Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren! Vor Eintritt in die Tagesordnung habe ich bekanntzugeben, daß folgende Ausschüsse gebeten haben, im Verlauf der heutigen Plenarsitzung Ausschußsitzungen abhalten zu dürfen: Zunächst der Unterausschuß „Familienrechtsgesetz" des 16. Ausschusses um 14 Uhr 15 Minuten im Sitzungszimmer 02 Südbau; weiter der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht im Anschluß an Punkt 2 der heutigen Tagesordnung in Zimmer 206 Südbau.
Ich teile mit, daß die nächste Fragestunde am Mittwoch, dem 4. Mai, 14 Uhr, stattfindet; Sperrfrist für eingehende Fragen ist auf Freitag, den 29. April, 12 Uhr, festgesetzt.
Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 18. März 1955 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht gestellt:
Gesetz betreffend das Protokoll vom 23. Oktober 1954 über die Beendigung des Besatzungsregimes in der Bundesrepublik Deutschland;
Gesetz betreffend den Vertrag vom 23. Oktober 1954 Ober den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland;
Gesetz betreffend den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Brüsseler Vertrag und zum Nordatlantikvertrag;
Gesetz betreffend das am 23. Oktober 1954 in Paris unterzeichnete Abkommen Ober das Statut der Saar.
Zu dem Gesetz betreffend das Protokoll vom 23. Oktober 1954 Ober die Beendigung des Besatzungsregimes in der Bundesrepublik Deutschland und dem Gesetz betreffend das am 23. Oktober 1954 in Paris unterzeichnete Abkommen über das Statut der Saar hat er Entschließungen gefaßt, die als Drucksachen 1284 und 1285 vervielfältigt werden.
Er hat darüber hinaus anläßlich der Verabschiedung der Pariser Verträge eine Entschließung betreffend Viermächteverhandlungen Ober die Wiedervereinigung Deutschlands gefaßt, die als Drucksache 1286 vervielfältigt wird.
Zu dem Vierten Gesetz zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes hat er die Einberufung des Vermittlungsausschusses gemäß Art. 77 Absatz 2 des Grundgesetzes verlangt. Die Gründe dazu sind in der Drucksache 1288 niedergelegt.
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem 18. März 1955 die Kleine Anfrage 157 der Fraktion der SPD betreffend Bankkonten des früheren Auswärtigen Amtes im Ausland — Drucksache 1207 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 1291 vervielfältigt.
Wir treten in die Tagesordnung ein. Ich rufe auf Punkt 1:
Fragestunde .
Ist der Bundesregierung bekannt, daß sich politisch einwandfreie Bürger der Bundesrepublik, die an den Kontrollstellen die Zonengrenze in Richtung Ost—West überschreiten, die Beschlagnahme von mitgeführten Schriften aus der sogenannten DDR gefallen lassen müssen?
Auf welche gesetzlichen Bestimmungen oder Anordnungen stützen sich die mit der Durchführung solcher Maßnahmen beauftragten Beamten der Grenzkontrollstellen?
Wer hat diese Maßnahmen, die meines Erachtens im Widerspruch zum Grundgesetz stehen, veranlaßt oder angeordnet?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf dem Herrn Kollegen folgendes antworten. Das Vorgehen der Grenzkontrollbeamten stützt sich auf § 93 des Strafgesetzbuchs in der Fassung des Dritten Strafrechtsänderungsgesetzes und auf die §§ 94 ff. der Strafprozeßordnung über die Sicherstellung von Gegenständen, die der Einziehung unterliegen können.
Das Verfahren der Grenzkontrollorgane ist durch einen Erlaß meines Amtsvorgängers vom 19. September 1951 geregelt. Es handelt sich um eine Angelegenheit des Staatsschutzes, deren Behandlung begreiflicherweise einer gewissen Generalisierung bedarf. Ich darf davon ausgehen, daß der verantwortungsbewußte Staatsbürger Verständnis für diese zum Schutz unseres demokratischen Staates getroffene Regelung hat. Dies gilt um so mehr, als jeder Reisende, der sich durch eine Sicherstellung mitgeführter Schriften beschwert fühlt, nach den oben erwähnten Vorschriften der Strafprozeßordnung eine richterliche Entscheidung herbeiführen kann.
Eine Zusatzfrage!
Herr Minister, es handelt sich in dem Fall, den ich hier im Auge habe, um zwei Pfarrer, bei denen je ein Exemplar beschlagnahmt worden ist.
Sind Sie der Meinung, — —
Meine Damen und Herren! Der Fragesteller ist nicht zu verstehen, wenn die Unterhaltungen so fortgesetzt werden, wie sie angelaufen sind.
Sind Sie der Meinung, daß dieses eine Exemplar die demokratischen Grundlagen des Staates gefährdet?
Sicherlich nicht, Herr Kollege. Durch ein Exemplar wird die demokratische Grundordnung nicht gefährdet werden können. Aber ich glaube, alle haben Verständnis dafür, daß Maßnahmen solcher Art schlechthin einer gewissen Generalisierung ohne Rücksicht auf den Einzelfall bedürfen.
Frage 2, Herr Abgeordneter Schmidt .
Stimmt es, daß auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Munster-Nord Jagden stattfinden, obgleich andererseits der Platz für die Benutzung durch englische Truppen wegen seiner angeblichen Kampfstoffverseuchung nicht geeignet ist, so daß die Truppen statt dessen den Naturschutzpark in der Lüneburger Heide verwüsten?
Diese Frage hat in den Beratungen des Haushaltsausschusses für den Haushalt 1955 bereits eine Rolle gespielt. Der Haushaltsausschuß hat sich entschlossen, eine Kommission nach Niedersachsen zu entsenden, um die Verhältnisse auf dem ehemaligen Heeresversuchsplatz Munster-Nord an Ort und Stelle in Augenschein zu nehmen. Die Bereisung hat bereits am 12. dieses Monats stattgefunden.
Trotz wiederholter Vorstellungen der Bundesregierung hat die britische Truppenführung die Benutzung des ehemaligen Heeresversuchsplatzes abgelehnt, weil nach ihrer Ansicht die Kampfstoffvergiftung des Platzes die Benutzung durch britische Truppen ausschließt. Zur Entkräftung des britischen Gutachtens hat die Bundesregierung durch Sachverständige ein eigenes Gutachten aufstellen lassen. Das Gutachten kommt zu der Schlußfolgerung, daß der Platz unter Beachtung gewisser Einschränkungen sehr wohl für Truppenübungen brauchbar ist. Zur Verminderung der Schäden auf den benachbarten privaten Flächen, die mit Manöverrechten belegt sind, wird die Bundesregierung nichts unversucht lassen, die britische Truppenführung dahin zu bringen, den Platz für die Panzerfahrübungen auszunutzen.
Es ist wiederholt die Meinung vertreten worden, daß der Übungsplatz lediglich aus jagdlichen Gründen nicht für Truppenübungen benutzt werde. Dies ist, wie die Kommission des Haushaltsausschusses bestätigen kann, nicht der Fall. Auf dem Übungsplatz haben nie sogenannte „Staatsjagden" stattgefunden. Das vorhandene Wild wird durch die örtlich zuständigen Forstbeamten erlegt und der Eiios bestimmungsgemäß im Bundeshaushalt vereinnahmt. Zur Vermeidung von Wildschäden sind die Forstbediensteten nachdrücklich angewiesen worden, für einen vermehrten Wildabschuß Sorge zu tragen.
Eine Zusatzfrage?
Herr Minister, darf ich fragen, ob Ihre Antwort, die Sie soeben gaben, bedeutet, daß das Ergebnis Ihrer Verhandlungen bzw. der Verhandlungen sonstiger damit befaßter Stellen der Bundesregierung mit der englischen Besatzungsmacht in dem halben Jahr, seitdem zum erstenmal diese Frage in diesem Hohen Hause aufgeworfen worden ist, praktisch als gleich Null anzusehen ist?
Zu dem von uns gewünschten Erfolg bisher noch nicht geführt hat.
Frage 3, Abgeordneter Burgemeister.
Ist die Bundesregierung in der Lage, Angaben darüber zu machen, wieviel Beamte als sogenannte „andere Bewerber" gemäß § 7 Abs. 1 Ziff. 3 b des Bundesbeamtengesetzes seit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes in das Beamtenverhältnis berufen wurden?
Ich darf dem Herrn Kollegen folgendes' antworten. Es war in der Kürze der Zeit nicht möglich, die Zahl der seit dem Inkrafttreten des Bundesbeamtengesetzes als „andere Bewerber" in das Beamtenverhältnis berufenen Beamten festzustellen; das würde umfangreiche Ermittlungen erfordern. Ich bin jedoch in der Lage, Ihnen Angaben darüber zu machen, in wie vielen Fällen der Bundespersonalausschuß nach § 21 des Bundesbeamtengesetzes über Anträge auf Feststellung der Befähigung solcher „anderen Bewerber" entschieden hat. Diese Zahlen entsprechen etwa den Zahlen der in das Beamtenverhältnis berufenen „anderen
Bewerber", wenn man von den Fällen absieht, in denen das Ernennungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist.
In der Zeit vom 1. September 1953 bis heute hat der Bundespersonalausschuß in 246 Fällen die Befähigung von „anderen Bewerbern" festgestellt. Hiervon entfallen 74% auf den höheren Dienst, 19 % auf den gehobenen Dienst und 7 % auf den mittleren Dienst. In neun Fällen hat der Bundespersonalausschuß die Befähigung nicht feststellen können.
Es ist hierbei zu berücksichtigen, daß alle Bewerber, die die im Bundesbeamtengesetz und im Bundeslaufbahnrecht vorgeschriebenen Voraussetzungen nicht erfüllen, als „andere Bewerber" zu behandeln sind.
Haben Sie eine Zusatzfrage? — Das ist nicht der Fall.
Dann Frage 4. Frau Abgeordnete Korspeter! Frau Korspeter :
Ist die Bundesregierung in der Lage, den genauen Zeitpunkt bekanntzugeben, wann die Angehörigen der deutschen Dienstgruppen in den Genuß des Kindergeldgesetzes kommen?
Das Gesetz über die Gewährung von Kindergeld und die Errichtung von Familienausgleichskassen vom 13. November 1954 gewährt den Bediensteten bei den Besatzungsmächten einschließlich der Angehörigen der deutschen Dienstgruppen keinen Anspruch auf Kindergeld, da dieser Personenkreis nicht bei einer Berufsgenossenschaft, sondern bei den staatlichen Ausführungsbehörden für Unfallschutz unfallversichert ist. Abgesehen davon würde eine Zahlung des Kindergeldes zu Lasten ides Alliierten Besatzungskosten- -und Auftragsausgabenhaushalts nur mit Genehmigung der Besatzungsmächte zulässig sein.
Mit Rücksicht auf diese Rechtslage hat das Bundesministerium der Finanzen schon während der Beratungen ides Kindergeldgesetzes im Bundestag und seinen Ausschüssen Verhandlungen mit den alliierten Arbeitsberatern mit dem Ziele aufgenommen, die Gewährung von Kindergeld zugunsten der Besatzungsbediensteten zu Lasten des Alliierten Besatzungskosten- und Auftragsausgabenhaushalts in sinngemäßer Anwendung des Kindergeldgesetzes zuzulassen.
Nach Inkrafttreten des Kindergeldgesetzes hat das Bundesministerium der Finanzen in einem Schreiben vom 8. Dezember 1954 unter Hinweis auf dieses Gesetz die Alliierte Hohe Kommission gebeten, nunmehr eine entsprechende Anordnung zu erlassen, die es dem Bundesministerium der Finanzen ermöglicht, die Zahlung von Kindergeldern in Höhe der Beträge des Kindergeldgesetzes aus Mitteln des vorgenannten Haushalts über die deutschen Lohnstellen zugleich mit den monatlichen Lohn- und Gehaltszahlungen an die Bediensteten der Besatzungsmächte vorzunehmen.
In den letzten Tagen haben die dreialliierten Arbeitsberater den Vertretern des Bundesministeriums der Finanzen auf Anfrage nochmals unter Hinweis auf eine entsprechende frühere Mitteilung erklärt, daß die Alliierte Hohe Kommission in
Kürze dem Bundesministerium der Finanzen eine entsprechende schriftliche Ermächtigung zuleiten werde, nach der Kindergeld mit Wirkung vom 1. Januar 1955 an die Besatzungsbediensteten einschließlich der Angehörigen der deutschen Dienstgruppen zu Lasten des Alliierten Haushalts gezahlt werden darf.
Unmittelbar nach Eingang dieser schriftlichen Ermächtigung wird das Bundesministerium der Finanzen die Herren Finanzminister und Finanzsenatoren der Länder unterrichten und sie veranlassen, die ihnen nachgeordneten Lohnstellen bei den Besatzungskostenämtern mit den erforderlichen Weisungen zu versehen.
Damit würden den Besatzungsbediensteten einschließlich der Angehörigen der Dienstgruppen dieselben Leistungen eingeräumt werden, wie sie das Kindergeldgesetz vom 13. November 1954 vorsieht.
Frage 5, Abgeordneter Miller!
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die Bundesbehörden, insbesondere Bundespost und Bundesbahn, im Interesse der Vertiefung des gesamtdeutschen Gedankens zu veranlassen, in stärkerem Maße als bisher bei Herausgabe von informatorischen und propagandistischen Drucksachen und Plakaten sowie bei Briefmarken und dergleichen Motive aus Mittel- und Ostdeutschland zu verwenden?
Herr Minister!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich darf die Frage wie folgt beantworten. Die Bundesregierung ist von jeher bemüht, mit allen publizistischen Mitteln, die ihr zur Verfügung stehen, das Denken an ein unteilbares Deutschland in der Bevölkerung wachzuhalten und zu vertiefen. Sie wird das auch in Zukunft tun.
Insbesondere kommt hier die Verwendung ost-und mitteldeutscher Motive im Bereich der Verkehrswerbung und auf Briefmarken in Betracht. Die Deutsche Bundesbahn hat im Jahre 1954 in ihren Reisezügen 120 Bildmotive gezeigt, von denen ein Drittel aus Ost- und Mitteldeutschland stammt. Sie ist bemüht, die Zahl der Werbebilder aus diesem Bereich noch zu erhöhen. Darüber hinaus beabsichtigt die Deutsche Bundesbahn, die von ihr herausgegebenen Bildkarten, Bildplakate, die bisher nur Gebiete der Bundesrepublik zum Gegenstand haben, auf das gesamte Deutschland auszudehnen.
Mit der Frage der Verwendung ost- und mitteldeutscher Motive auf Briefmarken hat sich die Bundesregierung wiederholt beschäftigt. Die Bundespost hat davon abgesehen, ostdeutsche Motive zu verwenden, da aus anderen einschlägigen Erfahrungen zu befürchten war, daß hieraus eine Erschwerung des Postverkehrs mit den Deutschen in der Sowjetzone und jenseits der Oder-Neiße-Linie entstehen könnte. Die Erhaltung möglichst ungehinderter Postbeziehungen aber liegt im Interesse unseres gesamten Volkes. Für den Fall der Herstellung neuer Briefmarkenserien ist die Verwendung mitteldeutscher Motive in Verbindung mit solchen aus der Bundesrepublik geplant.
Frage 6. Abgeordneter Dr. Schellenberg!
Aus welchen Gründen hat der Herr Bunarbeitsminister dem Hause bisher nicht, wie mehrfach angekündigt, eine versicherungsmathematische Bilanz der deutschen Rentenversicherung vorgelegt?
Herr Minister!
Die versicherungstechnische Bilanz der Rentenversicherung der Arbeiter und der Rentenversicherung der Angestellten ist in einem Sonderdruck erschienen und liegt der diesmaligen Ausgabe des Bundesarbeitsblattes bei. Dem Bundestag sind gestern einige Exemplare dieser versicherungstechnischen Bilanz zugestellt worden.
Haben Sie eine Zusatzfrage?
Herr Minister, sind durch diese Bilanz, deren Ergebnisse Sie wiederholt als unerwartet günstig bezeichnet haben, die ungünstigen Finanzprognosen, die Sie bisher bei Beratung sozialdemokratischer Anträge auf Leistungsverbesserung gegeben haben, hinfällig geworden oder weshalb nicht?
Herr Minister!
Herr Professor Schellenberg, darauf kann ich Ihnen nur sagen, daß meines Erachtens diese Zusatzfrage mit der ursprünglichen Frage gar nichts zu tun hat. Ich glaube nicht, daß es angebracht ist, eine derartige Ausweitung vorzunehmen. Über diese Dinge kann man sich gelegentlich bei aktuellen Fragen unterhalten.
Herr Minister, die Feststellung der Zulässigkeit einer Frage ist Sache des Präsidenten.
Ich danke Ihnen!
Der Herr Minister, der gefragt ist, kann die Beantwortung ablehnen.
Ich habe die Beantwortung der Frage in diesem Zusammenhang abgelehnt.
Herr Abgeordneter, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? — Bitte!
Herr Minister, warum haben Sie dann bereits vor Monaten in der Öffentlichkeit Mitteilungen darüber gemacht, daß diese Bilanz unerwartet günstig sei?
Aus dem einfachen Grunde, weil ich selbst darüber erstaunt war, daß diese Versicherungsbilanz so gut ausgefallen ist. Ich habe mich selbst davon überzeugt und durch ganz bestimmte Nachprüfungen feststellen lassen, daß auch alle Angaben der Wahrheit entsprechen.
Frage 7, Herr Abgeordneter Dr. Schellenberg.
Entsprechen Zeitungsmeldungen, wonach die Bundesregierung beabsichtige, die nächstfälligen Zahlungen an die Rentenversicherung in Schuldbuchverschreibungen zu leisten, den Tatsachen?
Mir ist von solchen Zeitungsmeldungen nichts bekannt.
Tatsache ist jedoch, daß im Entwurf des Bundeshaushaltsplans für 1955 Schuldbuchforderungen zur teilweisen Abdeckung der den Rentenversicherungsträgern zustehenden Forderungen nicht eingesetzt worden sind. Desgleichen ist wie im Vorjahr nach einem Entwurf des Haushaltsgesetzes dem Bundesfinanzminister keine besondere Ermächtigung erteilt. Da, wie bekannt, der Haushaltsplan 1955 in Einnahmen und Ausgaben noch nicht ausgeglichen ist und noch die Mittel für die Durchführung gesetzlicher Maßnahmen bereitzustellen sind, die vor einigen Monaten vom Bundestag beschlossen wurden, z. B. die Mittel für die dritte Novelle zum Bundesversorgungsgesetz, sind Verhandlungen mit den Rentenversicherungsträgern eingeleitet worden, um zur Entlastung des ordentlichen Haushalts gewisse Forderungen der Rentenversicherungsträger nach § 90 des Bundesversorgungsgesetzes in Schuldbuchforderungen abzudecken. Diese Verhandlungen haben bisher zu einem bestimmten Ergebnis nicht geführt.
Haben Sie eine Zusatzfrage?
— Bitte!
Herr Bundesminister, ist Ihnen bekannt, daß Ihr Vertreter über die Frage der Erstattungsleistung nach § 90 des Bundesversorgungsgesetzes hinaus im Haushaltsausschuß erklärt hat, daß möglicherweise bei Fehlbeträgen im Haushalt weitere Erwägungen über Schuldbuchforderungen angestellt werden müßten?
Wenn er das erklärt hat, würde das dem entsprechen, was ich jetzt eben auch erklärt habe.
Vizepräsident Dr. Schmid: Eine Zusatzfrage? Dr. Schellenberg (SPD): Ja.
Herr Minister, halten Sie derartige Erwägungen für vereinbar mit dem Beschluß ,des Bundestags vom 25. Juni 1953, mit dem der Bundestag — ich darf das ausführen — ausdrücklich erklärt hat, daß durch keine gesetzliche Regelung mehr Bundesleistungen an die Rentenversicherungsträger in Gestalt von Schuldbuchforderungen erfolgen sollen?
Damit sind solche Besprechungen völlig vereinbar. Es handelt sich nicht um gesetzgeberische Maßnahmen. Es würde sich um eine im Rahmen des Selbstverwaltungsprinzips der Anstalten liegende freiwillige Anlage von Mitteln handeln.
Danke.
Frage 8, Frau Abgeordnete Rudoll.
Ist dem Bundesminister für Arbeit bekannt, daß Rentenanträge, die bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte gestellt werden, eine Bearbeitungszeit von 7 bis 9 Monaten benötigen und auch die Erledigung von Anträgen auf Heilverfahren außerordentlich viel Zeit in Anspruch nimmt? Wie gedenkt der Bundesminister für Arbeit als Aufsichtsbehörde hier Abhilfe zu schaffen?
Herr Minister!
Es ist mir sehr wohl bekannt, daß die Bearbeitung der Rentenanträge bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte im vergangenen Jahre nicht mit der Schnelligkeit durchgeführt worden ist, die dringend notwendig wäre. Die Gründe hierfür sind im wesentlichen folgende.
Die BfA ist im Jahre 1953 errichtet worden. Die Überleitung der Rentenangelegenheiten der Angestellten von den Landesversicherungsanstalten auf die BfA, die in der ersten Hälfte des Jahres 1954 durchgeführt worden ist, brachte der BfA rund 60 000 unerledigte Anträge. Zum anderen ist leider ein großer Teil der Fachkräfte, die bisher bei den Landesversicherungsanstalten die Angelegenheiten der Angestelltenversicherung bearbeiteten, nicht zur BfA übergetreten. Der BfA standen nur 559 Fachkräfte zur Verfügung, während der Bedarf bei ungefähr 2500 liegt. Es wurden deshalb ungeschulte Kräfte vom Berliner Arbeitsmarkt angenommen. Diese bedurften jedoch erst einer Spezialausbildung und mußten angelernt werden. Jede Fachkraft hatte für längere Zeit zwei ungelernte Kräfte anzulernen.
Am 1. Januar 1955 ist die Rentenabteilung neu organisiert worden. Diese Neuorganisation und das allmähliche Einarbeiten der neuen Kräfte bewirken ein wesentliches Zurückgehen der Rückstände. Es wird alles getan werden, um die BfA so schnell wie möglich voll leistungsfähig zu machen und die Erledigung der Rentenansprüche oder der Rentenanträge in einer normalen Zeit von durchschnittlich drei Monaten zu erreichen.
Bei den Anträgen auf Heilverfahren ist die Bearbeitung schon jetzt in der Regel als normal zu bezeichnen. Die allgemeinen Heilverfahren sind, abgesehen von den bereits früher übernommenen Berliner Fällen, in der zweiten Hälfte des Jahres 1954 übernommen worden. Unbearbeitete Anträge liegen nach meinen Feststellungen zur Zeit überhaupt nicht vor.
Ist die Frage erledigt? — Danke schön.
Frage 9! Herr Abgeordneter Schmitt .
Herr Minister!
Ist überhaupt und in welcher Weise vorgesehen, daß der Deutsche Bundestag und seine zuständigen Ausschüsse die Möglichkeit haben, vor der Stellungnahme der Bundesregierung an die UNESCO zu der Frage der Kalenderreform Stellung zu nehmen?
Ich darf darauf folgendes antworten. Es ist bisher nicht vorgesehen, den Deutschen Bundestag mit der
Frage der Kalenderreform vor Abgabe der Stellungnahme der Bundesregierung gegenüber dem Generalsekretär der Vereinten Nationen — nicht gegenüber der UNESCO — förmlich zu befassen, da es sich bei der Beantwortung der Note des Generalsekretärs der Vereinten Nationen um eine Angelegenheit der Exekutive handelt. Ich bin jedoch, falls dies gewüncht werden sollte, gern bereit, den zuständigen Ausschüssen zu gegebener Zeit Bericht zu erstatten.
Frage 10! Herr Abgeordneter Dr. Stammberger.
-In Vertretung des beurlaubten Abgeordneten Dr. Bucher stelle ich folgende Anfrage:
Was sagt der Bundesminister für das Post-und Fernmeldewesen dazu, daß die OPD Hannover sich bei der Rechtsanwaltskammer Celle über den Rechtsanwalt von Nottbeck deshalb beschwert hat, weil er als Verteidiger eines Postangestellten in einer Strafsache die Einleitung des Strafverfahrens durch die OPD kritisiert und die Ansicht vertreten hat, die Angelegenheit hätte ohne Strafverfahren disziplinarisch erledigt werden können?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es trifft nicht zu, daß sich die Oberpostdirektion Hannover über den Rechtsanwalt von Nottbeck bei der Rechtsanwaltskammer Celle förmlich beschwert hat. Die OPD hat vielmehr in einem Schreiben an die Anwaltskammer Stellung zu der scharfen Kritik genommen, die der Rechtsanwalt von Nottbeck an der OPD geübt hat, weil sie gegen einen Oberpostinspektor und stellvertretenden Amtsvorsteher — nicht Postangestellten —, der einen Untergebenen veranlaßt hat, ihm auf ungedeckte Beamtenschecke Geld auszuzahlen, nicht nur im Disziplinarverfahren vorgegangen ist, sondern eine Strafanzeige erstattet hat. Da eine Stellungnahme zu dieser im Plädoyer vorgenommenen Kritik in der Hauptverhandlung nicht mehr möglich war, hat die OPD für ihre Stellungnahme die Form eines Schreibens an die Anwaltskammer gewählt, von dem das Gericht und die Staatsanwaltschaft Abschriften erhalten haben. In diesem Schreiben hat die OPD ausgeführt, daß die Deutsche Bundespost als Sachwalterin und Treuhänderin fremder Vermögenswerte verpflichtet sei, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen unredliche Postangehörige vorzugehen. Diese Auffassung der OPD billige ich.
Eine Zusatzfrage! Vizepräsident Dr. Schmid: Eine Zusatzfrage.
Ist Ihnen, Herr Bundesminister, das Schreiben der Oberpostdirektion vom 28. Dezember 1954 bekannt, mit dem gegen das Verhalten des Anwaltes Einspruch erhoben und gebeten wurde, die Angelegenheit zu kontrollieren und über den Ausgang der Angelegenheit Bericht zu erstatten? Sind Ihnen auch die Stellungnahme der Rechtsanwaltskammer nach Überprüfung der Angelegenheit sowie die unmißverständliche Erklärung der Rechtsanwaltskammer bekannt, daß das Verhalten der Oberpostdirektion gegen das Grundrecht der freien Meinungsäußerung schlechthin und gegen die gesetzmäßig festgelegten Pflichten des Anwalts im besonderen verstößt, und billigen Sie dennoch das Verhalten der Oberpostdirektion Hannover?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Schreiben liegen mir wegen der Kürze der Zeit im Wortlaut nicht vor. Ich bin bereit, auf die Angelegenheit noch einmal zurückzukommen.
Dann bedauere ich sehr, Herr Bundesminister, daß Sie ohne Kenntnis dieser Schreiben meine Anfrage beantwortet haben. Darf ich Sie dann vielleicht noch bitten, bei der ersten Lesung der Bundesrechtsanwaltsordnung anwesend zu sein, bei der ich über diese Frage noch einmal sprechen werde.
Herr Abgeordneter, Sie haben damit das Recht der Fragestellung überzogen.
Ist dem Herrn Bundesminister der Finanzen bekannt, daß es durch die derzeitige Gesetzgebung zur Wertpapierbereinigung einer erheblichen Zahl von Spätheimkehrern, Vertriebenen und alleinstehenden alten Leuten, die unverschuldet die Anmeldefristen nicht haben wahrnehmen können, nicht möglich ist, in den Besitz ihrer Vermögensrechte zu gelangen?
Herr Minister!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um die Wertpapierabwicklung überhaupt durchzuführen, war es selbstverständlich notwendig, eine zeitlich begrenzte Anmeldefrist vorzuschreiben. Nicht rechtzeitig angemeldete Rechte fallen in den sogenannten „Bodensatz", der nach endgültigem Abschluß der Wertpapierbereinigung dem Lastenausgleichsfonds zugeführt werden soll, soweit er bis dahin nicht anderweit für Zwecke der Wertpapierbereinigung verwendet wird.
Wie stets bei derartigen Regelungen sind auch durch diese Fristsetzung in einigen — übrigens erfreulicherweise nicht sehr zahlreichen — Fällen Härten aufgetreten. Es haben verschiedentlich Spätheimkehrer, Vertriebene oder auch geschäftsunkundige Personen die Anmeldefrist nicht beachtet oder sie nicht einhalten können. Das letzte gilt vor allem für einzelne Bewohner der sowjetisch besetzten Zone. So groß auch die Zahl der Anmeldungen gerade aus diesem Gebiet ist, so ist doch offensichtlich die Anmeldung verschiedentlich unterblieben, weil die Berechtigten aus naheliegenden Gründen an der Einhaltung der Anmeldefrist verhindert waren.
Damit, daß diese Folgen eintreten würden, ist schon bei den Vorarbeiten zum Wertpapierbereinigungsgesetz gerechnet worden. Es hat von vornherein Einigkeit darüber bestanden, daß zu gegebener Zeit durch den Gesetzgeber geprüft werden müsse, wie in derartigen Härtefällen Abhilfe geschaffen werden könne. Nachdem nunmehr die Bereinigung der Reichsmarkwertpapiere weit fortgeschritten ist und ihrem Abschluß entgegengeht, sind sowohl Erhebungen über die Zahl und den Umfang der Versäumnisfälle durchgeführt als auch die Erwägungen über die erforderliche gesetzliche Regelung aufgenommen worden. Bei dieser Regelung muß z. B. berücksichtigt werden, daß die Bewohner der sowjetisch besetzten Zone die bisher
unterbliebenen Anmeldungen großenteils auch jetzt noch nicht werden nachholen können. Die Rechte dieser Betroffenen müssen aber irgendwie gewahrt werden. Daraus ergeben sich gewisse technische Schwierigkeiten, die noch behoben werden müssen. Ich bin jedoch überzeugt, daß sich eine allgemein befriedigende Lösung wird finden lassen. Ich hoffe daher, daß ich der Bundesregierung in absehbarer Zeit — bestimmt noch in diesem Jahr — den Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Härtefälle in der Wertpapierbereinigung werde vorlegen können.
Die Frage ist erledigt. Frage 12. Herr Abgeordneter Dr. Werber!
Was ist von seiten der Bundesregierung veranlaßt worden, um den im deutsch-schweizerischen Vertrag über die Regulierung des Rheines zwischen Straßburg/Kehl und !stein vom 28. März 1929 vereinbarten Vertragsabschluß zwischen dem Schweizer Bundesrat und der badischen Regierung bzw. ihrer Rechtsnachfolgerin über die Ausführung des Großschiffahrtsweges von Basel bis zum Bodensee zustande zu bringen?
Herr Minister!
Herr Prasident! Meine Damen und Herren! Dieser deutsch-schweizerische Vertrag über die Regulierung des Rheins zwischen Straßburg/Kehl und Istein vom 28. März 1929, kurz auch Berner Vertrag genannt, sieht in Art. 6 vor, daß zwischen dem schweizerischen Bundesrat und der badischen Regierung über die Ausführung des Großschifffahrtsweges von Basel bis zum Bodensee ein Vertrag abgeschlossen werden soll, sobald die wirtschaftlichen Verhältnisse die Ausführung des Unternehmens möglich erscheinen lassen. Die Frage, wann dies der Fall sein wird, bedarf sorgfältiger Prüfung. Der Bundesregierung ist bekannt, daß die zuständigen Behörden der Schweiz wirtschaftswissenschaftliche Untersuchungen darüber durchführen. Der Rheinschiffahrtsverband Konstanz hat es übernommen, entsprechendes Material für die deutsche Seite zu erarbeiten und der Bundesregierung zur Verfügung zu stellen. Die Bundesregierung verfolgt diese Untersuchungen mit Interesse und hält Verbindung mit den zuständigen Stellen des Landes Baden-Württemberg. Das Ergebnis der Untersuchungen muß abgewartet werden. Es war vorläufig auch noch weiter abzuwarten, bis eine Volksabstimmung über die Naturschutzfragen in diesem Raum von Schweizer Seite abgehalten worden ist. Dieses Referendum ist am 5. Dezember des vorigen Jahres durchgeführt worden.
Die Frage ist erledigt. — Ich danke schön, Herr Minister.
Wieviel Beamte des höheren Dienstes sind in den Jahren 1952, 1953 und 1954 neu in das Bundesministerium der Justiz berufen worden, die in der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft Verfolgungen ausgesetzt waren? Welcher dieser Beamten durfte vor
1945 seinen Beruf nicht oder zeitweise nicht oder nur unter Beschränkungen ausüben? Welcher dieser Beamten war in seiner Freiheit beschränkt und für wie lange?
Wieviel Beamte des höheren Dienstes sind im Bundesministerium der Justiz in denselben Jahren eingestellt oder auf Lebenszeit ernannt oder befördert worden, die in der Zeit nach 1945 vom öffentlichen Dienst zeitweise ausgeschlossen waren oder die bis 1945 dem Reichsministerium der Justiz angehörten oder die Veröffentlichungen im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie verfaßten?
Herr Minister!
In den Jahren 1952, 1953 und 1954 wurden drei Beamte des höheren Dienstes neu in das Bundesministerium der Justiz berufen, die in der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft Verfolgungen ausgesetzt waren; sie erhielten durch Wiedergutmachungsbescheide des Bundesministeriums der Justiz Wiedergutmachung, und zwar zwei von ihnen, weil sie im öffentlichen Dienst nicht befördert worden waren, und ein dritter, weil er aus dem öffentlichen Dienst entlassen worden war. An zwei von ihnen wurden die höchsten der in den genannten Jahren verliehenen Ämter des Bundesministeriums der Justiz vergäben.
Nur der dritte von ihnen hatte vor 1945 seinen Beruf nicht ausüben dürfen. Er ist inzwischen aus dem Bundesministerium der Justiz ausgeschieden und auf dessen Vorschlag zum Bundesrichter beim Bundesgerichtshof gewählt und ernannt worden.
Keiner der vorgenannten drei Beamten war in seiner Freiheit beschränkt.
Von den Beamten des höheren Dienstes, die in den Jahren 1952, 1953 und 1954 im Bundesministerium der Justiz eingestellt oder auf Lebenszeit ernannt oder befördert wurden, gehörten 11 dem früheren Reichsjustizministerium an.
Keinem der in den genannten Jahren eingestellten, ernannten oder beförderten Beamten können, soweit mir bekannt ist, Veröffentlichungen im Sinne der Anfrage zur Last gelegt werden.
Darüber, Herr Kollege Rehs, ob die in den genannten Jahren im Bundesministerium der Justiz eingestellten, ernannten oder beförderten Beamten in der Zeit nach 1945 vom öffentlichen Dienst zeitweise ausgeschlossen waren, ergeben die Personalakten keine hinreichende Auskunft. Eine zuverlässige Feststellung ließe sich nur durch Befragung jedes einzelnen Beamten treffen. Ich beabsichtige jedoch nicht, eine solche Befragung jetzt noch durchzuführen.
Frage 14! Frau Keilhack!
Ist der Bundesminister der Finanzen bereit, den Altersfreibetrag nach § 41 Abs. 2 EStG, der nach dem Gesetz ohne Antrag zu gewähren ist und in diesem Jahre noch nicht rechtzeitig in den Lohnsteuerkarten vermerkt wurde, auch ohne Eintragung und Antrag zu berücksichtigen, wenn die Voraussetzungen sich aus der Steuerkarte ergeben?
Ist er bereit, alle Arbeitnehmer durch die Presse auf ihre Rechte hinzuweisen, 'da viele sich darüber im unklaren befinden?
Im Lohnsteuerrecht besteht der Grundsatz, daß alles das, was der Arbeitgeber beim Steuerabzug zu berücksichtigen hat, insbesondere für die Berechnung der Lohnsteuer nach der Lohnsteuertabelle vom Arbeitslohn abzuziehen hat, sich aus den Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte ergeben muß. Der Arbeitgeber würde ohne Eintragung des Altersfreibetrags auf der Lohnsteuerkarte steuerrechtliche Vorschriften unmittelbar anwenden, d. h. eigene Überlegungen darüber anstellen müssen, ob er den Altersfreibetrag beim Lohnsteuerabzug berücksichtigen darf oder nicht. Die unmittelbare Anwendung steuerlicher Vorschriften beim Lohnsteuerabzug kann dem Arbeitgeber wegen der ihm dadurch erwachsenden Belastung und wegen der seine Haftung auslösenden Gefahr unrichtiger Gesetzesanwendung und Lohnsteuerberechnung in aller Regel nicht zugemutet werden. Die Vorschrift des § 41 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1955 schreibt deshalb auch vor, daß der Altersfreibetrag auf der Lohnsteuerkarte einzutragen ist. Das setzt regelmäßig einen Antrag des Steuerpflichtigen voraus.
Es wird aber geprüft werden, ob vom Jahre 1956 an der Altersfreibetrag in den in Betracht kommenden Fällen schon auf der Lohnsteuerkarte eingetragen werden kann, bevor die Lohnsteuerkarte dem Arbeitnehmer ausgehändigt wird; insoweit wäre dann ein besonderer Antrag des Arbeitnehmers nicht erforderlich. Die Lohnsteuerkarten 1955 waren den Arbeitnehmern schon ausgehändigt, als die Vorschrift über den Altersfreibetrag erlassen wurde. Für das Kalenderjahr 1955 kann der Altersfreibetrag also nur berücksichtigt werden, wenn er auf Antrag des Arbeitnehmers beim Finanzamt auf der Lohnsteuerkarte 1955 eingetragen wird. Die Berücksichtigung ist selbstverständlich auch nach Ablauf des Kalenderjahres 1955 noch im Lohnsteuer-Jahresausgleich möglich. Das Bundesfinanzministerium wird die Arbeitnehmer in einer Pressenotiz auf den Altersfreibetrag und das Erfordernis eines beim Finanzamt zu stellenden Antrags hinweisen.
Es muß in diesem Zusammenhang noch darauf hingewiesen werden, daß nicht alle Arbeitnehmer, die über 70 Jahre alt sind, den im § 41 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1955 vorgesehenen Altersfreibetrag von 720 DM jährlich erhalten. Beziehen Ehemann und Ehefrau Arbeitslohn, so wird nur e i n Freibetrag gewährt. Den Altersfreibetrag erhalten z. B. nicht Arbeitnehmer, die nicht mindestens vier Monate vor dem Ende des Kalenderjahrs das 70. Lebensjahr vollenden. Es erhalten ihn auch nicht unverheiratete Arbeitnehmer, die keine Kinderermäßigung erhalten. Man sollte den Arbeitgeber nicht zwingen, alle diese Vorschriften unmittelbar zu beachten. Auf die Eintragung des Altersfreibetrags auf der Lohnsteuerkarte kann 'deshalb nicht verzichtet werden, abgesehen davon, daß die Eintragung gesetzlich vorgeschrieben ist.
Darf ich eine Zusatzfrage stellen?
Eine Zusatzfrage!
Der Gesetzgeber hat nicht gewollt, daß der Empfängerkreis einen Antrag
stellen muß. Da es sich um Empfänger in hohem Lebensalter handelt, wird man kaum annehmen können, daß alle ihre Rechte wahrnehmen. Gibt es nicht eine Möglichkeit, über die Oberfinanzpräsidenten die entsprechenden Informationen an die Betriebe zu geben bzw. am Anfang des Jahres 1956, wenn die neuen Lohnsteuerkarten mit dem Altersfreibetrag ausgestellt werden, die Empfänger des Altersfreibetrages darauf aufmerksam zu machen, daß sie rückwirkend auch für 1955 im Jahresausgleich diesen Altersfreibetrag noch nachträglich in Anspruch nehmen können, damit ihnen kein Schaden erwächst?
Ich habe ja in meiner Antwort schon darauf hingewiesen, daß das Bundesfinanzministerium durch Pressenotiz die Betriebe, also Arbeitgeber und Arbeitnehmer, auf die Antragstellung verweisen wird. Selbstverständlich wird das Bundesfinanzministerium auch für die Zeit, für die der Jahresausgleich für die Lohnsteuer in Frage kommt, darauf hinweisen, daß versäumte Anträge noch nachgeholt werden können.
Danke!
Frage 15, Herr Abgeordneter Dr. Lütkens!
Ist es richtig, daß die Jugoslawische Regierung um Erteilung des Agréments für den Ministerialdirigenten im Auswärtigen Amt, Herrn von Trützschler, als Botschafter angegangen worden ist und daß sie das Agrément nicht erteilt hat? Welche Gründe wurden gegebenenfalls für die Ablehnung angegeben?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Es ist nicht richtig, daß die jugoslawische Regierung ein nachgesuchtes Agrément für den Ministerialdirigenten von Trützschler abgelehnt hat. Auf Grund neuer Dispositionen ist Herr von Trützschler inzwischen in der Zentrale des Auswärtigen Amts für die Leitung der Kulturabteilung vorgesehen worden. Da der Untersuchungsausschuß, der sich seinerzeit mit der Person des jetzigen Ministerialdirigenten von Trützschler beschäftigt hat, nicht mehr besteht, hatte das Auswärtige Amt keine Möglichkeit, die Sache in diesem Ausschuß zu erörtern. Es beabsichtigt, wenn künftig ähnliche Fälle auftreten sollten, sie im Auswärtigen Ausschuß zur Sprache zu bringen.
Ist die Frage erledigt?
Ja.
Frage 16, Herr Abgeordneter Schmitt !
Herr Minister:
Ist der Bundesregierung die Entscheidung des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe — III — ZR 369/52 — bekannt, in der der Bundesgerichtshof zur Frage der Auskunftspflicht der Behörden Stellung genommen hat, und welche Änderungen auf dem Gebiet des Beamtenrechts und des Presserechts gedenkt die Bundesregierung gegebenenfalls auf Grund des Urteils dem Bundestag vorzuschlagen?
Herr Minister!
Ich
darf folgende Antwort geben. Der Bundesregierung ist das angezogene Urteil bekannt. Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs lag folgender Sachverhalt zugrunde.
Ein Journalist hatte sich im November 1948 in einem Zeitungsartikel kritisch mit ,der Tätigkeit eines Landesministers befaßt und diesem gewisse Unregelmäßigkeiten vorgeworfen. Der Artikel war in zwei Zeitungen erschienen. Zwei weitere Zeitungen, denen der Artikel ebenfalls angeboten war, legten diesen zunächst der angegriffenen Persönlichkeit zur Stellungnahme vor. Diese und die zuständige Landesbehörde gaben hierauf eine von der Darstellung des Journalisten abweichende Darstellung, die auch in einer Tageszeitung veröffentlicht wurde. Deshalb lehnten die Zeitungen, denen der Aufsatz noch angeboten war, einen Abdruck ab. Der Journalist klagte daraufhin gegen das Land mit der Behauptung, daß die von der Behörde gegebene Sachdarstellung unrichtig sei und daß ihm hierdurch Schaden entstanden sei, weil ihm Honoraransprüche entgangen seien und er in seinem wirtschaftlichen Fortkommen beeinträchtigt worden sei.
Der Bundesgerichtshof hat die auf § 839 BGB in Verbindung mit Art. 131 der Weimarer Reichsverfassung gestützte Schadensersatzklage abgewiesen mit der Begründung, daß, selbst wenn die von der Behörde ,gegebene Darstellung unrichtig gewesen wäre, Schadensersatzansprüche nicht bestünden. Zwar seien die Behörden zu wahrheitsgemäßen Auskünften verpflichtet; diese Verpflichtung habe aber nicht, wie das in § 839 BGB verlangt werde, gerade gegenüber dem Kläger, sondern nur im Interesse der Allgemeinheit bestanden. Die Verletzung einer solchen Pflicht genüge zur Begründung des Schadensersatzanspruchs nicht.
Der Bundesgerichtshof hat also in der Entscheidung keineswegs die Verpflichtung der Behörden zu wahrheitsgemäßen Auskünften verneint, sondern im Gegenteil die Pflicht aller staatlichen Dienststellen betont, im Interesse der Sauberkeit der Staatsverwaltung wahrheitsgemäße Auskünfte zu erteilen. Die Entscheidung kann deshalb keinen Anlaß geben, Änderungen des Presse- oder Beamtenrechts zu erwägen. Die Entscheidung ist ausschließlich auf die Auslegung einer zivilrechtlichen Vorschrift, nämlich des § 839 BGB, gestützt. Auch insoweit vermag sie aber, wie ich im Einvernehmen mit dem Herrn Bundesminister der Justiz bemerke, keinen Anlaß zu gesetzgeberischen Maßnahmen zu geben, da es sich um die Entscheidung eines Einzelfalles handelt, die auf der Würdigung der besonderen Umstände des Falles beruht. Ob diese Würdigung allerdings zutreffend ist, möchte ich hier dahingestellt sein lassen.
Ich darf, Herr Minister, gegebenenfalls nach eingehender Prüfung Ihrer Antwort noch einmal in einem Schreiben an Sie auf die Sache zurückkommen.
Das ist ganz auf Ihrer Seite, Herr Kollege.
Danke schön.
Frage 17, Herr Abgeordneter Bock.
Ist dem Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen bekannt, daß in Lübeck bei den Rentenauszahlungen durch die Post rund 48000 Rentner jeden Monat viele Stunden anstehen müssen und dabei allen Unbilden der Witterung ausgesetzt sind? Was gedenkt er zu tun, um diesem Elend, das Alten und Leidenden zugemutet wird, abzuhelfen?
Herr Minister!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es ist nicht richtig, daß in Lübeck 48 000 Rentner allmonatlich viele Stunden im Freien anstehen müssen, um ihre Renten zu erhalten. Klagen haben sich in Lübeck nur anläßlich der Auszahlung der Märzrenten dieses Jahres ergeben, und auch in diesem Fall nur beim Postamt Lübeck 1, wo 22 000 Renten ausgezahlt werden.
Die Schwierigkeiten sind dadurch entstanden, daß die zum ersten Zahltag am 25. Februar eingeteilten Empfänger großenteils nicht erschienen waren, anscheinend weil der 25. als Zahltag ungewöhnlich früh ist und nur im Februar vorkommt. Dadurch entstand an den beiden folgenden Zahltagen erheblicher Andrang. Durch Sofortmaßnahmen gelang es jedoch, bereits für den 1. März normalen Ablauf zu sichern.
Um ähnliche Vorfälle in Zukunft zu vermeiden, sind in Lübeck die Zahlstellen vermehrt und die Zahlzeiten verlängert worden. Außerdem bin ich im Benehmen mit den zuständigen Ressorts bemüht, eine Vermehrung der Zahltage zu erreichen.
Ich danke verbindlichst.
Frage 18, der Abgeordnete Schmidt .
Ist dem Bundesminister für Verkehr bekannt, daß der Zonengrenzkreis Duderstadt dadurch eine besondere Benachteiligung erfährt, daß der Zugverkehr auf der einzigen Bahnlinie für den ganzen Kreis — WulftenDuderstadt — an Sonn- und Feiertagen ruht?
Kann der Bundesminister für Verkehr die Versicherung abgeben, daß der Zugverkehr auf dieser Strecke auch an Sonn- und Feiertagen im Benehmen mit den örtlichen Stellen wieder eingerichtet wird?
Herr Minister!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu Frage 1: ja, zu Frage 2: bedauerlicherweise nein.
Darf ich fragen, warum, Herr Minister?
Weil der Bundesminister für Verkehr nach dem Bundesbahngesetz nicht in der Lage ist, der Bundesbahn Einzelanweisungen zu erteilen.
Eine weitere Frage!
Eine Zusatzfrage!
Sind Sie bereit, Herr Minister, mit den zuständigen Stellen darüber zu verhandeln, daß der Verkehr eingerichtet wird?
Das ist schon geschehen. Der Vorstand der Bundesbahn hat das aber abgelehnt.
Danke.
Frage 19, Herr Abgeordneter Koenen!
Bis wann gedenkt die Bundesregierung in Auswirkung der geplanten und in Durchführung befindlichen Austauschwohnungsbauvorhaben für Besatzungsverdrängte auch den letzten Besatzungsverdrängten in sein Eigentum oder seine Wohnung zurückzubringen?
Ist es möglich, von den 18 Behördenstellen, die für Planung, Genehmigung und Durchführung solcher Bauvorhaben durchlaufen werden müssen, einige auszuschalten, damit den Bauvorhaben auf diesem Behördenwege nicht so große Zeitverluste entstehen?
Kann es ermöglicht werden, daß die Unterschiedsbeträge zwischen den effektiven mit dem Wiedereinzug verbundenen Kosten und den von den Behörden gewährten Ersatzbeträgen steuerlich abgesetzt werden, dies auch dann, wenn sich die Eigenmiete auf Grund eines Prozentsatzes des Einheitswertes berechnet?
Es ist dem Hohen Hause, wie ich annehme, bekannt, daß das Bundesfinanzministerium im Benehmen mit den Oberkommandos der im Bundesgebiet stationierten Streitkräfte sehr umfangreiche Besatzungs- und Austauschwohnungsbauprogramme mit Beträgen von vielen hundert Millionen Mark durchführt. Nach Fertigstellung dieser in der Durchführung oder in der Planung begriffenen Bauprogramme, die teilweise jedoch mit zur Dekkung des noch vorhandenen Zusatzbedarfs bestimmt sein müssen, wird es möglich sein, die große Zahl der zur Zeit noch requirierten privaten Wohnungen freizumachen und somit den Eigentümern oder ehemaligen Mietern zurückzugeben.
Die Freigabe der requirierten privaten Wohnungen ist von der Fertigstellung der Besatzungs-
und Austauschwohnungen abhängig. Nach dem derzeitigen Stand der Baumaßnahmen kann noch im Laufe des Jahres 1955 mit ständig ansteigenden Freigaben gerechnet werden. Der Bundesminister der Finanzen glaubt annehmen zu können, daß bis spätestens Mitte des Jahres 1956 die ganz große Zahl aller requirierten privaten Wohnungen, an deren Rückgabe die Eigentümer interessiert sind, freigemacht wird.
Das Bundesministerium der Finanzen steht bereits seit einiger Zeit mit den Oberkommandos der im Bundesgebiet stationierten Streitkräfte in Verhandlungen über die Aufstellung von sogenannten „Generalfreimachungsplänen". In diesen Verhandlungen, die voraussichtlich bis Ende Oktober 1955 abgeschlossen werden können, wird sich das Bundesministerium der Finanzen um die Festlegung der Freigabetermine für jeden einzelnen Standort bemühen.
Zur Frage 2: Im Interesse einer Beschleunigung in der Durchführung der Austausch-Wohnungsbauprogramme ist das Bundesministerium der
Finanzen im Monat Februar 1955 mit den Herren Finanzministern und Finanzsenatoren der Länder der britischen Zone — um diese handelt es sich — übereingekommen, das Prüfungs- und Genehmigungsverfahren von Bauvorhaben bis zu 24 Wohnungseinheiten den Oberfinanzdirektionen — Landesvermögens- und Bauabteilungen - mit sofortiger Wirkung zu übertragen. Darüber hinaus hat sich das Bundesministerium der Finanzen damit einverstanden erklärt, daß die Oberfinanzdirektionen — Bundesvermögens- und Bauabteilungen — die Verträge für den Ankauf von Baugrundstücken zur Durchführung dieser Bauvorhaben auch dann in eigener Zuständigkeit, d. h. ohne vorherige Zustimmung des Bundesministeriums der Finanzen genehmigen, wenn die Grunderwerbskosten im Einzelfall den Betrag von 50 000 DM übersteigen.
In Schnellbriefen vom 18. Februar 1955 hat das Bundesministerium der Finanzen die Herren Finanzminister und Finanzsenatoren der Länder in der britischen Zone ferner gebeten, sich um eine Beschleunigung des Verfahrens zu bemühen und eine gleiche Regelung auch hinsichtlich der Durchführung der Besatzungswohnungsbauprogramme zu treffen. Der Herr Finanzminister und der Herr Minister für Wiederaufbau des Landes Nordrhein-Westfalen sind außerdem um Prüfung und Stellungnahme gebeten worden, ob im Interesse einer beschleunigten Fertigstellung der Austausch- und Besatzungswohnungen von einer Einschaltung der Wohnungsbauträger abgesehen werden sollte. Dem Herrn Minister für Wiederaufbau des Landes Nordrhein-Westfalen wurde weiter empfohlen, die Planungsarbeiten bei Wohnungsbauvorhaben bis zu 24 Wohnungseinheiten auf die Herren Regierungspräsidenten zu übertragen.
Das Bundesministerium der Finanzen hat damit seinerseits alles getan, was nur möglich ist, um die Durchführung der Besatzungs- und AustauschWohnungsbauprogramme in der britischen Zone zu beschleunigen.
3. Die Entschädigungen, die dem Eigentümer eines Mietwohngrundstücks für Belegungsschäden oder übernormale Abnutzung bezahlt werden, stellen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dar. Die Instandsetzungsaufwendungen sind Werbungskosten. Sie sind auch insoweit abzugsfähig, als sie den Entschädigungsbetrag übersteigen.
Bei Einfamilienhäusern ist der Nutzungswert der Wohnung bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach der Verordnung über die Bemessung des Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus vom Jahre 1937 zu ermitteln. Dabei wird aus Vereinfachungsgründen an Stelle des Überschusses der — fiktiven — Mieteinnahmen über die Werbungskosten für die Wohnung im Einfamilienhaus ein Grundbetrag in Höhe von 3 bzw. 3,5 v. H. des zuletzt festgestellten Einheitswerts des Grundstücks angesetzt. Diese Regelung ist erfahrungsgemäß für den Steuerpflichtigen günstig. Der Vomhundertsatz ist so gewählt, daß dabei bereits sämtliche Werbungskosten, z. B. Grundsteuern, Instandsetzungskosten usw. mit Ausnahme der Schuldzinsen, berücksichtigt sind. Die Anwendung dieser Verordnung setzt an sich voraus, daß der Steuerpflichtige die Wohnung im eigenen Einfamilienhaus selbst benützt. In den Einkommensteuerrichtlinien ist aber zugelassen worden, daß die Verordnung auch von Steuerpflichtigen, deren Einfamilienhäuser für Besatzungszwecke requiriert sind, weiter in Anspruch genommen werden kann. Die laufenden Nutzungsvergütungen, die während der Requisition gezahlt wurden, waren — anders als bei den Eigentümern von Mietwohngrundstücken — in diesen Fällen nicht als Mieteinnahmen anzusetzen. Diese Regelung war für die Steuerpflichtigen günstig, weil durch den Ansatz des Grundbetrags Aufwendungen für Reparaturen berücksichtigt wurden, obwohl ihnen während der Zeit der Requisition in der Regel gar keine Instandhaltungskosten erwuchsen. Diese Behandlung hat allerdings zur Folge, daß etwaige beim Wiederbezug des Einfamilienhauses durch den Eigen-to mer erforderlich werdende Reparaturkosten nicht als Werbungskosten geltend gemacht werden können, da sie durch den Ansatz des Grundbetrags bereits abgegolten sind und Werbungskosten nicht zweimal abgezogen werden können. Diese Auswirkung kann im allgemeinen nicht als besondere Härte angesehen werden, die Billigkeitsmaßnahmen rechtfertigen würde, weil durch den Ansatz des Grundbetrags in den vorhergehenden Jahren bereits Reparaturkosten berücksichtigt
worden sind.
Soweit die Eigentümer von Einfamilienhäusern die Verordnung während der Zeit der Requisition nicht in Anspruch genommen haben, beurteilt sich die Lage wie bei den Mietwohngrundstücken.
Ich habe eine Zusatzfrage.
Bitte, eine Zusatzfrage!
Ist dem Herrn Bundesfinanzminister ein Artikel aus Bielefelder Zeitungen bekannt, in dem unter der Überschrift „Amtsschimmel wiehert 18 Monate lang" nachgewiesen wird, daß durch die zuviel eingeschalteten Dienststellen, selbst nachdem von der Besatzungsmacht eine Freigabe erfolgt ist, noch erhebliche Schäden dadurch entstehen, daß die Darlehensbeträge für die Wiederinstandsetzung von Hotels und Pensionen allzu lange auf sich warten lassen?
Erstens ist mir der Artikel nicht bekannt, da ich die Bielefelder Zeitungen leider nicht regelmäßig lese.
Zweitens halte ich es für zweifelhaft, ob ein Zeitungsartikel genügt, eine Tatsache nachzuweisen. Und drittens: ich bin sehr gern bereit, auf eine Beschleunigung und Vereinfachung des Verfahrens hinzuwirken. Wer aber meine jetzige Antwort gehört hat, weiß, daß das Wesentliche dazu das Land Nordrhein-Westfalen zu tun hat, indem es die Anregungen beachtet, die das Bundesfinanzministerium gegeben hat.
Eine weitere Zusatzfrage.
Ist der Herr Minister bereit, diesen Artikel von mir entgegenzunehmen und sich mit dem Verfasser auseinanderzusetzen, wenn dieser etwa die Unwahrheit behauptet hat?
Ich bin sehr gern bereit, den Artikel entgegenzunehmen.
Es ist natürlich, daß ich selbst nicht alle Artikel in der Presse verfolgen kann.
Ich danke Ihnen. Der Artikel wird Ihnen zugestellt.
Meine Damen und Herren, die Fragestunde ist zu Ende.
Ehe ich Punkt 2 der Tagesordnung aufrufe, habe ich eine Feststellung zu treffen. Von dem Herrn Vorsitzenden des Deutschen Richterbundes ist ein Brief an ein Mitglied dieses Hauses gerichtet worden, in dem unter anderem das Bedauern des Richterbundes darüber zum Ausdruck gebracht ist, daß während der Beratung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesergänzungsgesetzes zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung bei Gelegenheit der Diskussion eines richterlichen Urteiles aus dem Hause der Zwischenruf „Lump" gefallen und dieser Zwischenruf vom amtierenden Präsidenten nicht gerügt worden sei.
Aus dem Protokoll ist nicht zu ersehen, von wem dieser Zwischenruf gemacht worden ist. Ich bin sicher, daß, wenn der amtierende Präsident den Zwischenruf gehört hätte und. wenn hätte festgestellt werden können, auf wen er zurückzuführen ist, dafür ein Ordnungsruf erteilt worden wäre.
Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf.
— Zur Geschäftsordnung Herr Abgeordneter Müller-Hermann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte darum bitten, daß wir den Punkt 3 zusammen mit Punkt 2 behandeln. Ich verzichte auf eine Begründung des entsprechenden Antrags.
Das Haus ist sicher einverstanden? - Es wird unser Verfahren erheblich vereinfachen. Dann rufe ich auf Punkt 2 und Punkt 3:
2. Dritte Beratung des Entwurfs eines Verkehrsfinanzgesetzes 1954 ;
Zusammenstellung der Beschlüsse in zweiter Beratung .
;
3. Beratung des Antrags der Abgeordneten Müller-Hermann und Genossen betreffend Übernahme der betriebsfremden Lasten der Bundesbahn durch den Bund .
Es ist die dritte Beratung, die mit einer allgemeinen Aussprache zu beginnen hat. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wortmeldungen liegen bisher nicht vor. .
— Das Wort hat der Abgeordnete Jahn.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist selten ein Parlament so mit Anträgen, Denkschriften, Anregungen überschüttet worden wie der Deutsche Bundestag anläßlich der Beratungen über das Verkehrsfinanzgesetz, mit Anregungen und sonstigen Dingen, die manchmal fast an Nötigung gegrenzt haben. Deshalb begrüße ich es, daß dieses Hohe Haus in der zweiten Beratung des Verkehrsfinanzgesetzes Ruhe und Vernunft genug bewahrt hat, eine Lesung durchzuführen, die — das kann ich wohl im voraus sagen — auch von meiner Fraktion als akzeptabel betrachtet wird, wobei wir voraussetzen möchten, daß keine Minderungen mehr eintreten. Und ich möchte mit dem Kollegen Müller-Hermann sagen: Es ist ein Anfang, ein bescheidener Anfang, ein sehr bescheidener Anfang.
Wir hätten gehofft, daß das Verkehrsfinanzgesetz ein verkehrsordnendes Gesetz geworden wäre. Es ist aus ihm ein Steuergesetz geworden. Wir wollen nur hoffen, daß es wirklich ein Anfang wird, damit eine Neuordnung im Verkehr in der westdeutschen Republik durchgeführt werden kann. Sie soll durchgeführt werden aus dem einfachen Grunde, weil sie durchgeführt werden muß, und zwar auch im Interesse derer durchgeführt werden muß, die nicht im Besitze eines Kraftwagens, eines Pkw oder eines Lkw, sind — und das ist weitaus die Mehrheit unseres Volkes —, um endlich einmal den Schrecken des Straßentodes zu beseitigen im Interesse unseres Volkes und im Interesse unserer Wirtschaft.
Ich möchte darauf verweisen, daß wir uns bereits vor und in der ersten Lesung des Verkehrsfinanzgesetzes über verschiedene Punkte unterhalten haben, die ich heute nur in konzentrierter Form in die Erinnerung zurückrufen möchte. Das ist die Frage des sozialen Problems im Verkehr überhaupt. Das ist die Frage der Verwendung der Arbeitskraft im Verkehrsgewerbe.
Ich bin mir völlig darüber im klaren und sage es sehr offen, daß ich genau zu unterscheiden weiß zwischen sozialen Unternehmungen und Unternehmern und solchen, die dieses Prädikat leider nicht verdienen. Es liegt mir fern, in dieser Beziehung alles in einen Topf zu werfen. Damit ich klar verstanden werde: ich werde hier amtliche Verlautbarungen zitieren. Bereits der 1. Bundestag hat sich mit der Frage der sozialen Bedingungen im Verkehrsgewerbe beschäftigt, und unser allseits geschätzter Kollege Rademacher, leider durch Krankheit verhindert, heute hier zu sein, hat am 17. September 1952 in der 230. Sitzung des 1. Bundestages als Berichterstatter des Verkehrsausschusses das Folgende erklärt:
Der Ausschuß hat sich schließlich nach eingehender Überlegung und Anhörung der Gewerkschaften dazu entschlossen, in Ziffer 3 des Abs. 3 des § 47 ausdrücklich hineinzubringen, daß es auch Aufgabe der Bundesanstalt ist, darauf zu achten, daß die Rechtsvorschriften über die Arbeitszeit der Kraftfahrzeugführer und Beifahrer eingehalten werden. Ich glaube, ich brauche hier nicht besonders auf die Wichtigkeit mit Beziehung auf die Sicherheit auf der Straße hinzuweisen, was gerade diese Vorschrift im allgemeinen in der Zukunft hoffentlich bedeutet.
Ich darf in Erinnerung zurückrufen, daß nach der ersten Lesung des Verkehrsfinanzgesetzes der geschätzte Kollege Rademacher, der verehrte Kollege Müller-Hermann und meine Wenigkeit eine Rundfunkaussprache hatten, in der ich auch
darauf hingewiesen habe, daß mir diese Frage sehr am Herzen liegt. Unser geschätzter Kollege Rademacher hat damals gesagt: Überzeugen Sie sich, wir stehen bald in Verhandlungen mit der Gewerkschaft öffentliche Dienste, Transport und Verkehr; diese Frage wird vertraglich geregelt. Ich habe mich mit der Gewerkschaft öffentliche Dienste, Transport und Verkehr in Verbindung gesetzt, und die Gewerkschaft hat mir und in einem offiziellen Schreiben auch dem Herrn Bundesverkehrsminister mitgeteilt, daß sich diese im Bundestag ausgesprochene Erwartung nicht erfüllt hat.
Im Gegenteil,
— schreibt sie wörtlich —
gegen die gesetzlich festgelegten und tariflich vereinbarten Arbeitszeiten im Kraftverkehrsgewerbe wird fortlaufend in einem Umfang verstoßen, der besorgniserregend ist. Gesundheitliche Schäden und Verkehrsunfälle sind die unmittelbaren Auswirkungen der fortgesetzten Überbeanspruchung. Die Überprüfung der Arbeitszeiten im Straßenverkehr wird den Kontrolleuren der Bundesanstalt und den Beamten der Gewerbeaufsichtsämter besonders durch die Tatsache erschwert, daß die Arbeitszeitnachweise entweder gar nicht oder nur sehr unzulänglich geführt werden. Der Bericht, den die Gewerbeaufsichtsämter über die Dauer der Arbeitszeiten im Verkehrsgewerbe für das Jahr 1952 veröffentlicht haben (Jahresbericht der Gewerbeaufsichtsämter, herausgegeben vom Bundesministerium für Arbeit), ist geradezu erschütternd.
Und nun kommen die Berichte der Gewerbeaufsichtsämter in den einzelnen Ländern. Ich darf also hier die Berichte der Gewerbeaufsichtsämter zitieren. Nicht meine Worte sind es, es ist der amtliche Bericht dieser Instanzen.
Es heißt in Baden-Württemberg:
Eine einwandfreie Überwachung der Arbeitszeit der Kraftfahrer auf Grund der Eintragungen in den Arbeitszeitbüchern war nicht möglich.
Es wird festgestellt, daß ein Kraftfahrer vor einem Verkehrsunfall zwischen 90 und 110 Stunden in der Woche, bis zu 171/2 Stunden am einzelnen Tag beschäftigt worden war und daß die Nachtruhezeit im Durchschnitt 8, im ungünstigsten Falle 5 Stunden betragen hat.
So Baden-Württemberg.
In Berlin:
Die Arbeitszeit der Kraftfahrer und Beifahrer hat bedenkliche Ausmaße angenommen. Im Jahre 1952 wurden mehr als 2100 Verstöße gegen die Arbeitszeitvorschriften bei Kontrollen festgestellt.
Oder in Bremen:
Durch Kontrollen wurden ganz ungewöhnliche Überschreitungen der nach der Reichstarifordnung für den Güterverkehr zulässigen Schichtzeiten festgestellt. In einem Betriebe wurden Arbeitsschichten bis zu 44 Stunden, in denen zwar insgesamt 191/2 Stunden Pause lagen, deren längste jedoch 3 Stunden und 10 Minuten betrug, in einem anderen Güterfernverkehrsunternehmen eine Gesamtarbeitszeit bis zu 178 Stunden in der Doppelwoche festgestellt, in einem weiteren Betrieb 151 Stunden.
Die Arbeitsschichtenbücher sind sehr unvollkommen geführt. Teilweise beruht das auf Abmachungen zwischen Kraftfahrern und Unternehmern, die sich darin einig sind, keine echten Angaben über Arbeitsschichten einzutragen. Eine Überprüfung der Schichtenbücher und damit der Arbeitszeiten des jeweiligen Kraftfahrers durch den Arbeitgeber wird sehr selten vorgenommen.
Und in Nordrhein-Westfalen:
Im Straßenverkehr wurden rund 2200 Zuwiderhandlungen gegen die besonderen Arbeitszeitbestimmungen für Kraftfahrer und Beifahrer festgestellt.
Ich darf weiterhin in der Skala der Arbeitszeitüberschreitungen auf die Mitteilungen der Gewerbeaufsichtsämter von Rheinland-Pfalz verweisen, in denen es heißt, daß die Eintragungen in den Arbeitszeitkontrollbüchern sehr mangelhaft sind und daß die Kraftfahrer erklären, sie seien durch das Verhalten ihrer Arbeitgeber gezwungen, unrichtige Angaben über reinen Dienst am Steuer, Vorbereitungs- und Abschlußzeiten zu machen.
Die Unternehmer drohen. mit Entlassung, wenn durch die Verkehrskontrolle der Unternehmer wegen ungesetzlicher Arbeitszeit zur Anzeige gebracht wird.
Ich betone noch einmal, damit ich nicht falsch verstanden werde: Ich bin nicht der Meinung, daß das allgemeine Handhabung ist, sondern glaube, daß es hier wie anderwärts einen Teil unsozialer Einrichtungen und Arbeitgeber gibt. Ich möchte die sozialen Unternehmungen vor dieser Konkurrenz schützen, weil mir daran liegt, daß wir zu einem Einverständnis über eine Neuordnung des Verkehrs kommen, weil mir daran liegt, daß diese Spannungen beseitigt werden, weil mir daran liegt, daß die guten Elemente zum Tragen kommen. Wir wollen dabei helfen, nicht stören.
In Schleswig-Holstein wurden erhebliche Verstöße gegen die Vorschriften über die zulässigen Arbeitszeiten festgestellt und Beispiele angeführt, in denen die effektiven Arbeitszeiten bei 161/2 Stunden pro Tag lagen. In Baden-Württemberg wurde festgestellt, daß in einem Fernverkehrsunternehmen in 14 Tagen Arbeitsschichten von 48 Stunden ohne Pause geleistet worden sind.
Meine Damen und Herren, ich bitte um Ruhe. Der Redner ist kaum zu verstehen.
Es wurde eine Skala mitgeteilt von Fahrer A und Fahrer B für die Arbeitszeit pro Tag in einem Zeitraum von 10 Tagen, wobei die durchschnittliche Schichtdauer zwischen 211/2 und 25 Stunden betrug mit Pausen von 3 bis 51/2 Stunden. Man kann also wohl sagen: Hier liegt ein, fast bin ich befugt und genötigt zu sagen: antisozialer Sog vor, der in bezug auf die Einhaltung der gesetzlichen Arbeitszeit auf die Randgebiete des Verkehrsgewerbes außerordentlich nachteilig wirkt. Dem haben wir uns mit aller Kraft entgegenzustellen.
Es ist so weit gekommen, verehrte Damen und Herren, daß das Forschungs- und Beratungsinstitut für Verkehrssicherheit in Köln auf Grund seiner jahrelangen Erfahrungen in der Untersuchung von
Kraftfahrern zu dem Schluß kommt, daß die Beanspruchung der Kraftfahrer im heutigen Verkehr mit derjenigen der im Bergbau eingesetzten Menschen gleichzusetzen ist. Durch Störung des vegetativen Nervensystems zeichnet sich sehr deutlich die Entwicklung einer Berufskrankheit der Kraftfahrer ab, die in absehbarer Zeit zu einem früheren Eintritt der Invalidität führen muß. Auch hier wird also das Volk als Ganzes bei früherer und erhöhter Invalidität von Arbeitnehmern dieses Gewerbes der Leidtragende, weil der Zahlende, sein.
Alle, die daran interessiert sind, daß wir auch auf diesem Gebiet zu einer Ordnung kommen, sollten daher mit uns der Meinung sein: jawohl, das Verkehrsfinanzgesetz, wie es uns jetzt vorliegt, als bescheidener Anfang; aber andere gesetzgeberische Maßnahmen müssen unmittelbar folgen!
Sie werden vielleicht nachher in der Diskussion fragen, warum ich nicht die Arbeitszeitregelung bei der Bundesbahn erwähne. Ich stehe gar nicht an zu erklären, daß mir auch hier manches nicht gefällt. Ich habe aber von dem Personal der Bundesbahn 83 % in meiner Gewerkschaft organisiert. Wir haben unsere Sozialpartner: Gewerkschaft und Unternehmer. Im Verkehrsgewerbe der Straße sind dagegen nur 6,7 % gewerkschaftlich organisiert. Solange wir hier keine Sozialpartner von einiger gesellschaftlicher Stärke haben, wird die Einhaltung von gesetzlichen und tarifvertraglich vereinbarten Arbeitszeiten einfach zur Unmöglichkeit.
Im letzten Jahre wurden in den vergleichbaren Zweigen der Bundesbahn — das ist das Lokpersonal — im Januar 1954 458 571 Überleistungsstunden gefahren. Diese Zahl erhöhte sich bis zum Dezember 1954 auf 767 393 geleistete 'Überstunden. Das ergibt bei rund 40 000 Menschen, die hierfür in Frage kommen, eine durchschnittliche Überstundenleistung pro Tag von 30 Minuten bis eine Stunde. Das ist kaum der zehnte Teil der Überbeanspruchung im Lastkraftwagengewerbe. Trotzdem habe ich mich mit aller Energie dagegen gewehrt, daß diese Überstundenleistung auf die Dauer von unserem Personal getragen werden kann, und der Verwaltungsrat der Bundesbahn, dem anzugehören ich die Ehre und das Vergnügen habe, hat sich auf seiner gestrigen Tagung diesen Einwendungen nicht verschließen können. Wir werden bei der Bundesbahn im kommenden Jahr wieder Neueinstellungen von 11 000 bis 14 000 jüngeren Kräften durchführen können. Das als Beweis dafür, meine Damen und Herren, daß, wenn Sozialpartner mit festen Voraussetzungen und gutem Willen für die Gesamtregelung des Verkehrs vorhanden sind, man die Möglichkeit hat, die Problemeanzugehen und sie auch zu lösen; und das — ich sage es zum dritten Male — ist unser sehnlichster Wunsch. Aber dazu müssen Voraussetzungen geschaffen werden.
Ich darf noch etwas sagen. Ich habe festgestellt, daß der Kraftfahrzeugbestand im Jahre 1938 im Gebiet der jetzigen westdeutschen Republik rund 1,9 Millionen Fahrzeuge betrug und daß im gleichen Zeitraum, 1938, ,auf der Straße 4600 Menschen getötet und 106 000 Menschen verwundet wurden. Im Jahre 1953 wurden im Straßenverkehr der Bundesrepublik bei einem Bestand von rund 4 Millionen Kraftfahrzeugen 11 000 Menschen getötet und beinahe 350 000 Menschen mehr oder weniger schwer verletzt. Das heißt: die Unfallrate auf der Straße ist schneller gestiegen als der Bestand an
Kraftfahrzeugen. Wer es gut meint mit unserer Bevölkerung, wer den Schrecken des Todes von der Straße nehmen will, weil er von ihr genommen werden muß, der sollte mit uns, ich sage es noch einmal, emsig und zielbewußt dahin streben, daß unmittelbar nach diesem Anfang weitere Maßnahmen zur Neuordnung des Verkehrs eingeleitet und durchgeführt werden. Um auch hier die Gegenseite offenbar werden zu lassen: In der Betriebsunfallstatistik der Bundesbahn wird für das Jahr 1953 nachgewiesen, daß sie in diesem Jahre 558 Tote und 1392 Verletzte ausweist, wobei alle Selbstmorde und alle von den Reisenden und von sonstigen Dritten selbst verschuldeten Unfälle mitgezählt worden sind. Ich kann also wohl mit Fug und Recht behaupten: das sicherste Verkehrsunternehmen ist noch immer die Deutsche Bundesbahn.
Nun hat mich etwas erschreckt. Ich habe heute morgen eine dpa-Meldung aus Hamburg gelesen, wonach rund 700 Güterkraftverkehrsunternehmer für den Fall, daß das Verkehrsfinanzgesetz, wie es in der zweiten Lesung verabschiedet worden ist, auch in der dritten Lesung verabschiedet wird, mit einem Streik drohen. Meine Damen und Herren, das wäre kein Streik, das wäre eine Aussperrung! Denn die Leidtragenden würden ja die bei diesen Unternehmen Beschäftigten sein. Wir wollen hoffen, daß auch dies nur eine Drohung zur Beeinflussung dieses Hohen Hauses war, die aller Wahrscheinlichkeit nach — nach der Haltung, die auch in der zweiten Lesung hier offenbar geworden ist — nichts ausrichten wird.
Nun zur Frage der Neuordnung des Verkehrs noch einige Worte. Im Verkehr der deutschen Wirtschaft sind zwei Wirtschaftsprinzipien wirksam: für die Bundesbahn das Prinzip der gebundenen Gemeinwirtschaft, für die übrigen Verkehrsträger das Prinzip der freien Marktwirtschaft. Meine Damen und Herren, solange diese beiden Prinzipien nebeneinander bestehen, ist an eine Gleichheit der Startbedingungen für alle Verkehrsträger überhaupt nicht zu denken; denn die beiden Prinzipien sind einander entgegensetzt wie Feuer und Wasser. Ich vertrete die Auffassung, es sollte das Prinzip der Gemeinwirtschaft für alle Verkehrsträger maßgebend sein, d. h. Beförderungspflicht für alle, daß nicht der Lastkraftwagenverkehr sich das beste Stückgut nach Tarifklasse A und B herauspickt und der Bundesbahn dann das Leergut gnädigst überläßt, ferner Betriebspflicht, indem auch der Lastkraftwagenverkehr und die Binnenschiffahrt an Fahrpläne gebunden und gehalten werden, unrentable Strecken zu betreiben, wie es die Bundesbahn als Auflage erhalten hat, und schließlich der Tarifveröffentlichungszwang damit jeder Verfrachter weiß, was er zu bezahlen hat, wenn er Güter zur Beförderung aufgibt.
Wir haben auf diesem Gebiete noch mehr Wünsche. Wir haben den Wunsch, daß, wenn gleiche Startbedingungen auf Grund der Prinzipien der Gemeinwirtschaftlichkeit durchgeführt werden sollen, dann auch die sozialen Einrichtungen, die sich die Bundesbahn in Selbstverwaltung des Personals geschaffen hat, auch im Lastkraftwagengewerbe durchgeführt werden. als da sind Heilstätten, als da sind jährliche Prüfungen der Gesundheit des Personals, als da sind Prüfungen der Hör- und Sehschärfe des Personals, als da sind Ärzte — wie bei uns 146 Bahnärzte — zur Sorge für das Personal usw. usf. Es muß dann ganze Bahn gemacht werden.
So glaube ich, daß wir in diesem Hohen Hause der Regierung und insbesondere dem Herrn Bundesverkehrsminister den Auftrag auf den Weg geben sollten, sofort weitere gesetzliche Maßnahmen in Angriff zu nehmen, die darauf ausgerichtet sind, Ordnung im Verkehr herbeizuführen, und die dahin tendieren, daß möglichst gleiche Startbedingungen für alle geschaffen werden; sonst ist Gerechtigkeit nicht vorhanden, und wer von uns möchte nicht, daß wir auch auf diesem Gebiete die Prinzipien der Gerechtigkeit möglichst weitgehend durchführen?!
Noch ein Wort zu den betriebsfremden Lasten der Bundesbahn. Wir unterstützen den Antrag des Kollegen Müller-Hermann. Ich möchte auf meine Ausführungen dazu bei der ersten Lesung dieses Gesetzes hinweisen, so daß ich mir ersparen kann, Näheres zu sagen. Ich möchte aber dringend darum bitten, bei den betriebsfremden Lasten auch das zu berücksichtigen, was die Bundesbahn aus eigenen Mitteln bei der Wiederherstellung der durch den Krieg zerstörten Anlagen bereits geleistet hat. Denn wer hat den Krieg verloren: die Bundesbahn oder das deutsche Volk?
Die Bundesbahn hat global gesehen für die Wiederherstellung von Anlagen und Betriebsmitteln aus eigenen oder aus fremden Mitteln, die verzinst und amortisiert werden müssen, bereits über 1,2 Milliarden DM ausgegeben, und es bleibt ein Rest von ungefähr 3 Milliarden DM übrig, der eines schönen Tages auch gedeckt werden muß. Wir unterstützen also den Antrag. Im Ausschuß für Verkehrswesen ist auf Vorschlag unserer Fraktion bereits einmal ein solcher Antrag einstimmig angenommen worden, und ich möchte hier nochmals dafür eintreten, daß man der Bundesbahn diese Last abnimmt. Es handelt sich hier um das wertvollste Vermögen des deutschen Volkes. Jeder Abgeordnete vertritt rund 271/2 Millionen DM dieses Volksvermögens — bei einem Gegenwartswert von etwas über 13 Milliarden DM — für seinen Wahlkreis. Ich wünschte nicht, daß die Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses an dieser Treuepflicht in bezug auf das zu verwaltende Vermögen von 271/2 Millionen DM achtlos vorbeigehen. Das wird Ihnen einmal gut oder schlecht angeschrieben werden.
Wir stimmen also dem Ergebnis der zweiten Lesung des Verkehrsfinanzgesetzes zu. Wir wünschen keinerlei Minderung, weil sonst der bescheidene Anfang noch bescheidener werden würde; denn niemand, der es mit der Neuordnung des Verkehrs ernst meint, kann dies wünschen.
Das Wort hat der Abgeordnete Schmidt .
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem mein Kollege Jahn eben zu dem mehr sozialpolitischen Aspekt des Problems gesprochen hat, glaube ich, daß die Öffentlichkeit auch ein Recht darauf hat, von uns zu hören, zu welchen verkehrs- und wirtschaftspolitischen Zwecken und unter welchen Voraussetzungen wir uns hier zu einem Gesetz entschließen, das weiß Gott schwere Belastungen für die betroffenen Wirtschaftskreise mit sich bringt. Gerade nach der sehr nüchtern und karg geführten zweiten Lesung, die ja Fleisch und Farbe erst in dem Augenblick bekam, wo sie sich zur Agrardebatte verwandelte, ist es notwendig, die
verkehrspolitischen Aspekte und Zielsetzungen, unter denen wir diesem Gesetz zuzustimmen gewillt sind, hier einmal darzulegen. Ich sage: zuzustimmen gewillt sind unter der Voraussetzung, daß nicht in der dritten Lesung noch, was weiß ich für Anträge kommen, die die Ausschußfassung wieder denaturieren.
Ich möchte die Stellungnahme zu diesem Gesetz zunächst einmal in einem einzigen Satz zusammenfassen: Es handelt sich um ein notwendiges Übel, um ein sehr notwendiges, aber auch sehr großes Übel; darüber gibt es wohl keinen Zweifel. Es ist sicherlich nicht so, wie der Herr Bundesverkehrsminister kürzlich in der „Deutschen Verkehrszeitung" ausgeführt hat, daß die Wirtschaft aus diesem Gesetz überhaupt keine Mehrbelastung treffe. Ich glaube, das ist eine etwas beschönigende Formulierung. Es gibt gar keinen Zweifel, daß die unmittelbaren Auswirkungen für manche Kreise sehr erheblich sind, und ich hoffe, wir sind uns dessen bewußt, wenn wir dieses Gesetz beschließen. Natürlich kann sich der Bundesverkehrsminister verteidigen und kann sagen: Auf lange Sicht gesehen würde sonst eben der allgemeine Steuerzahler die Straßen zahlen müssen; insofern sei es keine Mehrbelastung. Das ist aber eine Spiegelfechterei, Herr Minister. Hier im Augenblick ist es eine schwere Belastung für den Fernverkehr, für die Industrie und letzten Endes für alle, die an diesem Verkehr beteiligt sind.
Ohne nun die Vorgeschichte noch einmal in epischer Breite aufrollen zu wollen, glaube ich doch, daß ich es zumindest meiner Fraktion schuldig bin, hier noch einmal festzustellen, daß die Ursache und die Schuld dafür, daß dieses Hohe Haus heute in die Zwangslage versetzt worden ist, ein so schwerwiegendes Gesetz verabschieden zu müssen, überwiegend und eindeutig auf einer Seite liegt. Ich kann mir ersparen, das hier noch einmal näher auszuführen, zumal ich kürzlich in einer sehr bekannten westdeutschen Tageszeitung unter der auch Ihnen bekannten Rubrik „Bonner Köpfe" gelesen habe, daß der Herr Bundesverkehrsminister der herben Selbstironie fähig sei. Ich möchte annehmen, daß uns damit die Hoffnung gemacht wird, daß der Herr Bundesverkehrsminister sich im stillen Kämmerlein wahrscheinlich schon länger selbst sein mea culpa, mea maxima culpa aufgesagt hat..
— Herr Schneider, ich verstehe Ihren Zwischenruf nicht. Wollen Sie damit andeuten, daß sich auch meine Fraktion oder ich persönlich mich im Laufe der letzten vier Jahre solcher Inkonsequenzen in der Verkehrspolitik schuldig gemacht habe wie Ihr verehrter Herr Bundesverkehrsminister?
— Herr Schneider, das ist so eine eigenartige Sache mit Zwischenrufen; sie müssen sitzen, sonst sitzen sie eben nicht!
Aber ich will das nicht näher ausführen und mich auf die Genesis dieses Gesetzes seit dem Juli 1954 beschränken. Die berühmte „Konzeption" — dieses Wort wurde ja immer wieder gebraucht von der Regierungsbank, und der Herr Rademacher von der Freien Demokratischen Partei hat es umgewandelt in „Konfusion"; ich finde das nicht sehr liebens-
würdig, aber ich kann es verstehen —, dieses Wort von der „Konzeption" bezog sich auf ein Zwillingsgesetz oder, wie man heute modernerweise in Bonn sagt, auf ein Junktim. Das Kabinett brachte gleichzeitig ein Verkehrsfinanzgesetz und ein Straßenentlastungsgesetz mit seiner Verbotsliste ein. Das eine ohne das andere gehe nicht, wurde uns gesagt. Weil diese Konzeption der überwiegenden Mehrheit des Hauses nicht gefiel, haben wir in den Ausschüssen versucht, uns eine eigene Konzeption zu machen. Das ist sicherlich nur sehr teilweise geglückt. Aber wir waren uns darüber einig, daß die Verbotsliste auf keinen Fall Gesetzeskraft erlangen sollte — und ich kann mir nicht vorstellen, daß die gestrigen Besprechungen beim Herrn Bundeskanzler das alles nun plötzlich wieder umgeworfen haben sollten, meine Damen und Herren von der Rechten dieses Hauses; Sie waren sich doch so einig in dieser Sache. Da also nach wie vor das Straßenentlastungsgesetz von diesem Hause nicht beschlossen werden wird, kam es darauf an, an Stelle des Zwillings ein vernünftiges Gesetz zu setzen. Wir sind dabei davon ausgegangen, daß insbesondere hinsichtlich der Wegekosten die berühmten gleichen Startbedingungen hergestellt werden sollten. Sie werden sich erinnern, was das für ein endloser Streit gewesen ist mit vielen Sachverständigen und mit vielen Pseudo-Sachverständigen.
Ich will Ihnen die lange Geschichte ersparen, wie es dazu kam, daß schließlich der Finanzausschuß sich darauf festlegte, eine runde Summe von über den Daumen gepeilt 500 Millionen per Jahr für das notwendige Ziel zu erklären. Ich will auch nicht darauf eingehen, daß eine große Fraktion dieses Hauses vorher Beschlüsse gefaßt hatte, welche genau auf die doppelte Summe hinausliefen. Lassen wir das alles im Schoße der Vergangenheit ruhen.
Wehren muß ich mich allerdings gegen eins. Bei den vielen irrigen Darstellungen und fehlerhaften Berichten, die wir bekommen haben, befand sich u. a. auch aus amtlicher Quelle eine Darstellung dieser Frage, in der behauptet wird, wir von unserer Seite hätten uns und ich persönlich hätte mich eingesetzt für 1,3 Milliarden Mark mehr Steuern. Ich darf schlicht erklären: das ist eine Unwahrheit! Ich darf vermuten, daß diejenigen, die das geschrieben haben, sich darüber auch klar waren. Es tut mir leid, hinzufügen zu müssen, daß diese Information, wie viele andere, die nicht ganz den Notwendigkeiten und zum andern nicht ganz den Tatsachen entsprachen, in einem Dokument enthalten war, das bezeichnenderweise — ich befürchte beinahe, es war nicht nur ein Lapsus linguae, der hier passiert ist — die Überschrift ,, Sprachregelung" trug
und ausgegeben wurde im Bundesverkehrsministerium.
Ich darf auf die einzelnen Fragen, die in diesem Gesetz strittig gewesen sind, noch zurückkommen und zunächst begründen, weshalb wir es abgelehnt haben, etwa entsprechend der Regierungsvorlage auch den gewerblichen Nahverkehr mit höheren Steuern zu belasten, und auch abgelehnt haben, den Werknahverkehr mit höheren Steuern zu belasten. Wir sind der Meinung, daß es in diesem Nahverkehrsbereich eine wirklich nicht nur legitime, sondern geradezu wirtschaftlich notwendige Sache ist, Werkverkehr zu betreiben, und können wirklich nicht einsehen, weshalb man in dem Be-
streben, irgendwo Geld herauszuholen, nun auch l diese Art von Verkehren trifft, die wir für vernünftig, für sinnvoll und gesund halten. Es kam hinzu, daß der von der Regierung vorgeschlagene Satz von 1 Pfennig pro Tonnenkilometer sich hinterher als „Rechenfehler" — ich zitiere nur und kommentiere nicht — herausstellte und in Wirklichkeit 3 Pfennig hätte heißen sollen.
Ich darf dann weiter darauf eingehen, daß wir, obgleich wir die Besteuerung des Werkfernverkehrs tatsächlich als den Eckpfeiler des ganzen Gesetzes ansehen, trotzdem Wert darauf gelegt haben, daß die 5 Pfennig pro Tonnenkilometer im Werkfernverkehr nicht von heute auf morgen, geradezu über Nacht Gesetzeskraft erlangen, sondern daß das mit gewissen Übergangsfristen erfolgt. Wir freuen uns darüber, daß das so beschlossen worden ist. Ich persönlich hätte mich gefreut, wenn auch an anderen Stellen dieses Gesetzes gewisse Übergangsfristen eingeräumt worden wären. Denn ich möchte nicht an der Stelle derjenigen sein, die beispielsweise im Nahverkehrsgewerbe die Folgen dieser ,außerordentlich scharfen plötzlichen Steuererhöhung bei der Kraftverkehrssteuer und bei der Mineralölsteuer demnächst zu tragen haben werden, ohne daß man ihnen — ich spreche vom Nahverkehr — tarifpolitische Ausgleiche gewähren kann.
Wir haben, einig in den Fraktionen, in den Ausschüssen auch darauf Wert gelegt, die Gelegenheit wahrzunehmen, um den Straßenbahnverkehr, den Omnibusverkehr, den Obusverkehr, um überhaupt den gesamten öffentlichen Personennahverkehr von der Beförderungsteuerpflicht gesetzlich zu befreien, weil wir der Meinung sind, daß es wirklich notwendig ist, wenigstens ein bißchen für die Entwicklung unserer großstädtischen Nahverkehrsunternehmen zu tun.
Eine große Rolle hat gespielt — und ich glaube, auch das müssen wir der Öffentlichkeit von dieser Stelle aus sagen — das Problem des Abbaus der Besteuerung der Personenkraftwagen. Es war ja da aus dem Kreise der CDU-Fraktion — ich glaube, es ist der Kollege Krammig gewesen — der Antrag gekommen, das schon bei dieser Gelegenheit zu tun. Wir sind uns alle darüber einig, daß wir zu gegebener Zeit die Pkw-Steuer abbauen wollen. Aber wir sind uns dann auch, gerade bei der Beratung des Antrags des Herrn Kollegen Krammig, darüber klargeworden, daß das gegenwärtig wohl noch etwas verfrüht erscheint, zumal frühestens erst zum April des nächsten Jahres die Kraftfahrzeugsteuer eine Bundessteuer wird. Unsere Erwartungen haben uns da also etwas getrogen. Wir sind uns aber einig — und das möchte ich hier zum Ausdruck bringen —, daß wir diese Frage regeln wollen, und ich glaube, daß wir das dann im nächsten Jahr auch zustande bringen.
Das Gesetz, wie es jetzt aussieht, enthält keinen Knick mehr in der Kraftfahrzeugsteuer. Auch das scheint mir ein Vorzug gegenüber der ursprünglichen Regierungsvorlage zu sein. Sie haben es jetzt, meine Herren vom Verkehrsgewerbe, mit einem einheitlichen Steuertarifverlauf zu tun. Sie haben darüber hinaus die steuerliche Bevorzugung des Sattelschleppers und des Sattelzuges, eine Sache, die seit langer Zeit fällig war und von der ich hoffe — und, wie ich glaube, von der auch Sie, meine Herren von der Rechten, hoffen —, daß sie die zukünftige technische Entwicklung auf den deutschen Straßen erheblich beeinflussen wird.
Ich darf auf das fiskalische Ergebnis des Gesetzes hinweisen. Es ist — das muß man wirklich hervorheben — ein erstaunlicher Vorgang, daß das Parlament in seinen Ausschüssen ein Gesetz geformt hat, das mehr Steuern hereinholt, als die Regierungsvorlage zunächst vorgesehen hatte. Das kommt in diesem Hause nicht sehr häufig vor. Mir scheint, gerade dieser Tatbestand ist kennzeichnend dafür, daß in den Ausschüssen wirklich versucht worden ist, sich ein eigenes, unabhängiges Urteil zu erarbeiten, völlig losgelöst von den Einflüssen von allen Seiten, aber auch von den Beeinflussungen seitens der Regierung und ihrer Politiker. Der Herr Kollege Jahn hat schon auf die außerordentlich massiven Interventionen hingewiesen, denen die Abgeordneten im Laufe der letzten sechs, sieben Monate ausgesetzt gewesen sind. Ich kann meinerseits nur hinzufügen, daß die Vokabel „Nötigung", die der Kollege Jahn gebraucht hat, absolut zutreffend ist, nicht in einem Fall, sondern in mehreren Fällen.
Vielleicht darf ich hinzufügen: es war nicht nur Nötigung, es war auch Lüge und Verdrehung; es war auch harmloser: bloß unvollständige Berichterstattung. Wir hatten auch diese freundlichen Versuche, wo wohlmeinende Leute den Abgeordneten auf die Schulter klopften und ungefähr sagten: Du verstehst zwar nicht ganz soviel davon, aber mache es nur so, wie ich es hier vorschlage, dann ist alles in Ordnung. — Also, es hat die verschiedensten Formen der Beeinflussung gegeben. Ich glaube, wir haben lange Zeit in diesem Hause nicht eine so hohe Zeit des Lobbyismus gehabt, und ich möchte dem Hause wünschen, daß das für lange Zeit nicht wieder vorkommt.
Ich muß leider hinzufügen, daß auch offizielle und amtliche Stellen nicht immer mit lauteren Mitteln versucht haben, die öffentliche Meinungsbildung und die Urteilsbildung der einzelnen Abgeordneten zu beeinflussen. Ich möchte das nicht näher ausführen, sofern man mir nicht widerspricht; dann würde ich mich dazu gezwungen sehen. Aber ich möchte doch wirklich fragen, ob das die richtige Art und Weise ist, hier miteinander umzugehen.
In dem Zusammenhang möchte ich mir ein Wort erlauben über die Propaganda des Forums der Verkehrsteilnehmer. Das Forum ist ja besonders scharf angegriffen worden, und ich habe es nicht zu verteidigen. Ich bin auch keineswegs mit all dem einverstanden, was diese Leute sachlich gebracht haben. Aber ich bin der Meinung, daß das noch eine legitime, rechtmäßige Form von öffentlicher Werbung ist, jedenfalls viel rechtmäßiger, als wenn etwa ein Ministerium Druckschriften herausschickt an die Bevölkerung, an die Abgeordneten, ohne daß der Absender draufsteht und ohne daß aus dem Impressum hervorgeht, wer sie eigentlich verfaßt hat. Dieser Kampf aller gegen alle war eine unschöne Sache, und besonders unschön war es, daß der Herr Bundesverkehrsminister nicht einmal Schiedsrichter war in diesem Kampf, geschweige denn etwa Dirigent.
Wenn wir dieses Verkehrskonzert — bildhaft — einmal als solches auffassen wollen, dann würde ich sagen: der Dirigent verließ in dem Augenblick das Dirigentenpult, als er feststellte, daß das Orchester eine ganz andere Musik spielte, als in seiner Partitur gestanden hat, und als das parlamentarische Orchester eine ganz andere Musik machte, als vorher auf dem Programm den Besuchern draußen im Auditorium versprochen worden war. Und der Dirigent, der sich in das Orchester selber mischte, um mitzumischen, der spielte nun ein Instrument, das im Laufe einer Symphonie gar nicht so oft vorkommt, sagen wir die Pauke. Es gab heftige Paukenschläge in den Ausschußberatungen.
— Der Kontrabaß, sagt Herr Hellwig, - meinetwegen sogar der oder meinetwegen auch die Triangel, so ab und zu mal ein bißchen.
— Herr Horlacher, wenn Sie im Finanzausschuß dabeigewesen wären, dann würden Sie mir bestätigen, was alle Kollegen aus allen Fraktionen mir bestätigen müssen, die es erlebt haben, daß es dort nicht einmal, sondern mehrfach und wiederholt Szenen und Auftritte gegeben hat, die eigentlich in einen Ausschuß nicht hineingehören.
— Wenn Herr Krammig mir zuruft, daß er das sonst im Finanzausschuß nicht gewohnt ist, so glaube ich, daß er recht hat. Ich war an sich überrascht, positiv überrascht von der Atmosphäre im Finanzausschuß.
— Nein, nein, Herr Dresbach. Daß die schlechte Luft mit dem Verkehr etwas zu tun hatte, das will ich Ihnen gerne zugestehen, aber daß sie aus dem Verkehrsausschuß gekommen wäre, das ist nicht fair, daß Sie das sagen. Wir haben uns ja im Ausschuß gegenseitig ökonomische Rabulistik vorgeworfen, Herr Dresbach, und Sie haben es auch auf sich sitzen lassen, daß ich damals diese Retourkutsche habe losfahren lassen. Wollen wir uns darüber nicht mehr streiten.
Ich möchte noch ein Wort zur Ausschußarbeit sagen, und zwar ein Wort des Dankes an die vielen Mitarbeiter und Beamten in den beiden beteiligten Ministerien, die in außerordentlicher Arbeit und teilweise außergewöhnlicher Schnelligkeit über Nacht das in Formen gegossen haben, was wir häufig am Abend ziemlich roh und unbehauen uns zusammenbastelten.
Das scheint mir eine Gelegenheit, um einmal am Rande eine Bemerkung zu machen über die technische Möglichkeit für einen Abgeordneten, in der heutigen Zeit selber noch ein Gesetz zu formulieren. Das ist eine furchtbare Angelegenheit. Meine Damen und Herren, Sie sind völlig in der Hand der Beamten der Ministerien. Wenn es sich um loyale Beamte handelt — und das war hier durchaus der Fall —, dann ist die Sache gut. Aber ich möchte doch einmal ganz klarmachen, daß man heutzutage als sogenannte Gesetzgebung, als Legislative, in so hochspezialisierten und differenzierten Materien, wie es hier der Fall ist, einfach aufgeschmissen ist ohne die Hilfe der Verwaltungen.
Aber wir haben durch die Beamten aus den , Ministerien nicht nur eine große Hilfe bekommen. Wir haben auch allerlei, ich würde sagen,
lustige Zwischenfälle erlebt. Wir haben allerhand Humor und Freude daraus gezogen, daß beispielsweise die Vertreter zweier Häuser sich gegenseitig utopische Haltung vorgeworfen haben. Ich habe das wörtlich zitiert: „utopische Haltung". Es war also nicht so, daß die Einigkeit des Kabinetts in allen Fällen und immer wieder bei der Beratung des Verkehrsfinanzgesetzes demonstriert wurde. Das kann man nicht gerade sagen. Vielmehr war es ein, ich möchte sagen, eklatanter Fall von Nichtübereinstimmen. Das einzige, worin die verschiedenen Häuser bisweilen übereinstimmten, wäre die Feststellung gewesen — wenn man sie gehässigerweise hätte treffen wollen —: Wir sind uns einig, daß wir uns nicht einig sind. So weit ist es manchmal gegangen.
— Ich bin dankbar für den Zwischenruf. Er gibt mir Gelegenheit, etwas näher auszuführen, was ich meine. Es ist z. B. vorgekommen, daß ein sehr hoher Beamter aus einem nicht unwichtigen Hause in dem Ausschuß erklärt hat: Ja, wenn Sie mich so direkt fragen, meine Herren: ich bin ja auch nicht für das Verkehrsfinanzgesetz; das kann man ja alles mit der Tarifpolitik viel besser machen. Es waren mindestens zwanzig Kollegen dabei, die das anschließende kleine Zwischenspiel miterlebt haben, als ich den betreffenden Herrn fragte: Sagen Sie, Tarifpolitik, das hat doch etwas mit Preisen zu tun; Tarife sind doch Festpreise, und wenn Sie Tarife ändern, wollen Sie auf deutsch Festpreise. Wollen Sie nun die Preise bei der Eisenbahn heben, damit es nachher besser geht, oder wollen Sie sie senken, damit sie gegenüber dem Kraftverkehr konkurrenzfähiger wird? Oder wollen Sie beim Kraftverkehr die Preise heben, damit er auf diese Weise nicht so günstig wie die Bahn anbieten kann, oder wollen Sie die Preise beim Kraftverkehr senken, damit er nicht so große Gewinne macht und sich nicht so aufplustern und so viel investieren kann? — Auf diese, wie Sie mir zugeben werden, nicht gerade überkomplizierte Fragestellung erfolgte dann die Antwort: Ja, so genau kann ich das im Augenblick auch noch nicht sagen. — Das war die Zusammenarbeit zwischen den Ministerien in Fragen des Verkehrsfinanzgesetzes.
Wir haben uns dabei im wesentlichen an das Bundesfinanzministerium gehalten, und ich stehe nicht an, zu erklären, daß wir dabei ganz gut gefahren sind.
Aber es war nicht nur im Ausschuß so. Auch sonst war das Kabinett sich offenbar nicht ganz einig. Es geht so weit, daß amtierende Bundesminister, die mit diesem Ressort eigentlich gar nichts zu tun haben, sich in der Presse negativ zu diesen Regierungsentwürfen geäußert haben. Ich habe einen Ausschnitt aus einer norddeutschen Tageszeitung. — Ich darf zitieren, Herr Präsident. — Bundesminister Hellwege schreibt unter der Überschrift: „Bonn schläft nicht" — ich füge hinzu, in Klammern, hoffentlich! —:
Der Eindruck, als würde die niederelbische
Obstwirtschaft von ihren parlamentarischen
Vertretern im Stich gelassen, ist völlig falsch.
Eine ganz neue Sache, daß die Obstwirtschaft hier parlamentarische Vertreter hat. Aber immerhin, „der Eindruck ist völlig falsch".
Ich bin mit den Vertretern unserer Obstwirtschaft völlig einer Meinung darüber, daß der" Entwurf des Verkehrfinanzgesetzes, wenn der Niederelbe nicht schwerste wirtschaftliche Nachteile erwachsen sollen, in dieser Hinsicht revidiert werden muß. Nur bitte nicht unter Trompetengeschmetter!
— So Herr Bundesminister Hellwege am 8. Februar.
Zur gleichen Zeit erklärte der Herr Bundesverkehrsminister Seebohm — sein Fraktionskollege — im Ausschuß, daß diese Ausnahmen natürlich überhaupt nicht in Frage kämen, als wir Sozialdemokraten nämlich entsprechende Anträge gestellt hatten. Aber das hatte auch Herr Kollege Hellwege schon vorausgesehen. Er hat nämlich in seinem Zeitungsartikel geschrieben:
Die Opposition freilich, die ja keine unmittelbare Verantwortung für die Gesetzgebung trägt, hat es in solchen Fällen leichter.
Sehen Sie, meine Damen und Herren, das hat mich wirklich gewurmt und geärgert. Denn keiner von Ihnen, die Sie im Ausschuß dabei waren, kann sagen, daß unsere sozialdemokratischen Kollegen in dem Kommunalpolitischen Ausschuß oder in dem Verkehrsausschuß oder in dem Ausschuß für Finanzen und Steuern nicht wirklich mit aller Kraft und Sachkunde und mit allem Willen zu einem obiektiven Resultat bei diesem Gesetz mitgearbeitet haben.
Da kann man als amtierender Kabinettsminister nicht hingehen und schreiben, wir machten so ins Blaue hinein Anträge, wir hätten ja auch keine große Verantwortung.
— Ich will auf den Zwischenruf von der moralischen Aufrüstung nicht eingehen; ich möchte mir keinen Ordnungsruf zuziehen. Aber ich möchte doch einmal feststellen, wenn unsere Kollegen von der linken Seite des Hauses nicht in den vielen komplizierten Einzelfragen des Gesetzes immer wieder Vorschläge gemacht hätten, Anregungen gegeben. Sorge getragen hätten, um Maß zu halten, dann möchte ich wissen, ob Sie heute im Hohen Hause ein Gesetz vorliegen hätten. das wirklich halbwegs akzeptabel wäre, und ich wäre sehr dankbar, wenn der Herr Bundesverkehrsminister mir wenigstens diese eine Feststellung nachher bestätigen würde.
Ich möchte aber noch eines deutlich hinzufügen: Dieses Gesetz ist ein allererster Anfang. Es ist ein Versuch, mit der Verkehrsneuordnung anzufangen. Überschätzen wir nicht die positive Wirkung dieses Gesetzes! Es ist ein allererster Anfang, und wir haben deshalb mit Absicht Wert darauf gelegt, daß das Gesetz die Überschrift „Verkehrsfinanzgesetz 1955" trägt, um damit u. a. deutlich zu machen, daß das nichts Endgültiges sein soll, daß in dem Maße, in dem wir Erfahrungen sammeln mit den finanzpolitischen, mit den verkehrspolitischen Auswirkungen des Gesetzes, vielleicht in einigen Jahren wieder etwas geändert, etwas ermäßigt wird oder woanders etwas erhöht wird. Wer weiß!
Ich möchte deutlich machen, daß wir uns auf einem außerordentlich schwankenden Boden befinden und daß wir hier tasten, alle miteinander. Ich möchte auch deutlich machen, daß die verkehrspolitischen Probleme überhaupt erst anfangen. Das Problem der Straßenüberlastung im Jahre 1955 ist ein Kinderspiel gegen das, was Sie im Jahre 1960 und 1965 zu regeln haben. Machen Sie sich darüber keine Illusionen!
Das Verkehrsfinanzgesetz ist auch nur ein Grundstein oder ein Ausgangspunkt für eine andere wichtige Sache, nämlich für die tarifpolitische Umstellung, für den tarifpolitischen Umbau, der hier in Deutschland erfolgen muß. Von allen Seiten dieses Hohen Hauses ist dem Herrn Bundesverkehrsminister in der ersten Lesung im Juli vorigen Jahres die Frage vorgelegt worden: Wo willst du eigentlich hin mit den Eisenbahntarifen? Wo willst du hin mit den Kraftwagentarifen? Wie soll die zukünftige Relation des einen Tarifs zu dem anderen aussehen? Wir haben von allen Seiten verlangt, daß gleichzeitig mit der Verabschiedung dieses Gesetzes auch endgültig und für alle die darauf aufbauende und darauf abgestellte tarifpolitische Konzeption klar sei. Wir haben diese Forderung, wie ich zugeben muß, allesamt nicht durchgehalten. Wir sind in diesem Punkte gegenüber dem Bundesverkehrsminister weich geworden, wir haben ihn ausgelassen, wenn man so sagen darf. Er hat bis heute nicht klar erklärt, was er eigentlich tarifpolitisch will. Ich wäre sehr dankbar, wenn das wenigstens in dieser Stunde in dritter Lesung von der Regierungsbank noch geschehen würde. Es gibt doch gar keinen Zweifel, daß z. B. das Güterfernverkehrsgewerbe anschließend an diese außerordentliche Kostensteigerung, die dieses Gesetz ihm bringt, in irgendeiner Form einen tarifarischen Ausgleich braucht, und es gibt gar keinen Zweifel, daß das vorbereitet und abgesprochen sein muß. Es gibt auch gar keinen Zweifel, daß man hiermit nicht noch etwa ein halbes Jahr warten kann. Ich bin sehr skeptisch über die bisherigen Vorbereitungen der tarifpolitischen Reformen. Ich bin sehr skeptisch, wenn ich mir ansehe, was aus dem sogenannten Sachverständigenausschuß herauskommt, der sich mit dieser Frage ein dreiviertel Jahr befaßt hat und der dann einige Zeit, nachdem er ein vorläufiges Ergebnis vorgelegt hatte, erklärt: „Ja, aber es ist eigentlich nur sehr, sehr vorläufig und noch gar nicht endgültig, eigentlich wollen wir noch ein bißchen abwarten." Wir haben damals vorausgesehen, daß nichts dabei herauskommt. Aber wie, Herr Minister Seebohm, sollen im nächsten Monat die Tarife geändert werden? Sollen die Eisenbahntarife, sollen die Kraftverkehrstarife höher werden? Das müssen Sie einmal auch dem Kraftverkehrsgewerbe beispielsweise darlegen, damit es weiß, wohin die Reise gehen soll.
Wir haben seinerzeit erwogen, ob wir nicht das ganze tarifpolitische Problem in irgendeiner Form ins Parlament ziehen sollten. Ich bin davon wieder abgekommen, weil das ein sehr schwieriges und hochkompliziertes Kunstschach ist, das nicht so viele Leute in Deutschland zu spielen vermögen. Ich persönlich zähle mich bestenfalls zu den Kiebitzen, die dabei sachverständig zuschauen können, das Spiel selbst aber auch nicht beherrschen. Ich glaube, wenn wir diese tarifpolitischen Fragen in dieses Parlament ziehen würden, so würde das nur eine große Verzögerung bedeuten und dazu führen, daß wir die Verantwortung für diese Verzögerung tragen, während sie einstweilen noch bei jemand anders liegt.
Ich möchte aber bei den tarifpolitischen Reformen darauf hinweisen, daß es sich um stufenweise Reformen handeln muß. Man kann nicht alles von heute auf morgen auf einmal umkrempeln. Ich wäre sehr dankbar, wenn der Gedanke des schrittweisen Umbaus — step by step — auch in der tarifpolitischen Auseinandersetzung Boden gewönne.
An das Gewerbe, das heute hier zuhört bzw. das Protokoll sehr sorgfältig lesen wird, möchte ich bei dieser Gelegenheit abermals die Anregung richten, nach alledem, was es gerade wieder in den letzten drei viertel Jahren erlebt hat, sich zu überlegen, ob es vielleicht nicht doch richtiger ist, auf langere Sicht den Vorschlägen des Wirtschaftsbeirats der CSU oder den Vorschlägen zu tolgen, die wir in gleichlaufender Hinsicht gemacht haben: sich nämlich in irgendeiner Form starker als bisher organisatorisch zusammenzuschließen, beispielsweise schon deshalb, damit man überhaupt ein Verhandlungspartner, ein satisfaktionsfähiger Verhandlungspartner wird.
Ich muß noch einmal auf die Sorgen im Nahverkehr zuruckkommen. Im gewerblichen Nahverkehr haben wir heute eine außerordentlich große Übersetzung. Es gibt Zigtausende von betrieben. Es ist wahrscheinlich, daß davon höchstens zwei Drittel notwendig sind, während ein Drittel einfach nicht benotigt wird. Es wird ohnehin, auch wenn wir dieses Verkehrsfinanzgesetz nicht machten, im Laufe einiger Jahre ein Ausleseprozeß vor sich genen mussen. Wir beschleunigen aber natürlich wiesen Prozeß durch das Verkenrsfinanzgesetz und durch die Steuererhöhungen außerordentlich, und wir übernehmen damit einen Teil der Verantwortung dafür, daß im Nahverkehrsgewerbe ganz zweifellos einige Leute ins Gras beißen werden. Ich bitte, das nicht zu übersehen.
Ich wäre also sehr dankbar, wenn der Herr Bundesverkehrsminister uns einmal sagte, wie er denkt, mit diesem Problem fertig zu werden. Wir laden hier allesamt eine schwere Verantwortung auf uns. Das, was ich bisher an Abhilievorschlägen aus dem Gewerbe gehört habe, kann mich allerdings nicht befriedigen. Da ist von Festtarifen und Konzessionen die Rede. Ich betrachte das einstweilen noch recht skeptisch. Aber ich meine, der Herr Bundesverkehrsminister müßte ja wissen, wie er dem Problem begegnen will. Ich glaube nicht, daß er mir anschließend antworten darf, wir hätten es ja in der Hand gehabt, den Werknahverkehr zu besteuern, dann wäre das Problem nicht aufgetaucht. Diese Antwort sehe ich voraus und möchte sie von vornherein als nicht sachgemäß aus dem Wege geräumt haben. So geht das jedenfalls nicht. Ich möchte ankündigen, daß meine Fraktion demnächst, d. h. nach Ostern, eine Anfrage einbringen wird, um dem Problem des gewerblichen Nahverkehrs einmal sorgfältig auf den Grund zu gehen.
Ich möchte meinerseits anregen, daß doch nun endlich einmal die Bundesbahn veranlaßt wird, den alten Vertrag durchzuführen, den sie vor vier oder fünf Jahren mit dem Nahverkehrsgewerbe geschlossen hat, noch unter der Ara Busch; der Mann auf der Seite des Gewerbes hieß damals Drews. Ich meine diesen Vertrag, der zur Zusammenarbeit zwischen Bahn und Nahverkehr im Verteilerver-
kehr führen sollte. Die Bundesbahn sollte endlich einmal prüfen, ob nicht auf diese Weise ein wenig Zusammenarbeit zwischen diesen Verkehrsträgern herbeigeführt werden kann.
Der Herr Bundesverkehrsminister hat mir neulieh auf eine diesbezügliche Anfrage geschrieben, es sei ihm nicht möglich, die Bahn dazu anzuhalten. Ich kann das nicht ganz verstehen. Ich glaube, es ist ihm in bezug auf die Bahn einiges möglich. Jedenfalls denke ich, daß es sinnvoll wäre, die Bahn dazu anzuhalten, Herr Minister.
Ich darf mir eine zweite Anregung gestatten, welche im Zusammenhang mit dem Nahverkehr, andererseits aber auch im Zusammenhang mit der Reorganisation der Deutschen Bundesbahn steht, die ja nun auch einmal als Thema hier auf die Tagesordnung kommen muß, bei allem Wohlwollen. Diese zweite Anregung bezieht sich auf folgendes. Ich glaube, es wäre gut, in der Nahverkehrszone, sagen wir, auf Entfernungen von 1 bis 50 km, die Deutsche Bundesbahn von ihrer Beförderungspflicht sowie vom Tarifzwang zu entbinden. Sie hat es dann eben nicht mehr nötig, leere Kisten von einem Verschiebebahnhof zum anderen zu fahren, sie lehnt sowas dann in Zukunft ab, und der gewerbliche Nahverkehr kann damit sehr viel vernünftiger und volkswirtschaftlich kostengerecht fertig werden und im übrigen sein Auskommen dabei finden. Ich meine, man sollte das überlegen. Das Prinzip der Gemeinschaftlichkeit — das sage ich den Herren von der Deutschen Bundesbahn — kann man nämlich auch zu Tod(: reiten.
Das Bundesbahnproblem meine Damen und Herren, ist durch die Debatten der letzten drei Vierteljahre und durch das Verkehrsfinanzgesetz kaum angeritzt worden. Die Bundesbahn für sich ist ein Bündel von Problemen. Ich will gar nicht von dem finanziellen Problem sprechen. Das wird sicher bei Gelegenheit der Haushaltsberatung von unserer Fraktion einmal ausführlich dargelegt werden. Auch von den finanziellen Sanierungsnotwendigkeiten der Bahn will ich gar nicht sprechen; aber ich rede z. B. über ihre Publizität in finanziellen Fragen.
In den letzten Jahren hat die Bundesbahn in, wie man sagen muß, erstaunlicher Weise mit der traditionellen Zurückhaltung gebrochen und hat eine ganze Menge veröffentlicht. Es sind auch eine Reihe von Vorträgen gehalten worden und viele Zahlen in die Öffentlichkeit gekommen. Ich muß bekennen, daß man einigen Abgeordneten gegenüber, die besonders neugierig gewesen sind, sogar darüber hinaus eine ganze Menge Zahlen gegeben hat. Aber ich bekenne ebenso freimütig, daß es mir jedenfalls bis zur Stunde nicht möglich gewesen ist, mir ein abschließendes Bild über den gegenwärtigen Finanzstatus der Bundesbahn zu machen. Sie unterscheidet sich in diesem Ergebnis also letzten Endes gar nicht von der Bundespost. Bei der ist es ebenfalls keinem Staatsbürger in Deutschland möglich, einen Eindruck davon. zu gewinnen: Wie liegt sie denn eigentlich? Im Gewinn oder Verlust? Oder wie hoch liegt sie im Verlust?
Ich meine, daß die Deutsche Bundesbahn der Öffentlichkeit nun einmal einen hieb- und stichfesten Bericht in kaufmännisch aufgemachten Bilanzen vorlegen muß, nicht in dieser kameralistischen Buchführung, durch die sich kein Mensch durchfindet. Ich finde mich bei bestem Willen nicht hindurch, und ich habe mir wirklich Mühe gegeben.
Es muß einmal so dargelegt werden, daß der normale Wirtschaftsredakteur einer normalen Tageszeitung einen anständigen Kommentar dazu geben, eine anständige Kritik daran üben kann, womit man sich auseinandersetzen kann. Einstweilen ist das Ganze Geheimwissenschaft.
Ich möchte hier ein anderes Wort anknüpfen. Nicht nur die Finanzgebarung eines Unternehmens von dieser Bedeutung muß nach draußen transparent gemacht werden. Die Buchführung selber braucht vielleicht nicht geändert zu werden. Aber man muß sich etwas angewöhnen, was in der deutschen Industrie längst Usus ist: wenn man aus seinen betriebsinternen Kostenabrechnungen erkennt, daß irgendwo was nicht stimmt oder daß etwas zu teuer ist, muß man daraus auch Konsequenzen ziehen. Ich wünsche der Deutschen Bundesbahn etwas mehr dieses moderne, auf Betriebskostenrechnung und -analyse abgestellte Denken der deutschen Industrie. Das wäre eine gute Sache. Ich wünsche der Deutschen Bundesbahn, ein paar, sagen wir, Betriebswirte, ein paar Ökonomen, die dieses Metier beherrschen. Ich will niemandem zu nahe treten; aber es gibt außer dem Herrn Dr. Hilpert, der ein vorzüglicher Ökonom ist, meines Wissens in der Bundesbahn in gehobenen Chargen überhaupt keine Betriebswirte oder Ökonomen oder dergleichen; die hat noch nicht einmal eine volkswirtschaftliche Abteilung. Sie macht zwar in großem Maße Volkswirtschaftspolitik und Verkehrspolitik, aber ob das alles so fundiert ist, wie wir es gerne möchten, wage ich zu bezweifeln.
Es gibt noch einen weiteren Punkt, den ich nicht auslassen möchte, wenn von der Bahn die Rede ist. Man muß Entschlüsse nicht nur fassen, man muß sie auch durchsetzen, man muß sie im eigenen Hause durchsetzen, man muß auch nach außen seinen Standpunkt vertreten können. Was das Durchsetzen im eigenen Hause angeht, da liegt es bei der Bahn im argen. Ich will hier nicht zu dem Problem Generaldirektorprinzip oder kollegiales Prinzip im Bundesbahnvorstand sprechen. Meine politischen Freunde sind überwiegend der Auffassung, daß das kollegiale Prinzip hier am Platze ist. Ich will mich dazu nicht äußern. Aber ich will sagen: das Kollegialprinzip erwartet jedenfalls, verlangt und setzt voraus kollegiale Zusammenarbeit. Ich nehme an, daß mehr Herren als nur mir bekannt ist, welche Verhältnisse zur Zeit in der Deutschen Bundesbahn herrschen. Es tut mir leid, daß ich das hier in der Öffentlichkeit ausbreiten muß. Aber wo sonst soll man es denn ausbreiten, wenn es sich um ein so großes, wichtiges und entscheidendes Bundesunternehmen handelt?
Was das Durchsetzen nach außen angeht, möchte ich Sie, meine Damen und Herren, einmal auf dieses Buch in meiner Hand hinweisen. Es erschien, nein, es erschien nicht, es wurde gedruckt und gebunden im Jahre 1949 und heißt „Warum Bundesbahnkrise", vom damaligen Bundesbahnvorstand nach dem damaligen Stand der Erkenntnis zusammengestellt; außerordentlich interessant, in manchen Punkten schon außerordentlich weitsichtig. Dann kam ein Ukas des Bundesverkehrsministeriums, das Buch wurde verboten, es durfte nicht publiziert werden. Es liegt heute noch zu Tausenden in den Kellern der Bundesbahndirektionen herum. Das war der Augenblick, in dem der Deutschen Bundesbahn ihr moralisches Rückgrat gebrochen wurde, damals 1949/1950. Seither schwimmt sie eigentlich ein bißchen im Fahrwasser des Herrn
Bundesverkehrsministers. Man kann vielleicht sagen: Neuerdings schwimmt er in ihrem Fahrwasser. Es ist nicht so ganz klar, wer in wessen Fahrwasser schwimmt.
Aber es ist festzustellen, daß die Deutsche Bundesbahn ihrerseits nach außen leider keine klare verkehrspolitische Konzeption .entwickelt hat, wie sie das negativ den anderen Verkehrsträgern immer wieder vorwirft, die ich hier gar nicht in Schutz nehmen will.
Ich möchte also der Deutschen Bundesbahn, insbesondere ihrem Verwaltungsrat — wir haben ja einige Mitglieder dieses Hohen Hauses, die diesem Verwaltungsrat angehören —, wirklich wünschen, daß sie Selbständigkeit und Zuständigkeitsbereich dieses Organs etwas mehr herausarbeiten und etwas mehr betonen und daß der Bundesbahnverwaltungsrat vielleicht hier und da auch etwas mehr Mannesmut vor Fürstenthronen zeigt.
Auch zur Straßensicherheit muß noch ein Wort gesagt werden. Es ist Ihnen bekannt —das bildet einen Quell der Beunruhigung für gewisse Teile des Verkehrs —, daß der Herr Bundesverkehrsminister die Absicht hat, demnächst die zulässigen Achsdrücke, die zulässaigen Gesamtgewichte und die Längen der Fahrzeuge und der Lastzüge zu verringern. Hier bin ich — das wissen Sie, meine Damen und Herren —der Meinung, daß diese Tendenz richtig ist. Es kommt dabei natürlich auch auf das Maß und natürlich auch darauf an, daß die vorhandenen Fahrzeuge eine gewisse, wirtschaftlich vertretbare Übergangs- und Auslauffrist bekommen. Ich wäre sehr dankbar, wenn der Herr Bundesverkehrsminister diese Sache nicht einfach
schlechtweg auf dem Weg der Rechtsverordnung regelte, wie ,das 'bisweilen anklingt. Ich möchte den Herrn Bundesverkehrsminister daran erinnern, daß dem zuständigen Ausschuß dieses Hauses ein Gesetzentwurf vorliegt, der sich mit diesen Fragen beschäftigt. Ich benutze die Gelegenheit, dem Kollegen Müller-Hermann ein durchaus freundliches Wort zu sagen. Ich bin der Meinung: es war ganz gut, daß wir in manchen Punkten seine alternativen Vorlagen hatten und daß idem Hause ein Gesetzentwurf vorliegt, der sich mit der Frage der Maße und Gewichte beschäftigt. Und, Herr Minister, man sollte dem Hause zunächst Zeit lassen, sich mit dieser Frage auseinanderzusetzen, ehe man, wie bisher von Ihnen angekündigt, auf dein Wege der Rechtsverordnung die Sache hintenherum alleine regelt.
Zum Straßenbauproblem möchte ich nichts mehr hinzufügen. Ich kann nur wiederholen: Das Straßenbauproblem wächst und wächst und wächst und wird von Jahr zu Jahr immer gewaltiger. Die verkehrspolitischen Aufgaben auf diesem Gebiet, gerade auch der Gemeinden und Städte, sind im Gesetz etwas schlecht weggekommen. Besonders in den Großstädten ist es eine furchtbare Sache, die auf uns zukommt. Sie können etwa davon ausgehen, daß wir in Deutschland dieselben Motorisierungs- und Straßenbauprobleme haben wie die USA, bloß immer 15 Jahre später. Bei uns treten heute die Verhältnisse ein, die in den USA vor 15 Jahren 'akut waren. Das ist ungefähr der zeitliche Verzug, mit dem wir da rechnen müssen. Mit dem Verkehrsfinanzgesetz allein ist hier nicht geholfen, darüber mache ich mir gar 'keine Illusionen. Ich frage mich bisweilen, was man eigentlich tun kann, um die Dinge besser aufeinander abzustimmen. Denn daß für das Bedürfnis des Verkehrs, für die Notwendigkeit ides Straßenbaus die gegenwärtige Aufsplitterung in Zuständigkeiten des Bundes und Zuständigkeiten der Länder und derjenigen der Gemeinden, auch die finanzielle Aufsplitterung, nicht gerade das beste ist, daran habe ich keinen Zweifel.
Auf der ,anderen Seite bin ich überzeugt, daß man aus verfassungspolitischen und verfassungsrechtlichen Gründen diese Sache nicht ändern kann. Ich bitte also zu überlegen, ob man nicht vielleicht nach dem Beispiel des Ruhrsiedlungsverbandes eines Tages zu einer Art „Zweckverband Straßenbau" zwischen Bund, Ländern und Gemeinden kommen muß. Das sind, wie ich gern zugebe, Dinge, 'die noch etwas weit in der Zukunft liegen. Aber wir werden rechtzeitig an sie 'herangehen müssen; sonst finden wir uns eines Tages da wieder, daß nicht nur die Stadt Hamburg, wie ich es zu Hause erlebt habe, sondern auch die Stadt Frankfurt, die Stadt Dortmund und auch die kleinen 100 000-Einwohner-Städte ihre Citys einfach für den Lkw-Verkehr sperren und sagen: Ihr kommt bei uns nicht mehr rein, bloß noch nachts! Dahin wird es sehr bald kommen, wenn wir diese ganzen Geschichten nicht anpacken.
Ich möchte zum Schluß in dem Zusammenhang — wobei ich betone, daß die Motorisierung unaufhaltsam fortschreiten wird, trotz Verkehrsfinanzgesetz — noch ein Wort sagen über die deutsche Automobilindustrie,
die uns so die Ohren vollgeweint hat, daß dieses Verkehrsfinanzgesetz ihren Absatz ruiniere, daß der Export nicht mehr gehen werde und was dieser Dinge mehr sind. Ausgerechnet die Vorstandsmitglieder der Automobilindustrie halten nun Reden und sagen: Das wird alles ganz furchtbar werden, wir können nichts mehr •absetzen! Ausgerechnet die halten Reden und sagen: Die Mineralölpreise sind zu hoch, die müssen runter, die Pkw-Steuer ist zu hoch, die muß runter! Sehen Sie sich doch einmal die Bilanzen der deutschen Automobilaktiengesellschaften an, meine Damen und Herren!
Ich habe das getan. Ich habe die letzten vier, fünf Jahre Geschäftsberichte und Bilanzen all dieser großen Firmen verfolgt. Ich möchte die Namen nicht nennen. Aber Sie können auch aus dem Handelsblatt und aus der sonstigen Wirtschaftspresse verfolgen, daß es diesen Leuten recht gut geht und daß sie auf Grund der Marktanalysen, die sie angestellt haben, zweifellos insgeheim genau wissen und überzeugt sind, daß die Motorisierung ungeachtet dieses Gesetzes nicht aufzuhalten ist, daß sie fortschreitet. Infolgedessen haben sie enorme Investitionen angekündigt. Ein großes Werk hat in 'seiner Generalversammlung angekündigt: im Laufe der nächsten drei Jahre 180 bis 200 Millionen Investitionen zwecks Kapazitätserweiterung. Ein zweites Werk hat angekündigt: im Laufe der nächsten zwei Jahre 200 Millionen Investitionen zwecks Kapazitätserweiterung. Ein anderes Werk hat angekündigt: 100 Millionen zwecks Kapazitätserweiterung. Das Volkswagenwerk, das ja besonders publizitätsfreudig ist, hat nichts angekündigt. Aber es erweitert seine Kapazität außerordentlich. Sie können also im Schnitt 'davon ausgehen, daß die deutsche Automobilindustrie pro Jahr 300 Millio-
nen netto investiert. Vergleichen Sie das einmal mit den bescheidenen Tröpfchen, die wir heute in den Straßenbau stecken können, meine Damen und Herren! Dann werden Sie sich darüber klar, wie falsch und wie schief hier die Relation liegt und wie falsch die Schwergewichte bei der Invesstition in dem ganzen Verkehrssektor liegen. Die Kraftfahrzeugindustrie investiert im Laufe von drei Jahren genau so viel, wie die ganze Investitionshilfe bedeutet hat. Diese Größenordnungen muß man sich einmal vor Augen führen.
— Wir reden ja jetzt nicht von Straßen, wir reden von den Autos. Ich sage Ihnen, es werden viel zuviel Autos im Verhältnis zu dem bißchen Straße produziert, das ist das Problem! Und ich sage, die Automobilindustrie hat kein Recht, ein großes Geschrei anzustellen. Es gibt wohl in der ganzen deutschen Industrie nur wenige Industriezweige, die in ihrer Rendite so hoch über dem allgemeinen Durchschnitt der Industrie des Bundesgebiets liegen wie ausgerechnet die Automobilindustrie.
Ich möchte auch eine Bitte richten an den Herrn Bundesfinanzminister oder den Bundeswirtschaftsminister, falls er da ist. Ich glaube, daß es einmal Angelegenheit des Kabinetts oder des zuständigen Ressorts wäre, sich der Preispolitik zumindest des Volkswagenwerks anzunehmen. Nach meiner Überzeugung verdient das Volkswagenwerk an einem einzigen Wagen rund 30 % netto, wahrscheinlich etwas mehr. Ich kann das nicht beweisen, weil 'das Volkswagenwerk — und das ist eine Schande für ein Bundesunternehmen — seit Jahr und Tag keine Geschäftsberichte und keine Bilanzen veröffentlicht hat. Aber ich möchte bitten, daß endlich einmal darauf gedrungen wird, daß das nun an die Öffentlichkeit kommt und daß das Werk genau wie jedes andere seine Bilanzen vorlegt. Eine solche Politik gehört sich einfach nicht!
Man soll hier nicht einwenden, daß die Eigentumsfrage des Volkswagenwerks noch ungeklärt sei und daß man nicht darüber reden könne. Es gibt über eines keinen Zweifel: daß der Bund jedenfalls für das Volkswagenwerk die Verantwortung trägt und insofern auch für seine Transparenz und Publizität . und für seine Preispolitik.
Ich habe also nicht verstanden, daß ausgerechnet aus der Automobilwirtschaft heraus geklagt wurde, die Mineralölpreise in Deutschland seien zu hoch. Natürlich sind sie zu hoch. Aber wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen, und normalerweise hackt ja auch wohl eine Krähe der anderen nicht die Augen aus.
Ich glaube aber, das ist die Gelegenheit, auch über die Mineralölpreise in Deutschland zu sprechen. Meine Damen und Herren, sehen Sie sich einmal das UNO-Dokument an, das die ECE im Februar 1955 herausgebracht hat! Oder lesen Sie, was der Herr Bundesfinanzminister im Bulletin in den „Finanzpolitischen Mitteilungen" vom 16. März veröffentlicht hat, und zwar abdruckweise einen Aufsatz aus der Feder eines der besten Nationalökonomen, die die Regierung einmal in den Reihen ihrer Ministerien gehabt hat! Oder lesen Sie meinetwegen auch die bekannte verkehrspolitische Fachzeitschrift „Der Spiegel"!
Das genügt, um sich darüber klarzuwerden, daß auf dem Gebiet der Mineralölpreise manches nicht so ist, wie es eigentlich sein sollte.
Ich will hier nicht etwa Experimenten à la Mossadeg das Wort reden; das könnte ins Auge gehen. Ich halte diese Konzerne für übermächtig. Ich möchte auch nicht einmal einem Experiment à la Duttweiler, wie es in der Schweiz versucht worden ist, das Wort reden. Der Herr Duttweiler, der das ja ein halbes Jahr vorexerziert hat, soll gesagt haben: Dös wenn ich gewußt hätt'! — Wenn er das gewußt hätte, was er jetzt weiß, hätte er es nicht angefangen. Es ist eine haarige Sache, sich mit diesen großen Konzernen auseinanderzusetzen.
Ich glaube aber — und das an die Adresse der Bundesregierung gesagt —, daß man die Sache jedenfalls einmal untersuchen muß. Nur so kann ich ja auch, Herr Bundesfinanzminister, den Abdruck dieses Aufsatzes in den „Finanzpolitischen Mitteilungen" verstehen — nicht daß Sie sich mit jeder Zeile identifizieren, die darin steht, aber dadurch, daß Sie es in Ihrem Organ abdrucken, geben Sie doch wohl zur Kenntnis, daß Sie der Meinung sind, an dem, was dieser Mann über die deutschen Mineralölpreise geschrieben hat, sei einiges dran.
Nun bitte ich Sie, gehen Sie der Sache nach und bringen Sie doch einiges mehr ans Tageslicht!
Ich möchte einmal auch der deutschen Presse und überhaupt der deutschen Öffentlichkeit sagen: Bringen wir doch mal die deutsche Mineralölwirtschaft und ebenso die Automobilwirtschaft in den Zustand der Anklage durch die öffentliche Meinung! Dann sollen sich diese außerordentlich publizitätsempfindlichen Konzerne einmal große Anzeigenseiten in der deutschen Presse kaufen und in ganzseitigen Anzeigen darlegen, weshalb ihre Preise eigentlich so hoch sein müssen.
Ich meine, daß die Leute gerade auf diesem Gebiet sehr empfindlich sind und daß man sie vielleicht etwas aus ihrer Reserve herauslocken kann.
Ich möchte mich an diesem Verfahren heute ein wenig beteiligen. Ich zitiere nicht aus dem ECE-Bericht und auch nicht aus dem Aufsatz von Günther Keiser im Regierungsbulletin, sondern beschränke mich auf ein paar Zahlen, die mir freundlicherweise einige Herren aus der mittleren Etage der Big Five, der fünf großen Mineralölkonzerne, verschafft haben — übrigens keine geheimen Zahlen; man kann sie in jedem fachlichen Dienst nachlesen.
Ich vergleiche einmal die Benzinpreise in Deutschland und in den umliegenden westeuropäischen Staaten. Nachdem ich überall sämtliche Steuerbelastungen abgezogen habe — Importzölle, Umsatzausgleichsteuer, Mineralölsteuer und was überhaupt darauf lastet —, bleibt der reine kommerzielle Preis übrig einschließlich aller Spannen, die er beinhaltet. Dann kommt man zu dem Ergebnis, daß beispielsweise Benzin, umgerechnet auf Liter und DPfennig, im September vorigen Jahres in Belgien 19 Pfennig kostete, in Dänemark 20,5, in England 19,8, in Frankreich 20,1, in Holland 20,0 — und in Deutschland 31,8 Pfennig.
Das kann man eigentlich nicht verstehen, denn die Weltmarktpreise für Nahostöl dürften ja für Deutschland und für Holland- dieselben sein; die Tankerfrachten dürften ebenfalls dieselben sein und die Lohnkosten in Deutschland sogar noch niedriger als in Holland. Zu verstehen ist das also eigentlich nicht.
Ich halbe mich natürlich sehr sorgfältig mit einer Reihe von Herren aus der deutschen Mineralölbranche unterhalten, und da wurden mir tausend Gründe dargelegt, warum das doch so sein müßte. Ich wäre sehr dankbar, wenn man diese Herren dazu bringen könnte, uns die Gründe einmal öffentlich darzulegen, damit wir sie auch öffentlich unter die Lupe nehmen können. Ich bin der Überzeugung, daß beim deutschen Benzinpreis Luft drin ist, die man herausdrücken kann. Der deutsche Benzinpreis braucht lange nicht so hoch zu sein, wie er ist.
Daß diese Preise absolut Manipulationspreise sind und nichts mit Markt oder mit Kosten zu tun haben, das sehen Sie aus dieser willkürlichen Änderung vor einigen Wochen, wo man den Dieseltreibstoff um zwei Pfennig teurer und das Benzin um zwei Pfennig billiger gemacht hat, um der Debatte hier den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Ich glaube auch — und das wieder an die Adresse des Bundeswirtschaftsministers gesagt —, daß die Mineralölpreise und die Marktform der deutschen Mineralölversorgung, dieses Oligopol, das wir da haben, ein Paradefall — ein höchst komplizierter, aber höchst interessanter Paradefall — ,dafür werden kann, ob das Kartellgesetz, auf ,das wir alle so sehnlich warten, hinterher wirklich ein Gesetz ist oder nur eine Farce.
Ich darf zum Schluß kommen. Ich habe einige der verkehrspolitischen Probleme der unmittelbaren Zukunft gestreift, und ich darf sagen, unser Vertrauen darin, daß der Herr Bundesverkehrsminister diese Probleme wird meistern können, ist nicht sehr groß. Wir sehen seine bisherige Politik und ihre Folgen, ihre Ergebnisse vor 'unseren Augen. Wir sehen auch seine gegenwärtige Politik. Wir sehen seine Versuche, die Verantwortung auf eine Reihe von Ausschüssen zu verlagern. Da gibt es einen Rationalisierungsausschuß für die Bundesbahn unter einem Herrn Ottmann, einen WetzlerAusschuß, einen Beyer-Ausschuß, einen Selbstkostenausschuß; übrigens ist der zur Zeit eingeschlafen, weil der Finanzminister ihn nicht mehr finanziert.
Lauter Gremien gibt es da in der Welt, die machen alle Verkehrspolitik; aber bei dem, der sie machen sollte, haben wir das Gefühl, daß es nicht so funktioniert, wie wir uns das vorstellen.
Wir sind also sehr skeptisch. Ich möchte einmal in aller Ruhe — und ich hoffe, daß es mir gelingt, dabei alle ironischen und sonstigen Untertöne unterdrücken —
ausführen, daß es für die außerordentlich schwierigen Aufgaben, die in der gegenwärtigen Verkehrssituation in Deutschland ein Bundesverkehrsminister hat, nicht ausreicht, wenn man diese brillante Detailkenntnis mitbringt, wie sie unser gegenwärtiger Herr Bundesverkehrsminister hat, sondern daß es darauf ankommt, Zielklarheit zu haben, Stetigkeit zu beweisen in der Linie der Anstrengungen, Energie aufzubringen und vor allem und immer wieder Verhandlungskunst und Verhandlungsgeschick aufzubringen. In dieser
Vielfalt von widerstreitenden Interessen zu Kompromissen zu kommen, ist mindestens so sehr eine diplomatische Aufgabe, wie eine wirtschaftspolitische — mindestens so sehr eine diplomatische Aufgabe, die dem Bundesverkehrsminister hier obliegt. Das fängt schon im Kabinett an, meine Damen und Herren, wo man eine Verkehrspolitik plausibel machen muß, um die Kollegen davon zu überzeugen, was ja einstweilen immer noch nicht gelungen ist, wie die Spatzen von den Dächern pfeifen. Schon da fängt es an, daß man Kompromisse machen, daß man das Verständnis des Partners herbeiführen muß und nicht einfach nur versuchen darf, sich, gestützt auf die Autorität des Kanzlers, nun mit irgendwelchen Vorstellungen durchzusetzen, die andere Leute nicht teilen. Ich warne den Herrn Bundesverkehrsminister davor, diese Art der Behandlung weiter zu treiben; das führt zu keinen guten Ergebnissen.
Mit diesen schweren Bedenken sind wir bereit, dem Gesetz zuzustimmen, meine Damen und Herren, wenn Sie — das wiederhole ich — es nicht jetzt anschließend in dritter Lesung noch verschlechtern. Denn es ist gerade wegen der großen Opfer und trotz der großen Opfer, die es fordert, wahrscheinlich ein brauchbarer Anfang. Wir glauben, daß wir — alle miteinander, die wir an dem Gesetz gearbeitet haben — alle Interessen gegeneinander abgewogen und das übergeordnete Interesse des öffentlichen Wohls vorangestellt haben. Ich glaube, wir haben mit dem Gesetz, so wie es jetzt hier vorliegt, wirklich versucht, das zu tun, was die Engländer nennen „to make the best of it". Und ich glaube, wir haben diese unverschämten Anzapfungen von gewissen Gruppen nicht zu scheuen, die uns Telegramme schicken etwa des Inhalts: „Erbitten bis dann und dann schriftlichen Bericht, wie Sie unsere Interessen vertreten haben. Unterschrift: XY-Verband". Wir brauchen uns gegenüber diesen Gruppen nicht zu schämen. Wir haben uns wirklich ehrliche Mühe in der Sache gegeben. Vielleicht ist manches noch nicht ganz in Ordnung, vielleicht muß manches noch im Laufe der nächsten zwei, drei Jahre abgeschliffen werden. Aber ehe wir darangehen, etwas abzuschleifen, ehe wir darangehen, vielleicht nach zwei, drei Jahren der Praxis aus den inzwischen gewonnenen Erfahrungen heraus etwas zu ändern, möchte ich, daß in der Zwischenzeit hier zwei Ergebnisse auf dem Tisch des Hauses liegen, die uns der Herr Bundesverkehsminister bringen muß, und zwar erstens eine fertige, hieb- und stichfeste, aufeinander abgestimmte, sorgfältige Straßenaufwandsstatistik von Bund, Ländern und Gemeinden, damit es endlich einmal aufhört, daß auf diesem Gebiet jeder das beweisen kann, was er gern beweisen möchte, und zweitens die abgeschlossene Selbstkostenuntersuchung für die Verkehrsträger. Das beides brauchen wir, ehe wir uns ein anderes Mal mit diesem ganzen Problem beschäftigen; denn wir geben doch zu, meine Damen und Herren — auch der Bundesverkehrsminister muß das zugeben —: wir tappen ein bißchen im Dustern und vertrauen eigentlich mehr dem angelsächsischen Prinzip des trial and error, d. h. wir wollen einmal versuchen, was dabei herauskommt, und können es nachher immer noch ändern; das ist eine freie deutsche Übersetzung. Wir vertrauen ja doch ein wenig diesem Prinzip des trial and error. Wir befinden uns bei diesen Zahlen keineswegs auf festem Boden.
Ich möchte zum Schluß die Anregung wiederholen, die von verschiedenen Seiten dieses Hauses zu der Verkehrspolitik immer wieder gekommen ist. Ich würde die vielen Ausschüsse, die es auf verkehrspolitischem Felde gibt, beseitigen. Nehmen Sie sich, Herr Bundesverkehrsminister, die große Strafrechtskommission zum Vorbild, die der Herr Bundesjustizminister gebildet hat. Wäre es nicht möglich, in einer solchen Form der Zusammenarbeit von Fachleuten, d. h. Praktikern und Wissenschaftlern und Parlamentariern in Ruhe und nicht unter Zeitdruck im Laufe von zwei, drei Jahren etwas zu erarbeiten? Das setzt natürlich voraus, daß man die Taktik aufgibt, den einen Ausschuß gegen den anderen und die eine Gruppe gegen die andere ausspielen zu wollen.
Nun, meine Damen und Herren, ich möchte im letzten Satz diesem keineswegs rosigen Gesamtbild, das ich für die zukünftige Entwicklung des Verkehrs und der Verkehrspolitik gezeichnet habe, doch wenigstens einen kleinen hoffnungsvollen Tupfer aufsetzen und, Herr Präsident, wenn Sie gestatten, in folgender Form hoffnungsfreudig schließen:
Wem Herrgott gab ein Amt,
dem gibt er --- schließlich und schlußendlich — auch Verstand,
so hoffen wir zum Himmelszelte,
daß dieses auch für Seebohm gelte.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Müller-Hermann.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn ich Herrn Kollegen Schmidt richtig verstanden habe, wird seine Fraktion dem Verkehrsfinanzgesetz in seiner Gesamtheit zustimmen. Ich begrüße das außerordentlich, weil auch in meiner Fraktion von vornherein der Wunsch bestanden hat, ein Gesetz zu verabschieden, das die Zustimmung aller Fraktionen dieses Hauses erhält.
Wir sind uns darüber im klaren, daß das Gesetz nicht in jeder Beziehung ideal ist. Das wird uns nicht nur von den verschiedensten Kreisen, die an den Verkehrsdingen interessiert sind, vorgehalten, sondern das haben wir auch bei den Diskussionen in den eigenen Reihen immer wieder feststellen können. Es gibt verschiedene Auffassungen zu Einzelprojekten, und aus diesem Grunde haben wir uns — wie mir scheint, mit Erfolg — bemüht, einen Kompromiß zustande zu bringen, der zwar erhebliche, zum Teil schwerste Belastungen auf einzelne Teile der Wirtschaft legen wird, aber doch an der Grenze des Vertretbaren und Tragbaren liegt, wobei die Belastungen im Interesse der Ziele, die wir mit diesem Gesetz verfolgen, notwendig sind.
Das Verkehrsfinanzgesetz ebenso wie der Antrag auf Abnahme der betriebsfremden politischen Lasten der Bundesbahn, den wir gleichzeitig behandeln, ist ein Teilstück des Verkehrsneuordnungs-Programms, dessen Bewältigung wir im Bundestag — ich betone das ausdrücklich: wir im Bundestag — uns zur Aufgabe gesetzt haben. Wir werden im Laufe der nächsten Monate noch verschiedentlich Diskussionen über Einzelfragen des Verkehrs haben, einfach deshalb, weil das Problem
in verschiedenster Gestalt immer wieder auf uns zukommt. Es besteht in diesem Hause Übereinstimmung, daß gerade eine arbeitsteilige Wirtschaft einen funktionsfähigen und qualifizierten Verkehrsapparat braucht. Wir sind uns auch darüber einig, daß dieser Verkehrsapparat heute zwar funktioniert, aber doch zum Teil mit Mängeln behaftet ist, die wir abstellen müssen. Gerade auf dem Gebiet des Verkehrs gilt es, die technische Entwicklung, neue technische Möglichkeiten zu nutzen. Aber es gilt desgleichen, dafür zu sorgen, daß die Menschen nicht zu einem Opfer einer solchen technischen Entwicklung werden. Es gibt keinen Zweifel darüber, daß die Entwicklung der Schienenwege in allen Ländern der Welt wesentlich zu einer Förderung des Wohlstandes und zu der Entwicklung unserer großen Wirtschaftszentren und Industrien beigetragen hat, aber es gibt ebensowenig einen Zweifel darüber, daß auch die Entwicklung des Kraftwagens wesentliche Vorteile für die Weiterentwicklung dieser Industrien gebracht hat.
Die Vorteile des Kraftwagens liegen insbesondere darin, daß er in der Lage ist, die Gebiete zu erschließen, die nicht günstig an Schienenwegen gelegen sind. Das gilt auch für unser verhältnismäßig dicht mit Schienenwegen überzogenes Land, wenn wir hören, daß 70 % aller Gemeinden in der Bundesrepublik heute ausschließlich auf den Straßenverkehr, auf die Straßenverkehrsverbindung angewiesen sind. Der. Kraftwagen hat zweifellos gerade in den Nachkriegsjahren wesentlich dazu beigetragen, verkehrsschwache Gebiete zu erschließen, er hat zu einer Entballung unserer Wirtschaftszentren, zu einer Entmassung unserer Städte beigetragen und nicht zuletzt auch dazu gedient, einer großen Zahl von mittelständischen Existenzen die Möglichkeit des Aufbaus zu geben.
Die Aufgabe der Verkehrspolitik liegt darin, die verschiedenen Verkehrsträger, die jeder für sich ihre wichtigen Funktionen zu erfüllen haben, sowohl die Schienenverkehrsmittel als auch die Kraftwagen, die Schiffahrt und die Luftfahrt oder noch neue auf uns zukommende Verkehrsmittel, zu einer Zusammenarbeit und zu einer Ergänzung zu bringen, dabei neuen Fakten Rechnung tragend und mit dem Blick auf die Gesamtheit und in die Zukunft gerichtet. Wir brauchen einen Leistungswettbewerb, einen echten Leistungswettbewerb der verschiedenen Verkehrsträger, der sich in gewissen geordneten Bahnen vollzieht. Es gibt keinen Zweifel, daß sich auf dem Gebiete des Verkehrs vielseitige Einzelinteressen gegenüberstehen. Um so mehr ist es unsere Aufgabe als Gesetzgeber, mit kühlem, abwägendem Verstand, ohne politische Leidenschaften und ohne Einseitigkeiten eine Regelung zu finden, die jedem dieser Verkehrsträger seine Aufgabe zuweist und die Zusammenarbeit und Ergänzung im Interesse der Gesamtheit ermöglicht.
Die offizielle Verkehrspolitik der Bundesregierung ist, darüber kann man ganz offen sprechen, von den verschiedensten Seiten einer heftigen Kritik ausgesetzt, und ich stehe nicht an zu erklären, zumindest für meine eigene Person, daß die offizielle Verkehrspolitik in der Zusammenführung und Ergänzung der Verkehrsträger und in der Zuführung auf gemeinsame Aufgaben nicht immer eine sehr glückliche Hand gezeigt hat.
Wir haben uns immer wieder dagegen wenden
müssen, daß Übertreibungen der verschiedensten
Art und in den verschiedensten Formen durchgesetzt werden sollten. Ich denke dabei zunächst einmal an die Tatsache, daß in den ersten Jahren des Bestehens der Bundesrepublik die Schienenwege und insbesondere die Bundesbahn sehr benachteiligt und vernachlässigt wurden. Daß wir erst heute — nach wiederholten Vorstößen aus den Reihen des Parlaments diesen Antrag, der Bundesbahn ihre betriebsfremden politischen Belastungen abzunehmen, behandeln müssen, ist ein Symptom unter anderen. Zu der gleichen Zeit, als die Bundesbahn, die Schienenverkehrsträger keine sehr starke Förderung durch den Bund erhielten, wurde der Kraftverkehr systematisch begünstigt. Ich denke nur daran, daß der Knick nach unten in der Kraftverkehrssteuer Geltung behielt, eine steuergesetzliche Maßnahme, die in der Aufrüstungsperiode des „Dritten Reiches" beschlossen wurde, um die schwerlastigen Fahrzeuge zu fördern. Ich denke an die vielfältigen Abschreibungsmöglichkeiten, die gerade in der Kraftverkehrswirtschaft die Anschaffung schwerer und schwerster Fahrzeugtypen ermöglichten. Ich denke daran, daß wir uns heute genötigt sehen, über das Thema zu diskutieren, inwieweit überhaupt der Kraftverkehr seine anteiligen Straßenkosten bezahlt; es gibt keinen Zweifel darüber, daß er sie in bestimmten Beziehungen nicht in vollem Umfang aufbringt. Ich denke nicht zuletzt daran, daß mit wärmster Unterstützung des Bundesverkehrsministeriums wir in diesem Hause den Beschluß gefaßt haben, die Fahrzeuglängen auf 20 m und die Gesamtgewichte für Lastzüge auf 40 t festzusetzen, d. h. zu einem Zeitpunkt, wo wir in Anbetracht anderer vordringlicher Investitionsaufgaben nicht in der Lage waren, wesentliche Mittel im Straßenbau zu investieren, daß wir darangegangen sind, gerade den schwerlastigen Straßenverkehr über Gebühr zu fördern. Ich möchte dem Herrn Kollegen Schmidt allerdings sagen, wenn er meint, diesen Vorwurf nur auf den Herrn Bundesverkehrsminister beziehen zu müssen, daß wir alle hier im Bundestag, quer durch alle Reihen und einschließlich Ihrer eigenen Partei, Herr Kollege Schmidt, eine Schuld auf uns geladen haben, als wir erstens den Verkehrsproblemen in den vergangenen Jahren nicht die genügende Beachtung geschenkt haben und zum anderen Gesetze unterstützt haben, die gerade diese Situation auf den Straßen mit verursacht haben.
— Herr Kollege Schmidt, Sie werden nicht abstreiten können, daß z. B. gerade Herr Kollege Rechenberg bei seinem Kampf bezüglich der Ladegefäße auf den Straßen auf den heftigsten Widerstand aus Ihren Reihen gestoßen ist.
Aber wir wollen uns hier nicht darüber streiten, in welchen Proportionen die Schuld auf uns alle zu verteilen ist. Ich möchte mich nur dagegen verwahren, daß die Schuld an der heutigen Situation einseitig und völlig auf die Schultern des Herrn Bundesverkehrsministers abgewälzt wird.
Um so wichtiger scheint es mir aber zu sein, daß in Anbetracht der tatsächlich heute vorhandenen Situation von seiten des Herrn Bundesverkehrsministers immer wieder der ernsthafte Versuch gemacht wird, die Verkehrsträger und die Wirtschaft zusammenzubringen und Verhandlungen in einer Atmosphäre zu führen, die Erfolg verspricht. Hier sind zweifellos Versäumnisse zu verzeichnen, und die Form ,der Auseinandersetzung, die wir mitunter auch im Finanz- und Steuerausschuß kennengelernt haben, läßt manche Schlüsse darauf zu, aus welchem Grunde eine Verständigung zwischen den Verkehrsträgern und der Wirtschaft über das Verkehrsneuordnungsprogramm nicht zustande gekommen ist. Es ist bedauerlich, wenn heute gegen die offizielle Verkehrspolitik der Vorwurf erhoben werden kann, daß sie eine einseitige Eisenbahnpolitik betreibt und ihre Abteilung für den Straßenverkehr praktisch eine Abteilung gegen den Straßenverkehr ist.
Ich würde dem Bundesverkehrsministerium wirklich dankbar sein, wenn es sich in jeder seiner Aktionen und Verlautbarungen vor idem Vorwurf schützen würde, daß es eine einseitige Verkehrspolitik betreibe, nicht eine übergeordnete Verkehrspolitik. Wenn wir die hier schon zitierte sogenannte „Sprachregelung" innerhalb des Ver kehrsministeriums lesen und dann davon Kenntnis erhalten, daß die Planung in diesem Ministerium darauf hingeht, unabhängig von der Ablösung der Kraftfahrzeugsteuer, 'also unter Beibehaltung der heutigen Kraftfahrzeugsteuersätze zur angemessenen Belastung des Straßenverkehrs den Dieselpreis bis auf 30 Pfennig heraufzusetzen, möglichst noch in einem Gesetz, das in diesem Jahre zusätzlich zu diesem verabschiedet 'werden soll, dann muß man sagen, daß der Vorwurf einer einseitigen Politik zumindest gegen einen der Verkehrsträger natürlich nicht ganz zu Unrecht besteht. Hier würde ich also nachdrücklich warnen.
Ich möchte — und hier glaube ich im Namen der gesamten CDU-Fraktion zu sprechen — meine und unser aller Bereitschaft gegenüber dem Herrn Bundesverkehrsminister betonen, mit ihm zusammenzuarbeiten, damit wir zu einer vernünftigen Lösung der anstehenden Verkehrsprobleme kommen.
Allerdings hat die Zusammenarbeit zur Voraussetzung, daß auf allein Seiten, sowohl von der Regierung als auch vom Parlament und, wie wir hoffen, worauf wir jedoch nicht immer einen Einfluß haben, von den interessierten Teilen der Wirtschaft, mit ehrlichen und sauberen Argumenten gearbeitet wird.
Ich muß 'in diesem Zusammenhang den Versuch anführen, die außerordentlich bedrohliche und bedauerliche Unfallsituation heute zum Anlaß zu nehmen, eine bestimmte Verkehrspolitik mit wirtschaftspolitischen Ausrichtungen zu betreiben. Wir wissen alle in diesem Haus, daß Entscheidendes geschehen muß, um eine erhöhte Sicherheit auf den Straßen zu erreichen. Aber wir müssen uns mit aller Entschiedenheit dagegen verwahren, daß die Unfalltoten zum Anlaß für eine irgendwie geartete Geschäftemacherei benutzt werden.
Zum Zweiten scheint mir wichtig zu sein, wenn wir zu einer vernünftigen Arbeit auf dem Gebiete des Verkehrs kommen wollen, daß wir einwandfreie Arbeitsunterlagen haben. Auch hier müssen Sie mir schon gestatten, gewisse Zweifel anzumelden, ob mit der Fülle von Theorien, Gutachten, Doktrinen und Veröffentlichungen, die wir von offizieller Seite auf den Tisch bekommen haben, immer sehr viel mehr ,anzufangen ist als mit manchen tendenziösen Veröffentlichungen aus den
Bereichen der Wirtschaft. Wenn wir zu einer vernünftigen Ordnung der Verkehrssituation kommen wollen, dann müssen wir uns hüten sowohl vor Schlagworten als auch vor der Verzerrung von Tatbeständen. Es ist nicht abzustreiten, daß wir, was sich auch bei den Beratungen im Finanz- und Steuerausschuß immer wieder gezeigt hat, in entscheidenden Fragen auf Vermutungen, auf nicht bis zuletzt durchgearbeitete Stellungnahmen und Ausarbeitungen angewiesen waren, zumindest soweit sie vom Verkehrsministerium kommen, während wir vom Bundesfinanzministerium stets mit sehr detaillierten und sehr genauen Angaben informiert worden sind, auch wenn man über Einzelfragen dieser Angaben mitunter in Streit geriet. Denn wir wissen ja, wie vorsichtig das Bundesfinanzministerium in seinen ,Schätzungen vorzugehen pflegt. Aber ich muß Ihnen noch einmal wiederholen, daß bisher einwandfreies Unterlagenmaterial für wesentliche Entscheidungen, die wir auf dem Gebiete des Verkehrs zu treffen haben, von seiten des Bundesverkehrsministeriums leider nicht hat vorgelegt werden können. Ich denke hierbei sowohl —
— Ja, zentnerweise, aber, wie gesagt, das ist alles nicht bis ins letzte durchgearbeitetes Material. Denken Sie z. B. daran, Herr Kollege Schneider, daß wir ein Wetzler Gutachten über die Situation der Bahn haben, das die Frage der betriebsfremden und gemeinwirtschaftlichen Lasten behandelt. Dieses Gutachten muß jetzt erneut überprüft und im einzelnen durchgearbeitet werden, eben weil das Resultat nicht genau ist und nicht zu einer Grundlage einer angemessenen Bewertung der gemeinwirtschaftlichen Belastung der Bahn gemacht werden kann. Denken Sie ebenso an das Gutachten des Wissenschaftlichen .Beirates des Bundesverkehrsministeriums über die Straßenkostenanlastung, über diese ganzen Zinstheorien. Sie müssen mir recht geben — man mag zu den Dingen stehen, wie man will —: Das Ganze ist noch nicht so ausgegoren, daß wir es zur Grundlage einer gesetzgeberischen Arbeit haben machen können. Der Finanz-und Steuerausschuß hat daher, nachdem wir im Verkehrsausschuß drei Monate darüber diskutiert haben, das ganze Gutachtenmaterial sehr folgerichtig zur Seite gelegt und gesagt: Wir wollen an die praktische Arbeit gehen; das andere Material ist noch nicht ausgereift.
Die dritte Voraussetzung für das gedeihliche Zusammenarbeiten mit dem Bundesverkehrministerium ist Klarheit darüber, welche Absichten in der Bundesregierung und im Bundesverkehrsministerium auf den verschiedenen Gebieten der Verkehrsneuordnung bestehen. Es trifft nicht zu, daß wir ein Gesamtprogramm zur Verkehrsneuordnung vorliegen haben. Bisher liegen uns nur das Verkehrsfinanzgesetz, das sogenannte Straßenentlastungsgesetz und ein Personenbeförderungsgesetz vor. Alles andere bewegt sich in allgemein gehaltenen Deklamationen. Es ist für uns, den Bundestag, zweifellos nicht ganz einfach, jetzt finanzpolitische, steuerpolitische Entscheidungen zu treffen, ohne zu wissen, welche Absichten auf den anderen Gebieten bestehen. Ich denke z. B. an die Frage der Investitionen sowohl bei der Straße als auch bei der Bahn. Ich denke an das Problem der Organisation der Bahn, ich denke an die Tarifmaßnahmen und auch an die Frage, welche Lastzug-längen und Lastzuggewichte in Zukunft zugelassen sein sollen. Für uns als Parlament gehören alle diese Teile einer Verkehrsneuordnung zusammen. Wir können eine sinnvolle Neuordnung nur dann zustande bringen, wenn alle Maßnahmen wie Zahnräder ineinandergreifen. Wir vermissen aber ein klares Ineinandergreifen des Gesamtprogramms des Bundesverkehrsministeriums.
Ich habe das Straßenentlastungsgesetz erwähnt und möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, daß ein maßgeblicher Arbeitskreis meiner Fraktion einen sehr eindeutigen Beschluß gefaßt hat, daß die Beförderungsverbote des Straßenentlastungsgesetzes auf eine Unterstützung meiner Fraktion nicht rechnen können. Ich möchte von mir aus nur versichern, daß Beförderungsverbote zwar ein bequemer Weg sind, zu einer Verkehrsordnung zu kommen, aber dieser Weg ist der unorganischste und muß deshalb unvermeidlich mit besonderen Gefahren verbunden sein.
Aber noch ein anderes zu dem Thema: Welche Ladegefäße sollen in unserem Straßenverkehr in Zukunft zugelassen werden? Wir sind uns völlig darüber einig, daß wir zu einer Beschränkung kommen müssen, und die heutigen Auswüchse und Übertreibungen müssen so schnell wie möglich beseitigt werden. Aber auch dieses Thema „Neuregelung der Ladegefäße" ist ein wesentlicher Bestandteil eines Gesamtprogramms zur Neuordnung unseres Verkehrswesens. Schon aus diesem Grunde wäre es meines Erachtens nicht vertretbar — nachdem der Bundestag so eindeutig seinen Willen zu erkennen gegeben hat, ein Gesamtneuordnungsprogramm durchzuziehen —, wenn jetzt der Bundesverkehrsminister diesen Teil des Gesamtprogramms auf dem Verordnungswege unter Ausschaltung des Bundestages allein lösen würde.
Es kommt dazu, daß in dem Gesetz zur Bekämpfung von Unfällen im Straßenverkehr bereits ein konkreter Vorschlag zu dieser Spezialfrage gemacht und dem Bundestagsausschuß für Verkehrswesen überwiesen worden ist. Ferner kommt hinzu, daß die Bundesregierung am 25. Februar 1954 dem Bundestag ein Gesetz über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu einem internationalen Abkommen über den Straßenverkehr zugeleitet hat, in dem auch die Frage der Zulassung der Ladegefäße ausdrücklich geregelt worden ist.
Mit aus diesen Gründen möchte ich, nachdem das bereits einmal im Verkehrsausschuß und auch im Finanz- und Steuerausschuß von den Vertretern aller Fraktionen zum Ausdruck gebracht worden ist, nochmals betonen, daß eine Ausschaltung des Parlaments bei der Regelung dieser Frage einer — na, ich möchte es einmal sehr brutal ausdrücken und bitte das Wort mit dem nötigen Vorbehalt aufzunehmen — Brüskierung des Parlaments gleichkommen müßte.
Nun werden Sie mir gestatten, zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Verkehrsfinanzgesetzes doch einmal ganz offen die Frage aufzuwerfen, ob die parlamentarische Initiative aus den Reihen der CDU/CSU auf dem Gebiet der Verkehrsneuordnung ihre Berechtigung gehabt hat oder nicht. Ich persönlich würde heute genau so handeln wie vor einem Jahr. Wir haben nun einmal als Parlament das Recht zur gesetzgeberischen Initiative, und von diesem Recht sollen wir dann Gebrauch
machen, wann es uns notwendig erscheint. Wir haben schließlich die einzige Möglichkeit, der Macht, die durch die Bürokratie der Exekutive verkörpert ist, ein wirkungsvolles Gegengewicht entgegenzusetzen, indem wir eben von diesem Recht der parlamentarischen gesetzgeberischen Initiativen im gegebenen Fall Gebrauch machen.
Ich möchte meinen, daß auch eine Verpflichtung zu dieser parlamentarischen Initiative bestanden hat, eben weil ausreichende und umfassende Regierungsvorlagen fehlten. Wir sind uns mit dem Herrn Bundesverkehrsminister und bestimmt mit der gesamten Bundesregierung völlig einig in der Zielsetzung. Wir wollen eine Gesundung der Bahn erreichen, wir wollen vernünftige Verhältnisse auf der Straße schaffen, und wir wollen eine gedeihliche Zusammenarbeit der Verkehrsträger Schiene, Straße und Wasserweg.
Der wesentliche Unterschied zwischen den Auffassungen und den Konzeptionen des Bundesverkehrsministeriums und der Alternativvorlagen ist der, daß in den Alternativvorlagen der Versuch gemacht wird, die notwendigen Maßnahmen elastisch und biegsam zu gestalten, während auf der Seite des Bundesverkehrsministeriums mehr die Neigung besteht, mit unmittelbaren und daher unorganischen staatlichen Eingriffen einen Zustand zu schaffen, den man nach der vorausgegangenen Entwicklung eben nicht von heute auf morgen, sondern nur auf dem Wege einer zielbewußten, aber elastischen und biegsamen Verkehrspolitik herstellen kann. Ich bin nach wie vor der Auffassung, daß wir zwar darangehen sollten, sofort offensichtliche Mißstände abzustellen, daß wir aber, statt mit einer Art Holzhammermethode vorzugehen, doch den elastischen Weg einer kontinuierlichen Entwicklung beschreiten sollten, um das Ziel zu erreichen, das uns allen vorschwebt. Die Alternativvorlagen sind nichts anderes als eine Diskussionsgrundlage. Mir liegt völlig fern, hier irgendwelche Privilegien für mich in Anspruch zu nehmen oder rechthaberisch auf den Vorlagen zu bestehen. Es wird heute so viel von den Interessenten gesprochen. Es schiene mir gerade in Anbetracht der Situation im Bereich des Verkehrs das Allerverkehrteste und das „Interesse" das Gefährlichste zu sein, unbedingt recht haben zu wollen.
Nun zu der Frage: Ist das von uns verabschiedete Verkehrsfinanzgesetz mit den Ergänzungswünschen, die heute interfraktionell noch an uns herangetragen werden, ein schlechtes Gesetz, ein verwässertes Gesetz, wie das mitunter in der Presse anklingt? Ich glaube, es ist ein im Grunde richtiges Gesetz. Ich möchte den Dank wiederholen, den der Kollege Schmidt hier bereits an die Vertreter der Ministerien und insbesondere an die Vertreter des Bundesfinanzministeriums für die verschiedenen Formen der technischen Hilfe ausgesprochen hat, die sie uns gewährt haben, um ein solches Gesetz zustande zu bringen. Das Gesetz bringt zweifellos schwere Härten mit sich. Man spricht heute davon, diese 450 Millionen DM könnten doch unter keinen Umständen zu preislichen Auswirkungen führen. Ich möchte mich einer derartigen Argumentation nicht so ohne weiteres anschließen. Ich bin fest davon überzeugt, daß eine Belastung der Wirtschaft oder bestimmter Teile der Wirtschaft mit 450 Millionen DM nicht nur durch bisher erzielte Überschüsse aufgefangen werden kann, sondern daß sich ganz natürlicherweise gewisse preisliche
Auswirkungen ergeben werden. Wir haben daher die Verpflichtung, die Lage sehr sorgfältig zu prüfen und zu überwachen und durch weitere Maßnahmen zu versuchen, einer solchen Entwicklung vorzubeugen und sie aufzufangen. Wir dürfen immerhin nicht vergessen, daß das Verkehrsfinanzgesetz seit langen, langen Jahren das erste Gesetz ist, das wir verabschieden, das wesentliche zusätzliche Belastungen der Wirtschaft bringt. Diese Tatsache zwingt uns, wie ich meine, alle dazu, behutsam und vorsichtig zu Werke zu gehen und nicht mit überstürzten und vielleicht allzu leichtfertigen Beschlüssen eine Belastung vorzusehen, die eben nicht, oder nur sehr schwer, ohne Schwierigkeiten verkraftet werden kann. Wir werden daher die weitere Entwicklung, die durch dieses Gesetz ausgelöst wird, beobachten und nach einiger Zeit überprüfen müssen, inwieweit das Gesetz eventuell in bezug auf eine verstärkte oder eine verminderte Belastung reformbedürftig ist.
Nun darf ich mir erlauben, einmal elf Punkte kurz aufzuführen, die meines Erachtens mit Hilfe dieses Verkehrfinanzgesetzes erreicht werden: Einmal eine Annäherung der Startbedingungen zwischen Schiene und Straße. Zum zweiten eine gerechte Besteuerung der schwerlastigen Fahrzeuge, die bisher zweifellos zu gut weggekommen sind, und die Vermeidung eines Knicks in der Kraftfahrzeugsteuer. Zum dritten die Unterstreichung der Tendenz, vom Anhänger ab- und nach Möglichkeit zu einer Beschränkung oder Einengung des Anhängerverkehrs zu kommen und dafür mehr den Sattelschlepper zu fördern. Wir kommen viertens zu einer angemessenen steuerlichen Sonderbelastung des Werkfernverkehrs. Wir kommen fünftens zu einer Angleichung der Steuerbelastungen beim Vergaser und beim Dieselkraftstoff.
Wir gehen sechstens zu auf eine Ablösung der Kraftfahrzeugsteuer für die Personenkraftwagen, und wir werden gerade diesem Projekt einer völligen Beseitigung der Kraftfahrzeugsteuer für die Personenkraftwagen wieder nähertreten, sobald die Finanzreform durchgezogen und die Kraftfahrzeugsteuer eine Bundessteuer geworden ist.
Siebtens kommen wir nicht zu einer Begünstigung, aber mindestens zu einer Nichtschlechterstellung der öffentlichen Verkehrsbetriebe. Mir scheint gerade diese Tatsache von einer nicht zu unterschätzenden verkehrspolitischen Bedeutung. Denn wenn wir heute über die Erhöhung der Dieselölpreise und über die Kraftfahrzeugsteuererhöhung hinausgehende Belastungen gerade der öffentlichen Betriebe vornehmen, wird sich das bei der Situation dieser Unternehmen in einer Anhebung der Tarife auswirken müssen, die wiederum die Förderung des Übergangs zu individuellen Verkehrsmitteln zur Folge haben wird, und wir wissen, daß die weitere Förderung der Benutzung von Rädern, Krädern, Mopeds, Pkws usw. gerade in den geschlossenen Ortschaften die verkehrspolitische Situation weiter erschwert.
Mit Hilfe dieses Gesetzes kommen wir achtens zu einer Art von Aufgabenteilung, indem wir den Nahverkehr auf der Straße von weiteren steuerlichen Belastungen ausnehmen, dafür auf der anderen Seite den Kohlenverkehr auf ,der Straße einer besonderen steuerlichen Belastung unterziehen. Wir kommen damit in der verkehrspolitischen Tendenz einem sehr vernünftigen Ziel nahe, nämlich den Kraftverkehr nach Möglichkeit in den Nahbereich, in den Flächenverkehr einfließen zu
lassen und den Massentransport auf weite Entfernungen nach Möglichkeit der Bahn zuzuführen.
Das Neunte, was wir mit diesem Gesetz erreichen, ist, daß der Bundesbahn für ihre Modernisierung und Rationalisierung auf dem Wege der Vorfinanzierung ein Betrag von 1,5 Milliarden DM, und das Zehnte, daß für die nichtbundeseigenen Bahnen ein Betrag von 100 Millionen DM zur Verfügung gestellt wird.
Wir kommen elftens mit Hilfe dieses Gesetzes und, wie ich hoffe, des interfraktionellen Zusatzantrags dazu, daß in einem möglichst hohen Umfang auch für den Ausbau unseres Straßennetzes Mittel zur Verfügung gestellt werden. Meine Damen und Herren, wenn der Versuch gemacht wird, so zu tun, als ob nach den Beschlüssen der zweiten Lesung oder auch nach den Beschlüssen des Finanz-und Steuerausschusses für den allgemeinen Straßenausbau nichts mehr übrigbliebe, so muß man dem doch sehr energisch entgegentreten. Wir werden mit Hilfe dieses Gesetzes einen Betrag von etwa 450 Millionen DM zusammenbringen, und zwar im 'ersten Jahr des Bestehens dieses Gesetzes, wenn man in den bisherigen Zahlenaufstellungen vor allem noch folgende Tatsache berücksichtigt. Nicht berücksichtigt 'worden ist bisher, daß dem Bund auch Mehreinnahmen aus der Anhebung des Diesel- und Benzinkraftstoffpreises von Bereichen der Wirtschaft außerhalb der Kraftverkehrswirtschaft zufließen. Wir werden mit Hilfe einer gewissen Form von Zweckbindung — ich möchte diesen Ausdruck nach Möglichkeit vermeiden — die Gewähr dafür erhalten, daß der Zweck dieses Gesetzes erreicht wird, nicht nur der Bahn, sondern tatsächlich auch dem Straßenbau in einem erheblichen Umfang Mittel zuzuführen.
Der Herr Kollege Schmidt hat sich auch über die Situation der Bundesbahn verbreitet, der wir natürlich mit diesem Gesetz mittelbar auch helfen wollen.' Ich darf, wenn Herr Präsident gestatten, hier mal einige Zeilen aus der neuesten Ausgabe des Internationalen Archivs für das Verkehrswesen zur Verlesung bringen. In dieser Ausgabe wird die Situation der Bundesbahn meines Erachtens in einer sehr klaren und eindeutigen Weise gekennzeichnet. Es wird vorausgeschickt, daß es selbst in einem Konjunkturjahre nicht gelingen würde, die Bundesbahn allein mit Hilfe dieses Gesetzes aus ihrer jetzigen Finanzmisere herauszubringen. Es heißt dann aber weiter:
. . . dann zeigt es sich auch, daß eine finanzielle Gesundung der Eisenbahn auf der Einnahmenseite nicht mehr zu erwarten ist. Auch die Verkehrsgesetze werden nicht mehr so viel Verkehr bringen, daß ein solches Defizit noch ausgeglichen werden kann.
Der Rückblick der Bundesbahn läßt so auch erkennen, daß im Jahre 1954 die Kostenseite stärker expandiert hat wie die Einnahmenseite. Vor allem gilt dies von der mehrfachen Erhöhung der Personalkosten, die im Jahre 1954 erst mit ihrer vollen Last die Bundesbahn trafen. Die Entlastung aus der planmäßig fortschreitenden Personalverminderung — es wurde der Personalbestand immerhin um 16 000 Köpfe verringert — war zwar spürbar, konnte aber auch nicht annähernd einen Ausgleich für das Ansteigen der Ausgaben je Kopf bringen. Auch bei den Sachkosten des laufenden Betriebes wurden die Rationalisierungserfolge durch Kostensteigerungen, vor allem bei Kohle
und Eisen, überdeckt. Das alles sind Momente, die auf die Bundesbahn von außen zukommen und gegen die sie sich deshalb nicht wehren kann. Ihr Trachten muß deshalb darauf gerichtet sein, an anderer Stelle Einsparungen vorzunehmen.
Im Grunde bedarf die Bahn . . . einer durchgreifenden Rationalisierung und Modernisierung. Voraussetzungen hierfür aber sind Investitionen. Die Rationalisierungsreserven, die im Organisatorischen liegen, sind bereits ausgeschöpft. Die Bundesbahn muß deshalb auf einen Stand gebracht werden, der ihr zumindest erlaubt, die vollen Abschreibungen zu verdienen. Das aber ist nicht möglich, solange sie über politische Lasten ständig finanziell ausgehöhlt wird. Es hat in Deutschland kaum ein Wirtschaftsunternehmen gegeben, das seinen Wiederaufbau betreiben und gleichzeitig hohe Dividenden bezahlen konnte. Man sollte deshalb ein solches Wunder auch nicht von der Bundesbahn erwarten. Der Bund muß einige Jahre diese Last von der Schulter der Bundesbahn nehmen, damit diese ihren technischen und organisatorischen Apparat auf einen modernen Stand bringen kann. Solange der Eigentümer der Bundesbahn, d. h. der Bund, eine entsprechende Einsicht nicht nach außen hin zu erkennen gibt, kann er auch nicht erwarten, daß von dritter Seite aus in Form von Anleihen und Krediten seiner Bundesbahn geholfen wird. Ohne die Aufnahme von Anleihen aber ist eine finanzielle und technische Gesundung der Bundesbahn nicht zu erreichen. Es liegen immerhin zwanzig Jahre Verschleißwirtschaft hinter ihr. Wie sollen unter solchen Umständen die normalen Abschreibungen ausreichen, um die dadurch entstandenen Verluste wieder auszugleichen? Das läßt sich nur durch die Zuführung zusätzlichen Kapitals erreichen. Der Kapitalmarkt bietet hierfür jetzt wieder Chancen. Es ist deshalb an der Zeit, die Kreditfähigkeit der Bundesbahn wiederherzustellen, wozu in erster Linie gehört, daß sich der Bund selbst als ein pflichtbewußter Eigentümer erweist.
Meine Damen 'und Herren, diesen Ausführungen des Archivs für Verkehrswesen ist tatsächlich nur sehr wenig hinzuzufügen. Mein Antrag, 'der Bundesbahn die 'betriebsfremden Lasten im Haushalt abzunehmen, ist nur die Konsequenz aus einer richtigen Beurteilung der Bahn.
Wir wissen aber — abgesehen davon, daß eine Modernisierung der Anlagen der Bahn notwendig ist, um Verkehr von dem Kraftverkehr zurückzugewinnen —, daß sich auch die Bundesbahn selbst in ihrer Aufgabenstellung konzentrieren muß. Die Bundesbahn muß sich auf die Aufgaben konzentrieren, die auch im Zuge der weiteren technischen Entwicklung bahneigen sind bzw. bei denen eine Konkurrenzfähigkeit gegenüber der Straße auch in Zukunft bestehen wird. Die Bundesbahn muß sich deshalb selbst von bestimmten Aufgaben entlasten, die vom Kraftwagen besser und rationeller bewältigt werden können als von ihr. Ich will mich hier bei dieser Debatte nicht auf Einzelheiten einlassen.
Wir werden deshalb — Herr Kollege Jahn hat dieses Thema bereits angeschnitten — auch dazu kommen müssen, die Gemeinwirtschaftlichkeit der Bundesbahn in bestimmten Relationen zu über-
prüfen und uns zu fragen, ob nicht der Bahn gewisse gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen abgenommen werden müssen.
Aber, meine Damen und Herren, was mir noch wesentlicher erscheint, um eine Gesundung der Bahn herbeizuführen, ist eine Umstellung auch im Denken der Bahn selbst. Herr Kollege Schmidt hat bereits darauf hingewiesen, daß die Bahn Kaufleute und kaufmännisches Denken braucht. Die Bahn verfügt über ausgezeichnete Juristen, über ausgezeichnete Techniker und Verwaltungsfachleute. Aber sie verfügt über zuwenig Kaufleute, die in der Lage sind, sie auf die heutige Konkurrenzsituation umzustellen.
In diesem Zusammenhang werden wir uns — wie ich hoffe, recht bald — auch über ,die Frage der Organisation der Bahn unterhalten müssen. Nach meinem Dafürhalten gehört an die Spitze der Bahn ein verantwortlicher Generaldirektor, es gehört an die Seite dieses Generaldirektors ein möglichst unabhängiger, von erstklassigen Experten besetzter Verwaltungsrat, und es gehört, damit die Bahn ein kaufmännisches Denken praktizieren kann, dazu auch eine gewisse Unabhängigkeit von den politischen Instanzen, d. h. insbesondere vom Bundesverkehrsministerium.
Vielleicht gestatten Sie mir, da mir ja mitunter der Vorwurf gemacht wird, ich sei so besonders bahnfeindlich eingestellt, darauf hinzuweisen, daß ich in engster Zusammenarbeit mit einer ganzen Reihe von Bahnexperten stehe und daß bei den verschiedenen Diskussionen, die ich im Laufe der letzten Monate geführt habe, mir keine oder kaum eine soviel Freude bereitet hat wie eine in Frankfurt geführte Diskussion mit dem Gesamtvorstand der Eisenbahnergewerkschaft.
Ich darf hier vielleicht einmal ein Schreiben an mich zitieren, das ein Mann mir hat zukommen lassen, der über 30 Jahre in einer der wichtigsten Stellen der ehemaligen Reichsbahn gestanden hat. Er schreibt mir — wenn ich das mit Zustimmung des Herrn Präsidenten verlesen darf —:
Die Eisenbahn ist ein Körper eigener Art, der sich nicht gern in die Karten sehen läßt. Aber je länger, desto mehr bildet sich bei den Außenstehenden das Gefühl, daß etwas Grundlegendes nicht mehr stimmt und daß die Leitung nicht die Kraft aufbringt, das entscheidend Neue anzusetzen, das der Bahn eine fernere Zukunft sichert. Es fehlt nicht an sehr bedenklichen Anzeichen dafür, daß die Überzeugung von dem, was nottut, ja, die Bereitwilligkeit zu Opfern
— jetzt bitte ich mal aufzumerken —
in den mittleren und unteren Kreisen der Eisenbahnerschaft stärker ist als oben. Zu sehr herrscht in der Führung der Bundesbahn ein Traditionalismus, der die goldene Vergangenheit in eine Zukunft hinüberzuretten versucht, für die sie nicht mehr paßt. Die möglichst innige technische Verschmelzung mit der Straße blieb jahrzehntelang unentwickelt. Für die Elektrifizierung aus dem Landesnetz, wie sie sich auf der ganzen Welt vollzieht, fehlen ernste Ansätze. Die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, wie sie das Gesetz ,auferlegt, werden über Gebühr ausgespielt und bilden einen Wandschirm. hinter dem man sich ebensogut bergen wie verstecken kann. Die Überzeugung, daß viele kleine Bahnhöfe ihre Existenzberechtigung verloren haben, ist auch in Kreisen der Eisenbahn weit verbreitet. Die Bahn muß in Zukunft Betätigungsformen finden, die ihrem Personal eine sichere Existenz gewähren, ohne dessen Kräfte über Gebühr zu beanspruchen. Wir wissen, 'daß es ein langer und dornenvoller Weg ist, aber es muß endlich damit ein Anfang gemacht werden.
Die Eisenbahn fühlt sich noch immer als eine Gemeinschaft durchaus eigenen Rechts, eigener Verantwortung und eigener Vollmacht mit dem Anspruch, das ganze Verkehrswesen zu Lande führend zu beeinflussen. Sie hat aber heute im Verkehrswesen die Stellung nicht mehr, die ihr früher diesen Rang sicherte. Es wird die unabdingbare Aufgabe jetzt des Gesetzgebers sein, im weiteren Verlauf darüber zu wachen, daß der Durchbruch zu neuen Formen nicht steckenbleibt.
Herr Kollege Jahn, Sie sehen mich prüfend an. Ich hoffe, daß dieser Brief eines alten Eisenbahners auch von Ihnen gebilligt und unterstützt wird und daß wir mit Hilfe dieses Parlaments und gemeinsam mit der Bundesbahn neue Formen finden, die der Bundesbahn und den Bediensteten der Bundesbahn ihre Zukunft sichern.
Wenn Herr Kollege Jahn hier heute über die Überlastung des Personals auf Lastkraftwagen und Omnibussen gesprochen hat, so ist ihm sicherlich in vielen Fällen recht zu geben, obwohl — wie ich hier wenigstens am Rande einflechten muß — die Statistiken Übermüdung als Unfallursache nur zu einem minimalen Prozentsatz angeben. Vielleicht setzt sich aber Herr Kollege Jahn auch einmal mit der ÖTV in Verbindung; denn was er hier zum Ausdruck gebracht hat, war immerhin ein ziemlich deutlicher Vorwurf gegenüber seiner Konkurrenz zur Eisenbahnergewerkschaft, nämlich der Gewerkschaft ÖTV.
Aber, Herr Kollege Jahn, wir werden uns ja, wie ich hoffe, auch einmal über die Arbeitszeitbedingungen bei der Bundesbahn unterhalten können und müssen. Ich weiß aus vielen persönlichen Gesprächen, 'daß auch hier heute noch Härten und Unzumutbarkeiten bestehen, die wir so schnell wie möglich abstellen müssen. Meine persönliche Meinung geht dahin, daß wir erst im Zuge der Modernisierung und der Rationalisierung die Voraussetzungen schaffen, auch bei der Bundesbahn selber Arbeitszeitbedingungen einzuführen, wie sie dem heutigen Stand unserer Sozialpolitik entsprechen.
Nun darf ich noch einige Worte zu dem Thema Tarifpolitik sagen. Wir werden nach der Verabschiedung des Verkehrsfinanzgesetzes der Frage der Gesundung der Bundesbahn unsere Aufmerksamkeit widmen müssen und insbesondere auch der Frage der Tarifpolitik; denn nur über die Tarifpolitik ist eine vernünftige Aufgabenteilung zwischen den Verkehrsträgern möglich. Zum andern machen die Belastungen, die wir mit diesem Verkehrsfinanzgesetz beschließen, im Straßenverkehr eine Anpassung der Tarife unbedingt notwendig. Ohne mich hier jetzt auf Einzelheiten einzulassen, möchte ich auf die konkreten Vorschläge hinweisen, die in der Drucksache 615 zum Thema Tarifpolitik bereits von mir gemacht worden sind. Diese Vorschläge gehen letzten Endes darauf hinaus, in
Anlehnung an die effektiven Selbstkosten der Verkehrsträger selbständige Eisenbahn- und Kraftwagentarife zu schaffen.
Ich möchte auch noch ein paar Worte zu dem Thema Unfallbekämpfung anfügen, ohne aber dieses Thema hier zu vertiefen. Wie Sie wissen, ist im Rahmen der Alternativvorlagen dem Bundestag eine Vorlage über die Bekämpfung von Unfällen im Straßenverkehr zugeleitet worden. Ich bedauere immer wieder, daß der Verkehrsausschuß des Bundestages wegen Überlastung mit anderen Aufgaben bisher nicht dazu gekommen ist, gerade dieses Gesetz zur Unfallbekämpfung zu behandeln und zu verabschieden.
Immerhin darf ich ohne eine Überheblichkeit feststellen, daß der Herr Bundesverkehrsminister in seinen eigenen Vorarbeiten und Vorschlägen einen großen Teil dieser Vorschläge — ich sage ausdrücklich nicht: übernommen, denn wahrscheinlich haben ähnliche Vorstellungen auch bei ihm bereits vorher bestanden — verankert hat. Es scheint mir, als ob wir verhältnismäßig schnell zu einer Übereinstimmung über wirksame Maßnahmen zur Unfallbekämpfung kommen könnten. Nur soll man endlich auch auf diesem Gebiet aufhören mit der ständigen Abhaltung von Konferenzen, mit der Herausgabe von Broschüren und Denkschriften, sondern endlich einmal zu konkreten Maßnahmen kommen.
Meine Damen und Herren! Eine wirksame Unfallbekämpfung scheitert zu einem großen Teil leider - ich bitte meine bayerischen Freunde, mir diese Ausführungen zu verzeihen — auch etwas an den Zuständigkeitsfragen, wie sie durch das
Grundgesetz geschaffen sind. Zum Beispiel die Fragen der Verkehrspolizei und verschiedene andere Ordnungsmaßnahmen liegen in der Zuständigkeit der Länder, und es ist nicht ganz einfach, hier eine Koordinierung zu erreichen.
In Anbetracht der außerordentlich ernsten Situation, der wir gegenüberstehen, bei einer Zahl von 12 000 bis 13 000 Verkehrsunfalltoten im Jahr scheint es mir wichtig zu sein, daß der Herr Bundeskanzler selbst seine persönliche Autorität mit einschaltet, um gemeinsam mit den Ministerpräsidenten der Länder zu Entscheidungen zu kommen, die wirksame Abhilfe dort schaffen, wo eine wirksame Abhilfe möglich ist. Wir wissen, daß die Hauptursachen für die Unfälle in der Disziplinlosigkeit, in der Rücksichtslosigkeit, in der Umgehung und Übertretung von bestehenden Vorschriften liegen; deshalb sollten wir tatsächlich einmal den Versuch machen, einen vielleicht in dieser Frage überspitzten Föderalismus zu überwinden, indem die verantwortlichen Führer des Bundes und der Länder sich zusammensetzen und ihre Autorität gemeinsam für schnelle und durchgreifende Maßnahmen einsetzen.
Aber, meine Damen und Herren — und damit komme ich zum Schluß meiner Ausführungen —: die wirksamste Form der Unfallbekämpfung ist und bleibt der Ausbau unseres Straßennetzes. Sie wissen, daß ich bereits bei der zweiten Lesung einen Appell an das Hohe Haus gerichtet habe, uns doch einmal unter Überwindung formaler Bestimmungen und herkömmlicher Prinzipien zusammenzufinden in dem gemeinsamen Bemühen, das Äußerste dazu beizutragen, daß für den Straßenbau etwas geschieht; und es scheint mir wichtig zu sein, wenn wir heute der Kraftverkehrswirtschaft eine Belastung von 450 Millionen DM zumuten, daß wir diesem Teil der Wirtschaft zugleich eine Gewähr dafür bieten, daß die Mittel auch für den Zweck verwandt werden, mit dem wir für die Belastung argumentieren. Aus diesem Grunde freue ich mich, daß es gelungen ist, zum mindesten in den Reihen der Koalition und nicht zuletzt durch das Zureden auch des Herrn Bundeskanzlers, einen Antrag zustande zu bringen, der praktisch die Bindung der Mittel für Verkehrszwecke im Gesetz sicherstellt.
Ich weiß, daß damit allein das Problem nicht gelöst ist, daß wir auf dem Gebiete des Straßenbaues auch zu einer Vorfinanzierung mit Hilfe des Kapitalmarktes kommen müssen, daß wir das Problem lösen müssen, wie wir den schwächeren Baulastträgern Hilfestellung geben, den Baulastträgern wie den Gemeinden und den Landkreisen, die bereits heute den größten Teil der Straßenbauausgaben tragen, ohne irgendwelche spezifischen Einnahmen von den Straßennutzern zu haben, während sich gerade durch dieses Verkehrsfinanzgesetz, verstärkt durch die Finanzreform, die Mittel mehr und mehr in der Hand des Bundes konzentrieren. Wir werden also, Herr Bundesfinanzminister, ob es Ihnen gefällt oder nicht, im Laufe der nächsten Zeit an die Prüfung der Frage herangehen müssen, inwieweit von seiten des Bundes den schwächeren Baulastträgern Hilfestellung bei der Lösung ihrer Straßenbauprobleme gegeben werden kann. Aber wir sollten heute, meine Damen und Herren — und damit möchte ich meine Ausführungen zu diesem Verkehrsfinanzgesetz schließen —, einmütig sein in dem Bemühen, zur Beseitigung der Hauptunfallgefahrenpunkte und zu einer wirksamen Unfallbekämpfung die Mittel, die wir aus diesem Verkehrsfinanzgesetz gewinnen, soweit sie nicht für die Sanierung der Bundesbahn eingesetzt werden m ü s s en, effektiv dem Straßenbau zugute kommen zu lassen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Drechsel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den beiden Reden, die wir eben gehört haben, scheint es mir nicht erforderlich zu sein, noch auf die Einzelheiten einzugehen. Es handelt sich bei diesem Fragenkomplex ja auch nicht um parteipolitische Dinge, die man je nach der Fraktion verschieden ansehen und begründen muß, sondern um Dinge, die mehr sachlicher Art sind, so daß eine erhebliche Übereinstimmung bei allen Fraktionen besteht, wie sich auch bei der Arbeit im Ausschuß gezeigt hat. Wir haben natürlich ebenfalls gewisse Bedenken gegen das Verkehrsfinanzgesetz, aber wir wollen hier nicht über die Sünden der Vergangenheit rechten. Ich wiederhole, was der Herr Berichterstatter Krammig in seinem Bericht gesagt hat: es mußte darauf Rücksicht genommen werden, daß Versäumnisse früherer Gesetzgebungsakte nicht auf einmal ohne schädigenden Einfluß auf die betroffenen Wirtschaftskreise wiedergutgemacht werden konnten, und ich glaube, von diesem Standpunkt aus muß man das Verkehrsfinanzgesetz ansehen und auch kritisieren. Es ist gar kein Zweifel, daß in der Vergangenheit neben den sozialen Problemen und dem Wohnungsbau nicht alles auf einmal zu lösen war. Man könnte allenfalls den Vor-
wurf erheben, daß sich der Verkehrssektor nicht mit der gleichen Energie bei der Mittelanforderung eingesetzt und durchgesetzt hat, wie es beispielsweise beim Wohnungsbau geschehen ist. Aber lassen wir die Vergangenheit jetzt ruhen.
Wichtiger ist natürlich die Frage: wie soll die Sache weitergehen? Mit einer weiteren Expansion der Wirtschaft müssen wir rechnen. Drosselungsmaßnahmen bei irgendeiner Verkehrsart scheinen uns deshalb abwegig zu sein. Wir glauben auch, daß die Ansprüche der Wirtschaft und der Konsumenten in bezug auf die Verkehrsbedienung steigen werden. Man wird schnellere Haus-HausBedienung verlangen, man wird Zwischenlagern und mehrfaches Umladen vermeiden wollen, und da wird sich der Kraftfahrzeugverkehr nicht ausschalten lassen. Es entsteht auch dabei die Frage, ob die Bundesbahn zu allen Zeiten überhaupt leistungsfähig genug ist, in den Zeiten der Verkehrsspitzen und in allen Gebieten.
Es ist hier wiederholt angeklungen, daß mit dieser Verkehrsfinanzgesetzgebung eine erhebliche Belastung der Verkehrsträger verbunden ist. Aber mir scheint noch nicht genügend zum Ausdruck gekommen zu sein — und darauf richten sich unsere Bedenken —, daß die verkehrsfernen Gebiete durch das Verkehrsfinanzgesetz wieder besonders betroffen werden. Dem, was wir eigentlich wollen: Auflösung der Industriezentren, bessere Bedienung des flachen Landes, Beseitigung der dort noch vorhandenen strukturellen Arbeitslosigkeit, bessere Ausgleichung unserer ganzen Wirtschaft hinsichtlich des Wohnungsbaues, hinsichtlich der Wasserhaltung und hinsichtlich der ganzen Raumordnung, dem widerstrebt ohne jeden Zweifel das Verkehrsfinanzgesetz. Bitte, vergessen wir nicht, daß die marktfernen Gebiete auch besonders marktabhängig sind; denn wenn noch eine besondere Belastung durch die langen Transportwege eintritt, dann wird sich in Zeiten schlechter Konjunktur der Käufer seine Güter natürlich in der Nähe holen und nur bei Konjunkturspitzen auf weiter entfernte Gebiete zukommen. Wir haben also wie Herr Kollege Schmidt Besorgnisse, daß durch das Verkehrsfinanzgesetz nicht nur die Verkehrsbetriebe selbst unter Umständen sehr stark und existenzgefährdend betroffen werden, sondern auch verkehrsfern gelegene Betriebe, die ihre Produktion in Gebieten absetzen müssen, welche verhältnismäßig weit entfernt liegen.
Alle diese Bedenken und die unvermeidlichen Schwierigkeiten einer Verschiebung der Konkurrenzlage auch in den einzelnen Branchen haben dazu geführt, daß einige meiner politischen Freunde dem Verkehrsfinanzgesetz so skeptisch gegenüberstehen, daß sie ihm kaum zustimmen werden. Wir sind aber wohl alle der Überzeugung, daß das Verkehrsfinanzgesetz nicht der Weisheit letzter Schluß ist und daß wir es als einen Anfang betrachten müssen, auf dem weiter aufgebaut werden muß.
Wir sind von dem dadurch gefundenen langfristigen Finanzierungsprogramm für die Bundesbahn mit einem Volumen von jährlich 150 Millionen DM für zehn Jahre befriedigt, und mir scheint, daß das auch ein Anteil ist, der die Streitpunkte über das Schaffen gleicher Startbedingungen, über eine stärkere Vorbelastung der Bundesbahn gegenüber dem Straßenverkehr abschwächen müßte. Vergessen wir doch nicht, daß auch bei der Bundesbahn sonstige Zuschüsse aus dem Haushalt vorhanden sind, die schon einen gewissen Ausgleich der politischen und gemeinwirtschaftlichen Lasten bedeuten.
Meine Fraktion stimmt dem Antrag auf Drucksache 1092 betreffend Übernahme der betriebsfremden Lasten der Bundesbahn durch den Bund zu. Wir sind durchaus damit einverstanden, daß eine Prüfung der Möglichkeiten der Übernahme der betriebsfremden Lasten durchgeführt wird, und beantragen, daß dieser Antrag dem Haushaltsausschuß — federführend — und dem Verkehrs-ausschuß — mitberatend — überwiesen wird. Wir hoffen, daß dann allmählich eine klarere Abgrenzung der ganzen Mittel für die Bundesbahn, die im einzelnen notwendig sind, geschaffen wird und man einen wirklichen Einblick in die Kostenlage bekommt. Im übrigen stimmen wir der Auffassung zu, daß bei der Bundesbahn eine Korrektur der bisherigen Verhältnisse und Anschauungen eintreten muß, daß man die Nahverkehrszone mehr dem Kraftfahrzeugverkehr zuweisen sollte, vor allen Dingen hinsichtlich des Stückgutverkehrs, und dafür insonderheit den Knotenpunktverkehr bei der Bundesbahn fördern muß und daß das auch möglich ist. Im übrigen ist die Bundesbahn an der Besetzung und Belastung der Bundesstraßen nicht ganz unbeteiligt; denn von 15 000 Lastkraftwagen und Omnibussen betreibt die Bundesbahn immerhin 800 Lastkraftwagenzüge und hat noch weitere 750 für sich gechartert. Sie ist also selbst am Straßenverkehr nicht unerheblich beteiligt und wird natürlich auch belastet.
Der Straßenverkehr wird also bleiben müssen. Wir sind, wie gesagt, besorgt, daß die Tendenz zu geballtem Verkehr in den Industriezentren nicht behoben wird. Es wird hier im Hause allgemein davon gesprochen, daß alle Straßen überlastet sind. Das ist nicht überall der Fall. Es gibt zweifello. Gebiete in den Industriezentren, wo eine solche starke Überlastung vorhanden ist. Die Karte des Bundesverkehrsministeriums hat das ganz eindeutig nachgewiesen. Es gibt aber auch große Straßenstrecken, wo man noch nicht von einer solchen Übersetzung zu sprechen braucht, wo sich der Verkehr noch einigermaßen reibungslos abwickelt. Wenn Sie z. B. an die Straßen von Frankfurt nach Norden oder von Stuttgart nach Süden denken, so kann dort auf den Autobahnstraßen und auch auf den Bundesbahnstraßen von einem ganz normalen Fahren gesprochen werden. Wir handeln deshalb nach meiner Auffassung völlig richtig, wenn wir die dem Straßenbau zur Verfügung stehenden Mittel insonderheit auch für die Verbesserung der Ortsdurchfahrten in diesen zentralen, überlasteten Gebieten einsetzen. Deshalb begrüßen wir die Entschließung, in der steht, daß wenigstens 25 % für die Beseitigung solcher engen Ortsdurchfahrten eingesetzt werden sollen. Dort liegen die Hauptquellen und die Hauptursachen für die zahlreichen Unfälle.
Sehr bedauerlich ist, nach den Verzögerungen, die die Finanzierungsmöglichkeit erfahren hat, feststellen zu müssen, daß wir bei dem Autobahnbau mit wesentlich höheren Summen als noch vor wenigen Jahren zu rechnen haben. Noch vor zwei Jahren hat der Herr Bundesverkehrsminister jeden Kilometer mit 2 Millionen DM Kosten kalkuliert. Jetzt hat er uns dargestellt, daß die Kosten heute 21/2 Millionen DM betragen. Das ist eine Verzögerung, die uns zu denken geben und die uns dazu führen sollte, das Verkehrsfinanzgesetz möglichst schnell wirksam werden zu lassen; denn
billiger werden wir sicherlich nicht zu den Straßen kommen können. Leider werden mit den vorhandenen Mitteln aus der ersten Dringlichkeitsstufe für den Autobahnbau von 1000 km nur 600 km zu bauen sein. Es ist sehr bedauerlich, daß hier nicht mehr getan werden kann, auch dadurch nicht, daß man an eine Vorfinanzierung denkt, die über eine Gesellschaft manipuliert werden kann, indem man dieser für 14 Jahre die Mittel von je 120 Millionen DM zuschreibt. Wir sind nicht ganz sicher, ob diese Gesellschaft auch die Möglichkeit hat, die nötigen Fremdkapitalien, wenn es wieder gegeben ist, auf sich zu ziehen. Das müßte sichergestellt werden. Diese Frage wird man vielleicht noch einmal prüfen müssen.
Ich glaube, Herr Müller-Hermann hat schon darauf hingewiesen, man sollte es ebenso beim Bundesstraßenbau nicht für alle Ewigkeit ablehnen, daß eine Zwischenfinanzierung erfolgt, daß man auch an den Anleihemarkt herangehen kann, wenn nicht heute, so vielleicht in einiger Zeit. Dann wird auch die Frage sein, ob man nicht in die Gesellschaft, die für die Autobahnen gedacht ist, den Bundesstraßenbau mit einbeziehen könnte. Wir haben dabei daran zu denken, daß nicht nur die Anleihemittel für die Straßen zur Verfügung :stehen könnten. Es gibt vielmehr noch andere Mittel, auf die sich unser Augenmerk richten muß. Ich denke auch noch an die von unserem Herrn Bundesfinanzminister sicher nicht gern berührten Mittel aus dem gestiegenen Sockel, der dem Haushalt verbleiben soll; ich meine. ,daß in Notfällen auch hier etwas mehr für den Straßenbau freigemacht werden könnte. Ich denke an die Rückflüsse der ERP-Mittel und daran, daß im Zuge der Wiederaufrüstung die Straßen wieder stärker für militärische Zwecke in Anspruch genommen werden. Meiner Auffassung nach sollten auch Mittel aus diesem Programm sehr wohl für einen verstärkten Straßenbau bereitgestellt werden. Wir begrüßen schließlich die vorgesehene Entschließung derzufolge sich die Länder ebenfalls mit dem Mehraufkommen, das ihnen aus dem Verkehrsfinanzgesetz zufließt, an dem gesteigerten Straßenbau beteiligen sollten.
Was ist nun für die Zukunft notwendig? Da möchte ich insonderheit herausstellen, daß eine grundlegende Tarifordnung, wie Herr Kollege Schmidt schon betont hat, vordringlich ist. Ich finde es ebenfalls bedauerlich, daß wir mit dem Verkehrsfinanzgesetz operieren, bevor wir irgendeine Idee von einer künftigen Tarifordnung bekommen haben. Wir sind — und das haben wir uns in dem Ausschuß wiederholt sagen müssen — bei unseren Beschlüssen etwas auf Sand gewesen, weil wir — und wohl jeder in diesem Hause — uns gesagt haben, daß es undenkbar ist, daß die Mehrbelastung von etwa 450 Millionen ohne weiteres, ohne Auswirkung auf Tarife, ohne Auswirkung auf Kosten aufgefangen werden kann. Es wäre geradezu enorm, wenn das Verkehrsgewerbe plötzlich ohne Auswirkungen etwa 500 Millionen jährlich aufbringen könnte. Erinnern wir uns daran, mit welcher Schwierigkeit damals die Investitionshilfe von 1 Milliarde DM, zudem nur einmal, aufgebracht worden ist.
Diese grundlegende Tarifordnung muß so schnell wie möglich geschehen, damit nicht größeres Unheil aus dem Verkehrsfinanzgesetz entsteht. Nicht nur Straßenverkehr und Bundesbahn sind die Beteiligten, sondern hinsichtlich der Arbeitsteilung,
der Absprachen, der Klagen über Tarifverstöße sind z. B. auch Bundespost und Bundesbahn selber sehr starke Kontrahenten. Es scheint mir absolut notwendig und auch möglich zu sein, daß man durch eine Zusammenarbeit aller beteiligten Verkehrskreise zu einer vernünftigen Arbeitsteilung kommt, die im Leistungswettbewerb arbeitet und von der nötigen Voraussicht des Gesetzgebers gelenkt wird. Diese muß allerdings vorhanden sein. Wir sollten nochmals an alle Verkehrsteilnehmer den Appell richten, sich für eine ehrliche und vernünftige Zusammenarbeit bereit zu finden.
Die Einschaltung des Parlaments bei der künftigen Tarifordnung, bei der künftigen Regelung der Abmessung, der Belastung der Fahrzeuge und anderer Dinge, die hier angesprochen worden sind, halten wir allerdings für erforderlich. Dabei muß man sich nur klarwerden, wie weit das Parlament hier eingeschaltet werden soll. Ich stimme an sich Herrn Kollegen Schmidt zu, daß wir, wenn die Einschaltung des Parlaments bei der künftigen Tarifordnung sehr weit geht, wahrscheinlich mit einer sehr großen Verzögerung in der Fertigstellung der neuen Tarife werden rechnen müssen, die dabei außerdem nicht durch größere Fachkenntnisse verbessert werden. Trotzdem scheint mir ein Ausgleich durch die Vertreter der verschiedenen Interessenten, die in einem Parlament vorhanden sind, auch bei diesen Fragen zweckdienlich.
Weiterhin möchte ich zum Ausdruck bringen, daß wir dafür eintreten, ein mehrjähriges Straßenplanungs- und -bauprogramm aufzustellen, und zwar nicht nur für die Autobahnen, sondern auch für die Bundesstraßen, und nicht nur für die Bundesstraßen, sondern auch ausgedehnt auf Landstraßen und Gemeindestraßen. Ohne ein solches Programm kann sich doch das Straßenbaugewerbe nicht rechtzeitig auf die herankommenden höheren Anforderungen einstellen. Wir wissen zwar, daß das Straßenbaugewerbe heute noch nicht voll ausgenutzt ist; aber wo die Kapazitätsgrenze dieses Gewerbes liegt, hat uns bisher noch niemand sagen können. Diese Kapazität kann natürlich gesteigert werden. Aber es muß vorher rechtzeitig auf Jahre hinaus ein Plan festgelegt werden, damit die Industrie sich anpassen kann. Ein solcher langjähriger Plan ist schon aus Gründen notwendig, die in der langen Dauer der Enteignungsverfahren liegen. Ich habe mir sagen lassen, daß selbst bei der nun in der ersten Dringlichkeitsstufe stehenden Autobahn Hannover-Hamburg noch nicht alle Enteignungen klar liegen.
Wir sind also dem Gesetz zugeneigt. Wir hoffen, daß es einen gewissen Anfang bildet, daß dieses Gesetz nicht etwa der Schlußstein ist, sondern nur ein Stein in dem großen Gebäude, welches hinsichtlich der Neuordnung des Verkehrs errichtet werden muß. Man kann sagen, es ist schon eine wesentliche Stützmauer; jedenfalls ist das Verkehrsfinanzgesetz noch keineswegs das Gebäude. Wir hoffen, daß das Gebäude, der Gesamtrahmen möglichst bald fertiggestellt wird. Denn sonst hängen wir mit jedem einzelnen Teil in der Luft. Ich möchte mich dem Appell anschließen, daß wir die Gesamtkonzeption möglichst bald in übersichtlicher Form zur Bearbeitung bekommen.
Es hat sich insbesondere bei unseren Verhandlungen im Verkehrsausschuß gezeigt, daß die wissenschaftlichen Unterlagen und die statistischen Zahlen hinsichtlich ihrer Größe und Anzahl wohl sehr eindrucksvoll waren, daß aber die technischer
und wissenschaftlichen Untersuchungen durchaus noch nicht weit genug gediehen sind, um Unterlagen über die Straßenabnutzung, die Straßenkosten, die richtigen Pläne für die Belastung der einzelnen Verkehrsträger usw. zu liefern. Ich bin der Auffassung, daß auf dem Gebiet der Schaffung wissenschaftlich fundierter Grundlagen und der Erarbeitung besserer Statistiken über den Straßenbau, über die Straßennutzung und über die Straßenabnutzung von der Bundesregierung etwas getan werden sollte. Das würde uns die Arbeit schon wesentlich erleichtern. Herr Kollege Schmidt war zwar für Abbau. Für den Abbau verschiedener Beiräte würde auch ich mich aussprechen. Aber gerade für die wissenschaftlichen Untersuchungen müßte man nach den Erfahrungen des Verkehrsausschusses doch etwas mehr tun.
Die Frage der Straßensicherheit soll man nicht bagatellisieren. Sie ist hier schon genügend berührt worden. Ich möchte es mir schenken, darauf wieder einzugehen. Ich meine nur, daß dieses Problem im Rahmen des Verkehrsfinanzgesetzes zu einem geringen Teil berührt wird. Die Straßenverkehrsregelung gehört in andere Gesetze oder Verordnungen; man wird da auch im Wege der Verordnungen sicher schon sehr viel machen können, z. B. durch die Verkehrssünderkartei usw.
Im übrigen stimme ich den Ausführungen des Herrn Kollegen Jahn zu, daß man die Arbeitsbedingungen der Fahrer auf den Lastkraftwagen im Auge haben muß und daß man hier keine Überbeanspruchungen und Übermüdungen zulassen darf, die dann zu Verkehrsunfällen führen. Ich unterstütze also jeden Weg, der 'in dieser Beziehung eine vernünftige Regelung ermöglicht. Wir müssen uns nur darüber im klaren sein, daß der Verkehr schließlich nicht für die Verkehrsträger, sondern für die Gesamtwirtschaft, für die Bedürfnisse unserer Wirtschaft notwendig ist.
Wir haben uns also, wie ich schon erklärt habe, in der überwiegenden Mehrheit entschlossen, diesem Gesetz zuzustimmen, trotz der angedeuteten Besorgnisse über die Auswirkungen des Gesetzes und in der Hoffnung, daß diese Besorgnisse durch die beschleunigte Behandlung der anderen Fragen, vor allen Dingen einer 'besseren Tarifordnung, beseitigt werden. Wir machen natürlich, wie es die Vorredner schon getan haben, unsere Zustimmung davon abhängig, daß hier im Hause keine wesentlichen Änderungen an der Fassung der zweiten Lesung vorgenommen werden. Wir halten dieses Gesetz für einen entwicklungsfähigen Anfang, auf dem energisch und richtig weiter aufgebaut werden muß. Wir möchten vermeiden, daß sich das wiederholt, was von mir schon angedeutet worden ist, daß nämlich versäumt wurde, rechtzeitig in Zeiten zu bauen, wo noch genügend Arbeitskräfte vorhanden waren und das Material zum Teil preiswerter als heute angedient werden konnte. Dieses Gesetz sollte möglichst bald verabschiedet werden.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Körner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will mich bemühen, nur einige grundsätzliche Punkte herauszuschälen, um das Hohe Haus nicht übermäßig zu strapazieren. Ich möchte dem Herrn Verkehrsminister Dr. Seebohm konzedieren, daß er neben dem Bundesfinanzminister zur Zeit mit eine der unpopulärsten Aufgaben überhaupt hat.
Ich bin mir darüber klar, daß der Verkehrsminister selbst ein sehr schweres und auch verworrenes Erbe übernommen hat. Es ist nicht nur die Zerreißung Deutschlands, die Zerreißung des Verkehrs-und Straßennetzes, sondern es ist ein altes Problem — ich möchte die Mitglieder dieses Hohen Hauses besonders darauf aufmerksam machen —, das schon seit 20, 30 Jahren in Deutschland und auch in den anderen Staaten kocht und brodelt. Dieses Problem spitzte sich damals zu auf eine Kampfstellung zwischen der Schiene und der Schiffahrt. Mit der Motorisierung und dem Aufkommen des Kraftwagens trat der Kampf Schiene—Schiffahrt in den Hintergrund. Dafür ist nun ein Kampf Schiene—Straße entstanden. Die Problematik an sich, die Vielschichtigkeit, die Kompliziertheit sind geblieben und sogar noch größer geworden.
Das Verkehrsfinanzgesetz enthält einige Dinge, bei denen man sozusagen gegen alle Regeln der Kunst vorgeht. Das kann man nur wagen, wenn damit Effekte erzielt werden, die de facto zu Investitionen bei der Bahn und auch im Straßenbau führen. Die Belastung, die hier dem Gewerbe, der Kraftverkehrswirtschaft auferlegt wird, ist unzweifelhaft vorhanden. Darüber helfen gar keine schönen Worte hinweg. Man wird diese Belastung sogar auf die Gefahr hin tragen müssen, daß einige Betriebe in die Verlustzone kommen, daß Erschwernisse eintreten, aber nur unter der Bedingung, daß als nächstes wirklich aufbauende Maßnahmen folgen, je eher desto besser. Bei der Beratung des Gesetzes waren wir tief beunruhigt, und diese Beunruhigung ist auch heute noch nicht behoben. Wir werden warten müssen, wie sich das Gesetz auswirkt. Wir werden immer wieder beunruhigt sein, wenn wir nicht wissen, wie die nun folgenden Maßnahmen auf dem tarifarischen Gebiet, in der Frage der Transportgefäße oder beim Bau einzelner Straßenzüge usw. usw. sich auswirken werden.
Die Bundesbahn selbst wird nun unter Beweis stellen müssen, daß sie nicht nur die Hilfe von präterpropter 730 Millionen DM im Jahre aus dem Etat nimmt, sondern daß sie auch aus dieser Hilfe technisch, organisatorisch und tarifmäßig alle Konsequenzen zieht, die überhaupt möglich sind.
Es ist sozusagen ein Mißverhältnis zwischen Motorisierung und Straßenbau vorhanden. Gestern ist das Wort von der Bändigung der Motorisierung gefallen. Wenn es überhaupt gelingen sollte, die Motorisierung zu bändigen — ich sage: wenn es gelingen sollte —, dann wird auch eine gebändigte Motorisierung, die auf ihrem jetzigen Stand stehenbliebe, einen Ausbau des Straßennetzes um jeden Preis erfordern.
Ich brauche nicht an die Probleme der Verkehrssicherheit, an die Probleme der Verkehrserziehung oder der Überwachung der Straßen zu erinnern; aber ich möchte dabei doch eines herausstellen. Vorhin wurde hier gesagt, daß die Zahl der Unfälle noch mehr gewachsen sei als die Zahl der neu auf den Markt gekommenen und fahrenden Kraftfahrzeuge. Nach meiner Kenntnis der Statistik muß ich leider sagen, daß wir eine Unfallsteigerung von 10,4 % haben, dabei eine Steigerung — auch dies tut mir wieder bitter leid feststellen zu müssen — der Zahl der
Toten um 5,6% gegenüber 1953. Die Zahl der Kraftfahrzeuge hat sich jedoch um 20 °/o vermehrt. Daraus ist ersichtlich, daß die Maßnahmen, die unter der Ägide des Bundesverkehrsministeriums in Zusammenarbeit mit den Länderverkehrsministern getroffen worden sind, doch zu einer, sagen wir einmal, langsamen Besserung der Verhältnisse beitragen.
Die Bändigung der Motorisierung ist in anderen hochmodernen industrialisierten Staaten nicht zum Schlagwort gemacht worden. Ich denke z. B. an die USA, wo auf drei Einwohner ein Fahrzeug kommt. Bei uns kommt auf 33 Personen ein Fahrzeug. Ich denke an das Hundert-MilliardenDollar-Programm des amerikanischen Präsidenten Eisenhower, wonach in zehn Jahren hundert Milliarden Dollar — man kann natürlich sagen: Amerika, du hast es besser! — im Straßenbau investiert werden sollen.
Das Problem spitzt sich für uns zu: Wo liegt die Grenze, bis zu der man dem Fingerspitzengefühl, der intuitiven Einfühlung in die kommende Entwicklung trauen darf? Die Entwicklung zurückzudrehen, wird, glaube ich, nicht möglich sein, und es würde den größten Schaden für alle herbeiführen. Die Wirtschaft ist darauf eingestellt, daß ihr der Kraftwagen in jeder Weise zur Verfügung steht. Sie weiß auch, daß die Bundesbahn, wie man so schön sagt, das Rückgrat des Verkehrs ist. Aber beide werden nebeneinander arbeiten und existieren müssen. Sie werden sich beide auf ihre spezifischen Vorteile einstellen und diese gegenüber der Wirtschaft auch tarifarisch mehr herausstellen müssen. Ich glaube, daß es falsch wäre, eine retardierende Entwicklung anzustreben und damit der Produktion oder unserem Export irgendwie von dieser Seite her Hemmungen aufzuerlegen.
Ich denke daran, daß die Schiene die Tendenz zur Ballung hat; davon kommen wir nicht herunter. Ich denke daran, daß der Kraftwagen die Möglichkeit hat, diese Ballungstendenzen aufzulockern und die revierfernen Gebiete, die Zonenrandgebiete, die Frachthilfegebiete und was Sie alles wollen, aufzulockern und intensiver an das gesamte Wirtschaftsgefüge und an den Wirtschaftsorganismus heranzuholen. Gehen wir anders vor, dann gehen wir - ich habe das schon in der zweiten Lesung gesagt und ich glaube, auch der Kollege Müller-Hermann betonte es — an der Tatsache vorbei, daß nur jede dritte Gemeinde überhaupt einen Bahnanschluß besitzt.
Die Kraftverkehrswirtschaft hat ihr Gewicht genau so wie die Bahn. Es ist die Kunst und die Problematik — womit wir uns nun schon Monate befassen —, beide aufeinander abzustimmen und die Milliardenrechnungen, die aufgemacht werden, wirklich zum Zuge kommen zu lassen, wenn nicht infolge irgendwelcher Fehlentwicklungen nachher das Ganze nur leere Tabellen bleiben sollen. Ich habe das Gefühl, daß wir hierbei zwei Sorgenpunkte ins Auge fassen müssen, zunächst den Punkt: Wieweit wird die Wirtschaft, wieweit werden die Betriebe die neuen Belastungen auffangen können? Werden gewisse Teile Not leiden? Wird man die Belastung auf den Verbraucher abwälzen oder werden neue Tariferhöhungen gefordert werden? Das andere wird die Frage sein: Wird die Bundesbahn jetzt in beschleunigtem Tempo die Konsequenzen, und zwar aus der Chance — denn es ist eine Chance —, die ihr geboten wird,
wirklich ziehen? Nicht möchte ich, daß man einen solchen Kampf — und das hat der Kollege Jahn hier herausgestellt — vielleicht auf dem Rücken und zuungunsten der sozialen Situation des Personals bei der Bundesbahn austrägt. Es wäre eine Tragik, wenn die Opfer und die Anstrengungen, die diese Entwicklung auch von der Kraftverkehrswirtschaft verlangt, nicht ihren erstrebten Effekt erreichten. Ich glaube, wir dürfen uns nicht in einen Gegensatz zum Herrn Verkehrsminister stellen, sondern haben die Aufgabe, ihm zu helfen. Wir müssen die Entwicklung auf das stärkste und auf das intensivste beobachten und daraus die nötigen Konsequenzen ziehen, die das Ganze wieder ins Lot bringen.
Die Bundesbahn ist hier schon oft angesprochen worden. Ich möchte nur einen Punkt herausgreifen: ihre Nebenstrecken. Man redet oft von unrentablen Nebenstrecken. Es ist auch hier interessant, einmal einen Blick über die Grenzen zu werfen. In den USA sind in den letzten Jahren 50 000 Kilometer stillgelegt worden. In Frankreich waren es in den letzten zwei, drei Jahren 2000 km, und die französische Regierung plant, 10 000 km des Streckennetzes stillzulegen. Ich denke an die Planungen und die Durchführungen in Holland. Das bedeutet nicht, daß wir die Bahn stillegen sollten. Das bedeutet aber, daß man überlegt, ob man auf Nebenstrecken große Züge, die in keiner Weise ausgelastet sind, oder kleine Zugeinheiten fahren läßt. Das verursacht wieder Investierungen; das weiß ich alles. Es hängt ja eins am andern.
Wenn ich an den Straßenbau denke, darf ich doch noch ein Wort für die Kreise und Gemeinden einlegen. Was die Straßen oder das Streckennetz der Straßen angeht, so sind die Gemeinden zu 75% und der Bund zu ungefähr 25 % Baulastträger. Fragen Sie aber jetzt nach den Einnahmen: da liegt sozusagen der Hase im Pfeffer, um mal niederdeutsch zu sprechen.
Ich begrüße es deshalb, daß durch einen Antrag auf interfraktioneller Basis eine Zweckbindung in das Gesetz kommen soll. Darüber hinaus empfiehlt eine Entschließung den Länderregierungen, den Straßenbau in den Gemeinden zu unterstützen und 25 % für Ortsumgehungen und Ortsdurchfahrten anzusetzen. Denn das ist eine Voraussetzung, daß dieses Gesetz von uns mit etwas leichterem Herzen mitgemacht wird. Man kann nicht Zweckbindungen für die Bundesbahn, für die nichtbundeseigenen Eisenbahnen und für die Autobahnen vornehmen und dann den eigentlichen Straßenbau herauslassen. Es handelt sich auch nicht um eine Zweckbindung des gesamten Etats oder der 1,6 Milliarden DM, die die Kraftverkehrswirtschaft bereits aufbringt, sondern um die Zweckbindung eines zusätzlichen Aufkommens von ungefähr einer halben Milliarde DM, das wir erreichen wollen.
Ich halte diese Art einer Festlegung, die ja unsympathisch ist — ich weiß das —, trotzdem für nötig, um darauf eines Tages eine Art Vorfinanzierung und überhaupt einen großen, umfassenden Straßenbauplan aufzubauen. Ich würde es nicht für richtig halten, in die Details hineinzugehen. Je weniger wir uns technische und organisatorische Fesseln anlegen, um so eleganter und freizügiger können wir in die Planungen gehen. Es ist das ein, ich hätte beinahe gesagt, laufendes Spiel der gegenseitigen Abwägungen und ein Umstellungsprozeß, dem wir uns unterwerfen müssen.
Nur noch kurz einige Fragen. Es würde mich interessieren, wie sich die Bundesbahn — vielleicht kann mir liebenswürdigerweise der Herr Verkehrsminister eine Antwort darauf geben — zu dem Problem und den Erfahrungen im sogenannten Huckepack-Verkehr stellt.
Eine andere Frage, die mich beschäftigt, ist folgende: Wie hoch ist das Defizit der Bundesbahn im Jahre 1954 wirklich?
Ich glaube, daß man — da möchte ich unserem Kollegen Müller-Hermann recht geben — die Dinge nicht in der Methode überziehen, sondern daß man auf dem einen oder anderen Gebiet etwas vorsichtig an das Problem selbst herangehen soll. Denn neben und nach diesem Verkehrsfinanzgesetz stehen das Straßenentlastungsgesetz — jedenfalls ist es wohl noch in der Schublade des Herrn Bundesverkehrsministers —, das Personenbeförderungsgesetz, die Steigerungen, die in diesem Gesetz selbst enthalten sind, von 3 auf 4, auf 5 Pfennige tonnenkilometrischer Belastung, steht die Tatsache, daß nach zwei Jahren einer Art Schonfrist für den Anhänger die volle Belastung 'wie für den Maschinenwagen oder der Gedanke kommt, die Zuglänge oder die Tragfähigkeit abermals zu verkleinern, alles Dinge, die wie ein Rad in das andere greifen und damit, wenn nicht geschickt operiert wird, in einem großen Wurf, so möchte ich einmal sagen, die Unruhe aus der Wirtschaft, vornehmlich aus der Kraftverkehrswirtschaft, auch aus den Kreisen der Bundesbahn, nie herausbringen.
Ich habe es begrüßt — um auch Einzelfälle kurz zu streifen —, daß wir für den Nahverkehr nicht die vorgesehenen Belastungen angesetzt haben; denn das wäre gegen jede verkehrspolitische Konzeption gewesen. Ich halte es auch für falsch, in den Sektor Nahverkehr dirigistisch oder nur fiskalisch einzugreifen.
Das sind Ausleseprozesse, die hier vor sich gehen. Zu glauben, der Staat müsse für jeden und für alles die Amme sein und jeder Beamte müsse in jedem Falle darüber entscheiden, ob ein Betrieb lebensfähig ist oder nicht, würde den Staat weit überfordern.
Ich möchte von mir aus auch erklären, daß ich eine Steigerung des Dieselkraftstoffpreises um über 10 Pf pro Liter für falsch halten würde.
Was die betriebsfremden Lasten der Bundesbahn angeht, so glaube ich, daß man sie in den Ausschüssen und im Verein mit den Ministerien überprüfen muß. Man muß auch überlegen, welche übrigen Belastungen oder auch Entlastungen die Bundesbahn hat. In diesem Zusammenhang ist oft das Wort von der gleichen Plattform und den gleichen Startbedingungen zu sehen.
Das Gesetz selbst soll ein erster Stein in einem größeren Gebäude sein. Es erweckt weder die große Freude meiner politischen Freunde noch von mir selbst. Ich glaube, es wird in den nächsten Wochen und Monaten unsere Aufgabe sein, in intensivster Zusammenarbeit um des Ganzen willen dafür Sorge zu tragen, daß die Entwicklung uns nicht weggleitet, sondern daß wir sie in der Hand behalten und daß dementsprechend das, was wir
hier beginnen, zu einem neuen organischen Gefüge wird.
Das Wort hat der Abgeordnete Schneider .
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Entwurf eines Verkehrsfinanzgesetzes ist zweifellos, wie hier schon ausgeführt wurde, ein Anfang gemacht, allerdings, glauben meine politischen Freunde und ich, kein besonders guter Anfang. Es gab einmal eine Zeit, als die Bundesregierung eine Verkehrskonzeption entwickelte, die sich in verschiedenen Gesetzentwürfen niederschlug. Es muß in die Erinnerung zurückgerufen werden — die Dinge müssen einmal geradegerückt werden —, daß dies nicht die Verkehrskonzeption des Herrn Bundesverkehrsministers ist, auf den sich der Zorn speziell der Interessenten, die heute in großer Zahl auftreten, entlädt, sondern daß es sich um eine Verkehrskonzeption der Bundesregierung schlechthin handelte. Wenn Herr Kollege Schmidt mit dem Verstande gesegnet wäre — ich bitte, mir das nicht zu verübeln —, den er hier dem Herrn Bundesverkehrsminister gewünscht hat, dann müßte er diesen Tatbestand auch entsprechend zu würdigen wissen.
Auf jeden Fall kann man der Bundesregierung wahrhaftigen Gotts keine schlechten Absichten unterstellen, wenn sie eine solche Konzeption vorlegt, die letzten Endes zum Ziel hat, daß auch der schwere Lastwagenverkehr auf der Straße anteilig die Kosten trägt, die er nun einmal verursacht. Es ist für jeden, dem zugemutet wird, mehr Steuern als bisher zu zahlen, ein mißlich Ding. Aber auch der Lastwagenverkehr muß nun einmal aus volkswirtschaftlichen und auch aus sozialen Gründen zu den Belastungen herangezogen werden, die durch ihn mit verursacht werden.
Heute stehen wir vor der Tatsache, daß der schwere Lastwagenverkehr praktisch von der gesamten übrigen Öffentlichkeit, angefangen bei den Fußgängern und weiter bis zu den Radfahrern, Motorradfahrern usw. subventioniert wird.
Herr Müller-Hermann hat vorhin geäußert, daß das Straßenentlastungsgesetz, das einen Teil der Verkehrskonzeption der Bundesregierung bildet, eine Gefahr in sich berge. Ich befürchte, wir werden weiter wie bisher erleben, daß die Ortsdurchfahrten verstopft sind, daß die Unfallziffer nicht gesenkt werden kann, daß die Erschütterungen an den Gebäuden in diesen engen Ortsdurchfahrten nicht geringer werden, daß damit volkswirtschaftliche Werte zerstört werden und, nicht zu vergessen — ich bin ja wohl nicht verdächtig, ein Mann der Bundesbahn zu sein; im Gegenteil, ich habe den Vorzug, völlig unabhängig von allen Verkehrsträgern dazustehen —, daß die Bundesbahn nicht so ausgelastet ist, wie es für uns alle wünschenswert wäre. Es kann nicht bestritten werden, daß die Bundesbahn praktisch uns allen gehört. Deswegen müssen wir alle ein Interesse daran haben, daß sie nicht alle Jahre ein so großes Defizit aufweist.
Es muß auch zu denken geben, daß beispielsweise die Länder und Gemeinden der Verkehrskonzeption der Bundesregierung uneingeschränkt ihr Ja gegeben haben. In diesem Licht erscheinen die Ausführungen, die speziell von den Lastwageninteressenten gemacht werden, etwas anders.
Im übrigen sind meine Freunde und ich der Auffassung, daß der Verkehr ein unteilbares Ganzes ist, daß also sowohl die Straße wie die Schiene wie die Binnenschiffahrt zusammengehören und daß es notwendig ist, die Interessen dieser drei Verkehrsträger entsprechend aufeinander abzustimmen, einen gesunden Wettbewerb herbeizuführen und einen ruinösen Wettbewerb, wie wir ihn zur Zeit haben, nicht länger zu dulden. Kein Mensch verlangt, daß beispielsweise Schiene und Straße eine Liebesehe eingehen. Aber zu einer Vernunftehe müßte es meines Erachtens reichen.
Die Mehrbelastung der Bundesbahn — es ist schon viel darüber gesprochen worden — im Vergleich zum Straßenverkehr resultiert bekanntlich daraus, daß sie ihre Verkehrswege selber erstellen und auch unterhalten muß, daß sie gemeinwirtschaftliche Aufgaben zu erfüllen und nicht zuletzt politische Lasten zu tragen hat, die ihr abgenommen werden müssen. In diesem Sinne begrüße ich auch den Vorstoß des Kollegen Müller-Hermann; wir werden uns also schon bald darüber unterhalten, in welcher Form wir der Bundesbahn Erleichterungen schaffen können.
Es war das Ziel der Verkehrskonzeption der Bundesregierung, vernünftige Verhältnisse herbeizuführen. Im Streit der Meinungen aber wurde immer wieder das Wort von der sozialen bzw. freien Marktwirtschaft zitiert. Man befürchtete, die soziale Marktwirtschaft werde in Gefahr geraten, wenn diese Verkehrskonzeption der Bundesregierung verwirklicht werde. Meine Freunde und ich meinen, solange — und ich will hier keine billige Propaganda damit machen — jedes Jahr rund 12 000 Menschen den Verkehrstod finden und über 300 000 verletzt werden und unter Umständen für ihr Leben Krüppel bleiben, haben selbst die Erfordernisse der sogenannten sozialen Marktwirtschaft zurückzustehen und haben wir uns in erster Linie darauf zu konzentrieren, daß diese beklagenswerten Zustände abgestellt werden.
— Dazu gehört nun auch einmal, sehr verehrter Herr Kollege Müller-Hermann, daß die Straße von dem derzeitigen Verkehr stärker entlastet wird als bisher, wie ja überhaupt das letzte Ziel dieser Verkehrskonzeption der Bundesregierung eine Angleichung der Startbedingungen der verschiedenen Verkehrsträger, eine Aufteilung des Verkehrsaufkommens und nicht zuletzt auch eine gewisse Steuerung der Verkehrsdichte ist.
Es ist immer 'wieder behauptet worden, daß speziell der Bundesverkehrsminister in den vergangenen Jahren seine Meinung über diese Dinge wiederholt geändert und keine klare, stetige Linie verfolgt habe. Demgegenüber darf ich — mit Genehmigung des Herrn Präsidenten — auf eine Veröffentlichung hinweisen, in der der Herr Verkehrsminister u. a. folgendes ausgeführt hat:
Der Bundesminister für Verkehr hat in seiner Verkehrspolitik stets den Verkehr mit allen seinen Zweigen und allen seinen Einrichtungen als ein unteilbares Ganzes angesehen. Dem entspricht das verkehrspolitische Streben, alle Verkehrsträger gleichermaßen zu höchster Leistungsfähigkeit zu entwickeln. Denn alle Verkehrsträger haben noch erhebliche technische und wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten. Ihre technische Entwicklung ist nicht abgeschlossen. Ein weiteres Feld der Rationalisierung liegt in der Typisierung und Vereinfachung des Materials. Falsch wäre es, den Straßenverkehr und damit die weitere Motorisierung zu stoppen oder zu drosseln. Aber selbstverständlich muß den starken Vorbelastungen der Bundesbahn, ihrem großen Nachholbedarf, ihrer Belastung durch soziale Tarife, Ausnahmetarife und sonstige politische Anforderungen in vollem Umfang Rechnung getragen werden. Daher ist die Verkehrspolitik bemüht, gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen und ausgleichend zu wirken.
Ich glaube, allein schon hieraus erhellt, daß seit Jahren eine klare und stetige Linie verfolgt wird, und nicht, wie Herr Kollege Schmidt hier zu sagen beliebte, daß das Verkehrsministerium keine klare Linie gehabt habe.
Ich erinnere außerdem an die Maßnahmen des 1. Deutschen Bundestages und der ersten Deutschen Bundesregierung, nämlich erstens die Kontingentierung im gewerblichen Güterfernverkehr auf der Straße mit dem Ziel der allmählichen Verminderung der Zahl der Konzessionen, eine Forderung, wie sie jetzt als völlig neu z. B. vom Bundesverband der Deutschen Industrie durch seinen i Verkehrsausschuß erhoben wird; sagte doch Herr Generaldirektor Friedrich in einem Vortrag, den er kürzlich in Bonn gehalten hat, ausdrücklich, daß eine Verminderung der Konzessionen für den gewerblichen Güterkraftverkehr angestrebt werden müsse, um die verkehrspolitische Wirkung des Verkehrsfinanzgesetzes zu ergänzen.
Weiter nenne ich das Verbot des zweiten Anhängers im Kraftwagenverkehr und die Begrenzung der Kraftwagenzuglänge auf 20 m, früher 22 m, in Sonderfällen 24 m. Das ist eine Maßnahme, die durchaus in den Rahmen 'der jetzt auch von Herrn Friedrich und seinem Ausschuß geforderten Herabsetzung der Fahrzeuggewichte und -längen hineinpaßt, ja ohne die eine solche Forderung heute gar nicht mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden könnte.
Dann darf ich noch als weitere Maßnahmen dieser Zeit erwähnen die Kontrollen der technischen Ausrüstung der Wagen und des Ladegewichts, die Errichtung der Bundesanstalt für den Güterfernverkehr zur Kontrolle des gewerblichen Güterverkehrs und des Werkfernverkehrs, insbesondere zur Tarifkontrolle und zur Ausmerzung des unechten Werkverkehrs. Die Bundesanstalt für den Güterfernverkehr hat auf diesem Gebiet zweifellos schon Erhebliches und Ersprießliches geleistet, wenn auch damit natürlich noch keineswegs die vom Bundesminister für Verkehr schon 1953 geforderte Ausschaltung 'des unechten Werkverkehrs und die von ihm immer wieder geforderte Begrenzung des Werkverkehrs erreicht wurden.
Dies wenigen Auszüge und Tatsachen beweisen, daß man sich in der Bundesregierung sehr wohl
Gedanken darüber gemacht hat, was in Zukunft zu tun sei, um geordnetere Verkehrsverhältnisse herbeizuführen, als wir sie zur Zeit haben.
Ich kann, glaube ich, auch mit Fug und Recht feststellen, daß man mit einem großen Teil der Gedanken, die von den speziellen Kritikern des Herrn Ministers Dr. Seebohm und der Bundesregierung schlechthin immer wieder vorgebracht werden, keineswegs sehr viel Neues zu bieten hat, es sei denn, daß man den Gedanken, ein Forum für Verkehrsteilnehmer ins Leben zu rufen, als einen besonders neuen und einzigartigen Gedanken betrachten möchte.
Meine Damen und Herren, der Generaldirektor Friedrich von den Phönixwerken in Harburg kann sich hier nicht verteidigen. Auf der anderen Seite kann ich es auch nicht unterlassen, hier einmal das Gebaren des sogenannten Forums der Verkehrsteilnehmer etwas unter die Lupe zu nehmen. Herr Generaldirektor Friedrich, der zu diesem sogenannten Forum der Verkehrsteilnehmer gehört, hat kürzlich in einem Vortrag in Bonn gesagt, daß die Maßnahmen und Absichten der Bundesregierung von mangelnder Kenntnis der Wirtschaftszusammenhänge und von mangelndem Rechtsgefühl gegenüber den Betroffenen diktiert seien. Ich finde, das ist eine unerhörte Behauptung; denn 'die Minister der Bundesregierung sind alle vereidigt und haben bekanntlich nach ihrem Eid unter anderem die Verpflichtung, die gesamte Bevölkerung, gleichviel wo sie steht und wer sie ist, gerecht zu behandeln. Wir können wohl ohne weiteres unterstellen, daß diesem Grundsatz in den Kabinettsbeschlüssen jeweils auch Rechnung getragen wird. Ich muß also eine solche Behauptung des Herrn Friedrich von dieser Stelle aus als völlig unbegründet, um mich vorsichtig auszudrücken, zurückweisen.
Ich muß aber noch folgendes ganz offen sagen. Dieses sogenannte Forum der Verkehrsteilnehmer ist praktisch der Zusammenschluß von sieben großen Reifenfabriken in Deutschland, die natürlich ein erhebliches Interesse daran haben, daß in keiner Weise eine Einengung des bisherigen Lastwagenverkehrs eintritt. Vielleicht resultiert es daraus, daß man hier stark geschäftliche Belange in den Vordergrund rückt und daß man der Öffentlichkeit weiszumachen versucht, es handle sich in der Tat um ein Anliegen der gesamten Öffentlichkeit.
Ich kann nur feststellen: Wenn Herr Friedrich und sein Forum der Verkehrsteilnehmer in den letzten zwei Jahren einige Millionen DM unversteuerter Gelder ausgegeben haben, um die Öffentlichkeit in einer oftmals so unsachlichen Weise zu beeinflussen und an der Nase herumzuführen, dann ist das in meinen Augen Mißbrauch wirtschaftlicher Macht.
Kein Mensch würde es Herrn Friedrich und seinen Mitstreitern verübeln, wenn sie ihre versteuerten Gelder für solche Zwecke verwendeten. Keinesfalls kann es aber sinnvoll sein, daß unversteuerte Gelder zu einer Kampagne gegen die Regierung benutzt werden und damit praktisch die Bundesregierung selber den Kampf gegen sich selbst finanziert.
Vielleicht sind der Herr Bundesfinanzminister und sein Rechnungshof so liebenswürdig und überprüfen einmal diese Dinge entsprechend.
Außerdem, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist es nicht zu verantworten, daß man in dieser Form, wie es durch das Forum der Verkehrsteilnehmer geschehen ist, die gesamte Öffentlichkeit beeinflußt, und ich muß sagen, daß mich die Engelsgeduld und die Langmut der übrigen Verkehrsteilnehmer, nämlich der Fußgänger, Radfahrer und sonstigen Leute, gewundert hat. Herr Friedrich mit seinen Männern würde sich sicher wundern, wenn einmal ein Mann aufstände und nun die gesamten übrigen Verkehrsteilnehmer — denn der Verkehr besteht nicht nur aus schweren Lastkraftwagen — auch in dieser Form 'aufwiegeln würde, wie es durch das Forum der Verkehrsteilnehmer geschehen ist.
Der bekannte „Friedrich-Plan", der den Intentionen der Bundesregierung zur Neuordnung des Verkehrs einen Auftrieb geben sollte, resultierte letzten Endes in dem famosen Vorschlag — Sie werden sich sicherlich noch erinnern —, der Allgemeinheit die Mehrkosten für den Straßenbau usw: usw. anzulasten. Dias ist ein Plan, mit dem wir uns unter gar keinen Umständen einverstanden erklären können; wir müssen selbstverständlich darauf bestehen — und ich glaube, daß hierüber auch keine Meinungsverschiedenheit im Hause herrscht
—, daß jeder Verkehrsteilnehmer den Anteil an Steuern zahlt, den er auf Grund der Abnutzung und Benutzung der öffentlichen Verkehrseinrichtungen eben zahlen muß.
— Doch, ich habe den Plan vielleicht besser verstanden als Sie, Herr Müller-Hermann. Ich möchte aber nicht sagen, warum.
Auf jeden Fall könnte ich mir vorstellen, daß die Millionen, die hier nutzlos vergeudet worden sind, vielleicht besser in Kriegsgefangenenpaketen oder für das Deutsche Rote Kreuz angelegt gewesen wären.
Es wird nun von den Gegnern auch der Vorlage, die wir heute zu beraten haben, darauf verwiesen — leider befinden sich unter den Betreffenden auch Minister im Kabinett, die sich vielleicht zu diesem Punkt von dieser Stelle aus noch äußern werden —, daß ,die Preissituation auf Grund der erhöhten Steuern ins Wanken geraten könnte. Nun, meine Damen und Herren, das 'Geschrei, das man von Interessentenseite in dieser Frage erhoben hat, steht im umgekehrten Verhältnis zu der Lautstärke, mit der man die Lohnerhöhungen 'der letzten Zeit, beispielsweise im Baugewerbe, quittiert hat, die in der Hauptsache dazu beitragen 'werden, daß unter Umständen die Wohnungsbaukosten schlechthin und auch die Mietpreise erhöht werden müssen. Ich kann jedenfalls auf Grund der Berechnungen des Bundesverkehrsministeriums nur sagen, daß beispielsweise der Materialtransport für den Wohnungsbau sowieso nur in einem Umfang von etwa 4,4 % des Gesamtaufkommens im Werksfernverkehr erfolgt. Umgerechnet auf eine mittlere Entfernung von etwa 175 km würde das eine Mehr-
steuer von 26,40 DM ausmachen, das heißt bei einer heute üblichen Bausumme von rund 16 000 DM, daß eine Verteuerung von 0,166% eintreten würde. Es kann also gar nicht davon die Rede sein, daß durch das Verkehrsfinanzgesetz eine Erhöhung beispielsweise der Bau- und Mietenkosten erfolgen werde.
Darüber hinaus sind meine Freunde und ich der Auffassung, daß die vorgesehene Erhöhung des Dieselpreises durchaus in der Gewinnspanne des schweren Lastwagenverkehrs aufgefangen werden kann. 1950/51 und 1953 sind bereits solche Erhöhungen erfolgt, und es resultierten daraus keine Preiserhöhungen; andererseits ist inzwischen — ich glaube, es war vor zwei Jahren — auch eine Herabsetzung der Kosten erfolgt, ohne daß dabei eine Preisermäßigung für den Verbraucher herausgekommen ist. Auf die Beschlüsse des Finanzausschusses in der zweiten Lesung hin — selbstverständlich hatten wir davon gesprochen, wir erwarteten, die Mineralölwirtschaft werde die Erhöhung des Diesel- und Vergaserkraftstoffpreises in etwa selbst auffangen — erklärte die Mineralölwirtschaft gleich am folgenden Tage durch ihre Generaldirektoren, es sei völlig unmöglich, diese Preiserhöhungen auch nur in etwa aufzufangen. Meine Freunde und ich haben selbstverständlich keine andere Reaktion erwartet. Wir sind aber, wie Herr Kollege Schmidt vorhin ausgeführt hat, durchaus davon überzeugt, daß es bei den Dividenden, die bei diesen Gesellschaften verteilt werden, durchaus möglich sein wird, zumindest einen erheblichen Teil dieser erhöhten Abgaben im Abgabepreis aufzufangen.
Meine Damen und Herren, mit der Erhöhung des Preises für Vergaserkraftstoff und Dieselkraftstoff haben wir zwar einen notwendigen Weg beschritten; ich glaube aber, daß wir ihn nicht konsequent genug gegangen sind, weil, wie Ihnen bekannt ist, der Dieselkraftstoff bis heute immer noch eine erhebliche Steuervergünstigung gegenüber dem Vergaserkraftstoff genießt. Das resultiert bekanntlich daraus, daß Vergaserkraftstoff einstmals aus dem Ausland eingeführt und praktisch als Luxus betrachtet wurde. Diese Verhältnisse haben sich heute völlig verschoben — autarke Bestrebungen sind nicht mehr vorhanden — so daß es nunmehr gerade im Hinblick darauf, daß wir uns in absehbarer Zeit doch anschicken werden, die Kraftfahrzeugsteuer abzulösen und in die Mineralölsteuer hereinzunehmen, unausbleiblich sein wird, die jetzt nicht gelungene Angleichung der Steuer für Diesel-und Vergaserkraftstoff eines Tages zu verwirklichen. Es ist ungerechtfertigt, wenn der Fahrer, der Diesel benutzt, nicht nur eine größere Leistung insofern herausholt, als er für eine bestimmte Kilometerzahl weniger Kraftstoff braucht, sondern darüber hinaus nach der Vorlage auch eine steuerliche Vergünstigung von 6 Pf pro Liter einzustekken imstande ist.
— Lieber Herr Müller-Hermann, ja, ich hätte mir auch einen Diesel kaufen sollen; Sie haben recht.
Wir werden also dazu kommen müssen, wenn nicht heute, verehrter Kollege Körner, dann in einem halben Jahr, daß die nicht gewagte Angleichung von Diesel- und Vergaserkraftstoff Wirklichkeit wird.
In den Verhandlungen des Finanzausschusses und sicherlich auch bei den Mitgliedern des Verkehrsausschusses war klar, daß eine Anzahl von Ausnahmen bestehenbleiben müsse, die Sie auch im vorliegenden Gesetzentwurf finden. Man hat die Hochseeschiffahrt, die Hochseefischerei, die Landwirtschaft und diejenigen, die mit stationären Motoren arbeiten, von dieser Erhöhung ausgenommen. Aber eines der schwerstwiegenden Argumente ist eben, daß wir nicht nur die Steuervergünstigung des Dieselkraftstoffs gegenüber dem Benzin haben, sondern daß wir, da wir nicht konsequent genug waren — d. h. ich gehöre zum Verkehrsausschuß und nicht zum Finanzausschuß; ich bin im Finanzausschuß nur Gast gewesen —, praktisch das, wovon ich vorhin sprach, fortführen, daß wir nämlich den Verbraucher von Benzin weiterhin hohe Subventionen an den übrigen Kraftverkehr leisten lassen.
Die Investitionen im Verkehr sind auch in der Vergangenheit einer starken Kritik unterzogen gewesen, und es ist der Bundesregierung von den verschiedensten Seiten immer wieder vorgeworfen worden, daß sie in den verflossenen Jahren zuwenig getan habe, Investitionen im Verkehr vorzunehmen. Auch dem muß ich mit allem Nachdruck entgegentreten, und ich kann das mit gutem Gewissen nicht nur für den Herrn Bundesverkehrsminister, sondern für die Bundesregierung schlechthin, dürfen wir doch nicht vergessen, welchen gewaltigen technischen Fortschritt wir in den letzten Jahren nach dem Kriege zu verzeichnen haben. Dieser gewaltige technische Fortschritt mußte nicht nur in Deutschland, er mußte auch im übrigen Europa verkraftet werden, und das erfordert nun einmal außergewähnliche Anstrengungen. Ich will es mir versagen, hier auf einzelne Dinge einzugehen; aber ich möchte doch kurz darauf hinweisen, daß beispielsweise die Elektrifizierung der Bahn oder die Wiederherstellung der durch den Krieg zerstörten Anlagen oder die Rationalisierung der Bundesbahn die Kleinigkeit von etwa 8 Milliarden erfordern würde.
Wenn diejenigen Kritiker, die sich dagegen wenden, daß in den letzten Jahren speziell für den Straßenbau zuwenig getan worden sei, sich ohne weiteres der Forderung anschließen, daß man zwar den Verkehr nicht drosseln könne, daß aber dafür gesorgt sein müsse, daß der Umfang des Verkehrs dem jetzigen Straßenzustand angepaßt werden müsse, so möchte ich dazu sagen, daß wir dann jetzt schon erhebliche Investitionen zu machen haben würden, ganz abgesehen davon, daß im umgekehrten Falle, wenn wir die Straßen dem wachsenden Verkehr in den nächsten Jahren in ausreichendem Umfange angleichen wollten, wofür ein Bauvolumen von etwa 120 000 km für die Bundesfernstraßen allein erforderlich wäre, ein Betrag von 60 Milliarden DM benötigt werden würde, ein Betrag, der einfach nicht aufzubringen ist. Wenn man dann noch in Betracht zieht, welche gewaltigen Leistungen — das werden die Autobahnfahrer mir bestätigen — beispielsweise beim Wiederaufbau der verschiedenen Überführungen und Brücken über Flüsse und Autobahnen vollbracht worden sind, und wenn man letzten Endes bedenkt, daß von 1949 bis 1954 durch die Regierung insgesamt 121/2 Milliarden DM echte Investitionen im Verkehrssektor erfolgt sind, dann ist die Behauptung des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, daß es sich nur um „Flickwerk" handele, wirklich nicht begründet.
Noch ein anderer Punkt. — Ich werde mir Mühe geben, sehr schnell die einzelnen Punkte zu beleuchten, da ich den Eindruck habe, daß hier heute durchaus nicht die Atmosphäre einer großen Verkehrsschlacht herrscht und da ja auch schon sehr viele Argumente vorgebracht worden sind. — Ich sagte schon, daß die Verkehrskonzeption der Regierung die bekannten drei großen Ziele hatte, nämlich die Startbedingungen ,der Verkehrsträger untereinander anzugleichen, das Verkehrsaufkommen aufzuteilen und die Straße zu entlasten. Auf der anderen Seite steht, gerade was das letzte betrifft, 'die Tatsache der ständig steigenden Verkehrsdichte, der wir eben praktisch nur mit dem Neubau von Straßen begegnen können, wobei wir, das möchte ich ausdrücklich unterstreichen, insbesondere auch an die Länder und Gemeinden denken müssen. Wir werden nachher Gelegenheit haben, im Rahmen einer Entschließung, die dem Plenum vorgelegt worden ist, noch einen entsprechenden Beschluß zu fassen. Jeder, der gezwungen ist, in seinem Wahlkreis herumzufahren — und sicherlich sind es viele von Ihnen —, wird bestätigen können, in welch desolatem Zustand sich meist die Gemeindestraßen, Ortsdurchfahrten oder selbst die Straßen erster oder zweiter Ordnung befinden. Wir kommen also nicht darum herum, hier für die Gemeinden und Länder etwas zu tun. Im übrigen glauben aber meine Freunde, daß der Schwerpunkt der Straßenentlastung, da wir vorerst nicht über die notwendigen Milliarden verfügen, auf die Autobahnen gelegt werden sollte, da sie selbst schon eine sehr wesentliche Straßenentlastung darstellen.
Die Unfallquote ist in der Verkehrsdiskussion in der Vergangenheit wiederholt sicherlich in propagandistischer Weise benutzt worden, und wir sollten uns davor hüten, das nachzuahmen, wenn es auch draußen dieser oder jener für notwendig erachtet hat. Immerhin kann man nicht darüber hinwegsehen, daß der volkswirtschaftliche Verlust an Toten, Verletzten, Sachschaden usw. in einem Jahre die Kleinigkeit von 3 Milliarden DM beträgt.
— Nein, ich habe nichts davon gesagt, daß nur die Lkws schuld sind, Herr Bock. Wenn Sie es genau wissen wollen: in der Hauptsache sind die Lkws und die Motorräder schuld. Das ist eine Tatsache, die nicht aus der Welt geschafft werden kann, und es ist vielleicht richtig, im Rahmen einer solchen Debatte allgemein den Appell an alle Verkehrsteilnehmer zu richten, etwas rücksichtsvoller zu sein, als es in Deutschland zur Zeit leider gang und gäbe ist.
Ich will hier nicht näher darauf eingehen, daß der Herr Bundesarbeitsminister dankenswerterweise schon einen Gesetzentwurf in seinem Hause vorbereitet, um auch einem anderen Übel im Kraftfahrtsektor zu begegnen: der übermäßigen Inanspruchnahme der Fernlastfahrer, für die es weder eine soziale Betreuung gibt noch eine Gesundheitsüberwachung noch Erholungsmöglichkeiten und ähnliches. Jedenfalls werden meine politischen Freunde von der Deutschen Partei einen solchen Gesetzentwurf wärmstens unterstützen. Er wird gleichermaßen dazu dienen, 'den Unternehmer wie auch den Arbeitnehmer bei der Arbeit in vernünftigen Grenzen zu halten. Eine solche Betreuung würde sicherlich auch mit dazu beitragen, die Sicherheit im Straßenverkehr zu steigern; denn es liegt ja auf der Hand, daß übermüdete Lastfahrer, die solche Kolosse zu 'bewegen haben, viel leichter Anlaß zu Unfällen geben können als ausgeruhte Menschen.
Aber auch einen Appell an das Verkehrsgewerbe selbst möchte ich von dieser Stelle aus richten. Wir erhalten immer wieder Nachrichten, daß bei den ausgedehnten Verkehrskontrollen zahlreiche Überladungen festgestellt worden sind, ja ,daß oftmals sogar die Waren falsch deklariert sind. Solange das Gewerbe nicht in seinen eigenen Reihen selbst für Ordnung gesorgt hat, kann man von uns wirklich nicht mehr Entgegenkommen erwarten.
Ich sagte, daß die Art und Weise, in der die Diskussion über die Verkehrsprobleme in der jüngsten Vergangenheit noch geführt worden ist, nicht immer erfreulich war. Wie weit das geht, möchte ich Ihnen doch nicht vorenthalten, wenn es auch ein bedauerliches Faktum ist; aber es muß hier gesagt werden, um all denen, die glauben, mit den Zahlen, die hier zu nennen sind, leichtfertig umgehen zu können, ein wenig auf die Finger zu klopfen. So schrieb doch ein Motorjournalist in Stuttgart in der Zeitung „Das Motorrad" unter der Überschrift „Von Schustern und Medizinmännern" gegen „Sicherheitshysteriker des Bundesverkehrsministeriums", es seien müßige Schwätzer, die um die 12 000 jährlichen Unfalltoten herumheulen; die Zahl der Unfalltoten sei schließlich nicht größer als die Zahl der Selbstmörder. Ich glaube, daß hier der Zynismus auf die Spitze getrieben ist.
Man sollte solchen Herren immer sehr schnell beibringen, daß sie sich anders benehmen müssen.
Dieser selbe Herr fühlte sich dann weiter veranlaßt, unter Bezugnahme auf einen beim Verkehrsministerium bestehenden ärztlichen Beirat in der gleichen Zeitung am 12. Februar dieses Jahres zu schreiben — es erscheint einem fast unglaublich, wenn man es liest —:
Wer vor ein paar tausend Jahren nicht auf dem Kien war, wurde zwar von keinem Automobil überfahren, er wurde aber von Höhlenlöwen gefressen. Seit es keine Höhlenlöwen mehr gibt, bleibt natürlich eine Schicht von Menschen erhalten, deren geistige Fähigkeiten nicht ausreichen, sich gegen die Umweltgefahren zu behaupten. Die Nachfahren dieser Leute sind heute als Verkehrsopfer dankbare Objekte für statistikmachende ehrgeizige — —
Und so weiter!
Das 'biologische Problem, mit dem wir uns heute auseinandersetzen müssen, ist nun die Tatsache, daß wir zum Schnellarbeiten eben auch dichteren Verkehr haben müssen. Wer sich dem nicht anzupassen vermag, wird biologisch genau so ausgesiebt, wie seit ein paar Millionen Jahren unzulängliche Exemplare schon immer untergewalzt wurden.
Fürwahr eine sehr reizende Weise, sich an der Verkehrsdiskussion zu beteiligen. Ich werde dabei manchmal an das tatsächliche Verhalten gewisser Motorradfahrer erinnert, die ich gar nicht alle schlechtmachen und in einen Topf werfen will;
aber Sie wissen selbst, daß man gerade mit diesen oft seine liebe Last hat.
Ich möchte mich darauf beschränken, diese grundsätzlichen Dinge zu sagen, und zu den Einzelheiten des Gesetzes nur noch folgendes ausführen. Meine politischen Freunde und ich bedauern es aufs tiefste, daß der Nahverkehr nicht in die steuerliche Belastung mit einbezogen worden ist. Damit ist nämlich eines der Grundprinzipien durchlöchert, die Angleichung der Startbedingungen für die Straße und die Schiene. Meine Freunde bedauern es außerdem, daß man hinsichtlich der Anhängersteuer jene Vorzugsregelung getroffen hat, wie sie von der CSU speziell vorgeschlagen wurde — den 25%igen Abschlag auf zwei Jahre —, und meine Freunde und ich bedauern es insonderheit, weil es auch eine Durchlöcherung der ursprünglichen Regierungskonzeption zur Neuordnung des Verkehrswesens ist, daß man sich nicht entschließen konnte, den Werkfernverkehr in einer Weise zu belasten, die sicherstellt, daß einmal der unechte Werkfernverkehr ausgeschieden wird und zum andern ein Teil des Werkfernverkehrs auf den Güterfernverkehr übergeht, der damit wieder die Möglichkeit gehabt hätte, zahlreiche mittelständische Existenzen zu sichern.
Es wurde schon zum Ausdruck gebracht, daß es sich nur darum handeln könne, ein Provisorium zu schaffen, um erst einmal einen Start in diesen Dingen zu haben.
Es bleibt mir also nur noch festzustellen, daß zwar eine sehr fleißige Arbeit in den zuständigen Aasschüssen geleistet worden ist, insbesondere auch van Ihnen, Herr Müller-Hermann — und die Kraftverkehrswirtschaft wird ihre besondere Freude an Ihnen gehabt haben —,
daß es aber auf der anderen Seite zweifelhaft erscheint, ob wir, da wir nicht konsequent geblieben sind, den Effekt erzielen werden, den wir uns alle versprochen haben.
Ich bin mir durchaus im klaren, daß es zumindest optisch nicht sehr schön wirkt, wenn wir ein Verkehrsfinanzgesetz beschließen, aus dem etwa 410 Millionen DM fließen sollen, von denen dann 150 Millionen DM 'der Bundesbahn gegeben werden sollen. Ich muß andererseits sagen, daß ich diese 150 Millionen DM der Bundesbahn weit weniger ungern gegeben hätte, wenn man in den übrigen Punkten den Vorschlägen der Bundesregierung gefolgt wäre, so daß man diese 150 Millionen DM mit besserem Gewissen an die Bundesbahn hätte abzweigen können.
— Lieber Müller-Hermann, ich gebe ja zu, es ist mißlich, daß der Straßenverkehr dieses Aufkommen praktisch für die Schiene hergeben soll. Auf der anderen Seite ist es unumgänglich, da dadurch wenigstens in etwa eine Angleichung der Startbedingungen erfolgen kann.
Meine Freunde und ich sind, um es abschließend zu sagen, von dem vorliegenden Gesetz nicht
sehr befriedigt, und vielleicht werden wir eines Tages noch feststellen, daß es besser gewesen wäre, im Moment die Unpopularität auf uns zu nehmen, dafür aber ein besseres Gesetz zu schaffen als das, was uns jetzt vorliegt.
— Lieber Herr Kollege Bock, wieso habe ich Treu und Glauben widersprochen?
— Davon sind wir nicht überzeugt. Ich kann nur wiederholen, daß jeder, ganz gleich, ob er Fußgänger, Motorrad-, Pkw- oder Lastwagenfahrer ist, das an Steuern zu bezahlen hat, was jeder andere Staatsbürger auch zu bezahlen hat.
Diese Gleichheit ist wieder nicht hergestellt. Wir können das der Öffentlichkeit gar nicht genug eintrichtern, und wir können ihr vor allen Dingen nicht oft genug sagen, daß alle diejenigen, die heute mit einem Motorrad oder Personenkraftwagen spazierenfahren oder ihre Geschäftsfahrten machen, auch in der nächsten Zeit immer noch den Lastwagenverkehr subventionieren. Das ist ein Prinzip, das wir nicht gutheißen können. Wenn wir also die wirkliche Gerechtigkeit herstellen wollen, dann müssen wir bemüht sein, das vorliegende Gesetz weiter zu verbessern. Wir sind uns darüber klar, daß sowohl die Bundesregierung als auch der Bundestag insoweit noch vor einer schweren Aufgabe stehen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Wellhausen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe den Eindruck, Sie begrüßen es, daß wir uns dem Schluß der Generaldebatte nähern.
Ich möchte versuchen, so wie ich das schon in der zweiten Lesung — leider ohne Erfolg — versucht habe, Sie zu warnen, den Ausnahmeanträgen, jetzt wohl besser Änderungsanträgen, die zur dritten Lesung wieder in stattlicher Zahl vorliegen, zu folgen. Um mich sehr konkret auszudrücken, können meine Freunde und ich sich jetzt nur dafür aussprechen, daß man den von den Koalitionsparteien unterschriebenen Anträgen Umdrucken 339*) und 340**) zustimmt. Der Antrag Umdruck 342***) ist nur eine Folge aus dem Antrag Umdruck 339, und dem wird ja dann auch zuzustimmen sein.
Ich habe keineswegs den Eindruck — ohne daß ich hier nun Zensuren verteilen will; das hat ja auch gar nichts mit meiner Aufgabe zu tun —, daß noch viele echte Streitpunkte zu diesem Gesetz vorliegen, sondern daß wir uns in den Ausschüssen doch so ziemlich zusammengerauft haben. Ich bin aber genötigt, auf einen speziellen Punkt hinzuweisen, den der Herr Finanzminister schon erwähnt hat, als wir in der zweiten Lesung die Ausnahmebestimmungen für das inländische Obst und inländische Gemüse — der Ton liegt in beiden Fällen auf „inländisch" — beschlossen haben. Ich stelle
*) Siehe Anlage 11. **) Siehe Anlage 9. ***) Siehe Anlage 12.
keinen Antrag, diese Bestimmungen heute wieder zu ändern. Aber es ist bekanntgeworden, daß bei den zuständigen Stellen von ausländischen Regierungen bereits gewisse Besorgnisse angemeldet worden sind, auf die der Herr Minister Schäffer schon neulich hingewiesen hat. Ich möchte wünschen, es stellt sich heraus, daß unsere Beschlüsse mit dem Sinn des GATT nicht kollidieren. Sollte das doch der Fall sein, so muß ein Weg gefunden werden, um diese Dinge in Ordnung zu bringen. Ich fürchte, daß das nicht so ganz einfach sein wird.
Im übrigen halte ich mich doch für berechtigt, zu sagen, daß wir uns darüber freuen und nicht nur ironisch dazu Bemerkungen machen sollten, daß eine ganze Reihe junger und sehr geschätzter Freunde in dieser Angelegenheit eine parlamentarische Initiative ergriffen haben. Diese vielfach angegriffene und von mir im einzelnen ja nicht zu untersuchende Initiative hat die Dinge gefördert und hat uns in den Ausschußberatungen genützt. Dasselbe gilt — nun fange ich doch an, Zensuren zu verteilen — für unseren Freund Schmidt; nur glaube ich, es war ganz gut, daß er sich nicht auf parlamentarische Initiative geworfen hat, sondern daß er sich auf eine starke parlamentarische Betätigung — wobei ihm seine außerordentliche Rednergabe natürlich zu Hilfe gekommen ist — beschränkt hat. Ich bin aus Bremen, oder ich lebte lange in Bremen, und Sie sind, glaube ich, aus Hamburg. Eine besonders Hamburger Rede war das ja nun nicht,
und auch Ihre poetische Endbemerkung war nicht sehr klassisch, vorsichtig gesagt.
Etwas mehr Anerkennung sollten wir — wir reden ja nicht von der Zeit vor vier Jahren, sondern von jetzt — dem Herrn Bundesverkehrsminister doch für seine Arbeit zollen, die er in der Angelegenheit geleistet hat.
Ich spreche nicht als Präsident des Verwaltungsrats der Bundesbahn, das brauchen Sie nicht zu befürchten.
Dann hätte ich nämlich noch eine ganze Fülle von Dingen auszusetzen oder zu hoffen. Wenn wir aber auf dem Standpunkt stehen: wir machen mit diesem Gesetz einen Anfang, dann möchte ich auch mit einem Zitat schließen, aber mit einem etwas klassischeren, Herr Schmidt, nämlich mit dem von Mörike, der gesagt hat:
Bemeßt den Schritt,
— mäßigt euch also —
bemeßt den Schwung,
die Erde ist noch lange jung!
Das Wort hat der Abgeordnete von Buchka.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der zweiten Lesung des Verkehrsfinanzgesetzes war sich dies Hohe Haus in allen Fraktionen darüber völlig einig, daß der Verkehr als eine Einheit zu betrachten ist und daß daher alle Verkehrszweige berücksichtigt werden müssen, daß alle Verkehrsarten in Ordnung
zu sein haben bzw. in Ordnung gebracht werden müssen. In dieser Hinsicht begrüße ich es außerordentlich, daß ins Gesetz auf Grund des interfraktionellen Antrags der Koalition nunmehr auch die Finanzierung der Bundesstraßen mit hineingenommen worden ist. Das ist zweifellos ein Fortschritt. Wir waren uns ja im Grunde bereits bei der zweiten Lesung völlig einig, wir suchten nur die geeigneten Wege. Für die Bundesstraßen ist dieser Weg erfreulicherweise gefunden worden.
Um so mehr bedauere ich es allerdings, daß bisher für die anderen Straßen, die nicht vom Bunde zu unterhalten sind, noch keine geeignete Möglichkeit hat gefunden werden können.
Ich denke dabei erneut vor allem an die Straßen der Gemeinden und Gemeindeverbände. Ich weiß, daß gerade bezüglich dieser Straßen rechtliche, insbesondere verfassungsrechtliche Bedenken bestehen. Ich bin aber der Meinung, daß diese verfassungsrechtlichen Probleme geprüft und gelöst werden müssen. Wenn ich im Augenblick davon absehe, irgendwelche Zusatzanträge zu stellen, so geschieht das eben in Rücksicht auf die leider noch nicht völlig geklärte Rechtslage.
Ich darf aber in diesem Zusammenhang noch auf etwas anderes hinweisen. Auf Seite 12 der Drucksache 1252 haben Sie eine Entschließung vor sich, die in — ich will durchaus nicht ironisch dabei sein — sehr netter, freundlicher Weise sich auch mit den Gemeinden und Gemeindeverbänden befaßt. Ich möchte freilich die unbedingte Erwartung aussprechen, daß, wenn diese Entschließung angenommen wird, sie nun nicht den Weg mancher sonstigen Entschließungen geht, nämlich „und ward nicht mehr gesehn". Diese Erwartung muß ich unbedingt wiederholen. Ich möchte aber nach Lage der Dinge jedenfalls das Hohe Haus bitten, der Entschließung zuzustimmen, um wenigstens auch hier einen Anfang zu machen.
Es ist schon mehrfach hervorgehoben worden, daß wir mit diesem Verkehrsfinanzgesetz überhaupt erst einen Anfang gemacht haben; das gilt ganz besonders für die Straßen, deren ich mich hier nochmals vor allem annehmen möchte.
Ich darf noch ein Weiteres hinzufügen: Es ist Eile geboten. Wer die Straßen draußen kennt — gerade die nicht bundeseigenen —, der weiß, wie der Zustand dieser Straßen ist, wie der Verkehr dadurch gefährdet wird, wie hoch die Unfallziffern dadurch werden. Lassen Sie sich also gesagt sein, meine Damen und Herren: Es ist Gefahr im Verzuge. Wir dürfen nicht zögern. Wir müssen alsbald weiter an die Arbeit gehen.
Und noch ein Letztes: Doppelt gibt, wer schnell gibt!
Das Wort hat der Abgeordnete Donhauser.
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Das Haus ist durch den langen Verlauf der Debatte sehr stark in Anspruch genommen. Im übrigen ist es ja auch kein sehr anregendes Thema. Ich glaube auch, daß von dieser Stelle aus heute kaum mehr sehr viel zusätzliche verkehrspolitische Weisheit ausgesprochen werden könnte. Ich will mich daher gerne auf eine Erklärung beschränken, die ich im Namen des größten Teils meiner politischen Freunde von der CSU ab-
zugeben habe, und auf einige noch notwendige Diskussionsbemerkungen.
Meine politischen Freunde von der CSU und ich haben nach langem Ringen diesem Verkehrsfinanzgesetz zugestimmt, und wir werden ihm heute auch in dritter Lesung zustimmen, trotz schwerster Bedenken. Diese schweren Bedenken bezogen sich im wesentlichen auf drei Punkte. Wir befürchteten — und wir hatten sicherlich auf Grund des Textes der Regierungsvorlage Grund zu dieser Befürchtung —, daß das Verkehrsfinanzgesetz eine erhebliche Verschiebung der Wettbewerbsverhältnisse sowohl innerhalb der einzelnen Regionen unseres Wirtschaftsgebietes als auch innerhalb der einzelnen Branchen und Betriebe mit sich bringen könnte. Wir befürchteten zweitens, daß die verkehrsfern gelegenen Gebiete und Betriebe ganz besonders durch dieses Gesetz betroffen werden
und auch somit eine starke Ungerechtigkeit durch dieses Gesetz verursacht würde. Unser drittes erhebliches Bedenken war, daß vielen Zehntausenden von mittelständischen Existenzen — ich denke da an die Fuhrunternehmer, an den gewerblichen Güterkraftfernverkehr — unzumutbare Lasten auferlegt werden.
Diese drei Bedenken sind zwar nicht restlos, aber doch in einem erheblichen Grade im Laufe der Ausschußberatungen und vor allem durch die Beschlüsse der zweiten Lesung ausgeräumt worden. Sechs Punkte, sechs Fortschritte, die im Laufe der letzten Woche in diesem Hause erzielt worden sind, sind es, die es uns ermöglichten, dem Gesetz schließlich doch zuzustimmen.
Erstens die Anhängerermäßigung in Höhe von 25 % für die nächsten zwei Jahre. Diese Ermäßigung ermöglicht es immerhin den betroffenen Betrieben, sich langsam und schrittweise den neuen Erfordernissen anzupassen. Es war sicherlich richtig, diese Anhängerermäßigung einzuführen, auch dann, wenn es dem Herrn Verkehrsminister nicht ohne weiteres in den Kram paßte. Es war schon deshalb richtig, weil wir uns selber ins Gesicht geschlagen hätten, wenn wir nunmehr ein Gesetz beschlossen hätten, das das genaue Gegenteil von dem will, was wir vor vier oder fünf Jahren vom Verkehr forderten.
Das mindeste, was die Betroffenen von uns fordern können, ist eine angemessene Anpassungsfrist, und die scheint mir nunmehr erreicht zu sein.
Der zweite Fortschritt, der erzielt worden ist, war die Abstaffelung des Fünf-Pfennig-Tarifs für den Werkfernverkehr. Ich hätte es lieber gesehen, und hätte es für ausreichend gehalten, wenn wir uns auf drei Pfennig oder doch wenigstens auf vier Pfennig geeinigt hätten. Ich glaube aber, daß die Abstaffelung nach den Beschlüssen der zweiten Lesung von drei Pfennig in den ersten eineinhalb Jahren, von vier Pfennig in den zweiten eineinhalb Jahren auch eine gewisse Anpassungsfrist läßt. Ich halte sie allerdings noch nicht für ganz ausreichend.
Der dritte Punkt, der immerhin ein Fortschritt war, ist die völlige Freistellung des Nahverkehrs von der Beförderungsteuer. Sie ist zweifellos eine große Erleichterung und hat dazu beigetragen, unser Ja zu diesem Gesetz zu untermauern.
Der vierte Punkt, den meine politischen Freunde und ich für einen erheblichen Fortschritt gegenüber der Regierungsvorlage ansehen, sind die Ausnahmen bei der Beförderungsteuer im Werkfernverkehr. Das ist der sogenannte Güterkatalog. Er mag nach dieser oder jener Richtung hin noch ergänzungsbedürftig sein; aber die wesentlichen Punkte hat er immerhin getroffen. Es scheint mir hier doch ein Weg beschritten worden zu sein, der tragbar ist. Darüber hinaus sind wir besonders dankbar dafür, daß das Haus in seiner großen Mehrheit nun offenbar geneigt ist, für die Notstandsgebiete, West-Berlin, die Zonenrandgebiete, die Frachthilfegebiete und den Saargrenzgürtel, ebenfalls eine 50%ige Beförderungsteuerermäßigung vorzusehen.
Wir sind auch der Meinung, daß der Aufschlag von 10 Pfennig auf den Dieseltreibstoff das Äußerste ist, was zugemutet werden kann. Weitere Erhöhungen, die geplant waren, von 12 und noch viel mehr Pfennig halten wir für völlig untragbar. Ich will später noch einmal kurz darauf zurückkommen.
Schließlich und endlich haben viel dazu beigetragen, das Ja zu diesem Verkehrsfinanzgesetz zu erleichtern, die Ausnahmen und Rückvergütungen, die für den in Zukunft erhöhten Dieselpreis für Landwirtschaft, für die Binnenschiffahrt und für einige andere Berechtigte mit eingebaut worden sind.
Diese sechs Punkte sind zweifellos ein Fortschritt, und sie haben es uns nach langen Überlegungen ermöglicht, hier ja zu sagen. Das heißt aber noch lange nicht, Herr Bundesverkehrsminister, daß wir mit der Grundkonzeption, die von Ihnen entwickelt worden ist, einverstanden wären. Wir können dieser Grundkonzeption noch nicht zustimmen, zumindest so lange nicht, solange noch aus den geplanten tarifarischen Maßnahmen sowohl für die Straße wie für die Bahn ein Geheimnis gemacht wird und solange wir vor allem noch nicht übersehen können, was auf dem Verordnungswege noch alles über den Verkehr hereinbricht.
Ich darf in diesem Zusammenhang ein ganz kurzes Wort an unseren Kollegen Jahn richten. Er hat von dieser Stelle aus ausgeführt, daß die gemeinwirtschaftlichen Prinzipien der Bundesbahn und die marktwirtschaftlichen Prinzipien des Straßenverkehrs niemals und unter gar keinen Umständen miteinander versöhnt werden können. Nun, ich bin der Meinung, wir sollten hier nicht etwa versuchen, verkehrspolitische Dogmen zu entwickeln. Ich könnte mir vorstellen, daß es sehr wohl einen Weg gäbe, einen vernünftigen Ausgleich zwischen den gemeinwirtschaftlichen Bedürfnissen hier und den privatwirtschaftlichen Erfordernissen dort herbeizuführen. Allerdings würde das voraussetzen, daß endlich einmal eine volkswirtschaftliche Gesamtkostenrechnung des deutschen Verkehrs vorgelegt wird. Warum ist die bis zur Stunde nicht aufzustellen? In der Hauptsache deshalb nicht, weil die drei wesentlichen Steuerfaktoren, aus denen sich die Gesamtsteuer zusammensetzen soll, die auf die Schultern des Straßenverkehrs gelegt werden muß, nicht exakt bekannt sind.
In den letzten paar Wochen haben wir, wenigstens annähernd, erfahren, wie hoch die Straßenkosten bei Bund, Ländern und Gemeinden sind. Immerhin schon ein Fortschritt! Zu Beginn der ersten Lesung wußten wir nicht einmal das.
Wir haben dann auch noch wenigstens annähernd erfahren — aber das ist teilweise noch sehr umstritten —, wie hoch die gemeinwirtschaftlichen Leistungen und die betriebsfremden Lasten der Bundesbahn sind. Die betriebsfremden Lasten sind mittlerweile annähernd bekannt. Die gemeinwirtschaftlichen Leistungen, vor allem soweit sie unzumutbar sind, wissen wir noch nicht, wenigstens nicht in einer exakten Zahlengröße.
Aber der dritte Faktor, der noch ermittelt werden müßte, um zu einer gerechten Besteuerung des Straßenverkehrs zu kommen, fehlt noch ganz: eine klare Auskunft des Bundesfinanzministers darüber, wie hoch seiner Meinung nach der Beitrag des Straßenverkehrs zum allgemeinen Bundeshaushalt sein muß. Das ist auch jetzt noch in der Diskussion der Öffentlichkeit eigentlich der Stein des Anstoßes. Der Straßenverkehrtreibende, insbesondere aber der gewerbliche Fuhrunternehmer, beklagt sich mit Recht darüber, daß er erhebliche zusätzliche Lasten aus dem Verkehrsfinanzgesetz übernehmen muß. Er beklagt sich darüber, daß er seiner Rechnung nach seinen Kostenanteil eigentlich längst überzahlt hätte. Dieser Streit, ob er seinen Kostenanteil in vollem Umfange entrichtet hat oder nicht. wird so lange mit allen publizistischen Mitteln weitergeführt werden, solange wir nicht vom Bundesfinanzminister wissen, wieviel er vom Verkehr als solchem braucht, um den Ausgleich seines Gesamthaushalts durchführen zu können. Wenn er uns diese Zahl einmal klar sagen könnte, könnten wir sie in Beziehung zu dem Anteil des Sozialproduktes setzen, den der Straßenverkehr darstellt. Dann hätten wir sofort einen gerechten Maßstab dafür, ob die Beschwerden des Straßenverkehrtreibenden begründet sind oder nicht.
Meine verehrten Zuhörer, wir werden also bei den kommenden politischen Beratungen — und es stehen deren noch eine ganze Reihe vor der Türe — vor allem auf die Klärung dieses dritten und letzten Punktes dringen müssen, wenn wir, wenigstens in groben Zügen, zu einer volkswirtschaftlichen Gesamtkostenrechnung des deutschen Verkehrs kommen wollen.
Lassen Sie mich aber bitte, meine Damen und Herren, an den, der heute abend nach der Abstimmung zur dritten Lesung glaubt, daß er der Hauptleidtragende ist, nämlich den deutschen Fuhrunternehmer, von dieser Stelle aus noch ein Wort sagen. Es ist richtig, daß die starke Anhebung des Dieselpreises und die nicht unbeachtliche Anhebung der Kfz-Steuer für Lastkraftwagen und Anhänger zunächst einmal der gewerbliche Fernverkehrsunternehmer starke und erhebliche Lasten auf sich nehmen muß. Aber dieser Last steht ja auch ein nicht unbeachtlicher Vorteil gegenüber, ein Vorteil, der, per saldo gesehen, wahrscheinlich die Nachteile überwiegen wird. Wir wissen doch, daß die Bundesbahn 55 Milliarden tkm und der Straßenverkehr rund 12 Milliarden tkm leistet. Von diesen 12 Milliarden tkm wird ein Drittel vom Werkfernverkehr gefahren. Bei der jetzt stufenweise steigenden Belastung durch die Beförderungsteuer von 3, 4, 5 Pf beim Werkfernverkehr ist mit Sicherheit zu rechnen, daß mindestens die Hälfte, wahrscheinlich noch mehr, dieser ganzen Transportkapazität des Werkfernverkehrs abwandern wird. Wohin? Wahrscheinlich, sehr zum Ärger der Bundesbahn, nicht auf die Schiene, sondern zum allergrößten Teil zum gewerblichen Fernverkehr, einfach deshalb, weil der Haus-Haus-Verkehr aus-Verkehr eine solch starke Waffe, eine solch starke Überlegenheit in der Konkurrenz zwischen Schiene und Straße darstellt, daß damit der Zug zur Schiene hin nicht so stark sein wird wie der zur Straße. Wenn wir nur die Hälfte von diesen 4 Milliarden tkm als künftiges zusätzliches Verkehrsaufkommen auf die Ladebühnen und Ladebrücken des Fuhrunternehmers rechnen, dann bedeutet das eine 25%ige Verkehrssteigerung. Der Dieselpreis bringt, im Schnitt einer größeren Anzahl von Verkehrsrelationen gerechnet, etwa eine 5%ige Kostensteigerung. Der zusätzliche Aufschlag auf die Kfz-Steuer bringt für den Fuhrunternehmer vielleicht noch einmal eine zusätzliche Belastung von 5 %. Dieser 10%igen Belastung aus dem Verkehrsfinanzgesetz steht aber sicherlich per saldo ein Mehrverkehr von mindestens 25 % gegenüber. Bestimmt nur eine überschlägige und durchschnittliche Rechnung, aber im Prinzip sicher richtig.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch ein Wort zum Dieselpreis sagen. Die Erhöhung des Dieselpreises um 10 Pf pro Liter halten wir für das Höchste, was zumutbar ist. Einer weiteren Anhebung müßten wir energischen Widerstand leisten. Man hat in diesem Hause in den letzten Wochen sehr häufig gehört, wir müßten die Kfz-Steuer, die so umständlich zu erheben ist und die außerdem noch einen erheblichen Verwaltungsaufwand verursacht, ganz abschaffen, und wir müßten dazu kommen, die gesamte Steuerlast auf den Treibstoff abzuwälzen. Meine Damen und Herren, wir würden — wenn ich „wir" sage, meine ich meine Freunde von der CSU — einem solchen Versuch energischen Widerstand entgegensetzen. Wir müssen das tun, weil die völlige Abwälzung der Steuerlast auf die Treibstoffe zutiefst ungerecht ist. Sie ist aus verschiedenen Gründen ungerecht. Erstens deshalb, weil die Steuererhebung nur über den Treibstoff die verkehrsfernen Gebiete am stärksten trifft, von denen immer schon die größeren Kilometerleistungen abgefordert werden. Wir müssen einem solchen Versuch aber auch deshalb widersprechen, weil jene Gebiete und Betriebe und jene Kraftfahrzeuge, die in der Hauptsache auf schlechten Straßen oder in bergigem Gelände fahren müssen, dann bis zu 30 und 40 % mehr Steuern zahlen als die anderen, die in glücklicheren geographischen Verhältnissen stationiert
Ein derartiger Versuch, die Steuer zu vereinfachen, ist also zutiefst ungerecht und wird immer und auf jeden Fall auf unseren energischen Widerstand stoßen. Eine absolut gerechte Besteuerung wird kaum möglich sein. Aber man kann wenigstens ein Optimum finden, und das Optimum wird in einem vernünftigen Verhältnis zwischen fixer Belastung und Treibstoffbelastung zu suchen sein, also bei einer Kombination dieser beiden Steuerarten. Ich warne davor, am falschen Ende Finanzvereinfachungen oder Steuervereinfachungen vorzunehmen, weil sie nämlich auf die Schultern der Schwächeren und der Ärmeren abgeladen würden.
In diesem Zusammenhang noch eine einzige kurze Diskussionsbemerkung an die Adresse meines Freundes Müller-Hermann. Herr Kollege, wir haben auf weiten Strecken übereinstimmende Ansichten und Meinungen. Nur in einem Punkt muß ich Ihnen ganz entschieden widersprechen. Sie meinen, man könne die katastrophale
Zahl von 12 000 Verkehrstoten im Jahr erheblich herabdrücken, wenn man an der Organisation unserer Verkehrspolizei etwas änderte. Ein schwerer Irrtum, Herr Kollege! Es ist einfach nicht einzusehen, warum ein Polizist, der vom Landesfinanzminister besoldet wird, schlechter arbeiten sollte als ein Verkehrspolizist, der etwa vom Bundesfinanzminister besoldet wird. Im Grunde genommen geht diese Auffassung, die Sie hier vortragen, auf einen alten deutschen tragischen Irrtum zurück, nämlich auf den tragischen Irrtum, zu glauben, man könne Anständigkeit und Moral — die nämlich im Verkehr gefordert werden — durch eine straffe militante Organisation ersetzen. Das geht nicht.
Ich halte dieses Problem der Bekämpfung der Verkehrsunfälle in erster Linie für ein moralisches und erst in letzter Linie für ein organisatorisches. Diese Lümmel, die verantwortungslos auf unseren Straßen herumfahren,
die in dem Augenblick, in dem sie den Gashebel in der Hand haben, an nichts anderes mehr denken als nur an die Befriedigung ihres eigenen Selbstgefühls — das ist nämlich der eigentliche Grund für die viel en Verkehrskatastrophen,—sollte man einmal ganz energisch belehren durch drastische Maßnahmen.
Meine Damen und Herren, ich sagte: drastische
Maßnahmen. Ich bedaure es unendlich, kein Jurist zu sein. Ich kann daher den Gedanken, den ich schon einmal im Rundfunk vorgetragen habe, nicht in eine gültige juristische Form prägen. Ich bin der Meinung, man sollte allen diesen Lümmeln, von denen ich hier gesprochen habe, diesen verantwortungslosen Burschen, die man zu Dutzenden, zu Hunderten über unsere Straßen jagen sieht, einmal Gelegenheit geben, anstatt 5, 10 oder 50 Mark Verwarnungsgebühr zu zahlen, an irgendeiner Katastrophenunfallstelle des Deutschen Roten Kreuzes Dienst zu tun. Dann nämlich, wenn sie angesichts des furchtbaren Unheils, das sie und ihresgleichen anrichten, einmal mitarbeiten müßten im Schweiße ihres Angesichts, um Blut und Tränen zu tilgen von den Straßen, und diese armen zuschanden gefahrenen Menschen in die Krankenhäuser mit einliefern müßten, dann würde es ihnen sehr bald vergehen. Der Anschauungsunterricht über die Folgen war noch immer die beste Stütze für die Moral.
Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen versprochen, mich auf einige wenige grundsätzliche Gedanken und ein paar Diskussionsbemerkungen zu beschränken. Ich will auch schließen. Ich möchte aber nicht schließen, ohne in diesem Zusammenhang an die Adresse unseres hochverehrten Bundesverkehrsministers noch ein paar Sätze zu richten. Man hat Ihnen, Herr Minister, in der Öffentlichkeit sehr oft Vorhaltungen gemacht, weil Sie in den letzten fünf bis sechs Jahren Ihre Meinung zu einigen entscheidenden vekehrspolitischen Dingen geändert haben. Ich kann mich diesen Ihren Kritikern nicht anschließen. Ich tue es schon aus reiner Vorsicht nicht, und ich würde das auch allen
meinen Freunden hier im Hause, gleichgültig auf welchen Bänken sie auch sitzen mögen, empfehlen, und zwar einfach deshalb, weil der Verkehr in den nächsten fünf bis zehn Jahren — ich glaube, ein Kollege von der linken Seite des Hauses hat das heute schon einmal ganz richtig bemerkt — in einem solch stürmischen Fortschritt über uns hinwegbrausen wird, daß mancher, der heute hier irgendwelche verkehrspolitischen Dogmen ausgesprochen hat, genötigt sein wird, seine Meinung auch noch zu ändern.
Ich glaube also, man sollte nicht einstimmen in den Chorus derer, die vom hohen Podest herab den Herrn Verkehrsminister deshalb gerügt haben, weil er in einigen Punkten seine Auffassung geändert hat.
Herr Verkehrsminister, wir — ich meine da wiederum meine politischen Freunde von der CSU
— waren und sind noch in einigen sehr wesentlichen Punkten und grundsätzlichen Fragen anderer Meinung als Sie. Wir können es Ihnen leider nicht ersparen, mit uns zu ringen, um zu einer guten gemeinsamen Lösung zu kommen. Trotzdem - abgesehen von den immerhin noch bestehenden wesentlichen und grundsätzlichen Differenzen in unseren Auffassungen — möchte ich Ihnen dafür danken, daß Si- doch wenigstens den Mut zur Unpopularität gez igt haben, der heute so selten ist.
Ich möchte Ihr, en schließlich und endlich noch dafür danken, daß Sie und Ihr Haus Verständnis dafür gezeigt haben, daß die Notstandsgebiete, angefangen von West-Berlin über die Frachthilfegebiete bis zu den Zonenrandgebieten, eben doch in einer besonders unglücklichen Lage sind. Ich hoffe, daß wir auch in Zukunft auf der Regierungsbank in diesem Punkte Gehör finden werden.
Das Wort hat der Abgeordnete Glüsing.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nun aber wirklich nur noch eine ganz kurze Erklärung! Gemeinsam mit einigen Freunden hatte ich mir erlaubt, bei der zweiten Lesung des vorliegenden Gesetzentwurfs einen Änderungsantrag zu § 12 Abs. 2 Ziffer 2 des Beförderungsteuergesetzes einzubringen mit dem Inhalt, den Katalog der begünstigten Gebiete geringfügig zu erweitern. Hier ging es um die Einbeziehung ,des Küstengebietes an der Westküste Schleswig-Holsteins. Durch Beschluß des Hohen Hauses ist dieser Antrag der Bundesregierung als Material überwiesen worden. Die Antragsteller haben daraus den Schluß gezogen, in der dritten Lesung diesen Antrag nicht zu erneuern.
Ich habe aber bei dieser Gelegenheit noch eine dringende und besondere Bitte an den Herrn Bundesfinanzminister. Diese Bitte möchte ich eigentlich mit denselben Worten unterstreichen, die er selber anläßlich der zweiten Lesung bei der Debatte über diesen Antrag gebraucht hat. Unsere Bitte geht dahin, daß er sein warmes Herz, das er immer für Schleswig-Holstein gehabt hat, noch mehr erwärmen möge, daß .also die Bundesregierung dieses Material nicht im üblichen Sinne ver-
wendet, sondern dazu benutzt, ernsthafte Gespräche darüber anzustreben, damit endlich für die gesamte Wirtschaft Schleswig-Holsteins ein gleicher gesunder Start erreicht wird.
Meine Damen und Herren, die Rednerliste ist erschöpft.
Ich nehme an, daß es dem Hohen Hause ähnlich geht.
Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Ich rufe zur Einzelberatung auf Abschnitt I Art. 1 mit den Änderungsanträgen auf Umdruck 341*) und 343**). Wird zur Begründung dieser Anträge oder zur Aussprache hierüber das Wort gewünscht? — Das Wort hat der Abgeordnete Stücklen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Durch .den Antrag Umdruck 343 soll eine Gruppe von Fahrzeugen, die mit einer Batterie belastet sind und 'dadurch im Gesamtgewicht bei der neuen Besteuerung außerordentlich schlecht wegkommen, in dieser Form, die auch mit dem Verkehrsminister und dem Finanzminister abgesprochen ist, berücksichtigt werden. Ich bitte daher, diesem Antrage Ihre Zustimmung zu geben.
Wird noch zu Umdruck 341 das Wort gewünscht? — Wortmeldungen liegen nicht vor. Dann schließe ich die Aussprache zu diesem Punkt.
Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Abgeordneten Stücklen, Jacobi, Unertl und Genossen auf Umdruck 343. Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Meine Damen und Herren, ich glaube, wir müssen die Abstimmung wiederholen. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das zweite ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, GB/BHE Umdruck 341. Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die große Mehrheit; der Änderungsantrag ist angenommen.
Ich komme nunmehr zur Abstimmung über den Art. 1 in der geänderten Fassung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; Art. 1 ist angenommen.
Ich rufe nunmehr zur Einzelberatung auf in Abschnitt II den Art. 1 mit den Änderungsanträgen auf den Umdrucken 336***), 337****) und 344*****). Das Wort hat der Abgeordnete Feldmann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Antragsteller des Umdrucks 337 bedauern sehr, daß sie dem von der
*) Siehe Anlage 2. **) Siehe Anlage 3. ***) Siehe Anlage 4. ****) Siehe Anlage 5.
*****)Siehe Anlage 7.
Mehrheit des Hauses geäußerten Wunsch nach möglichst unveränderter Verabschiedung dieses Gesetzes in der Fassung der zweiten Lesung nicht zustimmen können. Sie können das deshalb nicht, weil sie in der gegenwärtigen Formulierung des Gesetzes eine schwere Gefährdung der Interessen ihrer Wahlkreise sehen. Lassen Sie mich das mit wenigen Worten begründen.
Das Merkmal der Beförderungsteuer ist das Gewicht. Das ist ein sehr grober Maßstab, der naturgemäß zu erheblichen Unebenheiten führen muß. Was bei dem einen eine kaum merkbare Vermehrung der Spesen ist, bedeutet bei dem anderen Unternehmen unter Umständen eine ernste Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz. So ist es z. B. bei der westfälischen Zementindustrie, so ist es gleichermaßen bei der rheinischen Bimsbaustoffindustrie. Es bedarf keines Beweises, daß die Besteuerung nach dem Gewicht beispielsweise bei einer Ladung von 5 oder 10 t Textilien oder Medikamenten oder bearbeiteten Maschinenteilen natürlich etwas anderes ist als bei einem Gut wie beispielsweise Zement oder Bimsbaustoff.
Meine Anregung, diese Steuer in eine Relation zum Warenwert zu setzen, ist von dem Herrn Finanzminister als undurchführbar abgelehnt worden.
Bei der Baustoffindustrie treffen zwei entscheidende Faktoren zusammen, die die Beförderungsteuer von 3, 4 und 5 Pfennig einfach unerträglich machen, nämlich niedriger Preis und weiter Transportweg. Bedenken Sie bitte, daß beispielsweise bei einer Beförderung von 20 t Zement — das ist eine ganz normale Ladung — von Ostwestfalen in das Gebiet von Düsseldorf-Köln oder in das rheinische Bimsstoffgebiet — zwischen beiden Bezirken bestehen sehr enge Geschäftsbeziehungen — bei einem Warenwert von etwas über 800 DM allein die Beförderungsteuer nach der gegenwärtigen Vorlage 120 DM, also 80 DM mehr als bisher, und bei der vollen Auswirkung dieses Gesetzes, also bei 5 Pfennig pro Tonnenkilometer, 200 DM betragen wird. Durch dieses Gesetz werden die Frachten von rund 29% bis auf rund 40 % des Warenpreises steigen.
Das allein wäre aber noch nicht das Entscheidende, sondern es wird folgendes eintreten. Die Beförderung von Baustoffen mit der Eisenbahn wird nach meiner persönlichen Überzeugung — und auch nach der Auffassung der Fachleute — keineswegs den Erwartungen des Bundesverkehrsministeriums entsprechen. Das hat darin seine Ursache, daß der gebrochene Verkehr, also die Verladung von Baustoffen von der Empfangsstation zur Verbrauchsstelle, fast so viel Kosten verursacht, wie zur Zeit die gesamten Transportkosten betragen, nämlich 6 bis 8 DM pro Tonne. Die westfälische Baustoffindustrie erzeugt 4,3 Millionen t. Davon befördert sie über 90 % auf dem Lastwagen; das sind 3,8 Millionen t. Der Umschlag dieser Menge vom Eisenbahnwagen auf den Lastwagen würde allein einen Aufwand von 22 bis 25 Millionen DM im Jahre erfordern. Eine solche Belastung kann weder die Baustoffindustrie noch das Verkehrsgewerbe ertragen, und der Käufer bzw. der Verbraucher will sie nicht ertragen. Die Folge wird sein, daß — da ja der Käufer allein über den Transportweg entscheidet — zukünftig die verkehrsferne Baustoffindustrie Ostwestfalens nur in kleinem Umfange an der Versorgung des Marktes teilnehmen wird und sich das Gros der Baustoff-
verbraucher in den verbrauchernahen Zementfabriken des rheinisch-westfälischen Industriegebietes eindeckt. Das bedeutet praktisch, daß bei der ohnedies unerträglichen Verkehrsdichte des rheinischwestfälischen Industriegebietes, da ja der Nahverkehr steuerfrei ist, der Kraftwagenverkehr sich noch mehr steigern wird, während die ostwestfälischen Fabriken, die keine andere Möglichkeit haben, als eben Bauindustrie zu betreiben, mehr und mehr aus der Versorgung ausscheiden. Diese Gebiete sind aber heute bereits zu einem erheblichen Teil Notstandsgebiete, und sie werden es in Zukunft noch mehr sein, wenn dieses Gesetz in Kraft tritt. Ich bitte Sie deshalb, nachdem der Vorschlag, die Steuer in Relation zum Wert des beförderten Gutes zu bringen, als undurchführbar abgelehnt wurde, dem Antrag Umdruck 337 zuzustimmen, daß Baustoffe, die aus Steinen oder Erden hergestellt werden, im § 12 in die Liste der begünstigten Güter aufgenommen, d. h. mit der bisherigen Beförderungsteuer belastet werden.
Meine Damen und Herren, ich möchte Sie bitten, durch etwas mehr Ruhe den Rednern und sich selbst die Arbeit zu erleichtern.
Ich darf zu den aufgerufenen Umdrucken auch noch den Umdruck 338*) aufrufen. Um jeden Zweifel auszuschalten, darf ich bemerken: Es wird diskutiert über Abschnitt II Art. 1 Nr. 6, und zwar § 12 Abs. 2 Ziffer 1, und hierzu sind die Umdrucke 336, 337, der soeben begründet wurde, 338 und 344 aufgerufen.
Das Wort hat nunmehr der Abgeordnete Kriedemann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben im Verlaufe der zweiten, aber auch im Verlaufe der dritten Lesung sehr ernsthafte Ermahnungen in der Richtung gehört, man möge auf Ausnahmeanträge verzichten, und es ist darauf aufmerksam gemacht worden, daß das Gesetz sonst sehr kompliziert werden würde. Bei allem Respekt vor dieser aus Verantwortungsbewußtsein geborenen Ermahnung möchte ich mir doch die Bemerkung erlauben, daß es auch eine Verantwortung in einer anderen Richtung gibt, und der fühlen sich diejenigen unterworfen, die den Antrag auf Umdruck 336**) unterzeichnet haben. Wenn man in so komplizierte Verhältnisse wie die des Verkehrs mit solchen — zugegeben — drastischen Maßnahmen eingreift, dann kann man kaum darauf verzichten, hier und da die Härten auszugleichen, die durch solche Eingriffe entstehen. Eines schickt sich nun einmal nicht für alle, und wir müssen versuchen, die Dinge so zu regeln, daß jeder, und sei es auch mit einem blauen Auge, einigermaßen mit ihnen fertig werden kann.
Wir haben uns, nachdem die Änderungsanträge meiner Fraktion bezüglich bestimmter Ausnahmen von der steuerlichen Belastung zugunsten gewisser Nahrungsmittel in der zweiten Lesung zum großen Teil abgelehnt worden sind, sehr ernsthaft geprüft, in welchen Punkten wir das Haus bei der dritten Lesung doch noch einmal bitten müssen. Sie finden im Antrag Umdruck 336 aus der Initiative einiger Mitglieder des Hauses heraus die Bitte um Ausnahmen für Schlachtvieh und Nahrungsfette. Ich
*) Siehe Anlage 6. **) Siehe Anlage 4.
will hier nicht wiederholen, was in der zweiten Lesung zur Begründung des gleichen Anliegens schon sehr ausführlich gesagt worden ist. Aber lassen Sie mich wenigstens feststellen, daß die erheblichen Verluste, mit denen sich die Erzeuger von Schlachtvieh abfinden müssen, wenn sie dieses Vieh auf den Markt schaffen, sehr wesentlich vermindert werden können, wenn wir es ihnen möglich machen, die modernste und rationellste Form des Transports zu benutzen. Es liegt uns allen daran und muß uns daran liegen, dem Erzeuger zu einem möglichst großen Anteil an dem Preis zu verhelfen, der auf dem Markt notiert wird. Leider ist es keineswegs so, daß er das, was Sie als Marktnotierung lesen, auch wirklich ausgezahlt bekommt. Wir sind auch daran interessiert, daß die Märkte möglichst gleichmäßig und unter Berücksichtigung der jeweiligen Marktlage beschickt werden, und das läßt sich nur wirkungsvoll machen, wenn wir z. B. den Viehverwertungsgenossenschaften sowohl bei der Herausnahme des Viehs aus den Ställen der Erzeuger wie bei der Anbietung des Viehs auf dem jeweils richtigen Markt die volle Bewegungsfreiheit geben, die man nun eben nicht haben kann, wenn man sich bei dieser Aufgabe Dritter bedienen muß. Deshalb bitten wir Sie, das Schlachtvieh herauszunehmen. Wir sind — das darf ich bei der Gelegenheit gleich sagen — völlig mit der Ergänzung, die Ihnen auf Umdruck 344 von einem anderen Kreis von Kollegen vorgeschlagen wird, einverstanden.
Noch ein Wort der Begründung zum Antrag Umdruck 336 Buchstabe f. Ich habe neulich schon ausgeführt, daß die Margarine ihrer Natur nach schnell transportiert werden muß. Sie muß zügig ausgeliefert werden, weil sie langes Lagern nicht verträgt. Die Margarine stellt, so wie die Dinge nun einmal liegen, den Hauptanteil an der Fettversorgung der Bevölkerung dar. Wir können kein Interesse daran haben, ein solches Grundnahrungsmittel steuerlich oder in anderer Weise mit Kosten zu belasten. Es bedarf auch keiner weiteren Ausführungen. Ich bitte Sie noch einmal ernsthaft und sehr eindringlich, sich dem Anliegen auf Umdruck 336 nicht verschließen zu wollen.
Das Wort hat der Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ausschuß hat in langen Beratungen ebenso wie das Hohe Haus in der zweiten Lesung einen relativ kleinen Katalog von Befreiungen beschlossen. Ich möchte doch dringend bitten, es dabei zu belassen. Herr Abgeordneter Kriedemann hat eben erwähnt, daß die Gefahr der Schwierigkeit der Kontrolle von ihm anerkannt werde, daß das aber nicht entscheidend sei. Ich darf doch nochmal darauf hinweisen: die Beförderungsteuer wird jetzt von einem ganz kleinen Stab von Beamten gemacht. Es kann doch niemand wollen, daß wir hier notgedrungen eine große Beamtenvermehrung einführen müssen, nur um diese Dinge kontrollieren zu können. Es ist auch nicht richtig, daß diese Verkehre auf die Bundesbahn übergeleitet werden sollten. So einseitig sind doch die Entwürfe gar nicht. Wenn nach der Verteuerung, die hierdurch eintritt, nicht mehr im Werkverkehr befördert werden kann, dann ist doch die nächstliegende Frage, ob nicht der gewerbliche Güterfernverkehr diese
Beförderungen übernehmen kann. Ich glaube, es wäre ein ausgesprochenes Stück der Mittelstandspolitik, wenn man auf diesem Weg zu Hilfe käme. Wenn man überhaupt keine Mehrbelastung will, dann hätte man die Beförderungsteuer im Werkverkehr nicht erhöhen dürfen. Ich halte das nicht für ein ausschlaggebendes Argument und bitte dringend, es bei den Beschlüssen der zweiten Lesung zu belassen und nicht immer weiter dazu beizutragen, daß das Gesetz in der Durchführung noch schwieriger und komplizierter wird.
Ich darf bei dieser Gelegenheit, wo ich die Ehre habe zu sprechen, noch einen anderen Punkt berühren, den Herr Abgeordneter Dr. Wellhausen schon erwähnt hat, nämlich die Frage der Beschränkung auf inländische Produkte bei einigen der hier genannten Ausnahmen. Es ist heute eine Verbalnote der holländischen Regierung eingetroffen, die folgendes ausführt:
Eine derartige Regelung, die ausländische Produkte mit einer höheren Beförderungsteuer als die entsprechenden inländischen Produkte belegt, würde eine Diskriminierung bedeuten, die sich nachteilig auf die Einfuhr aus den Nachbarländern und insbesondere den Niederlanden auswirken müßte. Durch diese Regelung würde auf dem indirekten Wege über die Beförderungsteuer für inländische Produkte eine bessere Konkurrenzposition erzielt werden, die nicht in Einklang gebracht werden kann mit dem Geist und Inhalt der Bestimmungen des GATT.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Horlacher.
Meine Damen und Herren, ich darf Sie bitten, die Ihnen notwendig erscheinenden privaten Unterhaltungen in die Wandelgänge zu verlegen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Glauben Sie mir, ich bin klug genug, um zu wissen, welcher an sich gemeinsame Geist über diesem Hause jetzt schwebt.
Auch die sogenannten Generalsprecher der SPD haben selber ja deutlich zum Ausdruck gebracht, daß sie wenig Änderungen mehr wollten, so daß wir, wir Fachleute aus den einzelnen Gebieten — wir haben ja die Anträge für uns eingebracht, und es scheint, daß wir bis zum Schluß noch zusammenhalten —
jetzt das Wort haben. — Herr Kollege Kriedemann, Sie sind sofort mit mir einig, wenn Sie mich noch weiter anhören; denn ich möchte das nicht bloß beschränkt haben auf die Milchversorgung, auf die Fischversorgung und auf die Gemüse- und Obstversorgung der Bevölkerung, sondern auch auf die Fleischversorgung und auf die Brotversorgung erstrecken. Dabei möchte ich einen Gesichtspunkt hervorheben. Die Antragsteller beabsichtigen — das darf ich wohl sagen —, alles zu vermeiden, was eine Verteuerung auf diesen Lebensmittelgebieten herbeiführt. Das ist die Aufgabe, die wir uns dabei gestellt haben. Ich will das nicht weiter begründen; denn diejenigen, die sich mit der Materie nicht näher beschäftigt haben, geben ja sowieso nicht mehr Obacht, das sehen wir ja.
Aber das enthebt uns nicht der Pflicht, das zu tun, was wir für notwendig erachten. Auch bitte ich, bei der Abstimmung so zu verfahren, daß wir über die einzelnen Produkte, soweit Änderungsanträge vorliegen, abstimmen lassen.
Das Wort hat der Abgeordnete Müller .
Meine Damen und Herren! Mit dem Umdruck 338 wird begehrt, für inländisches Brotgetreide, Mehl und Mühlennachprodukte, wenn sich die Beförderung nicht über 150 Kilometer vom Standort des Betriebes aus erstreckt, die Steuer auf 1 Pfennig je Tonnenkilometer festzusetzen. Wenn man den Argumentationen des Herrn Bundesfinanzministers folgen wollte, die er bei der zweiten Lesung dieses Gesetzes zu diesem Punkt vorgetragen hat, dann müßte es in Betrieben, die den Werkfernverkehr betreiben, ein leichtes sein, diese Belastungen zu tragen. Der Herr Finanzminister hat laut Protokoll — ich .darf das vielleicht mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren — hier gesagt:
Rechnen Sie doch die Dinge nur nach! Ein
großer Betrieb schafft sich aus den Gewinnen,
die er hat, einen Lastkraftwagenpark an. Er weiß
genau, daß dieser Lastkraftwagenpark Verluste
bringt, daß man mit der Eisenbahn das Geschäft vielleicht besser machen würde. Aber er
will Verluste haben, weil er mit 'den Verlusten
die Gewinne aus seinem übrigen Betrieb, die
ihm zu groß werden, ermäßigen und damit
seine Steuer ermäßigen kann.
Die „Deutsche Zeitung" hat dazu in ihrer heutigen Ausgabe, glaube ich, mit Recht die kritische Randbemerkung gemacht:
Würde unsere Wirtschaft wirklich in diesem Stilarbeiten, dann hätte sie auch eine solche Art von Gesetzesbegründung verdient.
Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen nur sagen: für die binnenländischen Mühlenbetriebe, die Mehl und Mahlerzeugnisse zu den Verbraucherbetrieben, zu den Bäckereien und zu den kleinen Handelsbetrieben fahren, ist es geradezu eine Lebensfrage, daß diesem Antrag zugestimmt wird.
Sie wissen, daß uns das Mühlenproblem auch in diesem Hause seit Jahr und Tag beschäftigt, ohne daß es bisher gelungen wäre, eine tragbare Lösung der Probleme herbeizuführen. Ich darf Ihnen sagen: dort, wo Mühlen überhaupt noch Gewinne erzielen können, würde die Einführung 'dieser Bestimmungen die volle Auswirkung der erhöhten Besteuerung des Werkfernverkehrs, die Betriebe weitestgehend zum Erliegen bringen müssen. Ich erhebe aus diesem 'Grunde meine warnende Stimme. Ich weiß, es wird nicht gern gehört. Aber ich möchte es mir nicht versagen, in diesem Augenblick noch einmal an Ihre Einsicht zu appellieren, damit Sie uns unterstützen, bei diesen sozial, d. h. schwach kalkulierten Artikeln, zu denen auch das Mehl gehört, diese Ausnahme zu konzedieren.
— 150 km, Herr Dr. Dresbach, ist nicht sehr weit. Wenn Sie sich mal in den binnenländischen Betrieben umhören, werden Sie feststellen, daß diese Entfernung benötigt wird, wenn man die Verarbeitungsbetriebe erreichen will.
Aus diesem Grunde möchte ich bitten, diesem Antrag die Zustimmung zu erteilen. Wir denken nicht daran, hier völlig unbegrenzt Ausnahmen zu verlangen, weil über weitere Entfernungen der Transport sich ohnehin kaum mehr rentiert. Aber für diese detaillierenden Betriebe ist die Beibehaltung des Werkfernverkehrs und die Beibehaltung der derzeitigen Besteuerungsgrundsätze eine Lebensfrage. Ich bitte deshalb, dem Antrag Umdruck 338 Ihre Zustimmung zu erteilen.
Das Wort hat der Abgeordnete Unertl.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag Umdruck 344, der zu begründen ist und der zur Debatte steht, wurde bereits weitestgehend durch die Ausführungen des Herrn Kollegen Kriedemann begründet. Desgleichen darf ich darauf verweisen, daß auch der Kollege Dr. Horlacher in der zweiten Lesung einen ähnlichen Antrag ausführlich begründet hat.
Ich möchte zur Begründung des vorliegenden Antrags nur noch einige Tatsachen hinzufügen, die uns diesen Änderungsantrag wie in der zweiten Lesung so auch in der dritten Lesung gerechtfertigt erscheinen lassen. Zunächst einmal muß daran gedacht werden, daß sich diese Ausnahme nur auf den kleinen Teil von 6000 Fahrzeugen in der Bundesrepublik bezieht, daß wir, die wir den Antrag eingebracht haben, daran denken, die Beförderung von Schlachtvieh, von Nutz- und Zuchtvieh auf Spezialfahrzeugen auszunehmen. Diese Spezialfahrzeuge wurden gerade in der Zeit nach 1945, 1948 und später ein notwendiges Übel, weil eben die zur Verfügung stehenden Transportmittel nicht geeignet waren, lebendes Vieh, Schlacht- und Nutzvieh zu transportieren. Denken wir doch an das große Schlagwort: „Vermeide jede Tierquälerei!" Wie oft wird es gebraucht! Denken wir weiter an die Transporte von Vieh im Sommer, an die Hitze usw. Denken wir weiter an die Tatsache, daß in der Landwirtschaft praktisch Arbeitermangel herrscht und es überhaupt schwer ist, für Viehtransporte einen Fachmann zu finden, der in der Lage wäre, fachgerecht zuzugreifen. Ich möchte auch darauf verweisen, daß die Nutz- und Zuchtviehmärkte insgesamt von Spezialfahrzeugen beschickt werden müssen, weil hier aus dem ganzen Land speziell die Viehtransporte herangebracht werden. Diese Transportwagen übernehmen überall den Transport von Haus zu Haus.
Lassen Sie mich auch die Befürchtungen zurückweisen, die Herr Staatssekretär Hartmann soeben vorgetragen hat. Der Herr Staatssekretär glaubt, daß die Dinge, wenn diese Änderungsanträge angenommen werden und die im Gesetz beschlossenen Änderungen erfolgen, nicht mehr zu kontrollieren wären. Ich weiß, Herr Dresbach hat bei der zweiten Beratung auch den Dingen widersprochen. Ich möchte demgegenüber erklären, daß hier keine Neuerung erfolgt. Es bleibt bei den bisherigen gesetzlichen Vorschriften. Wir müssen die Transporte, die getätigt werden, bereits heute vierfach mit Frachtbriefen versehen und diese beim Finanzamt einreichen, und zwar nach Kilometern von dem Abfahrtsort des Fahrzeuges bis zum Ziel. Also eine erschwerte Kontrolle kommt nicht hinzu. Kein anderer als mein Nachbarabgeordneter, der Herr Bundesfinanzminister Schäffer, hat von dieser Stelle aus bei der zweiten Beratung doch uns alle gebeten, maßzuhalten und nur solche Änderungsanträge einzureichen, die dem echten Werkfernverkehr dienen. Um ein solches echtes Anliegen handelt es sich hier, wenn es auch, wie einer meiner Kollegen vorhin sagte, ums Rindvieh geht. Ich bin der Meinung: wer das Rindvieh nicht ehrt, ist den Personenwagen nicht wert!
Das Wort hat der Abgeordnete Krammig.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß Sie leider wieder in die Wirklichkeit zurückrufen. Es wäre so schön, wenn wir im Sinne des Schlusses des Kollegen Unertl fortfahren könnten. Aber was uns hier in diesen vier Umdrucken vorgelegt wird, ist im Finanz-und Steuerauschuß eingehend durchgesprochen und in der zweiten Lesung sachlich in der gleichen Form vom Hohen Hause abgelehnt worden. In dem Antrag Umdruck 338 z. B. wird hier plötzlich ein neuer Begriff in das Beförderungsteuergesetz eingeführt, nämlich die Zone von 150 km. Bedenken Sie doch bitte: wohin soll das denn führen, wenn das Gesetz praktikabel bleiben soll?
Ich bitte um Ablehnung der Anträge auf den Umdrucken 336, 337, 338 und 344, weil sie die Konsequenz in sich bergen, daß wir in Abschnitt III noch einmal an die Erhöhung der Mineralölsteuersätze herangehen müßten.
Meine Damen und Herren, die aufgerufenen Änderungsanträge sind begründet, es ist auch dagegen gesprochen worden. Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Ich schließe die Aussprache hierüber.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Herr Abgeordnete Kriedemann hat, wenn ich ihn recht verstanden habe, darauf hingewiesen, daß der Antrag Umdruck 336*) Buchstabe e nicht aufrechterhalten wird, sondern daß er sich der Fassung des Umdrucks 344 anschließt.
Damit komme ich zuerst zur Abstimmung über den Antrag Umdruck 344**), der einen Buchstaben e verlangt, der die Worte enthält: „Schlacht- und Nutzvieh in Spezialfahrzeugen". Wer diesem Änderungsantrag der Abgeordneten Unertl, Dr. Horlacher, Lermer und Genossen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letztere ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Umdruck 336, Änderungsantrag der Abgeordneten Kriedemann und Genossen, einen Buchstaben e — er muß nunmehr e heißen; hier ist „f" gesagt — einzufügen, der das Wort umfaßt: „Nahrungsfette". Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Feldmann, Menke, Frau Niggemeyer, Raestrup, Dr. Weber und Genossen auf Umdruck 337***), einen Buchstaben e einzufügen mit den Worten: „Baustoffen, die aus
*) Siehe Anlage 4. **) Siehe Anlage 7. ***) Siehe Anlage 5.
Steinen oder Erden hergestellt werden". Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. -- Das letzte ist die große Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich rufe auf zur Abstimmung den Antrag der Abgeordneten Dr. Horlacher, Müller und Genossen auf Umdruck 338*), einen Buchstaben e einzufügen mit den Worten: „inländischem Brotgetreide, Mehl und Mühlennachprodukten, wenn sich die Beförderung nicht über 150 Kilometer vom Standort aus erstreckt". Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letztere ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme damit im Abschnitt 1I zur Abstimmung über den Art. 1 in der Fassung der zweiten Beratung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit; es ist so beschlossen.
— Die große Mehrheit, wenn Sie es wünschen.
Ich rufe nunmehr zur Beratung auf den Abschnitt III Art. 4 und damit die Anträge Umdrucke 340**), 345***) und 335****). Wer wünscht hierzu das Wort zu ergreifen? — Herr Abgeordneter Dr. Willeke!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde das Hohe Haus nur mit einigen wenigen, hoffentlich von allen verstandenen Sätzen behelligen. Ich möchte hier weder vom Schlachtvieh noch vom Bier noch von sonstigen wertvollen Dingen sprechen, aber von einem Produkt, das bekanntermaßen heute so stark im Blickpunkt unseres Interesses steht und das für uns alle von außerordentlicher Bedeutung ist: dem Wasser. Wenn wir die Wasserförderung und damit die Wasserwerke mit ihren stationären Maschinen in die Mineralölbesteuerung in normaler Weise einbezögen, wenn wir also hier die Betriebsbeihilfe nicht einführten, würden wir alle im Hohen Hause völlig inkonsequent sein. Wir müssen uns darüber klar sein, daß wir die Vergünstigung für die stationären Maschinen für die Stromerzeugung beschlossen haben. Niemand wird einsehen können, daß wir in diesem Fall ja und im anderen Fall nein sagen.
Ich möchte daher das Hohe Haus bitten, doch den Katalog der Mineralölsteuerbegünstigung wenigstens in diesem einen Punkt zu ergänzen, in einem Punkt, dessen Bedeutung man zweifellos bei den Beratungen ganz einfach verkannt bzw. vergessen hat. Wie weit man überhaupt stationäre Maschinen einbeziehen kann, ist eine Frage. Das vermag ich nicht zu übersehen. Aber ich bitte Sie doch, den Antrag auf Umdruck 335 möglichst einstimmig anzunehmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Schulze-Pellengahr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dem Änderungsantrag Umdruck 340 ist der in der zweiten Lesung angenommene Zusatz in Abs. 4 „zuzüglich eines Zuschlages für einen zu erwartenden Zuwachs"
*) Siehe Anlage 6.
**) Siehe Anlage 9. ***) Siehe Anlage 10. ****) Siehe Anlage 8.
offenbar versehentlich vergessen worden. Was ist der Inhalt dieses Zusatzes? Im vergangenen Jahr haben wir in der Landwirtschaft um etwa 20% mehr Traktoren — etwa 80 000 an der Zahl — erworben als im Vorjahr. Diese würden bei Wegfall des Zusatzes im Anschaffungsjahr verbilligten Treibstoff nicht erhalten. Der Herr Staatssekretär hat gegen diesen Zusatz vielleicht haushaltsmäßige Bedenken, weil die finanziellen Konsequenzen, die sich aus dieser Bestimmung ergeben, nicht genau erfaßbar sind. Ich habe mich aber erkundigt, und ich glaube, es ist auch haushaltsrechtlich möglich, schon 10% über den Etatsatz hinauszugehen. Wenn auch die bisherige Zuwachsrate im vergangenen Jahr 20% beträgt, so ist doch anzunehmen, daß die .Zuwachsrate des kommenden Jahres wahrscheinlich die 10 % nicht überschreiten wird.
Ich stelle deshalb den Änderungsantrag zu dem Änderungsantrag, in Art. 4 Abs. 3 hinter dem Wort „Kalenderjahr" ,die Worte „zuzüglich eines Zuschlages für einen etwa zu erwartenden Zuwachs" einzufügen.
Das Wort hat der Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Berücksichtigung eines Zuschlags für einen Zuwachs ist in dem Umdruck 340 nicht etwa versehentlich, sondern mit Absicht unterblieben. Es ist begrifflich ganz unmöglich, vor dem Abend des 31. Dezember eines Jahres zu wissen, ob überhaupt ein Zuwachs an Verbrauch von Mineralöl in dem Jahre eingetreten ist oder nicht. Daher die Regelung im Umdruck 340. Im darauffolgenden Haushaltsjahr wird der tatsächliche Verbrauch eines jeden einzelnen der hier begünstigten Verbraucher festgestellt; insbesondere bekommt jeder Landwirt seine Vergütung. Ich kann aber nicht im März oder im Mai oder im Juni schon sagen, ob im gesamten Jahresverbrauch irgendein Mehrverbrauch eingetreten ist.
Ich darf Sie doch einmal bitten, ,aus den Beschlüssen des Ausschusses den Text zu lesen. Daraus ergibt sich eigentlich schon die Unmöglichkeit. Es heißt hier: „Zuzüglich eines Zuschlages für einen etwa zu erwartenden Zuwachs". Das ist überhaupt keine Gesetzessprache. Ein „etwa zu erwartender" Zuwachs kann nicht berücksichtigt werden, sondern nur der tatsächliche Zuwachs, und der wird im nächsten Jahr berücksichtigt. Jeder Begünstigte bekommt im Jahre darauf faktisch das, was er an Mineralöl verbraucht hat. Das zu dem Punkt.
Im übrigen darf ich bitten, die beiden Umdrucke 335 und 345 abzulehnen. Ich glaube, man darf den Perfektionismus nicht zu weit treiben. Theoretisch könnten auch 12 oder 18 Nummern aufgezählt werden. Man sollte es bei den notwendigsten Be- trieben, die hier aufgezählt sind, bewenden lassen.
Wird weiter das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter Struve!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich gebe gern zu, daß diese Formulierung etwas unglücklich ist. Sie ist aber, wie mir berichtet worden ist, dem Finanz- und Steuerausschuß für die zweite Lesung so vorgeschlagen worden, und zwar aus Ihrem Haus, Herr Staatssekretär. Nun meine ich, daß der Finanz- und Steuerausschuß wie auch die anderen an diesem Ge-
setz beteiligten Ausschüsse sich immer darüber im klaren waren, daß die Landwirtschaft den Dieselkraftstoff steuerbegünstigt beziehen soll. Ich möchte dem Hohen Hause die Frage vorlegen, ob es wohl gerecht ist, daß ein Bauer, der im Kalenderjahr einen neuen Schlepper anschafft, erst einmal ein Jahr nicht steuerbegünstigten Dieselkraftstoff beziehen muß, um im Jahr danach nachzuweisen, daß er soundso viel verbraucht hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Angelegenheit ist ja keine neue Erfindung, sondern es ist immer so gewesen, daß die Landwirtschaft den Dieselkraftstoff steuerbegünstigt bezogen hat. Verwaltungsmäßig würde sich also überhaupt nichts an dem derzeitigen Zustand ändern. Aber haushaltsrechtliche Überlegungen und Hinweise auf schlechte Vorschläge in Ehren, Herr Staatssekretär, es geht hier um die Kernfrage. Ich bitte, doch eine Antwort darauf zu geben: Schwebt dem Herrn Finanzminister und Ihnen, Herr Staatssekretär, mit der neuen Formulierung vor, daß die ganzen Mengen für Neuanschaffungen ein Jahr unberücksichtigt bleiben sollen? Wenn Sie das mit Nein oder Ja beantworten, dann ist es auch dem Hohen Hause möglich, hier eine richtige Entscheidung zu fällen. Nach meinem Dafürhalten waren die Ausschüsse und, wie mir berichtet worden ist, die einzelnen Fraktionen bisher einmütig der Auffassung, die Landwirte sollen auch dann, wenn sie einen neuen Schlepper anschaffen, sofort in den Genuß des steuerbegünstigten Dieselkraftstotrs kommen.
Das Wort hat der Herr Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Struve, ich will Ihre Frage sofort beantworten. Die Regelung soll hier dieselbe sein wie im gesamten Steuerrecht, das nämlich, erst wenn ein Tatbestand endgültig festliegt, eine Steuererstattung oder -vergütung kennt. Denken Sie an den Lohnsteuerjahresausgleich. Es kann sich erst am Ende des Jahres herausstellen, ob jemand die zutreffende Lohnsteuer im Verlauf des ganzen Jahres entrichtet hat oder ob er zuviel entrichtet hat. Man kann nicht mitten im Jahr bereits irgendeinen Zuwachs berücksichtigen, da im weiteren Verlauf des Jahres der Anspruch geringer werden kann. Es ergibt sich also aus der Systematik der Steuergesetzgebung, daß das Jahr erst ablaufen muß. Im darauffolgenden Jahr wird der gesamte tatsächliche Verbrauch des Vorjahres berücksichtigt; der kann höher, der kann auch niedriger sein als im Vorjahre. Es steht doch nirgendwo geschrieben, daß der Verbrauch in jedem Jahr um 10 oder 20 Vo höher sein wird.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. von Buchka.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur noch ein kurzes Wort zu dem Umdruck 335*), dem Änderungsantrag, den eben der Kollege Dr. Willeke begründet hat. Meines Erachtens handelt es sich bei dieser Ergänzung nur um die Nachholung von etwas, was von vornherein hätte aufgenommen werden müssen. Ich kann nicht einsehen, daß ein solcher Antrag, der sich auf die größte Mangelware, die
*) Siehe Anlage 8.
wir überhaupt haben, auf das Wasser bezieht, hier etwa abgelehnt werden sollte. Es wird unbedingt notwendig sein, diesen berufungslosen Ausnahmefall zu genehmigen. Ich bin zwar auch grundsätzlich der Auffassung, daß man mit solchen Genehmigungen sehr vorsichtig sein soll; aber hier liegt — ich wiederhole das — ein berufungsloser Ausnahmefall vor.
Das Wort hat der Abgeordnete Friese.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zum Umdruck 340*) möchte ich einige Bemerkungen machen. Ich bedauere, daß der Herr Minister für Wohnungsbau nicht hier ist; er würde sonst feststellen, daß wir in dem Umdruck 340 die Bauwirtschaft herausgenommen haben. Es will mir nicht einleuchten, daß wir Sondervergünstigungen einräumen, sie aber nicht für die Bauwirtschaft gewähren; denn die feststehenden Maschinen auf der Baustelle tragen doch nicht zu einer Zerstörung der Straßen bei. Warum wollen wir besonders für den sozialen Wohnungsbau Verteuerungen heraufbeschwören, die nicht nötig sind? Ich bitte darum, die Ziffer 2 in Art. 4 in der alten Ausschußfassung zu belassen, wie in der zweiten Lesung darüber abgestimmt wurde.
Das Wort hat der Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es trifft zu, daß das Wort „Bauwirtschaft" in Ziffer 2 des Umdrucks 340 nicht mehr enthalten ist. Es hat sich herausgestellt, daß es keinerlei Sicherung gegen den dann möglichen Mißbrauch gibt. Das Dieselöl, das in die stationären Baumaschinen gegossen wird, kann genau so gut zum Betriebe der Lastwagen verwendet werden, die das Baumaterial an die Baustelle heranschaffen.
Dasselbe gilt — ich habe das eben nicht erwähnt — bei dem Umdruck 345**). Es ist völlig unmöglich, einen Beamten des Finanzamts an die Baustelle zu schicken und dafür zu sorgen, daß ein Mißbrauch nicht stattfindet.
Wir haben untersucht, ob man das Dieselöl etwa färben kann. Das ist aber auch ausgeschlossen. Aus diesem Grunde, wegen der außerordentlichen Mißbrauchgefahr, haben wir vorgeschlagen, daß die Bauwirtschaft in Ziffer 2 herausbleibt. Es wird dadurch keine nennenswerten Verteuerungen des Baus geben. Es handelt sich um Beträge, die sich auf weniger als 1 0/o der Baukosten belaufen.
Meine Damen und Herren, wird noch das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Aussprache zu diesem Punkt.
Wir kommen zur Abstimmung. Es erweist sich als notwendig, daß über den Umdruck 340*) in Teilen abgestimmt wird, und zwar zuerst bezüglich des Abs. 1 — da müssen einige andere Umdrucke zur Abstimmung kommen —, also Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, GB/BHE, DP zu Art. 4 Abs. 1. Hierbei ist eine Änderung nur zu den Ziffern 2 und 3, nicht zu den Ziffern 1 und 4 vorgeschlagen. Ich muß also im Abs. 1 über die
*) Siehe Anlage 9. **) Siehe Anlage 10.
Ziffern 2 und 3 gemäß dem Umdruck 340 abstimmen. Wer diesem Umdruck Abs. 1 Ziffern 2 und 3 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Nachdem über Ziffer 4 nicht abgestimmt werden muß, weil sie mit dem Beschluß der letzten Lesung übereinstimmt, komme ich nunmehr zum Änderungsantrag Umdruck 345*) der Abgeordneten Dr. Atzenroth, Eberhard und Genossen zu Ziffer 4. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe.— Das letztere war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme damit zum Änderungsantrag Umdruck 335**) der Abgeordneten Dr. Willeke, Könen , Dr. Schranz und Genossen auf Einfügung einer Ziffer 5. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Der Vorstand ist sich nicht einig. Ich muß wiederholen. Wer dem Antrag Umdruck 335 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Ich fahre nunmehr in der Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck 340 fort. Über Abs. 2 muß nicht abgestimmt werden, weil er mit der Fassung der vorigen Lesung wörtlich übereinstimmt. Ich komme damit zu Abs. 3. Hier muß zuerst über den soeben neu eingereichten Änderungsantrag, den der Kollege Schulze-Pellengahr begründet hat, abgestimmt werden. Ich muß ihn noch einmal vorlesen, weil er Ihnen nicht vorliegt. Es soll in Art. 4 Abs. 3 im zweiten Satz hinter dem Wort „Kalenderjahr" eingefügt werden: „zuzüglich eines Zuschlages für einen etwa zu erwartenden Zuwachs." Wer diesem Änderungsantrag zum Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme damit wieder zum Änderungsantrag Umdruck 340 Abs. 3. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Ich komme zum gleichen Änderungsantrag Umdruck 340 Abs. 4. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Abs. 5. Eine Abstimmung erübrigt sich, weil er mit dem Beschluß der letzten Lesung übereinstimmt.
Ich komme damit zum Art. 4 in der Fassung der nunmehr vorgenommenen Änderungen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Ich rufe nunmehr den Änderungsantrag Umdruck 339***) auf Einfügung eines neuen Abschnitts IV c, Sicherung der Finanzierung des Ausbaues der Bundesstraßen, auf. Es handelt sich um einen Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/ CSU, FDP, GB/BHE, DP.
Wird hierzu das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter Bleiß!
*) Siehe Anlage 10. **) Siehe Anlage 8. ***) Siehe Anlage 11.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der neuen Vorlage Umdruck 345 ist das Verkehrswegegesetz, gegen das wir damals Bedenken angemeldet haben, fallengelassen worden. Außerdem sind die haushaltsrechtlichen Bedenken, die Herr Staatssekretär Hartmann in der zweiten Lesung sehr betont vorgetragen hat, im Bundesfinanzministerium und auch in den Koalitionsparteien in der Zwischenzeit anscheinend restlos zerstreut worden.
Angesichts dieser veränderten Tatbestände stimmen wir dem neuen Umdruck zu.
Wird das Wort weiter gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Aussprache zu diesem Punkt, und wir stimmen ab über den Antrag Umdruck 339 betreffend Einfügung eines Abschnitts IV c. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die große Mehrheit; es ist so beschlossen.
Meine Damen und Herren, Änderungsanträge liegen weiter nicht mehr vor. Wir kommen damit zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz als Ganzem in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich von seinem Platz zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Mit großer Mehrheit bei Enthaltungen und Gegenstimmen angenommen.
Meine Damen und Herren, wir kommen nunmehr zur Abstimmung über die Punkte 2, 3, 4 und' 5 unter B des Ausschußantrags Drucksache 1252. Ich darf wohl die Abstimmung über die Punkte 2, 3 und 4 verbinden. — Widerspruch erhebt sich nicht. Wir stimmen also ab über die Punkte 2, 3 und 4. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Punkt 5. Das ist eine Entschließung. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, GB/BHE, DP auf Umdruck 342*) vor. Ich darf darauf hinweisen, daß hier ein Druckfehler unterlaufen ist, In der vierten Zeile von unten muß es statt „zugewiesene Mehraufkommen" heißen „zufließende Mehraufkommen". Wird hierzu das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich über den Änderungsantrag auf Umdruck 342 abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Wir kommen nunmehr zu der Entschließung unter Punkt 5 mit der beschlossenen Änderung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? -Einstimmig angenommen.
Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den schon raufgerufenen Punkt 3 der Tagesordnung: Übernahme der betriebsfremden Lasten der Bundesbahn durch den Bund. Wird hierzu noch das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich schlage Ihnen Überweisung an den Haushaltsausschuß — federführend — und an den Ausschuß für Verkehrswesen — mitberatend — vor. Wer .zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Es ist so beschlossen.
*) Siehe Anlage 12.
Ich darf bekanntgeben: Die heute für eine Stunde nach Beendigung des Plenums angesetzte Sitzung des Arbeitskreises IV der CDU/CSU-Fraktion fällt aus. Der Arbeitskreis tritt am Freitag, dem 25. März, um 9 Uhr in Zimmer 209 Hochhaus zusammen.
Ferner: Der Herr Vorsitzende des Rechtsausschusses bittet, unmittelbar nach Verabschiedung von Punkt 2 der Tagesordnung im Plenum bekanntzugeben, daß der Rechtsausschuß sofort im Sitzungssaal 206 Süd zu einer Sitzung zusammentritt.
Ich rufe nunmehr auf Punkt 4 der Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Jacobi, Dr. Willeke, Schwann, Dr. Gille, Dr. Schranz und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung der Geltungsdauer des Energienotgesetzes ;
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (Drucksache 1294). (Erste Beratung: 74. Sitzung.).
Als Berichterstatter hat das Wort der Abgeordnete Lenz .
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Deutsche Bundestag hat in seiner 74. Sitzung vom 18. März 1955 den Antrag der Abgeordneten Jacobi, Dr. Willeke, Schwann, Dr. Gille, Dr. Schranz und Genossen, Drucksache 1244, betreffend Entwurf eines Gesetzes zur Verlängerung der Geltungsdauer des Energienotgesetzes dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik unter Mitbeteiligung des Ausschusses für Kommunalpolitik überwiesen. Dem Antrag liegt
die Absicht zugrunde, das am 31. März dieses Jahres auslaufende Energienotgesetz für die Elektrizitäts- und Gaswirtschaft erneut zu verlängern.
Das Gesetz ist seinerzeit vom Wirtschaftsrat unter den Auswirkungen einer bedrohlichen Mangellage erlassen worden und sollte dazu dienen, die verfügbare Menge von Strom und Gas so zu verteilen, daß jeder etwas bekam. Zu diesem Zweck war dem damaligen Direktor für Wirtschaft das Recht zugesprochen worden, Lenkungsmaßnahmen zu treffen und gemäß § 1 Abs. 2 des Energienotgesetzes vom 10. Juni 1949 Zentrallastverteiler für Elektrizität und Zentralgasverteiler zu sein.
Der Wirtschaftsrat hatte in Erkenntnis dessen, daß es sich bei diesen Maßnahmen nur um vorübergehende Zustände handeln könne, das Gesetz ausdrücklich bis zum 31. März 1950 befristet. Der 1. Deutsche Bundestag verlängerte es in unveränderter Fassung durch Gesetz vom 7. Juni 1950 bis zum 31. März 1951 in der Erwartung, bis zu diesem Zeitpunkt auf das Gesetz gänzlich verzichten zu können. Entgegen dieser Erwartung beschloß der Deutsche Bundestag durch Gesetz vom 29. März 1951 eine nochmalige Verlängerung wiederum um ein Jahr. Eine dritte Verlängerung um nochmals ein Jahr erfolgte dann durch Gesetz vom 5. April 1952 bis zum 31. März 1953. Zum viertenmal ist dann das Energienotgesetz durch Gesetz vom 28. März 1953 noch einmal um ein Jahr bis zum 31. März 1954 verlängert worden. Durch die unveränderte Übernahme der Ursprungsfassung, wie sie der Wirtschaftsrat beschlossen hatte, gilt das Gesetz in dieser Form bis zum 31. März dieses Jahres.
Der Wirtschaftspolitische Ausschuß als federführender Ausschuß hat sich in seiner heutigen Sitzung mit dem Antrag Drucksache 1244 beschäftigt und das Votum des Kommunalpolitischen Ausschusses, der sich für eine erneute Verlängerung um zwei Jahre ausgesprochen hatte, zur Kenntnis genommen, ebenso die Stellungnahmen der Arbeitsgemeinschaft Energie, der Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke und des Verbandes der deutschen Gas- und Wasserwerke, die ebenfalls eine weitere Verlängerung für erwünscht hielten.
In den Beratungen des Wirtschaftspolitischen Ausschusses wurden erhebliche Bedenken gegen die Verlängerung geltend gemacht, nicht nur weil das Gesetz unverkennbar das Odium einer längst überstandenen Bewirtschaftungsepoche besitzt, sondern vor allem deshalb, weil es geeignet ist, eigenverantwortliche Maßnahmen der Energieverteiler für eine auch bei Spitzenbedarf ausreichende Erzeugung zu lähmen, wenn nicht zu verhindern.
Im Ausschuß wurde die Frage gestellt, ob das Energienotgesetz überhaupt ein geeignetes Instrument darstellt, Mangellagen zu vermeiden, oder ob es nicht gerade dadurch, daß es allzu schnell ein Ausweichen auf staatlichen Dirigismus ermöglicht, den Charakter von Vertragsabschlüssen verfälscht und die Eigenverantwortlichkeit der örtlichen Versorgungsunternehmen erheblich mindert. Demgegenüber wiesen die vorwiegend kommunalpolitisch orientierten Befürworter einer Verlängerung darauf hin, daß Lenkungsmaßnahmen in Katastrophenfällen unbedingt notwendig seien und die Gewähr bieten würden, eine Notversorgung zu ermöglichen.
Übereinstimmung bestand im Wirtschaftspolitischen Ausschuß darüber, daß ein Gesetz, wie immer es auch geartet sein möge, niemals fehlenden Strom oder fehlende Gasmengen herbeiführen könne, es sich vielmehr nur darum handeln müsse, das Vorhandene im Falle akuter Not so gerecht und so vernünftig wie möglich zu verteilen.
Seitens der Vertreter des Bundeswirtschaftsministers wurde das Bedürfnis nach einer Verlängerung des Gesetzes bestritten
und darauf verwiesen, daß Ermächtigungsmaßnahmen nach diesem Gesetz seit langer Zeit nicht mehr erforderlich seien.
Diese Feststellung steht in Übereinstimmung mit der Haltung des Bundesrats, der einen Verlängerungsantrag der Landesregierung von Bayern zum Energienotgesetz in seiner 138. Sitzung am 18. März zwar den zuständigen Ausschüssen überwiesen hat, aber durch die Energieaufsichtsbehörden der Länder Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz wissen ließ, daß eine nochmalige Verlängerung des Gesetzes nicht erforderlich sei.
Im Wirtschaftspolitischen Ausschuß wurde auch der Zusammenhang des Energienotgesetzes mit dem seit langem erwarteten Energiewirtschaftsgesetz erörtert, ebenfalls dessen Zusammenhang mit dem Kartellgesetz. Die Vertreter der Sozialdemokratischen Partei schlugen dazu vor, dem Bundestag die Annahme einer Entschließung zu empfehlen, in der die Bundesregierung ersucht wird, bis zum 30. September 1955 das Energiewirtschaftsgesetz unter Berücksichtigung sich aus Versorgungsnotständen ergebender Erfordernisse vorzulegen, und zugleich das derzeitige Notgesetz noch einmal bis zum 31. März 1956, also wiederum um ein Jahr, zu verlängern.
Der Ausschuß schloß sich mit Mehrheit diesem Vorschlage an.
Der Vertreter des Bundesrates hat sodann noch vorgeschlagen, den § 2 der Vorlage Druck-- sache 1244 dahingehend zu ergänzen, daß die Strafbestimmungen des Gesetzes nicht mit dem 1. April, sondern erst mit dem Tage seiner Verkündung in Kraft treten.
Namens des Ausschusses für Wirtschaftspolitik bitte ich das Hohe Haus, der Vorlage Drucksache 1244 in der Fassung der Ihnen zugegangenen Abänderung zuzustimmen und das Gesetz in zweiter und dritter Lesung anzunehmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich rufe auf in zweiter Beratung
— Einzelberatung — in der Ausschußfassung § 1,
— § 2, — Einleitung und Überschrift. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
— Wir kommen ja noch zur dritten Beratung. Wir treten in die
dritte Beratung
ein. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Horlacher.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man schon Grundsätze hat, dann werden sie bis zum Schluß vertreten. Da gebe ich kein Jota auf. Principiis obsta! In den Anfängen widersetze ich mich der Durchbrechung von Grundsätzen. Oder ich kann's auch so formulieren: Weiche der Sünde aus, ehe sie da ist!
Es handelt sich hier um eine grundsätzliche zollpolitische Frage, die für die Verhältnisse und für die Bevölkerung — —
Herr Abgeordneter Dr. Horlacher, ich darf Sie darauf aufmerksam machen, daß Sie bereits bei Punkt 5 der Tagesordnung sind, während wir uns noch beim Energienotgesetz, dem Punkt 4 der Tagesordnung, befinden.
— Meine Damen und Herren, das kann gerade einem eifrigen Parlamentarier passieren!
Wünscht nun zu diesem Punkt der Tagesordnung jemand das Wort? — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die allgemeine Aussprache. Änderungsanträge liegen nicht vor. Ich komme damit zur Schlußabstimmung über das Gesetz zur Verlängerung der Geltungsdauer des Energienotgesetzes und bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, sich von den Plätzen zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. — Stimmenthaltungen? — Mit großer Mehrheit ohne Stimmenthaltungen bei Gegenstimmen angenommen*).
Ich habe noch abzustimmen über die Ziffer 2 der Drucksache 1294, eine Entschließung:
Die Bundesregierung wird ersucht, unverzüglich, spätestens bis zum 30. September 1955, den Entwurf eines Energiewirtschaftsgesetzes vorzulegen.
*)Vgl. Anlage 14. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Waren das Gegenstimmen?
— Gegen einige Stimmen ohne Enthaltungen angenommen.
Ich rufe auf Punkt 5 der Tagesordnung: Dritte Beratung des von den Abgeordneten Krammig, Dr. Dollinger, Maier . Schüttler und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zolltarifgesetzes (Drucksachen 1263, 1053); Zusammenstellung der Beschlüsse in zweiter Beratung (Drucksache 1290).
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort, um den Grundsätzen schon im Anfang zu widerstehen, hat der Abgeordnete Dr. Horlacher.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es kann auch einem alten Hasen einmal passieren, daß er einen verkehrten Haken schlägt.
Aber es ist nur ein Versehen. — Es handelt sich hier um eine grundsätzliche zollpolitische Angelegenheit, die wir von der landwirtschaftlichen Seite aus nicht auf die leichte Schulter nehmen. Wir sind nämlich der Meinung, daß man an dem Zolltarifschema wegen einzelner Produkte, die für die gesamte Lebenshaltung der Bevölkerung nicht von wesentlicher Bedeutung sind, nicht fortlaufend Änderungen vornehmen soll. Das ist der grundsätzliche Standpunkt. Es kommt meistens auch der Verbraucherschaft gar nicht zugute; denn bis eine Änderung in Kraft getreten ist, hat sich meistens schon wieder eine andere Situation ergeben.
So ist die Lage hier. Es ist eine überholte Angelegenheit, und es wäre schade um das Druckpapier des Bundesgesetzblattes, wenn das noch veröffentlicht werden sollte. Das geht zurück auf die Verhältnisse des vorigen Jahres. Im Ernährungsausschuß wurde die Vorlage damals abgelehnt, und im Handelspolitischen Ausschuß wurde ihr zugestimmt. Es wurde dann in der zweiten Lesung noch eine Verschlechterung vorgenommen, indem der fünfprozentige Wertzoll gestrichen und durch die Zollfreiheit für die Zeit vom 1. April bis zum 31. Mai ersetzt wurde.
Ich habe die Dinge im einzelnen studiert. Ich will Sie nicht lange damit aufhalten, wie die Versorgung der Bevölkerung mit Bohnenkonserven gewesen ist, aber doch folgendes sagen. Die Produktion an Bohnenkonserven betrug 1951 19 Millionen Dosen, 1952 22,6 Millionen, 1953 30,7 Millionen und 1954 23,7 Millionen, der Verbrauch 1951/52 ca. 19,5 Millionen, 1952/53 21,9 Millionen, 1953/54 30,6 Millionen. Sie sehen also, daß die Versorgung der Bevölkerung genügend gewährleistet war. Es kommt noch hinzu, daß in den Preisverhältnissen gegenüber den Jahren 1952/53 keine Verteuerung eingetreten ist, so daß, wenn der Zoll nachträglich vergütet werden sollte, sich daraus nur ergeben kann, daß dann andere als die Verbraucherschaft damit ein Geschäft machen. Das ist überhaupt das Schwierige mit diesen Zolländerungen, durch die
meistens nicht das Erwartete zum Vorschein kommt, sondern ganz andere Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Es kommt weiter hinzu, daß das neue Wirtschaftsjahr bevorsteht und daß die neuen Verträge mit den Konservenfabriken abgeschlossen werden müssen.
Darüber sollte keine Unklarheit gelassen werden, daß mindestens die Mehrheit des Bundestages nicht gesonnen ist, an dem Zollsatz von 35 % bezüglich der grünen Bohnen etwas zu ändern; denn wir haben ja hier den Grundsatz, daß wir möglichst unsere inländische Produktion verarbeiten und nicht verarbeitete ausländische Produkte — ich betone ausdrücklich: verarbeitete ausländische Produkte — hereinnehmen wollen. Deswegen ist das für uns von außerordentlicher Bedeutung, damit die neuen Verträge mit den Erzeugern nicht in dem Gefühl abgeschlossen werden, daß an den Zöllen etwas geändert werden könne; denn das würde sich zum Schaden der Erzeuger auswirken.
Aus allen diesen Gründen, nachdem insbesondere seit Dezember bis zum heutigen Tage etliche Monate vergangen sind und die Verhältnisse jetzt ein anderes Gesicht tragen als ehedem, beantrage ich, diesen Gesetzentwurf an die zuständigen Ausschüsse, den Handelspolitischen Ausschuß und den Ausschuß für Ernährung und Landwirtschaft, zurückzuverweisen.
Das Wort hat der Abgeordnete Krammig.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich war eigentlich nach den Ankündigungen auf eine etwas fulminantere Rede des Herrn Kollegen Dr. Horlacher gefaßt, muß aber sagen, daß die Verkehrsdebatte die Gemüter doch wesentlich beruhigt hat, so daß wir also auch zu einer sachlichen Aussprache über diesen Antrag kommen können. Wenn Herr Kollege Dr. Horlacher davon sprach, daß dieser Antrag, der am 7. Dezember eingereicht worden ist, eigentlich durch Zeitablauf überholt sei, so ist das gerade die Taktik, die man angewandt hat, um diesen Antrag gegenstandslos werden zu lassen. Wenn man anerkennt, daß damals Versorgungsschwierigkeiten und Schwierigkeiten in der Preisgestaltung vorhanden waren, dann hätte es eigentlich Aufgabe der beteiligten Ausschüsse sein müssen, so schnell wie möglich, um den Interessen der Verbraucher Rechnung zu tragen, diesen Antrag zu verabschieden, damit er hier im Plenum hätte angenommen werden können. Aber es ist ja nicht so, wie Herr Kollege Dr. Horlacher sagt, daß die Angelegenheit praktisch durch Zeitablauf überholt sei. Denn wir haben festzustellen, daß am Markt eine echte Verknappung an Bohnenkonserven eingetreten ist, und wir haben festzustellen, was die Verbraucher vor allen Dingen interessiert, daß die Preise davongelaufen sind und daß wir nun durch die Hereinnahme ausländischer Konserven in der Lage sind, wenn die Zollermäßigung eintritt, den Preis wieder auf ein vernünftiges Maß zu reduzieren. Niemandem von uns kann daran gelegen sein, daß die Verbraucher durch die zur Zeit überteuerten Preise für Bohnenkonserven auf andere Konserven ,abwandern und sich, wenn die neue Ernte hereinkommt und angeboten wird, entwöhnt haben und nicht mehr auf die Bohnenkonserven zurückgreifen. Das ist eine Gefahr, an die man bei der Behandlung dieses Antrages auch denken muß. Im übrigen war es ja so, daß die zweite Lesung einen Änderungsantrag gebracht hat, der fünf Kollegen Gelegenheit gab, zu bewirken, daß die dritte Lesung ausgesetzt wurde, und zwar nur deshalb, weil der Ausschußbeschluß meines Wissens nicht richtig wiedergegeben worden ist. Der Ausschuß hatte beschlossen, 5% zu streichen und an deren Stellen Null zu setzen. Nur durch dieses Versehen, wahrscheinlich in der Protokollführung, ist es überhaupt zu diesem Änderungsantrag gekommen. Da Sie nun in der zweiten Lesung den Antrag angenommen haben und heute noch ein echtes Bedürfnis dafür besteht, daß eine Zollsenkung bei Bohnen eintritt, bitte ich Sie, den Ausschußbeschluß auf Drucksache 1290 anzunehmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Horlacher.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir wollen die Geschichte mit den Bohnen aus dem zollpolitischen Frühjahrsausverkauf überhaupt herausbringen. Deswegen bin ich jetzt nach Rücksprache mit verschiedenen Freunden dafür, die Sache nicht mehr an die Ausschüsse zu überweisen. Vielmehr bitte ich das Hohe Haus, den Gesetzentwurf — ich habe das ja genügend begründet — abzulehnen.
Wird noch das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Aussprache. Der Antrag auf Rückverweisung an die Ausschüsse ist zurückgenommen. Einzelanträge liegen nicht vor.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; das Gesetz ist angenommen.
Ich rufe auf Punkt 6 der Tagesordnung:
a) Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Schwerbeschädigtengesetzes ;
b) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Schwerbeschädigtengesetzes .
Auf Wortmeldungen wird allgemein verzichtet. Es ist Überweisung an den Ausschuß für Kriegsopfer-und Heimkehrerfragen vorgeschlagen. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 7 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Zweite Abkommen vom 31. Oktober 1953 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik osterreich über Arbeitslosenversicherung ;
Schriftlicher Bericht*) des Ausschusses für
Arbeit (Drucksache 1214).
Der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Odenthal, schlägt Verzicht auf seinen Bericht vor. — Das Haus ist damit einverstanden.
Ich komme in zweiter Beratung zur Einzelabstimmung und rufe auf die Artikel 1, — 2, — 3, —
*) Siehe Anlage 15.
4, — Einleitung und Überschrift.— Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Es ist so beschlossen. Ich schließe die zweite Beratung und komme zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich von seinem Platz zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Punkt 8 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Artikels 106 des Grundgesetzes .
Das Wort wird nicht . gewünscht. Es ist vorgeschlagen: Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen — federführend — sowie an die Ausschüsse für Rechtswesen und Verfassungsrecht und für Kommunalpolitik zur Mitberatung. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 9 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Leistungen zur Unterbringung von Deutschen aus der sowjetischen Besatzungszone oder dem sowjetisch besetzten Sektor von Berlin (Drucksache 1210).
Das Wort ist nicht gewünscht. Ich schlage Ihnen
vor: Überweisung an den Ausschuß für gesamt-
deutsche und Berliner Fragen — federführend —
und an den Ausschuß für Angelegenheiten der
inneren Verwaltung zur Mitberatung. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 10 der Tagesordnung:
Erste Beratung der Entwürfe der Gesetze über die Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich vom 4. Oktober 1954 zur Vermeidung der Doppelbesteuerung
a) auf dem Gebiete der Steuern vorn Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern
b) auf dem Gebiete der Erbschaftsteuern .
Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schlage Ihnen Überweisung an den Ausschuß für Finanz-und Steuerfragen vor. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 11 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen vom 18. August 1954 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern vom Einkommen ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (19. Ausschuß) (Drucksache 1236).
Das Wort als Berichterstatter hat der Abgeordnete Schlick.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! ich glaube, in Ihrem Sinne zu handeln, wenn ich auf die Verlesung des Schriftlichen Berichts*) verzichte, sondern einfach zur Kurzinformation sage, daß es sich um die gleiche Angelegenheit handelt wie bei dem Abkommen mit Amerika über die Doppelbesteuerung. Der Sinn ergibt sich aus der Überschrift des Gesetzes: Es soll nämlich eine Doppelbesteuerung von Personen verhüten, die sowohl aus Großbritannien und Nordirland als auch aus der Bundesrepublik Deutschland Einkommen beziehen. Es soll auch verhüten, daß eine ungerechtfertigte Mindersteuerzahlung eintreten kann.
Die konkreten Verhandlungen laufen seit 1951, begannen also schon vor den entsprechenden Verhandlungen mit Amerika. Sie haben sich aber etwas länger hingezogen, weil verschiedene staatsrechtliche Fragen zu klären waren. Der Entwurf zu dem Abkommen kommt von England; aber es mußten wesentliche Änderungen doch vorgenommen werden — obwohl England auf diesem Gebiet erhebliche Erfahrungen besitzt — weil zahlreiche Bestimmungen für unser Steuerwesen ein- fach nicht zu übernehmen waren.
Grundsätzlich hat der Vertragsstaat das Besteuerungsrecht, in dem der Steuerpflichtige ansässig ist. Nur in einzelnen Ausnahmefällen kann das Besteuerungsrecht des Wohnsitzstaates ausgeschlossen werden. Das Abkommen bleibt auf unbestimmte Zeit in Kraft. Es kann, frühestens jedoch 1957, gekündigt werden. Für den Fall des Außerkrafttretens sind besondere Bestimmungen eingefügt. Es gilt nach seinem Art. 20 auch für das Land Berlin.
Ich darf Sie bitten, dem Ausschußbericht zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter und rufe in zweiter Beratung zur Einzelberatung auf die Artikel 1, — 2, — 3, —4, — Einleitung und Überschrift. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Es ist so beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Ich komme zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Punkt 12 der Tagesordnung: Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Handelsfragen über den Entwurf einer Fünfundzwanzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Drucksachen 1228, 1104).
Der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Frenzel, verweist auf den Schriftlichen Bericht**) und
*) Siehe Anlage 16. **) Siehe Anlage 17.
verzichtet auf einen Mündlichen Bericht. Ich darf ihm den Dank des Hauses aussprechen.
Wir kommen zur Beratung. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag Drucksache 1228, dem Verordnungsentwurf, Drucksache 1104, unverändert nach der Vorlage zuzustimmen. Wer dies wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Einstimmig beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 13 der Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Außenhandelsfragen über den Entwurf einer Sechsundzwanzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Drucksachen 1229, 1105).
Das Wort als Berichterstatter hat der Abgeordnete Wehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Verordnungsentwurf liegt die Notwendigkeit zugrunde, für Rohnickel, der Mangelware ist, Ferronickel einzuführen. Daher wird der Zollsatz, der bisher in Höhe von 8 % erhoben worden ist, fallengelassen und die Einfuhr für zollfrei erklärt. Der Ausschuß hat sich einstimmig für diesen Zollerlaß ausgesprochen. Ich bitte das Hohe Haus, zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Das Wort wird nicht gewünscht. Wir stimmen ab
über den Ausschußantrag, der Vorlage zuzustimmen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Punkt 14:
Beratung des Schriftlichen Berichts**) des Ausschusses für Außenhandelsfragen über den Entwurf einer Siebenundzwanzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Drucksachen 1230, 1106).
Der Berichterstatter Herr Abgeordneter Dr. Löhr bittet, auf seine Berichterstattung verzichten zu wollen. — Das Haus ist damit einverstanden.
Das Wort wird nicht gewünscht. Ich komme zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, der Vorlage zuzustimmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Punkt 15 der Tagesordnung: Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Außenhandelsfragen über den Entwurf einer Siebenten Verordnung über Zolltarifänderungen aus Anlaß der Errichtung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Drucksachen 1232, 1120).
Das Wort als Berichterstatter hat der Abgeordnete Müser.
— Es liegt ein Schriftlicher Bericht***) vor. Ich
**) Siehe Anlage 18. ***) Siehe Anlage 19.
glaube, wir können unter diesen Umständen auf die Berichterstattung verzichten. — Das Haus ist damit einverstanden. — Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer dem Antrag des Ausschusses auf Zustimmung zur Vorlage zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Punkt 16:
Beratung des Entwurfs einer Dreißigsten Verordnung über Zollsatzänderungen .
Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schlage Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen vor. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 17:
Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen auf Zustimmung des Bundestages zur Bestellung eines Erbbaurechts an reichseigenen Grundstücken des ehemaligen Heeresverpflegungsamtes Flensburg-Harrislee .
Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schlage Überweisung an den Haushaltsausschuß vor. — Es wird nicht widersprochen; demnach ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 18:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Internationale Abkommen vom 7. November 1952 zur Erleichterung der Einfuhr von Warenmustern und Werbematerial ;
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (Drucksache 1231).
Das Wort als Berichterstatter hat der Abgeordnete Thieme.
— Er schlägt Ihnen vor, auf den mündlichen Bericht zu verzichten. — Das Haus ist damit einverstanden.
Das Wort wird nicht gewünscht. Ich rufe in Einzelberatung auf Art. 1, — 2, — 3, — 4, — Einleitung und Überschrift. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Es ist so beschlossen.
Ich komme zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die 'allgemeine Aussprache. — Das Wort wird nichtgewünscht. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Ich komme zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Wir sind doch noch zum Schluß der heutigen Tagesordnung gekommen. Ich berufe die nächste, die 76. Sitzung des Deutschen Bundestages auf Donnerstag, den 24. März 1955 — das ist morgen —, 9 Uhr, und schließe die heutige Sitzung.