Protokoll:
4165

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 4

  • date_rangeSitzungsnummer: 165

  • date_rangeDatum: 18. Februar 1965

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:01 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 20:39 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 165. Sitzung Bonn, den 18. Februar 1965 Inhalt: Fragestunde (Drucksache IV/3067) Fragen des Abg. Baier (Mosbach) : „Selbstkontrolle der Illustrierten" Höcherl, Bundesminister . . . . . 8163 B Baier (Mosbach) (CDU/CSU) . . . 8163 C Frage des Abg. Dorn: Tiefgarage auf dem Bonner Münsterplatz Höcherl, Bundesminister . . . . 8163 D Dorn (FDP) 8163 D Fragen des Abg. Hirsch: Verlegung bzw. Stationierung einer Bundesgrenzschutzeinheit im Raum Hof/Bayreuth Höcherl, Bundesminister 8164 B Hirsch (SPD) 8164 C Frage des Abg Dr. Dr. h. c. Friedensburg: Beschleunigung der Interzonenzüge Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 8165 A Dr. Dr. h. c. Friedensburg (CDU/CSU) 8165 B Frau Dr. Kiep-Altenloh (FDP) . . 8165 C Eichelbaum (CDU/CSU) 8165 D Fragen des Abg. Frehsee: Verkehrsverhältnisse am Bahnhofsvorplatz in Hameln 8166 A Fragen des Abg. Dr. Götz: Ortsumgehung Wirtheim Kr. Gelnhausen (B 40) Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 8166 B Flämig (SPD) . . . . . . . . . 8166 B Frage des Abg. Brück: Leitlinien auf der Autobahn Köln—Bonn Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 8166 D Brück (CDU/CSU) 8167 A Fragen des Abg. Dr. Müller-Emmert: Erneuerung und Ausbau der B 270 zwischen Kaiserslautern und Lauterecken Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 8167 B Dr. Müller-Emmert (SPD) 8167 C Frage des Abg. Dr. Müller-Emmert: Leitplanken auf der Autobahn Mannheim—Kaiserslautern—Saarbrücken Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 8168 B Dr. Müller-Emmert (SPD) 8168 B Fragen des Abg. Strohmayr: Beteiligung der Länder am Vermögen der Deutschen Bundesbahn Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 8168 D Strohmayr (SPD) 8169 B Cramer (SPD) 8170 C Spies (CDU/CU) 8170 D Dr. Rinderspacher (SPD) . . . . 8171 C II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 165. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 18. Februar 1965 Fragen des Abg. Hörmann (Freiburg) : Ausbau der B 31 von Breisach bis Autobahnzubringer Freiburg-Mitte Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 8171 B Hörmann (Freiburg) (SPD) . . . . 8171 C Frage des Abg. Lemper: Auflösung von Dienststellen der Deutschen Bundesbahn Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 8172 A Lemper (SPD) 8172 A Brück (CDU/CSU) 8172 A Spies (CDU/CSU) 8172 C Matthöfer (SPD) . . . . . . . 8172 D Frage des Abg. Lemper: Einschränkungen des Schienen-Personenverkehrs Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 8173 A Lemper (SPD) 8173 A Frage des Abg. Lemper: Ersetzung des Bundesbahn-Schienenverkehrs durch Bundesbahn-Straßenbusse Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 8173 B Frage des Abg. Matthöfer: Ermittlungsverfahren wegen Beleidigung eines fremden Staatsoberhauptes Dr. Bucher, Bundesminister . . . 8173 C Matthöfer (SPD) 8173 D Dr. Müller-Emmert (SPD) 8173 D Frage des Abg. Matthöfer: Ermittlungsverfahren gegen die Vorsitzenden eines Kölner Jugendverbandes Dr. Bucher, Bundesminister . . . . 8174 B Matthöfer (SPD) . . . . . . . 8174 B Dr. Müller-Emmert (SPD) 8174 D Fragen des Abg. Vogt: Verfahren wegen Mordes gegen den Zonenminister für Staatssicherheit Erich Mielke Dr. Bucher, Bundesminister . . . . 8175 A Fragen des Abg. Moersch: EWG-Qualitätsnormen für Knoblauch Schwarz, Bundesminister 8175 B Moersch (FDP) . . . . . . . 8175 C Frage des Abg. Bauer (Wasserburg) : EWG-Vorschlag betr. Gewährung einer Produktionserstattung für Grob- und Feingrieß zur Verwendung in der Brauereiindustrie Schwarz, Bundesminister . . . . . 8175 D Krug (CDU/CSU) . . .. . . . . 8175 D Ehnes (CDU/CSU) . . . . . . 8176 A Frage des Abg. Bauer (Wasserburg) : EWG-Vorschlag betr. Chester- bzw. Cheddarproduktion Schwarz, Bundesminister . . . . . 8176 B Krug (CDU/CSU) . . . . . . . . 8176 C Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1965 (Haushaltsgesetz 1965) (Drucksache IV/2500) — Fortsetzung der zweiten Beratung — Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern (Drucksachen IV/2906, zu IV/2906) ; in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Notstandsplanung (Drucksache IV/2930) Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . . 8176 D Wellmann (SPD) . . . . . . . . 8178 A Höcherl, Bundesminister . . . . . 8179 A Seidl (Fürth) (SPD) . . . . . . 8182 B Kubitza (FDP) 8182 D Mengelkamp (CDU/CSU) . . . . 8184 A Dorn (FDP) 8184 B Sänger (SPD) 8184 C Moersch (FDP) . . . . . . . 8186 A Schwabe (SPD) 8187 B Frau Renger (SPD) . . . . . . 8189 C Windelen (CDU/CSU) 8194 D Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 8196 D Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz (Drucksache IV/2907) Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . . 8199 A Dr. Tamblé (SPD) . . . . . . . 8199 D Dr. Bucher, Bundesminister . . . . 8200 D Dr.. Emde (FDP) 8201 C Dürr (FDP) 8201 C Hermsdorf (SPD) . . . . . . . 8201 D Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen (Drucksache IV/2908) 8202 A Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 165. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 18. Februar 1965 III Verspätete Entschuldigungen Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . . 8199 A Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft (Drucksache IV/2909) ; dazu: Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses über den Antrag betr. Betriebsberatung, Gewerbeförderung (Abg. Wieninger, Burgemeister, Gewandt, Riedel [Frankfurt], Dr. Imle, Opitz, Dr. Mälzig und Gen.) (Drucksachen IV/2363, IV/3064) Müller (Ravensburg) (SPD) . . . 8202 C Kurlbaum (SPD) 8203 C Dr. h. c. Menne (Frankfurt) (FDP) . 8207 C Schmücker, Bundesminister . . . 8208 D, 8230 C Gewandt (CDU/CSU) 8216 D Haase (Kassel) (CDU/CSU) . . . . 8218 A Dr. Luda (CDU/CSU) 8219 A Schultz (FDP) 8221 D Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . 8222 C Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen IV/2910, Ergänzung zu IV/2910, zu IV/2910); in Verbindung mit Fortsetzung der Aussprache über den Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft (Drucksachen IV/2990, zu IV/2990) Frehsee (SPD) 8224 B Reichmann (FDP) 8227 C Weber (Georgenau) (FDP) . . . 8230 C Rehs (SPD) . . . . . . . . . 8233 B Leukert (CDU/CSU) . . . . . . 8235 A Hermsdorf (SPD) 8235 B Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . . 8236 C Gewandt (CDU/CSU) . . . . . . 8236 C Dr. Stoltenberg (CDU/CSU) . . . . 8237 B Schwarz, Bundesminister . . . . . 8237 C Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (Drucksachen IV/2911, zu IV/2911) Büttner (SPD) . . . . . . . . . 8240 C Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . . 8242 D Vizepräsident Schoettle . . . . . 8244 A Killat (SPD) . . . . . . . . . 8244 .0 Dr. Claussen, Staatssekretär . . . 8246 A Dr. Schäfer (SPD) zur GO . . . 8247 C Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht (Drucksache IV/2916) 8247 D Einzelplan 20 Bundesrechnungshof (Druck- sache IV/2917) . . . . . . . . . . 8248 A Einzelplan 28 Geschäftsbereich des Bundesministers für Angelegenheiten des Bundesrates und der Länder (Drucksache IV/2923) 8248 A Einzelplan 32 Bundesschuld (Drucksache IV/2927) 8248 A Einzelplan 33 Versorgung (Drucksache IV/2928) 8248 C Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte (Drucksache IV/2929) 8248 C Nächste Sitzung 8248 D Anlagen 8249 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 165. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 18. Februar 1965 8163 165. Sitzung Bonn, den 18. Februar 1965 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr.
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    Berichtigungen Es ist zu lesen: 161. Sitzung Seite 7926 D Zeile 10 von unten statt „Ermittlung": Errichtung; 164. Sitzung Seite 8118 D letzte Zeile statt „Arrangement": Engagement. Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 165. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 18. Februar 1965 8249 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Aigner 19.2. Arendt (Wattenscheid) 19.2. Dr. Aschoff 19.2. Dr. Atzenroth 19.2. Dr. Dr. h. c. Baade 28.2. Bading * 19.2. Bauer (Wasserburg) 19.2. Bazille 22. 2. Berlin 19. 2. Blachstein 27. 2. Fürst von Bismarck 20. 2. Dr. h. c. Brauer 19.2. Brünen 19.2. Dr. Burgbacher * 18. 2. Burgemeister 19. 2. Dr. Dörinkel 26. 2. Eisenmann 20. 2. Dr. Franz 19.2. Frau Geisendörfer 18.2. Herold 18. 2. Frau Dr. Heuser 19. 2. Dr. h. c. Jaksch 26. 2. Klinker * 19.2. Dr. Kopf 24. 2. Kriedemann* 18. 2. Kulawig 31.3. Leber 19. 2. Lenz (Bremerhaven) 29. 3. Lücker (München) * 19. 2. Maier (Mannheim) 19.2. Mattick 19.2. Merten 19.2. Michels 19.2. Peters (Norden) 20. 2. Frau Dr. Probst 26. 2. Reichhardt 19.2. Richarts * 18. 2. Scheuren 19. 2. Schlick 26. 2. Dr. Schmid (Frankfurt) 24. 2. Frau Seppi 19.2. Seuffert 19.2. Dr. Starke 19.2. Steinhoff 28. 2. Storch * 19. 2. Frau Strobel * 18.2. Unertl 27. 2. Wehner 28. 2. Weinkamm 28. 2. Wienand 7.3. Wilhelm 26. 2. Zühlke 21.2. *) Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Umdruck 564 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1965, hier: Einzelplan 06 - Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern (Drucksachen IV/2500 Anlage, IV/2906). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 06 02 - Allgemeine Bewilligungen - In Tit. 987 - Kassenhilfe an die „Deutsche Welle" und den „Deutschlandfunk" für die Inbetriebnahme, Einrichtung und Verwaltung - (Drucksache IV/2500 Anlage S. 43) wird in den Erläuterungen der Betrag von 66 188 900 DM wie folgt aufgeteilt: „Deutsche Welle 39 591 200 DM Deutschlandfunk 26 597 700 DM." Bonn, den 17. Februar 1965 Erler und Fraktion Anlage 3 Umdruck 565 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1965, hier: Einzelplan 06 - Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern (Drucksachen IV/2500 Anlage, IV/2906). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 06 02 - Allgemeine Bewilligungen - 1. In Tit. 612 - Sondermittel für Aufgaben der Parteien nach Artikel 21 des Grundgesetzes - (Drucksache IV/2500 Anlage S. 26) - wird der Ansatz von 38 000 000 DM um 18 000 000 DM auf 20 000 000 DM vermindert. 2. In Tit. 973 - Für die Spitzenfinanzierung des Baues von Turn- und Sportstätten - (Drucksache IV/2906 S. 3) wird der Ansatz von 36 000 000 DM um 14 000 000 DM auf 50 000 000 DM erhöht. Zu Kap. 06 09 - Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln - 3. In Tit. 300 - Für Zwecke der Verfassungsschutzes - (Drucksache IV/2500 Anlage S. 112) erhält der letzte Absatz des Haushaltsvermerkes folgende Fassung: „Die Jahresrechnung über die Ausgaben dieses Titels unterliegt nur der Prüfung eines Unterausschusses des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages und der Prüfung durch den Präsidenten des Bundesrechnungshofes. Die Erklärungen des Unterausschusses des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages und des Präsidenten des Bundesrechnungshofes bilden die Grundlage für die Entlastung der Bundesregierung." Bonn, den 17. Februar 1965 Erler und Fraktion 8250 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 165. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 18. Februar 1965 Anlage 4 Umdruck 575 Änderungsantrag der Fraktion der FDP zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1965, hier: Einzelplan 06 — Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern (Drucksachen IV/ 2500 Anlage, IV/2906). Der Bundestag wolle beschließen: In Kap. 06 02 Tit 987 — Kassenhilfe an die „Deutsche Welle" und den Deutschlandfunk" für die Inbetriebnahme, Einrichtung und Verwaltung — werden die Erläuterungen über die Aufteilung der Mittel gestrichen. Der Haushaltsausschuß wird beauftragt, eine endgültige Festlegung nach weiterer Prüfung vorzunehmen. Bonn, den 18. Februar 1965 Moersch Freiherr von Kühlmann-Stumm und Fraktion Anlage 5 Umdruck 566 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1965, hier: Einzelplan 36 — Zivile Notstandsplanung (Drucksachen IV/2500 Anlage, IV/2930). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 36 04 — Maßnahmen der zivilen Verteidigung im Aufgabenbereich des Bundesministers des Innern 1. In Tit. 609 — Zuwendungen zur Errichtung von öffentlichen Schutzraumbauten in Verbindung mit unterirdischen Verkehrsanlagen und Tiefgaragen — (Drucksache IV/2930 S. 4) wird der Ansatz von 30 600 000 DM um 10 000 000 DM auf 40 600 000 DM erhöht. 2. In Tit. 714 — Instandsetzung von Schutzbunkern und Schutzstollen, Errichtung neuer Schutzraumbauten sowie Erwerb von Grundvermögen für diese Zwecke und für abzugeltende Investitionen, 10. Teilbetrag — (Drucksache IV/2930 S. 4) wird zur Wiederherstellung der Regierungsvorlage der Ansatz von 19 500 000 DM um 15 000 000 DM auf 34 500 000 DM erhöht. 3. In Tit. 950 — Beschaffung der Ausrüstung für den Luftschutzhilfsdienst, 11. Teilbetrag — (Drucksache IV/2930 S. 4) wird der Ansatz von 76 000 000 DM um 25 000 000 DM auf 51 000 000 DM vermindert. Bonn, den 17. Februar 1965 Erler und Fraktion Anlage 6 Umdruck 557 Änderungsantrag der Abgeordneten Frau Dr. Diemer-Nicolaus, Jahn, Dr. h. c. Güde und Genossen zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1965, hier: Einzelplan 07 — Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz (Drucksachen IV/2500 Anlage, IV/2907). Der Bundestag wolle beschließen: In Kap. 07 Oil Tit. 308 — Kosten der Vorbereitung der Strafverfahrensreform, der Strafvollzugsreform sowie des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch und der weiteren Durchführung der Strafrechtsreform — (Drucksache IV/2500 Anlage S. 16) wird der Ansatz von 70 000 DM um 50 000 DM auf 120 000 DM erhöht. Bonn, den 16. Februar 1965 Frau Dr. Diemer-Nicolaus Jahn Dr. h. c. Güde Dr. Arndt (Berlin) Bühler Busse Deneke Dr. Hellige Dr. Hoven Dr. Kanka Dr. Krümmer Dr. Müller-Emmert Frau Dr. Pannhoff Frau Pitz-Savelsberg Dr. Reischl Schmidt (Kempten) Dr. Winter Anlage 7 Schriftliche Ergänzung der mündlichen Ausführungen des Bundesministers Schmücker zum Einzelplan 09 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft (Drucksache IV/2909). . (BMWi) Bonn, 11. 2. 65. — Im Auftrage des Bundeskanzlers hatte der Bundesminister für Wirtschaft, Kurt Schmücker, am 10. Februar 1965 eine eingehende Aussprache mit den Mitgliedern des Sachverständigenrates. Der Bundesminister für Wirtschaft dankte namens der Bundesregierung den Mitgliedern des Sachverständigenrates Professor Dr. Bauer, Staatssekretär a. D. Dr. Binder, Professor Dr. Giersch, Staatsminister a. D. Dr. Koch und Professor Dr. Meyer für ihre mühevolle Arbeit und sprach die Anerkennung für das Gutachten aus. In dem Gespräch wurden die Stellung des Sachverständigenrates zur Bundesregierung und die künftige Arbeit erörtert. Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 165. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 18. Februar 1965 8251 Das Ergebnis wurde in folgenden Punkten festgehalten: 1. Das Jahresgutachten 1964/65 entspricht dem gesetzlichen Auftrag. 2. Maßgebend für die Gutachten sind nur die im Gesetz ausdrücklich genannten Ziele: Stabilität des Preisnivaus, hoher Beschäftigungsstand und außenwirtschaftliches Gleichgewicht bei stetigem und angemessenem Wachstum im Rahmen einer marktwirtschaftlichen Ordnung. Der Sachverständigenrat hat keine Möglichkeit, von diesem gesetzlichen Auftrag zugunsten anderer Zielvorstellungen abzuweichen. 3. Die Bundesregierung hat bei ihren Stellungnahmen die nationalen und internationalen Verpflichtungen, politische Gegebenheiten und Zielvorstellungen zu berücksichtigen. 4. Die Gründe, die den Sachverständigenrat veranlaßt haben, keine Alternativrechnung in der konzisen Form volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen vorzulegen und die Prognose auf einen kürzeren Zeitraum als ein Jahr zu beschränken, werden anerkannt. 5. Die geeignete Form für die Veröffentlichung des nächsten Gutachtens und für die Veröffentlichung der Stellungnahme der Bundesregierung wird zwischen den Beteiligten rechtzeitig vereinbart werden. Sachverständigenrat und Bundesregierung bekräftigen angesichts der gegenwärtigen Situation ihre Überzeugung, daß die Preisstabilität absoluten Vorrang genießen muß. Dieses Ziel ist nur zu erreichen, wenn alle Beteiligten, Öffentliche Hand, Arbeitnehmer und Unternehmer, mitwirken und wenn Preisauftriebstendenzen, die aus den außenwirtschaftlichen Beziehungen herrühren, ausgeschaltet werden können. Anlage 8 Umdruck 554 Entschließungsantrag der Fraktion der FDP zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen IV/2990, zu IV/2990). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, 1. für die Aufstellung der Grünen Berichte die Richtsätze für den Lohnanspruch der landwirtschaftlichen Betriebsleiter und ihrer mithelfenden Familienangehörigen nach den folgenden Grundsätzen zu berichtigen: a) Der Lohnanspruch der Betriebsleiter und seiner mithelfenden Familienangehörigen ist auf der Grundlage der Effektivlöhne nach den Erhebungen des Statistischen Bundesamtes vom September eines jeden Jahres zu berechnen. Dabei sind die Löhne der Spezialarbeiter zugrunde zu legen. b) Der Lohnanspruch der Betriebsleiter ist nicht um den halben Alterskassenbeitrag (72 DM), sondern um den bundesdurchschnittlichen Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung zu erhöhen (11,5 °/o des Bruttolohnes). c) Diese Berichtigungen sind auch bei der Effektivrechnung zu berücksichtigen; 2. dem Bundestag zu berichten, wie sich die Berichtigungen nach Nummer 1 bei dem Grünen Bericht 1965 auswirken; 3. dem Bundestag entsprechend der Zielsetzung des Landwirtschaftsgesetzes zu berichten, wie sich der Ansatz des gewerblichen Vergleichslohnes anstelle der bisherigen Ansätze für die Lohnansprüche der familieneigenen Arbeitskräfte bei den Grünen Berichten auswirkt. Bonn, den 16. Februar 1965 Freiherr von Kühlmann-Stumm und Fraktion Anlage 9 Schriftliche Ergänzung der mündlichen Ausführungen des Abgeordneten Weber (Georgenau) zum Einzelplan 10 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksache IV/2910). Beweisführung zur Ertragslage in der Landwirtschaft 1. Beweis: Als Modell soll die Lage des strukturgesunden Großbetriebes an Hand einer einfachen Kalkulation nach kaufmännischen Grundsätzen im 50-100-haBetrieb aufgezeigt werden. Aus der Betrachtung scheiden aus die viehlosen Getreidefarmen, weil nur in einer Verbindung mit Veredelungswirtschaft die Bodenfruchtbarkeit durch den natürlichen Kreislauf erhalten und die Marktchancen genutzt werden können. Die Kalkulation geht wie gewöhnlich vom Neuwert aus und ist auf 1 ha landwirtschaftliche Nutzfläche umgerechnet. a) Gebäudekapital: Die Baukosten unserer 20-25-ha-Betriebe bei der Aussiedlung belaufen sich durchschnittlich auf 250 000 DM, d. h. 10 000-12 000 DM je ha. Die Kosten des Wohnhauses werden selbstverständlich bei der Unzertrennbarkeit des bäuerlichen Lebens miteinbezogen und dafür der Wohnwert als Betriebsleistung in Ansatz gebracht. In Schweden hatte ich vor 2 Jahren auf Großbetrieben mit über 1000 ha 8252 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 165. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 18. Februar 1965 landwirtschaftliche Nutzfläche festgestellt, daß man dort für eine Kuh mit Baukosten von 8000 schwedischen Kronen, also über 6000 DM rechnet. Wer also bei uns mit der Hälfte der Baukosten unserer Aussiedlerhöfe auskommen will, der muß mindestens einen 50-100 ha großen Betrieb haben. Dieselben Annahmen gelten bei den beiden anderen Kapitalfaktoren: Maschinengerätekapital und Viehkapital. Die folgenden Ansätze entsprechen eher einem gekürzten Durchschnitt: jährliche Belastung je ha 6000 DM Gebäudekapital 3 % Verzinsung (setzt schon Zinsverbilligung voraus) = 300 DM 2 % Amortisation zusammen 5% 2000 DM Maschinen- und Gerätekapital 5% Verzinsung für das kurzfristige Kapital 10 % Abschreibung = 15% = 300 DM 1000 DM Viehkapital bei bundesdurchschnittlichem Viehbesatz von 0,8-1 Großvieheinheiten je ha 5 % Verzinsung und Amortisation = 50 DM Dazu die Sachausgaben ohne Futterzukauf, ohne Ersatzbeschaffung und Nettoinvestitionen (nach Grünem Bericht 1964, Durchschnitt von 10 Betrieben 50 bzw. 100 ha der Getreide-Futterbau- und der Getreide-Hackfruchtgruppen) = 646,80 DM = 1 296,80 DM Dieser kalkulatorische Aufwand in Höhe von 1296,80 DM ergibt bei einem Getreidedurchschnittsertrag von 30 dz eine Belastung je dz von 43,20 DM; dies ohne Löhne und Soziallasten und ohne Bewertung des Bodenkapitals, also nur aus den drei Kapitalfaktoren Gebäude, Maschinen und Viehbesatz. Wenn man den in Brüssel ausgehandelten Getreidepreis von je t Weizen = 425 DM, je t Roggen = 380 DM und je t Gerste = 360 DM zugrunde legt, so würde dies einem Durchschnittsgetreidepreis von rund 39 DM je dz entsprechen und bestünde somit schon bei dieser Kalkulation eine Unterbilanz von 4 DM je dz bzw. 120 DM je ha. 2. Beweis: Die Forschungsstelle für bäuerliche Familienwirtschaft, deren wissenschaftlicher Leiter Herr Professor Dr. Hermann Priebe ist, veröffentlichte im November 1964 im Heft 8 „Förderung bäuerlicher Selbsthilfe bei der Verbesserung der Agrarstruktur" folgendes Ergebnis als Beispiel aus den Betrieben mit optimalen Ergebnissen. Einführend ist folgende Feststellung niedergelegt: „Der Erfolg des Betriebes ist im wesentlichen auf die unternehmerische Fähigkeit des Betriebsleiters zurückzuführen." Betriebsgrundlage und Größe: nach der Vor der Aussiedlung Aussiedlung 1960/61 Landwirtschaftliche Nutzfläche 25,00 ha 21,88 ha Eigenbesitz 17,51 ha 15,88 ha davon Pacht 7,49 ha 6,00 ha Arbeitskräfte = AK 3,3 1,70 davon ständige Familien- eigene 1,3 1,3 familienfremde ständige AK 1,3 nicht ständig familienfremde 0,7 0,4 Aktivkapital 120 700 DM 146 600 DM Dieses setzt sich wie folgt zusammen: Wirtschaftsgebäudekapital 30 500 DM 50 000 DM Maschinenkapital 15 700 DM 19 200 DM Viehkapital 18 100 DM 26 200 DM Umlaufkapital 16 700 DM 16 400 DM Bodenkapital 39 700 DM 34 800 DM Produktivität und Rentabilität: Rohertrag 34 000 DM (nach Aussiedlung 1960/61)= 45 700 DM Bereinigter Rohertrag 30 100 DM (d. h. ohne landwirtschaftlichen Zukauf) = 39 200 DM Reinertrag 500 DM= 13 000 DM V Verzinsung des Aktivkapitals 0,4 % Reinertrag des Aktivkapitals in%) 8,9% Dieser Betrag ergibt sich aus: Betriebsleistungen in DM Einnahmen pflanzliche Erzeugung 18 270 DM 10 140 DM Einnahmen tierische Erzeugung 12 130 DM 31 760 DM Unbare Leistungen 3 620 DM (wahrscheinlich Wohnwert und Sachbezüge) 3 810 DM Betriebsleistungen insgesamt 34 020 DM 45 710 DM Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 165. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 18. Februar 1965 8253 Betriebsausgaben in DM Zukäufe landwirtschaftlicher Herkunft 3 890 DM 6 500 DM Arbeitshilfsmittel 8 310 DM 10 480 DM Handelsdünger 2 780 DM 3 560 DM Sonstiger Sachaufwand 4 000 DM 4 340 DM Gesamter Sachaufwand 18 980 DM 24 880 DM Dazu Kapitaldienst für die Aussiedlung 3 025 DM 27 905 DM Betriebseinkommen 15 040 DM 17 805 DM Professor Priebe hatte 15 000 DM 20 800 DM Dieses Betriebseinkommen stellt bei einwandfreier Berechnung den erzielten Lohn einschließlich des Fremdlohnes und die erreichte Verzinsung des Aktivkapitals dar. Bei einer gründlichen Prüfung ist folgendes festzustellen: 1. Der geleistete Kapitaldienst wurde für die B) Aussiedlung in Höhe von 3025 DM nicht als Betriebsausgabe abgesetzt. In Wirklichkeit stellt er höchstens eine Verzinsung von 1,5% der gemachten Baukosten dar. Denn diese Baukosten haben für einen Aussiedlungshof in der Größe von 22 ha mindestens 250 000 DM betragen. 2. Ganz offen ist die Frage, wo denn die notwendige Amortisation des gesamten Gebäudeaufwandes seine Anrechnung findet; denn es ist doch nicht anzunehmen, daß, wenn der Aussiedlungshof in seiner ersten Bauausführung einen Ersatz beansprucht, derselbe wieder aus öffentlichen Mitteln finanziert wird. Es müßten also nach den gültigen Abschreibungsgrundsätzen 2 % von 250 000 DM = 5000 DM in Absetzung gebracht werden. 3. Der Lohnanspruch der im Beispiel angegebenen 1,7 AK mit einem Vergleichslohn des Jahres 1960/61 von 5100 DM je Arbeitskraft würde einen Lohnanspruch von 8670 DM ergeben. Nicht berücksichtigt ist die Tatsache, daß die 1,3 ständig vorhandenen Familienarbeitskräfte, also der Bauer und die Bäuerin, im ausgesiedelten Betrieb den um 50 % erhöhten Viehbestand 365 Tage lang im Normaljahr zu versorgen haben. Der Anspruch an Urlaub und teilweise auch Ersatz für freie Feiertage müßte nämlich auch jetzt in Ansatz gebracht werden, da nicht mehr wie vor der Aussiedlung genausoviel (1,3 AK) ständige fremde Arbeitskräfte zu einer Ablösung vorhanden sind. Der Betriebsleiterzuschlag für die geleistete Mehrarbeit der reinen Aufgaben als Betriebsleiter müßte ebenfalls in Ansatz gebracht werden. Somit ergeben sich folgende Positionen: a) Lohnasnpruch der 1,7 AK = 8 670 DM I b) Ersatzstellung für 24 freie Sonn- und Feiertage sowie 18 Urlaubstage einschließlich der dazu gehörenden Sonntage = 42 Tage je AK ergibt für 1,3 ständige AK einen Kostenaufwand, der minimal mit 1000 DM für 54 Ersatztage einzusetzen wäre = 1 000 DM Dazu Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung, der ebenfalls zum Bruttogesamtlohn mit 12% dazugehört — 1 040 DM Betriebsleiterzuschlag (nach Grünem Bericht 60 DM je ha) für 21,88 ha 1 310 DM Lohnanspruch insgesamt 12 020 DM Dieser Lohnannspruch sieht in der realen Wirklichkeit wie folgt aus: Für 0,4 nichtständige AK = mindestens 1000 Tagelöhnerstunden à 2 DM ergibt einen Betrag von 2000 DM Dazu die erhaltenen und eingesetzten unbaren Leistungen in Höhe von 3810 DM 5810 DM ergibt einen Barlohn für einen Bauern und eine Bäuerin von DM 12 020 abzüglich 5810 DM = 6210 DM Als Folge dieser Vergessens-Rechnungs-Posten ergibt sich ein zusätzlicher Gesamtaufwand für Löhne und Amortisation für Gebäude in Höhe von 17 020 DM. Meiner Überprüfung entzieht sich die Frage, ob auch für das vorhandene Maschinenkapital eine Amortisation in Anrechnung gebracht wurde. Ich gehe also von der Voraussetzung aus, daß in dem gesamten Sachaufwand die gemachten Ersatzbeschaffungen diesen Posten in etwa entsprechen. Dem Betriebseinkommen von 17 805 DM steht ein Kostenfaktor von 17 020 DM für Löhne und Abschreibungen gegenüber. Somit verbleibt ein Betrag von 800 DM als Verzinsung eines Aktivkapitals in Höhe von 146 600 DM. Dies entspricht einer Verzinsung von rund 0,5 %. Es ist mir völlig unverständlich, wie in dieser Darstellung eine Verzinsung von 8,9 % (des Aktivkapitals) errechnet wurde. Es hat sich eigentlich gegenüber der Feststellung vor der Aussiedlung keine wesentliche Veränderung ergeben (0,4 %). Eine Überprüfung der Berechnung vor der Aussiedlung wir mir deshalb nicht möglich, weil die zugrunde liegenden Berechnungsjahre und die näheren Umstände nicht ersichtlich waren. 8254 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 165. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 18. Februar 1965 Als letzter und 3. Beweis: Die Rechnung im Rahmen der gesamten Volkswirtschaft. Die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (laut Statistischem Jahrbuch 1964) Beschäftigte der Industrie 1963 8 264 000 Umsatz in Milliarden DM 1963 315 Mrd. DM Umsatz je Beschäftigten 1963 38 100 DM Beschäftigte des Handwerks 1963 3 724 000 Umsatz in Milliarden (bereinigter Umsatz) 1963 73,001 Mrd. DM Umsatz je Beschäftigten 1963 20 000 DM Beschäftigte in der Landwirtschaft 1963 a) ständige Familien-AK 2 866 000 b) fremde ständige AK 274 000 zusammen = 3 140 000 ständige AK (ohne Anrechnung der nichtständigen AK) Umsatz der Landwirtschaft Verkaufserlöse = 22 735 Mrd. DM Wohnwert und Eigenverbrauch der 2866 Millionen ständigen Familien-AK 1200 DM= 3,440 Mrd. DM = 26,175 Mrd. DM Gesamtleistung = Umsatz je ständig Beschäftigten in der Landwirtschaft 8330 DM (Laut Grünen Bericht hatte die Deutsche Landwirtschaft in diesem Jahr 1963 laufende Betriebsausgaben ohne Nettoinvestitionen in Höhe von 15,460 Milliarden DM getätigt.) Somit verbleibt für die 2,866 Millionen ständigen Familien-AK ein Betrag von 3740 DM je AK, in dem 1200 DM Anrechnung für Wohnwert und Sachbezüge beinhaltet sind und ebenso die Nettoinvestitionen (Neuanschaffungen) von 1,188 Milliarden DM je AK = 400 DM getätigt wurden. Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Kapitaleinsatz in der Landwirtschaft das 11/2- bis 2fache gegenüber dem Durchschnitt der Industrie beträgt. Richtsätze für den Lohnanspruch des Betriebsleiters und seiner mithelfenden Familienangehörigen 1963/64 I. Betriebsleiter(in) Einheitswert des Lohnanspruch landw. Betriebes einschließlich (einschl. Wald) Betriebsleiterzuschlag DM DM (von bis unter) 7 500 5 530 7 500 10 000 5 665 10 000 15 000 5 935 15 000 20 000 6 205 20 000 25 000 6 475 25 000 30 000 6 745 30000 35000 7015 35 000 40 000 7 285 40 000 50 000 7 825 50 000 60 000 8 365 60 000 70 000 8 905 70 000 80 000 9 445 80 000' 90 000 9 985 90 000 100 000 10 525 je 10 000 DM Einheitswert um weitere 540 DM erhöht II. Sonstige mithelfende Familienmitglieder Lohnanspruch DM je Vollarbeitskraft männlich weiblich 5370 4550 Abschrift IV B 5 VI/7 Bonn, den 13. März 1964 Berechnung des Lohnanspruchs der Familienarbeitskräfte (Wirtschaftsjahr 1963/64) Landwirtschaft Landw. Bar-Monatslöhne Ø Bundesgebiet DM Spezialarbeiter 325 Angelernte Arbeiter (Landarbeiter) 291 50 v. H. 274 (abgerundet) Hilfsarbeiter 258 50 v. H. Angelernte Arbeiterinnen 233 75 v. H. 206 Hilfsarbeiterinnen 213 25 v. H. Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 165. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 18. Februar 1965 8255 Berechnung der Richtzahlen Betriebs- Mithelfende leiter männlich weiblich DM DM DM Barlohn/Monat 325 274 228 Barlohn/Jahr 3 900 3 288 2 736 Zuschlag für Effektivlohn (Lohnerhebung Sept. 1963) männlich 5,5 % 215 181 weiblich 0% — — — Wert der Kosten und Wohnung (112 DM/Monat) 1 344 1 344 1 344 Zusammen 5 459 4 813 4080 Arbeitgeberanteil zur Renten- und Krankenversicherung (7 4,5%) — 553 469 bzw. 50% des Beitrags zur landw. Alterskasse (144 DM/Jahr) 72 — — Lohnanspruch insgesamt DM/Jahr 5 531 5 366 4 549 abgerundet 5 530 5 370 4 550 Anlage 10 Umdruck 559 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1965, hier: Einzelplan 10 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen IV/2500 Anlage, IV/2910). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 10 02 Tit. 585 — Förderung der Fischerei b) 2. Fangprämie zur Qualitätsförderung für die Große Hochsee-, Große Herings-, Kleine Hochsee-und Küstenfischerei — (Drucksache IV/2910 S. 3). Der Ansatz ist um 3 000 000 DM auf 12 000 000 DM zu erhöhen. Bonn, den 17. Februar 1965 Erler und Fraktion Anlage 11 Umdruck 560 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1965, hier: Einzelplan 10 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen IV/2500 Anlage, IV/ 2910). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 10 03 Tit. 620 — Zuschüsse an die Einfuhr-und Vorratsstellen für Getreide und Futtermittel, für Fette, für Schlachtvieh, Fleisch und Fleischerzeugnisse und an die Einfuhrstelle für Zucker — (Drucksache IV/2910 S. 4). Der Ansatz ist um 3 000 000 DM zu kürzen. Bonn, den 17. Februar 1965. Erler und Fraktion Anlage 12 Umdruck 561 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1965, hier: Einzelplan 10 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen IV/2500 Anlage, Ergänzung zu IV/2910). Der Bundestag wolle beschließen: Kap. 10 02 Tit. 959 (Ergänzung zur Drucksache IV/ 2910 S. 13) erhält folgende Fassung: „Tit. 959 Investitionshilfe für landwirtschaftliche Betriebe und Verbesserung der Marktstruktur (Anpassungshilfe 1965) 380 000 000 DM Diese Mittel sind dem Zweckvermögen der landwirtschaftlichen Rentenbank zuzuführen. Zu Tit. 959: Im Rahmen der zusätzlichen Anpassungshilfen, die die Bundesregierung 1965 für die Landwirtschaft zur Verfügung stellt, um ihre Startbedingungen für den Gemeinsamen Markt in der Endphase weiter zu verbessern (vgl. Vorbemerkung zu Kap. 10 02 sowie Kap. 10 02 Tit. 608, 673 f und 679 c), wird ein Betrag in Höhe von 380 000 000 DM als Investitionshilfe für landwirtschaftliche Betriebe und Verbesserung der Marktstruktur bereitgestellt. Die Mittel sind gesperrt. Über ihre Freigabe entscheidet nach Vorschlag der Bundesregierung der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages im Benehmen mit dem Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des Deutschen Bundestages." Bonn, den 17. Februar 1965. Erler und Fraktion 8256 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 165. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 18. Februar 1965 Anlage 13 Umdruck 555 Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/ CSU zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen IV/2990, zu IV/2990). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag nimmt die Erklärung der Bundesregierung und den Bericht über die Lage der Landwirtschaft gemäß den Bestimmungen des Landwirtschaftsgesetzes zur Kenntnis und stellt mit Genugtuung eine weitere Verbeserung der Lage gegenüber dem vorhergehenden Wirtschaftsjahr fest. Eine gleich erfreuliche Entwicklung wird im laufenden Wirtschaftsjahr kaum zu erwarten sein, zumal die Kostensteigerung im gewerblichen Bereich sich auswirken wird. Der Bundestag stimmt dem Grünen Plan 1965 in Verbindung mit der Anpassungshilfe in Höhe von 770 000 000 DM zu und erwartet, daß die bisher mit gutem Erfolg durchgeführten wirtschaftlichen und sozialen Maßnahmen fortgesetzt werden und daß die in diesem Wirtschaftsjahr eingeleiteten Anpassungsmaßnahmen konsequent durchgeführt und weiter entwickelt werden. Die Bundesregierung muß ihre Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur im Rahmen regionaler Entwicklungsprogramme verstärkt fortsetzen und dabei den Kapitaldienst den veränderten Verhältnissen anpassen. Die im Grünen Plan wie die für die Landeskultur vorgesehenen Baumaßnahmen dürfen in der praktischen Handhabung bei der zügigen Durchführung nicht durch die 20%ige Bausperre eingeengt werden. Im Marktsektor bleiben moderne Erfassungs- und Absatzeinrichtungen die Voraussetzung für die Behauptung des Marktanteils der deutschen Landwirtschaft. Dabei ist vorauszusetzen, daß die gleichen Einrichtungen geschaffen werden, wie sie in den Partnerländern der EWG bereits bestehen. Bonn, den 17. Februar 1965 Struve und Fraktion Anlage 14 Umdruck 556 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen IV/2990, zu IV/2990). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag nimmt den Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft im Wirtschaftsjahr 1963/64 und die Erklärung über die gemäß § 5 des Landwirtschaftsgesetzes von ihr vorgeschlagenen Hilfs- und Förderungsmaßnahmen zur Kenntnis. Der Bundestag begrüßt die Verbesserung der Einkommenslage der in der Landwirtschaft Tätigen, die zu einer Verringerung des durchschnittlichen Einkommensabstandes zur gewerblichen Wirtschaft auf 21 % geführt hat. Er ist jedoch darüber besorgt, daß im laufenden Wirtschaftsjahr wieder mit einer erheblichen Vergrößerung des Einkommensabstandes gerechnet werden muß und daß innerhalb der Landwirtschaft in den einzelnen Betriebsgrößenklassen stärkere Einkommensunterschiede bestehen als gegenüber der gewerblichen Wirtschaft. Der Einkommensabstand ist in den Betrieben unter 10 ha mehr als doppelt so groß wie in den Betrieben mit mehr als 10 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche. Er ist in den kleinen und mittleren Betrieben trotz neun Grüner Pläne und ständig steigender Gesamtzuwendungen nicht verringert worden. Diesem Tatbestand und der Notwendigkeit, die verbleibende Übergangszeit zum Gemeinsamen Markt zu einer entscheidenden Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft zu nutzen, entsprechen die vorgeschlagenen Maßnahmen nicht. Es wird auch verschleiert, daß die Kürzungen im Landwirtschaftshaushalt und im Grünen Plan und die 20%ige Sperre bei den landwirtschaftlichen Bauten den gezielten Strukturmaßnahmen 426 Mio DM entziehen. Die zusätzlich versprochenen 380 Mio DM gleichen diese Kürzungen weder aus noch wird die vorgeschlagene Verteilung der differenzierten Lage der landwirtschaftlichen Betriebe und der Notwendigkeit gezielter Förderungsmaßnahmen gerecht. Die Bundesregierung wird aufgefordert, in diesem Sinne ein konkretes geschlossenes Anpassungs- und Investitionsprogramm vorzulegen. Bonn, den 17. Februar 1965 Erler und Fraktion
Gesamtes Protokol
Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416500000
Die Sitzung ist eröffnet.
Die folgende amtliche Mitteilung wird ohne Verlesung in das Protokoll aufgenommen:
Der Staatssekretär im Bundesministerium für wissenschaftliche Forschung hat unter dem 17. Februar 1965 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frau Dr. Diemer-Nicolaus, Frau Funcke (Hagen), Dr. Hellige, Moersch und Genossen betr. Frauen an Hochschulen — Drucksache IV/3023 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache IV/3093 verteilt.
Meine Damen und Herren, wir beginnen mit Punkt I der Tagesordnung:
Fragestunde (Drucksachen IV/3067, IV/3077).
Zunächst die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Ich rufe die Frage VIII/1 — des Abgeordneten Baier (Mosbach) — auf:
Sind der Bundesregierung die Gründe bekannt, weshalb dei Beirat der „Selbstkontrolle der illustrierten" durch seinen Vor- sitzenden Pfarrer Eberhard Stammler am 4. Dezember 1964 seine Mitarbeit in der Selbstkontrolle der Illustrierten aufgekündigt hat?
Bitte, Herr Bundesinnenminister!

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0416500100
Ich wäre dankbar, wenn ich beide Fragen, die in einem Zusammenhang stehen, zusammen beantworten könnte.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416500200
Ich nehme an, der Fragesteller ist einverstanden. Ich rufe daher auch die Frage VIII/2 — des Abgeordneten Baier (Mosbach) — auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung den Fortfall der Selbstkontrolle der Illustrierten infolge der in Frage VIII/1 genannten Kündigung, nachdem seinerzeit die Einführung dieser Selbstkontrolle von allen Seiten begrüßt wurde?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0416500300
Ich darf zu Frage 1 folgendes sagen. Pfarrer Stammler hat selbst erklärt, daß die Selbstkontrolle die an sie geknüpften Erwartungen nicht erfüllt hat. Der Beirat wollte durch seinen demonstrativen Rücktritt zum Ausdruck bringen, daß die Selbstkontrolle in dieser Form nicht ausreicht, um die Auswüchse in den Illustrierten zu verhindern.
Zur Frage 2. Ich halte es für möglich, daß die Selbstkontrolle auf eine neue Basis gestellt wird. Ich habe bereits Bemühungen eingeleitet. Herr Pfarrer Stammler hat sich zur Mitarbeit bereit erklärt. Unbedingte Voraussetzung ist aber, daß die Organisation verbessert und wirksam gemacht wird. Das Gespräch wird am 4. März stattfinden.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416500400
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Baier.

Fritz Baier (CDU):
Rede ID: ID0416500500
Herr Minister, ich danke Ihnen für Ihre Ausführungen. Darf ich Ihrer Antwort entnehmen, daß auch Sie an einer funktionsfähigen und wirkungsvollen Selbstkontrolle der Illustrierten nach wie vor interessiert sind?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0416500600
Ja. Die Selbstkontrolle entspringt einer Anregung des Bundesinnenministeriums. Es hat sich aber gezeigt, daß die sehr lockere Organisation nicht ausreicht. Wir möchten gern eine Selbstkontrolle, wie sie im Bereich des Films wirksamer gestaltet ist.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416500700
Wir kommen zur Frage VIII/3 — des Abgeordneten Dorn —:
Was hat die Bundesregierung getan, um beim Bau der Tiefgarage auf dem Bonner Münsterplatz die Errichtung des Bauwerks als Mehrzweckbau im Sinne des Schutzbaugesetzes zum Schutz der Bevölkerung zu erreichen?
Bitte, Herr Minister!

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0416500800
Herr Kollege Dorn, wir haben in dieser Frage der Tiefgarage unter dem Bonner Münsterplatz mit der Stadt Bonn sehr eingehende Verhandlungen geführt und eine Reihe von sehr weitgehenden Angeboten gemacht. Schließlich ist aber das Projekt einer Mehrzweckanlage daran gescheitert, daß sich wesentliche technische Schwierigkeiten, vor allem aber auch schon zeitliche Entwicklungen zeigten, die das Projekt leider nicht mehr gelingen ließen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416500900
Haben Sie noch eine Frage, Herr Abgeordneter Dorn? — Bitte!

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0416501000
Herr Minister, was hat die Bundesregierung getan, um für die Zukunft sicherzustellen, daß dringend notwendige und vernünftige Maßnahmen nicht noch an den Schwierigkeiten, die sich durch Zeitablauf oder formelle Zuständigkeiten ergeben, scheitern können?




Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0416501100
Die Bundesregierung hat bereits am 7. Oktober 1961, und zwar über das Bundesinnenministerium, die Innenminister der Länder und die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände über den ganzen Komplex und die Bereitschaft des Bundes informiert. Die kommunalen Spitzenverbände haben diese Information auch weitergegeben und bei ihren Mitgliedern angeregt, bei jeder Planung entsprechende Rückfragen zu- stellen, um sich dieser Hilfe zu bedienen. Darüber hinaus ist im Schutzbaugesetz zwingend vorgesehen — ich nehme an, daß der Innenausschuß diese Bestimmung bestätigen wird —, daß dieser Gesichtspunkt schon bei jeder Planung beachtet und pflichtgemäß gemeldet werden muß.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416501200
Noch eine Frage, Herr Abgeordneter Dorn?

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0416501300
Herr Minister, sind Sie, nachdem das also auf Grund der Information von 1961 nicht funktioniert hat, bereit, mit den Ländern vor allen Dingen bei den Baugenehmigungsbehörden noch einmal darauf hinzuweisen, daß in dem Moment, in dem Anträge für Bauwerke gestellt werden, die sich für Mehrzweckanlagen eignen, eine sofortige Meldung erfolgen soll, damit man in Zukunft derartige Pannen verhindern kann?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0416501400
Ja. Ich sagte schon: das Schutzbaugesetz wird eine Verpflichtung vorsehen, und bis diese Verpflichtung in Kraft tritt, bin ich gern bereit, alle Innenminister und -senatoren der Länder noch einmal in diesem Sinne zu bitten.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416501500
Ich rufe die Frage VIII/4 — des Abgeordneten Hirsch — auf:
Warum ist die Bundesgrenzschutzabteilung im Herbst 1964 von Hof nach Bayreuth verlegt worden?
Herr Minister, bitte!

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0416501600
Dürfte ich die Fragen 4 und 5, die denselben Gegenstand betreffen, zusammen beantworten?

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416501700
Einverstanden. Ich rufe also noch die Frage VIII/5 — des Abgeordneten Hirsch — auf:
Welche Aussichten bestehen hinsichtlich der Stationierung einer neuen Bundesgrenzschutzeinheit in Hof?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0416501800
Herr Kollege Hirsch, ich habe zu dem ganzen Komplex eine sehr eingehende Mitteilung an die „Frankenpost" gehen lassen, die Ihnen bestimmt in der Zwischenzeit bekanntgeworden ist. Hierin ist die ganze Entwicklungsgeschichte seit 1958 bis zum Jahre 1961 usw. dargestellt worden.
Zu Ihrer Frage selbst darf ich sagen, daß im Jahre 1961 unsere Verbündeten, und zwar die amerikanischen Streitkräfte in diesem Bereich, mit einem nicht abweisbaren Anliegen an die Bundesrepublik herangetreten sind, ihnen die zum Teil bereits von ihnen belegte Unterkunft vollständig zu überlassen. Dazu kommt, ,daß aus organisatorischen Gründen die Zahl der Einsatzabteilungen von 23 auf 22 vermindert werden mußte. Damit blieb eine Unterkunft unbesetzt, und das führte dazu, daß Bayreuth bezogen wurde.
Was die zweite Frage betrifft, so darf ich sagen, daß ,die Aussichten von dem Erfolg der Bestrebungen abhängen, den Bundesgrenzschutz zu verstärken. Sie wissen, daß das Hohe Haus in dieser Frage mit der Zahl 20 000 eine Linie festgelegt hat. Wir sind jetzt bei 17 500. Es sind zur Zeit Besprechungen mit den Ländern und den Fraktionen im Gange, wie wir den Bundesgrenzschutz ausweiten können. Dann wird auch wieder der Zeitpunkt gekommen sein, um in einer vernünftigen Form die berechtigten Anliegen von Hof mit einzubeziehen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416501900
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hirsch.

Martin Hirsch (SPD):
Rede ID: ID0416502000
Herr Minister, haben Sie bei Ihrer Entscheidung über die Verlegung des Grenzschutzes auch an die recht erheblichen wirtschaftlichen Konsequenzen für die Grenzstadt Hof gedacht?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0416502100
Ich habe keine Entscheidung getroffen. Die Entscheidung wurde vielmehr vor meiner Amtsübernahme getroffen. Ich bin überzeugt, daß mein Vorgänger das getan 'hat.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416502200
Noch eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hirsch.

Martin Hirsch (SPD):
Rede ID: ID0416502300
Herr Minister, Sie wissen, daß die „Frankenpost" diese Verlegung als ein rücksichtsloses Attentat der verantwortlichen Stellen — womit also Sie, Herr Minister, alle Abgeordneten, der Stadtrat usw. gemeint sind — auf die Stadt Hof bezeichnet hat. Meinen Sie nicht, daß es erforderlich gewesen wäre, auf diese ungeheuerliche Behauptung doch etwas schärfer zu erwidern?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0416502400
Es ist richtig, daß eine sehr scharfe Sprache gebraucht wurde. Als ich von diesen Dingen hörte, habe ich die Dinge und die Zusammenhänge in einer sachlichen Art aufgeklärt. Ich glaube nicht, daß man den Argumenten durch eine scharfe Sprache etwas mehr an Wirksamkeit hätte geben können. Im übrigen darf ich feststellen, daß sich alle Beteiligten, vor allen Dingen aber der heutige Staatssekretär Wacher, sehr um diese Frage bemüht haben.

Martin Hirsch (SPD):
Rede ID: ID0416502500
Herr Minister, Sie würden also meiner Meinung sein, daß nicht von einem Versagen irgendwelcher zuständigen Stellen gesprochen werden kann, sondern daß es eine notwendige Maßnahme gewesen ist?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0416502600
Es war damals unvermeidbar.




Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416502700
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern erledigt.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz. — Ich werde gerade davon unterrichtet, daß der Herr Bundesjustizminister noch nicht hier sein kann. Er ist unterwegs aufgehalten worden.
Wir müssen dann die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr nehmen. Ist das Verkehrsministerium vertreten? — Scheint im Anmarsch zu sein.
Frage XII/1 — des Herrn Abgeordneten Dr. Friedensburg —:
Sieht die Bundesregierung keine Möglichkeit, die Schnellzugsverbindungen zwischen Berlin einerseits und Köln, Frankfurt (Main) und München andererseits, die heute sämtlich wesentlich längere Laufzeiten haben als entsprechende Züge vor dem Kriege, ja die doppelte Laufzeit gegenüber den Schnelltriebwagen des Jahres 1937, im Interesse von Berlin nennenswert zu beschleunigen?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister für Verkehr.

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416502800
Die von Ihnen, Herr Kollege, erwähnten Interzonenzüge werden auf den Strecken der Deutschen Bundesbahn mit den gleichen Geschwindigkeiten gefahren wie die übrigen Schnellzüge im Bundesgebiet. Die Bundesregierung bemüht sich seit langem darum, die Laufzeit innerhalb der Bundesrepublik noch weiter zu verkürzen. Sie hat von Jahr zu Jahr auch nicht unerhebliche Fahrzeitgewinne erzielen können. Aber leider ist die Zahl der Interzonenzüge beschränkt, so daß gegenüber früher eine größere Zahl von Halten vorgesehen werden mußte, um dem Verkehrsaufkommen gerecht zu werden. Dies kostet weitere Zeit. Außerdem haben sich in der Zone selbst die Fahrzeiten immer wieder verlängert, statt sich zu verkürzen. Unsere wiederholten Versuche, Schnellverbindungen wie früher zu schaffen, sind stets an dem fehlenden Entgegenkommen der Zone gescheitert.
Die Deutsche Bundesbahn ist nach wie vor bemüht, jede Möglichkeit zur Beschleunigung der Züge wahrzunehmen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416502900
Eine Zusatzfrage!

Dr. Ferdinand Friedensburg (CDU):
Rede ID: ID0416503000
Herr Minister, wann hat man sich das letztemal bemüht, bei der Zone eine bessere und schnellere Abfertigung zu erreichen?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416503100
In den internationalen Fahrplankonferenzen, an denen auch die Deutsche Reichsbahn beteiligt ist und in denen die internationalen Züge ganz generell aufeinander abgestimmt werden, ist das im letzten Herbst wiederum versucht worden.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416503200
Noch eine Frage, Herr Professor!

Dr. Ferdinand Friedensburg (CDU):
Rede ID: ID0416503300
Ich höre, daß Sie meinen, die Züge führen innerhalb der Bundesrepublik mit denselben Geschwindigkeiten wie andere. Ist Ihnen bekannt, daß sie nicht entfernt die Geschwindigkeiten erreichen, die unsere FD-Züge und TEE-Züge erreichen?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416503400
Sicher, Herr Kollege, ,das habe ich soeben auch gesagt. Das hängt eben damit zusammen, daß ,diese Züge als normale D-Züge mit sehr vielen Halten gefahren werden und infolgedessen natürlich nicht die Fahrzeit im Durchschnitt erreichen können wie die FD- und TEE-Züge, die nur mit wenigen Halten und mit größeren Geschwindigkeiten fahren. Außerdem sind diese Züge wegen ihrer verhältnismäßig geringen Zahl mit einer sehr großen Zahl von Waggons ausgestattet, so daß sie wegen dieser Länge die Geschwindigkeiten auch nicht erreichen könnten. Sie wissen ja, Herr Kollege, daß die FD- und TEE-Züge kurz sind.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416503500
Frau Dr. Kiep-Altenloh zu einer Zusatzfrage!

Dr. Emilie Kiep-Altenloh (FDP):
Rede ID: ID0416503600
Herr Minister, welche Gründe geben die Zonenvertreter in den Konferenzen für die weitere Verlangsamung der Züge an?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416503700
Sie sagen, daß es ihnen wegen des Oberbaus und des gesamten Materials nicht möglich sei, die Geschwindigkeiten zu erhöhen.

(Abg. Brück: Das stimmt auch!)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416503800
Noch eine Frage, Frau Dr. Kiep-Altenloh!

Dr. Emilie Kiep-Altenloh (FDP):
Rede ID: ID0416503900
Herr Minister, decken sich diese Beobachtungen mit den Beobachtungen des Fahrpersonals in bezug auf den Oberbau?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416504000
Unser Fahrpersonal kann ja den Oberbau nicht kontrollieren, gnädige Frau.

(Zuruf von der Mitte: Aber es stimmt!)

— Ich glaube wohl, daß das richtig ist. Wir können natürlich den Oberbau nicht kontrollieren, weil wir die Strecken nicht begehen können. Wir merken es nur an der Art, wie gefahren wird und wie die Waggons bei den Fahrten reagieren.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416504100
Eine weitere Frage, Herr Eichelbaum!

Ernst Theodor Eichelbaum (CDU):
Rede ID: ID0416504200
Herr Minister, ist nicht vielleicht eine Organisation in der Weise möglich, daß auf bundesrepublikanischem Boden die Interzonenzüge in zwei F-Züge geteilt werden und daß dann die beiden Hälften diese Geschwindigkeit erreichen, selbst wenn hier neue Wagen eingesetzt werden müssen?




Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416504300
Ja, das ist vielleicht 'denkbar, Herr Kollege. Ich werde die Bundesbahn fragen, ob sie das noch einmal überprüfen kann. Aber das bedeutet natürlich eine beträchtliche Verteuerung und eine stärkere Belastung der Strecken, .die an sich schon stark belastet sind.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416504400
Keine weiteren Fragen.
Ich rufe auf die Fragen XII/2, XII/3 und XII/4 — des Abgeordneten Frehsee —:
Sind der Bundesregierung die unerträglichen Verkehrsverhältnisse am Bahnhofsvorplatz in Hameln bekannt?
Welches sind die Gründe dafür, daß es in den nunmehr 10 Jahre andauernden Auseinandersetzungen der beteiligten Behörden nicht gelungen ist, zu einer vernünftigen Verkehrsregelung am Bahnhofsvorplatz in Hameln zu gelangen?
Ist die Bundesregierung bereit, auf die Deutsche Bundesbahn mit dem Ziel einer schnellen und befriedigenden Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes in Hameln einzuwirken?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.
Wir kommen zur Frage XII/5.

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416504500
Ich bitte, die beiden Fragen des Kollegen Götz — falls er einverstanden ist — zusammen beantworten zu dürfen.

(Abg. Dr. Götz: Einverstanden!)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416504600
Dann rufe ich auf die Fragen XII/5 und XII/6 — des Herrn Abgeordneten Dr. Götz —:
Liegt die Trassenführung für die Ortsumgehung Wirtheim Kr. Gelnhausen (B 40) bereits fest?
Wann ist mit dem Baubeginn der in Frage XII15 bezeichneten Ortsumgehung zu rechnen?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416504700
Die Linienführung für eine 4spurige nördliche Umgehung von Wirtheim im Zuge der Bundesstraße 40 liegt bereits fest. Dem Entwurf hierfür habe ich bereits vor längerer Zeit zugestimmt. Die Kosten sind bei 3,3 km Länge auf rund 11 Millionen DM veranschlagt. Mit dem Baubeginn kann leider wegen der vielen besonders im Rhein-Main-Gebiet und im Bereich der Stadt Frankfurt/Main vordringlichen kostspieligen Großbauvorhaben — wie der Bundesbahn-Eckverbindung Mönchhof-Darmstadt, dem Main-Neckar-Schnellweg, dem Süd-Main-Schnellweg, der nördlichen Entlastungsstraße Frankfurt usw. — erst im 3. Vierjahresplan, also nach 1966 gerechnet werden. Weil die Verhältnisse in der Ortsdurchfahrt Wirtheim aber dringend einer Verbesserung bedurften, ist voriges Jahr ein Zwischenausbau der Ortsdurchfahrt und ein Neubau der Biberbrücke durchgeführt worden.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416504800
Eine Zusatzfrage!

Gerhard Flämig (SPD):
Rede ID: ID0416504900
Herr Minister, ist die Antwort auf diese Frage so zu verstehen, daß der in Ihrer Antwort auf meine gleichlautende Frage vom 15. Oktober vergangenen Jahres erwähnte Einspruch der Gemeinde Wirtheim nicht zu Verzögerungen in der Planung und Ausführung geführt hat?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416505000
Nein, ich glaube nicht, daß da Schwierigkeiten bestehen. Jedenfalls hat mir die Auftragsverwaltung mitgeteilt, daß die auf ihren Vorschlag von mir festgelegte Strecke jetzt als zur Ausführung vorgesehen .angenommen werden kann und daß die Planfeststellung zu gegebener Zeit durchgeführt wird.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416505100
Noch eine Frage.

Gerhard Flämig (SPD):
Rede ID: ID0416505200
Ist es also so, daß die Trasse der Bundesstraße 40 festliegt, die Verzögerung, wie Sie eben sagten, nur aus finanziellen Gründen sich ergibt, während die Anbindung der Bibertalstrecke durch eine westliche oder östliche Umgehung des Ortskerns Wirtheim noch ungeklärt ist?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416505300
Die Bibertalstrecke ist ja hierbei nicht berücksichtigt; es dreht sich nur um die Bundesstraße 40.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416505400
Keine weiteren Fragen 'mehr. Ich rufe die Frage XII/7 — des Herrn Abgeordneten Brück — auf:
Welches sind die Gründe dafür, daß die Leitlinien — insbesondere der unterbrochene Strich — auf der Autobahn zwischen Köln und Bonn nach den Instandsetzungsarbeiten, die vor längerer Zeit ausgeführt worden sind, nicht wieder aufgetragen wurden?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416505500
Herr Kollege, auf der Bundesautobahn Köln–Bonn ist im Jahre 1963 'letztmalig ein Deckenbelag eingebaut. Die im Anschluß an diese Arbeiten aufgebrachte Fahrbahnmarkierung wurde bei der jährlichen Instandsetzung im Frühsommer 1964 auf ganzer Länge erneuert. Während sich die durchgezogene mittlere Trennlinie und die beiden Leitlinien an den Fahrbahnrändern gut erhalten haben, sind die unterbrochenen Fahrspurlinien in der Mitte der beiden Fahrbahnen zum Teil schlecht, in einigen Kurvenbereichen sogar kaum noch erkennbar. Die Markierungen nutzen sich ungleichmäßig ab; denn die mittlere Trennlinie und die seitlichen Leitstreifen bleiben vom rollenden Verkehr weitgehend unberührt. Die unterbrochenen Fahrspurlinien dagegen werden bei dem starken Verkehr häufig überfahren und dadurch zunehmend abradiert, vielleicht auch durch den verstärkten Einsatz von Spezialwinterreifen. Daher ist angeordnet, daß auf der Bundesautobahn Köln–Bonn die unterbrochenen Fahrspurlinien künftig jährlich zweimal statt bisher jährlich einmal zu erneuern sind. Eine sofortige Nachmarkierung ist im Augenblick aus witterungsbedingten Gründen nicht möglich. Sie wird so schnell wie möglich im Frühjahr nachgeholt, sobald trockenes Wetter eintritt.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416505600
Noch eine Frage, Herr Abgeordneter Brück.




Valentin Brück (CDU):
Rede ID: ID0416505700
Herr Bundesverkehrsminister, darf ich Sie in diesem Zusammenhang noch einmal fragen, ob Sie bereit sind, den Auftragsverwaltungen, die hierfür zuständig sind, den einstimmigen Beschluß des 3. Deutschen Bundestages aus der 152. Sitzung vom 16. März 1961 bekanntzugeben, der lautet:
Die Bundesregierung wird ersucht, zu veranlassen, daß
1. bei allen Bundesautobahnen und Bundesstraßen die weiße unterbrochene bzw. durchgehende weiße Linie
a) auf der ganzen Länge der Straße aufgetragen,
b) vor Eintritt des nebligen Wetters im Herbst und im Frühjahr überall auf ihre Vollständigkeit nachgeprüft bzw. ergänzt wird
um eben der Verkehrssicherheit, Herr Verkehrs-
minister, in stärkerem Umfange gerecht zu werden?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416505800
Herr Kollege Brück, wir haben damals diesen Beschluß natürlich allen Auftragsverwaltungen mit der Weisung, sich danach zu richten, bekanntgegeben. Ich will das aber gern noch einmal aufgreifen. Hier liegt tatsächlich der Fall vor, daß die Auftragsverwaltung die mittlere Linie im Herbst noch einmal hätte erneuern müssen, wie ich es auch jetzt angeordnet habe.

Valentin Brück (CDU):
Rede ID: ID0416505900
Vielen Dank, Herr Minister.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416506000
Keine weiteren Fragen. Ich rufe die Frage XII/8 — des Abgeordneten Dr. Müller-Emmert — auf:
Ist dem Bundesverkehrsminister der schlechte Zustand mehrerer Teilstücke der Bundesstraße 270 zwischen Kaiserslautern und Lauterecken bekannt?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416506100
Herr Präsident, ich bitte darum, falls Herr Kollege Müller-Emmert einverstanden ist, seine beiden Fragen zusammen beantworten zu dürfen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416506200
Herr Abgeordneter Dr. Müller-Emmert hat insgesamt drei Fragen an Sie gestellt, Herr Minister, wollen Sie alle drei beantworten?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416506300
Nein, die Fragen 8 und 9.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416506400
Dann rufe ich weiter die Frage XII/9 — des Herrn Abgeordneten Dr. Müller-Emmert — auf:
Bis wann ist mit der vollständigen Erneuerung und dem Ausbau der Bundesstraße 270 zwischen Kaiserslautern und Lauterecken zu rechnen?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416506500
Dem Bundesverkehrsminister ist der Zustand der Bundesstraße 270 zwischen Kaiserslautern und Lauterecken bekannt. Es werden in jedem Jahre Teilstrecken ausgebaut, so z. B. in diesem Jahre Abschnitte südlich Heinzenhausen bei Kaulbach und in Olsbrücken. Wann die gesamte Strecke zwischen Kaiserslautern und Lauterecken 'erneuert sein wird, kann zur Zeit noch nicht übersehen werden. Zunächst wird ab 1966 der Teilabschnitt Heinzenhausen — Lauterecken mit einem eingeplanten Kostenaufwand von 16 Millionen DM auf etwa 5 km Länge verlegt werden.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416506600
Herr Abgeordneter Müller-Emmert zu einer Zusatzfrage.

Dr. Adolf Müller-Emmert (SPD):
Rede ID: ID0416506700
Herr Bundesminister, wissen Sie, daß insbesondere die Strecke zwischen Kaiserslautern und Wolfstein sehr schlecht ist und eine Fülle von Schlaglöchern hat?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416506800
Ja, Herr Kollege, das ist bei der Rückfrage bekanntgeworden. Hier soll natürlich mit den entsprechenden Ausbesserungsmitteln im Frühjahr dafür gesorgt werden, daß eine vorübergehende vernünftige Wiederherstellung erfolgt, soweit das eben ohne eine grundlegende Erneuerung, die erst für später vorgesehen ist, möglich ist.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416506900
Eine weitere Frage!

Dr. Adolf Müller-Emmert (SPD):
Rede ID: ID0416507000
Herr Bundesverkehrsminister, ist Ihnen bekannt, daß alle Jahre über nur immer kleinere Reparaturen vorgenommen worden sind, so daß nie von einer richtigen Erneuerung geredet werden konnte, was aber einer Bundesstraße beim besten Willen nicht gerecht wird?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416507100
Herr Kollege, leider Gottes haben wir noch eine Reihe von Bundesstraßen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden. Wie Sie wissen, ist bei dem ersten Ausbauplan, .den wir 1957 beschlossen haben, nur das halbe Bundesautobahnennetz zur Grunderneuerung vorgesehen. Die weitere Grunderneuerung ist dann einem zweiten Ausbauplan ab 1970 vorbehalten.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416507200
Haben Sie noch eine Frage?

Dr. Adolf Müller-Emmert (SPD):
Rede ID: ID0416507300
Ich habe noch zwei Zusatzfragen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416507400
Ja, ist mir klar.

Dr. Adolf Müller-Emmert (SPD):
Rede ID: ID0416507500
Herr Bundesverkehrsminister, ist es nicht so, daß durch diese ständigen schleppenden Reparaturen erhebliche Unkosten entstehen, die verhindert werden könnten, wenn beschleunigt ein Neuausbau erfolgte?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416507600
Das ist selbstverständlich so. Aber man muß zu dem



Bundesminister Dr.-Ing. Seebohm
Neuausbau auch die Mittel haben, und wir haben leider Gottes trotz der Steigerung der Mittel nicht genügend, uni alles auf einmal machen zu können, und müssen deswegen nach der Wertigkeit verfahren, wie dies die Auftragsverwaltung im Lande uns vorschlägt.

Dr. Adolf Müller-Emmert (SPD):
Rede ID: ID0416507700
Herr Bundesverkehrsminister, wäre es bei dieser Sachlage nicht doch sehr zweckmäßig, wenn diese 'Straße unter Abänderung Ihres Programms vordringlich erneuert würde?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416507800
Herr Kollege, seinerzeit wurde diese Straße in das Blaue Netz, das für den Ausbau im ersten Ausbauplan, in den ersten drei Vierjahresplänen, vorgesehen war, nicht aufgenommen, weil ihre Verkehrsbelastung gegenüber den anderen Straßen nicht so bedeutend ist. Deswegen ist der Grundausbau dieser Strecke erst in dem nächsten Ausbauplan ab 1970 vorgesehen. Dennoch beginnen wir aber im dritten Vierjahresplan 'bereits mit Teilstrecken am Grundausbau, wie ich es soeben für nördliche Teile südlich von Lauterecken angegeben habe.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416507900
So, jetzt haben Sie keine Zusatzfrage mehr. Aber die Frage XII/10 — des Herrn Abgeordneten Dr. Müller-Emmert —:
Ist dem Bundesverkehrsminister bekannt, daß auf der Bundesautobahn Mannheim—Kaiserslautern—Saarbrücken noch sehr viele Überfahrten nicht durch in Notfällen zu öffnende Leitplanken verschlossen sind, so daß die ständige Gefahr besteht, daß diese Überfahrten zum Wenden benutzt werden?
wird jetzt vom Herrn Bundesverkehrsminister beantwortet.

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416508000
Herr Kollege, die in Notfällen zu öffnenden Leitplanken an den Überfahrten auf den Mittelstreifen — eine erst 1963 aus den Notwendigkeiten entwickelte Bauweise — sind auf der Bundesautobahn Mannheim—Kaiserslautern—Saarbrücken von der Straßenbauverwaltung des Landes Rheinland-Pfalz im November in Auftrag gegeben worden. Sie werden, wie mir mitgeteilt worden ist, voraussichtlich im März dieses Jahres eingebaut.

Dr. Adolf Müller-Emmert (SPD):
Rede ID: ID0416508100
Herr Bundesverkehrsminister, ist Ihnen bekannt — —

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416508200
Darf ich mal unterbrechen, Herr Kollege Müller-Emmert. Der Präsident möchte auch an dem Spiel beteiligt sein.

(Abg. Dr. Müller-Emmert: Verzeihung!) — Jetzt dürfen Sie.


Dr. Adolf Müller-Emmert (SPD):
Rede ID: ID0416508300
Herr Bundesverkehrsminister, ist Ihnen bekannt, daß sich gerade im Raume von Kaiserslautern sehr viele Amerikaner befinden, die die deutschen Straßenverkehrsbestimmungen nicht genau kennen und die gerade deshalb diese freien Überfahrten ständig dazu benutzen,
auf der Autobahn zu wenden, so daß sich als Folge dieser sehr schweren Verkehrsverstöße in der letzten Zeit sehr schwere Unfälle zugetragen haben?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416508400
Das ist bekannt. Wir haben ja deshalb die Möglichkeit entwickelt, die Überfahrten durch Leitplanken zu schließen, die sich aber aus besonderen Gründen, bei Reparaturen und bei Unfällen, leicht öffnen lassen müssen. Diese Konstruktion ist erst entwickelt worden und wird nun auf allen Autobahnen eingesetzt. Wir konnten leider nicht schneller verfahren, als es in diesem Fall geschehen ist, weil erst die Aufträge herausgehen müssen. Wenn wir — hoffentlich — im März die Leitplanken eingebaut haben, werden diese sehr unerfreulichen Verhältnisse wohl aufhören.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416508500
Noch eine Frage? — Bitte.

Dr. Adolf Müller-Emmert (SPD):
Rede ID: ID0416508600
Herr Minister, habe ich Sie richtig verstanden, daß also damit zu rechnen ist, daß bis zum März alle diese Lücken — es werden sicher etwa gegen 20 sein — geschlossen sein werden?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416508700
Ich hoffe das. Die Auftragsverwaltung hat mir mitgeteilt, daß die im Monat November in Auftrag gegebenen Teile der Leitplanken voraussichtlich bis zum Monat März eingebaut werden. Das hängt natürlich auch von den Witterungsverhältnissen bis zum März ab.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416508800
Ich rufe die Frage XII/11 — des Herrn Abgeordneten Strohmayr — auf :
Welche Vorstellungen hat die Bundesregierung zu dem Vorschlag, die Länder auch formell am Vermögen der Deutschen Bundesbahn zu beteiligen?
Bitte, Herr Bundesverkehrsminister!

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416508900
Herr Präsident, darf ich Herrn Kollegen Strohmayr bitten, damit einverstanden zu sein, daß ich seine drei Fragen wegen des inneren Zusammenhanges gemeinsam beantworte?

(Abg. Strohmayr: Einverstanden!)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416509000
Dann rufe ich auch die Fragen XII/12 und XII/13 — des Herrn Abgeordneten Strohmayr — auf:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung von Länderministern, daß die in Frage XII/11 genannte Beteiligung der Länder „den Leistungs- und Interessenverhältnissen entspricht"?
Welche praktischen Auswirkungen wären nach Ansicht der Bundesregierung von einer Länderbeteiligung am Vermögen der Deutschen Bundesbahn zu erwarten?
Bitte, Herr Bundesverkehrsminister!

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416509100
Der Bundesregierung ist bisher in nur sehr allgemeiner Form bekanntgeworden, daß auf seiten eines Landes Vorstellungen über eine formelle Be-



Bundesminister Dr.-Ing. Seebohm
teiligung der Länder am Vermögen der Deutschen Bundesbahn bestehen. Konkrete Vorstellungen in dieser Hinsicht sind uns bisher von keiner Seite übermittelt worden. Man kann daher wohl kaum schon von einem „Vorschlag" sprechen.
Nach Art. 87 Abs. 1 des Grundgesetzes ist die Deutsche Bundesbahn in bundeseigener Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau zu führen. Diese Bestimmung ist eine Norm verfassungsrechtlicher Abgrenzung zwischen den Zuständigkeiten des Bundes und der Länder. Schon nach Art. 134 Abs. 1 und 2 des Grundgesetzes ist auch das ehemalige Reichseisenbahnvermögen, d. h. das Vermögen der früheren Deutschen Reichsbahn, grundsätzlich Bundesvermögen geworden. Das Bundesbahnvermögensgesetz vom 2. März 1951 hat aus dieser verfassungsrechtlichen Lage die notwendigen einzelnen Folgerungen gezogen.
Die Länder haben seit einer Reihe von Jahren in bestimmten konkreten Fällen der Rationalisierung und Modernisierung der Bundesbahn auf finanziellem Gebiet geholfen. Dies hat die Bundesregierung immer sehr begrüßt. Sie ist selber bei solchen Abschlüssen zwischen Land und Bundesbahn nicht tätig geworden, sondern hat das den beiden Partnern allein überlassen. Es handelt sich, wie z. B. bei den Länderkrediten für die Durchführung der Elektrifizierung von Eisenbahnstrecken, stets um zweckbestimmte Kredite, die vor allem den örtlichen und regionalen Interessen in den Ländern entsprachen. Dies gilt auch für in zahlreichen Einzelfällen gegebene zweckgebundene Kredite von Gemeinden und Gemeindeverbänden an die Deutsche Bundesbahn.
Ein Grund zur Beteiligung am Bundeseisenbahnvermögen kann aus der geschilderten Kredithilfe der Länder und Gemeinden sicher nicht hergeleitet werden, auch dann nicht, wenn die Länder dort mit Krediten oder mit verlorenen Zuschüssen einspringen, wo ihnen selbst kraft Grundgesetzes hoheitliche Befugnisse zustehen. Ein solcher Fall wären z. B. Beiträge von Ländern zur Verbilligung der Schülertarife mit Rücksicht auf die Kulturhoheit der Länder. Die von Ihnen angesprochenen „Leistungs-und Interessenverhältnisse" begründen meines Erachtens keineswegs notwendigerweise eine Beteiligung der Länder am Bundeseisenbahnvermögen.
Über praktische Auswirkungen, die eine Länderbeteiligung am Bundeseisenbahnvermögen nach sich ziehen würde, könnte die Bundesregierung erst dann Überlegungen anstellen, wenn hinsichtlich der Form und des Umfangs einer Länderbeteiligung ihr gegenüber konkrete Vorschläge in dieser Richtung gemacht würden. Jedenfalls wäre dazu eine Änderung des Grundgesetzes und mehrerer bestehender Gesetze erforderlich.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416509200
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Strohmayr!

Alois Strohmayr (SPD):
Rede ID: ID0416509300
Herr Bundesminister, glauben Sie nicht, daß die Länder — Sie haben es ja bereits angedeutet — doch einen Anspruch darauf haben, an dem Vermögen der Bundesbahn formell beteiligt
zu werden, zumal Sie beispielsweise in Ihren Ausführungen in der letzten Verkehrsministerkonferenz auch erwähnten, daß die Kulturinstitute und somit die Länder die echten Kosten des Schülerverkehrs in Höhe von 200 Ibis 250 Millionen DM jährlich zu tragen hätten?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416509400
Es ist richtig, Herr Kollege, daß ich folgende Auffassung vertrete: Wenn eine bestimmte Leistung, die die Bundesbahn erbringt, ohne daß dabei ihre Selbstkosten gedeckt werden, auf Wunsch bestimmter Kreise — also z. B. der Schulverwaltungen der Länder — erfolgt, dann hätten die zuständigen Stellen nach meiner Auffassung auch die Verpflichtung, für einen Ausgleich zu sorgen. Deswegen verhandeln wir seit längerer Zeit mit dem Ausschuß der Kultusminister über die Frage, die Schüler überhaupt kostenlos zu befördern, was aber natürlich zur Folge hätte, daß dann der Bundesbahn die Gesamtkosten erstattet werden müßten.
Das Land Baden-Württemberg ist jetzt offenbar einen anderen Weg zu gehen bereit: es will die Kosten nicht der Eisenbahn, sondern den Schülern erstatten. Dann würden allerdings die ungenügenden Einnahmen der Eisenbahn bestehenbleiben, und damit würde sich das aus dem Schülerverkehr entstehende Defizit nicht ändern.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416509500
Noch eine Frage, Herr Abgeordneter Strohmayr!

Alois Strohmayr (SPD):
Rede ID: ID0416509600
Glauben Sie nicht, Herr Minister, daß es trotzdem eine Aufgabe des Bundes ist, das Defizit aus dem Schülerverkehr zu übernehmen? Meiner Meinung nach — ich glaube, hier decken sich unsere Auffassungen — ist es nicht Sache der Kultusministerien, sondern des Familienministeriums, dieser Lage Rechnung zu tragen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416509700
Die Frage, Herr Kollege Strohmayer!

Alois Strohmayr (SPD):
Rede ID: ID0416509800
Ich frage Sie, Herr Minister: Sind Sie nicht auch der Auffassung, daß das Aufgabe des Familienministeriums, also des Bundes und nicht der Kultusministerien ist?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416509900
Herr Kollege Strohmayr, ich möchte das so sagen: Ich bin persönlich der Meinung, daß bei der Bundesbahn die Differenzen zwischen Einnahmen und Selbstkosten ausgeglichen werden durch den, den es angeht. Darüber, wen es angeht, gehen die Meinungen ,allerdings noch auseinander. Mir persönlich ist es verhältnismäßig egal, wenn ich nur das Geld für die Bundesbahn bekomme.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416510000
Eine weitere Zusatzfrage!

Alois Strohmayr (SPD):
Rede ID: ID0416510100
Herr Minister, glauben Sie nicht, daß die Forderungen der Länder, an dem formellen Vermögen der Bundesbahn beteiligt zu



Strohmayr
werden, um so mehr berechtigt sind, als von Ihrer Seite und überhaupt von seiten der Bundesregierung versucht wird, die unwirtschaftlichen Nebenstrecken den Ländern anzulasten?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416510200
Genau so ist das nicht, Herr Kollege, sondern die Frage ist die: Wenn die Bundesbahn aus grundsätzlichen Erwägungen ihrer Wirtschaftlichkeit etwa eine Nebenbahnstrecke einstellen möchte, 'so gibt es naturgemäß unter Umständen den Wunsch eines kommunalen Verbandes oder des Landes, diese Strecke aufrechtzuerhalten. Wir fragen dann, ob das Land bereit ist, diese Verluste der Bundesbahn zu übernehmen. Wenn ja, dann ist die Bundesbahn bereit, die Strecke aufrechtzuerhalten. Solche Fälle haben wir an verschiedenen Stellen gehabt.
Aber es ist ja nicht notwendig, daß man sich an einem Vermögen beteiligt, wenn man für eine bestimmte Leistung, die man zusätzlich wünscht, einen entsprechenden Ausgleich zahlen kann.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416510300
Noch eine Frage? Strohmayr (SPD) : Ja.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416510400
Ich muß in Zukunft Striche machen wie beim Kartenspiel!

(Heiterkeit.)


Alois Strohmayr (SPD):
Rede ID: ID0416510500
Herr Bundesminister, glauben Sie nicht, daß, wenn schon eine formelle Beteiligung der Länder em Vermögen der Bundesbahn nicht möglich 'ist, den Ländern wenigstens ein Mitspracherecht zugebilligt werden sollte, damit sie, wenn sie schon so viele Zuschüsse geben, wenigstens bei der Wirtschaftsührung ,der Bundesbahn in etwa mitreden können?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416510600
Herr Kollege Strohmayr, Sie wissen ja, daß im Verwaltungsrat der Bundesbahn fünf Vertreter sind, die vom Bundesrat gestellt werden und die die Länderinteressen in diesem entscheidenden Organ der Bundesbahn repräsentieren. Ich darf Ihnen aus der Erfahrung sagen, daß diese Herren gerade die Länderinteressen in all diesen Fällen sehr nachdrücklich vertreten. Eine Beteiligung der Länder — an der Verwaltung und Betriebsfiührung der Bundesbahn — ist also durch das Bundesbahngesetz schon gesichert.
Darüber hinaus enthält das •Bundesbahngesetz bestimmte Vorschriften darüber, wann die Länder zu beteiligen sind. Sie sind von allen wichtigen Angelegenheiten zu unterrichten. Sie haben auch ein Mitspracherecht bei der Besetzung bestimmter hoher Posten.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416510700
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Kollege Strohmayr!

Alois Strohmayr (SPD):
Rede ID: ID0416510800
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß beispielsweise das Land Bayern für die
Elektrifizierung und den Wiederaufbau kriegszerstörter Bahnhöfe bereits mit einer halben Milliarde DM in Vorlage getreten ist? Besteht hier nicht eine echte Verpflichtung?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416510900
Das ist aber ein Kredit, Herr Kollege Strohmayr, und der Kredit ist in laufenden Vertragsabschnitten mit der Bundesbahn gegeben. Das ist genauso, als wenn die Bundesbahn einen Kredit abführt, z. B. mit der Stadt Hanau wegen des Aufbaues und der Ausgestaltung des Bahnhofs. Das ist also eine ganz übliche Methode, mit der wir im Laufe der Jahre die Rationalisierung und Modernisierung der Bundesbahn vorangetrieben haben. Ob die Bundesbahn zweckbedingte Kredite von einem Interessenten aufnimmt — sprich: Land, Gemeinde oder Gemeindeverband — oder ob sie das Vorhaben über eine Anleihe oder mit anderen Mitteln finanziert, ist im Grunde genommen gleichgültig. Nur hat hier der Kreditgeber einen Anspruch darauf, daß die von ihm gewünschte Modernisierungs- oder Aufbaumaßnahme der Bundesbahn bevorzugt durchgeführt wird. Das würde durch eine Beteiligung am Vermögen in keiner Weise geändert.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416511000
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Cramer!

Johann Cramer (SPD):
Rede ID: ID0416511100
Herr Minister, sind Sie nicht der Meinung, daß die Unübersichtlichkeit bei der Bundesbahn noch größer würde und die Schwierigkeiten nicht geringer würden, wenn zu dem einen Eigentümer, dem Bund, noch zehn weitere Eigentümer hinzukämen?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416511200
Herr Kollege Cramer, wir haben uns im Parlamentarischen Rat sehr eingehend darüber unterhalten, daß wir den Zustand, der vor 1919 bestand, wo wir die Eisenbahnen der Länder hatten, nicht wiederherstellen wollten, sondern daß wir diese Eisenbahnen zusammenfassen wollten. Sie werden sich erinnern, daß wir damals in den Zonen drei verschiedene Eisenbahngesellschaften hatten und daß es unser gemeinsames Bemühen gewesen ist, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß diese Eisenbahnen wieder zu einer gemeinsamen Deutschen Bundesbahn zusammengeschlossen werden konnten, und diesen Zusammenschluß schnell durchzuführen. Wieviel mehr müßte man sich also aus Gründen einer klareren Betriebsführung dagegen sträuben, daß statt einer Gesellschaft nun etwa elf Gesellschaften entstehen!

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416511300
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Spies!

Josef Spies (CSU):
Rede ID: ID0416511400
Herr Bundesminister, sind Sie mit mir der Meinung, daß dem Anliegen des Herrn Kollegen Strohmayr nur dann Rechnung getragen werden könnte, wenn die Einnahmen der Deutschen Bundesbahn und vor allem die Ausgaben im Bundeshaushalt gerantiert wären?




Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416511500
Sicherlich würde das eine der Voraussetzungen sein, unter denen die Länder überhaupt nur bereit wären, sich an dem Vermögen zu beteiligen; denn nur an der Deckung des Defizits sich zu beteiligen würde ihnen bestimmt nicht liegen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416511600
Noch eine Frage?

Josef Spies (CSU):
Rede ID: ID0416511700
Herr Bundesminister, sind Sie mit mir weiterhin der Meinung, daß der Steuerzahler bei den Ausgaben und damit auch bei den Zuschüssen ein echtes Mitspracherecht hätte?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416511800
Der Steuerzahler hat natürlich dieses Mitspracherecht dadurch, daß der Bundestag die Zuschüsse und auch die Form der Zuschüsse zu bewilligen hat, wie das ja jedes Jahr im Bundeshaushalt geschieht.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416511900
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Rinderspacher!

Dr. Fritz Rinderspacher (SPD):
Rede ID: ID0416512000
Herr Minister, darf ich aus Ihren bisherigen Ausführungen entnehmen, daß Sie grundsätzlich bereit sind, unrentable Strekken dann aufrechtzuerhalten, wenn die Länder ihrerseits bereit sind, die Defizite zu übernehmen?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416512100
Herr Kollege, das ist selbstverständlich von uns bisher immer so geübt worden. Wir haben nur dann unrentable Strecken eingestellt, wenn die Länderverkehrsverwaltungen zugestimmt hatten. Ganz wenige Fälle sind es, wo trotz einer Nichtzustimmung der Länder die Strecken eingestellt wurden, weil es sich betrieblich nicht anders machen ließ. Aber wir haben zahlreiche Strecken, die wir mit Hilfe der Länder weiter aufrechterhalten.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416512200
Keine weitere Frage mehr.
Ich rufe auf die Frage XII/14 — des Herrn Abgeordneten Hörmann (Freiburg) — :
Bis wann kann mit dem Ausbau der B 31 von Breisach bis zum Autobahnzubringer Freiburg-Mitte gerechnet werden?
Bitte, Herr Bundesminister!

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416512300
Herr Kollege, für die Verlegung der Bundesstraße 31 zwischen Breisach und der Bundesautobahn-Anschlußstelle Freiburg-Mitte an der Bundesautobahn Frankfurt — Basel sind bisher lediglich generelle Untersuchungen durchgeführt worden. Die Ausarbeitung baureifer Entwürfe ist noch nicht erfolgt. Sie ist auch erst dann sinnvoll, wenn über die Finanzierung dieses außerordentlich umfangreichen Bauvorhabens Klarheit geschaffen werden kann. Bei rund 15 km Länge erfordert das Bauvorhaben nach vorläufiger Schätzung einen Gesamtbetrag von 30 bis 40 Millionen DM. Diese Frage ist aber bei der
großen Anzahl von noch dringlicheren Maßnahmen zur Zeit noch offen. Deshalb bedaure ich, hinsichtlich des Zeitpunktes für den Neubau der Bundesstraße 31 zwischen Breisach und der Bundesautobahn-Anschlußstelle Freiburg-Mitte eine verbindliche Auskunft heute nicht geben zu können. Sie wird erst gegeben werden können, wenn wir den dritten Vierjahresplan voll zu übersehen vermögen, der sich zur Zeit in der Bearbeitung befindet.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416512400
Noch eine Frage, Herr Abgeordneter Hörmann!

Hans Hörmann (SPD):
Rede ID: ID0416512500
Herr Bundesverkehrsminister, könnten Sie sich dafür einsetzen, daß im Rahmen des deutsch-französischen Freundschaftsvertrages der Ausbau beschleunigt wird, damit beispielsweise die Verbindung zwischen Freiburg und Colmar auch wegen wirtschaftlicher Interessen entsprechend berücksichtigt wird?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416512600
Auch von diesem Standpunkt her interessiert uns die Frage natürlich sehr. Daher ist überhaupt die Neuplanung der B 31 in Erwägung gezogen worden, um eben diese bessere Verbindung nach dem Elsaß herstellen zu können. Aber Sie wissen ja, daß auch auf der elsässischen Seite die Straße nach Colmar und die Verbindung zu der großen Straße Straßburg—Schlettstadt—Mülhausen noch keineswegs so beschaffen ist, daß unsere bisherige Verbindung demgegenüber etwa als schlechter angesehen werden muß.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416512700
Ich rufe auf die Frage XII/15 — des Herrn Abgeordneten Hörmann (Freiburg) —:
Wird daran gedacht, die in Frage XII/14 genannte Teilstrecke beschleunigt auszubauen, auch wenn die Planungen für die B 31 auf dem Abschnitt Freiburg—Neustadt noch Schwierigkeiten bereiten?
Bitte, Herr Bundesminister!

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416512800
Herr Kollege Hörmann, die beiden Teilstrecken Breisach—Freiburg und Freiburg—Neustadt stehen bezüglich ihrer Bedeutung und ihres Ausbaus nicht in unmittelbarem Zusammenhang. Bei dem Abschnitt Breisach—Freiburg handelt es sich um eine großräumige Verlegung, d. h. die Neuschaffung einer Straße. Daher wird diese Maßnahme als Neubaustrecke gesondert ausgewiesen. Dagegen beschränkt sich die Verbesserung der Bundesstraße 31 zwischen Freiburg und Neustadt im wesentlichen auf den Ausbau in der bestehenden Linienführung und den Neubau einzelner Ortsumgehungen; dafür werden die erforderlichen Mittel unabhängig von den Beträgen für Neubaumaßnahmen zugewiesen. Die Verkehrsbedeutung der Bundesstraße 31 in diesem Abschnitt zwingt zur Beschleunigung der Maßnahmen. Im Vordergrund stehen dabei die Ortsumgehungen Titisee und Neustadt und die Beseitigung des schienengleichen Bahnüberganges in Kirchzarten.




Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416512900
Keine Frage mehr. — Dann rufe ich auf die Frage XII/16 — des Abgeordneten Lemper —
Trifft es zu, daß nach der Bundestagswahl 1965 die kleinen und mittleren Dienststellen der Deutschen Bundesbahn aufgelöst bzw. stillgelegt werden?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416513000
Ihre Frage, Herr Kollege, möchte ich — ohne etwa der kommenden Bundesregierung vorgreifen zu wollen — mit Nein beantworten.

Hubert Lemper (SPD):
Rede ID: ID0416513100
Herr Bundesminister, darf ich Sie fragen, ob Ihnen bekannt ist, daß z. B. die maßgebenden Herren der Bundesbahndirektion in Köln mir persönlich diese Andeutung gemacht haben und ich auf Grund dessen hier diese Frage gestellt habe?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416513200
Daß die Bundesbahn laufend Untersuchungen betreiben muß, wie sie ihren Apparat zweckmäßig und wirtschaftlich gestalten kann, und daß darüber natürlich auch in den einzelnen Direktionen Überlegungen angestellt werden, ist klar. Das ist aber keine Angelegenheit, die irgend etwas mit den Wahlen zu tun hat, zumal diese Maßnahmen — ich durfte das schon früher ausführen — im Rahmen der eigenen Zuständigkeit der Bundesbahn selbst liegen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416513300
Herr Abgeordneter Brück zu einer Zusatzfrage.

Valentin Brück (CDU):
Rede ID: ID0416513400
Herr Bundesverkehrsminister, könnten Sie einmal feststellen lassen, welche maßgebenden Herren der Bundesbahndirektion Köln diese Äußerungen gemacht haben?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416513500
Ich werde mich gern darum bemühen, Herr Kollege Brück, muß aber ganz offen sagen: bei einem so großen Apparat, wie wir ihn bei der Bundesbahn haben, ist natürlich Gesprächen der beteiligten Herren mit Dritten schlecht ein Riegel vorzuschieben.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416513600
Noch eine Frage des Herrn Abgeordneten Brück!

Valentin Brück (CDU):
Rede ID: ID0416513700
Der Kreis der in dieser Frage maßgebenden Herren ist doch sehr klein?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416513800
Ja, das ist sicher. Ich werde mich jedenfalls noch einmal erkundigen und werde auch bitten, daß man nicht dazu beiträgt, durch unkontrollierbare Äußerungen Unruhe unter die Mitarbeiterschaft zu tragen. Das halte ich allerdings nicht für eine Aufgabe der entsprechenden maßgebenden Herren. Im Gegenteil, ihre Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, daß die Mitarbeiter ihre Arbeit in Ruhe und Sicherheit ausführen können und nicht beunruhigt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416513900
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Spies.

Josef Spies (CSU):
Rede ID: ID0416514000
Herr Bundesminister, hat der Bundesminister für Verkehr bei der Auflösung bzw. Stillegung von kleinen und mittleren Dienststellen nur ein Mitspracherecht, und bestimmt 'die Verwaltung der Deutschen Bundesbahn, oder ist es umgekehrt?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416514100
Der Bundesminister für Verkehr hat hierbei nicht einmal ein Mitspracherecht.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416514200
Eine weitere Zusatzfrage!

Josef Spies (CSU):
Rede ID: ID0416514300
Herr Bundesminister, ist es dann so, daß Sie diese Fragen in der Form, wie sie gestellt sind, gar nicht verbindlich beantworten können?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416514400
Insofern doch, Herr Kollege, weil ich Ihnen ja die Auffassungen des Vorstandes der Deutschen Bundesbahn weitergeben kann und die Deutsche Bundesbahn hier im Bundestag durch mich vertreten wird, ich also die parlamentarische Verantwortung auch für das zu tragen habe, was der Vorstand tut. Die Situation ist aber doch so, daß die Zuständigkeiten der Bundesbahnverwaltung, natürlich durch das Gesetz geregelt, in entsprechendem Maße von ihr wahrgenommen werden müssen. Ich kann zwar generell auf die Bundesbahn einwirken, in welcher Form diese Maßnahmen durchgeführt werden. Einzelmaßnahmen als solche führt sie aber in eigener Zuständigkeit durch; sie hat es dabei nicht nötig, mich zu 'befragen. Sie soll jedoch über die generellen Maßnahmen auch die Länderverkehrsverwaltungen rechtzeitig unterrichten.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416514500
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Matthöfer!

Hans Matthöfer (SPD):
Rede ID: ID0416514600
Herr Minister, ich möchte auf eine vorherige Zusatzfrage 'zurückkommen und 'Sie fragen: Halten Sie es wirklich für eine Aufgabe der Bundesregierung, festzustellen, welche leitenden Herren der Bundesbahn gegenüber Abgeordneten des Deutschen Bundestages Angaben machen?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416514700
Herr Kollege, wenn ich gefragt werde, ob ich das feststellen kann, so muß ich darauf natürlich antworten, daß diese Feststellung möglich ist. Damit ist ja keine Kritik verbunden.

Hans Matthöfer (SPD):
Rede ID: ID0416514800
Halten Sie es für eine Aufgabe der Bundesregierung, das zu tun?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416514900
Ich 'halte es für eine Aufgabe der Bundesregierung, dafür zu sorgen, daß keine Unruhe in der Mitarbeiterschaft der Bundesbahn entsteht, die vermieden werden kann.

(Sehr richtig! und Beifall bei der CDU/CSU.)





Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416515000
Keine weiteren Fragen!
Dann kommen wir zur nächsten Frage, zur Frage XII/17 — des Abgeordneten Lemper —:
Ist die Bundesregierung bereit, geeignete Maßnahmen zu treffen, um die unverständlichen, aber bereits bei den Bundesbahndirektionen festliegenden enormen Einschränkungen des SchienenPersonenverkehrs im Interesse vor allem der Landbevölkerung aufzuheben?
Bitte, Herr Minister!

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416515100
Herr Kollege, nach meiner Kenntnis ist die Deutsche Bundesbahn gegenwärtig, wie vor jedem Fahrplanwechsel, im Begriff, ihren Reisezugfahrplan dahingehend zu überprüfen, daß er den Verkehrsbedürfnissen angepaßt wird. Bei den Personenzügen prüft sie dabei, welche Folgen sie im einzelnen aus dem starken Rückgang des Nahverkehrs zu ziehen hat. Insbesondere prüft sie die Konsequenzen aus der vielfach eingeführten Fünftagewoche. Dabei handelt sie in eigener Zuständigkeit. Der Bundesminister für Verkehr kann ihr laut Bundesbahngesetz dazu keine Weisungen erteilen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416515200
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Lemper!

Hubert Lemper (SPD):
Rede ID: ID0416515300
Herr Minister, allein im Kreise Bergheim werden 15 Zugpaare mit Beginn des neuen Sommerfahrplans eingespart. Darf ich Sie daher fragen, was mit den zum Teil dann nur teilbeschäftigten Bediensteten — gemeint sind die Rottenführer, Weichensteller und Schrankenwärter — gemacht werden soll, wie diese Leute dann beschäftigt werden sollen?

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416515400
Sie wissen, Herr Kollege, daß wir unis bei der Bundesbahn bei irgendwelchen Rationalisierungen stets bemühen, den Mitarbeitern unzumutbare Belastungen zu ersparen. Aber es ist natürlich so, daß sich, wenn irgendwo Einschränkungen erfolgen — zum Beispiel auch bei Ausbesserungswerken —, Versetzungen und Umsetzungen von Mitarbeitern nicht umgehen lassen. Damit ist aber nicht etwa verbunden, daß, wenn irgendeine Strecke eingestellt ist, dann die Bediensteten ihren Arbeitsplatz bei der Bundesbahn verlieren, wenn sie vielleicht auch einen anderen Arbeitsplatz bekommen als den, den sie bisher hatten.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416515500
Keine weiteren Fragen.
Wir kommen dann zur nächsten Frage, zur Frage XII/18 — ebenfalls des Abgeordneten Lemper —:
Ist es zu verantworten, daß die umfangreichen Einschränkungen des Bundesbahn-Schienenverkehrs durch Bundesbahnstraßenbusse ausgeglichen werden?
Bitte, Herr Bundesminister! .

Dr. Hans-Christoph Seebohm (CDU):
Rede ID: ID0416515600
Der Reiseverkehr der Bundesbahn wird stets nur dann auf Omnibusse verlagert, wenn nach eingehender Prüfung der zuständigen obersten Landesverkehrsbehörden Straßen zur Verfügung stehen, die den zusätzlichen Verkehr aufnehmen können, und wenn gleichzeitig die Verkehrsbedienung dabei möglichst noch verbessert wird. Das heißt also, die obersten Landesverkehrsbehörden haben dazu zunächst einmal ihre gutachtliche Auffassung bekanntzugeben.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416515700
Keine Zusatzfragen.
Wir kommen dann zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz, zunächst zu der Frage IX/1 — des Abgeordneten Matthöfer —:
Wie viele Ermittlungsverfahren wurden bisher in der Bundesrepublik wegen Beleidigung eines fremden Staatsoberhauptes (§ 104 a StGB) eröffnet, ohne daß das vom Gesetz geforderte Strafverlangen der betreffenden ausländischen Regierung vorlag?
Bitte, Herr Bundesminister!

Dr. Ewald Bucher (FDP):
Rede ID: ID0416515800
Herr Kollege Matthöfer, auf meine Anfrage haben fünf Bundesländer mitgeteilt, daß bei ihnen bisher gar keine Verfahren der genannten Art eingeleitet worden sind. Die übrigen Landesjustizverwaltungen haben insgesamt elf Verfahren mitgeteilt, allerdings mit einem gewissen Vorbehalt. So konnte ein Land nur bis zum Jahre 1961 zurückgehen. Bei der Mehrzahl dieser Ermittlungsverfahren lag bei Einleitung des Verfahrens das Strafverlangen der betreffenden ausländischen Regierung nicht vor.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416515900
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Matthöfer!

Hans Matthöfer (SPD):
Rede ID: ID0416516000
Darf ich Sie fragen, Herr Minister, um welche Staatsoberhäupter es sich bei diesen verfrüht eingeleiteten Ermittlungsverfahren gehandelt hat?

Dr. Ewald Bucher (FDP):
Rede ID: ID0416516100
Das kann ich jetzt im einzelnen nicht sagen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416516200
Noch eine Frage des Herrn Abgeordneten Matthöfer.

Hans Matthöfer (SPD):
Rede ID: ID0416516300
Wird meine Vermutung richtig sein, Herr Minister, daß es sich nicht um Staatsoberhäupter demokratischer und republikanischer Staatswesen gehandelt hat?

Dr. Ewald Bucher (FDP):
Rede ID: ID0416516400
Ich glaube, daß im Sinne des § 103 StGB alle Oberhäupter von Staaten, mit denen die Gegenseitigkeit verbürgt ist, gleichbehandelt werden müssen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416516500
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Müller-Emmert!

Dr. Adolf Müller-Emmert (SPD):
Rede ID: ID0416516600
Herr Minister, darf ich Sie in Kenntnis der Richtlinien für das Strafverfahren fragen, ob es politisch zweckmäßig ist, Strafverfahren einzuleiten, ohne daß überhaupt Strafanträge oder Verlangen auf Strafverfolgung vorliegen?
8174 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 165. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den. 18. Februar 1965

Dr. Ewald Bucher (FDP):
Rede ID: ID0416516700
Ich halte das nicht nur für politisch zweckmäßig, sondern auch für den Richtlinien Ziffer 270 entsprechend. Es ist aber, wie gesagt, auch politisch zweckmäßig; denn es hätte doch wenig Sinn, einen ausländischen Staat darauf hinzuweisen, daß eine Beleidigung vorliegt, dann den Antrag dieses Staates, die Beleidigung zu verfolgen, einzuholen, danach aber feststellen zu müssen, daß man gegen den Täter doch nichts unternehmen kann.

Dr. Adolf Müller-Emmert (SPD):
Rede ID: ID0416516800
Herr Minister, muß man dabei Ihrer Meinung nach nicht unterscheiden einerseits zwischen den verschiedenen Staatsoberhäuptern, die unter Umständen beleidigt worden sind, und andererseits dem Ort und der Veranstaltung, wo solche unter Umständen beleidigenden Äußerungen gefallen sind?

Dr. Ewald Bucher (FDP):
Rede ID: ID0416516900
Unterscheiden zwischen den verschiedenen Staatsoberhäuptern können wir, wie ich vorhin sagte, nur nach dem Gesichtspunkt, ob die Gegenseitigkeit verbürgt ist. Das ist z. B. in dem einen Fall, auf den die zweite Frage des Kollegen Matthöfer zielt, geschehen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416517000
Keine weitere Frage? —
Dann rufe ich die nächste von dem Abgeordneten Matthöfer gestellte Frage, IX/2, auf —:
Wann wurde das durch den Staatsanwalt beim Amtsgericht Köln ohne Antrag der betreffenden Regierung wegen einer Veranstaltung am 17. Juli 1964 eingeleitete Ermittlungsverfahren gegen den Ersten und Zweiten Vorsitzenden eines Kölner Jugendverbandes wieder eingestellt?

Dr. Ewald Bucher (FDP):
Rede ID: ID0416517100
Das genannte Ermittlungsverfahren ist am 21. Januar dieses Jahres eingestellt worden.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416517200
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Matthöfer!

Hans Matthöfer (SPD):
Rede ID: ID0416517300
Herr Minister, in Anbetracht der Tatsache, daß kein Strafbegehren der ausländischen Regierung vorgelegen hat und man trotzdem noch ein halbes Jahr gebraucht hat, um das Ermittlungsverfahren einzustellen, frage ich Sie, ob Sie nicht auch der Meinung sind, daß bei- Äußerungen, die sich — wie in diesem Fall — mehr auf undemokratische Praktiken oder politische Morde als auf die persönliche Ehre des Betreffenden beziehen, Ermittlungsverfahren, die sich über so lange Zeiträume erstrecken, praktisch eine Beeinträchtigung der im Grundgesetz garantierten Meinungsfreiheit darstellen?

Dr. Ewald Bucher (FDP):
Rede ID: ID0416517400
Herr Kollege, uns ist allen bekannt, daß Ermittlungsverfahren lange dauern. Es gibt Ermittlungsverfahren, die noch länger dauern, als dieses gedauert hat.

(Zuruf von der SPD: „Spiegel"!)

In diesem Falle sind natürlich sehr schwierige
Dinge zu prüfen. Es ist z. B. zu prüfen, ob und inwieweit die Gegenseitigkeit verbürgt ist. An der
Länge des Verfahrens kann hier also wohl kein Anstoß genommen werden.
.Sie sagen, es habe sich hier nur um Tatsachenbehauptungen gehandelt, die dahin gingen, das betreffende Staatsoberhaupt sei kein Oberhaupt eines demokratischen Staates. Die Staatsanwaltschaft hat aber immerhin geglaubt, auch wegen der Art des veröffentlichten Bildes, das eine verzerrte Darstellung enthalte, ermitteln zu müssen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416517500
Zu einer weiteren Zusatzfrage Abgeordneter Matthöfer!

Hans Matthöfer (SPD):
Rede ID: ID0416517600
Herr Minister, war es nicht schon nach wenigen Wochen bekannt, daß die ausländische Regierung kein Strafbegehren geltend machen würde, und hätte nicht schon aus diesem Grunde, da die Voraussetzung einer weiteren Verfolgung weggefallen war, das Ermittlungsverfahren frühzeitig eingestellt werden müssen?

Dr. Ewald Bucher (FDP):
Rede ID: ID0416517700
Nein, Herr Kollege Matthöfer. Die Frage des Strafverlangens war noch gar nicht geprüft worden, weil ja zunächst die anderen Ermittlungen geführt wurden. Ich darf Ihnen ein sehr illustrierendes Gegenbeispiel aus diesen elf Fällen nennen: Es hatte jemand in mehreren Briefen an Dritte den damaligen
Papst Pius XII. als Lump, Heuchler, Erzverbrecher und Mörder bezeichnet. Man hat später festgestellt, daß der Schreibender Briefe geisteskrank war. Es wäre doch sinnlos gewesen, dem Heiligen Stuhl mitzuteilen, es lägen hier Beleidigungen vor, er möge einen Strafantrag stellen, und nachher mitzuteilen, der Mann sei geisteskrank. Das stellt man doch besser vorher fest.

Hans Matthöfer (SPD):
Rede ID: ID0416517800
Herr Minister, der Vergleich war nicht angebracht, und das wissen Sie.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0416517900
Ich glaube, daß dieser Kommentar nicht notwendig und nicht gerechtfertigt war.
Zu einer Zusatzfrage Abgeordneter Müller-Emmert!

Dr. Adolf Müller-Emmert (SPD):
Rede ID: ID0416518000
Herr Minister, haben Sie Kenntnis davon, ob in dem angesprochenen Verfahren bei der Staatsanwaltschaft Köln inzwischen auch die Beschuldigten von der Einstellung des Verfahrens Mitteilung bekommen haben?

Dr. Ewald Bucher (FDP):
Rede ID: ID0416518100
Ich möchte das annehmen, nachdem das Verfahren am 21. Januar eingestellt worden ist. Ich weiß es nicht, weil die Angelegenheit ja in den Bereich der Landesjustizverwaltung fällt.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416518200
Ich rufe die von dem Abgeordneten Vogt gestellte Frage IX/3 auf:
Trifft es zu, daß der derzeitige „Minister für Staatssicherheit" in der sowjetisch besetzten Zone, Erich Mielke, an dem Mord der Polizeihauptleute Lenk und Anlauf im August 1931 in Berlin maßgeblich beteiligt gewesen ist?




Dr. Ewald Bucher (FDP):
Rede ID: ID0416518300
Wenn Sie gestatten, Herr Kollege Vogt, möchte ich beide Fragen zusammen beantworten.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416518400
Der Fragesteller ist einverstanden. Ich rufe also auch die Frage IX/4 auf:
Ist gegen Erich Mielke ein Verfahren wegen Mordes anhängig?

Dr. Ewald Bucher (FDP):
Rede ID: ID0416518500
Gegen den jetzigen Minister für Staatssicherheit in der Zone, Erich Mielke, ist bei der Staatsanwaltschaft Berlin ein Verfahren wegen Mordes anhängig. Erich Mielke ist dringend verdächtig, im August 1931 in Berlin die Polizeihauptleute Lenk und Anlauf im Auftrag der Kommunistischen Partei Deutschlands auf der Straße erschossen zu haben. Mielke ist nach der Tat ins Ausland geflüchtet und erst bei Kriegsende mit den sowjetischen Truppen nach Deutschland zurückgekehrt. Haftbefehle sind 1933 und 1947 gegen ihn ergangen. Die sowjetische Besatzungsmacht hat aber 1947 die Fortführung des Strafverfahrens verhindert.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416518600
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz erschöpft.
Wir kommen nun zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, und zwar zunächst zur Frage X/i — des Abgeordneten Moersch —:
Hält die Bundesregierung den in der Drucksache IV/2993 vorgelegten Vorschlag der EWG-Kommission für „eine Verordnung des Rats zur Festsetzung der gemeinsamen Qualitätsnormen für Knoblauch" für eine nützlidie und notwendige Förderung des europäischen Gedankens?
Bitte, Herr Bundesminister.

Werner Schwarz (CDU):
Rede ID: ID0416518700
Herr Präsident, ich bitte, die Fragen 1 und 2 zusammen beantworten zu dürfen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416518800
Einverstanden? — Dann rufe ich noch die Frage X/2 — des Abgeordneten Moersch — auf:
Gedenkt die Bundesregierung, die in Frage X/1 bezeichnete Verordnung im Ministerrat der EWG zu unterstützen?

Werner Schwarz (CDU):
Rede ID: ID0416518900
• Der Vorschlag der EWG-Kommission für „eine Verordnung des Rates zur Festsetzung der gemeinsamen Qualitätsnormen für Knoblauch" ist inzwischen vom Ministerrat der EWG mit den Stimmen der Bundesrepublik angenommen.

(Heiterkeit.)

Die Bundesregierung hat sich bei den Beratungen nicht geäußert, weil die Verordnung beinahe ausschließlich einander gegenüberstehende italienische und französische Interessen berührt. Nach Einführung einer gemeinsamen Qualitätsnorm 'für dieses Erzeugnis und seiner Einbeziehung in die Verordrung Nr. 23 über die schrittweise Errichtung einer gemeinsamen Marktordnung für Obst und Gemüse gehört Knoblauch jetzt zu den Erzeugnissen, für
die nach Art. 9 der Verordnung Nr. 23 die mengenmäßigen Einfuhrbeschränkungen beseitigt werden. Die erwähnten Interessengegensätze zwischen Frankreich und Italien werden durch die in Frage stehende Verordnung ausgeräumt. Insofern hält die Bundesregierung diese Verordnung für nützlich.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416519000
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Moersch.

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0416519100
Herr Bundesminister, ist die Vorschrift aus sachlichen Gründen dringend geboten, daß verordnet wird, Knoblauch müsse frei sein von fremdem Geruch und fremdem Geschmack, wie in der Vorlage gesagt wird?

(Heiterkeit.)


Werner Schwarz (CDU):
Rede ID: ID0416519200
Darüber kann ich leider keine Auskunft geben.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416519300
Frage X/3 — des Abgeordneten Bauer (Wasserburg) —:
Trifft es zu, daß die Bundesregierung in Brüssel ihre Bedenken gegen den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats betreffend die Gewährung einer Erstattung bei der Erzeugung für bestimmte Sorten Grob- und Feingrieß von Mais, die in der Brauereiindustrie Verwendung finden, zurückgezogen hat, obwohl der Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in seiner Sitzung am 20. Januar 1965 der Bundesregierung empfohlen hat, den Vorschlag der EWG-Kommission — Drucksache IV/2789 — abzulehnen?
Ist der Herr Abgeordnete im Saal? — Die Frage wird übernommen.
Bitte, Herr Bundesminister.

Werner Schwarz (CDU):
Rede ID: ID0416519400
Es trifft zu, daß die Bundesregierung in Brüssel ihre Bedenken gegen den Vorschlag der Kommission betreffend die Gewährung einer Produktionserstattung für Grob- und Feingrieß zur Verwendung in der Brauereiindustrie zurückgestellt hat. Die Bundesregierung sah sich dazu veranlaßt, nachdem die Kommission sich am 26. Januar 1965 dem Rat gegenüber verpflichtet hat, „alles zu tun, damit die Verzerrungen beseitigt werden, die auf dem Biermarkt in der Bundesrepublik Deutschland augenblicklich deshalb bestehen, weil aus anderen Mitgliedstaaten Bier zu Preisen eingeführt wird, die erheblich unter den Gestehungskosten der deutschen Brauereien liegen". Die Bundesregierung ist hiermit dem Votum des Ernährungsausschusses insoweit gefolgt, als dieser die Bundesregierung ersucht hatte, „energische Schritte zur Beseitigung der Wettbewerbsverzerrungen auf dem Brausektor zu unternehmen". Die verpflichtende Erklärung in dieser Form war jedoch nur dadurch zu erreichen, daß die Bundesregierung dem Entwurf der Kommission für eine begrenzte Zeit zugestimmt hat.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416519500
Haben Sie noch eine Zusatzfrage? — Herr Abgeordneter Krug.

Georg Krug (CSU):
Rede ID: ID0416519600
Herr Bundesminister, was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die in der



Krug
Brauereiindustrie vorhandenen Wettbewerbsverzerrungen möglichst rasch abzubauen?

Werner Schwarz (CDU):
Rede ID: ID0416519700
Herr Kollege, meine soeben gemachten Äußerungen beziehen sich genau auf Ihr Verlangen; denn es handelt sich hier um zweierlei Möglichkeiten, einmal darum, ,die Unterwanderung des Bierpreises zu unterbinden. Daher unser Beschluß, wie ich ihn eben dargelegt habe. Es handelt sich dabei um 25 DM je Hektoliter.
Das andere wäre der vom Fragesteller gewünschte Beitrag einer Produktionserstattung für Maisgrieß. Hier geht es nur um 20 Pf je Hektoliter. Ich darf daraus doch wohl den Beweis herleiten, daß wir bemüht sind, in Vereinbarung mit unseren Partnern das größtmögliche Übel zu beseitigen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416519800
Noch eine Frage, bitte!

Georg Ehnes (CSU):
Rede ID: ID0416519900
Herr Minister, sind Sie mit mir der Ansicht, daß alles getan werden muß, damit die Situation der Braugerste in Europa nicht verschlechtert wird?

Werner Schwarz (CDU):
Rede ID: ID0416520000
Sicher hängt dieses Problem mit der Fragestellung zusammen, und ich darf die Versicherung abgeben, ,daß wir unsererseits alles tun werden, um der Braugerste einen Absatz zu I) sichern.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416520100
Keine weitere Zusatzfrage mehr.
Ich rufe die Frage X/4 — des Abgeordneten Bauer (Wasserburg) — auf:
Trifft es zu, daß der Verordnungsentwurf, den die Kommission der EWG dem Rat zur Aufrechterhaltung der Chester- bzw. Cheddarproduktion in der Gemeinschaft vorgelegt hat und der zum Ziele hat, eine Interventionsmöglichkeit für diese Käsesorte zu schaffen, an der fehlenden Bereitschaft des Bundesfinanzministers, die erforderlichen Mittel bereitzustellen, gescheitert ist?
Sie wird übernommen vom Herrn Abgeordneten Krug.

Werner Schwarz (CDU):
Rede ID: ID0416520200
Der Verordnungsentwurf, den die Kommission dem Rat für eine Intervention bei Cheddar vorgelegt hat, bezweckt, die nach Art. 22 der Verordnung Nr. 13/64 EWG möglichen nationalen Interventionen der Mitgliedstaaten zu koordinieren bzw. für Menge und Preis Grenzen zu ziehen. Die Verordnung überläßt es den Mitgliedstaaten, ob sie von der Interventionsmöglichkeit Gebrauch machen. Zur Zeit ist die Verordnung noch nicht im EWG-Ministerrat beraten worden. Wenn sich die vorgeschlagene Regelung als zulässig und als erforderlich erweisen sollte, wind der Verordnungsentwurf im Rat an der Stimme der Bundesregierung nicht scheitern, sofern ihn auch alle anderen Delegationen billigen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416520300
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Krug?

Georg Krug (CSU):
Rede ID: ID0416520400
Herr Bundesminister, ist sich die Bundesregierung darüber im klaren, daß bei der Einstellung der Cheddar-Produktion die Milchfettverlagerung zur Butter weit höhere Beträge beanspruchen würde als die Intervention bei Chester-Käse?

Werner Schwarz (CDU):
Rede ID: ID0416520500
Das ist zweifellos richtig.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416520600
Keine weitere Frage mehr. — Damit ist die Fragestunde beendet.
Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf, den wir gestern schon begonnen haben:
Fortsetzung der Zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1965 (Haushaltsgesetz 1965) (Drucksache IV/2500) ;
Berichte des Haushaltsausschusses (13. Ausschuß) .
Wir kommen zum
Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern (Drucksachen IV/2906, zu IV/2906).
Zunächst die Herren Berichterstatter. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Althammer.

Dr. Walter Althammer (CSU):
Rede ID: ID0416520700
Herr Präsident! i Meine Damen und Herren! An sich glaube ich, daß wir heute alle den Vorsatz haben, mit den Beratungen möglichst zügig voranzukommen. Ich darf deshalb grundsätzlich auf den Ihnen vorliegenden Schriftlichen Bericht zum Einzelplan 06 verweisen. Aus gegebener Veranlassung möchte ich aber zunächst noch zwei Punkte kurz zusätzlich mündlich behandeln.
Das eine ist eine Problematik, die mit einem sehr dringenden Anliegen des öffentlichen Dienstes zusammenhängt. Es ist bekannt, daß wir in dieser Legislaturperiode durch eine ganze Reihe von Maßnahmen den Ansprüchen des öffentlichen Dienstes auf eine sachgerechte Besoldung weitestgehend entgegengekommen sind. Das ist von den Betroffenen bisher auch durchaus anerkannt worden. Es gibt jedoch einen Punkt, der heute zu meiner Bemerkung Anlaß gibt. Es hat sich nämlich gezeigt, daß in der Vergangenheit die Stellenpläne der Gemeinden und der Länder mit ihrer Stellenbewertung der Basis voraus sind, die wir im Durchschnitt im Bund haben.
Die Bundesregierung hatte mehrmals Gelegenheit, zu dieser Frage einer Angleichung der Stellenpläne von sich aus Stellung zu nehmen. Zuletzt ist das geschehen auf eine Anfrage am 22. Dezember 1964. Dabei wurde auch von der Bundesregierung ganz eindeutig anerkannt, daß die insbesondere bei den Ländern generell günstigeren Stellenplanverhältnisse nicht ohne Auswirkungen auf den Bundesbereich sein können.



Dr. Althammer
Ich will hier in diesem Zusammenhang jetzt nicht auf die grundsätzliche Frage eingehen, wie eine Harmonisierung auf dieser Ebene möglich ist und welche Probleme mit der Frage, ob eine Rahmengesetzgebung des Bundes dazu erforderlich ist, aufgeworfen werden.
Es geht im Zusammenhang mit den Haushaltsberatungen um eine andere Frage, nämlich um die Frage, wie eine rasche Anpassung der Stellenpläne des Bundes an das gegenwärtige Niveau in Gemeinden und Ländern verwirklicht werden kann. Es ist bekannt, daß z. B. bereits bei der Bundespost, die ja genauso wie die Bundesbahn in diesem Punkt von den eigentlichen Bundesbehörden getrennt zu behandeln ist, schon einiges eingeleitet und im Gange ist. Es ist die Frage zu stellen, ob die gegenwärtige Fassung des Haushaltsgesetzes, auf die ich in diesem Zusammenhang noch nicht generell eingehen will, eine ähnliche Maßnahme bei den Bundesbehörden verhindert. Mir kommt es in diesem Zusammenhang darauf an, festzustellen, daß der Haushaltsausschuß nicht etwa dagegen ist, daß bei der Bundesverwaltung dieses Problem jetzt unverzüglich in Angriff genommen wird. Der Haushaltsausschuß ist durchaus bereit, in der Frage der Angleichung der Stellenpläne das Notwendige so rasch wie möglich zu tun. Deshalb wird auch bei der Frage der endgültigen Fassung des § 13 dieser Punkt nochmals zu behandeln sein. Auf jeden Fall werden wir dafür sorgen, daß noch im Jahre 1965, und zwar jetzt unmittelbar, die Vorarbeiten so zügig vorangetrieben werden, daß. wir dieses Problem grundsätzlich in Angriff nehmen und auch lösen können.
Ich darf noch einmal verdeutlichen: Alles, was wir bisher in der Frage einer Bremswirkung hinsichtlich einer Ausweitung der Bundesbehörden getan haben, bezog sich nicht auf das Problem der Angleichung der Stellenpläne. Dabei ging es vielmehr um eine ganz andere Frage. Um eine rasche Verabschiedung des Haushalts zu ermöglichen, sollte nämlich ein Überrollungshaushalt bei den Personaltiteln, also mit Blickrichtung auf die Neuschaffung von Stellen bei den Bundesbehörden, aufgestellt werden. Mit diesem § 13, von dem später noch zu sprechen sein wird, soll also vom Haushaltsausschuß nicht etwa eine Angleichung der Stellenpläne des Bundes verhindert werden. — Diese allgemeine Bemerkung wollte ich zu diesem Punkt machen.
Ich möchte noch auf einen zweiten Punkt eingehen, der in der Öffentlichkeit mit Recht immer wieder große Beachtung findet, nämlich auf die Mittel, die der Bund für die Sportförderung bereitstellt. Sie haben aus dem Schriftlichen Bericht, den ich Ihnen vorgelegt habe, ersehen können, daß im Haushaltsausschuß die Ansätze, die in der Regierungsvorlage enthalten waren, fühlbar erhöht worden sind. Bei den Mitteln für die Förderung zentraler Sportmaßnahmen haben wir die Ansätze von 3,36 Millionen DM um 1,27 Millionen DM auf 4,63 Millionen DM erhöht. In gleicher Weise wurden vom Haushaltsausschuß auf Initiative der CDU/ CSU und der FDP bei den Mitteln für den Sportstättenbau die Ansätze von 30 Millionen DM um 6 Millionen DM auf 36 Millionen DM erhöht. Insgesamt stehen daher für das Haushaltsjahr 1965 vom Bund für die Sportförderung, wenn wir von einigen zusätzlichen Positionen absehen wollen, über 40 Millionen DM zur Verfügung.
Es ist darauf hingewiesen worden, daß auch mit diesem Ansatz nicht das erreicht worden ist, was nach dem sogenannten Goldenen Plan vom Bund verlangt wird. Ich darf aber hier einmal darauf hinweisen, daß die Gesamtleistungen der öffentlichen Hand die Ansätze, die in dem Goldenen Plan enthalten sind, wesentlich übersteigen.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

Ich darf Ihnen die Rechnung für das Jahr 1964 vortragen. Nach dem Goldenen Plan ist vorgesehen, daß der Bund 84 Millionen DM bezahlt, die Länder 222 Millionen DM und die Gemeinden 115 Millionen DM. Das ergibt eine Gesamtsumme von 421 Millionen DM. Die tatsächlichen Leistungen für das Jahr 1964 sehen wie folgt aus: Bund 30 Millionen DM, Länder 240 Millionen DM und Gemeinden 250 Millionen DM, insgesamt 520 Millionen DM. Damit ist das Gesamtverlangen an die öffentliche Hand um rund 100 Millionen DM übertroffen worden.
Ich darf die Rechnung vielleicht noch etwas fortführen, damit man einmal ein klares Bild gewinnt, was dem Sport ansonsten noch zur Verfügung steht. Zu diesen von mir genannten 520 Millionen DM kommen hinzu die Mittel aus Lotto und Toto für das Jahr 1964 in Höhe von 70 Millionen DM. Dann sind noch einzukalkulieren die Beitragsleistungen von rund 6 Millionen Angehörigen verschiedenster Sportvereine, was bei einem Durchschnittsbeitrag von 2 DM, grob gerechnet, 'ein Beitragsaufkommen von 150 Millionen DM ausmacht. Schließlich kommen weitere Bundesmittel — Auswärtiges Amt usw. —in Höhe von rund 7 Millionen DM hinzu, so daß wir insgesamt 747 Millionen DM für die Belange des Sports zur Verfügung haben.
In diesem Zusammenhang darf ich, weil 'die Frage immer wieder diskutiert wird, auf die Stimme eines sachverständigen ausländischen ,Sportjournalisten verweisen. Alexander Nathan hat in einer deutschen Zeitschrift geäußert, daß in Deutschland die öffentliche Hand mehr für 'den Sport leistet, als in allem anderen Ländern der westlichen Welt gegeben wird.

(Hört! Hört! in der Mitte.)

Ich darf hinzufügen, daß diese Gesamtleistungen auch höher zu beziffern sind als das, was in der Zone im Vergleich zur Bevölkerungszahl für den Sport getan wird. Im übrigen muß man die Zahlen, die aus dem kommunistischen Block genannt werden, sehr mit Vorsicht behandeln, weil dort nämlich der Betriebssport und die militärischen Ausgaben für sportliche Leistungen miteingerechnet sind.
Angesichts dieser Bilanz zeigt sich doch ganz eindeutig, daß wir uns der Leistungen, die die öffentliche Hand für den Sport erbringt, nicht zu schämen brauchen.



Dr. Althammer
Vielleicht wird jemand argumentieren: Das mag alles gut und richtig sein, aber der Bund leistet seinen Anteil nicht. Demgegenüber möchte ich darauf hinweisen, daß gerade in der Frage der Förderung des Sportstättenbaus der föderalistische Grundsatz sicherlich seine Berechtigung hat. Was die Gemeinden und Länder hier tun können, sollen sie tun, weil sie den konkreten Anliegen an Ort und Stelle näher sind. Die Spitzenfinanzierung durch den Bund kann und soll durchaus nur eine Initialzündung sein.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416520800
Herr Abgeordneter Mengelkamp, Sie sind Berichterstatter für den zweiten Teil des Einzelplans 06. — Sie verzichten auf Ihren Bericht. Ich danke dem Herrn Berichterstatter und eröffne die allgemeine Aussprache über den Einzelplan 06.
Es liegen vor die Änderungsanträge der Fraktion der SPD Umdruck 564 *) und Umdruck 565 **). —Zur Begründung des Antrags Umdruck 565 Herr Abgeordneter Wellmann!

Hans Wellmann (SPD):
Rede ID: ID0416520900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Änderungsantrag der Fraktion der SPD Umdruck 565 zu Kap. 06 02 gliedert sich in zwei Teile.
Schon im vorigen Jahr hat die sozialdemokratische Fraktion den Antrag gestellt, in Tit. 612 den Ansatz um 18 Millionen DM zu kürzen und damit wieder den bisherigen Betrag von 20 Millionen DM einzusetzen. Dieser Antrag ist damals ausführlich begründet worden, so daß ich mich sehr kurz fassen kann. Die Auffassung der sozialdemokratischen Fraktion ist dem Hause durch die Aussprache im vorigen Jahr weitgehend bekannt. Wir sind nach wie vor der Auffassung, daß die Kürzung um 18 Millionen DM erforderlich ist, weil die Parteien in die große Gefahr der Abhängigkeit vom Staat verfallen. Auch meinen wir, daß diese 18 Millionen DM zweckentsprechender im gleichen Kapitel verwendet werden könnten.
Damit komme ich zum zweiten Teil unseres Antrages. Wir müssen uns auf jeden Fall endlich von dem Vorwurf befreien, daß der Deutsche Bundestag zuerst einmal den Parteien die Taschen vollstopft und anderen Organisationen die Mittel sehr, sehr kärglich zuweist. Meine Damen und Herren, drei Jahre lang hat die sozialdemokratische Fraktion versucht, die Ansätze für die Spitzenfinanzierung ides Baues von Turn- und Sportstätten zu erhöhen. Drei Jahre lang sind diese Anträge an dem Widerspruch der Koalitionsparteien gescheitert.

(Abg. Dr. Conring: Aber die Titel wurden gleichzeitig erhöht!)

Wenn in diesem Jahr nun mit einem Male der Ansatz auf Antrag der Koalitionsparteien von 30 auf 36 Millionen DM erhöht wird,

(Abg. Dr. Conring: Wie alljährlich, Herr Wellmann!)

*) Siehe Anlage 2 **) Siehe Anlage 3
dann kann man sich doch einfach nicht des Verdachts erwehren, daß es sich hier um ein Geschenk im Wahljahr handelt. Wenn man diese Zahl von 36 Millionen aber genauer betrachtet, muß man feststellen — und ich glaube, daß die Herren der Koalitionsparteien diese Rechnung auch bereits angestellt haben —, daß es sich gar nicht um eine echte Erhöhung dieses Ansatzes handelt. Zunächst einmal sind von diesen 36 Millionen DM 2 Millionen DM für die Hypothekengewinnabgabe der Sportvereine vorgesehen, so daß nur 34 Millionen DM für den eigentlichen Zweck zur Verfügung gestellt werden sollen.

(Abg. Dr. Conring: Das ist sehr zweifelhaft!)

Nun lassen Sie mich bitte die Rechnung aufmachen. Die 30 Millionen DM sollen nach dem Antrag auf 36 Millionen DM erhöht werden. § 9 des Haushaltsgesetzes ist aber im Gegensatz zum Vorjahr geändert worden.

(Abg. Leicht: Sehr gut!)

Im vorigen Jahr war der Ansatz für Sportbauten
ausdrücklich von der 20%igen Sperre ausgenommen,

(Abg. Conring: Noch viele andere Dinge auch!)

aber im Jahre 1965 kommt außerdem laut § 8 des Haushaltsgesetzes eine globale Kürzung um 7% in Frage, d. h. von den 36 Millionen DM sind 27% in Abstrich zu bringen. Wenn Sie sich die Mühe machen, das auszurechnen — aber das ist nicht nötig, ich habe es bereits getan —, stellen Sie fest, daß im Jahre 1965 dem Goldenen Plan und damit dem Deutschen Sportbund nicht etwa mehr, sondern weniger Mittel als 1964 zur Verfügung stehen; denn nach Abzug von 27% verbleibt lediglich ein Betrag von 26 280 000 DM. Wer angesichts dieser Tatsache noch davon sprechen will, daß hier

(Abg. Dr. Conring: Das stimmt ja alles gar nicht!)

auf Antrag der Koalitionsparteien eine Erhöhung des Ansatzes erfolgt ist, der müßte mir das eigentlich erst einmal beweisen.
Aus diesem Grunde, meine Damen und Herren, beantragen wir, daß der Ansatz von 30 auf 50 Millionen DM erhöht wird. Wenn wir dann die 27%ige Kürzung berücksichtigen, kämen wir auf einen Betrag von 36,5 Millionen DM, der dem Deutschen Sportbund 1965 zur Verfügung gestellt werden würde. Dieser Betrag entspräche nahezu den Vorstellungen der Koalitionsparteien, die dem Deutschen Sportbund im Jahre 1965 für die Spitzenfinanzierung der Sportstätten ja 36 Millionen DM zur Verfügung stellen wollten. Ich bitte um Annahme dieses Antrages.

(Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Conring: Ihre Rechnung stimmt aber nicht!)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416521000
Meine Damen und Herren! Ich habe übersehen, daß die Beratung des



Vizepräsident Schoettle
Einzelplans 36 mit der Beratung des Einzelplans 06 verbunden werden soll. Ich rufe also auf:
Einzelplan 36 Zivile Notstandsplanung (Drucksache IV/2930).
Das Wort hat der Herr Bundesminister des Innern!

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0416521100
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf mich kurz zu dem ersten Teil des Änderungsantrags äußern, der soeben begründet worden ist. Es ist offenbar so, daß man sich hier etwas ganz Schlaues ausgedacht hat, indem man in der Öffentlichkeit Sport- und Parteiengelder in einen Gegensatz bringt.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Conring: Das ist Wahlpropaganda!)

Ich halte von einer solchen Methode nichts, und zwar deswegen, weil der Sport seine große Berechtigung hat und die Parteien ihre ihnen vom Grundgesetz zugewiesenen bedeutsamen Funktionen zu erfüllen haben. Ich glaube, wir sollten zwei so wichtige und entscheidende Dinge nicht in einen Gegensatz bringen. Ich halte das nicht für eine gute Wahltaktik.

(Sehr gut! in der Mitte.)

Was ist nun zur Frage der Sportfinanzierung zu sagen?

(Abg. Schmitt-Vockenhausen: Eine gute Sache wäre es, die beantragten 14 Millionen DM draufzuschlagen!)

Ja, ich darf vielleicht diesen Antrag noch in einer anderen Form etwas ausdeuten. Wenn hiermit zugegeben wird, daß man 18 Millionen DM bei der Parteienfinanzierung einsparen könnte, dann wird damit gleichzeitig gesagt: 20 Millionen müssen es aber mindestens sein.

(Widerspruch bei der SPD.)

— Ja, wenn eine Position von 38 Millionen DM um 18 Millionen DM gekürzt wird, so daß 20 Millionen DM übrigbleiben, wird damit zugegeben: 20 Millionen DM müssen es wohl sein.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416521200
Gestatten Sie eine Frage, Herr Minister? — Bitte, Herr Abgeordneter.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0416521300
Sind Sie sich darüber im klaren, daß unser Versuch doch nur darauf hinzielt, nach Möglichkeit eine Mehrheit für unser Anliegen zu finden? Wenn wir einen Streichungsantrag über 18 Millionen DM hinaus vorgelegt hätten, hätten wir doch von vornherein für die Annahme unseres Antrags keine Aussicht gehabt. Wir haben daher einen Mittelweg gewählt, von dem wir hoffen, daß wir damit den Kollegen von den Koalitionsparteien die Zustimmung erleichtern.

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0416521400
Ja, schön. Es ist ganz klar, daß in der Ausdeutung und in der Auslegung natürlich die Meinungen auseinander-
gehen. Aber hier handelt es sich um Motive. Wir sollten vom Text ausgehen.
Ich darf in Ergänzung dessen, was der Kollege Althammer zu der Frage der Sportfinanzierung gesagt hat, noch einiges bemerken. Der Goldene Plan ist außerordentlich verdienstvoll. Herr von Opel und seine Mitarbeiter haben nach eingehenden Untersuchungen Erkenntnisse gewonnen, die in der Zwischenzeit Allgemeingut der ganzen deutschen Öffentlichkeit und auch Allgemeingut der Parteien geworden sind. Wir sind aus vielen Umständen — nicht nur aus gesundheitlichen und pädagogischen Gründen — auf den Sport angewiesen. Der Sport hat seine Berechtigung nicht nur aus gesundheitlichen Motiven, sondern auch deshalb, weil er eine innere Lebensfreude gibt und ein gegenseitiges Messen der Kräfte ermöglicht. Auch deshalb muß man bemüht sein, neue Sportstätten zu schaffen.
Noch bevor diese Gedanken in dem Goldenen Plan niedergelegt waren, wurden bereits in den Jahren 1957, 1958 und 1959 vom Bundestag jeweils 5 Millionen DM für den Sportstättenbau — als Spitzenfinanzierungsanteil — gegeben. Im Jahre 1960 waren es 10 Millionen DM. Dann kam der Goldene Plan, inspiriert von Herrn von Opel. Dieser Plan wurde von den Parteien aufgenommen. Auf den drei Ebenen, Bund, Länder und Gemeinden, wurden Prozentsätze für die Beteiligung ausgerechnet.
Nun stellen aber die Verkündung eines solchen Planes und seine Umwandlung in eine parlamentarische haushaltsgerechte Position zwei ganz verschiedene Dinge dar. Ich darf hier kurz in Ihr Gedächtnis zurückrufen, wie sich der Bundestag zu dieser Position verhalten hat. Im Jahre 1961 wurden 20 Millionen DM bewilligt, im Jahre 1962 30 Millionen DM — abzüglich der zwanzigprozentigen Haushaltssperre —, im Jahre 1963 30 Millionen DM — abzüglich der Haushaltssperre — und im Jahre 1964 30 Millionen DM ohne Haushaltssperre; die Positionen für 1965 sind soeben vorgetragen worden. Von den drei Ebenen — Bund, Länder und Gemeinden — haben die Gemeinden 1964 prozentual fast das Doppelte des Länderbetrages geleistet. Für den Goldenen Plan wurden im Jahre 1964 insgesamt 421 Millionen DM aufgewendet. Ähnlich werden die Verhältnisse im Jahre 1965 sein.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416521500
Herr Minister, gestatten ,Sie eine Zwischenfrage?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0416521600
Ich glaube nicht, meine Damen und Herren, daß eine Bauposition und damit die Ausstattung einer Haushaltsposition — —

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416521700
Herr Minister, gestatten Sie eine Frage?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0416521800
Ja, bitte schön.




Hans Wellmann (SPD):
Rede ID: ID0416521900
Herr Minister, trifft es zu — Sie haben ja eben aufgezählt, wie sich die Finanzierung in den Jahren 1961 bis 1964 entwickelt hat —, daß Sie im Jahre 1962 von sich aus 40 Millionen DM für die Spitzenfinanzierung in Ansatz gebracht hatten und daß dieser Ansatz von den Koalitionsparteien auf 30 Millionen DM reduziert wurde?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0416522000
Ja, Herr Kollege, es ist richtig, daß ich 40 Millionen beantragt hatte. Aber der Vorwurf, den Sie jetzt gegen die Koalitionsparteien aussprechen wollen, trifft in dieser Form nicht zu.

(Zuruf von der CDU/CSU.)

— Ja, es ist kein Vorwurf, Herr Kollege. — Wir haben eine ganze Reihe von bedeutsamen Baupositionen im Sport, im Straßenverkehr, im Wohnungsbau, im Aufbau von wissenschaftlichen Instituten usw., Baupositionen, die in einer gegenseitigen großen Konkurrenz stehen. Niemand wird in der Lage sein zu sagen, wo der Schwerpunkt liegt. Alle diese Bereiche sind vielmehr gemeinsam zu bedienen. Sie kennen auch die Entwicklung der Baukonjunktur. Es ist ganz ausgeschlossen, daß man Beschlüsse über Ausstattungen ohne Rücksicht auf die Baukonjunktur fassen könnte. Unsere ganze parlamentarische Arbeit zielt darauf ab, daß Schwerpunkte gebildet werden. Einer der Schwerpunkte ist die Begrenzung des öffentlichen Haushalts, der zweite betrifft die Steuerung der Konjunktur, vor allem der seit Jahren erfreulicherweise stark entwickelten Baukonjunktur. Das sind die Grundsätze, unter die sich alle anderen Wünsche unterzuordnen haben.

(Abg. Dr. Conring: Sehr richtig!)

Wer einen solchen Gesichtspunkt nicht beachtet, der versteht nicht genügend vom inneren Wesen, von der inneren Struktur und von der Funktion des Haushalts. Alle Positionen, selbst die wissenschaftlichen Positionen, z. B. die Ausstattung oder der Ausbau von wissenschaftlichen Instituten, wurden nach diesem Grundsatz gekürzt. Dasselbe gilt natürlich auch für den Sportbereich. Nicht der schlechte Wille war es, sondern die Rücksichtnahme auf übergeordnete Funktionen und Aufgaben.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416522100
Eine Zwischenfrage, Herr Abgeordneter Schäfer.

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0416522200
Herr Minister, müssen wir aus Ihren Ausführungen schließen, daß Sie der Auffassung sind, daß Bundeskanzler Adenauer alle diese Gesichtspunkte außer acht gelassen hat, als er seinerzeit in Godesberg zugesagt hat, entsprechend den vorgelegten Planungen die Mittel im Bundeshaushalt zur Verfügung zu stellen?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0416522300
Herr Kollege Schäfer, ich darf Ihnen folgendes antworten. Selbst Ihre Partei hat in allen diesen Jahren niemals .den vollen Ansatz von 84 Millionen oder
50 Millionen oder 60 Millionen verlangt, sondern Sie haben sich ebenfalls diesen Gesichtspunkten gebeugt, bloß nicht in dem Ausmaß, in dem das notwendig gewesen wäre. Sie sollten Ihrer eigenen besseren Erkenntnis jetzt nicht widersprechen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416522400
Gestatten Sie noch eine Frage, Herr Minister?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0416522500
Bitte sehr.

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0416522600
Herr Minister, halten Sie es unter Berücksichtigung dessen, was Sie gesagt haben, für vertretbar, daß knapp ein Drittel von dem angesetzt wird, was für 1965 vorgesehen war?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0416522700
Ich darf Ihnen auch darauf antworten und in Wiederholung dessen, was der Kollege Althammer gesagt hat, sagen, daß der Goldene Plan insgesamt in den drei Ebenen mehr als bedient worden ist. Jetzt frage ich Sie allen Ernstes folgendes: Die Haushaltslage des Bundes ist schwieriger als die der Länder. Sonst hätte es nicht dazu geführt, daß der Anteil an den Ertragsteuern zugunsten des Bundes hätte verändert werden müssen. Auch viele Kommunen sind in einer besseren Haushaltssituation als der Bund. Wenn ich weiß, daß das Anliegen des Goldenen Plans insgesamt übererfüllt ist, dann habe ich mit Rücksicht auf die Haushaltssituation des Bundes — wir haben hier eine treuhänderische Aufgabe wahrzunehmen — keinen Anlaß, darüber hinaus die Position zugunsten der beiden anderen leistungsfähigeren Ebenen zu erhöhen. Das ist der Gesichtspunkt, der für uns alle gemeinsam gilt.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416522800
Eine Frage, Herr Abgeordneter Wellmann.

Hans Wellmann (SPD):
Rede ID: ID0416522900
Herr Minister, wenn, wie Sie sagen, ,der Goldene Plan übererfüllt worden ist, dann ist es kaum verständlich, warum gerade in 'diesem Jahr eine Erhöhung des Ansatzes 'auf Antrag 'der Koalitionsparteien erfolgt. Darin sehe ich einen Widerspruch.

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0416523000
Der Widerspruch ist leicht zu klären. Wenn Sie sich mit den Einzelheiten genauer befaßt hätten, würden Sie festgestellt haben, daß sich unsere Sportpolitik bewährt hat. Sie sind ja sehr rasch von Ihren Vorstellungen abgekommen, ein eigenes Sportministerium zu schaffen — da gab es ja einige Leute —, schon am übernächsten Tag wurde der Gedanke wieder zu Grabe getragen, nachdem Tokio sehr erfolgreich verlaufen war und unsere zurückhaltende, auf die Selbstverwaltung des Sports angelegte Politik sich vielleicht doch als die beste erwiesen hat. Wir haben schon vom ersten Tage der olympischen Auseinandersetzung an erklärt, daß wir uns bemühen wollen, die Erfahrungen von Tokio so schnell wie möglich für 1968 auszuwerten.



Bundesminister Höcherl

(der Sinn. Ich glaube, daß hier in .einem besonderen Maße — das wird gerade von der Sportführung anerkannt — sowohl der Goldene Plan, insgesamt gesehen, die erforderlichen Mittel bekommt als auch auf der anderen Seite mit 6 Millionen DM in diesem Jahr, vielleicht sogar im nächsten Jahr weitergehend, eine zusätzliche, dem Bund obliegende Aufgabe erfüllt wird. Wenn Sie das genau studiert hätten, hätten Sie die Frage nicht gestellt, Herr Kollege. Ich darf zusammenfassen und folgendes erklären: der Goldene Plan wird von den drei Ebenen erfüllt; der Bund wird, wenn es die Konjunkturund die Haushaltslage erlauben, sofort bereit sein, auch zur Entlastung von Gemeinden und Ländern seinen Anteil zu finanzieren. Wir sind befriedigt darüber, daß in den letzten Jahren kein Ausfall zu verzeichnen war und daß es gelungen ist, 6 Millionen DM mehr für den spezifischen Zweck des Spitzenund Leistungssports einzusetzen. Ich möchte mich nicht weiter zu dem Antrag betreffend die 18 Millionen DM äußern. Ich überlasse das Wort dazu den Kollegen aus der Fraktion. Aber ich muß sagen: Das Anerkenntnis auf 20 Millionen DM 'ist immerhin eine interessante Bestätigung des Grundsatzes. Das Wort hat der Abgeordnete Althammer. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß den Ausführungen des Kollegen Wellmann hier kurz widersprechen. Zunächst einmal, Herr Kollege Wellmann, sollte man im Zusammenhang mit den Haushaltsmitteln, die für die Arbeit der Parteien gegeben werden, nicht davon sprechen, daß sich die Parteien „die Taschen vollstopfen". Denn der Vorwurf würde auch Sie treffen; dann würden auch Sie sich die Taschen vollstopfen lassen. Es ist bekannt, daß auch Sie die Mittel — ich glaube, zu Recht — in Anspruch nehmen. — Sie haben dagegen gestimmt, aber Sie haben dann die Mittel für sich in Anspruch genommen und abgeholt. — Selbstverständlich, ich sage ja nichts dagegen, daß Sie sie genommen haben. Aber dann sollten Sie nicht von „die Taschen vollstopfen" sprechen. Ich darf vielleicht die Gepflogenheit fortführen, die Herr Kollege Wellmann hier 'eingeführt hat, nämlich keine langen Ausführungen mehr zur Parteienfinanzierung zu machen. Ich habe von diesem Platz aus im vergangenen Jahr dazu ausführlich Stellung genommen. Nur weil diese Apostrophierung hier erfolgt ist und sicherlich auch draußen erfolgen wird, darf ich sagen, was mit diesen Mitteln im wesentlichen getan worden ist. Wir haben von der CDU aus z. B. am 13. Oktober 1964 die Konrad-Adenauer-Stiftung gegründet, eine Einrichtung, die mit einer Vielzahl von verschiedenen Instituten ausgestattet ist: die politische Akademie, das Institut für internationale Begegnung, ein Studienzentrum und eine Hochbegabtenförderung. Gerade mit diesen Mitteln, die vom Staat gegeben werden, soll nicht etwa, wie voriges Jahr befürchtet worden ist, ein Erlahmen der Parteiarbeit von unten her eingeführt werden, sondern damit soll die geistige Begegnung zwischen Wissenschaft, Kultur und allen anderen gesellschaftlichen Institutionen mit den Parteien gefördert werden. Die CSU hat in gleicher Weise die Hanns-SeidelStiftung mit den gleichen Fachabteilungen gegründet, um gerade durch die zentrale Parteiarbeit den, wenn man so sagen kann, geistigen Überbau zu fördern. Ich glaube, daß diese Dinge etwas durchaus Positives sind. Die Parteien kommen aus einem gewissen gesellschaftlichen Getto heraus und werden stärker in die Diskussion mit den Kräften unseres gesellschaftlichen Lebens hineingeführt. Ich möchte also den Akzent, der zu hören war, zurückweisen. Im übrigen hat der Herr Minister schon zu der eigenartigen Kopplung des Kürzungsantrags mit dem Erhöhungsantrag Stellung genommen. Ich darf aber auf der anderen Seite die Rechnung, die Herr Wellmann aufgemacht hat, korrigieren. Denn die Bausperre bedeutet ja nicht -das weiß jeder, der im Haushaltsausschuß zu tun hat —, daß diese Mittel damit automatisch gekürzt sind. Es ist sicherlich klar — der Herr Bundesfinanzminister wird zum Abschluß der Beratung zu diesen Fragen noch Stellung nehmen —, daß im Laufe des Haushaltsjahres, wenn die Möglichkeiten dazu finanziell gegeben sind, auch aus diesem Titel noch bedient wird. Im übrigen stimmt diese Rechnung auch insofern nicht, als hier zur Darstellung gebracht werden sollte, nur im Jahre 1965 sei eine fühlbare Erhöhung eingetreten. Neben dieser breiten Sportfinanzierung, die durch den Sportstättenbau erfolgt, muß nämlich noch die Finanzierung des Spitzensports beachtet werden. In diesem Punkte ist gerade im vorigen Jahr eine sehr fühlbare Anhebung der Mittel erfolgt. Der Herr Minister hat auf diese Gesichtspunkte schon hingewiesen. Diese Anhebung ist nicht in vollem Umfang rückgängig gemacht worden, sondern es ist lediglich festgehalten worden, daß die Olympischen Spiele in Tokio im vorigen Jahr natürlich sehr erhebliche Mittel für die Reise nach dem Fernen Osten beansprucht haben, und zwar nicht nur für die aktiven Sportler, sondern für den ganzen Apparat, der dorthin mitgehen mußte. Trotzdem haben wir auch diese Mittel im Jahre 1965 nicht auf den Ansatz 1963 abgesenkt, sondern darüber hinaus angehoben. Man muß unserem Herrn Innenminister auch einmal bestätigen, daß er gerade für die zentralen Anliegen der Sportförderung immer ein offenes Ohr Dr. Althammer gehabt hat und daß er im Zusammenhang mit den Reisen nach Tokio und den Ergebnissen dort gerade diesen Punkt besonders hervorgehoben hat, indem er sich ganz klar hinter die Vorstellungen und Pläne unseres Deutschen Sportbundes gestellt hat, wo gerade die Förderung des Leistungssports als die Aufgabe, die vom Bund in erster Linie mit zu erfüllen ist, herausgestellt worden ist. Wenn die Gemeinden und die Länder so viel mehr für den Sportstättenbau tun können, daß wir insgesamt über 100 Millionen DM mehr geben, als der Goldene Plan ausweist, dann ist das nur zu begrüßen. Wir sind ja nicht -so sklavisch an den Goldenen Plan gebunden, daß wir nicht etwas mehr tun könnten. Man muß aber die Leistungen der öffentlichen Hand auf diesem Gebiet in einem gewissen Zusammenhang sehen. Ich glaube, für den Bund ist es besonders wichtig, die Vorstellungen, die hinsichtlich einer verstärkten Förderung des Spitzensports bestehen, nachdrücklich zu unterstützen. Es ist vorgesehen, daß z. B. mehr Trainer für die einzelnen Sportsparten ausgebildet und beschäftigt werden, daß diese Trainer in ihrer ganzen sozialen Stellung gesichert werden, ein hinreichendes Einkommen und Alterssicherung erhalten und daß ihr sozialen Ansehen entsprechend gehoben wird. Auch der Sportstättenbau bei zentralen Trainingseinrichtungen ist von entscheidender Bedeutung. Ich betone noch einmal, genau wie es der Sportbeirat der CDU zuletzt am 28. Oktober 1964 getan hat: Wir wollen nicht etwa einen Staatssport in der Richtung, wie es in den östlichen Ländern der Fall ist, oder auch in der Form, wie es Frankreich nun praktiziert. Das Primat der Sportverbände steht von uns aus außer allem Streit. Trotzdem ist es sehr wichtig, daß wir beim Bau zentraler Trainingsstätten, bei der Modernisierung vor allem der Trainingseinrichtungen, aber auch bei der Sportpädagogik und vor allem auch bei der Sportmedizin von zentraler Stelle aus etwas tun. Die Leistungen, die insgesamt von der öffentlichen Hand erbracht worden sind — ich darf das Beispiel des Journalisten zitieren —, werden auch entsprechend gewürdigt. Das ergibt sich am besten daraus, daß der Präsident des Deutschen Sportbundes, Willy Daume, bei der Verabschiedung der deutschen Sportler für Tokio folgendes erklärt hat: „Wir halben jede gewünschte Unterstützung bekommen und sind dankbar und zufrieden." Das Wort hat der Abgeordnete Seidel. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Minister hat hier so die Darstellung gegeben, als ob der Bund in der Frage des Goldenen Plans all seine Pflichten und Aufgaben erfüllt hätte. Der Herr Minister weiß genau, daß die Summe von 84 Millionen DM längst nicht erreicht ist. Die Sozialdemokratische Partei hat in den früheren Jahren jeder Erhöhung, die bisher durchgesetzt worden ist, zugestimmt. Das war selbstverständlich, weil unsere Wünsche nach höheren Ansätzen ja nicht die Mehrheit des Hauses gefunden hätten. Aber eines ist mir interessant, und das hat der Herr Minister ganz und gar übersehen oder nicht sehen wollen. Allein durch diese angebliche Erhöhung wird nämlich im Endeffekt, selbst wenn Herr Dr. Althammer das bestreitet, für die Finanzierung des Sportstättenbaus im Jahre 1965 weniger als 1964 ausgebracht, allein durch die in den §§ 8 und 9 des Haushaltsgesetzes vorgesehenen Kürzungen. (Zuruf von der CDU/CSU: Die Rechnung ist aber nicht richtig!)


(Beifall bei der CDU/CSU.)

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416523100
Dr. Walter Althammer (CSU):
Rede ID: ID0416523200

(Zurufe von der SPD.)


(Weiterer Zuruf von der SPD.)





(Beifall bei der CDU/CSU.)

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416523300
Max Seidel (SPD):
Rede ID: ID0416523400
An dieser Tatsache kann man ja nicht vorübergehen.
Dann, Herr Minister, ist etwas Sonderbares: Man klagt hier über die angespannte Lage des Haushalts. Kommt nun auf Grund des Vorschlages der SPD-Fraktion eine Minderung der Ausgaben bei den beiden Positionen für Sport und Parteienfinanzierung zustande, dann wehrt man sich dagegen. Es sind ja vielleicht nur 4 Millionen DM, aber immerhin, es wäre eine Ersparnis im Haushalt. Es ist ein eigenartiges Tun von Ihrer Seite, daß Sie bei dieser Sache nun eine Kürzung des Haushaltsvolumens abschlägig bescheiden wollen.
Ich empfehle doch dringend, Herr Finanzminister, diese Kürzung des Etats zu akzeptieren.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416523500
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Frage?

Max Seidel (SPD):
Rede ID: ID0416523600
Bitte.

Dr. Walter Althammer (CSU):
Rede ID: ID0416523700
Herr Kollege Seidel, wie erklären Sie sich die Tatsache, daß die SPD-Abgeordneten im Haushaltsausschuß nur eine Erhöhung auf 40 Millionen DM und jetzt plötzlich eine Erhöhung auf 50 Millionen DM beantragt haben?

Max Seidel (SPD):
Rede ID: ID0416523800
Sie haben ja immerhin selbst die 40 Millionen DM abgelehnt, und da wir auch im Haushaltsausschuß in der Minderheit sind, konnten wir, wenn wir 40 Millionen DM beantragen, nicht die Hoffnung haben, daß Sie eventuell sogar 50 Millionen DM akzeptieren würden. Das ist also eindeutig. Ich will nur die Feststellung treffen, daß man hier nicht gewillt ist, eine Einsparung im Haushalt vorzunehmen.

(Beifall bei der SPD.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416523900
Das Wort hat der Abgeordnete Kubitza.

Werner Kubitza (FDP):
Rede ID: ID0416524000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der Koppelung einer guten und sachlich berechtigten Aufgabe, wie der Sportstättenbau sie darstellt, mit einem Anliegen, über das man unterschiedlicher Meinung sein kann — das vor allem in der Öffentlichkeit umstritten ist, und darauf spekulieren Sie ja —, erweist man dem Sportstättenbau einen Bärendienst.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)




Kubitza
Meine Fraktion wird diesen Antrag ablehnen, weil er allzu deutlich auf den Schlitz der Wahlurne zielt.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Lachen bei der SPD.)

Meine Damen und Herren, nur ein Satz zur Parteienfinanzierung. Die SPD wiederholt immer wieder, .daß die Parteien damit vom Staate abhängig werden. Aber durch das dauernde Wiederholen gewinnt diese Behauptung nicht an Wahrheitsgehalt.

(Sehr gut! bei der FDP.)

Ein Wort noch zu den gestrigen Ausführungen ides Kollegen Erler. Er reihte Turnen und Sport richtig in die vorbeugenden Maßnahmen einer Gesundheitsfürsorge ein. Er sagte dann aber auch, daß eine Selbstbeteiligung noch in 'den Köpfen herumspuke. Er bezog das allerdings auf 'die Krankenversicherungsreform. Nun, meine Damen und Herren, ein inneres Engagement, eine Verantwortung gibt es auch hinsichtlich des Leibes, und diese Verantwortung gegenüber seinem Leibe ist etwas, das dem einzelnen nicht abgenommen werden kann.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von 'der SPD.)

Gesundheit und Leistungsfähigkeit sind nicht nur ein gütiges Geschenk der Natur, sondern sie sind ständige Aufgabe eines jeden einzelnen. Der Preis, den wir für das Streben nach einer totalen Solidarabsicherung gegen alle Lebensrisiken zu zahlen haben, ist der Abbau der Eigenverantwortung.

(Beifall bei der FDP.)

Der Gesunde und der dauernd Leistungsfähige, der dauernd beruflich Tätige wird durch ständige hohe Abgaben belastet, wogegen alle diejenigen, die nichts für die Erhaltung ihrer Gesundheit leisten, belohnt werden.

(Oh-Rufe von der SPD.)

Meine Damen und Herren, Sie können Sportstätten bauen, soviel Sie wollen, es wird nur begrenzten Erfolg haben, wenn Sie nicht gleichzeitig 'diese Eigenverantwortung bei den Menschen fördern.
Darum lehnen wir den Antrag der SPD ab.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416524100
Das Wort hat der Abgeordnete Schmitt-Vockenhausen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0416524200
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe im Namen meiner Fraktion den Antrag Umdruck 565 Ziffer 3 — in Tit. 300, für Zwecke des Verfassungsschutzes, erhält der letzte Absatz des Haushaltsvermerkes die im Antrag angegebene Fassung — zu begründen. Nachdem wir bei den Beratungen des Berichts des Innenministeriums über die Kontrolle des Bundesamtes für Verfassungsschutz im Ausschuß zu einer Übereinstimmung gekommen sind, ist nur noch die Frage dieser Kontrolle offen. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir diese letzte, auch im Ausschuß bisher noch offengebliebene Lücke schließen und damit einen Beitrag zur Rechnungskontrolle
auch auf diesem Gebiet leisten. Ich bitte um Annahme unseres Antrages.

(Zuruf von der CDU/CSU: Schauen Sie einmal nach Hessen!)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416524300
Das Wort hat der Bundesminister des Innern.

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0416524400
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu den klassischen Bestandteilen der Debatte zum Haushalt 06 gehört ein Antrag über die Kontrolle des Titels 300. Ich darf dazu gleich feststellen, daß mit diesem Antrag ja bereits zugestanden wird, daß es eine solche Einrichtung, ein solches Instrument geben muß und daß niemand ohne ein solches Instrument auskommt.
Wir haben nicht nur hier im Bereich des Innenministeriums, sondern auch im Bereich des Auswärtigen Amts wie im Bereich des Bundeskanzleramts die ganze Zeit hindurch eine gewisse Delegation durchgeführt. Wir sind also der Meinung, daß das Kontrollrecht des Parlaments — das völlig unbestritten ist — in verschiedenen Formen und auf verschiedenen Wegen ausgeübt werden kann, und bei besonders heiklen Bereichen haben wir immer die Delegation an den Präsidenten des Bundesrechnungshofs als die richtige Methode angesehen. Der Bundesrechnungshof ist deswegen auch besonders ausgestaltet, und zwar institutionell mit einer richterlichen Unabhängigkeit in einer Form, wie das kaum in einem anderen Lande der Fall ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich kann es durchaus verstehen, daß Sie einen solchen Antrag stellen. Ich bin aber der Meinung, wir sollten gleiche Tatbestände gleich behandeln. Ich darf hier auf die Regelung der Länder zurückgehen, und zwar auch von Ländern, in denen Sie (zur SPD) politisch maßgebend sind. Wenn ich mit Niedersachsen, Hamburg, Bremen und Hessen vergleiche, dann muß ich feststellen, daß Sie dort auch den weisen Beschluß gefaßt haben, diese Positionen durch den Präsidenten des dortigen Landesrechnungshofs kontrollieren zu lassen. Ich bin der Meinung, wir sollten Gleiches gleichbehandeln und das, was in Ihren Ländern gilt, im Bund ebenso gelten lassen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416524500
Herr Minister, gestatten Sie eine Frage des Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0416524600
Ja.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0416524700
Herr Minister, könnten Sie mir zustimmen, daß dem Grundsatz, Gleiches gleich zu behandeln, entsprochen wäre, wenn wir dieselbe Regelung, die für den Bundesnachrichtendienst beim Bundeskanzleramt besteht, hier für den Bundesverfassungsschutz einführten?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0416524800
Ich bin ein Freund der Differenzierung, weil nicht alles vielleicht ganz so gleich ist.

(Heiterkeit bei der SPD.)




Bundesminister Höcherl
Wir sollten hinsichtlich dieses Titels 300 überlegen, wie Sie es zu Hause in Ihren eigenen familiären Bereichen machen, und ich muß sagen, die Familiengewohnheiten in Hessen, Hamburg oder Bremen gefallen mir gut, und wir sollten sie auch hier beibehalten. — Ich bitte, diesen Antrag abzulehnen.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416524900
Das Wort hat der Abgeordnete Mengelkamp.

Theodor Mengelkamp (CDU):
Rede ID: ID0416525000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst habe ich mich eigentlich nur zum Wort gemeldet, um nicht die Regierung allein die Auffassung vertreten zu lassen, die der Herr Minister hier soeben dargelegt hat. Wenn der Herr Minister davon gesprochen hat, daß das im klassischen Verfahren in den vergangenen Jahren so gewesen sei, dann könnte man natürlich als Überschrift auch gebrauchen: „Alle Jahre wieder". Ich glaube aber, daß wir uns in diesem Jahr, Herr Minister, eben wegen der Fragen, die Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen angesprochen hat, den Fall vielleicht doch noch einmal überlegen sollten. Wir sollten die Sache an den Ausschuß zurückverweisen, um dort erneut über diese Frage sprechen zu können.
Ich bin im Grundsatz der Auffassung, die hier der Herr Bundesinnenminister vertreten hat, und habe diese Ansicht ja auch schon in den vergangenen Jahren vertreten. Aber um die Möglichkeit für eine einheitliche Regelung zu finden, schlage ich Ihnen vor, daß wir den von der SPD gestellten Antrag an den Ausschuß überweisen. Ich wäre dankbar, meine Damen und Herren von der Opposition, wenn Sie diesem unserem Zwischenantrag zustimmten.

(Abg. Schmitt-Vockenhausen: Einverstanden!)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416525100
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dorn.

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0416525200
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir stimmen dem Antrag des Kollegen Mengelkamp zu, diesen Antrag der SPD-Fraktion an den Ausschuß zu überweisen, vor allen Dingen auch deswegen, Herr Kollege Mengelkamp, weil wir im Innenausschuß einmütig zu dem Ergebnis gekommen sind, daß wir versuchen sollten, eine Gesamtkontrolle der Nachrichtendienste — des Gehlen-Amtes, des MAD und des Bundesamtes für Verfassungsschutz — zu erreichen. Wenn wir die Gesamtkontrolle erreichen, sollten wir versuchen, auch die Kontrollmöglichkeiten für alle Organisationen gleichmäßig zu beurteilen und diese Kontrolle nach Möglichkeit auch durch dieselben Mitglieder des Hohen Hauses durchführen zu lassen. Denn erst damit wäre für uns eine ausreichende Kontrollmöglichkeit gewährleistet. Wir werden also dem Antrag der CDU/CSU-Fraktion zustimmen.

(Abg. Schmitt-Vockenhausen: Wir sind einverstanden damit!)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416525300
Das werden wir bei der Abstimmung feststellen.
Im übrigen, damit Klarheit über den Stand der Beratungen besteht: Wir begründen jetzt alle vorliegenden Anträge, und nachher, wenn klar ist, daß die Aussprache darüber abgeschlossen ist, kommen wir zur Abstimmung über alle Anträge, die zu den Einzelplänen 06 und 36 vorliegen.
Das Wort hat der Abgeordnete Sanger.

Fritz Sänger (SPD):
Rede ID: ID0416525400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Sache, die ich zu vertreten habe, ist keine Angelegenheit einer politischen Partei, sondern sie wird aus sachlichen Erwägungen und Zweckmäßigkeitsgründen vertreten.
Ich möchte in Erinnerung rufen: Wir haben in Deutschland neben den Länderrundfunkanstalten auch zwei Rundfunkanstalten nach Bundesrecht. Sie sind durch das Gesetz vom 29. November 1960 errichtet worden. Es handelt sich um die Deutsche Welle und den Deutschlandfunk. Die Aufgaben, die diesen beiden Anstalten gestellt sind, lauten nach dem Gesetz: den Rundfunkteilnehmern im Ausland ein umfassendes Bild des politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Lebens in Deutschland zu vermitteln und ihnen die deutsche Auffassung zu wichtigen Fragen darzustellen.
Die eine Anstalt, die Deutsche Welle, wendet sich mit ihren Sendungen über Kurzwelle an das außereuropäische Ausland. Der Deutschlandfunk hat die Aufgabe, wie es in § 5 des Gesetzes heißt, für Deutschland und das europäische Ausland zu wirken. Diese Dinge sind im Gesetz geregelt.
Nicht im Gesetz geregelt ist leider die Frage, wie die Arbeit dieser beiden Anstalten zu finanzieren ist. Darüber ist in den Vorberatungen gesprochen worden. In der Sitzung des Ausschusses für Kulturpolitik am M. Mai 1960 hat der damalige Oberregierungsrat im Bundesministerium des Innern, Fuchs, den Bedarf für diese beiden Anstalten folgendermaßen angegeben: Deutsche Welle voraussichtlich zwischen 10 und 12 Millionen DM, Deutschlandfunk voraussichtlich zwischen 30 und 34 Millionen DM. Sie sehen hier eine klare, sehr deutliche Differenzierung zugunsten des Deutschlandfunks, offenbar weil man bei der Vorbereitung der Tätigkeit dieser beiden Anstalten der auf das europäische Ausland ausgerichteten Anstalt eine bedeutendere oder nach dem Umfang und den technischen Notwendigkeiten größere Aufgabe zugedacht hatte. Im übrigen ist die Verpflichtung zur Sparsamkeit und zur Prüfung durch den Bundesrechnungshof auferlegt und gesagt worden, daß vor Verabschiedung des Etats eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger erfolgen muß und nach Veröffentlichung des Etats noch einmal.
Die Länder haben sich darüber unterhalten, wie man die Rundfunkanstalten zu finanzieren hat bzw. ob man dies nicht tun soll. In der Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten ist ebenfalls darüber gesprochen worden. Das ist eine grundsätzliche Angelegenheit; darüber sollten wir bei einer anderen Gelegenheit einmal sprechen.
Ohne daß die Finanzen geregelt waren, haben beide Anstalten zu arbeiten begonnen. Beide Anstalten sind durch Kassenhilfen des Bundes finanziert



Sänger
worden. Das ist eine großartige Regelung, für die sie dankbar sein sollten und es auch sind. Aber nun sind sie an einem Punkt angekommen, an dem die Differenz der Kassenhilfe für die beiden Anstalten ganz beträchtlich ist, und zwar zu Lasten des Deutschlandfunks und nicht — wie vorgesehen war — der Deutschen Welle. Heute sind 41 Millionen DM für die Deutsche Welle und 24 Millionen DM für den Deutschlandfunk vorgesehen. Der Deutschlandfunk hat aber seinen Etat mit äußerster Sparsamkeit und nach Vorbereitung mit den Ministerien aufgestellt, wie alle Parteien wissen, die im Verwaltungsrat und im Rundfunkrat dieser Anstalt tätig sind. Der Deutschlandfunk hat in seinem Etat 28,8 Millionen DM gefordert. Er hat auf eine Baurate für ein Funkhaus verzichtet und ist auf 26,5 Millionen DM heruntergegangen. Er kann nicht annehmen, daß er weniger bekommt als diese nach sorgfältigster Prüfung und mit größter Sparsamkeit festgestellte Summe.
Wir sind deshalb der Meinung, daß man sich bei der Beschlußfassung über die Kassenhilfe überlegen sollte, wem man mehr und wem man nicht so viel geben sollte oder geben kann. Zur Erfüllung der aktuell wichtigen Aufgaben des Deutschlandfunks scheint es mir notwendig zu sein, dem Deutschlandfunk, der nach Europa, also in die nächste Nachbarschaft unseres Vaterlandes hinein, wirkt, seine Arbeit zu ermöglichen und ihm die technischen, personellen und sachlichen Voraussetzungen insgesamt zu schaffen, die erforderlich sind, damit er seine Aufgaben erfüllen kann.
I Bitte, bedenken Sie: der Deutschlandfunk, der Europa bedienen soll, kann heute weder Frankreich noch England noch Skandinavien bedienen, drei sehr wichtige Gebiete für Deutschland, auf deren Information und ständige Unterrichtung wir doch nicht verzichten sollten. Deshalb meine ich, daß wir alle Möglichkeiten nutzen sollten, wir, der Bundestag, um diesem Deutschlandfunk das Geld zu bewilligen. Der Herr Bundespostminister hat die technische Hilfe versprochen, so daß der Deutschlandfunk die ihm im Gesetz gestellte Aufgabe zu erfüllen vermag.
Es geht hier, wie ich abschließend sagen möchte, nicht um das Prinzip der Regelung der Finanzierung, sondern um die reale Arbeitsmöglichkeit heute und morgen. Denen, die Sorge um die Finanzen haben, möchte ich sagen: es geht auch nicht um die Bewilligung neuer Mittel, sondern um die Verteilung der bereits 'bewilligten Mittel nach sachgemäßen und — wie ich glaube — zweckmäßigen Überlegungen, wie sie bereits angestellt worden sind. Es ist nicht die große Liebe für die eine Anstalt und möglicherweise eine kleinere Liebe für eine andere Anstalt. Es ist auch nicht — ich sagte es schon — eine Parteiangelegenheit, die hier zu vertreten 'ist. Es ist also, wie ich ausdrücklich sagen möchte, keine Entscheidung aus parteipolitischer Solidarität notwendig, sondern eine Entscheidung über die zweckmäßige Verwendung öffentlicher Mittel im gesamtdeutschen politischen Interesse für den Deutschlandfunk, dem wir die Arbeit ermöglichen müssen.

(Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Müller-Hermann: Genau das Gegenteil ist richtig!)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416525500
Das Wort hat der Herr Bundesminister des Innern.

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0416525600
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich danke dem Kollegen Sänger für die Darstellung der Genesis dieser beiden Anstalten und 'ihrer derzeitigen rechtlichen und finanziellen Ausstattung. Ich habe diesem Teil seines Berichts nichts hinzuzufügen. Dem Vorschlag aber, eine neue Verteilung zu Lasten der Deutschen Welle vorzunehmen, kann ich aus folgenden prinzipiellen Gründen nicht zustimmen.
Diese beiden Anstalten, die leider auf Grund einer Lex imperfecta, also ohne finanzielle Regelung, zustande gekommen sind — und das macht uns außerordentliche Schwierigkeiten —, unterscheiden sich in ihrem Entwicklungsstadium dadurch, daß die eine Anstalt ihre Entwicklung bis auf den baulichen Teil im wesentlichen abgeschlossen hat, während die Deutsche Welle noch weiter in der Entwicklung begriffen ist und große Aufgaben in Übersee 'zu erfüllen hat. Da wir uns darüber im klaren sein müssen, daß wir uns kaum der Propaganda, die aus der ganzen Welt auf uns einströmt, erwehren können, wäre es nach dem Entwicklungsstadium und der 'Entwicklungsphase völlig falsch, auf Kosten der Deutschen Welle etwas zu verbessern. Infolgedessen muß ich Sie bitten, diese Form des Ausgleichs nicht zu bewilligen.
Bei den Haushaltsberatungen ist meines Erachtens ein Irrtum passiert, und zwar dahingehend, daß bei der Kürzung um 5,7 Millionen DM davon ausgegangen wurde, daß im Haushalt des Deutschlandfunks ein Bautitel in Höhe von 2,4 Millionen DM enthalten sei. Das ist nun ganz und gar nicht der Fall. Dieser Bautitel wurde bereits bei unserem Vorschlag zurückgezogen. Ich wäre dankbar, wenn diese 2,4 Millionen DM nicht auf Kosten der Deutschen Welle, sondern zusätzlich bewilligt würden, um den berechtigten Anforderungen beider Anstalten nachzukommen.
Ich darf in diesem Zusammenhang das Hohe Haus darüber informieren, daß wir uns in intensiven Verhandlungen befinden, um endlich einmal die von den Ländern zugesagte Finanzierung zumindest für den Deutschlandfunk zu erreichen. Wir haben bereits eine Vertragsgrundlage in einem Entwurf erarbeitet, und ich warte auf einen gemeinsamen Termin mit der Kommission der Ministerpräsidenten. Ich gebe mich der Hoffnung hin, daß wir noch in diesem Jahre zu einer Lösung kommen, damit der Bundeshaushalt von dieser gesamtdeutschen Verpflichtung, die den Bund und die Länder gemeinsam betrifft, entlastet wird.
Ich darf zusammenfassen. Der Entwicklungsgang und die Entwicklungsphase dieser beiden Anstalten verbieten von der Natur der Sache her eine Belastung der Deutschen Welle, der Ausgleich müßte vielmehr durch eine zusätzliche Leistung für den Deutschlandfunk erfolgen. Ich bin im Augenblick nicht in der Lage, dafür eine Deckung zu beschaffen. Ich bin aber überzeugt, daß unsere Haushaltsexperten, die die Übersicht über den ganzen Haushalt



Bundesminister Höcherl
haben, diese 2,4 Millionen DM im Interesse unserer propagandistischen und publizistischen Position beschaffen können.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0416525700
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Moersch.

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0416525800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag, der hier behandelt wird, betrifft einen sehr speziellen Fall. Es ist für Sie alle sicherlich auch sehr schwierig, jetzt genau zu beurteilen, wie man hier verfahren sollte.
Ich möchte vorweg eines sagen. Ich bin der Meinung, daß die Stärkung des Deutschlandfunks aus sachlichen Gründen unbedingt geboten ist; denn der Deutschlandfunk leistet eine wirklich vorbildliche Arbeit gerade in der Nachrichtengebung. Wir haben alles Interesse daran, vor allem auch im Sinne der gesamtdeutschen Politik diese Arbeit nicht zu behindern, sondern zu verbessern. Ich glaube auch, daß wir gut daran täten, noch einmal mit den anderen Rundfunkanstalten ganz energisch zu verhandeln und zu verlangen, daß dem Deutschlandfunk auch bessere Frequenzen zur Verfügung gestellt werden, die seine Ausstrahlungs- und Empfangsmöglichkeiten verbessern würden. Der Antrag, den die sozialdemokratische Fraktion hierzu gestellt hat, ist in der Sache meiner Ansicht nach durchaus berechtigt. Ich frage aber, ob wir jetzt eine Festlegung vornehmen können.
Ich möchte betonen, daß im Haushaltsausschuß zunächst einmal die 15 Millionen DM für die beiden Anstalten als Kassenhilfe aufgestockt worden sind, — eine sehr erfreuliche Sache. Ich frage mich, ob es richtig war, die Einzelbindung im Haushaltsausschuß vorzunehmen, ehe die genauen Unterlagen speziell über den künftig möglichen Ausbau der Deutschen Welle vorliegen. Der Herr Bundesinnenminister hat das ja soeben bestätigt.
Ich würde also als Kompromiß vorschlagen, den Beschluß des Haushaltsausschusses, also die Erläuterung zu dem Titel, zunächst einmal zu streichen und damit die jetzt vorgenommene Zweckbindung wegfallen zu lassen. Dann sollten wir aber auch die von der SPD-Fraktion beantragte Zweckbindung. jetzt unterlassen. Vielmehr sollten wir nach einer gesamten Prüfung der Situation der beiden Anstalten den Haushaltsausschuß bitten, erneut und endgültig Festlegungen zu treffen. Vielleicht könnten wir uns auf diesen Kompromiß einigen. Ich glaube, er würde der Sache gerecht. Denn sonst besteht die Gefahr — das habe ich aus den Ausführungen des Herrn Bundesinnenministers entnommen—, daß man eine Anstalt zuungunsten der anderen überbewertet. Ich glaube, wir täten gut daran, zunächst einmal im Sinne dessen, was der Kollege Sänger gesagt hat, beim Deutschlandfunk eine Stärkung zu versuchen. Ich möchte vor allen Dingen auch bitten, daß sich die anderen Rundfunkanstalten, insbesondere der Norddeutsche Rundfunk, künftig dem Deutschlandfunk gegenüber etwas kollegialer verhalten.

(Beifall bei der FDP und der SPD.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416525900
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Althammer.

Dr. Walter Althammer (CSU):
Rede ID: ID0416526000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst ausdrücklich anerkennen, daß dieser Antrag der SPD, offenbar wirklich nur aus sachlichen Gesichtspunkten, ganz klar die Begrenzung dies Niveaus einhält. Ich bin darüber sehr erfreut. Es wird in diesem Antrag also nicht etwa eine Erhöhung der Mittel verlangt. Ich bin dankbar dafür, weil wir nämlich alle ganz selbstverständlich gern mehr für die Anstalten tun würden. Daß wir gezwungen waren, hier die Kassenmittel zu begrenzen, ist nur aus der allgemeinen Situation des Haushalts heraus erklärbar.
Ich darf vielleicht, nachdem der Kollege Sänger dankenswerterweise die grundsätzlichen Fragen schon kurz angesprochen hat, noch ein paar Worte dazu sagen. Es ist nicht nur für die Anstalten, die nach dem Gesetz das Selbstverwaltungsrecht haben, unangenehm, sich von Jahr zu Jahr mit dem Haushaltsausschuß und den Ministerien zu unterhalten. Es ist auch für uns, für den Haushaltsausschuß, eigentlich eine unangenehme Sache, im Wege der Kassenhilfe sozusagen Mittel bereitzustellen, wenn keine klare, endgültige Finanzierung da ist. Ich sehe dieses Dilemma in voller Schärfe und voller Klarheit, daß es eigentlich nicht angemessen ist, daß wir im ,Haushaltsausschuß Erwägungen über die Bedeutung und die Wichtigkeit dieser oder jener Maßnahme anstellen.
Trotzdem ist der Vorschlag, der von der FDP eben so en passant gemacht worden ist, nicht durchführbar. Man kann nicht nur eine Globalsumme einsetzen und das andere dann dem Ablauf überlassen. Beide Anstalten haben ihren Haushaltsplan, nach dem sie ihre Mittel zu bewirtschaften und ihre Maßnahmen durchzuführen haben. Beide Anstalten müssen also bestimmte Quoten zur Verfügung haben, damit sie wissen, was sie ausgeben können.
Natürlich ist haushaltstechnisch eines möglich. Wenn sich im Laufe des Haushaltsjahres z. B. ergeben sollte, daß bei der Deutschen Welle eine große Maßnahme aus irgendwelchen Gründen nicht durchführbar ist, also Mittel übrigbleiben, dann können diese Mittel selbstverständlich dem Deutschlandfunk zur Verfügung gestellt werden, weil die Erläuterungen im Haushalt nur eine Annäherung an den Bedarf geben. Die Zahlen, die hier für die einzelnen Anstalten ausgewiesen sind, sind nicht bindend. Bindend ist nur die Gesamtsumme, die zur Verfügung steht.
Trotzdem ist der Kompromißvorschlag nicht annehmbar. Ich darf zur Illustrierung vielleicht noch auf einen Punkt hinweisen. Es ist vom Herrn Kollegen Sänger vorhin erwähnt worden, welche Ausgangszahlen genannt worden sind. Es ist vielleicht ganz interessant, nach diesen Ausgangszahlen —Deutsche Welle 10 Millionen DM, Deutschlandfunk 19 Millionen DM — die realen Kassenhilfen zu sehen. Im ersten Jahr, in dem wir eine Kassenhilfe geben mußten, im Jahre 1963, wurden der Deutschen Welle 19 Millionen DM und dem Deutschlandfunk 16 Millionen DM zur Verfügung gestellt. Schon in,



Dr. Althammer
diesem ersten Jahr hat sich also gezeigt, daß der Bedarf der Deutschen Welle doch offenbar größer ist. Im Jahre 1964 mußten der Deutschen Welle 29 Millionen DM und dem Deutschlandfunk 22 Millionen DM zur Verfügung gestellt werden, im Jahre 1965 der Deutschen Welle rund 42 Millionen DM und dem Deutschlandfunk 24 Millionen DM.
Es 'ist vorhin vom Herrn Minister schon darauf hingewiesen worden, daß beim Deutschlandfunk mit' Ausnahme der Frage einer endgültigen Unterbringung die Arbeit inzwischen im großen und ganzen doch wohl abgerundet ist und wesentliche neue Projekte mit Ausnahme der Sendungen nach Skandinavien, nach England und in den französischen Raum nicht hinzukommen, während sich die Deutsche Welle nach wie vor in einem großen Aufbau befindet.

(Vorsitz: Präsident D. Dr. Gerstenmaier.)

Es ist gestern davon gesprochen worden, wie wichtig es ist, daß unsere deutsche Stimme auch im fernen Ausland, nicht nur im europäischen Ausland, wirklich zum Tragen kommt. Natürlich ist es technisch viel schwieriger, auch in Südostasien, in Südamerika oder sonstwo die deutsche Stimme immer zu Gehör zu bringen, besonders in den Fremdsprachenprogrammen. Der Aufteilungsvorschlag für die beiden Anstalten ist deshalb sehr gründlich durchdacht worden, und ich darf recht herzlich um Verständnis dafür bitten.
Wir haben mit diesen Dingen auch in einem Unterausschuß, den Kollege Ritzel leitet, zu tun. Ich habe mir als Berichterstatter die Mühe gemacht, einmal abzuwägen, wo die Bedürfnisse der einen Anstalt und wo die Bedürfnisse der anderen Anstalt liegen. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, daß der Betrag von insgesamt 5 Millionen, die gegenüber dem Erhöhungsvorschlag von 20 Millionen DM eingespart werden müssen, am besten so aufgebracht wird, wie hier vorgeschlagen wird.
Der Ergänzung halber darf ich darauf hinweisen, daß bei der Deutschen Welle zu der vorgenommenen Kürzung noch eine Sperre über 4,2 Millionen DM hinzukommt für Projekte, die erst noch im einzelnen geprüft werden müssen.
Ich bitte, dem Änderungsantrag nicht zuzustimmen und die gegenwärtige Vorlage des Einzelplans 06 auch in diesem Punkt unverändert anzunehmen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0416526100
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schwabe.

Wolfgang Schwabe (SPD):
Rede ID: ID0416526200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe die Aufgabe, einige Anmerkungen zu einem Gebiet zu machen, zu dem kein spezieller Antrag vorliegt. Es geht um die staatsbürgerliche Bildungsarbeit, von der nicht nur die Sozialdemokraten glauben, daß sie nachhaltig verstärkt werden müßte.
Ich kann mich auf den hochverehrten Herrn Bundespräsidenten beziehen, der in seiner Neujahrsansprache weite Passagen seiner Darlegungen diesem Thema gewidmet hat. Ich beziehe mich ferner
auf die Darlegungen von Herrn Erler, von Herrn Minister Höcherl und von Herrn Dr. Lohmar in der letzten Kulturdebatte. Der Herr Minister hat gesagt, daß in dem allgemeinen Bemühen um bessere Ausbildung und um mehr Bildung insbesondere die politische Bildungsarbeit verstärkt werden muß. Wir unterstreichen alle diese Ausführungen.
Zu Beginn der 50er Jahre, als man sich dieser Aufgabe erneut zu unterziehen begann, waren die Bundesrepublik und die Länder zunächst auf der Suche nach geeigneten Mitteln und Methoden. Das war gar nicht einfach. Ebenso mußte man damals überhaupt erst — und das ist das Bemerkenswerte — die „Kundschaft" suchen, man mußte den einzelnen interessieren, man mußte die Mittler, die Multiplikatoren, man mußte die Gruppen suchen, die sich mit diesen Fragen befaßten. Das ist inzwischen mit großem Erfolg geschehen.
In welcher Situation sind wir heute? Wir haben einen großen Bedarf; aber wir haben einfach zu wenig Geld für diese Dinge. Dieser Zustand ist geradezu beschämend. In der gestrigen außenpolitischen Debatte haben wir einmal mehr gespürt, wie notwendig es ist, daß in unserer deutschen Bevölkerung das Mitverständnis, nicht nur ein emotionales Mitgehen bei dieser oder jener Sache, sondern ein echtes Mitverständnis gefördert wird. Ohne die seitherige Arbeit der Einrichtungen für die politische Bildung in Deutschland könnte man wahrscheinlich dem deutschen Volk in dieser Zeit nicht das Maß von Verständnis, etwa in der Israel- Frage, überhaupt abverlangen. Das sind nämlich Fragen, bei denen man über das Emotionale hinweg den Verstand und das Einfühlen, eben das Lernen, das Sich-damit-Beschäftigen voraussetzen muß.
Es ist also sehr viel mehr zu tun. Aber das Geld muß auch gut angelegt werden. Es ist schwierig, den kleinen Beitrag, der hier zur Verfügung steht, in eine Relation etwa zur echten Verteidigung zu bringen. Wir nennen unsere Arbeit ja die „geistige Verteidigung". Das Verhältnis auszurechnen wäre einfach lächerlich.
Natürlich beobachten wir mit gewissem Kummer, daß andere Beträge trotz der Finanzmisere mit sehr leichter Hand bewilligt werden. Sie, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, haben mit einer Handbewegung 5 Millionen DM zur Aufklärung über die sozialen Investitionen bereitgestellt.

(Zuruf von der Mitte: Das liegt doch auch in Ihrem Interesse!)

Warum lassen Sie nicht unsere gemeinsame Stelle der politischen Unterrichtungsarbeit solche Gelder anlegen; warum geben Sie dieses Geld in eine mehr werbende, ja, man muß schon sagen, propagandistische Richtung? Das sehen wir nicht ein.
Wir haben — wenn Sie mir erlauben, ein anderes Beispiel anzuführen — vor wenigen Tagen großzügig, sehr rasch und ein bißchen summarisch in diesem Hause ein Gymnasiastengehalt von 480 DM beschlossen — summarisch, sage ich. Wenn Sie diesem Betrag die ganzen 20 Pf, die pro Kopf im Jahr für die politische Bildungsarbeit der Bevölkerung ausgegeben werden, entgegenstellen, so ist das ein



Schwabe
Mißverhältnis. Das soll nicht bedeuten, daß wir nicht die Ausbildungsförderung verstehen und bejahen. Es kam mir darauf an, die Relationen aufzuzeigen.
Die Notwendigkeiten sind bei der Sozialdemokratischen Partei erkannt — nicht nur erkannt und bejaht, sondern auch praktiziert.

(Beifall bei der SPD.)

Wir geben aus unseren Geldern, aus den vorhin wieder genannten Parteigeldern sofort, entschlossen und gut gestreut erhebliche Mittel an alle, die sich weiterbilden wollen, — in Lehrgängen, mit Büchern usw. —, an alle, die sich der Demokratie überhaupt zu widmen und in ihr mitzuarbeiten bereit sind.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich anerkennen, daß unsere Fraktion mit der Arbeit der Bundeszentrale für politische Bildung zufrieden ist; nicht zufrieden sind wir mit ihrer Ausstattung. Man kann mit wenigen Worten sagen, wo es zunächst fehlt. Es reiht sich an das an, was ich eben sagte: Obwohl z. B. ein riesengroßes Buchangebot da ist, können wir auch sehr wichtige Dinge, die nichts mit irgendwelcher raschen Geschäftemacherei zu tun haben, nicht aufnehmen, weil keine Mittel da sind. — Wir hören weiter: Die einzigen direkten Klagen über das Haus bemängeln, daß die Verteilung, der Versand, die Zuwendungen der angeforderten Publikationen, Bücher, Broschüren usw. zu langsam und nicht in genügendem Umfange vonstatten gehen. In dieser Beziehung wollen wir das Haus unterstützen, weil die Angestellten, die dort tätig sind, jetzt schon eine riesengroße Arbeit zu leisten haben. Sie müssen Hilfe bekommen, und wir wollen sie auch leisten. Dabei mache ich mich zum Sprecher all der vielen Organisationen, die draußen zusammen mit der Bundeszentrale politische Bildungsarbeit betreiben. Wir wollen weiter, daß der allgemeinen Teuerung entsprechend die Sätze, die für diese Veranstaltungen gelten, in das rechte Maß — nicht übermäßig hoch, aber in das rechte Maß — gebracht werden.
Besonders aber — und da möchte ich Sie, meine Kolleginnen und Kollegen, alle persönlich ansprechen — wollen wir die Linie weiter verfolgen, die durch unsere Initiative mitgefunden wurde; daß wir nämlich die Darstellung des politischen Lebens mehr auf dieses Hohe Haus projizieren. Es kommt nicht nur darauf an, immer Kanzler- und Regierungspropaganda und meinetwegen auch Aufklärung zu treiben. Gerade durch die Institution des Parlaments und seiner Arbeit unterscheiden wir uns ja von anderen Regierungsformen. Ich darf sagen, daß wir für die Ausstellung dankbar sind, die nun auch den ausländischen Besuchern das Bemühen in Deutschland zeigt. Wir sind dankbar für die Maternseite, die nach hessischem Muster — worauf ich besonders stolz bin — eingeführt worden ist; die Maternseite wird, wie Sie sicher aus Ihrer Heimat wissen, in ungezählten Zeitungen zur Berichterstattung über den Bundestag verwendet. Wir beklagen andererseits, daß für die Führungen durch dieses Haus — das geht allerdings auch den Einzelplan des Bundestages an — nicht genügend Aufklärungs- und Informationsmaterial zur Verfügung steht. Das sind doch wirklich nur bescheidene Dinge.
Wir haben schließlich auch noch ein Wort zu der Zeitung „Das Parlament" zu sagen. Als ich in diesen Tagen mit Kollegen darüber sprach, da hieß es: Ja, erscheint denn die nicht unter Ausschluß der öffentlichkeit? Das Wort ist bei einer HunderttausenderAuflage beinahe angebracht. Aber überdenken wir das doch einmal mit kühlem Verstand: Hier wird eine gute Zeitung gemacht; ihr Umfang und das periodische Erscheinen liegen fest, denn es ist auch eine Verkaufszeitung. Ich glaube, daß nicht viele von uns wissen, daß allein eine halbe Million aus dem Umsatz des „Parlaments" — ein bescheidener, aber doch bemerkenswerter Betrag — hereinkommt. Also Umfang und wöchentliches Erscheinen liegen fest, der Redaktionsstab muß dementsprechend auch festliegen. Wenn aber nicht genug Geld da ist, dann geschieht folgendes: dann spart man am billigsten, nämlich am Fortdruck. Diese Zeitung hier wäre es wert, in mehreren Hunderttausend Exemplaren den Verbänden und interessierten Stellen zur Verfügung gestellt zu werden, die sie haben möchten.
Vielleicht haben Sie vor 14 Tagen im Fernsehen gehört, wie die politischen Bildungseinrichtungen darüber geklagt haben, daß sie derartiges Material einfach nicht in genügendem Umfange bekommen. Auch das, glaubten wir, sollte heute zumindest im Hinblick auf die kommende Entwicklung 'dargelegt werden.
Hochverehrter Herr Minister Höcherl, als um die Jahreswende 1961/62 aus Ihrem Haus einiges herausgenommen wurde, als man damals Wissenschaft und Gesundheit in eigenständige Ministerien verlagerte, haben Sie uns gegenüber — verständlicherweise und berechtigt — so etwas wie einen Schwur geleistet, daß Sie sich jetzt keines Ihrer Kinder mehr rauben lassen wollten. Wir appellieren an Sie: Sie sollen das Kind behalten; aber wir wollen gemeinsam helfen, .daß dieses für die Demokratie so wichtige Kind auch wirklich gepflegt und gestärkt wird.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0416526300
Herr Abgeordneter Althammer!

Dr. Walter Althammer (CSU):
Rede ID: ID0416526400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich .darf zunächst feststellen, daß kein Antrag vorliegt. Auch bei den Ausschußberatungen hat die SPD zu diesem Punkt keinen Antrag auf Erhöhung gestellt. Deshalb bin ich eigentlich etwas befremdet darüber, daß jetzt, nachdem die ;allgemeine Aussprache längst abgeschlossen ist, diese Sache ohne konkreten Anlaß noch einmal angesprochen wird. Wenn aber generell dazu etwas gesagt werden soll, kann auch von unserer Seite bestätigt werden, daß die Wichtigkeit dieser Arbeit voll erkannt und eingesehen wird; wir können mit dieser Arbeit sicherlich zufrieden sein.
Ich darf darauf hinweisen, daß wir im Haushalt 1965 die Mittel für den Sachverständigenbeirat von Professoren erhöht haben, der eine Ausweitung und Verbesserung der Arbeit in die Wege leiten und



Dr. Althammer
Grundsätze erarbeiten soll, wie diese Arbeit noch
verbessert werden kann. Es ist also ganz klar er-
kennbar, daß in der Richtung etwas geschehen soll.
Zu den Ausführungen, die das „Parlament" betrafen, darf ich sagen, daß diese Zeitschrift in einem großen Umfange unentgeltlich — z. B. an Lehrkräfte — geliefert wird. Man kann also nicht sagen, daß die Zeitschrift nicht in ausreichendem Maße verbreitet werde. Ich persönlich 'bin vor einiger Zeit einmal angesprochen worden, weil von gewisser Seite — das betraf damals das Familienministerium — eine Kürzung der Mittel für die kostenfreie Auslieferung des „Parlaments" vorgesehen war. Ich habe mich sofort dafür eingesetzt, daß dieser Kürzungsvorschlag zurückgezogen und das „Parlament" wie bisher auch an die Vorsitzenden von Jugendverbänden und Jugendarbeitsgemeinschaften kostenfrei geliefert wird. Wir sind also in der Sache einig.
Ich darf 'festhalten: durch Erhöhung der Mittel für den Sachverständigenbeirat der Professoren haben wir ganz klar bekundet, daß wir für die Zukunft eine Verstärkung und Ausweitung dieser Arbeit, die sehr wertvoll ist, wünschen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0416526500
Ich gebe dem Herrn Abgeordneten Moersch zu Umdruck 5751 das Wort.

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0416526600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Kollegen von der CDU-Fraktion
haben vorhin moniert, daß ein Antrag von uns nicht gestellt worden sei, wie ich es hier vorgetragen habe. Ich möchte das Versäumte nachholen und Sie um Entschuldigung bitten, daß das erst jetzt in der Sitzung geschieht. Wir beantragen:
In Kap. 06 02 Tit. 987 werden die Erläuterungen
über die Aufteilung der Mittel gestrichen.
Der Haushaltsausschuß wird beauftragt, eine endgültige Festlegung nach erneuter Prüfung vorzunehmen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0416526700
Sie haben den Änderungsantrag gehört. Ich lasse ihn verteilen; die Abstimmung wird aber dadurch wahrscheinlich nicht aufgehalten.
Zu dem Änderungsantrag Umdruck 566 **) — Einzelplan 36 — hat Frau Abgeordnete Renger das Wort.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0416526800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor einiger Zeit sagte der Herr Bundesinnenminister auf dem Verteidigungspolitischen Kongreß der CSU in Nürnberg:
Vorsorge zum Schutz der Zivilbevölkerung in Notzeiten ist ein Gebot der Menschlichkeit. Wer diese Vorsorge ablehnt oder gar bekämpft, versündigt sich an seinen Mitmenschen.
*) Siehe Anlage 4 **) Siehe Anlage 5

(' Worte. Der Herr Bundeskanzler sagte 1964 auf dem Helfertag in Hamburg: Die Bundesregierung ist sich ihrer großen Verantwortung auch auf diesem Gebiet bewußt. Mit großem Ernst und mit ebenso großer Nüchternheit wird sie fortfahren, das in ihren Kräften Stehende zu tun. (Abg. Schmitt-Vockenhausen: Die Regierung ist aber kraftlos!)

— Ja, was kann man tun? Dann muß man sie ablösen.
Die Haushaltsansätze beim Einzelplan 36 zeigen eine ständige Abwärtsentwicklung. Das ist kein Fortfahren, wie der Herr Bundeskanzler angekündigt hat. In der Zeit von 1962 bis 1964 sind etwa 450 Millionen DM nicht ausgegeben bzw. gekürzt worden. Das ist keine gute Haushaltspolitik. Wir haben schon bei früherer Gelegenheit gesagt, daß man die Ansätze nicht deswegen kürzen kann, weil Haushaltsreste entstanden sind. Schließlich sind die Haushaltsreste nicht etwa deshalb entstanden, weil das Parlament zuviel beantragt hat, sondern deshalb, weil die Bundesregierung nicht fähig war, die bewilligten Mittel richtig auszugeben.

(Zustimmung bei der SPD.)

Man sollte auch nicht immer wiederholen, daß sich zu Beginn eines Programms wie des Programms des zivilen Bevölkerungsschutzes zwangsläufig Haushaltsreste ergäben. Dieser Beginn zieht sich schon über so viele Jahre hin, daß man von Anfangsschwierigkeiten nicht mehr sprechen kann. Inzwischen müßten die entsprechenden Erfahrungen vorhanden sein.
Im übrigen ist es stets so gewesen: als es sich darum handelte, bei der militärischen Verteidigung etwa nach demselben Prinzip zu verfahren, weil sich dort Haushaltsreste ergeben hatten, hat man das nie getan, sondern man hat trotz der Haushaltsreste ständig und in jedem Jahr die Ansätze erhöht. Ich muß auch da wieder zu dem Schluß kommen, daß die Bekundung der Bundesregierung, die Zivilverteidigung sei so wichtig, daß sonst die militärische Verteidigung nicht funktionieren könne, nur auf dem Papier steht. Auf jeden Fall muß man den Eindruck gewinnen, daß den Bemühungen der Bundesregierung jede Überzeugunskraft fehlt.
Es fehlt mir die Zeit — und sicher auch die Aufmerksamkeit des Hauses —, hier den ganzen Einzelplan 36 kritisch zu durchleuchten. Das ist für einen einzelnen Abgeordneten auch außerordentlich schwierig. Würde ich das tun, müßte ich sehr vieles sagen über die ständig wechselnde Aufstellung der Kosten, über die fehlende Planung und Koordinierung, was an dieser Stelle in den vergangenen Jahren ausreichend geschehen ist. Lassen Sie mich deshalb nur zu zwei Titeln Stellung nehmen, aus denen die Handhabung der Zivilverteidigung durch das Innenministerium mit ihrer Fehlplanung und mangelnden Aktivität sichtbar hervorgeht.



Frau Renger
Es handelt sich um den Tit. 714: Instandsetzung von Schutzbunkern. Dieser Titel wurde von 34,5 Millionen auf 19,5 Millionen DM gekürzt. Von diesen 19,5 Millionen DM werden noch 20 % Baustoppkürzung abgehen. Dazu kommt die allgemeine Haushaltskürzung. Die Haushaltswirklichkeit liegt also bei 15,6 Millionen DM.

(Abg. Dr. Conring: Stimmt nicht! Die Sperre ist doch nicht gleich Kürzung!)

— Bei diesem Titel handelt es sich um das Bunkerinstandsetzungsprogramm, das seit 1955 läuft.
Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen einmal vor Augen halten: Für die Instandsetzung sind 1200 Bunker vorgesehen. Von diesen sind seit 1955 nach einer Meldung des Bonner Generalanzeigers 5 Bunker instandgesetzt worden. Durch .die Initiative einiger Länder sind noch einige hinzugekommen. Ich meine, das ist doch wohl reichlich wenig.

(Zustimmung bei der SPD.)

Zur Zeit laufen bei etwa 34 Bunkern Instandsetzungsarbeiten. Um die Bauarbeiten zu Ende führen zu können, würden für dieses Haushaltsjahr meines Wissens etwa 31,5 Milliö — — Millionen benötigt.

(Zurufe von der Mitte: Milliönchen!)

— Meine Herren, jetzt ist wirklich keine Gelegenheit, sich hier zu amüsieren, wenn sich ein Redner
verspricht; dazu ist das Thema wohl etwas zu ernst.

(Beifall bei der SPD.)

Meine Damen und Herren, was nach der Kürzung im Haushalt angesetzt ist, reicht für diesen Zweck nicht aus. Die Folge wäre, daß bei dieser geringen Mittelbewilligung Baustellen stillgelegt werden müßten, für die bereits erhebliche Gelder investiert worden sind, die dann aber nahezu nutzlos vertan worden wären. Selbstverständlich wäre aber überhaupt nicht daran zu denken, daß in diesem Jahr weitere 'bereits geplante Projekte in Angriff genommen werden könnten. Das ist wiederum nicht der Fortschritt, den uns die Bundesregierung versprochen hat.
Um die bereits verbauten Mittel nicht durch notwendige Stillegungen verlorengehen zu lassen und um die begonnenen Planungen weiterführen zu können, beantragt meine Fraktion, den Tit. 714 wieder auf die Höhe der Regierungsvorlage anzuheben. Es wäre sehr schön, wenn Sie sich dazu verstehen könnten, diesem Antrag zuzustimmen.
Die Mittel dazu könnten vielleicht aus dem Tit. 950 — Beschaffung von Luftschutzgerät — umgeschichtet werden, wenn man das auch sehr ungern tut. Die Haushaltsreste betrugen bei diesem Titel im vergangenen Jahr 27 Millionen DM plus 13 Millionen DM, die für andere Zwecke ausgegeben worden sind, also insgesamt 40 Millionen DM. Im Haushaltsausschuß wurde dieser Titel von 99 'auf 76 Millionen DM gekürzt. Trotzdem erscheint uns hier eine weitere Kürzung noch eher gerechtfertigt als bei den wenigen baulichen Maßnahmen, weil wir es für vernünftiger halten, in diesem Jahr etwas weniger an Gerät anzuschaffen, für das oftmals überhaupt
keine Räume vorhanden sind und für das auch kein Personal vorhanden ist, statt etwa bereits im Bau befindliche Bauten stillegen zu müssen.
Zu Tit. 609 — öffentliche Schutzräume in Verbindung mit Mehrzweckbauten — möchte meine Fraktion ebenfalls einen Änderungsantrag stellen. Hier sind meines Wissens zur Zeit 17 Objekte im Bau, für die etwa 40 Millionen DM benötigt werden. Im Haushalt stehen aber nur 30,6 Millionen DM zur Verfügung. Es handelt sich bei diesem Titel um Zusagen, die die Bundesregierung bereits für das Jahr 1965 einzelnen großen Städten gemacht hat, die den Bau von öffentlichen Schutzräumen in Verbindung mit Mehrzweckbauten wie Warenhäuser, Tiefgaragen usw. vorgesehen haben.
Meine Damen und Herren, würden hier nicht die dringend erforderlichen 40 Millionen DM 'bewilligt, würde das bedeuten, daß an wichtigen Ballungspunkten von sieben Großstädten die Chance für absehbare Zeit verlorenginge, wieder Mehrzweckbauten gleich auch als Schutzräume zu nutzen. Ich bitte Sie deshalb sehr herzlich, diesem Umschichtungsantrag zuzustimmen; denn auch hierfür schlage ich vor, die Mittel aus dem Tit. 950 zu nehmen.
In dem Jahresbericht der Bundesregierung mit dem sehr stolzen Titel „Leistung und Erfolg" findet man Zahlen z. B. über die Bevorratung von Lebensmitteln, Arzneimitteln usw. Das ist wohllöblich. Allerdings ist es relativ leicht, diese Dinge zu organisieren. Aber unsere Kritik muß dort einsetzen, wo es einer gewissen Kunst bedurft hätte, wirkliche Leistungen seitens der Bundesregierung hervorzubringen: u. a. beim baulichen Bevölkerungsschutz, bei der Aufstellung der Hilfsdienste, bei dem Instandsetzungsprogramm der Bundesregierung. Ich möchte nur darauf hinweisen, daß auch von den Mehrzweckbauten bisher nur drei fertiggestellt worden sind und daß auf anderen Gebieten wirkliche Schutzmaßnahmen nicht vorhanden sind; daß es nach wie vor an einer kostenmäßigen und zeitlichen Gesamtplanung fehlt und daß das vorliegende Zahlenmaterial ständig unzureichend ist, wie uns z. B. auch das Hearing kürzlich gezeigt hat.
Dafür aber haben wir eine Überorganisation in den Hilfsorganisationen und bei den Instanzenwegen. Vielleicht darf ich Sie darauf hinweisen, daß es nicht mehr erträglich ist, wieviele Ministerien eingeschaltet werden müssen, wenn es sich um bauliche Maßnahmen handelt. Das läuft über vier Instanzen vom Bundesinnenministerium, das plant, vom Bundeswohnungsbauministerium, das die Richtlinien erläßt, über das Bundesschatzministerium und die Finanzdirektionen bis zum Finanzministerium. Wenn alle Unterlagen zusammen sind, ist meist schon wieder ein Jahr vorbei. Man sollte sich überlegen, ob man in Anbetracht des kommenden Schutzraumbaus nicht eine gleiche Regelung treffen könnte wie bei der militärischen Verteidigung, nämlich daß auch beim Innenministerium für diese Aufgabe eine eigene Bauverwaltung eingesetzt wird; das ist eine ganz persönliche Überlegung.
Meine Damen und Herren, das Bulletin der Bundesregierung vom 26. Januar 1965 sagt: „Die Zivil-



Frau Renger
verteidigung bedarf ebenso wie die militärische Verteidigung langfristiger Planung". In diesem Haushalt ist wiederum nichts vorgesehen für das Selbstschutzgesetz, das Erkennungsmarkengesetz, Zivilschutzkorps, Schutzraumgesetz usw. Es ist also praktisch wieder ein Jahr vertan, obwohl die Gesetze in den nächsten Wochen verabschiedet werden.
Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hat seit 1954 die Bundesregierung unter den beiden Kanzlern zur Aktivität gedrängt. Der nächsten Regierung, meine Damen und Herren, wird eine sehr schwere Hypothek hinterlassen. Es tut mir außerordentlich leid, daß ich auch dem Herrn Minister, der zu Anfang seiner Tätigkeit als Innenminister die gute Absicht gehabt hat, dieses Problem schneller voranzutreiben, nicht das Zeugnis ausstellen kann, daß er sich in seiner Regierung hat durchsetzen können mit der Folge, daß wir leider nur sehr wenig an Erfolgen hier aufzuzeigen haben.
Versucht man, die vielen schönen Äußerungen der Bundesregierung über die Notwendigkeit des Zivilschutzes einerseits und die von ihr im Haushaltsplan dafür eingesetzten Mittel andererseits auf einen Nenner zu bringen, so lautet das Ergebnis: Der Wortaufwand wird immer größer, die entsprechenden Zahlen im Haushalt immer kleiner. Auf diese Sachlage trifft wunderbar der alte Schäferspruch zu: „Viel Geschrei und wenig Wolle"!
Die Beschränkung auf diese beiden Anträge —das möchte ich noch hinzufügen, meine Damen und Herren — erfolgt deshalb, weil die Erfahrung gezeigt hat, daß von dieser Mehrheit des Hauses sowieso alles, was von der Opposition kommt, albgelehnt wird, wir aber die Hoffnung nicht aufgegeben haben, daß wenigstens die Umschichtungsanträge, die Sie ja nichts kosten, Ihre Zustimmung finden. Ich bitte besonders den Herrn Bundesinnenminister, sich bei seiner Fraktion für eine Befürwortung dieser unserer Anträge einzusetzen.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0416526900
Das Wort hat der Bundesinnenminister.

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0416527000
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf mich zunächst auf die von Frau Kollegin Renger begründeten Umschichtungsanträge beschränken. So sympatisch mir der Inhalt ist und so sehr ich zustimmen möchte, so wenig läßt sich die Absicht verwirklichen, und zwar aus einem ganz einfachen Grunde. Die Umschichtung soll zu Lasten der Mittel für die Ausrüstung des Luftschutzhilfsdienstes, nämlich in Tit. 950, geschehen. In diesem Bereich sind wir rechtliche Verpflichtungen in Höhe von 105 Millionen DM eingegangen. Die Notwendigkeit ihrer Abdeckung macht eine solche Umschichtung unmöglich. 76 Millionen DM brauchen wir aus der Position dieses Haushalts, 29 Millionen DM werden aus den Resten zu decken sein. Die gute Absicht kann also nicht verwirklicht werden.
Nun zu den allgemeinen Ausführungen, die hier vorgetragen worden sind und die in eine Kritik sowohl an der Koalition wie an dem federführenden Ressort mündeten. Ich glaube, wir sollten, bevor wir immer eine Negativliste aufstellen, auch einmal die positiven Seiten betrachten und insgesamt sehen: Was ist in den letzten vier Jahren — um diesen Zeitraum geht es zunächst —, in den Jahren 1962 bis 1964 und bis in 1965 hinein, eigentlich alles entstanden?
Es trifft zu, daß es Minderausgaben gegeben hat. Die Rechnung aber, die von der Opposition aufgemacht wird, übersieht einen Posten, und zwar die allgemeinen Kürzungen, denen der Haushalt in diesen Jahren jeweils unterlag. Diese Differenz muß abgezogen werden.

(Abg. Schmitt-Vockenhausen: Herr Minister, wir hatten damals beantragt, daß der Zivilschutz von den allgemeinen Kürzungen ausgenommen werden sollte!)

— Ja, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, ich habe mich über die Unterstützung, die ich von Ihrer Seite erfahre, nicht zu beklagen. Aber es gibt höhere Gesichtspunkte; das sind die Haushaltsbegrenzung und die Rücksichtnahme auf den Ablauf der Konjunktur und auf die Steuerungsfunktion, die von einem so großen Haushalt, vor allem im baulichen Bereich, auf die Konjunktur ausgeht.
Wir müssen also die Summe von 500 Millionen DM um den Betrag kürzen, der kassenmäßig wirklich nicht zur Verfügung stand. Wir können insgesamt sagen, daß die Minderausgaben von 1962 bis 1964 450 Millionen DM betragen haben.
Die Reste sind in erster Linie bei den Bautiteln und den Beschaffungstiteln entstanden. Für die Entstehung dieser Reste gibt es eine ganze Reihe von Gründen. Einmal gab es bei den baulichen Maßnahmen erhebliche Anlaufschwierigkeiten. Es handelt sich um ein ganz neues Gebiet, das auch in der Planung und Vorbereitung und in der Auswertung der Erfahrungen besondere Schwierigkeiten brachte. Es stand, wie in allen Bereichen, bei dem leergefegten Arbeitsmarkt nicht das technische Personal — bei dem es einen besonderen Engpaß gibt — bei den Verwaltungen zur Verfügung. Nicht zuletzt sei auch auf die Schwierigkeiten bei den Lieferfirmen hingewiesen. Die Lieferfirmen sind in erster Linie dann bereit, sich auf etwas Neues einzulassen, wenn sie eine gesicherte und ordentliche Basis für die Zukunft haben. Solange aber gesetzliche Maßnahmen nicht vorliegen und eine gewisse Unsicherheit über das Ausmaß, die Gestaltung und die wirklichen Absichten herrscht, ist es sehr schwer, mit den Lieferfirmen Vereinbarungen abzuschließen und eine Risikoübernahme zu erreichen. Die Personalschwierigkeiten habe ich schon angeführt.
Ich bin sehr dankbar, daß durch die derzeitige Beratungssituation im Innenausschuß unsere gesetzgeberischen Absichten eine Förderung erfahren haben, die in den letzten Wochen geradezu erstaunlich ist, und daß wir erwarten können, in wenigen Monaten eine gesetzliche Regelung zu haben. Wenn diese vorliegt, wird, davon bin ich überzeugt, die



Bundesminister Höcherl
Wirtschaft von diesen Daten Kenntnis nehmen und sich auch mehr hierauf einstellen, als das bisher der Fall war.
Insgesamt gesehen ist es aber vielleicht doch richtig, nun die positive Seite etwas zu beleuchten. Neben den Dingen, die aus den von mir dargelegten Gründen nicht vollendet werden konnten, ist doch in den letzten vier Jahren sehr viel 'geschehen. Insgesamt wurden 1103 Millionen DM für diesen Sektor ausgegeben, und zwar 802 Millionen DM beim Einzelplan 36 Kap. 04 und 299 Millionen DM beim Einzelplan 06 Kap. 19.
An die Spitze möchte ich etwas stellen, was von großer Bedeutung ist. Sie alle kennen die psychologische Hypothek, mit der diese Aufgaben aus der Vergangenheit belastet waren. Wir haben einen ähnlichen Vorgang im Bereich der Bundeswehr gehabt, wir treffen ihn wieder im 'Bereich der zivilen Verteidigung. Es kam und kommt also entscheidend darauf an, die Öffentlichkeit mit den Absichten und mit dem unlösbaren Zusammenhang zwischen ziviler und militärischer Verteidigung stärker vertraut zu machen. Das ist in großen Aktionen geschehen, die im engsten Einvernehmen mit dem Hohen Hause, vor allem mit dem Innenausschuß, der allen diesen Vorhaben sehr wohlwollend gegenübersteht, durchgeführt wurden.
Wir hatten in den Jahren 1961/62 die bekannte Broschüre vorgelegt, die Kritik gefunden hat. Wir haben im Jahre 1963 in der Evangelischen Akademie in Bad Boll eine in der Presse sehr weit beachtete große Diskussion mit sehr prominenter Beteiligung durchgeführt. Wir haben eine D-Zug-Ausstellung veranstaltet, die 670 000 Besucher aufzuweisen hatte und die breitestes Interesse in der Öffentlichkeit fand. Die Presse war sehr bereit, auf die dort gezeigten Möglichkeiten zu reagieren. Im Jahre 1964 gab es eine zweite große, bedeutsame Diskussion in der Evangelischen Akademie in Bad Boll, ebenfalls mit bedeutender Beteiligung. Dann kam der Helfertag im Mai, bei dem Bundeskanzler Erhard vor 12 000 ausländischen und inländischen freiwilligen Helfern sprach. Schließlich ist die Zivilschutzfibel zu erwähnen, die gegen Ende 1964 in 19 Millionen Exemplaren verteilt wurde und durchweg ein sehr positives Echo ausgelöst hat.
Wir haben auch Befragungen durchgeführt, um uns zu überzeugen, wie weit diese Gedanken nun durchgedrungen sind. Dabei konnten wir feststellen, daß über 80'% der Bevölkerung Zivilverteidigungsmaßnahmen bejahen und daß — was ich als eine 'besonders günstige Zahl ansehe — über 90% zur Nachbarschaftshilfe im Bereich .der zivilen Verteidigung bereit sind.
Darf ich noch einige Sachgebiete herausgreifen. Beim Warn- und Alarmdienst ist der Stand so, daß wir von den zehn vorgesehenen Warnämtern heute schon sieben verbunkert haben und daß die Schutzbauten für die letzten drei unmittelbar vor der Fertigstellung stehen. Die Sireneneinrichtungen sind zu einem großen Teil, nämlich in Höhe von 45 000 elektrischen Sirenen und 90 Preßluftsirenen, bereits montiert und aufgestellt. Eine ähnlich günstige Lage haben wir bei den Leitmeßstellen zu verzeichnen.
Auch im baulichen Luftschutz, in dem zweifellos noch große Lücken vorhanden sind, gibt es schon positive Daten. Wir haben nach längeren Anlaufschwierigkeiten, vor allem auch bautechnischer Art, vier Großbunker mit 8000 Schutzplätzen fertiggestellt. 24 weitere mit jeweils 2000 Schutzplätzen stehen vor der Fertigstellung. In einem Programm zur sofortigen vorläufigen Benutzbarmachung vorhandener öffentlicher Schutzräume sind 281 000 Schutzplätze geschaffen worden. Weiter 'sind 'sechs Mehrzweckbauten mit 12 000 Schutzplätzen im Rohbau erstellt, und elf weitere sind im Bau.
Im Selbstschutzbereich, der durch eine Ausschußvorlage praktisch schon einer baldigen gesetzlichen Regelung entgegensieht, konnten wir die Zahl der geworbenen 'Helfer im Selbstschutz von 160 000 im Jahre 1961 auf über 300 000 im Jahre 1964 erhöhen — ein Beweis für den Idealismus und die Begeisterungsfähigkeit der Menschen und auch ein gutes Ergebnis der Aufklärung. In dieser Legislaturperiode konnte darüber hinaus mit der Aufstellung und Ausrüstung von rund 1000 Selbstschutzzügen in den Städten der Bundesrepublik begonnen werden. Das ist eine Zahl, die auch für zivile Katastrophen von größter Bedeutung ist.
Der Hilfsdienst hatte im Jahre 1961 ,17 000 freiwillige Helfer. Mit der Aufstellung des örtlichen Luftschutzhilfsdienstes war noch nicht begonnen; die 17 000 Helfer standen für den überörtlichen Luftschutzhilfsdienst bereit. In der Zwischenzeit konnten für den überörtlichen Luftschutzhilfsdienst über 35 000 weitere Freiwillige erfaßt und zum großen Teil auch 'bereits ausgebildet werden. Die letzte Meldung vom April 1964 lautet auf 50 000 ausgebildete freiwillige Helfer. Mit dieser Helferzahl und der bereits beschafften Ausrüstung konnten etwa 550 Einheiten und 'Einrichtungen — Abschnittsbefehlsstellen usw. — im überörtlichen Luftschutzhilfsdienst aufgestellt werden.
Bei der in den Jahren 1952/53 begonnenen Aufstellung des örtlichen Luftschutzhilfsdienstes konnten ebenfalls schon über 15 000 'freiwillige Helfer — Stand vom April 1964: rund 11 000 — gewonnen werden. 'Die Zahl der aufgestellten Einheiten und Einrichtungen liegt bei 250.
Besonders bedeutungsvoll und erfolgreich waren die Bevorratungsaktion im Gesundheitswesen und die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung. . Die schon bald nach dem Inkrafttreten des 1. ZBG begonnene Bevorratung mit Arzneimitteln, Verbandsstoffen und ärztlichem Gerät wurde unter Einsatz erheblicher Mittel auch in den vergangenen Jahren fortgesetzt. Die eingelagerten Arzneimittel haben einen Beschaffungswert von 141 Millionen DM. Die Vergrößerung des Bestandes gegenüber 1961 beträgt 20 Millionen DM. Die Vorräte an Verbandsstoffen wurden von 28 Millionen DM im Jahre 1961 auf über 70 Millionen DM im Jahre 1964 erhöht. Die Vorräte an ärztlichem Gerät hatten im Jahre 1962 einen Wert von 9,5 Millionen DM. Inzwischen ist das Volumen auf den Wert von 77 Millionen DM erhöht worden. Schließlich wurde auch mit der Bevorratung von Blutplasma begonnen. Der bisher vorhandene Vorrat hat einen Wert von 117 Millionen DM; der



Bundesminister Höcherl
Sachverständige kann sich ausrechnen, welches Volumen diesem Wert zugrunde liegt. Für die aufgezählten Vorräte stehen 115 Lager, verteilt auf die ganze Bundesrepublik, zur Verfügung. 1961 waren es 70 Lager.
Zur Frage der Ausbildung in Erster Hilfe! 1961 waren ausgebildet: rund 24 000 Ausbilder, rund 348 000 Helfer und rund 2 122 000 Laien. Für 1964 lauten die entsprechenden Zahlen: 36 000, 453 000 und 3 755 000. Angesichts der stillen Arbeit, die in diesen Zahlen zum Ausdruck kommt, sollte man sich auch einmal zu einem positiven Bekenntnis durchringen können.
Die Ausbildung von Schwesternhelferinnen wurde stark vorangetrieben. Zur Zeit haben wir eine Ausbildungskapazität von etwa 15 000 Schwesternhelferinnen im Jahr. Die Gesamtzahl der ausgebildeten Schwesternhelferinnen liegt bei über 39 000.
Gute Fortschritte konnten bei der Herrichtung bestehender Gebäude und größerer Neubauten der öffentlichen Hand für Ausweich- und Hilfskrankenhäuser erzielt werden. 1961 war gerade mit der Erfassung geeigneter Objekte begonnen worden. Erste Planungsarbeiten waren angelaufen. Ende 1964 waren über 1200 Objekte mit rund 240 000 Betten erfaßt. Davon sind inzwischen 45 Objekte mit rund 15 000 Betten fertiggestellt. 76 Objekte mit einer Bettenkapazität von 30 000 sind im Bau begriffen, während die Planungsarbeiten für weitere 127 Objekte zum Teil vor dem Abschluß stehen.
Ich könnte noch eine ganze Reihe weiterer Zahlen vortragen. Meine Absicht war jedoch nur, durch die Anführung der Positivliste und ihre Gegenüberstellung mit der Negativliste zu beweisen, daß ohne ausreichende gesetzliche Grundlage auf der Verwaltungsbasis, getragen von dem Idealismus der vielen Freiwilligen und jetzt auch getragen von einem starken Rückhalt im allgemeinen Bewußtsein der Bevölkerung, Fortschritte erzielt werden. Ich bin überzeugt, wenn die Gesetze vorliegen und das Wohlwollen des Hohen Hauses dieser Aufgabe erhalten bleibt, werden wir sehr bald auch in der internationalen Konkurrenz im Zivilschutzbereich bestehen können. Das liegt im Interesse unserer Bevölkerung. Ich bin sehr dankbar, daß gerade diese Aufgabe ohne Streit zwischen Opposition und Koalition gemeinsam von allen politischen Kräften getragen worden ist. Ich darf mich dafür ausdrücklich bedanken.

(Beifall in der Mitte.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0416527100
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dorn.

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0416527200
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die von der SPD-Fraktion zum Einzelplan 36 vorgelegten Anträge zu den Ziffern 1, 2 und 3 sind von der Abgeordneten Frau Renger mit Argumenten begründet worden, die nach unserer Auffassung in der Sache nicht so überzeugend sind, wie sie vorgetragen wurden.
Frau Kollegin Renger, zunächst muß festgestellt werden, daß die Umschichtung, die Sie vorschlagen,
in diesem Haushaltsjahr effektiv gar nicht wirksam werden kann; denn Sie wissen genauso gut wie wir, daß im Rahmen der Bindungsermächtigungen im Tit. 950 Beträge festgelegt worden sind, die es gar nicht ermöglichen, das, was Sie vorschlagen, in diesem Haushaltsjahr zu realisieren. Deswegen werden wir dem Antrag unsere Zustimmung nicht geben können.
Ich darf hier anknüpfen an das, was der Herr Innenminister gesagt hat. Auch wir sind der Meinung, daß es gut wäre, wenn im Tit. 609 die unterirdischen Verkehrsanlagen in erhöhtem Umfang finanziert würden und im Tit. 714 das Vorabbauprogramm der Bundesregierung etwas forciert werden könnte. Aber, meine Damen und Herren, das ist eine Frage, über die wir in diesem Haushalt leider nicht so entscheiden können, wie wir uns das eigentlich vorgestellt hatten.
Lassen Sie mich deswegen vom Grundsatz her noch wenige Ausführungen zu diesem Problem machen. Die Fehlplanung der Bundesregierung, über die Sie, Frau Kollegin Renger, gesprochen haben, ist in Wirklichkeit keine Fehlplanung gewesen; denn was Sie zur Begründung dieser Fehlplanung an Erklärungen und Zahlen gegeben haben, stimmt ja in der Sache nicht. Man kann deswegen davon ausgehen, daß die Argumente, die hier vorgetragen worden sind, vielleicht aus einer ab und zu aufklingenden Oppositionsstimmung zu verstehen sind, aber in der Sache nicht überzeugen können.
Die zivile Notstandsplanung ist in den vergangenen Jahren nicht in dem Umfange realisiert worden, wie wir alle es in diesem Hause vielleicht gewünscht hätten. Ich glaube aber, wir müssen auch zugeben, daß sich die Ausschüsse dieses Hauses in den letzten Jahren sehr intensiv darum bemüht haben, die im Rahmen des Notstandspakets vorliegenden Gesetzentwürfe, die sich mit den Schutzmaßnahmen für die Zivilbevölkerung befassen, zu verabschieden.
Bitte schön, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen!

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0416527300
Herr Kollege, würden Sie mir zustimmen, wenn ich sage, daß dieses große Paket eben zu viel auf einmal war und daß es besser gewesen wäre, wenn schon in früheren Legislaturperioden Vorlagen eingebracht worden wären?

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0416527400
Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, soweit ich, der ich in früheren Legislaturperioden diesem Hause nicht angehört habe, es beurteilen kann, haben ja in früheren Legislaturperioden Gesetzentwürfe vorgelegen; nur sind sie nicht vom Parlament verabschiedet worden.

(Abg. Schmitt-Vockenhausen: Nur ein Gesetz, und das ist 1957 verabschiedet worden!)

— Aber, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, ich spreche hier von der Notstandsgesetzgebung, von dem Notstandspaket, und dieses Notstandspaket ist bald nach Beginn dieser Legislaturperiode dem Bundestag vorgelegt worden. Sie wissen genauso gut wie ich, daß wir im Innenausschuß mit der Verab-



Dorn
schiedung von fünf Gesetzen noch in dieser Legislaturperiode rechnen können. Darüber hinaus ist festzustellen, daß gerade die Probleme, die hier im Rahmen der Diskussion über den Einzelplan 36 angesprochen worden sind, in den Gesetzen, die wir im Innenausschuß verabschieden werden, geregelt sind. Das bedeutet also, daß mindestens das Problem der Schutzmaßnahmen für die Zivilbevölkerung noch in dieser Legislaturperiode gelöst wird und daß die Auswirkungen dieses Gesetzes im kommenden Haushaltsjahr in einem ganz anderen Ausmaß haushaltsmäßig verankert werden, als das bisher der Fall sein konnte.
Damit komme ich also zu dem Vorwurf, daß in den letzten Jahren zuwenig getan worden sei und daß eine ständige finanzielle Abwärtsentwicklung des Haushaltsvolumens in diesem Bereich eingetreten sei. Das muß man doch im Zusammenhang mit den Haushaltsresten sehen, die nunmehr in den einzelnen Ressorts entstanden sind. Wir sollten uns auch nicht unbedingt mehr vornehmen, als in diesem Haushaltsjahr finanziell noch zu verkraften ist. Dazu muß gesagt werden, daß auch wir Freien Demokraten der Auffassung sind, daß die zivile Verteidigung und die militärische Verteidigung als ein Ganzes angesehen werden müssen und daß diese militärische und zivile Verteidigung, wenn wir sie als Ganzes betrachten, auch haushaltsmäßig als ein Ganzes gesehen werden muß. Daraus werden sich mit Sicherheit im nächsten Haushaltsjahr zwangsläufig erhebliche Veränderungen ergeben. Das wird auch bedeuten, daß die Regelung der Bestimmungen, die wir im Schutzbaugesetz in dieser Legislaturperiode verabschieden werden, zwangsläufig auch haushaltsmäßig sichtbare Auswirkungen zur Folge haben wird. Wenn wir das aber vorhaben, ist es meiner Meinung nach nicht sinnvoll, für dieses Haushaltsjahr, für das die gesetzlichen Voraussetzungen der Durchführung der Schutzbaumaßnahmen noch nicht so sichtbar geworden sind, als der Haushaltsplan im vergangenen Jahr vorgelegt wurde, hier noch etwas zusätzlich zu tun, zumal der Deckungsvorschlag, der von der SPD-Fraktion gemacht worden ist, in der Sache nicht überzeugend ist.
Nun lassen Sie mich noch ein letztes Wort zu dem Vorschlag der Frau Kollegin Renger sagen, eine eigene Bauverwaltung im Innenministerium aufzubauen. Sie ist der Auffassung, daß man damit manche Kompetenzschwierigkeiten beseitigen könnte. Ich bin nicht der Meinung, daß wir damit eine glückliche Entscheidung treffen würden; denn wenn wir so fortfahren, daß ein jedes Haus, das Baumaßnahmen durchführt und Mittel für die Durchführung von Baumaßnahmen in seinem Haushaltsplan verankert hat, eine eigene Bauverwaltung aufzieht, wie das hier anscheinend angestrebt wird, dann werden wir mit Sicherheit noch viel mehr Schwierigkeiten und ein größeres Durcheinander in der Gesamtplanung der öffentlichen Bauten durch die öffentliche Hand haben.
Ich meine also, daß die von Frau Kollegin Renger befürchtete Stillegung von Baustellen in diesem Haushaltsjahr mit Sicherheit nicht eintreten kann. Wir haben uns im Innenausschuß — leider in Ihrer Abwesenheit, Frau Kollegin Renger — darüber unterhalten, welche Möglichkeiten noch bestehen, die notwendigen Maßnahmen im Vorabprogramm der Bundesregierung für das Bunkerbauprogramm noch durchzuführen. Wir haben feststellen können, daß die Planungen, die hier angestrebt sind, und die Vorstellungen, die uns von der Bundesregierung vorgetragen worden sind, in diesem Jahr durchaus noch realisiert werden können.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0416527500
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0416527600
Bitte schön.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0416527700
Frau Abgeordnete Renger!

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0416527800
Ich habe nur eine Frage. Würden Sie mir sagen, Herr Kollege, woher Sie die Mittel nehmen werden, um diese Baustillegungen zu verhindern, nachdem Sie diesen Titel gekürzt haben?

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0416527900
Frau Kollegin Renger, wir werden mit den Mitteln, die im Haushaltsplan für das Vorabbauprogramm der Bundesregierung und für die Instandsetzungsmaßnahmen vorhanden sind, die in diesem Jahr noch anstehenden Probleme auf diesem Sektor regeln können, ohne zusätzliche finanzielle Hilfen in Anspruch nehmen zu müssen; denn die Auswirkungen 'des Schutzbaugesetzes werden erst in den nächsten Haushaltsjahren ihre haushaltsplanmäßige Verankerung finden können. Ich bin sicher, daß sich die Bundesregierung nicht die Blöße geben wird, daß irgendwelche Bauten zum Schutze der Bevölkerung in diesem Jahr stillgelegt werden müssen, wie Sie das hier vortragen. Wir alle sollten vielmehr gemeinsame Anstrengungen unternehmen, um das Schutzbaugesetz in einem vernünftigen Ausmaß so bald wie möglich zu verabschieden, damit wir auch in den nächsten Haushaltsjahren die Mindestvoraussetzungen für den Schutz der Zivilbevölkerung haushaltsmäßig verkraften können.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0416528000
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Windelen.

Heinrich Windelen (CDU):
Rede ID: ID0416528100
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir stellen mit Befriedigung fest, daß die Diskussion um die Fragen des zivilen Bevölkerungsschutzes von Jahr zu Jahr sachlicher und ruhiger geworden ist, ruhiger in diesem Hause, ruhiger und sachlicher aber auch draußen in der Bevölkerung. Wir sind sehr froh darüber. Wir sind sehr froh auch darüber, Herr Minister, daß ein so großer Teil der Bevölkerung inzwischen ein positives Verhältnis zu unseren Bemühungen, unsere Bürger in Eventualfällen zu schützen, gewonnen hat.
Ich brauche hier nichts darüber zu sagen, daß es nicht immer so war, nicht in diesem Hause und leider auch nicht draußen.




Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0416528200
Eine Zwischenfrage!

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0416528300
Herr Kollege Windelen, ist Ihnen bekannt, daß wir uns bei jeder Haushaltsberatung gerade für die Belange des zivilen Bevölkerungsschutzes besonders eingesetzt haben?

Heinrich Windelen (CDU):
Rede ID: ID0416528400
Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, das steht nicht zur Debatte. Ich habe gesagt, ich begrüße die Versachlichung. Sie werden mir zugeben, daß die Beiträge, die Sie in der Vergangenheit zu diesem Thema geleistet haben — ich will nicht Herrn Hoegner zitieren, ich will nicht einige Stadtdirektoren zitieren, ich will nicht Herrn Kollegen Bechert zitieren, ich will nicht die Ostermarschierer zitieren, mit denen wir nichts zu tun haben —,

(Abg. Schmitt-Vockenhausen: Was haben wir denn mit den Ostermarschierern zu tun?)

gerade kein Beitrag zur Versachlichung waren.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Ich habe das Thema nicht angefangen, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen. Sie werden verstehen, daß ich nach Ihrer Frage mindestens eine Antwort darauf geben muß.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0416528500
Eine Zwischenfrage, Herr Abgeordneter Hermsdorf.

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0416528600
Herr Kollege Windelen, würden Sie sich bitte davon distanzieren, daß die Ostermarschierer und die Sozialdemokratische Partei ein und dasselbe sind!

Heinrich Windelen (CDU):
Rede ID: ID0416528700
Das habe ich nicht behauptet. Ich habe lediglich festgestellt, daß das kein Beitrag zur Versachlichung war, Herr Kollege. Ich meinte auch, das Thema eignet sich nicht sehr gut für Agitation und für Propaganda.
Die sachlichen Ergebnisse, die Bilanz, die Herr Minister Höcherl soeben gezogen hat, können sich bei allen Vorbehalten doch wohl sehen lassen. Uns wird — und zwar nicht nur bei diesem Einzelplan — im Haushaltsausschuß vielfach der Vorwurf gemacht, wir seien eine seelenlose Streichungsmaschinerie.

(Abg. Schmitt-Vockenhausen: „Streichorchester"!)

— Auch nicht Streichorchester. Bei aller Harmonie, die in der Beratung — auch das darf man einmal feststellen — oft herrscht, verstehen wir uns keineswegs nur als Streichorchester. Wir haben nämlich keineswegs nur Kürzungen vorgenommen. Wir haben auch in der zivilen Notstandsplanung einige wesentliche Erhöhungen vorgenommen. Ich erinnere z. B. an die Erhöhung der Zuschüsse an die Wohlfahrtsorganisationen, an das DRK, an die Johanniter, an die Malteser und an die Arbeitersamariter, damit sie ihre Arbeit für den zivilen Bevölkerungsschutz noch besser als bisher durchführen können.

(Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

Wir wollten ihnen damit auch einen Dank unsererseits für ihre wertvolle Arbeit abstatten.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Aber auch dort, wo wir nun einmal kürzen mußten, haben wir uns bemüht, nach sachlichen Gesichtspunkten vorzugehen und nicht nur dort zu streichen, wo es uns am bequemsten erschien. Wir haben im wesentlichen drei Gesichtspunkte für die Kürzungen im Einzelplan 36 beachtet. Wir haben einmal dort gekürzt, wo uns von der Sache her eine Kürzung in Anbetracht der finanzpolitischen und der haushaltspolitischen Situation als vertretbar erschien, z. B. durch Streichung von Programmen, die ohnehin auf lange Zeiträume geplant sind. Zweitens haben wir dort gekürzt, wo wir zur Harmonisierung der Notstandsprogramme kommen wollten. Wir haben einige Programme, die schon ziemlich weit fortgeschritten sind. Wir haben vorhin gehört, daß die Sirenen schon in einem sehr großen Umfang installiert und betriebsbereit sind. Auf anderen Gebieten haben wir diesen Stand noch nicht erreicht. Wir haben es für vertretbar gehalten, hier zu einer Harmonisierung, zu einem gewissen Gleichschritt der Programme beizutragen. Schließlich haben wir überall dort Streichungen für vertretbar und annehmbar gehalten, wo die Ausgabenentwicklung wegen Beschaffungsschwierigkeiten und aus anderen Gründen mit der Mittelbewilligung nicht Schritt hielt, wo sich infolgedessen erhebliche Reste angesammelt haben, die uns auch jetzt noch zur Verfügung stehen zusätzlich zu den Etatansätzen, zu denen hier Stellung genommen wurde.
Sie haben uns immer den Vorwurf gemacht, daß wir die Zivilverteidigung ein wenig stiefmütterlich gegenüber der militärischen Verteidigung behandelt hätten. Auch das klang diesmal wieder an. Aber nehmen Sie doch bitte zur Kenntnis, daß wir auch bei der militärischen Verteidigung gleiche Maßstäbe angewendet haben, daß wir hier gleichermaßen kritisch durchforstet haben und gleichermaßen zu schmerzhaften und erheblichen Kürzungen gekommen sind. — Bitte, Herr Kollege!

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0416528800
Herr Kollege Windelen, glauben Sie, daß Sie auch dann, wenn der Herr Bundeskanzler nicht in jener Dezembersitzung mit dem Bauernverband die 840 Millionen DM versprochen hätte, zu diesen drastischen Kürzungen gekommen wären?

Heinrich Windelen (CDU):
Rede ID: ID0416528900
Herr Kollege, selbstverständlich haben alle Ausgaben und Aufgaben dazu beigetragen, daß wir in eine kritische Situation gekommen sind.

(Abg. Schmitt-Vockenhausen: Na, na!)

Aber ich habe aus Ihren Reihen keine Stimme gehört, die diesen Ausgleichszahlungen an die Landwirtschaft dem Grunde nach widersprochen hätte.

(Sehr wahr! in der Mitte.)

Uns überlassen Sie die Sorge, die Mittel zu beschaffen.

(Abg. Schmitt-Vockenhausen: Wir haben gestern bessere Vorschläge gemacht!)




Windelen
— Nun, ich habe nicht den Eindruck, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, daß das bessere Vorschläge waren. Wir wissen natürlich — und auch das gilt nicht nur für die Notstandsplanung —, daß es viele wünschenswerte Dinge gibt, die auch wir gern realisieren möchten. Aber für uns gilt jedenfalls, daß noch so berechtigte Einzelwünsche, noch so berechtigte Einzelinteressen sich dem Wohl des Ganzen unterzuordnen haben.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Für uns und für unsere Situation heißt das, daß Stabilität vor Perfektion geht.

(Zustimmung in der Mitte.)

Das ist zwar unbequem und das ist uns auch manchmal lästig, aber schließlich tragen wir die Verantwortung. Uns ist der bequeme Weg, der Marsch in die Inflation, versperrt. Er kommt, für uns jedenfalls, nicht in Frage, auch dort nicht, wo es lästig und unbequem ist, die Konsequenzen daraus zu ziehen.
Dennoch bleibt mir die Feststellung, daß die Diskussion hier sachlicher geworden ist, daß sich in dieser Aussprache die Ernüchterung in all den Fragen des zivilen Bevölkerungsschutzes gezeigt hat, bei allem Verständnis, Frau Kollegin Renger, für die pflichtgemäße Erfüllung Ihres polemischen Plansolls.

(Abg. Schmitt-Vockenhausen: Das war Ihr polemisches Plansoll, das Sie soeben erfüllt haben!)

— Aber nicht pflichtgemäß, Herr Kollege.
Ich meine, wenn man die Polemik abzieht, sollte man über das, was dann bleibt, sehr ruhig und sehr sachlich sprechen. Wir werden das tun. Wenn ich mir Ihre Stellungnahmen zu den Haushalten der vergangenen Jahre ansehe, muß ich sagen: da zeigt sich sehr deutlich die Ernüchterung. Im Jahre 1962 haben Sie uns noch 12 Änderungsanträge (Erhöhungsanträge) auf den Tisch gelegt. 1963 waren es noch genau die Hälfte, nämlich 6. Im Jahre 1964 haben Sie 2 Anträge eingebracht, und in diesem Jahr können wir erstmalig mit Befriedigung verzeichnen, daß Sie sogar Deckungsvorschläge gemacht haben.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Wir sollten diesen Fortschritt der Opposition begrüßen. Wir sollten uns darüber freuen, daß es uns gelungen ist, Sie von der Richtigkeit unserer Vorstellungen mehr und mehr zu überzeugen.

(Abg. Schmitt-Vockenhausen: Sie übernehmen langsam unsere Überlegungen und Vorschläge!)

— Ich gebe es dennoch nicht auf.
Ich habe durchaus Neigung, mich mit den Vorschlägen zur Sache sehr ernsthaft auseinanderzusetzen, Frau Kollegin. Ich brauche nicht mehr viel zu sagen. Herr Minister Höcherl und Herr Kollege Dorn haben schon einiges dazu beigetragen.
Zunächst zu den Zuwendungen zur Errichtung von öffentlichen Schutzraumbauten in Verbindung mit unterirdischen Verkehrsanlagen. Sie wünschen eine
Erhöhung des Ansatzes um 10 Millionen DM. Der Ansatz für .das Jahr 1964 betrug 23 Millionen DM, das Ist, also das, was effektiv ausgegeben wurde, 17,7 Millionen DM. Der Haushaltsausschuß hat den Ansatz für 1965 ganz bewußt nicht verändert. Ich muß zugeben: das ist einer von den wenigen Ansätzen, die nicht gekürzt worden sind. Wir haben damit gegenüber dem Ist des Vorjahres einen um fast das Doppelte erhöhten Ansatz. Ich stimme dem Kollegen Dorn darin zu, daß dieser Ansatz nach allem, was 'wir wissen, zur Erfüllung ,der vorliegenden Aufgaben ausreichen wird.
Ihr zweiter Antrag betrifft die Instandsetzung von Schutzbunkern. Dafür stehen uns 19,5 Millionen DM zur Verfügung. Der Ansatz ist gegenüber 'dem des Vorjahres 'gekürzt worden. Aber diese Kürzung täuscht. Im vorigen Jahr belief sich der Ansatz auf 36,5 Millionen DM. Das Ist betrug 16,1 Millionen DM. Der jetzige Ansatz von 19,5 Millionen DM ist also höher als das Ist. Dazu kommen noch Ausgabereste von 27,6 Millionen DM, so daß tatsächlich 47 Millionen DM zur Verfügung stehen. Sie, Frau Kollegin Renger, 'hatten mindestens 31,5 Millionen DM gefordert. Wir gehen um über 15 Millionen DM über Ihre Mindestforderung hinaus. Ich glaube, daß damit Ihr Anliegen ausreichend berücksichtigt ist.
Zum Deckungsvorschlag ist das Nötige gesagt worden. Er ist nicht realisierbar, wie ich mich auch überzeugen mußte. Wir können Ihnen deswegen nicht folgen. Daher muß ich Sie bitten — und zwar ausschließlich aus sachlichen Gründen, gnädige Frau, so gern ich aus persönlichen Gründen Ihren Vorstellungen gefolgt wäre —, auch in diesem Jahr den Antrag der SPD abzulehnen und es bei der Vorlage des Ausschusses zu belassen.

(Beifall in der Mitte.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0416529000
Das Wort hat der Abgeordnete Schmitt-Vockenhausen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0416529100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir ein paar Bemerkungen zur Abstimmung. Wir bitten, über Umdruck 565 ziffernweise abzustimmen. Bei Ziffer 3 bitten wir, den Antrag dem Innenausschuß und dem Haushaltsausschuß — mitberatend — im Sinne der Debatte von heute vormittag zu überweisen. Bezüglich des Änderungsantrags 564 würde es wahrscheinlich genügen, wenn unser Vorschlag durch den FDP-Antrag geändert wird.
Erlauben Sie mir, noch einmal dem Hause zu sagen, um was es bei der Abstimmung über Ziffer 2 des Antrags auf Umdruck 565 geht. Meine Damen und Herren, es geht heute hier darum, für den Sport mehr, für die Parteien- und Wahlkampffinanzierung weniger aus Steuermitteln zu geben. Um das sichtbar zu machen, beantragen wir namentliche Abstimmung.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0416529200
Meine Damen und Herren! Keine weiteren Wortmeldungen mehr. Abstimmung! Sie haben gehört, über welche An-



Präsident D. Dr. Gerstenmaier
träge abgestimmt werden soll. Wir verfahren in folgender Reihenfolge. Es ist ein Änderungsantrag der FDP-Fraktion auf Umdruck 575 eingebracht und von Herrn Abgeordneten Moersch begründet worden. Wer diesem Änderungsantrag der Fraktion der FDP zuzustimmen wünscht, gebe bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Dais ist ganz sicher die Minderheit. Enthaltungen? — Der Änderungsantrag der Fraktion der FDP ist angenommen. Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 564 erledigt.
Nun kommt der Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 565. Hier soll nach Ziffern abgestimmt werden. Dem Antrag ist stattzugeben. Zunächst Ziffer 1. — Dafür ist namentliche Abstimmung nicht beantragt?

(Abg. Schmitt-Vockenhausen: Zu Ziffer 2!)

Wer diesem Änderungsantrag der SPD auf Umdruck 565, Ziffer 1 stattzugeben wünscht, gebe bitte ein Handzeichen. -- Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit; Ziffer 1 ist abgelehnt.
Zu Ziffer 2 ist namentliche Abstimmung beantragt. Der Antrag ist hinreichend unterstützt; die ganze Fraktion der SPD unterstützt ihn. Wir stimmen über den Änderungsantrag Umdruck 565 Ziffer 2 in namentlicher Abstimmung ab.
Ich gebe das vorläufige Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck 565 Ziffer 2 bekannt. Mit Ja haben 159 Mitglieder und 11 Berliner Mitglieder des Hauses, mit
Nein haben 238 Mitglieder und 7 Berliner Mitglieder des Hauses gestimmt. Enthalten haben sich 3 Mitglieder. Damit ist auch Ziffer 2 des Änderungsantrages Umdruck 565 abgelehnt.
Endgültiges Ergebnis:
Ja: 158 und 11 Berliner Abgeordnete Nein: 237 und 7 Berliner Abgeordnete Enthalten: 3
Ja
SPD
Frau Albertz
Anders
Arendt (Wattenscheid) Auge
Bäuerle Bäumer Bals
Bauer (Würzburg)

Dr. Bechert
Behrendt Bergmann
Berkhan Beuster
Frau Beyer (Frankfurt) Biegler
Biermann
Dr. Bleiß Börner Bruse
Buchstaller
Büttner Busch
Corterier Cramer
Diekmann
Frau Döhring
Dopatka
Dröscher
Frau Eilers
Frau Dr. Elsner
Dr. Eppler
Erler
Eschmann
Faller Felder Figgen Flämig Folger Franke Dr. Frede
Frehsee
Frau Freyh (Frankfurt) Fritsch
Geiger Gerlach Gscheidle
Haage (München) Haase (Kellinghusen) Hamacher
Hansing Hauffe Heide
Dr. Dr. Heinemann Hellenbrock Herberts
Frau Herklotz Hermsdorf Herold
Hirsch
Höhmann

(Hessisch Lichtenau) Höhne

Hörauf
Hörmann (Freiburg)

Frau Dr. Hubert
Hufnagel
Hussong
Iven (Düren) Jacobi (Köln) Jacobs
Jahn
Jürgensen
Junghans
Junker
Kaffka
Kahn-Ackermann
Frau Kettig Killat
Frau Kipp-Kaule
Frau Kleinert Dr. Koch
Könen (Düsseldorf) Koenen (Lippstadt) Kohlberger
Frau Korspeter Kraus
Dr. Kreyssig Dr. Kübler
Kurlbaum
Lange (Essen) Langebeck Lautenschlager Lemper
Dr. Lohmar
Lücke (Osnabrück) Maibaum
Marquardt Marx
Matthöfer
Matzner
Frau Meermann
Metter
Metzger
Dr. Meyer (Frankfurt) Meyer (Wanne-Eickel)
Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller Dr. Mommer
Dr. Morgenstern
Müller (Erbendorf)

Müller (Nordenham) Müller (Ravensburg) Müller (Worms)
Dr. Müller-Emmert
Peiter
Peters (Norden) Dr. Pohlenz Pöhler
Porzner
Priebe
Ravens
Regling
Rehs
Dr. Reischl Reitz
Frau Renger Riegel (Göppingen)

Dr. Rinderspacher
Ritzel
Dr. Roesch
Rohde
Ross
Frau Rudoll Sänger
Saxowski
Dr. Schäfer Schlüter
Schmidt (Braunschweig)

Dr. Schmidt (Gellersen)

Dr. Schmidt (Offenbach)

Schmidt (Würgendorf) Schmitt-Vockenhausen
Schoettle Schwabe Seibert
Seidel (Fürth)

Seifriz
Seither
Dr. Stammberger
Stephan Striebeck Dr. Tamblé Wegener Welke
Welslau
Weltner (Rinteln)

Frau Wessel
Wischnewski
Wolf
Frau Zimmermann (Brackwede)

Berliner Abgeordnete
Bartsch
Frau Berger-Heise
Braun
Frau Krappe
Liehr (Berlin)

Frau Lösche Neumann (Berlin)

Dr. Schellenberg
Dr. Seume Urban
Wellmann
Nein
CDU/CSU
Frau Ackermann
Dr. Adenauer
Adorno
Dr. Althammer
Arndgen
Dr. Artzinger
Baier (Mosbach)

Baldauf
Balkenhol Dr. Barzel Bauknecht Bausch
Dr. Becker (Mönchengladbach)

Becker (Pirmasens)

Berberich Berger
Dr. Besold Bewerunge Biechele
Dr. Bieringer
Dr. Birrenbach
Blank
Frau Dr. Bleyler
Blöcker
Frau Blohm Blumenfeld von Bodelschwingh
Dr. Böhm (Frankfurt)

Böhme (Hildesheim)

Brand
Frau Brauksiepe
Dr. Brenck Brück
Bühler
Dr. Conring Dr. Czaja
8198 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — .165. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 18. Februar 1965
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
van Delden Dr. Dichgans Diebäcker Dr. Dittrich Drachsler Draeger
Ehnes
Eichelbaum Frau Engländer
Etzel
Dr. Even (Düsseldorf)

Exner
Falke
Franzen
Dr. Frey (Bonn)

Dr. Furler Gedat
Gehring
Dr. Gerlich
D. Dr. Gerstenmaier Gewandt
Gibbert
Giencke
Dr. Gleissner
Glüsing (Dithmarschen)

Dr. Götz
Dr. Gossel Gottesleben Dr. h. c. Güde
Günther
Freiherr zu Guttenberg Frau Haas
Haase (Kassel)

Härzschel
Gräfin vom Hagen
Hahn (Bielefeld)

Dr. von Haniel-Niethammer Harnischfeger
Dr. Hauser Heix
Dr. Hesberg Hesemann Hilbert
Höcherl
Dr. Höchst Hörnemann (Gescher)

Hösl
Holkenbrink
Horn
Dr. Huys Illerhaus Frau Jacobi (Marl)

Dr. Jaeger Josten
Dr. Kanka Katzer
Dr. Kempfler
Frau Klee
Klein (Saarbrücken)

Dr. Kliesing (Honnef) Knobloch
Dr. Knorr Krüger
Krug
Frau Dr. Kuchtner
Kühn (Hildesheim) Kuntscher
Kurtz
Leicht
Lemmrich
Lenze (Attendorn) Leonhard
Leukert Dr. Löhr Dr. Luda Majonica Dr. Martin Maucher Memmel
Mengelkamp
Menke
Dr. von Merkatz
Mick
Missbach
Müller (Aachen-Land) Müller (Remscheid)
Dr. Müller-Hermann
Müser Nieberg Dr. Dr. Oberländer
Oetzel
Frau Dr. Pannhoff
Dr. Pflaumbaum
Frau Pitz-Savelsberg
Porten
Dr. Ramminger
Rasner
Dr. Reinhard
Riedel (Frankfurt) Rommerskirchen
Ruf
Scheppmann
Schlee
Dr. Schmidt (Wuppertal) Schmücker
Frau Schroeder (Detmold) Schulhoff
Schwarz
Dr. Schwörer
Dr. Seffrin
Dr. Serres
Dr. Siemer
Dr. Sinn
Spies Stauch Dr. Stecker
Stein
Dr. Steinmetz
Stiller
Dr. Stoltenberg
Frau Stommel
Stooß Storm Strauß Struve Sühler Teriete Tobaben
Dr. Dr. h. c. Toussaint Varelmann
Verhoeven
Dr. Freiherr
von Vittinghoff-Schell Vogt
Wagner
Dr. Wahl
Dr. Weber (Koblenz) Wehking
Weigl Weinzierl
Frau Welter (Aachen) Wendelborn
Werner
Wieninger
Dr. Wilhelmi
Dr. Willeke
Windelen
Winkelheide
Dr. Winter
Wittmann Wittmer-Eigenbrodt
Dr. Wuermeling Wullenhaupt
Ziegler
Dr. Zimmer
Dr. Zimmermann (München)

Berliner Abgeordnete
Benda
Dr. Dr. h. c. Friedensburg Dr. Gradl
Hübner
Frau Dr. Maxsein
Müller (Berlin) Stingl
FDP
Dr. Achenbach
Dr. Bucher Busse
Dr. Dahlgrün
Dr. Danz Dr. Dehler Deneke
Frau Dr. Diemer-Nicolaus Dorn
Dürr
Dr. Effertz Dr. Emde Ertl
Frau Funcke (Hagen)


(Kaiserslautern Dr. Hoven Dr. Imle Dr. Kohut Kreitmeyer Kubitza Freiherr von Kühlmann-Stumm Logemann Dr. Mälzig Mauk Dr. h. c. Menne Dr. Miessner Mischnick Moersch Freiherr von Mühlen Murr Ollesch Opitz Peters Ramms Reichmann Dr. Rieger Dr. Rutschke Sander Dr. Schneider Soetebier Spitzmüller Dr. Supf Walter Weber Enthalten CDU/CSU Dr.-Ing. Balke Brese Fraktionslos Gontrum Zu Ziffer 3 ist Überweisung an Ausschüsse beantragt. An welche Ausschüsse? (Abg. Schmitt-Vockenhausen: Innenund Haushaltsausschuß!)

— Der Antrag Ziffer 3 soll an den Haushaltsausschuß — federführend — und an den Innenausschuß
— mitberatend — überwiesen werden. Ist das Haus damit einverstanden? — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck 566 der Fraktion der SPD zu Einzelplan 36. Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen.
— Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Änderungsantrag Umdruck 566 ist abgelehnt.
Wer dem Einzelplan 06 mit der in der zweiten Lesung beschlossenen Änderung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Gegen zahlreiche Stimmen ist Einzelplan 06 angenommen.
Einzelplan 36. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! —Enthaltungen? — Bei einer Enthaltung ist Einzelplan 36 angenommen.
Einzelplan 07:
Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz (Drucksache IV12907).
Hierzu liegt der Änderungsantrag Umdruck 557 der Abgeordneten Frau Dr. Diemer-Nicolaus und Genossen vor *). Ich frage, ob dieser Änderungsantrag begründet wird. — Bitte sehr, Frau Abgeordnete Dr. Diemer-Nicolaus!

(Abg. Dr. Conring: Ausschußüberweisung!) *) Siehe Anlage 6





Dr. Emmy Diemer-Nicolaus (FDP):
Rede ID: ID0416529300
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als wir damals die Strafprozeßnovelle verabchiedeten, hatte der Bundestag einstimmig eine Entschließung mit folgendem Inhalt angenommen:
Die Bundesregierung beruft eine Große Strafverfahrenskommission zur Vorbereitung der Reform des Strafverfahrens, die sich entsprechend der Großen Strafrechtskommission zusammensetzt.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0416529400
Einen Augenblick, Frau Kollegin!
Ich muß sogleich auf folgendes hinweisen. Das geht überhaupt nicht in diesem Haus! Jetzt kommen mir hier ein paar Entschuldigungen von Mitgliedern des Hauses in die Hand. Die schreiben mir: Kann an der Plenarsitzung am 18. 2. 1965 ab 12.15 Uhr nicht teilnehmen. Meine Damen und Herren, die 50 Mark sind hin!

(Heiterkeit und Beifall.)

Das kommt jetzt, um 12.35 Uhr, dem Präsidenten in die Hand, und es wird geschrieben: ab 12.15 Uhr. Außerdem sind die Sachen von jemandem unterschrieben, den ich gar nicht kenne, sicher nicht von einem Mitglied des Hauses. So geht es auch nicht. Gleich mit zwei Fehlern.
Der Deutsche Bundestag kassiert heute 100 Mark. Ich kann das nicht ändern.

(Beifall.)

Ich sage es jetzt gleich, damit wir wissen, wie in einem solchen Fall gespielt wird.
Bitte, fahren Sie fort!

Dr. Emmy Diemer-Nicolaus (FDP):
Rede ID: ID0416529500
Zum Schluß der vom gesamten Haus einmütig angenommenen Entschließung heißt es:
Sie wird ersucht, ihre Vorschläge zur Neugestaltung des Strafverfahrens alsbald vorzulegen.
Meine Damen und Herren, das war dm Sommer 1964. Wenn der Bundestag eine derartige Große Strafverfahrenskommission so einmütig fordert, gehört natürlich als weitere Folge dazu, daß das Justizministerium auch die entsprechenden Mittel erhält, und zwar zunächst die finanziellen Mittel, die notwendig sind, um Gutachten einzuholen, entsprechende Literatur zu beschaffen, für Druckkosten usw. Es kommen auch noch personelle Anforderungen; sie stehen aber heute nicht zur Diskussion.
Deswegen beinhaltet der Änderungsantrag Umdruck 557, der von Mitgliedern des Hauses aus allen drei Parteien unterzeichnet ist — und zwar vor allem von solchen Mitgliedern des Hohen Hauses, die auf Grund ihrer Mitarbeit in dem Sonderausschuß „Strafrecht" die personellen Verhältnisse und sowohl die sachlichen wie die personellen Bedürfnisse in der Strafrechtsabteilung des Justizministeriums kennen —, daß der Ansatz in Tit. 308 des Kap. 07 01 von 70 000 DM um 50 000 DM — wer an die sonst hier üblichen Größenordnungen gewöhnt
ist, der geniert sich beinahe, eine derart geringe
Zahl auszusprechen — auf 120 000 DM erhöht wird.
Meine Damen und Herren, es ist das erste Mal — obwohl ich jetzt sieben Jahre im Bundestag bin —, daß ich einen Antrag begründe, der eine Erhöhung von Mitteln beinhaltet. Seien Sie bitte überzeugt: ich würde es nicht tun, wenn es nicht dringend erforderlich wäre. Es ist vorauszusehen, welche Arbeiten auf die Strafrechtsabteilung des Justizministerium zukommen. Dabei handelt es sich nicht nur um die Große Strafverfahrenskommission. Wir sind auch einmütig der Auffassung, daß das Strafverfahren unbedingt einer grundsätzlichen Reform bedarf und daß die Vorschläge alsbald vorgelegt werden müssen. Damit hängt aber auch — und das ist genauso notwendig — die Bildung einer Strafvollzugskommission zusammen. Dafür reichen die Mittel, die im letzten Jahr im Haushalt gestanden haben bzw. im vergangenen Jahr verbraucht worden sind, einfach nicht ,aus. Wir müssen die Voraussetzungen dafür schaffen, daß die Verfahrenskommission ihre Arbeiten in diesem Jahr aufnehmen kann, und dazu gehört der bescheidene Betrag von 120 000 DM.
Meine Damen und Herren, es wird immer so viel davon gesprochen, daß man sich für den Rechtsstaat usw. einsetze.

(Abg. Jahn: Der Rechtsstaat darf nur kein Geld kosten!)

Denken Sie aber bitte daran: Grundsätzliche Reformen erfordern auch finanzielle Aufwendungen. Ich bitte Sie deshalb, den Antrag nicht an den Haushaltsausschuß zu überweisen, sondern ihm jetzt zuzustimmen.

(Zurufe.)

— Herr Kollege Emde, ich habe bereits darauf hingewiesen, daß die Mittel, die im letzten Jahr verbraucht worden sind, in diesem Jahr einfach nicht mehr ausreichen, weil die Kommission in diesem Jahr zu arbeiten beginnen soll. Deshalb sind diese zusätzlichen Mittel erforderlich.
Ich bitte um Annahme unseres Antrags.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0416529600
Meine Damen und Herren, in der Aufregung macht man Fehler. Ich bitte um Nachsicht. Zunächst will der Berichterstatter zu diesem Einzelplan, Herr Abgeordneter Tamblé, das Wort nehmen. Dann geht es in der Diskussion weiter.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0416529700
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir bitte, daß ich Ihre Aufmerksamkeit kurz auf zwei Kapitel des Einzelplans 07 lenke. Ich beginne mit Kap. 07 07, Oberstes Rückerstattungsgericht. Bei den Haushaltsberatungen in den Jahren 1962 und 1964 wurden von dem Hohen Hause zwei Entschließungsanträge einstimmig angenommen. Im Jahre 1963 habe ich von dieser Stelle aus ebenfalls zu diesem Thema gesprochen. Ich darf Ihnen in Erinnerung bringen, daß das Oberste Rückerstattungsgericht neben dem Präsidenten und dem Präsidium aus drei Senaten besteht. Zu Beginn der Tätigkeit dieses Gerichts hatte der Erste Senat, zuständig für die



Dr. Tamblé
französische Zone, seinen Sitz in Rastatt, der Zweite Senat, zuständig für die britische Zone, seinen Sitz in Herford und der Dritte Senat, zuständig für die amerikanische Zone, seinen Sitz in Nürnberg. Da die Zahl der anstehenden Fälle aus der Natur der Sache heraus im Laufe der Zeit rückläufig wurde, war man aus reinen Kostenersparnisgründen bemüht, die drei Senate zusammenzulegen, und zwar in Herford. Schon 1961 wurde auf Beschluß des Präsidiums dieses Gerichts der Dritte Senat in Nürnberg mit dem in Herford vereinigt. Alle weiteren Bemühungen, denen wir mit den Entschließungsanträgen Nachdruck verleihen wollten, auch den Ersten Senat von Rastatt nach Herford zu verlegen, sind bisher gescheitert. Das Auswärtige Amt hat sich im November des vergangenen Jahres erneut über die deutsche Botschaft in Paris mit dem modifizierten Vorschlag an die französische Regierung gewandt, zuzustimmen, daß der Sitz des Ersten Senats nach Herford verlegt wird, damit Geschäftspersonal- und Sachkosten eingespart werden könnten, wobei die Sitzungen des Ersten Senats in Koblenz, am Sitz der dortigen Schiedsinstanz nach dem Londoner Schuldenabkommen, abgehalten werden könnten. Aber auch auf diesen Vorschlag steht die Antwort der französischen Regierung noch aus.
Zur Illustration eine kurze Ubersicht über die Tätigkeit der einzelnen Senate. Beim Zweiten und Dritten Senat waren im Jahre 1964 — wir haben die Zahlen bis zum 30. September — 156 Fälle anhängig, während es beim Ersten Senat nur ganze elf Fälle waren.
Ohne den vielzitierten Steuerzahler überstrapazieren zu wollen, glaube ich, daß es nicht länger zu verantworten ist, für diesen geringen Arbeitsanfall den gesamten Apparat in Rastatt aufrechtzuerhalten. Es wäre zu begrüßen, wenn als sichtbare Auswirkung des deutsch-französischen Vertrages die vom Haushaltsausschuß und vom Hohen Hause gewünschte und für dringend erforderlich gehaltene Konzentration nunmehr möglichst bald herbeigeführt würde.
Nun einige Bemerkungen zum Kap. 07 05, Deutsches Patentamt in München. Meine Damen und Herren, Sie alle wissen, die Arbeitslage des Deutschen Patentamts verschlechtert sich von Jahr zu Jahr. Die Zeit bis zur Erledigung von Eingaben hat sich mittlerweile auf drei Jahre verlängert, und die Zahl der schwebenden Patentanmeldungen dürfte Ende 1964 etwa 250 000 betragen haben. Der Zuwachs an unerledigten Resten beträgt etwa 20 000 pro Jahr; das ist ein Drittel des Eingangs an Neuanmeldungen. Steigende Rückstände bedeuten eine Verlängerung der Dauer des Prüfverfahrens. Es sind Fälle bekannt, in denen schon jetzt das Verfahren bis zur Bekanntmachung acht Jahre und bis zur Entscheidung auf Grund eines Einspruchs zwölf Jahre und mehr dauert.
Daß die lange Dauer des Prüfverfahrens mancherlei Nachteile hat, dürfte auf der Hand liegen. Für den Erfinder bedeutet sie eine lange Unsicherheit, da er erst auf Grund der Entscheidung des Patentamts für die Zukunft Dispositionen treffen kann, z. B. für die Erlangung des Patentschutzes in
ausländischen Staaten. Für den Unternehmer bedeutet dieser Zustand Erschwerung und Verzögerung von Investitionen, die im Zusammenhang mit der Auswertung der Erfindung stehen. Das bedeutet selbstverständlich eine Hemmung des technischen Fortschrittes. Es liegt nach unserer Auffassung im Interesse einer richtigen Ausnutzung des technischen Fortschrittes und der Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmer, auch auf dem internationalen Markt, die Dauer des Prüfverfahrens so kurz wie möglich zu halten. Nicht zuletzt ist der jetzige Zustand auch für die Beamtenschaft des Deutschen Patentamtes höchst unerfreulich.
Ein vom Bundesrechnungshof erarbeitetes Gutachten befaßte sich vor allem mit dem inneren Dienst des Deutschen Patentamtes. Das Ergebnis der Untersuchung ist im Gutachten in Form von Vorschlägen niedergelegt, die auf eine Straffung der Organisation sowie auf Verwaltungsvereinfachungen abzielen. Hieraus darf aber nicht der Schluß gezogen werden, daß der erhöhten Arbeitsbelastung allein durch technische Rationalisierungsmaßnahmen sowie durch eine Vereinfachung des Geschäftsbetriebes begegnet werden kann. Der Mehranfall an Arbeit im Deutschen Patentamt kann nur durch eine entsprechende Personalvermehrung und eine spätere einschneidende Reform des patentamtlichen Verfahrens bewältigt werden. Die durch diese geplante Personalvermehrung erwartete Entlastung dürfte im Hinblick auf die für neueingestellte Prüfkräfte erforderliche Ausbildungs- und Einarbeitungszeit sowieso erst in ein bis zwei Jahren spürbar werden.
Außer der Schaffung neuer Planstellen, vor allem für die Prüfer, wird aber zu überlegen sein, was zum Anreiz für den Eintritt in dieses Amt getan werden kann. Geprüft werden muß u. a. die Gewährung einer Technikerzulage an alle technischen Mitarbeiter des Deutschen Patentamts ebenso wie die Harmonisierung des gehobenen und mittleren Dienstes im Verhältnis zu den Ländern — um hier nur zwei Vorschläge anzuschneiden. Nur dann kann ein weiteres Anwachsen der Reste verhindert und der bestehende Aktenüberhang allmählich abgebaut werden.
Die von der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der SPD angekündigten Vorschläge für den Personalhaushalt 1965, die den Erfordernissen einer Entlastung der Geschäftslage des Deutschen Patentamts Rechnung tragen sollen, müssen unter allen Umständen jetzt vorgelegt werden, damit sie bei der Beratung des Personalhaushalts berücksichtigt werden können.

(Beifall.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0416529800
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Das Wort hat der Herr Bundesjustizminister.

Dr. Ewald Bucher (FDP):
Rede ID: ID0416529900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin dem Herrn Berichterstatter für seine Hinweise auf die beiden Punkte dankbar.



Bundesminister Dr. Bucher
Tatsächlich liegt uns schon lange daran, daß die drei Senate des Obersten Rückerstattungsgerichts zusammengelegt werden. Es gibt wirklich keinen sachlichen Grund dafür, daß der Senat in Rastatt noch getrennt arbeitet. Ich darf dazu noch eine Zahl nennen: am 1. Januar 1965 waren bei diesem Senat sechs Verfahren anhängig.

(Hört! Hört! bei der SPD.)

Sie wissen ja, daß sich die Bundesregierung wiederholt bemüht hat, die Zustimmung der drei Mächte dazu zu erhalten, den Senat entweder nach Herford zu verlegen oder die Zwischenlösung zu wählen, daß er die Sitzungen in Koblenz abhält. Das ist zwar bisher nicht abgelehnt worden; aber wir haben auch noch nicht die Zustimmung erhalten. Ich hoffe jedoch, daß der Mangel an Tatsachen, auf den wir hier hinweisen können, uns bald ermöglichen wird, die Zustimmung zu erhalten.
Zur Situation beim Patentamt kann ich dem beitreten, was der Herr Berichterstatter ausgeführt hat. Tatsächlich bedarf es, um die ernste Geschäftslage zu verbessern, einer fühlbaren Personalvermehrung, aber auch gesetzgeberischer Maßnahmen. Auf die Dauer werden wir allein mit Personalvermehrungen, die schließlich das Amt zu einer Mammutbehörde machen würden, nicht auskommen. Die zusätzlichen Personalanforderungen werden demnächst dem Haushaltsausschuß zur Entscheidung gemäß § 13 des Haushaltsgesetzes 1965 unterbreitet.
Der Referentenentwurf für die gesetzgeberischen Maßnahmen wird zur Zeit mit den beteiligten Kreisen erörtert. Der Gesetzentwurf soll sofort zu Beginn der nächsten Legislaturperiode dem Hohen Haus vorgelegt werden.
Wegen der Technikerzulage haben wir uns bereits Gedanken gemacht. Ich glaube allerdings, daß eine solche Zulage dann auch den juristischen Angehörigen des Patentamts und sicher auch den Mitgliedern des Bundespatentgerichts gegeben werden müßte. Ich glaube kaum, daß man hier eine differenzierte Behandlung rechtfertigen könnte. In dieser Angelegenheit habe ich den für die Besoldung zuständigen Herrn Bundesinnenminister angeschrieben, und er hat namens der Bundesregierung vorgeschlagen, die Überprüfung der Besoldung der Techniker und vergleichbarer anderer Beamtengruppen in den Komplex einer generellen Prüfung der Besoldungsordnung im Rahmen der Vorbereitung einer Besoldungsneuordnung einzubeziehen.
Da ich schon das Wort habe, darf ich noch zwei Sätze zu dem interfraktionellen Antrag sagen. Selbstverständlich ist mir dieser Antrag aus dem Herzen gesprochen, obwohl ich mich andererseits an die Richtlinie des Kabinetts, keine Erhöhungen eintreten zu lassen, halten muß. Für diesen Antrag gilt jedoch insofern eine Besonderheit, als die Entschließung des Deutschen Bundestages, die ein Vorantreiben der Arbeiten an der Strafprozeßreform fordert, ergangen ist, nachdem der Entwurf des Haushaltsgesetzes für dieses Jahr bereits vorgelegt worden war. Insofern liegt hier doch ein gewisser Sonderfall vor und dürfte dieser Antrag, der ja keinen großen Betrag zum Gegenstand hat, dem von
uns sonst eingeschlagenen prinzipiellen Weg nicht widersprechen.

(Beifall rechts.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0416530000
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Emde.

Dr. Hans Georg Emde (FDP):
Rede ID: ID0416530100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Änderungsantrag ist in der Sache durchaus begründet. Die Verfahrenskommissionen werden im Laufe dieses Jahres zusammengestellt werden. Der Haushaltsausschuß hat diesen Tatbestand diskutiert und ist sich darüber einig, daß er, wenn Mehranforderungen erforderlich werden, im Zuge einer überplanmäßigen Ausgabe das Geld zur Verfügung stellen wird. Entsprechende Gespräche sind auch mit dem Bundesfinanzministerium geführt worden. Es ist also nicht notwendig, hier über eine Erhöhung um 30 000 DM abzustimmen. Wir, die Mitglieder des Haushaltsausschusses, sind der Meinung, daß der Antrag abgelehnt werden kann. Die Sache selbst wird zweifellos nicht an einem Mangel an Mitteln im Laufe dieses Jahres scheitern.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0416530200
Herr Abgeordneter Dürr.

Hermann Dürr (SPD):
Rede ID: ID0416530300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt zwei Möglichkeiten: Wenn der Änderungsantrag abgelehnt wird, dann widerspricht es etwas dem Stil, weil unvorhergesehene Mehrausgaben doch nur die sein sollen, die im Zeitpunkt der zweiten und dritten Lesung des Haushalts noch I nicht vorherzusehen waren. Wenn wir den Antrag annehmen, widerspricht das unsereren Prinzipien. Da kann man sich also entscheiden, wie man will. Ich bin für den Stil und rate, dem Antrag zuzustimmen. Ein Beinbruch wäre das nicht, und der Haushaltsausschuß würde es mit Würde zu tragen wissen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0416530400
Herr Abgeordneter Hermsdorf!

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0416530500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für meine Freunde vom Haushaltsausschuß möchte ich sagen, daß wir dem interfraktionellen Antrag zustimmen werden; denn wir sind der Meinung, daß das Haus, da diese Aufgabe notwendig ist, die Bewilligung der Mittel jetzt und nicht nachträglich beschließen sollte. Wir stimmen diesem Antrag zu.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0416530600
Herr Kollege Conring, Sie haben mir zugerufen, daß dieser Antrag an den Ausschuß zurückverwiesen werden soll. Wollen Sie das?

(Abg. Dr. Conring: Ja! An den Haushaltsausschuß!)

— Der Antrag auf Überweisung an den Ausschuß
ist gestellt; er geht allen anderen Anträgen vor.



Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Wer dafür ist, daß der Änderungsantrag Umdruck 557 an den Haushaltsausschuß überwiesen wird, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das Ergebnis ist unklar. Ich lasse die Abstimmung wiederholen. Wer für die Überweisung ist, möge sich erheben. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist an den Haushaltsausschuß überwiesen.
Weitere Änderungsanträge liegen nicht vor. Wird zum Einzelplan 07 noch das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Wer dem Einzelplan 07 in zweiter Lesung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Wir stehen jetzt vor der Frage, ob wir noch über den Einzelplan 08 abstimmen können. Gibt es eine lange Debatte?

(Zurufe von der Mitte: Nein!)

— Also keine Debatte.
Ich rufe also auf:
Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen (Drucksache IV/2908).
Ich frage den Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Jürgensen, ob er das Wort wünscht. — Er verzichtet. Wird das Wort in zweiter Lesung gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Änderungsanträge liegen, wie gesagt, nicht vor.
Wer dem Einzelplan 08 in zweiter Lesung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen.
— Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen.
Können wir auch noch über den Einzelplan 09 abstimmen? —

(Zurufe von der SPD: Nein!)

— Hier gibt es wahrscheinlich eine lange Debatte. Herr Kollege Hermsdorf, wollen Sie zum Einzelplan 09 etwas sagen?

(Abg. Hermsdorf: Mehrere von uns!)

— Dann unterbreche ich jetzt die Sitzung bis 15 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung von 12.57 bis 15.01 Uhr.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0416530700
Die Sitzung ist wieder eröffnet.
Wir fahren fort mit
Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft (Drucksache IV/2909) ; dazu: Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses (13. Ausschuß) über den Antrag der Abgeordneten Wieninger, Burgemeister, Gewandt, Riedel (Frankfurt), Dr. Imle, Opitz, Dr. Mälzig und Genossen betr. Betriebsberatung, Gewerbeförderung (Drucksachen IV/2363, IV/3064).
Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er das Wort wünscht. — Herr Abgeordneter Müller (Ravensburg) als Berichterstatter!

Karl Müller (SPD):
Rede ID: ID0416530800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Einzelplan 09 — Bundesministerium für Wirtschaft — gehört zu den Haushaltsplänen, die von der Bundesregierung mit einem Titel für Minderausgaben bedacht waren. Daß dieser Titel mehr als ein Schönheitsfehler im Haushalt war, ist in Wort und Schrift seit Monaten in der öffentlichen Diskussion. Dem Haushaltsausschuß ist es trotz aller Anstrengungen nicht gelungen, die vorgesehenen 40 Millionen DM Wenigerausgaben aus diesem Einzelplan herauszustreichen, ohne Gefahr zu laufen, im Ablauf des Haushaltsjahres die gestrichenen Beträge wieder nachbewilligen zu müssen.
23,042 Millionen DM Kürzungen hat der Haushaltsausschuß zusammengebracht und wiederum 5,829 Millionen DM neu in den Haushalt aufgenommen, die sich mit 5,5 Millionen DM verteilen auf Aufstockung oder Wiederherstellung des vorjährigen Ansatzes bei den Titeln für Maßnahmen zur Förderung des Handwerks, Förderung der auf technisch-wissenschaftliche Zwecke gerichteten Forschung, für Maßnahmen zur Förderung des Handels und des Hotel- und Gaststättengewerbes sowie für Maßnahmen zur Förderung der Betriebsberatung und -begehung im Verkehrsgewerbe, im sonstigen Gewerbe und in Kleinbetrieben der Industrie. Damit hat der Haushaltsausschuß dem in der Drucksache IV/2363 gestellten Antrag auf Erhöhung dieser Titel um 8 Millionen DM wenn auch nicht ganz, so doch weitgehend entsprochen.
Der Ausschuß war der Auffassung, daß mit diesem Betrag von 5,5 Millionen DM im Jahre 1965 die neugeplanten Maßnahmen durchgeführt werden können, weil ja zunächst einmal die Richtlinien erarbeitet werden müssen und darüber hinaus auch zuerst das notwendige Personal bereitgestellt werden muß.
Ich bitte das Hohe Haus, dem vom Haushaltsausschuß gestellten Antrag auf Drucksache IV/3064 beizutreten. Insgesamt verbleiben nach diesen Erhöhungen 17,213 Millionen DM echte Kürzungen bei einem Gesamtansatz von 819,410 Millionen DM. Gegen die Gesamtausgabe im Haushaltsjahr 1964 mit 654,410 Millionen DM weist der Haushalt 1965 eine Mehrausgabe von 165,272 Millionen DM aus, von denen rund 145 Millionen DM als Anpassungsbeihilfen für Unternehmen der deutschen Erdölgewinnungsindustrie und für die Aufsuchung und Ausbeutung von Erdöl- oder Erdgaslagerstätten zur Verfügung gestellt worden sind. Soviel, meine Damen und Herren, zu dem trockenen Zahlenwerk dieses Einzelplans.
Einer besonderen Aufmerksamkeit und pfleglichen Behandlung durch die Bundesregierung scheinen mir die in diesem Einzelplan ausgebrachten drei Technischen Bundesanstalten zu bedürfen. Ich meine damit die Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Braunschweig, die Bundesanstalt für Materialprüfung in Berlin und die Bundesanstalt für Bodenforschung in Hannover. Diese Anstalten hatten und haben einen weltweiten guten Ruf, den zu erhalten ein dringendes Anliegen der Bundesregierung sein muß, dies um so mehr, je höher die Aufgaben gestellt und je mehr die Anstalten national und international in Anspruch genommen werden.



Müller (Ravensburg)

Nach Informationen, die mir zuteil wurden, sind es etwa 30 außereuropäische Länder, die sich in den letzten Monaten mit der Bitte um technische Hilfe an die Physikalisch-Technische Bundesanstalt gewandt haben. Das Beispiel läßt sich auf die beiden anderen Anstalten übertragen. Aus der Liste der vorgetragenen Wünsche lassen Sie mich einige vortragen. Da wünscht einer dieser Staaten personelle und materielle Hilfe bei der Errichtung eines Instituts für Metrologie und Materialprüfung, ein anderer Hilfe bei der Ausbildung technischer und wissenschaftlicher Fachkräfte und Fachberatungen, wiederum ein anderer Bereitstellung fremdsprachlicher Unterlagen, ein weiterer Beratung bei der Ausrüstung mit Meßeinrichtungen. Es folgen weiter: Beratung bei der geplanten Umstellung auf das metrische Maßsystem, Hilfe bei der Einrichtung eines Instituts für Normung und Meßwesen, Bitte um Hilfe im Meß- und Prüfwesen, Bitte um Kontakt in technischen Einzelfragen mit der PhysikalischTechnischen Bundesanstalt, Beratung beim Aufbau eines Meßtechnischen Instituts, Stellung von Studienplätzen durch die Bundesanstalt, Entsendung von Experten für die Umstellung des Maßsystems auf metrische Einheiten, Hilfe bei der Einrichtung von Instandsetzungsdiensten für Meßgeräte und Entsendung von Experten. Sie sehen, es ist ein vielgestaltiger Katalog von Wünschen ,aus Ländern, die zum weitaus größten Teil als Entwicklungsländer anzusprechen sind.
Bei der Fülle und Vielseitigkeit der gewünschten Hilfen stellt sich die Frage, ob die Anstalten diesen Anforderungen gewachsen sind und ob von der Bundesregierung alles getan worden ist, um diese Anstalten baulich, personell und mit Geräten so auszustatten, wie es die fortschreitende Technik und die Inanspruchnahme der Anstalten erfordern. Unbestritten ist in den zurückliegenden Jahren vieles zum Auf- und Ausbau der Anstalten getan worden. Die räumliche Unterbringung und die Ausstattung der Labors wurden laufend verbessert. Aber, wie gesagt, die technische Entwicklung schreitet fort und zwingt auch die Bundesanstalten zur stetigen Weiterentwicklung.
Zur Entlastung der Anstalten sollte überprüft werden, ob nicht etliche, lange Jahre oder gar Jahrzehnte praktizierte und liebgewordene Aufgaben aus diesen Anstalten auf andere Stellen übertragen werden könnten oder ob die Anstalten sonstwie entlastet und leistungsfähiger gemacht werden könnten. Auf dem Gebiet des Prüfungswesens z. B. kommt es vor, daß von der Industrie der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt zur Prüfung übergebene Gegenstände bis zu einem Jahr liegenbleiben müssen, bis die Prüfung durchgeführt werden kann. Diese lange Wartezeit ist für einen Betrieb einfach nicht zumutbar. Es sollten Überlegungen angestellt werden, ob es der Industrie nicht zu leicht gemacht wird, Prüfungen durch die Anstalten vornehmen zu lassen, die im eigenen Betrieb durchgeführt werden könnten. Forschung und Entwicklung müssen in den Anstalten Vorrang haben. Es müßte überprüft werden, ob die bestehenden Prüfungsvorschriften noch zeitgemäß sind oder einer Anpassung an veränderte Verhältnisse bedürfen. Wohl die
wichtigste Aufgabe wäre, die ausreichende personelle Ausstattung so zu gestalten, daß gutes wissenschaftliches und handwerkliches Personal sich für die Anstalten interessiert und seßhaft gemacht werden kann. Mit der Schaffung von Aufstiegsmöglichkeiten und Verbesserung des Stellenkegels wäre etliches zu erreichen. Zu beachten ist auch, daß Stellenanforderungen der Technischen und Forschungsanstalten nicht nach Gesichtspunkten beschieden werden sollten, die den Anforderungen für die Verwaltung entsprechen.
Der Bundesregierung obliegt die Aufgabe, neben der Förderung von Wissenschaft und Forschung den bundeseigenen Einrichtungen die größtmögliche Förderung angedeihen zu lassen.

(Beifall bei der SPD und FDP.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0416530900
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Ich eröffne die Aussprache zum Einzelplan 09. — Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kurlbaum.

Georg Kurlbaum (SPD):
Rede ID: ID0416531000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu Beginn meiner Ausführungen möchte ich ausdrücklich darauf hinweisen, daß sich die sozialdemokratische Bundestagsfraktion veranlaßt sieht, zu einer ganzen Reihe von Bereichen der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung kritisch Stellung zu nehmen. Allerdings würde das den Rahmen der zweiten Lesung des Haushalts sprengen, und der Zeitaufwand dafür würde erheblich sein. Aus diesem Grunde haben wir die Absicht, uns hier auf ein Thema zu beschränken. Wir möchten aber klar und deutlich zum Ausdruck bringen, daß wir zur Wettbewerbspolitik der Bundesregierung sehr kritische Bemerkungen zu machen hätten. Wir rechnen damit, daß die zweite und dritte Beratung der Kartellgesetznovelle dazu Gelegenheit bieten wird. Selbstverständlich haben wir auch zum Problem der breiten Vermögensstreuung viel zu sagen. Wir rechnen damit, das bei der Beratung der 312-DM-Novellen tun zu können. Natürlich halten wir es auch für nötig, vom Herrn Bundeswirtschaftsminister sehr bald etwas darüber zu hören, wieweit es ihm gelungen ist, auf dem Gebiet der Energiepolitik die dringend notwendigen Maßnahmen für den deutschen Steinkohlenbergbau zu treffen. Ich erinnere daran, daß die Energiedebatte nunmehr zweieinhalb Monate zurückliegt. Es wäre angezeigt, demnächst etwas darüber zu hören, was die Bundesregierung inzwischen von ihren Vorstellungen hat verwirklichen können.
Ich möchte nun meine Ausführungen auf ein Thema konzentrieren, das wahrscheinlich in absehbarer Zeit im Plenum nicht zur Sprache kommen wird: die Frage des Jahresgutachtens des Sachverständigenrats und der Stellungnahme der Bundesregierung zu diesem Gutachten. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hat es außerordentlich begrüßt, daß der Sachverständigenrat nunmehr Gelegenheit gehabt hat, sein erstes Gutachten zu erstellen und zu veröffentlichen. Wir möchten ausdrücklich betonen, daß wir die Gründlichkeit und die Un-



Kurlbaum
voreingenommenheit anerkennen, mit der der Sachverständigenrat sich seiner Aufgabe gewidmet hat. Wir glauben, daß das mindestens ein richtiger Anfang ist.
Entsprechend dem Wortlaut des Gesetzes hat der Sachverständigenrat sich auf die Frage der Preisstabilität konzentrieren müssen. In § 2 des Gesetzes über den Sachverständigenrat wird ausdrücklich erklärt, daß Stabilität des Preisniveaus, eine ausgeglichene Außenwirtschaft, Vollbeschäftigung, stetiges und angemessenes Wachstum die Grundlagen für die Arbeit des Sachverständigenrats sein müssen Zweifellos können wir mit dem Beschäftigtenstand zufrieden sein. Zweifellos muß auch mindestens für das Jahr 1964 die Wachstumsrate des Sozialprodukts als befriedigend

(Abg. Dr. Conring: Als außerordentlich befriedigend!)

anerkannt werden. Also blieben für den Sachverständigenrat als bisher noch unbefriedigend gelöste Probleme die allgemeine Preisstabiltät und im Zusammenhang damit das außenwirtschaftliche Gleichgewicht. Der Sachverständigenrat hat die These vertreten, daß insbesondere das außenwirtschaftliche Ungleichgewicht eine der wichtigsten Ursachen für die unbefriedigende Lösung des Preisproblems gewesen ist. Daß das so ist und daß das Preisproblem nach wie vor im Zentrum unserer wirtschaftspolitischen Beratungen stehen sollte, ergibt sich schon allein aus zwei Ziffern, die uns aufhorchen lassen sollten. Es ist so, daß in den letzten neun Jahren, d. h. seit 1956 — das Rezessionsjahr 1959 ausgenommen — der Preisanstieg, am Sozialprodukt gemessen, bei etwa 3% pro Jahr gelegen hat. Das gilt auch noch nach den neuesten Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes für das gesamte Jahr 1964. Wenn etwa nachher der Einwurf kommen sollte, daß ja nun mit einem Abklingen dieser unerfreulichen, seit neun Jahren bestehenden Kette zu rechnen sei, dann möchte ich hier gleich darauf aufmerksam machen, daß auch der Vergleich der Lebenshaltungskosten des vierten Quartals 1964 mit denen des vierten Quartals 1963 noch eine Steigerungsrate um über 21/.2% zeigt. Zweifellos wird man eine Verminderung von 3 auf 21/2 % noch nicht als einen entscheidenden Fortschritt betrachten können.
Nun zum Inhalt des Gutachtens des Sachverständigenrates selbst. Ich werde versuchen, den Inhalt so, wie er nach meiner Ansicht betrachtet werden muß, in ein paar kurzen Sätzen zu kennzeichnen. Die Gutachter weisen auf die große Gefahr hin, in die die Bundesrepublik mit ihrer Wirtschaft kommen kann, die Gefahr, die in folgendem Zyklus besteht. Erste Stufe dieses Zyklus ist der Preisanstieg bei unseren Haupthandelspartnerländern — insbesondere kommen 'hier die Partner innerhalb der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, Frankreich und Italien, in Frage, und wir haben ja solch einen überhöhten Preisanstieg in diesen Ländern in der jüngsten Vergangenheit erlebt —, als Folge dieses Preisanstieges die Bildung von Zahlungsbilanzüberschüssen für die Bundesrepublik — und diese Gefahr wird immer kritischer, je weiter der Zollabbau in der EWG 'fortschreitet — und als Folge dieser zweiten
Stufe wiederum ein Preisanstieg in der Bundesrepublik selbst, ausgelöst durch die Zahlungsbilanzüberschüsse, und schließlich Fortsetzung dieses Preisanstieges in der Bundesrepublik, bis ,daß das erhöhte Niveau der Haupthandelspartnerländer erreicht ist. Meine Damen und Herren, wichtig an dieser These des Sachverständigenrates, mit der wir uns sehr eingehend beschäftigen müssen, ist, daß dieser Prozeß der Aufwärtsentwicklung des bundesrepublikanischen Preisniveaus nach Auffassung der Sachverständigen keineswegs damit •abgeschlossen ist, daß der Preisanstieg in den anderen Hauptpartnerländern gebremst und vielleicht sogar zum Stillstand gekommen ist. Das wissen wir ja niemals ganz genau. Der Preisanstieg in der Bundesrepublik setzt sich vielmehr auch, nachdem der Preisanstieg in den anderen Ländern zum Stillstand gekommen ist, so lange fort, bis er das Preisniveau unserer Haupthandelspartnerländer selbst erreicht hat. Das ist die These der Gutachter, und mit ihr werden sich der Wirtschaftspolitische Ausschuß, die Öffentlichkeit, natürlich auch der Bundestag selbst und die Bundesregierung sehr eingehend zu 'beschäftigen haben.
Was sind die Folgerungen der Gutachter? Sie empfehlen zwei Dinge: einmal den Übergang zu flexiblen Wechselkursen an Stelle der derzeitigen starren Wechselkurse. Ich möchte das Währungspolitische Problem hier im Plenum nicht diskutieren, weil diese Fragen zweifellos für das Plenum nicht geeignet sind.
Aber nun kommt die zweite Alternative der Sachverständigen. Sie sagen, dieser Übergang würde zweifellos nicht notwendig sein, wenn wir schon heute eine gemeinsame wirksame Konjunktur- und Preisstabilisierungspolitik in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft hätten.

(Abg. Schmitt-Vockenhausen: Sehr richtig!)

Allerdings äußern die Gutachter erhebliche Zweifel an der Möglichkeit, diese zweite Voraussetzung zu realisieren. Damit begeben sie sich zweifellos auf ein Gebiet, das den ökonomischen Sachverständigen nicht unmittelbar zugänglich ist, nämlich auf das politische Gebiet. Wir aber können zweifellos nicht umhin, uns mit der Frage der Realisierung einer gemeinsamen europäischen Konjunktur- und Preisstabilisierungspolitik sehr eingehend zu befassen.
Zweifellos ist die Realisierung einer gemeinsamen Wirtschaftspolitik in der EWG sehr viel schwieriger, als die Bundesregierung es in ihrer Stellungnahme zu dem Gutachten erscheinen läßt. Meine Damen und Herren, vergegenwärtigen Sie sich nur einmal folgende Problematik. Wir wissen alle, daß Preisstabilität, Vollbeschäftigung und wirtschaftliches Wachstum in einer gewissen Wechselwirkung stehen. Was geschieht, wenn eine der nationalen Regierungen oder eines der nationalen Parlamente vor die sehr schwierige Frage gestellt wird — vor einer solchen Frage steht zweifellos auch jetzt wieder die italienische Regierung —, wem der Vorrang zu geben ist, der Preisstabilität oder der Aufrechterhaltung der Vollbeschäftigung oder der Aufrechterhaltung eines ausreichenden Wachstums? Schon allein an dieser Problematik werden Sie erkennen, wie außer-



Kurlbaum
ordentlich schwierig es sein wird, eine gemeinsame europäische Konjunktur- und Preisstabilisierungspolitik zustande zu bringen; das setzt nämlich auch gemeinsame Auffassungen über den Vorrang von Preisstabilität oder Vollbeschäftigung oder Wachstum voraus.
Nun kommt noch eine andere Schwierigkeit hinzu. Zweifellos haben die Väter der Römischen Verträge das Problem der importierten Inflation nicht vorausgesehen. Das kann passieren. Wir sehen nicht alle alles voraus. Aber das hat seine Folgen für den Vertrag gehabt: die gemeinsame Konjunktur-und Preisstabilisierungspolitik hat nicht diejenige Beachtung und nicht den Rang in den Verträgen gefunden wie z. B. die Zollsenkungen.
Dazu kommt noch etwas anderes, und das betrifft die Bundesregierung. Auch sie hat zweifellos nicht sehr frühzeitig das Problem erkannt. Ich erinnere nur an unsere jahrelangen wirtschafts- und konjunkturpolitischen Debatten hier in diesem Hause. Die Bundesregierung hat erst sehr spät den Wert volkswirtschaftlicher Analysen und volkswirtschaftlicher Prognosen erkannt. Daher haben wir mit der Lösung dieses Problems sowohl in der Bundesrepublik als auch in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft erst verhältnismäßig spät angefangen. Dieser verspätete Beginn der Befassung mit diesem Problem hat zweifellos seine Rückwirkungen gehabt. — Bitte schön!

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0416531100
Zwischenfrage, Herr Abgeordneter Haase!

Lothar Haase (CDU):
Rede ID: ID0416531200
Herr Kollege, hat nicht die Bundesregierung schon zum Zeitpunkt der ersten D-Mark-Aufwertung zumindest allen doch deutlich zu verstehen gegeben, daß sie das Problem der importierten Inflation begriffen hatte? Das liegt doch ziemlich weit zurück und ist doch zumindest als erstes Anzeichen zu werten.

Georg Kurlbaum (SPD):
Rede ID: ID0416531300
Herr Kollege, ich kann Ihnen darauf nur antworten, daß wir schon damals darauf hingewiesen haben, die Reaktion der Bundesregierung sei zu spät erfolgt; genau das, was ich eben gesagt habe. Die Tatsache, daß wir einen dreiprozentigen Anstieg auch nach der Aufwertung weiterhin gehabt haben, und zwar neun Jahre lang — mit Ausnahme des Jahres 1959 —, erweist doch eindeutig, daß das Problem nicht ausreichend und nicht mit der genügenden Schnelligkeit erledigt worden ist.

(Zuruf des Abg. Haase [Kassel].)

— Nun möchte ich aber fortfahren. Sie können sich nachher zur Diskussion melden. Lassen Sie mich erst meine Ausführungen beenden. Ich bin gern bereit, nachher noch weitere Fragen von Ihnen zu beantworten.
Lassen Sie mich nun auf die Stellungnahme der Bundesregierung zum Gutachten selbst eingehen. Die Bundesregierung nimmt in einem entscheidenden Abschnitt zu dem Problem der Preisstabilität, sowohl bezüglich der Vergangenheit als auch hin-
sichtlich der Zukunft, mit etwa folgenden Worten Stellung. Sie schreibt, daß bis in die jüngste Zeit Wege gefunden worden sind, um solche Impulse auf unser Preisniveau von außen her „abzudrängen". Es wäre nachher noch darüber zu sprechen, was mit dem Wort „abzudrängen" überhaupt gemeint ist. Sie schreibt weiter, daß sich auch in der Zukunft noch solche Mittel dazu finden werden. Ich glaube, das ist eine sehr bescheidene Antwort.
Die Bundesregierung verweist in diesem Zusammenhang auf die Anlage zu ihrer Stellungnahme. Sie führt dort ihre bisherigen Maßnahmen auf. Es befremdet etwas, daß unter den Maßnahmen auch die Maßnahmen der Bundesbank mit aufgeführt werden, also Maßnahmen, die die Bundesregierung gar nicht selber ergriffen hat. Außerdem ist davon zu sagen, daß gerade in der nun hinter uns liegenden Periode mit starken Devisenbilanzüberschüssen die Bundesbank auf Grund des Mechanismus des internationalen Zahlungsverkehrs bekanntlich gar nicht in der Lage war, gegen diese Devisenbilanzüberschüsse wirksam vorzugehen.
Unter den eigenen Maßnahmen, die die Bundesregierung aufführt, spielen auch die Zollsenkungen eine — mindestens was die Aufmachung in der Liste betrifft — gewichtige Rolle. Sie wissen, daß wir diesen Zollsenkungen ausdrücklich zugestimmt haben, — nicht etwa weil wir sie für ausreichend hielten, sondern weil wir der Meinung waren, daß sie überhaupt et w a s waren, wenn auch quantitativ nicht ausreichend. Das haben wir hier ausführlich begründet. Auch die Tatsache, daß sich der Preisaufstieg nach den Zollsenkungen weiter fortgesetzt hat, beweist wieder, daß sie unzureichend waren.
Das bedeutet — hier muß ich eine etwas herbe Kritik an der Stellungnahme der Bundesregierung anbringen —: die Bundesregierung argumentiert mit ihrer Stellungnahme an den Argumenten der Gutachter im wesentlichen vorbei.

(Zustimmung bei der SPD.)

Sie läßt die Sachlichkeit vermissen, die dieses Problem erfordert.

(Erneute Zustimmung bei der SPD.)

Das werden wir im Ausschuß noch im einzelnen zu belegen haben.

(Abg. Haase [Kassel] : In welchem Punkt, Herr Kollege Kurlbaum?)

— Sie versucht den Anschein zu erwecken, durch ihre Maßnahmen sei das Problem schon in ausreichendem Maße gelöst. Das bestreiten wir ganz energisch.

(Zustimmung bei der SPD. — Zurufe von der Mitte.)

In dem Gutachten ist noch eine Reihe von anderen Feststellungen enthalten, die uns bemerkenswert und erfreulich — zumindest für uns erfreulich — erscheinen. Die Gutachter stellen ausdrücklich fest, daß das Ungleichgewicht in der Außenwirtschaft oder, anders ausgedrückt, die ständigen Devisenbilanzüberschüsse in der Vergangenheit eine ent-



Kurlbaum
scheidende Rolle bei der Preisentwicklung gespielt haben. Das ist genau das Argument, das wir in diesem Hause seit Jahr und Tag, beginnend etwa mit dem Jahre 1960, hier vorgetragen haben. Wir haben darauf gedrungen, daß es besser berücksichtigt werden sollte.
Ich darf noch auf ein Zweites hinweisen. Sie können in dem Gutachten wörtlich lesen, daß mindestens im Zeitpunkt von Devisenbilanzüberschüssen Maßhalteappelle völlig unwirksam bleiben müssen, sogar die große Gefahr mit sich bringen, Erwartungen in der Öffentlichkeit zu erwecken, die nicht erfüllt werden können. Meine Damen und Herren, das ist wörtlich zu lesen in dem Gutachten des Gutachtergremiums.

(Zuruf von der Mitte: Wo denn da?)

— Die Nummer kann ich Ihnen nachher sagen. Wenn Sie nicht wissen, wo es steht, dann bedauere ich, daß Sie das Gutachten noch nicht gelesen haben. Aber genau das steht, wie ich es hier wiederholt habe, im Gutachten: Maßhalteappelle wirkungslos unter den Bedingungen von Devisenbilanzüberschüssen.

(Abg. Dr. Conring: Das erkennnen Sie an?)


Lothar Haase (CDU):
Rede ID: ID0416531400
Herr Kollege Kurlbaum, meinen Sie nicht auch, daß es nicht nur außenwirtschaftliche Faktoren sind, die zur Verschlechterung der Geldwertstabilität beitragen, sondern daß es auch innenwirtschaftliche sind und daß man angesichts dieser Umstände hinsichtlich der innenwirtschaftlichen Faktoren — z. B. Verhaltensweise der öffentlichen Hand, Kumulierung von Ausgaben auf Märkten mit besonderen Überhitzungserscheinungen — sehr wohl zu Maßhalteappellen schreiten muß?

(Abg. Matthöfer: Insbesondere die öffentliche Hand! — Weitere Zurufe von der SPD.)


Georg Kurlbaum (SPD):
Rede ID: ID0416531500
Herr Kollege, ich kann Ihnen nur folgendes sagen: Sie haben das Gutachten offensichtlich nicht gelesen.

(Abg. Haase [Kassel] : Aber natürlich!)

Ich habe zunächst einmal über den Inhalt des Gutachtens referiert. Der wesentliche Inhalt besteht eben darin, daß die Gutachter auf dem Standpunkt stehen, daß eine Nachfrageerhöhung, wenn sie in der Bundesrepublik auf Grund dieser außenwirtschaftlichen Beziehungen eintritt, und dann etwa folgende Preiserhöhungen nicht heruntergeredet werden können, weil die Nachfrage, die von den Devisenbilanzüberschüssen ausgeht, auch nicht weggeredet werden kann. Das ist die Argumentation der Gutachter.

(Abg. Haase [Kassel] : Das ist nur eine Seite des Problems!)

— Das ist die Argumentation der Gutachter. Bitte, Sie haben nachher Gelegenheit, sich dazu zu äußern.
Ich werde Wert darauf legen, daß die Thesen der Gutachter im Wirtschaftsausschuß noch einmal sehr
eingehend diskutiert werden. Dann werden Sie Gelegenheit haben — vielleicht mit Erfolg, das weiß ich nicht, ich möchte es Ihnen überlassen —, die Thesen der fünf Gutachter zu widerlegen. Aber das steht in dem Gutachten.
Meine Herren, daß Sie das alles nicht freut, ist mir selbstverständlich. Daß das auch die Bundesregierung nicht gefreut hat, ist mir ebenfalls selbstverständlich. Aber Sie werden verstehen, daß wir Wert darauf legen müssen, hier an Hand des Gutachtens festzustellen, wie richtig wir in den letzten Jahren mit unserer Argumentation gelegen haben.
Ich will noch etwas sagen, was die Argumentation in diesem Gutachten für uns so interessant macht. In dem Gutachten wird zwar gesagt, daß ein totales Mittel nach Ansicht der Gutachter der Übergang von festen zu flexiblen Wechselkursen wäre. Es wird uns aber ausdrücklich bestätigt — hier möchte ich Ihnen auch gern die Nummer sagen; es ist, glaube ich, Nr. 237 —, daß der Vorschlag, Maßnahmen beim Grenzübergang zu treffen, bezüglich der umsatzsteuerlichen Be- und Entlastung nach Auffassung der Gutachter das Problem zwar nicht total lösen würde, aber mindestens begrenzt auf den Warenverkehr eine Wirkung in der richtigen Richtung haben würde. Sie haben hier erklärt, daß Sie diesen Weg unter keinen Umständen gehen wollen.
Für uns ist die Ausbeute dieses Gutachtens außerordentlich positiv. Ich bekenne hier ganz offen, meine Damen und Herren von der Koalition: Wir haben sehr genau gewußt, warum wir auf eine sachliche Beurteilung dieses Komplexes Wert legen müssen. Denn wir waren uns von Anfang an bewußt, daß wir aufrichtig und sachlich argumentiert haben. Ob Sie das immer getan haben, wird sich bei der weiteren Diskussion noch herausstellen.
Nun komme ich zu einem anderen Komplex im Zusammenhang mit diesem Gutachten. Das ist das formale Verfahren. Schon im Wirtschaftspolitischen Ausschuß haben unsere Mitglieder zusammen mit den Sachverständigen, die auf unsere Bitte gehört worden sind, festgestellt, daß ein Gutachten sinnvoll nicht gemacht werden kann oder mindestens sehr erschwert wird, wenn die Bundesregierung nicht rechtzeitig erkennen läßt, welche wirtschaftspolitischen Ziele sie hat und welche Rangordnung sie den Zielen gibt. Ich sage das deshalb, weil im nachhinein von der Bundesregierung in ihrer Stellungnahme gesagt worden ist, die Gutachter hätten der Integrationspolitik im Verhältnis zu dem im Gesetz festgelegten Gesichtspunkt der Preisstabilität nicht die gebührende Rangordnung gegeben.
Auch das haben wir vorausgesehen, und auch die Sachverständigen haben vorausgesehen, daß man die Gutachter überfordert und falsch kritisiert, wenn man sagt: Sie sind nicht von den richtigen Voraussetzungen ausgegangen, von denen die Bundesregierung bei ihren politischen Entscheidungen ausgehen muß. Herr Professor Nell-Breuning, dessen weise Voraussicht man nicht nur in dieser Beziehung loben muß, ist sogar so weit gegangen, daß er in den Ausschußverhandlungen in Gegenwart der Herren des Bundeswirtschaftsministeriums, insbesondere des jetzigen Staatssekretärs Dr. Langer,



Kurlbaum
darauf hingewiesen hat, daß, wenn die Bundesregierung nicht vorher genügend klarmacht, was ihre Ziele sind und wie deren Rangordnung ist, es nachher zu einem öffentlichen Streit kommen wird. Den haben wir jetzt, sehr weise vorausgesagt von Herrn Professor Nell-Breuning.

(Zuruf von der CDU/CSU: Wundert Sie das?) — Auch von uns vorausgesagt!

In diesem Zusammenhang möchte ich die Frage stellen, ob ich richtig informiert worden bin. An einer Stelle geben die Gutachter ihre Überlegungen wieder, die sie im Frühsommer bezüglich der Gefahren für die Preisentwicklung gemacht haben. Soweit ich im Bilde bin, sind diese Ausführungen, die sich schon auf den Vorschlag flexibler Wechselkurse konzentrierten, in einem Brief an den Bundeskanzler weitergegeben worden. Frage: Welche Antwort haben die Gutachter auf dieses ihr Schreiben vom Sommer des vergangenen Jahres erhalten? Ist daher der Vorwurf, daß sie sich bei ihrem Gutachten nicht im Rahmen der politischen Möglichkeiten bewegt haben, überhaupt gerechtfertigt?
Meine Damen und Herren, das sind die wesentlichen Punkte, die das Verfahren betreffen. Wir glauben, daß die vorherige Klarstellung der Ziele der Bundesregierung und ihrer Rangordnung in Zukunft eine entscheidende Rolle spielen muß. Wir glauben, daß überlegt werden sollte, ob man sich nicht gerade auf Grund dieser Erfahrungen doch zu einer Änderung des Gesetzes entschließen sollte.
Ich will noch auf eine zweite Kritik in der Stellungnahme der Bundesregierung kurz eingehen. Dort wird den Gutachtern vorgeworfen, sie hätten keine Alternativen durchgerechnet. Meine Damen und Herren, wir haben uns auch in den Ausschüssen schon gegen diese Formulierung gewandt, weil die Zahl der möglichen Alternativen unendlich groß ist. Da kann gesagt werden: eine Alternative: Devisenüberschüsse so groß oder so groß, eine andere Alternative: öffentliche Ausgaben so groß oder so groß, oder: Steuereinnahmen so groß oder so groß, Lohnentwicklungen auf Grund der Beschlüsse der Tarifpartner so groß oder so groß, Investitionen der Unternehmer so groß oder so groß, oder was auch immer. Meine Herren, damals haben die Gutachter schon gesagt, sie seien überfordert, wenn sie nicht von der Bundesregierung wenigstens Hinweise bekämen, welche Alternativen politisch interessant seien. Im übrigen haben die Gutachter auch zum Ausdruck gebracht, daß, wenn sie alle diese Alternativen sorgfältig durcharbeiten und durchrechnen sollten, ihr Apparat dazu überhaupt nicht ausreiche.
Abschließend möchte ich folgendes sagen. Wir halten es nicht nur für notwendig, daß wir uns im Ausschuß sehr eingehend über dieses Gutachten unterhalten — es ist es wert, daß man sich sehr eingehend damit beschäftigt —; wir müssen uns auch mit der Frage beschäftigen, ob das Verfahren richtig ist, nach dem hier vorgegangen worden ist. Wir hatten den bedauerlichen Eindruck, daß nach dem Verfahren, das hier von der Bundesregierung und den hinter ihr stehenden Parteien gewählt worden ist, die Bundesregierung bei dem ganzen Prozeß der
Erstellung eines solchen Gutachtens für die deutsche Volkswirtschaft ein Minimum an Verantwortung hat und in die denkbar günstigste taktische Lage gegenüber den Gutachtern, dem Parlament und der Öffentlichkeit kommt. Ich glaube, unter einem solchen Gesichtspunkt kann man ein solches Problem nicht behandeln. Daher meine ich, daß wir uns nochmals sehr eingehend mit dem Gutachten und mit den Erfahrungen befassen müssen, die wir beim ersten Akt dieser Gutachtertätigkeit gemacht haben. Wir legen entscheidenden Wert darauf, daß das Verfahren verbessert wird, und sind gern bereit, gemeinsam mit Ihnen daran zu arbeiten, daß der zweite Akt nicht mit einem solchen Mißklang endet wie der erste Akt.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0416531600
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Menne.

W. Alexander Menne (FDP):
Rede ID: ID0416531700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kurlbaum hat soeben das Sachverständigengutachten in besonderer Weise herangezogen. Wir sind ihm dankbar dafür; denn dieses Gutachten ist sicher der Mühe wert, es sehr sorgfältig zu studieren. Es ist ein Versuch, ein erster Versuch. Es ist eine beachtenswerte Leistung, aber es ist noch ein Versuch, und man sollte deshalb etwas vorsichtig sein, die Wirtschaftspolitik schon danach auszurichten.
Herr Kurlbaum hat davon gesprochen, daß die Preise nicht stabil geblieben sind. Ich kann als Zeugen unseren Bundesbankpräsidenten Blessing aufrufen, der kürzlich erklärt hat, daß die Preissteigerung keineswegs eine Nachkriegserscheinung ist, sondern daß wir seit 1900 leider Gottes eine ständige Preiserhöhung haben. Wenn wir — ich persönlich kann es kaum — an die Preise vor dem ersten Weltkrieg zurückdenken, besonders auch an die landwirtschaftlichen Preise, dann werden wir feststellen, daß die Preiserhöhung, die wir so beklagen, leider ein Trend ist. Was den Vergleich mit anderen Ländern angeht, so möchte ich darauf aufmerksam machen, daß folgende Zahlen festgestellt worden sind. Zwischen Oktober 1963 und Oktober 1964 hatte die Bundesrepublik einen Preisverfall von etwa 2,5%, Großbritannien von 4 %, die Niederlande von 6,1%, Italien von 6,5%, Norwegen von 7,8 %. Wir stehen bei diesem Vergleich wohl in Europa, wahrscheinlich auch im Vergleich zu den USA am besten da. Wir haben versucht und versuchen ständig, durch die Automatisierung, durch die Rationalisierung unserer Produktion die Kosten auszugleichen, die heute infolge der Hebung des Lebensstandards auf uns zukommen. Bedenken Sie aber bitte, meine Damen und Herren, daß ein Großteil der Beschäftigten heute nicht mehr in der_ Produktion tätig ist — in der Produktion finden wir nur noch 40% —, sondern im Dienstleistungsgewerbe, und die Marge für die Rationalisierung ist im Dienstleistungsgewerbe wesentlich geringer.
Was die Stabilisierung der Währung angeht, so hat vorhin schon einer der Kollegen auf die Aufwertung der D-Mark hingewiesen. Meine Damen



Dr. h. c. Menne (Frankfurt)

und Herren, welche Währung außer unserer ist nach dem Kiege aufgewertet worden? Ich glaube, das sagt an sich schon alles. Was dagegen die flexiblen Wechselkurse betrifft, so wird ein genaues Studium — und das soll der Wirtschaftsausschuß ja durchführen — wahrscheinlich beweisen, daß sie im Rahmen der EWG nicht praktisch sind. In der EWG würden sie sich wahrscheinlich zu einem Faktor entwickeln, der den Warenverkehr wieder ungleich gestalten würde, und damit haben wir ja schon genug zu tun.
Schließlich wollen wir nicht vergessen, daß die Preissteigerung, die wir — ich sage es noch einmal — alle sehr beklagen, nur deshalb im Vergleich zu anderen Ländern noch so gering ist, weil wir nach dem System der sozialen Marktwirtschaft, die wohl auch von Herrn Kurlbaum und seinen Kollegen gestützt wird, arbeiten. Die französische Industrie hat gerade in den letzten Tagen gefordert, man möge diese deutschen Methoden auch in Frankreich einführen, um sie besser konkurrenzfähig zu machen.
Zum Abschluß möchte ich noch sagen: Es wird uns ein Vergnügen sein, uns mit diesem Sachverständigenbericht zu befassen. Ich bin der Überzeugung, daß die Idee sehr gut ist und uns sicher erlauben wird, hier im Bundestag manches nachzuprüfen.
Ich möchte aber auch noch einige Worte über die von Herrn Kurlbaum nicht angeschnittenen Probleme sagen.
Grundsätzlich möchte ich erklären, daß wir von den Freien Demokraten voll hinter der erfolgreichen Wirtschaftspolitik der Bundesregierung stehen. Sie hat unserem Volk stabile Lebensbedingungen vermittelt und uns allen ein Gefühl der Sicherheit gegeben, das es früher nicht gegeben hat.

(Abg. Dr. Conring: Sehr richtig!)

Das Bestreben der Koalition ist, die Erhaltung und Stärkung von Industrie, Handwerk und Handel zu sichern, und diese Wirtschaftspolitik war erfolgreich.
Ich verstehe, Herr Kurlbaum, daß Sie die Zeit des Hohen Hauses etwas schonen wollten; ich werde versuchen, das auch zu tun. Ich möchte jedoch die Kartellnovelle nicht unerwähnt lassen. Die Beschlüsse, die der Wirtschaftsausschuß des Hohen Hauses vor einigen Tagen gefaßt hat, haben für die mittelständische Industrie eine große Bedeutung.

(Abg. Lange [Essen] : Das stimmt ja wohl nicht ganz!)

— Das stimmt doch! Die Kartellnovelle sieht nämlich vor, daß die mittelständische Industrie ihre Produktion durch Spezialisierung rationalisieren kann.

(Abg. Lange [Essen] : Das stimmt doch nicht, Herr Menne! Dieselbe Erleichterung geben Sie doch den Großen!)

— Es stimmt schon; denn das Kartellamt muß eine quasi Genehmigung erteilen und könnte der berüchtigten Großindustrie — der anzugehören ich die Ehre habe — den Mißbrauch dieser Erleichterung für den Mittelstand sperren. Das wissen Sie doch ganz genau, meine Herren!

(Abg. Lange [Essen] : So ist es eben nicht!)

Lassen Sie mich aber aussprechen, was ich sagen wollte: die mittelständische Industrie ist dadurch in der Lage — das ist der entscheidende Punkt, und dem werden Sie sicher zustimmen —, ähnliche Produktionsmethoden anzuwenden wie die Großindustrie. Das ist jetzt möglich, und insofern begrüßen wir diese Kartellnovelle.
Herr Erler hat in seinen einleitenden Bemerkungen beklagt, daß die Kartellnovelle noch nicht fertiggestellt sei. Demgegenüber möchte ich darauf aufmerksam machen, daß die Arbeiten im Wirtschafts- und im Rechtsausschuß — und, soweit der Mittelstandsausschuß betroffen ist, auch dort — so weit vorangeschritten sind, daß ich wohl nicht zuviel sage, wenn ich der Erwartung Ausdruck gebe, daß sowohl die Kartellnovelle wie das neue Aktienrecht noch in dieser Legislaturperiode vom Plenum angenommen werden können. Ich hoffe, daß die noch bestehenden strittigen Fragen zwischen uns so geregelt werden, daß wir bald zum Abschluß dieser Arbeiten kommen.
Bei all unseren Gesetzentwürfen sollten wir uns sehr überlegen, was wir jetzt machen; denn immer mehr 'kommen die Behörden der EWG zum Zuge. Sogehen z. B. die eben erwähnte Kartellnovelle und das Kartell-Rahmengesetz, das 'sich die EWG gegeben hat, von zwei ganz verschiedenen Ideen aus. Wir orientieren uns nach dem deutschen Recht, Brüssel orientiert sich nach dem zusammengefaßten internationalen Recht der sechs Länder. Ich möchte dringend dazu raten, daß wir neue Gesetze nicht vorschnell einführen, sondern an die Notwendigkeit der Harmonisierung im Rahmen der EWG denken. Wir müssen unsere Gesetze dem EWG-Recht anpassen. Denn es ist für diejenigen, die als Untertanen von diesen Gesetzen betroffen werden, außerordentlich schwer, mit zwei verschiedenen Gesetzgebern und zwei Behörden — in Bonn und in Brüssel — fertig zu werden, wenn sich deren Maßnahmen nicht unter einen Hut bringen lassen.
Das größte Plus, das wir in Deutschland haben, ist die Wirtschaft. In der Außenpolitik, in der Politik schlechthin, haben wir durch die schmerzliche Zerreißung unseres Landes einen sehr schlechten Stand. Aber unsere Wirtschaft wird in der ganzen Welt als eine der führenden, vielleicht als die führende anerkannt. Bitte, verhindern Sie, daß durch verschiedene Gesetzgebungen in Bonn und Brüssel ein heilloses Durcheinander entsteht!

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0416531800
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Wirtschaft.

Dr. Kurt Schmücker (CDU):
Rede ID: ID0416531900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In vielen Parlamenten ist es Brauch, daß, wenn ein Kollege seine Jungfernrede gehalten hat, der nächste Sprecher ihm gratuliert. Ich möchte dem Kollegen Dr. Menne gratulieren.

(Beifall.)

Nach diesem Glückwunsch möchte ich einen Dank aussprechen, einen Dank an den Herrn Berichterstat-



Bundesminister Schmücker
ter, weil er mit solchem Nachdruck auf die Bedeutung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt hingewiesen hat. Ich habe in der letzten Woche zum zweitenmal die PTA besucht — das erstemal in Braunschweig, aber Sie wissen, daß ein Teil der Anstalt in Berlin ist —, und Herr Professor Kerstens hat mir einen ähnlichen, ich möchte fast sagen: gleichen Vortrag gehalten. Ich konnte mich überzeugen, daß das, was er vortrug, berechtigt ist. Ich werde mich bemühen, den vielen Anliegen, die dort an mich herangebracht worden sind, nachzukommen, soweit ich es kann und soweit mein verehrter Herr Kollege es möglich machen kann,

(Zuruf von der SPD: Welcher Kollege?)

und bitte auch Sie, diese Bemühungen zu unterstützen.
Dann hat Herr Kurlbaum das Wort genommen. Ich möchte hier nur zu Ihrer Vorbereitung sagen, daß ich nachher noch einmal kurz auf die Ausführungen von Herrn Dr. Schmidt (Gellersen) zurückkommen muß, weil er mich gestern genannt hat. Herr Kurlbaum, ich bin mit Ihnen der Meinung, daß es eigentlich sehr schön wäre, auch jetzt schon über Kartellgesetz, Vermögenspolitik und Energiepolitik zu sprechen. Hinsichtlich des Kartellgesetzes haben wir ja sehr bald die Möglichkeit dazu. Was die Energiepolitik angeht, so sollten wir in der Tat, bevor dieses Haus auseinandergeht, noch einmal über die Probleme, und zwar nicht nur der Kohle, diskutieren. Ich darf nur so viel schon mitteilen, daß ich in einem Vorstoß bei der Diskussion über das Arbeitsprogramm in Brüssel verlangt habe, daß — unabhängig von der Fusion der Behörden — sowohl Luxemburg wie Euratom wie EWG sich bemühen sollten, hier zu einer Zusammenarbeit zu kommen; aber das scheint wohl sehr, sehr schwierig zu sein. Sollte das nicht möglich sein, dann hat die Bundesregierung die Absicht, innerhalb der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft initiativ vorzugehen; denn ich glaube nicht, daß es möglich ist, die energiepolitischen Probleme — wie viele andere auch — nur unter Berücksichtigung des deutschen Gesichtspunkts zu lösen.
Herr Kurlbaum, Sie sind dann auf das Sachverständigengutachten eingegangen. Ich hatte es bis dahin — und habe das auch meinen Kollegen im Ältestenrat, also meinen Fraktionskollegen, gesagt — eigentlich ein wenig bedauert, daß wir dieses Gutachten ohne Debatte an den Wirtschaftsausschuß überweisen mußten; denn Sinn dieses Gutachtens war es doch, Anhaltspunkte zu geben — auch uns selber — für die Haushaltsberatungen und die Möglichkeiten, die wir in einem solchen Haushalt haben, Anhaltspunkte vor allen Dingen auch in bezug auf die Art der Aufteilung der Mittel; denn der Haushalt ist ja nicht nur dem Volumen nach ein wirtschaftspolitisches Problem, sondern auch nach seinen einzelnen Sektoren. Das hat sich ja nun leider nicht ermöglichen lassen, und insofern ist es sicherlich dankenswert, daß Herr Kurlbaum hier schon einiges zu dem Gutachten gesagt hat. Ich will seine Debatte gerne fortsetzen.
Über das Gutachten ist eine sehr lebhafte Debatte entstanden, und bei dieser Debatte sind Gutachter
und auch Kritiker des Gutachtens nicht immer sehr gut davongekommen. Nun, ich glaube, Herr Kurlbaum, daß man dann, wenn diskutiert wird, eigentlich die Kraft haben müßte, so etwas in Kauf zu nehmen. Sie wissen, daß ich mich bemüht habe, mit den Gutachtern ein Gespräch zu führen; ich komme gleich auf die einzelnen Punkte noch zurück. Sie haben darauf hingewiesen, daß die eigentliche Gefahr, so wie die Gutachter es darstellen, darin liege, daß wir unter einer importierten Inflation leiden, die nicht nur daher rührt, daß Zahlungsbilanzüberschüsse entstehen, sondern daß durch einen außenwirtschaftlichen Anteil, der nun über 120 Milliarden DM erreicht hat, Kontakt mit dem erhöhten Niveau — so ähnlich haben Sie es ausgedrückt — genommen wird und deshalb allein aus der Außenwirtschaft eine inflationierende Tendenz herrühren kann.
Das ist in der Tat eine wichtige Feststellung, keine neue, aber eine wichtige Feststellung, und zwar deswegen, weil sie zum Mittelpunkt, zum Angelpunkt aller Überlegungen gemacht worden ist. Herr Kurlbaum, ich könnte jetzt in diesem Zusammenhang schnell 'sagen: Da wir mit der Vollbeschäftigung und dem Wachstum — wie Sie sagten — zufrieden sein können, haben wir nur Sorgen, die von außen kommen. Dann wäre das ein ganz gutes Lob. Ich weiß aber sehr wohl, daß sich das gar nicht lohnt; denn hier liegt eine wirklich sehr, sehr schwierige Aufgabe vor uns. Was die Folgerungen betrifft, so hat Herr Kurlbaum nur den Übergang zu flexiblen Wechselkursen genannt und gemeint, es sei sehr schwierig, darüber im Plenum zu diskutieren. Ich gebe ihm recht, daß das schwierig ist. Aber, Herr Kurlbaum, ich glaube, die Öffentlichkeit — und nicht nur die deutsche — hat ein Anrecht darauf, zu erfahren, wie die Bundesregierung dazu steht. Damit unterstreiche ich die Notwendigkeit einer vorbereiteten Erklärung. Ich werde sie nachher zu diesem Komplex bekanntgeben.
Sie haben die gemeinsame Konjunkturpolitik in der EWG angesprochen. Ja nun, meine Damen und Herren, man kann ja nicht immer wieder selbst darauf hinweisen, aber wer hat denn den Anstoß dazu gegeben, daß in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft endlich über diese Dinge gesprochen wird? Ich war kaum ein halbes Jahr im Amt, da konnte ich einen solchen Beschluß in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft durchsetzen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Der Erfolg ist ganz augenfällig, ist ganz offensichtlich; denn nach einem Jahr können wir uns zum erstenmal in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft darüber streiten, wer die geringere Inflationsquote hat, Deutschland oder Frankreich. Was früher außerhalb jeder Debatte stand — die anderen kümmerte sich nicht ausreichend darum —, wird jetzt schon zu einem Streitpunkt, über den wir uns freuen können. Insofern kann ich es nicht übernehmen, wenn Sie meinen, wir hätten dieses Problem in unserer Stellungnahme als zuwenig schwierig dargestellt. Ich habe an den Verhandlungen teilgenommen. Ich nehme fortgesetzt an ihnen teil und weiß, wie kompliziert das ist und welche weittragenden



Bundesminister Schmücker
Folgen das, wenn wir zu den entscheidenden Beschlüssen kommen, haben wird.
Ich möchte sehr gern, daß auch dieses Hohe Haus sich keinen Illusionen hingibt. Wenn wir zu einer gemeinsamen Konjunktur- und Währungspolitik kommen, dann bedeutet das, daß wir für alle Regionen Europas mitverantwortlich sind und, wenn auch nicht direkt, so doch mittelbar für sie eine gemeinsame Haushaltspolitik machen müssen. Ich glaube, diese Andeutung genügt, um darzustellen, wie unerhört schwierig dieses Problem ist.
Herr Kurlbaum, Sie haben dann von einem gemeinsamen Vorrang von Stabilität, Wachstum und Vollbeschäftigung gesprochen. Ich würde Vollbeschäftigung nicht als eine vorrangige, sondern als eine absolut notwendige Sache bezeichnen. Die lasse ich überhaupt aus dem Spiel der Vorrangigkeit heraus, weil sie für mich vor dem Vorrang sozusagen noch einen Vorrang hat; entschuldigen Sie dieses Wortspiel. Bei Stabilität und Wachstum aber muß man sich, wie ich glaube, entscheiden, wem von beiden, der Stabilität oder dem Wachstum, man den Vorrang geben will. Da kann man nicht sagen: beide haben den Vorrang; vielmehr kann nur eines von beiden ihn haben. Ich will Ihnen noch entgegenkommen: ich bin sogar der Auffassung, daß man nicht absolut für alle Zeiten sagen kann, der Stabilität gebühre der Vorrang. Unter den gegenwärtigen Bedingungen aber gehört der Stabilität ganz klar und absolut der Vorrang.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Herr Kurlbaum hat dann gesagt, daß wir den Wert von Prognosen nicht frühzeitig genug erkannt hätten. Nun, wir haben doch mit dem Gutachten nicht zum erstenmal eine Prognose oder eine Darstellung der volkswirtschaftlichen Verhältnisse in Deutschland bekommen. Sieben Stück bekommen wir jedes Jahr, vielleicht sind es noch einige mehr. Es kam hier darauf an, ein Gremium mit hoher Autorität zu schaffen, und ich bin ein wenig enttäuscht darüber, daß diese Autorität von denjenigen, die sich an sie wenden sollen, noch nicht ausreichend gesehen wird. Und wir gehen selber ein Beispiel dafür: War haben dieses Gutachten für unsere Haushaltsberatungen hier gefordert, und es wird so nebenbei mit erwähnt. Von den Kreisen der Wirtschaft will ich in diesem Zusammenhang jetzt noch nicht sprechen.
Dann hat Herr Kurlbaum gefragt, was es heißen solle, Impulse abzudrängen. Er hat sich ein wenig darüber beklagt, daß wir die Maßnahmen der Bundesbank sozusagen, als wären sie die unsrigen, mit erwähnt haben. Herr Kurlbaum, wir arbeiten mit der Bundesbank ausgezeichnet zusammen. Es gibt keine Maßnahme der Bundesbank, die nicht mit uns abgestimmt ist. Sie wissen, daß der Herr Finanzminister oder ich, wenn es eben möglich ist, an den Sitzungen des Zentralbankrates teilnimmt, und insofern, da ja beide Maßnahmen zusammenwirken müssen, glaube ich, war es notwendig, sie mit aufzuzählen. Das Wort „abdrängen" gefällt mir ausgezeichnet. Das ist mir zuerst gar nicht aufgefallen.

(Abg. Kurlbaum: So unverbindlich!)

— Es ist in der Tat so — ich gebe Ihnen recht —, daß vieles, was heute gemacht wird, bis jetzt nur ein Abdrängen ist, weil wir zu dem entscheidenden Problem noch nicht durchstoßen können. Wenn wir es könnten, wenn wir es in eigener Zuständigkeit tun könnten, würden wir es doch tun. Sie alle wissen doch, daß das Währungsproblem ein internationales Problem ist, und daß es darauf ankommt, in den entsprechenden internationalen Gremien weitere Versuche zu unternehmen, zu einem Wohlverhalten zu gelangen.
Dann halben Sie darauf hingewiesen, daß Maßhalteappelle bei Devisenüberschüssen keinen Sinn haben.

(Abg. Kurlbaum: Das haben die Gutachter gesagt!)

— Sie haben im Zusammenhang mit Ihrem Bericht über das Gutachten darauf hingewiesen, und ich nehme doch an, daß Sie dieses Wort übernehmen; sonst hätten Sie es hier doch nicht gesagt. Ich übernehme es auch, Herr Kurlbaum. Aber ich weise darauf hin, daß es im vergangenen Jahr gelungen ist, bei einem Außenhandelsüberschuß von über 6 Milliarden DM die Devisenbilanz ausgeglichen zu halten. Das war eine, wie ich meine, respektable wirtschaftspolitische Leistung.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Denn wir können doch feststellen, daß von der ausgeglichenen Devisenbilanz eine beruhigende Wirkung ausgegangen ist. Natürlich, wenn die Devisenbilanz nicht ausgeglichen ist, wenn also Überschüsse da sind, dann kann man soviel appellieren, wie man will; dann gehen diese Dinge ihren eigenen Weg. Aber wenn die Ausgeglichenheit da ist — und sie ist da —, dann sind Appelle zum vernünftigen Verhalten notwendig. Wer diese Appelle nicht hören will, dem muß ich leider zutrauen, daß er etwas anderes im Schilde führt.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Ich möchte aber darauf hinweisen — gerade im Zusammenhang mit dem Außenhandel, weil man über ihn so gern spricht, als wäre er die große Gefahr für uns —, daß wir uns ebenso wie in den anderen Gebieten auf die europäische Entwicklung vorbereiten müssen. Herr Kurlbaum, Sie wissen ganz genau, daß ich persönlich Ihrem Vorschlag —. grenzüberschreitender Verkehr, Umsatzsteuer usw.
— keineswegs vom Prinzip ablehnend gegenübergestanden habe. Sie wissen, daß ich es damals für notwendig, aber zur Zeit nicht für durchführbar hielt. Wir haben die Zollvorlage gewählt. Beides wäre nach meiner Meinung zuviel gewesen. Es ist ja auch gelungen. Wir haben den Ausgleich. Wir haben eine Importsteigerung im zivilen Bereich von annähernd 20 % erreichen können. Ich bleibe also auch heute dabei, daß man eine solche Maßnahme im Prinzip nicht abzulehnen braucht. Aber angesichts der Umsatzsteuerreform sind soundsoviel Gegenargumente mit in Betracht zu ziehen
Ich muß Sie aber auch darauf hinweisen, meine Damen und Herren, daß Sie sich bei der Überlegung einer möglichen Exportdrosselung die Struktur der deutschen Ausfuhr und vor allen Dingen



Bundesminister Schmücker
der europäischen Außenwirtschaft insgesamt ansehen müssen. Der Außenhandel der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ist seit vier Jahren defizitär.

(Abg. Kurlbaum: Herr Schmücker, wir empfehlen das in diesem Zeitpunkt nicht, aber wir weisen darauf hin, daß wir ein langfristiges Instrumentarium brauchen!)

— Nun gut. Herr Kurlbaum, ich möchte an dieser Stelle schon darauf antworten. Mir wäre es lieber, ein Instrumentarium zu finden, das eine solche Maßnahme, die nur abdrängen kann — darum fand ich Ihren Ausdruck so gut —, überflüssig macht. Es ist besser, wir finden eine Systematik, die solche Hilfsmittel, die nicht auf den Kern vorstoßen, überflüssig macht.
Aber ich brauche ja nicht nur zu antworten. Ich darf auch einiges von mir aus sagen. Niemand sollte übersehen, daß die Handelsbilanz der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft seit vier Jahren defizitär ist, im vorvorigen Jahr mit 12 Milliarden DM und im vergangenen Jahr bis zum Oktober bereits mit 9 Milliarden DM. Der einzige Staat in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, der eine aktive Handelsbilanz hat — immer den Handel innerhalb der Wirtschaftsgemeinschaft ausgeschlossen, also nur im Handelsverkehr der EWG-Staaten mit anderen Ländern —, ist die Bundesrepublik. Der Aktivsaldo der Bundesrepublik im Handel mit Drittländern betrug von Januar bis Oktober 2,6 Milliarden DM und im ganzen Jahr 1964 1,9 Milliarden DM.
Erfreulicherweise ist die Zahlungs- und die Devisenbilanz der EWG wesentlich günstiger. Sie ist aktiv. Sie wissen, an welchen Umständen das liegt. Das liegt nicht nur am Tourismus, das liegt auch an einigen Investitionen, die gegenwärtig auch bei uns in Deutschland dem einen oder anderen Kummer zu machen beginnen.
Herr Kollege Kurlbaum, ich habe diese Dinge erwähnt, weil Sie sie so stark in den Vordergrund gerückt haben. Ich darf Sie bitten — nicht etwa, um Ihren Beitrag zu korrigieren, sondern um die Gewichte richtig zu verteilen —, die Ausführungen unter Ziff. 144 b) des Gutachtens nicht zu vergessen. Dort heißt es:
Seit Erreichen eines hohen Beschäftigungsstandes sind die Preise ständig, in den letzten Jahren sogar beschleunigt gestiegen. Damit gewinnt die These, daß unter den herrschenden Bedingungen Geldwertstabilität vor allem mit dem Vollbeschäftigungsziel in Konflikt steht, die größte Überzeugungskraft; sie wird durch andere Beobachtungen nicht widerlegt, entspricht der Alltagserfahrung auch in den Partnerländern und findet in langfristigen Analysen der britischen und amerikanischen Verhältnisse eine Bestätigung.
Unter Ziffer 248 b) heißt es dann:
Damit das Kostenniveau nicht steigt, dürfen die Nominallöhne, solange die oben genannten Annahmen und Bedingungen — insbesondere monetäres und außenwirtschaftliches Gleichgewicht — gegeben sind, dem Grundsatz nach im Durchschnitt nicht stärker erhöht werden als um den Prozentsatz, um den sich in der Gesamtwirtschaft das Produktionsergebnis je Stunde — von etwaigen Struktureffekten bereinigt — erhöht.
Das ist das aktuelle Problem, und wenn wir im vergangenen Jahr immer wieder darauf hingewiesen haben, daß uns niemand damit kommen sollte, daß etwa von tarifpolitischen Bewegungen her der entscheidende Impuls ausgegangen sei, so haben wir etwas gesagt, was stimmt. Im gegenwärtigen Augenblick stellen wir aber leider fest, daß sich zu wenige nach dem im hohen Ansehen stehenden Gutachten richten. Wer spricht über 5 %, meine Damen und Herren?! Es werden Zahlen genannt, vor denen man nur das Grauen bekommt, wenn man an die Folgen für die Stabilität denkt.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Ich werde im einzelnen noch darauf zurückkommen.
Herr Kurlbaum hat dann vorgeschlagen, man solle doch einmal überlegen, dieses Gesetz zu ändern. Ich stimme ihm zu. Ich habe denselben Vorschlag in der Unterhaltung mit den Sachverständigen gemacht; denn ich glaube, wenn wir das Gutachten für die Beratungen des Haushalts haben wollen, dann sind die Termine in dem Gutachten falsch gesetzt. Zweitens bin ich der Meinung, daß die der Regierung gegebene Acht-Wochen-Frist zu lang ist. Sie sind vielleicht erstaunt darüber, aber sie ist für mich zu lang. Auch müßte die Art der Veröffentlichung exakter geregelt werden. Es paßt nicht richtig, wenn wir zunächst eine Stellungnahme veröffentlichen und dann alles andere erst hinterher kommt. Aber das sind Kinderkrankheiten.
Die wirtschaftspolitisch interessierten Kollegen kennen meine Vereinbarungen mit dem Sachverständigenrat. Herr Präsident, ich darf sie vielleicht zu Protokoll geben. Oder soll ich sie vorlesen? Ich lege Wert darauf, daß die Formulierung im Protokoll erscheint. — Gut, dann werde ich sie vorlesen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0416532000
Einen Augenblick, Herr Minister! Muß das sein, Herr Kollege Kurlbaum? Sie wissen doch schon alles.

(Abg. Kurlbaum: Ich habe nicht gesagt, daß es vorgelesen werden soll!)

Herr Minister, können Sie nicht den Text in zwei Sätzen wiedergeben? Ist das so schwierig?

Dr. Kurt Schmücker (CDU):
Rede ID: ID0416532100
Ich darf es also hier zu Protokoll geben *). Es handelt sich um die Einigungsformel, daß jeder jedem das Seine gibt.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0416532200
Also das suum cuique. Damit haben wir uns aus der Affäre gerettet.
*) Siehe Anlage 7




Dr. Kurt Schmücker (CDU):
Rede ID: ID0416532300
Ich möchte jetzt zur internationalen Währungsordnung einiges sagen. An der internationalen Währungsordnung ist in letzter Zeit nicht nur in Fachkreisen, sondern auch in der Öffentlichkeit stark Kritik geübt worden. In der Bundesrepublik hat das Gutachten des Sachverständigenrats die Aufmerksamkeit in besonderem Maße auf dieses Problem gelenkt. Dafür bin ich — das möchte ich ausdrücklich betonen —dem Sachverständigenrat äußerst dankbar. Versuche, von mir aus die Dinge anläßlich von Veranstaltungen, auch sehr seriösen Veranstaltungen, zur Debatte zu stellen, haben stets dazu geführt, daß hier und dort Spekulationen eintraten und man sagte: Der ist für die Aufwertung, der ist für flexible Wechselkurse usw. Ich freue mich also, daß wir jetzt ein Gespräch haben, das in der notwendigen Sachlichkeit geführt werden kann. Erst recht haben auch die Pressekonferenz des französischen Staatspräsidenten, die Erläuterungen dazu durch den französischen Finanzminister und schließlich auch die Zahlungsbilanzbotschaft des amerikanischen Präsidenten die Dringlichkeit einer Verbesserung des Währungssystems betont. Die Bundesregierung hat mehrfach Vorschläge zur Lösung dieser Probleme gemacht. Das geschah vornehmlich in den dazu berufenen Expertengruppen, vor allen Dingen in der Gruppe der Zehn. Aus der kürzlichen Stellungnahme, die die Bundesregierung zum Sachverständigengutachten abgab, ist ihre Haltung zu diesen Dingen überall und eindeutig bekannt. In der Stellungnahme 'heißt es, daß die Bundesregierung
1) zwar den Vorschlag zur 'sofortigen Herstellung einer Währungsunion für die EWG für verfrüht hält, aber doch großen Wert darauf legt, daß die Notenbanken schon jetzt ein Verhalten an den Tag legen, das wesentlichen Elementen einer Währungsunion entspricht. Weiter heißt es, daß das Ziel dieser Währungsunion fest angestrebt wird. Ähnlich hat die Bundesregierung in der Europa-Initiative für die EWG vom 4. November 1964 den Wunsch ausgesprochen, es sollten Regeln objektiver Art zur Vermeidung monetärer Ungleichgewichte in der Gemeinschaft ausgearbeitet werden, die als Leitlinien der Währungspolitik von den Notenbanken zu respektieren sind. Mit einer stärkeren währungspolitischen Zusammenarbeit in der EWG gewinnen wir auch eine bessere Plattform für Vorschläge zur Verbesserung des Weltwährungssystems. Daß dieses System bei allen Vorteilen, die es uns in der Nachkriegszeit für den internationalen Handels- und Zahlungsverkehr gebracht hat, reformbedürftig ist, unterliegt keinem Zweifel. Dabei mögen die Ausgangspunkte der Kritik von Land zu Land durchaus verschieden sein. Für die 'Bundesrepublik liegt der Grund der Unzufriedenheit vor allen Dingen darin, daß das geltende System keinen Zwang zur schnelleren Anpassung der Wirtschaftspolitik an die Erfordernisse der Zahlungsbilanz ausübt 'und daß es damit über eine längere Zeit hinweg die Finanzierung von Defiziten bei den Reservewährungsländern durch Liquiditätsschöpfung erlaubt. Die Bundesregierung ist daher der Auffassung, daß die Reformen im besonderen darauf abzielen müssen, ein wesentlich stärkeres Element der monetären Disziplin zu verankern. Ich möchte davor warnen, die Risiken, die
mit einer abrupten Änderung des geltenden Systems verbunden sein können, zu unterschätzen. Gleichzeitig müssen wir uns darüber im klaren sein, daß die Lösung dieser Probleme keinen langen Aufschub mehr duldet. Es scheint mir das Vernünftigste zu sein, daß sich die Länder der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft möglichst bald über gemeinsame Vorschläge verständigen. Diese Verständigung wird ohnehin erforderlich sein; denn ich kann mir eine politische Einigung Europas nicht vorstellen ohne eine währungspolitische Integration.
Ich darf noch hinzufügen, daß wir in den letzten Ministerratssitzungen immer wieder unseren Wunsch zum Ausdruck gebracht haben, hier schneller voranzukommen, und ich habe die Hoffnung, daß die übrigen Mitgliedsländer, die die übrigen Konsequenzen — ich weise hier noch einmal darauf hin — vielleicht etwas klarer sehen, bis hin zur abgestimmten Etatpolitik mitmachen werden.
Nun mag es ein wenig der Abwechslung dienen, wenn ich auf Äußerungen, die Herr Dr. Schmidt (Gellersen) gemacht hat, eine Erwiderung gebe, bevor ich noch einiges zu den wirtschaftspolitischen Fragen, die zur Zeit auftreten, sage. Herr Dr. Schmidt (Gellersen), darf ich zunächst den von Ihnen zitierten Mantel der christlichen Nächstenliebe — ebenfalls nach Legendenbeispiel — teilen und Ihnen die Hälfte abgeben; denn ich bin der Meinung, daß Sie in Ihren Ausführungen soviel Blößen gezeigt haben, daß Ihnen der Mantel einige Hilfe geben kann. Ich will diesen Mantel, den ich Ihnen in aller Freundschaft reichen möchte, nun nicht von vornherein über diese Blößen ausbreiten, sondern ich muß Ihnen ja wohl die Stellen zeigen, da ich annehmen muß, daß Sie die Stellen nicht kennen. Damit Sie es aber etwas leichter haben, bekommen Sie auch erst noch einen Dank von mir, einen Dank deswegen, weil Sie die Straßburger Beschlüsse verteidigt haben.
Es ist mir der Vorwurf gemacht worden — ich weiß nicht, warum mir; aber ich komme gleich darauf —, man hätte, bevor man in Brüssel verhandelt hat, hier ins Parlament gehen müssen. Ich weiß nicht, ob das den Parlamentarismus gehoben hätte. Ganz im Gegenteil, ich bin der Meinung, das hätte die Desintegration gefördert. Das Parlament, das für Europa zuständig ist, ist in Brüssel, und dieses Parlament sollten wir stärken. Wäre es nach diesem Parlament gegangen, dann wäre die Entscheidung in der Agrarfrage schon ein wenig früher gefallen.
Dann, Herr Kollege Schmidt (Gellersen), haben Sie etwas zu dem sehr hübschen und sehr netten Vergleich mit den Viehhändlern gesagt, den Baron Feury mir zugedacht hat. Ich möchte ausdrücklich betonen: die Viehhändler stellen einen ehrenwerten Beruf dar. Ich habe den Kollegen Unertl gefragt, ob er sich durch Herrn Feury nicht beleidigt fühle. Er hat gesagt: Nein, sein Stand fühle sich durch diesen Vergleich mit mir geehrt.
Aber eines muß ich doch sagen: Ich beherrsche die Methode des Viehhandels nicht; sie hat sicherlich beim Viehhandel ihre Berechtigung. Aber wenn man glauben sollte, daß diese in anderen Bereichen



Bundesminister Schmücker
durchaus probate Methode in internationalen Verhandlungen möglich wäre, dann kommt man eben, wie ich fürchte, zu „feurigen" Kurzschlüssen. Ich habe es auch Herrn Feury geschrieben, und er hat sehr nett geantwortet. Er meinte, das hätte von außen so ausgesehen. Wenn man zu Hause im schönen Sofa sitzt und sich die Nachrichten anhört, dann mag das so sein. Aber wer zweimal 20 Stunden ohne Pause in solchen Sitzungen sitzt, der wird, meine ich, sogar einmal irren dürfen. Aber dennoch meine ich, sollte man nicht von leichtfertigen Entscheidungen sprechen.
Weil so viele Irrmeldungen, Falschmeldungen existiert haben und weil so viel Herausreden und so viel Rückzugsgefechte heute noch üblich sind, darf ich einmal darauf hinweisen, daß unsere Position am ersten Tag in der Tat sehr schwach war. Ich glaube aber, daß wir sie in der Hauptrunde in Brüssel sehr gefestigt haben. Das Ergebnis bezeichne ich als optimal im deutschen Interesse.

(Zurufe von der FDP.)

— Wie bitte? Ich wiederhole: ich bezeichne das Ergebnis als optimal im deutschen Interesse — ich habe es nie anders bezeichnet —, als gut im Interesse der europäischen Integration.
Nun will ich Ihnen auch sagen, warum unsere Position schwach war. Wer laut und öffentlich und nachrechenbar die deutschen Ausgleichsforderungen bespricht und diese Ausgleichsforderungen auf der Basis des Mansholt-Planes berechnet, der kann doch
3 diese Ausgleichsforderungen nicht stellen, ohne daß er gleichzeitig den Preis akzeptiert. Soviel Widersprüche nimmt Ihnen doch kein Mensch ab. Meine Damen und Herren, machen Sie es sich aber bitte nicht so leicht. Ich glaube nicht, daß man die Ausgleichszahlungen auf der Basis von 425 errechnen und einen Preis von 435 durchsetzen kann. Mir wäre ein solcher Versuch auch zu primitiv gewesen.
Es kam die Behauptung — Herr Schmidt, nun sind Sie dran —, wir hätten viel weniger bekommen. Diese Behauptung ist falsch. Bitte sehen Sie sich doch einmal die Zahlen an. Wir haben 1121 Millionen bekommen. Im Mansholt-Plan waren 1324 Millionen vorgeschlagen. Die Franzosen hatten 1 Milliarde vorgeschlagen. Aber wir haben für Roggen den Interventionspreis um 10 DM erhöht, und wir haben auch bei der Braugerste einiges herausgeholt. Das müssen Sie vorne wieder abrechnen. Wenn Sie das ehrlicherweise tun, dann kommen Sie auf die Höhe der Mansholt-Vorschläge, ganz abgesehen davon, daß denjenigen Bauern, die auf Roggen und Gerste angewiesen sind, ein zusätzlicher Erfolg gegeben worden ist.
Im übrigen muß doch auch die Revisionsklausel, wenn sie besteht, diskutiert werden. Herr Schwarz hat sich bemüht, eine Revisionsklausel durchzusetzen, die besser ist als diese. Aber alle anderen waren dagegen. Ich meine, es sei eine optimale Lösung gewesen, diese Revisionsklausel in der heutigen Form durchzubekommen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0416532400
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Dr. Kurt Schmücker (CDU):
Rede ID: ID0416532500
Bitte sehr.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0416532600
Herr Abgeordneter Dr. Effertz.

Dr. Josef Effertz (FDP):
Rede ID: ID0416532700
Herr Minister, darf ich Sie fragen, warum Sie damals in dem abschließenden Gespräch im Bundeskanzleramt mit dem Präsidium des Deutschen Bauernverbandes nicht einen ähnlichen Standpunkt vertreten haben, bevor wir uns einstimmig darüber einigten, unter welchen Voraussetzungen in Brüssel über den Getreidepreis und seine Harmonisierung verhandelt werden soll?

Dr. Kurt Schmücker (CDU):
Rede ID: ID0416532800
Herr Kollege, ich habe nie einen anderen Standpunkt vertreten, als den, daß es nicht möglich ist, einen höheren Preis durchzusetzen; das habe ich in jeder Unterhaltung gesagt. Aber ich sage Ihnnen noch einmal: ich warne davor, künftig in außenwirtschaftliche Verhandlungen zu gehen und vorher in größeren Kreisen die einzelnen Fragen durchzusprechen. Dann ist das Ergebnis vorher da, ehe man selber eingetroffen ist.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0416532900
Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage, Herr Minister?

Dr. Josef Effertz (FDP):
Rede ID: ID0416533000
Herr Minister, halten Sie es für richtig — wie Sie eben gesagt haben —, daß der Ministerrat in Brüssel ein Ersatzparlament für Straßburg sein sollte, daß nicht wir entscheiden sollten, sondern das angebliche Parlament — der Ministerrat — in Brüssel?

Dr. Kurt Schmücker (CDU):
Rede ID: ID0416533100
Ich bin Ihnen für diese Frage sehr dankbar. Es gibt hier einige Kollegen im Hause — wir haben das im Integrationsältestenrat vor einigen Tagen besprochen —, die glauben, man könne die parlamentarische Mitwirkung dadurch stärken, daß man die deutsche Delegation zwinge, bevor sie in Brüssel im Ministerrat sitzt, sich hier dem Parlament zu stellen und zu sagen, was sie drüben verfechten will. — Sie schütteln den Kopf. Diesen Vorschlag hat es gegeben. Der kommt von Herrn Starke; er ist der Verfechter dieses Vorschlages. Ich sage Ihnen, das ist ein desintegrierendes Moment. Denn wenn jede Delegation sich vorher dem eigenen Parlament stellen muß, dann wird vor jeder Entscheidung gesagt: Flugzeuge bestellen, nach Hause fahren und wiederkommen. Was meinen Sie, mit welchen Anweisungen sie jeweils wiederkommen? Dann kommen sie doch nicht zu Rande.
Es gibt nur eine Stärkung des Parlaments — das habe ich vorhin gesagt —, indem Sie das Straßburger Parlament stärken und ihm die volle Zuständigkeit geben.

(Zustimmung bei der SPD.)




Bundesminister Schmücker
Ich wäre sehr froh, wenn das Straßburger Parlament diese Zuständigkeit hätte. Dann brauchten Sie sich nicht mit mir in dieser Frage herumzuschlagen, sondern vielleicht mit dem Straßburger Parlament, das ja mit überwiegender Mehrheit das verlangt hat, was wir vollzogen haben.
Im übrigen wird so davon gesprochen, als redete ich in die Agrarpolitik hinein. Haben Sie denn übersehen, daß ich lediglich Präsident des Ministerrates war und nicht Chef der deutschen Delegation? Es war meine Aufgabe, dafür zu sorgen, daß die Sitzungen zu einem guten Ende kamen. Das ist mir gelungen, und darüber bin ich glücklich. Wenn es anders ausgelegt wird, — dafür kann ich nichts.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0416533200
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Moersch?

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0416533300
Herr Minister, ist Ihnen der Gedanke, daß man sich für Verhandlungen mit Partnern durch das eigene Parlament den Rücken stärken läßt, wirklich so fremd, wie Sie es hier darzustellen versuchen?

Dr. Kurt Schmücker (CDU):
Rede ID: ID0416533400
Verehrter Herr Kollege, ich gehöre diesem Hause, ich sage es noch einmal, von Anfang an an; ich weiß nicht, wie lange Sie hier sind.

(Lachen rechts.)

Es ist doch ganz klar, daß man dem Parlament den Rücken stärken kann. Aber man kann dem Parlament auch in den Rücken fallen. Da gibt es beide Möglichkeiten. Ich habe damit nicht gesagt, daß Sie es getan haben. Aber wenn Sie mir eine Fangfrage stellen, müssen Sie damit rechnen, daß Sie die Antwort von mir genauso zurückbekommen.
Wenn Sie das zur Methode machen wollen, daß vor Entscheidungen in Brüssel die einzelnen Delegationen nach Hause in die eigenen Parlamente gehen, dann sage ich Ihnen, lösen Sie die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft auf. Es ist doch nicht möglich, so zu verhandeln; das wissen Sie doch selber auch.
In der Sache ist das Höchstmögliche erreicht worden. Ich habe immer gesagt, daß Opfer gebracht und daß alle verpflichtet sein müssen, diese Opfer tragen zu helfen. Die Brüsseler Verhandlungen waren mehrfach — ich wiederhole es noch einmal — dem Scheitern nahe. Ich habe mich bemüht, dieses Scheitern zu verhindern. Ich hätte ohne weiteres erreichen können — ohne weiteres —, daß die Delegierten nach Hause gegangen wären. Wir hätten uns dann -in der folgenden Woche wiedergetroffen. Sie brauchen sich nur auszurechnen, was das bedeutet hätte, wenn wir erst wieder in der nächsten Woche in Brüssel darüber geredet hätten. Wenn Sie die politischen Zusammenhänge erkennen, meine ich, sollten Sie etwas glimpflicher mit dem umgehen, der dem Ministerrat vorgesessen hat und nicht etwa eine Meinung einseitig vertreten hat, die von den übrigen nicht gedeckt worden wäre. Nein, alle Beschlüsse — bis auf einen einzigen, bei dem wir nicht
gut gefahren sind; das ist -die finanzielle Beteiligung, nicht etwa ;die Ausgleichszahlung — sind von der deutschen Delegation einstimmig gefaßt worden und werden von der gesamten Bundesregierung getragen.
Nun, Herr Dr. Schmidt, wieder zu Ihnen! Sie haben in Ihrem Beitrag durchaus recht: ich war am _ 10. Dezember in -der Debatte hart, vielleicht war ich sogar zu hart, aber immerhin waren die Formulierungen etwas korrekter als in Ihrer Wiedergabe. Ich habe damals wörtlich zu Ihnen gesagt: Hätten Sie die Vorwürfe in die Form der direkten Rede gekleidet, dann wimmelte Ihr Vortrag von unverschämten Beleidigungen.
Nun, Kollege Schmidt, Sie haben damals Ihre Klugheit genutzt. Sie wahrten die indirekte Rede, und also wimmelte es nicht. Aber gestern hat Sie Ihre Klugheit verlassen. Sie haben in direkter Rede gesagt — ich zitiere —:
Tatsache ist jedenfalls, daß Herr Minister Schmücker bewußt eine falsche Auskunft gegeben hat, als er hier am 10. Dezember erklärte, die ganzen deutschen Maßnahmen zur sogenannten Vorfeldbereinigung seien EWG-konform. Das ist eben nicht der Fall. Herr Schmücker hat dazu am 10. Dezember ausgeführt: Wir sind verpflichtet, unserer Landwirtschaft bei dem ungeheuer schwierigen Strukturwandel zu helfen, und wir müssen bei der Wirtschaftskraft, die wir haben, dafür auch die notwendigen Mittel aufbringen.
Soweit also Herr Dr. Schmidt.
Herr -Schmidt, bevor ich zu Ihrem ehrenrührigen Vorwurf komme, darf ich Sie auf einen Irrtum aufmerksam machen. Der Teil meiner Rede, den Sie zitieren, befaßt sich gar nicht mit der Frage der Konformität mit der EWG. Es ging damals um Ihren Satz, in dem Sie uns vorgeworfen hatten, wir schmissen mit Millionen herum. Sie würden das sofort einsehen, wenn der Zwischenruf, der von der linken Seite kam, aus dem Protokoll nachher nicht herauskorrigiert worden wäre. Der Zwischenruf hieß nämlich: Würden Sie das auch für andere Bereiche tun? Daraufhin hatte ich gesagt: Ja, auch für andere Bereiche. Ich konnte das sagen, weil wir gerade mit der Kohle in Verhandlung waren.
Zur Frage der EWG-Zulässigkeit habe ich in meinen Ausführungen damals auch etwas gesagt. Nur haben Sie es nicht zitiert. Ich darf es jetzt zitieren:
Sie haben die Geldfrage angeschnitten. Nun, auch sie wird noch einige Debatten in Brüssel erfordern. Ich glaube aber sagen zu können, daß die deutschen Maßnahmen als EWG-konform angesehen werden können.
Dieses Zitat haben Sie nicht gebracht. Ich weiß nicht, wie Sie sich so vergreifen konnten und sich hier hinstellen und sagen konnten, ich hätte eine falsche Auskunft bewußt gegeben, d. h. dieses Parlament angelogen. Wenn man so etwas sagt, ist das eine schlimme, fast unverzeihliche Sache. Aber, ich glaube, eine solche Anschuldigung zu Unrecht zu erheben, ist nicht minder schlimm und nicht minder unverzeihlich.



Bundesminister Schmücker
Meine Damen und Herren, mir ist das unbegreiflich. Aber ich halte Herrn Schmidt bei allem Eifer für gutwillig, 'und ich erwarte -von Ihnen, daß Sie Ihre Unterstellung zurücknehmen. Sie brauchen sie nicht zu bedauern, wir können es ruhig kollegial machen. Aber daß Sie sie immerhin hier zurücknehmen, darauf muß ich allerdings bestehen.
Ich lege aber auch noch Wert darauf, ein paar Worte zu der Vorfeldbereinigung zu sagen. Denn das war eines der schwierigsten Dinge, die sich in Brüssel anließen. Es hagelte zunächst unerhörte Vorwürfe. Ich habe dann den Rat gebeten, man möge einen Moment vergessen, daß ich den Vorsitz innehabe, und mir als Mitglied der deutschen Delegation die Möglichkeit zum Sprechen zu geben.
Ich habe dann aufgezählt, wo überall die deutsche Landwirtschaft gegenüber der Landwirtschaft anderer Länder im Wettbewerb benachteiligt ist. Das ist erstens in der Tat der Lastenausgleich, den die anderen nicht kennen. Dann sind es die Grundsteuern, die Kommunalsteuern, die in den anderen Staaten insgesamt niedriger sind als bei uns. Weiter sind es die Wege- und Wasserlasten, die bei uns in Deutschland zwar nicht alle Bauern selbst zu tragen haben, aber in vielen Gebieten doch selber tragen müssen, was es in den anderen Staaten nicht gibt, meine Damen und Herren. Das System der berufsständisch organisierten Unfallversicherung ist anderen Staaten fremd. Die Alterssicherung mit alter Last und uralter Last führt zu Benachteiligungen.
Ich habe auf die innerdeutschen Schwierigkeiten hingewiesen, darauf, daß man nicht nur das Verhältnis der deutschen Bauern zu den anderen sehen muß, sondern auch betrachten muß, wie der deutsche Einwohner sich mit seinem Nachbarn, der Nichtlandwirt ist, auseinandersetzen muß. Wir haben darauf hingewiesen, daß alle diese Schwierigkeiten keineswegs aus deutscher Zuständigkeit allein entstanden sind. Denn vieles von dem, was wir heute haben, ist ja ein Besatzungsgeschenk. Dabei habe ich natürlich die Franzosen angesehen und sie getröstet, daß auch wir in Deutschland die gute Angewohnheit haben, vieles von dem, was wir von den Besatzungsmächten bekommen haben, nachher für der Weisheit letzten Schluß halten.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

— Das ist seit 150 Jahren so, Herr Kollege Besold.
Immerhin gab es nach dieser Debatte keinen Widerspruch mehr. Diese Argumentation wurde innerhalb der EWG anerkannt. Ich habe hier heute die Bitte, meine Damen und Herren, daß die sogenannte Vorfeldbereinigung im Lichte dieser Wettbewerbsbenachteiligung gesehen wird. Nun weiß ich, daß bei den innerdeutschen Schwierigkeiten nicht alles genau nach dem Verfahren gemacht werden kann, wie ich es in der Aufzählung gesagt habe. Aber im Effekt muß das dabei herauskommen. Sonst würden die Maßnahmen nicht EWG-konform sein. Ich habe die dringende Bitte, bei diesen Maßnahmen entsprechend zu verfahren.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0416533500
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Frey?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0416533600
Herr Minister, was geschieht eigentlich nach Ihrer Meinung jetzt, nachdem alle Agrarfragen abgehandelt sind — ich will es einmal so nennen —, wenn nun Frankreich tatsächlich auf dem gewerblichen Sektor diesen 10%igen Zollabbau nicht vollzieht, wie es ja heißt? Das ist doch eine Voraussetzung gewesen.

Dr. Kurt Schmücker (CDU):
Rede ID: ID0416533700
Meine Damen und Herren, wir haben bei Beginn der Beratungen darauf hingewiesen, daß bestimmte Voraussetzungen sozusagen als Grundlage unserer Angebote anerkannt werden müssen. Das ist nicht zum Beschluß erhoben worden, genauso wie wir uns geweigert haben, damals den von den Franzosen vorgeschlagenen Beschluß zu fassen, der neue Termine setzte. Das ist richtig. Aber in der letzten Sitzung ist über diese Fragen gesprochen worden, und in der nächsten Woche wird im Arbeitskalender natürlich festgelegt, wie weitergegangen wird. Das ist doch selbstverständlich. Ich wiederhole: Das waren für uns die Grundlagen der Zustimmung, und dabei muß es auch bleiben. Daran kann gar kein Zweifel sein.
Meine Damen und Herren, der vorgeschrittenen Zeit wegen und weil die Agrarpolitik nicht in meine Zuständigkeit fällt — man hat meine Aufgabe in Brüssel hier falsch gesehen; ich hatte als Vorsitzender des Ministerrats etwas anderes zu tun, als man mir unterstellt —, möchte ich mich bei den wirtschaftspolitischen Schlußbemerkungen sehr kurz fassen.
Wir haben im abgelaufenen Jahr eine Preissteigerung von 2,3% gehabt. Das ist mir zuviel, — um das ganz klar herauszustellen. Wir liegen mit dieser Ziffer besser als alle anderen. Das tröstet mich nicht. Immerhin haben wir es schaffen können, daß von der Devisenbilanz her kein Preisauftrieb ausgegangen ist. Wir können auch heute feststellen, daß wir dank der großen Produktivitätsreserven, der Kapazitätsreserven der Industrie und dank des vernünftigen Verhaltens der Tarifpartner so über die Runden gekommen sind.
In diesem Jahr sind die Voraussetzungen anders. Ich wiederhole es noch einmal: sie sind anders. Wir müssen in diesem Jahr binnenwirtschaftlich alle Mittel anwenden, um in das nächste Jahr ohne wesentliche Veränderungen hineinzukommen.
Ich habe daher die dringende Bitte — nennen Sie es Maßhalteappell —, daß die Tarifpartner im Rahmen der Möglichkeiten, die das Sachverständigengutachten gibt, sich bewegen und daß sie nicht in utopische Höhen vorstoßen. Genauso habe ich die Bitte, daß die Unternehmer ihre Erwartungen mit den tatsächlichen Möglichkeiten abstimmen und daß sie sich auch in ihrer Gewinnverwendung entsprechend verhalten.
Ich weiß, daß der große ungelöste Komplex dahintersteht: Wie wird der Einfluß von draußen, von



Bundesminister Schmücker
der Außenwirtschaft, sein? Hier kann ich Ihnen nur wiederholen, was ich vorhin, erwähnt habe: Wir werden alle Kraft daransetzen, zu einer gemeinsamen währungspolitischen Arbeit zu kommen. Dort liegt die Lösung, meine Damen und Herren, daß wir zuerst in der EWG und dann darüber hinaus eine gemeinsame Währungs- und Konjunkturpolitik betreiben.
Nun mögen Sie sagen: Dafür sind keine ausreichenden Gesetze vorhanden. Es gibt etwas, was stärker ist als das Gesetz. Das ist der unbedingte Wille oder der Zwang zur Stabilität. In allen europäischen Ländern spüren wir doch, wie dieser Zwang wächst, wie der Wille wächst, stabile Verhältnisse zu schaffen. Ich weise darauf hin, wie es den Franzosen gelungen ist und welche Anstrengungen die Italiener gemacht haben. Ich weiß nicht, meine Damen und Herren, ob dieses Haus, ob wir, das deutsche Volk, zu so drastischen Maßnahmen schon in der Lage gewesen wären. Ich schöpfe aus dieser Gesamtsituation die Hoffnung, daß, einfach weil das Interesse es gebietet, alle Sechs zusammenhalten werden und die währungspolitischen und konjunkturpolitischen Maßnahmen so aufeinander abstimmen, daß die auch dann noch nicht voll beseitigten Auftriebstendenzen auf ein Minimum herabgedrückt werden. Denn darüber sind wir uns in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft klar: der Stabilität gebührt der absolute Vorrang.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0416533800
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Dr. Kurt Schmücker (CDU):
Rede ID: ID0416533900
Bitte!

Hans Matthöfer (SPD):
Rede ID: ID0416534000
Herr Minister, Sie möchten durch die Bindung der Lohnzuwachsrate an die Produktivitätszuwachsrate doch im Interesse der notwendigen Flexibilität nicht ausschließen, daß Industriezweige, die in den letzten Jahren in der Lohnentwicklung stark zurückgeblieben sind, in diesem Jahr etwas nachziehen?

Dr. Kurt Schmücker (CDU):
Rede ID: ID0416534100
Verehrter Herr Kollege, wenn das Spiel losgeht: an der Spitze der Lohnskala müssen die Bergleute stehen, und dann kommt die Metallindustrie und überspringt das, und dann kommt die alte Forderung — dann hat es doch keinen Sinn. Es muß natürlich nicht jemand, der zurückgeblieben ist, auf der Strecke bleiben — aber davon kann ja auch nicht die Rede sein —, sondern es muß sich alles nach der Gesamtheit ausrichten. Und wissen Sie nicht, wie die Umfragen ausgefallen sind? 71 % der Lohnempfänger haben gesagt, sie verzichten auf jede Lohnerhöhung, wenn die Stabilität gewährleistet ist.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Im gegenwärtigen Zeitpunkt, meine Damen und Herren, muß ich warnen. Die entscheidende Gefahr kommt hierher. Aber die demoskopische Untersuchung sagt ja leider noch etwas mehr. 65 % der Menschen glauben, man könne mit Preisstopp und
Lohnstopp Stabilität halten. Keine Partei vertritt diesen Standpunkt, aber 65 % unserer Bevölkerung. Herrn Kollegen Conring möchte ich bitten: Geben Sie mir ein bißchen mehr Geld, damit wir die Aufklärung etwas verstärken können. Aber woher kommt das? Das kommt doch ganz einfach daher, daß die Lohn- und Gehaltssteigerungen in den Bereichen ,die zu 50 und 60% lohnintensiv sind — vor allen Dingen im öffentlichen Bereich —, aus politischen Gründen nicht zu den entsprechenden Reaktionen kommen. Das wird verhindert. Meine Damen und Herren, solange sich jemand einbilden kann, man könne Kosten erhöhen, ohne die Preise zu erhöhen, so lange darf man sich nicht wundern, daß 65% unserer Menschen an Lohnstopp und Preisstopp und ähnliche Dinge glauben.

(Zustimmung bei der CDU/CSU.)

Ich glaube, wir sollten versuchen, etwas realistischer den Dingen ihren Lauf zu lassen. Denn bezahlen müssen wir solche Sachen ja immer, und zwar wir alle. Meine Damen und Herren, mir kam es darauf an, noch einmal darzutun: im letzten Jahr ist es gelungen. Helfen Sie bitte mit durch diesen Haushalt und durch andere Anstrengungen, daß wir auch im nächsten Jahr der Stabilität den Erfolg geben, den wir nötig haben zur Sicherung der Weiterentwicklung unserer Wirtschaft und der europäischen Integration.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0416534200
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Gewandt.

Heinrich Gewandt (CDU):
Rede ID: ID0416534300
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat sich am Ende seiner Ausführungen etwas darüber beklagt, daß das Verständnis für volkswirtschaftliche Zusammenhänge nicht so allgemein verbreitet ist, wie man es wünschen 'könnte. Ich möchte darauf hinweisen, daß in Zusammenarbeit zwischen den Länderkultusministern und dem Bundeswirtschaftsministerium ein Schulbuch für die höheren Gewerbeschulen erstellt worden ist, in dem der Versuch gemacht wird, den Schülern volkswirtschaftliche Zusammenhänge klarzulegen. Ich glaube, das ist eine sehr nützliche Sache; sie sollte nicht unerwähnt bleiben.
Herr Bundeswirtschaftsminister, ich möchte mich gleich Ihnen zunächst einmal mit Dank an den Kollegen Müller wenden, der die Bedeutung der Bundesanstalt herausgestellt hat. Ich meine, wir haben in den letzten Jahren alles getan, was erforderlich war, um das Niveau dieser weltweit anerkannten Institution zu erhalten und zu heben, und wir werden das auch in der Zukunft tun.
Um nun ganz kurz auf die Haushaltsberatungen einzugehen: Wir sind sehr erfreut darüber, daß es trotz der angespannten Haushaltslage möglich war, einem Antrag der Koalitionsparteien zu entsprechen und die Mittel für die Gewerbeförderung auszubauen, d. h. dem Handwerk, dem Handel, dem Gaststättengewerbe die Möglichkeit zu geben, an den neuesten Erkenntnissen der modernen Betriebswirtschaftslehre teilzuhaben. Ich möchte Sie bitten, Herr



Gewandt
Bundeswirtschaftsminister, bei den Vorbereitungen des nächsten Haushalts von seiten Ihres Hauses eine weitere Erhöhung dieser Mittel in Aussicht zu nehmen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Bevor ich mir erlaube, auf die Bemerkungen des Herrn Kollegen Kurlbaum einzugehen, möchte ich noch eine weitere Bemerkung zu den Etatansätzen machen. Wir haben in den vergangenen Jahren, allerdings in dem begrenzten Rahmen, der zur Verfügung stand, einiges zur Verbesserung der Ausstattung der Außenhandelskammern getan. Es handelt sich hier um relativ geringe Summen. Wir sollten aber nicht verkennen, daß die Außenhandelskammern eine immer größer werdende Bedeutung haben und der öffentlichen Hand eine Reihe von Aufgaben abnehmen. Wir wären Ihnen deshalb sehr dankbar, Herr Bundeswirtschaftsminister — zumal es sich hier, wie gesagt, um relativ geringe Beträge handelt —, wenn nicht erst die Initiative aus dem Haushaltsausschuß zu einer Verbesserung führen würde, sondern wenn wir gleich mit verbesserten Ansätzen rechnen könnten.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Ich darf nun zu dem Gutachten, das hier angesprochen worden ist, etwas sagen. Ich teile die Auffassung des Herrn Bundeswirtschaftsministers, daß es nützlicher gewesen wäre, wenn das Gutachten und auch die Ergebnisse der entsprechenden Beratungen unserer Fachausschüsse so rechtzeitig hier vorgelegen hätten, daß wir — konjunkturpolitisch — die richtigen Akzente beim Haushalt hätten setzen können. Ich möchte allerdings, meine verehrten Kollegen, eine Einschränkung machen: Ich bin nicht so ganz sicher, ob das Parlament dann auch wirklich immer bereit ist, die Akzente richtig zu setzen,

(Sehr gut! bei der CDU/CSU)

und ob es sehr gut war, daß wir uns in der Vergangenheit auf einen Weg begeben haben, der uns dahin geführt hat, daß heute die Masse des Haushalts durch gesetzliche Maßnahmen so festgelegt ist, daß unser Spielraum immer geringer wird.
Das Gutachten — und das ist wiederholt festgestellt worden — befindet sich in einigen Aussagen natürlich etwas im Bereich des Elfenbeinturms der Wissenschaft. Ich glaube auch nicht, daß es gut ist, Herr Kollege Kurlbaum, nur das außenwirtschaftliche Gleichgewicht als Maßstab für die Stabilität zu nehmen. Wir sollten vielmehr sehr deutlich die Interdependenz zwischen der Außenwirtschaft, der Vollbeschäftigung und dem Wachstum herausstellen.
Nun ist hier in aller Kürze auch etwas zu den Anregungen bezüglich des flexiblen Wechselkurses gesagt worden. Ich möchte betonen, daß es weniger darum geht, die theoretischen Erkenntnisse zu würdigen. Entscheidend ist die Realisierbarkeit. Wo die Grenzen liegen, wissen wir ganz genau. Realisierbar hingegen ist eine stärkere Koordinierung der Konjunkturpolitik innerhalb der EWG. Man müßte der Bundesregierung, dem Herrn Bundesfinanzminister und dem Herrn Bundeswirtschaftsminister dafür danken, daß es ihnen gelungen ist, in Brüssel zu einem
gewissen Übereinkommen bezüglich einer gemeinsamen Konjunkturpolitik zu kommen, wenngleich natürlich vertragliche Voraussetzungen hierfür nicht bestehen. Es ist immerhin ein Vorteil, daß sich im Prinzip alle EWG-Länder zu einer stärkeren Budgetdisziplin bekannt haben. Ich muß allerdings hervorheben, daß es nicht gut ist, nur den Nachbarländern eine stärkere Budgetdisziplin zu empfehlen. Wir sollten auch nicht nachlassen, unsere Länderparlamente und vor allen Dingen die Gemeinden darauf hinzuweisen, daß eine Budgetdisziplin von außerordentlicher Bedeutung für die Stabilität unseres wirtschaftlichen Gefüges ist.
Nun ist hier sehr viel von Prognosen gesprochen worden. Herr Kollege Kurlbaum, wenn ich mich an alle die Prognosen erinnere, die von Ihrer Seite gestellt worden sind — gerade auf dem Gebiet der Energiepolitik —, dann kann ich nur froh sein, wenn Sie der Regierung bescheinigen, daß sie von diesen Prognosen nichts hält. Ich glaube, es war immer noch richtiger, statt nach Prognosen zu planen, sich marktwirtschaftlich richtig zu verhalten.
Eins aber, Herr Kollege Kurlbaum, möchte ich mit aller Deutlichkeit unterstreichen: Wenn wir von Stabilität sprechen, dann müssen wir auch redlich argumentieren. Man kann nicht auf der einen Seite immer wieder einen ganzen Katalog von Forderungen aufstellen und sich auf der anderen Seite 'über Stabilität auslassen.

(Beifall in der Mitte.)

Wenn Sie von Stabilität sprechen, Herr Kollege Kurlbaum,

(Zuruf von der SPD: Sie wenden sich an die falsche Adresse!)

dann müssen Sie um der Redlichkeit willen auch ganz klar die Grenzen der Leistungsfähigkeit der öffentlichen Hand aufzeigen und die volkswirtschaftlichen Zusammenhänge beachten. Sie können nicht auf der einen Seite klagen, was alles nach Ihrer Ansicht nicht geschehen ist, und auf der anderen Seite sagen, die Stabilität sei in Gefahr.
Wir erleben, daß wir mit den marktwirtschaftlichen Methoden, die die Regierung seit Jahren mit Erfolg angewendet hat, bezüglich der Stabilität in Europa einen ganz besonderen Rang einnehmen. Wir können der Bundesregierung nur empfehlen, diesen Weg fortzusetzen. Wir halten die von Ihnen häufig lächelnd glossierte magische Haushaltsgrenze nicht für etwas Überflüssiges, sondern für den Kernpunkt einer stabilen Finanzpolitik, und wir wollen uns daran halten. Wir haben deshalb auch alle Wünsche, deren Erfüllung die Überschreitung dieser Grenze bedeutet hätte, ablehnen müssen, wiewohl wir einsehen, daß manches zu tun bleibt. Wir glauben aber, daß die Grundlage einer stabilen Politik eine vernünftige und maßvolle Haushaltspolitik auf allen Ebenen der öffentlichen Hand ist.

(Beifall in der Mitte.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0416534400
Das Wort hat Herr Abgeordneter Haase.




Lothar Haase (CDU):
Rede ID: ID0416534500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Kurlbaum hat im Rahmen seiner Ausführungen über die Erhaltung der Geldwertstabilität die Bundesregierung wegen ihrer Maßhalteappelle gescholten und auf die importierte Inflation hingewiesen. Herr Kollege Kurlbaum, ich stimme mit Ihnen darin überein, daß daraus gewiß eine Problematik erwächst.

(Abg. Kurlbaum: Na also!)

— Natürlich! Aber ich bin noch nicht zu Ende. -Denn es ist die Crux des Abkommens von Bretton Woods, daß die Länder mit Preisstabilität und disziplin auf die inflationistischen Länder einen Anreiz ausüben, bei ihnen, den Ländern mit Preisdisziplin, zu kaufen und dort ihr Kapital anzulegen, und zwar um so mehr, je disziplinierter das Verhalten ist.
Aber, Herr Kollege Kurlbaum, es sind ja zwei Faktoren, die die Schwierigkeiten bei uns hervorgerufen haben. Die Übernachfrage bei uns resultiert einmal aus einem außenwirtschaftlichen und zum andern aus einem binnenwirtschaftlichen Problem. Das außenwirtschaftliche Problem zeigt sich in den Liquiditätszuflüssen, und zwar einmal im Zusammenhang mit unserer Leistungsbilanz und zum zweiten im Zusammenhang mit unserer Kapitalbilanz. Die Leistungsbilanzprobleme haben uns in diesem Jahr besonders im Hinblick auf Italien und Frankreich beschäftigt. Die Kapitalbilanzprobleme haben wir u. a. durch das Gesetz über die Kuponsteuer in den Griff zu bekommen versucht.
Aber wie gesagt, das Problem der Übernachfrage erschöpft sich ja nicht allein in diesem außenwirtschaftlichen Problem, sondern es kommt noch das binnenwirtschaftliche hinzu. Ich will, um mich kurz zu fassen, nur ein einziges Beispiel geben und greife einen besonders überhitzten Markt, den Baumarkt, heraus. Herr Kollege Kurlbaum, glauben Sie nicht auch, daß auf einem Markt, auf dem alle Produktionsfaktoren voll beschäftigt sind, jede Hand, jede Maschine ausgelastet ist, die Zuführung neuer Mittel zur Erstellung keiner einzigen neuen Wohnung und keines einzigen anderen Bauwerkes, sondern nur zum Ansteigen der Baupreise führt?
Daran läßt sich leicht ermessen, daß wir auch der binnenwirtschaftlichen Entwicklung größte Bedeutung zumessen müssen, und in diesem Zusammenhang sind Maßhalteappelle angebracht. Deshalb war es richtig, daß uns sowohl der Bundeskanzler wie der Bundeswirtschaftsminister immer wieder zugerufen haben, maßzuhalten. Obwohl ich noch einmal betonen möchte, daß mit dem Maßhalten allein die Problematik, um die es bei der Geldwertstabilität geht, nicht gelöst werden kann.
Die Maßhalteappelle gewinnen um so größere Bedeutung angesichts des Hinweises des Bundeswirtschaftsministers, daß die Schwierigkeiten, die uns aus der Entwicklung der Leistungs- und der Kapitalbilanz, also aus den Zahlungsbilanzüberschüssen erwachsen, inzwischen zumindest vorläufig in den Hintergrund getreten sind und daß die auslösenden Faktoren des Preisauftriebes derzeit wohl binnenwirtschaftlicher Natur sind. Auch aus diesen Gründen sollten wir den Hinweis auf das Maßhalten nicht zu gering einschätzen.

(flexiblen Wechselkursen beikommen könnte. Gut, ich stimme darin mit Ihnen überein. Die derzeitige Regelung fixer Wechselkurse mit Stufenflexibilität halte ich angesichts der gegenwärtigen internationalen Wirtschaftslage nicht mehr für angemessen. Die Abmachungen von Bretton Woods sind dringend änderungsbedürftig; denn sie erlauben gewissen Ländern, langfristig auf Kosten anderer über ihre Verhältnisse zu leben, während sie auf der anderen Seite Staaten, die Währungsdisziplin halten, zwingen, aufzuwerten, statt die Inflationister zur Abwertung zu zwingen. Dieses System weiter zu verfolgen, halte ich für außerordentlich problematisch. Wenn man dann nämlich zu einer Aufwertung oder Abwertung kommt, so geschieht es immer in einem Rahmen, der außerordentlich bedenklich ist, sagen wir in einem Umfang von 5%. Das sind dann chirurgische Eingriffe, die den Wirtschaftskörper ganz besonders schwer schädigen. Es wäre zu überlegen, ob wir nicht im Sinne der Vorschläge von Professor Liefert zu einer limitierten Stufenflexibilität kommen sollten, die auf alle Fälle unserer gegenwärtigen Wirtschaftssituation viel eher angemessen wäre. Entscheiden wir uns aber für den anderen Weg, dem die Bundesregierung im Augenblick den Vorzug gibt, nämlich die fixen Wechselkurse mit Stufenflexibilität beizubehalten, dann wird das Problem — und das ist von den Kollegen schon aufgezeigt worden — sehr dringend, in Zukunft international eine gemeinsame Währungs-, Geldund Kreditpolitik zu betreiben. Aber, Herr Minister, das darf sich nicht auf den EWG-Raum beschränken; denn wir alle wissen, in welch hohem Maße auch Ausgaben im Ausland, die eigentlich nicht getätigt werden dürften, z. B. durch die Vereinigten Staaten und Großbritannien, zu unseren Schwierigkeiten beitragen. Die Problematik dabei ist, daß wir diese Ausgabenwirtschaft zum Teil noch dadurch ermöglichen und unterstützen, daß wir Schatzanweisungen fremder Zentral-Noteninstitute kaufen. Meine Damen und Herren, Währungsreserven sind nicht dazu da, daß sie verzinst werden, sondern dazu, daß sie die Bewegungen des Außenhandels ermöglichen. Das Problem, Herr Minister, mag im Augenblick nicht mehr so relevant sein; aber, glauben Sie mir, es wird uns nicht verlassen, und wir werden immer wieder damit konfrontiert werden, vielleicht sogar schon in absehbarer Zeit. Wir sollten seiner Lösung die allergrößte Aufmerksamkeit zuwenden. Die Abmachungen von Bretton Woods sind, wie sie gegenwärtig gehandhabt werden, für unsere Wirtschaftsordnung nicht mehr angemessen. Meine Damen und Herren, ehe ich das Wort weitergebe, mache ich Präsident D. Dr. Gerstenmaier auf die Geschäftslage aufmerksam. Ich glaube, das Haus tut gut daran, sich darauf einzurichten, daß die Debatte morgen vormittag weitergeht. Wir werden dann im Zusammenhang mit dem Einzelplan 10 die „grüne" Debatte zu Ende führen. Dafür sind jetzt schon fünf Redner gemeldet, so daß ich annehme, daß wir heute wahrscheinlich bis zum Einzelplan 10 kommen werden. — Sie meinen, das sei zu optimistisch? — Zu pessimistisch? — Sie wollen schneller vorgehen, Herr Kollege Hermsdorf? Auch wenn Sie selber noch so schnell spurten, weiß ich nicht, ob Sie das ganze Haus so schnell über die Hürden bringen. Beim Einzelplan 14 gibt es jedenfalls auch noch einiges. Kurz und gut, stellen Sie sich zur Vorsicht darauf ein, daß die Debatte morgen weitergeht. Jetzt hat das Wort der Herr Abgeordnete Dr. Luda. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Kurlbaum hat vorhin einige statistische Zahlen zur Frage der Entwicklung der Lebenshaltungskosten genannt. Dabei kann ich es nicht bewenden lassen. Deshalb auch meinerseits einige Worte. Ich lege insoweit meinen Ausführungen die Statistik des Internationalen Währungsfonds auf der Basis des Jahres 1958 zugrunde, die den Zeitraum 1958 bis 1963 umfaßt. Da gibt es zwei Gruppen von vergleichbaren Industrienationen. Die eine liegt unter ,dem Gseamtdurchschnitt, die andere darüber. Die Bundesrepublik liegt eindeutig in der günstigeren Gruppe, und zwar mit einem Zuwachs der Lebenshaltungskosten von 14%. Das ist eine ganz andere Zahl als die, die Herr Kurlbaum vorhin hier isoliert genannt hat. Wir sind damit auf der gleichen Basis mit den Niederlanden, der Schweiz und Großbritannien. Günstiger als diese Gruppe von vergleichbaren Industrienationen liegen nur die Vereinigten Staaten von Amerika sowie Kanada und Belgien. Das sind haargenau die drei Staaten, die ihrerseits mit dem Problem der Arbeitslosigkeit zu kämpfen haben, einem Problem, welches für uns Gott sei Dank kraft unserer Wirtschaftspolitik seit langem nicht mehr existiert. Das ist die Frage des Zielkonflikts innerhalb des Magischen Dreiecks, zu dem ich gleich noch einiges sagen muß. Ich bin mit dem Herrn Bundeswirtschaftsminister der Meinung, daß diese relative Steigerung der Lebenshaltungskosten selbstverständlich zu bedauern ist und daß unsere Anstrengungen dahin gehen müssen, sie noch zu reduzieren. Aber ich sage nochmals: diese Dinge dürfen nicht isoliert betrachtet werden. Sie müssen auch zusammen mit der Entwicklung der Reallöhne in den beteiligten Staaten gesehen werden, und da liegt die Bundesrepublik mit einem Wachstum von 33,3 % eindeutig an der Spitze vor Dänemark mit einem Wachstum von 25 %, den Niederlanden mit 23 %, Osterreich mit 20,5 % und den Vereinigten Staaten von Amerika mit einem Wachstum von nur 9,3%. Wenn man das so sieht, kann man nicht umhin, auch das andere anzuerkennen. Wir befinden uns also in einem Zielkonflikt, und insoweit komme ich jetzt ,auf das Gutachten der Sachverständigen zu sprechen. Meine Damen und Herren, das Sachverständigengutachten hat ein unterschiedliches Echo in der Öffentlichkeit gefunden. Bei der Wissenschaft ist das Echo eindeutig positiv. Bei der Bundesregierung, bei der SPD, bei der Bundesbank und auch bei der Wirtschaft ist das Urteil teils positiv, teils kritisch. Niemand aber bezweifelt — meist wird das sogar lobend festgestellt — die Objektivität, die fachliche Qualifikation der Sachverständigen und ,das hohe wissenschaftliche Niveau dieses Gutachtens. Ich darf Professor Röpke zitieren, der wörtlich geschrieben hat, daß es sich hier um einige wegen ihrer überragenden Urteilsfähigkeit ausgewählte und durch keine Sonderinteressen oder politische Taktik abgelenkte Männer handele. Und die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" stellt wörtlich fest: Der Regierung kann man nur gratulieren, daß sie so aufrechte Gutachter auswählte. Damit, glaube ich, ist eine geeignete Basis dafür gegeben, daß dieses Gutachtergremium mit seiner Arbeit zum Erfolge kommt. Was nun die Kritik am Verfahren betrifft, so ist immer wieder gesagt worden, die Gutachter hätten über einen Zeitraum von zwölf und nicht bloß von 6 Monaten urteilen sollen. Nun, meine Damen und Herren, in § 2 des Gutachtergesetzes heißt es, daß es die Aufgabe der Gutachter sei, ,die voraussehbare, die „absehbare" Entwicklung zu begutachten. Was ist „absehbar" im Sinne dieses Gesetzes? — Nun, das Wort „absehbar" hat einen subjektiven Aspekt. Deshalb wären Vorschriften, daß Gutachten sich auf ganze zwölf Monate beziehen müssen, zweifellos verfehlt. Es gibt aber auch eine objektive Grenze der Prognose. Daß das so ist, beweist doch das Scheitern der Idee der Planwirtschaft in der ganzen Welt. Das beweist das Scheitern des Vorschlags der „planification" im Rahmen der EWG. Daß aber eine objektive Grenze gegeben ist, ersehen Sie ferner aus der Tatsache, daß sich die Bundesregierung bemüht hatte, in ihrem Wirtschaftsbericht 1964 tatsächlich einen Zeitraum von zwölf Monaten zu erfassen, daß sie :sich aber wegen der anderslaufenden Entwicklung schon nach sechs Monaten genötigt sah, ein Nachtragsgutachten zu verfassen. Auf Grund dieser Erfahrungen bin ich der Überzeugung, daß die Gutachter recht 'daran getan haben, daß sie sich in ihrer Prognose auf sechs Monate beschränkt haben. — Soviel zu dieser Kritik. Was nun den Inhalt des Gutachtens betrifft, so muß ich auch dazu einige Worte sagen. Es handelt sich hier um das sogenannte Magische Dreieck. Aber eigentlich müßten wir von einem Magischen Viereck sprechen. Denn es handelt sich nicht nur um die ausgeglichene Zahlungsbilanz, um die Vollbeschäftigung und um die innere Stabilität, sondern außerdem noch um die Zielvorstellung eines stetigen, geDr. Luda Sunden Wachstums in der Wirtschaft. Es sind also vier Ziele, die unserer Wirtschaftspolitik in der Bundesrepublik gesetzt sind. Wenn man diese vier Ziele einmal näher betrachtet, kommt man zu der Feststellung, daß sie sich in zwei Gruppen aufgliedern lassen. Da ist einmal die Gruppe „innere und äußere Stabilität", nämlich ausgeglichene Zahlungsbilanz und Preisstabilität, 'und da ist die andere Gruppe, die der Vollbeschäftigung und des gesunden Wirtschaftswachstums. Das erste ist der statische Bereich der Wirtschaft, und das zweite ist der dynamische Bereich, derjenige, der ständiger Impulse bedarf. Wenn man das sagt: auf der einen Seite der statische, auf der anderen Seite der dynamische Bereich der Wirtschaft, dann wird die gesamte Problematik unserer Wirtschaftspolitik schon deutlich. Denn die Frage geht dahin: Kann man in der Wirtschaft Statik und Dynamik auf einen Nenner bringen? Darum geht es doch eigentlich. Die Daten sind hier schon genannt worden. Was die Vollbeschäftigung betrifft, ist das Soll mit über einer Million Gastarbeitern übererfüllt. Was das Wachstum betrifft, so haben wir eine Zunahme des realen Bruttoinlandsprodukts von 6,5 %. Ich glaube, das ist eine ganz beachtliche Leistung. Die äußere Stabilität ist erreicht. Ich verweise auf Nr. 220 des Gutachtens, wo es heißt, daß wir uns „in der Nähe des Gleichgewichts" befinden, und das angesichts der Tatsache, daß vergleichbare Industrienationen von diesem Gleichgewicht weit entfernt sind und mit besten Kräften kaum wissen, wie sie zu diesem Gleichgewicht hinfinden können. Bloß die Problematik der inneren Stabilität! Soweit steht im Gutachten geschrieben — und auch das muß ich hier entgegenhalten —, daß wir mit 2,5 % an der untersten Grenze liegen. Meine Damen und Herren, alle Ziele des Magischen Dreiecks oder Magischen Vierecks sind gleichrangig. Das ist völlig unstreitig. Unstreitig ist auch, daß trotz dieser Gleichrangigkeit die Frage der inneren Stabilität im Mittelpunkt unserer Betrachtungen stehen muß. Was alber bestritten wird hinsichtlich des sachlichen Inhalts dieses Gutachtens, das ist, daß die außenwirtschaftlichen Triebkräfte diese Wirkungsbreite haben, wie es in dem Gutachten ausgeführt worden ist. Bestritten wird das nicht von der Wissenschaft, nicht von der Regierung, auch nicht von der Wirtschaft. Ich verweise auf Röpke, der geschrieben hat, daß unsere Unstabilität „von überwiegend exogener Natur" sei. Das müssen wir einmal feststellen. Das ist auch ganz verständlich angesichts der Tatsache, daß wir die zweitgrößte Welthandelsnation sind. Bestritten wird die Tatsache, daß der außenwirtschaftliche Bereich im wesentlichen der kritischste ist, eigentlich nur von der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, vor allem von Herrn Kollegen Dr. Möller, von dem in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 26. März 1964 die Äußerung geschrieben steht — ich zitiere mit Genehmigung des Herrn Präsidenten —, „das Konjunkturpaket von Bundesbank und Bundesregierung werde sicher nicht zu einer Abwehr der Inflationsgefahr führen, weil die monetären Vorgänge für die Stabilität der D-Mark nahezu ohne Belang seien." Auf der einen Seite also die Feststellung des Gutachtens, daß diese monetären Vorgänge die Hauptursache für unsere Stabilitätsschwierigkeiten sind, und auf der anderen Seite die Meinung des Herrn Dr. Möller, die in die gegenteilige Richtung geht. Aber, Herr Kollege Dr. Möller, lassen Sie sich nicht entmutigen! Wir sind schon immer dafür eingetreten, daß jeder Mensch das Recht auf politischen Irrtum habe. Was wir der SPD vorwerfen, ist bloß die Tatsache, daß sie von diesem Recht immer einen übertriebenen Gebrauch gemacht hat. Um die Situation klarzustellen, möchte ich hier doch einen Vorwurf entkräften. Ich will nicht über flexible Wechselkurse sprechen, weil ich der Meinung bin, daß das hier in einem solchen Rahmen sehr schlecht möglich ist. Die Sachverständigen schreiben an keiner Stelle von „fluktuierenden Wechselkursen", sondern immer nur von „flexiblen Wechselkursen". Sie wollen also der Bundesbank immer noch ein Interventionsrecht einräumen. Das bitte ich zu beachten, und damit will ich diesen Punkt abschließen. Ich bedauere sehr — das ist jetzt der eigentliche Grund, weshalb ich noch einmal spreche —, daß es hier erst so spät zu dieser Plenardebatte kommt. Wir hatten mit Absicht schon die Aussprache über die Verabschiedung des Kuponsteuergesetzes zum Anlaß genommen, das gerade vorgelegte Gutachten hier in voller Breite zu erörtern. Leider ist Herr Kollege Möller damals in seiner Antwort mit keinem Wort auf das Gutachten eingegangen. Wir bedauern das sehr. Nun ja, jetzt müssen wir uns eben, seitdem schon wieder einige Wochen verstrichen und der Prognosezeitraum schon teilweise weiter abgelaufen ist, nachträglich nochmals •damit befassen; aber wir tun das ja gern. Herr Kollege Kurlbaum hat das Gutachten im ganzen bestätigt und seiner Freude darüber Ausdruck gegeben. Aber, Herr Kollege Kurlbaum, im Wirtschaftspolitischen Ausschuß haben Sie sich generell nur negativ über das Gutachten geäußert, einmal, weil es sich nur auf sechs Monate erstreckte, und zum zweiten, weil die wesentlichen Gründe für die Stabilitätsschwierigkeiten dort der Außenwirtschaft zugeschrieben würden. Das möchte ich hier doch ausdrücklich ins rechte Licht rücken. Schließlich, Herr Kollege Kurlbaum, haben Sie vorhin ausgeführt, das Gutachten enthalte eine Verurteilung der Maßhalteappelle. Ich stelle hiermit fest, daß das Gegenteil richtig ist. Herr Abgeordneter Dr. Luda, gestatten ,Sie eine Zwischenfrage desk Herrn Abgeordneten Kurlbaum? Bitte schön. Herr Luda, ist Ihnen nicht bekannt, daß ich mich im Ausschuß in keiner Weise qualifizierend über das Gutachten geäußert, sondern lediglich Fragen gestellt habe, z. B. hinsichtlich der Kurlbaum nur halbjährigen Vorausschau, um zu erkunden, ob das mit Wissen des Wirtschaftsministeriums geschehen ist? Herr Kollege, Sie haben ausdrücklich und nicht zu knapp ausgeführt, daß es sehr bedauerlich sei, daß man kaum über das Gutachten sprechen könne, weil man, wenn man die Richtigkeit des Gutachtens unterstelle, davon ausgehen müsse, daß die Unstabilität von außen hineinkomme und man nichts daran ändern könne. Das haben Sie im Ausschuß gesagt, und das entspricht auch der ersten öffentlichen Erklärung, die Professor Schiller namens Ihrer Partei zu dem Gutachten abgegeben hat. Das steht überall in der deutschen Presse geschrieben. Nochmals die Feststellung, Herr Kollege Kurlbaum: Sie haben gesagt, Maßhalteappelle würden in dem Gutachten für nutzlos und für falsch gehalten. Das Gegenteil ist richtig. Ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten folgende Sätze der Ziffer 248 des Gutachtens zitieren: Wir müssen also nach anderen Möglichkeiten suchen, die Vollbeschäftigung und Geldwertstabilität gegen die Gefahren zu sichern, die nunmehr von dem Vorhaben der Sozialpartner ausgehen können. Die einzige, die mit unserer Wirtschaftsordnung vereinbar ist— eine andere sehen wir nicht —, liegt in der Aufklärung über jene lohnpolitischen Bedingungen, unter denen ohne Beschränkung der tarifpolitischen Autonomie der Sozialpartner Geldwertstabilität ohne Arbeitslosigkeit — oder Vollbeschäftigung ohne Inflation — möglich ist. Das steht ausdrücklich darin. Die Aufklärung der Sozialpartner ist die einzige Möglichkeit des Staates, stabilisierend auf die Lohnund Kostenentwicklung einzuwirken. Das möchte ich hier in Richtigstellung der gegenteiligen Ausführungen des Herrn Kollegen Kurlbaum noch einmal ausdrücklich gesagt haben. Herr Abgeordneter Dr. Luda, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Lange Bitte sehr. Herr Kollege Luda, woher beziehen Sie eigentlich die Information über die Aussagen des Kollegen Kurlbaum im Ausschuß zu dieser Sache? Herr Kollege Lange, ich bedaure Ihre Frage. Sie können aus dem Protokoll ersehen, daß ich in der fraglichen Sitzung des Wirtschaftsausschusses zugegen gewesen bin. Und alle anderen Kollegen, die da waren und aufgepaßt haben, wissen auch, daß ich dabeigewesen bin. Nur diese wenigen Richtigstellungen wollte ich hier angesichts der Ausführungen des Herrn Kollegen Kurlbaum geben. Ich möchte nochmals sagen: Sicherlich ist es zweifelsfrei, daß es die erklärte Politik aller drei hier vertretenen Parteien ist, alles zu tun, um die Stabilität zu wahren. Ich muß aber leider feststellen, daß zu diesen verbalen Äußerungen der Opposition, die immer wieder hier in diesem Hause getan werden, im Gegensatz z. B. alle Forderungen stehen, die auf dem Parteitag Ihrer Partei in Karlsruhe kürzlich noch erhoben worden sind, Forderungen, die nur mit Milliardenbeträgen abgedeckt werden könnten. Der Herr Kollege Dr. Möller ist nach dem Karlsruher Parteitag auf diese Gefahren für die Stabilität hingewiesen worden, und da hat er wörtlich geantwortet: „Es steht fest, daß diese Vorhaben der SPD nicht mit den Methoden der klassischen Finanzpolitik zu bewältigen sind." Nicht mit den Methoden der klassischen Finanzpolitik zu bewältigen sind! Ja, meine Damen und Herren, wie war das denn vor 150 Jahren in Deutschland? Da folgten auf die Klassiker die Romantiker! Und im Ausland haben sich jetzt schon wieder Leute auf den Weg gemacht, um die blaue Blume der sozialistischen Romantik zu suchen, und wir helfen da noch. Herr Abgeordnete Dr. Luda, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Lange Nein, jetzt nicht! Ich bin sofort fertig. — Das stört uns gar nicht. Wir helfen sogar noch mit, das zu finanzieren. Wenn Sie aber ähnliche Experimente hier bei uns machen wollen, werden Sie an unserem Widerstand und am gesunden Menschenverstand der überwiegenden Mehrheit aller hier in der Bundesrepublik scheitern. (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. SchmittVockenhausen: Wahldemagogie billigster Art!)


(Beifall bei der CDU/CSU.)

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0416534600




(Abg. Hermsdorf: Noch weiter!)

Dr. Manfred Luda (CDU):
Rede ID: ID0416534700

(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Jaeger.)





(Beifall in der Mitte.)

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0416534800
Dr. Manfred Luda (CDU):
Rede ID: ID0416534900
Georg Kurlbaum (SPD):
Rede ID: ID0416535000



Dr. Manfred Luda (CDU):
Rede ID: ID0416535100

(Zurufe von der SPD.)

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0416535200
Dr. Manfred Luda (CDU):
Rede ID: ID0416535300
Erwin Lange (SPD):
Rede ID: ID0416535400
Dr. Manfred Luda (CDU):
Rede ID: ID0416535500

(Lebhafte Zurufe von der SPD.) — Das stört uns gar nicht.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0416535600
Dr. Manfred Luda (CDU):
Rede ID: ID0416535700

(Lachen und Zurufe von der SPD.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0416535800
Das Wort hat der Abgeordnete Schultz.

Fritz-Rudolf Schultz (FDP):
Rede ID: ID0416535900
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe keineswegs die Absicht, hier in die Wirtschaftsdebatte einzugreifen.

(Abg. Schmitt-Vockenhausen: Das war eine Wahlkampfrede, keine Wirtschaftsdebatte! — Gegenrufe von der Mitte.)

— Darüber zu urteilen, steht mir nicht zu. Ich will auch nicht die Agrardebatte von vorhin fortsetzen, weil wir ja vermutlich nachher noch die Agrardebatte haben werden. Ich möchte nur noch einiges zurechtrücken, was sonst vielleicht mißverständlich im Raume stehenbleiben könnte, und zwar hinsichtlich des Wunsches meiner Freunde, anzustreben, daß dieses Parlament an den Beschlüssen, die in Brüssel gefaßt werden, mitwirken kann.



Schultz
'Herr Minister Schmücker, ich ziehe in keiner Weise — und das tun auch meine Freunde nicht — Ihre großen 'Erfahrungen als Parlamentarier in Zweifel, noch weniger Ihre Erfahrungen als Minister. Aber ich darf Sie doch bitten, das gleiche Wohlwollen, das wir 'Ihnen gegenüber an den Tag legen, auch unseren Freunden gegenüber walten zu lassen. Es gibt in Bayern einen sehr netten Spruch, der heißt: „Mir sind auch nicht auf der Brennsuppen daherg'schwommen."

(Beifall bei der FDP. — Abg. Dr. Götz: Das war schlechtes Bayerisch!)

Bei uns ist keine Rede davon gewesen — und wenn dieser Eindruck entstanden sein sollte, wäre er ohne Zweifel ein Mißverständnis —, daß die Bundesregierung vor jeder Entscheidung, die in Brüssel getroffen wird, hierher eilen und das Parlament befragen muß. Das wäre sicherlich nicht möglich; das würde in der Tat die Regierungstätigkeit lahmlegen. Aber ich darf doch vielleicht darauf hinweisen, daß von seiten unserer EWG-Partner schon manche Sitzung unterbrochen worden ist, weil z. B. der französische Landwirtschaftsminister Pisani erst nach Paris fahren mußte, um sich neue Instruktionen zu holen.

(Abg. Haase [Kassel] : Aber nicht beim Parlament!)

— Ja, weil da gar kein Parlament tagt. Deswegen zieht das nicht ganz. Sie wissen ja, Vergleiche hinken immer. Auf der anderen Seite ist es doch unbestritten, daß für Brüssel noch keine parlamentarische Kontrolle vorhanden ist, sondern daß das, was da an Parlament ist, zwar eine vorzügliche Arbeit leistet, aber nicht in dem Sinne einer Kontrolle verstanden werden kann. Insofern ist es, solange noch kein politisches Europa als Einheit besteht, glaube ich, immer noch das Recht dieses Parlamentes, die Interessen der Deutschen innerhalb der EWG zu vertreten und die Regierung 71.1 bitten, diese Vertretung zu übernehmen.
Ich möchte das unterstreichen, was in einer Zwischenfrage zum Ausdruck kam: ein Parlament kann natürlich auch benutzt werden, um die schwierige Verhandlungsposition der Regierung zu erleichtern. Nur so und nicht anders haben wir das gemeint. Das möchte ich hier doch ganz klar herausstellen. Die Freien Demokraten sind in gar keiner Weise eines übertriebenen Nationalismus verdächtig. Aber wir meinen, daß es zur offenen Diskussion innerhalb der Partner gehört, daß selbstverständlich nationale Interessen so lange vertreten werden, bis es einmal so weit gekommen ist, daß wir in diesem Europa in der Tat als Nationen zusammengewachsen sind. Diesen Zeitpunkt wünschen auch wir herbei. Aber solange er noch nicht da ist, müssen wir hier unsere Interessen sehr stark in den Raum stellen. Wir glauben uns dazu auch berechtigt — auch das ist hier zu sagen —, weil der Herr Bundeskanzler bei der Debatte, die wir im März vorigen Jahres über die EWG-Landwirtschaftsfragen gehabt haben, gesagt hat, daß keine Beschlüsse gefaßt würden, ohne daß das Parlament instruiert bzw. unterrichtet — das ist der richtige Ausdruck — und gehört worden sei. Das
wollte ich doch noch einmal zur Klarstellung unserer Haltung hier aussprechen.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0416536000
Das Wort hat Herr Abgeordneter Schmidt (Gellersen).

Dr. R. Martin Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0416536100
Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister Schmücker hat am 10. Dezember des vergangenen Jahres hier für die Bundesregierung gesprochen und dabei erklärt, daß alle Maßnahmen der Vorfeldbereinigung EWG-konform sein würden. Eben das, Herr Minister Schmükker, ist nicht ganz richtig. Sie wissen selber, daß es bei dieser Vorfeldbereinigung Beträge gibt, die wir gestern schon stark kritisiert haben. Es geht um die sogenannte Investitionshilfe von 380 Millionen DM, die in Form des — das können Sie in den Erläuterungen zu Tit. 959 nachlesen — Gießkannensystems — mit diesem Schlagwort möchte ich es bezeichnen — verteilt werden sollen. Das ist eben nicht EWG-konform.
Dafür will ich Ihnen einen Zeugen benennen. Herr Bundesminister Schwarz hat in der Berliner Pressekonferenz anläßlich der Grünen Woche auf die Frage eines Journalisten erklärt, daß natürlich ein solcher Verteilungsmodus nicht mit dem Vertrag übereinstimme. Wenn die EWG-Kommission im Jahre 1965 möglicherweise keinen Einspruch erhebe, so deshalb, weil das Argument ins Feld geführt werde, man könne nicht so schnell eine andere Regelung finden; aber für 1966 sei eine solche Methode in jedem Falle nicht mehr zulässig, weil sie nicht EWG-konform sei.
Ich habe zweitens ein Papier aus Brüssel in der Hand gehabt, wo zu lesen war, daß die EWG-Kommission sich natürlich die Prüfung dieser Ausgaben vorbehalte. Nun, wir werden ja sehen. Wenn sie nach Recht verfährt, wird sie dieses Verfahren als EWG-widrig bezeichnen müssen.
So gesehen, haben Sie also dem Hause etwas gesagt, was im Grunde gar nicht stimmt. Meine Ausführungen bezogen sich nur auf die Verteilung der 380 Millionen DM. Sie persönlich, Herr Minister, haben im Rahmen des Wirtschaftskabinetts eine andere Auffassung vertreten; Sie konnten sich natürlich im Kabinett nicht durchsetzen. Aber Sie sprechen hier im Hause nicht als Abgeordneter, sondern als Vertreter der Bundesregierung.
Nun zu etwas anderem, zu der Stellungnahme des Parlaments zu den Vorlagen aus Brüssel. Herr Bundesminister, das Haus hat ein Ratifikationsgesetz beschlossen. In einem Paragraphen dieses Gesetzes steht eindeutig die zwingende Vorschrift, daß die Bundesregierung alle Vorlagen aus Brüssel dem Hause unterbreiten muß. Das Haus nimmt dazu Stellung, so oder so, nimmt Kenntnis und gibt Empfehlungen. Ich meine, Sie sollten sich noch einmal diesen Paragraphen des Ratifikationsgesetzes durchlesen. Das wäre vielleicht nützlich. Wenn Sie allerdings meinen — Sie haben doch in jedem Ausschuß die Mehrheit —, daß die Ausschüsse der Meinung der Regierung nicht folgen, so ist das Ihre Sache;



Dr. Schmidt (Gellersen)

anscheinend sind Sie sich Ihrer Mehrheit nicht immer sicher.
Noch eine letzte Bemerkung! Ich verstehe durchaus, Herr Minister, daß Sie Ihre Verhaltensweise in den Brüsseler Verhandlungen hier rechtfertigen wollen. Aber Sie können nicht aus der Welt schaffen, daß Ihre Partei und Ihre Regierung noch bis zwei Minuten vor zwölf erklärt haben, eine Senkung der Getreidepreise komme nicht in Frage. Wenn Sie dann anders gehandelt haben, ganz gleich aus welchen Gründen, dann muß das eben als eine Irreführung der öffentlichen Meinung erscheinen.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0416536200
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Wirtschaft.

Dr. Kurt Schmücker (CDU):
Rede ID: ID0416536300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schultz, ich gebe zu, die Debatte war etwas zu heftig. Aber ich bin in den letzten Wochen von Ihren Agrarpolitikern auch nicht gerade sanft behandelt worden. Also gut, das kann geändert werden, auch meinerseits. Aber, Herr Schultz, ich glaube, Sie irren. Schade, daß Herr Präsident Gerstenmaier nicht da ist; er könnte Ihnen das bestätigen. Ich komme gleich bei meinen Bemerkungen zu den Ausführungen des Kollegen Schmidt (Gellersen) noch darauf zurück.
Ich lade von Zeit zu Zeit die Europa-Parlamentarier ein. In diesem Kreise haben Angehörige Ihrer Fraktion das vertreten, was ich vorhin gesagt habe; das wird bestätigt werden, Herr Furler sitzt da, Frau Strobel sitzt da. Gegen diesen Vorschlag, daß das Parlament zwischengeschaltet wird, wende ich mich, weil ich es einfach nicht für möglich halte. Es bestand bei Ihnen — um es ganz deutlich zu machen: bei Herrn Margulies — die Absicht, hier einen entsprechenden Antrag einzubringen. Wir haben gestern im Integrationsältestenrat über das Verfahren gesprochen. Dabei habe ich ausdrücklich darauf hingewiesen, welche Verpflichtungen wir nach dem EWG-Vertrag und welche Verpflichtungen wir nach der Geschäftsordnung haben; die Freien Demokraten waren gestern leider nicht da. Alle Vertreter der Parteien waren sich einig mit uns, wie es gemacht werden sollte. Herr Schmidt, Sie brauchen mir nicht zu sagen, ich wolle nicht, wenn ... usw. Wir haben gestern im Integrationsältestenrat ausführlich über das Problem gesprochen und eine Vereinbarung getroffen, der alle Mitglieder des Ältestenrats — alle, die da waren — zugestimmt halben.

(Abg. Dr. Schmidt [Gellersen] : Bedeutet das, Herr Minister, daß wir in Zukunft die EWG-Vorlagen nicht mehr bekommen?)

— Nein, genau: daß EWG-Vorlagen, die Gesetzesänderungen zum Inhalt haben, vorgelegt werden, daß Sie die volle Information erhalten.
Nur habe ich mich gestern im Integrationsältestenrat gegen den Vorschlag, der von der Verwaltung des Bundestages ausgearbeitet wurde, in Übereinstimmung oder mit Unterstützung Ihrer Frau Kollegin Strobel gewehrt, gegen ein Verfahren, wie
ich es früher von Herrn Starke und Herrn Margulies gehört habe. Da Sie diese Ereignisse nicht unmittelbar miterlebt haben, haben Sie vielleicht den Zusammenhang nicht so gesehen. Aber das bezieht sich, ich habe das vorhin gesagt, auf die Sitzung von gestern. Ich habe den Herrn Präsidenten darauf angesprochen. Die Sache ist geklärt; Herr Schmidt, daß Sie darüber nun nicht dunkle Vermutungen anstellen! Herr Kollege Schmidt, ich betone noch einmal: ich wollte erst die Sache klarstellen.
Sie haben gesagt, wir hätten gewußt, daß diese Maßnahmen nicht EWG-konform seien. Ich habe die 380 Millionen Vorfeldbereinigung mit durchgeboxt, meine Herren Landwirtschaftspolitiker, auch von der FDP, ich darf das einmal sagen. Ich habe sie mit durchgeboxt und immer darauf hingewiesen, daß diese tatsächlichen Benachteiligungen da sind. Das betrifft auch den Lastenausgleich und die Grundsteuer. Das weiß jeder, daß das meine Meinung ist. Das geht aus vielerlei Gründen nicht. Also muß man einen Ausweg finden, der im Effekt zu demselben Ergebnis führt. Das ist das Anliegen, und ich hoffe, daß es EWG-konform sein wird.
Nun, Herr Schmidt, muß ich leider meine Enttäuschung ausdrücken. Eigentlich hätte ich gar nicht sprechen sollen. Sie halben wieder etwas gesagt, was nicht stimmt. Sie haben mich in indirekter Rede zitiert und dabei Ausdrücke gebraucht, die ich nicht verwandt habe. Was ich das letzte Mal gesagt habe, habe ich Ihnen vorgelesen. Ich habe Ihnen eine Form vorgeschlagen, die es Ihnen leicht machen soll. Ich habe gesagt, Sie brauchten Ihre Unterstellung nicht zu bedauern, sondern könnten sie kollegial zurücknehmen. Ich habe Sie gebeten, Ihren Vorwurf, ich hätte das Parlament angelogen, zurückzunehmen. Sie haben wörtlich gesagt: Tatsache ist jedenfalls, daß Herr Minister Schmücker bewußt eine falsche Auskunft gegeben hat, als er hier am 10. Dezember erklärte ... usw. — Das heißt doch zu deutsch, daß ich Sie angelogen habe. Gegen diesen Vorwurf muß ich mich in aller Form verwahren.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Wer nicht den Mut hat, meine Damen und Herren, das nach der Aufforderung zurückzunehmen, der handelt schlimmer als derjenige, der das Parlament anlügt.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0416536400
Wird weiterhin das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich schließe ,die Aussprache.
Änderungsanträge liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung über den Bericht des Haushaltsausschusses 'Drucksache IV/2909. Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Gegen zahlreiche Stimmen links angenommen.
Meine Damen und Herren, wir haben in Verbindung damit noch. 'die Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses — Drucksachen



Vizepräsident Dr. Jaeger
IV/2363 und IV/3064 —durchzuführen. Wird hierzu das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Ich lasse über den Antrag des Haushaltsausschusses, den Antrag für erledigt zu erklären, abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe auf:
Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen IV/2910, Ergänzung zu IV/2910, zu IV/2910).
In Verbindung damit rufe ich auf:
Fortsetzung der Aussprache über den Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen IV/2990, zu IV/ 2990).
Zuerst erteile ich das Wort den Berichterstattern zu Einzelplan 10, den Abgeordneten Brese und Dr. Althammer. Herr Abgeordneter Brese, bitte.

(Zuruf: Herr Brese ist nicht da!) — Dann Herr Dr. Althammer.


(Abg. Dr. Althammer: Ich verweise auf den Schriftlichen Bericht!)

— Herr Abgeordneter, erstens liegt ein Schriftlicher
Bericht meines Erachtens nicht vor, sondern ein Mündlicher Bericht, der schriftlich ist. Zum zweiten können Sie nicht verzichten, sondern es ist eine Pflicht, zu berichten. Nur das Haus kann auf Ihren Bericht verzichten. Ich nehme an, daß das Haus verzichtet. — Es wird also auf die Berichterstattung der Herren Brese und Dr. Althammer verzichtet.
Wir kommen damit zur verbundenen Aussprache. Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Frehsee.

Heinz Frehsee (SPD):
Rede ID: ID0416536500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf also die gestern früh begonnene und heute nachmittag von Herrn Minister Schmücker wiederaufgenommene agrarpolitische Debatte fortsetzen. Sie brauchen wegen der fünf Redner, die von dem Herrn Bundestagspräsidenten Gerstenmaier angekündigt sind, nicht sehr in Sorge zu sein. Alle fünf werden, wie ich höre, insgesamt etwa 60 Minuten brauchen.
Meine Damen und Herren, die Agrarpolitik der Bundesregierung findet ihren Niederschlag im Grünen Bericht. Die Ergebnisse der Agrarpolitik können Sie dort nachlesen. Ein sehr wesentliches Instrument unserer nationalen, unserer deutschen Agrarpolitik ist der Grüne Plan. Im Grünen Plan 1965 — es ist übrigens der 10. Grüne Plan — befindet sich erstmalig ein Kapitel IV, das überschrieben ist: Verbesserung der sozialen Lage in der Landwirtschaft. Wir haben einen solchen Titel bereits vor zwei Jahren gefordert. Wir stellen mit Genugtuung fest, daß diesem Wunsch der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei, dem sich vor einem Jahr auch die
Koalition angeschlossen hat, nunmehr entsprochen wurde.
In diesem neuen Kapitel IV des Grünen Plans sind 610 Millionen DM für die Verbesserung der sozialen Lage der in der Landwirtschaft Tätigen vorgesehen. Das ist eine riesige Summe. Das ist fast so viel, wie im ersten Grünen Plan, den wir 1956 vorgelegt bekommen haben, insgesamt gestanden hat. Damals enthielt der Grüne Plan insgesamt 615,5 Millionen DM. Das Kapitel IV — Verbesserung der sozialen Lage der Landwirtschaft — enthält jetzt also allein 610 Millionen DM. Wenn Sie die Mittel hinzurechnen, die über das Bundeskindergeldgesetz in die Landwirtschaft fließen, dann sind das auf dem sozialen Sektor insgesamt rund 1 Milliarde DM. Wir sprechen also jetzt über diese 1 Milliarde DM öffentlicher Mittel, die für soziale Zwecke in der Landwirtschaft gegeben werden.
Wir haben seit langem gesagt, daß man weder mit preispolitischen noch mit agrarstrukturpolitischen Mitteln allein noch auch mit den besten Investitionsplänen allein die Lebensverhältnisse der Landwirtschaft verbessern könne. Vor zehn Jahren, als wir im Juli 1955 das Landwirtschaftgesetz hier im Bundestag verabschiedeten, haben wir gefordert, daß man den Katalog der Mittel der darin enthalten ist, ergänzen solle um die Sozialpolitik. Damals ist uns das brüsk abgelehnt worden. Damals hat man uns vorgeworfen, wir wollten die Landwirtschaft mit sozialen Almosen abspeisen. Nun, wir können mit Genugtuung feststellen, daß jetzt, zehn Jahre danach, der endgültige Durchbruch der landwirtschaftlichen Sozialpolitik verzeichnet werden kann, und in diesem Kapitel IV können wir den Beweis für die Anerkennung der landwirtschaftlichen Sozialpolitik als eines wichtigen Bestandteils einer umfassend verstandenen Agrarpolitik sehen.
Im vorigen Jahr haben wir einige maßgebliche Verbesserungen der landwirtschaftlichen Altershilfe und der landwirtschaftlichen Unfallversicherung gehabt. Die Unfallrente des durch den Unfall 100%ig erwerbsunfähig gewordenen Landwirts ist von monatlich 150 DM auf 250 DM erhöht worden. Das Altersgeld ist auf 100 DM für Verheiratete und 65 DM für Ledige erhöht worden. Meine Damen und Herren, diese Rentensätze bitte ich zu beachten. Sie sind immer noch verhältnismäßig gering, trotz der enormen Beträge, die für den sozialen Sektor der Landwirtschaft zur Verfügung gestellt werden. Die in diesen soeben von mir genannten Zahlen zum Ausdruck kommende Entwicklung ist zwar sehr erfreulich, wenngleich mit diesen Finanzhilfen nur der dringendste soziale Nachholbedarf in der Landwirtschaft befriedigt werden konnte. Wir können es damit immer noch nicht bewenden lassen, wenn wir auch sagen können, daß wir mit den Verbesserungen der dritten Novelle zum Gesetz über die landwirtschaftliche Altershilfe, mit der wir uns zur Zeit befassen — der mitberatende Bundestagsausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat seine Beratungen mittlerweile abgeschlossen, und der federführende Sozialpolitische Ausschuß wird sie demnächst, wenn er Zeit dafür haben wird, aufnehmen —, einen bestimmten Standard erreicht haben



Frehsee
werden. Die Finanzierung ist gesichert durch den Betrag von 150 Millionen DM, der im Rahmen der Sonderzuwendungen von 840 Millionen DM für diesen Zweck vorgesehen ist.
Die nächste wichtige Aufgabe ist die soziale Sicherung der Bauern und Bäuerinnen, der Selbständigen der Landwirtschaft, und ihrer mithelfenden Familienangehörigen im Krankheitsfalle. Wir haben vor zwei Jahren, als wir den landwirtschaftlichen Sozialplan der SPD im Zusammenhang mit der Aussprache über die Lage der Landwitrschaft hier vortrugen, eine solche soziale Sicherung im Krankheitsfalle gefordert. Wir sind sehr glücklich, aus dem Munde von Herrn Ehnes — und hoffentlich verbindlich für die Koalition — erfahren zu haben, daß Sie beabsichtigen, einen Gesetzenwurf für die soziale Sicherung im Krankheitsfalle vorzulegen. Wir würden damit einem weiteren dringenden sozialpolitischen Bedürfnis in der Landwirtschaft Rechnung tragen.
Die verschiedenen Maßnahmen auf dem Gebiet der sozialen Sicherung erfordern eine Zusammenfassung. In diesem Zusamenhang möchte ich noch einmal nachdrücklich darauf hinweisen, daß wir einen Gesetzentwurf brauchen, wie er vor zwei Jahren, Herr Staatssekretär Dr. Claussen, in dem Entschließungsantrag der zuständigen Ausschüsse gefordert worden ist, einen Gesetzentwurf, in dem die Möglichkeit vorgesehen wird, unter Zusammenfassung der verschiedenen Träger der sozialen Sicherung der Landwirtschaft, also der Alterskassen, der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften und der Landkrankenkassen, in einem eigenen System der umfassenden sozialen Sicherung der landwirtschaftlichen Selbständigen und ihrer Mithelfenden eine organisatorische Grundlage zu geben.
Wir Sozialdemokraten stellen uns eine solche organisatorische Zusammenfassung in einem Landwirtschaftlichen Sozialwerk vor. Wir sind uns darüber klar, daß man die Selbständigen und die Mithelfenden nicht in die Krankenversicherung der RVO einbeziehen kann, daß man angesichts der Besonderheit dieses Berufes, der Besonderheit eben der Selbständigkeit bäuerlichen Wirtschaftens, ein besonderes, auf diese spezifischen Verhältnisse abgestelltes System für die soziale Sicherung und für die Trägerschaft der sozialen Sicherung der in der Landwitrschaft tätigen Selbständigen braucht. Wir sehen ein solches besonderes System in dem Landwirtschaftlichen Sozialwerk, wie es auch der Bauernverband fordert; er nennt es Bäuerliches Sozialwerk; darüber können wir uns sehr leicht einigen.
Dieses Bäuerliche Sozialwerk als Träger aller Maßnahmen der sozialen Sicherung wäre auch in der Lage, die dringend benötigten landwirtschaftlichen Betriebshelfer anzustellen, die dann eingesetzt werden könnten, wenn der Landwirt, wenn der Bauer oder die Bäuerin wegen Krankheit, wegen Erwerbsunfähigkeit schlechthin, wegen Verschickung zu einem Heilverfahren oder aus anderen Gründen ausfällt, arbeitsunfähig wird.
Die enge Verflechtung der landwirtschaftlichen Sozialpolitik mit der landwirtschaftlichen Strukturpolitik zeigt sich in den Veränderungen des Altersaufbaus in der Landwirtschaft. Die Zahl der über 65 Jahre alten Landwirte nimmt ständig ab, diejenige der unter 45jährigen dagegen zu. Das ist sehr erfreulich. Es ist eine unmittelbare Auswirkung des landwirtschaftlichen Altershilfegesetzes. Zu der Gruppe der unter 45 Jahre alten Betriebsinhaber gehörten 1960 rund 31 %, 1956 nur 25%. Der Anteil der über 45jährigen ist gesunken. Die Gruppe der über 65jährigen wird mit rund 12 % angegeben. 1956 waren es rund 18%. Das ist, wie gesagt, in erster Linie eine Folge des Gesetzes über die Altershilfe für Landwirte. Wir können sicher sein, daß mit dem Ausbau des Altershilfegesetzes, mit der zweiten Novelle, mit der Einführung der Erwerbsunfähigkeitsrente, der Gewährung des vorzeitigen Altersgeldes an Erwerbsunfähige, mit einer Erhöhung des Altersgeldes, wie sie jetzt bei der dritten Novelle beabsichtigt ist, mit der Einführung der medizinischen Rehabilitation die Altersstruktur der hauptberuflichen Landwirte sich weiter verjüngen wird.
Während die Altersgliederung der Betriebsinhaber günstiger geworden ist, steigt der Anteil der Altersklasse über 45 Jahre in allen anderen Arbeitskräftegruppen. Das ist bedenklich. Besonders bedenklich ist dieser Tatbestand bei .den landwirtschaftlichen Arbeitnehmern; hier ist .eine starke Überalterung zu verzeichnen.
Besonders bedenklich ist bei den Arbeitnehmern auch der weitere Rückgang um 6,2 % im Wirtschaftsjahr 1963/64. Meine Damen und Herren, wenn die Abwanderung der Landarbeiter so weitergeht, können wir uns bald ausrechnen, wie lange es noch dauert, bis die Frage zu stellen sein wird, wann der letzte Landarbeiter abgeht. Wenn wir .an der Erhaltung eines Stammes qualifizierter landwirtschaftlicher Mitarbeiter interessiert sind — und wir müssen angesichts unserer Betriebsgrößenstruktur daran interessiert sein —, dann muß noch mehr als bisher im Sinne einer konstruktiven Landarbeiterpolitik geschehen. Dann müssen sich also die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer entschließen — wir haben Tarifautonomie und können insofern hier nur Empfehlungen geben —, die volle Angleichung der Löhne schneller herbeizuführen. Insofern muß man Verständnis für die Forderung haben, die die Gewerkschaft Gartenbau, Land- und Forstwirtschaft in diesen Tagen aufgestellt hat, die Löhne um 16% zu erhöhen. Diese Lohnforderung bedeutet nur die Angleichung an die Vergleichslöhne, und der Grüne Bericht 1965 weist aus, daß die landwirtschaftlichen Lohnarbeitsbetriebe, also diejenigen landwirtschaftlichen Betriebe, in denen sich Landarbeiter befinden, zur Zahlung des Vergleichslohns in aller Regel imstande sind.

(Zuruf von der CDU/CSU.)

— Die Lohnarbeitsbetriebe sind ausweislich des Grünen Berichts und angesichts der ,diesjährigen Förderungsmaßnahmen des Grünen Plans zweifellos zur Zahlung des Vergleichslohns imstande.
Vielfach wird die Befürchtung geäußert, daß diese kräftige Lohnforderung von 16 % zu Kostenerhöhungen und damit auch zu Preiserhöhungen führen



Frehsee
müsse. In welchem Maße heute Kostenerhöhungen infolge von Lohnsteigerungen in der Landwirtschaft aufgefangen werden können, zeigt ein Blick auf die Veränderung des Aufwandspostens für die Bezahlung der Landarbeiter. Im Wirtschaftsjahr 1962/63 mußten — Sie können das im Grünen Bericht finden — die Arbeitgeberbetriebe der Landwirtschaft 1,742 Milliarden DM einschließlich der Sozialversicherungsbeiträge für die Bezahlung der Landarbeiter ausgeben; 1963/64 waren es mit 1,761 Milliarden DM nur 19 Millionen DM mehr. Obwohl der Tariflohn in der Landwirtschaft um rund 9 % und die Effektivverdienste um etwa 10% — also immerhin beachtlich — angestiegen sind, ist der Aufwand für den Lohn nur um 1,1 % gestiegen. Alles andere wurde also durch die ständige Abwanderung und zweifellos auch durch weitere Rationalisierung in den Lohnarbeitsbetrieben kompensiert.
Überhaupt haben die Landarbeiter zweifellos einen großen Beitrag zur Rationalisierung der Lohnarbeitsbetriebe geleistet. Im Jahre 1949 waren es noch 1 Million Landarbeiter; verblieben sind bis heute 250 000. Wir haben also, jedenfalls nach den Statistiken des Grünen Berichts, heute nur noch ein Viertel der Zahl der Landarbeiter, die wir 1949 gehabt haben. Aber dieses Viertel der Gesamtzahl der Landarbeiter, die 1949 da waren, erzeugt heute viel mehr als damals die vierfache Zahl. Die durchschnittliche Bruttobodenproduktion, die 1949 bei 28 dz Getreideeinheiten je ha lag, hat gegenwärtig einen Stand von 37 dz je ha erreicht. Das sind Durchschnittszahlen. Da die Zahl der Lohnarbeitskräfte sehr viel schneller zurückgegangen ist als die Zahl der Familienarbeitskräfte, ist die Steigerung der Bodenproduktion je Arbeitskraft in den Lohnarbeitsbetrieben logischerweise noch ,erheblich stärker.
Neben der Angleichung der Löhne ist aber auch eine konstruktive Landarbeiterpolitik von seiten des Bundes und der Länder erforderlich. Wir müssen die Maßnahmen konstruktiver Landarbeiterpolitik, die wir schon haben, verstärkt fortführen. Wir müssen also den Landarbeiterwohnungsbau fortführen und müssen auch die Förderung der Ausbildung zum landwirtschaftlichen Facharbeiter intensiv und verstärkt fortsetzen.
Was den Landarbeiterwohnungsbau betrifft, müssen wir leider feststellen, daß er, soweit es sich um die Erstellung von Landarbeitereigenheimen und Landarbeitersiedlerstellen handelt, im Jahre 1964 gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen ist. Die Ursachen sind leicht festzustellen: Knappheit und Verteuerung der Grundstücke auch auf dem Dorf, allgemeiner Anstieg der Baukosten auf der einen Seite, ungenügende öffentliche Mittel, steigende Belastung der Bauwilligen auf der anderen Seite. Auf keinen Fall ist das Fehlen bauwilliger Landarbeiter der Grund dafür, daß die Zahl der erstellten Eigenheime und Landarbeitersiedlerstellen zurückgegangen ist. Wenn von einem Landarbeiter verlangt wird, er solle zunächst einmal 10 000 bis 15 000 DM, in einigen Bundesländern noch mehr, auf den Tisch legen und hinterher monatlich bis zu 200 DM laufende Belastung aufbringen, so übersteigt das eben seine Möglichkeiten. Hier ist die Grenze der gewiß
nicht geringen Opferbereitschaft der Landarbeiter so weit überschritten, daß für den einzelnen dann nur noch die Resignation, der Verzicht bleibt. Das ist es, worauf dieser Rückgang im Landarbeiterwohnungsbau zurückzuführen ist.
Wir können uns nicht damit abfinden, wir dürfen es nicht. Wenn die seit Jahren so erfolgreich durchgeführte Aktion „Seßhaftmachung verheirateter Landarbeiter" mit den bisherigen Methoden nicht mehr weiterkommt, müssen neue Möglichkeiten gefunden werden. Vor allem darf man die Zielsetzung dieser Aktion nicht aus dem Auge verlieren, nämlich die Änderung der landwirtschaftlichen Arbeitsverfassung, weg von der überholten Gesindeordnung mit überwiegend ledigen Arbeitnehmern in Kost und Wohnung und damit in Abhängigkeit und hin zu verheirateten, unabhängigen Landarbeitern, landwirtschaftlichen Facharbeitern mit eigenem Haus. Fortschrittliche Arbeitgeber und Agrarpolitiker bejahen dieses Ziel, weil sie längst erkannt haben, daß nur so der benötigte Stamm an ständigen, gut ausgebildeten und betriebstreuen landwirtschaftlichen Facharbeitern erhalten werden kann und auch nur so die Fehlinvestitionen in der Ausbildung junger Landarbeiter, die nach wenigen Jahren der Landwirtschaft den Rücken kehren — wir lesen das ausdrücklich im Grünen Bericht —, vermieden werden können.
Die meisten der Landarbeiter, die sich in den vergangenen Jahren ein Haus gebaut haben, waren ältere Menschen, die schon seit Jahr und Tag treu ihre Arbeit in der Landwirtschaft leisten. Es ist sicher erfreulich, daß sie durch die Hilfe des Staates eine gewisse Entschädigung für die langjährige Benachteiligung erhalten haben und nun mit etwas mehr Sicherheit in die Zukunft blicken können.
Diese Maßnahmen können aber auf die Dauer nur dann zur Wirkung kommen, wenn es gelingt, die jungen Landarbeiter zu erfassen. Sie entscheiden sich zum größten Teil über Verbleiben oder über Abwandern dann, wenn die Familiengründung erfolgt. Wird dieser Zeitpunkt verpaßt, so ist der junge Landarbeiter zumeist ein für allemal für die Landwirtschaft verloren.
Hier müssen besondere Hilfen einsetzen. Der junge Landarbeiter kann heute — ich sagte es schon — die zum Hausbau benötigten Mittel nicht aus eigener Kraft aufbringen, denn der junge Landarbeiter hat in der Regel überhaupt kein Eigenkapital. Er hat in jungen Jahren noch keinen hohen Verdienst, er hat keine Ersparnisse. Er kann .zudem die nicht geringen Ausgaben, die die Gründung eines eigenen Haushalts erfordert, nicht ohne weiteres aufbringen und dazu noch ein Haus bauen. Wenn die angestrebte Strukturänderung, nämlich die „Seßhaftmachung verheirateter Landarbeiter" — so ist ja dieser Titel benannt — erzielt werden soll, dann müssen zunächst die Eigenkapitalbeihilfen entsprechend der Baukostensteigerung angehoben werden. Die Kinderzuschläge müssen für jedes Kind gewährt werden. Für die Anforderungen in bezug auf Eigenkapital und Eigenleistungen muß eine Begrenzung eingeführt werden, um die Bauwilligen nicht von vornherein abzuschrecken. Ich habe es in vielen



Frehsee
Fällen selber erlebt, daß die Betreffenden gesagt haben: Das Risiko ist zu groß, das gehe ich nicht ein, und wenn es noch so schöne Eigenkapitalbeihilfen aus dem Grünen Plan gibt! Wir dürfen sie nicht abschrecken, wir dürfen sie nicht unzumutbaren Belastungen aussetzen, die sich in diesem Zusammenhang u. a. oft auch aus zusätzlichen Darlehensaufnahmen ergeben.
Für die Weiterfinanzierung gibt es dann die Möglichkeit, die pro Einheit gewährten zinsgünstigen öffentlichen Mittel so stark zu erhöhen, daß die Belastung in tragbaren Grenzen bleibt, oder aber die Restfinanzierung muß über den Kapitalmarkt erfolgen, d. h. mit Hilfe von Hypotheken, wobei gegebenenfalls beim Überschreiten der Beleihungsgrenze die Staatsbürgschaft in Anspruch genommen werden muß.
Zu den weiteren Maßnahmen — ich nannte sie bereits — muß die verstärkte Förderung der Ausbildung zum landwirtschaftlichen Facharbeiter gehören. Es ist unerfreulich, daß Niedersachsen, das diese landwirtschaftliche Facharbeiterausbildung ja in besonderem Umfang betreibt, Jahr für Jahr ein Risiko in bezug auf die Finanzierung dieser Facharbeiterausbildung eingehen muß. Jahr für Jahr überschreitet Niedersachsen die Schlüsselzuweisung aus diesem Titel des Grünen Plans. Bisher konnte immer noch nachträglich gegeben werden, was Niedersachsen zusätzlich gebraucht hat, weil die anderen Länder ihre Quoten nicht ausgenutzt haben. Aber dieser Zustand ist an und für sich unerfreulich. Wir sollten auf diesem Gebiet mehr tun als bisher, und wir sollten überlegen, ob wir dem Beispiel Niedersachsens und Hessens nicht folgen und — wie diese beiden Länder — aus Mitteln des Grünen Plans Einrichtungs- und Ausstattungshilfen für solche jungen Landarbeiter geben sollten, an deren Verbleiben in der Landwirtschaft wir interessiert sind.

(Abg. Dr. Stoltenberg: Herr Frehsee, eine Stunde brauchen Sie allein!)

— 25 Minuten, wenn ich mich nicht irre; ich bin auch gleich am Ende, Herr Direktor Stoltenberg.

(Heiterkeit.)

Meine vorletzte Bemerkung gilt der sozialen Ergänzung der Agrarstrukturverbesserung. Ich habe darüber vor einem Jahr in der „grünen" Debatte ausführlich gesprochen. Ich muß leider sagen, daß davon wenig seinen Niederschlag gefunden hat. Immer noch wird zur Umschulung und zur Beratung der aus der Landwirtschaft Abwandernden zuwenig getan. Wir müssen mehr tun. Es geht darum, den Menschen die Wandlung der Wirtschafts- und Gesellschaftsstruktur deutlich zu machen. Es ist notwendig, den Berufswechsel,' der doch in vielen Fällen erwünscht ist, mit Ausbildungsmaßnahmen zu fördern. Dazu sind neue Formen nötig.
Eine besondere 'Beratung sollte den aus der Landwirtschaft ausscheidenden Familien helfen. Die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung sollte sich etwas einfallen lassen für die Umschulung dieser aus der Landwirtschaft ausscheidenden Personen.
Zum Schluß ein Wort zur agrarsozialen Forschung. Ich habe deutlich gemacht, daß es große Beträge sind, die jetzt für die landwirtschaftliche Sozialpolitik ausgegeben werden. Wir müssen dafür sorgen, daß diese Steuergroschen — um solche handelt es sich doch — mit optimalem Effekt eingesetzt werden. Dazu brauchen wir eine wissenschaftliche Planung der sozialpolitischen und der strukturpolitischen Maßnahmen, die wir in großer Zahl eingeführt haben, und wir brauchen eine Erfolgskontrolle. Wir haben im Einzelplan 10 insgesamt 74 Millionen DM für die land- und ernährungswirtschaftliche Forschung. Davon werden 292 000 DM für die sozial-und strukturpolitische Forschung ausgegeben; das sind 0,4 %. Angesichts der Größe der Beträge — mit Strukturpolitik und Sozialpolitik zusammen wird insgesamt mit fast 2 Milliarden DM gefördert —, angesichts dieses gewaltigen Betrages sollten wir in Zukunft etwas mehr für die sozial- und strukturpolitische Forschung aufwenden, als das bisher geschehen ist, damit diese gewaltigen Mittel wirklich mit optimalem Effekt zum Wohl der in der Landwirtschaft Verbleibenden wie zum Wohl der im Rahmen dieses Strukturwandels aus der Landwirtschaft Ausscheidenden eingesetzt werden.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0416536600
Das Wort hat der Abgeordnete Reichmann.

Martin Reichmann (FDP):
Rede ID: ID0416536700
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende zehnte Grüne Bericht über die Lage der Landwirtschaft dokumentiert ein zehnjähriges Bemühen und Ringen von Parlament und Regierung, aber auch der Landwirtschaft um die Einordnung und Gleichstellung dieses tragenden Teils unserer Gesamtwirtschaft und ihre wirtschaftliche sowie soziale Gleichberechtigung in unserer Gesellschaft. In allen Berichten konnte das Ziel des Landwirtschaftsgesetzes leider nicht erreicht werden. Das gibt Veranlassung zu der Frage: weshalb nicht?
Der damalige Landwirtschaftsminister versuchte, durch Kostensenkung die Disparität auszugleichen. Dieser Versuch scheiterte, weil die Kostenentwicklung davonlief. 'Heute sind die Preise für die Bodenproduktion die gleichen wie 1952, real also niedriger. Nach den neuen EWG-Beschlüssen sollen sie noch weiter gesenkt werden.
Innerwirtschaftlich befinden wir uns in einer neuen Lohnsteigerungswelle, welche wahrscheinlich die Kosten noch einmal antreiben wird. Das Kernproblem der Disparität wird also nicht erleichtert, sondern noch mehr erschwert. Es muß festgestellt werden, daß die Landwirtschaft am allerwenigsten Schuld an dieser Entwicklung trägt. Durch das Stillhalten der Landwirtschaft bei den Erzeugerpreisen hat sie den allergrößten Stabilisationsbeitrag geleistet. Sie ist die Hauptleidtragende der Kostensteigerungen. Zur erfolgreichen Agrarpolitik ist die Stabilität eine der entscheidenden Voraussetzungen.
Aber wie ist die gegenwärtige Lage? Herr Tacke vom DGB hat kürzlich angekündigt, daß die expansive Lohnpolitik mit gleichzeitigen Arbeitszeitver-



Reichmann
kürzungen bei vollem Lohnausgleich weiter verfolgt wird. Soweit eine Beeinträchtigung der Stabilität nicht erfolgt, ist dagegen nichts einzuwenden. Aber zur selben Zeit wurde in Brüssel beschlossen, gegenüber der Landwirtschaft eine degressive Einkommenspolitik durchzuführen.
Man darf die Landwirtschaft infolge dieser gegensätzlichen Entwicklung, die dadurch verursacht wird, nicht zum Prügelknaben der Industriegesellschaft machen; denn das wäre die zwangsläufige Folge. Es wäre auch ungerecht und in vielerlei Hinsicht gefährlich. Eine Dezimierung der Landwirtschaft wäre wahrscheinlich eine unvermeidbare Folge. Niemand kann garantieren, daß wir von Krisen für alle Zeiten verschont bleiben. In Zeiten, in denen die Landwirtschaft mehr geschätzt wird als heute — auch agrarpolitisch —, muß man an morgen denken und heute dementsprechend handeln.
Aus den Ergebnissen des Grünen Berichts sei mir gestattet nur einige wichtige Tatsachen herauszustellen, um Kritiken zu widerlegen. Unbeschadet der ausgewiesenen Disparität in Höhe von 21% sind die 11,4% Erwerbstätigen der Landwirtschaft nur mit 4,4% am Volkseinkommen beteiligt. Auch unter Berücksichtigung der Wandlungen und Fortschritte in der übrigen Wirtschaft kommt doch die Unterbewertung der Leistungen der Landwirtschaft dadurch zum Ausdruck. Infolge der politisch bestimmten Agrarpreissenkungen durch Brüssel um etwa 12% wird die volkswirtschaftliche Unterbewertung der Landwirtschaft noch mehr vergrößert und der tatsächliche Sachverhalt entstellt.
Weiter zeigt sich in dem vorgenannten Unterschied zwischen dem Anteil der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft und dem Anteil am Volkseinkommen eine Lücke, welche darauf zurückzuführen ist, daß eben eine gerechte Bewertung der längeren Arbeitszeit in der Landwirtschaft nicht stattfand. Freund Wächter hat dieses Problem bereits aufgezeigt. Die Durchführbarkeit, welche immer wieder bestritten wird, hat Freund Logemann in der letztjährigen Debatte nachgewiesen. Der Leistungswille und die Bereitschaft zur Steigerung der Produktivität der Landwirtschaft sind durch die Feststellung erwiesen, daß die Produktivität je Arbeitskraft im letzten Jahrzehnt von 88 dz Getreideeinheiten auf 240, also auf fast das Dreifache, gesteigert werden konnte. Daß die Landwirtschaft also nicht rückständig, wie manche Kritiker behaupten, sondern modern und fortschrittlich ist, ist damit bewiesen. Ihr Wille, alle Rationalisierungsmaßnahmen durchzuführen, ist durch den im letzten Jahrzehnt von 24 000 DM auf 50 000 DM je Arbeitsplatz gesteigerten Kapitaleinsatz und das investierte Fremdkapital in Höhe von 16,8 Milliarden DM bewiesen.
Ernährungswirtschaftlich ist in der Zeit der Notstandsgesetzgebung die Feststellung des Grünen Berichts von großer Bedeutung, daß die Ernährung der Verbraucher durch die Erzeugnisse der eigenen Landwirtschaft zu 70% gesichert ist. Dabei muß berücksichtigt werden, daß diese große Leistung mit einem Drittel Arbeitskräfte weniger als 1950 vollbracht wird. Daß unsere Landwirtschaft trotzdem in Bedrängnis gekommen ist, ist nicht nur
durch den Wandlungsprozeß verursacht, sondern auch durch die wettbewerbsverzerrenden Entwicklungen im Innern und durch die EWG.
Diese Situation erfordert geeignete Maßnahmen, um dem entgegenzuwirken. Je mehr die Kosten im Innern steigen und die Erzeugerpreise durch die Auswirkungen der EWG vermindert werden, um so mehr wird die Landwirtschaft gehindert, den kostengerechten oder kostenrichtigen Preis, wie Bundeskanzler Erhard es ausdrückte, zu erzielen. Als zweckmäßiges Mittel zur laufenden Beurteilung dieser Entwicklung forderte die FDP 1955 bei der Einführung des Landwirtschaftsgesetzes den Indexvergleich und zum gleichen Zweck im November 1964 vor den EWG-Verhandlungen als Absicherung eine wirksame Revisionsklausel, damit 1967 die Agrarpreise der realen Kaufkraftentwicklung angepaßt werden könnten. Die von uns geforderte zwingende Fassung der Revisionsklausel wurde im Verlauf der Verhandlungen leider wieder aufgeweicht.
Die Landwirtschaft verwünscht und verurteilt die diskriminierenden Subventionen. Was in der sozialen Marktwirtschaft allen selbstverständlich ist, daß jedem das Seine entsprechend der Leistung zukommt, sollte auch der Landwirtschaft zugebilligt werden. Aber statt daß man dem folgt, versucht man den schlechten Ausweg über die Subventionen. Durch die Brüsseler Entscheidung wird die Landwirtschaft noch stärker auf diesen schlechten Ausweg abgedrängt. Die Folgen sind, daß ein Teil des Unterschiedes zwischen dem politischen Preis und dem kostenrichtigen Preis beim Steuerzahler erhoben und über die Länder, über den Bund und im Zuge der EWG sogar über Brüssel durch die alle belastende Bürokratie an die Landwirtschaft wieder ersetzt werden muß. Welch schlechter Umweg, sich den Konsequenzen der Erhaltung einer gesunden Landwirtschaft zu entziehen!
Wenn die Landwirtschaft als Teil der Gesamtwirtschaft dieselben Wirtschaftsgrundsätze wie die übrigen Wirtschaftskreise für sich fordern muß, um existent zu bleiben, erklärt man, daß sie auf den ausgefahrenen Geleisen der Vergangenheit fortfahre. Herr Bundesminister Schwarz hat in seinen Ausführungen zum Grünen Bericht ausdrücklich hervorgehoben, daß die Einkommens- und Lebensverhältnisse der süddeutschen Gebiete um 14 % schlechter sind als die Verhältnisse in den anderen Gebieten. Dazu muß festgestellt werden, daß die schlechten Einkommensverhältnisse nicht allein auf die Betriebsgröße, sondern auch auf den größeren Anteil der Futterbaubetriebe mit ihren schlechteren Ertragsverhältnissen in Süddeutschland sowie auf den größeren Anteil der von der Natur benachteiligten ertragsärmeren Gebiete zurückzuführen sind. Nach dem Landwirtschaftsgesetz sind auf der Grundlage der Feststellungen des Grünen Berichts die entsprechenden Folgerungen zu ziehen. Daraus ergibt sich der Auftrag, die schwierigen Ertragsverhältnisse besser zu berücksichtigen. Deshalb darf ich die Bundesregierung bitten, daß eine gezielte stärkere Verbesserung der Agrarstruktur in den besonders agrarstrukturkranken Gebieten erfolgt, daß gerade für diese Gebiete die existenzerhaltende Vered-



Reichmann
lungsproduktion rentabel gestaltet und im Sinne des Antrags der FDP — Freund Wächter hat das aufgezeigt — gesichert wird.
Die beschlossene Getreidepreissenkung fordert die Gefahr geradezu heraus, daß die industriellen Mäster die Veredlung an sich zu bringen suchen und Mastfabriken eine Überproduktion verursachen, die den Veredlungsmarkt ruinieren würde. Wie in Holland und Frankreich muß dies durch geeignete gesetzliche Maßnahmen verhindert werden. Die Existenz der Familienbetriebe und ihr Schicksal wird sich an diesem Problem der Veredlungswirtschaft entscheiden.

(Beifall bei ,der FDP.)

Dasselbe gilt sinngemäß für die Milchwirtschaft. Sie ist die einzige Intensivform der Futterbaubetriebe. Sie hat keine Ausweichmöglichkeiten wie die Ackerbaubetriebe. Deshalb müssen die notwendigen Konsequenzen gezogen werden.
Für Zehntausende von Betrieben ist die Erhaltung von Sonderkulturen — Wein, Hopfen und Tabak — lebensentscheidend. Besonders die Tabakpflanzer sind durch die Wettbewerbsverzerrungen des italienischen und französischen Tabakmonopols benachteiligt, das den dortigen Pflanzern kostendeckende Preise garantiert, während bei uns der Tabak weitgehend liberalisiert ist. Die Beseitigung der Wettbewerbsverzerrungen in diesem Bereich ist besonders vordringlich. Bis dahin sind die Förderungsmaßnahmen fortzuführen.
Bei Flächensubventionen oder neutralen Subventionen sollten die ertragsschwachen Futterbaubetriebe und die benachteiligten Gebiete durch entsprechende Zuschläge besonders berücksichtigt werden, wie dies in der Schweiz jetzt schon erfolgreich praktiziert wird.
Bezüglich der Erhaltung der Familienbetriebe in schwierigen Ertragsverhältnissen sollte für uns richtungweisend sein, was der französische Landwirtschaftsminister Pisani in der Landwirtschaftsministerkonferenz der OECD im Februar 1964 ausgeführt hat: Frankreich habe beschlossen, so viele Familienbetriebe wie möglich zu erhalten. Dabei sei es ihm nicht um die Produktivität, sondern um eine entsprechende Bevölkerungsverteilung gegangen. Auch bei uns darf dieses Problem der Familienbetriebe nicht nur ökonomisch betrachtet und entschieden werden. Gesellschaftspolitische und soziologische Probleme müssen dabei die richtige Berücksichtigung finden, ebenso die Grundsätze einer gesunden Raumordnung.
Bei der Beurteilung der Lage der Landwirtschaft und ihrer künftigen Entwicklung können die tiefgreifenden Entscheidungen vom Dezember 1964 in Brüssel nicht unberücksichtigt bleiben. Die FDP hat die deutschen Getreidepreise, richtig: das Einkommens- und Lebensniveau der deutschen Landwirtschaft stets überall verteidigt. Durch unsere entschlossene Haltung konnte die Getreidepreissenkung, welche von der SPD und einer Gruppe der CDU schon 1962 befürwortet wurde, verhindert werden. Infolge der erreichten Verschiebung um fünf Jahre wurden der Bundesrepublik und der deutschen Landwirstchaft erhebliche Nachteile und Einbußen erspart. Die Fortentwicklung der Gemeinschaft wurde dadurch nicht behindert. Ebenso ist unglaubhaft, daß durch einen früheren Verzicht gewisse Zugeständnisse hätten erreicht werden können. Tatsache ist, daß durch die Brüsseler Entscheidung die Landwirtschaft direkt betroffen wurde, die Verbraucher voraussichtlich keine niedrigeren Lebensmittelpreise erwarten können, der Steuerzahler die Ausgleichsleistungen aufbringen muß und der Drittlandhandel beeinträchtigt wird.
Da die Erzeugerpreise direkt und indirekt gesenkt wurden, die Lebensmittelpreise aber bleiben, ist eine entsprechend höhere Spanne zwischen Erzeuger- und Verbraucherpreisen zu erwarten, was ebenso unerfreulich ist.
Bis heute wurden die deutschen Verzichte und Opfer weder politisch noch wirtschaftlich gewertet oder honoriert. Es verblieb bei unverbindlichen Verheißungen.
In Voraussicht aller dieser Realitäten erklärte die FDP zu der Brüsseler Entscheidung, daß die Opfer größer seien, als wir sie befürchtet hätten. Die anderen Fraktionen begrüßten die Brüsseler Entscheidung als einen Durchbruch zu Europa. Inzwischen erlitt der europäische Frühling durch die Ergebnisse von Rambouillet und des 4. Februar 1965 jetzt schon erhebliche Frostschäden. Bezeichnend war die Beurteilung der Brüsseler Beschlüsse durch Herrn Pisani, der feststellte, daß er mehr erreicht habe, als erwartet worden sei. Herr Staatspräsident de Gaulle erklärte, daß für die französische Landwirtschaft ein neuer expansiver Markt gewonnen sei. Noch drastischer sprach sich der Präsident der EWG-Kommission bei der Eröffnung der Grünen Woche in Berlin aus, wo er sagte, endlich seien die deutschen Bauern von den hohen Preisen herunter; der neue Getreidepreis sei hoch genug, um der deutschen Landwirtschaft im ganzen ein ausreichendes Einkommen zu gewähren.
Welch ein Gegensatz zu den Feststellungen des Kanzlers in diesem Hohen Hause, wo er sagte, daß der deutsche Getreidepreis kostenrichtig sei. Aber auch hier scheint es so zu sein, daß der jetzige Bundeskanzler die schlechten Früchte seines Vorgängers zu ernten hat.
Wir wissen, warum und wie die verhängnisvollen Beschlüsse in Brüssel früher zustande kamen, als es im Vertrag vereinbart und festgelegt war. Die Entscheidungen von Brüssel könnten nur dann ihre Rechtfertigung finden, wenn daraus eine echte Wirtschaftsgemeinschaft, ein Europa gleichberechtigter Partner mit gleichen Chancen und gleichen Kosten entstünde.
Wir danken dem Herrn Bundesminister Schwarz und seinem Staatssekretär Hüttebräuker für ihren Einsatz und ihr hartes Ringen um die Gleichberechtigung und die Wahrung der Lebensinteressen der deutschen Landwirtschaft.

(Beifall bei der FDP.)

Es gereicht ihnen zur Ehre, daß der 13. Dezember
1964 nicht ihr glücklichster Tag war. Auch ein Rückschlag kann noch heilsam sein, wenn daraus die not-



Reichmann
wendigen Konsequenzen und Lehren gezogen werden.
Besonders groß ist das Dilemma bei der Zielsetzung der Agrarerzeugung in den beiden größten EWG-Partnerstaaten, in Frankreich und der Bundesrepublik. Obwohl die Bundesrepublik das größte Agrarimportland der EWG ist, werden bei uns Maßnahmen darauf ausgerichtet, eine Erzeugungssteigerung zu vermeiden, damit in der EWG eine leicht defizitäre Versorgungslage herbeigeführt wird; denn nur dadurch können Marktordnungen und Marktregelungen so funktionieren, daß auf die Dauer ein Zusammenbruch der Märkte verhindert wird. Frankreich hat jetzt schon große Agrarüberschüsse; seine Verlustexporte in die Drittländer muß die Bundesrepublik über den EWG-Ausrichtungs- und -Garantiefonds anteilmäßig mitsubventionieren. Trotzdem verfolgt Frankreich weiterhin gezielt und gesetzlich gefördert eine Steigerung seiner Agrarerzeugung, d. h. seiner Überproduktion, um ein Drittel und seines Agrarexportes um 60%. Hier liegt doch eine erhebliche Gegensätzlichkeit in der Zielsetzung der Agrarerzeugung vor. Die Bundesregierung müßte für eine baldmögliche Bereinigung und Koordinierung sorgen.
Die Landwirtschaft ist auf Grund der bisherigen Agrarpolitik und der Handhabung sowie des Funktionierens des Ausgleichs- und Garantiefonds nach den letzten Brüsseler Beschlüssen beunruhigt und besorgt. Treffend kommt die Beurteilung der EWG-Agrarpolitik durch die Landbevölkerung in dem Wort zum Ausdruck, das zur Zeit in meiner südbadischen Heimat umgeht: EWG heißt: „Einer wird geschröpft." Sorgen wir dafür, daß dieses Wort nicht Wirklichkeit wird.
Weil es einstweilen einen Weg zurück nicht gibt, muß vorwärtsgeschritten werden. Der Weg zum Gemeinsamen Markt ist aber nur möglich und zu verantworten auf der Grundlage einer gleichberechtigten Partnerschaft, bei der die deutsche Landwirtschaft nicht untergeordnet, sondern eingeordnet wird. Nachdem die Hälfte der Übergangszeit nochmals halbiert wurde, müssen wir sofort handeln. Alle Beteiligten, die Landwirtschaft, die Agrarpolitiker, die Fraktionen dieses Hohen Hauses und insbesondere die Bundesregierung, sind dazu aufgefordert. Die neue Lage erfordert eine neue Konzeption und entsprechende Entscheidungen. Noch in dieser Legislaturperiode ist ein umfassendes EWG-Überleitungsgesetz zu verabschieden. Wir begrüßen deshalb die Bereitschaft, die Kollege Dr. Schmidt für seine Fraktion hier zum Ausdruck gebracht hat, mitzuarbeiten.
Aber, Herr Kollege Dr. Schmidt, in der gestrigen Debatte wurden konkrete konstruktive Vorschläge für eine Konzeption von seiten der SPD nicht vorgebracht; auch in Karlsruhe war das nicht der Fall. Bis heute ist die „neue Agrarpolitik", wie sie Herr Kollege Kriedemann offenbarte, noch nicht widerrufen. Ist das der neue Weg? Dabei würden über die Hälfte aller Vollerwerbsbetriebe, die in der Alterskasse sind, auf der Strecke bleiben. Da scheiden sich allerdings die Geister.
Weil die Zeit drängt, will ich zum Schluß kommen und das Problem nicht vertiefen. Mögen wir der
Herausforderung unserer Zeit zur Bewältigung der Gegenwart und zur Gestaltung der Zukunft derart gerecht werden, daß unserem Volk eine gesunde Landwirtschaft erhalten bleibt.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0416536800
Herr Abgeordneter Reichmann, ich mache Sie auf § 37 der Geschäftsordnung aufmerksam und bitte Sie, das bei Ihrer nächsten Rede zu beachten.
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Wirtschaft.

Dr. Kurt Schmücker (CDU):
Rede ID: ID0416536900
Herr Präsident, ich habe nur eine Bemerkung zu dem Protokoll zu machen. Bei der Durchsicht des Manuskripts stelle ich fest, daß ich vorhin gesagt habe: Das Parlament, das für Europa zuständig ist, ist in Brüssel. Ich habe natürlich gemeint: in Straßburg. Daraus ergab sich dann eine Kontroverse. Ich habe mit Herrn Dr. Effertz gesprochen; der Teil, der sich darauf bezieht, entfällt damit.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0416537000
Das Wort hat der Abgeordnete Weber (Georgenau).

Fritz Weber (FDP):
Rede ID: ID0416537100
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich bemühen, der Geschäftsordnung des Hauses nachzukommen. Ich habe den Antrag der FDP auf Umdruck 554 *) zu begründen, der einigen Sprengstoff enthält. Ich möchte vorausschicken, daß ich mich dabei bemühen werde, die Agrardebatte auch in diesem Teil zu versachlichen.

(Abg. Struve: Alte Kamellen!)

— Warten Sie nur, ob es alte Kamellen sind, Herr Kollege Struve.
Ich möchte noch eines vorausschicken. Dem Dank, der hier allen Mitarbeitern ausgesprochen wurde, die den Grünen Bericht erarbeitet und erstellt haben, möchte ich mich vollinhaltlich anschließen.
Einen Teil muß ich jetzt allerdings kritisieren. Ich muß bitten, daß das Parlament seine Aufgabe wahrnimmt, darüber zu wachen, daß das Landwirtschaftgesetz richtig .gehandhabt wird. Es handelt sich um eine Streitfrage, die schon im ersten Grünen Bericht als die Frage des Ansatzes des Lohnanspruchs des Bauern und seiner mitarbeitenden Familienangehörigen bezeichnet wurde. Es heißt dort: „Aus Gründen, die in der Sache selbst liegen und mit Fehlerquellen belastet sind, bleibt nur übrig, auf Grund der Ergebnisse der amtlichen Lohnstatistik einen Jahreseffektivverdienst zu fixieren." Dazu dieser Antrag!
Ich bin deshalb hinter die Unstimmigkeiten gekommen, weil ich in der letzten sitzungsfreien Woche als buchführender praktischer Landwirt die Betriebsbesprechung mit dem Leiter meiner Buchstelle hatte und feststellen mußte, daß der Ansatz
*) siehe Anlage 8



Weber (Georgenau)

des Lohns für die eigenen Familienarbeitskräfte und für den Bauern nirgends im Grünen Plan zu lesen ist. Vielmehr sind es Richtlinien, die vom Ministerium herausgegeben wurden. Ich bin dabei auf folgende Differenz gekommen. Die Richtlinien stimmen erstens nicht überein mit der vom Bundesamt für Statistik herausgegebenen Lohnstatistik für die landwirtschaftlichen Arbeitskräfte. Dort ist eine Differenz. Ich möchte meinen Vorwurf in die Frageform kleiden, in die Form einer Frage an den Wissenschaftlichen Beirat: Nach welchen Grundsätzen hat man den Lohnanspruch der bäuerlichen Familienarbeitskraft gewertet? Ich konnte jedenfalls nur feststellen, daß die Ansätze um 15 bis 18 % zu niedrig sind.
Zweitens ist ein Rechenfehler, und zwar ein Systemfehler, in der Berechnung enthalten, die ich mir vor acht Tagen im Bundesernährungsministerium holte. Ich mußte feststellen, daß wohl bei den mithelfenden Familienangehörigen der Arbeitgeberbeitrag eingesetzt wurde, daß aber dieser Teil bei den Betriebsleitern nicht eingesetzt wurde. Aus unbegreiflichen und unsystematischen Gründen hatte man die Hälfte des Beitrags zu der Alterskasse, nämlich 72 DM, eingesetzt. Das bedeutet, daß sich hier ein Fehlbetrag von 550 DM ergibt. Das bedeutet für die Summe der landwirtschaftlichen Betriebsführer ein Fehlen von einer halben Milliarde DM, — beim Lohnanspruch der Betriebsleiter, was in der ganzen Effektivrechnung wieder die Grundlage für die Ertragsberechnung abgibt, mit allen Auswirkungen, auch für das Bewertungsgesetz!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich mußte dazu weiter feststellen, daß in der ersten Stufe der Betriebsleiter — bis 7500 DM Einheitswert — überhaupt kein Zuschlag gemacht wurde für den Betriebsleiterzuschlag von 60,— DM je Hektar. Ich möchte fragen, wo eigentlich die Begründung dafür ist.
Im zweiten Punkt wird die Bundesregierung .gebeten, dem 'Bundestag zu berichten, wie sich die vorgenannten Berichtigungen nach Nr. 1, die ich eben vorgetragen habe, in bezug auf den Grünen Bericht 1965 auswirken.
Der dritte Punkt stellt eine Forderung dar. Herr Kollege Bauknecht, Sie haben in Ihrer Rede gestern die Frage in den Raum gestellt, ob wir den Ansatz des Lohnes für die im Betrieb mithelfenden Familienangehörigen nicht in die Rechnung einsetzen sollten. Herr Kollege Bauknecht, nach meiner Auffassung geht es mit den zwei Systemen, die dem Grünen Bericht zugrunde liegen, nicht, denn so würde man diese beiden Berechnungsarten durcheinandermischen. Es geht nicht an, in der Vergleichsrechnung so zu verfahren.
Eine andere Frage, Herr Kollege Bauknecht — ich möchte mich auch an den Herrn Kollegen Frehsee wenden —, ist, ob man nicht den gewerblichen Vergleichslohn, der im Grünen Bericht in diesem Jahr mit 8063 DM im Bundesdurchschnitt ausgewiesen ist, an Stelle des jetzigen Effektivlohns einsetzen sollte. Ich denke an die bäuerlichen Familienmitglieder, den Bauern, seine 'Söhne und Töchter.
Das würde gegenüber dem, was jetzt als Lohnansatz genommen ist — nämlich beim Bauern selbst 5530 DM und bei den männlichen Familienmitgliedern 5370 DM einschließlich Arbeitgeberanteil, einschließlich Kost und Wohnung —, ein Fehlen von rund 2500 DM je Arbeitskraft bedeuten. Das sind bei 2 Millionen Vollarbeitskräften, wie sie der Grüne Bericht nennt, nach Adam Riese 41/2 bis 5 Milliarden DM, die in der Rechnung fehlen würden.
Meine Damen und Herren, dieser Antrag geht 'davon aus, daß diese Dinge im Ausschuß — wir haben die Bitte, dieses Antrag dem Ausschuß zu überweisen — in Zusammenarbeit mit dem Ministerium und wohl auch mit dem Wissenschaftlichen Beirat geklärt werden. Denn solange es einen Grünen Bericht gibt, ist es eine Streitfrage, wie der Lohn angesetzt werden soll, welches Verfahren, welches Modell dafür angewendet werden soll.
Das ist letzten Endes auch wieder eine Entlastung für die an der Berechnung Beteiligten. Denn ohne Zweifel ist es für den Wissenschaftlichen Beirat nicht leicht, diese Dinge zu entscheiden. Vielleicht muß das Hohe Haus entscheiden. Vielleicht muß es darüber befinden, ob denn ein Lohnanspruch mit Arbeitgeberanteil von 5500 DM und von 5370 DM für die Bauernsöhne der richtige Lohn ist. Man muß eines wissen: daß das Modelldenken sowieso immer mit allen Fehlerquellen belastet ist und nie mit dem praktischen Leben übereinstimmt. Man muß darüber befinden, ob ein solcher Lohnanspruch die Größe hat, die der ganzen gesellschaftlichen und sozialen Stellung des Bauern entspricht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist die Frage, wie man die Landwirtschaft, wie man das Bauerntum und auch die mitarbeitenden Familienangehörigen und den Landarbeiter in seiner sozialen, in seiner gesellschaftlichen Stellung letzten Endes wertet.
Es gibt gar 'keinen Zweifel, daß diese Fragen einer sehr eingehenden Beratung bedürfen. Ich möchte als praktischer Landwirt hier noch eines sagen. Vielleicht wäre es auch gut, Herr Minister, wenn man in Zukunft im Wissenschaftlichen Beirat noch mehr praktische Landwirte hätte, damit dort, wo Entscheidungen über die Agrarwirtschaft getroffen werden, nicht allzu einseitige wissenschaftliche Theorien in den Raum gestellt werden.

(Beifall bei der FDP.)

Ich sage 'das mit aller Deutlichkeit im Hinblick auf die agrarpolitische Diskussion, so wie sie gerade in den letzten Monaten verlaufen ist.
Ich möchte hier einen Gegenbeweis- gegen das Modell anführen, das der Effektivrechnung zugrunde liegt, welches wieder der ganzen Reinertrags- und Wirtschaftlichkeitsberechnung zugrunde liegt. Nach dem Gesetzesbefehl des Bewertungsgesetzes bedeutet das Modell: schuldenfreier Betrieb, mit fremden Arbeitskräften bewirtschaftet. Nun bewirtschaften Sie einmal mit fremden Arbeitskräften die deutschen Bauernhöfe, wenn Sie den Lohnanspruch an dem Lohn der landwirtschaftlichen Arbeitnehmer von heute messen! Als ob die 270 000 Arbeitnehmer



Weber (Georgenau)

noch in der Lage wären, die 2,7 Millionen Familienmitglieder abzulösen! Das hat mit „effektiv", mit Wirklichkeit, nichts zu tun. Ich glaube, der Vorschlag, anders zu verfahren und dafür die gewerblichen Vergleichslöhne einzusetzen, ist vollauf berechtigt.
Ich möchte deshalb auch noch etwas zu der öffentlichen Diskussion sagen, die in letzter Zeit die Landwirtschaft in ein etwas eigenartiges Licht gestellt hat. Auch der Zwischenruf, den gestern der Herr Kollege Ritzel machte, hatte so etwas den Beigeschmack: Grüner Bericht, Grüner Plan — Subventionen, unberechtigte Almosen. Gerade im Hinblick auf die Entscheidung, die in Brüssel gefällt wurde und die der Herr Bundeswirtschaftsminister heute hier vertreten hat, ist die Frage an die Bundesregierung, an den Herrn Bundeskanzler, an den Herrn Bundeswirtschaftsminister, an alle zu richten, ob sie das Opfer, das in Brüssel der deutschen Landwirtschaft abgefordert wurde, dahingehend honorieren, daß sie auch gewillt sind, in der Öffentlichkeit vor die deutschen Bauern zu treten und eine Aufklärung zu geben, wie die Dinge in Wirklichkeit liegen, und die Angriffe abzuwehren, die von vielen Seiten kommen.

(Beifall bei der FDP.)

Als Gegenbeweis, daß man im Modelldenken auch anders verfahren kann, möchte ich folgendes sagen. Das gegenwärtige Modell besagt: „schuldenfreier Betrieb, mit fremden Arbeitskräften bewirtschaftet". Was darüber hinaus verdient wird, ist Reinertrag. Das bedeutet, daß alle Zinslasten des Betriebes, daß die ganze Ablösung im Erbgang, in der Generationenfolge, daß dies alles aus dem Reinertrag und, soweit keiner vorhanden ist — und das ist bei einem großen Teil der deutschen Landwirtschaft, überhaupt bei den Futterbaubetrieben der Fall —, aus dem eigenen Lohnanspruch bezahlt werden muß. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht.
In der Öffentlichkeit und vor allen Dingen auch von den Damen und Herren der SPD — denn ich will hier die Dinge politisch werten — wurde immer eine Meinung unterstützt, als wäre des Rätsels Lösung in der Agrarpolitik: der Strukturwandel. Niemand, auch ich nicht, will im geringsten den Wert und die Notwendigkeit der agrarstrukturellen Aufgaben herabsetzen oder in Zweifel ziehen. Aber man muß die Wirkung und deren Ausmaß kennen.
Diese Wirkung hat in letzter Zeit in einsichtiger Form Herr Professor Priebe in aller Öffentlichkeit dargelegt. Herr Professor Priebe hat darüber hinaus in Heft 8 der Schriftenreihe „Selbsthilfe zur Verbesserung der Agrarstruktur" das optimale Ergebnis an Hand eines Beispielbetriebes gezeigt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte diese Berechnungen und diese Widerlegung mit der Berechnung des Lohnanspruchs zu Protokoll geben. Ich will die Sitzung heute abend nicht verlängern. Ich will zweitens als Beweis auch eine Kalkulation für einen Großbetrieb — als Modellrechnung — zu Protokoll geben, die nach Grundsätzen aufgestellt ist, wie sie im gewerblichen Bereich üblich sind. Ich werde noch einen dritten Beweis antreten, indem ich die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung anführe. Diese ergibt eines ganz klar: Nach dem !ahrbuch des Statistischen Bundesamtes hatte die deutsche Industrie im vergangenen Jahr einen Umsatz von 36 000 DM je Arbeitskraft, das deutsche Handwerk einen Umsatz von 20 000 DM je Beschäftigten und die deutsche Landwirtschaft mit der dort angegebenen Zahl der ständigen Arbeitskräfte — die nichtständigen gar nicht gerechnet — einen Umsatz von 8330 DM je Arbeitskraft. Er liegt nur um 240 DM höher als der Vergleichslohn, und alle Ausgaben sind daraus zu bestreiten.
Ich will zum Schluß noch eines sagen, was als politische Klärung hier in die Diskussion getragen werden muß. Die FDP wurde in der Öffentlichkeit angegriffen, und ich möchte sagen, sie wurde nicht verstanden. Sie hat in den zurückliegenden Jahren in der Frage der Agrarpolitik und in den Verhandlungen in Brüssel einen anderen Standpunkt als gerade die SPD und als Teile der CDU vertreten. Sie, die diesen anderen Standpunkt vertreten haben, befinden sich in guter Gesellschaft, meine Damen und Herren. Denselben Standpunkt hat fast die ganze deutsche Öffentlichkeit vertreten, der Bundesverband der Deutschen Industrie, der Deutsche Industrie- und Handelstag, die Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft, fast die ganze deutsche Presse. Und was meinen Sie eigentlich, was denn der richtige Weg ist, was die neue Agrarpolitik sein soll, die auch von der SPD verkündet wird, nämlich die Loslösung von der traditionellen deutschen Agrarpolitik, die Loslösung von der bodengebundenen Produktion?
Wir Liberale fallen hier in einen falschen Verdacht. Es sind andere Gesichtspunkte, meine sehr verehrten Damen und Herren, die hier maßgebend sind. Wenn wir den anderen Standpunkt vertreten haben, dann nicht deshalb weil wir unseren liberalen Ideen untreu geworden wären. Waren denn überhaupt liberale Grundsätze maßgebend, wenn man versucht hat, in Paris, in Brüssel, in der EWG-Politik und in der Weltagrarpolitik, insbesondere in der EWG, den Preis als Maßstab zu nehmen, eine Waffe, die nicht mehr schneidet, die stumpf ist, weil die Preisbildung vom Weltmarkt her verfälscht ist?
Das ganze Geschehen auf dem Agrarweltmarkt
ist kein rein ökonomisches Geschehen, vollzieht sich nicht nach wirtschaftlich-ökonomischen Gesichtspunkten, sondern in erster Linie nach kommerziellen Gesichtspunkten. — Lachen Sie ruhig; ich werde es Ihnen beweisen. — Es ist das Wesen des Welt-Agrarmarktes, daß alle Agrarüberschüsse dorthin fließen, wo die Industrieexportstaaten harte Währung haben. Wenn Sie ruhig nachdenken, vergeht Ihnen das Lachen; dann müssen Sie feststellen, daß es wahr ist. Denn in die unterentwickelten Gebiete, wo gehungert wird, fließen sie nicht von selbst; dorthin kann man sie nur verschenken, es sei denn, man kreditiert vorher.
Aus diesen Gründen glaubten wir, daß wir den anderen Maßstab so lange halten müßten. Wenn wir dem, was man uns immer als Vorbild vorgezeichnet hat, nämlich dem Beispiel von Holland und von Dänemark, einer Veredelungsproduktion auf fremder Futterbasis, die von der Bodenproduktion



Weber (Georgenau)

losgebunden ist, mit der Energie nachgestrebt hätten — wie wir es vielleicht jetzt müssen —, wäre eines eingetreten: wir hätten in kürzester Zeit die Holländer mit ihrem eigenen System, mit einer Überproduktion, zugedeckt. Und das steht fest, daß der EWG-Agrarmarkt bei den Veredelungsprodukten am ehesten Gefahr läuft, überzulaufen. Dieses Überlaufen des EWG-Veredelungsagrarmarktes bedeutet, meine Damen und Herren, insbesondere meine Damen und Herren von der SPD, daß die EWG nicht nur Industrieexport-, sondern auch Agrarexportland würde. Amerika hat auf dem Gebiet des Zahlungsausgleichs mit diesen Schwierigkeiten zu kämpfen. Wir sind nicht so reich; ich glaube, bei uns würde es wesentlich schwieriger werden.

(Zurufe.)

— Diesen guten Rat, mich kurz zu fassen, werde ich befolgen.

(Weitere Zurufe.)

— Selbstverständlich. Ich werde das Maß halten, auch hier. — Ich habe versucht, noch einmal die Dinge aufzuzeigen. Meine Damen und Herren, prüfen Sie von der SPD sich selbst.

(Lachen bei der SPD.)

Sind Ihre Auffassungen, genauso wie der reine Getreideschutzzollgedanke, längst überholte Begriffe, welche Sie sich als Maßstab setzten?

(Anhaltende Zurufe von der SPD.)

Haben Sie von der SPD nicht mit Ihrer Haltung uns selbst, die Bundesrepublik, auf die Anklagebank in Straßburg und in Brüssel gesetzt, wo kein Anlaß dazu bestand? Das ist die Frage, und ich glaube, wenn wir diese Dinge mit aller Nüchternheit und aller Sachlichkeit durchdenken, dann dürfte der Standpunkt, den die FDP hier vertreten hat, nicht agrarwirtschaftlichen Grundsätzen, nicht den eigenen Interessen und auch nicht den Belangen der Integration der EWG widersprechen. Denn je klarer man mit den Freunden die Dinge von vornherein sachlich aushandelt, um so besser wird man mit ihnen nachher auch für die Zukunft Freund bleiben können.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0416537200
Das Wort hat der Abgeordnete Rehs.

Reinhold Rehs (SPD):
Rede ID: ID0416537300
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Trotz der vorgerückten Stunde kann ich es Ihnen nicht ersparen, einige Ausführungen zu einem Fragenbereich entgegenzunehmen, dessen Bewältigung von dem früheren Bundeskanzler auf dem Ersten Ostdeutschen Bauerntag als eine Sache der nationalen Ehre bezeichnet worden ist.
Wir haben nach langen Zweifeln und Kämpfen vor mehr als einem Jahr einen zweiten Fünfjahresplan zur Eingliederung der heimatvertriebenen und geflüchteten Bauern von der Bundesregierung vorgelegt bekommen. Der Bundestag hat davon zustimmend Kenntnis genommen. Alle, die sich vorher mit diesem Problem beschäftigt hatten, und alle Betroffenen haben damals etwas erleichtert aufgeatmet. Damit droht es jetzt durch die Regelung zu dem Tit. 571 des Einzelplans 10 wieder vorbei zu sein.
Nach dem zweiten Fünfjahresplan sollten in den Jahren 1964 bis ,1968 40 000 neue Stellen für die vertriebenen und geflüchteten Bauern geschaffen werden, und es sollte besonderer Wert auf die Erhaltung bereits übernommener vollbäuerlicher Betriebe gelegt werden. Noch in dem Leistungsbericht der Bundesregierung für 1964 heißt es, daß allein für diese Zwecke jährlich 575 Millionen DM, insgesamt bei diesem Titel 700 Millionen DM bereitgestellt werden sollen.
Jedermann hat bei der Verkündung des zweiten Fünfjahresplans natürlich gewußt, daß ohne Anhebung dieses Titels in den späteren Jahren der beabsichtigte Gesamteffekt — 40 000 Stellen — nie erreicht werden kann, und jedermann hat auch gewußt, daß selbst bei einer solchen Leistung nur ein Teil des Problems gelöst werden könnte, wenn man berücksichtigt, daß nach der Erhebung der Agrarsozialen Gesellschaft noch rund 140 000 bis 160 000 Angehörige des vertriebenen und geflüchteten Landvolkes auf ihre bäuerliche Eingliederung warten.
Wir alle erleben den stetigen Anstieg der Bau-und Bodenkosten, der Einrichtungskosten usw. Die Klage wächst, daß die Sätze für die Aufschließungskosten nicht mehr ausreichen. Und trotz alledem, der Plan und die proklamierte jährliche Summe waren ein Mindestfundament. Es war damit ein Anfang geschaffen. Von gewissen Schwierigkeiten technischer Art will ich absehen. Meine Fraktionsfreunde und ich haben mit Rücksicht auf die Haushaltslage von Anträgen auf eine an sich notwendige Aufstockung dieses Titels abgesehen.
Mit der heute vorliegenden Gestalt des Siedlungstitels zeichnet sich nun aber eine erneute Wendung in der Behandlung des Problems und der Einstellung zu ihm bei den Regierungsparteien ab, die bestürzen muß. Die Hoffnung, daß mit dem zweiten Fünfjahresplan der grundsätzliche Kampf in dieser Frage ein für allemal ausgetragen sein würde, ist mit der jetzigen Regelung dieses Titels im Haushalt in Frage gestellt worden.
Das Vertrauen darauf, daß an ,dem finanziellen Volumen, zu dem sich die Regierung verpflichtet und und Bundestag bekannt hat, für die vorgesehenen fünf Jahre nicht mehr gerüttelt werden würde, wird schwer erschüttert. Dieser Titel wird jetzt in dreifacher Weise angegangen: mit der globalen Kürzung um 7 %, mit der 20%igen Sperre nach § 9 des Haushaltsgesetzes und mit 'der Verweisung der Mitteldeckung in Höhe von 50 Millionen DM auf den Kapitalmarkt.
Zu der globalen Kürzung darf ich den Herrn Minister daran erinnern, daß der Ansatz in Tit. 571 auf zwei Gesetzen beruht: dem Bundesvertriebenengesetz und dem Siedlungsförderungsgesetz, und daß es bisher gang und gäbe war, Ausgab enverpflichtungen, die auf Gesetzen beruhen, nicht unter die globale Kürzung fallen zu lassen. Das ist bisher stets so gehandhabt worden. Dieses Prinzip wird nun bei



Rehs
diesem Haushalt erstmalig verlassen. Es ist nicht einzusehen, weshalb man jetzt diesen Weg glaubt gehen zu können.
Zur Anwendung der Sperre nach § 9 des Haushaltsgesetzes 'darf ich darauf verweisen, daß in den früheren Haushalten diese Sperre auf die landwirtschaftliche Siedlung und die Strukturverbesserung nicht angewendet worden ist. Es besteht auch jetzt keine Veranlassung dazu. Eine Überhitzung der Baukonjunktur liegt insbesondere in den ländlichen Räumen nicht vor.
Der Vertriebenenausschuß des Bundestages hat sich mit diesem ganzen Problemkreis beschäftigt. Wir haben uns übereinstimmend, quer durch alle Fraktionen — das möchte ich ausdrücklich hervorheben —, dazu entschlossen, an die Fraktionen eine Darstellung der Problematik und unserer Sorgen zu richten. Leider ist sie ohne Erfolg geblieben.
Wir haben daraus hingewiesen, daß es den bewährten Grundsätzen der Siedlungsfinanzierung widerspricht, die Mittel für die Siedlung aus Anleihen zu decken und nicht aus öffentlichen Haushalten. 40 Jahre hindurch ist dieses Verfahren angewendet worden. Wenn man jetzt erstmalig davon abgeht, so stellt sich die Frage, welcher Weg damit beschritten werden soll. Es muß jedermann einleuchten, daß eine Hereinnahme von Kapitalmarktmitteln die Kosten erheblich erhöht. Anleihekosten sind nicht unbeträchtlich und müssen natürlich zu einer Schmälerung des Finanzierungsvolumens führen. Sie stellen selbstverständlich auch eine Vorausbelastung des kommenden Haushalts dar. Wenn man diese Anleihemittel mit den Haushaltsmitteln mischt, dann wird natürlich der Betrag der Annuitäten und damit die Belastung z. B. für die Nebenerwerbssiedler beträchtlich erhöht.
Wir alle, die wir uns mit den Fragen beschäftigen, wissen, daß gerade das Problem des Eigenkapitalanteils für die minderbemittelten, aber durchaus voll bewerbungsberechtigten, tüchtigen Anwärter außerordentlich prekär ist. Deshalb ist es verständlich, daß sich bei denjenigen, die von der jetzigen Regelung, nämlich der Verweisung auf den Kapitalmarkt, die, bis auf ein oder zwei Fälle, wo es sich um wasserwirtschaftliche Maßnahmen handelt, auch bei Einzelplan 10, von allen sonstigen Handhabungen abweicht, der Eindruck einstellen muß, daß diese Maßnahme nur aus einer völligen Nichtachtung ihres höchstpersönlichen menschlichen, sozialen und politischen Problems zu erklären ist. Sie haben den Eindruck — und das wird ihnen niemand verargen können —, daß hier eben im zweiten Fünfjahresplan eingegangene Verpflichtungen nicht respektiert werden, während auf der anderen Seite keine Hemmungen bestehen, einen finanziellen „Landregen" — wie es unlängst genannt worden ist — auszuschütten, der das Vielfache dessen beträgt, worum es sich bei der beabsichtigten Einsparung in dem Siedlungstitel handelt.
Wenn Sie sich daher, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, nicht dazu entschließen können, in dieser Sache selber die alte Vorlage der Regierung wiederherzustellen, möchte ich an Sie appellieren, sich die Situation in den drei Punkten
noch einmal zu überlegen. Erstens meine ich, daß das frühere Verfahren bei der globalen Kürzung von 7 % wieder eingeführt werden muß, daß also die 7%ige Globalkürzung auf diesen Titel keine Anwendung finden kann. Zweitens meine ich, daß die Sperre nach § 9 des Haushaltsgesetzes auf diesen Titel aus den angeführten Gründen ebenfalls keine Anwendung finden kann.

(Zuruf von der Mitte: Wie ist das in anderen Bereichen?)

Drittens sollten die Regierung und die Regierungsparteien ebenso wie in diesen Punkten auch hinsichtlich der Zuhilfenahme des Kapitalmarkts prüfen, wie sie den bevorstehenden Schaden wenn schon nicht reparieren, so jedenfalls einschränken können.

(Zuruf von der Mitte: Warum Schaden?)

Ich meine, daß dazu folgendes nötig ist. Erstens muß ganz eindeutig klargestellt werden, daß die Mehrkosten aus der Zuhilfenahme des Kapitalmarkts nicht zu Lasten des Siedlungsfonds gehen dürfen.

(Abg. Leicht: Das ist doch schon im Haushalt drin!)

— Aber meine Herren, das, was Sie in dieser Hinsicht gemacht haben, reicht doch nicht aus; darum geht es doch.

(Abg. Leicht: Selbstverständlich!)

Zweitens muß eindeutig klargestellt werden, daß der kommende Haushalt mit den 50 Millionen DM, die Sie jetzt aus dem Kapitalmarkt nehmen, nicht belastet werden darf und daß es sich bei der Zuhilfenahme des Kapitalmarkts um eine einmalige Ausnahme handelt, die sich bei den kommenden Haushalten nicht wiederholen darf.

(Zuruf von der CDU/CSU: Wie stellen Sie sich das vor?)

Meine Damen und Herren, das, was Sie in dieser Hinsicht getan haben, reicht in keiner Weise aus, um den psychologischen Sachverhalt, den Sie draußen mit den angeführten Maßnahmen geschaffen haben, aus der Welt zu schaffen.

(Zuruf von der Mitte.)

— Nein, nein. So wie ich die Sachlage dargestellt habe, ist sie. Sie können nicht verhindern, daß die vertriebenen und verdrängten Bauern sich das Obligo vergegenwärtigen, das der zweite Fünfjahresplan geschaffen hat, daß er heute angeknabbert und ausgehölt wird, indem das Volumen in mehrfacher Hinsicht reduziert wird.

(Abg. Leicht: Das ist nicht wahr!)

— Sie werden es sich sagen lassen. Sie haben auch früher bei der Beratung dieses Titels nicht auf meine Mahnungen gehört; Sie halben hinterher die Quittung bekommen, meine Herren. Ich sage es Ihnen jetzt in aller Ruhe. Sie haben es in der Hand, zu verhindern, daß die Welle der Enttäuschung und Erbitterung die sich bei den Betroffenen ankündigt, zu groß wird. Sie sollten, statt jetzt hier zu versuchen zu retuschieren, meinen Appell in der genannten Richtung lieber beherzigen.

(Beifall bei der SPD.)





Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0416537400
Meine Damen und Herren, der Herr Abgeordnete Weber (Georgenau) hat in Ergänzung seiner vorhin gehaltenen Rede noch weitere Ausführungen zu Protokoll übergeben, die sehr umfangreich und sehr detailliert sind, so daß ich vorschlage, ,sie auch zu Protokoll zu nehmen *). Sie erklären Ihr Einverständnis? — Das Wort hat der Abgeordnete Leukert.

Edmund Leukert (CSU):
Rede ID: ID0416537500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein Vorredner, Herr Kollege Rehs, hat seine Sorge um die Erfüllung des Zweiten Fünfjahresplans für die Eingliederung der Heimatvertriebenen und Zonenflüchtlinge ausgedrückt und hat besonders dargetan, daß in dem vorliegenden Haushaltsplan des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Tit. 571 die ursprünglich vorgesehenen 309,5 Millionen DM auf 259,5 Millionen DM gekürzt worden sind und an Stelle dieser Bundeshaushaltsmittel 50 Millionen DM aus dem Kapitalmarkt zur Finanzierung herangezogen werden. Wir sehen in der Vorlage des Haushaltsausschusses, daß für die Bedienung dieser aufzunehmenden Anleihe die Beihilfen und Zuschüsse um den Betrag von 4,72 Millionen DM erhöht worden sind, so daß in diesem Jahre die Bedienung der Anleihe nicht auf Kosten der Betroffenen, also der Siedler aus den Kreisen der Heimatvertriebenen und Zonenflüchtlinge, gehen kann.

(Zustimmung bei der CDU/CSU.)

Die Sorge, die jetzt noch vorhanden ist und die nicht ganz unberechtigt ausgesprochen wurde, ist die: Wie wird es im Jahre 1966 und in den folgenden Jahren sein? Wir glauben annehmen zu dürfen und bitten sowohl die Bundesregierung wie das Hohe Haus darum, daß auch im Jahre 1966, wenn es notwendig wird, daß wieder Kapitalmarktmittel genommen werden müßten, auch die notwendigen Beihilfen und Zuschüsse eingesetzt werden, damit diese Bedienung — also die höheren Kapitalmarktmittel — nicht zu Lasten des Siedlers geht.
Im Anschluß daran hätten wir noch eine Bitte. Bei der Lage des Grundstücksmarktes, der Entwicklung der Baukosten und der Höhe des Gesamtvolumens für ein solches Siedlungsvorhaben bei dem betroffenen Personenkreis mit geringem Einkommen würden wir Sie, Herr Bundeslandwirtschaftsminister, herzlich bitten, zu überlegen, wie man auch noch die Vergabe dieser Siedlungsmittel für einen Teil der sozial wirklich schwachen Familien auf etwa 2 % senken kann. Ich glaube, wenn diese Bedingungen im großen und ganzen erfüllt sind, kann man dem Vorschlag zustimmen.

(Beifall 'bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0416537600
Das Wort hat der Abgeordnete Hermsdorf.

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0416537700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe die 'Ehre, einen Antrag meiner Fraktion auf den Umdrucken 559 und 560 **) in die-
*) Siehe Anlage 9
**) Siehe Anlagen 10 und 11 sem Hohen Hause zu begründen. Obwohl es sich um einen Antrag meiner Fraktion handelt, möchte ich Sie bitten, die von mir zu behandelnde Angelegenheit nicht als die Sache einer Partei anzusehen, sondern als ein Problem, das in allen Fraktionen dieses Hauses mit Interesse gesehen wird und das auch von Mitgliedern aus den verschiedensten Fraktionen in diesem Hause beobachtet und behandelt worden ist. Wir haben aus der vorhergehenden Debatte gestern und auch heute gesehen, daß wir für einen Teil des Haushalts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten die Konsequenzen gezogen haben, die sich hinsichtlich des Gemeinsamen Marktes ergeben. Wir haben die Konsequenzen hinsichtlich unserer Landwirtschaft gezogen. Wir haben sie in diesem Haushalt bei einer kleinen Gruppe nicht gezogen, die zumindest denselben, wenn nicht noch härteren Bedingungen ausgesetzt ist als die Landwirtschaft. Auch die Seeleute sind abhängig von Wind und Wetter und von den Gefahren des Meeres. Die Frage der Marktgleichheit und der Chancengleichheit ist bei der Seefischerei genauso gegeben wie bei der Landwirtschaft. Ich bedaure, Herr Minister, daß es nicht möglich war — ich gebe zu, daß es Ihnen bei dem starken Drang, den Sie in den Verhandlungen der EWG hinsichtlich der Landwirtschaft gehabt haben, einfach nicht möglich war —, das Problem der Fischerei so anzufassen, wie es meiner Auffassung nach notwendig ist.
Wir haben in den vergangenen Jahren mit der Fangprämie eine gewisse Grundlage gelegt, um auch der Fischerei denselben Start zu geben wie der Landwirtschaft. Ich bedaure, daß es nicht möglich war, diese Fangprämie in den Haushalt 1965 wieder einzusetzen, und daß sich die Regierungsparteien nur entschließen konnten, mit der Maßgabe des Auslaufens einen Betrag von 9 Millionen DM zu bewilligen.
Die Fischerei hat heute regelmäßig einen Substanzverlust von 17 bis 20 Millionen DM im Jahr. Vielleicht werden Sie alle sagen: Was ist das? Es ist nur eine sehr kleine Gruppe, um die es hier geht. Aber vergessen Sie nicht, daß gerade diese kleine Gruppe der Fischerei von unserem sogenannten Wirtschaftswunder nur sehr sanft berührt worden ist. Wir haben an der Küste andere wirtschaftliche Verhältnisse als im sonstigen Bundesgebiet. Die Fischerei ist einer der Hauptwirtschaftsträger, die wir in diesem Gebiet haben.
Ich habe auch mit großem Bedauern festgestellt, daß man z. B. bei der Landwirtschaft innenpolitisch selbstverständlich Maßnahmen getroffen hat, um sie von der Konkurrenz abzuschirmen. Bei der Seeschiffahrt haben wir in unserem Land eine absolute Liberalisierung. Es kann und darf jede Nation anlanden, wann immer und wieviel sie will, während unsere Fischerei bei den anderen Nationen diese Freiheit nicht hat. Nach meiner Information gibt es praktisch nur einen einzigen Hafen, nämlich Hull, wo die deutsche Fischerei, aber auch nur noch nach Voranmeldung, anlanden darf. Ansonsten gibt es da keine Liberalisierung. Das bedeutet natürlich, daß auch hier in unserem Land durch die völlige Liberalisierung auf den Preis gedrückt wird. Ich



Hermsdorf
meine, es ist notwendig, daß wir die Frage beantworten: Wollen wir eine deutsche Hochseefischerei behalten, und wollen wir sie mit Chancengleichheit in den Gemeinsamen Markt führen? Wenn wir das wollen, dann müssen wir die Fangprämien fortsetzen, und zwar in der bisherigen Höhe.
Nun habe ich bereits im Haushaltsausschuß versucht, einen Vermittlungsvorschlag zu machen. Sie haben auch diesen Vermittlungsvorschlag abgelehnt. Ich möchte diesen Vermittlungsvorschlag hier als Antrag meiner Fraktion noch einmal aufgreifen und Sie bitten, die jetzt eingeplanten Fangprämien um 3 Millionen DM zu erhöhen, um so wenigstens klarzumachen, daß wir nicht die Absicht haben, sie abzubrechen, sondern sie fortsetzen wollen.
Ich würde Sie weiter bitten, daß Sie, insbesondere die Koalitionsfraktionen, noch einmal untersuchen, ob es richtig war, was heute hinsichtlich der Richtlinien im Protokoll des Haushaltsausschusses steht. Ich halte es für völlig abwegig, die Fabrikschiffe aus der Fangprämie herauszunehmen. So steht es aber im Protokoll, und so ist es dargestellt worden. Wir müssen klar sehen, daß die Investitionen für die Fabrikschiffe ungeheuer sind und daß mit den Fabrikschiffen nur dann in Zukunft gearbeitet werden kann, wenn sie nicht von der Fangprämie ausgeschlossen werden.
Ich stelle zusammenfassend fest: 1. Die Hochseefischerei hat dieselben harten Bedingungen wie die Landwirtschaft. 2. Wir haben völlig liberalisiert, was bei der Landwirtschaft nicht der Fall ist. 3. Durch die Ausdehnung der Hoheitsgewässer gibt es viel schwierigere Bedingungen, als wir sie früher gehabt haben.
Das alles zusammen verpflichtet uns, die Subventionen fortzusetzen und dem Antrag, den wir Ihnen hier vorlegen, zuzustimmen.
Ich möchte Sie bitten, daran zu denken, daß der ganze Küstenstreifen von Schleswig-Holstein über Niedersachsen bis zur holländischen Grenze als einzigen Industriezweig die Fischerei hat. Wir können nicht diesen einzigen Zweig nun noch 'benachteiligen und ihm die Chancengleichheit verwehren. Denken Sie daran, daß die Menschen, die zur See fahren, ebenso an ihrem Beruf hängen wie jede andere Berufsgruppe in diesem Lande! Dieses Haus sollte sich entschließen, diesen Menschen dieselbe Hilfe zu gewähren, die es bereit ist der Landwirtschaft zu gewähren. Wir haben im Haushalt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ein Volumen von über 3 Milliarden DM. Für die Hochseefischerei wollen wir eine Subvention von 12 Millionen DM — im Vergleich zum Gesamtvolumen sicher eine kleine Summe. Geben Sie dazu Ihre Zustimmung! Geben Sie der Fischerei eine Chance zum Weiterbestehen!

(Beifall bei der SPD.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416537800
Herr Kollege Hermsdorf, haben Sie den Antrag Umdruck 560 mit begründet?

(Abg. Hermsdorf: Ja!)

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schmidt (Gellersen).

Dr. R. Martin Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0416537900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um Mißverständnisse im Streit mit Herrn Minister Schmücker auszuräumen, erkläre ich folgendes.
Ich habe soeben die Protokolle der Sitzung vom 10. Dezember 1964 und von gestern, die ich vorhin nicht bei mir hatte, verglichen. Ich habe das wörtliche Zitat im Zusammenhang mit der Konformität der Maßnahmen irrtümlicherweise falsch angegeben, was ich bedauere. Es lag mir fern, Herrn Minister Schmücker in seiner Ehre zu nahe zu treten.
Lassen Sie mich noch zwei Sätze zum Kollegen Reichmann sagen. Herr Kollege Reichmann, es hat nie eine Agrarpolitik des Herrn Kriedemann gegeben; es gibt nur eine Agrarpolitik der sozialdemokratischen Fraktion. Ihre Ausführungen können uns überhaupt nicht treffen.

(Beifall bei der SPD. — Zuruf des Abg. Reichmann.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416538000
Das Wort hat der Abgeordnete Gewandt.

Heinrich Gewandt (CDU):
Rede ID: ID0416538100
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Hermsdorf, ich danke ihnen dafür, daß Sie auch uns ein Interesse an der Fischerei bescheinigt haben, und möchte in aller Bescheidenheit darauf hinweisen, daß die Initiative zum Fischerei-Förderungsprogramm von einem Antrag der CDU/CSU-Fraktion in der vergangenen Legislaturperiode ausging.
Auf Grund dieses Antrags, der dann die Zustimmung des Hohen Hauses fand, hat die Bundesregierung ein Programm vorgelegt. Dieses Programm sah drei Arten von Förderungen vor: Neubaudarlehen, Abwrackprämien und Fangprämien. Zur Förderung der Qualität war zunächst vorgesehen, die Fangprämien für zwei Jahre zu zahlen. Nach Ablauf dieser zwei Jahre haben wir uns dafür eingesetzt, daß diese Maßnahme um ein weiteres Jahr verlängert wird. In diesem Jahr hat nun die Regierung lediglich 3 Millionen DM zur Abwicklung der Reste, die aus dem vergangenen Jahr anfallen, eingesetzt. Um die Förderungsmaßnahmen fortsetzen zu können, haben wir uns dazu verstanden, diesen Betrag um 6 Millionen DM zu erhöhen, damit die Fangprämie erhalten bleibt. Wir sind durchaus der Meinung, daß es sich hierbei nicht unbedingt um eine auslaufende Maßnahme handeln muß. Vielmehr wollen wir weiter prüfen, in welchem Umfang eine Fortsetzung auch in künftigen Jahren tunlich erscheint.
Wir haben ja auch, Herr Kollege Hermsdorf, noch keine Richtlinien beschlossen. Es sind lediglich Anregungen im Haushaltsausschuß gegeben worden für die Abfassung der Richtlinien, auf die wir dann ja noch einmal zu sprechen kommen werden, wenn sie dem Ausschuß vorliegen.

(Abg. Dr. Conring: Sehr gut!)

Wir sind einem weitergehenden Antrag nur deshalb nicht gefolgt, verehrter Herr Kollege Hermsdorf, weil wir eben auch in einer Reihe anderer Fälle nicht in der Lage waren, weitergehende Erhöhungen vorzunehmen; denn bei jeder Maßnahme müs-



Gewandt
sen wir auf die Gesamtsituation des Haushalts Rücksicht nehmen. Es ist aber nach wie vor unser fester Wille, daß das Programm, das auf Grund einer Initiative unserer Fraktion von der Regierung vorgelegt worden ist, weiter durchgeführt wird; das Programm, das die Fischerei weiter fördert, damit sie im Konkurrenzkampf innerhalb der EWG bestehen kann. Die Fischerei kann nicht nur in diesem Jahr, sondern auch in weiteren Jahren mit unserer Förderung rechnen, und wir werden in jedem Haushaltsjahr auf der Grundlage der Berichte der Bundesregierung ganz genau prüfen, in welchem Umfang dieses erforderlich erscheint. Wir sind aber nicht in der Lage, Ihrem weitergehenden Antrag zu entsprechen, weil die allgemeine Haushaltslage dies leider nicht zuläßt.

(Beifall in der Mitte.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416538200
Das Wort hat der Abgeordnete Hermsdorf.

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0416538300
Nur ein kurzes Wort, Herr Kollege Gewandt. Ich habe versucht, hier Klarheit zu schaffen, daß es sich bei dieser Frage um ein Anliegen aller Fraktionen handelt, und ich bin ein wenig überrascht — wenn auch nicht empfindlich — über dieses Wort „auch" und über die Initiative. Es gibt gar keinen Zweifel, daß alle Fraktionen in dieser Frage aktiv wurden, wobei ich hinzufügen muß, daß sich die norddeutschen Kollegen aller Fraktionen natürlich etwas mehr bemüht haben als die süddeutschen, weil sie die Probleme etwas besser kennen. Ich bedanke mich auch dafür, Herr Kollege Gewandt, daß wir wenigstens jetzt Einigung darüber erreicht haben — das war im Haushaltsausschuß nicht so klar, wie Sie es eben gesagt haben —, daß wir auch in Zukunft dieser Frage nachgehen und die Fangprämie fortsetzen müssen. Nur eins möchte ich Ihnen ganz offen sagen: wenn wir hier bei einem Haushalt von 3 Milliarden DM um zusätzlich 3 Millionen DM ringen und dafür noch einen Deckungsvorschlag machen, halte ich es doch für etwas abwegig, von der allgemeinen Haushaltslage zu reden.

(Beifall bei der SPD.)

Deshalb nehme ich zur Kenntnis — und ich bitte auch besonders den Herrn Minister, es zur Kenntnis zu nehmen —, daß von allen Fraktionen gewünscht wird, daß diese Dinge fortgesetzt werden, und ich wäre dankbar, wenn sich Ihr Haus, Herr Minister, in diesen Fragen beim Finanzminister durchsetzen könnte. Ich möchte aber bitten, einmal zu überlegen, ob man sich bei einem Haushalt von 3 Milliarden DM, wenn es um 3 Millionen DM für die ganze Hochseefischerei geht und ein Deckungsvorschlag gemacht worden ist, nicht entschließen könnte, diese 3 Millionen DM zu bewilligen.

(Beifall bei der SPD.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416538400
Das Wort hat der Abgeordnete Stoltenberg.

Dr. Gerhard Stoltenberg (CDU):
Rede ID: ID0416538500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur noch wenige Sätze zur Frage der Deckung sagen, nachdem Herr Hermsdorf uns darauf angesprochen hat. Wir haben im Rahmen der sehr gründlichen Überprüfung aller Etattitel den zur Deckung angebotenen Ansatz bereits bei der Einfuhr- und Vorratsstelle erheblich gekürzt, und zwar in einem Umfang, daß von den Vertretern der Bundesregierung dagegen im Haushaltsausschuß Bedenken angemeldet wurden. Es ist eine Kürzung um 31 Millionen DM, und 5 Millionen DM sind zusätzlich durch eine einseitige Deckung für die Ausfuhrerstattung für Mehl 'gebunden. Wir glauben, .daß bei dieser Sachlage eine zusätzliche Kürzung zur Finanzierung anderer von Ihnen gewünschter Maßnahmen nicht mehr möglich ist, wenn wir die Grundsätze der Haushaltswahrheit und -klarheit nicht verlassen wollen und uns dadurch nicht eine noch stärkere Kritik des Kollegen Möller und anderer Sprecher von Ihrer Seite zuziehen wollen, als wir sie wahrscheinlich noch hören werden.

(Beifall in der Mitte.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416538600
Ich frage, ob der Umdruck 561 *) noch begründet werden soll.

(Zuruf: Nein!)

— Er wird nicht begründet.
Das Wort hat der Herr Bundesernährungsminister.

Werner Schwarz (CDU):
Rede ID: ID0416538700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich am Schluß einer langen Debatte über den Grünen Bericht, den Grünen Plan und den Einzelplan 10 noch einige Ausführungen machen.
Zunächst einmal bedauere ich, daß der Grüne Bericht vorzeitig in andere Hände gelangt ist. Es ist selbstverständlich, daß er zunächst einmal an die Abgeordneten gehen soll. Wir werden alles in unseren Kräften Stehende tun, um eine solche Indiskretion in Zukunft zu verhindern.
In der Debatte sind wieder Wünsche der verschiedensten Art aufgetaucht; das ist immer so, wenn ein so breites Thema behandelt wird, wie es die Fragen der Landwirtschaft darstellen. Wir haben in den vergangenen Jahren alle Anregungen, bei denen das möglich war und die uns richtig erschienen, in die Grünen Pläne eingebaut. Ich versichere Ihnen, daß auch ,die neu gegebenen Anregungen, soweit das irgend möglich ist, im nächsten Jahr berücksichtigt werden.
Was ,die 20%ige Bausperre anlangt, so möchte ich darauf hinweisen, daß eine Sperre keine Streichung ist. Mein Haus wird sich mit allen Mitteln dafür verwenden, daß dort, wo es notwendig Ist — wir kennen ja die Probleme der Agrarstruktur, und Herr Rehs hat von ,der Siedlung gesprochen —, die Dinge wirklich durchgeführt werden können, auch wenn eine 20%ige Sperre verhängt worden ist. Ich denke hier an den Küstenschutz und den Sturm, den wir vor einigen Tagen dort droben hatten. Man muß
*) Siehe Anlage 12.



Bundesminister Schwarz
also sagen, daß es Grenzen gibt, die man nicht überschreiten kann.
Es ist dann die Frage aufgetaucht, welchen Erfolg unsere Bemühungen hinsichtlich der freiwilligen Landabgabe, der sogenannten Landmobilisierung, gezeitigt hätten. Ich möchte hierzu folgendes sagen. Die Länderagrarminister haben wiederholt mit uns zusammen wegen dieser Frage getagt. In den verschiedenen Ländern sind auch Richtlinien erstellt worden, die auf die Bedürfnisse des jeweiligen Landes zugeschnitten sind. Die Ergebnisse sind unterschiedlich; sie sind keineswegs immer befriedigend gewesen. Wenn man ein Fazit zieht, muß man wohl sagen, daß nicht genügend Anreize für die Landabgabe vorliegen. Es ist also unsere Aufgabe, diese Anreize zu schaffen. Wir müssen daran denken, daß die Kaufpreise außerordentlich hoch sind. Daher bereitet schon die Finanzierung Schwierigkeiten. Wir müssen auch daran denken, daß es sich bei dem genannten und etwas umstrittenen Fonds bei der Rentenbank, der jetzt noch 30 Millionen DM umfaßt, um Kredithilfen handelt, die nicht so begehrt sind wie Zuschüsse. Deshalb erfolgt der Abfluß langsamer. Wir werden unser Hauptaugenmerk auf die Vereinbarung langfristiger Pachten legen. Auch hier gibt es Schwierigkeiten. Ich will hier nicht auf die Einzelheiten eingehen. Alles in allem glaube ich, daß die zusätzlichen 10 Millionen DM für die freiwillige Abgabe von Land auf guten Boden fallen werden.
Herr Dr. Schmidt (Gellersen) hat verschiedene Angriffe auf die Bundesregierung gestartet. Sie bezogen sich insonderheit auf die Entscheidung über die Getreidepreise in Brüssel. Darüber ist heute schon gesprochen worden; ich kann mich deshalb kurz fassen.
Ich möchte darauf hinweisen, daß die Begründungen, die hier gegeben wurden, keineswegs falsch waren. Es ist nicht schwer, Zitate und Erklärungen aus der Vergangenheit herbeizuholen. Es ist auch kein Zweifel, daß die Haltung der Bundesregierung in dieser Frage in den vergangenen Jahren sehr eindeutig war. Ich frage den Herrn Kollegen Dr. Schmidt: ist Ihnen denn nicht klar, daß die Agrarpolitik nicht in einem isolierten Raum steht, sondern von sehr vielen anderen Faktoren abhängig ist, daß es auch eine Außenpolitik gibt und eine Wirtschaftspolitik, kurz, daß es Umstände gibt, die ein Ding, das wir aus einer gewissen Sicht betrachtet haben, doch zu verändern vermögen? Ich darf deswegen nur das eine sagen: daß eine Entscheidung, wie sie im Dezember 1964 gefallen ist, von vielen Dingen beeinflußt wurde.
Man kann sich nur noch fragen, ob es denn richtig ist, daß das Ergebnis so sehr angegriffen wird, ob das Ergebnis wirklich so schlecht ist. Es steht doch fest, daß der Mansholt-Plan bereits eine Senkung zum 1. Juli 1964 herbeiführen wollte. Es steht fest, daß wir nach dem Vertrag vom 1. Januar 1966 an hätten überstimmt werden können. Wir haben nunmehr das Datum 1. Juli 1967. Das muß doch zunächst einmal festgestellt werden. Die anderen Dinge, die damit noch zusammenhängen, will ich nicht alle aufzählen; sie sind dem Hohen Hause bekannt. Ich
möchte nur sagen, in diesem Falle besteht kein Anlaß, immer wieder das zu zitieren, was früher einmal gesagt wurde, in dem Glauben, es lägen gleiche Verhältnisse vor. Auch sollte man nicht das Ergebnis — ich möchte sagen, in diesem Fall aus sehr naheliegenden politischen Gründen — einseitig betrachten.
Herr Kollege Schmidt hat gesagt, wir seien darüber stolz, daß wir die Festsetzung der Termine, die noch vor uns liegen, in Brüssel für verschiedene EWG-Marktordnungen hätten verhindern können. Leider sind wir noch gar nicht so weit, Herr Kollege Dr. Schmidt, sondern wir wünschen, wenn Grundsatzentscheidungen getroffen werden, daß wir nicht einen Termin vorher bekommen und daß wir nicht hinterher wegen der fehlenden Grundsatzentscheidung irgendwie in die Ecke gedrückt werden. Das ist zweifellos das, .was Sie meinen. Aber einstweilen sind wir noch nicht so weit. Ich werde das Möglichste tun, um dem vorzubeugen, was für uns unzweckmäßig ist.
Dann ist auf die Marktstruktur hingewiesen worden. Durch die im Jahre 1962 über den Grünen Plan bewilligten Mittel für horizontale und vertikale Verbundwirtschaft in Höhe von 54 Millionen DM haben wir für die Marktstruktur einen sehr guten Anfang gemacht. Heute, im Jahre 1965, sind wir auf 120 Millionen DM. Mit diesen Mitteln kann man doch sehr viel unternehmen. Die entstandenen Erzeugergemeinschaften für Obst und Gemüse, Kartoffeln, Schweine, Weizen usw. beweisen, daß wir einen richtigen Weg gegangen sind. Wenn dieser weiter gesetzlich fundiert wird, werden wir jede Art von Hilfe von seiten meines Hauses gern gewähren.
Im Verlaufe der gestrigen und heutigen Debatte ist wiederholt die Hilfe für die Landwirtschaft angesprochen worden, die ihr in Höhe von 840 Millionen DM gegeben wird, um Schwierigkeiten aus dem Wege zu räumen, die ihr zweifellos ab 1967 in erhöhtem Maße bevorstehen. Man hat diese 840 Millionen DM insofern kritisiert, als auch andere Berufsstände nunmehr sagten: Wenn die Landwirtschaft einen solchen Betrag zur Verfügung bekommt, haben wir ein gleiches oder ähnliches Recht. Ich darf nur die eine Frage aufwerfen: Gibt es denn überhaupt einen Berufsstand in der deutschen Bundesrepublik, dem zugemutet wird, im Preis herunterzugehen, wenn alles andere heraufgeht?

(Beifall bei der FDP.)

Ich darf weiter die Frage stellen, ob es denn nicht eine Selbstverständlichkeit ist, daß man in einem .solchen außergewöhnlichen Falle hilft. Die deutschen Bauern würden, soweit ich sie kenne — und ich kenne sie sehr gut —, auf die 840 Millionen DM liebend gern verzichten, wenn sie auch auf die Preisherabsetzung verzichten dürften.
Innerhalb dieser 840 Millionen DM spielen natürlich die 380 Millionen DM Investitionshilfe eine besondere Rolle. Ich verstehe, daß man hier verschiedener Meinung sein kann. Aber ich möchte doch nachdrücklich zum Ausdruck bringen, daß der Weg, der nunmehr gefunden ist, dazu dienen soll, unseren Betrieben zu helfen, und zwar in einer Form,



Bundesminister Schwarz
die keineswegs mit dem Ausdruck „Rente" belegt werden sollte. Dieses Wort, das hier auch aufklang, ist wirklich in jeder Beziehung unangebracht. Es ist dazu geeignet, Zwiste zwischen Groß und Klein aufzureißen. Es fehlte uns in dem Stadium, in dem wir stecken, gerade noch, daß wir hier von Groß und Klein, von Nord und Süd oder von Berg und Tal sprechen. Diese Dinge dürfen in unserem Vokabular überhaupt nicht existieren.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Ich möchte hier sehr klar sagen: Von keinem einzigen größeren Besitzer, geschweige denn Großgrundbesitzer ist eine Anregung ausgegangen oder ein Brief oder eine Forderung angekommen, worin zum Ausdruck gebracht worden wäre, es solle nach einem Verfahren gearbeitet werden, das eine sogenannte Grafenrente ermöglicht. Das ist eine rein theoretische Betrachtung, die selbstverständlich in ihrem Ergebnis so lauten würde, wenn man einen Hektarbetrag ausstreut.

(Abg. Dr. Schmidt [Gellersen] : Wer hat denn von dem Ausdruck gesprochen?)

— Ich sage nur, Herr Kollege Dr. Schmidt, daß kein einziger Inhaber oder Eigentümer eines größeren Besitzes eine solche Forderung gestellt hat. Ich habe nichts davon gehört, gelesen oder erhalten. Man sollte hier nicht etwas künstlich konstruieren, was gar nicht ist.

(Sehr gut! in der Mitte.)

Was hier zur Verteilung und zum Verbrauch ansteht, ist ein Betrag, der, von den Kleinbetrieben ausgehend, degressiv nach der Größe der Betriebe gestaffelt verteilt wird, mit Grenzen nach oben und einer gewissen Grenzordnung, darf ich sagen, nach unten. Beteiligt werden alle Betriebe, die in der Alterskasse berechtigt sind. Weiter werden die Betriebe bis zu einem Hektar berücksichtigt., sofern sie Einkommen haben, die sich unter 7800 DM bewegen. Beträgt das Einkommen über 7800 DM, müßten sie ausscheiden. Das scheint eine Lösung zu sein, die dem, was hier mit Fug und Recht verlangt werden kann, gerecht wird.
Die Richtlinien werden ehestens ausgearbeitet. Hier möchte ich die Frage der Technik, des Verfahrens zusammen mit den Länderagrarministern in Ordnung bringen und besprechen, weil mir daran liegt, möglichst zu aller Zufriedenheit ein einheitliches System auszuwählen.
Dann ist noch darüber gesprochen worden, daß die Behandlung der EWG-Fragen in meinem Hause, sagen wir einmal, nur mit einigen Schwierigkeiten erfolge, weil sich die EWG-Gruppe in Auflösung befinde. Ich kann nur sagen: sie arbeitet so gut wie noch nie, Herr Dr. Schmidt. Im übrigen haben wir alle Veranlassung, gerade den Herren zu danken, die in der EWG-Gruppe sitzen; denn alle, die damit zu tun haben, sind weit über Gebühr in Anspruch genommen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Alles, was in der Vergangenheit hier getan wurde,
war mit Mühe und Klage, mit durchwachten Nächten und mit Sonntagen, an denen es zu arbeiten galt, ausgefüllt. Deswegen scheint mir das in jeder Beziehung unrichtig zu sein. Aber ich darf Sie, Herr Dr. Schmidt, einladen, in mein Haus zu kommen, um mit den Herren zu sprechen. Vielleicht dient das beiden Teilen; Sie können Ihre Ideen meinen Herren nahebringen und deren Ideen erfahren. Eine gegenseitige Besprechung kann nur förderlich sein. Ich hätte auch aus sachlichen Gründen den Wunsch, daß dieses .und jenes auf diese Art und Weise früher geklärt würde, als es vielleicht hier im Deutschen Bundestag geschehen kann.
Zum Schluß haben Sie, Herr Dr. Schmidt, eine etwas unifreundliche Bemerkung gemacht in der Richtung, daß ich ein wenig erfreuliches Erbe hinterlassen würde, wenn ich eines Tages den Deutschen Bundestag verlasse. Ich möchte nur feststellen, daß dies in einem Widerspruch 'zu dem steht, was Sie selbst durch Ihre Worte so faßten: Unsere Betriebe sind in ihren fachlichen Leistungen jedem Partner ebenbürtig. Herr Kollege Ehnes hat es schon in einer ähnlichen Form zitiert. Dies ist das, was Sie wörtlich gesagt haben. Es wäre jedenfalls nicht möglich, daß die deutschen Betriebe ihren Partnern im EWG-Raum ebenbürtig sind, wenn nicht in diesen fünf Jahren trotz aller Sorge, trotz aller Arbeit und EWG an den Dingen gearbeitet worden wäre, die unsere Landwirtschaft voranbringen, und zwar so voranbringen, daß sie auch den Kampf bestehen kann.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Es gäbe nun nichts Falscheres, als dies etwa auf die Arbeit eines Ministeriums zurückzuführen. Dies ist die Arbeit ebensogut des Parlaments, des Ernährungsausschusses, wie vor allem all derer, die draußen stehen und all die ungeheuerlichen Arbeitsüberlastungen an durchwachten Nächten und an Sorgen auf sich genommen haben, um das zu schaffen, was zu schaffen war.
Gerade weil in der breiten Öffentlichkeit die Leistungen, die unsere Landwirtschaft in den letzten fünf Jahren erzielt hat, zum Teil hinter anderen Problemen zurücktreten, habe ich durch mein Haus das Heftchen „Fünf Jahre Agrarpolitik" herausgebracht. Ich empfehle allen, die sich mit landwirtschaftlichen Fragen ein wenig anfreunden, es einmal zu lesen, damit sie sehen, daß etwas getan wurde draußen auf dem Lande, hier im Bundestag und drüben in meinem Ministerium.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Ich darf die Debatte über den Grünen Plan, über den Grünen Bericht und auch über unseren Haushalt abschließen mit einem herzlichen Dank an meine Mitarbeiter, die die Grundlagen für den Bericht geschaffen haben. Ich darf den Dank abstatten an alle Mitglieder des Hohen Hauses, die in landwirtschaftlichen Dingen, insonderheit im Ernährungsausschuß, gearbeitet haben, und darf meinen ganz besonderen Dank dem Bauern draußen abstatten, der mitgeholfen hat, zu einem solchen Ergebnis zu kommen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)





Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416538800
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über die vorliegenden Anträge zum Einzelplan 10, zunächst über den Antrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 559. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. — Danke. Die Gegenprobe! — Das letztere ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 560!

(Abg. Hermsdorf: Ist damit erledigt!)

— Der Antrag ist erledigt, über ihn braucht also nicht mehr besonders abgestimmt zu werden.
Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 561 ! Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Danke. Die Gegenprobe! — Das letztere ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Einzelplan 10 selbst in der vorliegenden Fassung. Wer dem Einzelplan 10 zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. — Danke. Die Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit; der Einzelplan 10 ist mit Mehrheit angenommen.
Wir müssen nun noch den Tagesordnungspunkt II
— Aussprache über den Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft — erledigen. Zu diesem Punkt, d. h. zum Grünen Bericht und zum Grünen Plan, liegen Entschließungsanträge auf den Umdrucken 554, 555 und 556 *) vor. Sie sind zum Teil begründet, zum Teil wahrscheinlich im Laufe der Aussprache begründet und erläutert worden.
Ich lasse zuerst über den Entschließungsantrag der Fraktion der FDP auf Umdruck 554 abstimmen.

(Zurufe: Überweisung aller drei Anträge an den Ernährungsausschuß!)

— Ich sehe da eine handschriftliche Bemerkung, die allerdings schwer zu entziffern ist. Ich bitte um Entschuldigung. Ich habe es nicht selber geschrieben.

(Heiterkeit.)

Offenbar soll das aber nicht für den Antrag der Fraktion der SPD gelten.

(Zuruf von der SPD: Doch, auch!)

— Nun, wenn man so summarisch verfahren kann, schlage ich vor — und Übereinstimmung scheint im Hause zu bestehen —, daß wir diese Anträge „kollektiv" dem Ernährungsausschuß überweisen. Einverständnis? — Es ist so beschlossen.
Damit ist Punkt II ebenfalls erledigt.
Wir kommen nunmehr zurück zum Punkt III. Ich rufe auf:
Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (Drucksachen IV/2911, zu IV/2911).
Berichterstatter ist Herr Dr. Götz.

(Abg. Dr. Götz: Ich verzichte!) *) Siehe Anlagen 8, 13 und 14.

— Ich muß Sie noch einmal darauf aufmerksam machen, Herr Dr. Götz, daß S i e nicht verzichten können. Aber das Haus nimmt dankend davon Kenntnis, daß Sie auf Ihren Bericht verweisen.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Änderungsanträge liegen nicht vor. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort hat der Abgeordnete Büttner.

Fritz Büttner (SPD):
Rede ID: ID0416538900
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe den Auftrag, für die SPD-Bundestagsfraktion zu einem besonderen Problem des Einzelplans 11, also dem Haushalt des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung, Stellung zu nehmen. Das soll nicht heißen, daß wir zu dem gesamten Haushalt nichts zu sagen hätten. Eine ganz kurze Bemerkung sei mir deshalb zuvor gestattet.
Unsere Arbeit im Ausschuß für Sozialpolitik, besser: im gesamten Ressort, hat, wie in keiner Legislaturperiode zuvor, schwer gelitten unter den verschiedenen Regierungsbildungen bzw. -umbildungen, den unterschiedlichen Auffassungen zu grundsätzlichen Fragen innerhalb der Koalition, den unterschiedlichen Auffassungen der Flügel innerhalb der CDU/CSU, der Vorlage von vollkommen unausgegorenen Gesetzentwürfen, wie z. B. der Härtenovelle in der Rentenversicherung, zu der eine Menge Änderungsanträge vorliegen und zu der wir in der vergangenen Woche noch einmal 113 Seiten Änderungsanträge bekommen haben.

(Abg. Stingl: Zu drei verschiedenen Materien! Das müssen Sie doch durch drei teilen!)

Von einer fruchtbaren Arbeit zur Lösung wichtiger und wichtigster Fragen auf vielen Gebieten kann keine Rede sein. Im übrigen verweise ich auf die Ausführungen unseres Fraktionsvorsitzenden Fritz Erler in der gestrigen Sitzung.
Was geschehen ist, ist unter Mitwirkung der Sozialdemokraten geschehen. Wir haben unseren Beitrag geleistet durch eigene Initiative und Anträge, durch positive Kritik, durch Einreichung von Änderungsanträgen zu •Gesetzesvorlagen, die nach der endgültigen Verabschiedung im Gehalt anders aussahen als bei der Einbringung. Dies zur Einleitung und zur Begründung dafür, daß unsere sparsamen Bemerkungen und unser Nichteingehen auf unerfreuliche Vorgänge nicht ungeteiltes Einverständnis und Zustimmung zu allem, was geschehen ist, bedeuten soll.
Zweck meiner Ausführungen ist es im besonderen, Sie auf einen außerordentlich bedauerlichen und rechtlich bedenklichen Vorgang aufmerksam zu machen. Die Mitglieder der Regierungsparteien haben im Haushaltsausschuß im Kap. 1113 den neuen Tit. 601 in Höhe von 750 Millionen DM geschaffen. In den Erläuterungen dazu ist gesagt, daß nach § 10 Abs. 2 des Haushaltsgesetzes der Bundesminister der Finanzen ermächtigt ist, von den Zuschüssen des Bundes an die Rentenversicherungsträger der Arbeiter und die Rentenversicherung der Angestellten insgesamt bis zu 750 Millionen DM durch Zuteilung von Schuldbuchforderungen gegen den Bund



Büttner
zu entrichten. Das heißt in der Praxis, daß sich der Bund seiner in der Reichsversicherungsordnung festgelegten gesetzlichen Verpflichtung, Bundeszuschüsse in bar zu gewähren, entzieht. Diese Verpflichtung ist ausdrücklich in § 1389 der Reichsversicherungsordnung festgelegt.
Nun werden Sie mir vielleicht entgegnen, daß nach § 27 f der Reichsversicherungsordnung die Bundesregierung berechtigt ist, zu bestimmen, bis zu welchem Betrag das Vermögen in Form von Bundesschuldverschreibungen festzulegen ist.

(Abg. Conring: Sehr richtig!)

Von dieser Ermächtigung hat der Bundesarbeitsminister, mit Sicherheit aus zwingenden Gründen, keinen Gebrauch gemacht, so daß ,es auch jetzt nicht möglich ist, im Haushaltsgesetz eine teilweise Festlegung in Form von Bundesschuldbuchforderungen vorzunehmen. Diese Ermächtigung nach § 27 f der Reichsversicherungsordnung — und ich bitte Sie, der Sie „sehr richtig" gerufen haben,- gut zuzuhören — bezieht sich ausschließlich auf die Festlegung des Vermögens. Bei dem Beschluß des Haushaltsausschusse — gegen den Willen der SPD — geht es aber um die Versagung der Barmittel für den Bundeszuschuß, der noch kein Vermögen ist.

(Sehr richtig! bei der SPD.)

Wenn Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, die Sie den verhängnisvollen, bedauerlichen Beschluß gefaßt haben, auf die Idee kommen sollten, der Bundeszuschuß trage zur Vermögensbildung bei, dann muß ich Sie darauf hinweisen, daß die Versicherungsträger einen erheblichen Teil in Höhe von 3,4 Milliarden DM bereits in Bundestiteln bis zur Grenze des Möglichen freiwillig festgelegt haben, was dem Anteil entspricht, der über den Bundeszuschuß zurückzuführen ist.
Darf ich noch einmal klar herausstellen: Der Bundeszuschuß wird durch gesetzlich festgelegte Leistungen bedingt, ,durch Leistungen, die wir in diesem Hause beschlossen haben.

(Zuruf von der CDU/CSU: Dafür aber nicht gebraucht!)

Sie werden sagen, was Sie schon im Ausschuß für Sozialpolitik vorgetragen haben: die SPD hat uns dazu ermutigt, als es im Jahre 1964 um 500 Millionen DM Bundesschuldbuchforderungen ging.

(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig, auf den Gedanken gebracht!)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416539000
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Frage des Herrn Abgeordneten Althammer?

Fritz Büttner (SPD):
Rede ID: ID0416539100
Bitte sehr!

Dr. Walter Althammer (CSU):
Rede ID: ID0416539200
Herr Kollege, es trifft sich ausgezeichnet. Ich wollte nämlich soeben die Frage stellen, wieso im vorigen Jahr nicht nur 500 Millionen DM, sondern sogar 1 Milliarde DM
von Ihren Kollegen vorgeschlagen worden ist, wenn ' das zutrifft, was Sie hier eben vortrugen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Weil jetzt Wahlen kommen!)


Fritz Büttner (SPD):
Rede ID: ID0416539300
Ich danke Ihnen für die Zwischenfrage. Ich war gerade dabei, dazu etwas zu sagen. — Meine Damen und Herren, wie war damals die Sachlage? Kriegsopfer machten auf Krücken, in Fahrstühlen und mit Blindenführern einen Schweigemarsch durch Bonn. Der Bundeskanzler trat für den Zweistufenplan für die Kriegsopfer ,ein — umgekehrt wie bei den Fernsprechgebühren. Er drohte vorübergehend — beständig, wie er nun einmal ist — mit dem Art. 113 des Grundgesetzes. Im Jahre 1964 ist demokratisch u. a. auch über die Bundesschuldbuchforderung ein Ausweg gefunden worden, aber mit einem wesentlichen Unterschied gegenüber dem heutigen Tatbestand. Damals konnten -die Versicherungsträger mit einem Überschuß von 2 Milliarden DM rechnen. Nach dem Finanzbericht wird sich der jetzt zu erwartende Überschuß auf 700 Millionen DM 'belaufen.

(Abg. Conring: Genau das!) Merken Sie den Unterschied?


(Lachen bei der CDU/CSU.)

Bei einem höheren Überschuß weniger Schuldverschreibungen!
Was aber bei dem jetzigen Vorgehen gravierend ist, das ist der Umstand, daß 1964 die Rentenversicherungsträger gehört worden sind und mit ihrem Einverständnis gehandelt worden ist, wobei -der Finanzminister die Erklärung abgegeben hat, ein solcher Vorgang werde sich 1965 nicht wiederholen. Diese seine Bemerkung ist auch von seinen eigenen Parteifreunden bestätigt und unterstützt worden.
Was heute hier geschehen soll, geht gegen Treu und Glauben. Im Jahre 1965 sind die Rentenversicherungsträger nicht gehört worden. Im Jahre 1965 ist der Bundesminister der Finanzen gegen die gesetzlichen Bestimmungen der Reichsversicherungsordnung durch einen Mehrheitsbeschluß — ohne uns — ermächtigt worden, durch eine Zwangsanleihe eine Manipulation vorzunehmen, die die „magische Haushaltsgrenze" von 63,9 Milliarden DM halten soll. Durch Schulden Ausgaben ersetzen zu wollen, ist unehrlich, wenn es in einer Weise geschieht, wie es hier geschehen soll. Die Sozialdemokraten waren immer bereit, demokratisch mitzuwirken, wenn es darum ging, unseren Beitrag zu leisten, aus unserer Republik einen sozialen Rechtsstaat zu machen, so wie es im Grundgesetz steht, zu dem wir uns bekennen.
Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, Sie können sich bei dem Beschluß über die Folgen nicht im klaren gewesen sein. Sie zwingen durch Ihren Beschluß die Rentenversicherungsträger zu Maßnahmen, die schwerste Folgen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge, der Gesundheitspolitik und der Rehabilitation haben müssen. Sie engen die Pläne ein, die aufgestellt sind, um der Frühinvalidität entgegenwirken zu können.



Büttner
Niemand wird behaupten können, daß die Lage der Rentenversicherungsträger nicht angespannt ist. 1964 erhielten die Rentenversicherungsträger 500 Millionen DM in Schuldbuchforderungen zu günstigeren Bedingungen, als 'es heute für 750 Millionen — mit 300 Millionen für die Arbeiterrentenversicherungsträger und mit 450 Millionen für die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte — geschehen soll.

(Zuruf von der CDU/CSU: Haben Sie den Änderungsantrag noch nicht gelesen?)

Sie sind in ihrem Tun und Handeln eingeschränkt worden.
Ich weiß nicht, ob im Haushaltsausschuß bedacht worden ist, daß bei einem voraussichtlichen Überschuß von 700 Millionen DM laut Finanzbericht den Rentenversicherungsträgern 750 Millionen Schuldbuchforderungen zugemutet werden können, und dazu noch mit dem Zusatz, daß sie diese Schuldbuchforderungen nicht absetzen können, es sei denn im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen, — wahrhaftig eine Ermächtigung im weitestgehenden Sinne des Wortes gegen die Selbstverwaltung der Rentenversicherungsträger.
Ich weiß 'bei dieser Sachlage auch nicht, ob der Gesetzentwurf zur Beseitigung von Härten in der Rentenversicherung, kurz Härtenovelle genannt, ernst zu nehmen ist, wenn der Bund, wie es hier geschehen soll, sich seinen auf Grund gültiger Gesetze bestehenden gesetzlichen Verpflichtungen entziehen will. Die Härtenovelle, beim augenblicklichen Stand der Beratung noch unübersichtlich, aber dringend notwendig, wird nach den bisherigen Beschlüssen einige hundert Millionen Mark kosten. Wann soll sie wirksam werden? Und wenn Sie es ernstlich wollen, dann geht es nicht über den Weg der Schuldbuchforderungen, die den Aktionsradius der Rentenversicherungsträger über Gebühr einschränken.
Zusammenfassend darf ich feststellen:
Erstens. Der Beschluß des Haushaltsausschusses geht gegen betehendes, in der Reichsversicherungsordnung festgelegtes Recht.
Zweitens. Das angewandte Verfahren ist ein ungeeigneter Versuch, die „magische Grenze" des Haushaltsplans von 63,9 Milliarden DM auf unredliche Weise durch Manipulation zu halten, weil echte Ausgaben in Höhe von 750 Millionen DM nicht als solche im Haushalt erscheinen. Ich halbe die Worte des Herrn Kollegen Dr. Stoltenberg von vorhin im Ohr, der von der „Haushaltswahrheit" und von der „Haushaltsklarheit" sprach.
Drittens. Ungeheuerlich ist das Verfahren gegenüber den Selbstverwaltungsorganen der Rentenversicherungsträger, die unter Außerachtlassung demokratischer Spielregeln übergangen worden sind. Das, was 1964 bei günstigeren Finanzverhältnissen im Einvernehmen mit den Rentenversicherungsträgern möglich gemacht werden konnte, ist bei ungünstigerer Finanzlage ohne Einvernehmen und dazu noch zu ungünstigeren Bedingungen unmöglich, weil es die Handlungsfreiheit zum Schaden aller die
Volksgesundheit fördernden Maßnahmen einschränkt.
Viertens. Das Verfahren verstößt gegen Treu und Glauben. Ein Ministerwort — unterstützt von den Regierungsparteien —, daß sich das, was 1964 geschehen ist, 1965 nicht wiederholen soll, ist gebrochen worden. Die Rentenversicherungsträger haben auf diese Zusage des Ministers gebaut und sind enttäuscht worden.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich schließen mit den beiden letzten Absätzen des Schreibens des Verbandes der Rentenversicherungsträger vom 11. Februar 1965, dessen Vorsitzender CDU-Kollege Gassmann, unterschrieben hat. Es heißt darin:
Die Träger der Rentenversicherung werden durch 'dieses Vorgehen an eine schon einmal geübte Praxis gleicher Art erinnert, — —

(Abg. Haase [Kassel] : Das ist eine Bösartigkeit, Herr Kollege! — Abg. Dr. Schellenberg: Das stammt von Ihrem Kollegen!)

— Herr Kollege Haase, ich glaube, ich habe deutlich genug gesagt, daß ich zitiere.

(Abg. Haase [Kassel] : Die Beispiele passen nicht zusammen!)

Die Träger der Rentenversicherung werden durch dieses Vorgehen an eine schon einmal geübte Praxis gleicher Art erinnert, durch die das Vertrauen der Versicherten in ihre Rentenversicherung stark erschüttert wurde und die deshalb von deren Selbstverwaltungsorganen scharf abgelehnt wird. Der Vorstand des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger möchte im Auftrage der Selbstverwaltungsorgane alle Rentenversicherungsträger davor warnen, das Vertrauen, das die Versicherten ihrer gesetzlichen Rentenversicherung heute wieder entgegenbringen, durch eine Zwangsanleihe zur Deckung des Bundeshaushalts zu belasten.
Meine sehr verehrten .Damen und Herren, soweit es den materiellen Teil angeht und soweit Sie diese Bemerkungen vernommen haben, die aus ernster Sorge vorgetragen worden sind, schließe ich mich ihnen an; ich kann beipflichten. Sie werden Verständnis dafür haben, daß die sozialdemokratische Bundestagsfraktion dem Tit. 601 nicht zustimmen kann, und ich beantrage, über diesen Titel gesondert abzustimmen.

(Beifall bei der SPD.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416539400
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen.

Dr. Rolf Dahlgrün (FDP):
Rede ID: ID0416539500
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Sachliche vorweg.

(Zuruf von der SPD: Wollen Sie denn unsachlich werden?)




Bundesminister Dr. Dahlgrün
— Nein, aber nachher will ich auf die ausverschämten Angriffe des Herrn Kollegen Büttner die mir zustehende Antwort erteilen.

(Oho-Rufe bei der SPD.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416539600
Herr Minister, ich muß Sie bitten, diesen Ausdruck zurückzunehmen; ich kann ihn nicht als parlamentarisch zulässig ansehen.

(Zurufe vin der SPD.)


Dr. Rolf Dahlgrün (FDP):
Rede ID: ID0416539700
Ich nehme diesen Ausdruck zurück, möchte Sie, Herr Präsident, dann aber fragen, was Sie zu „Wortbruch" und „unredlich" gesagt haben.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD.)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei 23 Milliarden DM Vermögen und annähernd 8 Milliarden DM Zuschüssen aus dem Bundeshaushalt an Steuergeldern hat der Haushaltsausschuß aus der Haushaltsenge heraus Ihnen vorgeschlagen, den Versicherungsträgern 750 Millionen DM in guten Schuldbuchforderungen zuzuteilen. Es trifft zu, daß ich im vorigen Jahre mit den Rentenversicherungsträgern 500 Millionen DM ausgehandelt und erklärt habe — bitte, das können Sie im Protokoll des Bundestages nachlesen —,

(Zuruf von der SPD: Wird auch anerkannt!) diese Maßnahme solle nicht wiederholt werden.


(Hört! Hört! und Zurufe bei der SPD.)

Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, meine Damen und Herren, daß der Regierungsentwurf diese Maßnahme auch nicht enthält.
Die Liquiditätslage der Rentenversicherungsträger ist sehr genau ,geprüft worden. Sie ist auch Gegenstand einer eingehenden Erörterung im Ausschuß gewesen. Dabei hat sich herausgestellt, daß fast das Doppelte der 750 Millionen DM an Liquidität vorhanden sein wird;

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

denn der Liquiditätsspielraum besteht für die Versicherungsträger einmal in den Rückflüssen und zum anderen auch in den Zuschüssen, 'die der Bundeshaushalt in Höhe von über 7 Milliarden DM in bar im laufenden Jahre vorsieht.

(Beifall bei den Regierungsparteien.) — Herr Kollege Schellenberg.


Dr. Ernst Schellenberg (SPD):
Rede ID: ID0416539800
Herr Bundesminister, entspricht es den Tatsachen, daß im Finanzbericht Ihres Ministeriums als Überschuß der Rentenversicherungen für 1965 der Betrag von 700 Millionen angegeben ist? Wollen Sie diese Angabe nunmehr berichtigen, und beabsichtigen Sie, noch andere Angaben im Finanzbericht Ihres Ministeriums zu berichtigen?

Dr. Rolf Dahlgrün (FDP):
Rede ID: ID0416539900
Ich habe nichts aus dem Finanzbericht zu berichtigen. Aber Sie wissen genau, wann er gedruckt worden ist,

(Zuruf von der CDU/CSU: Und wann er geschätzt worden ist!)

und Sie wissen genau, daß in der Ausschußsitzung — wenn ich nicht irre, unter Ihrer Leitung — die Liquiditätslage der Versicherungsträger sehr eingehend geprüft worden ist und daß selbst die Vertreter der Versicherungsträger schließlich die dort genannten Zahlen auch anerkannt haben. Wenigstens ergibt sich das in etwa so aus dem Protokoll.
Meine Damen und Herren, bei 23 Milliarden DM Vermögen haben die Versicherungsträger bisher 3,15 Milliarden DM Schuldbuchforderungen des Bundes. Dazukommen jetzt die 750 Millionen DM, so daß es knapp 3,9 Milliarden DM sein werden. Meine Damen und Herren, das sind 17% des Vermögens. Ich bin nun einmal der Meinung, daß es den Versicherungsträgern wahrhaftig, wenn der Bund in eine schwierige, enge Haushaltslage kommt, bei diesem Vermögen und diesen Barzuschüssen — bei 750 Millionen DM zahlen wir in diesem Jahr über 300 Millionen DM an die Versicherungsträger zurück — zuzumuten ist, bei erhaltener Liquidität, die auf annähernd das Doppelte dessen geschätzt wird, was wir als Schuldbuchforderungen geben wollen, uns behilflich zu sein — den Versicherungsträgern nämlich, die diese Zahlungen aus dem Haushalt erhalten. Und das, obwohl ich im vorigen Jahre für das laufende Jahr diese Maßnahme nicht mehr vorgesehen hatte.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. Schäfer: Na also!)

— Bitte schön, Herr Professor Schellenberg!

Dr. Ernst Schellenberg (SPD):
Rede ID: ID0416540000
Herr Bundesfinanzminister, habe ich richtig verstanden, daß Sie erklärt haben, es sollten Rückflüsse in Anspruch genommen werden? Ist das nicht ein volkswirtschaftlich bedenklicher Prozeß des „Entsparens", der damit von der Bundesregierung eingeleitet wird?

Dr. Rolf Dahlgrün (FDP):
Rede ID: ID0416540100
Herr Professor Schellenberg, wenn Sie von der Liquidität sprechen und den Vorwurf erheben, daß die Liquidität der Versicherungsträger in Frage gestellt sei, dann müssen Sie außer den Zuschüssen aus dem Bundeshaushalt mit 7 Milliarden DM selbstverständlich auch die Rückflüsse aus dem gut angelegten Vermögen der Versicherungsträger in Rechnung stellen.

(Beifall bei den Regierungsparteien)

Im übrigen ist die Verzinsung der Schuldbuchforderungen, die wir den Versicherungsträgern geben — das können Sie gar nicht bestreiten —, besser als die normale Durchschnittsrendite, die sie sonst bei ihren Ausleihungen herausholen können.

(Beifall bei den Regierungsparteien.) Bitte, Herr Kollege Schäfer!


Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0416540200
Herr Minister, habe ich vorhin vor der Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten



Dr. Schäfer
Schellenberg richtig verstanden, daß Sie ausführten, Sie hätten im letzten Jahre erklärt, Sie wollten diese Methode der Finanzierung nicht mehr in Anspruch nehmen, sähen sich aber in .diesem Jahre dazu genötigt?

Dr. Rolf Dahlgrün (FDP):
Rede ID: ID0416540300
Herr Kollege Dr. Schäfer, Sie haben sehr genau verstanden. Ich habe im vorigen Jahre gesagt, daß ich das im Haushaltsplan nicht wieder machen sollte. Ich habe es im Regierungsentwurf auch nicht getan. Im weiteren Verlauf hat sich im Haushaltsausschuß die Notwendigkeit ,ergeben, eine solche Maßnahme doch noch einmal zu treffen,

(Zustimmung bei den Regierungsparteien)

wobei, Herr Dr. Schäfer, nicht nur die Erklärung, die Sie jetzt wahrscheinlich zum Gegenstand Ihrer Zusatzfrage machen werden, sondern auch die Tatsache eine Rolle spielt, daß die Sozialleistungen der Bundesregierung in diesem Jahr um über 3 Milliarden DM gestiegen sind.

(Beifall bei den Regierungsparteien.) Irgendwo muß das ja herkommen.


(Abg. Dr. Schäfer: Darf ich Sie noch etwas fragen?)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416540400
Ich darf, bevor Sie fragen, etwas Grundsätzliches sagen. Ich sage das jetzt ganz allgemein. Ich weigere mich, einen Redner mitten in einem Argument oder mitten in einem Satz zu unterbrechen. Er muß mindestens die Möglichkeit haben, seinen Gedanken zu Ende zu führen, ehe ich frage, ob er eine Zwischenfrage gestattet. Das bitte ich ein für allemal hier feststellen zu dürfen. Ich glaube, das ist fair.

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0416540500
Herr Minister, wie erklären Sie sich nach dieser Erklärung von vorhin und dieser Begründung, die Sie eben gegeben haben, daß Sie über die Enttäuschung, die der Herr Abgeordnete Büttner zum Ausdruck brachte, so erregt sind?

Dr. Rolf Dahlgrün (FDP):
Rede ID: ID0416540600
Das will ich Ihnen sehr genau sagen, Herr Dr. Schäfer; denn dann kann ich schließen. Erregt bin ich darüber, daß ein Kollege es über sich gebracht hat, von unredlichen Methoden zu sprechen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Ich verstehe unter „unredlich" immer noch etwas anderes als das, was hier, in aller Offenheit begründet, durchgeführt ist.
Das zweite, Herr Dr. Schäfer, ist der Vergleich mit Hitler und seinen Autobahnen.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller: Das war Gaßmann!)

Sie wissen ganz genau, Herr Kollege Schäfer, daß damals die Beiträge in Anspruch genommen worden sind

(Zuruf von der CDU/CSU: Jawohl, das ist der Unterschied!)

und daß ganz andere Höhen dabei erreicht worden sind. Da hat man in die Sache hineingefaßt.

(Zuruf von der SPD: Heute auch!)

Hier geschieht nichts weiter, als daß innerhalb der Liquidität — —

(Abg. Heiland: Herr Kollege, Sie sind doch Finanzminister!)

— Herr Heiland, wollen Sie eine Zwischenfrage stellen?

(Abg. Heiland: Ich wundere mich über soviel!)

— Ja, ich wundere mich bei Ihnen auch über einiges, z. B. über diesen Vergleich. Die Forderungen werden durch die Zuteilung von Schuldbuchansprüchen lediglich in ihrem Zahlungsziel hinausgeschoben, und das bei einer besseren Verzinsung, als die Versicherungsträger sie normalerweise erreichen. „Unredlich" und dieser Vergleich — das bitte ich Sie als Begründung für meine Erregung und für den kleinen Ausrutscher im ersten Satz entgegenzunehmen — sind etwas mehr als das, was ich gesagt habe.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416540700
Das Wort hat der Abgeordnete Killat.

Arthur Killat (SPD):
Rede ID: ID0416540800
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Kap. .11 13 vermisse ich unter dem Tit. 610, in dem die Erstattungen der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung für Mutterschutz ausgeworfen sind, einen Betrag in Höhe von 264 Millionen DM.
Bekanntlich haben die Krankenkassen nach § 205 d RVO einen Anspruch auf einen Bundeszuschuß in Höhe von 50 DM je Entbindungsfall. Dieser Anspruch ist während des „Dritten Reiches" bis 1945 suspendiert gewesen und mit dem neuen Bundesrecht 1950 wiederaufgelebt. Im Juli 1964 ist in einem Musterprozeß durch das Bundessozialgericht erkannt worden, daß die gesetzlichen Krankenversicherungen für die Zeit vom 1. April 1950 bis Ende 1962 Anspruch auf diesen Bundeszuschuß zur Familienwochenhilfe haben. Die Spitzenverbände der Krankenkassen haben diesen Anspruch auf 264 Millionen DM ausgewiesen.
Trotz des im Juli ergangenen höchstrichterlichen Urteils und der Eindeutigkeit der Forderungen der Krankenversicherung hat die Bundesregierung bis heute keinerlei Anstalten gemacht, diese Verpflichtungen des Bundes aus dem Urteil des Bundessozialgerichts durch Einfügung eines entsprechenden Betrages im 'Haushalt zu erfüllen.
Auf eine von mir im Dezember 11964 im Plenum gestellte Frage — also fünf Monate nach dem Urteil —, warum der Bund weder im Nachtragshaushalt 1964 noch im Haushalt .1965 einen entsprechenBetrag eingesetzt habe, erklärte Herr Staatssekretär Dr. Claussen, daß der Bundesregierung das Urteil vom Juli — ich bitte zu beachten: des vergangenen Jahres — erst im Oktober zugestellt worden sei und daß von den Krankenkassen bisher auch



Killat
keine substantiierten Forderungen vorgelegt worden seien.
Hierzu möchte ich folgendes feststellen.
1. Die Einrede der Bundesregierung, daß das Bundessozialgerichtsurteil vom Juli der Bundesregierung erst im Oktober zugestellt und damit bekanntgeworden sei, ist völlig abwegig. Die Bundesregierung war doch die Beklagte, und das im Juli ergangene Urteil war unmißverständlich und ein letztinstanzliches Urteil. Vom Tage der Urteilsverkündung an, bei der doch Vertreter der Bundesregierung dabeigewesen sein müssen, war die Bundesnegierung verpflichtet, dieses Urteil unverzüglich zu erfüllen.
2. Die weitere Einrede, daß keine substantiierten Forderungen der Krankenkassen bis zum Dezember vorlagen und deshalb nicht abgewickelt werden konnten, kann ebenfalls nicht anerkannt werden. Ich glaube, eindeutiger als im § 205 d RVO festgelegt ist noch keine Leistungsverpflichtung beschrieben worden, nämlich daß die Krankenkassen für jeden Familienwochenhilfefall, d. h. für jeden Entbindungsfall, einen Zuschuß in Höhe von 50 DM erhalten.
3. Ausweislich eines vorliegenden Schriftwechsels haben die Spitzenverbände der Krankenkassen bereits im August, wenige Tage nach dem Urteil, die Bundesregierung aufgefordert, einen Termin für eine alsbaldige Aussprache zu benennen, damit die Forderungen der Krankenkassen beschleunigt und reibungslos abgewickelt werden können. Es ist auch bezeichnend, daß sich die Bundesregierung erst einen ganzen Monat später bereit fand, in einem Schreiben mit einem ganz lapidaren Satz auf diese Forderung der Krankenkassen einzugehen:
Ich bestätige den Eingang Ihres o. a. Schreibens und werde sobald wie möglich auf die Sache zurückkommen.
Dabei ist schon etwa vier Jahre prozessiert worden.
4. Anfang November haben die Spitzenverbände aller Krankenkassen den Herrn Arbeitsminister erneut und dringend gebeten, zur technischen Abwicklung und Erfüllung des Urteils vom Juli endlich Verbindung mit den Krankenkassen aufzunehmen. Erst Ende Januar 1965, d. h. nach über einem halben Jahr, nachdem das Urteil ergangen war, fand die 'erbetene Besprechung im Arbeitsministerium statt. Aber, meine Damen und Herren, auch dieses Gespräch blieb ohne jede konkrete Zusage zur Erfüllung der Verpflichtung.
5. Im Arbeitsministerium hat man den Vertretern der Krankenkassen mitgeteilt, daß wegen haushaltsmäßiger Schwierigkeiten bisher keine Beträge eingesetzt worden seien. Der Herr Staatssekretär Dr. Claussen hat in der Beantwortung einer Zusatzfrage im Dezember dazu erklärt:
Außerdem wird es wichtig sein, festzustellen, in welcher Form
— ich bitte, zu hören: in welcher Form —
solche hohen Beträge den Kassen jeweils überwiesen werden sollen.
Nun, meine Damen und Herren, bei diesen 264 Millionen DM handelt es sich im Einzelfall um verhältnismäßig geringe Beträge, denn sie verteilen sich auf über 2000 Krankenkassen. Beispielsweise in meinem Wahlbereich befindet sich eine Betriebskrankenkasse, der etwa 5000 Arbeitnehmer angehören. Diese Krankenkasse hat einen Anspruch an den Bund auf Erstattung von rund 50 000 DM.
Ich glaube, diese Aussage des Vertreters des Arbeitsministeriums, in welcher Form nun abgewikkelt oder gezahlt werden soll, ist symptomatisch, aber auch vieldeutig. Sie läßt die von den Spitzenverbänden der Krankenkassen gegenüber dem Haushaltsausschuß und auch dem Sozialpolitischen Ausschuß zum Ausdruck gebrachten Befürchtungen, daß die Bundesregierung beabsichtigt, diese Forderungen einmal haushaltsmäßig zu manipulieren und letzten Endes durch weitergehende oder vorgesehene Maßnahmen nicht zu erfüllen, als absolut gerechtfertigt erscheinen, Befürchtungen, daß die Krankenkassen — ich möchte es einmal mit einem unparlamentarischen, aber hier wohl zutreffenden Ausdruck sagen — um diese 264 Millionen DM geprellt werden sollen.
Wir haben schon kein Verständnis dafür, daß die Regierung — das gilt auch für den eben diskutierten, von Herrn Kollegen Büttner vorgetragenen Fall — durch Anwendung haushaltsrechtlicher Manipulationen die magische Grenze des Bundeshaushalts als Fiktion erhalten möchte. Aber in keinem Fall darf das Hohe Haus dulden, daß die Bundesregierung durch ungerechtfertigte Manipulationen das Vertrauen der Bürger in den sozialen Rechtsstaat erschüttert. Jeder Versuch der Bundesregierung, ein höchstrichterliches Urteil zu umgehen, muß zu einem Verfall des Vertrauens in die grundlegenden rechtsstaatlichen Prinzipien in unserem Lande führen. — Bitte sehr!

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416540900
Eine Zwischenfrage, Herr Abgeordneter Haase.

Lothar Haase (CDU):
Rede ID: ID0416541000
Herr Kollege, ist Ihnen bekannt, daß wir seinerzeit nach dem Urteil über die Ausgleichsforderungen jahrelang verhandelt haben und dadurch für den Bund ein günstiges Ergebnis erzielen konnten?

Arthur Killat (SPD):
Rede ID: ID0416541100
Herr Kollege, Sie scheinen sich irgendwie in einem Irttum zu befinden. Dieses Urteil existiert erst seit Juli 1964, und danach ist nicht verhandelt worden, sondern nur vertröstet und bis heute nichts eingesetzt worden.
Nachdem die Krankenkassen durch die von der Bundesregierung verabschiedete neue Gebührenordnung für Ärzte und Zahnärzte noch in diesem Jahr erhebliche Mehraufwendungen an Arztkosten zu tragen haben, muß es in Kürze zu erneuten Beitragserhöhungen kommen, wenn die Bundesregierung die 264 Millionen DM nicht umgehend an die 2000 Krankenkassen auszahlt.

(Abg. Stingl: Daran hängen aber die Kranwirklich nicht!)




Killat
— Herr Kollege Stingl. Sie wissen, daß diese 1/4 Milliarde als zusätzliche Einnahme schon von erheblicher Bedeutung sein kann, wenn ein Haushalt gerade ausgeglichen ist oder an der Null-Grenze entlang laviert.
Es widerspricht den Grundsätzen eines ordnungsgemäßen Haushaltswesens, wenn die Bundesregierung für längst fällige und dazu noch durch höchstrichterliches Urteil bestätigte Verpflichtungen keine Beträge in den Haushalt einsetzt. Es würde gegen den allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen, wenn die Bundesregierung durch weitere Verzögerungsmaßnahmen versuchte, die Leistungsverpflichtungen aus § 205 d unerfüllt zu lassen. Sie übernimmt damit aber auch die Folgen für die Verschärfung der ohnehin schon schwierigen finanziellen Situation der deutschen Krankenversicherung.

(Beifall bei der SPD.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416541200
Das Wort hat der Herr Staatssekretär Dr. Claussen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0416541300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Darstellung, die der Herr Abgeordnete Killat gegeben hat, ist meiner Überzeugung nach außerordentlich übertrieben und in einigen Punkten völlig falsch. Es ist selbstverständlich, daß die Bundesregierung dann, wenn ein Urteil vorliegt, zu einer Zahlung verpflichtet ist. Es hat noch keinen Fall gegeben, in idem die Bundesregierung nicht bezahlt hat, wenn sie eine Verpflichtung zu erfüllen gehabt hat.
Die Schwierigkeit, die bisher bestand, lag dahin, daß erstens das Urteil im Juli erlassen worden ist, als der Haushalt von der Bundesregierung dem Hohen Hause längst zugeleitet worden war. Die Begründung ist erst im Oktober nachgeliefert worden. Sie muß aber vorliegen, damit man die Auswirkungen genau beurteilen kann.
Zweitens müssen nach § 205 d RVO die Krankenkassen einen Nachweis führen. Es ist nicht damit getan, daß die schlichte Forderung von 265 Millionen DM aufgestellt wird.
Drittens ist es erforderlich, im Interesse der Krankenkassen, der Bundesregierung und der Verwaltungsstellen die damit zusammenhängende Verwaltungsarbeit auf ein Mindestmaß herabzusetzen, worüber auch mit den Versicherungsträgern und den Krankenkassen gesprochen werden muß.
Wir haben eine Reihe von Gegenforderungen aufzustellen, über die verhandelt werden muß. — Bitte sehr!

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416541400
Eine Frage, Herr Abgeordneter Schellenberg.

Dr. Ernst Schellenberg (SPD):
Rede ID: ID0416541500
Herr Staatssekretär, die Größenordnung von über 200 Millionen DM steht wohl fest. Warum haben Sie keine Wege gesucht, wenigstens in Form von Vorschußzahlungen
diesem Urteil des Bundessozialgerichts zu entsprechen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0416541600
Herr Abgeordneter, ich würde der Meinung sein: auf eine Zahlung, die in ihrem klaren Umfang nicht feststeht, einen Vorschuß zu leisten, wäre wohl das dümmste, was man machen könnte.

(Heiterkeit in der Mitte.)

Das ist mit einer klaren Haushaltsgebarung in keiner Weise zu vereinbaren.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Ich darf also noch einmal zu der Frage sagen, ,daß wir auch die Verwaltungsarbeit und das Abrechnungsverfahren mit den Krankenkassen ganz genau prüfen müssen. Denn sonst wird unter Umständen ein großer Teil dieses Betrages durch die Verwaltungskosten wieder aufgefressen, und das ist nicht der Zweck der Übung.
Abschließend möchte ich noch bemerken, daß die Liqiuidität der Krankenkassen bei einem Gesamtumsatz von 13 Milliarden DM durch diesen Betrag in 'keiner Weise gefährdet wird.

(Beifall bei der CDU/CSU.) Vizepräsident Schoettle: Das Wort hat der Abgeordnete Killat.


Arthur Killat (SPD):
Rede ID: ID0416541700
Herr Staatssekretär, Sie haben eben eingewandt, daß erstens die Leistungsverpflichtung nicht in ihrem klaren Umfang zu erkennen sei. Ich habe versucht, darzulegen, daß je Entbindungsfall ein fester Betrag von 50 DM zu zahlen ist und daß nach den Statistiken, die jährlich ausgewiesen sind, zum mindesten der Gesamtumfang auch bei den Einzelkassen feststeht. Inwieweit Sie das Prüfgeschäft betreiben wollen, ist eine andere Frage. Aber Sie haben sich bisher hartnäckig geweigert, an Hand der vorliegenden Unterlagen beschleunigt mit den Krankenkassen zu verhandeln. Auch in der letzten Besprechung — nach sieben Monaten — haben Sie noch keinen konkreten Weg gefunden.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0416541800
Wir haben Gegenforderungen zustellen. Was soll das heißen: „Gegenforderungen" ? Herr Staatssekretär, Ihnen wird wahrscheinlich das Schreiben des Bundesverbandes der Ortskrankenkassen im Auftrage aller deutschen Spitzenverbände der Krankenversicherung bekannt sein. In diesem Schreiben wird auf einen Gesetzentwurf hingewiesen, der mir auch zugänglich geworden ist, einen Gesetzentwurf zum Mutterschutzgesetz. Herr Staatssekretär, ich kann es Ihnen nicht ersparen, auf diese Gegenforderung einmal einzugehen. Sie — wahrscheinlich die Regierungsmehrheit oder die Regierungsparteien — haben zumindest nach dem Gesetzentwurf, der bei den Spitzenverbänden der Krankenkassen beraten wird, die Absicht, ein Mutterschutzgesetz zu verabschieden, mit dem Sie den § 205 d alter Fassung aufheben und neue Leistungen



Killat
in der Weise festlegen wollen, .daß für erhöhte Mutterschaftsleistungen den Krankenkassen diejenigen Beträge erstattet werden, die über 150 DM monatlich hinausgehen. Soweit können wir einverstanden sein, aber nun kommt das dicke Ende. Sie haben nach dem Entwurf vor, die Leistungsverpflichtung des Bundes, d. h. den über 150 DM hinausgehenden Zuschuß, nicht mit dem allgemeinen Inkrafttreten dieses vorgesehenen Gesetzes wirksam werden zu lassen, sondern Sie haben in den Übergangsbestimmungen vorgesehen, daß die Leistungsverpflichtung des Bundes 9 Monate später — ich bitte, das zu beachten — in Kraft tritt. Unter Umständen sind Sie bereit — ich will Ihnen den Gesetzestext nicht vorlesen, das möchte ich Ihnen ersparen —, in einer Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, daß die Leistungsverpflichtung mit dem Entwurf zur gleichen Zeit in Kraft tritt, wenn die Krankenkassen bereit sind, auf die alten Forderungen von 264 Millionen DM zu verzichten.

(Hört! Hört! bei der SPD.)

Das ist eine eigenartige Methode, eine Gegenforderung aufzustellen durch Verweigerung und Verschiebung eines Termins der Bundesleistungen und dann die Krankenkassen zu zwingen, auf Ihre Forderung einzugehen, damit sie die späteren Leistungen, die Barleistungen, bekommen.
Dieser Entwurf und diese Methode und Ihr Einwand, daß Gegenforderungen zu erheben seien, spricht Bände und verurteilt Sie selbst.

(Beifall bei der SPD.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416541900
Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan 11.

(Abg. Dr. Schellenberg: Herr Präsident, für Tit. 601 ist gesonderte Abstimmung beantragt!)

— Ich muß offen sagen: das habe ich eigentlich bisher noch nicht erlebt. Es ist bisher noch nicht geschehen, daß wir über Einzeltitel abgestimmt haben, wenn nicht Änderungsanträge vorlagen. Ich muß mich hier an die bisherige Übung halten.

(Abg. Dr. Schellenberg: Herr Präsident, der Abgeordnete Büttner hat seine Ausführungen mit dem Antrag geschlossen, über Kap. 1113 Tit. 601 gesondert abzustimmen!)

— Ich habe das wohl gemerkt; es ist mir nicht entgangen. — Aber wenn Sie es wollen, ich will darüber jetzt keinen Streit.

(Abg. Dr. Conring: Beim Haushaltsgesetz kommt dieselbe Sache ja noch einmal!)

Herr Abgeordneter Schäfer, wollen Sie zur Geschäftsordnung etwas sagen? — Bitte!

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0416542000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es kann gemäß der Geschäftsordnung beantragt werden, zu jedem Einzeltitel abzustimmen, so wie bei jedem Einzelantrag ziffernweise Abstimmung beantragt werden kann, für jeden Umdruck, für jede Ziffer. Es kann absatzweise abgestimmt werden. Man kann beantragen — und man muß dem entsprechen, Herr Rasner —, über die einzelnen Titel abzustimmen, einen nach dem anderen. Wir können auch beantragen, daß über einen Titel gesondert und über die anderen global abgestimmt wird. Nach der Geschäftsordnung ist das durchaus zulässig, Herr Präsident. Ich glaube, daß darüber bereits Einigkeit besteht.

(Abg. Rasner: Für heute einverstanden, aber wir werden es prüfen! — Heiterkeit.)


Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0416542100
Für heute einverstanden! Um welchen Titel handelt es sich?

(Abg. Dr. Schellenberg: Es handelt sich um Tit. 601, der in Kap. 11 13 neu eingefügt werden soll!)

— Ich habe hier die Vorlagen des gedruckten Haushalts vor mir. Ich bitte Sie, mir zu zeigen, wo sich Tit. 601 befindet. — Ich gebe mich in dem einen Punkt geschlagen. Es gibt ein Zusatzblatt zur gedruckten Vorlage, das mir in diesem Augenblick nicht zur Hand war. Ich habe es jetzt erst bekommen.
Da Einverständnis besteht, daß wir eine solche Einzelabstimmung durchführen, lasse ich abstimmen. Es ist beantragt, Tit. 601 zu streichen.

(Unruhe.)

— Ist es so, oder ist es nicht so?

(Abg. Dr. Schellenberg: Ja, das ist der Antrag, Herr Präsident!)

Ich lasse hier über den Antrag abstimmen, der vorgebracht worden ist. Ob er richtig oder falsch ist, ist Sache der Antragsteller.

(Heiterkeit. — Abg. Dr. Schellenberg: Er ist richtig!)

Wir stimmen über den Streichungsantrag ab. Wer stimmt dem Antrag zu? — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wir stimmen jetzt über den Einzelplan 11 ab. Wer stimmt dem Einzelplan 11 zu? — Danke. Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei Enthaltungen der sozialdemokratischen Fraktion ist der Einzelplan 11 angenommen.
Es ist nun verabredet, angesichts der vorgerückten Zeit noch einige Einzelpläne zu behandeln, bei denen keine Debatte vorgesehen oder vorauszusehen ist.
Ich rufe zunächst auf den
Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht (Drucksache IV/2916).
Ich eröffne die Aussprache. Anträge sind nicht gestellt. — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Einzelplan 19 in der vorliegenden Fassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Danke. Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Einzelplan ist einstimmig verabschiedet.



Vizepräsident Schoettle Ich rufe auf
Einzelplan 20 Bundesrechnungshof (Drucksache IV/2917).
Ich eröffne die Aussprache. — Das Wort wird nicht gewünscht. Die Aussprache ist geschlossen. Anträge liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Einzelplan 20 in der vorliegenden Fassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Danke. Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Einzelplan 20 ist einstimmig angenommen
Ich rufe auf
Einzelplan 28 Geschäftsbereich des Bundesministers für Angelegenheiten des Bundesrates und der Länder (Drucksache IV/2923).
Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan 28. Wer ihm zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Danke. Gegenprobe! — Enthaltungen? — Auch dieser Einzelplan ist einstimmig angenommen.
Ich rufe auf
Einzelplan 32 Bundesschuld (Drucksache IV/2927).
Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir stimmen ab. Wer dem Einzelplan 32 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Danke. Die Gegenprobe! — Enthaltungen? — Gegen
zahlreiche Gegenstimmen bei einer Enthaltung ist der Einzelplan 32 mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe auf
Einzelplan 33 Versorgung (Drucksache IV/2928).
Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Einzelplan 33 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Danke. Die Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist einstimmig angenommen.
Ich rufe auf
Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte (Drucksache IV/2929).
Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir stimmen ab. Wer dem Einzelplan 35 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Danke. Gegenprobe! — Enthaltungen? — Eine Enthaltung, damit etwas Abwechslung in das Bild kommt, nicht wahr, Herr Kollege? Der Einzelplan 35 ist bei einer Enthaltung angenommen.
Damit, meine Damen und Herren, wäre das, was wir heute erledigen können, verabschiedet.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Freitag, 19. Februar, 9 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.