind, vorläufig unberührt bleiben.
Das Gesetz findet ferner keine Anwendung auf die Betriebe der Seeschiffahrt und der Luftfahrt. Auch hier sind die Verhältnisse so besonders gelagert, daß eine Behandlung der Materie in einem einheitlichen Betriebsverfassungsgesetz erhebliche Schwierigkeiten bereiten würde. Nach Mitteilung der Vertreter der Bundesregierung finden bereits Verhandlungen zwischen den beteiligten Verbänden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer statt, um Vorschläge über die Anpassung der Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes an die besonderen Verhältnisse der Seeschiffahrt und Luftfahrt vorzubereiten. Bis zum Inkrafttreten eines Betriebsverfassungsgesetzes für die Seeschiffahrt und Luftfahrt sollen die Vorschriften des allgemeinen Betriebsverfassungsgesetzes schon für die Landbetriebe dieser Unternehmen gelten.
§ 89 bestimmt den Zeitpunkt der Neuwahlen zu den Aufsichtsräten, die auf Grund des Betriebsverfassungsgesetzes umgebildet oder neu gebildet werden müssen. Diese Wahlen finden erstmalig 2 Wochen vor der ersten Hauptversammlung, die nach dem Inkrafttreten des Betriebsverfassungsgesetzes abzuhalten ist, statt. Das Amt der gewählten Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat beginnt mit der Beendigung dieser Hauptversammlung. Im gleichen Zeitpunkt erlischt das Amt aller seither bestellten Aufsichtsratsmitglieder. Soweit nach bereits geltenden Betriebsverfassungsgesetzen der Länder die Arbeitnehmer eine Vertretung im Aufsichtsrat hatten, werden diese Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmerseite genau so behandelt wie die von den Anteilseignern gewählten Aufsichtsratsmitglieder.
Nach dem Grundsatz „Bundesrecht bricht Landesrecht" treten die seither geltenden landesrechtlichen Vorschriften über das Betriebsräterecht und über die Wahl der Betriebsräte außer Kraft. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist oben bezüglich der auf den öffentlichen Dienst weiter anzuwendenden Vorschriften erläutert worden.
Betriebsvereinbarungen, die vor Inkrafttreten des Betriebsverfassungsgesetzes abgeschlossen worden sind, können innerhalb eines halben Jahres nach Inkrafttreten des Gesetzes mit einer Frist von drei Monaten zum Schluß eines Kalendervierteljahres gekündigt werden, wenn nicht eine kürzere Kündi-
gungsfrist vereinbart ist. Diese Vorschrift erschien erforderlich im Hinblick auf die Tatsache, daß in manchen Betriebsvereinbarungen eine Kündigungsfrist überhaupt nicht vorgesehen ist. Soweit durch Tarifvertrag betriebsverfassungsrechtliche Fragen in einer Weise geregelt sind, die nicht gegen die Vorschrift des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt, hat es dabei sein Bewenden.
Der § 91 enthält die übliche Berlin-Klausel, da auch auf dem Gebiet des Betriebsverfassungsrechts die Rechtseinheit mit Berlin hergestellt werden soll.
Das Inkrafttreten des Gesetzes ist auf einen Monat nach seiner Verkündung festgelegt, damit die Bundesregierung Zeit gewinnt, die Rechtsverordnungen nach § 87 vorzubereiten.
Bonn, den 8. Juli 1952
Sabel
Berichterstatter
Anlage 4 zum Stenographischen Bericht der 223. Sitzung
Wahlzettel
für die Wahl der „Mitglieder kraft Wahl" des Richterwahlausschusses
gemäß § 65 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages
I. Vorschlag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP/DPB und FU
Stellvertreter
1. Dr. Weber , MdB. Dr. Schröder, MdB.
2. Dr. Laforet, MdB. Neuburger, MdB.
3. Sabel, MdB. Dr. Schetter
4. Dr. Hofmeister Pelster, MdB.
5. Dr. Schneider, MdB. Neumayer, MdB.
6. Dr. v. Merkatz, MdB. Dr. Reismann, MdB.
Weitere Stellvertreter
Dr. Kleindinst, MdB. Dr. Wahl, MdB.
Dr. Bucerius, MdB. Dr. Kopf, MdB.
Dr. Leuze, MdB. Onnen, MdB.
Ewers, MdB. Dr. Besold, MdB.
II. Vorschlag der Fraktion der SPD
1. Stellvertreter 2. Stellvertreter
1. Dr. Greve, MdB. Frau Meyer-Laule, MdB. Frau Nadig, MdB.
2. Böhm, MdB. Richter, MdB. Bührig
3. Wagner, MdB. Schröter, MdB. Seuffert, MdB.
4. Frau Meyer-Laule, MdB. Frau Nadig, MdB. Frau Döhring, MdB.
Namentliche Abstimmungen
zur zweiten Beratung des Entwurfs eines
Betriebsverfassungsgesetzes
in der 223. Sitzung
1. über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD zu § 2
2. über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD zu § 3
3. über die Änderungsanträge der Fraktion der SPD zu § 7
4. über den Änderungsantrag der Abg. Dr. Besold u. Gen. zu § 8
5. über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD zu § 13
6. über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD zu § 20 Abs. 3
7. über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD zu Abs. 4 des § 29
8. über den Änderungsantrag der Abg. Harig und Genossen zu § 43
9. über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD zu § 46
10. über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD zu § 47
11. über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Einfügung eines § 48 a
Namentliche
Name 1. 2. 3. 4. 5.
Abstimmung
CDU/CSU
Dr. Adenauer — — — — -
Albers Nein enthalten Ja Nein Nein
Arndgen Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Bartram Nein Nein Nein Nein Nein
Bauereisen Nein Nein Nein Ja Nein
Bauknecht Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Baur Nein Nein Nein Ja Nein
Bausch Nein Nein Nein Nein Nein
Becker Nein Nein Nein Ja Nein
Blank Nein Nein — Nein Nein
Bodensteiner Nein Nein enthalten enthalten Nein
Frau Brauksiepe entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld.
Dr. von Brentano Nein Nein Nein Nein Nein
Brese Nein Nein Nein Ja Nein
Frau Dr. Brökelschen . Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Brönner Nein Nein Nein Ja Nein
Brookmann Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Bucerius Nein Nein Nein Nein Nein
Frau Dietz Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Dresbach Nein Nein Nein Nein Nein
Eckstein Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Edert Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Ehlers Nein Nein Nein Nein Nein
Ehren Nein Nein Nein — Nein
Dr. Erhard — — — — -
Etzel entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld.
Etzenbach Nein Nein Nein Nein Nein
Even Nein Nein Nein Nein Nein
Feldmann Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Fink Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Frey Nein Nein Nein Ja Nein
Fuchs Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Freiherr von Fürstenberg — - - — —
Fürst Fugger von Glött beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt
Funk Nein Nein Nein enthalten Nein
Gengler Nein Nein Nein Nein Nein
Gerns Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Gerstenmaier Nein entschuld. Nein Nein Nein
Gibbert Nein Nein Nein Nein Nein
Giencke Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Glasmeyer Nein Nein Nein Ja Nein
Glüsing Nein Nein Nein Ja Nein
Gockeln Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Götz Nein Nein Nein Nein entschuld.
Frau Dr. Gröwel Nein entschuld. Nein Nein Nein
Günther Nein Nein Nein Ja Nein
Hagge Nein Nein Nein Ja Nei n
Frau Heiler Nein Nein Nein Nein Nein
Heix Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Henle entchuld. entschuld. Nein Nein Nein
Hilbert Nein Nein Nein Ja Nein
Höfler mein Nein Nein Nein Nein
Hohl Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Holzapfel — — - — —
Hoogen Nein Nein Nein Nein Nein
Hoppe Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Horlacher Nein Nein Nein Ja Nein
Horn Nein Nein Nein Nein Nein
Huth Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Jaeger Nein Nein Nein Ja Nein
Abstimmungen
Name 6. 7. 8. 9. 10. 11.
Abstimmung
CDU/CSU
Dr. Adenauer — — — — — —
Albers Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Arndgen Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Bartram Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Bauereisen Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Bauknecht Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Baur Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Bausch Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Becker Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Blank Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Bodensteiner Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Frau Brauksiepe entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld.
Dr. von Brentano Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Brese Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Frau Dr. Brökelschen Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Brönner Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Brookmann Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Bucerius Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Frau Dietz Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Dresbach Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Eckstein Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Edert Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Ehlers Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Ehren Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Erhard — — — — — —
Etzel entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld.
Etzenbach Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Even Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Feldmann Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Fink Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Frey Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Fuchs Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Freiherr von Fürstenberg Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Fürst Fugger von Glött beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt
Funk Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Gengler Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Gerns Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Gerstenmaier Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Gibbert Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Giencke Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Glasmeyer Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Glüsing Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Gockeln Nein Nein — — — —
Dr. Götz entschuld. Nein Nein Nein entschuld. entschuld.
Frau Dr. Gröwel Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Günther Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Hagge Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Frau Heiler Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Heix Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Henle Nein Nein entschuld. entschuld. entchuld. entchuld.
Hilbert Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Höfler Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Hohl Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Holzapfel — — — — - -
Hoogen Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Hoppe Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Horlacher Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Horn Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Huth Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Jaeger Nein Nein Nein Nein Nein Nein
1. 2. 3. 4. 5.
Name Abstimmung
Junglas Nein enthalten Nein Nein Nein
Kahn Nein Nein Nein Ja Nein
Kaiser Nein enthalten — Nein Nein
Karpf Ja Ja Ja Nein Nein
Dr. Kather Nein Nein Nein Ja Nein
Kemmer Nein Nein Nein Ja Nein
Kemper beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt
Kern Ja Ja Nein Nein Nein
Kiesinger Nein Nein Nein Ja entschuld.
Dr. Kleindinst Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Köhler Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Kopf Nein Nein Nein Ja Nein
Kühling — Nein Nein Ja Nein
Kuntscher Nein Nein Nein Nein Nein
Kunze beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt
Dr. Laforet Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Dr. h. c. Lehr — — - — —
Leibfried Nein Nein Nein Ja Nein
Lenz Ja Ja Nein Nein Nein
Leonhard Nein Nein Nein Ja Nein
Lücke Nein Nein Nein Nein Nein
Majonica Nein Nein Nein Ja Nein
Massoth Nein Nein Nein Nein Nein
Mayer — Nein Nein Ja Nein
Mehs Nein Nein Nein Ja Nein
Mensing Nein Nein Nein Ja Nein
Morgenthaler Nein Nein Nein Ja Nein
Muckermann Nein Nein Nein Ja Nein
Mühlenberg Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Dr. Müller Nein Nein Nein Nein Nein
Müller-Hermann Nein Nein Nein Nein Nein
Naegel Nein Nein Nein Ja Nein
Neber Nein Nein Nein Ja Nein
Nellen Nein Nein Nein Nein Nein
Neuburger Nein Nein Nein Nein Nein
Nickl Nein Nein Nein Ja Nein
Frau Niggemeyer Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Niklas — - — — —
Dr. Oesterle Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Orth Nein Nein Nein Nein Nein
Pelster Nein Nein Nein Nein Nein
Pfender Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Pferdmenges Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Povel — — — — —
Frau Dr. Probst Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Pünder Nein Nein Nein Nein Nein
Raestrup Nein Nein Nein Nein Nein
Rahn Nein Nein Nein Ja Nein
Frau Dr. Rehling Nein Nein Nein Nein Nein
Frau Rösch Nein Nein Nein Nein Nein
Rümmele Ja Ja Ja Ja Ja
Sabel Nein Nein Nein Nein Nein
Schäffer Nein Nein Nein Nein Nein
Scharnberg Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Schatz entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld.
Schill Nein Nein Nein Ja Nein
Schmitt Nein Nein Nein Ja Nein
Schmitz beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt
Schmücker Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Schröder Nein Nein Nein Nein Nein
Schüttler Ja Ja Ja Nein Ja
Schütz Nein Nein Nein Nein Nein
Schuler Nein Nein Nein Ja Nein
Schulze-Pellengahr Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Semler entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld.
Dr. Serres Nein Nein Nein Nein Nein
Siebel Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Solleder Nein Nein Nein Ja Nein
Name 6. 7. 8. 9. 10. 11.
Abstimmung
Junglas Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Kahn Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Kaiser — — — — — —
Karpf Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Kather Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Kemmer Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Kemper beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt
Kern Nein Ja Nein Nein Nein Nein
Kiesinger entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld.
Dr. Kleindinst Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Köhler Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Kopf Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Kühling Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Kuntscher Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Kunze beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt
Dr. Laforet Nein Nein entschuld. entschuld. entschuld. entschuld.
Dr. Dr. h. c. Lehr — - - — — —
Leibfried Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Lenz Nein Ja Nein Nein Nein Nein
Leonhard Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Lücke Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Majonica Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Massoth Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Mayer Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Mehs Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Mensing Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Morgenthaler Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Muckermann Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Mühlenberg Nein Ja Nein Nein Nein Nein
Dr. Dr. Müller Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Müller-Hermann Nein Nein — — Nein Nein
Naegel Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Neber Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Nellen Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Neuburger Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Nickl Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Frau Niggemeyer Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Niklas - - — — — —
Dr. Oesterle Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Orth Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Pelster Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Pfender Nein Ja Nein Nein Nein Nein
Dr. Pferdmenges Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Povel — — — — — —
Frau Dr. Probst Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Pünder Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Raestrup Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Rahn Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Frau Dr. Rehling Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Frau Rösch Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Rümmele Ja Ja Ja Ja Ja Ja
Sabel Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Schäffer — — — — — —
Scharnberg Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Schatz entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld.
Schill Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Schmitt Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Schmitz beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt —
Schmücker Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Schröder Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Schüttler Nein Ja Nein Nein Nein Nein
Schütz Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Schuler Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Schulze-Pellengahr Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Semler entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld.
Dr. Serres Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Siebel Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Solleder Nein Nein Nein Nein Nein Nein
1. 2. 3. 4. 5.
Name Abstimmung
Spies Nein Nein Nein Ja Nein
Graf von Spreti Nein Nein Nein Ja Nein
Stauch Nein Nein Nein Ja Nein
Frau Dr. Steinbiß Nein Nein Nein Nein Nein
Storch Nein Nein Nein Nein Nein
Strauß Nein Nein Nein Ja Nein
Struve Nein Nein Nein Ja Nein
Stücklen Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Vogel Nein Nein Nein Ja Nein
Wacker Nein Nein Nein Ja Nein
Wackerzapp Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Wahl Nein Nein Nein Ja Nein
Frau Dr. Weber Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Weber Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Weiß Nein Nein Nein Ja Nein
Nein
Winkelheide Nein Nein Nein Nein Nein
Nein
Wittmann Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Wuermeling Nein Nein Nein
SPD
Frau Albertz Ja Ja Ja Nein Ja
Frau Albrecht Ja Ja Ja Nein Ja
Altmaier Ja Ja Ja Nein Ja
Frau Ansorge Ja Ja Ja Nein Ja
Dr. Arndt Ja Ja Ja Nein Ja
Arnholz Ja Ja Ja Nein Ja
Dr. Baade Ja Ja Ja Nein Ja
Dr. Bärsch Ja Ja Ja Nein Ja
Baur Ja Ja Ja Nein Ja
Bazille Ja Ja Ja Nein Ja
Behrisch Ja Ja Ja Nein Ja
Bergmann Ja Ja Ja Nein Ja
Dr. Bergstraeßer Ja Ja Ja Nein Ja
Berlin Ja Ja Ja Nein Ja
Bettgenhäuser Ja Ja Ja Nein Ja
Bielig Ja Ja Ja Nein Ja
Birkelbach entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld.
Blachstein - beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt
Dr. Bleiß Ja Ja Nein Ja
Böhm Ja Ja Ja Nein Ja
Dr. Brill - — — — —.
Bromme Ja Ja Ja Nein Ja
Brünen Ja Ja Ja Nein Ja
Cramer Ja Ja Ja Nein Ja
Dannebom Ja Ja Ja Nein Ja
Diel Ja Ja Ja Nein Ja
Frau Döhring Ja Ja Ja Nein Ja
Eichler Ja Ja Ja Nein Ja
Ekstrand Ja Ja Ja Nein Ja
Erler Ja Ja Ja Nein Ja
Faller Ja Ja Ja Nein Ja
Franke Ja Ja Ja Nein Ja
Freidhof Ja Ja Ja Nein Ja
Freitag beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt
Geritzmann Ja Ja Ja Nein Ja
Gleisner Ja Ja Ja Nein Ja
Görlinger Ja — Ja Nein Ja
Graf Ja Ja Ja Nein Ja
Dr. Greve Ja Ja Ja — —
Dr. Gülich Ja Ja Ja Nein Ja
Happe Ja Ja Ja Nein Ja
Heiland Ja Ja Ja Nein Ja
Hennig Ja Ja Ja Nein Ja
Henßler krank krank krank krank krank
Herrmann Ja Ja Ja Nein Ja
Hoecker Ja Ja Ja Nein Ja
Höhne Ja Ja Ja Nein Ja
Frau Dr. Hubert Ja Ja Ja Nein Ja
Imig Ja Ja Ja Nein Ja
6. 7. 8. 9 10. 11.
Name
Abstimmung
Spies Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Graf von Spreti Nein Ja Nein Nein Nein Nein
Stauch Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Frau Dr. Steinbiß Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Storch Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Strauß Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Struve Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Stücklen Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Vogel Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Wacker Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Wackerzapp Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Wahl — Nein Nein Nein Nein Nein
Frau Dr. Weber Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Weber Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Weiß Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Winkelheide Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Wittmann Nein Nein enthalten Nein Nein Nein
Dr. Wuermeling Nein Nein Nein Nein Nein Nein
SPD
Frau Albertz Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Frau Albrecht Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Altmaier Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Frau Ansorge Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Dr. Arndt Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Arnholz Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Dr. Baade Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Dr. Bärsch Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Baur Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Bazille Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Behrisch Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Bergmann Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Dr. Bergstraeßer Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Berlin Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Bettgenhäuser Ja Ja Nein Ja Ja J a
Bielig Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Birkelbach entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld.
Blachstein beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt
Dr. Bleiß Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Böhm Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Dr. Brill — — Nein — — —
Bromme Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Brünen Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Cramer Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Dannebom Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Diel Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Frau Döhring Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Eichler Ja Ja Nein Ja entschuld. entschuld.
Ekstrand Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Erler Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Faller Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Franke Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Freidhof Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Freitag beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt
Geritzmann Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Gleisner Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Görlinger Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Graf Ja Ja — —
Dr. Greve Ja Ja - — Ja —
Ja
Dr. Gülich Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Happe Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Heiland Ja Ja — — — —
Hennig Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Henßler krank krank krank krank krank krank
Herrmann Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Hoecker Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Höhne Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Frau Dr. Hubert Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Imig Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Name 1. 2. 3. 4. 5.
Abstimmung
Jacobi Ja Ja Ja Nein Ja
Jacobs Ja Ja Ja Nein Ja
Jahn — — — — —
Kalbfell krank krank krank krank krank
Kalbitzer Ja Ja Ja Nein Ja
Frau Keilhack Ja Ja Ja Nein Ja
Keuning Ja Ja Ja Nein Ja
Kinat Ja Ja Ja Nein Ja
Frau Kipp-Kaule Ja Ja Ja Nein Ja
Dr. Koch Ja Ja Ja Nein Ja
Frau Korspeter Ja Ja Ja Nein Ja
Frau Krahnstöver Ja Ja Ja Nein Ja
Dr. Kreyssig Ja Ja Ja Nein Ja
Kriedemann Ja Ja Ja Nein Ja
Kurlbaum Ja Ja Ja Nein Ja
Lange Ja Ja Ja Nein Ja
Lausen beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt
Frau Lockmann Ja Ja Ja Nein Ja
Ludwig Ja Ja Ja Nein Ja
Dr. Luetkens Ja Ja Ja Nein Ja
Maier Ja Ja Ja Nein Ja
Marx Ja Ja Ja Nein Ja
Matzner Ja Ja Ja Nein Ja
Meitmann Ja Ja Ja Nein Ja
Mellies Ja Ja Ja Nein Ja
Dr. Menzel Ja Ja Ja — Ja
Merten Ja Ja Ja Nein Ja
Mertins Ja Ja Ja Nein Ja
Meyer Ja Ja Ja Nein Ja
Meyer Ja Ja Ja Nein Ja
Frau Meyer-Laule Ja Ja Ja Nein Ja
Mißmahl Ja Ja Ja Nein Ja
Dr. Mommer Ja Ja Ja Nein Ja
Moosdorf Ja Ja Ja Nein Ja
Dr. Mücke Ja Ja Ja Nein Ja
Müller Ja Ja Ja Nein Ja
Müller Ja Ja Ja Nein Ja
Frau Nadig Ja Ja Ja Nein Ja
Dr. Nölting Ja Ja Ja Nein Ja
Nowack Ja Ja Ja Nein Ja
Odenthal Ja Ja Ja Nein Ja
Ohlig Ja Ja Ja Nein Ja
Ollenhauer Ja Ja Ja Nein Ja
Paul Ja Ja Ja Nein Ja
Peters Ja Ja Ja Nein Ja
Pohle Ja Ja Ja Nein Ja
Dr. Preller Ja Ja Ja Nein Ja
Priebe Ja Ja Ja Nein Ja
Reitzner Ja Ja Ja Nein Ja
Richter Ja Ja Ja Nein Ja
Ritzel Ja Ja Ja Nein Ja
Ruhnke Ja Ja Ja Nein Ja
Runge Ja Ja Ja Nein Ja
Sander Ja Ja Ja Nein Ja
Sassnick Ja Ja Ja Nein Ja
Frau Schanzenbach Ja Ja Ja Nein Ja
Dr. Schmid Ja Ja Ja Nein Ja
Dr. Schmidt Ja Ja Ja Nein Ja
Dr. Schöne Ja Ja Ja Nein Ja
Schoettle Ja Ja Ja Nein Ja
Dr. Schumacher krank krank krank krank krank
Segitz Ja Ja Ja Nein Ja
Seuffert Ja Ja Ja Nein Ja
Stech Ja Ja Ja Nein Ja
Steinhörster Ja Ja Ja Nein Ja
Stierle Ja Ja Ja Nein Ja
Striebeck Ja Ja Ja Nein Ja
Frau Strobel Ja Ja Ja Nein Ja
6. 7. 8. 9. l0. 11.
Name
Abstimmun g
Jacobi Ja Ja Nein Ja Ja entschuld.
Jacobs Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Jahn — — — — — —
Kalbfell krank krank krank krank krank krank
Kalbitzer Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Frau Keilhack Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Keuning Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Kinat Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Frau Kipp-Kaule Ja ja Nein Ja Ja Ja
Dr. Koch Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Frau Korspeter Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Frau Krahnstöver Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Dr. Kreyssig Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Kriedemann Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Kurlbaum Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Lange Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Lausen beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt
Frau Lockmann Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Ludwig Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Dr. Luetkens Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Maier Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Marx Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Matzner Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Meitmann Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Mellies Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Dr. Menzel Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Merten Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Mertins Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Meyer Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Meyer Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Frau Meyer-Laule Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Mißmahl Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Dr. Mommer Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Moosdorf Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Dr. Mücke Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Müller Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Müller Ja Ja entschuld. entschuld. entschuld. entschuld.
Frau Nadig Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Dr. Nölting Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Nowack Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Odenthal Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Ohlig Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Ollenhauer Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Paul Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Peters Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Pohle Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Dr. Preller Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Priebe Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Reitzner Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Richter Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Ritzel Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Ruhnke Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Runge Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Sander Ja entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld.
Sassnick Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Frau Schanzenbach Ja Ja Nein Ja Ja —
Dr. Schmid Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Dr. Schmidt Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Dr. Schöne Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Schoettle Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Dr. Schumacher krank krank krank krank krank krank
Segitz Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Seuffert Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Stech Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Steinhörster Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Stierle Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Striebeck Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Frau Strobel Ja Ja Nein Ja Ja Ja
1. 2. 3. 4. 5.
Name Abstimmung
Temmen Ja Ja Ja Nein Ja
Tenhagen Ja Ja Ja Nein Ja
Troppenz Ja Ja Ja Nein Ja
Dr. Veit krank krank krank krank krank
Wagner Ja Ja Ja Nein Ja
Wehner Ja Ja Ja Nein Ja
Wehr Ja Ja Ja Nein Ja
Weinhold Ja Ja Ja Nein Ja
Welke Ja Ja Ja Nein Ja
Weltner Ja Ja Ja Nein Ja
Dr. Wenzel Ja Ja Ja Nein Ja
Wönner Ja Ja Ja Nein Ja
Zühlke Ja Ja Ja Nein Ja
FDP
Dr. Atzenroth Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Becker Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Blank Nein Nein Nein Ja Nein
Blücher - — — — —
Dannemann Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Dehler Nein Nein — — —
Dirscherl krank krank krank krank krank
Euler Nein Nein Nein Ja Nein
Fassbender — Nein Nein Ja —
Freudenberg Nein Ja — — Nein
Dr. Friedrich Nein Nein Nein enthalten Nein
Frühwald Nein Nein Nein Ja Nein
Funcke beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt
Gaul Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. von Golitschek . Nein Nein Nein Ja Nein
Grundmann Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Hammer Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Hasemann Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Hoffmann . Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Hoffmann Nein Nein Nein Ja Nein
Frau Hütter Nein Nein Nein Ja Nein
Frau Dr. Ilk Nein Nein Nein Ja Nein
Juncker Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Kneipp Nein Nein Nein Ja Nein
Kühn Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Leuze Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Luchtenberg beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt
Margulies Nein Nein Nein Ja Nein
Mauk Nein Nein Nein Ja Nein
Mayer krank krank krank krank krank
Dr. Mende Nein — Nein Ja Nein
Dr. Miessner — Nein — — —
Neumayer Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Dr. Nöll von der Nahmer Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Nowack(Rheinland-Pfalz) Nein Nein Nein Ja Nein
Onnen — - — — —
Dr. Pfleiderer Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Preiß Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Preusker Nein Nein Nein Ja Nein
Rademacher Nein Nein Nein Ja Nein
Rath Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Freiherr von Rechenberg krank krank krank krank krank
Revenstorff Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Schäfer Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Schneider Nein Nein Nein Ja Nein
Stahl Nein Nein Nein Ja Nein
Stegner Nein Nein Nein — Nein
Dr. Trischler Nein Nein — Ja Nein
Dr. Wellhausen Nein Nein Nein Nein Nein
Wirths Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Zawadil — — — Ja Nein
Name 6. 7. 8. 9. 10. 11.
Abstimmung
Temmen Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Tenhagen Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Troppenz Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Dr. Veit krank krank krank krank krank krank
Wagner Ja — — — — —
Wehner Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Wehr Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Weinhold Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Welke Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Weltner Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Dr. Wenzel Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Wönner Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Zühlke Ja Ja Nein Ja Ja Ja
FDP
Dr. Atzenroth Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Becker . . Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Blank Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Blücher — — — — — —
Dannemann Nein entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld.
Dr. Dehler — Nein - — — —
Dirscherl krank krank krank krank krank krank
Euler Nein Nein Nein Nein N ein Nein
Fassbender Nein Nein — — —
Freudenberg — Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Friedrich Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Frühwald Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Funcke beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt
Gaul Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. von Golitschek Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Grundmann Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Hammer Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Hasemann Nein Nein Nein Nein Nein —
Dr. Hoffmann Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Hoffmann Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Frau Hütter Nein Nein Nein Nein — Nein
Frau Dr. Ilk Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Juncker Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Kneipp Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Kühn Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Leuze Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Luchtenberg beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt
Margulies Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Mauk Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Mayer krank krank krank krank krank krank
Dr. Mende Nein Nein Nein Nein — Nein
Dr. Miessner - — — — Nein Nein
Neumayer Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Dr. Nöll von der Nahmer Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Nowack(Rheinland-Pfalz) Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Onnen — — — — — Nein
Dr. Pfleiderer Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Preiß Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Preusker Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Rademacher Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Rath Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Freiherr von Rechenberg krank krank krank krank krank krank
Revenstorff Nein entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld.
Dr. Schäfer Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Schneider Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Stahl Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Stegner Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Trischler Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Wellhausen Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Wirths Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Zawadil Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Name 1. 2. 3. 4. 5.
Abstimmung
DP/DPB
Ahrens Nein Nein Nein Ja Nein
Bahlburg — Nein Nein Ja —
Frau Bieganowski Nein Nein Nein Ja Nein
Eickhoff Nein Nein Nein Ja Nein
Ewers Nein Nein Nein Ja Nein
Farke Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Fricke Nein Nein Nein Nein Nein
Frommhold Nein Nein Nein Ja Nein
Hellwege — Nein — — —
Jaffé Nein Nein Nein Nein Nein
Frau Kalinke Nein Nein Nein Nein Nein
Kuhlemann Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Leuchtgens Nein Nein Nein Ja Nein
Löfflad Nein Nein Nein Ja Nein
Matthes Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. von Merkatz Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Mühlenfeld beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt
Reindl Nein Nein Nein Nein Nein
Schmidt Nein Nein Nein Ja Nein
Schuster Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Seebohm Nein Nein Nein Nein Nein
Tobaben — Nein Nein Ja Nein
Wallner Nein Nein Nein Ja Nein
Walter Nein Nein Nein Nein Nein
Wittenburg Nein Nein Nein Ja Nein
FU
Freiherr von Aretin Nein — — - Nein
Frau Arnold Ja Nein Ja Ja Ja
Dr. Bertram . Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Besold Nein Nein Nein Ja Nein
Clausen Ja Ja Ja Nein Ja
Dr.-Ing. Decker Nein Nein Nein Ja Nein
Determann Ja Ja Ja Nein Ja
Eichner Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Etzel Nein Nein Nein Ja Nein
Hoffmann Ja Nein Ja Ja Ja
Lampl Nein Nein Nein Ja Nein
Mayerhofer Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Meitinger Nein Nein Nein Ja Nein
Fürst zu Oettingen-Wallerstein
krank krank krank krank krank
Pannenbecker Ja Nein Ja Ja Ja
Parzinger Nein Nein — Ja Nein
Dr. Reismann Nein Nein Ja Ja Ja
Ribbeheger Ja Nein Ja Ja Ja
Volkholz — — — — —
Wartner Nein Nein Nein Ja Nein
Frau Wessel Ja Nein Ja Ja Ja
Willenberg Ja Ja Ja Nein Ja
KPD
Agatz Ja Ja Ja Nein Ja
Fisch Ja Ja Ja Nein Ja
Gundelach Ja Ja Ja Nein Ja
Harig Ja Ja Ja Nein Ja
Kohl krank krank krank krank krank
Müller krank krank krank krank krank
Niebergall Ja Ja Ja Nein Ja
Niebes — Ja Ja Nein Ja
Paul Ja Ja Ja Nein Ja
Reimann entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld.
Renner — — — — —
Rische entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld.
Frau Strohbach Ja Ja Ja Nein Ja
Frau Thiele Ja Ja Ja Nein Ja
Name 6. 7. 8. 9. 10. 11.
Abstimmung
DP/DPB
Ahrens Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Bahlburg Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Frau Bieganowski Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Eickhoff Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Ewers Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Farke Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Fricke Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Frommhold Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Hellwege — — — — — —
Jaffé Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Frau Kalinke Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Kuhlemann Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Leuchtgens Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Löfflad Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Matthes Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. von Merkatz Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Mühlenfeld beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt beurlaubt
Reindl Nein Nein — Nein Nein Nein
Schmidt Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Schuster Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Seebohm Nein — — — - —
Tobaben Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Wallner Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Walter Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Wittenburg Nein Nein Nein Nein Nein Nein
FU
Freiherr von Aretin . Nein — — Nein Nein —
Frau Arnold Ja Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Bertram . Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Besold Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Clausen Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Dr.-Ing. Decker Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Determann Ja — Ja entschuld. entschuld. entschuld.
Eichner Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Etzel Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Hoffmann Ja Nein Nein Nein Nein Nein
Lampl Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Mayerhofer Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Meitinger Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Fürst zu OettingenWallerstein krank krank krank krank krank krank
Pannenbecker Ja Nein Nein entschuld. entschuld. entschuld.
Parzinger Nein Nein - Nein Nein Nein
Dr. Reismann Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Ribbeheger Ja Ja Nein entschuld. entschuld. entschuld.
Volkholz - — - — —
Wartner Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Frau Wessel Ja Nein Nein Nein Nein Nein
Willenberg Ja Ja Nein entschuld. entschuld. entschuld.
KPD
Agatz Ja Ja Ja Ja Ja Ja
Fisch Ja - Ja Ja Ja Ja
Gundelach Ja Ja Ja Ja Ja Ja
Harig Ja Ja Ja Ja Ja Ja
Kohl krank krank krank krank krank krank
Müller krank krank krank krank krank krank
Niebergall Ja Ja Ja Ja Ja Ja
Niebes Ja Ja Ja Ja Ja Ja
Paul Ja Ja Ja Ja Ja Ja
Reimann entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld.
Renner — — — — — —
Rische entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld.
Frau Strohbach Ja Ja Ja Ja Ja Ja
Frau Thiele Ja Ja Ja Ja Ja —
Name 1. 2. 3. 4. 5.
Abstimmung
Fraktionslos
Aumer Nein Nein Nein Ja Nein
Donhauser Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Doris entschuld.. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld.
Fröhlich — — Ja Nein —
Goetzendorff entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. Nein
Hedler Nein Nein Nein Nein Nein
Frau Jaeger . . Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Keller — — - —
Langer - — — — —
Loritz entschuld. Nein Ja Ja enthalten
Müller — - — — -
Dr. Ott entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld.
von Thadden Nein Nein Nein Ja Nein
Tichi krank krank krank krank krank
Zusammenstellung
1. 2. 3. 4. 5.
Abstimmung
Abgegebene Stimmen . 343 347 345 346 347
Davon :
Ja 141 137 144 137 139
Nein 202 207 200 206 207
Stimmenthaltung . . — 3 1 3 1
Zusammen wie oben . . . 343 347 345 346 347
Berliner
1. 2. 3. 4. 5.
Abstimmung
CDU/CSU
Dr. Friedensburg Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Krone Nein Nein Nein Nein Nein
Lemmer entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld.
Frau Dr. Maxsein Nein Nein entschuld. entschuld. entschuld.
Dr. Tillmanns entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld.
SPD
Brandt Ja Ja Ja Nein Ja
Dr. Koenigswarter Ja Ja Ja Nein Ja
Löbe Ja Ja Ja Nein Ja
Neubauer Ja Ja Ja Nein Ja
Neumann entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld.
Dr. Schellenberg krank krank krank krank krank
Frau Schroeder Ja Ja Ja Nein Ja
Schröter Ja Ja Ja Nein Ja
Frau Wolff krank krank krank krank krank
FDP
Dr. Henn Nein Nein Nein Ja Nein
Hübner entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld.
Frau Dr. Mulert Nein Nein enthalten Ja Nein
Dr. Reif Nein Nein Nein Ja Nein
Dr. Will Nein Nein Nein Ja Nein
Name 6. 7. 8. 9. 10. 11.
Abstimmung
Fraktionslos
Aumer Nein Nein entschuld. entschuld. entschuld. entschuld.
Donhauser Nein Nein Nein Nein entschuld. entschuld.
Dr. Dorls entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld.
Fröhlich — — — . — — —
Goetzendorff Nein Nein Nein entschuld. entschuld. entschuld.
Hedler Nein Nein entschuld. entschuld. entschuld. entschuld.
Frau Jaeger . Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Keller — — — — — —
Langer — — - — — —
Loritz Ja Nein enthalten enthalten enthalten enthalten
Müller — — — — — -
Dr. Ott entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld.
von Thadden Nein Nein entschuld. entschuld. entschuld. entschuld.
Tichi krank krank krank krank krank krank
der Abstimmungen
6. 7. 8. 9. 10. 11.
Abstimmung
Abgegebenen Stimmen . 347 343 330 329 326 323
Davon :
Ja 139 136 11 126 124 121
Nein 208 207 317 202 201 201
Stimmenthaltung . — — 2 1 1 1
Zusammen wie oben 347 343 330 329 326 326
Abgeordnete
Name 6. 7. 8. 9. 10. 11.
Abstimmung
CDU/CSU
Dr. Friedensburg Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Krone Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Lemmer entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld.
Frau Dr. Maxsein entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld.
Dr. Tillmanns entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. erstschuld. entschuld.
SPD
Brandt Ja Ja Nein Ja Ja Ja
Dr. Koenigswarter Ja Ja — Ja Ja Ja
Löbe Ja Ja entschuld. entschuld. entschuld. entschuld.
Neubauer Ja Ja Nein — — —
Neumann entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld.
Dr. Schellenberg krank krank krank krank krank krank
Frau Schroeder Ja Ja entschuld. entschuld. entschuld. Ja
Schröter Ja Ja — Ja Ja Ja
Frau Wolff krank krank krank krank krank krank
FDP
Dr. Henn Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Hübner entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld. entschuld.
Frau Dr. Mulert Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Reif Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Dr. Will Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Zusammenstellung der Abstimmungen
1. 2. 3. 4. 5.
Abstimmung
Abgegebene 13 13 12 12 12
Davon
Ja 6 6 6 4 6
Nein 7 7 5 8 6
Stimmenthaltung — - 1 — —
Zusammen wie oben 13 13 12 12 12
der Berliner Abgeordneten
6. 7. 8. 9. 10. 11
Abstimmung
Abgegebene Stimmen 12 12 8 9 9 10
Davon
Ja 6 6 — 3 3 4
Nein 6 6 8 6 6 6
Stimmenenthaltung — — — — — —
Zusammen wie oben 12 12 8 9 9 10
224. Sitzung
Die Sitzung wird um 22 Uhr 50 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
Meine Damen und Herren! Ich eröffnet die 224. Sitzung des Deutschen Bundestages.
Wir fahren fort in der Beratung des Punktes 7 der Tagesordnung der 223. Sitzung:
Zweite Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Betrieb ,
des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung der Wirtschaft , des Entwurfs eines Gesetzes über die Neuordnung der Beziehungen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern in den Betrieben (Betriebsverfassungsgesetz) (Nr. 1546 der Drucksachen);
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (Nr. 3585 der Drucksachen).
Ich habe zunächst das vorläufige Ergebnis*) der namentlichen Abstimmung Nr. 11 über den Änderungsantrag der SPD Umdruck Nr. 617 Ziffer 36 bekanntzugeben. Mit Ja haben gestimmt 121 Abgeordnete. Mit Nein haben 202 Abgeordnete gestimmt. Enthalten 1 Stimme. Von den Berliner Abgeordneten wurden 4 Ja-Stimmen und 6 NeinStimmen abgegeben. Der Antrag der Fraktion der SPD Umdruck Nr. 617 Ziffer 36 auf Einfügung des § 48 a ist abgelehnt.
Die Debatte über § 49 ist bereits geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung.
— Meine Damen und Herren, ich bitte, mir nicht die Worte aus dem Mund zu nehmen.
— Vielen Dank!
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD Umdruck Nr. 617 Ziffer 37.
— Herr Abgeordneter Richter!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte mich schon in der vorhergehenden Sitzung zur Abstimmung über
*) Vgl. das endgültige Ergebnis Seite 10043, 11. Abstimmung. diesen Antrag der SPD zu Worte gemeldet. Ich nehme an, daß dies nicht bestritten wird. Ich habe mich auch eben, als zur Abstimmung aufgerufen wurde, nochmals gemeldet.
Herr Abgeordneter, darf ich fragen, wozu Sie sprechen, zur Geschäftsordnung oder zur Abstimmung?
Zu Umdruck Nr. 617 Ziffer 37 beantrage ich namentliche Abstimmung. Falls dieser Antrag abgelehnt werden sollte, stelle ich vorsorglich den Antrag auf namentliche Abstimmung über § 49 Abs. 2 Satz 1 der Vorlage.
Meine Damen und Herren, es ist der Antrag auf namentliche Abstimmung über den Änderungsantrag der SPD, Umdruck Nr. 617 Ziffer 37, gestellt worden. Ich bitte die Herren Schriftführer, die Stimmzettel einzusammeln.
Meine Damen und Herren, darf ich fragen: Ist das Einsammeln der Stimmzettel beendet? — Noch nicht ganz. Ich darf die Herren Schriftführer bitten, noch die letzten Stimmzettel in Empfang zu nehmen. Ich bitte ferner die Mitglieder des Hauses, sich nach Möglichkeit auf ihre Plätze zu begeben.
Ich schlage Ihnen vor, daß wir bis zur Auszählung die Abstimmung über § 49 unterbrechen.
Ich rufe auf § 50. — Keine Wortmeldungen. Ich schließe die Besprechung. Ich bitte die Damen und Herren, die § 50 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit; § 50 ist angenommen.
Ich rufe auf die §§ 51, 52 und 53. — Wortmeldungen liegen nicht vor.
— Herr Abgeordneter Paul!
Meine Damen und Herren! Im letzten Satz des § 51 .wird gesagt:
Arbeitgeber und Betriebsrat haben jede parteipolitische Betätigung im Betrieb zu unterlassen.
Mit diesem Satz wollen Sie einen Tatbestand schaffen, auf Grund dessen jederzeit gegen jeden Betriebsrat und auch gegen jeden Arbeiter vorgegangen werden kann. Was wird denn unter parteipolitischer Betätigung verstanden?
Wenn z. B. ein Arbeiter sich dagegen wehrt, daß neue Massensteuern eingetrieben werden, um Ihren Generalvertrag zu finanzieren,
dann werden Sie das als parteipolitische Betätigung auslegen.
— Herr Sabel, Sie sagen „Sehr gut!"; aber für jeden Arbeiter sind die Auswirkungen solcher
Massensteuern sehr oft katastrophal; sie senken seinen Lebensstandard und damit den Lebensstandard seiner Familie, und sie werden in dem Moment zugleich für ihn ein schweres sozialpolitisches Problem.
Die Arbeiter haben ein Recht, in den Betrieben zu einer solchen Politik der dauernden Angriffe auf die Lebenshaltung der Bevölkerung Stellung zu nehmen.
Ich wollte mit diesem Beispiel beweisen, was man unter Umständen von Ihrer Seite als parteipolitische Tätigkeit im Betrieb betrachtet. Sie wollen durch eine solche Formulierung in § 51 die Aufklärung der Arbeiter über die Kriegs- und volksfeindliche Politik der Adenauer-Regierung verhindern. Sie wollen, daß sich die Betriebsräte letzten Endes nur noch um die Reinigung der Klosette bekümmern sollen.
Sie wollen nicht, daß sich die Betriebsräte um alle Fragen, die die Lage der Arbeiter, angehen, kümmern und daß man dazu auch in den Obleuteversammlungen und in den Belegschaftsversammlungen Stellung nimmt. Wenn z. B. die Unternehmer, wie es in verschiedenen Betrieben geschehen ist, Broschüren von bestimmten Hetzstellen dieser Bundesregierung aus dem Ministerium des Herrn Kaiser herausgeben, dann werden Sie sagen, das sei keine parteipolitische Betätigung. Solche Dinge erleben wir täglich, daß z. B. Unternehmer, wie es in der Vergangenheit geschehen ist, sogar in die Lohntüten der Arbeiter solche Hetzblätter hineinlegen. Aber Sie wollen durch die Festlegung in diesem Paragraphen eine solche Tätigkeit nicht unterbinden. Sie wollen nur, daß die Tätigkeit der Arbeiter und der Betriebsräte eng auf kleine ökonomische und hygienische Fragen begrenzt wird. Sie wollen damit zugleich die Arbeiterschaft um ihr Recht bringen, ihre demokratischen Rechte und ihre Lebenshaltung zu verteidigen. Wenn Sie und ihre Minister dauernd die Arbeiterschaft und die Gewerkschaften beleidigen und nötigen, wollen Sie mit Hilfe eines solchen Paragraphen verhindern, daß die Arbeiter in den Betrieben gegen diese Minister — Dehler z. B. — Stellung nehmen können. Das verstehen Sie unter parteipolitischer Betätigung.
Gegen solche Maßnahmen muß man sich zur Wehr setzen. Ich appelliere hier ganz besonders auch an meine .Gewerkschaftskollegen und an die sozialdemokratischen Kollegen, dem § 51 in dieser Fassung nicht zuzustimmen. Wir beantragen deshalb, daß der letzte Satz des § 51 gestrichen wird.
— Daß Sie so schreien, beweist mir, daß meine Worte ins Schwarze treffen;
denn immer wenn Sie schreien, immer wenn Sie versuchen, mir zu widersprechen, dann ist das ein Beweis darfür, daß Sie etwas im Schilde gegen die Arbeiterschaft, die Gewerkschaften und die Betriebsräte führen.
Ich bitte darum, daß man unserem Antrag die Zustimmung erteilt.
Meine Damen und Herren, ich darf zunächst formell die Frage stellen, ob zur namentlichen Abstimmung Nr. 1 der 224. Sitzung noch jemand seine Stimme abzugeben wünscht. — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Besprechung und gebe das vorläufige Ergebnis*) der Abstimmung bekannt. Mit Ja haben gestimmt 120 Abgeordnete, mit Nein 202 Abgeordnete, bei 3 Enthaltungen. Von den Berliner Abgeordneten haben 6 mit Ja, 6 mit Nein gestimmt. Insgesamt haben sich 337 Abgeordnete an der Abstimmung beteiligt. Damit ist der Antrag der Fraktion der SPD abgelehnt.
Ich darf zunächst die Abstimmung über § 49 in der Ausschußfassung vornehmen. Da namentliche Abstimmung beantragt ist, — —
— Es ist von Herrn Abgeordneten Richter namentliche Abstimmung für Abs. 2 Satz 1 — habe ich richtig verstanden, Herr Abgeordneter? — beantragt. Wird der Antrag aufrechterhalten?
- Ich würde es beinahe für zweckmäßig halten. daß wir dann über den ganzen Paragraphen namentlich abstimmen.
— Also schön, Herr Abgeordneter Richter, ich lasse zunächst abstimmen über § 49 Abs. 1. Ich bitte die Damen und Herren, die § 49 Abs. 1 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen gegen wenige Stimmen angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über Abs. 2 Satz 1 in namentlicher Abstimmung. Ich bitte die Herren Schriftführer, die Stimmkarten einzusammeln.
Meine Damen und Herren, ich darf Sie bitten, dieses Einsammeln ohne überflüssige Bemerkungen vor sich gehen zu lassen, damit ich in der Lage bin, zu den §§ 50 bis 52 und 53 inzwischen Herrn Abgeordneten Loritz das Wort zu geben.
— Ich hatte nicht die Absicht, Herr Abgeordneter Loritz, Sie in der Abgabe Ihrer Stimme zu beeinträchtigen.
— Ich bitte Sie freundlichst, das Wort zu nehmen, nachdem Sie dem Herrn Schriftführer Ihren Stimmzettel abgegeben haben.
— Herr Abgeordneter Loritz hat seinen Stimmzettel abgegeben. Er nimmt das Wort. Ich darf um Aufmerksamkeit bitten und bitte, möglichst jeden unnötigen Lärm zu vermeiden.
*) Vgl. das endgültige Ergebnis Seite 10054, 1. Abstimmung.
— Herr Abgeordneter Stücklen, ich rufe Sie wegen dieses Ausdrucks zur Ordnung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Seite des Hauses, die Seite der Regierungsparteien, versucht leider, dieses Gesetz in einem Tempo durchzupeitschen,
das Ihnen gar nicht mal die Möglichkeit gibt, sich über juristische Formulierungen klar zu werden, die sehr zu Ungunsten unserer gesamten deutschen Arbeiterschaft ausschlagen können. Hier sind von Ihnen Formulierungen gewählt worden,
die vollkommen unklar und so verfänglich sind, daß es vielleicht Ihnen selbst sehr bald am allermeisten leid tun wird! Ich möchte wirklich jetzt nicht verabsäumen, Ihnen wenigstens einige solcher Hastformulierungen unter die Nase zu halten, damit Sie vielleicht etwas nachdenken, welche „Vorteile" es hat, ein solches Gesetz in der Art und Weise hier durchpeitschen zu wollen,
wie Sie das jetzt schon den ganzen Tag über tun.
Lesen Sie bitte wohl mit, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Sie sagen hier in dem Paragraphen,
der gerade zur Debatte steht, daß ,,.. . insbesondere jede unterschiedliche Behandlung — —
- Meine Damen und Herren, wenn Sie mich nicht ruhig sprechen lassen, dann muß ich leider so lange warten, bis Sie sich beruhigt haben. Ich empfehle Ihnen, ein Nervenberuhigungsmittel zu nehmen; vielleicht können Sie dann in Ruhe auch um diese vorgerückte Stunde noch anhören, was man Ihnen zu sagen hat!
Meine Damen und Herren — -
Es heißt hier wortwörtlich: insbesondere, daß jede unterschiedliche Behandlung von Personen wegen ihrer . . . Nationalität . . . usw. unterbleibt.
Sie haben vielleicht gar nicht daran gedacht,
daß Sie damit eine Regelung treffen, die von einer Reihe von Gerichten so ausgelegt werden kann und auch ausgelegt werden muß, daß ausländische Arbeiter in allem und jedem denselben juristischen und tatsächlichen Bedingungen unterliegen wie deutsche Arbeiter. Ich sage nichts dagegen, wenn das für die allgemeinen Grundsätze der Behandlung indem betreffenden Betrieb gilt. Ich wende mich aber schärfstens gegen eine Formulierung, die tatsächlich nichts anderes besagt, als daß Sie bei ausländischen Arbeitern überall und in jeder Beziehung, und bei jeder Vorschrift und Gesetzesbestimmung genau so verfahren müssen wie bei deutschen Arbeitern, daß Sie also keinerlei abweichende Regelung für ausländische Arbeiter
treffen dürfen, auch dort nicht, wo der betreffende
ausländische Staat unsere deutschen Arbeiter in
seinem Land schlechter behandelt als seine eigenen.
— Herr Kollege Wellhausen, lesen Sie bitte den § 51 Ihres Gesetzentwurfs genau durch. Dann werden Sie sehen, daß es hier wortwörtlich heißt, „daß alle im Betrieb tätigen Personen" gleich behandelt werden, „insbesondere, daß jede unterschiedliche Behandlung ... wegen ihrer Nationalität . . . unterbleibt".
Wenn Sie Behandlung hier im allgemeinen Sinne verstehen, Menschenbehandlung oder sonstwas, dann gebe ich Ihnen jederzeit recht. Wenn Sie aber juristische Fragen, Arbeitsbedingungen aller Art, nicht etwa bloß spezielle, darunter verstehen wollen, dann sage ich Ihnen: überlegen Sie sich diese Bestimmung sehr deutlich, insbesondere was das für ausländische Saisonarbeiter bedeutet, diese absolute Gleichstellung aller ihrer Rechtsansprüche — denn das steht tatsächlich drinnen -
mit denen der deutschen, einheimischen Arbeiter.
Vielleicht werden dann Ihre Kronjuristen, meine Herren von der CDU, endlich so weit kommen, daß sie sehen, daß eine so rasche Durchpeitschung des Gesetzes ohne eine ausgiebige Diskussion über die einzelnen Paragraphen nichts anderes ist als ein Schlag in Ihr eigenes Gesicht.
Herr Abgeordneter Loritz, ich habe Sie richtig verstanden: einen Antrag stellen Sie nicht?
Ich werde hier keinen eigenen Antrag stellen, weil ich die Fassung dieses Paragraphen ebenso wie das ganze Gesetz für völlig verfehlt halte. Ich werde mir erlauben, gegen den § 51 Ihres Gesetzentwurfs zu stimmen
mit Rücksicht darauf, daß es sich um eine völlig unbedachte und juristisch unmögliche Formulierung handelt.
Meine Damen und Herren, ich frage, ob noch Abgeordnete vorhanden sind, die in der namentlichen Abstimmung über § 49 Abs. 2 Satz 1 ihre Stimme abzugeben wünschen. — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Abstimmung.
Zu § 51 wünscht Herr Abgeordneter Richter das Wort zu nehmen. Bitte!
Meine Damen und Herren! Wir werden uns nicht der Ansicht des Sprechers der Kommunistischen Partei anschließen, soweit sie zum letzten Satz des § 51 zum Ausdruck gebracht wurde. Dieser Satz bestimmt:
Arbeitgeber und Betriebsrat haben jede parteipolitische Betätigung im Betrieb zu unterlassen.
Wir glauben, daß dies grundsätzlich berechtigt ist.
Der Betriebsrat als ein Organ zur Interessenvertretung der Arbeitnehmerschaft soll die Interessen der Arbeitnehmer des Betriebs wahrnehmen, aber er soll sie nicht parteipolitisch, d. h. im Sinne der einen oder anderen Partei wahrnehmen. Der Arbeitgeber als Besitzer der Betriebsmittel soll seine wirtschaftliche Macht ebenfalls nicht parteipolitisch gegenüber dem Arbeitnehmer wahrnehmen, oder ausnutzen und unter Umständen mißbrauchen. Er sollte dem Arbeitnehmer, ganz gleich, welche parteipolitische Einstellung dieser hat, die Möglichkeit gewähren, sein Brot durch ehrliche Arbeit zu verdienen. In diesem Sinne ist dieser Satz des § 51 gedacht. Wir stimmen dem § 51 zu.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich komme zur Abstimmung über den — nicht unterschriebenen — Antrag, den Herr Abgeordneter Paul vorgetragen hat, den letzten Satz des § 51 zu streichen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Dieser Antrag ist gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt worden.
Ich darf zunächst die Abstimmung über die §§ 50 bis 53 unterbrechen. Ich gebe das vorläufige Ergebnis*) der Abstimmung zu § 49 Abs. 2 Satz 1 bekannt. Mit Ja haben gestimmt 203 Abgeordnete, mit Nein haben gestimmt 121 Abgeordnete, bei einer Enthaltung. Von den Berliner Abgeordneten haben 6 mit Ja und 6 mit Nein gestimmt. Insgesamt haben sich wiederum 337 Abgeordnete an der
*) Vgl. das endgültige Ergebnis Seite 10054, 2. Abstimmung.
Abstimmung beteiligt. Abs. 2 Satz 1 ist angenommen.
Ich komme zur Abstimmung über den zweiten Satz des Abs. 2, Abs. 3 und Abs. 4. Ich bitte die Damen und Herren, die diesen Satz und die beiden Absätze 3 und 4 anzunehmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit; damit ist § 49 insgesamt angenommen.
Nachdem der Änderungsantrag der kommunistischen Gruppe abgelehnt ist, komme ich zur Abstimmung über die §§ 50 bis 53 in der Ausschußfassung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit; diese Paragraphen sind angenommen.
Meine Damen und Herren, für die Parteien der Regierungskoalition ist vorhin angekündigt worden, daß man den Antrag zu stellen wünsche, nach 11 Uhr die Beratungen abzubrechen. Darf ich fragen, ob dieser Antrag aufrechterhalten wird?
— Das ist der Fall. Darf ich unterstellen, daß das Haus mit dieser Regelung einverstanden ist? — Das ist der Fall.
Meine Damen und Herren, ich berufe die 225. Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen früh 9 Uhr, und zwar mit der Tagesordnung: Fortsetzung der nicht erledigten Punkte der heutigen Tagesordnung und die für Donnerstag vorgesehene Tagesordnung, und schließe die 224. Sitzung.