Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Vor Eintritt in die Tagesordnung spreche ich dem Herrn Abgeordneten Dr. Pohle die Glückwünsche des Hauses zu seinem heutigen 65. Geburtstag aus.
— Da kann ich auch bloß — paradoxerweise — sagen: Ich sehe viele, die nicht da sind. Aber es ist mir mitgeteilt worden, daß die CDU/CSU in dringender Angelegenheit noch immer Fraktionssitzung halten muß.
Zweitens. Es liegt Ihnen eine Liste von Vorlagen der Bundesregierung vor, die keiner Beschlußfassung bedürfen und die nach § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung den zuständigen Ausschüssen überwiesen werden sollen:
Vorlage des Bundesministers für Gesundheitswesen
Betr.: Bericht der Bundesregierung über die Erfahrungen beim Vollzug des Gesetzes zum Schutz gegen Baulärm vom 9. September 1965
Bezug: Beschluß des Bundestages vom 23. Juni 1965 — Drucksache V/3475 —
zuständig: Ausschuß für Gesundheitswesen
Vorlage des Präsidenten der Deutschen Gruppe der Interparlamentarischen Union
Betr.: Entschließungen der 56. Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union
— Drucksache V/3438 —
Entschließung I zuständig: Auswärtiger Ausschuß
Entschließung II zuständig: Auswärtiger Ausschuß
Entschließung III zuständig: Auswärtiger Ausschuß , Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen, Ausschuß für Entwicklungshilfe
Entschließung IV zuständig: Auswärtiger Ausschuß , Ausschuß für Wissenschaft, Kulturpolitik und Publizistik
Entschließung V zuständig: Auswärtiger Ausschuß
Kein Widerspruch? — Es ist so beschlossen.
Damit, meine Damen und Herren, kommen wir zur Tagesordnung:
Fragestunde
— Drucksache V/3547 —
Ich rufe zunächst eine Dringlichkeitsfrage des Herrn Abgeordneten Ertl aus dem Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes — Drucksache V/3547 — auf:
Welche Erklärung hat die Bundesregierung für das Zustandekommen von Presseberichten, wonach von einem westlichen Geheimdienst dem Bundesnachrichtendienst Tonbandaufzeichnungen von geheimen Verhandlungen des Sonderbotschafters Bahr im SED-Zentralkomitee zur Verfügung gestellt worden sein sollen?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär im Bundeskanzleramt, bitte sehr!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, die Bundesregierung weiß nicht, woher die Presseorgane, die die von Ihnen erwähnten Berichte veröffentlicht haben, ihre Informationen bezogen haben. Jedenfalls ist die Behauptung falsch, daß dem Bundesnachrichtendienst eine Tonbandaufzeichnung über Geheimverhandlungen des jetzigen Ministerialdirektors Egon Bahr im SED-Zentralkomitee zur Verfügung gestellt worden sei. Befragungen, die auf Veranlassung der Bundesregierung durchgeführt wurden, haben keinen Anhaltspunkt dafür ergeben, daß ein Angehöriger des Bundesnachrichtendienstes etwas Derartiges gesagt hat. Es ist möglich, daß die Information von einer Person stammt, die sich fälschlicherweise als Angehöriger des Bundesnachrichtendienstes ausgibt. Es ist auch möglich, daß die Information letztlich von Ostberliner Stellen lanciert worden ist.
Eine Aufklärung der Angelegenheit würde sehr erleichtert, wenn die in Betracht kommende Zeitung sich entschließen könnte, der Bundesregierung ihr Material zur Verfügung zu stellen.
Im übrigen liegen der Bundesregierung Nachrichten vor, daß mit weiteren Veröffentlichungen östlicher Stellen zu diesem Komplex in Kürze zu rechnen ist. Dies würde eine aus östlicher Sicht konsequente Fortsetzung der von Parteichef Ulbricht in seiner Warschauer Rede begonnenen Angriffe gegen Politiker der Bundesrepublik darstellen. Ich brauche nicht besonders hervorzuheben, daß nach bisherigen Erfahrungen gegenüber den zu erwartenden östlichen Veröffentlichungen große - Vorsicht geboten ist.
Zusatzfrage!
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10706 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1968
Herr Staatssekretär, würde Ihrem Wunsch, den ich voll unterstütze, daß nämlich das Material der Öffentlichkeit übergeben werden sollte, nicht dadurch Rechnung getragen werden, daß neben den Bemühungen, -den Herrn Bundeskanzler zur Klärung der Affäre einzuschalten, auch gerichtliche Schritte unternommen würden? Sind solche Schritte beabsichtigt?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich kann Ihnen nicht sagen: ob solche Schritte beabsichtigt sind, Herr Abgeordneter. Ob solche Schritte in der jetzigen Situation zur Klärung der Angelegenheit geeignet wären, ist mir zweifelhaft.
Zweite Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, bitte, erläutern Sie diese Zweifel! Denn ich meine, daß im Interesse der Bundesregierung, im Interesse der Personen, aber auch im Interesse der deutschen Öffentlichkeit alles getan werden muß, um diese Frage zweifelsfrei zu klären.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, meine Zweifel beziehen sich darauf, daß ich es für notwendig halte, diese Frage so schnell wie möglich zu klären, daß wir nach den Erfahrungen aber annehmen müssen, daß eine gerichtliche Klärung lange Zeit in Anspruch nehmen würde.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dorn.
Herr Staatssekretär, sind Sie der Meinung, daß, nachdem heute ein weiterer Artikel in der vom CSU-Vorsitzenden Bundesminister Strauß herausgegebenen Zeitung in ähnlicher Weise neue Vorwürfe gegen einen hohen Beamten der Bundesregierung vorgetragen hat, auf der Ebene der zuständigen Minister und auch des Herausgebers dieser Zeitung eine Besprechung zur Klärung herbeigeführt werden könnte?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich möchte das wiederholen, was ich in meiner Antwort auf die Frage des Herrn Abgeordneten Ertl gesagt habe: Die Bundesregierung würde es sehr begrüßen, wenn ihr das vorhandene Material zur Verfügung gestellt würde.
Zweite Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung etwas darüber bekannt, ob ein anderer westlicher Geheimdienst, der in der Zeitung, deren Herausgeber Herr Minister Strauß ist, angeführt wird, im Besitz irgendwelchen Materials dieser Art ist?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Der Bundesregierung ist derartiges nicht bekannt. Ich füge hinzu, daß eine Befragung des betreffenden Dienstes eine negative Antwort ergeben hat.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schulte.
Herr Staatssekretär, können Sie uns etwas darüber sagen, ob Herr Sonderbotschafter Bahr in Ostberlin jemals Gespräche im ZK der SED geführt hat?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, mir liegt eine Erklärung des Herrn Ministerialdirektor Bahr vor, aus der hervorgeht, daß er einmal in dem Gebäude des ZK der SED in Ostberlin war, und zwar vor 22 Jahren als Mitarbeiter der damaligen „Neuen Zeitung" zu einem Interview mit Wilhelm Pieck, seither nicht mehr.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dichgans.
Herr Staatssekretär, sind Sie der Meinung, daß man einen Herausgeber mit allem identifizieren kann, was in der von ihm herausgegebenen Zeitung steht?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nein, der Meinung bin ich nicht.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schmidt.
Ich möchte die Regierung fragen, ob sie nicht der Meinung ist, daß eine Zeitung, wenn sie sich, wie es scheint, für das öffentliche Wohl in unserem Lande mitverantwortlich fühlt und wenn sie über Unterlagen verfügt, die zumindest nach außen als geeignet bezeichnet werden, das Ansehen der Bundesregierung oder einiger oder eines ihrer hohen Beamten ins Zwielicht zu ziehen, diese von ihr bisher geheimgehaltenen Materialien zweckmäßigerweise der zuständigen Stelle der Bundesregierung zur Verfügung stellt.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich möchte wiederholen, Herr Abgeordneter, daß die Bundesregierung gerade dies wünschen würde.
Keine weitere Zusatzfragen.Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern, den Fragen 30 bis 32:Wie beurteilt die Bundesregierung die im Haushaltsplanentwurf 1969 des Bundesinnenministers vorgesehenen Kürzungen der Sportförderungsmittel im Zusammenhang mit der gleichzeitig geplanten Bundeszentrale für Sport, die im Jahre ihrer Inbetriebnahme an Bau-, Einrichtungs- und Personalkosten rund 10 Millionen DM kosten soll?
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1968 10707
Präsident D. Dr.' GerstenmaierTeilt die Bundesregierung die Auffassung, daß unter Einsparung der Mittel für die Errichtung einer Bundeszentrale für Sport durch die Zusammenlegung der Bundesressorts für Sport, Jugend und Gesundheit ein wirkungsvolles „Koordinierungs- und Sportförderungsinstrument" geschaffen werden könnte?Ist die Bundesregierung bereit, bei den Bundesländern einen erneuten Versuch zu unternehmen, die Förderung des Sports in den Katalog der Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern aufzunehmen?Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.Die Frage 33 des Abgeordneten Ertl:Was gedenkt die Bundesregierung im Rahmen der Sportförderung zu tun, um den deutschen Athleten für die Olympischen Spiele 1972 in München die gleichen günstigen Ausgangsmöglichkeiten zu verschaffen, wie sie durch die Sportförderung in anderen Ländern schon seit geraumer Zeit bestehen?Zur Beantwortung der Herr Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium.
Herr Kollege Ertl, ein Vergleich der Sportförderung zwischen den einzelnen Ländern ist schwierig, weil die verfassungsrechtlichen und verfassungspolitischen Grundlagen unterschiedlich sind. Viele Staaten mit einer umfangreichen Sportförderung haben das System des staatlich gelenkten Sports eingeführt. Die Bundesregierung lehnt, wie sie stets versichert hat, dieses System ab. Sie hat jedoch wiederholt ihre Bereitschaft erklärt, ihre Sportförderung weiter zu intensivieren. Sie geht dabei davon aus, daß die Sportorganisationen die entsprechenden organisatorischen und personellen Voraussetzungen schaffen, damit die bereitgestellten staatlichen Mittel zur vollen Wirksamkeit gelangen.
Die Bundesregierung denkt bei ihren Planungen insbesondere an den weiteren Ausbau der Trainings- und Leistungszentren, an eine Vermehrung systematischer Traininglehrgänge, an die weitere Anstellung von hauptamtlichen Bundestrainern, die sich insbesondere der Auswahl und der Förderung des talentierten Nachwuchses widmen sollen, an die Förderung sportwissenschaftlicher Forschungsvorhaben sowie an zentrale Maßnahmen im Bereich der angewandten Sportwissenschaft und Sportdokumentation.
Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, ich nehme an, daß Ihnen die Kritik auch aus Sportkreisen nach der Olympiade 1968 so bekannt ist wie mir, und ich frage: Welche Konzeption wird die Bundesregierung dahin gehend entwickeln, daß die bisherige Sportförderung offensichtlich verbessert und auch intensiviert wird und daß sie dann auch zwangsläufig wirksamer wird? Es scheint mir so zu sein, daß maßgebliche Kreise der Sportler über die bisherigen Förderungsmaßnahmen doch eine sehr geteilte Meinung haben.
Herr Kollege, ich kann diesen Ihren Eindruck nur bestätigen. Ich komme
gerade von einer Arbeitstagung mit aktiven Olympiateilnehmern und Verantwortlichen für den deutschen Sport. Es wird Aufgabe der Bundesregierung in Zusammenarbeit mit den Landesregierungen sein, sobald wie möglich in Kooperation mit dem deutschen Sport, seinen Verbandsverantwortlichen, den Trainern, Praktikern und Aktiven, eine Konzeption für die Modernisierung der Sportförderung in der Bundesrepublik zu erreichen.
Zweite Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, darf ich in Ergänzung noch fragen: Wird die Bundesregierung gemeinsam mit den Sportverbänden, die vielleicht sogar auch von sich aus einige Reformen durchführen sollten, daran gehen, im Hinblick auf die Olympiade 1972 in München bereits jetzt so etwas Ähnliches wie eine Olympiakernmannschaft langfristig vorzubereiten, so daß auch dabei eine entsprechende breite Auswahl für eine chancengleiche Mannschaft gegeben ist?
Genau das ist einer der Kernpunkte des Sportförderungsprogramms nach den Vorstellungen der Bundesregierung.
Frage 34 des Herrn Abgeordneten Dr. Wörner! Er ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet.
Die Fragen 35 und 36 des Herrn Abgeordneten Borm:
Werden oder wurden die Deutsche Wählergesellschaft e. V. und die Broschüre „Der Wähler" in irgendeiner Form aus öffentlichen Mitteln unterstützt?
Wie hoch sind diese Mittel?
Zur Beantwortung der Herr Parlamentarische Staatssekretär.
Herr Präsident, darf ich die Fragen im Zusammenhang beantworten?
Ja, ich habe beide Fragen aufgerufen.
Die Deutsche Wählergesellschaft e. V. ist nicht unmittelbar aus öffentlichen Mitteln unterstützt worden. Von den im Namen der Deutschen Wählergesellschaft e. V. von Professor Dolf Sternberger und Richard Freuden- berg 1967 und 1968 herausgegebenen 19 Folgen des Wählerbriefes wurden für die Öffentlichkeitsarbeit des Bundesinnenministeriums Teilauflagen von 8 Folgen übernommen. Die jeweils übernommene Zahl betrug 1500 bis 3000 Stück. In den Rechnungsjahren 1967 und 1968 wurde hierfür aus Mitteln der Öffentlichkeitsarbeit des Bundesinnenministeriums insgesamt ein Betrag von 12 749,50 DM für Verkauf und Versand aufgewandt. Das entspricht einem
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10708 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1968
Parlamentarischer Staatssekretär KöpplerSchnitt von etwa 1600 DM pro angekaufter und verteilter Folge.
Zusatzfrage!
Darf ich daraus, Herr Staatssekretär, daß Sie sagen, es sei nicht unmittelbar gefördert worden, schließen, daß eine mittelbare Förderung aus Bundesmitteln stattgefunden hat?
Es hat insofern eine mittelbare Förderung stattgefunden, als Teile der Publikationen — eben 8 von 19 Folgen — in einem Zeitraum von zwei Jahren in einer Teilauflage für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit des Bundesinnenministeriums übernommen worden sind. Daß das in der Tat auch eine Förderung darstellt, will ich nicht in Abrede stellen.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dorn.
Herr Staatssekretär, darf ich aus Ihrer Bemerkung schließen, daß vor 1967 hier keine Auflagen von der Bundesregierung übernommen worden sind?
Das ist mir im Augenblick nicht bekannt. Ich nahm an, es genüge, für zwei Jahre zurück zu untersuchen, um die Anfrage des Kollegen Borm zu beantworten. Ich könnte Ihnen nur zusagen, weitere Nachforschungen auch für frühere Jahrgänge in unserem Hause anstellen zu lassen.
Fragen 37 und 38 des Abgeordneten Porsch:
Sind im Haushaltsvoranschlag 1969 beim Bundesinnenminister Mittel für die Förderung von Sportstätten von 37 Millionen DM auf 23 Millionen DM gekürzt worden, weil die Länderregierungen Zuschüsse der Bundesregierung für den allgemeinen Sportstättenbau der Vereine und Gemeinden als einen Eingriff in ihre eigenen Zuständigkeiten angesehen haben?
Wird die Bundesregierung alles versuchen, um auch in Zukunft Bundeszuschüsse für den allgemeinen Sportstättenbau sicherzustellen?
Im Entwurf des Haushaltsplanes für 1969 sind für die Förderung des Sportstättenbaues ursprünglich nur noch 23 Millionen DM vorgesehen gewesen. Diese Kürzung war im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung wegen der erheblichen sonstigen Aufwendungen innerhalb des Gesamthaushalts erforderlich. Hinzu kam, daß es die Länder abgelehnt hatten, den Sportstättenbau in den Katalog der Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern aufzunehmen und daß damit dem Bund nach dem Stand der Finanzreform in Zukunft nur noch die Förderung der zentralen und überregionalen Einrichtungen des Leistungssports obliegen sollte.
Heute morgen hat der Haushaltsausschuß dieses Hohen Hauses die im Entwurf des Haushaltsplans vorgesehenen Mittel mit seinem Beschluß um insgesamt 14 Millionen DM erhöht. Die Bundesregierung nimmt diesen Beschluß des Haushaltsausschusses mit großer Dankbarkeit und Befriedigung zur Kenntnis. Wir sind uns darüber klar, daß wir mit diesen erhöhten Mitteln auch intensiver die Sportförderung, soweit sie dem Bunde obliegt, betreiben können. In welcher Weise sich der Bund in Zukunft an der Förderung des Goldenen Plans beteiligen wird, hängt entscheidend von dem Ergebnis der Finanzreform ab.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Porsch.
Herr Staatssekretär, sind Sie sich darüber im klaren, daß die Förderung des Breitensports entscheidend ist für die später vorgesehenen Trainingslager etwa mit dem Blick auf die Olympiade?
Durchaus, Herr Kollege.
Haben Sie nicht die Sorge, daß auf Grund der heutigen Entscheidung die Länder nun wieder sagen, der Bund sei nicht berechtigt, Mittel für den normalen Turnhallen- und Sportstättenbau zu geben?
Herr Kollege, ich habe Verständnis für die Auffassung der Länder, zu einer möglichst klaren Aufgabenteilung im Bereich der Sportförderung zu kommen. Das wird nicht abrupt geschehen können, wenn nicht die Sportförderung als solche in eine defizitäre Situation kommen soll. Auf die Dauer wird sich eine solche Aufgabenteilung zwischen Bund und Ländern nicht vermeiden lassen. Ich hoffe, daß diese Aufgabenteilung nicht zu Lasten der Sportpflege und der Sportförderung im ganzen erfolgen wird.
Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, weiß die Bundesregierung, daß — wie ich persönlich es schon erlebt habe — z. B. bei Einweihungen von Turnhallen und Sportstätten bei der Erläuterung der Finanzierungssituation die Vertreter der Länder häufig erklären, der Bund habe nichts dazu gegeben?
Der Bundesregierung ist im einzelnen nicht bekannt, daß solche Angaben gemacht worden sind.
Frage 39 des Abgeordneten Josten.Wird die Bundesregierung nach den Erfahrungen der Olympischen Spiele in Mexiko den Sport nach den Grundsätzen des Goldenen Planes wie bisher weiter fördern?
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1968 10709
Herr Kollege Josten, die Frage ist durch meine Ausführungen auf die Frage des Kollegen Porsch im wesentlichen bereits beantwortet. Die Erfahrungen der Olympischen Spiele zwingen nicht dazu, das bisherige Ergebnis der Verhandlungen mit den Ländern über die Finanzreform zu ändern. Die Neuregelung soll nämlich nicht zu einer Verringerung der Mittel für die Förderung des Sportstättenbaues im Rahmen des Goldenen Planes, sondern nur zu einer klaren Abgrenzung der Zuständigkeiten führen. Bund, Länder und Gemeinden werden jedoch im Rahmen ihrer Zuständigkeiten und finanziellen Möglichkeiten prüfen müssen, ob sie in Zukunft insgesamt noch mehr Mittel für den Sportstättenbau aufbringen können.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie angesichts der Antwort, die Sie vorhin dem Kollegen schon gegeben haben, nachdem in einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung der Sport nicht so zur Geltung kommt wie etwa in Ländern mit Staatssport, fragen, ob die Bundesregierung nach wie vor die gute Meinung vertritt, daß die Sportförderung eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Gemeinden werden soll.
Sie wissen, daß die Bundesregierung den Ländern diesen Vorschlag gemacht hat. Nachdem er dort keine Zustimmung gefunden hat, hält die Bundesregierung natürlich im Sinne eines Fortganges der Verhandlungen und der Verabschiedung der Finanzverfassungsreform diesen Vorschlag nicht mehr für politisch aktuell.
Herr Staatssekretär, darf ich noch fragen — nachdem ja gestern auch der Bundespräsident in der Beethovenhalle bei der Auszeichnung unserer Olympiasieger, bei der Sie zugegen waren, die Bedeutung des Sports unterstrichen hat —: Wird angesichts der gesundheitspolitischen Bedeutung des Sports für unser ganzes Volk neben dem Spitzensport zukünftig besonders auch der Breitensport die Unterstützung der Bundesregierung finden?
Soweit die Bundesregierung dazu heute und künftig verfassungsrechtlich die Möglichkeit hat, wird sie sich dieser Aufgabe auch weiter widmen.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ertl.
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht der Auffassung, daß bereits erhebliche Mängel im Schulsport vorliegen? Ich frage Sie daher: Sind Sie der Meinung, daß die Länder hier bisher ihre Aufgabe so erfüllt haben, wie man es eigentlich hätte von ihnen erwarten müssen?
Die Mängel im Schulsport als einer der wesentlichen Grundlagen für den deutschen Sport überhaupt, insbesondere auch den deutschen Leistungssport, sind allgemein erkannt, und ich stehe nicht an — nachdem auch der Bundeskanzler zu dieser Frage wiederholt öffentlich Stellung genommen hat — zu erklären, daß die bisherige Einordnung des Sports in unserem Schulwesen nicht zur Zufriedenheit der Bundesregierung verläuft.
Herr Staatssekretär, darf ich daher die Bitte — und gleichzeitig Frage — an Sie richten, daß man sich im Hinblick auf die doch von allen gewünschte bessere und auch wirksamere Förderung des Sports auch seitens des Bundes nicht nur formalrechtlich mit dem Hinweis auf die Bund-Länder-Kompetenz abfindet, sondern notfalls eben versucht, die koordinierende Funktion wahrzunehmen? Ich möchte eine Frage hinzusetzen. Ich könnte mir vorstellen, daß es im Hinblick auf die Leistungsförderung und auch auf die Anerkennung von Leistungen vielleicht ganz nützlich gewesen wäre, wenn man die gesamte Olympiamannschaft nach Bonn eingeladen hätte. Das steht nicht in ursächlichem Zusammenhang, aber es kommt mir gerade deshalb in den Sinn, weil der Kollege Josten auf die Siegerehrung von gestern hingewiesen hat.
Herr Kollege Ertl, das war beinahe eine ausgewachsene Diskussionsrede.
Kurze Frage, kurze Antwort!
Herr Kollege Ertl, die Bundesregierung wird ihre allerdings bescheidenen Möglichkeiten durchaus in dem von Ihnen gewünschten Sinne nutzen.
Fragen 40 bis 42 des Herrn Abgeordneten Dr. Miessner:Wie glaubt die Bundesregierung die öffentlichen Erklärungen ihrer Kabinettsmitglieder Benda und Dr. Dollinger, daß sogenannter Dienst nach Vorschrift für Beamte eine Pflichtverletzung darstelle und disziplinarisch geahndet werde, mit den Auffassungen des Bundesverkehrsministers Leber, der am 13. November 1968 im Deutschen Bundestag zu diesem Fragenkomplex erklärte, „Ich kann im übrigen nicht einen einzigen Punkt im Verhalten der Flugsicherungsbeamten finden, bei dem ich ihnen nachweisen könnte, daß sie gegen geltendes Recht verstoßen und damit ein Eingreifen der Bundesregierung möglich machen. Hier wird einmal nach Vorschrift gearbeitet, und schon taucht die Frage auf, ob das nicht vom Staat völlig zu unterbinden ist. Wer das völlig unterbinden will, muß ein Wesensmerkmal der Demokratie ändern. Wir müssen uns daran gewöhnen, daß wir auch mit so unbequemen Dingen eine Zeitlang leben müssen.", in Einklang bringen zu können?Muß man nicht insbesondere aus den folgenden Erklärungen des Bundesverkehrsministers Leber auf die Zusatzfrage des Abgeordneten Picard muß ich Ihnen darauf antworten, daß die Durchführung von Gesetzen und Regeln, die einem Beamten auferlegt sind, zuerst das Kennzeichen seiner Tätigkeit ist. Das tun die Leute gerade. Aber die schöpfen die Freiheiten und die Toleranzen, die ihnen das auferlegte Recht einräumt, nicht voll aus." entnehmen, daß er den angekündigten „Dienst nach Vorschrift" der Flugsicherungsbeamten, der zu Verspätungen und finanziellen Schäden geführt hat, für eine legale Kampfmaßnahme von Beamten hält?Soll gegenüber dem Postbeamten hart durchgegriffen werden, während im gleichen Zuge die Wünsche der Flugsicherungsbeamten auf deren Druck' hin erfüllt werden?
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10710 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1968
Mit dem hier angeschnittenen Komplex, Herr Kollege Miessner, hat sich inzwischen die Bundesregierung in ihrer Sitzung am 21. November eingehend befaßt. Das Kabinett hat in einer von ihm verabschiedeten Erklärung u. a. folgendes ausgeführt:
Die Bundesregierung ist sich der Pflicht bewußt, für eine angemessene Besoldung der Beamten und deren Teilnahme an der allgemeinen Einkommensentwicklung zu sorgen. Andererseits muß sie aber gerade auch von den Beamten Sachlichkeit und Verständnis für die Notwendigkeit erwarten, im Interesse der Allgemeinheit die Haushaltsstabilität zu sichern und die mittelfristige Finanzplanung einzuhalten. Sie muß von den Beamten auch erwarten, daß die Geltendmachung legitimer Interessen und Wünsche nicht in einer die Belange der Allgemeinheit und die Dienstpflichten verletzenden Art und Weise geschieht. Eine willkürliche und mißbräuchliche Auslegung von Dienstvorschriften kann die Bundesregierung nicht als rechtmäßig anerkennen. Dienstvorschriften sind nicht nach dem Buchstaben, sondern nach ihrem Sinn und Zweck zu befolgen. „Dienst nach Vorschrift" ist jedoch nichts anderes als eine bewußt mißbräuchliche und sinnwidrige Anwendung von Dienstvorschriften. Das ist mit den beamtenrechtlichen Pflichten nicht zu vereinbaren und erfüllt somit den Tatbestand eines dienststrafrechtlichen Verhaltens.
Soweit der Wortlaut dieses Teils der Kabinettserklärung. Diese Auffassung ist die Meinung der Bundesregierung. Damit dürften alle im Zusammenhang mit Äußerungen einzelner Regierungsmitglieder möglicherweise entstandenen Mißverständnisse ausgeräumt sein.
Dazu eine Zusatzfrage.
Sind Sie nicht der Meinung, daß die zu dieser Erklärung der Bundesregierung divergierende Erklärung des Bundesverkehrsministers, insbesondere hier in der Fragestunde am 13. November, doch erhebliche Verwirrungen bei diesem Fragenkomplex nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch unter den Beamten gestiftet hat?
Herr Kollege, ich habe — —
Einen Augenblick. Herr Kollege Miessner, ich verstehe Ihre Frage, aber eigentlich kann ich sie gar nicht zulassen; denn „erhebliche Verwirrung gestiftet" ist natürlich genau das, was nach Punkt 14 der Richtlinie für die Fragestunde als Wertung verstanden werden muß, und die ist nicht zulässig,
jedenfalls nicht im Rahmen der. Fragestunde. Es tut mir leid. Können Sie es anders formulieren?
Ja, indem ich im Schlußteil meiner Frage sage:... mit dieser Erklärung der Bundesregierung im Widerspruch steht.
Das lasse ich passieren.
Herr Kollege Miessner, ich habe den Eindruck, daß die Auslegung, die Sie den hier im Bundestag abgegebenen Erklärungen des Herrn Bundesministers für Verkehr geben, auf einem Mißverständnis Ihrerseits beruht. Mir liegt eine Erklärung des Bundesministers für Verkehr zu diesem Fragenkomplex vor, aus der ich nur einen Satz wiedergeben will, weil daraus die volle Übereinstimmung des Bundesministers für Verkehr mit der soeben zitierten Regierungserklärung hervorgeht. Es heißt dort:
In einem absichtlichen Verzögern des Flugverkehrs müßte die Bundesregierung einen Verstoß gegen die Grundpflichten eines Beamten sehen.
Das stammt aus einer Erklärung vom 15. November dieses Jahres.
Die nächste Frage.
Die Bundesregierung beabsichtigt keinesfalls, mit zweierlei Maß zu messen. Sie wird berechtigten Anliegen, in welchen Bereichen auch immer, im Rahmen des Möglichen Rechnung zu tragen suchen, auch ohne sich unter Druck setzen zu lassen. Dabei können die Belange der einzelnen Gruppen naturgemäß nicht isoliert gesehen werden. Die Bundesregierung hat im Rahmen ihrer Verantwortung für das Ganze bei ihren Überlegungen insbesondere auf eine möglichst gleichmäßige Behandlung rechtlich und tatsächlich vergleichbarer Tatbestände und im Gesamtinteresse nicht zuletzt auch auf die Möglichkeiten des Haushalts Rücksicht zu nehmen.
Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, trifft die heutige Meldung in der gesamten Presse zu, daß vom Bundesverkehrsminister feste Zusagen für Gehaltsverbesserungen durch Stellenhebungen und Sonderzulagen bei den Flugsicherungsbeamten gemacht worden sind?
Herr Abgeordneter, mir sind diese Pressemeldungen im einzelnen nicht bekannt. Ich weiß nur — und das kann ich Ihnen hier erklären —, daß der Bundesminister des Innern den Auftrag der Bundesregierung erhalten hat — ohne
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1968 10711
Parlamentarischer Staatssekretär Köpplerjede Auflage in eine bestimmte Richtung —, eine Regelung vorzubereiten. Diese Regelung wird sich nach der Vorstellung des Bundesministeriums des Innern in der Tat auf eine Verbesserung der Beförderungen und des Zulagenwesens hin entwikkeln.
Zusatzfrage!
Können Sie mir darin zustimmen, daß bei solchen Verbesserungen neben dem Innenminister auch der Bundesfinanzminister mitbeteiligt sein muß und daß die Stellenhebungen dann schließlich vom Parlament beschlossen werden müssen?
So sieht es sowohl die Geschäftsordnung der Bundesregierung als auch die Verfassung der Bundesrepublik vor.
Es folgt die Frage 43 des Abgeordneten Kohlberger:
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß der Beamte, der seine ihm auferlegten Pflichten nach Vorschrift verrichtet, gegen seine Dienstpflicht und gegen bestehende Gesetze verstößt?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Ein Beamter, der wirklich vorschriftsmäßig arbeitet, begeht natürlich keine Pflichtverletzung. Ein sogenannter Dienst nach Vorschrift, wie er Ihrer Frage zugrunde liegt, stellt aber in der Regel gerade kein vorschriftsmäßiges Verhalten, sondern dessen Gegenteil dar. Die ordnungsgemäße Erfüllung der Dienstpflichten ist immer von dem Ziel beherrscht, der Allgemeinheit zu dienen, nicht aber, ihr zu schaden. Eine Dienstausübung, bei der die Dienstvorschriften entgegen ihrem Sinn und Zweck dazu mißbraucht werden, den ordnungsmäßigen Betriebsablauf zu stören, ist in Wahrheit ein Dienst gegen die Vorschriften. Dienstvorschriften sind nicht nach dem Buchstaben, sondern nach ihrem Sinn und Zweck zu befolgen. Es ist mit den Pflichten eines Beamten insbesondere nicht vereinbar, wenn er sich bei seiner Amtsführung von sachfremden Erwägungen leiten läßt, wenn er also z. B. eine ordnungsmäßige Dienstleistung von der Erfüllung eigener Wünsche durch den Dienstherrn abhängig macht oder Dienstvorschriften nur der Form nach genau, der Sache nach aber sinn- und zweckwidrig befolgt.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kohlberger.
Herr Staatssekretär, sind Ihnen nicht auch schon Fälle bekanntgeworden, daß Beamten, die mehr arbeiteten als „Dienst nach Vorschrift", dann Disziplinarverfahren angehängt worden sind?
Solche Fälle sind mir im
Augenblick nicht gegenwärtig, Herr Kollege. Mir ist wohl bekannt, daß es viele Beamte gibt, die über ihre Dienstobliegenheiten hinaus ihren Dienst für die Allgemeinheit erfüllen und das, was man im allgemeinen Tarifrecht Überstunden nennt, in großer Zahl leisten. Das ist mir in der Tat bekannt — aber nicht, daß deswegen Disziplinarverfahren eingeleitet worden wären.
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kohlberger.
Ich wollte zur Erläuterung hinzufügen, Herr Staatssekretär, daß sich meine Frage darauf bezog, daß Beamten, weil sie mehr gearbeitet haben, Fehler unterlaufen sind und daß sie dann Disziplinarverfahren angehängt bekommen haben, weil sie mehr geleistet haben als „Dienst nach Vorschrift".
Ich halte es, obwohl mir konkrete Fälle im Augenblick nicht bekannt sind, durchaus für möglich, daß so etwas eingetreten ist. Dann ist aber das Disziplinarverfahren wohl nicht wegen der Mehrleistung, sondern wegen der im Rahmen der Mehrleistung unterlaufenen Fehler eingeleitet worden.
Zu einer Zusatzfrage Frau Abgeordnete Enseling.
Herr Staatssekretär, habe ich Sie richtig verstanden, daß ein Beamter nicht mehr vorschriftsmäßig handelt, wenn er unter dem Stichwort „nach Vorschrift arbeiten" beispielsweise an einem Postschalter im Hamburger Flughafen, an dem eine alte Dame ihm einen Brief ohne Postleitzahl gibt — der Brief ging vom Flughafen Hamburg nach Hamburg — die Dame auffordert, die Postleitzahl auf den Brief zu schreiben, und wenn er, als die alte Dame ihm sagt, sie wisse die Postleitzahl nicht, aufsteht, in ein Spind greift und das Verzeichnis der Postleitzahlen herausholt, um nachzusehen, welche Postleitzahl Hamburg hat, oder wenn ein Schalterbeamter aufsteht und ein Päckchen mit ganz klar als nach der Postordnung zulässig erkennbaren Maßen nachmißt? Ich habe Sie doch richtig so verstanden, daß er dann nicht mehr vorschriftsmäßig handelt.
In der Tat, Frau Kollegin, ich halte diese Beispiele, wenn sie passiert sein sollten, für illustrativ im Sinne dessen, was ich in allgemeiner Form hier zum Ausdruck gebracht habe.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Folger.
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10712 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1968
Herr Staatssekretär, ist die Diskrepanz zwischen Dienstvorschriften einerseits und Praxis andererseits, die es entgegen Ihrer Meinung tatsächlich ja auch gibt, ohne daß es sich dabei um ein Arbeiten gegen Dienstvorschriften handelt, nicht doch eine gewollte Verlagerung der Verantwortung nach unten? Das heißt mit anderen Worten: Werden die Dienstvorschriften vielleicht absichtlich vom Minister und seinen leitenden Beamten so extrem streng formuliert, weil sie wissen, daß sich die Beamten in der Praxis selber helfen, weil man aber, wenn dann Pannen passieren, den Beamten zur Verantwortung ziehen kann, ohne daß man selber den Kopf in der Schlinge hat?
Herr Kollege, ich bin nicht der Auffassung, daß dieses Motiv für die Abfassung und den Erlaß von Dienstvorschriften maßgeblich ist. Ich will Ihnen gern zugeben, daß es in den weitverzweigten Bereichen der Bundesverwaltung und der öffentlichen Verwaltung überhaupt manche Dienstvorschriften geben mag, die der Entwicklung in dem betreffenden Dienstzweig nicht mehr entsprechen und die von Zeit zu Zeit auf ihre Effektivität hin überprüft werden sollten.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Flämig.
Herr Staatssekretär, liegt es im freien Ermessen jedes einzelnen Beamten, zu entscheiden, worin der Unterschied zwischen dem Buchstaben und dem Sinn einer Vorschrift besteht?
Nicht im freien Ermessen, Herr Kollege, sondern im pflichtgemäßen Ermessen.
Herr Staatssekretär, halten Sie es für möglich, die Vorschriften so zu fassen, daß Buchstabe und Sinn einer Vorschrift übereinstimmen?
Das wird immer die Absicht derjenigen, die für die Abfassung von Vorschriften zuständig sind, sein müssen. Aber Sie werden mir selber zugeben, daß eine solche Absicht in dieser Welt nicht voll zu verwirklichen ist.
Herr Kollege Flämig, ich kann die Bemerkung nicht unterdrücken, daß dieses Problem seit 3000 Jahren die Ethik beschäftigt und noch nicht gelöst worden ist. Im Zweifel plädiere ich aber für die Freiheit des Geistes.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Miessner.
Läuft eigentlich zur Zeit noch der sogenannte Dienst nach Vorschrift im Flugsicherungsdienst, oder ist er seit heute morgen eingestellt?
Nach meinen Informationen läuft der Dienst im Flugsicherungsdienst normal. Aber der Herr Staatssekretär beim Bundesverkehrsminister ist anwesend. Vielleicht kann er die Frage übernehmen.
Ich frage, ob der Herr Staatssekretär beim Bundesverkehrsminister die Frage übernehmen will. Er muß es nicht. — Sie wollen. Bitte sehr!
Herr Kolllege, auf Grund unserer Erfahrungen in den letzten Tagen möchte ich hier heute keine abschließende Äußerung von mir geben, weil ich damit rechnen muß, daß das bestimmte in Aussicht genommene Gespräche präjudiziert.
Ich rufe die Frage 44 des Herrn Kollegen Kohlberger auf:
Was hat den Regierungssprecher Ahlers veranlaßt zu erklären, daß Dienst nach Vorschrift eine Pflichtverletzung darstellt und einem Bummelstreik gleichkommt?
Herr Kollege, die Erklärung von Herrn Ahlers gibt die soeben von mir dargestellte Sach- und Rechtslage zutreffend wieder.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist es Aufgabe des Regierungssprechers, solche Qualifizierungen der betroffenen Beamten im Namen der Bundesregierung auszusprechen und dadurch die Beamtenschaft in ihrer Haltung zum Staat zu irritieren?
Die Aufgabe des Regierungssprechers ist es, die Auffassung der Regierung zu bestimmten Tatbeständen und politischen Sachverhalten der Öffentlichkeit mitzuteilen. Das hat der Regierungssprecher auch in diesem Falle getan.
Ich rufe die Frage 87 des Herrn Abgeordneten Peiter auf:
Welcher Betrag fließt dem Organisationskomitee für die XX. Olympischen Spiele in München 1972 bei dem Verkauf der offiziellen Olympia-Gedenkmedaillen in den verschiedenen Ausführungen zu?
Das Organisationskomitee der XX. Olympischen Spiele in München 1972 rechnet damit, daß ihm aus dem Verkauf der Olympia-Gedenkmedaillen insgesamt etwa 4,5 Millionen DM zufließen werden. Die Herstellung und den Vertrieb der Medaillen hat ein Bankenkonsortium übernommen, das im Interesse der Sache auf jeden eigenen Gewinn verzichtet.
Zusatzfrage.
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1968 10713
Herr Staatssekretär, können Sie jetzt schon Angaben darüber machen, wie sich der Verkauf der Medaillen bisher angelassen hat?
Sie wissen vielleicht, Herr Kollege, daß Erfahrungen deshalb noch nicht vorliegen können, weil in Absprache mit dem Internationalen Olympischen Komitee und dem Organisationskomitee der mexikanischen Spiele die Werbung für diese Medaillen erst nach Ablauf der mexikanischen Spiele einsetzen sollte; infolgedessen erst jetzt beginnt.
Zweite Zusatzfrage.
Peiter Herr Staatssekretär, besteht die Möglichkeit, die Banken aufzufordern, einem Kunden, der eine Medaille erwerben will, nicht davon abzuraten und ihn auf eine Medaille oder Münze hinzuweisen, bei der die Sparkassen etwas verdienen?
Herr Kollege, ich bin überzeugt davon, daß das Bankenkonsortium, das sich hier in uneigennütziger Weise zur Verfügung gestellt hat, seinerseits alles tun wird, um den erhofften und erwarteten Erfolg dieser Aktion sicherzustellen.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr. Frage 45 des Herrn Abgeordneten Dr. Imle.
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die Verkehrsbehinderungen bei dem Eisenbahnkreuzungsverkehr in Wunstorf, die teilweise Wartezeiten bis zu einer Viertelstunde und mehr verursachen, zu beseitigen?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.
Herr Kollege, dem Bundesverkehrsministerium sind die Verkehrsbehinderungen am Bahnübergang der Bundesbahnstrecke Hannover—Bremen im Zuge der Bundesstraße 441 in Wunstorf seit Anfang 1967 bekannt. Da die Umgestaltung dieses Bahnüberganges in eine höhenungleiche Kreuzung im Zusammenhang mit der im Raume Wunstorf anstehenden Planung für .die Bundesstraßen 441 und 442 steht, ist die niedersächsische Straßenbauverwaltung im Juni 1967 um Vorschläge gebeten worden. Die Untersuchungen über die technisch schwierige und finanziell aufwendige Änderung des Bahnüberganges werden vorrangig betrieben und stehen kurz vor dem Abschluß. Das Untersuchungsergebnis wird noch in diesem Jahr beim Bundesverkehrsministerium erwartet.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie mir vielleicht schon sagen, auf welche Höhe sich das ganze Bauvolumen in D-Mark belaufen wird?
Nein, das kann ich Ihnen noch nicht sagen. Sie wissen, daß diese Frage unter Umständen auch Haushaltstitel anderer Gebietskörperschaften betreffen würde.
Frage 46 des Herrn Abgeordneten Geldner:
Welche Dringlichkeitsstufe hat in den Überlegungen der Bundesregierung der Plan einer Nord-Süd-Autobahn zwischen Nürnberg und Augsburg?
Zur Beantwortung!
Herr Kollege, für die Ergänzung des bestehenden Netzes der Bundesautobahnen durch eine zusätzliche Verbindung zwischen Nürnberg und Augsburg bestehen bisher nur generelle Überlegungen. Entsprechende Planungen sind noch nicht ausgearbeitet worden. Aus diesem Grunde können über die Dringlichkeit einer solchen Autobahn gegenwärtig noch keine Angaben gemacht werden.
Herr Staatssekretär, können Sie mir schon in etwa sagen, wann Sie in die Planung dieser Strecke eintreten wollen?
Wir haben die Absicht, diese Frage im Rahmen des zweiten Ausbauplans anzugehen, der, wie Sie wissen, für die Jahre 1971 bis 1985 in Aussicht genommen ist. Es laufen zur Zeit auch Untersuchungen im Rahmen des Gesamtverkehrsplans für den Freistaat Bayern, um die Notwendigkeit einer solchen Autobahnverbindung nachzuweisen.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, würde das bedeuten, daß in den nächsten zehn Jahren mit einem Ausbau dieser Strecke nicht zu rechnen ist?
Das will ich nicht sagen, Herr Kollege. Wir werden bei den Prioritäten strenge wirtschaftliche und raumordnungspolitische Maßstäbe anlegen müssen. Sie wissen, daß der Fernstraßenbau eine ungeheuer teure Investition ist. Ehe diese wissenschaftlichen Analysen nicht abgeschlossen sind, möchte ich mich hier jeder Äußerung über die Rangfolge enthalten.
Sie wollen noch eine Zusatzfrage stellen? — Bitte sehr!
Herr Staatssekretär, wird mit der eventuellen Errichtung der Trasse von Nürnberg
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10714 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1968
Strohmayrnach Augsburg die Autobahnspange von Ingolstadt nach Augsburg aufn in keiner Weise gefährdet werden?
Das glaube ich nicht. Aber auch die Entscheidung dieser Frage hängt mit. den Untersuchungen zusammen, die ich eben generell erwähnt habe.
Herr Staatssekretär, glauben Sie, daß das Bundesverkehrsministerium überhaupt an echte und ernste Überlegungen hinsichtlich der Errichtung einer Autobahntrasse Nürnberg--Augsburg herangehen wird?
Herr Kollege, das ist, wie ich eben angedeutet habe, keine Frage des Glaubens, sondern eine Frage der Untersuchung der Verkehrsbeziehungen zwischen den beiden Räumen und des zu erwartenden Verkehrsbedarfs in den Jahren bis 1985. Wo Planungen bisher festliegen und bestimmte Vorarbeiten gelaufen sind, müssen sie, wenn man Alternativen oder Parallelplanungen vorantreibt, natürlich mit berücksichtigt werden; denn wir haben, worin Sie sicher mit mir übereinstimmen werden, nicht das Geld, um auf engem Raum zwei in der Verkehrsbeziehung etwa gleiche Autobahnen zu bauen.
Frage 47 des Herrn Abgeordneten Dr. Kreutzmann:
Da die Subventionierung des Flugverkehrs Berlin—Hannover dazu geführt hat, daß ein wesentlicher Teil der bisher mit dem Bus durch die DDR reisenden Westberliner zum Flugzeug übergegangen ist, frage ich die Bundesregierung, was sie zu tun gedenkt, um die Konkurrenzfähigkeit des betroffenen Omnibusgewerbes sicherzustellen.
Der Rückgang der Fahrgastzahlen im Omnibuslinienverkehr ist in erster Linie eine Folge der Maßnahmen der Machthaber in Ostberlin vom 11. Juni 1968. Der Bundesminister für Verkehr und der Senator für Wirtschaft in Berlin untersuchen zur Zeit, ob und welche gezielten Maßnahmen zugunsten der Unternehmen im Omnibuslinienverkehr erforderlich sind. Diese Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß der Omnibusverkehr von und nach Berlin durch die Lizenzgebühr an die DDR, die Straßenbenutzungsgebühr und die Ausgleichsabgabe an die Bundesbahn Sonderbelastungen von bis zu 40'°/o des Fahrpreises tragen muß und dadurch erheblichen Wettbewerbsschwierigkeiten unterworfen ist?
Diese Angaben, Herr Kollege, haben in unserem Gespräch mit dem Senat von Berlin eine Rolle gespielt.
Frage 48 des Herrn Abgeordneten Rollmann:
Ist es richtig, daß trotz anderer Rechtspflichten ein Großteil der Taxis mit stillschweigender Duldung der Polizei bereits wieder ohne Trennscheibe in Betrieb ist?
Herr Kollege, ich beantworte Ihre Frage mit Nein. Es gibt nur wenige Fälle, in denen auf Grund von Richtlinien dem Besitzer einer Kraftdroschke eine befristete Ausnahme bewilligt worden ist. Soweit mir eine größere Anzahl von Fällen bekannt wird, in denen gegen die bestehenden Rechtsvorschriften verstoßen worden ist, werde ich den Vorgängen im Rahmen meiner Möglichkeiten nachgehen.
Zusatzfrage!
Ist die Bundesregierung bereit, in diesem Zusammenhang insbesondere die Situation in der Stadt München zu überprüfen?
Ja. Das ist schon eingeleitet. Wir haben ein Schreiben an die Bayerische Staatsregierung gesandt und haben da einen bestimmten Vorfall, den Sie sicher im Auge haben, zitiert. Die Antwort auf dieses Schreiben steht noch aus.
Trifft es auch zu, Herr Staatssekretär, daß die Verwaltung des Deutschen Bundestages bei der letzten Sitzungswoche in Berlin dort ausdrücklich Mietwagen für die Abgeordneten ohne Trennscheibe angefordert hat?
Das kann ich nicht beantworten, Herr Kollege.
Eine Sekunde! Dafür ist die Regierung wirklich nicht zuständig. Diese Frage ist an den Chef der Bundestagsverwaltung, also hier an d e n Mann, zu richten. Im übrigen aber antworte ich darauf gern: Mir ist nicht bekannt, daß wir ausgerechnet Taxis ohne Trennwand angefordert hätten. Wir sind schon froh, wenn wir überhaupt genügend Wagen bekommen. Im übrigen kann ich nur wünschen, daß alle Wagen so ausgestattet werden, wie es die Polizei und die Vorschrift will.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schmidt .
Herr Staatssekretär, darf ich annehmen, daß sich die Einführung der Trennscheibe zum Schutz der Taxifahrer bis zum heutigen Tage bewährt hat?
Herr Kollege, ich kann das bejahen. Sie kennen ja die Vorgeschichte dieser Trennwandverordnung. Wir haben den Eindruck,
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1968 10715
Parlamentarischer Staatssekretär Börnerdaß in der kurzen Zeit seit der Einführung das Motiv, welches die Kriminalpolizei festgestellt hat, auf Grund des Vorhandenseins der Trennscheibe bei Überfällen nicht mehr in dem Maße in Frage kommt, wie das früher der Fall war.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg.
Herr Staatssekretär, besteht nicht die Gefahr, daß hier frühere Gefahren, die womöglich ausgeschlossen werden, durch neue Gefahren, nämlich durch Unfallgefahren, mehr als ersetzt werden?
Herr Kollege, ich weiß, daß insbesondere die betroffenen Verbände des Personenverkehrsgewerbes in einigen Städten der Bundesrepublik gegen diese Verordnung, die vom Vorgänger des jetzigen Verkehrsministers konzipiert wurde, sehr Sturm laufen. Aber das entbindet uns nicht von der Pflicht, dafür zu sorgen, daß Taxifahrer gegen Affekttäter bei Überfällen möglichst geschützt sind. Es gibt nach den heutigen Feststellungen auch der Kriminalpolizei keinen besseren Schutz gegen solche Überfälle als die Trennscheibe.
Zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Schulze-Vorberg.
Herr Staatssekretär, wird es das Bestreben der Bundesregierung bleiben, zu dem notwendigen Schutz der Taxifahrer doch einen ebenso notwendigen Schutz für die Passagiere vorzusehen und womöglich die Verordnung so zu variieren, daß die Unfallträchtigkeit, die zweifellos mit den Trennscheiben gegeben ist, zumindest gemindert wird?
Herr Kollege, das kann ich bejahen. Wir haben ja auf die Notwendigkeit des Anschnallgurts nicht nur bei Taxis, sondern generell im Straßenverkehr immer wieder hingewiesen. Nur, das Problem, das Sie ansprechen, hängt eng damit zusammen, daß nicht alle Fahrzeuge, die heute als Taxis eingesetzt sind, ein Höchstmaß an Bequemlichkeit bieten und daß sie durch den Einbau von Trennscheiben natürlich nicht größer geworden sind. Ich könnte mir vorstellen, daß es sehr sinnvoll wäre, in unseren Großstädten auf die Dauer ähnliche Taxis zu haben, wie sie in England üblich sind, nämlich mit engem Wendekreis und größerem Fahrgastraum. Das ist auch eine Frage der Automobilentwicklung und vieler anderer Gesichtspunkte mehr, die ich hier nur andeuten, aber nicht ausführlich darstellen kann.
Zusatzfrage, Baron von Gemmingen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, besteht bei der Bundesregierung irgendwelche Vorstellung darüber, wie die Taxifahrer selber über die Trennscheibe denken?
Natürlich; aus der Summe der Proteste haben wir ein sehr klares Bild. Nur ist es nicht die Aufgabe der Bundesregierung, irgendwelchen Interessenten nachzugehen, sondern es ist ihre Aufgabe, ein Höchstmaß an Übereinstimmung mit dem Allgemeinwohl zu erzielen.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Strohmayr.
Herr Staatssekretär, nehmen Sie es mir ab, wenn ich Ihnen sage, daß ich — einer der Spiritus rectores dieser Trennscheibe — heute über diese Trennscheibe nicht mehr ganz glücklich bin, seitdem mein Kopf mit ihr einige Male Bekanntschaft gemacht hat?
Sie müssen — einen Augenblick, Herr Staatssekretär — auf diese Frage, die ein ausgewachsenes, komplettes Statement ist, natürlich nicht antworten; aber immerhin: sie enthält ein Fragezeichen.
-Herr Kollege, ich könnte mir vorstellen, daß dieser von Ihnen geschilderte Vorfall nicht nur mit dem Vorhandensein der Trennscheibe, sondern auch etwas mit der Fahrtechnik des betreffenden Fahrers zu tun hat.
Frage des Herrn Abgeordneten Orgaß.
Herr Staatssekretär, glauben Sie, daß durch die Novellierung der Trennwandverordnung eine größere Sicherheit erreicht wird, indem nämlich jetzt während der Helligkeit die Trennscheiben heruntergekurbelt werden können?
Diese Möglichkeit ist ja bereits eingeräumt.
Glauben Sie, daß dadurch das Sicherheitsrisiko in bezug auf Taxiüberfälle größer ist?
Nein, die meisten Überfälle sind ja während der Nacht passiert. Ich habe vorhin angedeutet, daß es sich in der Regel um Affekttäter handelt. Die Trennscheibe ist ein Schutz gegen Fahrgäste, die diese Überfälle meistens bei Nacht versucht haben. Das war ja die historische Entwicklung der Geschichte.
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10716 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1968
— Nein, Sie haben zwei Zusatzfragen. Ich muß jetzt weiterkommen. Wir sind in dieser Woche mit unseren Fragen ohnehin nicht in einer befriedigenden Lage.
Ich rufe die Frage 49 des Abgeordneten Reichmann auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Einführung des RKT-Entfernungswerks durch die Tarifkommission des Güterfernverkehrs seit Jahren verzögert wird?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Herr Kollege, es ist bekannt, daß die Tarifkommission des Güterfernverkehrs mit der Erstellung eines neuen RKT-Entfernungswerks befaßt ist. Hingegen ist nicht bekannt, daß die Einführung des RKT-Entfernungswerks durch die Tarifkommission des Güterfernverkehrs seit Jahren verzögert wird.
Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, ist dem Bundesverkehrsministerium nicht bekannt, daß seit dem Jahre 1965 dieses Entfernungswerk festgestellt ist, aber nicht eingeführt wurde?
Herr Kollege, ich glaube nicht, daß in Ihrer Frage der Sachverhalt völlig genau getroffen ist. Ich bin gern bereit, Ihnen aus meinen Unterlagen nachher noch einige ergänzende Mitteilungen zu machen, die zeigen, daß es eine sehr komplizierte Arbeit ist und daß sich die Betroffenen alle Mühe gegeben haben, im Rahmen der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten diese Dinge zu erstellen.
Zweite Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, wird das Bundesverkehrsministerium bei der Tarifkommission veranlassen, daß das Entfernungswerk schnellstmöglich zur Einführung kommt im Hinblick auf die Benachteiligungen und Schwierigkeiten, die bei den Betroffenen bestehen?
Ich wollte das. in der Antwort auf Ihre nächste Frage anklingen lassen. Ich darf aber darauf hinweisen, daß wir hier nur bitten und nichts veranlassen können; denn es ist eine Frage, die sich aus der Selbstverwaltung des betreffenden Gewerbezweiges ergibt.
Ich rufe die Frage 50 des Abgeordneten Reichmann auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß durch die Verzögerung in vielen Härtefällen erhebliche Verluste und Wettbewerbsverzerrungen verursacht werden?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Herr Kollege, nachdem ich Ihre vorhergehende Frage verneinen mußte, stellte sich diese Frage eigentlich nicht mehr. Es ist aber bekannt, daß die Tarifkommission auf Antrag ihres Verladerausschusses in einer Reihe von Einzelfällen Härten durch Sonderregelungen beseitigt hat und daß der Verladerausschuß zugunsten einer beschleunigten Einführung des Entfernungswerks darauf verzichtet hat, weitere Sonderregelungen als Übergangslösungen für bestehende Härtefälle zu beantragen.
Ich rufe dann die Frage 51 des Herrn Abgeordneten Reichmann auf:
Bis zu welchem Zeitpunkt kann konkret mit der Einführung des RKT-Entfernungswerks durch die Tarifkommission des Güterfernverkehrs gerechnet werden?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Mit der Einführung des RKT-Entfernungswerks ist nach dem jetzigen Stand der Arbeiten und bei planmäßigem Ablauf des gesetzlichen Tarifbildungs- und Genehmigungsverfahrens nicht vor dem 1. April 1969 zu rechnen.
Keine weiteren Zusatzfragen.Ich rufe die Fragen Nr. 52 und 53 des Abgeordneten Dr. Häfele auf:Ist der Bundesregierung bekannt, daß das wirtschaftlich bedeutsame Gebiet des Landkreises Villingen sehr darunter leidet, daß die Bundesstraße 33 im Kinzigtal mit den Ortsdurchfahrten Haslach und Hausach eine schlechte Verkehrsverbindung darstellt?Wann wird der in Frage 52 genannte Verkehrsengpaß beseitigt sein?Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Bundesministers Leber vom 27. November 1968 lautet:Zur Verbesserung der schwierigen Verkehrsverhältnisse im Kinzigtal ist vorgesehen, die Bundesstraße 33 zwischen Gengenbach und Hausach unter Einschluß der Ortsumgehung Hausach unabhängig von der bestehenden Linie völlig neu zu bauen. Die neue Bundesstraße 33 wird anbau- und kreuzungsfrei sein und sämtliche derzeit noch bestehende Ortsdurchfahrten zwischen Gengenbach und Hausach ausschalten.. Damit wird dem Verkehr im Kinzigtal im Endzustand eine allen Verkehrserfordernissen entsprechende, leistungsfähige Bundesstraße zur Verfügung stehen.Die zeitliche Verwirklichung dieses Vorhabens wird im wesentlichen von der Schaffung der planerischen und rechtlichen Voraussetzungen abhängen, nachdem aus jetziger Sicht damit zu rechnen ist, daß die erforderlichen Mittel seitens des Bundes bereitgestellt werden können. Die Straßenbauverwaltung des Landes Baden-Württemberg ist als zuständige Auftragsverwaltung des Bundes nach besten Kräften um eine schnelle Verwirklichung des Neubaus der Bundesstraße 33 im Kinzigtal bemüht.Als erste Teilmaßnahme im Anschluß an die fertiggestellte Verlegung Offenburg—.Gengenbach ist der Ausbau des Streckenabschnitts Gengenbach—Biberach vorgesehen, der planerisch abgeschlossen ist und .im nächsten Jahr anlaufen soll. Ferner wird der zeitlich unmittelbar anschließende Weiterbau der neuen Bundesstraße 33 bis Hausach angestrebt, wobei neben der baureifen Planung gegenwärtig auch schon weitere Bauvorbereitungen angelaufen sind. Ein Zeitpunkt für die Fertigstellung der Neubaustrecke bis einschließlich Ortsumgehung Hausach kann allerdings bei dem Umfang der Gesamtmaßnahme noch nicht angegeben werden.Im übrigen darf ich darauf hinweisen, daß durch den in den vergangenen Jahren durchgeführten Zwischenausbau der bestehenden Bundesstraße 33 bereits eine weitgehende Verbesserung der Verkehrsverhältnisse im Kinzigtal erzielt werden konnte. Als letzte größere Maßnahme ist in diesem Zusammenhang der Ausbau der Ortsdurchfahrt Hausach vorgesehen, dessen Verwirklichung durch den notwendigen Abbruch mehrerer Häuser
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1968 10717
Präsident D. Dr. Gerstenmaierjedoch einige Schwierigkeiten bereitet. Aus Verkehrssicherheitsgründen wird daher die Beseitigung des schlimmsten Engpasses in Kürze als kleinere Vorwegmaßnahme ausgeführt werden. Mit diesen Maßnahmen wird der notwendige und sehr umfangreiche Ausbau in der bestehenden Linie im wesentlichen abgeschlossen. Unter Einsatz erheblicher Mittel dürfte damit alles getan sein, um den Zeitraum bis zur Verwirklichung der angestrebten großen Lösung für den Verkehr erträglich zu überbrücken.Ich rufe die Frage Nr. 54 des Herrn Abgeordneten Schwabe auf:Was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, um der immer stärker werdenden Überfüllung der 1. Klasse-Abteile in den internationalen Zügen und Fernzügen entgegenzuwirken?Zur Beantwortung, Herr Staatssekretär.
Herr Kollege, ich möchte zunächst darauf aufmerksam machen, daß das Angebot an Sitzplätzen in der ersten Wagenklasse von der Deutschen Bundesbahn in eigener Zuständigkeit festgelegt wird. Dies geschieht auf Grund von Reisendenzählungen. Unvorhersehbare Überbesetzungen lassen sich leider nicht immer vermeiden, obwohl die Deutsche Bundesbahn im Rahmen ihrer Möglichkeiten kurzfristig zusätzliche Erste-Klasse-Wagen den Zügen beistellt. Die Deutsche Bundesbahn ist durchaus bestrebt, das Platzangebot in der ersten Wagenklasse zu vergrößern, soweit es die vorhandene Wagenkapazität zuläßt.
In diesem Zusammenhang möchte ich besonders darauf hinweisen, daß die Bundesbahn z. B. seit Anfang November dieses Jahres das Platzangebot der ersten Wagenklasse in zwei Relationen des sogenannten Intercity-Verkehrs durch den Einsatz von lokbespannten Wagenzügen an Stelle der bisherigen Triebwagen verbessert hat.
Zusatzfrage!
Würden, Herr Staatssekretär, die von Ihnen geschilderten und wohl anzuerkennenden Bemühungen der Bundesbahn vielleicht noch weitere Erfolge haben, wenn sich die Bundesbahn bemühte, die Erste-Klasse-Wagen in den Zügen regelmäßig so zu stellen, daß sie relativ leicht zu erreichen sind, und umgekehrt bei den Zugkombinationen, wo nur ein Erster-Klasse-Wagen an einem Ende des Zuges zu erreichen ist, eine Umstellung herbeizuführen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege, die Deutsche Bundesbahn muß und wird alle ihre Fahrgäste gleichmäßig behandeln. Deshalb kann sie nicht den Erste-Klasse-Wagen z. B. immer an den Kopf oder an den Schluß des Zuges plazieren.
Das ist eine Frage der inneren Technik des Bahnverkehrs. Das geht auch bei Anschlußverbindungen nicht immer.
Aber Sie können sicher sein, daß die Nachfrage — und so hatte ich Ihre Frage ursprünglich verstanden — nach mehr Erste-Klasse-Wagen von der Bundesbahn so gesehen wird, daß hier eine zusätzliche
Verdienstmöglichkeit liegt; denn es ist ja bekannt, daß dieser Fernreiseverkehr keine roten Zahlen bringt. Die Bundesbahn wird sich bemühen, ihr Angebot hier noch weiter zu verbessern. Sie hätte es schon getan, wenn nicht bestimmte Lieferschwierigkeiten mit schon bestellten Erste-Klasse-Wagen eingetreten wären.
Zweite Zusatzfrage!
Darf man daher annehmen, daß die Bemühungen der Bundesregierung und der Deutschen Bundesbahn über den Leber-Plan offensichtlich zu einer zusätzlichen Belebung der deutschen Waggonindustrie geführt haben?
Es ist bekannt, Herr Kollege, daß hier im Rahmen der Investitionsplanung der Bundesbahn das Sonderinvestitionsprogramm der Bundesregierung vom vergangenen Jahr, das durch das Hohe Haus beschlossen wurde, entsprechende weitere Möglichkeiten der Investition geschaffen hat. Das wirkt sich auch auf eine Belebung dieses Geschäfts aus.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Imle.
Herr Staatssekretär, diese sehr begrüßenswerten Züge erster Klasse, Intercity-Züge, fallen vielfach am Samstag aus. Liegen genaue Unterlagen darüber vor, daß sich diese Züge nicht rentieren, oder welche Gründe sprechen dafür?
Herr Kollege, das Problem hängt damit zusammen, daß diese Züge im wesentlichen von Geschäftsreisenden benutzt werden und daß an Wochenenden wegen der Fünftagewoche in der Wirtschaft doch bei sehr vielen Relationen festzustellen ist, daß die Züge nicht in dem Maße benutzt werden können, wie das an anderen Wochentagen der Fall ist. Die Bundesbahn wird aber im Rahmen ihrer Marktforschung prüfen, ob das eine oder andere Zugpaar auch an Samstagen eine entsprechend kaufmännisch gute Auslastung bringt.
Zweite Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, diese Züge fahren aber alle an Sonntagen. Haben sich denn da bisher entsprechende Erkenntnisse ergeben?
Der Sonntagsverkehr, Herr Kollege, ist sehr unterschiedlich. Er hängt von der Jahreszeit ab — z. B. spielen da auch Ferien eine ganz wichtige Rolle —, aber auch von bestimmten Wirtschaftsbeziehungen zwischen verschiedenen Gebieten der Bundesrepublik.
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10718 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1968
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich rufe die Frage 55 des Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen auf:
Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, im Interesse der Einheitlichkeit in den Eisenbahnkursbüchern wie bei den Flugplänen die Aufzählung der Wochentage mit 1, 2, 3, 4, 5, 6 und 7, beginnend mit dem Montag, vorzunehmen?
Die Frage wird von Herrn Abgeordneten Schulte übernommen.
Herr Kollege, die Frage, in den Kursbüchern der Eisenbahn die Wochentage mit den Ziffern 1-7, beginnend mit Montag, anzugeben, beschäftigt schon seit längerer Zeit die dem Internationalen Eisenbahn-Verband angehörenden Eisenbahnverwaltungen. Eine Einigung konnte allerdings bisher noch nicht erzielt werden.
Die zur Zeit übliche abgekürzte Angabe des Wochentags in den Kursbüchern ist nach Auffassung der Deutschen Bundesbahn für die deutschen Reisenden leichter verständlich. Dabei ist die in Deutschland bestehende Gepflogenheit zu berücksichtigen, den Sonntag als Tag 1 zu bezeichnen. Sollte im Rahmen einer bundeseinheitlichen Regelung der Montag Tag 1 der Woche werden, so ist die Deutsche Bundesbahn bereit, ihre Auffassung zu überprüfen.
Frage 56 der Abgeordneten Frau Mönikes:
Beabsichtigt die Bundesregierung, einer Stillegung der Bahnstrecke Dümpelfeld—Lissendorf zuzustimmen?
Herr Präsident, ich wäre dankbar, wenn ich beide Fragen zusammen beantworten könnte.
Beide Fragen zusammen? — Dann rufe ich noch die Frage 57 der Abgeordneten Frau Mönikes auf:
Bei Bejahung der Frage 56: Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um den reibungslosen Transport von Personen und Gütern auf den denkbar schlechten Vekehrsstraßen, insbesondere im Raume Adenau, sicherzustellen?
Frau Kollegin, die Frage, ob die Stillegung der Strecke DümpelfeldLissendorf genehmigt wird, kann erst beantwortet werden, wenn dem Bundesminister für Verkehr ein Antrag des Vorstandes der Deutschen Bundesbahn mit den erforderlichen Unterlagen vorliegt. Dies ist jedoch zur Zeit nicht der Fall.
Grundsätzlich kann ich Ihnen schon jetzt sagen, daß bei der Beurteilung von Stillegungsanträgen der Deutschen Bundesbahn die Frage der Verkehrsbedienung nach Einstellung des Schienenbetriebes besonders eingehend geprüft wird. In diese Beurteilung wird auch der Ausbauzustand des betroffenen Straßennetzes einbezogen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Josten.
I herr Staatssekretär, ist Ihnen die Dokumentation über den Bereich des ehemaligen Kreises Adenau bekannt, welche in diesem Monat vom Verkehrsverein Adenau herausgegeben wurde und wo genau diese Strecke, die hier zur Diskussion stand, ausführlich dargelegt wird?
Ja, Herr Kollege, die ist mir bekannt. Ich habe sogar vor einiger Zeit eine Bereisung dieser Gegend vorgenommen. Nur ändert das nichts an der Tatsache, daß sich erst einmal die Gremien der Bundesbahn selbst zu dieser Frage äußern müssen, daß im Rahmen des nach dem Bundesbahngesetz vorgeschriebenen Verfahrens auch die zuständige Landesregierung hier ihr Votum abgeben muß.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, wenn diese Dinge anstehen, auch diese Dokumentation sorgfältig überprüfen zu lassen und mir gegebenenfalls — natürlich auch der Abgeordneten Frau Mönikes — einen schriftlichen Bericht zukommen zu lassen?
Herr Kollege, ich bin gern bereit, Ihnen nach Abschluß des gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrens von der endgültigen Entscheidung des Herrn Bundesministers für Verkehr Kenntnis zu geben. Sie können sicher sein, daß alle regionalen Gesichtspunkte in die Prüfung vor der endgültigen politischen Entscheidung mit einbezogen werden. Ich möchte allerdings heute nichts über unsere Wertung dieser Dinge sagen, weil ich damit in die gesetzlich festgelegte Kompetenz der Gremien der Bundesbahn eingreifen würde.
Frage 58 des Herrn Abgeordneten Barche:
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um nicht nur die Bevölkerung vor gesundheitsschädlichen Auswirkungen des von den Überschallflugzeugen erzeugten Überschallknalls zu schützen, sondern auch um Zerstörungen aller Art an Gebäuden zu verhindern, die im Bereich des Knallteppichs liegen?
Herr Kollege, die Bundesregierung ist der Ansicht, daß der Überschallknall in der heute bekannten Stärke der Bevölkerung durch die zivile Luftfahrt nicht zugemutet werden kann. Ein ziviler Überschallverkehr kann daher über unserem Gebiet auf Grund der bisher bekannten Auswirkungen nicht zugelassen werden.
Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, sich über die Vorgänge am 12. November in Hannover wegen dieses Düsenschallknalls einen Bericht geben zu lassen, nämlich über die zerstöre-
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1968 10719
BarcheTischen Auswirkungen, die es im Zusammenhang damit gegeben hat?
Herr Kollege, ich bin gern bereit, Unterlagen, die Sie dazu haben, zu prüfen. Ich habe Ihnen aber schon angedeutet und werde das in der Beantwortung Ihrer zwei weiteren Fragen noch näher skizzieren, daß wir nicht bereit sind, den Überschallverkehr zuzulassen, weil wir diese Auswirkungen kennen.
Frage 59 des Herrn Abgeordneten Barche:
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die so gesundheitsgeschädigten Personen und die Eigentümer geschädigter Gebäude Regreßansprüche stellen können?
Herr Kollege, da Überschallflugzeuge die Bundesrepublik lediglich mit Unterschallgeschwindigkeit überfliegen werden, entspricht die Lärmentwicklung etwa der herkömmlicher Flugzeuge mit Turbinenantrieb. Schäden, die Schadenersatzansprüche zur Folge haben könnten, werden daher nach unserer Meinung nicht auftreten.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, diese Schäden sind bereits aufgetreten; daher meine Frage. Kann mir die Bundesregierung sagen, weil Schäden bereits aufgetreten sind, an wen Regreßansprüche zu stellen sind?
An den Verursacher, Herr Kollege. Das Luftfahrzeug, das hier bestehende Bestimmungen verletzt hat, muß erkennbar gemacht werden. Dazu gibt es die Hilfe der Flugsicherungsdienste. Dann wird entsprechend den Vorschriften hier eventuell eine Schadenersatzklage möglich sein.
Frage 60 des Herrn Abgeordneten Barche:
Ist die Bundesregierung bereit, die vom hannoverschen Ingenieur Preuß konstruierte Vorrichtung, mit der es möglich sein soll, die schädigenden Auswirkungen des Überschallknalls auf ein Minimum herabzudrücken, schnellstens auf ihre Anwendbarkeit zu überprüfen?
Herr Kollege, die Erfindung des Ingenieurs Preuß, die der Verhinderung des Überschallknalls dienen soll, ist der Bundesregierung bekannt. Die Anbringung der vom Erfinder vorgeschlagenen Reflexionsflächen unterhalb des Flugzeuges ist jedoch nach Ansicht kompetenter Wissenschaftler nicht realisierbar. Die Bundesregierung hält daher eine weitergehende Überprüfung nicht für erforderlich.
Frage 61 des Herrn Abgeordneten Peiter:
Ist die Bundesregierung bereit, zu veranlassen, daß für die im Rahmen der Rationalisierungsmaßnahmen der Deutschen Bundesbahn weggefallenen Warteräume in geschlossenen Bahnhöfen und
Haltestellen den Kunden der Deutschen Bundesbahn, insbesondere im Hinblick auf die Wintermonate, eine ausreichende Ersatzlösung zur Verfügung gestellt wird?
Herr Kollege, die Deutsche Bundesbahn hat mir mitgeteilt, daß dort, wo der Reiseverkehr auf der Schiene weiter bedient, Abfertigungsbefugnisse jedoch eingeschränkt werden und damit Personal abgezogen wird, Warteräume und Unterstellmöglichkeiten erhalten bleiben. Selbst dann, wenn z. B. ein Empfangsgebäude vermietet oder verkauft wird, ist die Deutsche Bundesbahn bemüht, vorhandene Warteräume entweder weiterhin offen zu halten oder durch neue Unterstellmöglichkeiten zu ersetzen.
Keine Zusatzfrage. Meine Damen und Herren, die Fragestunde ist beendet.
Ehe ich den nächsten Punkt unserer Tagesordnung aufrufe, muß ich dem Haus bekanntgeben, daß mich die CDU/CSU-Fraktion darum gebeten hat, die Plenarsitzung um eine Stunde zu unterbrechen. Sie ist noch damit beschäftigt, ihre Entschlüsse zu dem nächsten Punkt der Tagesordnung zu beraten. Wie mir der Parlamentarische Geschäftsführer soeben mitgeteilt hat, könne mit Bestimmtheit davon ausgegangen werden, daß die Fraktion um 16.30 Uhr in die Aussprache über diesen Punkt eintreten könne. Meine Damen und Herren, es ist Usus, daß das Haus damit einverstanden ist. Ich unterstelle das.
Ich unterbreche die Sitzung bis 16.30 Uhr.
Die unterbrochene Sitzung ist wiedereröffnet.Ich rufe den Punkt 20 der Tagesordnung auf:Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU, den Abgeordneten Schmidt , Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller, Frehsee, Dr. Schellenberg und Genossen und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über umsatzsteuerliche Maßnahmen zur außenwirtschaftlichen Absicherung (AbsichG)— Drucksache V/3524 —Mündlicher Bericht des Finanzausschusses
— Drucksache V/3557 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. EckhardtBericht des Haushaltsausschusses gem. § 96 GO— Drucksache V/3559 —Berichterstatter: Abgeordneter Windelen
Ich frage den Herrn Abgeordneten Dr. Eckhardt, ob er das Wort wünscht. — Das Wort als Berichterstatter hat Herr Abgeordneter Dr. Eckhardt.
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10720 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1968
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktionen der CDU/CSU und der SPD haben dem Hohen Hause einen Gesetzentwurf zur außenwirtschaftlichen Absicherung der deutschen Wirtschaft vorgelegt. Mit Rücksicht auf die außerordentliche Bedeutung und die Eilbedürftigkeit des Gesetzentwurfs hat der Finanzausschuß die Beratungen am gestrigen Tage durchgeführt und sie um Mitternacht abgeschlossen. Ich habe die Ehre, Ihnen den Bericht des Ausschusses zu erstatten.Es handelt sich nach der Meinung des Finanzausschusses bei dieser Vorlage nicht um ein Steuergesetz im eigentlichen und engeren Sinne der Erhebung einer Abgabe zur Deckung des öffentlichen Bedarfs, sondern um ein Gesetz währungspolitischer Natur, das sich zur Erreichung seines Zieles steuerlicher Mittel bedient. Fiskalische Gründe für dieses Gesetz gibt es nicht. Der Ausschuß schlägt Ihnen daher vor, diesen besonderen Charakter bereits in der Überschrift des Gesetzes zum Ausdruck zu bringen, insbesondere das Adjektiv „umsatzsteuerlich" zu streichen und die Überschrift wie folgt zu fassen: „Gesetz über Maßnahmen zur außenwirtschaftlichen Absicherung gemäß § 4 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft ".Über die Zielsetzung des Entwurfs hat in diesem Hause anläßlich der ersten Lesung eine eingehende Aussprache stattgefunden. Ich verzichte im Interesse der gebotenen Kürze meines Berichts auf eine ausführliche Darstellung dieser Ziele. In einfacher Formulierung ausgedrückt, soll das Gesetz die Ausfuhr der deutschen Wirtschaft einschränken, die Importe aber steigern. Damit leistet es einen entscheidenden Beitrag zur Normalisierung und Festigung der Währungsordnung in der westlichen Welt und auch zur Stabilisierung der Deutschen Mark. Gegenüber einer Aufwertung hat es den wesentlichen Vorteil, daß seine Maßnahmen wie alle steuerlichen Vorschriften grundsätzlich revisibel sind und daß seine Geltungsdauer zeitlich begrenzt ist. Es tritt mit Ablauf des 31. März 1970 außer Kraft.Der deutschen Exportwirtschaft werden durch dieses Gesetz zum Nutzen der freien Welt und des Binnenpreisniveaus schwere Opfer auferlegt. Über die Härte, mit der insbesondere bestimmte ausfuhrintensive Wirtschaftszweige betroffen werden, ist auch im Ausschuß mit großem Ernst diskutiert worden.Mitglieder des Ausschusses haben hervorgehoben, daß das Gesetz für die Zeit seiner Geltungsdauer einen der entscheidenden Vorzüge des neuen Umsatzsteuergesetzes außer Kraft setzt, nämlich den exakten Grenzausgleich. An Stelle der Umsatzsteuerfreiheit der Ausfuhr führt es in § 2 eine Sonderumsatzsteuer für die Ausfuhr von Gegenständen ein, die der Unternehmer zwischen dem 29. November 1968 und dem 31. März 1970 bewirkt. Es ist die Befürchtung ausgesprochen worden, daß diese Durchbrechung umsatzsteuerlicher Grundsätze in Zukunft Schule machen werde. Gleiches gilt für die Sonderbegünstigung der Einfuhr durch Gewährung einerVergütung an den Unternehmer, für den in der fraglichen Zeit eine Einfuhrumsatzsteuerschuld entstanden ist.Der Ausschuß hat die Sorge, die in diesen Hinweisen zum Ausdruck kommt, gewürdigt, vertritt jedoch mit großer Mehrheit die Überzeugung, daß diese Bedenken nicht ausreichen, um die Notwendigkeit und Dringlichkeit des Gesetzentwurfs in Frage zu stellen.Ein weiteres bedeutsames Problem, das den Finanzausschuß eingehend beschäftigt hat, ist die Behandlung der sogenannten Altverträge. Das sind die Verträge über die Ausfuhr von Gegenständen, die vor dem 23. November 1968 abgeschlossen worden sind. Einzelne Mitglieder des Ausschusses haben mit Nachdruck erklärt, daß diese Verträge aus wirtschaftlichen und rechtlichen Gründen nicht einer Exportbesteuerung unterworfen werden dürften: aus wirtschaftlichen Gründen, weil eine Änderung fest vereinbarter Exportpreise nicht möglich sei, die Verträge daher nach Maßgabe der Preisvereinbarung erfüllt werden müßten und eine steuerliche Belastung nicht mehr die Konsequenz einer Beschränkung dieser Exporte haben könne; aus rechtlichen Gründen, weil es nach dem Prinzip von Treu und Glauben bedenklich sei, in laufende Verträge in einer Weise einzugreifen, die für den Unternehmer nicht voraussehbar gewesen sei. Es ist aus diesen Überlegungen im Ausschuß der Antrag gestellt worden, Altverträge grundsätzlich von der Ausfuhrsteuer freizustellen.Der Ausschuß hat dieses Verlangen mit großer Mehrheit abgelehnt. Er geht davon aus, daß andernfalls rund ein Drittel des deutschen Exportvolumens von etwa 100 Milliarden DM, also ungefähr 30 Milliarden DM, nicht von der Ausfuhrsteuer erfaßt würde. Damit aber würde der Zweck des Gesetzes gefährdet, entsprechend den Beratungen der Konferenz der Minister und der Zentralbankgouverneure der Zehnergruppe einen auch dem Umfang nach bedeutenden und ins Gewicht fallenden Beitrag zur Ordnung des internationalen Währungssystems im Geiste der gemeinsamen Verantwortung zu leisten. Rechtliche, insbesondere verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine Steuerbelastung mit sogenannter mittelbarer Rückwirkung bestehen nach der Auffassung der Ausschußmehrheit um so weniger, als im Hinblick auf die außerordentliche Bedeutung des Gesetzes von einem willkürlichen, durch einleuchtende sachliche Gründe nicht getragenen Eingriff nicht die Rede sein kann. Der Ausschuß schlägt Ihnen deshalb eine Übergangsregelung vor, die Sie in § 6 b des Ausschußantrags finden. Danach entsteht keine Steuerpflicht bei der Ausfuhr von Gegenständen auf Grund von Altverträgen, ausgenommen Ausfuhren auf Grund von Verträgen, die am 23. November 1968 keine endgültigen Preisabreden enthielten, und ferner die Ausfuhren, die nach dem 23. Dezember 1968 bewirkt werden. Mit anderen Worten: Die Ausfuhren aus Altverträgen werden mit Ablauf des 23. Dezember 1968 voll steuerpflichtig.Da der Ausschuß anerkennt, daß das Gesetz in seiner Anwendung zu beträchtlichen Härten zu führen
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Dr. Eckhardtvermag, wobei allerdings Aussagen über das Ausmaß solcher Härten — ungeachtet der großen Zahl entsprechender Eingaben — nicht gemacht werden können, hat er sich so intensiv, wie ihm dies angesichts der Zeitnot möglich war, mit der Frage des Ausgleichs von schwerwiegenden Nachteilen befaßt.Ein Antrag, Unbilligkeiten dadurch zu beseitigen, daß die Anlage zum Gesetz durch Aufnahme weiterer Gegenstände erweitert oder für Gruppen von Fällen bestimmt werden könne, daß sie den Grundsatzvorschriften des Gesetzes nicht unterliegen, ist abgelehnt worden, weil es der Ausschuß als ein Prinzip betrachtet, das Gesetz nicht durch Ausnahmeregelungen für bestimmte Waren oder Wirtschaftszweige zu komplizieren oder aufzuweichen. Aus diesem Grunde hat er es auch abgelehnt, regionale oder sektorale Ausnahmen zu treffen. Er hat dagegen dem Antrag zugestimmt, dessen Formulierung Sie in Abs. 3 des § 7 in der Fassung des Ausschußbeschlusses wiederfinden. Der Bundesminister der Finanzen oder die von ihm beauftragte Stelle kann hiernach die Ausfuhrsteuer ermäßigen oder erlassen, wenn der Unternehmer nachweislich bei den in Betracht kommenden Einkunftsarten des Einkommensteuergesetzes — und das sind wohl ausschließlich die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft und aus Gewerbebetrieb — auf Grund der Erfüllung seiner Altverträge einen Verlust erlitten hat.Diese beiden Probleme, die Herausnahme oder Belassung der Altverträge im Gesetz und der Härteausgleich, stellen die weitaus gewichtigsten Fragenkreise dar, die sich bei der Behandlung des Gesetzentwurfs im Ausschuß ergeben haben.Ich habe bereits das Prinzip berührt, das sich aus den Ausschußbeschlüssen zu diesen Fragen ergibt: das Gesetz soll grundsätzlich keine Ausnahmevorschriften enthalten, die zu Weiterungen und unter Umständen zu Katalogen von Sonderbestimmungen führen, wie Sie sie aus anderen Gesetzen leider kennen. Dieses Prinzip ist vom Ausschuß auch bei der Beratung der einzelnen Vorschriften des Entwurfs beachtet worden.Die Anträge, die im einzelnen in der Ausschußsitzung gestellt worden sind, betreffen in der Hauptsache -- wenn man von dem Wunsch nach Ausnahmen von der Steuerpflicht oder Erweiterung der Importbegünstigung absieht — rechtstechnische Fragen. Ich halte es nicht für meine Aufgabe, das Für und Wider in gesetzestechnischer Beziehung an diesem Platz auseinanderzusetzen.Daher bemerke ich auf Grund der Beschlüsse des Ausschusses zu den einzelnen Vorschriften nur folgendes. Zu § 1, der Vorschrift über die bei Einfuhren zu gewährende Vergütung, sind Anträge zur Ergänzung durch Anwendung der Vergünstigung auf bestimmte Importe abgelehnt worden. Zugestimmt hat der Ausschuß der Höhe der Vergütung von grundsätzlich 4 v. H., jedoch 2 v. H. für die Einfuhr der in Anlage 1 zum Umsatzsteuergesetz bezeichneten Gegenstände, die nur einem Umsatzsteuersatz von 5,5 v. H. unterworfen sind. Von der Bemessungsgrundlage der Vergütung soll aber entgegen der umsatzsteuerlichen Regelung der Betrag an Verbrauchsteuern abgesetzt werden, weil nicht einzusehen ist, weshalb man zu Lasten des Wettbewerbs deutscher verbrauchsteuerpflichtiger Industrien eine Vergütung z. B. auf Tabak- und Mineralölsteuer gewähren sollte.Zu § 2, der die Erhebung der Sonderumsatzsteuer für die Ausfuhr vorschreibt, ist besonders darauf hinzuweisen, daß eine Ausfuhr lediglich zur erkennbaren vorübergehenden Verwendung im Ausland, also z. B. zu Beförderungszwecken, nicht besteuert werden soll. Auch sollen nach Abs. 5 die Lieferung von Blutkonserven nach § 4 Nr. 17 und die Kapitalausfuhr nach § 4 Nr. 8 des Umsatzsteuergesetzes nicht steuerpflichtig sein. Es versteht sich, daß dieses Gesetz aus naheliegenden und im internationalen Interesse zu bejahenden Gründen gerade der Kapitalausfuhr keine Hindernisse in den Weg legen kann.§ 3 enthält die Regelung der Bemessungsgrundlage der Ausfuhrsteuer. Entgegen einer insoweit vertretenen Auffassung soll die Textfassung des § 3 sicherstellen, daß der aktive Lohnveredelungsverkehr in Übereinstimmung mit dem Zweck des Gesetzes der Ausfuhrbesteuerung unterworfen wird.Die Höhe der Ausfuhrsteuer beträgt nach § 4 4 v. H. der Bemessungsgrundlage. Sie ermäßigt sich entsprechend der Regelung der Importbegünstigung auf 2 v. H. für die in Anlage 1 des Umsatzsteuergesetzes genannten, mit dem halben Steuersatz besteuerten Gegenstände.Auf die Entstehung der Steuerschuld und das Verfahren bei der Ausfuhrsteuer finden die umsatzsteuerlichen Vorschriften sinngemäße Anwendung.Ausgenommen von der Steuer bleibt die Ausfuhr der in der Anlage des Gesetzes bezeichneten Waren. Das sind alle die Gegenstände, die einer EWG- Marktordnung unterworfen sind und infolgedessen besonderen Bedingungen unterliegen, die eine Anwendung der Ausfuhrbesteuerung als nicht angezeigt erscheinen lassen. Eine Ergänzung der Liste um andere, nicht unter die agrarpolitischen Marktordnungen der EWG fallenden Gegenstände hat der Ausschuß mit großer Mehrheit abgelehnt. Solche Anträge sind z. B. für Backhefe, Bier und Spirituosen, ferner für Fische gestellt worden. Auch Lieferungen von Fischen sind zur Zeit noch nicht begünstigungsfähig, weil eine entsprechende Marktordnung noch nicht existiert.Auf Antrag der FDP ist jedoch eine Ermächtigung in § 7 Abs. 4 aufgenommen worden, wonach die Anlage . zum Gesetz um diejenigen Gegenstände erweitert werden kann, die künftig einer Marktordnung unterstellt werden. Das entspricht der Sicherung der gleichmäßigen Behandlung solcher Wirtschaftsgüter.Schließlich hat der Ausschuß noch die Vorschrift des § 6 a eingefügt, die gewisse Freihafenverkehre ausfuhrsteuerfrei stellt und entsprechend auch von der Gewährung einer Einfuhrvergütung absieht.Das Gesetz soll am Tage nach seiner Verkündung in Kraft treten und entgegen einem Antrag, der im Hinblick auf die Harmonisierung der Umsatzsteuern
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10722 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1968
Dr. Eckhardtim EWG-Raum als Endtermin den 31. Dezember 1969 bestimmen will, ein Vierteljahr nachher, d. h. am 31. März 1970, außer Kraft gesetzt werden. Diese Terminierung befindet sich nach Ansicht des Ausschusses und nach den Erklärungen in der Konferenz der Zehnergruppe nicht im Widerspruch zur Auffassung der EWG.Meine Damen und Herren! Ich weise abschließend darauf hin, daß aus dem Gesetz ein Steuerertrag von etwa 3,6 Milliarden DM und ein Ausfall durch die Begünstigung der Importe von 2,8 Milliarden DM erwartet werden. Die Mehreinfuhr wird auf 3,7 Milliarden DM, die Minderung der Ausfuhr auf 1,3 Milliarden DM geschätzt, so daß der Außenhandelsüberschuß um rund 5 Milliarden DM reduziert wird. Aus der Differenz zwischen Einfuhrbegünstigung und Ausfuhrbelastung sollen erforderlichenfalls Übergangshilfen zugunsten besonders betroffener Zweige der Wirtschaft, wie z. B. Kohle und Stahl, Maschinenindustrie, Werften und Teilbereiche der Textilindustrie, gewährt werden.Die Auffassung des Ausschusses, daß es sich um einen Gesetzentwurf von höchster Bedeutung und großer Dringlichkeit handelt, der im Zusammenhang mit anderen Maßnahmen einen überzeugenden Beweis für unsere Teilnahme am Schicksal unserer Freunde, Nachbarn und Handelspartner darstellt, -wird in diesem Hause, wie der Ausschuß hofft, geteilt werden. Auch der mitbeteiligte Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen und der Haushaltsausschuß haben den Beschlüssen des Finanzausschusses zugestimmt.Ich bitte Sie daher namens des Finanzausschusses, den Gesetzentwurf in der Ausschußfassung, im übrigen aber unverändert anzunehmen und die eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter und frage, ob der Berichterstatter des Haushaltsausschusses, der Herr Abgeordnete Windelen, das Wort wünscht. — Der Herr Abgeordnete Windelen verzichtet.
Meine Damen und Herren, damit kommen wir zur zweiten Lesung. Ich rufe den § 1 auf. Hier liegt auf Umdruck 543 *) ein Änderungsantrag vor. Zur Begründung des Antrags unter Ziffer 1 dieses Umdrucks hat der Herr Abgeordnete Dr. Staratzke das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte bei der Begründung unserer Änderungsanträge nichts ausgesprochen Grundsätzliches zu dem Gesetz sagen; dazu ist sicher noch in der dritten Lesung Zeit. Aber man kommt bei der Begründung der Änderungsanträge, die wir mit Umdruck 543 eingebracht haben, gar nicht daran vorbei, auch noch einmal deutlich zu sagen, wie wir dieses Gesetz sehen.*) Siehe Anlage 2Wir sind der Meinung, daß es sich um ein Vorleistungsgesetz handelt, das nach unserer Meinung draußen obendrein noch nicht einmal honoriert wird. Dieses Gesetz ist, wie man schon bei oberflächlicher Betrachtung feststellt, voller Tücken, es ist mit Problematik behaftet. Obendrein soll es hier nun sozusagen im Schweinsgalopp und unter Druck verabschiedet werden. Die überstürzte Formulierung und die rasante Behandlung in den Ausschüssen werden unseres Erachtens noch eine Reihe von Rechts- und Steuerfragen aufwerfen, die heute noch gar nicht zu übersehen sind.Nun zu dem Änderungsantrag Umdruck 543 Ziffer 1. Meine Damen und Herren, auch ich bin grundsätzlich dagegen, daß man in einem Gesetz jeden Spezialfall regelt. Aber in dem Punkte des vorliegenden Gesetzes, zu dem wir unseren Änderungsantrag unter Ziffer 1 gestellt haben, liegt ein krasser Fall von Wettbewerbsverzerrung vor, der offenbar nicht beabsichtigt war, aber offenkundig ist. Es handelt sich materiell um folgendes.Zur Erleichterung des Übergangs' vom alten Umsatzsteuergesetz zum neuen Mehrwertsteuergesetz wurde seinerzeit beschlossen, die Erzeugnisse aus dem Bereich der Land- und Forstwirtschaft grundsätzlich mit einem ermäßigten Umsatzsteuersatz, nämlich von 5,5% — ursprünglich natürlich von 5% — zu belasten. Der Grund dafür war eindeutig: Man wollte Liquiditätsschwierigkeiten vermeiden und die Lebensmittel möglichst niedrig versteuern. Zu den steuerermäßigten Produkten in der Liste in Anlage 1 zum Umsatzsteuergesetz gehören auch eine Reihe von Rohstoffen, nämlich Häute, Felle und Wolle, die als Agrarrohstoffe gelten, aber, wie wir alle wissen, in der gewerblichen Wirtschaft weiterverarbeitet werden. Aus Wolle macht man in Deutschland Kammzug, daraus macht man Garne und daraus Gewebe, und aus Häuten macht man Leder. Der Kammzug und das Leder sind mit 11 % Umsatzsteuer belastet. Das vorliegende Gesetz, das die Einfuhr prämiieren will, führt infolge der speziellen Eingruppierung der Wolle, der Häute und der Felle in die 5,5 %-Liste zu einer nur 2prozentigen Vergütung, während das darauf folgende Produkt, das Leder und der Kammzug, nach dem neuen Gesetz bei der Einfuhr mit 4 % begünstigt wird. Da aber die Fertigungskosten dieser ersten gewerblichen Produkte, z. B. bei der Umwandlung von Rohwolle in Kammzug, im Vergleich zum exzeptionell hohen Rohstoffpreis relativ klein sind, ergibt sich aus der unterschiedlichen Prämiierung der Einfuhr des Vorprodukts und des nachfolgenden Produkts ein hoher steuerlicher Anreiz, der dazu führen kann, daß nur das Nachprodukt eingeführt wird und die deutsche Produktionsstufe, in diesem Falle die Lederindustrie und die Kammzugproduktion, nahezu ausgeschaltet wird.
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denn alles das, was Sie hier gesagt haben, ist Gegenstand der Beratungen des Finanzausschusses gewesen, der bis 24 Uhr getagt hat.
Vom Ministerium ist ausdrücklich darauf hingewiesen worden, daß in diese Ausnahmeliste ausschließlich Waren aufgenommen worden sind, die den Marktordnungsgesetzen unterliegen. Nichts anderes ist in die Ausnahmeliste hineingekommen,
und Sie kennen die Gründe, die dazu geführt haben.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Staratzke?
Ich habe Herrn Staratzke angehört und möchte jetzt nur kurz antworten.
Lassen Sie mich nur noch eins sagen. Auf Ihre Bitte hin haben wir noch eine Ermächtigung in das Gesetz aufgenommen. Das gilt z. B. für Fische, für die es unter Umständen ein neues Marktordnungsgesetz geben wird. Das steht im Augenblick noch zur Diskussion.
Also alles das, was irgendwann unter den gleichen Begriff fällt, wird ebenfalls mit in den Ausnahmenkatalog hineinkommen. Aus diesem Grunde sollten wir diesen Antrag ablehnen.
Das Wort hat der Abgeordnete Genscher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen der Frau Kollegin Beyer-Kurlbaum geben mir Veranlassung, hier einige Gedanken vorzutragen, die ich eigentlich zu späterer Zeit vorbringen wollte.Frau Kollegin, wir stehen bei der Beratung dieses Gesetzes vor einer, ich möchte schon sagen: exzeptionellen Situation, die sich durch den Umstand auszeichnet, daß die Bundesregierung in den Ausschüssen sachlich noch so fundiert begründete Anträge damit zurückgewiesen hat, daß sie gesagt hat, das verstoße gegen die Beratungen im Zehnerklub. Meine Damen und Herren, wenn Sie sich diese Argumentation zu eigen und sie zur Grundlage Ihrer Entscheidung hier im Hause machen, dann ist das das Ende des Einflusses des Parlaments auf die innerstaatliche Gesetzgebung.
Wir haben schon bei internationalen Verträgen, bei denen wir eine Ratifizierungsfunktion haben, die mißliche Situation, daß wir hier im Parlament vor der Alternative stehen, ja oder nein zu sagen. Hier haben wir nicht einmal die Ratifizierungsfunktion. Denn wenn wir ein Ratifikationsgesetz zu beraten und zu beschließen haben, kennen wir wenigstens den Inhalt des Vertrages. In diesem Falle kennen wir ihn nicht.
Wir kennen weder die Partner, mit denen die Absprachen, auf die sich die Bundesregierung beruft, getroffen worden sind, — sind es alle zehn, sind es nur die Amerikaner, die Engländer und die Franzosen, wie stehen andere Länder dazu? — noch
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10724 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1968
Genscherkennen wir alle Pflichten, die die anderen Länder in diesen Beratungen übernommen haben. Sind Sie nicht auch überrascht gewesen durch die Erklärung des Herrn Bundeswirtschaftsministers, er sei von der französischen Entscheidung, nicht abzuwerten, nicht überrascht gewesen, nachdem man vorher aus den Äußerungen des Herrn Finanzministers den Eindruck gewinnen konnte, es gehe nur um die Höhe des Abwertungssatzes, während es dem Grunde nach schon entschieden sei?Ich kann mir nicht die Argumentation zu eigen machen, daß ein Kollege hätte im Ausschuß sein müssen, dann brauchte er bestimmte Ausführungen hier nicht zu machen. Zunächst einmal war Kollege Staratzke in dem Ausschuß, dem er angehört, nämlich im Wirtschaftsausschuß. Aber wir wollen wohl auch nicht eine Art Geheimdemokratie betreiben, indem wir in den Ausschußberatungen bestimmte Dinge erörtern, aber die freie Parlamentsdebatte vor dem Hohen Hause ausschließen.
Ich darf Sie bitten, zur Kenntnis zu nehmen, daß wir alles tun werden, um dieses Haus, das Plenum des Deutschen Bundestages, weiter zum Ort der Entscheidung im Deutschen Bundestag zu machen. Diese Garantie geben wir Ihnen.Deshalb, das muß ich sagen, hat es mich auch sehr berührt, als ich gestern in der Sitzung des Finanzausschusses erleben mußte, daß Kollegen nach einer Besprechung mit ihrem Fraktionsvorstand gegen Anträge stimmten, die sie vorher noch unterstützt hatten. Auch das ist ein Problem, das man nicht leichtnehmen kann, sondern das an bestimmte Grundfragen auch der parlamentarischen Demokratie rührt. Denn in der Sache hatte sich für die betroffenen Kollegen gewiß kein neuer Gesichtspunkt ergeben.Meine Damen und Herren, wir stehen mit diesem Gesetz vor einem Problem, wie wir es in dieser Form im Deutschen Bundestag noch nicht gehabt haben. Die Bundesregierung hat erklärt, daß sie dieses Gesetz ohne jede fiskalische Motivierung hier durch die Koalitionsfraktionen vorlegen lasse. Es ist nicht Ziel dieses Gesetzes, Mittel für die Bedürfnisse der öffentlichen Haushalte aufzubringen, sondern nach der Motivierung der Bundesregierung, die hier der Initiator ist, aber auch der antragstellenden Fraktionen soll der ausschließliche Anlaß für die Vorlage und Verabschiedung dieses Gesetzes die außenwirtschaftliche Absicherung sein. So gesehen soll also dieses Gesetz eine reine Ordnungsfunktion haben. Von da her ergeben sich eine Reihe von Problemen für die Anträge, die wir nachher hier zu beraten haben. Sie müssen sich, wenn Sie über dieses Gesetz sprechen, diese Problematik vor Augen führen. Denn Sie sind im Begriff, ein zweites Mal einen tragenden Grundsatz des soeben verabschiedeten Mehrwertsteuergesetzes zu verletzen. Sie haben gestern eine Beförderungsteuer verabschiedet, obwohl gerade die Beförderungsteuer in das geltende Mehrwertsteuergesetz eingegangen sein sollte, und heute wollen Sie ein Gesetz beschließen, das eine Sonderumsatzsteuer darstellt, nicht einmal mit fiskalischen Motiven, sondern als reinordnungspolitisches Gesetz. Das ist eine neue Betrachtungsweise der Aufgabe auch von Steuergesetzen, die uns zu großem Nachdenken in diesem Hohen Hause veranlassen sollte.
Meine verehrten Damen und Herren, wenn es denn so ist, daß die Bundesregierung im Wort ist mit ihren Erklärungen, die sie im Zehnerklub abgegeben hat, dann frage ich Sie: Wie ernst ist eigentlich das Auslaufdatum dieses Gesetzes, der 31. März 1970, zu nehmen? Wer garantiert Ihnen denn, daß dann nicht eine Situation da ist, wo Sie zu einer Verlängerung gezwungen sind? Bitte, meine Damen und Herren, die Sie die Absicht haben, diesem Gesetz zuzustimmen, täuschen Sie sich nicht! Wenn dieses Gesetz, wie der Bundeswirtschaftsminister hier erklärt, eine Ersatzaufwertung ist, dann ist das Auslaufen dieses Gesetzes eine Ersatzabwertung. Bekanntlich sind nicht die währungspolitischen Verhältnisse der Grund für die Maßnahmen, die jetzt ergriffen werden, sondern die unterschiedlichen Auffassungen über Stabilität und Wachstum in den verschiedenen Partnerstaaten in der Weltwirtschaft. Wollen Sie uns sagen, daß die französische Währung und daß die französische Wirtschaft sich bis zum März 1970 so verändert haben, daß dann Probleme der Ersatzabwertung nicht mehr zu befürchten sind, meine Damen und Herren?Auch vor der Annahme, es handle sich hier um eine kurzfristige gesetzgeberische Maßnahme, kann ich nur warnen. Die Bundesregierung hat in das Gesetz einen schönen Paragraphen hineinschreiben lassen: § 7 Abs. 2. Da ist davon die Rede, daß der Steuersatz gesenkt werden kann, ja, daß das Gesetz. sogar vor dem in ihm vorgesehenen zeitlichen Ablauf außer Kraft gesetzt werden kann. Mit Recht wurde gestern im Finanzausschuß die Frage gestellt, ob denn die Bundesregierung in der Anwendung dieser Bestimmung frei sei oder ob. sie hier Konsultationen auf sich nehmen muß. Bekanntlich ist die Anwendung dieses § 7 Abs. 2 von bestimmten Kriterien abhängig, die aus dem Stabilitätsgesetz entnommen sind: angemessenes Wirtschaftswachstum, gesamtwirtschaftliche Lage. Das alles sind Begriffe, die in den verschiedenen Staaten sogar innerhalb der EWG unterschiedlich interpretiert werden. Glauben Sie, wenn Sie konsultieren, daß Sie dann eine Übereinstimmung über diese Begriffe erreichen, daß man Ihnen dann nicht genauso sagen wird, Sie verletzen die mündlichen Vereinbarungen im Zehnerklub? Das Parlament kann sich nicht durch Argumente, die auf mündlichen Vereinbarungen in einer internationalen Verhandlung basieren, davon abhalten lassen, sachlich zu prüfen, was es als innerstaatlicher Gesetzgeber zu prüfen hat.Nun wird gesagt: Ausnahmen dürfen wir nicht machen, angeblich weil die Vereinbarungen verletzt werden. Aber zugleich wird für die Betroffenen sozusagen etwas Trost gespendet. Da machen wir dann binnenwirtschaftliche Hilfsmaßnahmen. Meine Damen und Herren, das ist sowieso ein sonderbares Gesetz. Es wird nicht gemacht, um Steuermittel aufzubringen. Aber weil sie dann da sind, werden sie an die, denen man sie vorher weggenommen hat,
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Genscherwieder verteilt. Das ist ein neues Umverteilungsprinzip. Ich muß die Bundesregierung fragen: Wenn sie der Meinung ist, daß die Herausnahme einzelner Sektoren oder einzelner Regionen aus dem Gesetz ihre Vereinbarungen verletzt, wie erklärt es sich dann eigentlich, daß sie der Meinung ist, sie könne gleichwohl binnenwirtschaftliche Hilfsmaßnahmen regional und sektoral ergreifen? Das wäre doch im Effekt dasselbe, allerdings mit einigen Reibungsverlusten über die bürokratische Umverteilung. Auch hier, meine Damen und Herren, Fragen über Fragen aus diesem Gesetz.Wir sollten es uns deshalb nicht so einfach machen, daß wir sagen: Wir wollen ja keine Ausnahmen machen, die brauchen wir auch gar nicht, daß wir sagen: Wir wollen Vereinbarungen der Regierung nicht verletzen. Wenn die Regierung mit diesem Argument vor das Hohe Haus tritt, muß sie auch die Vereinbarungen im einzelnen darlegen. Dann haben wir, der Deutsche Bundestag, Anspruch darauf, zu erfahren, nicht nur was nach Auffassung unserer Regierung deutsche Pflicht ist, sondern auch was nach Auffassung unserer Regierung definitiv die Pflicht der anderen ist, denen wir als Partner auf dem Währungssektor gegenüberstehen.
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Wirtschaft.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr verehrter Herr Kollege Genscher, ich muß Sie korrigieren. Unsere Argumentation in den Ausschüssen hat nicht darauf beruht, daß wir erklärt haben, dies oder jenes, was hier beantragt werde, verstoße gegen Abmachungen im Zehnerklub, sondern wir haben gesagt: Wir haben dem Zehnerklub die Zustimmung zu dieser steuerlichen Maßnahme in Höhe von 4 % abgerungen; die können Sie natürlich verwerfen. Das Parlament ist völlig frei, andere Alternativen zu wählen. Die zweite Alternative wäre mutmaßlicherweise die, daß in einiger Zeit der von uns abgelehnte, von den anderen geforderte Aufwertungssatz von 71 /2 % auf deutscher Seite Wirklichkeit werden würde, infolge des Drucks der Spekulation, des Drucks jener Länder, die die D-Mark als aufwertungsreif ansehen. Auch die dritte Alternative steht Ihnen natürlich zur Wahl; das ist die volle Anpassungsinflation.
Das ganze Hohe Haus war und ist völlig frei in der Entscheidung. Allerdings ist es eine wesentliche Weichenstellung, ob wir die erste, die zweite oder die dritte Alternative wählen.
Was im übrigen das Jahr 1969 betrifft, wissen Sie ganz genau, daß sich das Haupthandels- und -währungsland, die USA, zur Zeit in einem Übergangsstadium befindet und daß wir im Jahre 1969 andere Verhältnisse in bezug auf internationale Abmachungen haben werden. Sie wissen auch, daß alle Anzeichen dahin gehen, daß die französische Regierung mit ihren Maßnahmen zur Sanierung ihrer Wirtschaft Fortschritte macht und daß sie im Laufe des Jahres 1969. weiter sein wird.
— Herr Kollege Genscher, ich will nur auf Ihre kurze Intervention antworten. Ich glaube, es hat keinen Zweck, in diesem Moment eine Grundsatzdebatte zu führen an Hand eines Antrags, der sich auf partikulare Dinge bezieht.
— Auf Wolle zum Beispiel. Wir kennen die Liste, die mit Bienenwachs und Bienenhonig anfängt.
Es ist gar kein Zweifel, daß diese Maßnahme der außenwirtschaftlichen Absicherung mit steuerlichen Mitteln linear durchgeführt werden muß. Das entspricht nicht nur der EWG-Richtlinie, sondern auch dem globalen Prinzip jeglicher Maßnahme der außenwirtschaftlichen Absicherung. Wenn Sie es über eine Aufwertung machen würden, würden Sie als, ich sage mal: liberale Demokraten wohl sicherlich nicht einen gespaltenen Wechselkurs für die Bundesrepublik empfehlen.
Das müßte auch linear und egal gemacht werden. Das ist völlig zu unterscheiden von möglichen binnenwirtschaftlichen Hilfs- und Ausgrleichsmaßnahmen. Das hat nichts mit der absoluten Notwendigkeit zu tun, daß die außenwirtschaftliche Maßnahme egal, linear konstruiert sein muß.
Das, Herr Genscher, nur als kurze Antwort auf Ihre vielen grundsätzlichen Bemerkungen.
Keine weiteren Wortmeldungen.Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck 543 der Abgeordneten Frau Funcke, Genscher, Dr. h. c. Menne, Dr. Staratzke und Genossen unter Ziffer 1! Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Dieser Antrag ist gegen die Stimmen der FDP-Fraktion abgelehnt worden.
— Entschuldigen Sie, ich habe mir große Mühe gegeben, nach den Enthaltungen zu sehen; ich habe keine einzige Enthaltung gesehen. — Gegen die Stimmen der FDP bei zwei Stimmenthaltungen aus der CDU/CSU. Dennoch abgelehnt!
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10726 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1968
Präsident D. Dr. Gerstenmaier§ 1 im ganzen! Wer der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei sieben Enthaltungen ist § 1 gegen die Stimmen der FDP angenommen.§§ 2, — 3, — 4, — 5, — 6, — 6 a! — Insoweit liegen Änderungsanträge nicht vor. Ich frage, ob das Wort gewünscht wird. — Das ist nicht der Fall.Abstimmung über die aufgerufenen Paragraphen! Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Die aufgerufenen Paragraphen sind wiederum mit großer Mehrheit angenommen.Wir kommen zu § 6 b. Hierzu liegen zwei Änderungsanträge vor, zunächst der Antrag der FDP auf Umdruck 543 Ziffer 2, dann ein Änderungsantrag des Herrn Abgeordneten Dr. Wilhelmi und Genossen auf Umdruck 544. — Eine Sekunde, Herr Kollege Wilhelmi! Sie wollen Ihren Antrag begründen?
— Ich werde nachher noch etwas über die komplizierte Frage sagen, welches denn der weitergehende Antrag ist. Aber wenn Sie sich dazu äußern würden, wäre ich Ihnen dankbar. Sie kennen ja den Antrag Umdruck 543 Ziffer 2. Für das Haus ist von Wichtigkeit, welches der weitergehende Antrag ist. Ich habe mir eine Meinung gebildet, aber ich gebe zu, man kann darüber streiten. Zunächst hat Herr Abgeordneter Wilhelmi das Wort zur Begründung seines Antrags Umdruck 544 *).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der von mir gestellte Änderungsantrag befaßt sich mit der Frage der sogenannten Altverträge und zielt darauf ab, daß die in dem Antrag des Ausschusses enthaltene Befristung für die Steuerfreiheit bei Altverträgen gestrichen wird. Aus der Tatsache, daß es sich um einen Änderungsantrag handelt, können Sie schon entnehmen, daß die Unterzeichner und diejenigen von meinen Freunden, die sonst noch hinter diesem Antrag stehen, davon ausgehen, daß die von der Regierung entschiedene Maßnahme richtig ist, daß sie sie dankbar begrüßen und daß sie es als Erfolg der Regierung ansehen, daß die Aufwertung abgelehnt worden ist und man diesen Weg beschritten hat.Der Herr Wirtschaftsminister hat vorhin von den verschiedenen Alternativen gesprochen. Wir stehen eindeutig hinter der Alternative, die die Bundesregierung in den Verhandlungen mit dem Zehnerausschuß vertreten hat. Wir sind allerdings der Auffassung, daß es nicht notwendig ist, indem man diesen Weg geht, nun einen Schritt zu tun, der einseitig die deutsche Exportwirtschaft belastet, ohne irgendwie dem wirtschaftspolitischen Ziel, das der ganzen Konzeption zugrunde liegt, zu dienen.*) Siehe Anlage 3Herr Genscher hat gemeint, es sei ein Unrecht, wenn die Regierung sage, das Parlament müsse beachten, was in dieser Zehnergruppe beschlossen worden sei, und man sei also im Parlament bis zu einem gewissen Grade gebunden; das würde die Aktionsfreiheit des Parlaments hindern.Das finde ich gar nicht, Herr Genscher. Ich bin der Auffassung, daß die Freiheit eines Parlaments immer bedingt ist durch die politische Vernunft, und genauso, wie die Regierung politisch vernünftig handeln muß, so muß auch das Parlament vernünftig handeln und bei seinen Entscheidungen, auch bei seinen Sachentscheidungen im einzelnen — also auch bei den wirtschaftspolitischen Entscheidungen — das ganze politische Bild mit berücksichtigen. Wir müssen sehr wohl berücksichtigen, daß wir in einer schwierigen außenpolitischen Verhandlung mit außenpolitischen Interessenten eine wirtschaftliche Frage zu lösen hatten.Infolgedessen wäre es grundfalsch, hier einen Antrag zu stellen, der die Konzeption, zu der sich die Regierung entschlossen hat, irgendwie gefährden würde, und der die Regierung auch nur dem Verdacht aussetzen würde, sie wollte das, was in der Zehnergruppe besprochen worden ist, etwa nicht halten. Es gibt solchen Verdacht, nicht gegenüber unserer Regierung, sondern gegenüber anderen Gesprächspartnern, wie wir alle wissen. So etwas wollen wir auf unsere Regierung gewiß nicht kommen lassen.Nun, wie sieht es mit diesen Altverträgen aus, meine Damen und Herren? Es kommen für die Ausnahme von der Besteuerung nur solche Altverträge in Frage, für die eine feste Preisbindung besteht. In allen Fällen, in denen die Möglichkeit besteht, von dem vereinbarten Preis herunterzukommen oder den Preis abzuändern oder den Vertrag sonst zu kündigen, kann sich selbstverständlich der Exporteur nicht darauf berufen, daß er den Vertrag schon früher abgeschlossen hat.Wenn das aber so ist, wenn er gebunden ist, dann hat der Ausländer den Anspruch auf Lieferung zu dem niedrigen Preis. Infolgedessen hat die 4 %ige Exportabgabe nicht die leiseste Wirkung in bezug auf eine Preiserhöhung. Sie hat nur eine einzige Wirkung, nämlich die, daß der deutsche Exporteur nunmehr einen Betrag bezahlen muß, den er nicht mehr abwälzen kann, den er einkalkulieren muß.
Es ist gesagt worden: Durch diese ganze Geschichte wird aber der Exportenthusiasmus der deutschen Industrie gehemmt. Der Exportenthusiasmus der deutschen Industrie ist zum einen etwas sehr Gutes; denn es ist eine sehr anstrengende Geschichte, zu exportieren, das ist eine sehr mühsame Angelegenheit. Es gab Zeiten, in denen wir den Unternehmungen, die sich im Export besonders hervortaten, sehr dankbar waren.Zum zweiten ist es aber auch so, daß durch diese Steuer — ob wir nun die Altverträge aus der Besteuerung herauslassen oder nicht — die Exportindustrie sowieso einen erheblichen Schock bekom-
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1968 10727
Dr. Wilhelmimen hat und man die Risiken im Export künftig sehr genau einkalkulieren wird.Ich gebe Ihnen ohne weiteres recht, meine Damen und Herren, daß mein hier gestellter Antrag auf Streichung dieser Ziffer natürlich etwas roh und global ist. Man muß einiges bedenken. Man muß bedenken, daß — wenn man meinem Antrag folgt — eine Sicherung geschaffen werden muß, die, etwa durch Registrierung der bestehenden Verträge, verhindert, daß da — sagen wir es mal auf deutsch — gemogelt wird.Auf der anderen Seite aber kann ich es nicht so ganz verstehen, wenn man nur vor lauter Angst, daß hier und dort Betrügereien begangen werden, ein Gesetz macht, das selbst ungut ist und nach meiner Überzeugung von vornherein gegen Treu und Glauben verstößt, weil hier eben in der Tat willkürlich gehandelt wird.Damit komme ich auf den rechtlichen Teil der Angelegenheit zu sprechen. Ich habe gehört, daß sich der Ausschuß mit der Frage befaßt hat, ob gegen Treu und Glauben verstoßen ist, und dabei die Frage geprüft hat, ob willkürlich gehandelt wurde. Ja, ich bin allerdings der Ansicht, daß hier, wenn man die Altverträge bedenkt, insoweit willkürlich gehandelt wird, als eben der wirtschaftliche Zweck des Gesetzes durch die Belegung der Altverträge überhaupt nicht erreicht wird. Es ist also eine ganz willkürliche Sache.Teilweise ist gesagt worden: Na ja, wir müssen das einstecken, wir müssen das Geld haben, um es dazu zu benutzen, in Einzelfällen, bei einzelnen Notständen, die auftreten, zu helfen und im Verwaltungswege auszugleichen. Meine Herren, Gesetze sind nicht dafür da, Geld in die Kassen zu bringen, um einzelne Notstände auszugleichen. Das ist vorhin schon in etwas schärferer Weise gesagt worden. Ich will mir diese Art nicht zu eigen machen. Dafür können Gesetze nicht geschaffen werden.Dieses Gesetz wird ganz klar geschaffen, um einen bestimmten wirtschaftlichen Effekt zu erreichen. Wenn er in bestimmten Teilgebieten des Gesetzes nicht erreicht wird und trotzdem eine Steuer erhoben wird, so kann ich das nicht anders als willkürlich bezeichnen und damit als einen Verstoß gegen Treu und Glauben. Ich bin deshalb der Ansicht, daß das Gesetz in dieser Form überhaupt angreifbar wäre.Deshalb warne ich davor, das Gesetz so zu verabschieden, und bitte Sie, meinem Antrag stattzugeben. Ich darf, um keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen, betonen: ich bin nicht der Auffassung, daß hier die Frage, ob das Gesetz gegen das Grundgesetz verstößt, vor irgendwelcher entscheidenden Bedeutung sein könnte. Das mag sein, aber das ist sehr zweifelhaft; damit will ich mich gar nicht befassen, das ist nicht das Entscheidende. Das Entscheidende ist für mich, daß es meines Erachtens insoweit willkürlich ist, gegen Treu und Glauben verstößt. Ich meine, in einem Rechtsstaat ist das eine sehr wichtige Sache: Der Gesetzgeber ist an Treu und Glauben gehalten, und er sollte Treu undGlauben seinen Staatsbürgern gegenüber wahren. Deshalb bitte ich, meinem Antrag stattzugeben.
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen.
— Frau Kollegin Funcke, der Herr Bundesminister hatte ums Wort gebeten, und das Grundgesetz und die Geschäftsordnung geben ihm das Recht, jederzeit das Wort zu verlangen. Ich habe mich erkundigt, ob es nicht besser wäre, zuerst Sie anzuhören. — Also doch, bitte, Frau Abgeordnete Funcke, Sie haben das Wort!
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Die FDP-Fraktion hat einen Antrag gestellt, der in der Sache der gleiche wie der ist, den Herr Kollege Wilhelmi soeben begründet hat. Wir wollen nicht darüber streiten, welcher in der Sache weitergehend ist und welcher hätte zuerst begründet werden müssen. Ich bin aber trotzdem dankbar, Herr Minister, daß Sie mir Gelegenheit geben, gemäß der üblichen Reihenfolge unseren Antrag zu begründen.Wir haben den Antrag gestellt, aus der Besteuerung des Exports diejenigen Verträge herauszunehmen, die vor dem Stichtag rechtsgültig abgeschlossen sind und eine feste Preisvereinbarung enthalten. Wir sind der Meinung, daß dies notwendig ist, weil eine Besteuerung solcher Verträge der Zielsetzung dieses hier zu behandelnden Gesetzes nicht entspricht, weil sie kurzfristig in Auslandsbeziehungen eingreift, die ihrem Wesen nach einer langfristigen Pflege bedürfen, weil sie den dirigistischen Trend der derzeitigen Wirtschaftspolitik verstärkt, weil sie verfassungsrechtlich umstritten und verfassungspolitisch nicht zu rechtfertigen ist und weil sie den Eindruck verstärkt, meine Herren und Damen, daß hier nicht nur wirtschaftspolitische, sondern auch fiskalische Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Lassen Sie mich das begründen.Zunächst einmal hat Herr Wilhelmi wohl sehr deutlich ausgeführt, daß eine Besteuerung abgeschlossener Verträge der Zielsetzung dieses Gesetzes nicht entspricht. Wenn wir aus der tage- und nächtelangen Beratung eines verstanden haben, so dies: daß die Regierung meint — und damit auch die Koalitionsparteien, die den Antrag gestellt haben —, daß mit einer Besteuerung des Exports eine Bremse gegen weitere Exporte oder weiteren Exportanstieg eingeführt werden soll. Eine solche Bremse kann aber dort nicht greifen, wo bereits rechtsgültige Verträge abgeschlossen sind. Denn ich glaube, es wird doch wohl keiner in diesem Hause sein, der es mit dem guten deutschen Namen für vereinbar hält, daß wegen der Besteuerung gültige Lieferverträge etwa nicht eingehalten werden sollen. Diese Verträge werden abgewickelt werden, und sei es mit Verlust für die Firmen. Damit aber würde ein Abbremsungseffekt nicht gegeben sein.
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10728 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1968
Frau FunckeSie, meine Herren und Damen, haben gestern abend noch in später Stunde beschlossen, dem Gesetz einen anderen Namen zu geben, um etwas von der Verbindung mit der Umsatzsteuer abzulenken. Es heißt jetzt: „Gesetz über Maßnahmen zur außenwirtschaftlichen Absicherung gemäß § 4 des Stabilitätsgesetzes. Das unterstreicht doch wohl, daß es sich um rein wirtschaftspolitische Maßnahmen handeln soll, und dazu ist eine Besteuerung von abgeschlossenen Verträgen eben keineswegs geeignet.Es wird auch der Glaubwürdigkeit nicht dienen, wenn wir solche Verträge nachträglich besteuern; ich meine die Glaubwürdigkeit gegenüber dem Ausland. Wenn ich gestern richtig zugehört habe, war ein Vertreter der Regierung der Meinung, es hätte doch einen Effekt, wenn wir auch die abgeschlossenen Verträge besteuern; es könnte ja sehr wohl sein und sei auch vielleicht ein bißchen gewollt, daß die Verträge noch einmal erneut zur Verhandlung gestellt würden und der eine oder andere dabei vielleicht kaputtginge. Meine Herren und Damen, ich meine, genau das dürften wir nicht wollen, und dafür dürfen wir nicht die Hand reichen. Schon bei den alten Römern war es ein guter Grundsatz, daß Verträge zu halten sind. Wir sollten nicht mit solchen Maßnahmen auch nur den Gedanken aufkommen lassen, als wäre unsere Regierung der Meinung, die deutsche Wirtschaft sollte geschlossene Verträge brechen.Ich sagte: Dieses Gesetz verstärkt den Eindruck des dirigistischen Trends in unserer Wirtschaftspolitik. Hierzu hat schon mein Kollege Genscher eben einiges angedeutet. Am deutlichsten und sinnfälligsten war dies spürbar, als wir die Frage nach der Besteuerung oder Herausnahme der Werftindustrie, d. h. also des Schiffsbaus, berieten. Jeder von uns weiß, daß der Schiffsbau notleidend ist und daß er subventioniert wird, nicht nur in Deutschland. Jeder weiß, daß es für den Bau von Schiffen langfristige Verträge gibt. Jeder weiß, daß ein nachträglicher Abzug von 4 % vom Erlös von der Werftindustrie nicht getragen werden kann. Die Bundesregierung hat deswegen vorgesehen, daß die Werftindustrie aus dem Erlös wieder Geld zurückbekommen soll. Warum in aller Welt nehmen wir es ihr dann erst aus der einen Tasche heraus, um es ihr in die andere Tasche wieder hineinzustecken? Warum belassen wir es dann nicht bei der Nichtbelastung?Meine Herren und Damen, es verstärkt sich der Eindruck bei der Industrie, daß dieser mühselige Umweg benutzt wird, um nach Gutdünken der Regierung die Menge des Zurückerstatteten von sich aus zu bestimmen und von daher also mit Hilfe dieses Gesetzes und der Besteuerung abgeschlossener Verträge dirigistisch und regiemäßig auf die Wirtschaft einzuwirken.Sagen Sie uns nicht, daß der vorsichtige Paragraph, der zur Stützung der betroffenen Industrie für die Besteuerung langfristiger Verträge im Gesetz vorgesehen ist, etwa etwas heilen könnte. Dieser Paragraph ist reine Augenwischerei; denn er verlangt, daß zunächst einmal ein Verlust aus den bestehenden Verträgen für das ganze Jahr nachgewiesen wird — wobei die Bilanzierungsmethoden noch bestritten werden können —, ein Verlust — nun hören Sie genau zu! — nicht nur in einem Betrieb, sondern in allen Betrieben, an denen der Steuerpflichtige zufällig allein oder mit seiner Frau beteiligt ist, so daß es reiner Zufall, ja ein bißchen Glückssache ist, ob jemand einen tatsächlichen Verlust wirksam nachweisen kann.Meine Herren und Damen, es ist die Frage aufgetaucht, ob diese Fassung rechtlich zu halten ist, ja ob sie verfassungsrechtlich zu halten ist. Herr Wilhelmi hat die Frage offengelassen. Ich bin kein Jurist und kann sie hier an Ort und Stelle nicht klären. Mit Sicherheit aber ist die Besteuerung abgeschlossener Verträge im Rahmen dieses Gesetzes verfassungspolitisch nicht zu rechtfertigen. Ich möchte Sie an ein Verfassungsurteil aus dem Jahre 1961 erinnern, in dem folgendes als Begründung steht:Zu den wesentlichsten Elementen des Rechtsstaatsprinzips gehört die Rechtssicherheit. Der Staatsbürger soll die ihm gegenüber möglichen staatlichen Eingriffe voraussehen und sich dementsprechend einrichten können. Es muß darauf vertrauen können, daß sein dem geltenden Recht entsprechendes Handeln von der Rechtsordnung mit allen ursprünglich damit verbundenen Rechtsfolgen anerkannt bleibt. In diesem Vertrauen wird der Bürger . aber verletzt, wenn der Gesetzgeber an abgeschlossene Tatbestände ungünstigere Folgen knüpft als diejenigen, von denen der Bürger bei seinen Dispositionen ausgehen durfte. Für den Bürger bedeutet Rechtssicherheit in erster Linie Vertrauensschutz.Meine Herren und Damen, dies ist ein durch ein Verfassungsgericht festgelegtes Postulat. Ich glaube wie Herr Wilhelmi in der Tat, wir dürfen nicht einfach in einer Nachtsitzung mit einem Federstrich solche ernsthaften verfassungsrechtlichen und verfassungspolitischen Fragen und Sorgen beiseiteschieben.
— Bitte!
Haben Sie bei Ihren verfassungsrechtlichen Überlegungen und Auswertungen auch einmal die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im 19. Band, das Couponsteuerurteil, das zu ganz anderen Ergebnissen kommt, geprüft? Sie haben einen ganz wichtigen Satz ausgelassen, der das Gemeinwohl betrifft. Können Sie sich dazu auch einmal äußern?
Ich habe ihn nicht ausgelassen. Er steht in einem späteren Abschnitt, Herr Kollege. Da steht in der Tat — ich freue mich, daß Sie mich daran erinnern; sonst hätte ich es beinahe vergessen —,
daß dieses Postulat durch das gemeine Wohl überspielt werden kann. Aber, Herr Kollege, sowohlHerr Kollege Wilhelmi wie auch ich haben ja ver-
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1968 10729
Frau Funckesucht, Ihnen klarzumachen, — und dem kann von Ihnen nicht widersprochen werden —, daß die Zielsetzung dieses Gesetzes in keiner Weise davon berührt wird, ob wir die vorhandenen Kontrakte besteuern oder nicht, weil diese Kontrakte auf jeden Fall abgewickelt werden und deswegen das Geld nach Deutschland hereinbringen. Sie können doch nicht im Ernst glauben, daß Sie durch die Besteuerung bestehender. Kontrakte die tatsächliche Abwicklung beeinflussen. Deswegen können Sie im Sinne dieses Gesetzes für die Besteuerung gültiger Verträge nicht das gemeine Wohl bemühen.Natürlich — jetzt kommt- die weitere Frage, Herr Kollege —, der Finanzminister ist interessiert. Ich behaupte, dieses Gesetz hat eben nicht nur wirtschaftspolitische Zielsetzungen, sondern ist auch unter fiskalischen Gesichtspunkten zu sehen. Das ist uns ja gestern und heute auch durchaus deutlich gemacht worden. Wir kennen alle die Rechnung, daß die Exporteinnahmen auf 1,3 Milliarden DM höher als die Rückvergütung bei den Importen geschätzt werden. Das bedeutet also einen Bruttogewinn von 1,3 Milliarden DM zugunsten des Fiskus.Wenn wir das Volumen der bestehenden Kontrakte mit 30 Milliarden DM veranschlagen und davon 4 % und in Einzelfällen auch nur 2% nehmen, kommen wir auf eine runde Milliarde; d. h. wir würden dann immer noch mehr aus den Exporten gewinnen, nämlich rund 300 Millionen DM, als wir für die Importe als zusätzliche Vergütung geben müssen. Es ist daher die Finanzmasse, um unseren Antrag im 'Rahmen des Gesetzes auszubalancieren. Wenn Sie hingegen mehr einnehmen wollen, meine Herren und Damen, ist das eine fiskalische Zielsetzung; wir kommen einfach nicht darum herum.Ich gebe Ihnen zu, je mehr Sie mit der Besteuerung in laufende Kontrakte eingreifen, um so größer wird der Ausfall bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer werden, denn selbstverständlich werden die Firmen Rückstellungen vornehmen müssen und damit bereits den Gewinn für dieses Jahr mindern. Aber je weniger Sie dort eingreifen, um so weniger haben Sie Rückgänge bei der Körperschaftsteuer und der Einkommensteuer zu erwarten.Meine Herren und Damen! Ich glaube, wir sollten uns doch über den Ernst der Entscheidung klar sein, Auslandsbeziehungen sind kein Wasserhahn, den man nach Belieben andrehen und wieder abdrehen kann. Auslandsbeziehungen erfordern nun einmal langfristige geistige und materielle Investitionen, sie erfordern Glaubwürdigkeit und Vertrauen, und sie erfordern im Zeitalter wachsender staatlicher Eingriffe eine ganz besonders behutsame Hand; denn wir sollten nicht vergessen, daß die gleiche Regierung, die heute ruckartiges Bremsen empfiehlt, noch vor einem Jahr zur Ausweitung des Exports ermuntert hat. Ich meine, meine Herren und Damen, uns ist als Parlament in dieser Frage eine besondere Verantwortung auferlegt.
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf das Ziel meiner Wortmeldung gleich verkünden: Ich trete nachdrücklich dafür ein und möchte Sie dringlich darum bitten, sowohl den Antrag des Kollegen Wilhelmi als auch den Antrag der FDP-Fraktion abzulehnen.
— Sie haben wahrscheinlich das Gegenteil erwartet!
Dazu wenige Bemerkungen. Niemand hat gesagt, daß durch die unter Vorsitz des Kollegen Schiller im Zehnerklub und auch unter meiner freundlichen Assistenz zustande gekommene Abmachung eine Festlegung für das Parlament bedeutet, etwa in dem Sinne eines außenpolitischen, eines völkerrechtlichen Vertrages, der dann bloß noch mit Ja oder mit Nein vom Parlament angenommen oder verworfen werden kann. Kollege Schiller hat vorhin mit Recht ausgeführt, daß dieses Hohe Haus beim ersten Schritt völlig frei ist. Wenn es aber beim ersten Schritt zu dieser Absprache nein sagt, muß es wissen, daß dann ein zweiter oder dritter Schritt kommt, der nicht mehr in unserer Verfügungsgewalt und nicht mehr in der souveränen Entscheidung dieses Hohen Hauses liegt.
Es ist von verfassungsrechtlichen und verfassungspolitischen Gesichtspunkten gesprochen worden. Zu den verfassungsrechtlichen Aspekten wird der Staatssekretär des Bundesjustizministeriums—wenn ich richtig unterrichtet bin — Stellung nehmen. Wenn aber in dem Zusammenhang von Rechtssicherheit und Vertrauensschutz gesprochen wird, — —
— Noch ein Zuruf in dieser Lautstärke, und ich stehe still!
Ich darf Sie auf folgendes hinweisen. Hätte sich die Bundesregierung nicht so nachdrücklich, wie ich es hier unter anderem bei der steuerpolitischen Debatte getan und begründet habe, trotz des von mehreren Seiten auf sie ausgeübten Einflusses einer Aufwertung widersetzt, dann hätten wir bei einer Aufwertung, bei der ein vierprozentiger Satz ohnehin nicht in Betracht gekommen wäre — ohnehin nicht, darüber sollte es keinen Zweifel geben —, in der Exportwirtschaft bei den abgeschlossenen Verträgen folgende Situation gehabt: Entweder sie wären in D-Mark abgeschlossen worden; dann müßte der ausländische Käufer den Mehrpreis tragen. Wie Gespräche mit mehreren führenden Exporteuren ergeben haben — gerade in den Branchen, in denen der Export auf härteste ausländische Konkurrenz stößt —, hätte auch unter dem Motto „Vertrauensschutz" der ausländische Käufer, wenn er nicht ohnehin durch Klauseln gegen eine Aufwertung gesichert war, von der Lieferfirma verlangt, daß sie auch ohne rechtliche Verpflichtung die Auf-
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10730 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1968
Bundesminister Dr. h. c. Straußwertungskosten unter Minderung ihres Gewinnes übernimmt, ansonsten sie keinen Auftrag mehr bekommen würde. War aber der Vertrag in ausländischer Währung abgeschlossen worden, dann müßte die Firma die Minderung ihres Ertrages — da in fremder Währung bezahlt wird — ohnehin hinnehmen, und auch bei einer Kurssicherungsklausel hätte sie kaum Aussicht, einen Ersatz zu bekommen.Wenn Sie hier rufen: Mit Recht!, dann möchte ich darauf hinweisen, daß ich damals als Parlamentarier auf freier Wildbahn anläßlich einer wirtSchafts- und finanzpolitischen Debatte in diesem Hause vorgeschlagen habe, erstens auf die Kuponsteuer wegen ihrer fragwürdigen Wirkung zu verzichten, zweitens, wenn das aus übergeordneten Gründen nicht möglich sein sollte, eine Lösung ex nunc und nicht eine Lösung ex tunc zu finden. Wenn mich nicht alles täuscht — so leid es mir tut, das sagen zu müssen —, war es eine Regierung mit einem FDP-Finanzminister, die die Lösung ex tunc und damit auch unter dem Stichwort Vertrauensschutz eine Maßnahme getroffen hat — von der Mehrheit des Parlaments übernommen —, die den zahlreichen ausländischen Erwerbern von Rentenpapieren eine fühlbare Minderung ihrer Rendite gebracht hat; dabei war doch die Höhe der Rendite für den Abschluß des Kaufes, also für den Erwerb der Rentenpapiere maßgebend. Darüber gibt es doch nicht den geringsten Zweifel. Daher dann der Verfall unseres Rentenmarktes mit dem Rückgang der Kurse und alle den Erscheinungen, die uns damals alle nicht sehr erfreut haben.
— Soviel ich weiß, werden Steuergesetze — darum war ich auch für dieses Gesetz federführend und habe ich dafür gesprochen und es unterschrieben — vom Finanzminister federführend bearbeitet.
— Ich darf Ihnen sagen: ich habe damals in meinem Fraktionsvorstand erklärt: wenn ich Finanzminister wäre, würde das Kuponsteuergesetz das Kabinett nicht verlassen haben.
— Da war es noch ein bißchen zu früh, Herr Kollege ' Möller.
Im Zusammenhang mit diesem Thema ist zwischen den zuständigen Stellen — mehr kann ich nicht sagen — auch folgendes erörtert worden. Es kann im Zuge von Stabilisierungsmaßnahmen auch notwendig werden — selbst wenn es von uns als nicht aktuell und hoffentlich nicht aktuell werdend bezeichnet worden ist —, daß z. .B. die Bundesbank durch restriktive Maßnahmen auf dem monetären Gebiet die Kreditkosten verteuert. Das ist ja inden Jahren ab 1964 oder 1965 bis Ende 1966 geschehen. Wenn die Bundesbank heute — aus weiß Gott welchen Gründen — den Diskontsatz und die Mindestreserven erhöhen würde, dann hätte die Bundesregierung nur ein Veto mit aufschiebendem, aber nicht aufhebendem Charakter. Das Parlament hätte darauf überhaupt keinen Einfluß, und der Einfluß der Bundesregierung wäre nach einem einmaligen Veto schon zu Ende. Jeder, der die Finanzierung langfristiger Exportverträge — wie dasmeistens bei diesen Verträgen der Fall ist — mit Kredit unternommen hätte, müßte sich gefallenlassen, daß aus übergeordneten Gründen eine Kostenverteuerung eintritt, gegen die er keinerlei rechtliche Mittel ergreifen kann. Auch darüber gibt es keinen Zweifel.Darum ist diese Maßnahme hier von sämtlichen in Betracht kommenden noch diejenige, die Rechtssicherheit und Vertrauensschutz am meisten gewährleistet und die die wenigsten Eingriffe mit sich bringt.Außerdem darf ich auch noch folgendes bemerken. Man spricht immer von einer vierprozentigen Gewinnminderung. Das ist in dieser Form einfach falsch. Man kann nicht davon ausgehen, daß sämtliche Exportbetriebe in Zukunft überhaupt ohne jeden Gewinn arbeiten werden. Meistens handelt es sich um Betriebe, die im Inland und im Ausland absetzen. Aber auch bei denen, die nur Auslandsabsatz haben, wird man nicht ,erwarten können, daß sie in Zukunft schlechthin auf jeden Gewinn verzichten. Warum sage ich das? Weil die 4 %ige Exportsteuer in vollem Umfange bei den Ertragsteuern abzugsfähig sind.
Natürlich haben wir in § 7 dann Kriterien zu finden versucht. Aber Kriterien, die eine individuell gerechte Regelung ermöglichen, kann man bei einer gesetzlichen Regelung überhaupt nicht treffen; die kann man nur auf administrativem Wege optimal herbeizuführen versuchen. Darum war es auch sinnlos, Ausnahmen für Branchen oder Ausnahmen für Regionen vorzusehen. Ich habe, als wir in der ersten Lesung über dieses Gesetz sprachen, davor gewarnt, durch die Summe aller Ausnahmeregelungen das Gesetz zum Schluß nichtexistent zu machen. Denn so töricht sind unsere Partner in dem Falle auch wieder nicht, um nicht zu wissen, was dann dabei gespielt wird. Wir müssen ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit erhalten,
um unerwünschten Folgen zu entgehen; und dann allerdings wären die letzten Dinge schlimmer als die ersten, darüber gibt es leider — oder erfreulicherweise — keinen Zweifel.Ein weiterer Gesichtspunkt! Sie sagten, Frau Kollegin Funcke, das Gesetz habe schließlich keine eigentliche wirtschaftspolitische Zielsetzung, sondern eine fiskalische Zielsetzung. Da haben Sie, trotz Ihrer sonstigen so präzisen Formulierungsgabe, nicht scharf genug differenziert. Der Ausgangspunkt für
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1968 10731
Bundesminister Dr. h. c. Straußdieses Gesetz ist bestimmt nicht die hintergründig verborgene Absicht, — —
— Lassen Sie mich doch zu Ende reden, damit Sie wissen, was Sie fragen sollen!
Der Ausgangspunkt dieses Gesetzes ist sicher nicht die vom Finanzminister heimtückisch getarnte Absicht, Deckungsmittel für Haushaltslücken zu gewinnen, für die er sonst weder durch Ausgabenminderung noch durch Kreditfinanzierung noch durch andere Steuererhöhung sich die Deckungsmittel beschaffen könnte. Das wissen Sie doch ganz genau, daß von mir niemals aus Gründen des Haushaltsausgleichs die Einführung einer Exportbelastung verlangt worden ist.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Bitte!
Herr Minister, darf ich nur darauf hinweisen, daß Sie mich hier offensichtlich falsch zitiert haben. Ich habe nicht gesagt, der Ausgangspunkt scheine mir fiskalischen Ursprungs zu sein, sondern ich habe gesagt — ich habe es hier wörtlich —, daß der Eindruck sich verstärkt, daß nicht nur wirtschaftspolitische Zielsetzungen, sondern auch fiskalische im Spiel sind.
Man soll nicht von Eindrücken reden bei solchen Dingen, wo es um das Reich der Zahlen und um harte Tatsachen geht, sondern man soll von — auf gut Deutsch — von facts and figures reden;
und ein solches fact ist ohne Zweifel, daß dieses Gesetz nicht aus fiskalischen Überlegungen ersonnen worden ist.
Wir haben bei unserer mehrjährigen Finanzplanung wie in unserem Haushaltsentwurf 1969 eine solide Vorlage gemacht. Es gibt kein finanzielles Problem, kein binnenwirtschaftliches oder binnenfinanzielles Problem, das die Belastung des Exports zur Gewinnung von Deckungsmitteln für die Befriedigung irgendwelcher Ausgaben erfordern würde. Der Ausgangspunkt ist § 4 des Stabilitätsgesetzes und sonst nichts.
Ausgangspunkt! — Kollege Ertl, Sie würden Ihrem guten Ruf nur schaden, wenn Sie es bestreiten würden.
Die Zielsetzung enthält natürlich auch die Absicht, mit diesem Gesetz die Mittel zu gewinnen, um die wirtschaftlichen Schäden für die Folgen der außenwirtschaftlichen Absicherung minimieren zu können.
— Ich glaube doch, daß Sie ganz klar unterscheiden können, — —
— Da müssen Sie einmal hier an dieser Stelle klipp und klar sagen: „Wir hätten es vorgezogen, wenn die Bundesrepublik um 5 oder 7 oder 8 % aufgewertet hätte." Dann haben Sie doch den Mut, das zu sagen!
Man kann doch nicht immer so tun, als ob es noch eine imaginäre, fiktive Geheimmöglichkeit gäbe. Die gab es ja nicht und gibt es ja auch nicht; davon kann ja gar keine Rede sein.
— Eine dritte Alternative wäre gewesen, gar nichts zu tun. Aber dazu hätte es der Standhaftigkeit der FDP bedurft, um das alles durchzuhalten.
— Im Haus des Gehenkten redet man nicht vom Strick, Herr Kollege Dorn.
Damit komme ich zu der Frage der umsatzsteuerlichen Entlastung der Altverträge. Wir müssen damit rechnen, daß wir nach dem vorliegenden Gesetz an Abgabe zur außenwirtschaftlichen Absicherung, also an Sonderumsatzsteuer, einen Betrag von, sagen wir, rund 3,6 Milliarden DM bekommen werden. Wir müssen damit rechnen, daß der Importbonus uns etwa 2,8 Milliarden DM kosten wird und daß dann noch 800 Millionen DM übrigbleiben. Für den Bund ergibt sich natürlich einmal die Frage, welche Folgen die Erlösminderung auf dem Gebiet der Einkommen- und Körperschaftsteuer für Bund und Länder haben wird. An dieser Frage kann man nicht vorbeigehen. Aber das wäre für mich noch nicht die ausschlaggebende Frage, weil ich nicht so engstirnig fiskalisch denke, daß ich darauf bedacht bin, bei einer Maßnahme, die ein paar Mark kostet, wiederum gleich die Deckung dafür auf dem Wege einer stärkeren Belastung zu beschaffen. Nein, wir denken an etwas anderes. Ich möchte sagen, ohne den Präsidenten der Industrie- und Handelskammer Krefeld — —
Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Funcke?
Darf ich das erst zu Ende führen. Ich bin noch mitten im Satz. Bis ich ausgeredet habe, können Sie sich
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10732 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1968
Bundesminister Dr. h. c. Straußdie Mühe des Stehens ersparen; dann antworte ich freiwillig.
Ohne den Mut des Herrn Präsidenten der Industrie- und Handelskammer. Krefeld, des Herrn Sel-bach, zu sehr strapazieren zu wollen, darf ich auf eine Äußerung von ihm Bezug nehmen. Ich habe sie dem Handelsblatt; und einem Fernschreiben, das er einem Kollegen meiner Fraktion geschickt hat, entnommen. Er schreibt:Ich habe gesagt, daß Unternehmungen, die bis jetzt sich im wesentlichen nur im Inland betätigt hätten, in einer Art Beschäftigungstherapie Exporte durchgeführt haben, die mit vernünftigen kalkulatorischen Maßnahmen nicht zu rechtfertigen seien.So das wörtliche Zitat. Leider sei das auch der Fall bei einigen, aber ganz wenigen klassischen Exporteuren, die zugegebenermaßen ebenfalls zur Erhaltung ihrer Beschäftigung zu billigen Preisen im Ausland Aufträge erzielt hätten. Er schreibt weiter:Ich habe wörtlich gesagt, darunter müßten jetzt die wirklich ernst zu nehmenden Exporteure leiden, und habe sogar noch den weit überwiegenden Teil des Maschinenbaus, die Chemie und -die Automobilindustrie ganz besonders hier erwähnt, denen man auch in dieser Hinsicht keine Vorwürfe machen könnte.Ich mache mir diese Äußerungen des Präsidenten der Industrie- und Handelskammer Krefeld, Herrn Selbach, weitgehend zu eigen. Sie zeigen aber doch, daß hier ein maßgebender Fachmann der Exportwirtschaft auch bestimmte — lassen Sie mich das einmal ohne jede moralische Wertung sagen — Verhaltensweisen eines Teils der neuen Exportindustrie kritisiert hat. Was hier steht, stammt ja nicht von mir, sondern von einem Mann, der mitten im wirtschaftlichen Leben steht.
— Zuerst kommt Frau Funcke dran, Herr Kollege Haase. — Auch Sie können sich die Mühe des Stehens ersparen. Ich bin im Moment im Wort.
— Ich kann Sie doch nicht einer Dame gegenüber bevorzugen.Ich habe nur das Fernschreiben zitiert, das auf Äußerungen von mir gestern in der Fraktion Bezug nimmt, und meine Äußerungen nahmen wieder Bezug auf den Artikel im „Handelsblatt", weil ich nichts anderes getan habe, als diesen Artikel zu verlesen, und das soll man ja gelegentlich noch tun dürfen.Wenn wir nun beispielsweise alle Altverträge entlasten, dann entlasten wir auch diejenigen, die sich nach Meinung maßgebender Persönlichkeiten der Exportwirtschaft im wirtschaftspolitischen Sinne nicht ganz richtig verhalten haben. Andererseits— und das sollte man bei Ihnen würdigen — wird auch bei Neuverträgen die verdiente, bewährte und nicht der Kritik zu unterziehende Exportwirtschaftbelastet, ohne daß man hier die Argumente Vertrauensschutz und Rechtssicherheit strapazieren kann. Die Situation unserer stahlerzeugenden Wirtschaft wird nicht nur, was die Altverträge anbetrifft, sondern auch, was die Konkurrenzsituation im Inland wie die Exportchancen im Ausland anbetrifft, ohne Zweifel durch diese Regelung belastet. Wenn ich mich einer stärkeren Entlastung von Altverträgen widersetzt habe, dann nicht zuletzt aus dem Grunde, weil die Mittel, die sich durch den Saldo zwischen Sonderumsatzsteuer bei Ausfuhr und Importbonus bei Einfuhr ergeben, auch verwendet werden müssen, um in Schwierigkeit geratenen Bereichen unserer Wirtschaft nicht nur im Bereich der Altverträge, sondern auch für die Konkurrenzfähigkeit bei zukünftigen Exporten unter die Arme greifen zu können.
Ich nenne hier Bereiche wie Maschinenbau, Kohle, Schiffsindustrie, Textilwirtschaft. Es ist kein ausschließlicher Katalog; aber bei diesen vier treten ohne Zweifel Probleme nicht nur wegen der Altverträge auf, sondern gerade bei der verdienten, bewährten, knapp kalkulierenden Altexportwirtschaft — um sie einmal so zu nennen — auch Belastungen für Neuverträge.Wir haben, meine sehr verehrten Damen und Herren von der FDP-Fraktion, doch diese Probleme nicht von der Bundesregierung aus hervorgerufen. Herr Kollege Genscher, Sie sollten meine Erklärung, für die ich ja die Quelle verlesen habe, wirklich ernstnehmen. Ich habe kein Wort davon gesagt, daß der französische Franc abwerten müsse oder abwerten werde. Das war eine Falschmeldung einer in diesem Falle nichtdeutschen Agentur. Ich habe ausdrücklich gesagt: Das ist in der freien Entscheidung der französischen Regierung, sie hat mehrere Alternativen, sie kann den einen Weg und kann den anderen Weg gehen. Aber man ist ja gegen Falschmeldungen, wenn sie dann noch auf Empfindlichkeiten stoßen, machtlos, weil dann ja jede Erklärung ohnehin zu spät kommt. Aber für so kleinkariert halte ich unsere französischen Freunde nicht, daß sie wegen einer obendrein noch falsch zitierten Äußerung bei einem Kurzinteriew dramatische Entscheidungen ihres Landes treffen. Das hieße das französische Format weit unterschätzen.Die Problematik, die wir durch dieses Gesetz zu lösen versuchen, ohne unwiderrufliche Schäden hervorzurufen, ist nicht von der Bundesregierung herbeigeführt worden. Wir sollten in diesem Zusammenhang überhaupt nicht von Schuld reden. Ich habe auch im internationalen Bereich sehr deutlich gesagt — und Herr Schiller hat es sogar in einer sehr scharfen Formulierung getan —, man darf das deutsche Volk nicht für seinen Fleiß und seine Leistung bestrafen.
Andererseits können wir an der Währungs- und Wirtschaftsproblematik anderer Länder, auf deren wirtschaftliche Zusammenarbeit und deren außenpolitische Unterstützung wir angewiesen sind, nicht
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1968 10733
Bundesminister Dr. h. c. Straußin der überheblichen Position der beati possidentes achtlos vorbeigehen.
Darum haben wir versucht, eine Form der Belastung — es ist eine Belastung; eine Belastung, die niemand spürt, ist keine Belastung; eine Belastung, bei der es allen noch besser geht, aber alle über ihr Opfer heroisch klagen können, gibt es natürlich nicht — zu finden, die von allen zu Gebote stehenden Möglichkeiten noch die geringste ist, und wir haben versucht, damit auch Ausgleichmittel zu gewinnen, um langfristige Schäden aus einer temporären Belastung ausgleichen oder zumindest vermindern zu können.Nun stehe ich Ihnen gern für Zwischenfragen zur Verfügung.
Zunächst eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Funcke.
Herr Minister, ich bin noch bei den Zahlen. Wie verhält sich Ihre Differenz von jetzt 800 Millionen DM zu den 1300 Millionen DM, die uns vorige Woche aus dem Ministerium dargelegt worden sind?.
Es waren 1100 Millionen DM.
Die Differenz ergibt sich daraus, daß in der ersten Fassung des Gesetzes der Stichtag 23. November galt und in der jetzt vorliegenden Fassung des Gesetzes Stichtag der 23. Dezember ist. Die Entlastung um das Außenhandelsvolumen dieses Monats — Verzicht auf die Sonderumsatzsteuer für Ausfuhren noch für diesen einen Monat sowie Entlastung aus der Härteklausel des § 7 Abs. 3 — beträgt nach den Angaben, die wir mit dem Wirtschaftsministerium abgestimmt haben, rund 500 Millionen DM.
Noch eine Frage.
Sind Sie nicht trotzdem der Meinung, daß die 800 Millionen DM ausreichen, alle die Zielsetzungen, die Sie haben, zu erfüllen, nämlich die laufenden Kontrakte auszunehmen, die ja nicht alle unter die 30 Milliarden DM fallen, weil manche längerfristig sind und über die 15 Monate hinaus laufen, und gleichzeitig noch den Bedarf an Zuschüssen für Notleidende zu verringern, weil dann weniger notleidend sind?
Meine 20jährige Erfahrung als Parlamentarier und meine kurzfristige Erfahrung als Finanzminister haben mich immer zu der Auffassung gebracht, daß das Geld nie ausreicht.
Herr Kollege Haase wollte noch eine Zwischenfrage stellen.
Verehrter Herr Minister, darf ich vielleicht mit Ihrer Genehmigung noch einmal auf das Fernschreiben des IHK-Präsidenten zurückkommen, von dem Sie uns vorhin auszugsweise Kenntnis gaben.
Ich habe es ganz verlesen.
Herr Minister, sollten wir nicht davon absehen, unsere Unternehmer dafür zu schelten, daß sie — in dem Fernschreiben ist wörtlich die Rede davon — zur Erhaltung der Arbeitsplätze auf den Weltmarkt gedrängt sind? Sollten wir nicht davon absehen, sie dafür zu schelten, daß sie das getan haben, und heute von einer Exporteuphorie zu sprechen? Ich glaube, es ist keiner zu seinem Vergnügen auf den Weltmarkt gedrängt. Am allerwenigsten dürfen wir die Unternehmer kritisieren, daß sie das getan haben. Vor einigen Monaten waren wir noch dankbar, daß es so war.
Herr Kollege Haase, was Sie sagen, geht ein wenig über eine Frage hinaus.
Ich bin für die in Form einer Belehrung gehaltene Frage trotzdem aufgeschlossen.
Ich habe mir auch gar keine moralische oder wirtschaftliche Wertung erlaubt. Ich würde mich hüten, hier mit moralischen Maßstäben zu messen oder mit wirtschaftlichen Zensurmethoden zu arbeiten. Ich wollte nur sagen: Die Meinungen in der Wirtschaft sind sehr geteilt. Die alte, klassische Exportwirtschaft hat es nicht ohne Sorge gesehen, daß aus den anerkennenswerten Gründen, die Sie genannt haben, an sich inlandsorientierte Produktionsbetriebe unter dem Druck der Rezession und natürlich unter Ausnutzung der inflationären Preisentwicklung in anderen Ländern mitgenommen haben, was mitzunehmen war. Darüber gibt es in der Wirtschaft sehr verschiedene Meinungen, wie aus diesem Fernschreiben und aus dem Artikel im „Handelsblatt" hervorgeht.Ich habe deshalb zweitens gesagt: Wenn wir schon bedauerlicherweise — wer tut denn das gern, was wir heute vorhaben? — aus Gründen der internationalen Währungsordnung vor die Wahl zwischen verschiedenen Übeln gestellt sind und uns für das kleinste Übel zu entscheiden bemühen — —
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10734 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1968
Bundesminister Dr. h. c. Strauß— Herr Starke, das hat doch mit Wirtschaftspolitik in dem Fall nichts zu tun.
— Das werde ich mir mit größter Aufmerksamkeit anhören, aber ich weiß nicht, wieviel ich davon gewinnen werde..
— Ich wollte dem Herrn Kollegen Haase doch antworten. — Und wenn die Meinungen in der Wirtschaft schon über die Zweckmäßigkeit — ich rede gar nicht über Moral und wirtschaftspolitisch richtig oder falsch — des starken Exportdrucks sehr geteilt sind, weil die Interessen verschieden sind, muß man auch in der Frage, ob alle in der Saldierung zwischen Sonderumsatzsteuer und Importbonus verbleibenden Finanzmittel aus den vorher genannten Gründen — Rechtsschutz, Vertrauenssicherheit usw.— nur für die Entlastung der Altverträge verwendet werden dürfen, zu der Auffassung kommen, daß die Erhaltung des Beschäftigungsstandes in der klassischen Exportindustrie und hier gerade in den mit knappsten Margen auf dem Auslandsmarkt operierenden Bereichen es erfordert, einen Teil der Mittel für Überbrückungsmaßnahmen in diesem Bereich für einige Zeit — es dauert ja ohnehin nur, „nur" sage ich, 15 Monate — zu verwenden. Das war jedenfalls die löbliche Intention meiner Ausführungen, Herr Kollege Haase.
Das Wort hat der Herr Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur verfassungsrechtlichen Seite und zur rechtlichen Seite im Allgemeinen ist gesagt worden, daß die Besteuerung der Altkontrakte willkürlich oder jedenfalls verfassungsrechtlich zweifelhaft sei. Um diese Frage beurteilen zu können, ist es gut, einmal die Frage zu stellen: Wie sähe die rechtliche Situation aus, wenn die Bundesregierung nicht durch ihr energisches Handeln eine Aufwertung verhindert hätte? Dann hätten wir diese rechtliche Diskussion überhaupt nicht. Denn es ist unbestritten, daß die Auf- und Abwertungskompetenz im Interesse der Währungsstabilität ohne Rücksicht auf private Verträge ausgeübt werden kann. Die Verfassung ist schließlich keine Veranstaltung gegen das Gemeinwohl. Sie muß so ausgelegt werden, daß der Gesetzgeber das Gemeinwohl auch dann wahrnehmen kann, wenn dadurch notwendigerweise Einzelinteressen beeinträchtigt werden.Nun hat man hier nicht die Währungskompetenz ausgeübt, sondern die Steuerkompetenz. Ich widerspreche der Meinung, daß die Besteuerung der Altkontrakte keine Beziehung zum Ziel des Gesetzes habe. Sie hat sie in dreierlei Weise.Dazu, ob die Exporteure diese 4% bei den Altkontrakten wirklich nicht abwälzen können, kann ich mich gar nicht äußern, Herr Dr. Wilhelmi. Das liegt am Vertrag, und das liegt auch etwas an den allgemeinen Geschäftsbeziehungen, die man hat. Ich weiß es nicht.Der Sinn des Gesetzes ist es, nach außen den Export und nach innen den Preisauftrieb zu dämpfen. Dafür können wir nicht allein auf den einzelnen Vertrag abstellen, sondern man muß fragen: Welches Finanzvolumen steht dem Exporteur insgesamt gesehen zur Verfügung? Da machen diese 4 °/o schon etwas aus.Auch ein zweiter Gesichtspunkt, den Sie genannt haben, die Wirksamkeit der Regelung für die neuen Verträge, hängt natürlich davon ab — aber das ist nur ein Nebengesichtspunkt —, daß man die Altverträge nicht ganz herausläßt.Schließlich kommen die fiskalischen Nebeneffekte hinzu, über die der Herr Bundesfinanzminister gerade gesprochen hat.Im übrigen ist es so, daß eine eingehende Verfassungsrechtsprechung zu diesen Fragen vorliegt.
— Gnädige Frau, die hier einschlägige Entscheidung ist nicht die von 1961. Einschlägig ist die von Herrn Abgeordneten Schulte schon genannte Entscheidung im 19. Band. Dort ging es um die Kuponsteuer. Dabei handelte es sich wohl um eine echte rückwirkende Steuer, weil die Zeichnung vorausging. Hier geht es nicht um eine rückwirkende Steuer. Es geht um eine Umsatzsteuer, die nicht an den Vertragsabschluß anknüpft, sondern an die Lieferung. Der Lieferungszeitpunkt liegt hier noch in der Zukunft. Nur der Vertragsabschluß liegt vorher. Zu behaupten, dies sei eine unzulässige Rückwirkung, ist ungefähr genauso, als wenn man sagen würde, einer Erhöhung der Lohnsteuer stünden die vorher abgeschlossenen Tarif- und individuellen Arbeitsverträge entgegen. Auf diese Idee ist noch niemand gekommen. Da ist kein Unterschied.Kein Bürger kann sich in unserem Staat darauf verlassen, daß die Steuerrechtslage unverändert bleibt. Das ist vom Bundesverfassungsgericht mehrfach entschieden worden, im Fall der Kuponsteuer aus Gründen der Währungsstabilität und der Konjunkturdämpfung sogar für eine Steuer, die wohl rückwirkend war.Ich darf noch auf einen weiteren Unterschied hinweisen. Dieses Gesetz sieht eine Härteklausel vor. Zu der verfassungsrechtlichen Bedeutung der Härteklausel in diesen Fällen darf ich Sie an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im 16. Band, S. 147, über die starken Eingriffe in den Werkfernverkehr erinnern. Diese Maßnahmen wurden unter Berufung auf die Möglichkeit einer Billigkeitsregelung nach § 131 der Abgabenordnung ebenfalls für verfassungsgemäß erklärt.Alles in allem vermag ich nicht zu sehen, wo bei diesem Gesetz, gemessen an der bisherigen Rechtssprechung, die verfassungsrechtlichen Bedenken liegen sollen.
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1968 10735
Das Wort hat Herr Abgeordneter Genscher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem sowohl der Finanzminister wie der Wirtschaftsminister in den letzten Monaten das deutsche Volk mit den Mitteilungen erfreuten, daß nun die Ruhe an der Steuerfront eingekehrt sei, hat der Staatssekretär im Bundesjustizministerium zunächst einmal die steuerpolitische Maxime der Regierung Kiesinger neu formuliert. Besteht sie darin: Kein Bürger kann sich darauf verlassen, daß die Steuern nicht erhöht werden?
Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Schulte?
Wollte Herr Schulte eine Zwischenfrage stellen? — Nicht.Meine Damen und Herren, es geht in dieser Frage darum, ob die Besteuerung der Altkontrakte erforderlich ist, um die Ziele des Absicherungsgesetzes zu erreichen. Nach meiner Auffassung zerfällt dieses Gesetz in zwei Teile. Für künftige Exportverträge soll dieses Ziel erreicht werden, und es kann erreicht werden. Das heißt, die Einführung dieser Sondersteuer führt dazu, daß wir zu einer Reduzierung des Exportvolumens kommen werden. Was dagegen die Altkontrakte angeht, so kann eine Beeinflussung des Volumens dieses Teils des Exports durch die Steuer nicht mehr erfolgen, es sei denn, die Bundesregierung ginge davon aus, daß deutsche Exporteure ihre Verträge nicht einhalten, was ihr niemand unterstellen wird.
Das hat mit der Ertragslage und den binnenländischen Konditionen der einzelnen Firmen nichts zu tun, Herr Staatssekretär, sondern insoweit ist das Gesetz tatsächlich kein Gesetz zur außenwirtschaftlichen Absicherung, insoweit ist es ein Gesetz zur Verschlechterung der Ertragslage der deutschen Exportunternehmen,
und von da her müssen Sie die Verfassungskonformität prüfen.Wir wissen auch, daß Steuererhöhungen möglich und rechtlich zulässig sind. Nur paßt der Hinweis auf die Lohnsteuer überhaupt nicht, aus vielen Gründen, vor allem aber deshalb, weil diese Entscheidungen, Herr Staatssekretär, jeweils für die Zukunft getroffen werden. Hier geht es um laufende Verträge.Aber auch bei laufenden Verträgen ist es möglich, daß dem Gebot des gemeinen Wohls das Gebot der Rechtssicherheit untergeordnet wird. Das setzt aber voraus, daß das gemeine Wohl dieser steuerlichen Maßnahme bedarf, und aus den hier angeführten Gründen ist das im konkreten Fall nicht gegeben. Aus diesem Grunde gibt es hier erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Gesetz, soweit es sich auf die abgeschlossenen Verträge erstreckt.Da man gleichwohl die abgeschlossenen Verträge einbezieht, obwohl im Gegensatz zum Herrn Staatssekretär im Justizministerium der Herr Finanzminister noch einmal ausdrücklich und, wie ich meine, zu Recht bestätigt hat, daß keine fiskalischen Motive vorhanden sind, steht eindeutig fest, daß die Einbeziehung der Altverträge, die zur Erreichung des Gesetzeszweckes nicht erforderlich ist, Willkür darstellt, wie es der Kollege Wilhelmi hier zu Recht qualifiziert hat.
Meine Damen und Herren! Auch der Termin 23. Dezember in der Ausschußfassung ist willkürlich gefunden worden. Warum gerade 23. Dezember? Hier werden Exportgeschäfte unterschiedlich getroffen. Es gibt solche, die langfristig sind, und solche, die bis dahin abgewickelt werden können. Die Natur der Geschäfte ist von Branche zu Branche unterschiedlich. Ich glaube also, daß die Einbeziehung der Altverträge, aber auch die Terminierung, wie sie die Ausschußfassung jetzt gefunden hat, verfassungswidrig ist.Lassen Sie mich nun noch ein Wort zu dem sagen, was der Bundeswirtschaftsminister ausgeführt hat. Er hat darauf hingewiesen, daß wir im Augenblick keine amerikanische Regierung haben, die weitreichende Entscheidungen treffen kann. Er hat gesagt, im nächsten Frühjahr werde das wieder der Fall sein, und dann seien Vereinbarungen möglich. Er müßte dann schon sagen, welche Vereinbarungen er da im Auge hat; doch hoffentlich nicht solche, die sich auf die Position des Bundeskanzlers nach den Godesberger Erklärungen auswirken. Ich kann mir andere Dinge nicht vorstellen.Wir stehen bei diesem Gesetz — ich sage das insonderheit in bezug auf die Altverträge — vor einer außerordentlich ernsten Situation. Im Gegensatz zum Herrn Finanzminister stimme ich mit Herrn Kollegen Haase voll überein. Wir waren doch froh, daß die Wirtschaft in den Export gegangen ist. Zum wesentlichen ist der Aufschwung durch die Ausweitung des Exports bewirkt worden. Mit Recht ist in diesem Haus von verschiedenen Seiten immer wieder darauf hingewiesen worden, daß gerade die Steuerpolitik der Regierung dazu geführt hat, daß die Wirtschaft in den Export ging, weil für die Binnennachfrage kontraktive Wirkungen erzeugt wurden.Es ist auch die Politik der Regierung gewesen, meine Damen und Herren, die unsere Wirtschaft gezwungen hat, zur Erhaltung der Arbeitsplätze in den Export zu gehen. Wenn man sie heute dafür mit einer Steuer belegt, dann erinnert mich das an ein Zitat, das der Bundeswirtschaftsminister hier einmal als Oppositionsabgeordneter gebraucht hat. Damals sagte er: „Zu diesem Vorgang, daß man die Gäste erst zu Tische lädt und sie dann hinterher zur Kasse
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10736 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1968
Genscherfordert, können wir sagen: Das ist Ihr Tisch, nicht unser Tisch. Ich habe dem nichts hinzuzufügen.
Keine Wortmeldungen mehr.
Wir kommen zur Abstimmung. Wir haben zwei Änderungsanträge, die fast gleich, aber doch nicht gleich sind: auf Umdruck 543 Ziffer 2 der FDP-Fraktion und auf Umdruck 544, Dr. Wilhelmi und Genossen. Ich entscheide, daß der Antrag auf Umdruck 543 — Antrag der FDP — der weitergehende ist.
Wir stimmen über Ziffer 2 dieses Änderungsantrages ab. Wer dem Änderungsantrag zustimmen will, gebe das Handzeichen. — Danke. Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Wir stimmen dann über den Antrag des Abgeordneten Dr. Wilhelmi und Genossen auf Umdruck 544 ab. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen will, gebe das Handzeichen. — Danke. Gegenprobe! — Enthaltungen? — Auch dieser Antrag ist mit großer Mehrheit abgelehnt.
Wir stimmen dann über den § 6 b in unveränderter Fassung ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. Danke. Gegenprobe! — Enthaltungen? — Mit großer Mehrheit angenommen.
Wir kommen zu § 7. Hier liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Umdruck 543 Ziffer 3 vor. Wird der Antrag begründet? — Herr Abgeordneter Dr. Staratzke, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mir erlauben, hier noch ein paar Bemerkungen rückwirkend zu machen. Frau Kollegin Kurlbaum-Beyer war so freundlich, mich aufzufordern, an den Ausschußsitzungen teilzunehmen. Ich darf Ihnen verraten, daß ich mindestens ebenso lange — bis um 12 Uhr gestern — im Wirtschaftsausschuß beraten habe wie Sie wahrscheinlich im Finanzausschuß.Aber das ist nicht der Grund, Frau Kollegin, sondern der Grund ist, daß ich ein bißchen betrübt darüber bin, daß eine so sach- und fachkundige Kollegin bei der Antragstellung, die hier vorliegt, die Listen verwechselt hat und von einer völlig falschen Voraussetzung ausgegangen ist. Sie haben nämlich, Frau Kollegin, die Liste der Gegenstände, die hier im § 6, glaube ich, ausgenommen sind — die Marktordnungsprodukte — gemeint. Ich habe dezidiert wiederholt erklärt, daß es sich um die Liste 1 zum Umsatzsteuergesetz vom 29. Mai 1967 handelt. Damit ist hier ein Irrtum aufgetreten, der natürlich auch dazu geführt hat, daß die Abstimmung meines Erachtens nicht so erfolgt ist, wie es hätte sein müssen.Meine Damen und Herren, Sie können mir glauben, ich bin nicht so leichtfertig, Ausnahmen in eine solche Liste hineinzubringen, die hier genannt wird. Hier geht es um ein völlig anderes Problem, nämlich um eine Folge der umsatzsteuerlich verschiedenen Tarifierung von 5,5 und 11 %, die sich jetzt durch dieses Gesetz nachträglich auswirkt, und um sonst gar nichts. Ich bin ein bißchen traurig, daß Sie das verwechselt haben.Aber noch trauriger bin ich — das muß ich in aller Deutlichkeit sagen —, daß der Herr Bundeswirtschaftsminister, nachdem wir gestern abend so lange darüber gesprochen haben, nun wieder in den Fehler verfallen ist und vor allen Dingen seine Beamten ihn nicht darauf aufmerksam gemacht haben, daß es sich hier in der Tat nicht um die Ausnahmeliste zu dem neuen Gesetz handelt, sondern um das Mehrwertsteuergesetz. Was außerdem, Herr Bundeswirtschaftsminister, Ihre etwas abfällige Bemerkung von vorhin vom Bienenhonig betrifft, so fängt die Liste, die Sie hier irrtümlicherweise anführten, nicht mit „Bienenhonig" an, sondern mit „Rindvieh".
Ich habe im übrigen auch bemerkt, daß die Flüchtigkeit und die Behandlungsweise in den Ausschüssen offenbar dazu führen, daß man die Probleme nicht erkennt. Ich bleibe bei meinem Grundsatz, daß wir noch alles Mögliche erleben werden, was hier an Rechts- und Steuerfragen auftaucht. Allein Änderungsantrag 1, von dem ich eben sprach, zeugt davon, daß es einfach nicht in die Herren Berater des Ministers eingedrungen ist, daß hier ganz andere Probleme eine Rolle spielen.In Ziffer 3 des Änderungsantrags geht es nun um § 7, wo Ermächtigungen an die Bundesregierung gegeben werden. Wie der Herr Bundeswirtschaftsminister und der Herr Bundesfinanzminister immer wieder zum Ausdruck gebracht haben, soll nun die Möglichkeit gegeben werden, innerhalb des vorgesehenen begrenzten Zeitraums dieses Gesetzes die Exportsteuer zu senken und die Importbegünstigung abzubauen. Meine Damen und Herren, ich bin persönlich grundsätzlich gegen Ermächtigungen. Aber wenn in dieser, ich möchte einmal sagen, Krücke von Gesetz, mit der man humpelnd über die Runden zu kommen versucht, nun schon einmal eine Ermächtigung vorgesehen ist, dann vermag ich wirklich nicht einzusehen, warum hier nur lineare Senkungen vorgenommen werden dürfen und warum man dann nicht wenigstens so flexibel ist, daß man auch für bestimmte Warenbereiche, Erzeugnisse oder sogar bestimmte Regionen, d. h. sektoral oder regional, die sehr harten Bestimmungen, über die wir soeben im Zusammenhang mit den Altkontrakten gesprochen haben, abbaut. Ich meine, daß es sehr viel vernünftiger wäre, im Zuge einer Ermächtigung der Regierung den Spielraum zu lassen und je nach Notwendigkeit abzubauen bzw. Erleichterungen zu schaffen, statt sich auf lineare Maßnahmen, die das Ganze betreffen, zu beschränken. In den Ausschußberatungen hat der Herr Bundeswirtschaftsminister gestern sehr dezidiert zum Ausdruck gebracht, daß die EWG-Kommission ihre Zustimmung zu diesem Gesetz nur unter der Voraussetzung gegeben habe, daß diese Ermächtigungen lediglich für einen linearen Abbau vorgesehen seien.
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Dr. StaratzkeMeine Damen und Herren, dieser Einwand kann mich ganz und gar nicht überzeugen, und zwar schon deshalb nicht, weil die EWG-Kommission bekanntlich vor ganz kurzer Zeit der französischen Regierung, und zwar mit Zustimmung der Bundesregierung, die Ermächtigung gegeben hat, selektiv bzw. sektoral Einfuhrerschwerungen und Exportförderungen vorzunehmen. Ich sage das hier in aller Deutlichkeit. Die Bundesregierung hat in dieser Sache sogar auf jeden Rechtsvorbehalt verzichtet.Herr Bundeswirtschaftsminister, ich kann mir wirklich nicht vorstellen, daß die Bundesregierung es zulassen würde, der EWG-Kommission die Möglichkeit zu geben, hier mit zweierlei Maß zu messen und zweierlei Entscheidungen zu treffen. Ein Kollege, und zwar nicht von meiner Fraktion, sondern von der CDU, hat sich gestern in den Ausschußberatungen mit Recht über die babylonische Sprachverwirrung aufgeregt, die hier zur Begründung der Maßnahmen in diesem Gesetz entstanden ist: Einmal soll es eine steuerliche Gesetzgebung sein, wenn es der Regierung gerade so paßt, ein anderes Mal soll es ein außenwirtschaftliches Gesetz sein, das, wenn man so will, auch im Rahmen des Außenwirtschaftsgesetzes mitbetrachtet werden muß. Aus diesem Grunde ist jetzt die Überschrift geändert worden; ich weiß, daß der Einwand ganz sicher kommen wird. Ich sage deshalb, wir wissen, daß die Überschrift geändert wurde und daß dieses Gesetz nun heißen soll: „Gesetz über Maßnahmen zur außenwirtschaftlichen Absicherung gemäß § 4 des Stabilitätsgesetzes."Meine Damen und Herren, zur Begründung meiner These, daß es nicht verboten sein dürfte, hier sektorale oder regionale Erleichterungen zu schaffen, möchte ich noch folgendes sagen. Ich wäre dankbar, wenn sich die Herren im Bundeswirtschaftsministerium das noch einmal ansähen. Im Außenwirtschaftsgesetz gibt es durchaus Ermächtigungen für die Bundesregierung, durch Rechtsverordnung einzelne Waren oder Warenbereiche von der linearen Anwendung von Außenwirtschaftsregelungen auszunehmen, soweit durch die Aufrechterhaltung der Maßnahmen erhebliche Schäden in den Wirtschaftszweigen entstehen. Meine Damen und Herren, das steht expressis verbis in dem Gesetz. Da man nun dieses Gesetz als außenwirtschaftliche Maßnahme ansieht, vermag ich wirklich nicht einzusehen, warum man dann nicht auch eine ähnliche Ermächtigung hier verankern kann. Man könnte, wenn man schon eine solche Sache macht, eine große Anzahl von Fällen — ich denke z. B. an die Holzwirtschaft, aber auch an regionale Fälle, etwa an das Saarland mit seinem 30%igen direkten Warenverkehr mit Frankreich, ich denke auch an die Frage der Freihafenregelung, die Regelung im Zollaufschublager usw. — ganz sicher mit einer solchen Generalklausel regeln.Meine Damen und Herren, ich will damit sagen, der Gesetzgeber kann hiermit alle von mir vorhin angedeuteten und möglicherweise noch auftretenden Probleme einigermaßen geräuschlos regeln. Sonst sitzen wir — das garantiere ich Ihnen — in kurzerZeit wieder hier und machen Novellierungen zu diesem Gesetz; die sehe ich jetzt schon kommen.
Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat das Wort.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage mich immer: Wie steht es eigentlich bei der FDP mit der fiskalischen Symmetrie ihrer diversen Anträge? Was die vorhin behandelte Frage, nämlich Altverträge mit allem, was dazu gehört, betraf, so hatte dies in letzter Konsequenz bedeutet, daß bei Befreiung von 30 Milliarden DM Ausfuhren bei einem Jahresvolumen von 100 Milliarden DM an Exporten der Satz, aufs Ganze gesehen, für die Ausfuhrabgabe von 4 auf 2,8 % gesunken wäre. Ich gebe Ihnen noch einmal sehr ernst zu bedenken, was es für die Spekulation bedeuten würde, wenn schließlich nach den Initiativanträgen in diesem Hause 4 % vorgesehen waren und draußen damit gerechnet wurde und man nun zu solchem Ergebnis käme, vom fiskalischen Minderertrag für die Finanzierung der Importbegünstigungen ganz abgesehen.Nun zu der Einfuhrseite. Hier gibt es von der FDP Anträge zu einer Anhebung der Begünstigung von 2 % auf 4%. Sie haben von Wolle und von rohen Häuten und Fellen, im ganzen, frisch, gesalzen oder getrocknet und nicht weiter bearbeitet, gesprochen. Lieber Herr Kollege Staratzke, in dieser Liste haben wir uns nicht getäuscht. Unter Nummer 22 steht auch „Bienenwachs", und genau dasselbe können Sie dort auch anwenden. Sie können auch dort sagen: Die Importe sollen nicht — wie nach der jetzigen Regelung vorgesehen — mit 2 % verbilligt werden, sondern müssen als Rohstoff mit 4 % verbilligt werden, weil es ja bekanntlich die Möglichkeit gibt, aus Bienenwachs ein Fertigprodukt für bestimmte sakrale Zwecke zu fabrizieren. Damit würde wieder eine Schwierigkeit entstehen. Es gibt noch andere Produkte, die ähnlich behandelt werden könnten: Korbweiden, ungeschält, weder gespalten noch sonst bearbeitet, Bettfedern und Daunen, roh.Ich glaube, das genügt, Herr Kollege Staratzke, um zu zeigen, daß Finanzausschuß und Wirtschaftsausschuß wohlberaten waren, daß sie hier nicht ein einziges Produkt oder zwei Produkte besonders behandelten. Wir hätten sonst Tür und Tor für anderes geöffnet. Wir wären ins Schleudern gekommen, in zusätzliche Subventionierungen der Einfuhren über das hinaus, was sich nach den Sätzen ergibt.Ich kann Sie nur immer wieder fragen: Was wollen Sie eigentlich? Sie sprechen gegen das, was hier vorgetragen ist.
Sie sprechen aber doch hoffentlich auch für eine solide Finanzwirtschaft. Das, was bei Ihnen bisher herausgekommen ist, ist im ganzen ein Beitrag zu einem Ergebnis, das von Ihrer Seite zu einem zu-
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10738 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1968
Bundesminister Dr. Schillersätzlichen Defizit führen würde. Ich weiß nicht, wie Sie es dann machen wollen, ob Sie dann mit Defiziten arbeiten wollen, ob Sie Anleihen ausgeben wollen oder ob Sie auch von Ihrer Seite aus dann wieder an anderer Stelle Steuern erhöhen wollen. Diese Logik verstehe ich nicht.
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Staratzke?
Ja, bitte!
Herr Minister, ich möchte Sie jetzt wirklich in Ihrem Interesse einmal fragen: Ist Ihnen nicht bekannt, daß Erzeugnisse wie z. B. Bienenhonig oder -wachs oder so etwas — Sie nannten die Erzeugnisse — im Zuge der weiteren Verarbeitung auf dem Ernährungssektor nachher eben nicht mit 11%, sondern mit 5,5% besteuert werden und daß damit diese Frage, die hier auftritt, überhaupt nicht aktuell ist? Nun nennen Sie die Bettfedern. Ich weiß jetzt im Augenblick nicht, ob sie mit 11 % besteuert werden. Ich frage Sie: Haben Sie denn nicht erkannt, daß es sich hier nicht um eine Subvention handelt, sondern um eine Wettbewerbsverzerrung, die von Anfang an in ganz wenigen Bereichen vermieden werden soll und die selbstverständlich, wenn sie vermieden wird, sehr viel mehr Steuern einbringt als die Summe, die eine Rolle spielt, wenn Sie vom Defizit und vom Steuerausfall sprechen?
In der Liste der dem Steuersatz von nur 5,5 % unterliegenden Gegenstände sind jene Fertigprodukte, die Sie eben nannten, nicht enthalten. Folglich werden sie mit 11 .% besteuert, und Ihre Deduktion stimmt nicht. Ich sage Ihnen noch einmal, lieber Herr Staratzke, Sie sind hier auf einem falschen Dampfer. Sie wollen zusätzliche Einfuhrbegünstigungen haben, um bestimmten Industriezweigen, das wäre an sich ganz legitim, einen Schutz zu geben. Der Ausdruck „Wettbewerbsverzerrung" ist da doch nur Politur. Man spricht von Wettbewerbsverzerrung und meint, es soll Schutz gegeben werden. Aber in diesem Gesetz ist ganz eindeutig die Logik die — und die hat sich herumgesprochen; vielleicht nicht bei allen Teilen der FDP —, daß mit diesem Gesetz kein Protektionismus für bestimmte Wirtschaftszweige betrieben, sondern die Einfuhr gefördert und die Ausfuhr gebremst wird. In beiden Fällen, durch Förderung der Einfuhr und durch Bremsung der Ausfuhr, treten Lasten auf. Sie wollen zusätzlich in einem ganz bestimmten Fall — und der läßt sich auf viele andere Fälle ausdehnen — Protektionselemente einbringen. Das widerspricht dem Geist dieses Gesetzes, und deswegen plädiere ich noch einmal, genauso wie die beiden Ausschüsse, lieber Herr Staratzke — auch wenn Sie nicht ganz mit der Logik dieses Gesetzes mitgekommen sind; Sie lernen es noch, passen Sie mal auf — —
Hier weichen Sie ab
von der Einhaltung des inneren Sinns des speziellen Gesetzes.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Dorn, Herr Minister? — Herr Dorn, Sie haben das Wort.
Herr Minister, sollte die letzte Bemerkung vielleicht auch diejenigen einschließen, die als Mitglieder der Koalitionsfraktionen gestern bei der Beratung des Wirtschaftsausschusses — ich will nur zwei der vielen Beurteilungen dieses Gesetzes zitieren — unter anderem erklärt haben — es waren zwei Kollegen von der CDU/CSU-Fraktion —, dieses sei das schlechteste Gesetz aller Zeiten, und — ein Zitat eines anderen CDU-Abgeordneten aus dem gleichen Ausschuß von gestern — dieses Gesetz enthalte eine Todsünde wider die Marktwirtschaft?
Ich kenne diese beiden Äußerungen nicht, lieber Herr Dorn. Ich kann Ihnen nur eines sagen: dieses Gesetz arbeitet mit steuerlichen Mitteln, und die Steuer als solche, ob man sie anhebt oder senkt — in diesem Falle wird beides getan, es wird angehoben und es wird für die Einfuhr ausgezahlt —, ist unzweifelhaft ein Mittel, das dem Geist der Marktwirtschaft entspricht. Darüber besteht gar kein Zweifel.Was die Technik der Gesetzgebung selber betrifft, so ist mir diese Äußerung nicht bekannt. Um so mehr ist mir aber gestern abend im Finanzausschuß und im Wirtschaftsausschuß zu meiner Freude klargeworden, daß sehr viele Damen und Herren, Herr Dorn und Herr Staratzke, die im Prinzip einer anderen Form der außenwirtschaftlichen Absicherung zuneigten, dann mit aller Schärfe und aller Konsequenz die Logik dieses Gesetzes und dieser steuerlichen Maßnahmen verfochten haben.
— Nicht nach Vergatterung, sondern aus Überzeugung.
— Welcher Glaube spielt hier bloß eine Rolle? Waren Sie eigentlich im Wirtschaftsausschuß dabei, Herr Dorn?
Oder ist Ihr Glaube so mächtig, daß er in den Wirtschaftsausschuß, ohne daß Sie physisch da sind, hineinwirkt?
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1968 10739
Bundesminister Dr. SchillerIch w a r im Wirtschaftsausschuß,
Auf jeden Fall hat dort eine sehr ausführliche Diskussion über die Prinzipien dieses Gesetzes stattgefunden. Es war die gemeinsame Absicht aller, auch wenn sie vielleicht von anderen Voraussetzungen ausgingen, dieses Gesetz in sich logisch einwandfrei zu machen und alles zu vermeiden, was an irgendeiner Stelle wie Protektion eines bestimmten Wirtschaftszweiges aussieht. Das ist das Ergebnis einer freimütigen Aussprache. Von Vergatterung kann da überhaupt keine Rede sein. Wir haben das wirklich im Geiste des „Freihandels" mit den Argumenten gemacht. Vielleicht herrscht bei Ihnen eine andere Form von Austausch der Meinungen.
Keine Wortmeldungen mehr.
Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der FDP-Fraktion auf Umdruck 543 Ziffer 3. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. — Danke. Gegenprobe! — Enthaltungen? — Gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt. Der § 7 bleibt also in der Ausschußfassung bestehen.
Zu § 8 liegen keine Änderungsanträge vor. Wer diesen beiden Paragraphen zustimmen will, gebe das Handzeichen. — Danke. Gegenprobe! — Enthaltungen? — Mit großer Mehrheit angenommen.
Wir kommen zu § 9. Hier liegt der letzte Änderungsantrag auf Umdruck 543 Ziffer 4 vor. Herr Dr. Staratzke hat das Wort zur Begründung.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch wenn mich der Herr Bundeswirtschaftsminister soeben geziehen hat, daß ich die Logik dieses Gesetzes nicht ganz verstanden habe, möchte ich doch sagen, daß ich die Logik des Gesetzes sehr genau verstanden habe. Nur scheint mir, daß irgendwo — ich weiß noch nicht wo; vielleicht bekomme ich es noch heraus — die Logik mit den Tabellen noch nicht bekannt ist. Wir können das vielleicht einmal privat zu irgendeiner Stunde klären.
Zu dem Änderungsantrag unter Ziffer 4 habe ich — logisch — noch folgendes zu sagen. Meine Fraktion ist der Meinung, daß man als zeitliche Begrenzung für dieses Gesetz den 31. Dezember 1969 nicht nur deshalb wählen sollte, weil das ein Jahresende ist, sondern auch noch aus einem anderen Grunde. Der 31. Dezember 1969 ist zugleich das Ende der Übergangszeit nach dem EWG-Vertrag. Alle Regierungen — die deutsche und die französische Regierung, die in dieser Saché am meisten betroffen ist, auch die Regierungen der anderen EWG-Staaten — sollten die .getroffenen vorübergehenden Maßnahmen am Ende der Übergangszeit aufgeben, damit die von uns immer so gewünschte Integration nicht verzögert wird. Mir scheint, daß dieser Termin wirklich vertreten werden kann, wenn man tatsächlich bereit ist, schnell zu einer echten Wirtschaftsunion zu kommen. Wenn man hier ein gutes Beispiel geben will, dann sollte man von deutscher Seite aus im vorliegenden Falle einen Termin wählen, der auch in den Verträgen festgelegt ist, nämlich das Ende der Übergangszeit.
Das Wort wird weiter nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck 543 Ziffer 4. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. — Danke. Gegenprobe! — Enthaltungen? — Mit großer Mehrheit abgelehnt.
Wer dem § 9 und der Einleitung sowie der neuen Überschrift des Gesetzes zustimmen will, gebe das Handzeichen. — Die Gegenprobe! — Enthaltungen? — Mit großer Mehrheit angenommen. Damit ist das Gesetz in zweiter Beratung angenommen.
Ich rufe die
dritte Beratung
des Gesetzes auf. Dazu liegen mir schon Wortmeldungen vor. Zunächst hat der Herr Abgeordnete Dr. Barzel das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor der dritten Lesung und der Schlußabstimmung legt die Fraktion der CDU/CSU Wert darauf, einige abschließende Bemerkungen zu machen; dies auch wegen der parlamentarischen Ungewöhnlichkeit dieser Gesetzgebung.Heute vor einer Woche haben die Koalitionsfraktionen auf Bitten der Bundesregierung während einer wichtigen internationalen Konferenz diesen Gesetzentwurf eingebracht. Sie haben dies getan, um die deutsche Position in diesen Verhandlungen unmißverständlich zu unterstreichen und Spekulationen abzuwehren.Wir brachten einen Gesetzentwurf ein, der die internationalen Zusagen der Bundesregierung für jedermann sichtbar in Gesetzesform kleidet. Deshalb blieb zwar — ich nehme jetzt etwas von der Debatte wieder auf — für das Parlament Raum, etwas ganz anderes zu tun, z. B. durch ein Nein in die Aufwertung zu gehen. Aber nachdem man diesen anderen Schritt vollzogen hat, blieb innerhalb dieser Politik wenig Raum für Änderungen und für anderes, und es blieb auch kein Raum für das übliche Verfahren. Ich möchte hier in aller Form für uns der Opposition Dank sagen, die trotz ihrer anderen Meinung in der Sache von den in der Geschäftsordnung vorgesehenen Möglichkeiten von Fristeinreden usw. keinen Gebrauch gemacht hat.
Ich hoffe freilich, daß die Position in der Sache im Verlauf der dritten Lesung — vielleicht durch Sie, Herr Starke — etwas verdeutlicht werden kann. In der zweiten ist es auch mir wie den Herren der Regierung nicht gelungen, Ihre Position wirklich
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Dr. Barzel— wie sagt man heute? — transparent erscheinen zu lassen.
Es blieb deshalb auch wenig Raum — darauf wollen wir zurückkommen — für wesentliche Änderungen, und es blieb auch nicht die Zeit, die man üblicherweise braucht. Dieses Parlament wurde und hat sich selber reichlich strapaziert. Aus übergeordnetem Interesse haben wir das auf uns genommen, und wir haben es durchgestanden. Aber ich meine, wir alle in diesem Hause, wo immer wir sitzen, spüren, daß man das allzuoft nicht so versuchen darf.
Ungewöhnlich ist auch — und dies ist für uns wichtig festzuhalten, vielleicht anders als für andere — der Inhalt dieses Gesetzes. Das wirtschaftspolitische Instrumentarium, das dieser Bundestag erst vor kurzem durch das Gesetz über Stabilität und Wachstum geschaffen hat, sieht das jetzt angewandte Mittel nicht vor. Dieses Argument wiegt um so schwerer, als wir gerade eine Mehrwertsteuergesetzgebung in Kraft gesetzt hatten, welche insoweit die völlige Wettbewerbsneutralität gesichert hat.Dieses Gesetz, welches nun nötig wurde, um die Nachteile der Aufwertung zu vermeiden, werden wir jetzt mit unseren Stimmen verabschieden.Wir müssen hierbei freilich erklären, daß — und dies beschwert uns ein wenig, entgegen der Übung, die unsere Fraktion hier in 19 Jahren entwickelt hat, im Hinblick auf die Zeit und auf dieses Verfahren — für uns nicht ausreichend hat ausdiskutiert werden können, was hier an theoretischen Bezügen, an systematischen Problemen und an ordnungspolitischen Faktoren sich einstellt. Wir haben das nicht parlamentarisch ausdiskutieren können; ich glaube, die Redlichkeit gebietet es, das hier festzuhalten. Für uns ist dies leichter vertretbar einmal wegen der Situation, in der diese Gesetzgebung eingebracht und verabschiedet werden muß, und zum anderen im Hinblick auf die relativ kurze Laufzeit dieses Gesetzes.Wir wünschen, um dies ganz klar zu machen, in keiner Weise die Zusagen abzuschwächen, welche die Bundesregierung in schwierigen Verhandlungen gab. Wir wünschen ebenso in keiner Weise etwa dazu beizutragen, daß dieses von der Bundesregierung gewählte Mittel nun nicht greift oder nicht den von uns allen gewünschten Erfolg hat. Diese Verantwortung wollten wir nicht übernehmen. Deshalb haben wir uns sehr zurückgehalten in der Akzeptierung von Anträgen anderer und auch im Stellen eigener Anträge. Der Raum war zu eng, als daß hier wesentliche Änderungen am Gesetz hätten vorgenommen werden können. Ich möchte hier auch aussprechen, daß diese Zurückhaltung einigen bei uns nicht leichtgefallen ist. Auf der anderen Seite wissen wir aber alle, daß wir nicht nur wegen der Vorgänge von draußen, sondern aus eigener Verantwortung wegen des außenwirtschaftlichen Ungleichgewichts handeln mußten. Der § 4 des Stabilitätsgesetzes erzwingt dies, und die eigene Verantwortung für die Preisstabilität verpflichtet uns dazu.Nun ein Wort an die Kritiker hier im Hause, an manchen draußen und vielleicht auch an manchen, der bei dem Fernschreiben dieser Woche vergessen hat, was er uns vor vier Wochen in der Aufwertungsfrage gesagt hat.
Die Aufwertung hätte den Export dauerhafter und wohl auch nachhaltiger getroffen. Die Aufwertung hätte die Grundlagen der mittelfristigen Finanzplanung erschüttert und um mehrere Milliarden höhere Bundesausgaben erfordert. Die Aufwertung hätte uns angesichts einer ungewissen ökonomischen und politischen Landschaft die Hände gebunden und unsere künftigen Reaktionen auf das mögliche Handeln anderer erschwert. Aufwertung wäre umfassender und tiefgreifender gewesen. Sie wäre ganz sicher über den Satz von 4 % hinausgegangen.Es gibt nichts umsonst. Der Preis für das Nein hierzu hat seine Konsequenz und seinen Preis im Ja zum anderen und umgekehrt. Wer die Aufwertung nicht wollte und nicht will und sie für morgen nicht bewirken will, wobei neue Drücker entstehen, indem er jetzt zu viele Ausnahmen macht, und wer das Nichtstun wegen der inneren Preisstabilität nicht verantworten kann, der muß halt ja sagen zu dem, was hier herausgekommen ist und was die eben geschilderten unerwünschten Folgen der Aufwertung und die unerwünschten Folgen für den Bundeshaushalt vermeidet. Dies ist eine nüchterne Überlegung, und sie hat bei uns, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, den Ausschlag gegeben; eine nüchterne Überlegung, Herr Starke!Hier ist das Wort „Ratifikation" gefallen. Das stimmt natürlich in keiner Weise. Aber wenn man die Aufwertung nicht will, wenn man das Nichtstun nicht will und wenn wegen der internationalen Lage eine vierte Alternative, die eines multilaterialen Pakets, unmöglich ist und angesichts der Lage dieses Parlaments in der vorigen Woche nur dieser Schritt übrigblieb, dann muß man dazu ja sagen und darf dies nicht so aushöhlen,
wie manche von uns es sich eigentlich aus einer Reihe von Gründen gewünscht hätten. Aber das ging objektiv nicht
nach den Daten und Kenntnissen, die insbesonderein den letzten zwei Tagen deutlich geworden sind.Hier ist eine parlamentarische Debatte gewesen — ich sage dies für unsere Fraktion —, in der natürlich die Landschaft am vorigen Donnerstag anders aussah als Sonntag nacht und deshalb Montag früh anders aussah als am Mittwoch. Nur weil es so schnell gehen mußte, sind doch all diese Vorgänge zustande gekommen. Dieses Parlament — ich darf das für unsere Fraktion in Anspruch nehmen — hat sich Mühe gegeben. Es hat dauernd getagt, und es hat wirklich dann eine verantwortliche Entscheidung getroffen.
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Dr. BarzelSie wird noch durch zwei Dinge erleichtert. Die Bundesregierung hat einmal mitgeteilt, daß sie binnenwirtschaftliche Maßnahmen treffen werde. Herr Bundeswirtschaftsminister, hier sind vier Bereiche genannt worden: Textil, Stahl, Kohle und Schiffbau. Sie sind sicherlich sehr wichtig. Ich habe die herzliche Bitte — weil wir alle Sektoren, Branchen und Regionen ausgenommen haben —, doch auf diesem Wege auch daran zu denken, welche Landschaften wir in Deutschland haben, welche Sektoren wir haben und daß es nicht nur große, sondern auch kleine und mittlere Betriebe gibt.
Ich bin sicher, Herr Bundeswirtschaftsminister, daß ich bei Ihnen durch eine offene Tür gegangen bin; aber ich wollte dies im Protokoll festgehalten wissen.Das zweite, was uns diese Entscheidung erleichtert — das ist für mich persönlich, aber auch für sehr viele meiner Freunde von großem Gewicht —, ist Ihre Erklärung, Herr Bundeswirtschaftsminister, die Sie vorgestern an dieser Stelle gegeben haben. Sie haben — ich darf mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten zitieren — gesagt:Wir gewinnen mit dieser steuerlichen Maßnahme Zeit, um weitere echte Fortschritte in der schrittweisen Reform unseres Weltwährungssystems zu erarbeiten.Das ist eine wichtige Erklärung.Bei alledem wissen wir schließlich zum dritten — ich hoffe, daß das überall gesehen wird —, daß, wer politische Solidarität in Anspruch nimmt, auch ökonomische üben muß. Auch das sagen wir ganz nüchtern, das alles gehört hier hinein, und hier ist gar nichts zu vertuschen.Wer aber davon spricht, muß auch mit dem Blick auf die letzten Währungsprobleme, die wir in diesem Frühjahr hatten, — Dollar—Gold und diese Sachen — folgendes in Erinnerung rufen: Alle diese monetären Fragen sind doch, wenn man genau hinschaut, politisch verursacht, und deshalb ist nichts wichtiger, als die politische Zusammenarbeit der Freien Welt, die hier doch ökonomisch in einem Boot sitzt, zu verstärken.
Wenn dies nicht gelingt, werden wir immer wieder im monetären Bereich solche Art von Schwierigkeiten haben.
In früheren Zeiten — das gehört hierher, und ich hoffe, sehr verehrter Herr Kollege Starke, daß Sie dies noch für Ihren Beitrag aufnehmen, in dem Ihre Position klar werden soll — hatten wir noch andere Möglichkeiten in den Händen. Ludwig Erhard hat in vielen Situationen durch rechtzeitige Zollsenkungspolitik außenwirtschaftliche Ungleichgewichte abbauen können. Das wirkt heute nur noch partiell und geht nur noch partiell, weil die EWG da ist.Das andere, was hier einwirkt, ist ein völlig neuer Sachverhalt. Im Jahre 1961, Herr Kollege Starke, als bei uns in einer ganz anderen binnen- und außenwirtschaftlichen Situation Aufwertung gemacht wurde, hatten wir noch keine einheitlichen Agrarpreise in der Sechsergemeinschaft auf der Basis der Verrechnungseinheiten und damit nicht all die Probleme, die von da her auf Haushalt und Währungspolitik zurückkommen, wenn an den Wechselkursen eine Änderung vollzogen wird.Warum sage ich dies? Ich sage dies aus einem Grunde: weil an diesen zwei Punkten deutlich wird, wie überhaupt unser Entscheidungsraum enger wird, wenn nicht der europäische Weg wie konzipiert zu Ende gegangen wird.
Ich glaube, daß dies die wichtigste Lehre aus den jüngsten Vorgängen auf diesem Gebiet ist.Noch ein Wort zu dem, was der Herr Bundeskanzler zur Einführung dieser Debatte gesagt hat. Auch wir meinen, daß in diesem Zusammenhang falsche Töne, Kraftmeierei von außen und Kraftmeierei von innen, völlig fehl am Platze sind. Sie stören. Wir können für uns nur sagen: Hier handeln verantwortliche deutsche Politiker aus eigener Einsicht und im Gemeinschaftsinteresse der Freien Welt, zu der sie gehören, und im Gemeinschaftsinteresse der Freien Welt so, wie sie es beurteilen. Dies allein ist der Tatbestand, und alles andere ist falsch.Diese letzten Tage, meine Damen und Herren, waren schwer, für die beteiligten Minister und ihre Mitarbeiter schon etwas länger als für uns. Sie waren schwer für die Regierung, aber auch für das Parlament. Wir legen Wert darauf, dem Kanzler, seiner Regierung, den Ministern Strauß und Schiller zu danken — das soll man auch einmal tun —
und auch zu danken den Vorsitzenden der beiden hier befaßten Ausschüsse, den Kollegen in diesen Ausschüssen und manch einem in diesem Hause, der schon bisher über seinen -Schatten springen mußte und es vielleicht auch noch muß.Wir haben die außenwirtschaftliche Position der Bundesregierung unterstützt und werden dies gleich durch die Zustimmung zu diesem Gesetz rechtsverbindlich machen.Im übrigen, meine Damen und Herren, waren diese Tage nicht nur schwer; sie haben Zusammenwirken und Zusammenarbeit bewiesen, übrigens auch gestern, und das trotz Wahljahr. Ich wünschte, das würde _ auch manch einer draußen sehen, der Leitartikel schreibt, und vielleicht auch manch einer von Freunden, die — nicht auf dem Rang des Bundestages — draußen, sei es schriftlich, sei es mündlich, zu früh kontroverses Diskutieren miteinander und gegeneinander anfangen.Insgesamt wird dieser Gesetzesbeschluß die Position der Bundesregierung stärken. Dies ist unsere Absicht. Denn in unseren Zeiten, unter dem Schatten des 21. August, ist nichts so wichtig wie Solidarität
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10742 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1968
Dr. Barzelder Freien Welt und wie eine feste und in ihrer Aussage unbezweifelbare Stimme der deutschen Bundesregierung. Dazu heute beizutragen, ist der Sinn unserer Beschlüsse.
Das Wort hat der Abgeordnete Ravens.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der heutigen Verabschiedung dieses Absicherungsgesetzes leistet der Deutsche Bundestag einen bedeutenden Beitrag für das Ansehen der Bundesrepublik als eines soliden und verläßlichen Partners in der Welt. Der Bundestag hat sich in seinem Willen und in seiner Fähigkeit, zielbewußt auf das Gemeinwohl bedacht zu sein und zu handeln, — trotz vieler Unkenrufe —, von der Bundesregierung nicht übertreffen lassen. Gestern und vielleicht auch noch heute mag bei manch einem draußen der Eindruck entstanden sein, daß Abgeordnete dieses Hauses letztlich doch dazu neigen würden, dem Ansturm der Interessen nachzugeben. Dieser Ansturm war ja auch — ich glaube, das muß man offen sagen und eingestehen — teilweise nicht ungerechtfertigt. Wir sind weit davon entfernt, zu glauben, dieses Gesetz stelle für bestimmte Teile unserer Wirtschaft kein Opfer dar. Wir sind weit davon entfernt, die mit mehr oder weniger Druck vorgetragenen Sorgen und Argumente einzelner Gruppen als illegitime Interessentenstandpunkte zu verketzern. Aber die uns allen, meine Damen und Herren, von der Bundesregierung gegebene Darstellung der internationalen Währungssituation hat, uns veranlaßt, nicht von der Regierungsvorlage abzuweichen, jedenfalls Änderungen im Rahmen dessen, was bei den Absprachen im Zehnerklub möglich war, mit der Regierung abzustimmen.Es dürfte, so meine ich, aber auch jedermann klar geworden sein, daß dieses Gesetz kein Mittel ist und nicht zum Ziel hat, unseren Exporteuren und unseren inländischen Produzenten das Leben schwer zu machen, sondern dieses Gesetz ist ein flexibles, ein in eigener Regie bewegliches Instrument in den Händen der Bundesregierung und des Bundestages, um die von uns verlangte Aufwertung zu verhindern.Mit der Verabschiedung dieses Gesetzes wird sich die Bundesregierung mit freiem Rücken an den notwendigen internationalen Verhandlungen zum Zwecke der Bewahrung und der Stärkung eines freien Welthandels beteiligen können. Die Menschen in unserem Lande verlangen von der Wirtschafts- und Finanzpolitik dieser Bundesregierung mit Recht stabile Preise. Das ist uns bisher auch in einer gerade von unseren europäischen Nachbarn anerkannten Weise gelungen.Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hat in den sehr schwierigen Verhandlungen der vergangenen Tage, des gestrigen und des heutigen Tages, immer wieder dafür Sorge getragen, daß dieses Gesetz nicht durchlöchert wird, um unsere Zuverlässigkeit nach außen unter Beweis stellen zu können, und zwar in enger Verbindung mit unserenKoalitionspartnern — denn hier ging es um wichtige Fragen für unser ganzes Volk —, aber auch um daran unsere Zuverlässigkeit nach innen unter Beweis stellen zu können und unseren Bürgern deutlich zu machen, daß wir weiter gewillt sind, für stabile Preise zu sorgen. Niemand in diesem Hohen Haus kann wollen, daß der Aufschwung nach Maß von einer in keiner Weise gerechtfertigten Preissteigerung abgelöst wird. Da wir durch die Verbilligung der Importe mehr und billigere Waren auf den Inlandsmarkt bringen, verlassen wir uns darauf, daß die Preise so stabil bleiben werden, wie sie seit Bestehen der Großen Koalition geworden sind.
Nach Auffassung der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion darf dieses Gesetz auch kein Mittel sein, die Vollbeschäftigung zu gefährden oder unsere Unternehmen in ernste Schwierigkeiten zu bringen. Das kann keiner unserer Partner im Ausland von uns erwarten oder verlangen. Deshalb hat meine Fraktion schon zu Beginn der gestrigen Ausschußverhandlungen zu erkennen gegeben, daß sie bereit ist, durch dieses Gesetz in ernste Schwierigkeiten kommende Unternehmen zu entlasten. Meine Fraktion hat sich rechtzeitig gesetzliche Mittel einfallen lassen, solche Unternehmen von einer sie ernsthaft bedrückenden Belastung zu befreien und ihnen gegebenenfalls Hilfe zu gewähren.Auch die von uns gebilligte Abwicklungsfrist für alte Verträge bis zum 23. Dezember zu den alten Bedingungen dient diesem Zweck.Wir konnten uns allerdings nicht dazu bereit finden, dieses Gesetz so zu durchlöchern, daß die Menge der Ausnahmeregelungen die Aufwertungstendenzen wieder belebt hätte und zum anderen auf eine Art staatlicher Gewinngarantie für die Unternehmer auf der Basis des Jahres 1968 hinausgelaufen wären. Soziale Symmetrie in der Konjunkturpolitik ist für uns nicht nur ein Schlagwort, sondern auch ein in Schritten zu verwirklichender Grundsatz.Es wird sich — dessen bin ich gewiß — schon in wenigen Wochen zeigen, daß diese steuerpolitische Maßnahme den erwünschten außenwirtschaftlichen Effekt hat, und es wird sich zeigen, daß wir mit diesem Instrument unsere Handlungsfreiheit auf dem Gebiet der Währungspolitik voll bewahrt haben. Diese Handlungsfreiheit wird die deutsche Wirtschaft und wird der deutsche Arbeitnehmer voll zu schätzen wissen.Wäre es nach meiner Fraktion gegangen, dann wäre dieses steuerpolitische Instrument im Dienst des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts schon am 8. Juni 1967 in das Stabilitäts- und WachstumsGesetz aufgenommen worden. Von der Bundesregierung erwarten wir immer noch einen Bericht, Herr Bundeswirtschaftsminister, über Möglichkeiten steuerlicher Absicherungsmaßnahmen. Eine der Möglichkeiten haben wir hier heute vor uns. Es mußten_ offenbar noch einige Bedenken bei sogenannten klassischen Wirtschafts- und Finanzpolitikern ausgeräumt werden. Aber es ist zu hoffen, daß mit der ersten Anwendung dieses Instruments diese Beden-
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Ravensken in den Hintergrund treten und daß wir zu gegebener Zeit das Stabilitäts- und Wachstums-Gesetz als Kerngesetz einer neuen Wirtschaftspolitik um dieses Instrument bereichern können.Der Herr Kollege Barzel hat auf die schmale Bandbreite unserer Handlungsmöglichkeiten zur außenwirtschaftlichen Absicherung hingewiesen. Je schmaler diese Handlungsfähigkeit wird, desto eher bleiben nur Schritte wie diese überhaupt möglich, wenn man nicht hilflos Anpassungsinflationen ausgesetzt sein will. Von daher, glaube ich, sollten wir auch innerhalb unserer Koalition diese Frage noch einmal sehr sorgfältig prüfen, um gegebenenfalls hier zu entsprechenden Schritten zu kommen, die dann auch die Handlungsfähigkeit der Regierung auf internationaler Ebene in Zukunft erheblich verbessern würden und uns nicht immer wieder vor so schwierige Positionen stellen würden, wie wir sie in diesen Tagen hier erlebt haben.Ich meine, daß sich mit Sicherheit schon bald zeigen wird, daß der Deutsche Bundestag einen bedeutenden Schritt auf dem Wege zu einer rationalen Wirtschaftspolitik getan hat. Unser Dank darf an dieser Stelle der Bundesregierung und hier besonders dem Bundeswirtschaftsminister und dem Bundesfinanzminister gelten, die es während der Verhandlungen außerhalb dieses Hauses, aber auch innerhalb dieses Hauses ebensowenig an Festigkeit und Entschlossenheit haben fehlen lassen wie all jene Kollegen, die sich in den Ausschüssen mit diesem Gesetz beschäftigen mußten und die heute diesem Gesetz ihre Zustimmung geben werden.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Starke.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir jetzt zur dritten Lesung dieses Gesetzes zur außenwirtschaftlichen Absicherung schreiten, möchte ich den Gesamtzusammenhang noch einmal darstellen, weil wir in der zweiten Lesung dazu nicht so recht Gelegenheit hatten und weil am Dienstag entgegen unserer Bitte die Sitzung dieses Hohen Hauses erst um 18 Uhr abends angesetzt wurde. Dieses Hohe Haus ist an Nachtdebatten seit zehn Jahren nicht mehr gewöhnt. Für so wichtige Gegenstände war das schon eine Besonderheit.Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Freien Demokraten werden dieses Gesetz ablehnen. Sie sind der Auffassung, daß die wirtschafts-, finanz- und konjunkturpolitische Situation in diesen drei Tagen nicht genügend überprüft worden ist und auch gar nicht überprüft werden konnte, zumal — das möchte ich eingangs betonen — wesentliche Unterlagen wie die Äußerungen der Bundesbank und vor allen Dingen der Jahresbericht des Sachverständigenrats dem Parlament nicht vorliegen, ja — so muß man es ausdrücken — nicht vorgelegt worden sind. Wenn diese Berichte Auffassungen enthalten, die sich nicht mit denen der Bundesregierung decken, so ist das kein Grund, sie dem Parlament auch nur einen Tag vorzuenthalten.
Das Gesetz trägt im ganzen in der Gestalt, wie es jetzt beschlossen worden ist, in keiner Weise den Schwierigkeiten und der so überaus großen Bedeutung der deutschen Exportwirtschaft und der deutschen Wirtschaft überhaupt Rechnung, auch nicht den entstehenden Schwierigkeiten auf den Importmärkten.Herr Bundesfinanzminister, ich kann es mir nicht versagen, ein Wort zu sagen zu Ihren Bemerkungen über die Exporteure, die sich im Jahre 1967 vermehrt auf die Exportmärkte begeben haben. Sie sprachen von traditionellen Exporteuren und anderen und von der Meinung der traditionellen Exporteure über andere, neue Exporteure.
— Nein, was ich meine, war kein Zitat, sondern waren Ausführungen, die er persönlich hier speziell gemacht hat, und zwar im Anschluß an diese Zitierung. — Das ist natürlich für viele, die sich ihres Betriebes wegen, der Arbeitsplätze wegen damals in den Export begeben haben — manche erstmalig, die meisten zu sehr ruinösen Preisen —, ein sehr hartes Urteil gewesen, das Sie gefällt haben.Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir schlagen mit diesem Gesetz, mit dieser Quasi- oder Ersatzaufwertung einen schlechten Weg ein. Die Manipulierung der Sätze der Umsatzsteuer im grenzüberscheitenden Verkehr — das dürfen Sie nicht vergessen, — ist kein neuartiges Instrument, sondern es gehört zu den alten Untugenden nationaler Manipulationen, die man mit der Einführung der Mehrwertsteuer durch das Prinzip des steuerneutralen Grenzübergangs von Waren ausmerzen wollte. Wenn man einen solchen Weg wieder beschreitet — national verschieden; das läßt sich gar nicht anders machen —, so führt das zu einem nationalen Dirigismus sowie dementsprechend zu einer notwendig folgenden Desintegration der europäischen Wirtschaft und der Weltwirtschaft und selbstverständlich — das wissen Sie alle — zu einem geringeren Wohlstand, zu einer geringeren Wohlstandsmehrung.Nun bitte ich Sie zu beachten, meine hochverehrten Kollegen, daß die Sozialdemokratische Partei diese Auffassung, daß man mit manipulierten Umsatzsteuersätzen arbeiten sollte, allerdings schon seit Jahren vertritt. Ich mache Sie aber noch einmal darauf aufmerksam, um das in Ihre Erinnerung zurückzurufen, daß die SPD mit Anträgen dieser Art gegenüber der CDU/CSU und der FDP in der Vergangenheit in der Minderheit blieb. Ich füge hinzu, daß mit diesen Mehrheiten auch eine Aufnahme dieser wirtschaftspolitischen Mittel in das Stabilitätsgesetz abgelehnt worden ist. Wenn die CDU/CSU jetzt ihre Ansicht geändert hat — aus Gründen, die ich nicht kenne oder die mir nicht eingehen — und wenn allerneuestens auch der Herr Bundesfinanzminister seine Ansicht geändert hat,
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Dr. Starke
dann ist das, wie Sie verstehen werden, kein Anlaß für die Freien Demokraten, von ihrer Grundüberzeugung abzugehen.Wenn ich allerdings den letzten Worten meines Herrn Vorredners von der SPD entnehmen darf, daß man hier jetzt diesen neuen Weg nicht nur als einen Weg der Verlegenheit, sondern als eine neue große epochemachende Wirtschaftspolitik darzustellen gewillt ist, dann muß ich Ihnen, meine verehrten Kollegen — damit das jeder weiß — aus meiner europäischen Erfahrung und Arbeit heraus sagen: Wer so denkt, stört die europäische Zusammenarbeit und den europäischen Zusammenschluß. Das ist doch selbstverständlich.
Ich habe gar nicht geglaubt, daß es darüber überhaupt einen Zweifel geben kann.Wir sollten uns — ich komme nachher noch einmal darauf — sehr vor vorschnellen Urteilen über das Handeln des französischen Staatspräsidenten hüten, wenn wir selbst in gleicher Weise handeln und das sogar noch als einen vorbildlichen Weg hinzustellen versuchen. Das hat mich auf Grund meiner Erfahrungen — das muß ich sagen — etwas erschüttert.Es bestehen gegen diesen Weg schwerste Bedenken, schwerste Bedenken, die u. a. auch — wie ich gelesen habe — in einer Erklärung, die der Herr Vorsitzende des Finanzausschusses abgegeben hat, enthalten sind. Ich weiß auch, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß diese Bedenken, solange ich denken kann, im Bundesfinanzministerium immer gegolten haben. Ich sage ja auch, daß sich der Herr Bundesfinanzminister neuestens einer anderen Überzeugung zugewandt hat.
Ich will Ihnen gern zugeben, daß dabei Haushaltsfragen eine Rolle spielen. Aber bei einer so großen Angelegenheit sind doch die Haushaltsfragen weiß Gott nicht die einzigen, die man bedenken muß.
— Außerdem komme ich auf den Hauptposten, Herr Kollege Leicht, bezüglich der Agrarpolitik noch zu sprechen, und Sie werden sehr erstaunt sein. Sie werden es ja wissen, — aber viele Kollegen werden es nicht wissen —, was die Kommission alles getan hätte, wenn Herr de Gaulle abgewertet hätte, und was sie dann auch hätte tun können, wenn wir etwa aufgewertet hätten.
Dieses Argument mit der Agrarpolitik erwähne ich deshalb so deutlich, weil Herr Kollege Barzel es gebracht hat. Herr Kollege Barzel, hier sind Sie nicht unterrichtet. Bitte nehmen Sie es mir nicht übel, aber ich muß es Ihnen sagen: Das ist kein Argument!
.
— Herr Barzel, was Sie positiv und negativ nennen, ist eine Beurteilung vom Standpunkt Ihrer Partei aus.
— Sie werden mir schon gestatten, daß ich meine Ausführungen so aufbaue, wie ich das will.
Ich bin bei der Agrarpolitik. Ich darf Ihnen sagen, daß man in dem Augenblick, als man erwartete, daß Frankreich durch seinen Staatspräsidenten zur Abwertung schreiten könnte — Herr Kollege Barzel, Sie müssen jetzt aufpassen —, den Währungsausschuß der EWG prophylaktisch in Paris hat zusammentreten lassen, damit er schußbereit stand, um diese Rechnungseinheitsfrage so zu lösen, daß der französische Staatspräsident seinem Land nicht eine 10 %ige = mit Handelszuschlägen eventuell 15%ige — Verteuerung der Lebensmittel aufzuerlegen gehabt hätte. Genau dasselbe wäre natürlich umgekehrt — ich brauche das gar nicht zu erläutern — bei einer entsprechenden Maßnahme bei uns der Fall gewesen.Ich sage das nur deshalb, weil eines der wesentlichsten Argumente von Ihnen, nämlich die Haushaltsfrage mit den 2,5 Milliarden DM für die Landwirtschaft, nicht zutrifft.
Ich möchte gewisse Augenblicksvorteile durchaus nicht aus dem Auge lassen. Vor allen Dingen geht es mir aber doch um die große Linie für die Zukunft.Die von uns so stark betonte Revisibilität der Maßnahme, die Sie vornehmen, ist unterdessen bei der SPD, wie ich in den Ausführungen meines Herrn Vorredners gehört habe, zu einer Flexibilität geworden. Das ist natürlich noch viel gefährlicher; während die Revisibilität ein einmaliger Akt ist, ist die Flexibilität ein ständiges Drehen an diesen Steuerschrauben. Gerade diese Flexibilität oder Revisibilität bringt Unklarheiten nach innen und außen, sie bringt Unsicherheit und, meine sehr verehrten Damen und Herren, ob Sie wollen oder nicht, sie ist die Grundlage für neue Spekulationen. Es ist eine Illusion, zu glauben — ich bitte, den Satz ganz deutlich betonen zu dürfen —, daß eine solche Revision dieser getroffenen Entscheidung leichter zu praktizieren wäre als eine Abwertung.
— Nein, das ist eine Illusion von dem, der das annimmt. Das werden Sie erleben: Es ist der Welt um uns völlig gleichgültig, ob Sie abwerten oder einen 4%igen Aufschlag auf den Export rückgängig machen. Aber durch solche Illusionen, in die man sich hineinbegibt, kommt man zu etwas, was sehr gefährlich ist: man kommt zu einem leichteren Entschluß, man kommt leichter über die Hürde zu einer solchen Maßnahme als bei einer Aufwertung. Das ist gerade das Gefährliche an diesem Weg.
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Dr. Starke
Nun einen Schrift weiter! Haben Sie einmal an dieser Steuerschraube gedreht wie jetzt, dann frage ich Sie — wenn das so leicht geht —, mit welchen Argumenten Sie dem nächsten Druck aus dem Ausland dann standhalten werden.Ein Weiteres: Durch diese Maßnahme scheren wir aus der internationalen Front derer aus, die durch ihre Haltung gegen die Entwertungstendenzen gekämpft haben. Mindestens schwächen wir unsere Stellung so stark, daß man hier, wie ich es mir erlaubt habe, von einem Ausscheren sprechen kann.Die Gefahr, die ich mir notiert hatte, daß andere Staaten den gleichen Weg gehen und damit die Integration nicht nur stören, sondern zerstören, ist unterdessen eingetreten. Sie haben eine französische Maßnahme, die mich sehr beeindruckt, weil sie außerordentlich klar ist und den Vorteil, der dort geschaffen wird, ganz deutlich zeigt. Man hat in Frankreich eine Lohnsteuer, die nicht wie bei uns der Arbeitnehmer zahlt, sondern es ist eine Art Lohnsummensteuer, die- der Arbeitgeber zahlt. Sie belastet den Betrieb. Diese Lohnsteuer von 4 1/2 % schafft man über Nacht ab und erhöht die Mehrwertsteuer, was kurz gesagt, bedeutet, daß ein französischer Produzent bei diesem Weg einen Vorteil von minimal 2 %, ja, zum Teil 21/2 oder auch 3 % hat.
Diesen Weg zu gehen, meine sehr verehrten Damen und Herren, nennt man in Frankreich eine zu den deutschen Maßnahmen spiegelbildliche Maßnahme. Man beruft sich dabei darauf, daß man noch nicht einmal das gleiche Prinzip verletzt habe, das wir in Deutschland verletzt hätten, nämlich das Prinzip des steuerneutralen Grenzübergangs. In solchem Vorgehen liegt eine ungeheure Gefahr für die europäische Zusammenarbeit und darüber hinaus natürlich für die Weltwirtschaft überhaupt.
Ich sehe eine weitere Gefahr — auch das ist mir aus den Ausführungen des Herrn Kollegen Ravens deutlich geworden — für das Inland. Wenn diese Steuermaßnahme jetzt schon als flexibel bezeichnet wird, dann stehen wir mit unserer Wirtschaft im Inneren zwar schutzlos allen Kostensteigerungen gegenüber; die u. a. die Bundesregierung verursacht oder provoziert, aber wir stehen ständig unter dem Druck, daß man, wenn sich daraufhin Preisbewegungungen ergeben, im grenzüberschreitenden Verkehr an der Steuerschraube dreht. Ich halte das nicht für eine neue, sondern das ist eine schlechte wirtschaftspolitische Vorstellung, wie ich hier feststellen muß. Wenn ich von der Desintegration spreche, dann denken Sie bitte daran zurück, daß wir das alles in den 30er Jahren erlebt und daß wir Jahrzehnte gebraucht haben, um das zu überwinden.Ich habe schon 1961, vor der Aufwertung, und nachher davon gesprochen, viele seien des Glaubens, daß eine Aufwertung, eine Quasi-Aufwertung ein Ersatz für innere Disziplin sei, die zu üben ist.Das ist sie natürlich nicht; denn wenn man keine Disziplin übt und die Kosten steigen läßt, kumulieren sich die Nachteile der Wirtschaft aus der Aufwertung oder aus der jetzigen Steuermaßnahme mit den erhöhten Kosten aus der mangelnden Disziplin im Innern. Jetzt aber sieht es anders aus; jetzt haben wir eine Maßnahme getroffen, die sich in Windeseile, binnen weniger Tage, von revisibel in flexibel gewandelt hat. Welche Regierung steht dann noch unter dem Druck wie nach einer Aufwertung: daß sie um keinen Preis die Kosten steigen lassen darf, weil das für die eigene Wirtschaft eine tödliche Gefahr wäre? Sie sagt sich: Laßt es uns etwas leichter nehmen, lassen wir es etwas leichter laufen; denn wenn es zu Kostensteigerungen durch unsere Wirtschaftspolitik kommen sollte, werden wir den Steuerabzug revidieren, werden wir die Steuerschraube flexibel gestalten. Das bedeutet, daß wir international, daß wir im Hinblick auf die Integration Europas und der Weltwirtschaft in die allergrößten Schwierigkeiten kommen.Ich habe dem Haushaltsmoment nicht die erste Bedeutung beigemessen. Warum? Weil eben diese Steuermaßnahme jetzt — das wissen Sie unterdessen aus der zweiten Lesung — die Wirtschaft mit voller Gewalt wie eine Aufwertung trifft. Ich muß dabei noch etwas zwischendurch sagen, weil eine entsprechende Frage gestellt worden ist. Selbstverständlich ist es ein Unterschied für die Wirtschaft vor allem für die schwebenden Kontrakte, ob Sie aufwerten oder ob Sie diese Steuermaßnahme treffen. Warum? Weil unsere Wirtschaft unterdessen im Hinblick auf die Spekulationen ihre Rechnungen in D-Mark ausgestellt hat und weil bei einer Aufwertung der Kunde eben diese D-Mark bezahlen muß, auch wenn er mehr von seiner Währung dafür aufwenden muß. Er muß an die deutsche Wirtschaft herantreten und sagen: Ihr müßt auch einen Teil der Aufwertung tragen. Bei dieser Steuermaßnahme jetzt wird niemand im Ausland auf die Idee kommen, daß er einem deutschen Exporteur eine Last aus einem bestehenden Vertrag ganz oder auch nur zum Teil abnehmen soll, die sich aus einer deutschen Steuermaßnahme ergibt. Das ist der sehr deutliche Unterschied, meine Damen und Herren.
— Alle klugen Leute sind doch langsam zur D-MarkFakturierung übergegangen.Ich spreche nicht von dem Rattenschwanz von bürokratischen Maßnahmen. Ich möchte das Agrarbeispiel nun nicht mehr erwähnen; das habe ich vorhin schon erörtert.Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte zum Schluß dieses Teils nur noch einmal sagen: diese Maßnahme — von uns und dann auch von den anderen Ländern angewendet — gefährdet die Integration, leistet der Desintegration Vorschub, erschwert das Walten einer leistungsstarken Marktwirtschaft. Ich bitte Sie, einmal nicht so sehr an die von dem Herrn Bundeswirtschaftsminister zitierte Logik des Gesetzes zu denken, sondern daran — und das war der Sinn meiner Ausführungen —, daß
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Dr. Starke
die Praktikabilität eines Gesetzes mindestens so wichtig ist wie die theoretische Richtigkeit gewisser Vorschläge, die darin stehen.Auch die Freien Demokraten hätten jetzt nicht aufgewertet. Ich verweise Sie dazu auf meine Rede vom 13. November 1968, die ich in diesem Hohen Hause gehalten habe, wo mir von einem Kollegen zugerufen wurde: „Herr Starke, sprechen Sie zur Sache!" — Ich darf Ihnen sagen: Sie sollten heute, wenn Sie die Rede nachlesen oder noch im Gedächtnis haben, einsehen, daß das, worüber ich gesprochen habe, genau die Probleme betraf, mit denen sich die Regierung bis heute herumgeschlagen hat. Ich habe damals zur „Hauptsache" gesprochen, um die es in diesen Tagen geht; denn zwischen dem 13. November und der Maßnahme der Bundesregierung liegen ja nur sechs Tage, meine sehr verehrten Damen und Herren.
— Wir hätten nicht aufgewertet. Aber eine starke Regierung, die weiß, was sie will, hätte unter entschlossener Führung — das ist sehr viel verlangt — seit Monaten diese Gefahr gesehen, und zwar als eine Hauptgefahr. Sie hätte nicht so sehr vom Aufstieg nach Maß und von Gratwanderung im Gleichgewicht gesprochen, sondern sie hätte eine klare Haltung gezeigt, aus der man hätte ablesen können, was sie in dieser Frage wollte.
Sie hätte Meinungsverschiedenheiten über die Frage des Kapitalexports und Meinungsverschiedenheiten über die Anwendung der Manipulierung des Umsatzsteuersatzes nicht in der Öffentlichkeit ausgetragen, um immer wieder zur Spekulation anzureizen.
Vor allem aber hätte eine solche Regierung eng und in der Schwierigkeit immer enger und vertrauensvoller mit der gottlob unabhängigen Notenbank zusammengearbeitet.
Wir sagen Ihnen offen — und es ist ein Anliegen von uns, das heute zu betonen —, wir sehen die Angriffe gegen Bundesbankpräsident Blessing, die unter Indiskretionen zustande gekommen sind, über die die ganze Presse, wie Sie wissen, geschrieben hat — Sie haben sie gelesen —, als stillos und als Angriff auf die Unabhängigkeit der Notenbank an. Das läuft jetzt schon zwei Jahre.
Gegenüber dieser Bundesbank — und das will das Gesetz — gibt es nicht den Befehl, sondern mit ihr gibt es den Dialog, und die Freien Demokraten werden mit allen Mitteln dafür kämpfen, daß jede Bundesregierung, auch diese Bundesregierung, das lernt.
Und das alles, meine sehr verehrten Damen und Herren, weil die Bundesbank mit der Bundesregierung nicht in jedem Punkt und in jeder Beurteilung übereinstimmt! Ist es nicht der Sinn der Unabhängigkeit, daß die Bundesbank, wohlgemerkt: vertraulich, ihre eigene Ansicht äußert?Eine starke, zielbewußte Regierung hätte vor allem rechtzeitig die jetzt erst getroffenen Maßnahmen zur Abwehr des Auslandsgeldes und des Spekulationsgeldes eingeführt. Die Freien Demokraten hätten zur gleichen Zeit und gleichrangig, wie es der Vertrag und die Beschlüsse vorsehen, Besprechungen in der EWG geführt. Das haben wir vermißt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir hätten in der Regierung darauf gedrängt, daß der Bundeskanzler dieser Regierung in dieser Situation zu Konsultationen mit dem französischen Staatspräsidenten zusammengetroffen wäre.
Der Herr Bundeskanzler ist nicht umsonst als ein Europäer und als Staatsmann, der die deutsch-französische Freundschaft wie seine Vorgänger betont, bekannt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, hochverehrter Herr Bundeskanzler, wenn ich das jetzt einmal ganz ernst und nüchtern sagen darf: Sie waren in den kritischen Tagen fern von Bonn. Sie sprechen auch oft davon, daß man ökonomische Fakten nicht überbewerten soll. Aber auch dort, wo Sie sich in diesen Tagen aufhielten, war doch bekannt, daß der franzöische Staatspräsident in einer politischen Rede zu der Frage der Abwertung in Frankreich politisch Stellung genommen hatte. Diese Fragen waren also nicht nur ökonomische Fragen, sondern es waren hochpolitische und brisante Fragen geworden.Und dann, hochverehrter Herr Bundeskanzler — das müssen wir einmal ganz deutlich sehen —, handelt es sich diesmal um ein spezifisch deutschfranzösisches Problem. Warum? Weil diesmal nicht der Dollar und das Pfund im Vordergrund standen, sondern weil die Schwäche des Franc und die Stärke der D-Mark in einem spezifischen Verhältnis zueinander standen, aus dem sich diese politische Frage ergab. Durch solche Konsultationen über diese hochpolitischen Fragen hätte man — das ist unser -Eindruck, hochverehrter Herr Bundeskanzler — mindestens versuchen 'müssen, die Frontstellung der drei Westmächte gegen uns bei der Konferenz in Bonn zu vermeiden. Diese Frontstellung ist ja durch den französischen Staatspräsidenten herbeigeführt worden, weil wir mit ihm nicht auf der entsprechenden Ebene in Verbindung traten. Ein Emissär aus dem Beamtenkörper konnte das zu einer politischen Frage gewordene Problem nicht lösen.Meine sehr verehrten Damen und Herren, statt dessen hat nun in Bonn unter Vorsitz des Herrn Bundeswirtschaftsministers eine Sitzung der Kommission der zehn stärksten Industrienationen der Welt, des sogenannten Zehnerklubs, stattgefunden. Diese Kommission hat seit Jahren wichtige und nützliche Arbeit geleistet. Sie hat vor allem immer wieder ausgereifte sachverständige Ratschläge und Vorschläge vorgelegt. Nun kommt der plötzliche Umschwung. Die plötzliche und spektakuläre Politisierung dieser Kommission durch Befassung mit diesen, speziell das deutsch-französische Verhältnis berührenden hochpolitischen Fragen, und zwar im
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Dr. Starke
Rampenlicht der Öffentlichkeit, konnte, meine sehr verehrten Damen und Herren, konnte, hochverehrter Herr Bundeskanzler, zu keinem Ergebnis führen, vor allen Dingen auch dann nicht, wenn man zumindest erwartete, daß sich woanders etwas Endgültiges vollziehen würde, etwa in Frankreich, während wir selbst, wie wir inzwischen wissen, nicht nur einen revisiblen, sondern einen flexiblen Beschluß gefaßt hatten. So ist denn keine konzertierte internationale Wirtschaftspolitik beschlossen worden, sondern es sind gerade die befürchteten nationalen Maßnahmen getroffen worden, die unabhängig voneinander stehen, die die Weltwirtschaft behindern und die Desintegration herbeiführen. Diese Maßnahmen sind das Ergebnis.Eine wohlwollende neutrale Zeitung stellt fest, daß auf dieser Konferenz in Bonn gegenüber der Konferenz der Notenbankpräsidenten in Basel vom 23. November keine sachlichen Fortschritte zu verzeichnen waren, was meiner Auffassung nach stimmt, daß aber — und nun kommt ein sehr wichtiges Wort — völkerpsychologisch tiefe Wunden geschlagen worden sind. Warum? Man sagt, die ausländischen Delegationen haben, wie es auf solchen währungspolitischen Konferenzen üblich ist, geschwiegen; die deutschen Delegierten und Sprecher kamen und gingen aber und arbeiteten ständig mit Informationen an die Presse. Dieser Eindruck ist nun einmal in der Welt entstanden, und er ist kein guter Eindruck bei denen, die schon so oft an anderer Stelle an solchen Konferenzen teilgenommen haben. So entstanden Gerüchte, so entstand Unsicherheit, so empfand man etwas als Druck, was, wie wir jetzt hören, gar nicht so gemeint war. Das war auch jenseits des Rheins so.Meine sehr verehrten Damen und Herren, es wird dann auch nicht besser, wenn ich in einer Zeitung lese — das will ich mehr humoristisch sagen —, einer Zeitung, die nicht rechts steht, daß auch der Bundesfinanzminister bei dieser Konferenz, wie es in der Zeitung so schön heißt, aufwachte, weil er plötzlich Geldeinnahmen witterte — so steht da drin —, und dann gleichfalls nächtliche Äußerungen von sich gab.
Wer gibt eigentlich solche Nachrichten nach draußen, daß sie in einer Zeitung, die, wie gesagt, nicht rechts steht, so deutlich gebracht werden können?
— Oh nein! Herr Kollege, auf internationalen Konferenzen habe ich so etwas noch nicht erlebt, weder in Deutschland noch im Ausland, und schon gar nicht bei währungspolitischen Fragen. Das muß ich allerdings offen gestehen, wenn Sie mich nach meiner Meinung fragen. Ich war so vorsichtig, eine neutrale Stimme zu zitieren.Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist bitter, wenn wir feststellen müssen, daß das Ausland etwas als „Diktat von Bonn" empfunden hat. Wir meinten es nicht so — wir hören es von derRegierung —; wir selbst glauben das auch nicht. Aber der Eindruck, der entstanden ist, ist bedauerlich, auch bezüglich der Bedingungen, von denen gesprochen wird und die man jenseits des Rheins akzeptieren sollte. Auch wir geben das Bekenntnis ab, daß wir nicht glauben, daß es so gemeint war. Aber die Umstände, die Publizität, die man der Sache gab, haben mit dazu beigetragen, daß solche Eindrücke entstanden.Während der Tagung — und das hat auf Ausländer den tiefsten Eindruck gemacht — und noch Tage nach der Tagung sind wir mit Dementis der handelnden Persönlichkeiten überschüttet worden, insbesondere des Herrn Bundeswirtschaftsministers und des Herrn Bundesfinanzministers. Ich nehme niemandem übel, wenn er Dementis gibt; aber wenn man sich bei einer hochpolitischen internationalen Konferenz so auf das Glatteis begibt, daß man unaufhörlich dementieren muß, ist das eine große Schwierigkeit für unsere Position. Humoristischerweise darf ich erwähnen, daß der Herr Bundesfinanzminister eine gezielte Falschmeldung, wie er es nannte, als eine manipulierte Äußerung bezeichnete, während ich bisher glaubte, daß wir das Manipulieren der Umsatzsteuer im grenzüberschreitenden Verkehr vorbehalten haben.
— Sie müssen das jedem überlassen, wie er es kann.Es ging dann weiter — und das ist ein sehr wichtiger Punkt —, daß eine Pressemeldung erschien, in der von Meinungsverschiedenheiten des Herrn Bundeskanzlers und des Herrn Bundeswirtschaftsministers gesprochen wurde. Es ging dabei um die Frage der Aufwertung. Der Herr Bundeswirtschaftsminister — diese Meldung habe ich hier — hat diese Differenz dementiert. Da dieses Dementi sicherlich überlegt ist und nicht nur so hingesprochen war, möchte ich es Ihnen vorlesen. Am Ende des Dementis heißt es: „Bezüglich einer späteren Aufwertung besteht zwischen dem Herrn Bundeskanzler und dem Herrn Bundeswirtschaftsminister keine Meinungsverschiedenheit." Das müßte also heißen, das Wort des Herrn Bundeskanzlers, daß während seiner Amtszeit nicht aufgewertet wird, gilt auch für den Herrn Bundeswirtschaftsminister.
— Haben Sie das nicht gesagt? Der Herr Bundeskanzler wird das also dann richtigstellen. Ich habe es so in den Zeitungen gelesen.Aber jetzt kommt diese Meldung. Am Schluß dieses Dementis heißt es: Die Frage der Wechselkursparität sei gar nicht aktuell; erst müsse sich der Pulverdampf verzogen haben, ehe man darüber nachdenken könne. — Also doch Aufwertung, meine sehr verehrten Damen und Herren!
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10748 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1968
Dr. Starke
Warum dann der Umweg?
— Das ist der Sache dienlich. Diese Aussage stammt— damit kein Irrtum entsteht — nicht von mir oder von der FDP.
-- Nein, nein, das steht hier; da ist gar nichts interpretiert.Ich brauche Ihnen die Meinungsverschiedenheiten und die Dementis vorher — was immer wieder die Spekulation anreizte — gar nicht erst darzustellen; das vollzog sich in ganz ähnlicher Weise. Lassen Sie mich Ihnen sagen, daß aus diesen Dementis, von denen ich hier nur eines oder zwei genannt habe, für mich und für uns, die Freien Demokraten, ganz deutlich wurde, daß der Herr Bundeskanzler und auch der Herr Bundesaußenminister hier zu spät eingegriffen haben, daß sie eine zu lange Zeitspanne wichtigste außenpolitische Weichenstellungen für die zukünftige Entwicklung nicht so bewertet und beachtet haben, wie es unserer Auffassung nach notwendig gewesen wäre. Hilfreiche nachträgliche Erklärungen ändern daran wenig. Das ist ähnlich wie seinerzeit bei der immer wieder aufflackernden Spekulation.Lassen Sie mich nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, zu meinem Schlußteil kommen.
Der Herr Bundeskanzler hat in seinen Ausführungen in der ersten Lesung gesagt, daß sich die Regierung zu dieser Maßnahme entschlossen habe wegen der internationalen währungspolitischen Solidarität, weil es unseren Nachbarn auch gut gehen solle — dem stimmen wir zu —, wegen der Spekulation und — meine Damen und Herren, jetzt kommt der letzte Punkt; ich habe sie alle aufgezählt, achten Sie bitte darauf — wegen der Preissteigerungen in denanderen Ländern. Die Begründung des Gesetzes dagegen spricht davon, daß man mit diesen Maßnahmen einer Preiswelle in der deutschen Wirtschaft, im Inland, zuvorkommen wollte. Das sagt man natürlich nicht so sehr gern; denn das trifft die seit zwei Jahren betriebene Wirtschaftspolitik sehr stark mit. Aber immerhin steht nun da, an geeigneter Stelle — in großen Reden tritt das weniger hervor, da betont man mehr die internationale Solidarität —, daß es sich wieder einmal gegen die deutsche Wirtschaft verwenden läßt.
In einem Interview, das der Herr Bundeswirtschaftsminister gegeben hat, steht sogar — er weist darauf hin, daß er gar nicht mit der französischen Abwertung gerechnet habe und daß er sie auch gar nicht wollte —, daß wegen dieser französischen Fragen der eigentliche Sinn dieser währungspolitischen Maßnahmen, nämlich der deutschen Preiswelle zuvorzukommen, in den Hintergrund getreten sei. Das ist natürlich eine außerordentlich wichtige Darstellung, die wir hier vernommen haben, und für uns ist das alles sehr, sehr ernst. Es wäre uns sehr lieb, wenn es uns gelänge, über die Presse und über alle Massenmedien an die Bevölkerung damit zu kommen, daß es bei diesen Maßnahmen auch um Auswirkungen der seit zwei Jahren betriebenen Wirtschafts- und Finanzpolitik geht. Das ist ein entscheidender Punkt.Man spricht in dieser Begründung so viel von der Preiswelle. Wir fragen uns, warum man dann nicht gerechterweise auch von der Kostenverteuerungswelle spricht,
die von der Bundesregierung verursacht oder provoziert worden ist. Von diesen Kosten spricht niemand. Diese Kostenwelle liegt uns aber viel näher, sie ist zeitlich viel näher. Sie betrifft die Steuererhöhungen; sie betrifft die Erhöhung der sozialen Lasten; sie betrifft die von dem Herrn Bundeswirtschaftsminister als konjunkturgerecht bezeichneten Lohnfortzahlungsmaßnahmen; sie betrifft die erst auf 6 % festgesetzte, dann auf 5,8% reduzierte Lohnleitlinie; sie betrifft die jetzt schon laufenden effektiven Lohnerhöhungen; sie betrifft die überall draußen festzustellenden Gewerbesteuererhöhungen. Von diesen Fragen, meine sehr verehrten Damen und Herren, von diesen Elementen Ihrer Wirtschaftspolitik spricht bei dieser Sache niemand.Wir haben .es also, wie ich sagte, bei diesen währungspolitischen Maßnahmen eben gerade mit einem Ringen zu tun, das die Folgen der Wirtschafts- und Finanzpolitik der Regierung betrifft.Im Jahre 1966 hatten wir stabile Preise. Die sind sehr mühsam errungen worden, und sie werden, wenn sie sich bis heute, oder wenigstens bis zum Sommer, annähernd erhalten haben, sehr zu Unrecht von dieser Bundesregierung für sich in Anspruch genommen. Das war nun einmal eine Errungenschaft der so oft geschmähten Vorgängerregierung; daran kann niemand etwas ändern. Wenn aber die Bundesregierung jetzt für 1969, also nach so kurzer Zeit, von 3- bis 4 %igen Preiserhöhungen spricht, dann ist das ein Ergebnis ihrer Wirtschafts- und Finanzpolitik.
Da ,erinnere ich mich einmal an das — ich habe es sogar noch einmal nachgelesen —, was der heutige Herr Bundeswirtschaftsminister Schiller vor einer Reihe von Jahren, ich glaube 1965, dem damaligen Bundeskanzler Erhard hier in diesem Hohen Hause vorhielt: „Warum haben Sie keine Konzeption, Herr Bundeskanzler, bei der Sie von Jahr zu Jahr und von Prozent zu Prozent die Preissteigerungsrate abbauen?" Vergleichen Sie das bitte mit dem, was uns als Preisprognose für 1969 auf den Tisch gelegt wird!
Ich werde jetzt nicht wiederholen, was ich im einzelnen am 13. November gesagt habe. Sie haben das gehört, Sie können das auch nachlesen.
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1968 10749
Dr. Starke
Die Bundesregierung, meine sehr verehrten Damen und Herren, kann diese von mir genannten Tatsachen nicht unterdrücken, auch nicht durch eine immer wiederholte öffentliche Diskriminierung der Bundesbank und ihres Präsidenten,
auch nicht durch ein Zurückhalten des Jahresberichts des Sachverständigenrates, der ja nach einer Gesetzesänderung, die gerade die SPD eingebracht hat, diesem Hohen Hause unverzüglich vorzulegen ist. Wir fragen, warum er nicht vorgelegt worden ist. Bei einem so wichtigen Gesetz, das jetzt zu verabschieden ist und das eine Materie betrifft, die dieser Bericht selbstverständlich in aller Breite behandelt, setzt uns das in größtes Erstaunen.Lassen Sie mich zusammenfassen.
Vor der Verabschiedung dieses schwerwiegenden Gesetzes bedarf es nach Auffassung der Freien Demokraten einer Untersuchung der Bundesregierung über die gesamte wirtschafts-, finanz- und konjunkturpolitische Lage anhand der von mir genannten Unterlagen. Die Bundesregierung wird uns— das weiß ich — eine solche Beurteilung der Lage geben, und zwar wird sie sie vorlegen als Stellungnahme zum Jahresgutachten des Sachverständigenrats, das jetzt bereits vorliegt.
— Wo? Bei der Bundesregierung, und zwar seit einer ganzen Reihe von Tagen; ich weiß nicht, wielange.
Sie wird diese Beurteilung in ihrer Stellungnahme zum Jahresbericht des Sachverständigenrats geben, aber sie wird das tun nach der Verabschiedung dieses Gesetzes; dem dienen diese von uns bedauerten und hier angeprangerten Manipulationen mit der Vorlage dieses Gutachtens. So rufen wir denn laut diesem Hohen Hause zu:
Verabschieden Sie dieses schwerwiegende Gesetz nicht, bevor diesem Hohen Hause eine solche Beurteilung anhand der von mir genannten Unterlagen von der Bundesregierung vorlegt worden ist; denn erst dann können Sie solche gewichtigen wirtschafts-, finanz- und währungspolitischen Beschlüsse fassen.Wir haben zu beanstanden, daß das nicht geschehen ist. Hier geht es doch nicht um Augenblicksvorteile oder Augenblicksfragen; hier geht es auch nicht darum, wie die Regierung im Wahljahr nun das Gesicht wahrt, sondern hier geht es weiß Gott um sehr große und wichtige Fragen unseres Volkes, um ein Gesetz, das wir nur nach einer sorgfältigeren Prüfung und nicht so unter Zeitdruck verabschieden sollten.
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine eingehende Würdigung der Bußpredigt meines Vorredners bleibt meinem Kollegen von der Wirtschaft überlassen. Ich habe nur drei Bemerkungen zu machen.Erstens. Es ist eine falsche Wiedergabe meiner Äußerungen und darum eine Irreführung der Öffentlichkeit, wenn Sie meiner Rede eine Wertung eines bestimmten Teiles der Exportindustrie unterstellt haben.
Ich habe lediglich das Fernschreiben verlesen und die von einem namhaften Kenner der Materie geäußerte Meinung in Zusammenfassung wiedergegeben.
Ich habe mehrmals hinzugefügt, daß ich persönlich mich jeder kritischen Würdigung enthalte, aber festgestellt, daß die Meinungen innerhalb der Wirtschaft verschieden sind.
Zweitens. Herr Kollege Starke, jetzt muß ich doch ein etwas härteres Wort gebrauchen. Was Sie als dritten Weg aufgezeigt haben — erstens nein zu den heute anstehenden Maßnahmen, zweitens selbstverständlich keine Aufwertung, dafür den Dialog mit de Gaulle, die Vermeidung von wirtschaftspolitischen Erörterungen über die Zweckmäßigkeit von Kapitalexport —, das hat doch zur Heilung eines Beinbruchs weniger Wert als Kukirol.
Es ist doch glatte Spiegelfechterei, wenn Sie glauben, daß die facts and figures, die es leider in dieser Frage gibt, durch Diskussion auf hoher Ebene in nichts aufgelöst werden könnten.Drittens. Was die Agrarpreise anlangt, Kollege Starke, so kennen Sie die Brüsseler Materie aus langjähriger Anwesenheit im Zweifelsfalle besser als ich. Aber wenn ein Mitgliedsland der EWG abwertet oder aufwertet, so gibt es eine bestimmte Prozedur, die in einer Verordnung geregelt ist: Dann muß der Währungsausschuß zusammentreten und die Konsequenzen beraten, die sich aus der Aufwertung oder Abwertung ergeben. Wenn z. B. ein Land abgewertet hätte, dann wäre es der Wunsch dieses Landes gewesen, die Rechnungseinheit zu senken, um damit die Lebensmittelpreise im eigenen Lande nicht steigen zu lassen. Glauben Sie ja nicht, daß sich die übrigen fünf von vornherein diesem Ansinnen gebeugt hätten! Mehr möchte ich über die interne Vorbereitung dieses Problems nicht sagen. Vielleicht mag aber die Erkenntnis auf seiten der französischen Regierung, daß ein wunschgemäßes Verhalten der übrigen fünf, da ja Einstimmigkeit erforderlich ist, möglicherweise nicht zu erzielen ist, auch zur Ablehnung der Abwertung als eines
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10750 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1968
Bundesminister Dr. h. c. Straußvon uns immer als möglich erkannten Weges beigetragen haben.Umgekehrt, lieber Kollege Starke: Was Sie sagen, daß man die Einkommensverluste für die Landwirtschaft hätte vermeiden können, das können Sie doch hier nicht erzählen, das müssen Sie irgendwo draußen vor einem agrarischen Publikum sagen, das nicht einmal das landwirtschaftliche Wochenblatt liest.
— Herr Kollege Starke, Sie verwechseln hier wirklich das Forum. Das haben Sie schon bei Ihrer Rede getan und tun es jetzt bei den Zwischenrufen noch mehr.
Wenn wir aufgewertet hätten, dann wäre ein Einnahmeverlust der Landwirtschaft nur zu verhindern gewesen, wenn die Rechnungseinheit entsprechend erhöht worden wäre. Das hätte aber bedeutet, daß die Agrarpreise und damit die Lebensmittelpreise in den übrigen fünf Ländern erhöht worden wären. Glauben Sie ernsthaft, daß ein einstimmiger Beschluß der Sechs zustande gekommen wäre, als Folge einer deutschen Aufwertung eine Erhöhung der Lebensmittelpreise gewissermaßen als Opfer für die arme Bundesrepublik hinzunehmen? Das glauben Sie doch selbst nicht. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Wirtschaft.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir sind uns darüber einig, daß heute dieses Hohe Haus mit diesem gesetzgeberischen Akt mehr tut, als hier bloß Währungspolitik zu diskutieren oder zu entscheiden; hier wird zugleich gesetzgeberisch auch über internationale Politik entschieden. Sie alle wissen — und ich glaube, auch Herr Starke weiß es —, daß der Vorgang einer Aufwertung der D-Mark sich einzig und allein durch einen Kabinettsbeschluß und durch die Entsendung eines deutschen Emissärs zum Währungsfonds hätte vollziehen können. Damit wäre die Sache gelaufen. Wir haben uns aus dem wesentlichen Grunde, die Last einer hohen Aufwertung der D-Mark zu verringern, und zwar auf jene bekannte Zahl zu verringern, die wir heute hier in diesem Gesetz behandeln, entschieden, den steuerlichen Weg und damit den Weg über die Gesetzgebung zu beschreiten.Ich muß nun für die Bundesregierung generell dem Hohen Hause dafür danken, daß Sie, meine Damen und Herren, alle jene Stimmen widerlegt haben, die da meinen, solche notwendigerweise schnell zu treffenden Entscheidungen würden in der parlamentarischen Diskussion zerpflückt und zerredet.Wir alle wissen — wir haben es in diesen Tagen im gesetzgeberischen Verfahren erlebt —, daß Bonn in den gestrigen Ausschußsitzungen und für die gestrigen Ausschußsitzungen via Bundespost und andere Botschaften sozusagen ein unvorstellbares „Go-in" von Einzelinteressenten erlebt hat. Sie, meine Damen und Herren vom Deutschen Bundestag, haben diesem Ansturm in Entschlossenheit widerstanden. Wir danken Ihnen dafür.Dabei respektiere ich mit. sehr großer Achtung alle jene Kollegen, die in den Ausschüssen mit gutem sachlichem Gewicht gegenüber unserem Konzept Bedenken erhoben haben. Ich weiß, daß manche mit sich gerungen haben, ob dieser steuerliche Weg der richtige sei. Ich kann gut verstehen, daß einige jener sachlichen Skeptiker in unseren Reihen oft am liebsten gesagt hätten: Werft das Scheusal in die Wolfsschlucht! Ich verstehe das sehr wohl.Aber es geht nicht, meine Damen und Herren, sich um die Alternativen dieses Entwurfs einfach durch irgendwelche Andeutungen herumzudrücken.
Hier und heute, vor und bei der dritten Lesung, Herr Starke, müssen die Karten auf den Tisch gelegt werden. Da können wir keine Wechsel auf die Zukunft mehr ziehen. Hier und heute muß gehandelt werden.Ich glaube, Sie selber sind nicht der Meinung, daß eine Verordnung zu § 23 des Außenwirtschaftsgesetzes, die allein das Einfließen von Spekulationsgeld in die Bundesrepublik verhindert, ein paar Wochen früher vielleicht das alles verhindert hätte. Im Gegenteil! Ich habe es Ihrer Fraktion im Auftrage des Herrn Bundeskanzlers anderthalb Stunden erklärt; auch dieses: Wenn wir alleine, ohne Grundmaßnahmen, wie z. B. dieses Gesetz, den § 23 durch eine Verordnung gegen Liquiditätszuflüsse angewendet hätten, hätten die Spekulanten sehr schnell andere Wege gefunden, dann hätte sehr schnell auch der mittelfristige Kapitalimport behindert werden müssen, und schließlich hätte nach kurzer Zeit auch der langfristige Kapitalimport einer Genehmigungspflicht unterworfen werden müssen. Ich habe bei Ihnen wörtlich gesagt: Für diese Ausdehnung einer solchen Verordnung, d. h. für die einseitige Aufhebung der Konvertibilität, sollten sich gerade diejenigen, die sich Freie Demokraten nennen, entsprechend ihrer großen Tradition nicht einsetzen.
— Wir haben freien Kapitalverkehr im mittel- und langfristigen Bereich. Wir haben die Sache nur auf die kurzfristigen Spekulationsgelder beschränkt. So ist es formuliert. Aber allein, ohne weitere Maßnahmen, hätte sich der Anwendungsbereich einer solchen Verordnung immer weiter ausgedehnt, zwangsläufig! Wir haben jetzt ein anderes Paket. Das habe ich Ihnen erklärt.Herr Starke, Sie sagen, wir hätten früher herangehen müssen. Sie wissen ganz genau, daß seit Monaten an diesen Dingen, in Alternativrechnungen, gearbeitet worden ist. Ich erinnere mich sogar sehr deutlich, daß Sie in den Parlamentsferien einen Tadel aussprachen und den Herrn Bundeskanzler um ein Machtwort baten, als Sie gehört hatten, daß in dem einen oder anderen Ministerium Überlegun-
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1968 10751
Bundesminister Dr. Schillergen über Fragen und Wege der außenwirtschaftlichen Absicherung angestellt wurden.
Aber das war doch unsere verdammte Pflicht und Schuldigkeit.Wenn Sie von Notenbank und Sachverständigen reden, so kann ich Ihnen sagen: die Serie unserer Sitzungen, fast immer unter Vorsitz des Herrn Bundeskanzlers und immer in Anwesenheit des Finanz- und des Wirtschaftsministers, mit der Bundesbank und mit den Sachverständigen hat am 3. Juli dieses Jahres begonnen. Sie ist durch eine sehr kurze Ferienpause unterbrochen und dann wieder aufgenommen worden. Sie ist bis unmittelbar vor Beginn der Konferenz der Gruppe der Zehn gegangen. So ist die Zusammenarbeit gewesen. Von einer Diskriminierung oder Diskreditierung des Herrn Bundesbankpräsidenten durch uns in der Zusammenarbeit und bei der Gruppe der Zehn kann überhaupt keine Rede sein. Er hat an der Tagung teilgenommen, und im Anschluß an seine Abreise, die wegen -der Sitzung des Zentralbankrates notwendig war, hat Herr Dr. Emminger ihn vertreten und uns in den weiteren zwei Tagen ausgezeichnet geholfen. Da gibt es überhaupt keinen Zweifel.Im übrigen hat uns an jenem Donnerstag der Zentralbankrat in geradezu konzertierter Aktion mit der Mindestreserveregelung für ausländische Liquidität als viertem Element für unser deutsches Paket in der Zehnergruppe geholfen. So ist der Ablauf.Aber wir warten immer noch auf das befreiende Wort der Freien Demokraten, deren Fraktionsvorstand ich sofort orientiert habe und deren Fraktion ich später ausführlich orientiert habe, nachdem das Kabinett und nachdem die Zehnergruppe getagt hatten.Sie wissen auch, daß wir nach der Kabinettssitzung am 13. November — Sie haben es selber erwähnt — erst einmal einen Staatssekretär nach Paris gesandt haben — am nächsten Tage; schneller ging es nun wirklich nicht — und daß Herr Ortoli eine multilaterale Konferenz gewünscht hat. Das Thema war für ihn keine bilaterale Angelegenheit. Er wollte, weil er wußte, daß das eine Sache ist, die man zu mehreren besprechen muß, einen größeren Kreis. — Sie sagen: Nein! Nun, ich muß es ja wissen. Denn Herr Ortoli hat erst meinem Staatssekretär und dann mir gesagt: Wir müssen in einem größeren Kreis von mehreren entscheidenden Industrienationen zusammenkommen, und zwar schnell. Wir haben die Zehnergruppe auf Wunsch von drei Ländern auch aus einem Grunde eingeladen, den auch die Freien Demokraten anerkennen sollten. Wir legten nämlich Wert darauf, daß bei einer solchen für die internationale Politik entscheidenden Angelegenheit die USA und England dabei sind.
Im übrigen, schneller konnten wir nicht handeln. Am 14. November war die bilaterale Unterhaltung meines Staatssekretärs mit Herrn Ortoli, dann ging die Spekulation weiter, und in der Woche darauf sind am Dienstag die Einladungen an die Zehnergruppe hinausgegangen. Da gab es kein Zögern mehr, lieber Herr Starke, und kein Überlegen — was Sie natürlich viel mehr lieben. Das kennen wir doch aus dem Jahre 1966: daß man immer noch einmal über diese oder jene Frage sechs Wochen nachdenken müsse. Das haben wir doch beide erlebt, wie das so war. Jetzt mußte gehandelt werden, und wir haben gehandelt.Meine Damen und Herren! Ich habe in diesem Augenblick die angenehme Pflicht, dem Hause zu danken für die Ergebnisse der Beratungen in der ersten und zweiten Lesung und in den Ausschüssen. Ich nenne in Dankbarkeit bei dieser schwierigen Operation, bei dieser Überstrapazierung eines Parlaments durch eine solche Sache — was ich ehrlich und freimütig zugebe, meine Damen und Herren — zuerst einmal die beiden Vorsitzenden der beiden Regierungsfraktionen, Herrn Dr. Rainer Barzel und Herrn Helmut Schmidt.
Dann nenne ich — seien Sie, die Herren von der FDP ganz ruhig, Sie kommen auch noch dran — die beiden verantwortlichen Vorsitzenden der beiden entscheidenden Ausschüsse, nämlich Herrn Dr. Schmidt und Herrn Dr. Alexander Menne.
Sie alle haben entscheidende „Geburtshilfe" geleistet. Und im übrigen danke ich den meisten Mitgliedern der FDP-Fraktion dafür, daß sie uns bei dieser schwierigen Operation die Sache in der Argumentation so fabelhaft leicht gemacht haben.
Vielen Dank dafür!Meine Damen und Herren, noch ein Wort zur Sache selber! Es wurde gestern geschrieben: „Wer den Gesetzentwurf durchlöchert, spielt mit dem Feuer. Dieses Wort ist geschrieben — und das mag für manche erstaunlich sein — im „Industriekurier". Dort ist erkannt worden, daß es notwendig war, die Sache in toto durchzubringen. Ich möchte hinzufügen: Herr Kollege Dr. Schmidt hat als vorbildlicher Vorsitzender des Finanzausschusses alles getan, mit der ihm eigenen Wuppertaler Konsequenz, um jegliches Feuer, das da entstehen konnte, zu ersticken, selbst wenn es im Regierungskreise entstand. Er hat das getan — und ich muß ihm gerade deswegen danken, weil er selber aus grundsätzlichen steuer- und finanzpolitischen Erwägungen gegen die Konstruktion des Gesetzes war —, aber er hat sich auf die Basis des Entwurfs gestellt und ihn in aller Konsequenz verteidigt, damit der Entwurf nicht durchlöchert wurde.
Meine Damen und Herren. ein letztes Wort. weil hier von Europa gesprochen wurde. Herr Starke, ich habe Ihnen schon bei meiner ersten Rede zur Erläuterung des Gesetzes gesagt: Die Kommission hat uns unterstützt. Heute hat uns Vizepräsident Barre ein Glückwunschschreiben geschickt, in dem er uns im Namen der Kommission in Brüssel zu
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10752 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 199. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1968
Bundesminister Dr. Schillerdem Ergebnis der Tagung der Zehnergruppe und zu unseren Beschlüssen gratuliert. Wir sind in der Tat der Meinung, daß diese Beschlüsse hier ein Schritt nach vorne sind. Nennen Sie mir ein Land, Herr Starke, das im Augenblick seine Einfuhrschleusen so aufmacht, um die Verbraucher hier mit billigen Gütern zu versorgen, wie die Bundesrepublik Deutschland! Nennen Sie mir ein Land!Dieses Gesetz, das durch den Finanzausschußvorsitzenden einen neuen Namen erhalten hat — der Name, den Sie ihm gegeben haben, ist vollkommen richtig —, müßte eigentlich noch einen Untertitel bekommen. Der Untertitel müßte heißen: „Gesetz zum Schutze des deutschen Verbrauchers und des deutschen Sparers". Das ist der Sinn dieses Gesetzes, das heute zur Entscheidung ansteht.
Dieses Gesetz öffnet den Weg, über Europa hinauszukommen.
Wir kommen zur Reform des Weltwährungssystems; wir kommen allerdings nur zu dieser Reform, indem wir zu einem Hartwährungsblock innerhalb der Sechs gelangen. Dieses Gesetz ist auch ein Beitrag für diese wesentliche Zwischenstation.Lieber Herr Starke, sehen Sie, daß dieses Gesetz allerdings ein Prüfstein ist, -der diejenigen, die beharren oder nein sagen wollen, von denjenigen trennt, die durch die europäische Gemeinschaft hindurch zu einer Neuordnung des Weltwährungssystems im Jahre 1969/70 gelangen. — Sie stimmen mir zu; dann allerdings haben Sie mir die Sache noch leichter gemacht, und ich kann mich auch bei Ihnen bedanken.
Meine Damen und Herren, es liegen keine Wortmeldungen mehr vor.
Ich komme zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf in dritter Lesung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe! — Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Mit Mehrheit angenommen.
Ich komme nunmehr zur Abstimmung über den Ausschußantrag Ziffer 2, die eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen! — Ich bitte um die Gegenprobe! — Es ist so beschlossen.
Ich erteile das Wort zu einer persönlichen Bemerkung gemäß § 35 der Geschäftsordnung der Frau Abgeordneten Frau Kurlbaum-Beyer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bemerkung von Herrn Staratzke gab mir Veranlassung, das stenographische Protokoll noch einmal zurückzuerbitten. Hierin heißt es wörtlich: „In die Ausnahmeliste sind ausschließlich Waren aufgenommen worden, die den Marktordnungsgesetzen unterliegen."
Ich habe dann in meinen späteren Ausführungen darauf hingewiesen, daß eine Ermächtigung in das Gesetz aufgenommen worden ist, um sicherzustellen, daß Waren, für die in der Laufzeit dieses Gesetzes noch Marktordnungsgesetze abgeschlossen werden, genauso behandelt werden.
Ich habe also damit nur deutlich machen wollen, daß jede Ausnahme über diesen engen Bereich hinaus aus den verschiedensten Gründen nicht verantwortet werden kann.
Herr Kollege Staratzke muß also meine Ausführungen mißverstanden und damit falsch ausgelegt haben.
Wir stehen am Ende der heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages ein auf Freitag, den 29. November 1968, 9 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.