Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet. Nehmen Sie bitte Platz.Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ichbegrüße Sie herzlich. Mitteilungen gibt es diesmal nicht,sodass wir gleich in unsere Tagesordnung einsteigenkönnen.Ich rufe die Tagesordnungspunkte 27 a bis 27 c auf:a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für Verkehr, Bau undStadtentwicklung
– zu dem Antrag der Abgeordneten Steffen
tion der CDU/CSU sowie der AbgeordnetenWerner Simmling, Ernst Burgbacher, SibylleLaurischk, weiterer Abgeordneter und derFraktion der FDPAnwohnerfreundlicher Ausbau der Rhein-talbahn– zu dem Antrag der Abgeordneten Ute Kumpf,Christian Lange , Rainer Arnold,weiterer Abgeordneter und der Fraktion derSPDRedetAusbau der Rheintalbahn als Modell fürBürgernähe, Lärm- und Landschaftsschutz– zu dem Antrag der Abgeordneten Karin Binder,Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens, weitererAbgeordneter und der Fraktion DIE LINKEAkzeptanzprobleme bei der Rheintalbahndurch offene Planung beseitigen– zu dem Antrag der Abgeordneten WinfriedHermann, Kerstin Andreae, Alexander Bonde,weiterer Abgeordneter und der FraktionBÜNDNIS 90/DIE GRÜNENBürgerfreundlichen Ausbau derbahn auf der Basis des Prognoseh2025 planen
Binder, Sabine Leidig, Herbert Behrens, weitererAbgeordneter und der Fraktion DIE LINKESchutz vor Schienenverkehrslärm im Rheintalund andernorts– Drucksache 17/5036 –c) Beratung des Antrags der Abgeordneten UteKumpf, Gustav Herzog, Sören Bartol, weitererAbgeordneter und der Fraktion der SPD sowieder Abgeordneten Winfried Hermann, KerstinAndreae, Alexander Bonde, weiterer Abgeordne-extter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NENRheintalbahn – Finanzierung und anwohner-freundlichen Ausbau sicherstellen– Drucksache 17/5037 –Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind fürdie Aussprache 90 Minuten vorgesehen. – Dazu höre ichkeinen Widerspruch. Dann können wir so verfahren.
m Hinsehen erkennt man, dass auch hierder andere fehlt. Das kann sich im Laufervollständigen.Rheintal-orizontes– Ja, bei genauenoch der eine oder Zeit noch ve
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11114 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. März 2011
Präsident Dr. Norbert Lammert
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Ich eröffne die Aussprache und erteile zunächst derLandesministerin Tanja Gönner das Wort.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrtenDamen und Herren Abgeordnete!
Ich bin für die Möglichkeit, heute im Deutschen Bundes-tag sprechen zu können, sehr dankbar. Die zahlreichenAnträge – –
– Lieber Herr Friedrich, die Landesregierung vertritt beider Rheintalbahn die Interessen der Menschen.
Deswegen ist die Landesregierung bei solch einem wich-tigen Thema im Bundestag vertreten.
Die zahlreichen Anträge aller Bundestagsfraktionenzeigen, dass der Ausbau der Rheintalbahn nicht nur dieMenschen am Oberrhein bewegt, sondern dass dies einProjekt von viel weiter reichender Dimension ist.Die Landesregierung von Baden-Württemberg hatsich von Anfang an klar und eindeutig für den viergleisi-gen Ausbau ausgesprochen, weil es eine der wichtigstenTrassen von Nord nach Süd in Europa ist. Wir haben da-bei aber stets eine Planung verlangt, die in gebotenerWeise Rücksicht auf Mensch und Umwelt nimmt. Land,Region und Bürgerinitiativen fordern daher Hand inHand substanzielle Verbesserungen der Planungen derBahn. Das Thema Lärmschutz spielt dabei eine zentraleRolle.Die Planungen zum Ausbau der Rheintalbahn zeigeneines überdeutlich: Der gute Zweck allein genügt nicht;es kommt auch darauf an, wie die unbestritten positivenZielsetzungen des Projekts vor Ort umgesetzt werden.Mehr als 172 000 Einwendungen zwischen Offenburgund Weil am Rhein sprechen eine deutliche Sprache. DieLandesregierung hat deshalb gemeinsam mit dem Bun-desverkehrsministerium mit dem Projektbeirat Rheintal-bahn ein Forum geschaffen, das sich eingehend mit denWünschen und Forderungen der betroffenen Bevölke-rung befasst. Hier beraten alle relevanten Akteure vonBund, Bahn und Land sowie Vertreter der Regionen undBürgerinitiativen über die erforderlichen Verbesserun-gen der bisher von der Bahn vorgelegten Planungen unddie verschiedenen Alternativplanungen.Im Projektbeirat und in seinen drei regional aufge-gliederten Arbeitsgruppen, in denen insbesondere dieRegionen und die Bürgerinitiativen sehr intensiv einbe-zogen sind, hat sich gezeigt: Wenn alle Beteiligten an ei-nnsbwSbBDsdimagfüJPAPzinisdBBgpRDmpwnfrEruduzdwW1sekdSdfüHb
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Meine sehr geehrten Damen und Herren, für michnicht nachvollziehbar ist übrigens die widersprüchlicheHaltung der Grünen.
Auf Landesebene vertreten Sie, dass jede Mitfinanzie-rung des Landes an der Bundesschieneninfrastrukturverfassungswidrig sei. Deshalb haben sich die Grünenim Landtag bei einer namentlichen Abstimmung am25. November 2010 gegen eine Mitfinanzierung desLandes bei Lärmschutzmaßnahmen über den geltendenStandard hinaus ausgesprochen.
– Herr Bonde, es ist nachweisbar, worüber die namentli-che Abstimmung erfolgte.
Anträge sind bekanntermaßen öffentlich, und namentli-che Abstimmungen helfen, zu sehen, wer sich wie ver-halten hat.
Die Grünen haben sich dort dagegen ausgesprochen.
Und hier auf Bundesebene wird diese Mitfinanzierungvon Ihnen ausdrücklich gefordert. Wir könnten schonheute nach Auffassung der Grünen im Landtag von Ba-den-Württemberg die Bohrung für den Tunnel in Offen-burg nicht finanzieren. Genau das tun wir aber, weil wirVerantwortung für die Menschen übernehmen.
Wir machen es auch deswegen, weil wir der festenÜberzeugung sind und im Übrigen auch entsprechendeGutachten auf unserer Seite haben, dass wir es tun dür-fen. Deswegen geht von uns ein klares Signal an dieMenschen im Rheintal: Wir kennen unsere Verantwor-tung, und wir übernehmen sie – vom Bund über dasLand bis in die Region. Genau das ist ganz wichtig.
Der Ausbau der Rheintalbahn macht aber auch deut-lich, dass die Rahmenbedingungen für einen um-weltfreundlichen und nachhaltigen Schienenverkehrteilweise modernisiert werden müssen. Wie im Koali-tionsvertrag vorgesehen, sollte deshalb der Schienenbo-nus schrittweise abgeschafft und sollten lärmabhängigeTrassenpreise eingeführt werden. Auf europäischerEbene muss das Thema Lärmgrenzwerte für Schienen-fahrzeuge auch im Bestand intensiver angegangen wer-den, und die Umrüstung der Güterwagen mit lärmarmenVerbundstoffbremssohlen ist voranzutreiben.PdzSrefeingkvtrwBwinwmWRBddGliuRgsDsA
Herzlichen Dank.
Herr Kollege, das geht nicht von Ihrer Redezeit ab.
Ich erteile das Wort dem Kollegen Florian Pronold für
ie SPD-Fraktion.
So viel Vorapplaus habe ich vonseiten von Schwarz-elb noch nie bekommen. Ich bedanke mich sehr herz-ch dafür.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damennd Herren! Liebe Frau Ministerin, erst am Ende Ihrerede haben Sie von Gemeinsamkeiten gesprochen. Ihreanze Rede hingegen haben Sie als Wahlkampfrede in-zeniert.
as ist schade; denn bei der Rheintalbahn hätte man tat-ächlich Gemeinsamkeiten finden können. Wer sich dienträge anschaut, die von CDU/CSU und FDP einer-
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Florian Pronold
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seits und SPD und Grünen andererseits vorgelegt wur-den, der muss sehr genau lesen, um Unterschiede zu fin-den. Es gab die Möglichkeit, hier einen gemeinsamenAntrag vorzulegen. Ich glaube, das wäre im Interesse derMenschen vor Ort gewesen.
Die Rheintalbahn ist ein Infrastrukturgroßprojekt, beidem wir es mit einer besonderen Situation zu tun haben.Bei dem Projekt Rheintalbahn besteht die Chance, einenInfrastrukturkonsens herbeizuführen. Der Projektbeirat,den Wolfgang Tiefensee eingerichtet hat, ist ein gutes In-strument, um die unterschiedlichen Anliegen einzubin-den, ernst zu nehmen – dabei geht es auch um die An-liegen der Betroffenen vor Ort – und besser zuberücksichtigen, als das bisher bei vielen anderen Groß-projekten geschehen ist.Ich glaube, es ist notwendig, dass ein Konsens im Be-reich der Infrastruktur in Zukunft anders organisiert wirdals in der Vergangenheit. Die vorgebrachten Anliegenmüssen früher und besser eingebunden und tatsächlichberücksichtigt werden. Spannend ist doch die Frage, obdie Umsetzung auch tatsächlich erfolgt. Wenn mangroße Infrastrukturprojekte umsetzen will, gehört derLärmschutz aus meiner Sicht unabdingbar dazu. Dreh-und Angelpunkt ist die Frage, ob man es mit dem Lärm-schutz ernst meint.Dabei geht es auch um den sogenannten Schienenbo-nus. Das ist der Bonus, der bis heute für Infrastruktur-projekte im Bereich Schiene gilt, wenn es darum geht,wie viel Lärm abgesondert werden darf. Schwarz-Gelbhat im Koalitionsvertrag festgeschrieben, dass dieserBonus abgeschafft werden soll. Angesichts dessen wärees hier und heute doch ein guter Zeitpunkt für die Koali-tionäre, zu sagen: Die Rheintalbahn ist das erste Projekt,bei dem der Schienenbonus nicht mehr gilt; für die Men-schen, die an der Bahnstrecke wohnen, gelten die glei-chen Lärmgrenzwerte wie für alle anderen Menschenauch. Es wäre doch nichts einfacher, als das heute hierzu verkünden.
Die zweite Frage, die man stellen muss, lautet: Wiewird das Ganze finanziert? Natürlich ist das eine Kosten-frage; das haben wir auch heute wieder gehört. Jeder, dersich mit größeren Infrastrukturprojekten beschäftigt undfragt, was bessere und bürgernähere Varianten unter Um-ständen kosten, muss zum Schluss auch die Frage beant-worten, wer das bezahlen soll.Hier ist doch ganz offensichtlich, dass wir eine ganzeMenge mehr Geld brauchen, als bisher im Topf ist, wennwir die vielen unterschiedlichen und guten Vorstellungender Bürgerinnen und Bürger umsetzen wollen, die natür-lich ein Recht darauf haben, an dieser Strecke besondersvor Lärm geschützt zu werden.Es ist eine Besonderheit bei diesem Projekt, dass ei-gentlich von allen, die daran beteiligt sind, akzeptiertwwlewwndcninSzndSDvsLnmsmgkddtengzLtedhInnkDtiSSihkbufü
Das werden die Bürgerinnen und Bürger schließlicherken, wenn auch erst lange nachdem die Reden hierehalten wurden. Wenn man jedoch einen Infrastruktur-onsens erreichen will, gehört deshalb dazu, dass manie Rahmenbedingungen klar und ehrlich benennt undie Frage nach der notwendigen Finanzierung beantwor-t, mit der ein besserer Anwohnerschutz der Betroffe-en im Rheintal gewährleistet ist.In diesem Zusammenhang wäre es an der Zeit, zu sa-en: Was tun wir insbesondere mit Blick auf die Güter-üge, die durchs Rheintal fahren, europaweit für denärmschutz? Es reichen doch schon zwei oder drei Gü-rwaggons aus, die nicht über einen bestimmten Stan-ard verfügen, um eine entsprechende Lärmentwicklungervorzubringen. Warum wird nicht viel stärker auf eineitiative auf europäischer Ebene hingewirkt, die moder-ere, leisere Güterzüge zum europäischen Standard er-lärt?
eutschland hat das Hauptinteresse an einer solchen Ini-ative, weil der Großteil des Güterverkehrs auf unserenchienen rollt.Deswegen, sehr geehrte Damen und Herren vonchwarz-Gelb: Nicht an den Worten, an den Taten solltr sie erkennen. Wenn es tatsächlich einen Infrastruktur-onsens in der Frage „Rheintal“ geben sollte, warum ha-en Sie dann einen gemeinsamen Antrag verweigert,nd warum stellen Sie nicht heute die Mittel zur Ver-gung, sodass es zu einem echten Lärmschutz vor Ort
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Florian Pronold
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kommen kann? Von Ihnen kommt leider nur Wahl-kampfgetöse.
Ich erteile das Wort dem Kollegen Patrick Döring für
die FDP-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Nachdem auch dieser Versuch, Gemeinsamkeiten he-rauszustellen, gescheitert ist, will ich einen Versuch wa-gen, deutlich zu machen, dass wir in der Sache in Wahr-heit gar nicht so weit auseinander sind.Ihnen, sehr geehrter Herr Kollege Pronold, fällt eseinfach schwer, anzuerkennen, dass die wesentlichenFortschritte bei den Verbesserungen der Planungen, denZusagen für mehr Lärmschutz, der Veränderung destechnischen Regelwerkes für Schienenbonus und lärm-abhängige Trassenpreise in dieser Wahlperiode von die-ser Koalition, von diesen Koalitionsfraktionen und die-sem Ministerium umgesetzt werden. Deshalb lassen wiruns an den Taten messen, geschätzter Kollege Pronold,geschätzte Kolleginnen und Kollegen.
Die Planungen zur Rheintalbahn sind in diesemHause lang und umfänglich kritisch diskutiert worden.Es ist dem Engagement der Kolleginnen und Kollegenaus der Region – das sage ich ausdrücklich: aller Frak-tionen – zu verdanken, dass wir heute so weit sind, wiewir sind, und zwar ohne großen Streit und ohne hekti-sche ideologische Auseinandersetzungen.Es ist dem Engagement der Kolleginnen und Kolle-gen in den Koalitionsfraktionen zu verdanken, dass derEinfluss der Diskussion vor Ort – auch über lärmabhän-gige Trassenpreise und Schienenbonus – so groß war,dass wir das bereits in die Koalitionsvereinbarung alsZiel für diese Wahlperiode aufgenommen haben. DerDank gilt auch den Bürgerinitiativen vor Ort, die immereine gute Debatte mit uns geführt haben. Wir haben amEnde gesehen, dass dies ein richtiger Weg ist, um dieAkzeptanz von neuen Schienenwegen zu erhöhen. Da-rum machen wir das.
Ich will für die Freien Demokraten drei Punkte fest-halten. Kollege Pronold hat angemahnt, man solle schonjetzt die Finanzierungszusage für die erhöhten Standardshier im Deutschen Bundestag festlegen. Ich habe eineschlichte und einfache Antwort darauf. Wir haben beiallen Infrastrukturprojekten die Reihenfolge: Planung,Planfeststellung, Finanzierungsvereinbarung. Noch niesind vor Beendigung von Planfeststellungsverfahren Fi-nruvHbwhbridWgsgebAsghsAhBteddleeRfeBVfrnEDgeuTfawwe
Es ist ein gewaltiger Erfolg des Projektbeirates, dassie Bundesregierung und die Landesregierung in Baden-ürttemberg am 8. Februar 2011 im Projektbeirat zusa-en konnten, dass die Planungen für die neuen Ab-chnitte sowohl mit als auch ohne Schienenbonus erfol-en. Das ist eine historische Situation. Es hat noch niein Eisenbahnprojekt mit Planungen ohne Schienen-onus gegeben. Das ist der Einstieg in den schrittweisenbbau des Schienenbonus. Es ist klug, dass diese Zu-age am 8. Februar 2011 erfolgte, und zwar lange bevoresetzliche Regelungen dazu vorliegen konnten. Des-alb hat diese Vereinbarung Modellcharakter. Dies wün-chen sich auch viele andere vor Ort – jedenfalls nachuffassung der Koalitionsfraktionen.
Lassen Sie mich abschließend auf die Punkte einge-en, die über diese Strecke hinaus eisenbahnpolitischeedeutung haben. In Baden-Württemberg ist in den letz-n zwölf Monaten über zwei Eisenbahnprojekte heftigiskutiert worden, wenn auch an einer anderen Stelleeutlich kontroverser. Ich teile die Auffassung des Kol-gen Pronold, dass die Lehren, die wir aus dem anderenisenbahnpolitischen Projekt, aber auch aus dem Projektheintalbahn zu ziehen haben, sind, dass wir unser Plan-ststellungsrecht erweitern müssen, um die betroffenenürgerinnen und Bürger bei der Erweiterung unserererkehrswege, insbesondere unserer Schienenwege,ühzeitig einzubinden.Diese Einbindung müssen wir, nicht um die Pla-ungsprozesse zu verlangsamen, sondern um sie amnde zu beschleunigen, in unserem Gesetz verankern.iesbezüglich sollten wir alsbald – ganz im Sinne derestrigen Debatte – tätig werden. Dieses Ziel sollte unsinen.
Es ist ein Ergebnis der Besprechungen im Rheintalnd an anderer Stelle, dass es klug ist, lärmabhängigerassenpreise zu erheben. Das ist der schnellere und ein-chere Weg, als darauf zu warten, dass es ein europa-eites Förderprogramm für Hunderttausende von Güter-agen gibt. Wenn es auch nur einen lauten Waggon ininem Güterzug gibt, ist die Gesamtlärmbelastung hö-
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Patrick Döring
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her; da haben Sie völlig recht. Deshalb ist es gut, dieVerlader – also diejenigen, die Güterzüge in Verkehrbringen – über die Preise der Benutzung des deutschenSchienennetzes dazu anzuhalten, leises und modernesMaterial einzusetzen, und mit den Mehreinnahmen, diewir damit generieren können, zusätzlichen Lärmschutzzu finanzieren. Das ist der richtige Weg.
Als Koalitionsfraktionen haben wir die Bundesregie-rung aufgefordert – das macht deutlich, dass wir hin-sichtlich der Umsetzung unseres Koalitionsvertrages einStück weit ungeduldig geworden sind –, bis zum Jahr2012 den schrittweisen Abbau des Schienenbonus bis zuseiner endgültigen Abschaffung gesetzlich zu verankern.Es ist der Wunsch dieser Koalition, dies ins Gesetzblattzu bekommen. Wir werden die Bundesregierung dazuanhalten, dies bis 2012 umzusetzen.
Ich sage auch voraus: Wenn in der Bundesregierung, ins-besondere im Bundesfinanzministerium, gelegentlichdie Widerstände zu groß werden, dann wird diese Koali-tion notfalls einen eigenen Gesetzentwurf zu dieser Sa-che einbringen.
Für die Freien Demokraten und für die Christdemo-kraten sage ich ausdrücklich: Es ist planungsbeschleuni-gend und gut für die Menschen, dass die Landesregie-rung von Baden-Württemberg, gebildet aus CDU undFDP, gemeinsam mit der Bundesregierung, gebildet ausCDU/CSU und FDP, hier Kofinanzierungsinstrumentegefunden hat. Das dient dem Wohle der Menschen, derVerbesserung und Beschleunigung der Planung und derschnelleren Umsetzung dessen, was die Menschen wün-schen: die Realisierung dieser wichtigen Schienenstre-cke einerseits und größtmöglichen Lärmschutz anderer-seits. Dabei werden wir sie unterstützen.Abschließend möchte ich mit einem einzigen Satz aufdie Finanzierungsfrage kommen – Herr Präsident, ichbitte um Nachsicht –: Die Deutsche Bahn AG wird einenBilanzgewinn von etwa 3 Milliarden Euro für das Ge-schäftsjahr 2010 ausweisen. Wer dann hier behauptet,geschätzter Kollege Pronold, dass die Dividende von500 Millionen Euro an den Hauptaktionär Bund die In-vestitionskraft dieses Unternehmens schwächen würde,
der handelt wider besseres Wissen und gegen jede öko-nomische Vernunft. Es bleibt genug Bilanzgewinn übrig,um zusätzliche Investitionen auszulösen. Dafür werdenwir sorgen.Vielen Dank.
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Karin Binder
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dert. Das wirkt sich häufig auf ihre kognitiven Fähigkei-ten aus, sodass sie nicht richtig lernen können.Um all diese Auswirkungen zu vermeiden, müssenwir den Lärm reduzieren, und zwar bald – nicht erst,wenn die neue Strecke gebaut ist, sondern schon jetzt aufder bestehenden Strecke. Schallschutzfenster oder5 Meter hohe Schallschutzwände verhindern nicht, dassdie Menschen krank werden. Die Entstehung von Lärmmuss vermieden werden: durch modernen Gleisbau,durch modernen Waggonbau. Auch die Bestandsstre-cken und die alten Waggons müssen dringend nachge-rüstet werden. Ich glaube, dass man damit nicht wartendarf, bis Planfeststellungsverfahren abgeschlossen sindund Ähnliches. Die Strecke ist jetzt zu laut, und diesesProblem muss jetzt angegangen werden, zumindest inden Bereichen, wo Menschen wohnen.
Schon deshalb sind das dritte und vierte Gleis am Ober-rhein für den Güterverkehr dringend notwendig.Es kommt ein weiterer Aspekt hinzu: Die Güterzügerasen ungebremst durch kleine Bahnhöfe wie Bad Kro-zingen, Kenzingen und Herbolzheim. Manchmal sinddie Bahnsteige nur 2,5 Meter breit bzw. schmal. Diesekleinen Bahnhöfe sind für die Menschen in der Regionwichtige Haltestellen: für den ÖPNV, für Kinder und Ju-gendliche auf dem Weg zur Schule, für viele auf demWeg zur Arbeit. Die Menschen können nicht warten, bisendlich irgendwann einmal die neuen Gleise liegen.Man rechnet damit, dass sich der Güterverkehr bis2025 verdoppelt, dass dann also mehr als 300 Güterzügeam Tag durch diese Bahnhöfe rasen. Wenn Güterzügedurch diese Bahnhöfe fahren, muss zumindest dasTempo gedrosselt werden. Sie rasen dort bisher unge-bremst durch. Da passieren schreckliche Unfälle. Derletzte ereignete sich am letzten Sonntag. Ein jungerMann ist tödlich verunglückt. Er ist von einem Zug er-fasst worden.
Gerade Güterzüge entwickeln durch ihre unterschied-lich gebauten Waggons Luftverwirbelungen. Sie entwi-ckeln eine ungeheure Sogwirkung. Kinderwagen, die amBahnsteig stehen, werden mitgerissen, Koffer selbstver-ständlich auch. Alte Menschen, Behinderte, Kinder ha-ben keine Chance, wenn sie in den Sog dieser Züge gera-ten. Hier ist viel zu tun, und zwar gleich, nicht erst, wennplanfestgestellt ist bzw. wenn irgendwann einmal dieneue Strecke besteht.Das Heimtückische ist: Diese Züge kommen leise an.Man hört sie erst, wenn sie schon da sind. Da helfenauch Anzeigetafeln nicht. Ein sehbehinderter Menschkann eine Anzeigetafel nicht lesen. Wir brauchen dieDurchsagen, die auch früher auf Bahnsteigen zu hörenwaren: „Vorsicht, ein Zug fährt durch!“ Aber die Bahnhat in den vergangenen Jahren jährlich 15 000 Mitarbei-ter eingespart. Daran erkennt man: Hier werden Kostengespart, hier wird an der Sicherheit gespart, und hierwird bei den Menschen gespart. Das muss aufhören.
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Die Botschaften, die wir im Rheintal vernehmenonnten, waren sehr eindeutig.Die erste Botschaft lautet: Wir wollen, dass der Schie-enverkehr im Rheintal ausgebaut wird. Wir erkennenn, dass es notwendig ist, diese Kapazitäten zu schaffen.ir brauchen eine Verlagerung, gerade weil es einentaatsvertrag mit der Schweiz gibt, den wir erfüllenüssen. Deswegen ist das wichtig.Die zweite Botschaft lautet: Wir stehen zum Ausbau,ber so nicht. Es kann nicht sein, dass laute Güterzügeeiterhin mitten durch Ortschaften donnern, ohne Rück-icht auf die Anwohnerinnen und Anwohner. Das kanno nicht weitergehen.
Sie haben auch deutlich gemacht, dass es ihnen nichtilft, wenn wir meterhohe Mauern durch die Orte bauen.enn diese Mauern zerstören den Charakter der Orte.iese Art von Lärmschutz hilft insofern nicht weiter. Sieacht viel kaputt, und davon sollten wir Abstand neh-en.Wir müssen, wie wir finden, grundsätzlich umplanen.as hat inzwischen übrigens auch das Regierungspräsi-ium Freiburg anerkannt. Ich betrachte es als einen Mei-nstein in der Bahnplanungsgeschichte, dass es ein Re-ierungspräsidium gewagt hat, die Planungen der Bahn
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Winfried Hermann
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als vollkommen inakzeptabel und falsch zurückzuwei-sen.
Ich finde, die ganze Geschichte ist insofern positiv,als sie ein Beispiel für eine lebendige Zivilgesellschaftist, in der sich Bürgerinnen und Bürger, Gemeinderäteund Bürgermeister eingemischt und gesagt haben: Wirakzeptieren nicht, was von oben kommt. Wir haben Vor-schläge. – Sie haben wirklich machbare Vorschläge aus-gearbeitet, und auch das ist ein schönes Beispiel dafür,dass nicht alles, was von oben kommt, gut ist, sonderndass manchmal das, was von unten wächst, das Bessereist.Das Rheintal-Projekt ist aus meiner Sicht auch einBeispiel für völlig veraltete obrigkeitsstaatliche Bahn-planung. Jahrelang hat man gesagt: Da wollen wir durch.Dafür suchen wir die die günstigste und billigste Trasse,und dann werden wir das durchziehen. – Ich war vieleJahre im Rheintal aktiv, wo mir die Bürgerinnen undBürger gesagt haben: Die hören nicht auf uns, die ma-chen einfach weiter.Ich selber habe viele Gespräche mit Ministern ver-schiedener Regierungen sowie Koalitionspartnern ge-führt. Es gab immer und immer wieder Einwände wiediese: Wir können doch nicht anders. Wir müssen sovorgehen. – Insofern ist das ein gutes Beispiel für Lern-unfähigkeit. Lange Zeit hat man nicht begriffen, dassman nicht gegen den Willen der Bürgerinnen und BürgerSchienenwege ausbauen kann.Man hat übrigens auch keinen Erfolg gehabt. Dasganze Projekt läuft nun seit mehr als 25 Jahren, und diesliegt nicht daran, dass es schon seit 25 Jahren Bürgerpro-teste gibt. Vielmehr liegt es an 25 Jahren dilettantischerPlanungen, stümperhafter Formen des Ausbauens undkeiner konsequenten Finanzierung. All das hat dazu ge-führt, dass wir heute sagen müssen: Wir werden es nichtschaffen, bis 2018 fertig zu sein, und es ist bitter, dasswir in Deutschland zugeben müssen, dass wir nicht inder Lage sind, einen Vertrag, den wir vor vielen Jahrenabgeschlossen haben, einzuhalten. Das finde ich einStück weit beschämend. Das muss sich ändern, und dasmuss eine Lehre aus diesem Projekt sein. Wir müssen eszukünftig anders machen.
Anders machen, anders planen heißt aber, wirklichumzuplanen. Es geht nicht nur um ein bisschen Lärm-schutz. Beispielsweise sind wir in Offenburg gezwun-gen, von der Trasse Abstand zu nehmen und unter dieErde zu gehen. Wir müssen schauen, dass wir damitnicht wieder das nächste Problem schaffen. Deswegenmuss auch diese Umplanung anwohnerfreundlich und imKonsens mit der Kommune vorgenommen werden.
Wir gehen in unserem Grünenantrag noch weiter. Wirsagen: Auch südlich von Offenburg müssen wir über al-ternative Trassenführungen nachdenken. Die autobahn-nnfüDzhwvßkwgzmgzmDLmmüsdsmgPsDtiusgbb2DsdgwksMmdaF
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eben um eine neue Art von Planungs- und Baukultur.Das ist unser Vorschlag.Letzter Punkt. Es geht um den Dauerangriff vor allemder CDU in Bezug auf die Finanzierung. Frau Gönner,wir Grünen haben im Landtag nicht gesagt, dass sich dasLand daran nicht beteiligen soll, sondern wir haben deut-lich gemacht: Es ist nach unserer Einschätzung verfas-sungswidrig, wenn sich das Land Priorisierungen beimBund dadurch erkauft, dass es Milliarden auf den Tischlegt.
Diese Art von Mischfinanzierung lehnen wir ab, weilwir sie für verfassungswidrig halten.
Wir haben einen Antrag abgelehnt, der viele kritischePunkte enthielt, unter anderem eben auch diese Misch-finanzierung. Wir sagen in unserem gemeinsamen An-trag hier und in unserem eigenen Antrag sehr deutlich:Ja, das Land soll sich beteiligen, und zwar an Lärm-schutzmaßnahmen, die über das gesetzliche Niveau hi-nausgehen. Es ist keine Frage: Das Land muss sich daranbeteiligen. Das ist unser Ansatz.Wir wollen aber nicht, dass es in verfassungswidrigerWeise zu Mischfinanzierungen kommt, sodass das Landdas finanziert, was eigentlich der Bund finanzierenmüsste. Das sagen Sie übrigens an vielen anderen Stel-len selber. Ich verstehe nicht, warum Sie hier meinen,uns vorführen zu müssen. Ich finde, das, was Sie da tun,ist ziemlich billig.
Fazit: Wir müssen alles dafür tun, dass wir jetzt wirk-lich schnell zu einer besseren Planung kommen, wirmüssen alles für eine grundlegende Finanzierung diesesGroßprojektes tun, und wir müssen alles dafür tun, dasswir nicht erst 2030 oder 2040 fertig werden, sonderndass wir spätestens in 10, 15 Jahren auf dem dritten undvierten Gleis im Rheintal fahren und wirklich einen Bei-trag zum Klimaschutz im Verkehr geleistet haben.Vielen Dank.
Das Wort erhält jetzt der Kollege Steffen Bilger für
die CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! GestattenSie auch mir an dieser Stelle, zuerst einmal den Anwoh-nern entlang der Rheintalbahn zu danken. Sie engagierensich in Bürgerinitiativen und sind konstruktiv an der Lö-sdmnNGnsdNreZwaDwUsKreWngRmisgladbsveSimsvdvdDtuks
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Besondere Maßnahmen sind bei der Rheintalbahnaufgrund ihrer Bedeutung und ihrer geografischen Lagegerechtfertigt. Deshalb wollen wir diese Strecke faktischzu einem Modellprojekt für gelungene Streckenführungund Antilärmmaßnahmen machen. Dabei geht es nichtnur um Lärmbekämpfung, sondern auch darum, Lärmerst gar nicht entstehen zu lassen. Hierzu sollen die mög-lichen technischen Innovationen eingesetzt werden. Zu-dem sollen als Anreiz für den Einsatz leiserer Fahrzeugelärmabhängige Trassenpreise obligatorisch werden.Nun mögen die weitergehenden Forderungen des ge-meinsamen Oppositionsantrags von Sozialdemokratenund Grünen wünschenswert sein. Aber nicht alles, waswünschenswert ist, ist auch möglich. In diesem Fall istes nicht etwa nicht möglich, weil wir es nicht wollen,sondern weil wir keine Regelungen festschreiben kön-nen, die rechtlich nicht möglich sind, weil der Bund kei-nen direkten Zugriff auf die Planungen hat, und auchweil wir nicht unbegrenzte Finanzzusagen machen kön-nen. Darin zeigt sich vielleicht der Unterschied zwischenRegierungs- und Oppositionsfraktionen.
– Herr Pronold, nachdem Sie das in Ihrer Rede ange-sprochen haben, will ich einige Sätze dazu sagen. HerrHermann hat zu Recht davon gesprochen, dass die Men-schen vor Ort nicht wollen, dass Schwarzer Peter ge-spielt wird. Aber wenn Sie sich die Mühe machen, unse-ren Antrag abzuschreiben, und ihn nur mit wenigenErgänzungen versehen,
dann frage ich mich, weshalb wir das am Dienstag sobeiläufig erfahren haben. Wir hätten Ihnen gerne dasWorddokument zur Verfügung gestellt, dann hätten Siees nicht extra abtippen müssen.
Frau Andreae, ich habe mich sehr über den Brief vonIhnen und Herrn Bonde gefreut, den ich am Freitag er-halten habe. Wir haben das Gesprächsangebot angenom-men, mussten allerdings feststellen, dass, nachdem wirBereitschaft signalisiert hatten, auf Ihre Punkte einzuge-hen, die Hürden so erhöht wurden, dass leider aus inhalt-lichen und formalen Gründen heute kein gemeinsamerAntrag zustande gekommen ist.
Wir jedenfalls brauchen uns mit unseren Leistungenfür die Rheintalbahn nicht zu verstecken. Wer den Standder Dinge von vor zwei Jahren mit der Situation heutevergleicht, kann nur zu einem Schluss kommen: Die ört-lichen Vertreter haben gemeinsam mit den Regierungenauf Bundes- und Landesebene und mit der DeutschenBahn sehr viel für die Region erreicht. Dazu haben auchwir als Bundestagsabgeordnete unseren Beitrag geleis-tet. Ich sage an dieser Stelle auch: nicht nur wir als Ko-atiBLsafehsHdgudGEM2teaVhdIcSvgLBtrd2m–laaDbs
s ist vielmehr das Verdienst der IG BOHR und derenschen vor Ort, die sich vor sieben Jahren, im April004, zusammengeschlossen und Konzepte und Kompe-nz entwickelt haben. Sie sind entsprechend hartnäckig,ber auch badisch-konziliant geblieben und haben dasorhaben nicht in Kontrast zu Stuttgart 21 gestellt. Des-alb ist in erster Linie diesen Menschen dafür zu danken,ass wir zur Einsicht gekommen sind.
Meine zweite Bemerkung richte ich an Frau Gönner.h schätze Sie. Sie haben das Schlichtungsverfahren zututtgart 21 mitgetragen und miterlitten, unabhängig da-on, wie es Ihnen geht. Wahrscheinlich sind Sie deswe-en zur Einsicht gekommen. Aber Sie bzw. die CDU imandtag sind spät zur Einsicht gekommen, wasaden 21 anbelangt. Die SPD hat 2006 den ersten An-ag eingebracht, in dem sie sich eindeutig positiv zuem Konzept Baden 21 stellt. Sie haben bis November010 gebraucht, sich dazu positiv zu stellen. Es gab im-er ablehnende Beschlüsse –
Doch, das liegt mir vor. Ich habe es mir extra schickenssen, weil ich mir gedacht habe: Wenn die Ministerinnreist, müssen wir auch wissen, was im Ländle passiert.aher: Tun Sie nicht so, als wären Sie schon immer da-ei gewesen. Sie haben diese Schlichtung und das De-aster in Stuttgart gebraucht, um zur Einsicht zu gelan-
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Ute Kumpf
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gen. Damit ist die Lerntheorie bestätigt: Anscheinendlernt man nur durch Katastrophen.
Ich überlege, wie es gewesen wäre, wenn wir am27. April darüber diskutiert hätten. Wäre dann die Be-reitschaft tatsächlich vorhanden, hierbei so weit zu ge-hen? Aber lassen wir das beiseite.Wir haben eine gemeinsame Position gefunden. Wiralle sind in der Pflicht gegenüber der EU, aufgrund derVerpflichtungen aus den Verträgen und gegenüber derSchweiz – wahrscheinlich verfolgt die Schweiz heute dieDebatte –, diese Rheintalbahn zu bauen.Wir sind vor allem den Menschen gegenüber in derPflicht. Ich sehe sie in den Podiumsrunden sitzen. Alle,etwa Herr Simmling und Herr Bilger, haben gesagt: Wirtun das. – Alle sind durch das Land gereist und haben al-les erst einmal versprochen.
Es ist auch eine Lehre für uns im Parlament, dass dieZeit der Ankündigungen vorbei ist. Wir müssen bei derWahrheit bleiben.
Wir alle müssen sagen, was machbar ist, was wir ma-chen wollen und wie wir das Konzept Baden 21, zumBeispiel den Tunnel in Offenburg, die autobahnnaheTrasse und Tieferlegungen bei einzelnen Streckenab-schnitten, tatsächlich realisieren wollen. Denn dies er-warten die Menschen vor Ort,
und nicht nur, dass man wieder einmal prüft und das un-ter einen Haushaltsvorbehalt stellt, wie Sie es in IhremAntrag machen.
Sie sollten nicht nur sagen, dass man über ein biss-chen Schienenbonus nachdenken könne, sondern wirbrauchen rein rechtlich dieses Modellprojekt, um dieForderungen durchzusetzen. Wir brauchen die Lärmmin-derung nicht nur an der Trassenführung, sondern wirmüssen dafür sorgen, dass Lärm gar nicht erst entsteht.Wir brauchen ein Programm auf europäischer Ebene, umdie Güterzüge leiser zu gestalten.Ich gebe auch dem Kollegen Winfried Hermannrecht, wenn er auf Folgendes verweist: Das Eisenbahn-Bundesamt oder wer auch immer diese Streckenplanungvorgenommen hat, hat irgendwann einmal ein Lineal ge-nommen und das von oben nach unten durchgeplant,weil sich das wohl ganz toll ansehen lässt. Anscheinendwar niemand vor Ort, um sich das vor Augen zu führen.Viele Konzeptionen wurden durch die IG BOHR und an-dere Initiativen vorgestellt, die sich Sachverstand organi-siert und Geld in die Hand genommen haben. Auch dieGemeinden haben Geld in die Hand genommen, damitsie sich gegenüber den Trassenplanern Gehör verschaf-fedSmadszfiwAmBAncnmDarehwgpsaisAmrenIcuFnPtrVsM„
uf alle Fälle konnten wir deswegen auch nicht zusam-enkommen. Vielleicht haben Sie persönlich ein ande-s Vorgehen für gut befunden, aber Sie haben kein grü-es Licht bekommen.
h weiß nicht, wer bei Ihnen das Denken vorgibt. Beins funktioniert das anders und demokratischer. Auf alleälle finde ich das schade. Aber lassen wir das.Deswegen haben wir gemeinsam mit den Grünen ei-en Antrag eingebracht, in dem wir die wesentlichenunkte formuliert haben. Der Dissens besteht an der zen-alen Stelle. Ich denke, die Zeit der Ankündigungen, derersprechungen und der Haltung, immer ganz lieb zuein, wenn wir dort unten sind, ist schlichtweg vorbei.
Ich war ganz erstaunt, als Herr Grube und Herrappus eine Fahrt entlang des Rheins nach dem MottoEine Bahnfahrt, die ist lustig“ gemacht haben. Auch der
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11124 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. März 2011
Ute Kumpf
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Verkehrsausschuss hat eine Fahrt unternommen. DerPunkt ist, dass die Kolleginnen und Kollegen in den Ini-tiativen uns ernst nehmen und uns glauben, wenn wir et-was sagen. Wir dürfen diese Glaubwürdigkeit nicht aufsSpiel setzen.
Deswegen ist es unabdingbar, dass wir die Finanzierungsicherstellen und die gesetzlichen Voraussetzungenschaffen.
Wenn wir von der Schweiz gefragt werden, wann wirso weit sind, dann müssen wir das, was wir versprochenhaben, einlösen. Wir werden an der Stelle sicherlich fi-nanzielle Probleme bekommen, vielleicht auch nochDruck von der Schweiz. Das wird uns noch einmal eineenorme Summe kosten.Deswegen: Seien Sie ehrlich,
sorgen Sie für die Finanzierung, sorgen Sie für die ge-setzlichen Grundlagen und sorgen Sie vor allem dafür,dass die Menschen im Rheintal die Bahn bekommen, diesie wollen – anwohnerfreundlich, klimaverträglich undmit ihrer eigenen Unterstützung! Das ist toll bei einemso großen Infrastrukturprojekt.Danke.
Werner Simmling ist der nächste Redner für die FDP-
Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Lassen Sie mich zu Beginn meiner Ausführun-gen feststellen, dass wir hier in diesem Hohen Hause beider Debatte zur Rheintalbahn doch entgegen allem An-schein, den soeben auch Frau Kumpf erweckt hat, in vie-len Punkten einig sind. Lassen Sie uns in diesem Sinnevor allem für die Bürgerinnen und Bürger im Rheintalweiterarbeiten. Ich glaube, es macht keinen Sinn, in derVergangenheit zu graben und zu sagen, der eine habe dasnicht und der andere habe jenes nicht gemacht.Wir führen mit der heutigen Debatte fort, was in Ba-den-Württemberg, speziell am südlichen Oberrhein,bereits selbstverständlich ist. Bürgerinitiativen, Kom-munalpolitik, Landräte, Regierungspräsident und Lan-desregierung arbeiten seit Jahren eng und vertrauensvollan Lösungen für einen anwohner- und umweltfreundli-chen Ausbau der Rheintalbahn. Mit der Gründung desProjektbeirats im Jahr 2009 wurde diese Zusammenar-beit institutionalisiert. Unter Mitwirkung aller Projektbe-teLgg8lelebbotesebhmMamzPRwDdVNgpscmzleZJTsbdsaz8adPdddzeun
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. März 2011 11125
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Wir haben von Anfang an in einem engen Kontakt mitden Bürgerinitiativen gestanden. Wir haben die Anliegender Bevölkerung mit konkreten Beschlüssen auf Landes-und Bundesebene unterstützt. Bereits in der 15. und16. Wahlperiode haben wir mit unseren Anträgen eineÜberplanung der vorgesehenen Ausbaustrecke gefordert.Umso mehr erfreut unsere Fraktion, dass wir gemeinsammit unserem Koalitionspartner den heutigen Antrag aufden Weg gebracht haben. In diesem Sinne lassen Sie unsrasch – ich betone: rasch – gemeinsam an der Umset-zung der Projektbeiratsbeschlüsse arbeiten und den hierim Hause herrschenden Konsens zum Wohle der Bürge-rinnen und Bürger im Rheintal nutzen.Vielen Dank.
Nächster Redner ist der Kollege Herbert Behrens für
die Fraktion Die Linke.
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! DieIG BOHR hat in gewisser Weise lange gebohrt, bis sie esgeschafft hat, dass ihre Interessen im Bundestag promi-nente Berücksichtigung finden; gleich acht Anträge be-fassen sich mit ihren Anliegen. Die Interessengemein-schaft Bahnprotest an Ober- und Hochrhein ist für unsein beeindruckendes Beispiel für Bürgerengagement,aber auch für Planungsfantasie, wie wir sie brauchen.Die Mitglieder der Bürgerinitiativen haben es geschafft,Betroffene zu organisieren und sie zu bewegen, ihre In-teressen in die Hand zu nehmen. Sie nehmen damit ihreVerantwortung für sich selber wahr. Es sind nicht wir,die die Verantwortung für sie übernehmen; das tun sieselber. Wir haben einfach nur unsere Aufgabe zu erfüllenund ihren Interessen nachzukommen.
Das Ergebnis der Arbeit dort ist ein kompletter Plan, wiein der Zukunft der Bahnverkehr durch das Rheintal rol-len soll. Dieser Plan hat den Namen „Baden 21“.Schon heute rattern Hunderte Züge durch Gemeindenund Städte. Es sollen nach Prognosen der Bundesregie-rung bis zu 600 werden. Das hält kein Mensch mehr aus,der in dieser Region lebt, wenn nach alten Maßstäbengeplant wird. Die Bürgerinnen und Bürger von Offen-burg akzeptieren nicht, dass beispielsweise vier Gleiseihre Stadt zerschneiden und meterhohe Lärmschutz-wände sie verschandeln.Trotzdem gibt es eine hohe Bereitschaft, das Vorha-ben mitzutragen. Die Leute wissen, dass die Rheintal-bahn wichtig für die Transporte zwischen Deutschland,der Schweiz und Italien ist. Sie wollen nicht, dass dieserVerkehr über die Straße abgewickelt wird, sondern siewollen, dass er auf die Schiene verlegt wird. Sie akzep-tieren den Ausbau der Rheintalbahn auf vier Gleise, da-mit Güter- und Personenverkehr auf eigenen Trassenfahren können. Sie verlangen aber, dass ihre GesundheituWSdLnwAmlacgMresRdfowwedgPtrAfrmDKnDtitaledeAswddliteF
Es trifft auch nicht zu, dass beide Projekte gleichichtig sind, wie es im Antrag heißt. Wer Stuttgart 21urchsetzen will, der hat am Ende kein Geld mehr, umie Bahnstrecke im Rheintal wirklich menschenverträg-ch zu bauen.Der wirksame Schutz der Menschen an der Trasse istuer. Bis zu 1 Milliarde Euro mehr kostet es, wenn dieorderungen der Bürgerinitiativen umgesetzt werden.
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11126 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. März 2011
Herbert Behrens
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Das ist bezahlbar, meinen wir, wenn an anderer Stelleauf unsinnige Großprojekte wie Stuttgart 21 verzichtetwird.
Mit unserem Antrag wollen wir erreichen, dass Bür-gerinnen und Bürger, Naturschutzverbände und andereim Planungsprozess gleichberechtigt mitwirken können.Wir wollen erreichen, dass das keine einmalige Beteili-gung bleibt, die auch nur auf dieses Projekt bezogen ist,sondern ein neues Modell eines Beteiligungskonzeptesbei Planungsverfahren wird. Stuttgart 21 wird sich dannwiederholen, wenn wir nicht umdenken und Entschei-dungsprozesse öffentlicher gestalten.Wir fordern, die unverhältnismäßig großen Mindest-sicherheitsabstände zwischen den Verkehrswegen Auto-bahn und Schiene zu überprüfen. Das hat zum Ziel, dieVerkehrswege zu bündeln und den Flächenverbrauch zureduzieren. Die Landesmittel aus Baden-Württembergsollen nicht einfach so ins Projekt fließen, sondern ganzüberwiegend für den Ausbau von Nahverkehrsstreckeneingesetzt werden. Die Bahn muss mit Geld aus demBundeshaushalt in die Lage versetzt werden, die besteTrasse am Rhein bauen zu können. Wenn es eine guteTrasse gibt, dann dürfen dort auch nur leise Züge fahren.Der Schienenbonus muss also jetzt gestrichen werden.Wir brauchen kein Schienenbonusmoratorium.
Kolleginnen und Kollegen, die große Übereinstim-mung hier ist eine Chance, dass bei der Planung derRheintalbahn die Bürgerinnen und Bürger mehr Einflussnehmen können als bisher üblich. Damit es nicht nureine Chance bleibt, sondern Wirklichkeit wird, hoffenwir sehr, dass das mit dem Wahlverhalten am übernächs-ten Sonntag in Mehrheitsverhältnisse gegossen wird.Vielen Dank.
Das Wort erhält der Kollege Alexander Bonde für die
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für uns in derRegion des Rheintals in Südbaden ist es wichtig, dasswir es zum ersten Mal seit Jahren schaffen, im Bundes-tag tatsächlich ein Signal zu setzen, das die Menschenvor Ort unterstützt. Wir müssen beim Ausbau der Rhein-talbahn zu verlässlichen Alternativen kommen, die dieFrage des Lärms, aber auch die Frage der Erschütte-rungsbelastung der Bevölkerung ernst nehmen.Wenn man wie die Kollegin Andreae und ich seit Jah-ren mit Initiativen in diesem Parlament scheitert, dannfreut man sich, dass es – auch wenn der Wahlkampf si-cher bei der Terminierung der Debatte heute zu einer soschönen Zeit eine Rolle gespielt hat – endlich so weit ist,dass auch die Koalitionsfraktionen bereit sind, einenSsmwsdshmmmSkfrkbInkfrliPgSawcVruvtiIhudsznunGcwz
Wir haben damit eine Chance, deutlich zu machen,ass der Protest vor Ort, die Initiativen von Hunderttau-enden von Leuten hier nicht auf taube Ohren stoßen. Esandelt sich nicht um eine kleine Minderheit des Parla-ents, sondern eine breite Mehrheit hat erkannt, dassan bei diesem Projekt anders planen muss. Es freutich, dass Sie sich offensiv dazu bekennen, dass derchienenbonus an der Strecke nicht gelten darf. Bis vorurzem hat man als Abgeordneter, wenn man danach ge-agt hat, aus dem Verkehrsministerium die Antwort be-ommen: Ja, den schaffen wir ab; aber für die Rheintal-ahn wird das keinen Unterschied mehr machen.
sofern begrüße ich es, dass die Koalition ihren Ver-ehrsminister an dieser Stelle eingefangen hat. Zudemeue ich mich darauf, das gesetzlich verankert zu sehen,ebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition.
Der heutige Beschluss wird aber nicht alle unsererobleme lösen; auch das will ich sagen. Denn an eini-en Punkten auf der Strecke – von Offenburg über dieüdliche Ortenau, im Landkreis Emmendingen, aberuch in der Freiburger Bucht und im Markgräflerland –ird es unter Lärmschutzgesichtspunkten nicht ausrei-hen, die Trassen zu modifizieren und zu optimieren:ielmehr werden wir bei einigen Abschnitten nicht da-m herumkommen, eine alternative Trassenführungorzunehmen.
Wir Grüne bekennen uns zum Modell der Bürgerini-ativen, zum sogenannten Baden 21. So weit sind Sie inrem Antrag noch nicht. Der entscheidende Punkt beinserem Konsens wird sein: Können wir es erreichen,ass die Bahn als Antragstellerin die Anträge zur Tras-enführung in den aktuellen Planfeststellungsverfahrenurückzieht? Es ist schade, dass Sie als Koalition heuteicht bereit sind, mit uns gemeinsam einen Vorstoß zunternehmen und die Bahn dazu aufzufordern. Es nutztichts, wenn der Bahnchef vor Ort Gespräche führt – imegensatz zu seinem Vorgänger freundliche Gesprä-he –, aber gleichzeitig die Planfeststellungsverfahreneiterlaufen und Abschnitt für Abschnitt eine Streckeementiert wird. Diese sind vielleicht in Details modifi-
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Alexander Bonde
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zierbar, insgesamt aber werden sie den Bedürfnissen derBevölkerung nicht gerecht. Es wird kein für die Men-schen verträglicher Ausbau ermöglicht, sondern einAusbau, bei dem Lärmschutz und Erschütterungsschutznicht wirklich im Vordergrund stehen.Da ich sehe, dass Sie sich in einer ganzen Reihe vonPunkten einen Ruck gegeben haben, hätte ich mir heutegewünscht, dass Sie sich auch in diesem Punkt noch ei-nen Ruck geben.
Die Menschen in der Region brauchen eine Chancedurch eine tatsächlich bessere Trassenplanung, für die esbereits viele Vorleistungen gibt. Es ist schön, dass Siesich bewegt haben,
aber da müssen wir noch ein bisschen mehr hinbekom-men.Herzlichen Dank.
Peter Götz hat nun das Wort für die CDU/CSU-Frak-
tion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wirheute über die Rheintalbahn debattieren, so ist dies aucheine Chance, ein wenig auf die Differenziertheit derStrecke aufmerksam zu machen. Der Ausbau der Rhein-talbahn ist, wie wir alle übereinstimmend feststellen, einInfrastrukturprojekt von bedeutender europäischer Di-mension. Diese Einschätzung hat sich auch in der Wirt-schaftlichkeitsstudie, die das Bundesministerium in Auf-trag gegeben hat, widergespiegelt. Durch sie wirdbestätigt, dass die Leistungsfähigkeit der vorhandenenzweigleisigen Bahnlinie am Oberrhein nur durch einenstufenweisen viergleisigen Ausbau verbessert werdenkann. Teilbereiche zwischen Rastatt und Offenburg sindbereits realisiert. Über die Trassenführung in Südbaden,zwischen Offenburg und Basel, wird, wie wir von allenVorrednern gehört haben, intensiv gerungen.Ich möchte einen Teilbereich der Trasse ansprechen,in welchem die Realisierung des Ausbaus von allen Ak-teuren auf regionaler Ebene vollinhaltlich unterstütztwird. Es geht um den nordbadischen Streckenabschnittder Rheintalbahn, und zwar zwischen Karlsruhe undRastatt. In diesem Bereich überschneiden sich die Trans-versale Rotterdam–Genua, von der wir bereits gehört ha-ben, als wichtigste kontinentale Nord-Süd-Verbindungund die Magistrale Paris–Budapest, die als zentrale Ost-West-Verbindung über Stuttgart, Ulm und Wendlingenverläuft. Das heißt, zwischen Rastatt und KarlsruheüSazsSRe7dpJ1laPsnSsepsinbnwvaü2IcJgvtegtew–zzktaDwg
h hätte mir damals nie vorstellen können, dass ichahrzehnte später über das gleiche, bis heute noch nichtebaute Projekt im Deutschen Bundestag reden werde.Warum sage ich das? Wir reden im Bundestag sehriel über Planungsbeschleunigung und mehr Bürgerbe-iligung. Das ist wichtig und richtig, und das ist auchut. Aber die schnellste Planung und die beste Bürgerbe-iligung nützen in unserer schnelllebigen Zeit wenig,enn danach nichts passiert.
Sie haben recht: Einer abgeschlossenen Planung musseitnah das Geld für die Realisierung folgen. Ich betone:eitnah. – Anders ausgedrückt: Nur wenn etwas passiert,önnen wir bei großen Verkehrsvorhaben mit der Akzep-nz der davon betroffenen Menschen rechnen.
azu gehören fertige Projekte an der Rheintalstreckeie der Rastatter Tunnel. Deshalb runter vom Abstell-leis und auf die Schiene!Herzlichen Dank.
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Peter Götz
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Ich erteile das Wort dem Kollegen Gustav Herzog für
die SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ei-nen schönen guten Morgen! Ich wünsche insbesonderedenjenigen Kolleginnen und Kollegen einen schönen gu-ten Morgen, die gestern Abend noch bis 22 Uhr über dieAusweitung der Mauterhebung diskutiert haben.
Den Zuhörerinnen und Zuhörern will ich sagen: Daszeigt, dass wir ein echtes Arbeitsparlament sind. Wir ha-ben gestern Abend mit Verkehrspolitik aufgehört undmachen heute Morgen damit weiter. Ich glaube, das istein ganz gutes Signal.
– Da können Sie alle klatschen, liebe Kolleginnen undKollegen, auch die von der Koalitionsseite.
Ich will noch etwas anderes bemerken. Es ist schonein etwas skurriles Bild, wenn aufseiten der CDU/CSUdie betroffene Landesgruppe geschlossen auftritt und dasWort ergreift – die Fähnleinführerin, die Frau Staatsmi-nisterin, vorneweg.
Ich wäre froh, wenn Sie den Verkehrsthemen immer einsolches Gewicht beimessen würden.Ich finde es aber gut, dass wir in einer Kernzeit-debatte über Infrastruktur reden in Verbindung mitLärmschutz und Bürgerbeteiligung; denn ich glaube, esist ein gutes Signal nach draußen, dass wir diese Punktenicht mehr getrennt, sondern als eine Einheit sehen.Aber die Menschen werden sich wahrscheinlich fragen:Woher kommt so viel Gemeinsamkeit? Hat sich da ir-gendetwas geändert? Ich sage: Ja, es hat sich für unseiniges geändert:Erstens. Insbesondere die Lärmwirkungsforschunghat eindeutige Ergebnisse vorgelegt, die zeigen, dasseine Privilegierung des Schienenlärms nicht mehr ge-rechtfertigt ist und dass aufgrund der Charakteristik derLärmspitzen insbesondere in der Nacht die Politik drin-gend aufgefordert ist, hier etwas zu tun.Zweitens. Wir wissen: Es wird eine Steigerung beimGüterverkehr geben; die Prognosen fallen entsprechendaus. Das rollende Material wird aber eher schlechterdenn besser.bsinlaliedhdkm–dnreawdturiSS–dtedgqbaDT–naeFtedGsWdVh
timmen Sie daher unseren Anträgen zu, denen von derPD und den Grünen; sie sind vernünftig.
Herr Döring, vielleicht schreiben Sie von der FDP inieser Sache auch so böse Briefe an das Verkehrsminis-rium und das Finanzministerium, wie Sie es in Fragener Wasser- und Schifffahrtsverwaltung machen. Ichlaube, das wäre in der Sache hilfreich.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine weitere Konse-uenz ist: Man muss den Lärm viel stärker an der Quelleekämpfen. Dazu gehört das Umrüsten; wir sind dabei,uch wenn die Wirkung noch lange nicht zu spüren ist.azu gehört auch die Einführung des lärmabhängigenrassenpreises. Hier ist meine Frage an die Regierungvielleicht kann das auch einer der Koalitionsabgeord-eten beantworten –: Wann legen Sie endlich das Gut-chten vor? Wir werden permanent vertröstet: Erst solltes im Oktober so weit sein, dann im November, dann imrühjahr, das auch bald vorüber ist. Herr Bundesminis-r, Herr Staatssekretär, wann kommt das Gutachten? Iner DVZ vom 17. Februar konnte ich nachlesen, dass dasutachten am 3. März vorliegen würde. Der ist auchchon längst vorüber.
ann kommen wir hier endlich zur Sache? Sie wissen,ass Rheinland-Pfalz in diesem Zusammenhang einenorschlag gemacht hat, dem der Bundesrat zugestimmtat. Kommen Sie also zur Sache und nehmen Sie die
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. März 2011 11129
Gustav Herzog
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Überlegung auf, ein qualifiziertes Nachtfahrverbot ein-zuführen!Bislang stand ausschließlich die Rheintalbahn imMittelpunkt der Debatte. Das, was wir im Interesse derMenschen in Baden-Württemberg verhindern wollen, er-leben und erleiden die Menschen im Mittelrheintal aberschon seit Jahren; zwischen Bonn und Bingen treten ent-sprechende Belastungen auf. Was die Menschen imOberrheintal befürchten, ist dort schon Realität. Deswe-gen sage ich in Richtung Bundesregierung: Machen SieDruck beim gemeinsamen Projekt „Leiser Rhein“!Herr Kollege Döring, wenn Sie über das viele Geld,das die DB AG jetzt als Gewinn erwirtschaftet hat, reden– Sie sitzen ja in den entsprechenden Gremien –: SetzenSie sich doch dafür ein, dass diese Gewinne zum Bei-spiel für das Umrüsten der alten Güterwagen verwendetwerden. Wenn Sie das in den nächsten Wochen hinbekä-men, würden Sie von mir ausdrücklich gelobt werden.
Ich richte auch an Sie, Frau Ministerin Gönner, eineBitte. Zurzeit bringt Staatsminister Hendrik Hering, derrheinland-pfälzische Verkehrsminister, einen Entschlie-ßungsantrag in den Bundesrat ein, bei dem es auch umdie Frage des Lärmschutzes geht. Es wäre schön, wennSie den Argumenten des Landes Rheinland-Pfalz so fol-gen könnten, wie es Hessen getan hat. Hessen hat zu-sammen mit Rheinland-Pfalz ein 10-Punkte-Programmaufgestellt. Sie sehen: Wenn man guten Willens ist, kannman partei- und länderübergreifend zusammenarbeiten.Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Argumente fürden Süden sind auch die Argumente für das Mittelrhein-tal. Es stellt sich die Frage einer Alternativtrasse für dasMittelrheintal. Ich will hier mit Erlaubnis des Präsiden-ten zitieren:Auf die Forderung, mit den Planungen für eineneue alternative Güterverkehrstrasse zu beginnen,hat das Bundesverkehrsministerium stets mit demHinweis geantwortet, dass eine neue Trasse nurdurch Kapazitätsengpässe, nicht aber durch Lärmzu rechtfertigen sei.Wer hat diese kritische Aussage gegenüber dem Ministe-rium getroffen? Es war die Oberbürgermeisterin derStadt Bingen, in einem Brief an den BundesministerRamsauer. Wenn Sie schon einem Sozialdemokratenoder dem Land Rheinland-Pfalz nicht folgen wollen,dann folgen Sie dieser Oberbürgermeisterin; sie ist näm-lich CDU-Mitglied. Es wäre hilfreich, wenn Sie in dieserSache endlich anfangen, zu arbeiten, anstatt uns auf dennächsten Bundesverkehrswegeplan zu vertrösten.Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Das Wort erhält nun der Kollege Peter Weiß für die
CDU/CSU-Fraktion.
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Frau Ministerin Gönner, ich möchte mich bei Ihnennd bei der Landesregierung ausdrücklich dafür bedan-en, dass die Landesregierung von Baden-Württemberg Juni 2007 unter Leitung von Herrn Innenministerech eine Arbeitsgruppe eingesetzt hat, die eine klareositionierung des Landes erarbeitet hat: Unterstützunger Forderungen aus der Region am Oberrhein.
Ich möchte mich zudem dafür bedanken, dass dieandesregierung den Beschluss gefasst hat,
ass sie bereit ist, 50 Prozent der anfallenden Mehrkos-n mitzufinanzieren. Diese Beschlüsse der Landesregie-ng von Baden-Württemberg waren entscheidend, alss darum ging, überhaupt neue Bewegung in das Verfah-n Rheintalbahn hineinzubekommen. Deswegen einerzlicher Dank an die Landesregierung von Baden-ürttemberg!
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11130 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. März 2011
Peter Weiß
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Die Veränderungen, die jetzt anstehen, wären nichtmöglich geworden, wenn es nicht das wirklich großar-tige Engagement der Bürgerinitiativen entlang derRheintalbahn und der Bürgermeister und Gemeinderäteder betroffenen Städte und Gemeinden gegeben hätte.Ich möchte mich auch bei unseren Bürgerinitiativen undunseren Kommunalpolitikern herzlich bedanken, weilsie nicht, wie oftmals anderswo, gegen etwas votieren,sondern für etwas kämpfen. Sie sind für den Ausbau derRheintalbahn von zwei auf vier Strecken.
Aber Sie sind auch für eine optimierte Trasse, die dieAnliegen der Bürgerinnen und Bürger und vor allen Din-gen die Entwicklung der Städte und Gemeinden optimalberücksichtigt. Dafür ein herzliches Danke an unsereBürgerinitiativen und an unsere Kommunalpolitiker!
Ich gebe ehrlich zu, dass ich in den vergangenen Jah-ren, in denen ich viele Besprechungen zu diesem Themagehabt habe, oftmals verzweifelt war und mich gefragthabe, ob wir überhaupt jemals etwas bewegen werden.Ich bin seit der Sitzung des Projektbeirates am 8. Fe-bruar dieses Jahres zum ersten Mal positiv gestimmt.
Denn der Projektbeirat,
in dem das Bundesministerium durch Herrn Staatssekre-tär Scheurle vertreten ist, in dem das Land vertreten ist,in dem die Region, unsere Kommunalpolitiker undLandräte vertreten sind, in dem die Bürgerinitiativenvertreten sind, hat gemeinsam neue Weichenstellungenfür die Planung an der Rheintalbahn vorgenommen. Diesind bereits – Herr Pronold, Sie wollten ja Taten sehen –in der Umsetzung. Am 18. Februar haben BahnchefGrube und Ministerpräsident Mappus die ersten Probe-bohrungen für eine Tunnellösung in Offenburg gestartet.
Wir haben die Entscheidung, dass die bahnparalleleTrasse zwischen Offenburg und Riegel detailgenau un-tersucht wird. Wir haben die Zusage, dass die Anregun-gen zur Umfahrung von Freiburg aufgegriffen werden.Wir haben selbst für Weil am Rhein zusätzlichen Lärm-schutz bekommen. Und wir haben die Zusage, dassdurch den Katzenbergtunnel, der bereits gebaut ist, abernoch in Betrieb genommen werden muss, möglichst dergesamte Güterverkehr geführt werden soll, um die dorti-gen kleineren Gemeinden und vor allen Dingen den Kur-ort Bad Bellingen zu entlasten. Das alles wurde möglich,weil die zusätzlichen Kosten für die Probebohrungenund die Untersuchung der bahnparallelen Trasse in Höhevon 1,3 Millionen Euro je zur Hälfte vom Land und vomBund zur Verfügung gestellt werden. Deswegen war dieSitzung des Projektbeirates am 8. Februar 2011 wichtig.ERAsreBreleutudCnAnEWmRVbtühZaSWinhfessnneKte
ugegebenermaßen haben wir nicht das Ziel erreicht,ber wir kommen den Bürgern am Oberrhein Schritt fürchritt entgegen.
ir haben unzählige offizielle und inoffizielle Termine Berlin, Stuttgart und an der Strecke durchgeführt. Wiraben auf allen Ebenen Konsensentscheidungen getrof-n. Wir haben Dinge geschafft, die 2009 unmöglich zuein schienen.Ich kann mich gut an die verhärteten Fronten zwi-chen Bundesverkehrsministerium und der DB AG ei-erseits und dem Land und der Region andererseits erin-ern. CDU/CSU und FDP haben in den letztenineinhalb Jahren dafür gesorgt, dass wir dort unten imonsens arbeiten. Es gibt keine Gräben mehr. Wir arbei-n mit demselben Ziel.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. März 2011 11131
Armin Schuster
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Ich möchte mich noch einmal ausdrücklich bei Ihnen,Frau Gönner, bedanken. Wenn Sie ins Lenkrad greifen,alle Achtung, das merkt man.
Das war irgendwann im Februar oder März des letztenJahres. Bahnchef Grube ist hier noch nicht erwähnt wor-den; das möchte ich ausdrücklich tun. Die Region ver-dankt ihm eine Menge. Er ist ein Stück weit Vorbild, daer sich trotz immenser Verpflichtungen vor Ort zeigt.
Mit unserer Planung am Oberrhein zielen wir ganzklar in Richtung einer anliegerfreundlichen Trassen-gestaltung. Alle Orte – Herr Weiß hat sie aufgeführt –lassen ganz klare Signale erkennen.
Das einzige Problem ist – das bedauere ich als Weilerganz besonders – die Hinterlassenschaft von Rot-Grün inWeil am Rhein. 2009 habe ich einen praktisch erlass-reifen Planfeststellungsbeschluss vorgefunden.
In Weil am Rhein konnten wir eine Tieferlegung dahereinfach nicht mehr hinbekommen.
Eine Nachjustierung mit einem Volumen von15 Millionen Euro für Weil am Rhein ist aber ein Wort.Das verkaufe ich als Erfolg.
Meine Damen und Herren von Rot-Grün, in den ver-gangenen Jahren haben Sie in puncto Bahn viel ver-säumt. Dieses Verkehrsmittel ist nicht per se umwelt-freundlich. Das ist nur dann der Fall, wenn man nicht inder Nähe wohnt.
Das Motto „Alles auf die Schiene!“ macht nur Sinn,wenn man sich auch dafür interessiert, wie es dort zu-geht.
Wir haben einen Reformstau, den wir auflösen werden.Die Punkte Trassenpreise, Schienenbonus und TechnikwgtrtikbteteWbddGcjeSghinnDmrueDteE
Meine Damen und Herren, alles, was in unserem An-ag steht, ist ein starkes politisches Signal für die künf-ge Bahnplanung in diesem Land. Angesichts unsereronsequenten Haushaltspolitik – Stichwort Schulden-remse – dürfen Sie jedes einzelne Wort als Signal wer-n, dass wir im Rahmen des finanziell Möglichen daschnisch Machbare schaffen wollen. Das geschieht zumohl von Mensch und Umwelt.Den Projektbeirat muss ich nicht mehr loben. Darüberin ich richtig froh. Ich dachte schon, ich sei der Einzige,er ständig herumläuft und klarzumachen versucht, dassas ein Exportschlager für mehr Bürgerbeteiligung ist.reifen wir diesen Projektbeirat gemeinsam auf und ma-hen ihn zu einem Instrument, das künftig bei Großpro-kten immer zur Anwendung kommen soll. An diesertelle möchte ich als Badener sagen: Auf diese Weiseewähren wir Heiner Geißler einen wohlverdienten Ru-estand. Dafür sorgt der Projektbeirat. Wir schaffen das Südbaden allein.
Lassen Sie mich noch etwas sagen: Ich bin der Mei-ung, dass wir viele Gemeinsamkeiten haben.
ie Gemeinsamkeiten müssten wir uns einmal zusam-en anschauen. Es gibt ein einziges Wort für Ihre Regie-ngszeit am Oberrhein, das heißt: Eimeldingen. Das istin Ort 1 Kilometer nördlich von Weil am Rhein.
ort liegen mittlerweile vier Gleise parallel; zwei 5 Me-r hohe Lärmschutzwände ziehen sich durch den Ort.
s sieht aus, als stünde man vor der Berliner Mauer.
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11132 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. März 2011
Armin Schuster
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Diese Gemeinde ist nie von Ihnen gehört worden undmuss heute mit dem Status quo leben. Man könnte auchsagen, hier gilt das Motto: Wer zu früh kommt, den be-straft das Leben oder die SPD. Das ist für Eimeldingenwirklich nicht schön.
Wir bedauern, dass es nicht zu einem parteiübergrei-fenden Antrag kam. Sie müssen von Ihren Maximalfor-derungen herunterkommen und sich unserer Verhand-lungstaktik annähern,
und zwar kontinuierlich, Stück für Stück und jeden Tagein bisschen weiter. So kommen wir zu Verhandlungs-erfolgen.
– Wie wäre es denn, wenn sich die Nichterfolgreichen anden Erfolgreichen orientieren, und nicht umgekehrt?
Ich komme zum Schluss. Mich hat gestern ein Journa-list der Süddeutschen Zeitung gefragt, ob man als neuge-wählter Abgeordneter überhaupt etwas bewegen kann.Man kann etwas bewegen.
Das bewegt auch mich. Sie dürfen sich darauf verlassen:Ich bewege mich
am Rheintal auch weiter im Sinne der Bürger, der Anlie-ger und für die Region.Herzlichen Dank.
Thomas Strobl ist der letzte Redner zu diesem Tages-
ordnungspunkt.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrtenDamen und Herren! Es gibt bei diesem Thema erfreuli-che Gemeinsamkeiten; es gibt aber auch ein paar Unter-schiede. Übereinstimmung besteht darin, dass die Gütervon der Straße auf die Schiene gebracht werden müssen.DsDdWMAnRwfüMwBedrudVvLSSLBFtin
eshalb sind alle für den Ausbau der Rheintalbahn.Es geht aber um mehr. Wir wollen für dieses Projektie Akzeptanz der Bevölkerung.
ir wollen bei diesem verkehrspolitischen Projekt dieenschen in Südbaden mitnehmen. Wir wollen denusbau der Rheintalbahn gemeinsam mit den Bürgerin-en und Bürgern. Daher ist es unsere feste Absicht, dieheintalbahn gleichsam zu einem Modell für einen an-ohnerfreundlichen Bahnausbau zu machen. Trassen-hrung und Lärmschutz sollen so gestaltet werden, dassenschen und Umwelt so wenig wie möglich belasteterden. Deswegen machen wir es gemeinsam mit denürgerinnen und Bürgern am Rhein in Südbaden.Wir hätten uns erhofft, dass es für dieses Ansinnenine breitere, überparteiliche Zustimmung gibt;
och die Opposition nimmt wiederum eine Verweige-ngshaltung ein,
ie eigentlich niemand so recht nachvollziehen kann.or allem die Menschen am Oberrhein und in Südbadenerstehen das nicht. Warum sind Sie eigentlich gegenärmschutz und Ökologie, wenn es konkret wird?
ie sind aus Prinzip dagegen, wenn es konkret wird.
ie sind gegen eine vernünftige Politik im Bund und imand; Sie saugen Ihren Honig aus dem Dagegensein.
Ich will Ihnen das konkret belegen. Im Landtag vonaden-Württemberg gab es einen Änderungsantrag derraktion der CDU, der Fraktion der SPD und der Frak-on von FDP/DVP mit der Überschrift „Klares Bekennt-is zu Baden 21“.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. März 2011 11133
Thomas Strobl
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Dazu gab es eine namentliche Abstimmung. Für diesenAntrag haben gestimmt die Fraktion der CDU, die Frak-tion der SPD und die Fraktion von FDP/DVP. Mit Neinhat – ich kann Ihnen die Namen aus dem Plenarprotokollder Sitzung des Landtags von Baden-Württemberg vom25. November 2010 vorlesen – die komplette Fraktionder Grünen gestimmt, also gegen ein „Klares Bekenntniszu Baden 21“.
Sie sind gegen Baden 21,
gegen die Interessen der Menschen in Südbaden, gegenden Lärmschutz, und Sie beteiligen sich nicht konstruk-tiv an dieser Debatte.
Herr Kollege Strobl, der Kollege Bonde möchte dazu
gerne eine Bemerkung machen.
Aber gerne. – Bitte.
Werter Kollege Strobl, nun stehen wir beide im Wahl-
kampf in Baden-Württemberg, Sie als Generalsekretär
Ihrer Partei, ich als Landesvorstandsmitglied der meini-
gen. Ich kann daher verstehen, dass man manchmal Ter-
mine durcheinanderbringt.
Ich würde Sie gerne bitten, mir zu bestätigen, dass es
in dem von Ihnen genannten Antrag aus dem Landtag
von Baden-Württemberg einen Forderungsteil gab, der
aus einer ganzen Reihe von Punkten bestand, dass einer
davon ein Bekenntnis zum Bahnprojekt Stuttgart 21 war
und dass es Versuche gab, eine getrennte Abstimmung
über diese Sachverhalte herbeizuführen, was von den an-
tragstellenden Fraktionen im Landtag nicht gewünscht
war. Herr Strobl, sind wir uns einig, dass wir uns beim
Projekt Stuttgart 21 nicht einig sind, und wären Sie nicht
genauso verwundert gewesen wie ich, wenn meine
Landtagsfraktion einem Antrag pro Stuttgart 21 zuge-
stimmt hätte?
Verehrter Herr Kollege Bonde, noch einmal: DieserÄnderungsantrag trägt die Überschrift „Klares Bekennt-nis zu Baden 21“.DvtiDzSggBdddb–dsLksDewuGAfrws
iesem Antrag haben sich alle Fraktionen im Landtagon Baden-Württemberg angeschlossen, außer der Frak-on der Grünen. Das ist zu bedauern.
amit gefährden Sie im Übrigen wichtige Maßnahmenum Wohle der Menschen am Oberrhein.
ie sind bei dieser Frage – wie bei anderen Fragen – da-egen, wenn es konkret wird. Sie sind gegen Ökologie,egen die Bürgerinteressen, gegen Südbaden und gegenaden-Württemberg.
Wir sind froh darüber – dafür danken wir auch der inieser Debatte anwesenden Umweltministerin von Ba-en-Württemberg –,
ass der Ministerpräsident des Landes Baden-Württem-erg zu einem sehr frühen Zeitpunkt erklärt hat
ich weiß, dass Sie das ärgert –,
ass, obwohl der Bund für dieses Projekt zuständig ist,ich auch das Land Baden-Württemberg an sinnvolleneistungen, die den Bürgerinnen und Bürgern zugute-ommen, beteiligen wird. Das finden wir richtig.
Weil die Grünen sich hier so aufregen, weiß offen-ichtlich die rechte Hand nicht, was die linke tut.
amit meine ich weniger die Tatsache, dass Sie wiederine ganze Reihe von Anträgen eingebracht haben, ob-ohl eigentlich einer genügt hätte. Mir geht es vielmehrm eine bestimmte Formulierung in dem Antrag derrünen auf Drucksache 17/2488. Darin wird die festebsicht formuliert, es solle „die Schiene als umwelt-eundlicher Verkehrsträger gemeinsam mit den Binnen-asserstraßen beim Gütertransport verstärkt zum Ein-atz kommen“.
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11134 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. März 2011
Thomas Strobl
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Die „Binnenwasserstraßen“ – das ist interessant. Dennwas die Binnenwasserstraßen anbelangt, argumentiertezumindest der als Antragsteller an erster Stelle genannteWinfried Hermann noch vor kurzem massiv gegen denAusbau der Neckarschleusen in Baden-Württemberg.
Wir wären damals als Große Koalition froh gewesen,Baden-Württemberg über 600 Millionen Euro für denAusbau der Neckarschleusen zur Verfügung zu stellen.
Aber wer ist dagegen und kritisiert das? Bündnis 90/Die Grünen. Sie sind nicht nur gegen die Schiene, son-dern auch gegen die Wasserstraße.
Immer wenn es konkret wird, sind die Grünen dage-gen. In diesem Fall sind sie der Binnenschifffahrt unddamit einer der ökologischsten Transportmöglichkeitenüberhaupt in den Rücken gefallen. So ist kein Staat zumachen. Mit den Grünen und ihrer Antihaltung gibt eskeine konstruktive Politik.
Wie konstruktive Politik funktioniert,
das hat im Rheintal der Projektbeirat bewiesen, den dieBundesregierung und die Landesregierung von Minister-präsident Stefan Mappus massiv unterstützen.
Dieser Projektbeirat stellt eine Art Vorläufer zur erfolg-reichen Faktenschlichtung Heiner Geißlers bei Stutt-gart 21 dar. Wie diese orientiert er sich am Prinzip desrunden Tisches und brachte die Entscheidungsträger unddie betroffenen Bürgerinnen und Bürger zusammen. Allehaben – auf Augenhöhe mit den Bürgerinnen und Bür-gern – konstruktiv mitgearbeitet: Oberbürgermeister,Bürgermeister, Landräte, das Regierungspräsidium, dasBundesministerium, das Landesministerium. StaatlicheStellen auf der einen Seite und Bürgerinnen und Bürgerauf der anderen Seite führten einen guten, sachlichorientierten Dialog. Ich möchte ausdrücklich der Bun-desregierung, der Landesregierung, aber auch den enga-gierten Bürgerinnen und Bürgern, namentlich derIG BOHR, Dank sagen, die sich in einer konstruktivenund sachlichen Art und Weise seit langer Zeit in die De-bAvDMpNHGdSgWEdgdsungtafüFzpgzzhteeinswgsd
Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich persönlich und dierünen sind bei mehreren Punkten angesprochen wor-en. Ich würde gern etwas dazu sagen.Sowohl der Kollege Schuster als auch der Kollegetrobl haben, glaube ich, deutlich gemacht, dass sie eineroße Sorge haben: die Landtagswahl in Baden-ürttemberg in zehn Tagen.
s ist ziemlich auffällig, dass Sie pausenlos davon reden,ass Ihnen die Interessen der Anwohner und die Sachfra-en im Rheintal wichtig sind. Ihre Polemik aber zeigt,ass Ihre größte Sorge die Erfolge der Grünen sind;onst müssten Sie sich nicht dauernd an uns abarbeitennd das auch noch mit schäbigen Unterstellungen, dieicht stimmen.
Herr Strobl spricht von Wasserstraßen, obwohl es ei-entlich um den Ausbau der Schienenstrecke im Rhein-l geht. Er meint, er könnte mich und die Grünen vor-hren, weil wir uns auf einen Entwurf der CDU/CSU-DP-Regierung zur Priorisierung der Wasserstraßen,um Ausbau der Wasserstraßen bezogen haben. Es isteinlich, dass Sie versuchen, mich und die Grünen anzu-reifen, weil wir darauf hinweisen, dass es um die Set-ung von Prioritäten geht und dass das auch Konsequen-en für den Wasserstraßenausbau im Neckarbereichaben kann. Sie tun so, als sei das unser Problem. Rich-n Sie sich bitte an die Bundesregierung, wenn Sie datwas zu kritisieren haben; aber schieben Sie uns nichts die Schuhe, nur weil Ihnen das gerade im Wahlkampfo passt.
Zweiter Punkt. Von vielen ist angesprochen worden,ir hätten versucht, einen gemeinsamen Antrag vorzule-en. Ich möchte Herrn Schuster daran erinnern, dass erehr früh, nachdem er Mitglied des Bundestages gewor-en ist, in mein Büro kam und wir darüber nachgedacht
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. März 2011 11135
Winfried Hermann
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haben, wie wir gemeinsam vorgehen können. Er hat mirsehr schnell bedeutet, dass er ganz gerne einen gemein-samen Antrag auf den Weg bringen würde, aber nur einkleines Licht in seiner Fraktion sei. Das haben Sie wört-lich zu mir gesagt. Man muss aber sehen: Es gibt überge-ordnete Interessen der Fraktionen. In diesem Duktus hatdies in dieser Woche in meinem Büro stattgefunden. Siesind zu mir gekommen und haben gesagt: Wie sieht esdenn mit einem gemeinsamen Antrag aus? Wir habenunseren Antrag, dem können Sie zustimmen.
– Nein, Sie verdrehen immer die Tatsachen. In dem Briefstand nur, dass man versucht, einen gemeinsamen An-trag auf den Weg zu bringen. Dies haben Sie so interpre-tiert: Wir haben einen Antrag geschrieben. Sie können jaüber Änderungsanträge abstimmen lassen – in Klam-mern: die lehnen wir dann ab –, und dann gibt es einengemeinsamen Antrag, nämlich den der Koalition. – Dasist nicht das Vorgehen bei einem gemeinsamem Han-deln. Bei gemeinsamem Handeln muss man sich aufAugenhöhe begegnen und gemeinsam Vereinbarungentreffen. Wenn es an irgendeiner Stelle keine Gemeinsam-keiten gibt, muss man die Unterschiede deutlich machen.Ihr Angebot war arrogant.
Es ist von uns nicht angenommen worden. Uns hinterhervorzuwerfen, wir hätten uns nicht für ein gemeinsamesVorgehen starkgemacht, finde ich mehr als schäbig.
Ich hätte dieses Thema lieber nicht angesprochen, weilich glaube, dass die Bürger nicht verstehen können, wa-rum man so handelt.
Weil Sie all Ihre Reden damit bestritten haben, uns zuunterstellen, –
Herr Kollege!
– wir hätten uns nicht für ein gemeinsames Vorgehen
starkgemacht, war es aber notwendig. Ihr Verhalten
finde ich peinlich.
Vielen Dank.
Zur Erwiderung Herr Kollege Strobl.
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Erster Punkt. Ich habe die Binnenwasserstraßen ange-prochen, weil die Inkonsistenz der Argumentation desündnisses 90/Die Grünen bei diesem Thema gut nach-uvollziehen ist. Noch einmal: Der Großen Koalition ists gelungen, über 600 Millionen Euro für den Ausbauer Neckarschleusen bereitzustellen.
ie von den Grünen verkünden hier großspurig,
ass Sie für Ökologie sind und Güter von der Straße neh-en wollen.
ber im Wahlkampf reisen Sie durch die Gegend und sa-en: Dieses Geld hätte man für Maßnahmen vor Ort bes-er verwenden können.
ußerdem erzählen Sie unsinniges Zeug, zum Beispielass Binnenschiffer auf ihren Schiffen altes Öl verbren-en würden. Hier im Bundestag blasen Sie sich auf undprechen von Ökologie,
ber vor Ort polemisieren Sie gegen die Interessen desandes Baden-Württemberg, Herr Kollege Hermann. Sot das.
Sie brauchen gar nicht zu schreien, Herr Kollegeonde.Der zweite Punkt. Es gab verschiedentlich Versuche, Hinblick auf die Rheintalbahn einen gemeinsamenntrag zu formulieren. Es gibt ein Antwortschreibenon Kerstin Andreae und Alexander Bonde, beide vonen Grünen.
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11136 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. März 2011
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ben? Das stimmt nicht! Da geht es schon los!Sie haben ja gar keine Ahnung!)In diesem Schreiben heißt es, für die Grünen sei der An-trag der Koalition eine gute Basis,
allerdings mit zwei Änderungen.
Auch die Kolleginnen und Kollegen vor Ort seien bereitgewesen, einen Konsens zu finden. Sie wurden aber vonder Grünenspitze in Berlin zurückgepfiffen.
Sie haben sie gewissermaßen verraten. Ihnen ging es umFraktionsinteressen.
Sie stellen die Interessen der Grünenpartei über die Inte-ressen der Menschen in Südbaden
und in Wahrheit auch über die Ökologie.
Ich schließe die Aussprache.Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-empfehlungen des Ausschusses für Verkehr, Bau undStadtentwicklung. Der Ausschuss empfiehlt unterBuchstabe a seiner Beschlussempfehlung die Annahmedes Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und der FDPauf Drucksache 17/4861 mit dem Titel „Anwohner-freundlicher Ausbau der Rheintalbahn“. Wer stimmt fürdiese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –Wer enthält sich? – Damit ist diese Beschlussempfeh-lung mit den Stimmen der Koalition bei Enthaltung derOppositionsfraktionen angenommen.Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss die Ab-lehnung des Antrags der Fraktion der SPD auf derDrucksache 17/4856 mit dem Titel „Ausbau der Rhein-talbahn als Modell für Bürgernähe, Lärm- und Land-schaftsschutz“. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-luDmsdTosemlenfrPBessnTfrseMsDndsmBmndsraaegBVFs1liRvb
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. März 2011 11137
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Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die unterbrocheneSitzung ist wieder eröffnet.Die Fraktionen haben sich auf eine Änderung derheutigen Tagesordnung verständigt. Es ist vorgesehen,die Sitzung mit einer Regierungserklärung des Bundes-ministers des Auswärtigen zur aktuellen Entwicklung inLibyen und einer anschließenden Aussprache von einerDreiviertelstunde fortzusetzen. Anschließend werdenwir in der Tagesordnung mit der Beratung desTagesordnungspunkts 29 fortfahren. Der Tagesord-nungspunkt 28 – Entgeltgleichheit zwischen Männernund Frauen – soll abgesetzt werden. Sind Sie damit ein-verstanden? – Das ist der Fall. Dann verfahren wir so.
Mir wird gerade zugerufen, dass die Kolleginnen undKollegen der Grünenfraktion auf dem Weg nach untensind. Vielleicht warten wir noch kurz.
– Von der Fraktionsebene herunter auf die Plenarsaal-ebene. Da sind sie auf dem Weg nach unten, wie Sie alleauch waren. – Die Fraktionssitzung ist zu Ende, wird mirgerade gesagt, und die Kolleginnen und Kollegen kom-men. Ich denke, wir können noch 30 Sekunden warten.Ich rufe den Zusatzpunkt 6 auf:Abgabe einer Regierungserklärung durch denBundesminister des Auswärtigenzu den aktuellen Entwicklungen in Libyen
Ich erteile das Wort zur Abgabe einer Regierungser-klärung Herrn Minister Guido Westerwelle. Bitte schön.
Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Aus-wärtigen:Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-ren! Kolleginnen und Kollegen! Der Sicherheitsrat derVereinten Nationen hat heute Nacht nach einer intensi-ven Beratung eine weitere Resolution zur Situation inLibyen verabschiedet. Deutschland hat sich bei der Ab-stimmung über diese Resolution enthalten, genauso wieBrasilien, Indien, China und Russland. Zehn Staaten ha-ben für die Resolution gestimmt, darunter die Vereinig-ten Staaten von Amerika und die drei Mitglieder der Eu-ropäischen Union, die dem Sicherheitsrat derzeitangehören.Ich will Ihnen vorab sagen: Diese Entscheidung istuns nicht leichtgefallen. Ihr ist ein schwieriger Abwä-gungsprozess vorausgegangen. Wir haben am Mittwochhier eine ausführliche, sehr konstruktive Debatte geführt,umuHGgfüsadfüsRihhfüteWwInulutiWfünhggIsgateevwWlidtoszdleKvsd
Davon zu trennen ist die Frage einer militärischentervention und der deutschen Beteiligung daran. Wirnterstützen ausdrücklich die Elemente der Reso-tion 1973 des UN-Sicherheitsrates, durch die die Sank-onen gegen das Gaddafi-Regime verschärft werden.ir Deutsche selbst haben in New York die Vorschläger noch umfassendere Wirtschafts- und Finanzsanktio-en eingebracht und auch vorangetrieben. Deutschlandat sich als eines der ersten Länder in Brüssel und übri-ens auch in New York für eine eindeutige Haltung ge-enüber dem Diktator Gaddafi ausgesprochen, für eineolierung des Systems Gaddafi, und für Sanktionen ge-en sein Regime haben wir uns ebenfalls in Brüssel unduch in New York sehr frühzeitig stark gemacht.Die Alternative zu einem Militäreinsatz ist nicht Ta-nlosigkeit, ist nicht Zusehen, sondern ist, den Druck zurhöhen, Sanktionen zu beschließen und Sanktionen zuerschärfen. Es geht auch darum, diese Sanktionen inso-eit auszuweiten, als sie umfassend die Finanz- undirtschaftsfragen berühren. Mit den Sanktionen ist näm-ch ein klares Ziel verbunden: Wir müssen verhindern,ass weiterhin frisches Geld in die Hände dieses Dikta-rs gelangen kann, Geld, mit dem er dann wiederumeine Söldnertruppen bezahlen kann, um das eigene Volku unterdrücken, um diesen schrecklichen Krieg gegenas eigene Volk fortzuführen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kol-ginnen und Kollegen, Oberst Gaddafi führt einenrieg gegen das eigene Volk. Er hat jede Legitimationerwirkt. Dieser Diktator muss gehen. Aber er muss füreine Verbrechen auch zur Rechenschaft gezogen wer-en.
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11138 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. März 2011
Bundesminister Dr. Guido Westerwelle
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Deswegen war es richtig, dass der Sicherheitsrat der Ver-einten Nationen eindeutig die Rolle des InternationalenStrafgerichtshofes in diesem Zusammenhang unterstri-chen hat.
Es ist das ausdrückliche Ziel der Bundesregierung,den demokratischen Aufbruch in Nordafrika und der ara-bischen Welt nach Kräften zu unterstützen. Wir werdenauch künftig in der Europäischen Union und auch in denVereinten Nationen dafür arbeiten, diesen Aufbruchpolitisch, wirtschaftlich, finanziell und humanitär zu för-dern und ihm zum Erfolg zu verhelfen.Dabei gibt es Entwicklungen, die uns erfreuen: in Ma-rokko, die Jasmin-Revolution in Tunesien, die MillionenMenschen in Ägypten, die für ihre Freiheit auf demTahrir-Platz gekämpft haben und die erfolgreich waren.In einigen Ländern gibt es leider aber auch furchtbareRückschläge: in Libyen – der Anlass dieser Regierungs-erklärung. Darüber hinaus möchte ich an einem solchenTag daran erinnern: Auch die Menschen in Bahrain ha-ben das Recht, für ihre Freiheit und für ihre Demonstra-tions- und Meinungsfreiheit einzutreten.
Ich habe diese Haltung auch gegenüber meinen Ge-sprächspartnern in den Golfstaaten klar zum Ausdruckgebracht. Wir wollen einen nationalen Dialog. Wir wol-len eine nationale Lösung. Aus unserer Sicht muss dieLösung im Lande durch Dialog gefunden werden undnicht durch das Ausland oder durch ausländische Trup-pen.Wir sind in Sorge im Hinblick auf die Unterdrückungder Opposition im Iran. Auch wenn darüber im Augen-blick nicht jeden Tag etwas zu lesen ist, so wissen wirdoch alle, dass gerade die Oppositionskräfte im Iran un-verändert unsere volle Aufmerksamkeit und auch unsereSolidarität verdient haben. Wir wollen sie auch an einemsolchen Tage nicht vergessen, an dem wir alle natürlichüber Libyen reden.
Meine Damen und Herren Abgeordneten, ich denkenatürlich auch an Jemen, ein Land, das uns seit längeremgroße Sorgen macht. Schon vor einem Jahr haben wirPräsident Salih dazu aufgerufen und aufgefordert, denAusgleich und den Dialog zu suchen. Er hat sich andersentschieden. Er hat auf die Kraft des Militärs gesetzt.Die Zeit ist verstrichen. Wir sehen heute, vor welcherdramatischen Situation Jemen steht.Auch wenn im Augenblick in Europa der Fokus derAufmerksamkeit nicht dort liegt, muss in diesem Zusam-menhang noch einmal an die Elfenbeinküste erinnertwerden. Es ist leider so, auch wenn es jedem mitfühlen-den Menschen das Herz bricht.pvDdriUüdnatrBbNsülemRdlisbswgjedPgFgFDsgnaEdaundwsdretäwje
Ich sage das deshalb, weil es natürlich notwendig ist,uch die Folgen der Entscheidung, die gestern Nacht ge-offen worden ist und die uns alle hier im Deutschenundestag befasst und beschäftigt, für andere Länder zuerücksichtigen, für die Auswirkungen im gesamtenorden Afrikas und darüber hinaus auch in der arabi-chen Welt.Die Sicherheitsresolution enthält auch Bestimmungenber die Einrichtung einer Flugverbotszone und vor al-n Dingen über einen darüber hinausgehenden Einsatzilitärischer Gewalt. Es geht darum, dass durch dieseesolution militärische Gewalt, ein militärischer Einsatzurch Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen mehrheit-ch legitimiert wurde. Die Entscheidung über den Ein-atz militärischer Gewalt, über den Einsatz auch des Le-ens unserer Soldatinnen und Soldaten ist die wohlchwierigste Entscheidung, vor die die Politik gestellterden kann. Das gilt nicht nur für die Regierung, dasilt auch für jeden Abgeordneten hier im Hause. Dennder Auslandseinsatz unserer Bundeswehr müsste voniesem Hohen Hause mandatiert werden. Wir haben einearlamentsarmee und keine Regierungsarmee. Deswe-en bin ich sicher, dass sich jeder Abgeordnete dieselbenragen stellt und auch dieselben schwierigen Abwägun-en vornimmt. Wir sind alle verantwortlich bei solchenragen, nicht nur die Regierung, meine sehr geehrtenamen und Herren.Den möglichen Nutzen und die Risiken eines militäri-chen Einsatzes im Falle Libyens haben wir in den ver-angenen Tagen in zahllosen Gesprächen in vielen natio-alen und internationalen Gremien diskutiert undbgewogen. Es gibt keinen sogenannten chirurgischeningriff. Jeder Militäreinsatz wird auch zivile Opfer for-ern. Das wissen wir aus leidvoller Erfahrung. Wenn wirbwägen, wie wir uns international verhalten und ob wirns und wo wir uns beteiligen, dann muss in diese huma-itäre Abwägung immer auch mit einbezogen werden,ass es Opfer gibt, auch zivile Opfer gibt. Ich weiß, dassir das in der Frage des Irak- oder des Afghanistan-Ein-atzes oft genug besprochen haben. Ich muss deswegenarum bitten und darf daran erinnern, dass wir die Leh-n aus der jüngeren Geschichte, auch aus jüngeren Mili-reinsätzen, immer mit berücksichtigen müssen, wennir heute vor Entscheidungen stehen.Wir haben Respekt und wir haben Verständnis für die-nigen unserer Partner im Sicherheitsrat, in der Euro-
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. März 2011 11139
Bundesminister Dr. Guido Westerwelle
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päischen Union und auch in der Arabischen Liga, dienach Abwägung aller Argumente zu einem anderen Er-gebnis gekommen sind als wir. Wir verstehen diejeni-gen, die sich aus ehrenwerten Motiven für ein internatio-nales militärisches Eingreifen in Libyen ausgesprochenhaben. Wir verstehen die Verzweiflung vieler Menschenin der Region angesichts der Entwicklungen in Libyen inden letzten Tagen. Die Bundesregierung ist aber ange-sichts sowohl außenpolitisch als auch militärisch erheb-licher Gefahren und Risiken bei der Abwägung im Si-cherheitsrat zu einem anderen Ergebnis gekommen.Deswegen konnten wir diesem Teil der Resolution unddamit der Resolution im Ganzen nicht zustimmen. Wirwerden uns nicht mit deutschen Soldaten an einem sol-chen Militärkampfeinsatz in Libyen beteiligen.
Für diese Entscheidung habe ich bei unseren PartnernVerständnis und auch Respekt gefunden. InternationalesEngagement der Deutschen wird geschätzt. Es ist nichtso, als wäre Deutschland nicht bereit, international Ver-antwortung zu übernehmen. Deutschland trägt Verant-wortung, zum Beispiel indem 7 000 deutsche Soldatenbei Auslandseinsätzen der Bundeswehr eingesetzt wer-den. Wir danken den Frauen und Männern der Bundes-wehr, die weltweit für unsere Freiheit und für unsere Si-cherheit eintreten. Auch an diesem Tage, gerade andiesem Tage vor dem Hintergrund der schrecklichenNachrichten aus Afghanistan, möchte ich diesen Dankan unsere Bundeswehr noch einmal zum Ausdruck brin-gen.
Wir werden darüber beraten, meine Damen und Her-ren, ob wir unser Engagement entsprechend konzentrie-ren. Das bedeutet, dass die weiteren Fragen, die jetzt aufder Tagesordnung stehen, zum Beispiel die Frage mögli-cher AWACS-Einsätze, in der NATO besprochen werdenmüssen. Ich will Ihnen das frühzeitig und ausdrücklichsagen, weil ich nicht den Eindruck erwecken möchte, inder Regierungserklärung sei das, was viele von Ihnennatürlich weiter denken und mit erörtern, kein Thema.Wir – der Bundesverteidigungsminister und der Bundes-außenminister – werden selber gemeinsam mit unserenKolleginnen und Kollegen im Kabinett, die damit be-fasst sind, diese Gespräche in der NATO suchen. Siesind notwendig, weil hierzu heute noch keine Entschei-dungen zu treffen sind und auch in Bezug auf die Sicher-heit noch keine Entscheidungen getroffen werden kön-nen.Lassen Sie mich aber hinzufügen, dass ich mir imInteresse unserer Partner und auch im Interesse der Men-schen in Libyen und der ganzen arabischen Welt wün-schen würde, dass sich unsere Sorgen und Befürchtun-gen hinsichtlich der Folgen eines Militäreinsatzes nichtbewahrheiten. Unsere Position ist eindeutig gegenüberdem Gaddafi-Regime, sie bleibt unverändert: Der Dikta-tor muss die Gewalt gegen sein eigenes Volk sofort be-enden. Er muss gehen, und er muss für seine Verbrechenzur Rechenschaft gezogen werden.nnAwKgimbfüMOfahnsdsggmoslenkaddksobAmwspaKhTred
Ich eröffne die Aussprache und erteile Kollegen Rolf
ützenich für die SPD-Fraktion das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!hne Zweifel, Herr Bundesaußenminister: Das ist eine,st würde ich sagen, beispiellose Debatte, die wir hieraben, weil wir so schnell zu einer Regierungserklärungach der Entscheidung im Sicherheitsrat gekommenind. Ich glaube, es ist auch nicht falsch, wenn man sagt,ass es offensichtlich quer durch die Fraktionen unter-chiedliche Auffassungen in dieser Frage gibt und aucheben wird. An der Aufmerksamkeit, mit der alle Kolle-innen und Kollegen Ihrer Rede zugehört haben, hatan schon gesehen, dass es – vielleicht bis auf den einender anderen Teil – für die große Mehrheit des Deut-chen Bundestages keine einfache Frage ist. Dieses Di-mma bleibt heute und wird wahrscheinlich auch in denächsten Tagen bleiben.Niemand wird wahrscheinlich zu einfachen Lösungenommen. Aber ich glaube, an die Bundesregierung unduch ganz besonders an Sie, Herr Bundesaußenminister,arf man die Frage richten, ob die Motive, die Sie hier iner Regierungserklärung und auch in der Regierungser-lärung am Mittwoch genannt haben, so uneigennützigind und nur von einer internationalen Frage geleitet sind
der ob nicht das, was ich Ihnen am Mittwoch in der De-atte gesagt habe, unter Umständen ein Motiv sein kann:m 11. März haben Sie in einem Interview des Morgen-agazins genau die innenpolitische Debatte eröffnet, dieir vonseiten der Sozialdemokratischen Partei unterlas-en haben. Wir wollten nämlich nicht, dass dies innen-olitisch instrumentalisiert wird. Sie haben damit nichtufgehört; denn Sie sind gestern im Deutschlandradioultur wieder genau diese Schiene gefahren. Auch jetztabe ich, muss ich Ihnen sagen, in den frei formulierteneilen Ihrer Regierungserklärung den einen oder ande-n Punkt gesehen,
er zeigt, dass dies ein Motiv ist. Das gehört mit dazu.
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11140 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. März 2011
Dr. Rolf Mützenich
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Wenn Sie sagen: „Wir als Bundesregierung könnennicht überall eingreifen“, dann gebe ich Ihnen recht. Dasist vollkommen richtig. Aber das heißt doch nicht, dasswir dann nirgendwo eingreifen, sondern wir greifendoch dann dort ein, wo wir es können. Auch das hättenSie von diesem Rednerpult aus sagen müssen.
Kurzum: Ich glaube schon, Ihr Vorwurf, dass andereBundesregierungen früher mit dieser Frage leichtfertigumgegangen sind, wendet sich gegen Sie selbst; dennSie dürfen nicht leichtfertig Ihre Fragen innenpolitischenMotiven unterordnen.
Ich sage Ihnen: Sie stehen in einer Tradition, die dieFDP-Bundestagsfraktion mit zu verantworten hat. Siehaben sich damals gegen den Einsatz im arabischenRaum im Rahmen von UNIFIL aus innenpolitischenGründen ausgesprochen,
weil sie glaubten, so die bessere Gewähr für Erfolge inWahlkämpfen zu haben. Ich unterstelle Ihnen, dass esauch in diesem Fall so ist.
Sie müssen eine entscheidende Frage beantworten, HerrBundesaußenminister. Ich glaube, Sie tun hier der deut-schen Öffentlichkeit – –
– Sie regen sich doch so auf, weil ich da offensichtlichden wunden Punkt getroffen habe, der zu dieser Debatteund, ich sage auch, zu diesem Dilemma letztlich gehört.
Er gehört zu diesem Dilemma. Tun Sie doch nicht so, alsob das in Ihrer Fraktion nicht der Punkt wäre. –
Sie stellen sich aber hierhin und sagen: Es gibt einen Au-tomatismus für Ihr Verhalten im Sicherheitsrat und fürdas, was in nationaler Souveränität zu entscheiden ist.
Die Frage ist in der UN-Charta ganz klar geregelt: Inder UN-Charta steht, dass man einem Beschluss des Si-cherheitsrates zustimmen und dann auf nationaler Ebeneschauen kann, wie man mit diesem Beschluss umgeht.Zehn Länder, die Sie eben ganz bewusst nicht genannthaben – darunter sind zum Beispiel drei afrikanischeLänder und ein arabisches Land –, haben zugestimmt.SuddScdroaleKhd–DRsdfeinBwzKedwdtiWbd
Herr Kollege Mützenich, darf ich in aller Bescheiden-
eit fragen, ob Sie bereit sind, uns endlich auch einmal
ie Position der SPD darzulegen?
Wissen Sie, genau das ist doch der Punkt.
Nein, nein. Darf ich denn nicht einmal aussprechen? –er Herr Bundesaußenminister hat in einer Hälfte seinerede nicht über Libyen gesprochen, sondern hat sehralbungsvoll mit dem einen oder anderen Satz über an-ere Länder gesprochen, etwa über Bahrain und die El-nbeinküste. Er hat dann gesagt: Man kann nicht überalltervenieren. Aber er hat nicht beantwortet, warum dieundesregierung nach ihrer Abwägung nicht möglicher-eise die Konsequenz ziehen wollte,
u einer Mehrheit im Sicherheitsrat dazuzugehören. Herrollege Spatz, ich muss Ihnen sagen: Ich weiß, dass Sieine ganz andere Position vertreten, dass auch innerhalber Bundesregierung eine ganz andere Position vertretenird. Unser Problem, das Problem Deutschlands, istoch jetzt, dass es keine gemeinsame europäische Posi-on mehr gibt.
ir haben es nicht geschafft, alle europäischen Staateneisammenzuhalten. Das ist doch genau der Punkt, aufen Ihr Außenminister heute nicht eingegangen ist.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. März 2011 11141
Dr. Rolf Mützenich
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Herr Bundesaußenminister, ich glaube, dass sich dieFrage der nationalen Souveränität nicht davon ableitet,wie man sich möglicherweise bei verschiedenen Fragenim Sicherheitsrat entscheidet.
Die nationale Souveränität leitet sich daraus ab, wie manbegründet, dass man jetzt aus einem europäischen Ge-leitzug ausgeschert ist.
Diese Frage müssen Sie sich in einer Gemeinsamen Au-ßen- und Sicherheitspolitik stellen.
Herr Bundesaußenminister, der andere Punkt ist – auchdiese Frage müssen Sie erlauben –: Was denken die Län-der in der Vollversammlung der Vereinten Nationen, dieSie in eine verantwortungsvolle Position im Sicherheits-rat gewählt haben, über Ihre gestrige Entscheidung im Si-cherheitsrat? Was denken denn die Menschen – Sie habennoch am Mittwoch davon gesprochen, wie beeindrucktSie gewesen sind –, die Deutschland auf dem Tahrir-Platzzugejubelt haben, weil unser Land die Befreiungsbewe-gung in der arabischen Welt unterstützt?
Ich glaube, dass die Menschen vom Tahrir-Platz jetzt,nach der Entscheidung der Bundesregierung, einen ganzanderen Blick auf Deutschland haben; denn Sie habendie europäische Position verlassen und trauen sich nicht,gegen jemanden vorzugehen, der ein Mörder ist, der dieMenschen bombardiert, der die Menschen einfach er-schießt, weil sie auf der Seite anderer sind.
Herr Kollege, gestatten Sie eine weitere Zwischen-
frage?
Ja, gleich, wenn ich den Gedanken noch zu Ende füh-
ren darf. – Sie müssen sich doch fragen: Welche Ent-
scheidung im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hätte
möglicherweise eine Verhaltensänderung Gaddafis be-
wirkt, und zwar nicht die Verhaltensänderung von ges-
tern?
Es ist doch ganz klar: Der Beschluss im Sicherheitsrat
der Vereinten Nationen hat deutlich gemacht, dass
Gaddafi erst danach zu Gesprächen über eine Waffen-
ruhe bereit gewesen ist. Auch das müssen Sie sich doch
fragen, wenn Sie hier sagen: Wir stehen in einem Di-
lemma. Natürlich, das spreche ich Ihnen doch gar nicht
ab. Aber der entscheidende Punkt ist: Welche Schluss-
folgerungen ziehen Sie daraus? Die Verhaltensänderung
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ein, natürlich nicht. Das wollen wir doch auch nicht.
ber das besagt auch nicht der Beschluss des Sicher-
eitsrats der Vereinten Nationen. Er will vielmehr eine
lugverbotszone.
Sie waren ja am Mittwoch nicht bei den Beratungen
es Auswärtigen Ausschusses dabei. In den Beratungen
es Auswärtigen Ausschusses am Mittwoch hat uns
taatssekretär Born erklärt,
ie Überwachung der Flugverbotszone
it Anteilen der Bundeswehr an den Einsätzen der
WACS erfolge zurzeit auf der Grundlage des Mandats
on Active Endeavour. Sie haben sich nicht hier hinge-
tellt und gesagt, Sie ziehen diese Bundeswehrsoldaten
us der AWACS-Überwachung zurück. Das hätte ich
on einer Regierungserklärung hier erwartet. Sie tun so,
ls seien alle Fragen beantwortet gewesen. Das ist eben
icht der Fall.
Herr Kollege, gestatten Sie jetzt die Zwischenfrage?
Deswegen glaube ich: Ihr Dilemma, das Sie selbst zu
erantworten haben, ist, dass Sie sich wegen der innen-
olitischen Brille ohne Not in diese Situation gebracht
aben. – Bitte.
Bitte schön, Herr Kollege.
Herr Kollege Dr. Mützenich, wären Sie so freundlich,
enn Sie schon dem Kollegen Spatz die Frage nicht be-
ntwortet haben, die er gestellt hat, mir erstens die Frage
u beantworten, wie die Haltung der SPD-Fraktion in
er Sache ist, und mir zweitens zu sagen, ob Sie der An-
icht sind, dass Sie sich in der Haltung, zu was auch im-
er Sie hier vorgetragen haben, einig fühlen mit dem
on uns sehr geschätzten Kollegen Steinmeier?
Ich habe Ihnen eben Folgendes gesagt: Wenn Sie fürre Fraktion sagen können, das sei für Sie alles klar,
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11142 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. März 2011
Dr. Rolf Mützenich
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wenn Sie das so für sich behaupten können, ist das klar.Ich kann für meine Fraktion nicht behaupten, dass dasklar ist. Das habe ich eben gesagt. Ich habe vorhin andieser Stelle, glaube ich, eine sehr ehrliche Erklärung ab-gegeben.
Ich bin der Meinung, dass Sie sich von innenpolitischenMotiven haben leiten lassen,
so wie der Bundesaußenminister das am Mittwoch undheute noch in der Frage gesagt hat.Ich möchte Sie auf einen weiteren Widerspruch auf-merksam machen, wenn ich das darf, Herr Bundes-außenminister. Sie sagen immer, Sie vermissten eineBeteiligung aus der Region. Sie vermissten eine Beteili-gung vonseiten der afrikanischen Länder, vonseiten derarabischen Länder. Herr Bundesaußenminister, Sie ha-ben jetzt diese Unterstützung.
Drei afrikanische Länder haben gestern Nacht im Sicher-heitsrat der Vereinten Nationen für ein Mandat ge-stimmt. Der Libanon hat im Sicherheitsrat für ein Man-dat gestimmt. Deswegen müssen Sie hier schon dieFrage beantworten, warum Sie, nachdem die Forderun-gen, die Sie gestellt haben, jetzt eingelöst worden sind,nicht bereit sind, in der Konsequenz zu sagen: Jetzt istdieses Mandat gegeben, und jetzt kann sich die Bundes-republik Deutschland, kann sich die Bundesregierungentsprechend verhalten.Herr Bundesaußenminister, Sie haben eben noch ein-mal an Bahrein und andere Länder erinnert. Ja, das istrichtig. Aber der entscheidende Punkt wird sein, ob Sieletztlich nicht umhinkönnen, in einer Situation inLibyen, vor der wir stehen,
in der offensichtlich ein Machthaber Gaddafi mit mörde-rischer Konsequenz gegen seine eigene Bevölkerungvorgeht, das Instrument, das Ihnen der Sicherheitsrat derVereinten Nationen gestern zur Verfügung gestellt hat,nicht doch zu nutzen, um diesen Mörder zu stoppen.
Ich glaube, das wäre die richtige Konsequenz gewesen.Den Mut, den Sie gestern nicht aufgebracht haben, hätteich mir von Ihnen gewünscht.
Herr Kollege, es gibt noch eine Zwischenfrage.
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–
Ich glaube, niemand macht sich die Entscheidungicht. Das haben Sie für die SPD-Fraktion betont. Esilft nichts, sich gegenseitig die Vergangenheit vorzuhal-n. Diesbezüglich könnte ich auf Ihre Rede jetzt so eini-es erwidern und zeigen, dass man außenpolitische Fra-en innenpolitisch instrumentalisiert hat. Dazu würdeir einiges einfallen.
ber das möchte ich nicht tun. Ich möchte zu dem spre-hen, für das wir heute hier zusammengekommen sind.Ich weiß nicht, wer von Ihnen gestern um Mitter-acht, als die Resolution des Sicherheitsrats beschlossenorden ist, Bilder aus Bengasi gesehen hat. Die Leuteind auf die Straße geströmt, befreit von der Angst, dieie natürlich hatten, weil Gaddafi ihnen nicht nur rheto-sch das Ende angekündigt hat, sondern auch sein Tunis dahin erwarten ließ, dass es in Bengasi ein Blutbadeben könnte. Die Erleichterung über die Entscheidungtand den Menschen ins Gesicht geschrieben.Die Frage ist jetzt: Wie geht es weiter? Es hat sich et-as verändert in der Rhetorik des Gaddafi-Regimes. Aufinmal ist die Rede von Verhandlungen, von Waffenstill-tand und von Ähnlichem. Aber die Taten sprechen nachie vor eine andere Sprache. Die Agenturen meldeteneute Morgen, dass die Stadt Misurata eingekesselt istnd mit Raketen beschossen wird, dass Gaddafi alsoeitermacht.Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat gesternie Staatengemeinschaft ermächtigt, einzeln oder ge-einsam zu handeln, nämlich bei Sanktionen, bei einemlugverbot und vor allen Dingen beim Schutz der Zivi-sten. Das war für uns immer die erste Voraussetzung,ie erfüllt sein muss, ehe wir überhaupt darüber reden,ie Deutschland sich verhält und ob es sich gegebenen-lls beteiligt. Diese Voraussetzung ist durch den Sicher-eitsratsbeschluss gestern Abend erfüllt.Für Deutschland ist aber auch ein weiterer Punkt ent-cheidend, den ich immer wieder vorgetragen habe.enn man in Libyen eingreift, bei den Konflikten imudan, in der Republik Elfenbeinküste und bei vielennderen Konflikten dieser Welt aber nicht, ist zu fragenund diese Frage ist berechtigt –: Worin liegt für euch
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. März 2011 11143
Ruprecht Polenz
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Europäer und euch Deutsche der Unterschied? Die Ant-wort darf nicht lauten: Es ist das Öl.
Um diese Schlussfolgerung zu vermeiden, war es ent-scheidend und notwendig, dass sich Länder aus der Re-gion sichtbar beteiligen. „Sichtbar“ heißt, dass sie nicht,was wir in der Region gelegentlich erleben, der Weltöf-fentlichkeit auf Englisch das eine erklären, der eigenenBevölkerung aber auf Arabisch etwas anderes sagen.„Sichtbar“ heißt, dass sie eine solche Operation tatsäch-lich mit stützen. Jetzt heißt es, dass Katar und die Verei-nigten Arabischen Emirate bereit wären, das zu machen.Die Frage ist: Wie soll sich Deutschland verhalten?
– Bitte schön.
Bitte schön, Kollege Oppermann.
Vielen Dank. Das kam postwendend. – Herr Polenz,
Sie wollen sich jetzt der Frage zuwenden, wie sich
Deutschland verhält. Vorher will ich Sie aber fragen
– diese Fragen haben Sie noch nicht beantwortet –, ob
der UN-Sicherheitsratsbeschluss aus Sicht der CDU/
CSU-Fraktion richtig oder falsch war.
Es war richtig, dass Deutschland sich enthalten hat.Auch der Beschluss als solcher war richtig. Sonst hättenwir ja dagegengestimmt.
– Moment. Wenn er falsch gewesen wäre, hätten wir da-gegenstimmen müssen. Wir haben uns enthalten. DerBeschluss war richtig. Es war aber auch richtig, dass sichDeutschland gestern Abend enthalten hat. Das will ichgleich noch ausführen und begründen.
Um die Frage beantworten zu können, warum mansich in Libyen engagiert, an der Elfenbeinküste abernicht, müssen wir zunächst einmal unsere Interessen inden Blick nehmen.
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11144 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. März 2011
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hen. Insofern ist es klug, dass die Regierung die ver-schiedenen Möglichkeiten weiter überdenkt.Auf der anderen Seite, Herr Außenminister: Wir ha-ben im Sicherheitsrat und auch in der EuropäischenUnion der Aussage zugestimmt: Gaddafi muss weg,seine Zeit ist abgelaufen. Wir haben im Sicherheitsrat ei-ner Resolution zugestimmt, dass Gaddafi vor den Inter-nationalen Strafgerichtshof soll. Wir haben uns bereit er-klärt, Sanktionen mitzutragen. Da klafft eine operativeLücke. Denn Sanktionen wirken mittel- bis längerfristig;sie wirken in der Regel nicht sofort. Mir sind jedenfallskeine Sanktionen bekannt, die sofort eine derart weit-gehende Verhaltensänderung bewirkt hätten, sodassGaddafi festgesetzt wird.
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
Kollegen Rainer Arnold?
Ja.
Sie sprachen davon, wie wir uns als Parlamentarier
verhalten. Deshalb meine Frage: Trifft die Meldung zu,
dass die Bundesregierung in Ihrer Fraktionssitzung er-
klärt hat, sie erwäge einen Einsatz von AWACS in
Afghanistan, um so die NATO für einen Einsatz in Li-
byen zu entlasten? Wie bewerten Sie die Auswirkungen
auf die Bündnisse, wenn die Deutschen ihr Personal von
den jetzt schon vor Libyen fliegenden AWACS unver-
züglich abziehen?
Das wird eine der Fragen sein, die jetzt in der NATO
besprochen werden müssen.
Denn es ist ja klar: Im Augenblick fliegen AWACS im
Mittelmeerraum, allerdings mit einem Mandat zur Auf-
klärung. Wenn man das ändern wollte und die AWACS
als Feuerleitzentrale für eventuelle Luftschläge einsetzen
wollte, müsste der Bundestag neu damit befasst werden.
Wir müssten dafür ein Mandat erteilen.
Das würde der Bundestag auf Antrag der Bundesregie-
rung zu beschließen haben, wenn die Bundesregierung
einen entsprechenden Antrag vorlegen will. Gleichzeitig
hatten wir – wir erinnern uns beide – eine Diskussion
über AWACS in Afghanistan geführt; Sie kennen die
Vorgeschichte. Die AWACS-Flugzeuge werden weiter
dort gebraucht. Die NATO muss entscheiden, wo der
deutsche Einsatz gebraucht wird. Ich finde es richtig,
dass der Verteidigungsminister das in der NATO klären
wird. Darüber ist in der Fraktion gesprochen worden. Im
Übrigen wollte ich Ihnen eigentlich keine weitergehen-
den Auskünfte über unsere Fraktionssitzung geben.
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Ja.
Herr Kollege Polenz, wie verstehen Sie eine Regie-
ngserklärung des Außenministers, mit der das Parla-
ent und die Öffentlichkeit über eine solch wichtige
rage informiert werden sollen, nachdem offensichtlich
ur Ihnen in der Fraktionssitzung die Information gege-
en worden ist, wie mit dem Einsatz von AWACS-Flug-
eugen umgegangen werden soll
nd ob es möglicherweise ein weiteres Mandat des Deut-
chen Bundestags geben wird?
Wir haben nicht konkret über Mandatierungen ge-prochen, und außerdem geht es um die weitere Diskus-ion im Bündnis. Ich habe versucht, klarzumachen, dassie NATO gerade im Planungsprozess ist. Deutschlandat zugestimmt, dass die NATO Planungen für humani-re Hilfe einschließlich dafür notwendiger militärischeraßnahmen unternimmt. Die Bundesregierung hat einelanung Richtung Flugverbotszone passieren lassen.as ist der Stand in der NATO.Die NATO-Beratungen gehen jetzt weiter. Sie fragenich eigentlich, was bei den NATO-Beratungen heraus-ommt. – Es ist im Moment noch gar nicht klar, ob dieATO sich überhaupt an einer Operation auf der Grund-ge der Sicherheitsratsresolution beteiligt. Jedenfalls istir nicht bekannt, dass diese Entscheidung schon gefal-n wäre. Es kann sehr gut sein, dass es beispielweiseur eine sogenannte Coalition of the Willing gibt. Insbe-ondere Frankreich, aber auch Großbritannien und dieSA haben gesagt, dass sie gegebenenfalls dabei wären.s ist noch gar nicht ausgemacht, dass es eine NATO-ission wird.
uch das spricht dafür, dass wir uns heute im Plenumicht in einer Weise festlegen, dass wir den weiterenntwicklungen nicht Rechnung tragen können.Wir haben – das ist, glaube ich, in allen Fraktioneneutlich geworden – schwierige Abwägungsentschei-ungen zu treffen, die mehrere verschiedene Ebenen be-hren. Die Ebene des gemeinsamen Handelns in deruropäischen Union ist wichtig. Die Ebene im NATO-ündnis ist wichtig. Aber es ist auch eine wichtige Ent-
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Ruprecht Polenz
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scheidung – dazu sind wir insbesondere als Bundestagverpflichtet –, Risiken und Erfolgsaussichten abzuwägensowie die Schlüssigkeit dessen, was auf dem Tisch liegt,zu prüfen.Herr Mützenich, bisher hat der Sicherheitsrat gesagt:keine Bodentruppen. – Diese Resolution hat den Sicher-heitsrat passiert. Sie ist bei Enthaltung von Russland undChina angenommen worden. Wenn das eine Hängepartiewie damals auf dem Balkan wird – obwohl es da keinenSicherheitsratsbeschluss gab – und sich die Frage stellt,ob nicht doch Bodentruppen gebraucht werden, dannwürde es eines neuen Sicherheitsratsbeschlusses bedür-fen. Dabei muss man nach dem bisherigen Verlauf derDiskussion große Zweifel daran haben, dass dieser ohneVeto von Russland oder China oder von beiden durchge-hen würde. Dann würde die Operation auf halber Streckefeststecken. Das müssen Sie auch bedenken.All diese Gesichtspunkte können wir heute im Ple-num als Fragen formulieren, ohne dass wir Antwortendarauf haben.
– Ja, das ist so. Das muss in den Gremien des Bündnis-ses vom Militär beurteilt werden. Dann stellt sich dieFrage, ob und wie Deutschland sich beteiligt.Ich finde die Zurückhaltung richtig. Bündnis heißtnicht, dass Deutschland bei allem, was die NATO macht,prinzipiell dabei sein muss. Sonst brauchten wir den Par-lamentsvorhalt nicht mehr und könnten sagen: Das allesentscheidet die NATO in Brüssel, und wir sind dabei.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin der Bundes-regierung dankbar, dass sie das Parlament heute unmit-telbar nach der Entscheidung des Sicherheitsrats in Formeiner Regierungserklärung informiert hat. Es ist sicher-lich nicht das letzte Mal, dass wir über dieses Thema dis-kutieren.Ich hoffe, dass es auf der Basis des gestern Beschlos-senen gelingt, die Hoffnungen, die die Menschen in Ben-gasi jetzt in die internationale Staatengemeinschaft unddas Verhalten von Gaddafi setzen, nicht zu enttäuschen.
Das Wort zu einer Kurzintervention erteile ich Kolle-
gin Heidemarie Wieczorek-Zeul.
Meine Kurzintervention wird sehr kurz sein. – Liebe
Kolleginnen und Kollegen, es gibt das international, von
der Generalversammlung der Vereinten Nationen akzep-
tierte Prinzip, das auf den Erfahrungen in Ruanda und
dem dortigen Völkermord basiert: das Prinzip der
Schutzverantwortung, Responsibility to Protect. Ich
finde es eine Schande, dass sich die Bundesregierung als
Mitglied des UN-Sicherheitsrates in dieser Situation ent-
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Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sollten uns in
iesem Hause nicht wechselseitig Kriegstreiberei vor-
erfen. Das ist eine Stillosigkeit, die hier eine Grenz-
berschreitung ist.
Das Wort hat nun Kollege Jan van Aken für die Frak-
on Die Linke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In diesenagen scheint die Welt manchmal aus den Fugen zu ge-ten. Bei all den Katastrophenmeldungen weiß ichanchmal gar nicht mehr, welche mich am meisten er-chüttert. Gestern Nacht hat der UN-Sicherheitsrat einenriegseinsatz in Libyen beschlossen. Da geht es nichtur um eine Flugverbotszone, sondern es wurde auch ge-ehmigt, dass Gaddafis Truppen flächendeckend bom-ardiert werden. Herr Polenz, es wurde auch genehmigt,ass – zumindest zeitlich begrenzt – ausländische Bo-entruppen auf libyschem Gebiet eingesetzt werden dür-n. Das Einzige, was ausgeschlossen wurde, sind Besat-ungskräfte. Für einige Tage, für einige Wochen könnenber auch große Kontingente ausländischer Truppen inibyen Krieg führen. Wir finden diesen Kriegseinsatzlsch.
Dieser Kriegseinsatz ist falsch; denn er wird nochehr Blutvergießen fordern und noch mehr Leid understörung über Libyen bringen. Deswegen muss ich Ih-en, Herr Westerwelle, sagen: Ich finde es gut, dass sicheutschland gestern enthalten hat.
ir hätten Nein gesagt; aber eine Enthaltung ist ein ech-r Fortschritt, vor allem gegenüber der rot-grünen Re-ierung,
ie im Jahr 2001 aus Solidarität mit den Amerikanernnd den Engländern blind in den Afghanistan-Krieg ge-angen ist. In diesem Krieg hängen Sie immer noch. Sieaben immer noch nicht aus Ihren Fehlern gelernt.Herr Mützenich, wenn ich Sie hier heute höre, mussh sagen: Sie von der SPD sind im Moment die größtenriegstreiber im Bundestag.
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11146 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. März 2011
Jan van Aken
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Herr Kollege, ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf.
Ich habe gerade dazu gemahnt, dass wir uns wechselsei-
tig nicht solche Vorwürfe machen.
Ich nehme diesen Ordnungsruf mit Stolz an.
Ich muss sagen: Herr Mützenich, wie Sie hier mit ro-tem Kopf stehen und für einen Kriegseinsatz in Libyenplädieren, das ist, als ob Franz Josef Strauß wieder aufer-standen wäre. So stellen Sie sich hier gerade dar.
Herr Westerwelle, wie gesagt, ich finde Ihre Entschei-dung sehr klug und sehr konsequent. Ich hoffe, dass Siejetzt konsequent bleiben. Wenn Sie sich hier hinstellenund sagen: „Keine deutsche Beteiligung“, dann hoffeich, dass Sie das konsequent bis zum Ende durchdenken.Das heißt auch: keine deutschen Bundeswehrsoldaten inAWACS-Flugzeugen, die jetzt schon dort herumfliegen.
Das heißt auch, dass Ramstein und andere US-Basen inDeutschland für den Kriegseinsatz in Libyen nicht ge-nutzt werden. Das heißt auch, dass Sie im NATO-Rat da-gegenstimmen.
Damit können Sie sogar noch etwas aufhalten; denn imNATO-Rat wird einstimmig beschlossen.Natürlich ist es völlig richtig, das mörderische Trei-ben von Gaddafi zu stoppen; da sind wir uns hier alle ei-nig. Es gibt Punkte in der Resolution, die dazu absolutgeeignet sind. Herr Westerwelle hat dies vorhin ausge-führt. Gaddafi kämpft im Moment ausschließlich mitseinem Geld. Er kauft für sein Geld Söldner. Er hat voreinigen Wochen in Tripolis Geld verteilt, um sich Unter-stützung zu sichern. Wenn wir ihm den Geldhahn abdre-hen, wenn weltweit kein Mensch mehr Öl aus Libyenkauft, kann er irgendwann keine Söldner mehr bezahlen.
Ein weiteres Thema – darüber hat hier noch niemandgeredet – sind die deutschen Waffen und die Waffenex-porte nach Libyen.InDDhssdHliSliInvjeisWwanüfügABfegnsssgfüfehdggwWwWBhBd
ls es im Januar dieses Jahres um Tunesien ging, hat dieundesregierung irgendwann entschieden, keine Waf-n mehr an Tunesien zu liefern. Wir haben Sie damalsefragt: Warum gilt das nicht auch für Ägypten, warumicht auch für Saudi-Arabien? Aber Sie haben Ihre Ent-cheidung auf Tunesien beschränkt. Ein paar Wochenpäter haben Sie die Waffenexporte nach Ägypten be-chränkt. Da haben wir gesagt: Richtig so! Aber warumilt das nicht auch für Saudi-Arabien, warum nicht auchr Libyen? Ein paar Wochen später haben Sie die Waf-nlieferungen nach Libyen gestoppt. Ich sage Ihneneute ein für alle Mal: Stoppen Sie alle Waffenexporte inen Nahen und Mittleren Osten, an alle Diktatoren dort!
Ich stelle fest, dass es in der Region einige Länderibt, die schon zugesichert haben, sich an der Operationegen Libyen zu beteiligen, so zum Beispiel Katar. Katarurde von Deutschland im letzten Jahr mit Waffen imert von 1,3 Millionen Euro ausgestattet, mit Sturmge-ehren und anderem Material. Es sind also deutscheaffen, die jetzt eingesetzt werden.Herr Westerwelle, noch ein letztes Wort. Sie habenahrain erwähnt. Ich fand es sehr gut, dass Sie gesagtaben: Wir stehen auf der Seite der Bevölkerung vonahrain, die sich jetzt gegen den dortigen Diktator wen-et. – Wenn das so ist, müssen Sie aber auch etwas dazu
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. März 2011 11147
Jan van Aken
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sagen, dass Saudi-Arabien gerade in Bahrain einmar-schiert. Saudi-Arabien wird von Deutschland seit Jahrenmit Waffen im Millionenwert ausgestattet.
Deutschland liefert sogar eine Waffenfabrik und eineMunitionsfabrik nach Saudi-Arabien. Das müssen Sieendlich beenden! Wenn Sie die Bevölkerung vonBahrain unterstützen wollen, stoppen Sie sofort alleWaffenlieferungen!Ich bedanke mich bei Ihnen.
Das Wort hat nun Rainer Stinner für die FDP-Frak-
tion.
Vielen Dank für den Beifall. – Herr Präsident! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich mir den bisherigen
Verlauf dieser Debatte vor Augen führe, dann stellt sich
mir die Frage, ob dieses Parlament bzw. einige Redner
angemessen auf die schwierige Situation reagieren.
Ich beantworte diese Frage mit Nein. Ich möchte deshalb
zu Beginn meiner Rede sehr deutlich auf den Fakt einge-
hen, um den es geht.
Die Bundesregierung hat, wie ich finde, sehr stringent
argumentiert, nämlich in folgender Reihenfolge: Zuerst
wurde die Festlegung getroffen, dass sich Deutschland
aus Gründen, die der Außenminister ausführlich darge-
legt hat, nicht an den kriegerischen Auseinandersetzun-
gen in Libyen beteiligen wird; das war der erste Punkt.
Darauf folgte konsequenterweise die Entscheidung, sich
bei der entsprechenden Abstimmung im UN-Sicherheits-
rat zu enthalten. Das ist eine konsequente und stringente
Argumentation. Man kann sie angreifen und anderer
Meinung sein. Aber auf jeden Fall ist diese Argumenta-
tion konsequent und stringent vorgetragen worden.
Selbstverständlich – das müssen wir den Bürgern im
Lande sagen; wir alle bekommen doch ähnliche E-Mails,
in denen danach gefragt wird – geht es nicht nur um eine
Flugverbotszone, um eine überschaubare, kurzfristige
militärische Aktion. Nein, wenn Sie sich das Mandat ge-
nau durchlesen – schauen Sie sich bitte vor allen Dingen
Art. 4 an –, dann stellen Sie fest, dass es sich um das
volle Spektrum einer militärischen Operation, um einen
vollen militärischen Einsatz handelt, der nicht auf eine
Flugverbotszone beschränkt ist. Die Bundesregierung
hat sich völlig zu Recht, konsequenterweise und strin-
gent argumentierend gegen eine deutsche Beteiligung
ausgesprochen.
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err Mützenich, ich stelle hier fest, dass Sie sich, ob-
ohl Sie aufgrund zweier Zwischenfragen aus meiner
raktion viel Redezeit hatten, nicht in der Lage gesehen
aben, hier eine eindeutige Position Ihrer Partei zu defi-
ieren.
h stelle hier fest: Das zeigt, dass diese SPD, die über
ahre hinweg Außenminister gestellt und somit deutsche
ußenpolitik vertreten hat,
egenwärtig außenpolitisch nicht handlungsfähig ist.
Herr Mützenich, wenn Sie sich – ich muss es Ihnen so
eutlich sagen – aufgrund Ihrer Unfähigkeit, Position zu
eziehen, entblöden, uns jetzt noch vorzuwerfen, wir
ürden innenpolitische Argumente einbeziehen,
ann kann ich nur sagen: Ich finde es peinlich, dass ge-
de die Goslar-Partei in diesem Hause eine solche Ar-
umentation verfolgt.
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Hans-Peter Bartels?
Ja, Herr Bartels, immer gerne.
Herr Kollege Stinner, da Sie über eine klare Positionerfügen: Werden Sie es als richtig oder falsch beurtei-n, wenn es nach dieser Resolution zu Luftschlägen an-erer gegen Einrichtungen in Libyen kommt?
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11148 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. März 2011
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Vielen Dank, Herr Bartels. – Wir haben – der Außen-
minister hat es gesagt – den UN-Sicherheitsratsbeschluss
nicht abgelehnt. Vielmehr haben wir konsequent und
stringent gesagt – –
– Moment! – Da wir uns aus den Gründen, die hier dar-
gelegt worden sind, militärisch nicht beteiligen wollen,
haben wir konsequenterweise abgelehnt. Dennoch ste-
hen wir dazu, dass es eine völkerrechtliche Ermächti-
gung ist. Deshalb sind alle Maßnahmen, die im Rahmen
dieser völkerrechtlichen Ermächtigung ergriffen werden,
legitim und vom Völkerrecht der Vereinten Nationen ge-
deckt.
Vielen Dank.
Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Kolle-
gen Oppermann?
Bitte schön, Herr Oppermann.
Einen Punkt haben Sie eben offengelassen. Wir haben
vorhin festgestellt, dass die Union sagt: Der Beschluss
des UN-Sicherheitsrates war richtig. Es war richtig, dass
andere ihn gefasst haben. Sie haben die Frage allerdings
nicht beantwortet: Finden Sie es richtig oder falsch,
wenn dieser Beschluss durch Intervention, durch Durch-
setzung des Flugverbots mit militärischen Mitteln umge-
setzt wird?
Ich sage es Ihnen gerne noch einmal, Herr
Oppermann. Da dies ein völkerrechtlich verbindlicher
Beschluss der Vereinten Nationen ist, sind natürlich auch
die daraus folgenden Konsequenzen völkerrechtlich le-
gitimiert, und wir werden sie mittragen.
Gestatten Sie eine Nachfrage?
Ja.
Sie haben meine Frage nicht beantwortet.
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inden Sie das politisch richtig, oder finden Sie das poli-
sch falsch?
Herr Kollege Oppermann, Ihrer Fraktion gebricht esffensichtlich nicht nur an der Fähigkeit, sich eine ei-ene Meinung zu bilden, sondern auch an der Fähigkeit,uzuhören.
h habe sehr deutlich gesagt: Da dies völkerrechtlich le-itimiert ist und wir dies anerkennen, werden wir auchie Konsequenzen, die sich daraus ergeben – das heißt,enn andere Staaten die völkerrechtliche Ermächtigungutzen –, politisch mittragen.
Habe ich Ihre Frage jetzt endgültig beantwortet? Ichehme weitere Zwischenfragen der SPD sehr gerne ent-egen, um herauszubekommen, was Sie eigentlich wol-n.
ie können versuchen, zu camouflieren. Aber aus dercke, Herr Mützenich, dass diese SPD außenpolitischicht handlungsfähig ist, kommen Sie heute nicht mehreraus.
Meine Damen und Herren, bedauerlicherweise müs-en wir uns aber nicht nur mit der SPD befassen, sondernns auch fragen, wie es weitergehen kann. Auf Ihreehrfach gestellte Frage habe ich geantwortet. Die Re-ierung hat stringent argumentiert.Ich sage Ihnen aber auch völlig klar – das ist Konsens meiner Fraktion und, ich glaube, auch in der anderen
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. März 2011 11149
Dr. Rainer Stinner
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Regierungsfraktion; im Gegensatz zur SPD, die offen-sichtlich keine Möglichkeit hatte, sich abzustimmen, undinteressanterweise von vornherein keine Sitzung anbe-raumt hat, hatten wir eine Fraktionssitzung dazu; andem, was Sie heute hier vorgetragen haben, sieht mandas Ergebnis –, dass wir an dem politischen Ziel – dashat der Außenminister noch einmal eindeutig klarge-stellt; es geht um eine politische Argumentation –, denDiktator Gaddafi zu entmachten, unverändert und unver-mindert festhalten und dass Deutschland, vertreten durchdie Bundesregierung, unterhalb der unmittelbaren Betei-ligung an einer militärischen Aktion natürlich seinenBeitrag leisten wird.
Offen gesagt, stehe ich nicht mit einem fertigen Planhier; den habe ich nicht. Das kann auch keiner erwarten.Ich sage Ihnen aber zu, dass wir dafür sorgen und einenBeitrag dazu leisten werden, dass die Bundesregierungalle Möglichkeiten ventiliert. Das fängt bei der Verstär-kung der Sanktionen an. Ich persönlich gehe so weit undsage: Wir müssen überlegen, ob die Sanktionen noch einganzes Stück verstärkt werden müssen, um den Diktatorwirklich zu treffen. Bei diesen Überlegungen dürfen wirauch das Thema Öl nicht aussparen. Ich sage auch, dasswir alle Möglichkeiten nutzen wollen und sollen, umzum Beispiel an den Grenzen humanitäre Hilfe fürFlüchtlinge zu leisten. Ich sage, an dieses Haus gewen-det, auch, dass wir in dieser Ausnahmesituation natürlichüberlegen müssen, ob wir für einen begrenzten Zeitraumnicht auch libyschen Flüchtlingen, die täglich vor demErschießen fliehen, die Möglichkeit geben sollten, dasMittelmeer zu überschreiten.
All das sind Überlegungen, die wir anstellen müssen;denn wir haben keine normale Situation.
Lassen Sie mich zum Abschluss noch ganz kurz aufdie bündnispolitische Komponente dieses Problems ein-gehen. Jawohl, es wäre uns lieber gewesen, wir hättenmit unseren europäischen Partnern eine gemeinsame Li-nie gefunden. Das ist nicht der Fall. Das bedauern wir,aber es ist halt so. Dennoch werden wir unsere Partner inEuropa, in der NATO und in der Welt dort unterstützen,wo wir können, um ihnen zu ermöglichen, ihre schwie-rige Aufgabe wahrzunehmen. Das ist das Commitment,das wir eingehen wollen und sollen. Ich bedanke michbei der Bundesregierung, dass sie dieses hier und heutesehr klargestellt hat, dass sie eine klare inhaltliche Posi-tion hat und eine folgerichtige Konsequenz daraus gezo-gen hat. Wir werden sie dabei weiter von Herzen unter-stützen.Vielen Dank.
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Außer einigen stehen wir alle hier schweren Herzens. –
as will ich niemandem absprechen.
Ich will auf den Ausgangspunkt, der uns alle bewegt,
ämlich den VN-Beschluss von Ende 2005 – Responsi-
ility to Protect –, zu sprechen kommen. Grundsätzlich
teht dem Eingreifen in andere Länder immer die Souve-
nität eines Staates entgegen. Allerdings sagen die UN
uch: Die Souveränität eines Staates verpflichtet. Die
taats- und Regierungschefs müssen sich um die Rechte,
ie Freiheit und die körperliche Unversehrtheit der Men-
chen in ihren Ländern kümmern und sie beschützen.
as ist der Ausgangspunkt.
ir haben bemerkt, dass die Beschlüsse zu den Men-
chenrechten nicht reichen, sondern man muss den
taatschefs – und auch sich selber – Fragen stellen und
ie Verantwortung in konkreten Schritten wahrnehmen.
eshalb gehört zu Responsibility to Protect, also der
erantwortung, zu beschützen, eben auch, dass die Staa-
ngemeinschaft verpflichtet ist. Wo ein Staat die
chutzverantwortung gegenüber seiner Bevölkerung
icht ausüben kann oder, wie in diesem Fall, nicht aus-
ben will, ist die internationale Gemeinschaft in der Mit-
erantwortung und muss agieren.
aller Ruhe und Klarheit: Das ist unser Ausgangs-
unkt.
Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Liebich von der Fraktion Die Linke?
Nein.
Vor diesem Hintergrund kann ich für die grüne Frak-on den UN-Beschluss grundsätzlich begrüßen. Es istötig. Wenn Gaddafi – das ist das Dilemma, vor dem wirlle gestanden haben – sein eigenes Volk beschießt, statts zu beschützen, und sogar Kampfjets und Hubschrau-er losschickt, dann stehen wir in der Verantwortung, zu-al nicht nur aus der Arabischen Liga und der Afrikani-chen Union, aus Nigeria, Südafrika und großen Teilen
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11150 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. März 2011
Renate Künast
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der Bevölkerung ein Hilferuf gekommen ist. Wir sind andieser Stelle in der Verantwortung, Menschenrechte zuverteidigen, und zwar nicht nur mit Worten, sondernauch mit UN-Beschlüssen und weiteren Maßnahmen.
Es ist nämlich das Recht eines jeden Menschen, in Frei-heit und körperlicher Unversehrtheit zu leben und auchfür Freiheit und körperliche Unversehrtheit zu kämpfen.
– Gregor Gysi hat hier schon oft gestanden, die linkeFaust in den Himmel gestreckt und die Selbstverteidi-gung der Völker beschworen, wo auch immer auf derWelt Menschen allein waren.
– Seien Sie mal ganz leise! Sonst reden wir über Kubaoder andere Länder. Es geht darum, Verantwortungwahrzunehmen.
Wenn ich sage: „Wir begrüßen den UN-Beschluss“,dann negiere ich definitiv nicht die vorhandenen Risi-ken. Wir haben in unserer Fraktion seit Tagen und Wo-chen und auch heute früh noch einmal sehr kritisch überdiesen Beschluss diskutiert. Bei dem Thema Flugver-botszone geht das Leiden mitten durch die grüne Frak-tion. Es gibt Leute, die dazu Ja sagen, und es gibt aberauch viele Leute, die auf die Risiken hinweisen, die dasmit sich bringt. Man muss sich fragen, welche Schrittenoch kommen. Deshalb sage ich: Weil wir alle leiden– das gilt sicherlich auch für die Bevölkerung –, ist diesnicht der richtige Ort oder Zeitpunkt für Polemik, allzuscharfe Worte oder die Suche nach den Motiven der an-deren. Wir alle müssen uns bewegen.
Wir alle wissen letzten Endes, dass auch die Flugver-botszone realisiert werden muss. Wir wissen, dass dasein extrem schwieriger Weg ist. Ich halte es für richtig,so zu diskutieren. Ich glaube, dass sich niemand erhebensollte. Ich habe vergessen, wer gerade der SPD das WortGoslar-Partei entgegengeworfen hat. Aber ich glaube, eswar jemand, dessen Chefin einmal in einer US-Zeitungfestgestellt hat: Ja, wir wollen in den Irak einmarschie-ren.
– Da waren Sie noch nicht Chefin? Aber gefühlt schon!nfewureWswüwvhWsdMlende–ugMzlegwPvCnug
ir sollten uns alle miteinander in Demut üben. Wirollten auf der Hut sein und um unsere Verantwortungissen.Ich muss aber eines anfügen. Die ganze Zeit wirdber Enthaltung bzw. Nichtenthaltung diskutiert. Icheiß, dass sich daran manches festmacht. Aber nachorne blickend sage ich: Es reicht nicht, auf die Risikeninzuweisen, Herr Außenminister. Die Frage ist jetzt:ie verhindern wir, dass von deutscher Seite der An-chein erweckt wird, es gehe uns nicht hinreichend umie Menschenrechte der Menschen dort.
it welchem Auftrag und mit welcher Maßnahme wol-n Sie vorgehen? Wo sind Ihre Anträge? Warten Sieicht ab! Verhindern Sie nicht die Planung! Wir wollen,ass Deutschland jetzt eine aktive Rolle beim Waffen-mbargo, beim Schutz der Flüchtlinge in der Regionmit der Erklärung, Flüchtlinge bei uns aufzunehmen –nd bei der Unterbindung der Finanzströme und des Öl-eschäfts einnimmt.
Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss kommen.
Jetzt wollen wir den Bundesaußenminister für die
enschenrechte kämpfen sehen. Bisher haben Sie eine
u große Passivität gezeigt, Herr Westerwelle. Wir wol-
n, dass Deutschland steht.
Das Wort zu einer Kurzintervention erteile ich Kolle-
en Stefan Liebich.
Frau Künast, Sie haben keine Frage zugelassen. Des-egen nutze ich dieses Instrument.Sie haben Bezug auf das Konzept „Responsibility torotect“ genommen. Egal wie man dazu steht – es istölkerrechtlich durchaus umstritten und hebelt die UN-harta nicht aus –: Wenn Sie Bezug auf den Beschlussehmen, der jetzt im UN-Sicherheitsrat gefasst wurde,nd sagen, das sei durch die Responsibility to Protect be-ründet, sage ich Ihnen drei Dinge:
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Stefan Liebich
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Erstens beinhaltet sie, dass man zunächst präventivwirkt, damit solche schlimmen Entwicklungen wie inLibyen nicht eintreten. Die Weltgemeinschaft hat dasGegenteil getan, indem sie Waffen geliefert und mitGaddafi bei der Flüchtlingsabwehr zusammengearbeitethat.Zum Zweiten. Die Responsibility to Protect beinhaltetauch, dass man zunächst nichtmilitärische Maßnahmenergreift. Dazu sage ich, dass die Weltgemeinschaft nachwie vor nicht in ausreichendem Umfang nichtmilitäri-sche Maßnahmen ergriffen hat, weil weiterhin Geld fürÖl fließt.Drittens. Ehe man nach der Responsibility to Protectzu Waffengewalt greift, müssen zwei weitere Bedingun-gen erfüllt sein, nämlich Völkermord und ethnische Ver-treibung; nicht aber: Menschenrechtsverletzungen.
Wenn Sie tatsächlich Menschenrechtsverletzungen alshinreichenden Grund für einen Militäreinsatz benennen,werden Sie viele Kriege führen wollen. Ich hoffe: Daswill auch Bündnis 90/Die Grünen nicht.
Frau Künast, Sie haben das Wort.
Ich weise auf die letzten Sätze meines Redebeitrags
hin, in denen ich gesagt habe, was alles im zivilen Be-
reich noch zu tun ist, Herr Liebich. Es gibt noch viel zu
tun. Dieses „noch viel zu tun“ heißt aber nicht, dass da-
mit alles andere ausgeschlossen werden muss.
Ich verweise darauf, dass die Responsibility to Protect
auch drohende Verbrechen im Blick hat. Das ist Verant-
wortung für die, die sich aktiv für Menschenrechte ein-
setzen wollen.
Das Wort hat der Kollege Dr. Götzer für die Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen.
– Entschuldigen Sie bitte, ich hatte gerade noch Frau
Künast im Blick. Natürlich spricht der Kollege
Dr. Wolfgang Götzer für die Unionsfraktion. Da ist gar
kein Missverständnis möglich.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Auf diese Ideewürde ich auch niemals kommen.eddähEwdmisgLdSInbMEsnWereaSwnBUdau–HteSbvRfüNh
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, dass wir heuterneut, und zwar zum zweiten Mal in dieser Woche, überie Situation in Libyen reden, zeigt die Dramatik, miter sich die Lage in Nordafrika, speziell in Libyen, ver-ndert.Ich möchte Folgendes noch einmal ansprechen, weileute durchaus unterschiedliche Positionen anklingen:inig sind wir uns alle darin, glaube ich: Gaddafi musseg – so schnell wie möglich und mit so wenig Leidener Zivilbevölkerung und aller Unschuldigen wieöglich. Wir müssen alles, was möglich und vertretbart, tun und dazu beitragen, dass es zu menschenwürdi-en, demokratischen und freiheitlichen Verhältnissen inibyen kommt.
Es hat bereits zahlreiche Sanktionen gegeben. So hater UN-Sicherheitsrat am 26. Februar dieses Jahresanktionen gegen die libysche Führung verhängt. Derternationale Strafgerichtshof wurde mit Ermittlungeneauftragt. Auch Deutschland war als nichtständigesitglied des UN-Sicherheitsrats maßgeblich an dieserntscheidung beteiligt.Die EU und die USA haben ebenfalls Sanktionsbe-chlüsse gefasst. Hervorzuheben ist meiner Meinungach ferner, dass auch die Arabische Liga Libyen bis aufeiteres von der Teilnahme ausgeschlossen hat.Des Weiteren hat die Generalversammlung der Ver-inten Nationen Libyens Mitgliedschaft im Menschen-chtsrat der UN suspendiert.Das Vorgehen der libyschen Regierung wurde auchuf dem EU-Sondergipfel vom 11. März erneut aufschärfste verurteilt, und weitere finanzielle Sanktionenurden verhängt. – So viel zu den bisherigen Sanktio-en.Es wird neue und schärfere Sanktionen geben. Das istestandteil der heute Nacht gefassten Resolution desN-Sicherheitsrates. Das ist gut so. Deutschland begrüßtiesen Teil der Resolution ausdrücklich.
Diese Resolution beinhaltet in einem zweiten Teilber auch die Option einer militärischen Intervention,nd zwar nicht nur die Errichtung einer Flugverbotszone darüber haben wir bereits am Mittwoch in diesemause debattiert –; sie geht darüber hinaus. Sie lässt wei-re militärische Einsätze zu, in allererster Linie zumchutz der Zivilbevölkerung; das muss man hervorhe-en.Wir haben, wie gesagt, am Mittwoch über die Flug-erbotszone diskutiert und bereits in dieser Debatte dieisiken aus unserer Sicht angesprochen, die uns dazuhren, dass wir gegen eine solche Flugverbotszone sind.un wurde mit der UN-Resolution eine noch weiter ge-ende Option beschlossen. Das heißt für uns: Wenn wir
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Dr. Wolfgang Götzer
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schon gegen die Einrichtung einer Flugverbotszone wa-ren, so können wir uns auch nicht an Maßnahmen betei-ligen, die darüber hinausgehen. Das ist logisch. Wirglauben, dass die Konsequenzen nicht absehbar sind.Wenn man eine Flugverbotszone errichten will, mussman in erster Linie die Luftstreitkräfte ausschalten. Aberes wird nach aller Erfahrung nicht vermeidbar sein, dassdann auch Bodeneinsätze erfolgen müssen. Ich habe amMittwoch auf das Risiko hingewiesen, dass die Zivilbe-völkerung in Mitleidenschaft gezogen werden könnte.Davon müssen wir einfach ausgehen. Das wollen wirvermeiden.Was ist, wenn die Flugverbotszone nicht erfolgreichist? Gibt es dann den Einsatz von Bodentruppen? Giltder Spruch: „Wer A sagt, muss auch B sagen“, mögli-cherweise auch C, was immer darunter zu verstehen ist?Wir glauben, dass mit diesem UN-Mandat der Einsatzbisher nicht zu Ende gedacht worden ist. Gleichwohl ha-ben wir Respekt vor der Entscheidung derjenigen Län-der, die für die Resolution gestimmt haben. Es gibtdurchaus interessante Reaktionen aus Libyen, sowohlsolche der Aufständischen als auch solche des herr-schenden Regimes. Plötzlich ist von einer Waffenruhebzw. von einem Waffenstillstand die Rede. Leider sindden Worten bisher noch keine Taten gefolgt.Ich betone noch einmal: Aus heutiger Sicht haben wirZweifel daran, dass die Risiken und Konsequenzen, diesich aus diesem UN-Mandat ergeben, abschätzbar sind.Kann das Ziel der Aufständischen, das wir alle, soglaube ich, im Auge haben, nämlich Gaddafi zu stürzenund zu helfen, eine demokratische Regierung zu instal-lieren, damit erreicht werden? Ist eine Ausweitung dermilitärischen Intervention vermeidbar oder nicht? Hiergilt der Grundsatz: Respice finem. Wir müssen das Endebedenken und alles tun, um zu vermeiden, dass Deutsch-land in einen lang andauernden Krieg hineingezogenwird. Allerdings sage ich auch, dass sich die Lage stän-dig ändert. Das ist uns allen bewusst, wenn wir jedenTag die Nachrichten verfolgen. Die Lage ändert sich so-gar stündlich. Deswegen sage ich genauso deutlich: Eineendgültige Antwort auf die Frage, welche Maßnahmendie richtigen und notwendigen sind, kann heute nicht ge-geben werden.Verehrter Kollege Mützenich, ich muss jetzt schon einWort zu Ihrem Beitrag sagen. Ich schätze Sie als einensehr sachlichen Kollegen, aber Ihr heutiger Ton war die-sem Thema nicht angemessen.
– Das ist kein einfaches Thema. Aber gerade wenn esum Krieg und Frieden geht, sollte man auf Polemik ver-zichten. – Ich habe ein bisschen das Gefühl, als hättenSie sich in die Polemik geflüchtet, weil sich die SPD sel-ber bisher noch keine einheitliche Meinung gebildet hat.
Wir haben im Gegensatz zu Ihnen heute zum Beispieline Sondersitzung unserer Fraktion gehabt, in der wirehr intensiv diskutiert haben. Ich weiß nicht, ob Sie einentsprechende Sitzung gehabt haben. Wenn nicht, dannäre es besser gewesen, Sie hätten eine anberaumt. Sieollten möglichst bald diese Sitzung nachholen, viel-icht im Anschluss an die Debatte.
Ich komme zum Schluss: In der kommenden Wocheird möglicherweise die Frage gestellt, ob AWACS-lugzeuge mit teilweise deutscher Besatzung zur Befrie-ung Libyens beitragen können. Gleichzeitig – das wis-en wir – sind AWACS-Flugzeuge ohne deutsche Betei-gung in Afghanistan im Einsatz. Wir müssen uns, wenniese Frage gestellt wird – ich gehe davon aus, dass sieehr bald gestellt werden wird –, mit unseren NATO-artnern abstimmen und darüber entscheiden, in welchereise wir als Deutsche unseren Beitrag im Rahmen desWACS-Einsatzes leisten werden.Vielen Dank.
Ich schließe die Aussprache.Ich rufe die Tagesordnungspunkte 29 a bis 29 c auf:a) Beratung des Antrags der Abgeordneten MariaMichalk, Ingrid Fischbach, Karl Schiewerling,weiterer Abgeordneter und der Fraktion derCDU/CSU sowie der Abgeordneten GabrieleMolitor, Heinz Lanfermann, Dr. Heinrich L.Kolb, weiterer Abgeordneter und der Fraktion derFDPFür eine umfassende Umsetzung der UN-Be-hindertenrechtskonvention – Nationaler Ak-tionsplan als Leitlinie– Drucksache 17/4862 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Arbeit und Soziales
Auswärtiger AusschussInnenausschussSportausschussRechtsausschussAusschuss für Wirtschaft und TechnologieAusschuss für Familie, Senioren, Frauen und JugendAusschuss für GesundheitAusschuss für Verkehr, Bau und StadtentwicklungAusschuss für Menschenrechte und Humanitäre HilfeAusschuss für Bildung, Forschung undTechnikfolgenabschätzungAusschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit undEntwicklungAusschuss für TourismusAusschuss für die Angelegenheiten der Europäischen UnionAusschuss für Kultur und MedienHaushaltsausschuss
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Vizepräsidentin Petra Pau
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b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. IljaSeifert, Dr. Martina Bunge, Diana Golze, weite-rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKEKostenvorbehalt in § 13 des Zwölften BuchesSozialgesetzbuch streichen – Selbstbestimm-tes Leben für Menschen mit Behinderungengewährleisten– Drucksache 17/4911 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Arbeit und Soziales
InnenausschussRechtsausschussAusschuss für Familie, Senioren, Frauen und JugendAusschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfec) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. IljaSeifert, Dr. Martina Bunge, Matthias W.Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Frak-tion DIE LINKEzu der Mitteilung der Kommission an das Eu-ropäische Parlament, den Rat, den Europäi-schen Wirtschafts- und Sozialausschuss undden Ausschuss der RegionenEuropäische Strategie zugunsten von Men-schen mit Behinderungen 2010–2020: Erneu-ertes Engagement für ein barrierefreies Eu-ropaRatsdok. 16489/10 und KOM(2010) 636 endg.hier: Stellungnahme des Deutschen Bundes-tages gemäß Artikel 23 Absatz 2 desGrundgesetzesi. V. m. § 9 des Gesetzes über die Zu-sammenarbeit von Bundesregierungund Deutschem Bundestag in Angele-genheiten der Europäischen UnionEuropäische Strategie zugunsten von Men-schen mit Behinderungen 2010 bis 2020 unter-stützen– Drucksache 17/5043 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Arbeit und Soziales
RechtsausschussAusschuss für Menschenrechte und Humanitäre HilfeAusschuss für TourismusAusschuss für die Angelegenheiten der Europäischen UnionNach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für dieAussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ichhöre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.Ich bitte diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die andieser Aussprache nicht teilhaben können, ihre Gesprä-che außerhalb des Plenarsaales fortzusetzen. – Ich bittedie Parlamentarischen Geschäftsführer, die notwendigeVerständigung möglichst nicht laut im Saale durchzufüh-ren.Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Parla-mentarische Staatssekretär Fuchtel.BbUdtirelihDfrsgEgIdpwnWmhBAsteskWPmwtenAIccskkTZzD4füugVlek
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sen wir bei weitem nicht genug über die Situation derMenschen mit Behinderungen in unserem Land. Deswe-gen ist eine der wichtigsten Erkenntnisse, die wir in derZwischenzeit haben, dass die Datenlage sehr lückenhaftund auf jeden Fall nicht ausreichend ist, um ein vollstän-diges Bild zu erhalten.Deswegen wird eine der wesentlichen Maßnahmendes Nationalen Aktionsplans sein, die Behindertenbe-richterstattung der Bundesregierung völlig neu aufzu-stellen. Der neue Bericht soll Kompass sein für die künf-tige Behindertenpolitik der Bundesregierung.Bei der Bearbeitung dieses Themas haben wir auchschon sehr viele positive Aspekte gesehen. Einer der po-sitivsten Aspekte ist für mich, dass es den Werkstättenfür Behinderte in der Zwischenzeit gelungen ist, durchZertifizierung Arbeit, die ansonsten ins Ausland abge-wandert wäre, in Deutschland zu halten.Meine Damen und Herren, das ist ein großes Zeichenfür das, was alles möglich ist. Das ermutigt auch, dasswir weiter gemeinsam den Weg zur Inklusion gehen. Ichmöchte Sie herzlich dazu einladen. Ich empfehle sehr,dass wir diesen Weg auch im Geiste der Solidarität undder Nächstenliebe miteinander gehen.Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Das Wort hat die Kollegin Hiller-Ohm für die SPD-
Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Seit März 2009 ist die UN-Konvention über die Rechteder Menschen mit Behinderungen in Deutschland inKraft. Im Mai 2011 will die Bundesregierung nun end-lich ihren Aktionsplan für die Umsetzung der Konven-tion in Deutschland vorlegen. Die offizielle Frist zur Ab-gabe des Aktionsplans ist damit bereits um zwei Monateüberschritten.Das ist kein gutes Aushängeschild für unser Land.Diese Verzögerung ist auch fachlich nicht nachvollzieh-bar. Wir haben mit dem von Rot-Grün durchgesetztenSozialgesetzbuch IX bereits eine sehr gute Grundlagefür die Umsetzung der Konvention geschaffen.Schade: Im letzten Herbst hat die Regierung über-haupt erst mit der Arbeit begonnen. Dann war es wohl zuspät, den Bundestag angemessen einzubinden. Das isteine beschämende Vorgehensweise und eine Missach-tung des Parlaments. Das Verhalten der Regierung er-innert stark an das Taktieren bei der Neuausrichtung vonHartz IV. Auch da geschah erst einmal lange nichts, unddann wurde ein so wichtiges Gesetz im Schweinsgaloppdurch das parlamentarische Verfahren gejagt.Was noch schlimmer ist: Ausgerechnet Menschen mitBehinderung hatten bei dieser Reform das Nachsehen.Mit der Absenkung der Grundsicherung für MenschenmihRnssIcdslasnwdatiEUwwkdinledEeMmHWaKeMFsBG
h hoffe, dass sich der Behindertenbeauftragte der Bun-esregierung, Herr Hüppe, in dieser Frage gegenübereinen schwarz-gelben Kollegen durchsetzen wird.Zurück zum Aktionsplan. Die Bundesregierung ist zungsam. Das SPD-regierte Rheinland-Pfalz zeigt, wie eschneller geht. Es hat seinen Aktionsplan schon vor ei-em Jahr vorgelegt, nicht hastig, sondern allseits gelobt.Die Betroffenen sind also zu Recht ungeduldig. Sieollen, dass ihre Rechte umgesetzt werden. Deshalb for-ern wir von der Bundesregierung: Drücken Sie endlichuf die Tube!
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfrak-onen, Ihr Antrag ist wortreich, aber wenig konkret.ine Stichwortsammlung wird nicht reichen, um dieN-Konvention umzusetzen, vor allem dann nicht,enn auch noch der Kostenvorbehalt vorgeschobenird. Da haben die Kolleginnen und Kollegen der Lin-en doch recht. Die UN-Konvention ist gerade dazu da,ass Menschen nicht mehr gezwungen werden können, Heimen zu leben, nur weil andere Wohnformen viel-icht teurer sind.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben uns ein-eutig völkerrechtlich verpflichtet.
s ist zu prüfen, ob sich aus der Konvention nicht sogarin individueller Rechtsanspruch für die betroffenenenschen ergibt. Das würde die Position der Menschenit Behinderung enorm stärken und uns zum schnellenandeln zwingen.
ir wollen, dass jeder einzelne Artikel der Konventionuf seinen subjektiven Gehalt geprüft wird. Art. 19 deronvention enthält eine solche Komponente. Packen wirs an!Mit der Konvention wird das Verhältnis von Staat undenschen mit Behinderungen endlich vom Kopf auf dieüße gestellt. Es geht nicht mehr um freundliche Zuge-tändnisse und Almosen. Ab jetzt haben Menschen mitehinderungen klare Ansprüche gegenüber Staat undesellschaft, auch wenn diese Ansprüche etwas kosten.
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Gabriele Hiller-Ohm
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Wir müssen alle Politikfelder auf den Prüfstand stel-len, um Teilhabe für alle zu erreichen. Wie schaffen wires, Menschen mit Behinderungen tatsächlich am erstenArbeitsmarkt teilhaben zu lassen? Wie sieht ein gutes in-klusives Bildungssystem aus? Wie stellen wir sicher,dass alle Bürgerinnen und Bürger unsere Bahn barriere-frei benutzen können? Wie müssen wir unsere Infra-struktur verändern, damit sich auch Sehbehinderte im öf-fentlichen Raum zurechtfinden? Und warum fördern wirimmer noch Filme, die für gehörlose Menschen un-brauchbar sind?Diesem Umbau der Gesellschaft müssen wir uns stel-len, und das natürlich gemeinsam mit den Betroffenen.
Deshalb ist deren Beteiligung bei der Ausarbeitung desAktionsplans von Anfang an so wichtig.
Der Leitsatz der Verbände „Nichts über uns ohne uns“muss auch hier gelten, und zwar nicht nur auf dem Pa-pier.
Wir finden es unerträglich, wenn Sie in Ihrem Antragvon einer Beteiligung der Verbände am Aktionsplansprechen, dann aber deren wichtigste Forderungschlichtweg ignorieren, nämlich ein Gesetz für Assistenzund Teilhabe.Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Regie-rungsfraktionen, wenn wir es mit dem Grundsatz einesselbstbestimmten Lebens ernst meinen, dann müssen wiruns gemeinsam mit den Betroffenen noch viel stärker fürdas Persönliche Budget einsetzen. Sie sprechen diesesThema in Ihrem Antrag an. Wenn Sie schreiben, das Per-sönliche Budget werde nicht ausreichend genutzt, dannfrage ich Sie: Wen meinen Sie eigentlich? Meinen Siedie Betroffenen, die in Heimen leben und in Werkstättenarbeiten, aber keinen barrierefreien Zugang zu unabhän-giger und kompetenter Beratung im Hinblick auf dasPersönliche Budget haben? Oder meinen Sie diejenigen,denen auf den Ämtern jeglicher Mut und Nerv geraubtwird, damit sie nicht alle notwendigen Leistungen ein-fordern, die ein selbstbestimmtes Leben mit eigenemBudget ermöglichen? Oder sind die Träger gemeint, dieihre Leistungen in Konkurrenz zueinander erbringen undvielleicht gar kein Interesse am Persönlichen Budget ha-ben? Auch hier bleibt Ihr Antrag oberflächlich.
Mit der von Ihnen geforderten Abstimmung von Schnitt-stellen wird man das Problem nicht lösen.
Bei aller Kritik: Gut ist, dass wir alle dazulernen. DieKoalition lobt in ihrem Antrag das Allgemeine Gleich-behandlungsgesetz. Das hat mich zum Staunen gebracht.Vor dessen Einführung hatte Schwarz-Gelb den Unter-gang des Abendlandes beschworen.IndtewtivqABüledmgbnhMMSDAruRswebmmsWwMS
Die Wahrheit ist: Menschen mit Behinderungen ha-en vom Aufschwung am Arbeitsmarkt bisher überhaupticht profitiert. Die Bundesagentur hätte die Chance ge-abt, sich stärker auf diese Gruppe zu konzentrieren.
it Ihren Kürzungen ist diese Chance vertan. Sie lassenenschen mit Behinderungen am Arbeitsmarkt imtich.
eshalb empfinde ich Ihre Sonntagsforderung in Ihremntrag als absurd und zynisch.Wir werden uns den Aktionsplan der Bundesregie-ng zur Umsetzung der UN-Konvention über dieechte der Menschen mit Behinderungen sehr genau an-chauen,
enn er dann endlich vorliegt. Wir werden uns auch mitigenen konkreten Vorstellungen in die Diskussion ein-ringen,
it Vorstellungen, die wir im Gegensatz zu Ihnen ge-einsam mit den Betroffenen entwickelt und abge-timmt haben.
as uns die Koalition heute hier vorgelegt hat, reicht beieitem nicht aus. Das ist schade für die betroffenenenschen.Ich möchte an dieser Stelle meiner Kollegin Silviachmidt, unserer behindertenpolitischen Sprecherin,
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Gabriele Hiller-Ohm
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gute Besserung wünschen. Sie hätte sehr gerne heute andieser Debatte teilgenommen. Leider ist sie erkrankt undkann deshalb nicht hier sein. Gute Besserung, Silvia!
Für die FDP-Fraktion hat die Kollegin Molitor das
Wort.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-gen! Frau Hiller-Ohm, ich schätze Sie persönlich sehr.Doch ich muss mich über Ihre Ausführungen sehr wun-dern. Sie haben nämlich die Regelbedarfsstufe 3 im Zu-sammenhang mit den Hartz-IV-Debatten angesprochen.Wie mir meine Kollegen mitgeteilt haben, ist das, wasSie vorgebracht haben, nicht Ihr Kernanliegen gewesen.
Lediglich in der Schlussrunde ist die Überprüfung in ei-nem Zusatzprotokoll vereinbart worden.
Sich dann an dieser Stelle zum Anwalt der betroffenenMenschen zu machen, finde ich schon mehr als verwun-derlich.
In Deutschland leben 8,7 Millionen Menschen mit ei-ner Behinderung. Das sind 8,7 Millionen Bürgerinnenund Bürger, die in die Mitte unserer Gesellschaft gehö-ren. Sie gehören nicht an den Rand, und sie brauchenkeine Sonderwelten in Bildung, Arbeit oder Wohnen.Genau das ist der Ansatz der UN-Behindertenrechtskon-vention, die dafür den Begriff „Inklusion“ verwendet.„Inklusion“ bedeutet, dass die Gesellschaft Rahmenbe-dingungen vorzugeben hat, die notwendig sind, damitMenschen mit Behinderung ihr Recht auf Teilhabe ver-wirklichen können.Mit dem heute vorliegenden Antrag der Regierungs-koalition unterstützen wir die Forderung nach Inklusion,Selbstbestimmung und Teilhabe. Behindertenpolitik hatfür die Regierungskoalition einen hohen Stellenwert. Sieist im Koalitionsvertrag verankert worden. Dort ist derNationale Aktionsplan fixiert worden, der zurzeit imBundesarbeitsministerium erarbeitet wird. Die Tatsache,dass es eine Verzögerung gibt, ist für mich eher ein Be-leg dafür, dass es hier mehr auf Qualität denn aufSchnelligkeit ankommt. Es sind viele Verbände beteiligtworden, um dem Grundsatz der Beteiligung gerecht zuwerden.
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örderschulen haben somit durchaus ihre Berechtigung.Unsere Aufmerksamkeit sollten wir auch auf denbergang von der Schule zum Berufsleben richten, dennuf ihn kommt es ganz besonders an, wenn es darumeht, Teilhabe am Arbeitsleben zu gewährleisten. Derachkräftemangel zum Beispiel bietet Menschen mit Be-inderung eine gute Chance, ihr Potenzial mit einzubrin-en. Ich denke, dass hier noch jede Menge Luft nachben ist.Lassen Sie mich auch ein Wort zur Entstehungsge-chichte des Antrages sagen. Gemeinsam mit meinerollegin Maria Michalk von der CDU/CSU-Fraktionnd vielen Fachkollegen haben wir diesen Antrag erar-eitet: Aus unserer Sicht ist Behindertenpolitik nämlichine Querschnittsaufgabe, die viele andere Ressorts an-eht. Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich fürie Zusammenarbeit bedanken.
Der Antrag ist straff formuliert und konzentriert sichuf die Stellen, an denen sich Stellschrauben befinden,it deren Hilfe wir wirklich etwas umsetzen können.ugleich sind alle Forderungen finanzierbar und reali-ierbar. Empfehlungen an die Bundesländer sind nichtls Diktat zu verstehen; vielmehr wollen wir die Bundes-nder und natürlich auch die Kommunen mit ins Bootolen, um die Lebensbedingungen für Menschen mit Be-inderungen zu verbessern.
In diesen Antrag sind unzählige Anregungen aus Ge-prächen mit Menschen mit Behinderungen eingeflos-en; das war ein wichtiges Anliegen von uns allen. Esing darum, deren Belange nach dem Grundsatz „Nichtber uns, sondern mit uns“ in das Papier einfließen zussen.Alles in allem ist Deutschland auf einem guten undchtigen Weg. Die Politik hat den Anstoß gegeben. Eineesellschaftliche Diskussion muss folgen, denn nur dannönnen wir all das, was wir hier fordern, mit Leben fül-n und wirkliche Teilhabe für Menschen mit Behinde-ngen verwirklichen.Vielen Dank.
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Für die Fraktion Die Linke hat die Kollegin
Dr. Bunge das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Vor uns liegen drei Anträge rund um die UN-Behinder-
tenrechtskonvention. Sie haben sicher Ilja Seifert als
Redner der Linksfraktion in der Debatte erwartet. Ich
übernehme heute seinen Part, weil mein Kollege Dr. Ilja
Seifert, zugleich Vorsitzender des Allgemeinen Behin-
dertenverbandes in Deutschland, derzeit in Thüringen
seinem tödlich verunglückten Stellvertreter, Dr. Karl
Schran, die letzte Ehre erweist.
Der Allgemeine Behindertenverband trägt den Zusatz
„Für Selbstbestimmung und Würde“ in seinem Namen;
das ist eigentlich das Credo, das auch die UN-Behinder-
tenrechtskonvention durchzieht.
Fast auf den Tag genau seit zwei Jahren ist die UN-
Behindertenrechtskonvention geltendes Recht in
Deutschland. Der anlässlich der Ratifizierung einge-
brachte Antrag der Linksfraktion, einen Aktionsplan zur
Umsetzung der Konvention aufzustellen – daran möchte
ich erinnern –, wurde von der schwarz-roten Mehrheit
abgelehnt. Die FDP hat damals gar die Ratifizierung der
Konvention abgelehnt. Wie fatal diese Entscheidungen
waren, zeigt sich heute: Für die Umsetzung der UN-Be-
hindertenrechtskonvention wurde auf Bundesebene bis-
her nichts Konkretes getan, makabererweise mit dem
Verweis, dass zunächst ein Aktionsplan erstellt werden
müsse. Das entsprechende Ziel steht seit November
2009 in der Koalitionsvereinbarung; aber seither wird
seitens der Bundesregierung und des Behindertenbeauf-
tragten nur diskutiert. Ihrer Logik folgend, wurde dafür
aber kein Geld in den Bundeshaushalt eingestellt, weder
kurz- noch mittelfristig.
Heute liegt uns ein Antrag der Koalitionsfraktionen
mit dem vielversprechenden Titel „Für eine umfassende
Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention – Na-
tionaler Aktionsplan als Leitlinie“ vor. Darin heißt es:
Der Deutsche Bundestag fordert die Bunderegie-
rung auf, im Rahmen der zur Verfügung stehenden
Haushaltsmittel …
dieses und jenes zu tun. Können Sie uns einmal verraten,
wie Sie die dort benannten 24 Aktionsfelder mit Leben
füllen wollen? Wie soll beispielsweise „eine umfassende
Barrierefreiheit“ erreicht werden? Vieles wird zu sol-
chen Beteuerungen verkommen wie die, dass „die Be-
deutung des Behindertensports zu stärken“ sei. Insbe-
sondere die, die durch Unfall und Krankheit mit
Beeinträchtigungen oder Behinderungen leben müssen,
wissen, dass gerade der Sport eine völlig neue Lebens-
orientierung geben kann. Paralympics und Special
Games dokumentieren dies. Für den Behindertensport
endlich stabile Finanzgrundlagen zu schaffen, lohnte
sich.
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(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENsowie bei Abgeordneten der SPD)Diese Befähigung – das muss man sehr deutlich machen –ist Voraussetzung für Freiheit und auch für das aktiveWahrnehmen von klassischen Menschenrechten. DieUN-Menschenrechtskonvention ist auch deshalb ein sobedeutendes Dokument, das erste große Menschen-rechtsdokument des 21. Jahrhunderts, weil sie sich– wenn man sie genau liest, stellt man das fest – auchmit dem Freiheitsbegriff auseinandersetzt. Freiheit istnicht nur die Abwesenheit von Regeln, wie es soge-nannte Ultraliberale sehen, Freiheit beschränkt sich nichtnur auf die Abwehr von Übergriffen, sondern Freiheitsetzt auch voraus, dass die Personen die Möglichkeit ha-ben, ihre individuellen Teilhabewünsche zu entfalten, zuartikulieren und wirklich in die Tat umzusetzen.
Um das einmal am Beispiel des Rechts auf Freizügig-keit und freie Wahl des Wohnortes konkret zu machen:Die Wahrnehmung dieses Rechts ist für Menschen mitkörperlichen, aber teilweise auch geistigen Einschrän-kungen nur möglich, wenn es befähigende Voraussetzun-gen gibt, zum Beispiel Assistenz in der Wohnung oderBarrierefreiheit oder einen sogenannten inklusiven So-zialraum, das heißt eine Wohnumgebung, die das selbst-ständige Sich-Versorgen und die selbstständige Entfal-tung im Wohnumfeld ermöglicht.Die Schaffung solcher Voraussetzungen wie Assis-tenz und Barrierefreiheit kostet natürlich Geld. Damitkommen wir zum Punkt: Diese gibt es nicht zum Nullta-rif. Wenn man sich mit der Umsetzung der UN-Behin-dertenrechtskonvention auseinandersetzt, muss manauch das Thema Haushalts- und Kostenvorbehalte offen-siv ansprechen. Ich finde, meine Damen und Herren vonder Koalition, Ihr Antrag ist diesbezüglich mehr alskleinmütig; ich kann das nicht anders sagen. Sie versu-chen zwar, in die richtige Richtung zu gehen, Ihr Antragist aber trotzdem kleinmütig.
Bevor Sie Ihre Forderungen an die Bundesregierung auf-zählen, machen Sie als Erstes die Einschränkung: „imRahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel“.Ich bin der Letzte, der nicht anerkennt, dass die mate-riellen Ressourcen des Staates und der öffentlichen Handnicht unendlich sind. Menschenrechte dürfen aber nichtunter einen Kostenvorbehalt gestellt werden. Ich hättemir gewünscht, dass Sie sich dazu ganz klar bekennen,bevor Sie auf die materiellen Ressourcen eingehen.
Wenn bei anderen Grundrechten ein Haushaltsvorbe-halt gemacht würde, würde man das als geradezu absurdansehen. Nehmen wir einmal das Grundrecht auf Ver-sammlungsfreiheit: Wenn von uns nicht gern geseheneGruppierungen der extremen Rechten das Recht auf Ver-swdodgsfübruaGtrgfäsremWaGissdsbnkhmWredRgMfrvgmsgBUW
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. März 2011 11159
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Mit dem heute von den Koalitionsfraktionen vorgelegtenAntrag bekräftigen wir öffentlich unsere große, umfas-sende Unterstützung bei der Umsetzung des Überein-kommens über die Rechte von Menschen mit Behinde-rung.Es ist schon gesagt worden, dass das Vertragswerkseit dem 26. März 2009 gilt. Liebe Kollegin Hiller-Ohm,zu dieser Zeit stellte Ihre Fraktion die Behindertenbeauf-tragte. Die Frage ist, warum man damals nicht sofort an-gefangen hat, zu arbeiten.
Wir können Folgendes feststellen: Im Koalitionsver-trag haben wir festgeschrieben, dass ein Nationaler Ak-tionsplan erarbeitet und umfassende Schritte unternom-men werden sollen. Der gegenwärtige Zustand, der nichtschlecht ist – darauf komme ich gleich noch einmal zusprechen –, sollte noch einmal verbessert werden. An ei-nigen Stellen sollten notwendige und wichtige Ergän-zungen bzw. Veränderungen vorgenommen werden. DieRegierung hat dann sofort mit der Erarbeitung des Natio-nalen Aktionsplans begonnen.
Wir müssen an dieser Stelle noch einmal sagen, dassdiese Konvention – das ist für uns ganz wichtig – denWechsel vom staatlichen Fürsorgeprinzip hin zum Rechtauf eine umfassende Teilhabe festschreibt. Das ist einhohes Gut und hat eine andere Qualität. Nicht immer istdas nur mit mehr Geld verbunden, sondern es geht auchdarum, dass wir uns Liebgewonnenes sehr genau an-schauen, manches verändern und uns von anderem tren-nen. Das heißt: Nicht immer ist das, woran wir uns ge-wöhnt haben, das Beste für die Zukunft. Uns steht dahersowohl im Dialog als auch in der Umsetzung ein umfas-sender Prozess bevor.
In den 50 Artikeln – ich wage einmal zu bezweifeln,dass sich alle Kolleginnen und Kollegen in diesem Parla-ment sämtliche Artikel durchgelesen haben, deswegenerwähne ich das noch einmal – wurde festgeschrieben,welche Aufgaben zu erledigen sind. Dazu sind wir auf-gefordert, und die Umsetzung geht uns damit alle an.Jeder Mensch hat das Recht, in Freiheit zu leben undüber sein Leben sowie seine Umstände selbst zu ent-scheiden. Herr Kollege Kurth, da sind wir uns total ei-nig.Ich bin auch der Meinung, dass es nicht zeitgemäß ist,vorzuschreiben, wie und wo der behinderte Mensch le-ben und wohnen soll. Eine absolute Freiheit im Hinblickauf die persönlichen Bedürfnisse und die individuellenGegebenheiten ist wichtig.
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gen gewährt werden. Das alles steht heute schon im Ge-setz.Die Praxis kennt gute Umsetzungsbeispiele, abereben auch Situationen, in denen zwischen diesen Mög-lichkeiten einfach nicht entschieden wurde, die Betroffe-nen an der Verknüpfung verschiedener Gesetze, Leis-tungserbringer und Bewilligungsstellen gescheitert sind,frustriert aufgegeben haben, letztendlich den traditionel-len Weg gegangen sind und – wenn es ganz schlimmkam – vielleicht gar keine Ausbildung aufgenommen ha-ben. Diesbezüglich sehen wir ganz konkreten Ände-rungsbedarf.Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag for-dert mit Blick auf den drohenden Fachkräftemangel, diederzeit etwa 1 000 Sonderregelungen – das muss mansich einmal überlegen! – für die Ausbildung von behin-derten jungen Menschen bundesweit zu vereinheitlichenund damit deutlich zu reduzieren. Das verbessert dieTransparenz hinsichtlich der erworbenen Qualifikatio-nen und erleichtert behinderten Menschen den Einstiegin die Ausbildung und später in die Berufswelt.Man könnte noch viele weitere Beispiele aufführen.Deshalb ist es wichtig, dass wir diesen Dialog führenund uns nicht gegenseitig Vorwürfe machen. Es mag jasein, dass wir bei dem einen oder anderen Punkt unter-schiedlicher Meinung sind.
Kollegin Michalk, achten Sie bitte auf die Zeit.
Aber die Menschen mit Behinderung erwarten von
uns zu Recht, dass wir diesen Prozess gemeinsam gestal-
ten. Darauf freue ich mich.
Danke schön.
Das Wort hat der Kollege Kober für die FDP-Frak-
tion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Als Mitkoalitionär findet es die FDP sehr begrüßens-
wert, dass die Bundesregierung gerade dabei ist, einen
Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behin-
dertenrechtskonvention auf den Weg zu bringen. Dass
das etwas länger dauert, sehen wir als Hinweis auf die
Qualität, die im Gespräch mit Bund, Ländern und Kom-
munen erzielt werden soll. Es ist gut, dass wir alle Ebe-
nen mit einbeziehen. Es ist außerdem gut, dass die Bun-
desregierung alle Betroffenen bzw. deren Vertreter mit
einbezieht.
Lieber Herr Kurth, liebe Frau Hiller-Ohm, wir sollten
uns nicht immer nur auf die Finanzierungsfrage konzen-
trieren, denn sonst setzen Sie sich einer Diskussion da-
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nd was Sie gegenwärtig in den Ländern, in denen Sie
egierungsverantwortung tragen, leisten. Das müssten
ir dann sehr genau beobachten. Wir würden Sie dann
eispielsweise zu Ihrer Position hinsichtlich der Hörbe-
tungsstelle hier in Berlin-Neukölln und zur Kürzung
es Blindengeldes befragen.
Kollege Kober, gestatten Sie eine Frage der Kollegin
awert?
Sehr gerne.
Kollege Kober, wir sind sehr gerne bereit, uns be-
bachten zu lassen, wie wir mit Menschenrechten um-
ehen; denn das trägt zur Transparenz bei. Meine Frage
utet: Welche der Maßnahmen können Sie tatsächlich
msetzen, wenn Sie nicht über zusätzliche Finanzierung
den wollen?
Frau Kollegin, Sie haben nicht ganz genau zugehört.
h habe gesagt, dass wir nicht nur Finanzierungsfragentellen sollten. Die weiteren Antworten werden Sieleich meiner Rede entnehmen können.
Ich glaube, dass wir auch und gerade in den Berei-hen Chancen haben, in denen es nicht immer gleich umeue Gelder geht. Wenn wir lernen, umzudenken undeue Perspektiven einzunehmen, dann können wir insbe-ondere bei der Schaffung neuer Infrastruktur Behinde-ngen von Menschen ausschließen. Das ist der ent-cheidende Punkt. Wir müssen lernen, dass dieehinderung nicht in den Menschen verortet ist, sondernass die Behinderung zum großen Teil in der Umwelterortet ist, die wir um die Menschen herum errichten.
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Kollege Kober, es gibt offensichtlich innerfraktionel-
len Abstimmungsbedarf. Der Kollege Lindner möchte
Ihnen eine Frage stellen.
In Ordnung.
Kollege Kober, gerade hat sich die Kollegin Rawert
aus Berlin so engagiert geäußert, als sie nach unserem
Engagement für Menschen mit Behinderung fragte. Wie
finden Sie es, dass Rot-Rot, also SPD und Die Linke, die
sich hier als echte und wahre Verteidiger der Behinder-
ten erheblich exponieren, in Berlin, wo sie zusammen re-
gieren, einen großen Kampf gegen die Hörberatungs-
stelle in Neukölln führen – Frau Knaake-Werner hatte
sich als linke Senatorin mit großem Engagement gegen
diese Hörberatungsstelle eingesetzt – und auch das Blin-
dengeld gekürzt haben?
Wie sehen Sie die Realpolitik von SPD und Linken in
Berlin im Zusammenhang mit den Reden, die hier im
Bundestag geschwungen werden?
Lieber Kollege Lindner, Sie bestätigen im Grunde
meine Ausführungen. Wir sollten nicht mit dem Finger
auf andere zeigen und auch nicht falsche Erwartungen
bei den betroffenen Menschen wecken, dass alles, wenn
man denn nur wollte oder wenn man nur guten Herzens
sei, finanzierbar ist. Sie werden im Laufe der Diskussion
über den Aktionsplan, den die Bundesregierung auf den
Weg bringt, und zukünftig auch in der Diskussion über
die Umsetzung von Maßnahmen aufgrund dieses Ak-
tionsplanes genau beobachten können, was von den Mit-
bewerbern im politischen Bereich gefordert wird und
was sie dort, wo sie in Regierungsverantwortung sind,
tatsächlich umsetzen. – Vielen Dank, Herr Lindner.
Vorsorglich weise ich darauf hin, dass ich keine wei-
teren Fragen bei diesem Redebeitrag zulasse; denn wir
wollen die Redezeit ja nicht auf wundersame Weise ver-
dreifachen. – Bitte.
Ich denke, wir sollten die Chancen nutzen und mit al-
len politisch Beteiligten – Bund, Länder und Kommunen –
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dass wirtschaftliche Faktoren moralische überdeckenund dass der Stärkere den Schwächeren unterdrückt.Wenn man an die Allgemeine Erklärung der Men-schenrechte denkt, fällt der erste Gedanke möglicher-weise auf Länder und Regionen, in welchen erheblicheMissachtungen dieser universellen Rechte vor der Welt-öffentlichkeit stattfinden. In unserem Land, welches alsVorzeigeobjekt gilt, neigt man dazu, sich im Sessel zu-rückzulehnen. Doch es gibt auch bei uns – meine Vor-redner haben darauf bereits hingewiesen – noch einigeszu verbessern.Meine Fraktion möchte mit ihrem Antrag insbeson-dere eines erreichen: Behinderte Menschen sollen nichtmehr als Objekte der Fürsorge betrachtet und behandeltwerden. Dieser Umstand führt nämlich zwangsläufig zurAusgrenzung aus der Gesellschaft: auf der einen SeiteBürger, die Fürsorge geben, auf der anderen Seite Bür-ger, die Fürsorge empfangen. Durch die umfassendeUmsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention wol-len wir für behinderte Menschen mehr als bloße Akzep-tanz in unserer Gesellschaft erreichen. Wir wollen Inte-gration und Inklusion in unsere Gesellschaft; auchdarauf wurde von meinen Vorrednern bereits hingewie-sen.Wir wollen, dass Menschen mit Behinderung von An-fang an integriert sind, dass sie in den gleichen Klinikengeboren werden können, in die gleichen Kitas gehenkönnen, in den gleichen Schulen, Hochschulen und Aus-bildungsstätten berufliche Bildung erfahren, in den glei-chen Berufen arbeiten können, den gleichen Freizeitge-staltungen nachgehen können und beim Renteneintrittdie gleichen Möglichkeiten wie alle anderen Mitbürgerohne Behinderung haben.Mit unserem Antrag wollen wir darauf hinwirken,dass die Teilhabe von Menschen mit Behinderung nichtals Sonderrecht, sondern als Menschenrecht verstandenwird. Wir müssen weiterhin daran arbeiten, Barrieren zubeseitigen. Dabei geht es um psychische Barrieren, aberauch um physische Barrieren, die die Mobilität behin-dern, zum Beispiel um nicht abgesenkte Bordsteinkantenoder das Fehlen von Aufzügen in öffentlichen Gebäu-den.Ich selbst war als Bürgermeister an einer Dorferneue-rungsmaßnahme beteiligt, in deren Rahmen wir einenDorfplatz wunderschön gestaltet haben. Ein junger Mit-bürger, der aufgrund eines Verkehrsunfalls an den Roll-stuhl gebunden war, hat uns gesagt: Ihr habt das zwarschön gemacht, aber nicht gut. – Dann hat er mir dieStellen, die er kritisiert, gezeigt. Als er eine Böschungmit drei Treppenstufen sah, sagte er beispielsweise: Dasist für mich ein unüberwindbares Hindernis. – So etwasfällt niemandem von uns auf.Ein anderes Beispiel war ein Hochbord an einer Brü-cke. Dazu sagte er: Da komme ich nicht hoch. Hier brau-che ich jemanden, der meinen Rollstuhl hochhebt. – Beieiner Dorfgemeinschaftsfeier wurden wir auf zwei Trep-penstufen aufmerksam, aufgrund derer der junge Mannsagte: Dieses Terrain bzw. diese Ebene ist für mich nichterreichbar.zriBvesenneteuFoMkdFktuKKmsfidinsFZZ
Ich könnte Ihnen weitere Beispiele nennen, etwa dasehlen von Lichtanlagen für hörbehinderte Menschender das Fehlen von Lautsignalen für sehbehinderteenschen. Ein weiteres wichtiges Thema wird in Zu-unft die Elektromobilität sein. Dabei geht es auch umie Frage: Was bedeutet die Entwicklung immer leisererahrzeuge für hörgeschädigte Menschen, die überhaupteine Autos mehr hören? Hier gibt es noch einiges zun.Ich bitte das gesamte Haus – die Kolleginnen undollegen von der Regierungskoalition, aber auch dieolleginnen und Kollegen von der Opposition –, ge-einsam daran zu arbeiten, vernünftige, gescheite Lö-ungen für die Behinderten in unserer Gemeinschaft zunden.Danke schön.
Ich schließe die Aussprache.Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen aufen Drucksachen 17/4862, 17/4911 und 17/5043 an die der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-chlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist derall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.Ich rufe die Zusatzpunkte 3 bis 5 auf:P 3 Beratung des Antrags der AbgeordnetenDr. Gregor Gysi, Jan van Aken, ChristineBuchholz, weiterer Abgeordneter und der Frak-tion DIE LINKEAlle Exporte von Kriegswaffen und sonstigenRüstungsgütern stoppen– Drucksache 17/5039 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Auswärtiger AusschussVerteidigungsausschussP 4 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für Wirtschaft und Tech-nologie zu dem Antrag der Abge-
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Vizepräsidentin Petra Pau
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ordneten Katja Keul, Dr. Frithjof Schmidt,Kerstin Andreae, weiterer Abgeordneter und derFraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENRüstungsexportberichte zeitnah zum Jahres-abrüstungsbericht vorlegen– Drucksachen 17/1167, 17/1627 –Berichterstattung:Abgeordnete Rolf HempelmannZP 5 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für Wirtschaft und Tech-nologie zu dem Antrag der Abge-ordneten Katja Keul, Marieluise Beck ,Volker Beck , weiterer Abgeordneter undder Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENGemeinsamen Standpunkt der EU für Waffen-ausfuhren auch bei Rüstungsexporten an EU-,NATO- und NATO-gleichgestellte Länderkonsequent umsetzen– Drucksachen 17/2438, 17/3291 –Berichterstattung:Abgeordnete Kerstin AndreaeNach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für dieAussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich hörekeinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
– Ich würde gern die Aussprache eröffnen. Aber dazumüsste erst einmal die notwendige Aufmerksamkeit her-gestellt werden. Die Gespräche, die zu führen sind, sindbitte draußen zu führen.Kollege Lindner, gestatten Sie, dass ich jetzt die Aus-sprache eröffne?
– Danke.Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-gin Hänsel für die Fraktion Die Linke.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!Seit heute Nacht kennen wir den neuen Beschluss desUN-Sicherheitsrates für eine Flugverbotszone überLibyen. Es ist ein umfassendes Mandat und enthält vieleweitere Elemente. Wir sagen: Das ist ein Mandat für ei-nen Kriegseinsatz in Libyen. Dies lehnen wir hier striktab.
Ich weiß auch nicht, ob der Jubel der Aufständischenüber diese Entscheidung lange anhalten wird. Wir habenEvukneRswleEliblierüehsaDßtiAfetuDZps
Wir hätten uns gewünscht, dass es zu einer Ableh-ung dieses Mandats gekommen wäre. Dies hängt sehrng mit dem Thema, über das wir hier sprechen, nämlichüstungsexporte, zusammen, aber davon haben Sie an-cheinend wenig Ahnung. Wie gesagt, ich hätte mir ge-ünscht, die Bundesregierung hätte das Mandat abge-hnt. Ich fordere die Bundesregierung daher auf, imU-Rat und im NATO-Rat konsequent gegen eine Betei-gung zu stimmen.
Jetzt komme ich zum entscheidenden Punkt, zu Li-yen. Die Geschichte wiederholt sich nämlich: Die west-chen Staaten und die NATO-Staaten rüsten Diktatorenrst auf, und dann werden sie mittels Krieg wieder abge-stet. Das ist eine Kriegspolitik, die wir ablehnen.
Gaddafi hätte gar keine Kampfflugzeuge, mit denenr jetzt gegen die demokratischen Bestrebungen vorge-en und die Menschen bombardieren könnte, wenn wirie nicht geliefert hätten, wenn ihn die NATO-Staatenlso nicht aufgerüstet hätten.
eshalb brauchen wir eine Zäsur in der deutschen Au-enpolitik, genauso wie wir eine Zäsur in der Atompoli-k brauchen. So kann es nicht mehr weitergehen.
Minister Westerwelle hat vorhin wörtlich gesagt:Wir sind nicht in der Lage, überall auf der Welt dieUnterdrückung zu beseitigen.ber die Bundesregierung ist in der Lage, weltweit Waf-n zu verschicken. Wir sind an Position drei, was Rüs-ngsexporte in die Welt angeht, und das ist ein Skandal.
eswegen kommt dieser Antrag genau zur richtigeneit.Wir fordern einen sofortigen Stopp aller Rüstungsex-orte, einen Stopp der umfangreichen militärischen Zu-ammenarbeit und einen Stopp der Ausbildungshilfe für
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11164 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. März 2011
Heike Hänsel
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Polizei und Militär, wie wir es in Libyen, Ägypten undTunesien erlebt haben. Daher kommt der Antrag heutegenau richtig.
– Dass Sie das hier als Quatsch bezeichnen, zeigt, wieignorant Sie sind und was für eine Klientelpolitik Sie fürdie Rüstungskonzerne machen.
Die Liste der Länder und Krisenregionen, in die wirWaffen und Rüstungstechnologie schicken, nimmt keinEnde. Ich kann sie hier aufzählen: Ägypten, Jemen, Ver-einigte Arabische Emirate, Israel, Indien, Pakistan, Tür-kei. Alles dies sind Regionen, in denen es Konflikte gibtund in denen es zu Menschenrechtsverletzungen kommt.An deren Spitze steht auch noch Saudi-Arabien.
Es ist völlig unverantwortlich, was Sie hier machen, undwir wollen das beenden.
Die Menschen, die in ihrer konkreten Existenz betrof-fen sind und sich dagegen wehren, werden dann auchnoch durch die Grenzschutzagentur FRONTEX der Eu-ropäischen Union davon abgehalten, nach Europa zu ge-langen. Auch dieses Vorgehen lehnen wir ab. Dies isteine menschenverachtende Politik gegenüber Flüchtlin-gen, die aufgrund der Konflikte, für die wir mitverant-wortlich sind, nach Europa kommen.
Herr Minister Westerwelle verlor in seiner Regie-rungserklärung kein Wort zu Saudi-Arabien. Er hat keinWort zum Einmarsch in Bahrain gesagt. Im Gegenteil:Die Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien gehen weiter.Heckler & Koch aus Baden-Württemberg liefert Ge-wehre nach Saudi-Arabien. Es soll sogar eine Fabrik fürdie Produktion einer der tödlichsten Waffen – es geht umG-36-Gewehre – gebaut werden. Wir sagen: Das kann sonicht weitergehen. Wir müssen diese Rüstungspolitik be-enden. Rüstungsexporte sind Milliardengeschäfte mitdem Tod. Wer diese genehmigt, macht sich mitverant-wortlich für Krieg, Konflikte, Elend und Tod.
Kollegin Hänsel, achten Sie bitte auf die Zeit.
Ich komme zum Schluss. – Ich komme nämlich aus
Baden-Württemberg, und ich kenne unsere Rüstungs-
schmieden.
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h habe oft genug mit der Friedensbewegung dagegen
emonstriert. Wir fordern: Wir müssen in Baden-
ürttemberg nicht nur die AKW abschalten, sondern
uch die Rüstungsschmieden schließen.
afür wird die Friedensbewegung bei den Ostermär-
chen auf die Straße gehen, und dafür kämpft auch eine
tarke Linke im Landtag von Baden-Württemberg.
Danke.
Für die Unionsfraktion hat der Kollege Fritz das
ort.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zumchluss haben wir ja noch einmal erfahren, was die Mo-vation für diesen Antrag der Linken war.
h habe eigentlich gedacht, Herr van Aken, dem ich jaas Engagement abnehme, würde heute hier sprechen.s ist auch richtig, dass man sich in diesen Dingen enga-iert; das tun wir alle. Die Art und Weise verstehe ichber nur bei Herrn van Aken, weil er das Thema einmalls Kampagnenchef einer Organisation bearbeitet hat,nd auf diese Weise kann er das auch am besten.Mit diesen Anträgen werden Sie der Sache, um die eseht, überhaupt nicht gerecht. Sie reichen allemal alsampagnenaufruf oder als Rede im Rahmen einer De-onstration, aber nicht für die Darstellung und die Be-ältigung eines höchst komplizierten Problems. Mit ei-er einfachen Forderung in einem Satz ist hier nichteholfen.
as gilt sowohl für den Antrag mit dem Titel „Alle Ex-orte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgüterntoppen“ – Sie wissen selbst, dass das ein Show-Antragt – als auch für den Antrag der Grünen mit dem TitelRüstungsexportberichte zeitnah zum Jahresabrüstungs-ericht vorlegen“, über den wir hier schon einmal ge-prochen haben, was ich deshalb nicht vertiefe.Sie wissen – auch aus der letzten Debatte von vor ei-em Jahr –, dass der Rüstungsexportbericht und der Jah-sabrüstungsbericht von der Datenlage her so unter-chiedlich sind, dass sie gar nicht zum gleichen
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. März 2011 11165
Erich G. Fritz
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Zeitpunkt vorgelegt werden können, es sei denn, Siewollten, dass der Jahresabrüstungsbericht sehr viel spä-ter vorliegt. Insofern wäre es gut gewesen, wenn Sie die-sen Antrag im Laufe der Diskussion zurückgezogen hät-ten.Zu dem dritten Antrag kann ich nur sagen: Hier tref-fen Sie, wie Sie aus eigener Regierungserfahrung wis-sen, die Praxis der Bundesrepublik Deutschland ziem-lich genau. Das müssen wir uns eigentlich gar nichtgegenseitig bestätigen.Mir geht es jetzt darum, auf den einen oder anderenZusammenhang hinzuweisen, um zu zeigen, dass dasThema nicht so einfach ist und sich in solch allgemeinenAnträgen – den letzten nehme ich aus – nicht erschöpft.Worum geht es? Wir müssen doch zunächst einmalgemeinsam feststellen, dass die BundesrepublikDeutschland kein Land ist, das mit aller Macht Waffen indie Welt liefert. Das ist doch ein völlig falsches Bild, dasSie zeichnen.
Im Gegenteil: Diese Politik, die wir hier in historischerVerantwortung betreiben und die durch eine bewussteHinwendung zum Friedensgebot gekennzeichnet ist, hatzu einer äußerst restriktiven Exportpolitik geführt, dieübrigens über die verschiedenen Regierungen hinwegweiterentwickelt worden ist.
– Sie haben heute schon genug dazu gesagt.
Sie werden doch auch nicht bestreiten können, dasswir in den letzten 20 Jahren sowohl bei den Kriegswaf-fen als auch bei Rüstungsgütern als auch bei Dual-use-Gütern einen dauernden Fortschritt, eine dauernde Erhö-hung der Kontrolldichte und eine dauernde Verbesserungder Möglichkeiten, zu kontrollieren, aufzuklären und zuverhindern, erreicht und kriminellen Entwicklungen, diees immer wieder gegeben hat, Einhalt geboten haben.Das wird doch wohl niemand bestreiten wollen.Wir haben uns immer dafür eingesetzt, dass in der EUnach gemeinsamen Regeln gearbeitet wird. Das ist ganzzentral. Denn was hilft es, in einem Bereich, den wir inEuropa zusammenführen wollen – die Gemeinsame Au-ßen- und Sicherheitspolitik, zu der natürlich auch dieRüstung und die Ausstattung von Streitkräften gehören –,auf der Grundlage unterschiedlicher Verfahren und einesunterschiedlichen rechtlichen Rahmens und auch mit un-terschiedlichen industriepolitischen Ansätzen, was ja lei-der der Fall ist, zu handeln? Deshalb haben wir uns – dieletzten drei Regierungen – für die Dual-use-Verordnungund den Kodex eingesetzt und dafür gesorgt, dass darauseine verpflichtende gemeinsame Position der Europäi-schen Union geworden ist.vSteriEmsmmwvlireWtigsuredFirTlindtumtrfüdsVmdSArukbtinsdsdbnjewsg
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11166 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. März 2011
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Ich attestiere der Bundesregierung eine verantwortli-che Politik und bin sicher, dass es auch dabei bleibt.Danke schön.
Die Kollegin Bulmahn hat für die SPD-Fraktion das
Wort.
– Entschuldigung. Das war mein Fehler. Der Kollege Jan
van Aken hat später die Gelegenheit zu einer Kurzinter-
vention.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrtenHerren und Damen! Es hat erhebliche Fortschritte beider Einschränkung von Rüstungsexporten und derenKontrolle gegeben. Trotzdem zeigen die Zahlen zu denaktuellen Rüstungsexporten, die das renommierteschwedische Forschungsinstitut SIPRI diese Woche vor-gelegt hat, dass zwischen 2006 und 2010 das Volumendes weltweiten Handels mit Waffen und anderen Rüs-tungsgütern um 24 Prozent gestiegen ist. Deutschlandliegt dabei mit einem Anteil von 8 Prozent am Weltrüs-tungshandel im Jahr 2009 auf dem dritten Platz der glo-balen Rüstungsexportstatistik. Das ist Anlass, darüber zudiskutieren; das sage ich ausdrücklich.
Aber, Herr van Aken – dies sage ich an die Adresseder Linken –, Sie machen es sich mit Ihrem Antrag wirk-lich zu einfach.
Anstatt Vorschläge zu machen, wie wir die Rüstungs-exporte sachgerecht einschränken und wie wir die Kon-trolle verschärfen können, sagen Sie einfach: Wir expor-tieren nicht.
Bei aller Liebe: Das ist ein naiver Vorschlag. Ich kanndeshalb nur wiederholen, dass es sich dabei um einenShow-Antrag handelt.
Es würde sich lohnen, in der Sache miteinander zu strei-ten, wie man dieses Regime noch verbessern kann.
Ich sage ausdrücklich, dass uns diese Zahlen alarmie-ren müssen. Sie sind auch Anlass zum Handeln.WwvrateimreGKtuEripdrereLgdtibALflmdkdspKudnVPlefa
Wir haben damals drei wichtige Entscheidungskrite-en festgelegt, die seitdem bei Rüstungsexporten ge-rüft und berücksichtigt werden müssen. Zunächst istas wichtige Kriterium der Beachtung der Menschen-chte im Empfängerland zu nennen. Wenn Menschen-chte verletzt werden, dürfen keine Waffen in diesesand exportiert werden.
Weiterhin muss die Frage, ob ein Export im Empfän-erland eine nachhaltige Entwicklung be- oder verhin-ert – das ist eine Forderung, die von Entwicklungspoli-kern jahrelang vorgetragen wurde –, geprüft underücksichtigt werden.
bschließend muss die Frage geprüft werden: Dient dieieferung dem Ziel des Friedenserhalts und der Kon-iktvermeidung?Die Verantwortung der jeweiligen Bundesregierungit Blick auf die Entscheidung, ob Rüstungsexporteurchgeführt werden dürfen oder nicht, ist durch dieselaren Vorgaben deutlich gewachsen, auch wenn wirurchaus selbstkritisch feststellen müssen, dass eschwierig ist, die Einhaltung dieser Grundsätze zu über-rüfen.Ich plädiere ganz ausdrücklich dafür, nicht von diesenriterien abzurücken, sondern ich halte sie für wichtignd notwendig. Wir müssen aber überlegen, wie wiriese Kriterien weiterentwickeln und präzisieren kön-en.
or allem müssen wir überlegen – das ist ein wichtigerunkt –, wie wir mehr Transparenz bei der Frage herstel-n können, welche Rüstungsexporte in welchem Um-ng stattfinden.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. März 2011 11167
Edelgard Bulmahn
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In Richtung der Koalition sage ich: Sie haben in Ih-rem schwarz-gelben Koalitionsvertrag beschrieben, dasses eine verantwortungsbewusste Genehmigungspolitikgeben solle. Dagegen ist auf den ersten Blick nichts ein-zuwenden. Natürlich muss es sich um eine verantwor-tungsbewusste Politik handeln.Aber ich sage ausdrücklich: In der Genehmigungspra-xis kann „Verantwortung“ weniger bedeuten als „restrik-tiv“. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, den es sich lohnt,miteinander zu erörtern. Denn ich hoffe, dass es einebreite Übereinstimmung in diesem Hause gibt, dass wireine restriktive Rüstungspolitik wollen.
Im Augenblick erleben wir schreckliches Leid undschreckliche Ereignisse in Libyen. Das unterstreicht, wiewichtig es ist, an den geschriebenen Grundsätzen festzu-halten und auch weiterhin eine restriktive Rüstungsex-portpolitik durchzuführen.
Ich sage ausdrücklich, dass es mich mit großer Sorgeerfüllt, dass das Volumen der Hermesbürgschaften fürdeutsche Rüstungsgeschäfte erheblich angestiegen ist.Die Bürgschaften haben sich von 21 Millionen Euro imJahre 2008 auf rund 1,92 Milliarden Euro im Jahre 2009erhöht.Wenn der Zugang zu diesen Ausfallbürgschaftendurch die veränderten Formulierungen sogar noch er-leichtert werden soll, wird sich diese Subventionierungvon Rüstungsgeschäften durch den Steuerzahler nochweiter verstärken.
– Lieber Kollege Lindner, niemand in diesem Hause istschwerhörig. Wenn Sie sich mit Ihrem Kollegen unter-halten möchten, reden Sie doch bitte etwas leiser.
– Bitte. Ich finde, bei diesem Thema lohnt es sich, mitei-nander zu sprechen und nicht über andere Themen zu re-den.Restriktionen bei der Exportkontrolle sind nicht im-mer einfach umzusetzen. Das, was die Bundesregierungan Erleichterungen angedacht hat, würde eine strengereRüstungsexportkontrolle verhindern. Das halten wir fürunverantwortlich. Deshalb darf das nicht geschehen.
Ich will einen weiteren Aspekt ansprechen: Der fort-schreitende Umbau der Bundeswehr und die damit ver-bundene Umrüstung machen eine genaue Begleitungund Beobachtung notwendig. Keinesfalls darf der Um-bau der Bundeswehr zu erhöhten Rüstungsexporten füh-ren. Wir alle wissen, dass nach der deutschen Einheit dieAuflösung der Volksarmee zu erhöhten Rüstungsexpor-ten geführt hat.DepFtemGGDlidsskdtemcemepdnwepdepvRcRgeSmW
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11168 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. März 2011
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darauf an, dass wir eine möglichst große Zahl von Staa-ten auf grundlegende Prinzipien zur Begrenzung undKontrolle von Rüstungstransfers verpflichten und damitvölkerrechtlich bindende Richtlinien für alle Rüstungs-exporte entwickeln.
Kollegin Bulmahn, jetzt ist meine Geduld wirklich er-
schöpft.
Es lohnt sich, darüber zu diskutieren, weil es darum
geht, Sicherheit herzustellen und Menschenleben zu
schützen.
Vielen Dank.
Das Wort zu einer Kurzintervention hat jetzt der Kol-
lege van Aken.
Herr Fritz, ich bin grundsätzlich gegen jede Art von
Rüstungsexporten, weil ich es grundsätzlich falsch finde,
dass Deutschland auch nur einen einzigen Euro daran
verdient, dass sich andere Menschen gegenseitig tot-
schießen.
Das beiseite genommen, bin ich jederzeit bereit, zu
schauen, an welchen einzelnen Punkten man etwas ver-
bessern könnte. Dass die deutsche Rüstungsexportkon-
trolle – das haben Sie gesagt – eine der strengsten der
Welt sei, ist eine Legende. Das wissen Sie genauso gut
wie ich. Ein Land, das die drittmeisten Waffen in alle
Welt exportiert und nur noch von den USA und Russland
getoppt wird, kann keine strenge Rüstungsexportkon-
trolle haben. Ich habe in den letzten Monaten sehr viele
Beispiele dafür vorgelegt. Sie wissen es, und ich weiß
das. Deswegen muss es darum gehen, an einzelnen
Punkten tatsächlich streng und restriktiv zu werden.
Herr Fritz – ich kann verstehen, dass Sie hier eher als
Lobbyist der Rüstungsindustrie auftreten –, ich möchte
Sie ganz konkret nach einem Punkt fragen, den Ihr Au-
ßenminister eben erwähnt hat. Der Außenminister hat in
der vorherigen Debatte gesagt: Wir sind auch bei den
Menschen in Bahrain, die sich gegen das dortige diktato-
rische Regime auflehnen. Sie wissen und ich weiß, dass
Saudi-Arabien mittlerweile in Bahrain einmarschiert ist.
Auch Sie wissen, dass Deutschland in den letzten fünf
Jahren Waffen für 470 Millionen Euro an Saudi-Arabien
geliefert hat. Wir alle hier sind uns einig: Die Bundesre-
gierung hat Rüstungsexporte nach Tunesien, nach Ägyp-
ten und nach Libyen gestoppt. All das war richtig. Wenn
Saudi-Arabien jetzt aber Waffen einsetzt, um den Auf-
stand in Bahrain zu bekämpfen, müssten wir dann nicht
hier und heute entscheiden, dass von Deutschland keine
Waffen mehr nach Saudi-Arabien exportiert werden dür-
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Frau Präsidentin! Verehrte Damen! Meine Herren!h weiß leider nicht, warum wir uns zu dieser Stundeoch so intensiv mit diesem lächerlichen Schaufenster-ntrag der Linken beschäftigen sollen,
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Dr. Martin Lindner
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der nur einem einzigen Zweck dient, nämlich mit Blickauf Baden-Württemberg Wahlkampf zu betreiben; dashat die Kollegin deutlich gemacht. Es hätte gereicht,dass Sie einfach diesen völlig undifferenzierten, belang-losen Antrag einbringen. Dann hätten Sie der Klientel,um die es Ihnen geht, zeigen können, was Sie für wun-derbare Kerle und Frauen sind.Tatsächlich geht es in dieser Frage um eine sehr diffi-zile und wichtige Angelegenheit. Es geht um Kriegswaf-fen im engeren Sinne. Sie vermischen alles. Es ist Ihnenvöllig egal. Wie gesagt, geht es Ihnen darum gar nicht.Davon abzugrenzen sind sonstige Rüstungsgüter. DasGanze beginnt beim Militärhosenknopf, geht über wei-tere Ausrüstungsgegenstände bis hin zum Tanklastwa-gen und Ähnlichem. Schließlich geht es um die soge-nannten Dual-use-Produkte. Das sind Güter, die mansowohl militärisch als auch nichtmilitärisch verwendenkann. Es geht dabei um Funktechnik, um Tanklastwa-gen, um Stahlpressen und anderes. All dies ist beider-seits verwendbar.
– Frau Präsidentin, fordern Sie Ihre Fraktion dazu auf,mir die Gelegenheit zu geben, hier ungestört zu reden.
Zurzeit ist keine Fraktion meine Fraktion; vielmehr
versuche ich, hier ganz allgemein die Ordnung aufrecht-
zuerhalten.
Gut. Dann machen Sie das.
Das gilt heute allerdings für alle Seiten dieses Hauses,
wenn ich das anmerken darf.
Letztlich geht es hier gar nicht um diesen Antrag.Dieser Antrag ist nicht geeignet, uns in dieser Fragewirklich weiterzubringen, weil er all das auslässt.Frau Kollegin Bulmahn, wenn Sie mit Verweis aufdiesen Report sagen, zwischen 2006 und 2010 seien dieExporte gestiegen, dann fragen Sie sich doch einmal,wer damals im Bundessicherheitsrat saß. Da saß Außen-minister Steinmeier. Mich wundert es in diesem Zusam-menhang, wenn erst Jahre später, wenn man in der Op-position ist, solche Sprüche geklopft werden.Ich sage Ihnen ganz klar: Nach Maßgabe der Diffe-renzierung zwischen Kriegswaffen, sonstigen Rüstungs-gütern und Dual-use-Produkten sind wir als Freie Demo-kraten natürlich immer dabei, wenn es darum geht, dieSicherheitsinteressen unseres Landes und unserer Ver-bündeten zu wahren. Im Zweifel werden wir immer dieSicherheit dem kaufmännischen Interesse voranstellen.SduredaInBEentegbwsPSEMkTavligdBNnuHwwInadbsddv
s ist bekannt, dass EADS einen Küstenschutzauftrag inilliardenhöhe erhalten hat. Das ist auch richtig. Wirönnen nicht diese Länder als Partner im Kampf gegenerrorismus und Piraterie betrachten und ihnen auf dernderen Seite Ausrüstung, Funktechnik und Ähnlicheserwehren. Diese Güter werden wir natürlich weiterhinefern.Wir werden auch weiterhin NATO-Verbündeten Zu-ang zu unseren Waffensystemen ermöglichen. Das istoch verrückt. Wir können uns doch nicht im Deutschenundestag einen Kopf über die Frage machen, wasATO-Partner erwarten können. Das werden wir auchicht zulassen. Wir werden auch den Export von Dual-se-Produkten zulassen, wenn es nicht einen evidenteninweis gibt, dass diese Produkte rüstungstechnisch ver-endet werden. Darauf können Sie sich verlassen. Wirerden nicht – was Sie im Sinne haben – der deutschendustrie und der deutschen Exportwirtschaft den Hahnbdrehen.Frau Bulmahn, es ist witzig: Sie haben mich vorhinafür kritisiert, dass ich die ganze Zeit geredet habe. Sel-er machen Sie jetzt aber auch nichts anderes. Sie müs-en zumindest die Erwartungen erfüllen, die Sie an an-ere stellen.
Frau Bulmahn, es kommt natürlich auch nicht infrage,ass bei einem rein exekutiven Handeln das Parlamentorab befasst wird.
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11170 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. März 2011
Dr. Martin Lindner
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Wir haben hier sehr zuverlässige Verfahren über dasBundesausfuhramt. Wir haben Verfahren, nach denendas Auswärtige Amt und das Bundeswirtschaftsministe-rium zu Entscheidungen kommen. Das ist exekutivesHandeln. Darüber wird anschließend berichtet. Es istaber nicht so, dass der Deutsche Bundestag bei einzelnenRüstungsexportfragen an die Stelle der Exekutive tritt.Das sage ich an dieser Stelle auch ganz klar.
Schließlich geht es der Linken nicht um einen Sach-beitrag.
Sondern es geht darum, in Baden-Württemberg noch einpaar Pünktchen zu machen. Ich frage Sie, Frau Kollegin,die Sie Verdi-Mitglied sind, wie ich es gerade festgestellthabe, ob Sie das auch Ihren IG-Metall-Kollegen in denBetrieben sagen, um die es geht. Sagen Sie das auch Ih-ren IG-BCE-Kollegen? Nein.Es geht auch um Arbeitsplätze. Es geht um Men-schen, die in diesen Unternehmen arbeiten, und das sindnicht wenige Rüstungsschmieden, sondern das sind allemetallverarbeitenden Unternehmen und Unternehmender chemischen Industrie. Den Kollegen, denen Sie sonstimmer den Mindestlohn versprechen, wollen Sie hierden wirtschaftlichen Saft abdrehen. Darum geht es doch.Das sagen Sie denen natürlich nicht.
Wir treten als FDP für die Wahrung der Sicherheitsin-teressen dieses Landes und unserer Verbündeten ein. Wirverwahren uns auch gegen den Vorwurf, wir würdenblind einfach exportieren.
Kollege Lindner, achten Sie bitte auf die Zeit.
Aber wir haben natürlich unsere Unternehmen, die in
diesem Bereich tätig sind, im Blick. So kommen wir zu
einer vernünftigen, ausgewogenen Politik – in der Zu-
kunft ebenso wie in der Vergangenheit.
Herzlichen Dank.
Bevor wir diese Debatte ernsthaft und mit der ange-
messenen Aufmerksamkeit zu Ende bringen, möchte ich,
ohne dass ich den sicherlich im Protokoll vermerkten
Zuruf des Kollegen Wunderlich wiederholen möchte,
diesen ausdrücklich rügen.
Das Wort hat die Kollegin Katja Keul.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undollegen! Kollege Lindner, Ihr Beitrag gerade war,laube ich, der beste Beweis dafür, dass Ihre Koalitioneine restriktive Rüstungsexportpolitik beabsichtigt.
Unsere heutige Debatte steht im Lichte der Ereignisse Libyen. Es macht wütend, mit ansehen zu müssen,ie die Menschen dort auch mithilfe deutscher Waffennd deutscher Ausrüstung unterdrückt und bekämpfterden. So mussten wir erst gestern lesen, dass 2009 un-r anderem Panzerabwehrraketen aus dem Hause EADSamt der dazugehörigen Abschussanlagen über Frank-ich nach Libyen geliefert wurden. Die Schusswaffenon Heckler & Koch sind natürlich auch wieder mit voner Partie.Die deutsche Rüstungsexportpolitik hat sich viel zueit von ihrem Anspruch hinsichtlich einer restriktivenolitik entfernt. Zu oft werden wirtschaftliche Interessen den Vordergrund gestellt und menschenrechtliche Kri-rien verdrängt. Symptomatisch ist dabei die Federfüh-ng des Wirtschaftsministeriums statt des Auswärtigenmtes in Sachen Exportkontrolle.
b Brüderle, Guttenberg oder Westerwelle: Alle ließenich bei ihren letzten Reisen nach Indien durch Vertreterer Rüstungsindustrie begleiten und rührten ordentlichie Werbetrommel.Die Minister sollten ihren Ehrgeiz lieber für neue Ab-stungsinitiativen und für die Konversion von Arbeits-lätzen in der Rüstungsindustrie aufbringen.
tattdessen will die Koalition das deutsche Kontrollsys-m entschlacken, indem sie Vorschriften im Außenwirt-chaftsgesetz streicht, die deutsche Exporteure gegen-ber ihren europäischen Konkurrenten benachteiligen.ie Verbringung von Rüstungsgütern innerhalb dernion soll erleichtert werden.
Aber auch bei Lieferungen an unsere Freunde inATO und EU müssen wir die deutsche Exportpraxis in-age stellen. Im Falle Griechenlands haben die milliar-enschweren Waffenlieferungen deutscher Firmen zumtaatsbankrott beigetragen.
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Katja Keul
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Im gesamten Jahr 2009 hat Deutschland nicht einen ein-zigen Antrag auf Genehmigung von Rüstungsexportennach Griechenland abgelehnt. Als hätten wir nie von ei-ner Euro-Krise gehört, ist Griechenland auch 2010 welt-weit der größte Importeur deutscher Rüstungsgüter.
Im März 2010, als wir zeitgleich im Deutschen Bundes-tag das erste Mal Finanzhilfen für Griechenland debat-tierten, verkaufte ThyssenKrupp
Griechenland zwei weitere U-Boote im Wert von1,3 Milliarden Euro.Die Bundesregierung selbst verkaufte zu diesem Zeit-punkt noch ausgesonderte Panzerhaubitzen der Bundes-wehr für 10 Millionen Euro an Griechenland. Dabei for-dert der Gemeinsame Standpunkt der EU fürWaffenausfuhren, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeitdes Empfängerlandes zu berücksichtigen. Gerade dieBundesregierung, damals schon mit 25 Milliarden Eurogrößter einzelner Kreditgeber, hätte wissen müssen, dasssich Griechenland die – pro Kopf gerechnet – größte Ar-mee Europas nicht ansatzweise leisten konnte.Als Konsequenz fordern wir Grünen in unserem An-trag, dass der Gemeinsame Standpunkt der EU auch aufRüstungsexporte innerhalb der EU konsequent ange-wandt wird.
Insgesamt bestehen erhebliche Defizite bei der Trans-parenz und den Möglichkeiten öffentlicher Kontrolle derRüstungsexporte. Die Bundesregierung gibt ihre Gründefür einzelne Exportgenehmigungen grundsätzlich nichtpreis, sondern entscheidet geheim im Bundessicherheits-rat. Auf diesem Weg ist Deutschland zum drittgrößtenWaffenexporteur der Welt geworden. Das darf nicht sobleiben.
Die Forderung der Linken nach einem Handelsverbotfür sämtliche Rüstungsgüter scheint mir doch sehr davongeprägt, dass die Linke nicht wirklich damit rechnet, einsolches Verbot praktisch umsetzen zu müssen.Uns Grünen ist vor allem mehr parlamentarischeKontrolle der Rüstungsexporte wichtig. Der Bundestagmuss in die Genehmigungsverfahren einbezogen wer-den.
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Der unter grüner Regierungsbeteiligung – das ist ein
ichtiger Punkt – eingeführte jährliche Rüstungsexport-
ericht wird viel zu spät vorgelegt. Wir fordern in unse-
m Antrag die Vorlage dieses Berichtes parallel zum
brüstungsbericht im Frühjahr.
ie Zahlen liegen allesamt bereits vor. Es gibt keinen er-
ichtlichen Grund, die Vorlage des Berichtes über Mo-
ate hinauszuzögern.
Kollegin Keul, jetzt müssen Sie bitte auf die Zeit ach-
n.
Weitere konkrete Vorschläge zur Verbesserung der
ontrollmechanismen sind in Arbeit. Sie sind alle herz-
ch eingeladen, daran mitzuwirken. Lassen Sie uns ge-
einsam für eine restriktive und für eine an der Frie-
enspolitik ausgerichtete Rüstungskontrolle Sorge
agen.
Vielen Dank.
Bevor ich die Debatte schließe, verweise ich all dieje-igen, die im Moment ein wenig aufgeregt sind, auf § 27nserer Geschäftsordnung, der das Thema Worterteilungnd Wortmeldung, darin auch Kurzinterventionen undwischenfragen, zum Inhalt hat. In der nächsten Sit-ungswoche können wir dann sicher entsprechend wie-er in die Debatte einsteigen.Ich schließe die Aussprache.
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11172 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. März 2011
Vizepräsidentin Petra Pau
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Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage aufDrucksache 17/5039 an die in der Tagesordnung aufge-führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisungso beschlossen.Zusatzpunkt 4: Beschlussempfehlung des Ausschus-ses für Wirtschaft und Technologie zu dem Antrag derFraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel„Rüstungsexportberichte zeitnah zum Jahresabrüstungs-bericht vorlegen“. Der Ausschuss empfiehlt in seinerBeschlussempfehlung auf Drucksache 17/1627, den An-trag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksa-che 17/1167 abzulehnen. Wer stimmt für diese Be-schlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Werenthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit denStimmen der Unionsfraktion und der FDP-Fraktion ge-gen die Stimmen der SPD-Fraktion, der Fraktion DieLinke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ange-nommen.Zusatzpunkt 5: Beschlussempfehlung des Ausschus-ses für Wirtschaft und Technologie zu dem Antrag derFraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Ge-meinsamer Standpunkt der EU für Waffenausfuhrenauch bei Rüstungsexporten an EU-, NATO- und NATO-gleichgestellte Länder konsequent umsetzen“. Der Aus-schuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung aufDrucksache 17/3291, den Antrag der FraktionBündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/2438 abzu-lehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Be-schlussempfehlung ist mit den Stimmen der Unionsfrak-tion, der SPD-Fraktion, der FDP-Fraktion, der FraktionDie Linke gegen die Stimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angenommen.Interfraktionell ist vereinbart, den Tagesordnungs-punkt 31 abzusetzen. – Ich sehe und höre keinen Wi-derspruch. Dann ist so beschlossen.Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-ordnung.Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-destages auf Mittwoch, den 23. März 2011, 13 Uhr, ein.Die Sitzung ist geschlossen.